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Full text of "Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse"

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Akademie   der  Wissenschaften    in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 

Abteilung  I 
128.  Band 

Jahrgang  1919     -    Heft   1   bis   10 

(Mit   17  Tafeln  und  32  TcMfiguren) 


Wien,    1919 

Aus  der  Staatsdruckerei 
lii   Kommission  bei  Alfred  Holder 

Univcrsiläishuehlliindicr 
Buchhändler  der  AkHdcmic  der  >K'issensch«ficn 


in 


Inhalt 


Seite 
Bukowski  G.  v.,  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Conchylienfauna  des  marinen 
Aquitanien  von  Davas  in  Karien  (Kieinasien).  Zweiter  Teil.    (Mit 

1  Tafel.)  [Preis :   2  K] 95 

Fritsch  K.,    Blütenbiologische  Untersuchungen  an  einigen  Pflanzen  der 

Ostalpen   [Preis:   2  K  50  h] 295 

Furlani  J.,  Über  den  Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Bacterinin  pyocyanenm 

(Gessard,  Flügge)  und  seine  Pigmente.  [Preis:  3  K  50  h]    .    .       25 
■ —     Beobachtungen    über    die    Beziehungen    zwischen    der   Intensität 
der  chemischen  Strahlung    und  der  Luftbewegung.    (Mit  8  Text- 
figuren.) [Preis:   3  K] 145 

Greger  J.,  Untersuchungen  über  die  Lichtbrechung  einiger  Harze  [Preis : 

7  K] 503 

Grobben  K.,  Über  die  Muskulatur  des  Vorderkopfes  der  Stomatopoden 
und  die  systematische  Stellung  dieser  Malakostrakengruppe.  (Mit 

2  Tafeln  und  4  Textfiguren.)  [Preis:  4  K] 185 

Handel-Mazzetti  H.,    Vorläufige    Übersicht    über    die   Vegetationsstufen 

und  -formationen  von  Kweitschou  und  Hunan    [Preis:    1  K  50  h]     331 

Höhnel  F.,    Fragmente  zur  Mykologie  (XXIII.   Mitteilung,  Nr.    1154  bis 

1188)  [Preis:    14  K] 535 

Krasser  F.,  Ein  neuer  Typus  einer  männlichen  W////V?w\o«/rt-Becherblüte 
aus  der  aipinen  Trias.  (Mit  1  Tafel  und  1  Textfigur,)  [Preis: 
20   K] 525 

Marchet  A.,  Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg  im  niederöster- 
reichischen Waldviertel.  (Mit  2  Tafeln  und  5  Textfiguren.)  [Preis : 

6  K  50  h] 215 

—     Zwillings-    und    Lageverzerrung    beim    Staurolith.    (Mit  2  Tafehi 

und  2  Textfiguren.)  [Preis ;   12  K] 629 

Müller  L.,  Über  Hydathoden  bei  Araceen.  (Mit  2  Tafeln  und  3  Text- 
figuren.) [Preis:  8  I\] 665 

Perusek  M.,  Über  Manganspeicherung  in  den  Membranen  von  Wasser- 
pflanzen. (Mit  1  Doppeltafel.)  [Preis:   2  K  50  h] 3 

Priesner  H.,    Zur  Thysanopteren-Fauna  Albaniens.  (Mit  5  Textfiguren.) 

[Preis:   2  K] 115 

Schnarf  K.,  Beobachtungen  über  die  Endospermentwicklung  von  Hiera- 

citiiii  aurantiaciuii.  (Mit   1  Tafel.)  [Preis:   7  K   10  h] 755 


A     o^v^7^ 


IV 


Seite 


Sperlich  A.,  Die  Fähigkeit  der  Linienerhaltung  (phj'letische  Potenz),  ein 
auf  die  Nachkommenschaft  von  Saisonpflanzen  mit  festem  Rhyth- 
mus ungleichmäßig  übergehender  Faktor.  (Mit  4  Tafeln  und  4  Text- 
figuren.)  [Preis :   28  K] 379 

—      Über    den    Einfluß    des    Quellungszeitpunktes,    von    Treibmitteln 
und    des    Lichtes    auf    die    Samenkeimung    von    Aledorolophus 
hirsnlus  All.;  Charakterisierung  der  Samenruhe  [Preis:  7  K]    .    .    477 
Tschermak  G,,  Der  Vesuvian  in  chemischer  Beziehung  [Preis:   2  K]     .    .     351 
Weese  J.,    Beiträge    zur   Kenntnis    der    Hypocreaceen.    (IL  Mitteilung.) 

(Mit  1  Tafel.)    [Preis:   16  K  80  h] 693 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


128.  Band.   1.  Heft 


über  Manganspeicherung  in  den 
Membranen   von  Wasserpflanzen 

Von 

Milena  Perusek 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institut  der  Universität  Wien 
Nr.  129  der  zweiten  Folge 

(Mit  1   Doppeltafel) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  13,  März  1919) 

I.  Einleitung. 

Durch  die  Untersuchungen  von  Molisch  ist  gezeigt 
worden,  daß  manche  Wasserpflanzen  imstande  sind,  Mangan 
—  gleichwie  Eisen  —  bei  Lichtzutritt  in  ganz  charakteristi- 
scher Weise  in  der  Membran  zu  speichern,  wobei  die  experi- 
mentell gestützte  Auffassung  von  Molisch  dahingeht,  daß  die 
Speicherung  des  Mangans  in  Form  von  Manganoxj^d  (vgl. 
Molisch,  III,  p.  1428)  wahrscheinlich  eine  Folge  der  Kohlen- 
säureassimilation darstellt  (Molisch,  III,  p.  1434). 

Herr  Hofrat  Molisch  hatte  die  Liebenswürdigkeit,  mich 
aufzufordern,  seine  Arbeit  über  die  Manganspeicherung  bei 
Wasserpflanzen  (Molisch,  III)  zu  erweitern  und  die  von  ihm 
gewonnenen  Resultate  durch  Ergänzung  mit  neuen  Erfahrungen 
auf  eine  breitere  Versuchsbasis  zu  stellen. 

Es  sei  mir  gestattet,  gleich  an  dieser  Stelle  meinem  hoch- 
verehrten Lehrer,  Herrn  Hofrat  Prof.  Dr.  Hans  Molisch,  für 
die  dauernde  Führung  und  Förderung  meiner  Arbeit,  sowie 
Herrn  Prof.  Dr.  Oswald  Richter  für  die  zahlreichen  Anregungen 
meinen  wärmsten  Dank  auszusprechen. 


4  M.  Peru;:;ek, 

IL  Allgemeine  Bedingungen  für  die  Manganspeieherung. 

Als  Ausgangspunkt  meiner  Untersuchung  diente  ein  von 
Molisch  zum  ersten  Male  gemachter  Versuch:  Man  löst  ein 
beliebiges  Mangansalz  (vgl.  Molisch,  III,  p.  1432)  in  gewöhn- 
lichem Leitungswasser  und  füllt  damit  ein  mittelgroßes  Glas- 
gefäß. In  die  Lösung  wird  nun  eine  Wasserpflanze,  z.  B. 
Elodea  canadensis  gebracht  und  das  Gefäß  an  ein  direkt  be- 
lichtetes Fenster  gestellt.  Nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit 
bemerkt  man  schon  mit  freiem.  Auge,  daß  sich  die  Blättchen 
allmählich  braun  zu  färben  beginnen,  bis  sie  schließlich 
dunkelbraun  werden.  Unter  dem  Mikroskop  zeigt  die  Flächen- 
ansicht des  Blattes  eigentümliclie  braune,  ovale  Flecke  an  den 
einzelnen  Zellen;  der  Querschnitt  lehrt  uns,  daß  die  Braun- 
färbung nur  in  den  äußeren  Zellwänden  der  Epidermis  auf- 
tritt. Nach  Behandlung  mit  verdünnter  Salzsäure  verschwinden 
die  braunen  Flecke  vollständig  und  durch  eine  chemische 
Untersuchung  kann  man  sich  überzeugen,  daß  diese  lokale 
Membranfärbung  von  einer  Manganverbindung  herrührt. 

Nur  gewisse  Wasserpflanzen  sind  befähigt,  Mangan  in 
den  Zellwänden  einzulagern;  neben  dieser  spezifischen  Fähig- 
keit der  Manganspeieherung  kommen  für  das  Gelingen  des 
Versuches    noch    verschiedene    andere  Momente    in    Betracht. 

a)  Belichtungsverhältnisse. 

Wie  Molisch  durch  Versuche  festgestellt  hat,  erfolgt  die 
Manganoxydabscheidung  nur  bei  Lichtzutritt.  Aber  auch 
in  schwachem  diffusen  Lichte  bleibt  sie  oft  ganz  aus 
(Molisch,  III,  p.  1433).  So  verweilten  z.  B.  Lemiia  trisidca, 
L.  minor,  Foiitinalis,  die  im  Februar  in  eine  0' 05-prozentige 
MnSO^- Lösung  gelegt  worden  waren,  mehrere  Wochen  in  der 
Lösung,  ohne  sich  zu  färben  und  starben  schließlich  ab.  -Bei 
Elodea  und  Stratiotes  hingegen,  welche  überhaupt  eine  reich- 
Hchere  Manganoxydausscheidung  zeigen,  erschien  die  Braun- 
färbung etwa  nach  3  Wochen.  Im  Juni,  bei  günstigen  Belich- 
tungs-  und  Temperaturverhältnissen,  erfolgte  die  Abscheldung 
auch  bei  den  erst.oenannten  Pflanzen  in  kurzer  Zeil. 


Manganspeicherung  in  Wasserpflanzen.  5 

In  direktem  Sonnenlichte  zeigt  sich  die  Braunfärbung 
infolge  der  Manganoxydabscheidung  oft  schon  nach  wenigen 
Stunden.  So  färbten  sich  die  Blätter  eines  jE/o^^^- Sprosses 
im  Mai  nach  2Y.,  Stunden  sehr  deutlich  braun. 

Die  Wirkung  ,  des  Lichtreizes  auf  die  Manganoxyd- 
abscheidung ist  ganz  lokal.  Ein  Blatt  von  Stratiotes  wurde 
mittels  eines  Streifens  schwarzer  Wachsleinwand  an  einen 
Objektträger  befestigt  und  in  einer  Mangansalzlösung  dem 
direkten  Sonnenlichte  ausgesetzt.  Die  nicht  belichtete  Stelle 
des  Blattes  unter  dem  Streifen  blieb  vollständig  ungefärbt, 
während  das  übrige  Blatt  schon  tiefbraun  war,  und  zwar  war 
die  Abgrenzung  der  beiden  Partien  ganz  scharf. 

Je  intensiver  die  Belichtung,  desto  schneller  und  reich- 
licher erfolgt  die  Manganoxydspeicherung  in  der  Epidermis. 
So  zeigt  auch  wahrscheinlich  aus  diesem  Grunde  die  meist 
stärker  belichtete  Oberseite  der  Blätter  ^  sofern  diese  beider- 
seits Mangan  speichern  —  in  der  Regel  eine  intensivere 
Braunfärbung  als  die  Unterseite. 

b)  Konzentration  der  Versuchslösung. 

Die  Mangansalze  sind  jedenfalls  in  stärkerer  Konzentration 
den  Pflanzen  schädlich.  Die  verschiedenen  Pflanzen  zeigen  in 
dieser  Beziehung  eine  verschiedene  Empfindlichkeit.  Potamo- 
geton  Ittcens  z.  B.  geht  in  einer  0-05-prozentigen  MnSO^^-Lösung 
schon  nach  wenigen  Tagen  zugrunde,  Ceratophylhim  nach 
längerer  Zeit,  und  zwar  ohne  sich  zu  färben.  Am  günstigsten 
haben  sich  Konzentrationen  von  ungefähr  O'Ol  bis  0-03%, 
MnCl,  oder  MnSO^  in  Leitungswasser  erwiesen.  (Wo  nichts 
Besonderes  erwähnt  wird,  wurde  als  Versuchslösung  immer  die 
Lösung  eines  Mangansalzes  in  Leitungswasser  verwendet.) 
Manche  Pflanzen  vertragen  ziemlich  hohe  Konzentrationen,  wie 
Elodea  canadensis,  die  in  einer  einprozentigen  MnSO^^-Lösung 
bei  einem  bestimmten  Versuch  noch  nach  10  T-cigen  lebte;  bei 
einem  anderen  Versuche  waren  Elodea  wie  auch  Stratiotes 
in  einer  0-05-prozentigen  MnClg-Lösung  nach  3  Monaten  noch 
am  Leben.  Die  meisten  Pflanzen  jedoch  gehen  auch  in 
schwächeren  Lösungen   nach  einigen  Wochen  zugrunde. 


6 


M.  Perusek, 


c)  Die  Manganoxydabscheidung  ist  eine  Lebenserscheinung. 

(Molisch,  III,  p.  1432). 

Die  wichtigste  Bedingung  ist,  daß  man  mit  lebenden 
Pflanzen  experimentiert;  denn  tote  Pflanzen  sowie  auch  einzelne 
tote  Zellen  zeigen  nie  die  charakteristische  Erscheinung. 

Versuch:  Sprosse  von  Elodea,  Ranunculus  aquatilis, 
Poiamogeton  pectinatiis  u.  a.  wurden  auf  verschiedene  Weise 
getötet  (1.  durch  Austrocknenlassen,  2.  durch  heißes  Wasser, 
3.  durch  Alkohol)  und  in  eine  0  •  05-prozentige  MnClg-Lösung 
gebracht.  In  keinem  Pralle  trat  eine  Manganoxydabscheidung  ein. 

Zu  den  Versuchen  eignen  sich  nur  gesunde,  kräftige 
Pflanzen.  Vergleichende  Versuche  mit  kräftigen,  im  Freien 
gewachsenen  und  mit  geschwächten  Elodea-S'pvossen  aus  dem 
Aquarium  zeigten,  daß  die  Braunfärbung  bei  diesen  viel  lang- 
samer erfolgt  und  nicht  dieselbe  Intensität  erreicht  als  bei 
jenen.  Viele  Zellen  blieben  überhaupt  ungefärbt,  obwohl  sie 
lebten. 


Versuchs- 
dauer 


1  Tag. 

2  Tage 
7  Tage 


1"/,,  MnCL, 


IT,    P^ 

c 


3 

3 

3-4 


0-10/q  MnClo 


:ni  P- 


O-OlO/'o  MnC 


Skala:      1   kaum  merklich,  —  5  intensiv  gefärbt. 


O 


III.  Verbreitung  der  Fähigkeit  bei  Wasserpflanzen, 
Mangan  in  den  IVIembranen  zu  speiehern. 

Zunächst  war  eine  möglichst  große  Anzahl  von  Wasser- 
pflanzen auf  ihre  Fähigkeit  der  Manganspeicherung  hin  zu 
prüfen.  Dabei  stellte  es  sich  heraus,  daß  diese  den  typischen 


Manganspeicherung  in  WasserpHanzen.  7 

submersen  Pflanzen  fast  allgemein  zukommt  (eine  Aus- 
nahme bildet  z.  B.   Ufriciilaria). 

Bei  Wasserpflanzen  mit  polymorphen  Blättern  zeigen 
ebenfalls  die  submersen  Blätter  fast  durchwegs  Mangan- 
einlagerung (eine  Ausnahme  bildet  Cabomba),  bei  Schwimm- 
blättern erfolgt  sie  in  der  Regel  nur  in  der  unteren  Epi- 
dermis (bei  Hydrocharis  auch  in  der  oberen).  Die  aus- 
gewachsenen Luftblätter  (die  sich  am  Fundorte  außerhalb 
des  Wassers  befanden)  zeigen  gewöhnlich  keine  Abscheidung 
oder  nur  in  ganz  geringem  Maße,  wohl  aber  in  jugendlichem 
Stadium,  solange  sie  noch  untergetaucht  sind.  Gedacht  ist 
hier  hauptsächlich  an  Alisma  und  Sagittaria. 

Es  sei  hier  betont,  daß  die  Pflanzen  bei  den  Versuchen 
stets  mit  allen  ihren  Teilen  in  der  Mangansalzlösung  unter- 
getaucht gehalten  wurden,  ganz  gleichgültig,  ob  Wssser-  oder 
Landpflanzen,  und  ob  sie  in  der  Natur  submers,  teilweise 
oder  ganz  außerhalb  des  Wassers  aufgefunden  wurden. 

Bei  den  amphibischen  Pflanzen  und  den  Schwimm- 
pflanzen ist  die  Fähigkeit,  Mangan  zu  speichern,  nicht  so 
verbreitet  wie  bei  den  typischen  submersen  Wasserpflanzen, 
auch  erfolgt  die  Abscheidung  weniger  energisch  als  bei  diesen. 
Unter  den  Sumpfpflanzen,  den  Pflanzen,  die  in  sumpfigem 
Boden  wurzeln  und  mit  den  oberirdischen  Organen  gewöhn- 
lich in  die  Luft  ragen,  ist  diese  Fähigkeit  schon  fast  gar 
nicht  zu  finden.  Die  einzige  Ausnahme  bildet  unter  den  ge- 
prüften Pflanzen  Btttoimts  umbellatus,  bei  dem  die  charakte- 
ristische Erscheinung  auftritt.  Bei  einigen  Sumpfpflanzen 
erscheint  die  Braunfärbung  nur  auf  einzelne  Zellen  oder  Zell- 
gruppen beschränkt,  die  äußerst  spärlich  und  unregelmäßig 
über  die  Blattfläche  zerstreut  sind,  so  bei  Veronica  beccabunga 
und  V.  anagallis;  die  meisten  Sumpfflanzen  jedoch  zeigen 
keine  Manganspeicherung. 

Unter  der  Annahme,  die  Manganeinlagerung  sei  eine  Folge 
der  Kohlensäureassimilation,  ließe  sich  diese  progressiv  abneh- 
mende Fähigkeit  der  Manganabscheidung  von  den  typischen 
submersen  Wasser-  zu  den  Landpflanzen  folgendermaßen 
erklären:  Die  submersen  Wasserpflanzen  sind  nur  an  die 
direkte  Kohlensäureaufnahme  durch  die  Epidermis  angewiesen^ 


8  M.  Perusek, 

welche  infolge  der  dünnen  Kutikula,  die  auch  ganz  fehlen 
kann,  ermöglicht  wird.  Ebenso  wie  die  typischen  submersen 
Wasserpflanzen  verhalten  sich  die  submersen  Blätter  v-on 
Wasserpflanzen  mit  polymorphen  Blättern.  Daß  die  schwer 
benetzbare  Oberseite  der  Schwimmblätter  keine  Manganoxyd- 
abscheidung  zeigt,  wäre  \'erständlich,  da  die  Kohlensäure  so 
gut  wie  nicht  durch  die  Epidermis  eintreten  kann,  sondern 
deren  Aufnahme  durch  Spaltöffnungen  besorgt  wird.  Dasselbe 
ist  auch  bei  den  Blättern  der  Landpflanzen  der  Fall,  die  eihe 
normal  ausgebildete  Kutikula  besitzen. 

Unter  den  untersuchten  Pflanzen  ließ  sich  bei  folgenden 
keine  Tvlanganspeicherung  nachweisen :  Iso'etes  Malinvernia- 
nimi,  Sparganium  simplex,  Scirpns  lactistris,  Nuphar  luteum, 
Nymphaea  sp.,  Cahomha  sp.  (submerse  Blätter),  Bacopa  Mon- 
niera,  Amlmlia  sp.,  Myriophyllum  proserpüiacoides,  Hippuris 
vulgaris,  Utricularia  vulgaris,  Callitriche  sp.,  Ludwigia 
palustris,  Lysimachia  numinularia,  Polygonimi  amphibium, 
Galitim.  palustre,  Myosotis  scorpioides  u.  a. 

Die  folgende  Tabelle  gibt  eine  Übersicht  der  mangan- 
speichernden Pflanzen  in  bezug  auf  die  Topographie  der 
Manganeinlagerung.  Myriophyllum,  Elodea,  Vallisneria  und 
Rammaüus  aquatilis  wurden  schon  von  Moli  seh  angeführt, 
die  übrigen  haben  sich  nach  meinen  Untersuchungen  als 
manganspeichernd  erwiesen. 

Der  Ort  der  Manganeinlagerung  ist  für  die  einzelnen 
Pflanzen  charakteristisch. 

a)  Bei  Pflanzen,  bei  denen  Mayr  (I)  Hydropoten  nach- 
gewiesen hat,  stimmt  die  Lage  der  durch  Manganoxyd  braun- 
gefärbten Stellen  mit  der  Lage  der  Hydropoten  überein.  Diese 
färben  sich  in  einer  Fuchsinlösung  rot  (Mayr,  I,  p.  282 
und  353);  dieselben  Stellen  zeigen  in  einer  Mangansalzlösung 
Braunfärbung,  so  bei  Ceratophyllum  demersum,  Potamogeton 
natans,  Rammculus  aquatilis,  R.  divaricatus,  Sagittaria  sagitti- 
folia,  Alisma  plantago,  A.  gramineum,  Myriophyllum  spicatum. 
Da  die  Hydropoten  besondere  Organe  darstellen,  die  zur  Auf- 
nahme der  Nahrung,  also  auch  der  Kohlensäure,  befähigt  sind, 
spricht  die  erwähnte  Tatsache  neben  anderen  für  die  Annahme, 


Manganspeicherung  in  Wasserpflanzen.  9 

daß  die  ManganoxydeinlagerLing  mit  der  Kohlensäureassimila- 
tion zusammenhängt  (vgl.  Fig.  7  bis  9). 

h)  Aber  auch  bei  manchen  Pflanzen,  bei  denen  keine 
Hydropoten  nachgewiesen  sind  (z.  B.  Elodea,  siehe  Tabelle), 
bleibt  die  Manganabscheidung  auf  bestimmte  Zellkomplexe 
beschränkt.  Allerdings  kommt  es  vor,  daß  sich  bei  Elodea  die 
anfänglich  ungefärbt  bleibenden  Zellreihen  über  den  Nerven 
bei  langer  Versuchsdauer  schließlich  auch  schwach  zu  färben 
beginnen,  doch  bleibt  immer  noch  ein  deutlicher  Unterschied 
gegenüber  dem  übrigen  Blatt  bestehen.  Der  Stengel  bleibt 
stets  ungefärbt,  wie  das  auch  bei  anderen  Pflanzen  der  Fall 
ist  (Ramiiiaihis  aquatilis,  R.  dinaricatits  u.  a.).  Bei  einigen 
Pflanzen  färben  sich  die  Zellen  über  den  Blattnerven  nur 
etwas  langsamer  und  schwächer  als  die  Umgebung  (so  bei 
Potarnogcton  crispus,  P.  perfoliatn^,  P.  hicens).  Bei  den  ge- 
nannten Pflanzen  bemerkt  man  an  den  Blättern  inselweise  die 
Zellen  schwächer  oder  gar  nicht  gefärbt.  Die  Abgrenzung  ist 
zwar  nicht  scharf,  doch  scheint  diese  Differenzierung  nicht 
zufällig  zu  sein,  da  dieselbe  auch  bei  der  Färbung  mit  Fuchsin 
eintritt. 

Einen  besonderen  Fall  bilden  die  Raphidenzellen  bei 
Lemna  trisitJca  und  L.  minor,  die,  sich  von  den  übrigen 
Zellen  abhebend,  keine  Manganeinlagerung  zeigen. 

c)  Wo.  in  der  Ta.belle  nichts  Besonderes  erwähnt  wurde, 
zeigen  alle  Epidermiszellen  des  betreffenden  Organs  Mangan- 
oxydabscheidung  oder  besitzen  wenigstens  die  Fähigkeit  dazu. 
Es  kommt  oft  vor,  daß  sich  nicht  alle  Zellen  gleichmäßig 
färben;  bei  einigen  Zellen  oder  Zellkomplexen  erfolgt  die  Ab- 
scheidung wahrscheinlich  aus  inneren  Gründen  langsamer 
oder  gar  nicht.  In  vielen  Fällen  jedoch  dürfte  die  Ursache  in 
den  Belichtungsverhältnissen  liegen. 

Die  Abscheidung  erfolgt  bei  verschiedenen  Pflanzen  unter 
gleichen  Urnständen  verschieden  rasch  und  intensiv.  Chara 
z.  B.  wird  schon  in  kurzer  Zeit  ganz  schwarz  vom  abge- 
schiedenen Manganoxyd,  ebenso  die  Hydropoten  an  den  Band- 
blättern und  Schwimmblattstielen  von  Sagittaria  sagittifolia, 
während  bei  anderen  Pflanzen,  wie  bei  Hydrocharis,  die  Ab- 
scheidung nur  langsam  vor  sich  geht. 


10 


M.  Peru  Sek, 


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M.  Perusek. 


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Manganspeiclierung  in  Wasserpflanzen.         •  1 3 

Diese  Unterschiede  dürften  mit  der  verschiedenen  Assimila- 
tionsgeschwindigl^eit  der  Pflanzen  im  Zusammenhange  stehen. 

d)  Die  Einlagerung  des  Manganoxyds  tritt  fast  ausnahms- 
los nur  in  der  äußeren  Epidermiswand  auf,  selten  auch 
in  den  zu  dieser  senkrecht  stehenden  Zellwänden.  Bei  Lemna 
speichert  die  obere  Wand  der  Epidermiszellen  mit  welliger 
Kontur  kein  Manganoxyd,  wohl  aber  die  darunterliegenden 
Membranen  und  die  Seitenwände  (Fig.  3).  Die  viereckigen 
Epidermiszellen  hingegen  zeigen  die  Manganeinlagerung  in 
den  oberen  Zellwänden.  Bei  Chara  wird  in  sämtlichen  Zell- 
wänden Manganoxyd  abgeschieden  (Fig.  4). 

e)  Der  gefärbte  Teil  der  Zellwand  ist  nicht  immer  von 
gleicher  Form.  Oft  sind  seine  Konturen  parallel  denen  der 
Zellwand  und  er  ist  voo  einer  schmäleren  oder  breiteren  un- 
gefärbten Zone  umgeben  (Fig.  6).  Er  kann  auch  elliptisch,  rund 
oder  biskuitförmig  (Fig.  1  a)  und  von  verschiedener  Größe  im 
Verhältnis  zur  Zellwand  sein.  Nicht  selten  treten  daneben  an 
den  Membranen  Zapfenbildungen  auf,  die  ebenfalls  Mangan- 
oxyd einlagern  (Fig.  1),  manchmal  erscheinen  auch  diese 
allein  (Molisch,  III,  p.  1428).  Zuweilen  färbt  sich  die  ganze 
Epidermis  gleichmäßig,  entweder  gleich  von  Anfang  an  (stets 
bei  Riccia),  oder  es  verwischen  sich  nach  längerer  Zeit  die 
anfangs  gebildeten  Figuren.  Oft  jedoch  bleiben  diese  noch  nach 
Wochen  scharf  abgegrenzt  erhalten.  Im  allgemeinen  sind  diese 
Figuren  nicht  charakteristisch  für  die  einzelnen  Pflanzen,  es 
können  verschiedenartige  auf  demselben  Blatt  zugleich  auf- 
treten. Manchmal  geht  die  Färbung  von  den  Rändern  der  Zell- 
wand aus.  Selten  sind  die  braunen  Flecke  ohne  Beziehung 
zu  den  einzelnen  Zellen  strichweise  über  das  Blatt  angeordnet 
(so  an  den  Luftblättern  von  Alisma  plantago). 

Sehr  auffallend  ist  die  regelmäßige  Querstreifung  bei  den 
Rindenzellen  von  Chara  (Fig.  5).  Es  ist  interessant,  daß  die 
in  den  Interzellularräumen  eingelagerten  Kalkcarbonatkrystalle 
derart  aneinandergefügt  sind,  daß  bei  der  Flächenansicht  der 
Rindenzellen  hellere  und  dunklere  miteinander  abwechselnde 
Partien  erscheinen,  und  infolgedessen  eine  ähnliche  Quer- 
streifung zustande  kommt  wie  infolge  der  Manganeinlagerung 
in  der  Membran. 


14  M.  Perusek, 

f)  Wenn  die  Pflanze  sehr  lang  in  der  Mangansalzlösung 
verweilt,  werden  zuweilen  ganze  Krusten  einer  braunen, 
körnigen  Masse  auf  der  Blattoberfläche  abgeschieden.  Diese 
Erscheinung  wurde  bei  Elodea  beobachtet.  Zuerst  erfolgte  die 
Abscheidung  an  den  Stellen,  wo  auch  die  Zellwand  das 
Manganoxyd  einlagerte,  später  auch  gegen  den  Rand  zu.  Doch 
war  die  Abscheidung  in  der  Mitte  viel  reichlicher,  so  daß  die 
abgehobene  Kruste  gleichsam  ein  Abbild  des  braungefärbten 
Blattes  zeigte,  indem  auf  der  Fläche  dunklere  Flecke,  ent- 
sprechend den  einzelnen  Zellen,  zu  erkennen  waren. 

Auf  der  Oberfläche  der  Wasserpflanzen,  die  sich  in 
Mangansalzlösungen  befanden,  waren  oft  große  Mengen  von 
Eisenbakterien,  die  statt  Eisen  Mangan  speicherten,  zu 
beobachten.  Ebenso  fielen  die  Fußzellen  mancher  epiphytischer 
Algen  auf,  welche  nicht  selten  vom  abgeschiedenen  Mangan- 
oxyd ganz  schwarz  erschienen  (v^gl.  Molisch,  I,  p.  71,  und 
IV,  p.  50). 

IV.  Besonderheiten  in  der  Manganspeieherung. 

a)  Verhalten  des  Spaltöffnungsapparats. 

Bei  manganspeichernden  Pflanzen,  die  Spaltöff"nungen 
besitzen,  fallen  die  Zellen  des  Spaltöffnungsapparats  durch  ihr 
besonderes  Verhalten  unter  den  übrigen  Zellen  auf:  Die 
Schließzellen  bleiben  stets  ungefärbt,  in  der  Regel  auch 
die  den  Schließzellen  parallelen  Nebenzellen  (Fig.  2);  manch- 
mal zeigen  die  quergestellten  benachbarten  Zellen  ebenfalls 
keine  Manganspeicherung.  Zuweilen  kommt  es  auch  vor,  daß 
die  Nebenzellen  nur  schwächer  gefärbt  sind  als  die  Umgebung. 

Die  erwähnte  Erscheinung  ist  ein  neuerlicher  Beleg  für 
die  besondere  Stellung  des  Spaltöffnungsapparats,  auf  die 
schon  öfters  hingewiesen  wurde  (vgl.  Leitgeb,  I,  p.  131; 
Molisch,  II,  p.  30;  Kindermann,  I;  Kluyver,  I,  p.  1148; 
Molisch,  VI,  p.  480).  Die  Ursache  für  das  auffallende  Ver- 
halten der  Spaltöffnungen  bei  manganspeichernden  Pflanzen 
könnte  in  der  Membran  oder  —  was  wahrscheinlicher  ist  — 
im  besondern  Chemismus  dieser  Zellen  liegen  (vgl.  Hamorak,  I). 


Manganspeicherungin  Wasserpflanzen.  15 

b)  Verhalten  der  Zellen  in  der  Umgebung  von  toten  Stellen.' 

Es  ist  eine  merkwürdige  Erscheinung,  daß  sich  Zellen,  die 
an  tote  Stellen  angrenzen,  in  der  Regel  gar  nicht  oder  wenigstens 
schwächer  färben  als  die  übrigen.  An  den  Stengeln  von 
Pofamogeton  acntifoUns  wurden  oft  einzelne  Zellen  mit  zer- 
störtem Inhalt  beobachtet;  die  Zellen,  die  unmittelbar  an  solche 
Zellen  grenzten,  blieben  vollkommen  ungefärbt,  obwohl  sie 
lebten,  wie  durch  Plasmolyse  nachgewiesen  wurde,  während 
die  nächsten  Zellen  schon  tiefbraun  gefärbt  waren. 

Durch  Verwundung  wurden  künstlich  solche  tote  Stellen 
erzeugt.  Elodea-BVäXiQv  wurden  durch  Nadelstiche,  durch  das 
Berühren  mit  einer  glühenden  Nadelspitze  und  durch  Ab- 
schneiden der  Blattenden  verwundet,  die  Sprosse  4  Tage  in 
Leitungswasser  und  nachher  in  eine  MnSO^-Lösung  gebracht. 
Bei  kleinen  Wundstellen  trat  der  Unterschied  zwischen  den 
angrenzenden  ungefärbten  Zellen,  die  alle  starke  Protoplasma- 
Strömung  zeigten,  und  den  übrigen  intensiv  gefärbten  Zellen 
deutlich  hervor  (Eig.  6).  Auch  an  größeren  Wundstellen  war 
das  in  der  Regel  zu  beobachten.  Bei  den  großen  Brandwunden 
war  die  Abgrenzung  nicht  so  deutlich;  oft  blieben  mehrere 
Zellreihen  ungefärbt  oder  die  Zellen  der  Umgebung  waren 
schwächer  gefärbt  oder  zeigten  nur  Zäpfchenbildung.  In  der 
Nähe  der  Brandwunden  war  stets  die  Tendenz  zur  Zäpfchen- 
bildung zu  beobachten. 

Bei  den  kleinen  Wunden  begannen  sich  nach  längerer 
Zeit,  etwa  einer  Woche  bei  günstigen  Belichtungsverhältnissen, 
auch  die  anfänglich  ungefärbten  Zonen  zu  färben,  während 
sie  bei  den  größeren  noch  nach  14  Tagen  unverändert  blieben. 
Nach  3  Wochen  waren  alle,  auch  die  die  großen  Wundstellen 
umgebenden  Zellen  intensiv  gefärbt,  wenn  auch  nicht  so  stark 
wie  die  übrigen. 

Um  sich  zu  überzeugen,  ob  die  Dauer  der  Ausheilung 
einen  Einfluß  auf  die  Färbung  der  an  die  Wundstelle  an- 
grenzenden Zellen  habe,  wurden  ElodeaS'pvossQ  sofort  nach 
der  Verwundung  in  die  Mangansalzlösung  gebracht;  sie  zeigten 
dieselbe  Erscheinung  wie  solche,  die  4  bis  9  Tage  im  Leitungs- 
wasser der  Ausheilung  überlassen  wurden,  woraus  hervorgeht, 


16  M.  Perusek, 

daß  die  Dauer  derselben  keinerlei  Bedeutung  für  die  Mangan - 
speicherung  jener  Zellen  hat. 

V.   Einige  Versuche  betreffend  die  Frage  der  Mangan- 
speieherung  als  Folge  der  Kohlensäureassimilation. 

a)  Wie  schon  erwähnt,  erfolgt  die  Manganeinlagerung  in 
den  Membranen  der  Wasserpflanzen  nur  im  Lichte,  und  zwar 
wie  Molisch  (III,  p.  1434)  durch  Versuche  festgestellt  hat,  in 
der  roten  Hälfte  des  Spektrums  rascher  und  intensiver  als  in 
der  blauen.  Dieser  Umstand  legt  den  Gedanken  nahe,  daß  die 
Einlagerung  mit  der  Kohlensäureassimilation  im  Zusammen- 
hange steht.  Versuche  mit  Kohlensäureabschluß  führten  nicht 
zur  Lösung  dieser  Frage,  da  die  Pflanze  die  bei  der  Atmung 
abgegebene  Kohlensäure  zur  Assimilation  verwenden  kann 
(Molisch,  III,' p.  1434). 

Folgender  Versuch  mit  vollständigem  Luftabschluß 
führte  ebenfalls  nicht  zum  erwünschten  Resultat:  3  Elodea- 
Sprosse  wurden  auf  eine  Stunde  in  abgekochtes  Wasser 
gebracht,  damit  beim  Einlegen  in  die  Versuchslösung  kein 
lufthaltiges  Wasser  an  den  Blättern  haften  bliebe.  Sodann 
wurde  je  ein  Sproß  in  eine  Eprouvette  gebracht  und  dem 
direkten  Sonnenlichte  ausgesetzt.  Von  den  8  Eprouvetten 
wurden  vier  mit  einer  0' 1-prozentigen  MnClg-Lösung  in  ab- 
gekochtem und  filtriertem  Leitungswasser  gefüllt  und  mit  Öl 
überschichtet,  die  anderen  vier  mit  einer  ebensolchen  Lösung 
in  nicht  abgekochtem  Leitungswasser.  Nach  Ablauf  von  1,  2, 
3  und  8  Stunden  wurden  die  Blättchen  je  eines  Sprosses  aus 
der  Lösung  mit  Luftabschluß,  beziehungsweise  aus  der  Kontroll- 
lösung unter  das  Mikroskop  gebracht.  Es  zeigte  sich,  daß  sich 
die  Blättchen  trotz  des  Luftabschlusses  färben.  Aber  auch  diese 
Tatsache  würde  der  oben  erwähnten  Annahme  nicht  wider- 
sprechen, da  die  Pflanze  den  Sauerstoff  aus  den  Interzellular- 
räumen v^ratmen  kann,  und  die  auf  diesem  Wege,  beziehungs- 
weise durch  die  intramolekulare  Atmung  gebildete  Kohlensäure 
wieder  die  Assimilation  ermöglicht.  Auffallend  war  bei  dem 
Versuche,  daß  die  Sprosse  in  den  Lösungen  mit  Luftabschluß 
sogar  eine  stärkere  Manganeinlagerung  aufwiesen  als  die 
Kontrollpflanzen. 


Manganspeicherung  in  Wasserpflanzen.  17 

Dieser  Unterschied  konnte  vielleicht  von  der  Verschieden- 
heit der  Individuen  herrühren.  Deshalb  wurde  der  Versuch 
wiederholt.  Zehn  möglichst  ähnliche,  gesunde  Sprosse  wurden 
auf  2  Stunden  in  abgekochtes  Leitungswasser  gelegt,  dann 
je  fünf  in  eine  abgekochte  MnCl.^-Lösung  mit  Luftabschluß, 
beziehungsweise  in  eine  nicht  abgekochte,  und  dem  direkten 
Sonnenlichte  ausgesetzt.  Nach  3  Stunden  wurden  die  Blättchen 
der  einzelnen  Individuen  bezüglich  ihrer  Manganoxydspeiche- 
rung  verglichen.  Der  Vergleich  ergab,  daß  tatsächlich  die 
Braunfärbung  bei  den  5  Sprossen  aus  den  Lösungen  mit  Luft- 
abschluß durchschnittlich  deutlich  intensiver  war  als  bei  den 
übrigen,  eine  Tatsache,  die  ich  mir  allerdings  nicht  ohne 
weiteres  erklären  kann. 

b)  Bekanntlich  sind  viele  Wasserpflanzen  imstande,  dem 
Calcium-  und  Alkalicarbonat  die  Kohlensäure  zu  ent- 
nehmen, wobei  die  Carbonate  ausgeschieden  werden,  und 
zwar  soll  die  Kohlensäureentnahme  aus  den  Bicarbonaten 
sogar  eine  sehr  wichtige  Rolle  bei  der  Kohlen.säureassimilation 
der  Wasserpflanzen  spielen  (Angelstein,  I,  p.  16  des  Sonder- 
abdruckes). Das  ausgeschiedene  Alkali  könnte  nun  die  Ursache 
für  die  Fällung  und  Einlagerung  des  Mangans  in  Mangansalz- 
lösungen sein  (vgl.  Moli  seh,  III,  p.  1436). 

Es  wurde  eine  ganze  Reihe  von  Wasserpflanzen  auf  ihre 
Fähigkeit  hin,  das  Wasser  alkalisch  zu  machen,  geprüft. 
Dazu  wurden  natürlich  nur  solche  Versuchsgefäße  verwendet, 
in  denen  das  Wasser  keine  aus  dem  Glase  herrührende  Alkale- 
szenz  zeigte,  wobei  als  Indikator  Phenolphtalein  diente  (vgl. 
Molisch,  V,  p,  969).  Nach  Moli  seh  bewirken  folgende  Pflanzen 
Alkaleszenz  des  Wassers:  Potamogeton  htcens,  P.  nataiis, 
P.  perfoliatus,  P.  crispiis,  Ceratopliylliim  demersiim,  Stratiotes 
aloides,  Myriophylliim  verticillatniu,  ValUsneria  spiralis,  Elodea 
canadensis,  Ramincnhis  aqnatilis,  Riccia  flnitans  und  Chara 
sp.  Unter  den  geprüften  Pflanzen  wurde  das  Wasser  außerdem 
bei  folgenden  alkalisch:  Potamogeton  pcctiuatus,  P.  deiistis, 
P.  acutifolms,  Myriophyllwn  spicatimi,  Najas  major,  Hydrilla 
verticülata,  Ranunciilns  divaricatus,  Sagittatia  sagittifolia, 
Alisma  plantago  (Bandblätter),  Alisnia  gramiiienm,  Lcmna 
trisulca,  L.  minor,  Foutiiialis  antipyretica. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KI.,  Abt.  I,  12s.  Bd.  2 


18  M.  Perusek, 

Außer  bei  den  von  Moli  seh  angeführten  Pflanzen  (Hydro- 
charis  inorsns  ranae,  Utricularia  sp.,  Polygomint  amphibium, 
Veronica  beccahtmga,  Lemna  polyrrhkä)  ließ  sich  keine 
Alkaleszenz  des  Wassers  nachweisen  bei:  Callitriche  sp., 
Alisma  plantago  (Luftblätter),  Vercmica  anagalUs,  Galinni 
pahistrc,  MyosoHs  scorpioides,  Lysiniacliia  nnuimnlaria,  Spar- 
ganium  simplex,  Biitonius  nnihellatits. 

Im  allgemeinen  sind  es  dieselben  Pflanzen,  welche  das 
Wasser  alkalisch  machen  und  in  Mangansalzlösungen  Mangan- 
oxyd speichern.  Ausnahmen  bilden  Butomus  und  Hydrocharis, 
die  zwar  Manganox\'d  ausscheiden,  aber  keine  Alkaleszenz 
des  Wassers  bewirken.  Das  könnte  man  so  erkläi-en,  daß  die 
erwähnten  Pflanzen  sehr  langsam  die  Kohlensäure  duich  die 
Epidermis  aufnehmen,  wodurch  nur  wenig  Alkalicarbonat  aus- 
geschieden wird  und  dieses  in  kurzer  Zeit  wieder  in  Bicarbonat 
übergeführt  werden  kann.  Übereinstimmend  damit  färbt  sich 
Hydrocharis  erst  nach  längerem  Verweilen  in  der  Mangan- 
salzlösung, manchmal  nach  einigen  Wochen,  oft  auch  gar 
nicht.  Pflanzen,  die  sich  —  wie  Elodea  oder  Potamogeton  — 
in  kurzer  Zeit  auf  der  ganzen  Oberfläche  färben,  bewirken 
alle  starke  Alkaleszenz  des  Wassers. 

c)  Folgender  Versuch  sollte  zur  Klärung  der  Frage  bei- 
tragen, ob  die  Manganspeicherung  nur  von  der  Kohlensäure- 
aufnahme oder  speziell  von  der  Zerlegung  der  Alkalibicarbonate 
abhängig  ist:  Elodea -Sprosse  wurden  in  destilliertes  Wasser 
gebracht,  durch  welches  Kohlensäure  durchgeleitet  wurde,  um 
das  an  den  Blättchen  haftende  CaCOg  zu  lösen;  dann  wurden 
die  Pflanzen  mit  destilliertem  Wasser  gewaschen  und  teils  in 
eine  0-05-prozentige  MnSOj^-Lösung  in  destilliertem  Wasser, 
in  welche  kurze  Zeit  Kohlensäure  eingeleitet  wurde,  gebracht, 
teils  in  eine  solche  in  Leitungswasser,  und  die  Gefäße  in 
direktes  Sonnenlicht  gestellt.  Im  Leitungswasser  zeigte  sich 
die  Bräunung  sehr  bald,  während  die  Pflanzen  im  destillieiten 
Wasser,  obwohl  lebend,  auch  nach  einer  Woche  keine  Färbung 
aufwiesen.  Der  Grund  konnte  darin  liegen,  daß  sich  die  Pflanze 
in  einer  ihr  schädlichen  Lösung  befand  und  dadurch  geschwächt 
wurde,    und    nicht  in  der  Abwesenheit  des  Alkalibicarbonats. 


Manganspeicherung  in  Wasserpflanzen. 


19 


Deshalb  wurde  eine  Nährlösung  (0-0250/o  KNO3  +  0-025V,, 
KCl  in  destilliertem  Wasser),  der  0-057o  MnSO^  und  NaHCOg 
zugesetzt  wurde,  verwendet. 


NaHCOg- 
Zusatz 


Mn  SO^-l-Nährlösang 


I  I  i 

Spur       0-010/q      O-OSOq  I    O-SO/q 


Mn  SOj 

Leitungs- 
wasser 


Beginn  der 
Versuche 

5.  Juli 

8.  Juli 

12.  Juli 


Skala:      1   kaum  merkliche,    5  sehr  intensive  Braunfärbung 


In  der  Nährlösung  ohne  Bicarbonatzusatz  färbte  sich  die 
Pflanze  so  gut  wie  gar  nicht  (nur  3  Blättchen  zeigten  eine 
sehr  geringe  Ausscheidung).  In  den  Lösungen,  den  NaHCO.^ 
zugesetzt  wurde,  war  die  Ausscheidung  viel  reichlicher  als  im 
Leitungswasser.  Besonders  intensiv  war  die  Färbung  in  der 
Lösung  mit  0*01%  Bicarbonatzusatz.  Die  betreffende  Pflanze 
assimilierte  so  kräftig,  daß  am  Morgen  des  6.  Juli  (die  Pflanzen 
waren  am  Abend  des  5.  Juli  in  die  Lösungen  gebracht  worden), 
noch  bev^or  sie  vom  direkten  Sonnenlichte  getroffen  wurde, 
mit  großer  Geschwindigkeit  Gasbläschen  von  der  Verwundungs- 
stelle des  Stengels  aufstiegen,  während  bei  den  übrigen  Sproß- 
stücken hievon  nichts  zu  bemerken  war.  Daß  die  Sprosse  mit 
reichlicherem  Zusatz  von  NaHCOg  weniger  intensiv  assimi- 
lierten, ist  darauf  zurückzuführen,  daß  infolge  der  größeren 
Menge  des  Bicarbonats  ein  Teil  zur  Fällung  des  Mangans  in 
der  Lösung^verwendet  wurde,  andrerseits  ist  bei  den  betref- 
fenden Lösungen  wohl  auch  das  Optimum  der  Konzentration 
überschritten  worden  (Angel stein,  I,  p.  15  des  Sonderabdr.)". 

Der  Sproß,  der  auffallend  intensiver  assimilierte  als  die 
übrigen,  zeigte  auch  in  sehr  kurzer  Zeit  eine  unverhälnismäßig 
reichlichere  Manganoxydabscheidung,    woraus  man  wohl    mit 


20  M.  Perusek, 

einiger  Wahrscheinlichkeit  schließen  dürfte,  daß  diese  parallel 
mit  der  Assimilation  einhergeht. 

VI.  Zusammenfassung. 

Die  von  Molisch  entdeckte,  im  Lichte  eintretende  Mangan- 
oxydspeicherung  in  der  Epidermis  submerser  Wasserpflanzen 
wurde  weiter  verfolgt   und   führte  zu  folgenden  Ergebnissen: 

1.  In  Übereinstimmung  mit  Molisch  erfolgt  die  Mangan- 
einlagerung nur  an  lebenden  Objekten. 

2.  Die  Fähigkeit,  Mangan  in  der  Zellwand  zu  speichern, 
findet  sich  fast  allgemein  bei  den  typischen  submersen  Wasser- 
pflanzen; seltener  und  in  geringerem  Maße  tritt  die  Mangan- 
speicherung  bei  amphibischen  und  bei  Schwimmpflanzen  auf 
und  fehlt  fast  vollständig  bei  Landpflanzen. 

3.  Bei  zu  starker,  der  Pflanze  schädlicher  Mangansalz- 
konzentration oder  wenn  die  Individuen  stark  geschwächt 
sind,  bleibt  die  Manganoxydabscheidung  bei  sonst  mangan- 
speichernden Pflanzen  oft  ganz  aus. 

4.  Der  Ort  der  Manganspeicherung  ist  für  die  einzelnen 
Pflanzen  charakteristisch.  Bei  Pflanzen  mit  Hydropoten  sind 
es  diese,    welche  Manganoxyd   in    den  Membranen  einlagern. 

5.  Bei  manganspeichernden  Pflanzen  mit  Spaltöffnungen 
zeigen  die  Schließzellen,  in  der  Regel  auch  die  Nebenzellen» 
keine  Manganoxydeinlagerung. 

6.  Die  an  eine  verletzte  Stelle  angrenzenden  Zellen  unter- 
scheiden sich  von  den  übrigen  dadurch,  daß  sie  sich  anfangs 
überhaupt  nicht,  später  aber  schwächer  als  die  Umgebung 
infolge  der  Manganoxydspeicherung  färben. 

7.  Die  Form  des  gefärbten  Teiles  der  Zellwand  ist  in 
der  Regel  für  die  einzelnen  Pflanzen  nicht  charakteristisch; 
eine  Ausnahme  bildet  die  regelmäßige  Querstreifung  der 
Rindenzellen  bei  Ohara. 

8.  Die  Manganspeicherung  erfolgt  meist  nur  in  der 
äußeren  Epidermismembran;  nur  ausnahmsweise  kommt  sie 
auch ^  in  den  Seitenwänden  der  Epidermiszellen  oder  in  den 
Zellwänden  der  subepidermalen  Zellschichte  vor. 

9.  Wasserpflanzen,  die  in  größerer  Menge  Manganoxyd 
speichern,  bewirken  durchwegs  Alkaleszenz  des  Wassers. 


Manganspeicherung  in  Wasserpflanzen.  ^1 

10.  In  einer  Lösung  des  Mangansalzes  in  destilliertem 
Wasser,  auch  bei  Zusatz  von  neutralen  Salzen,  zeigen  die 
Pflanzen  keine  Manganspeicherung,  wohl  aber  in  der  erwähnten 
Lösung  mit  Alkalibicarbonatzusatz. 

11.  Die  unter  1,  2,  4,  9  und  10  angeführten  Tatsachen 
stimmen  —  neben  der  von  Moli  seh  betonten  Abhängigkeit 
der-  Manganspeicherung  vom  Lichte  —  mit  der  Annahme 
überein,  daß  diese  eine  Folge  der  Kohlensäureassimilation 
darstellen  dürfte. 


Literatur. 


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assimilation submerser  Wasserpflanzen.  Cohn's  Beit.  zur 
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Hamorak  N.,  1.  Beiträge  zur  Mikrochemie  des  Spaltöffnungs- 
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Hassak  C,  I.  Über  das  Verhältnis  von  Pflanzen  zu  Bicarbo- 
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Inst,  zu  Tübingen,  II.  Bd. 

Houtermans  E.,  I.  Über  angebliche  Beziehungen  zwischen 
der  Salpetersäureassimilation  und  der  Manganabscheidung 
in  der  Pflanze.  Diese  Sitzungsber.,  Abt.  I,   121.  Bd.,   1912. 

Kind  er  mann  V.,  I.  Über  die  auffallende  Widerstandskraft  der 
Schließzellen  gegen  schädliche  Einflüsse.  Diese  Sitzungs- 
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Kluyver  A.  J.,  I.  Beobachtungen  über  die  Einwirkung  von 
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Sitzungsber.,  Abt.  I,  120.  Bd.,   1911. 

Leitgeb  H.,  I.  Beiträge  zur  Physiologie  des  Spaltöffnungs- 
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Mayr  Fr.,  I.  Hydropoten  an  Wasser-  und  Sumpfpflanzen.  Bei- 
hefte zum  Bot.  Zentralblatt,  Bd.  XXXII,  1.  Abt.,  Dresden 
1915. 


22  M.  Perusek. 

Molisch  H.,  I.  Die  Pflanze  in  ihren  Beziehungen  zum  Eisen. 
Jena  1892. 

—  II.  Untersuchungen  über  das  Erfrieren  der  Pflanzen.  Jena 
1897. 

—  III,  Über  lokale  Membranfärbung  durch  Manganverbin- 
dungen bei  einigen  Wasserpflanzen.  Diese  Sitzungsber., 
118.  Bd.,   1909. 

—  IV.  Die  Eisenbakterien.  Jena  1910. 

—  V.  Über  die  Fällung  des  Eisens  durch  das  Licht  und 
grüne  Wasserpflanzen.  Diese  Sitzungsber.,  Abt.  I,  Bd.  119, 
1910. 

—  VI.  Beiträge  zur  Mikrochemie  der  Pflanze.  Berichte  der 
Deutschen  Bot.  Ges.,  XXXVI.  Jahrg.,  Heft  8,   1918. 

Pringsheim  N.,  I.  Über  die  Entstehung  der  Kalkinkrustationen 
an  Süßwasserptlanzen.  Pringsheim's  Jahrb.,  Bd.  19,   II 


Manganspeicherung  in  Wasseiptlanzen.  2o 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Die  Figuren   1,  2,  3,  4,  6,  7  und  9  etwa  290-fach,  Fig.  5  und  8  etwa  90-facii 

vergrößert. 

Fig.  1  a.  Flächenschnitt  eines  Blattes  von  Stratiotes  aloides,  nach  längerem 
Verweilen  in  einer  0"  05-prozentigen  Mn  SO4- Lösung ;  neben  der 
charakteristischen  Manganspeicherung  in  der  Membran  tritt  Zapfen- 
bildung {z)  auf. 

Fig.  1  b.  Querschnitt  desselben;  Manganeinlagerung  in  der  oberen  Epidermis- 
wand,  eine  Zelle  zeigt  die  erwähnte  Zapfenbildung  {z). 

Fig.  2.  Unterseite  eines  Schwimmblattes  von  Potautogeton  natans,  nach  drei- 
tägigem Verweilen  in  einer  0"  01-prozentigen  MnClo-Lösung.  Die 
Schließzellen  und  die  ihnen  parallelen  Nebenzellen  zeigen  keine 
Manganeinlagerung,  wodurch  sie  sich  scharf  von,  der  Umgebung 
abheben. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  einen  Sproß  von' LeiiiHii  irisulcci,  die  sich  5  Tage 
in  einer  0"  025-prozentigen  Mn  Cl^-Lösung  befand.  Die  Mangan- 
speicherung tritt  nicht  in  der  äußeren  Epidermiswand,  sondern  in 
den  Seitenwänden  sowie  in  den  inneren  Membranen  auf. 

Fig.  4.  Querschnitt  durch  ein  Thallusstück  von  Cham  sp.  aus  einer  0' 01- 
prozentigen  MnClo-Lösung ;  die  Manganeinlagerung  ist  ni^ht  auf  die 
äußere  Oberhautwand  beschränkt;  sie  nimmt  wohl  ihren  Ausgang  in 
dieser  und  schreitet  dünn  gegen  das  Innere  vor. 

Fig.  5.  Flächenansicht  eines  solchen;  die  Rindenzellen  zeigen  die  charakte- 
ristische Querstreifung. 

Fig.  6.  Flächenansicht  eines  Blattes  von  Elodea  caimdensis,  das  durch  eine 
Nadelspitze  verwundet  und  auf  3  Tage  in  eine  0"  05-prozentige 
MnCl.>-Lösung  gebracht  wurde;  die  an  die  verletzte  Stelle  an- 
grenzenden Zellen  zeigen  keine  Manganox3'dabscheidung. 

Fig.  7.  Eine  Hydropote  von  der  Unterseite  eines  Schwimmblattes  von 
Saifitlaiia  sagiltifolia,  nach  13-tägigem  Verweilen  in  einer  0' 025- 
prozentigen  MnClo-Lösung;  die  Zellen  der  H3'dropote  lagern  Mangan- 
oxyd ein,  während  sich  die  Umgebung  nicht  färbt. 

Fig.   8.    Lange   Hydropote    (vgl.  Mayr,   I,  p.  284)    von    der  Unterseite    eines 

Bandblattes  von  SagHtaria  sagittifoUa.  Die  Hj'dropoten  =  die  Zellen 

■     über  den  Nerven,    wiesen  in  einer  0-025-prozentigen  MnCU-Lösung 

nach    3    Tagen    sehr    reichliche    Manganoxjrdabscheidung    auf,     die 

i.ibrigen  Zellen  dagegen  keine. 

Fig.  9.  Querschnitt  durch  den  Stengel  von  Myriophyllum  spicatuiii,  aus 
einer  0' 025-prozentigen  MnCi^-Lösung;  nur  die  äußere  Epidermis- 
wand der  Hydropote  zeigt  Manganoxydeinlagerung  (vgl.  Mayr,  I, 
p.  329). 


PeruSek:  Manganspeicherun.^  in  Wasserpflanzen. 


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Klasse.   Abt.    I.     128.    Pu)..    1910. 


25 


Über   den   Einfluß   der  Bestrahlung   auf 

Bacterium  pyocyaneiim   (Gessard, 

Flügge)  und  seine  Pigmente 

Von 

Prof.  Dr.  Johannes  Furlani 

(Staatsgymnasium  in  Wien  VII.) 

Aus  dem  Institut  für  Pathologische  Histologie   und  Bakteriologie  der 
Universität  Wien.    Vorstand  Prof.  Dr.  Oskar  Stoerk. 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  6.  Februar  1919) 

1.  Die  Pigmente  der  Bakterien  fluoreszens  liquefaziens  und 
Pyocyaneus  und  ihre  Bildung. 

Es  liegen  eine  Reihe  von  Arbeiten  über  die  Pigmente 
der  Pyocyanetis-ßuoreszens- Gruppe  vor,  so  von  Babes, 
Boland,  Charrin,  D'Arsonval,  Ernst,  Fordos,  Gessard, 
Jakowski,  Krause,  Ledderhose,  Mühsam  und  Schimmel- 
busch, Noesske,  Thumm,  Wasserzug,  Kurt  Wolf.  Auf 
Grund  meiner  eigenen  Beobachtungen  muß  ich  mich  jenen 
Autoren  anschließen,  die  zwei  Gruppen  von  Farbstoffen  unter- 
scheiden; den  Ausführungen  Thumm's  und  denjenigen 
K.  Wolfs  kann  ich,  wie  sich  im  Laufe  des  Folgenden  zeigen 
wird,  in  manchen  Punkten  nicht  beipflichten.  B.  ßuoreszens- 
liqiiefazievis  bildet  einen  wasser-  und  alkohollöslichen,  chloro- 
formunlöslichen, im  durchfallenden  Lichte  gelben  Farbstoff 
mit  größerer  Fluoreszenz.  Durch  Zusatz  von  Säuren  wie 
auch  durch  längeres  Stehen  an  der  Luft  oxydiert  dieser 
Farbstoff,  wobei  er  eine  olivbraune  Farbe  annimmt.  Beschleu- 
nigt wird  dieser  Oxydationsvorgang  an  der  Luft  bei  höherem 
Luftdruck  oder  beim  Durcho-ang  durch  ein  Berkefeld-Porzellan- 


26  J.  Furlani, 

filter.  Stets  verliert  dabei  der  Farbstoff  die  Fluoreszenz.  Um- 
gekehrt wird,  durch  Zusatz  von  Alkali  zum  Lösungsmittel 
die  Fluoreszenz  erhöht,  wodurch  die  Lösung  leuchtend  grün 
erscheint;  im  durchfallenden  Lichte  bleibt  die  Farbe  jedoch 
unverändert  gelb.  Das  Spektrum  des  B.  fliioreszens,  beob- 
achtet im  Mikrospektroskop  Zeiß,  bei  einer  Schichtdicke  von 
10  mm,  zeigte  außer  einer  totalen  Endabsorption  am  roten 
Ende  bis  690  und  darauffolgender  rascher  Abnahme  der  Ab- 
sorption eine  stärkere  Zunahme  derselben  zwischen  (310  und 
580,  die  hier  jäh  aufhört.  Die  totale  Endabsorption  am 
violetten  Ende  reicht  bis  430,  von  da  an  nimmt  sie  bis  520 
ab,  um  hier  zu  verschwinden. 

Außer  diesem  Farbstoff  enthält  der  Pyocyaneiis  noch  einen 
chloroformlöslichen  Farbstoff,  der  aus  jüngeren  Kulturen  in 
blaugrüner  Farbe  in  Lösung  geht:  das  Pyocyanin  der 
Autoren.  Dieses  Pyocyanin  macht  durch  sein  Vorkommen  die 
wesentliche  Unterscheidung  des  B.  pyocyaiieiim  vom  B.  fliw- 
reszensltquefaciens  aus.  Dieser  Farbstoff,  aus  wässeriger  Lösung 
leicht  in  rhombischen  Krystallen  erhältlich,  zuerst  von  Fordos 
1860  isoliert  und  benannt,  hat  nach  Ledd erbose  die  Formel 
Cj^Hj^N.jO  und  ist  eine  dem  Anthracen  verwandte  aroma- 
tische Verbindung.  Das  Pyocj^anin  geht  aus  einer  Leukobase 
durch  Oxydation  dieser  in  alkalischer  Lösung  hervor.  Die 
Reduktion  gelingt  durch  Schwefelwasserstoff,  aber  auch  durch 
Natriumamalgam.  Umgekehrt  oxydiert  sich  die  Base  rasch 
durch  Einleiten  von  Sauerstoff  zum  blauen  Farbstoffe.  Wird 
der  wässerigen  Lösung  Salzsäure  zugesetzt,  so  geht  die  blaue 
Farbe  in  rot  über. 

Die  totale  Endabsorption  sah  ich  am  roten  Ende  des 
Spektrums  bis  660,  dann  nimmt  sie  bis  600  ab,  wo  sie  sich 
wieder  bis  590  verstärkt.  Am  violetten  Ende  erscheint  die 
Strahlung  bis  430  stärker  geschwächt;  sie  nimmt  von  hier 
rasch  ab,  um  bei  490  ganz  zu  verschwinden. 

Das  Pyocyanin  pflegt  man  aus  einer  Bouillonkultur  derart 
zu  gewinnen,  daß  man  in  dieselbe  Chloroform  eingießt  und 
das  Röhrchen  sofort  energisch  schüttelt.  Gießt  mandas  Chloro- 
form jedoch  langsam  ein  und  vermeidet  ein  zu  heftiges 
Schütteln,  so  tritt  nicht  der  blaugrüne  Farbstoff  ins  Chloroform 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Bactcriuiii  pyocyaneum.  27 

ein,  sondern  das  Chloroform  nimmt  zuerst  eine  zarte,  himbeer- 
rote Farbe  an,  dann  tritt  in  der  Grenzschicht  gegen  die 
Bouillon  hin  die  bekannte  Pyocyaninfärbung  ein,  die  sich 
allmählich  nach  unten  hin  ins  Chloroform  ausbreitet,  wodurch 
die  Rosafärbung  verdeckt  wird.  Gießt  man,  bevor  letztere 
Mengung  eintritt,  den  oben  befindlichen  Fliissigkeitsanteil 
mit  dem  in  der  Bouillon  enthaltenen  gelbgrünen  Fluoreszin 
und  dem  in  der  Grenzzone  befindlichen  blauen  Pigment 
ab,  so  hat  man  die  rascher  lösliche  Komponente  des  chloro- 
formlöslichen Pigmentanteiles  von  der  schwerer  löslichen 
blauen  getrennt.  Diese  beiden  zusammen  geben  das  P^^ocyanin 
der  Autoren,  das  ich  Rohpyocyanin  nennen  will. 

Aus  dem  Rohpyocyanin  konnte  ich  durch  Ausschütteln 
mit  konzentrierter  Salzsäure  wieder  seine  beiden  Komponenten 
trennen:  1.  In  die  Salzsäure  tritt  ein  rubinroter  Farbstoff  über, 
der,  mit  Lauge  alkalisiert,  ultramarinblau  wird,  das  reine  Pyo- 
cyanin.  Von  Chloroform  wird  es  in  gleicher  Farbe  wieder 
aufgenommen  und  zeigt  dann  auch  nach  längerer  Zeit  (1-  bis 
6  Wochen)  keine  Farbenänderung  —  im  Gegensatz  zur  Roh- 
lösung, die  allmählich  eine  gelbgrüne  Farbe  annimmt.  2.  Nach 
dem  Ausschütteln  der  Rohlösung  mit  Salzsäure  ist  im  Chloro- 
form das  himbeerfarbene  Pigment  verblieben,  das  von  Lauge 
in  rotbrauner  Farbe  übernommen  wird.  Dieses  Pigment,  das 
Pyoerythrin,  ist  wohl  identisch  mit  dem  von  Beyerink,  in 
Pyocyaninkulturen  aus  Gartenerde  gezogen,  beobachteten 
Farbstoff.  In  Schwefelsäure  geht  es  in  grüne  Farbe  über. 
Auch  Eisessig  färbt  es  grün;  Ammoniak  restituiert  wieder  die 
Himbeerfarbe.  In  manchen  Pyocyaninstämmen  sind  kaum 
Spuren  dieses  Pigments  vorhanden.  Darum,  und  weil  es  im 
Lichte  seine  Farbe  äußerst  rasch  in  nußbraun  ändert,  um 
schließlich  unter  Bildung  eines  dunklen  Niederschlages  zer- 
stört zu  werden,  wurde  es  ganz  übersehen.  Auch  ist  es  in 
älteren  Kulturen  bereits  zerstört.  Beim  Cassin'schen  Bazillus, 
mit  dem  auch  Conor  gearbeitet  hat,  wird  nur  das  Erythrin 
gebildet.  Wird  die  Rohpyocj^aninlösung  in  Chloroform  zuerst 
mit  Alkali  behandelt,  so  geht  in  dieses  das  Pyoerythrin  über, 
das  Chloroform  bleibt  durch  das  Reinpyoc^'anin  ultramarin- 
blau    gefärbt.     Es    ändert    sich  also  durch  die  Änderung  der 


28  J.  Furlani, 

Reihenfolge  der  chemischen  Zusätze  zu  der  Rohlösung  nichts 
hinsichtlich  der  Komponenten  derselben.  Werden  die  zuletzt 
angeführten  Oxydationsprodukte  des  Chromogens,  Pyocyanin 
und  Pyoerythrin  nicht  getrennt,  so  bilden  sie  die  weiteren, 
von  Fordos,  Boland  u.  a.  beschriebenen  gelben  bis  braunen 
Oxydationsprodukte;  dies  gilt  sowohl  für  Lösungen  als  auch 
für  Krystalle.  Wird  eine  Rohpyocyaninlösung  in  Chloroform 
aus  einer  erst  einen  Tag  alten  Kultur,  mit  verdünnter  Salz- 
säure (1  :  3  nach  Boland)  behandelt,  so  geht  das  ganze 
Rohpyoc3'anin  in  die  Säure  über  und  das  Chloroform  bleibt 
farblos;  ist  die  Kultur,  aus  der  extrahiert  wurde,  bereits  einige 
Tage  alt  oder  läßt  man  die  Rohpj'ocyaninlösung  erst  einige 
Tage  stehen,  so  bleibt  nach  der  Behandlung  mit  verdünnter 
Salzsäure  im  Chloroform  ein  gelber  Rest,  bläulich  fluores- 
zierend, später  ohne  Fluoreszenz;  es  ist  dies  die  Pyo- 
xanthose  der  Autoren.  Die  Bildung  dieses  Farbstoffes  nimmt 
im  Rohpyocyanin  mit  der  Zeit  immer  mehr  zu.  Lösungen  und 
Krystalle  des  P3^ocyanins  verändern  ihre  Farbe  bekanntlich 
aus  blaugrün  in  gelbgrün. 

Die  Pyoxanthose  kann  mit  Schwefelsäure  aus  dem  Chloro- 
form' in  Orangefarbe  ausgeschüttelt  werden.  Diese  P\^o- 
xanthose  geht  aus  dem  Rohpyocyanin  hervor,  indem  bei  der 
Zunahme  der  Xanthose  eine  Abnahme  des  Cj^^anins  eintritt. 
Diese  Abnahme  geht  so  weit,  daß  sich  aus  Kulturen,  die 
einige  Wochen  alt  sind  und  ebenso  aus  Lösungen  des  Farb- 
stoffes kein  Cyanin  mehr  ausschütteln  läßt,  wohl  aber  ist  die 
Xanthose  vorhanden.  Während  dieses  Umwandlungsprozesses 
haben  Kulturen  und  Lösungen  eine  Verfärbung  ins  Braune 
erlitten.  Die  Rohp\^ocyaninlösung  in  Chloroform,  die  aus  gelb- 
grün in  gelb  übergegangen  ist,  entfärbt  sich  schließlich  nach 
6  bis  8  Wochen  ganz,  wobei  ein  Niederschlag  gebildet  wird. 
Behandelt  man  alte,  bereits  ganz  rotbraun  gewordene  Kulturen 
mit  Chloroform,  so  geht  bekanntlich  nichts  vom  Farbstoffe 
mehr  in  Lösung.  Es  ist  also  auch  die  Xanthose  verschwunden. 
Das  Endprodukt  dieses  Oxydationsprozesses  des  ursprüng- 
lichen Chromogens,  ist  ein  braunroter,  stabiler  Farbstoff,  der 
allmählich  entstanden  jst,  wie  Boland  beschreibt,  in  Alkali 
oder  Wasser  löslich  ist  und  den  ich  Pyophaein  nennen  will. 


Einfluß  der  Bestrahhing  auf  Barleriiiiii  pyocyaiieiim.  29 

Oxydation  und  Reduktion  des  Rohpyocyanins  konnte  ich 
auch  durch  Elektrolyse  beobachten.  Ich  habe  zu  diesem 
Zwecke  den  Inhalt  eines  Bouillon-  oder  Peptonwasserröhrchens 
mit  Pyocyaneus  beziehungsweise  Fluoreszenskultur,  dann 
bloß  die  Flüssigkeit  nach  Abzentrifugieren  der  Bakterien, 
schließlich  Wasserlösungen  von  Cyanin,  beziehungsweise 
Fluoreszin  in  eine  V  -  Röhre  gegossen  und  einen  schwachen 
elektrischen  Strom  durchgeleitet.  Da  die  Ergebnisse  bei  den 
verschiedenen  Versuchsanordnungen  die  gleichen  waren,  so 
kann  es  sich  hierbei  —  wie  aus  dem  Folgenden  hervorgeht  — 
nur  um  Veränderungen  der  Farbstoffe  selbst  gehandelt  haben. 
Wurde  die  Flüssigkeit  in  der  V  -  Röhre  beiderseits  mit 
Paraffinöl  überschichtet,  so  zeigte  das  Pyocyanin  folgende 
Farbenveränderungen:  Sofort  nach  Schließung  des  Stromes 
trat  am  Sauerstoffpol  eine  rubinrote  Verfärbung  ein,  die  in 
rotbraun,  braun,  gelbbraun  überging,  bis  die  Flüssigkeit  voll- 
kommen entfärbt  war;  dafür  sammelte  sich  ein  Niederschlag 
in  der  neutralen  Zone  an.  Die  Zeit,  die  bis  zur  völligen  Ent- 
färbung nötig  war,  hing  von  der  ursprünglichen  Tiefe  der 
Färbung  der  Lösung,  also  von  der  vorhandenen  Pyocj^anin- 
menge  ab  und  schwankte  zwischen  30  Minuten  und  2  Stunden. 
Wir  sehen  am  Sauerstoffpol  die  durch  den  freiwer- 
denden Sauerstoff  gebildeten  Oxydationsprodukte 
des  Pyocyanins  in  rascherer  Folge  als  in  Kulturen 
oder  Lösungen  entstehen.  Umgekehrt  tritt  am  Wasser- 
stoffpol durch  den  naszierenden  W^asserstoff  eine 
Reduktion  des  Pyocyanins  zu  seiner  Leukobase  ein. 
Wird  die  Lösung  nicht  mit  Paraffinöl  gegen  die  Atmosphäre 
abgeschlossen,  so  tritt  einerseits  am  0-Pol  eine  viel  raschere, 
andrerseits  am  H-Pol  eine  bedeutend  verzögerte  Entfärbung 
ein,  ein  Beweis  für  die  große  Sauerstoffempfindlichkeit  unseres 
Farbstoffes. 

Das  Pyocyanin  verhält  sich  also  wie  Atmungs- 
pigmente, die  Sauerstoff  leicht  aufnehmen,  aber  auch 
leicht  wieder  abgeben. 

Die  Behandlung  einer  FluoreszinlösLing  in  der  gleichen 
Weise  ergab : 


30  J.   Furhmi, 

Am  Saiierstoffpol  Verfärbung  in  Braun  bei  Ver- 
schwinden der  Fluoreszenz,  dann  Ausbleichung  bis 
auf  die  neutrale  Zone,  die  eine  bräunliche  Farbe  behielt; 
die  farblos  gewordene  Lösung  zeigte  eine  Zeit  lang  ein 
Irisieren.  Am  Wasserstoffpol  trat  eine  starke  .Steigerung 
der  grünen  Fluoreszenz  ein,  so  daß  die  Flüssigkeit 
geradezu  grünleuchtend  erschien. 

Es  entspricht  also  auch  das  Verhalten  des  Baderio- 
fliioreszins  einerseits  dem  in  Salzsäure,  andrerseits  dem  in 
Ammoniak.  Die  in  Kulturen  von  Fluoreszens  liqnefaziens 
beobachtete  Zunahme  der  Fluoreszenz  bis  zu  einem  Maximum 
ist  also  auf  eine  Zunahme  der  basischen  Reaktion  im  Kultur- 
medium durch  Produktion  von  Ammoniak  zurückzuführen. 

Wurde  eine  Lösung,  die  Fluoreszin  und  Pyocyanin 
enthält,  also  die  Bouillon  von  einer  Pyocyanens-KuVi\iv  der 
Elektrolyse  unterworfen,  so  war  das  Ergebnis  folgendes:  Am 
Sauerstoffpol  trat  eine  Braunfärbung  —  beide  Pigmente  bilden 
ja  braune  Oxydationsprodukte  — ,  dann  Aufhellung  ein;  so- 
dann zeigte  die  Flüssigkeit  nur  mehr  das  Irisieren  des  Fluo- 
reszins,  die  neutrale  Zone  blieb  gelb.  Am  Wasserstoffpol  trat 
ein  rasches  Verblassen  zufolge  der  Pyocyaninreduktion  ein, 
wobei  aber  eine  Zunahme  der  Fluoreszenz  analog  dem 
Fluoreszin  verhalten,  die  zu  erwarten  war,  ausblieb. 

Hinsichtlich  der  Lebensbedingungen  unserer  beiden  Bak- 
terien wird  angegeben,  daß  im  Nährsubstrat  Phosphor,  Magne- 
sium und  Sulfat  nötig  seien,  die  Farbstoffbildung  trete  bei 
Gegenwart  von  Ammoniak  und  Luftsauerstoff  ein.  Ich  habe 
Pyocyanetis  und  Fhioreszens  in  Agarröhrchen  im  Dunkeln 
kultiviert,  die  einerseits  mit  Paraffin  abgeschlossen  wurden, 
also  eine  gewisse  Menge  von  Luft  enthielten,  andrerseits 
wurden  Kulturen  mit  Paraffinöl  überschichtet,  das  zuvor  aus- 
gekocht worden  war;  diese  Kulturen  waren  also  vom  Zutritt 
der  Luft,  abgesehen  von  Luftbläschen,  die  zwischen  Öl  und 
Agar  haften  blieben,  abgeschlossen.  Bei  beiden  Arten  des 
Abschlusses  wurden  Spuren  von  Fluoreszin  gebildet;  das 
Wachstum  hörte  auf  dem  Schrägagar  nach  wenigen  Tagen 
auf.  Die  Pyocyaninproduktion  war  in  beiden  Fällen  eine  ver- 
schiedene.    Wurden    die  Röhrchen   mit  Paraffinabschluß,    die 


Kinfluü   der   Hestrahlung  auf  Biictcrniui  pyncytVieuiit.  31 

nur  eine  ganz  geringe  Fluoreszenz  zeigten,  nach  3  bis 
4  Monaten  geöffnet,  so  ti'at  sehr  bald  (nach  zirka  Yg  Srunde 
sichtbar)  ein  lebhaftes  Ergrünen  der  Oberfläche  des  Agars 
ein,  das  dann  in  immer  tiefere  Schichten  fortschritt.  Wurden 
die  Röhrchen  mit  Paraftin(')labschluß  geöffnet,  so  wurde  ein 
Ergrünen  erst  mit  dem  in  allen  Röhrchen  nach  Öffnung 
neuerlich  einsetzenden  Bakterienvvachstum  sichtbar,  also  erst 
nach  1  bis  2  Tagen.  Im  er-ten  Falle  war  also  unter  Einfluß 
der  geringen,  eingeschlossenen  Menge  \'on  »Reizsauerstoff« 
das  Chromogen  gebildet  worden,  daß  sich  sofort  nach  Zutritt 
einer  genügenden  Menge  von  Luftsauerstoff  zu  P3^ocyanin 
0X3"dierte,  im  zweiten  Falle  konnte  bei  Abwesenheit  von 
Sauerstoff  die  Cyanobase  nicht  gebildet  werden. 

Wir  haben  zwisclien  der  Bildung  des  Chromogens  und 
des  durch  Oxydation  daraus  hervorgehenden  P'arbstoffes  zu 
unterscheiden.  Die  Menge  der  Chromogenproduktion  ist  bei 
verschiedenen  Stämmen  eine  verschiedene.  Durch  Erwärmung 
der  Kultur  auf  57  bis  58°  wird  sie  bekanntlich  vermindert 
beziehungsweise  verhindert. 

Wesentlich  beeinflußt  wird  sie  durch  den  herrschenden 
Dampfdiuck  in  der  Atmosphäre.  —  Neelsen  hat  beobachtet, 
daß  die  BildLing  des  blauen  Pigments  der  Erreger  der  Blau- 
färbung der  Milch  durch  schwüle  Witterung,  warmen  Regen, 
S-  und  SW  Winde  begünstigt  werde,  kühles  Wetter  dagegen 
sie  hemme  und  sogar  unterdrücke.  —  Pyocyaiieus-Agar- 
plattenkulturen  zeigten  im  absolut  feuchten  Raum  eine  gelb- 
grüne Fluoreszenz,  währeiui  die  Kontrollkulturen  schön  chrom- 
grün waren;  die  Extrakte  aus  den  ersteren  zeigten  nur  eine 
geringe  Spur  von  Pyocyanin,  auch  trat  kein  rasches  Ergrünen 
bei  Entnahme  aus  der  feuchten  Kammer  ein,  das  hätte 
erfolgen  müssen,  falls  das  Chromogen  \orhanden  gewesen 
wäre.  Kulturen  von  Fluoressens  dagegen  zeigten  keine  Unter- 
drückung der  Fluoreszinbildung  im  feuchten  Raum.  Als  im 
Juni  1917  nach  einer  langen  Schönwetterperiode  die  F^euchtig- 
keit  vor  einem  eintretenden  Regenwetter  rasch  zunahm, 
gaben  plötzlich  die  Pyocyaneiis-S\.ämme,  die  vorher  stets 
schön  chromgrüne  Kulturen  geliefert  hatten,  solche,  die  nahezu 
kein   Pyocyanin,  wohl  aber  Fluoreszin  bildeten.     Nach  neuer- 


o2j  J.   Furlani, 

lichem  Eintritt  trockenen  Wetters  ergaben  die  von  den  P3'0- 
cyaninschwachen  Kulturen  abgeimpften  Platten  und  Schräg- 
agaraussaaten  wieder  chromgrüne  Färbung. 

Die  Wirkung  strahlender  und  oszillierender  Energie  auf 
die  Farbstoffabscheidung  des  Pyocyaneus  beobachteten 
Jakowski,  D'Arsonval  und  Charrin.  Ersterer  fand,  daß  die 
Pigmentbildung  in  Dunkelkulturen  rascher  als  in  Lichtkul- 
turen vor  sich  gehe;  letztere  konnten  eine  Abschwächung 
der  Farbstoffausscheidung  und  Vermehrungsintensität  durch 
starke  elektrische  Ströme  mit  großer  Schwingungszahl  fest- 
stellen. Krause  konnte  zeigen,  daß  innerhalb  eines  Solenoids 
die  grasgrüne  Farbe  der  Pyocj^aneuskulturen  ins  gelbliche 
überging. 

Zur  Ergänzung  und  Erweiterung  dieser  in  der  Literatur 
bekanntgewordenen  Versuche  stellte  ich  mir  die  Aufgabe,  die 
Einwirkung  der  Strahlung  im  allgemeinen  auf  die  Bildung 
der  beiden  Pigmente,  des  Fluoreszins  und  des  Pyocyanins, 
zu  ermitteln  und  festzustellen,  ob  sich  ein  Unterschied  hin- 
sichtlich der  Wirkung  diffuser  und  paralleler  Strahlung  einer- 
seits, andrerseits  ein  Unterschied  in  der  Wirkung  der  Strahlung 
von  verschiedener  Wellenlänge  zeige. 

2.  Die  Wirkung  diffuser  Strahlung  auf  die  FarbstofPproduktion 
von  Fluoreszens-liquefaziens-Pyocyaneus. 

Die  Versuche  wurden  nach  20  stündiger  Bebrütung  im 
Thermostaten  bei  37 °C  im  diffusen  Lichte  des  Laboratoriums 
vorgenommen.  Die  Messung  der  Lichtintensität  nach  dem 
V.  Wiesner'schen  Verfahren  erfolgte  mit  dem  Handinsolator. 
Verglichen  wurden  die  erreichten  Schwärzungen  des  photo- 
graphischen Papiers  mit  dem  Farbentone  2-53,  bei  dem  ich 
mein  Auge  seinerzeit,  anläßlich  eigener  photometrischer  Unter- 
suchungen,^  bei  geringeren  Lichtintensitäten  als  am  empfind- 
lichsten für  Schwärzungsunterschiede  befunden  hatte. 


1  Siehe  hierüber  meine  Abhandlung:  »Das  Lichtklima  im  österreichischen 
Küstenlande«.  Denkschr.  d.  Akad.  d.  Wiss..  mathcm.-natiirw.  I\l..  Wien. 
191(5,  03.   1kl. 


Einfluß   der  Bestrahlung  auf  Bactcriinii  pvocranetttii.  33 

Der  Vergleich  der  hier  sowie  auch  in  den  weiteren  Ver- 
suchen produzierten  Farbstoffmengen  erfolgte  durch  kolori- 
metrische  Bestimmungen;  anfänglich  auf  dem  von  Boland 
eingeschlagenen  Wege,  später  jedoch  auf  dem  einfacheren 
und  eine  genauere  Schätzung  zulassenden  der  Elektrolyse 
der  Pigmente.  Wie  oben  auseinandergesetzt  wurde,  wird  das 
Pyocj'-anin  beim  Durchgang  eines  sehr  schwachen  Stromes 
allmählich  zur  Leukobase  reduziert.  Die  Zeit  bis  zu  diesem 
Farbloswerden  der  Lösung  ist  eine  um  so  größere,  je  mehr 
Farbstoff  durch  den  gleichstarken  Strom  reduziert  werden 
soll.  Verwendet  man  jedesmal  gleiche  Mengen  des  Lösungs- 
mittels für  das  Pigment,  so  lassen  sich  die  Zeiten,  die  not- 
wendig sind,  damit  der  Elektrolyt  vom  Wasserstoffpol  bis  zur 
neutralen  Zone  farblos  erscheine,  in  den  einzelnen  Versuchen 
vergleichen  und  so  die  relativen  Größen  der  Pigmentbildung 
leicht  und  viel  genauer  angeben  als  durch  den  Vergleich  der 
jeweiligen  Farbstofflösungen  mit  einer  stets  wieder  frisch 
herzustellenden  Normalfarbstofflösung.  In  der  gleichen  Weise 
lassen  sich  die  Pyophaein-  und  Fluoreszinmengen  durch  Ver- 
gleich der  zu  ihrer  Zerstörung  am  Sauerstoffpol  notwendigen 
Zeiten  abschätzen.  —  Die  Impfung  der  verschieden  hierzu 
verwendeten  Nährböden  erfolgte  durch  die  Verteilung  gleicher 
Mengen  (z=  1  Öse)  einer  stark  verdünnten  Bakterienaufschwem- 
mung in  physiologischer  Kochsalzlösung. 

Es  ergibt  sich  im  allgemeinen  aus  diesen  Versuchen: 
Die  Pyocyaninausscheidung  erscheint  im  diffusen 
Lichte  gegen  die  im  Dunkeln  vermindert,  die  Fluo- 
reszinproduktion  etwas  gefördert,  desgleichen  ist  die 
Bildung  der  Oxydationsprodukte  des  Pyocyanins,  vor 
allem  des  Pyophaeins,  im  diffusen  Lichte  gefördert. 
Bei  Luftabschluß  wird  im  Dunkeln  die  Fluoreszin- 
sowie  die  Pyocyaninproduktion  gehemmt.  Spuren  von 
Pigment,  vor  allem  Fluoreszin  in  den  Kulturen,  sind  auf  Luft- 
bläschen in  der  Kulturflüssigkeit  zurückzuführen.  Im  Pepton - 
Wasser,  wo  keine  Fluoreszinproduktion  statthat,  wird  unter 
Einfluß  des  Lichtes  bei  Luftabschluß  Pyocyanin  produziert, 
während  in  Bouillon  unter  denselben  Bedingungen  nur  die 
Cyanobase  auftritt. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  128.  Bd.  3 


34 


J.  Furlani, 


Tabelle   1  A. 
Plattenkulturen  im  diffusen  Lichte. 


Versuchs- 
anordnung 


Versuchs- 
dauer 


Licht- 
inten- 
sität 


Resultat 


0-004 


Fluoreszin 


Von  Stamm  I  Pyo- 
cyancits  ein  Schräg- 

agarröhrchen 
beimpft,  dann  mit 
Paraffin  abgeschlos- 
sen. Von  diesen 
tUioreszierenden 
Röhrchen  nach 
3  Wochen  Agar- 
platten  beschielet. 
Diese  zeigten  bei ; 


20  Stunden 


Fluoreszin,  Spur  von 
Pyocyanin 


0-004 


Fluoresziri,  wenig  Pyocyanin 


44  Stunden 


Fluoreszin  und  Pyocyanin 
deutlich 


8  Tage 


0-004 


Mehr  Pyophaein 


10  Tage 


Weniger  Pyophaein 


Desgleichen  Agar- 

platten  mit 

Bouillonzusatz. 

Diese  zeigten  bei: 


0-004 


36  Stunden 


Raschere    Pigmentbildung, 

Zinnobergrün,  Fluoreszin, 

wenig  Pyocyanin 


Raschere   Pigmentbildung, 

Chromgrün,  Fluoreszin  und 

Pyocyanin  deutlich 


4  Tage 


0-004 


Desgleichen 
Bouillonkulturen. 
Diese  zeigten  bei: 


Starke  Trübung  der  Flüssig- 
keit, grüne  Zone  unter  Häut- 
chen, Spur  Pyocyanin 


2  Tage 


Starke  Trübung  der  Flüssig- 
keit, grüne  Zone  unter  Häut- 
chen, Pyocyanin  deutlich 


Desgleichen 

Bouillon  -fLeitungs- 

wasser  zu  gleichen 

Teilen  besät. 

Es  zeigte  sich : 


8  Tage 


0-004 


Fluoreszin,  mehr  Pyocyanin 


8  Tage 


Mehr  Fluoreszin,  weniger 
Pyocyanin 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Baflerium  pyocyaneunt. 


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Versuchs- 
anordnung 


Versuclis- 
dauer 


Licht- 
inten- 
sität 


Resultat 


Von  Stamm  II  Fvo- 
cyaneiis  schön 

chromgrün,  Agar- 
platten  besät. 
Es  zeigte  sich : 


20  Stunden 


Von  Stamm  II 
Bouillonröhrchen- 
kulturen; der  Inhalt 
nach   16  Tagen 
(Oberfläche  gras- 
grün) in  Schalen 
umgegossen : 


2  Tage 


4  Tage 


0-007 


6  Tage 


Tage 


16  Tacre 


1   Tag 


1  Tag 


0-007 


0-007 


Schwach    fluoieszierend: 
kein  Pyocyanin 


Schwach    grasgrün;    Pyo- 
cyanin vorhanden 


Schwach  grasgrün;    Fluo- 

rcszin  reichlich,  Pyocyanin 

wenig 


Chromgrün ;  Fluorcszin  und 
Pyocyanin    reichlich    vor- 
handen 


Chromgrün 


0-007 


Chromgrün 


0-008 


0-008 


0  -  008 


Grünbraun ;  Pyophacin 
deutlich 


Chromgrün;  Pyophacin  in 
Spuren 


Rotbraun 


Beginnende    Bräunung 
Pyophacin  deutlich 


Rotbraun;  Pyocyanin    nur 
noch  in  Spuren 


Rotbraun;  Pyocyanin  noch 
reichlich  vorhanden 


Bildung    eines    dunklen 

Niederschlages.  Im  Röhrchen 

erst  nach  2  Monaten 


Desgleichen 


36 


J.  F  u  r  1  a  n  i , 


Versuchs- 
anordnung 


Versuchs- 
dauer 


Licht- 
inten- 
sität 


Resultat 


\' ün  Stamm  III  Pyo- 

cyaneus  grasgrün, 

Agarplatten  besät. 

Es  zeigte  sich  : 


20  Stunden 


2  Tage 


4  Tage 


6  Tage 


8  Tage 


10  Tage 


12  Tage 


0-013 


Wenig     Fluoreszin,     kein 
Pj^ocyanin 


0-013 


0-014 


0-014 


0-016 


0-016 


0-017 


Fluoreszin  und  Pyocyanin 
vorhanden • 


Hellgrün;    Spur   von  Pj'o- 
cyanin 


Intensiv    grasgrün ;     etwa 

4 fache   Menge   Pyocj'anin 

des  Lichtversuches 


Grasgrün;  beide  Pigmente 
deutlich 


Chromgrün ;    Pyocyanin- 
menge  5  fache   des   Licht- 
versuches 


Chromgrün    mit   Stich   ins 
Braune ;  Pyophaein  deutlich 


Chromgrün;    Pyophaein 
weniger  als  im  Lichtversuch 


Dunkelbraun;    Pyophaein- 
menge  3  fache  des  Dunkel- 
versuches 


Grünbraun.  Pyophaein  vor- 
handen 


Schwarzbraun.  Pj^ophaein- 
menge  5  fache  des  Dunkel- 
versuches 


Braungrün.    Pyophaein 
reichlich 


Schwarzbraun.    Geringe 
Spuren  von  Pyocyanin 


Braun.   Pyocyanin  noch 
reichlich  vorhanden 


Eiiilluü  der  Ijcstralilung  auf  Bacteritun  pyocyaneuin. 


37 


Tabelle    ]  B. 
Röhrchenkulturen  im  diffusen  Lichte. 


Versuchs- 
anordnung 


Versuchs- 
dauer 


Licht- 
inten- 
sität 


Resultat 


Von  Stamm  II 

Bouillonröhrchen 

beimpft. 

Diese  zeigten : 


Desgleichen 

Peptonwassei-röhr- 

chen  beimpft. 

Diese  zeigten  : 


7  Tage 


0-004 


14  Tage 


0-004 


Zone  unter  dem  Häut- 
chen ergrünt ;  sonst 
gleichmäßig  gelb  mit 
grüner  Fluoreszenz, 
Spur  von  P\-ocyanin 


b :  Gleichmäßig  gelb  mit 
grüner  Fluoreszenz  ; 
kein  Pj'ocyanin,  wohl 
aber  nach  Sauerstoff- 
durchgang 


c :  Gl  eichmäßig  grünbraun 
keine  Pyocyaninproduk- 
tion  nach  Sauerstoff- 
durchtritt 


d:  Oberes  Drittel  ergrünt. 
Pyocyanin  2  mal  soviel 
als  in  a.  Fluoreszin 
dagegen  weniger 


e:    Minimales    Wachstum. 
Spur  von  Fluoreszenz 


/:  Etwas  gewachsen ;  keine 
Pigmentierung 


a :  Wenig  Pyocyanin 


b :   Mehr  Pyocj'anin  als  in 
.7.  (1.-5:  1) 


c:  Pyoxanthose  und  Pyo- 
phaein  vorhanden 


d:  Pyocyanin  wie  in   b 


e:  Geringes      Wachstum, 
keine  Pigmentierung 

/:  Desgleichen 


38 


J.   Furlani, 


Versuchs- 
anordnung 


Versuchs- 
dauer 


Licht- 
inten- 
sität 


Resultat 


Von  Stamm  11 
beimpfte  Bouillon- 
röhrchen,  die  nach 
3  Wochen  Dunkel- 
kultur im  obersten 
Drittel  ergrünt,  im 
Brutofen    auf  24 
Stunden  gebracht 
intensiv  bis  auf  den 

Boden   ergrünen. 

Diese  zeigten  dann 

nach: 


Von  Stamm  III 
beimpfte  Röhrchen 
mit  Bouillon  +  aqua 

UstilMa  (1  :  10) 
ergaben : 


Von  Stamm  III 
beimpfte  Bouillon  + 
Quellwasserröhr 
chen  (1:10)  durch 
Auskochen  sterili- 
siert ergaben : 


1   Tas 


1  Monat 


1   Ta£ 


1   Monat 


10  Tage 


10  Tage 


0-007 


0-007 


0-014 


0-014 


/' :  Gelb  mit  grüner  Fluo- 
reszenz, geringe  Spur 
von  Pyocyanin 


h :  Gelb  mit  grüner  Fluo- 
reszenz, keinP3'oc3'anin, 
wohl  aber  nach  Sauer- 
stoffdurchgang 


c:  Grünbraun,    Spur    von 
Pj'ocj^anin,  Pyophaein 


c:  Rotbraun,  kein  Pyocya- 
nin, Pyophaein  deutlich 


a:  Schwach  ergrünt, wenig 
Pj'ocyanin,  nach  20  Ta- 
gen gleich  viel  Cyanin 
wie  in  h. 


h:  Stärker  ergrünt,  mehr 
Pyocyanin,  kein  Pyo- 
phaein 


c:  Grünbraun,    kein  Cj^a- 
nin,   wohl  aber  Phaein 


a:  Tief  chromgrün,  Fluo- 
reszin  in  Spuren,  C3^anin 
reichlich 


b:   Zinnobergrün,  Fluores- 
zin  wenig,  Cyanin  wenig 


c:  Schwach  gelbgrün  lluo- 
reszierend.  Fluoreszin 
wenig,  kein  Cyanin 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Baclcritnii  pvocyaneiim. 


39 


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Versuchs- 
anordnung 


Versuchs- 
dauer 


Licht- 
inten- 
sität 


Resultat 


Von  Stamm  IX 
Pyocyaneiis  chrom- 

grün  beimpfte 
Peptonwasserröhr- 

chen  ergaben : 


4\V<)chen 


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a:  Mäßige  Trübung,  grau- 
grün, Cyanin  und  Pha- 
ein  vorhanden 


h:  Geringe  Trübung, 

schwach  blaugrün,  nur 
Cyanin  vorhanden 


c:  Starke  Trübung  und 
Sedimentierung,  gelb, 
Xanthose  und  Phaein 
vorhanden 


e:  Minimale  Trübung, 
keine  Pigmentierung 


/':   Starke  Trübung,  keine 
Pigmentierung 


a :  Lichtkultur  bei  Luftzutritt. 

b:  Lichtkultur  bei  Paraffinölabschluß. 

c:  Lichtkultur  bei  Terpentinölabschluß. 

d:  Dunkelkultur  bei  Luftzutritt. 

e:  Dunkelkultur  bei  Paraffinölabschluß. 

/:  Dunkelkultur  bei  Terpentinölabschluß. 


40  J.   Fuilani, 

Es  erfolgt  also  unter  Einfluß  der  Strahlung  auch 
bei  Sauerstoffabschluß  eine  Bildung  des  Chromo- 
gens,  in  Peptonwasser  wird  dasselbe  zum  Pigment 
oxydiert.  Der  hierzu  notwendige  Sauerstoff  wird  wohl  durch 
Abspaltung  aus  einer  Säure,  etwa  der  für  den  Pyocyaneus 
nachgewiesenen  Ami-dobernsteinsäure  gewonnen.  Wird  als 
Abschlußmittel  an  Stelle  von  Paraffin  Terpentmöl  genommen, 
so  wird  durch  das  darin  enthaltene  Ozon  das  Cyanin  zum 
Phaein  0X3^diert. 

3.   Die  Wirkung  der   Bestrahlung    mit    der   Uviol-   und  mit 
der    Quarzlampe,    insbesondere    hinsichtlich    der    Farbstoff- 
abscheidung. 

Im  allgemeinen  wurden  diese  Versuche  folgendermaßen 
durchgeführt:  Die  Nährböden,  die  bei  diesen  Arbeiten  zur 
Verwendung  kamen,  wurden  stets  gleichmäßig  mit  2  Tropfen 
einer  stark  verdünnten  Bakterienaufschwemmung  beschickt. 
Zur  Aufschwemmung  war  ph^'siologische  Kochsalzlösung, 
destilliertes  Wasser  oder  verdünnte  Bouillon  stets  mit  gleichem 
Resultate  verwendet  worden.  Als  Nährboden  wurden,  da  die 
Ergebnisse  auf  verschiedenen  Nährböden  wie  in  den  im  vor- 
hergehenden besprochenen  Versuchen  die  gleichen  waren, 
nur  anfänglich  festflüssige  Medien,  später  nur  mehr  Agar 
verwendet.  —  Es  hat  ja  übrigens  auch  Ward  gefunden,  daß 
es  sich  bei  der  Wirkung  der  Strahlung  auf  Bakterienkulturen, 
nicht  um  eine  Wirkung  auf  den  Nährboden  handle,  sondern 
daß  das  Licht,  wie  auch  Bovie  neuerdings  feststellte,  direkt 
auf  die  Zelle  und  nicht  durch  Bildung  von  Toxinen  im  Medium 
wirke.  Die  Wirkung  der  Höhensonne  und  der  Quarzlampe 
war  im  wesentlichen  die  gleiche.  Die  Bestrahlung  der  besäten 
Platten  erfolgte  in  hchtdichten  Blechkassetten,  in  deren  Deckel 
sich  je  zwei  Fenster  zum  Lichteinlaß  befanden,  die  nach  der 
Bestrahlung  sofort  wieder  durch  eine  verschiebbare  Blech- 
platte verschlossen  werden  konnten.  Hinter  den  Fenstern 
konnten  auf  der  Unterseite  des  Deckels  die  festen  oder  die 
Kuvetten  mit  den  flüssigen  Filtern  angebracht  werden.  Nach 
der  Bestrahlung  kamen  die  Kulturen  auf  20  Stunden  in  den 


Einfluß  der  Bestralikmg  auf  Bacleriiiin  py^cyanciiui.  41 

Brutofen  von  37°  C,  um  dann  bei  der  Lufttemperatur  des 
Laboratoriums  von  15  bis  20°  C  zu  verbleiben.  Außer,  solchen 
frisch  besäten  Platten  kamen  auch  bereits  gut  gewachsene 
und  pigmentierte,  ferner  solche,  die  besät  und  dann  gleich 
bebrütet  worden  waren,  zur  Bestrahlung.  Als  feste  Filter 
fanden  »Jenaer  Gläser«  der  Firma  Schott  mit  X  620-ultrarot 
und  X  523-ultrablau  als  flüssige  aqua  destillata,  konzentrierte 
Lösungen  von  Alaun,  Kalibichromat,  Kupferchlorid,  Kupferoxyd- 
ammoniak, Eosin,  ferner  Petroleum  von  10  ?*ffw  Schichtendicke 
Verwendung. 

Die  verwendete  künstliche  Höhensonne  war  eine  Lampe 
von  220  Volt,  die  Quarzlampe  eine  solche  von  110  Volt.  Die 
Strahlungsintensitäten  betrugen  in  der  Entfernung  der  Prä- 
parate von  50  an  0*633  B.  E.  beziehungsweise  0*425  B.  E. 
Das  Wirkungsquantum  {h)  der  Bestrahlung  entsprach  also 
dem  der  totalen  Lichtintensität  für  Wien  etwa  des  Monats 
April,  12  Uhr.  Um  die  Wirkung  der  durch  die  Bestrahlung 
bewirkten  Erwärmung  der  Präparate  festzustellen  wurden 
Parallelversuche  angestellt,  bei  welchen  der  eine  Teil  der 
Platten  während  der  Bestrahlung  unter  Wasserkühlung  ge- 
halten wurde. 

Das  Kulturmedium  wies  nach  beendeter  Bestrahlung  bei 
den  gekühlten  Platten  eine  Temperatur  von  15  bis  20°  C, 
bei  den  ungekühlten  von  40  bis  45° C  auf.  Bei  letzteren  trat 
die  Wirkung  der  Bestrahlung  rascher  ein  als  bei  den  gekühlten, 
sonst  änderte  sich  an  den  hier  zu  besprechenden  Wirkungen 
nichts. 

Die  Angaben  über  die  Zeitdauer  der  Bestrahlung  be- 
ziehen sich  in  der  folgenden  Tabelle  auf  die  Versuche  ohne 
Wasserkühlung,  da  diese  bei  den  späteren  \'ersuchen  fort- 
gelassen wurde,  und  bei  Behandlung  mit  der  Höhensonne. 
Wo  Abweichungen  vom  hier  geschilderten  Versuchsverfahren 
statthatten,  wurden  sie  in  der  »Versuchsanordnung«  der 
Tabelle  angegeben. 


42 


J.   Furlani, 


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platten   ergaben : 

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Einfluß  der  Bestrahlung  auf  BacieriiiiiL  pyocyaiieitni. 


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Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Backriuni  pyocyaneum. 


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Wenig  gewachsen,  bestrahlte  Zone  farb- 
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zinnobergrün  fluoreszierend 

Fast  farblos  gewachsen,  geringe  Menge 
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Besser  gewachsen,    zinnobergrün,   Fluo- 
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Nr.  26 

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56  J.   F'urlani, 

Die  Ergebnisse  dieser  Versuche  lassen  sich  folgender- 
maßen zusammenfassen:  Bei  Bestrahlungen  ohne  Filter  zeigt 
sich  eine  Schädigung  des  Bakterienrasens  im  verminderten 
Wachstum  der  unter  dem  Fenster  gelegenen,  direkt  be- 
strahlten Fläche  schon  bei  einer  Bestrahlungsdauer  von  nur 
4  Minuten.  Eine  Sterilisierung  der  Fläche  ergibt  sich 
bei  der  lOfachen  Bestrahlungsdauer  in  40  Minuten. 
Durch  Ausschaltung  von  Strahlungsbezirken  in  den  Licht- 
filtern  wird  die  Lichthemmung  entsprechend  gemindert.  In 
dieser  Hinsicht  waren,  die  Versuche  Nr.  25  am  instruktivsten. 
Das  Wachstum  hinter  dem  Alaunfilter,  das  die  gesamten 
»farbigen«  Strahlen  durchläßt,  ist  gegenüber  dem  hinter  den 
andern  Filtern  am  geringsten.  Daß  kurze  schwache 
Bestrahlungen  mit  einem  engen  Spektralbezirke  die 
gerade  gegenteilige  Wirkung  haben,  scheint  mir  aus 
den  Versuchsergebnissen  (Nr.  25  und  26)  bei  Ver- 
wendung des  Kupferchlorids  und  des  Blaufilters 
hervorzugehen.  Bei  einer  Bestrahlungsdauer  von 
10  Minuten  waren  diese  Platten  am  stärksten  be- 
wachsen; wurde  die  Expositionszeit  verlängert,  so  verblieb 
nur  dem  von  der  geringeren  Strahlenmenge  getroffene  Rand- 
anteil des  Rasens  fortschreitende  Wachstumstendenz,  während 
im  Zentrum  sich  allmählich  die  Lichthemmung  einstellte. 
Diese  Hemmung  nimmt  für  das  kurzwellige  Licht 
viel  rascher  als  für  das  langwellige  zu,  wie  die  Ver- 
suche in  Nr.  27  gegenüber  denen  von  Nr.  26  zeigen,  weil 
eben  die  verwendeten  Lichtquellen  reich  an  kurzwel- 
liger Strahlung  sind.  Die  Abscheidung  von  Fluo- 
reszin  wird  im  allgemeinen  durch  langwelliges  Licht, 
die  des  Cyanins,  durch  kurzwelliges  hauptsächlich 
gefördert.  Dieser  Reiz  für  die  Pigmentabsonderung  läßt  sich 
nur  vor  Bebrütung  der  Platte  ausüben.  Ist  die  Bestrahlung 
zu  intensiv  —  wie  die  Versuche  ohne  Verwendung  eines 
Filters  zeigen  —  oder  zu  lang  andauernd,  so  tritt  eine  raschere 
Oxydation  unserer  Pigmente  ein,  die  sich  durch  eine  gelb- 
grüne bis  gelbe  Färbung  bei  Mangel  von  Fluoreszenz  einer- 
seits (Oxydation  des  Fluoreszins),  andrerseits  durch  Bildung 
von  Xanthose  oder  Phaein  äußert.  In  dieser  Hinsicht  sind  die 


Kinlluß  der  BestruliLunt^'  ;uif  Biicleriiiiii  pyocytuwuiii.  o7 

Versuche  Nr.  20,  21  und  22  von  Interesse.  Während  die 
Bestrahlungsdauer  von  55  Minuten  das  vorhin  besprochene 
Resultat,  Förderung  der  Pluoreszinproduktion  im  schwachen 
langwelligen  (besonders  schön  hinter  dem  Eosinfilter)  und  der 
Cyaninproduktion  im  stärkeren,  kurzwelligen  Lichte  zeigt,  ist 
bei  einer  Bestrahlung  von  mehr  als  1  Stunde  eine  Hemmung 
der  Pigmentierung  durch  rasche  Oxydation  der  Farbstoffe  zu 
beobachten,  die  sich  als  eine  Verfärbung  in  Gelb  dem  Auge 
zu  erkennen  gibt.  Das  Fiuoreszin  ist  mißfarbig  gelb,  zeigt 
keine  Fluoreszenz.  Xanthose  ist  reichlich  vorhanden.  Diese 
u.  a.  von  Gaillard  beobachtete  Pigmentzerstörung  bei 
Bakterien  durch  Strahlung  ist  also  auf  eine  weit- 
gehende Ox3^dation  des  Farbstoffes  zurückzuführen 
und  entspricht  der  Ausbleichung  in  unseren  Ver- 
suchen mit  Hilfe  der  Elektrolyse.  Die  pigmentzerstö- 
rende Wirkung  der  Strahlung  zeigt  sich  bei  unseren  Bakterien 
am  deutlichsten  bei  einer  Bestrahlung  von  1  Stunde  30  Minuten 
hinter  dem  Kupferoxydammoniakfilter,  wo  die  Fläche  unter  dem 
F'enster  farblos  erscheint.  —  Die  Versuche  mit  Kulturen  von 
pigmentschwachen  Stämmen  zeigen  ein  dem  geschilderten 
entsprechendes  Verhalten.  Eine  Steigerung  der  Fluoreszin- 
produktion  ließ  sich  in  10  aufeinanderfolgenden  Generationen 
nicht  erblich  fixieren.  Wurden  von  Platten,  auf  denen  durch 
Lichtreiz  eine  Erhöhung  der  Fluoreszinproduktion  erzielt 
worden  war,  neue  abgeimpft  und  diese  im  t)unl<,eln  gezogen, 
so  trat  stets  wieder  eine  Verminderung  der  Fluoreszinproduk- 
tion und  Ausscheidung  von  Pyocyanin  ein,  das  in  den  be- 
strahlten Kulturen  verschwunden  war.  Eine  Überführung 
des  Pyocyaneus -T ypus  in  den  des  Fliwreszens  liqiiefaciens 
gelang  also  nicht. 

Daß  die  Wachstumshemmung  bei  Bestrahlung,  wie  sie 
sich  unmittelbar  unter  dem  Fenster  der  Kassetten  in  manchen 
obiger  Versuche  zeigt,  in  erster  Linie  auf  eine  Überhöhung 
der  Atmung  zurückzuführen  ist,  zeigen  die  Versuche,  in 
denen  die  Kultur  mit  Paraffinöl  abgeschlossen  wurde;  hier 
war  die  Agarplatte  gleichmäßig  bewachsen.  —  Pigmentbildung 
trat  erst  nach  Tagen  und  sehr  gering  auf.  —  Wurde 
jedoch  der  Kultur  durch  Terpentinöl  Ozon  zugeführt,  so  trat 


58  J.   Furlani, 

Atmungstod  ein,  die  Platte  war  steril.  Die  folgenden  Versuche 
im  Sonnenlichte  werden  zeigen,  daß  zu  dieser  Schädigung 
bei  Bestrahlung  noch  eine  spezifische  Wirkung  des  Lichtes 
hinzutreten  kann. 

4.    Die  Einwirkung    der   Bestrahlung    mit  Sonnenlicht    und 
die  Wirkung  des  ausgeschiedenen  P*yocyanins. 

Die  Röhrchen  und  Plattenkulturen  wurden  im  Freien  im 
Monate  Juni  der  Sonnenbestrahlung  ausgesetzt  bei  andauernd 
günstiger  Witterung  {Ss-^Bi—i)-  Um  festzustellen,  ob  die 
hierdurch  bedingte  Erwärmung  der  Präparate  die  Ergebnisse 
qualitativ  ändere,  wurden  in  einzelnen  Versuchen  mit  Platten- 
kulturen die  Kästchen  in  Eiswasser  gestellt.  Diese  Beeinflussung 
trat  nicht  ein;  die  Erwärmung  bewirkte  nur  eine  Beschleu- 
nigung der  Ergebnisse.  Bei  den  Plattenkulturen  wurde  auch 
hier  die  Bestrahlung  durch  Öffnung  der  Fenster  vorgenommen, 
während  die  Röhrchen  aus  dem  diffusen  Lichte  hinter  der 
Mattscheibe  des  Laboratoriumfensters,  ins  Sonnenlicht  gebracht 
wurden. 

Diese  Ergebnisse  zeigen  keinen  wesentlichen  Unterschied 
zwischen  den  Befunden  bei  Einwirkung  des  Sonnenlichtes 
allein,  dieses  Lichtes  zusammen  mit  diffusem  Licht  und 
schließlich  bloß  des  diffusen  Lichtes.  Entsprechend  der 
größeren  Intensität  der  Sonnenstrahlung  erscheint  die  Fluo- 
reszinbildun^  gefördert,  die  Cyaninbildung  ist  anfänglich 
geringer.  Später  tritt  aber  eine  auffallende  Vermehrung  der 
Cyaninausscheidung  ein,  so  daß  nach  4  bis  6  Wochen  die 
Bouillonkulturen  bis  zum  Boden  des  Röhrchens  tief  ergrünt 
sind.  Durch  Vergleich  mit  den  Dunkelkulturen  zeigte 
sich  nun,  daß  nicht  etwa  weniger  Chro mögen  im 
Lichte  produziert  wird,  was  sich  durch  Einleiten  von 
Sauerstoff  nachweisen  ließ,  sondern  daß  anfänglich 
die  Oxydation  der  Cyanobase  zum  Cyanin  im  Lichte 
und  besonders  im  Sonnenlichte  eine  geringere  ist 
als  in  den  Dunkelkulturen.  Das  später  eintretende  starke 
Ergrünen  der  Bouillon  wird  nicht  durch  eine  stärkere 
Pigmentproduktion,  sondern  durch  eine  stärkere  Ox3^dation 
der  Base  verursacht. 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Inictcriuin  pyucyiuicuiii. 


59 


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Resultat 

Starke  Trübung;  grasgrüne  Zone  an  der 

Oberfläche,  sonstgelbgrün  fluoreszierend ; 

Fluoreszin  und  Cyanin  vorhanden 

Mäßige     Trübung;     schwach     gelbgrün 

fluoreszierend;     Fluoreszin     vorhanden, 

Cyanin  erst  nach  Sauerstoffeinleitung 

Starke  Trübung;   grünbraun  ohne  Fluo- 
reszenz ;      Fluoreszin      oxydiert,      kein  ' 
Cyanin  nach  Sauerstoffdurchtritt 

Starke  Trübung;  im  oberen  Drittel  gras- 
grüne  Wolken,    Fluoreszin  und  Cyanin 
vorhanden 

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impfte Bouillonröhrchen 
ergaben,       nachdem       sie 
20  Stunden  bebrütet  wur- 
den nach: 

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1.  Starke  Trübung;  oberstes  Drittel  der 
Flüssigkeit,    schön    grasgrün,     sonst 
gelbgrün     fluoreszierend,    Fluoreszin 
und  Cyanin  vorhanden 

2.  Mäßige   Trübung;    gelhgrün    fluores- 
zierend, Fluoreszin  vorhanden.  Cyanin 
nach  Sauerstoffeinleitung 

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Einfluß  der  Rcstrahlung  auf  Bnc/en'iiiit  pyocyanetim. 

Tabelle  ?>  B. 


63 


Röhrchenkulturen     im     diffusen     Tageslichte,     die     täglich 
30  Minuten  der  Sonnenbestrahlung  ausgesetzt  waren. 

(Mittlere  Intensität  des  diffusen  Lichtes  =  0-048  des  Sonnenlichtes  =  0- 526.) 


Versuchs- 
nummer 


Versuchs- 
anordnung 


Resultat 


35 


Vom  Stamm  III 
Pyocyaneiis 
grasgrün 
beimpfte  Bouillon- 
röhrchen  ergaben 
nach  20  Stunden 
Bebrütung; 


Nach  7  Tagen  minimale  grüne  Zone  unter 
dem  Häutchen;  nach  15  Tagen  starke 
Trübung;  nach  21  Tagen  oberstes  Drittel 
ergrünt;  nach  28  Tagen  bis  zum  Boden 
ergrünt;  nach  6  Wochen  tief  chromgrün, 
Fluoreszin  zu  dieser  Zeit  reichlich  und 
gut  fluoreszierend,  Cyanin,  Xanthose  und 
Phaein  vorhanden.  Agarplattenausstrich 
geringes  Wachstum 


Nach  7  Tagen  Trübung  viel  geringer  als 
in  a\  nach  15  Tagen  stärker  geworden, 
irisierend ;  nach  28  Tagen  intensive  gelbe 
Färbung;  nach  6  Wochen  weitere  Zu- 
nahme der  Trübung.  Ergrünen  nach  Ein- 
leitung von  Sauerstoff,  also  infolge  Oxy- 
dation der  Zyanoleukobase 


Nach  7  Tagen  deutliche  grüne  Schichte 
unter  dem  Häutchen,  Trübung  geringer 
als  in  a;  nach  15  Tagen  stark  ergrünt; 
oberstes  Drittel  nach  21  Tagen  ergrünt; 
nach  6  Wochen  nur  Boden  keine  Grün- 
färbung. Fluoreszin  vorhanden,  intensives 
Ergrünen  nach  Einleiten  von  Sauerstoff 
infolge  Zunahme  des  Cyanins,  Xanthose 
und  Phaein  in  geringer  Menge,  weniger 
als  in  a 


Nach  7  Tagen  minimales  Wachstum,  kein 
Häutchen,  keine  Pigmentabsonderung; 
nach  15  Tagen  farblos;  nach  28  Tagen 
gelbe  Färbung;  sehr  geringe  Trübung 
auch  noch  nach  6  Wochen.  Geringe  Menge 
von  Fluoreszin,  Cyanin  nicht  nachweisbar 


64 


J.   Furlani, 


Versuchs- 
nummer 


Versuchs- 
anordnuns; 


Resultat 


36 


Desgleichen 

Peptonwasser- 

rohrchen 

ergaben : 


37 


Von  Stamm  IX 

Pyocyaneus 

chromgrün 

beimpfte  Bouilion- 

röhrchen  ergaben 

nach  20  Stunden 

Bebrütune-; 


Nach  7  Tagen  geringe  Trübung,  zart 
blaugrün;  nach  15  Tagen  grün  mit  bräun- 
licher Verfärbung.  Cyanin,  Xanthose, 
Phaein  vorhanden;  nach  21  bis  28  Tagen 
Zunahme  des  braunen  Farbentones,  Trü- 
bung minimal,  desgleichen  Wachstum  auf 
Agarplatte 


Nach  7  Tagen  geringe  Trübung  Vv'ie  in  a. 
Deutliche  blaugrüne  Färbung  nach  21 
Tagen;  nach  6  Wochen  Xanjhose  nach- 
weisbar; nach  2  Monaten  olivgrün,  Phaein 
neben    Cj'^ania   und  Xanthose   vorhanden 


Nach  7  Tagen  za'rt  blaugrün;  auch  nach 
15  Tagen  noch  wenig  getrübt;  nach 
21  Tagen  intensiv  blaugrün;  nach 
6  Wochen  unverändert,  starkes  Sediment, 
Cj'anin  und  Xanthose  vorhanden 


Nach  15  Tagen  farblos,  irisierend,  sehr 
schwach  getrübt;  nach  6  Wochen  farblos, 
minimale  Trübung  und  minimales  Sediment 


a  :  Nach  4  Wochen  starke  Trübung  bis  zum 
Boden  ergrünt.  Alle  Pigmente  vorhanden. 
Agarplattenausstrich  steril 


Nach  4  Wochen  Trübung  geringer  als 
in  a,  gelbe  Färbung  mit  schwacher  grüner 
Fluoreszenz.  Fluoreszin  in  Spuren,  Cyano- 
base  vorhanden 


Nach  4  Wochen  starke  Trübung,  keine 
Pigmentabscheidung.  Von  dieser  Kultur 
nach  2  Monaten  Aussaat  auf  Agarplatte 
wächst  gut  mit  Pigmentabsonderung 


Nach  4  Wochen  oberstes  Drittel  ergrünt, 
starke  Trübung.  Alle  Pigmente  vorhanden 


e:  Nach    4    Wochen     keine    Pigmentabson- 
derung, schwache  Trübung 

f:  Wie  in  e. 


Einfluß  der  Bestnihlung  auf  Bactcritiiu  pyocyancuiii. 


65 


V'ersuchs- 
nummer 


Versuclis- 
anordnung 


Resultat 


38 


Desgleichen 

Peptonwasser- 

röhrchen 

ergaben  : 


Nach  4  Wochen  gut  getrübt,  blaugrün 
jedoch  verfärbt.  Cyanin  und  seine  Oxy- 
dationsproduktc  vorhanden 


b :  Nach  4  Weichen  gleich  getrübt  wie  ^7, 
intensiv  blaugrün,  mehr  Cyanin  als  in  a, 
jedoch   Xanthosc   nur  in   Spuren 


c  :  Nach  4  Vv'ochen  geringe  Trübung,  jedoch 
starke  Sedimentierung,  Spur  von  Gelb- 
färbung. Xanthose  vorhanden 


Nach  4  Wochen  wenig  getrübt,  intensiv 
blaugrün.  Cyanin  vorhanden,  Xanthose 
in  Spuren 


e :  Nach    4    Wochen    wenig    getrübt,     keine 
Pigmentabsonderung 


/":  Nach  4  Wochen  wenig  getrübt,  stärkere 
Sedimentierung.  Spur  \'on  Gelbfärbung 
durch  Xanthose 


a  :   Lichtkultur  bei  Luftzutritt. 

/'  :    Lichtkultur  bei  Paraffinülabschluß. 

c  :   Lichtkultur  bei   Luftabschluß   mit  Terpentinöl 

d  :   Dunkelkultur  bei  Luftzutritt. 

e  :  Dunkelkultur  bei  Paraffinölabschluß. 

./  ;   Dunkelkultur  bei  Terpentinöhibschluß. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Ki.,   Abt.  I,  12.^.  i5d. 


66  J.  Furlani, 

Wurde  in  dieser  Phase  aus  einer  solchen  Kultur  ab- 
geimpft, so  zeigte  sich  geringes  Wachstum,  in  einem  Falle 
blieb  die  Platte  steril.  Es  tritt  also  die  Oxydation  des 
Chromogens  in  verstärl<tem  Maße  zu  einer  Zeit  auf, 
wo  Wachstum  und  Lebenstätigkeit  der  Kultur  ver- 
mindert sind,  wohl  eine  Folge  der  Bestrahlung.  Diese 
Tatsache  stimmt  mit  der  von  Noesske  gemachten  Beob- 
achtung überein,  daß  eine  durch  Kochen  abgetötete  Pyo- 
cyaneus-Kultur  stark  ergrünt.  Da  eine  so  abgetötete  Kultur 
blaugrün  bleibt,  so  schließt  N  oesske  daraus,  daß  mit  größter 
Wahrscheinlichkeit  in  den  lebenden  Pyocyaiteus-Kultuven  die 
Keime  selber  die  Reduktion  des  Cyanins  zur  Leukobase  duich 
Absorption  des  in  denselben  locker  gebundenen  Sauerstoffes 
vornehmen.  Seine  Behauptung,  daß  bei  der  florideslen  Keim- 
entwicklung die  C3^aninbildung  anscheinend  am  meisten 
gehemmt  oder  ganz  sistiert  werde,  ist  jedoch  dahin  zu  ändern 
und  zu  ergänzen,  daß  hier  das  Chromogen  in  größter  Menge 
ausgeschieden,  aber  auch  sein  Oxyd  am  stäiksten  reduziert 
wird,  also  am  wenigsten  Cyanin  in  Erscheinung  tritt,  in 
Bouillonkulturen.  —  Ein  ganz  anderes  Verhalten  zeigen  die 
Kulturen  im  Peptonwasser.  Wie  schon  die  Versuche  im 
diffusen  Lichte  ergaben,  erfolgt  hier  keine  Reduktion  des 
Cyanins,  das  auch  im  Sonnenlichte  unabhängig  vom  Sauerstoff 
der  Lufc  entsteht.  Ein  Unterschied  zwischen  den  Ergebnissen 
im  Sonnenlichte  bei  Luftzutritt  und  bei  Luftabschluß  zeigt 
sich  im  Verhalten  des  Cyanins,  indem  dasselbe  im  ersteren 
Falle  sich  rasch  weiter  oxydiert,  was  bei  Luftabschluß  nicht 
der  Fall  ist. 

Ich  prüfte  nun,  ob  das  Fehlen  des  Fluoreszins  in  der 
Peptonwasserkultur  vielleicht  im  Zusammenhang  stünde  mit 
dem  Ausbleiben  der  Cyaninreduktion,  indem  ich  der  Kultur 
Fluoreszinlösung  zusetzte;  dies  war  nicht  der  Fall.  Wohl  tritt 
aber  diese  Reduktion  ein,  sobald  einer  lebenden  Peptonkultur 
Bouillon  zugesetzt  wird  oder  wenn  einer  lebenden  Bouillon- 
kultur eine  durch  Kochen  abgetötete  blaue  Peptonkultur  oder 
eine  Zyaninlösung  zugesetzt  wird.  Es  erscheint  somit 
erwiesen,  daß  es  sich  bei  der  Red.uktion  des  Pyo- 
cyanins  um  einen  Lebensvorgang  des  Bakteriums,  um 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Bacierinni  pyocyanettnt.  67 

Sauerstoffgewinnung  handelt,  welcher  Vorgang  im 
Peptonwasser  entweder  auf  ein  Minimum  beschränkt 
ist  oder  es  wird  der  durch  die  Bestrahlung  abgespal- 
tene Sauerstoff  überhaupt  nicht  verwendet.  Darum 
erfolgt  bei  Luftzutritt  im  Sonnenlichte  eine  rasche  Weiter- 
oxydation des  Cyanins.  Werden  bei  Luftzutritt  gewachsene 
grüne  Bouillonkulturen  von  Pyocymteus  mit  Paraffinöl  über- 
schichtet, so  zeigt  sich  bereits  nach  etwa  einer  halben 
Stunde  vom  Boden  des  Röhrchens  beginnend  ein  Erbleichen 
der  Flüssigkeit,  das  nach  obenhin  fortschreitet,  bis  dieselbe 
in  Gänze  eine  gelbgrün  fluoreszierende  Farbe  angenommen  hat. 
Durch  Einleiten  von  Sauerstoff  wird  die  grüne  Farbe  wieder 
regeneriert.  Es  ist  dies  ein  Beweis  dafür,  daß  in  der 
Bouillonkultur  der  vom  Pigment  gebundene  Sauer- 
stoff nach  Entzug  des  Luftsauerstoffes  aufgebraucht 
worden  ist  und  daß  dem  vom  Pigment  locker  gebun- 
denen Sauerstoff  die  gleiche  Verwendung  zukommt 
wie  dem  Luftsauerstoffe.  Werden  dagegen  blaue  Pepton- 
kulturen  von  Pyocyanetts  mit  Paraffinöl  überschichtet,  so  tritt 
keine  Farbenänderung  in  der  Flüssigkeit  ein.  Der  vom 
Pigment  in  der  Peptonkultur  gebundene  Sauerstoff 
hat  keine  weitere  Bedeutung.  Wir  haben  also  im 
Pyocyanin  ein  Pigment  vor  uns,  das  je  nach  dem 
Kulturmedium  entweder  ein  bedeutungsloses  bakte- 
rielles Ausscheidungsprodukt  ist  oder  aber  sich  so 
verhält  wie  Atmungspigmente,  die  Sauerstoff  leicht 
an  sich  ketten,  aber  auch  leicht  wieder  abgeben.  — 
Die  Reduktion  des  Cyanins  erfolgt  aber  nicht  nur  in  von  der 
atmosphärischen  Luft  abgeschlossenen  Kulturen.  Frische,  gut 
wachsende  Bouillonkulturen  ohne  Ölabschluß  sind  bekanntlich 
nur  an  der  Oberfläche  von  schön  grüner  Farbe,  es  ist  also 
nur  in  den  mit  der  Luft  unmittelbar  in  Berührung  stehenden 
Flüssigkeitsschichten  Cyanin  vorhanden,  während  die  tieferen 
erst  nach  Schütteln  oder  Einleiten  von  Sauerstoff  ergrünen, 
um  nach  einiger  Zeit  wieder  das  gelbgrüne  Aussehen  des 
Fluoreszins  anzunehmen;  mit  dem  Altern  der  Kultur  breitet 
sich  dann  die  grüne  Farbe  von  der  Oberfläche  nach  immer 
tieferen  Schichten  der  Flüssigkeit  aus.     Es    hat   also  nicht 


68  J.   Furlani, 

nur  bei  Luftabschluß,  sondern  überhaupt  in  Bouillon 
das  Pyocyanin  die  Aufgabe,  von  der  Oberfläche  der 
Flüssigkeit  Sauerstoff  nach  tieferen  Schichten  der 
Flüssigkeit  zu  leiten,  wo  sonst  nur  wenig  Sauer- 
stoff zur  Verfügung  stünde  und  die  aerobe  Atmung 
der  hier  schwebenden  Bakterien  zu  fördern.  Daß  die 
Atmung  tatsächlich  eine  Förderung  erfährt,  das  scheint  mir 
insbesondere  aus  später  noch  zu  besprechenden  Versuchen 
hervorzugehen. 

Ray  Lankaster  hat  gefunden,  daß  Spirograpliis  Spal- 
latizani  einen  Farbstoff  besitzt,  der  in  Bindung  mit  Sauerstoff 
smaragdgrün  (Chlorocruorin),  ohne  Sauerstoff  rot  (Erythro- 
cruorin)  erscheint  und  daß  es  des  Schwefelammoniums  oder 
der  Stokes'schen  Lösung  bedarf,  um  ihm  das  O  zu  entziehen, 
um  also  einen  den  lebenden  Geweben  gleichen  Effekt  zu 
erzielen,  während  dies  mit  V^assersioff  oder  Kohlendioxyd 
nicht  gelingt.  Kruke nberg  fand  bei  Sipmtctilus  nndns,  wo 
die  Gewebeatmung  eine  geringere  ist  als  bei  jenem  Röhren- 
wurme, daß  das  Hämoerythrin  Griffith's  schon  nach  längerem 
Einleiten  von  Kohlendioxyd  seines  Sauerstoffes  verlustig  wird. 
Bei  Mollusken  und  im  Krabbenblute  fanden  Fredericq  und 
Griffith  ein  Pigment,  das  mit  Sauerstoff  himmelblau,  durch 
Kohlendioxyd  oder  Schwefelwasserstoff  aber  entfärbt  wird, 
das  Hämocyanin.  Pfeffer  und  Ewart  weisen  für  bekannte 
Farbstoffbakterien  die  Fähigkeit  nach,  Sauerstoff  locker  zu 
binden  und  an  einen  sauerstofffreien  Raum  abzugeben.  Als 
verhältnismäßig  viel  Sauerstoff  speichernd  werden  Bacteritim 
cimabarettm,  Micrococcns  agilis,  Stapltylococcns  citreus, 
Bacillus  janthiniis  angeführt.  Bei  Diplococcus  roseus,  Sarcina 
rosea  und  lutea  ist  diese  Fähigkeit  schwächer  ausgebildet. 
Diese  Bakterien  gaben,  in  die  Gaskammer  gebracht,  nach 
Einleitung  von  Wasserstoff  Sauerstoff  ab,  was  durch  Engel- 
mann's  Sauerstoffbakterienmethode  nachgewiesen  wurde. 
Außer  dem  Bacteritmi  cyanogenes,  Micrococcns  prodigiosus, 
Spirillnni  rubrum  wird  auch  dem  Pyocyanens,  da  durch 
molekularen  Wasserstoff  keine  Pigmentreduktion  erfolgt,  die 
Fähigkeit  der  lockeren  Bindung  abgesprochen. 


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Vom  selben  Stamm  IX 

6  Tage  alte  Kultur 
ohne   Wasserkühlung 

Von  Stamm  IX 

frisch  besäte  Agar- 

platten   ergaben: 

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Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Biiclcrimn  pyocyanemn. 


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Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Baclcriiiin  pyocyaneum.  79 

Nun  haben  aber  die  Untersuchungen  Ray-Lankaster's, 
Fredericq's,  Griffith's  u.  a.,  sowie  die  ausgedehnten  Studien 
Krukenberg's,  die  nicht  zur  Genüge  berücksichtigt  erscheinen, 
gezeigt,  daß  es  auch  im  Tierreiche  Atmungspigmente  gibt, 
die  nicht  durch  molekularen  Wasserstoff  reduziert  werden 
können.  Es  kann  der  Umstand,  ob  eine  Reduktion  des  sauer- 
stofführenden  Pigments  durch  Wasserstoff  möglich  ist  oder 
nicht,  unmöglich  als  Maßstab  dafür  genommen  werden,  ob 
ein  Organismus  imstande  ist,  aus  einem  Pigment  den  Sauer- 
stoff zu  nehmen  oder  nicht;  dies  würde  ja  besagen,  daß  der 
lebenden  Zelle  keine  kräftigeren  Reduktionsmittel  zur  Ver- 
fügung stehen  als  der  molekulare  Wasserstoff.  Die  Bedeutung 
eines  sauerstoftuhrenden  Pigments  hängt  von  der  Energie 
der  Atmung,  d.  h.  von  den  dem  Organismus  zur  Verfügung 
stehenden  Reduktionsmitteln  ab.  Bekanntlich  gelingt  die 
Reduktion  unseres  Pigments,  des  Pyocyanins,  mit  dem 
Wasserstoff  in  statu  nascendi  oder  mit  Schwefelwasserstoff. 
Ein  Pigment  kommt  als  Sauerstoffüberträger  wohl  dann  in 
Betracht,  wenn  es,  durch  einen  lebenden  Organismus  zur 
Base  reduziert,  neuerlich  befähigt  ist,  Sauerstoff  zu  binden, 
und  sich  dieser  Wechsel  von  Oxydation  und  Reduktion 
durch  längere  Zeit  wiederholen  läßt.  Autoxydation  allein 
berechtigt  freilich  nicht  zur  Annahme  einer  lockeren  Bindung. 
—  Pfeffer  selbst  gibt  ja  an,  daß  es  Pigmente  gibt,  die 
Sauerstoff  lockerer,  andere,  die  ihn  weniger  locker  binden. 
Auch  in  der  Arbeit  Shibata's  über  die  lockere  Bindung  des 
Sauerstoffes  durch  Bakterien  erscheint  die  Reduktion  des 
Pigments  durch  Wasserstoff  als  Kriterium  für  eine  solche 
Bindung  angenommen.  Dem  Pyocyanens  wird  wieder  die 
Fähigkeit  der  lockeren  Sauerstoffbindung  abgesprochen. 
Außer  der  vorhin  genannten  Literatur  über  im  Tierreicfie 
vorkommende  Atmungspigmente  erscheint  hier  auch  die 
mittlerweile  erschienene,  oben  angeführte  Arbeit  Nösske's 
nicht  berücksichtigt.  Shibata  sagt  in  seiner  Arbeit,  daß  es 
für  die  Funktion  gleichgültig  sei,  ob  das  Pigment  als  Sekret 
außerhalb  der  Bakterienzelle  oder  in  derselben  sich  finde,  da 
auch  bei  niederen  Tieren  der  Farbstoff  in  der  Blutflüssigkeit, 
also  extrazellulär  gegenüber  den  konsumierenden  Zellen  sich 


80  J.   i'iirlani, 

vorfinde.  Diese  Auflassung  bezüglicli  der  Funl<tion  der 
Pigmente  niederer  Tiere  steht  im  Widerspruche  zu  seinem 
Kriterium  der  lockeren  Sauerstoffbindung  durch  die  Wasser- 
stoffreduktion, da  in  solchem  Sinne  diese  Atmungspigmente 
von  Wirbellosen,  wie  aus  den  obigen  Erörterungen  hervor- 
geht, nicht  als  solche  aufgefaßt  werden  könnten. 

Zur  Sterilisierung  von  Agarplattenkulturen  mit 
Sonnenlicht  reichte  eine  Expositionszeit  \'on 
25  Minuten  bei  einer  Lichtintensität  von  OwOO 
(Versuchsnummer  44)  aus.  Pansini  hätte  allerdings  eine 
Sterilisation  seiner  Pyocyaneits-Kultuven  erst  in  einer  Stunde 
erzielt,  jedoch  macht  er  keine  Angaben  über  die  Lichtinten- 
sität bei  seinen  Versuchen.  Bei  Verwendung  von  Filtern 
wurde  die  Sterilisation  in  Blau  bei  einer  Expo- 
sitionszeit von  1  Stunde  40  Minuten,  Lichtintensität 
=:  0'650,  in  Rot  in  2  Stunden  30  Minten  erreicht 
(Versuch snumm er  39).  Wie  bei  der  Bestralilung  mit  künst- 
lichen Lichtquellen  wird  durch  Abfilterung  von  Strahlungs- 
bezirken nach  kurzen  Bestrahlungen  die  Farbstoff- 
ausscheidung erhöht,  und  zwar  erscheint  unter 
Einfluß  der  schwächer  brechbaren  Strahlen  die  Fluo- 
reszin-,  unter  Einfluß  der  stärker  brechbaren  die 
Zyaninbildung  erhöht. 

Diese  Erhöhung  der  Fluoreszinabscheidung,  durch  den 
Reiz  langwelliger  Strahlung  veranlaßt,  hat  wohl  in  der 
höheren  Erwärmung  durch  diese  ihren  Grund.  Im  Brutofen 
bei  37°  C  gewachsene  Kulturen  zeigen  das  gleiche  Verhalten. 
Da  wir  wissen,  daß  durch  die  Erwärmung  die  Atmung  erhöht 
wird,  andrerseits  bei  Sauerstoffabschluß  die  Fluoreszin- 
produktion  gehemmt  wird,  so  haben  wir  wohl  in  diesem 
Farbstoffe  ein  Stoffwechselprodukt  zu  sehen,  das  mit  der 
aeroben  Atmung  im  Zusainmenhange  steht.  In  der  kurzwel- 
ligen Strahlung  finden  andrerseits  die  optimalen  Lebensbedin- 
gungen rascher  ihre  obige  Grenze.  Während  also  nach  einem 
gleich  lange  einwirkenden  Reiz  mit  langwelliger  Strahlung 
noch  eine  reichlichere  Reduktion  der  Cyanobase  erfolgt,  also 
weniger  Cyanin  vorhanden  ist,  hat  sie  bei  kurzwelliger 
Strahlung    bereits    eine    Hemmung    erfahren,    es    wird    n~iehr 


Eiüfluß  der  Bestrahlung  auf  Bacleriiim  pyocyanetiin.  81 

Cj^anin  ausgeschieden.  —  Auch  pigmentschvvache  Stämme 
(Versuch  45)  zeigen  diese  Erscheinung.  Die  von  einem 
solchen  Stamme  gezogene  Kultur  ist  gegen  Bestrahlung 
empfindlicher,  sie  wird  rascher  geschädigt,  als  die  von  einem 
reichlich  Pigment  absondernden  Stamme  erhaltene  (Versuch  45). 
Bereits  gut  gewachsene  Kulturen,  die  dann  erst 
bestrahlt  wurden,  sind  weniger  empfindlich  für  die 
Belichtung  als  frische  Aussaaten.  Kulturen  mit  grünem, 
Sauerstoff  abgabefähigen  Pigment  wurden  in  40  Minuten 
Bestrahlung  stärker  geschädigt  als  solche  mit  oxydiertem, 
gebräuntem  Pigment;  die  von  diesen  Platten  neuerdings 
angelegten  Kulturen  wuchsen  im  letzteren  Falle  besser  als 
im  ersteren  (Versuche  4(3  und  47). 

Gaillard  fand,  daß  die  Lichtwirkung  bei  Luftzutritt 
stärker  ist  als  ohne  denselben.  Auch  in  unseren  Kulturen  war 
das  Wachstum  bei  Luftabschluß  ein  geringeres  als  bei  Luft- 
zutritt (Versuch  45).  Nach  längerer  Bestrahlung  (2  Stunden) 
trat  auch  bei  Ausschluß  aerober  Atmung  Sterilisation  ein 
(Versuch  39). 

Die  Versuche  mit  künstlichen  Lichtquellen  und  im 
Sonnenlichte  zeigen  übereinstimmende  allgemeine  Ergebnisse, 
die  mir  geeignet  erscheinen,  die  herrschenden  Unstimmig- 
keiten in  der  Beurteilung  der  Lichtwirkung  auf  Bakterien  zu 
bereinen.  Down  es  und  Blunt  hatten  gefunden,  daß  die 
bakterizide  Wirkung  der  blauen  Strahlen  eine  größere  ist  als 
die  der  roten,  und  Bovie  formulierte  neuerdings  das  Gesetz, 
daß  die  zerstörende  Wirkung  des  Lichtes  zunimmt,  wenn  die 
Wellenlänge  abnimmt.  Andrerseits  fand  K.  v.  Wiesner,  daß 
die  langwelligen  Strahlen  den  kurzwelligen  an  desinfizie- 
render Kraft  überlegen  sind  und  die  maximale  Wirkung  der 
für  unser  Auge  unsichtbaren  Bezirke  den  ersteren  zukomme. 
Da  nun  die  Strahlung  verschiedener  Wellenlänge  nicht 
qualitativ,  sondern  nur  quantitativ  verschieden  ist,  so  kann 
auch  ihre  Wirkung  auf  die  materiellen  Punkte  nur  von 
quantitativer  Verschiedenheit  sein,  was  ja  auch  mit  der 
Planck  und  Einstein'schen  Quantenhypothese  in  Überein- 
stimmung steht;  es  muß  also  das  von  Bovie  empirisch 
gefundene      Gesetz      gelten.       Enlspiechend      der       kürzeren 

t-ilzb.  d.  m:ithem.-natur\v.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd.  6 


82  J.  Furlani, 

Schwingungsdauer    der    kurzwelligen    Strahlung    erleidet    die 
Zelle    durch    dieselbe    mehr  elektromagnetische    Oszillationen 
in    der    gleichen  Bestrahlungszeit,    als    wenn  sie  durch  lang- 
wellige Strahlung  getroffen  wird.  Es  wird  also  der  gleiche 
Effekt  durch  kurzwellige  Strahlung  in  kürzerer  Zeit 
erzielt    werden    als    durch    langwellige,     wodurch    es 
kommt,  daß  bei  gleicher  Bestrahlungsdauer  dem  kurz- 
welligen   und    langwelligen    Lichte    von   den   meisten 
Physiologen  qualitativ    verschiedene  Wirkungen  zu- 
geschrieben   werden    konnten.     Mit    diesen  Erwägungen 
stimmen  die  Ergebnisse  meiner  Bestrahlungsversuche  überein. 
Bei    einer    Bestrahlungsdauer     von     15    Minuten    er- 
scheint das  Wachstum  der  Pyocyaneiis-Kultuven  hinter 
dem    Blaufilter    gegenüber    den    Dunkelkulturen    ge- 
fördert;    das     Wachstum     hinter     dem     Rotfilter     ist 
gleich   stark  wie  in  den  Dunkelkulturen  (Versuche  49, 
52).     Mit     der    Verlängerung    der  Bestrahlungsdauer     ändert 
sich  dieses  Verhalten.  Bei  einer  Bestrahlungsdauer  von 
30    Minuten    erscheint    das  Wachstum    der    Kulturen 
hinter    dem    Blaufiiter    gehemmt,     das    der    Kulturen 
hinter  dem  Rotfilter    gegenüber    den    Dunkelkulturen 
gefördert     (Versuche   44,    45,  48).     Blaauw,  E.  V^ogt  und 
jüngstens    Sierp     haben    durch   Versuche    mit    Phycomyces, 
Aveiia   sativa,     Lepidüim    sativum     nachgewiesen,     daß    die 
Wachstumskurve    der  Pflanze    durch  den  Lichtreiz  eine  Ver- 
änderung erfährt.     Sierp  findet,   daß  die    Sachs'sche  »große 
Periode«  des  Wachstums  durch  Lichtwirkung  eine  Abänderung 
in  dem  Sinne  erfährt,    daß  eine  anfängliche  Steigerung,  dann 
aber  eine  Herabdrückung,  ein  früheres  Eintreten  des  Maximums 
und  eine  frühere  Beendigung  des  Wachstums,  also  der  Zell- 
teilung, statthat.  Diese  Abweichung  ist  um  so  größer,  je  größer 
die  wirkende  Lichtintensität  ist.  Unsere  Versuche  zeigen,  daß 
eine  Photowachstumsreaktion  auch  für  Bakterien  statthat.  Die 
Photoreaktion,    zuerst    Förderung    und    dann  Hemmung    der 
Zellteilung,    wird     um    so    rascher    eintreten,    je    größer    das 
auf    die    Bakterienzelle    einwirkende    Strahlungsquantum  h.v 
(wobei    h    die    universelle    Konstante    z=   Wirkungsquantum 
Planck's,    v  die  Frequenz  bezeichnet)    in  der  Zeiteinheit  ist. 


Einfluß  der  Besfralilung  auf  Bacleriuui  pvocyaneum.  83 

Daß  durch  diese  Gesetzmäßigkeit  sämtliche  mit  der  Zell- 
teilung zusammenhängenden  Stoffwechselvorgänge  beein- 
flußt werden,  ist  wohl  klar.  Diesen  Erwägungen  entsprechend 
muß  in  der  Strahlung  hoher  Frequenz  (blau),  wegen 
des  ihr  innewohnenden  hohen  Quantums  h.v  die 
wachstumsfördernde  Wirkung  des  Lichtes  rascher 
eintreten  als  in  der  Strahlung  geringerer  Frequenz 
(rot);  ebenso  tritt  aber  auch  die  darauffolgende 
Wachstumshemmung  in  der  kurzwelligen  Strahlung 
früher  ein  als  in  der  langwelligen  (Versuche  53,  54 
und  55). 

Diese  Betrachtungsweise  erscheint  mir  geeignet,  die 
obengenannten  Unstimmigkeiten  über  die  Wirkung  von  ver- 
schiedenfarbigem Licht  zu  beseitigen  und  drückt  wohl  ein 
allgemeines  Gesetz  der  Wirkung  von  verschiedenfarbigem 
Lichte  auf  die  Lebensvorgänge  aus:  Verschiedenfarbiges 
Licht,  das  sind  elektromagnetische  Schwingungen 
von  quantitativer  Verschiedenheit,  rufen  physio- 
logische Reaktionen  von  quantitativer  Verschieden- 
heit hervor.  In  verschiedenfarbigem  Lichte  erscheinen 
in  gleichen  Zeiten  verschiedene  Phasen  desselben 
Reaktionsvorganges  des  Organismus;  es  kann  so  der 
Eindruck  einer  qualitativ  verschiedenen  Wirkung  erweckt 
werden. 

5.  Über  die  Reduktion  des  Pyocyanins  durch  andere   sauer- 
stoffverbrauchende Bakterien   und   über    die  Erhöhung    des 
Gaswechsels  durch  dieses  Pigm»nt. 

Für  die  Feststellung,  daß  das  Pyocyanin  als  Sauerstoff- 
überträger in  Betracht  komme,  erschien  mir  einerseits  die 
Prüfung  der  Frage  von  Wert,  ob  das  Pigment  auch  durch 
andere  aerobe  Bakterien  reduziert  werde;  andrerseits,  ob  der 
Verbrauch  von  Sauerstoff  und  die  Abgabe  von  Kohlendioxyd 
bei  seiner  Anwesenheit  erhöht  würden.  Mühsam  und 
Schimmelbusch  haben  darauf  hingewiesen,  daß  die  Sym- 
biose des  Pyocyaneus  mit  verschiedenen  anderen  Mikro- 
organismen die  Pigmentproduktion    zu    beeinflussen    vermag. 


84  J.   Furlaiii, 

So  verliere  unser  Bakterium  in  Mfschkulturen  mit  Staphylo- 
kokken, Tetragoniis,  Anthrax,  Aspergillus  ßiinigatus,  Oidium 
lacteimt  das  Vermögen  der  Farbstoffproduktion  ganz  oder 
nahezu  ganz.  Ich  habe  wässerige  Pyocyaninlösung  Staphylo- 
kokkenkulturen  {Staph.  albus)  oder  Streptokokkenkulturen  in 
Bouillon  zugefügt  oder  aber  die  mit  Cyanin  versetzte  Bouillon 
mit  solchen  Bakterien  besät.  Die  Kulturen  wurden  durch  das 
Cyanin  nicht  geschädigt,  sondern  wuchsen  gut.  In  manchen 
Kulturen  zeigte  sich  bereits  nach  der  24stündigen  Bebrütung 
bei  37 °C,  in  anderen,  nachdem  sie  erst  noch  mehrere  Tage 
bei  Zimmertemperatur  belassen  v»urden,  ein  Verschwinden  der 
grünen  Farbe  der  Flüssigkeit,  bis  auf  eine  grüne  Zone  an 
der  Oberfläche  bei  Luftzutritt;  bei  Luftabschluß  fehlte  auch 
diese.  Durch  Einleiten  von  Sauerstoff  wurde  die  grüne  Farbe 
wieder  hergestellt,  ein  Beweis,  daß  das  Cyanin  zur  Base 
reduziert  worden  war.  Doch  stellte  ich  auch  Staphylokokken- 
und  Streptokokkenstämme  fest,  von  denen  das  Cyanin  nicht 
oder  nur  in  geringem  Maße  reduziert  wurde.  Es  verhielten 
sich  also  Stämme  von  Staphylokokken  und  Strepto- 
kokken dem  Pyocyanin  gegenüber  genau  so  wie  der 
produzierende  Organismus,  das  Bacterium  pyocyaneum 
selbst,  d.  h.  sie  reduzierten  das  Pigment  zur  Leuko- 
base.  So  ist  die  von  Mühsam  und  Schimmelbusch  als 
Verlust  der  Farbstoffproduktion  beschriebene  Beobachtung 
wohl  zu  erklären  als  Reduktion  des  vom  Pyocyanetis  aus- 
geschiedenen Cyanins  durch  die  symbiontischen  Bakterien. 

Um  zu  ermitteln,  ob  die  Cyaninreduktion  durch  Bak- 
terien eine  Bedeutung  für  die  Atmung  der  Bakterienzelle  habe, 
untersuchte  ich,  ob  der  Gaswechsel  der  viel  Pigment  produ- 
zierenden Pyocyanei  ein  größerer  sei  als  der  pigmentschwacher 
und  der  von  Fluoreszens  liqiiefaziens.  Daß  damit  kein  zwin- 
gender Beweis  für  die  Bedeutung  des  Pyocyanins  als 
Atmungspigment  erbracht  wird,  ist  mir  ja  klar;  ein  solcher 
ist  überhaupt  nicht  zu  erbringen.  Doch  ist  die  Wahrschein- 
lichkeit immerhin  groß,  daß,  wenn  bei  Gegenwart  einer 
größeren  Menge  eines  vom  Organismus  reduzierten  Pigments 
der  Atmungsgaswechsel  ein  größerer  ist  als  bei  Anwesenheit 
einer  geringeren  Menge    oder  beim    Fehlen    dieses    Pigments 


RinflLiß  der  ßestrahlung  auf  ßiic/cri/iin  pyocyaiieiiin.  bo 

in  einem  sehr  nahe  verwandten  Organismus,  dem  Pigmente 
eine  respiratorische  Bedeutung  zukomme. 

Die  einschlägigen  Versuche  wurden  in  folgender  Weise 
durchgeführt:  Als  Kulturgefäß  wurden  Hesse'sche  Kölbchen 
verwendet,  die,  mit  einem  eingeschliftenen  Glasstopfen  ver- 
schlossen, zwei  Röhrchen  trugen,  die  durch  einen  Glashahn 
gesperrt  waren.  Über  dem  Glasstopfen  befand  sich  zum 
sicheren  Abschluß  eine  Quecksilberschicht.-  In  die  Kölbchen 
wurden  100  cni^  Bouillon  eingefüllt,  die  ini  ersten  Falle  mit 
5  rw'  einer  Pi'O0w/^?/5-Aufschwemmung  vom  Stamme  IX, 
im  zweiten  einer  solchen  vom  Stamme  IV  (pigmentschwach), 
im  dritten  mit  einer  Fluor eszeiis  -  knischwemmung  vom 
Stamme  VI  besät  waren.  Die  Glashähne  wurden  nun  ge- 
schlossen. Die  Kölbchen  kamen  durch  20  Stunden  in  den 
Brutofen  bei  37°  C  und  wurden  dann  bei  18  bis  20°  C  Luft- 
temperatur im  diffusen  Lichte  gehalten.  Täglich  wurden  nun 
den  Versuchen  mit  der  Hempel'schen  Gasbürette,  die  unter 
Quecksilber  gefüllt  v/urde,  gleiche  Mengen  Gas  (20  bis  30  cw^) 
entnommen  und  das  Gas  in  die  Kali-,  dann  in  die  Phosphor- 
pipette übergetrieben.  Nach  der  Gasentnahme  wurden  die 
Hähne  geöffnet,  so  daß  ein  Gasausgleich  mit  der  atmo- 
sphärischen Luft  erfolgte.  Die  Ablesungen  erfolgten  bei  20°  C. 
—  Wie  die  folgende  Tabelle  zeigt,  ist  in  den  Parallelkulturen 
der  Sauerstoffverbrauch  und  die  Kohlendioxydabgabe  in  den 
ersten  6  Tagen  im  wesentlichen  gleich,  erst  dann  tritt  mit 
dem  Wachsen  der  ausgeschiedenen  Pyocyaninmenge 
ein  stärkerer  Gaswechsel  des  farbstoffkräftigen  Pyo- 
cyanetis-S)\.Q.mmQS  ein.  Auch  die  Untersuchungen  K.  Wolfs 
zeigen  einen  größeren  Gaswechsel  des  Pyocyatieiis  gegenüber 
dem  Flnoreszens  in  den  letzten  Beobachtungstagen.  Überein- 
stimmend mit  seinen  und  H esse's  Befunden  zeigt  auch  die 
Tabelle,  daß  mehr  Sauerstoff  aufgenommen  als  Kohlendioxyd 
abgegeben  wird. 

Auffallend  ist  auch  in  den  Beobachtungen  Wolfs,  die 
wohl  durch  die  größere  Atmung  bedingte,  im  Vergleich  zum 
Verhalten  des  Flnoreszens  erhöhte  Ammoniakproduktion  nach 
14  bis  28  Tagen  des  Pyocyanens,  ein  Umstand,  der  wohl  für 
meine    Auffassung   von    der   Bedeutung    des  Cyanins  spricht. 


86 


J.  ?"uilani, 


Tabelle  4. 

Sauerstoffverbrauch    und    Kohlendioxydabgabe    auf  loo  crn^ 
Luft  von  Bakterien. 


Versuchsdauer 


Fluoreszens  liqiie- 
faziens 


Oo 


COo 


Pyocyaneus,  schön 
chromgrün 


O.. 


CO., 


Pyocyaneus, 
pigmentschwach 


Oo 


CO., 


1    Tag 


2  Tage 


3  Tage 


4  Tage 


5  Tage 


6  Tage 


7  Tage 


8  Tage 


9  Tage 


10  Tage 


1 1   Tage 


12  Tage 


13  Tage 


14  Tage 


2-4 


6-2 


10 
10-1 


12-3 


10-2 


10-5 


9-3 

8-8 


7-4 


1-9 


2-6 


2-4 


6 

3 

6 

3 

7 

9 

6-8 


6 

3 

5 

5 

4 

7 

4 

2 

3 

6 

3-9 


1-6 


6-2 


9 
16-3 


12-5 


14 


14-5 


18-2 


18 


17-6 


18- 5 


18-2 


2-9 


8-3 


9-1 


12 


12-2 


12-4 


14-1 


15-3 
14-7 
14-4 
15-2 
15 


0-5 


4-5 


7-5 


6-5 


8-2 


10- 


7-6 


8-2 


6-4 


6-6 


5-7 


6-8 


0-6 


4-9 


6-3 


6-7 


8-5 


7-9 


8-6 


6-4 


6-6 
5-1 


4-9 


4-8 


5-3 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Bac/erium  pyocyaiieiim.  87 

Es  wäre  von  Wert,  die  Größe  des  Sauerstoffbindungs- 
vermögens  unseres  Zyanins  quantitativ  zu  ermitteln;  dieses 
Exkretionsprodukt  scheint  ja  einen  Fingerzeig  zu  geben,  wie 
die  Sauerstoffüberträger  entstanden  sein  könnten.  Für  die 
Wertung  seiner  biologischen  Bedeutung  sind  aber  zunächst 
die  Fragen  maßgebend,  ob  es  Sauerstoff  bindet  und  ob  es 
von  der  lebenden  Baklerienzellc  wieder  reduziert  wird  — • 
beide  F>agen  sind  bejahend  zu  beantworten. 

Während  die  Fluoreszentes  als  Bewohner  von  Boden  und 
Wasser  harmlose  Saprophyten  sind,  kann  der  Pyocyaneus 
außerdem  zum  Erreger  von  Krankheitsprozessen  werden. 
Wenn  er  auch  anaerob  leben  kann,  so  ist  eine  floride  Ent- 
wicklung nur  bei  Sauerstoffanwesenheit  möglich.  Es  ist  nun 
sicher  von  Bedeutung,  daß  das  Zj^anin  in  Pyocyanetis-K\\.e- 
rungen  in  der  reduzierten  Form  vorhanden  ist,  also  Sauerstoff 
dem  Bakterium  in  den  Eiter  zuführt.  Andrerseits  hat  ja 
Jakowski  gefunden,  daß  die  neuen,  durch  den  tierischen 
Organismus  durchgeführten  Generationen  intensiver  Pyocyanin 
bilden  als  die  zur  Impfung  benutzen.  Die  Möglichkeit,  sich 
durch  die  Ausscheidung  des  Cyanins  auch  einem  lebenden, 
almenden  Gewebe  gegenüber  im  gleichen  Räume  den  nötigen 
Sauerstoff  sichern  zu  können,  ist  gewiß  einer  der  Faktoren, 
die  es  dem  Pyocyaneus  zum  Unterschied-e  von  den  Fluores- 
zentes  ermöglichen,  seinen  Lebenshaushalt  zu  beeinflussen, 
also  unter  Umständen  der  Pathogenität  seine  Besiedlungs- 
möglichkeit zu  vergrößern. 

Zusammenfassung  der  Ergebnisse. 

1.  Das  Pyocyanin  kann  außer  durch  Schwefelwasserstoff 
oder  Natriumamalgam  auch  durch  den  elektrischen  Strom  am 
Wasserstoffpol  zur  Leukobase  reduziert  werden;  am  Sauer- 
stoffpol wird  es  zum  stabilen  Pyophaein  oxydiert  und 
schließlich  auch  dieses  Pigment  durch  den  Strom  zerstört. 

Das  Bactcriofluoreszni  zeigt  am  Wasserstoffpol  eine 
starke  Steigerung  seiner  grünen  Fluoreszenz,  am  Sauerstoff- 
pol Verfärbung  in  Braun  bei  Verschwinden  der  Fluoreszenz 
und  schließlich  Ausbleichung. 


88  J.  Furlani, 

2.  Die  Pyocyaninabscheidung  ist  bei  geringen  Lichtinten- 
sitäten im  diffusen  Lichte  und  bei  Anwesenheit  von  Luft- 
sauerstoff  geringer  als  im  Dunkeln ;  die  Fluoreszinbildung 
sowie  die  Oxydation  des  Cyanins  zum  Phaein  wird  unter 
diesen  Bedingungen  gefördert.  Von  Bouillonkulturen  wird  im 
Lichte  und  bei  Luftabschluß  die  Cyanobase  produziert,  von 
Peptonwasserkulturen  die  Base  aber  auch  zum  blauen 
Pigmente  oxydiert.  Im  Dunkeln  werden  bei  Luftabschluß  keine 
Pigmente  produziert. 

3.  Das  Wachstum  von  frischgesäten  Pyocyaneus-Kulturen 
wird  durch  kurze  Bestrahlungen  mit  künstlichen  Lichtquellen 
(Quarzlampe    oder    Höhensonne)    sowie    mit  Sonnenlicht    bei    ' 
Durchlaß    eines  engen  Strahlungsbezirkes    (Verwendung    von    i 
flüssigen  Lichtfiltern  oder  solchen  von  Jenaer  Glas)  gefördert.   | 
Mit  dieser  Wachstumsförderung  durch  schwache  Bestrahlung   ■ 
(bei  einer  Intensität    von    0'635  B.  E.    und  Blaufilter   bis  zu 
10  Minuten  Belichtungsdauer)   geht    eine    erhöhte    Reduktion 
des    Cyanins    parallel,    wodurch     eine     verringerte     Cyanin- 
abscheidung    bei    geringer    Belichtung    in    Erscheinung    tritt. 
Längere  Bestrahlungen    rufen  die  bekannten  Wachstumshem-  j 
mungen  hervor.  Mit  Abnahme  des  Wachstums  tritt  als  Hern-  i 
mungserscheinung  eine  geringere  Cyaninreduktion  ein,  wodurch 
eine  größere   Menge    dieses  Pigments,    am    raschesten    unter 
Einfluß  kürzwelliger  Strahlung,  zur  Abscheidung  kommt.  Die 
Fluoreszinproduktion    erscheint    durch    langwellige  Strahlung 
gefördert.     Der    Verlust     der    Pigmentbildung      durch     lange 
Bestrahlung    beruht    auf   einer    raschen  Oxydation   der  Farb- 
stoffe. Eine  Sterilisierung  von  Agarplattenkulturen  wurde    mit 
der  U-Lampe  bei  einer  Strahlungsintensität  von  0'635  B.  E. 
in    40    Minuten,    mit     Sonnenlicht    bei    /=:  0*700   B.  E.     in  | 
25    Minuten,     hinter     dem    Blaufilter     von     Jenaer    Glas    bei 
Jrr  0-650  in   1   Stunde  40  Minuten,  hinter  dem  Rotfilter  von 
Jenaer  Glas  bei  7=  0-650  in  2  Stunden  30  Minuten  erzielt. 
Gut    entwickelte  Kulturen    sind    gegen    Bestrahlung    weniger 
empfindlich  als  frische  Aussaaten. 

4.  Die  Wirkung  von  verschiedenfarbigem  Lichte  auf  die 
Bakterienzelle  ist  eine  quantitativ  verschiedene.  Der  Effekt 
der  kurzwelligen  Strahlung    von  größerem  Wirkungsquantum 


Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Baderimn  pyocyaneuHi.  89 

ist  in  kürzerer  Zeit  derselbe  wie  der  der  langwelligen 
Strahlung  von  geringerem  Wirkungsquantum  in  längerer  Zeit. 
Es  erscheinen  in  verschiedenfarbigem  Lichte  in  gleichen 
Zeiten  verschiedene  Phasen  desselben  Reaktionsvorganges 
des  Organismus.  Diese  Gesetzmäßigkeit  zeigen  Wachstum 
und  Pigmentabsonderung  des  Pyocyanens. 

5.  Die  Reduktion  des  Cyanins  ist  in  Bouillonkulturen  ein 
Lebensvorgang  zur  Gewinnung  von  Atmungssauerstoff.  Das 
Pigment  ist  hier  ein  Sauerstoffvehikel  zum  Transport  nach 
tieferen  Flüssigkeitsschichten,  es  verhält  sich  also  wie  die* 
Atmungspigmente.  Pyocyaneiis-SiämvaQ  mit  kräftiger  Pigment- 
produktion zeigen  •  mit  der  Zunahme  der  ausgeschiedenen 
Cyaninmenge  eine  Erhöhung  des  Atmungsgaswechsels.  Im 
Peptonwasser  ist  das  Cyanin  ein  bedeutungsloses  Aus- 
scheidungsprodukt. 

6.  Das  Pyocyanin  wird  auch  von  anderen  Bakterien 
reduziert.  Beobachtet  wurde  die  Reduktion  mit  Stapliylococciis 
albus  und  Streptococcus  pyogenes. 


Diese  Untersuchungen  wurden  zum  größten  Teile  im 
Universitätsinstitute  für  pathologische  Histologie  und  Bakte- 
riologie in  Wien  durchgeführt.  Für  ihre  Förderung,  insbeson- 
dere auch  durch  die  Ermöglichung  der  Benutzung  der  Hilfs- 
mittel dieses  Instituts,  bin  ich  dem  V^orstande,  Herrn  Prof. 
Dr.  O.  Stoerk,  sowie  dem  Assistenten  Herrn  Dozenten 
Dr.  Th.  Bauer,  zu  größtem  Danke  verpflichtet.  Desgleichen 
habe  ich  Herrn  Prof.  Dr.  Ehrmann  und  Herrn  Dozenten 
Dr.  Kyrie  für  die  gütige  Erlaubnis  der  Benutzung  von 
Quarzlampe  und  Höhensonne  meinen  besten  Dank  abzustatten. 

Wien,  Ostern   1918. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd. 


00  J.   Fuiiani, 


Literaturnachweis. 

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matiere     organique    azotee     par    le    bacille    pyocyanique 

dans  un  milieu  de  culture  determinee.    (Le  Bullet.    Med. 

1891,  Nr.  30.) 
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produites     par    le     bacille    pyoc^^anique.    (Compt.    vend. 

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Krukenberg,    Vergleichend-physiologische    Studien.    Heidel- 
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Laurent,    Variabilite    du    bacille    rouge    de  Kiel.    (Ann.  Inst. 

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Mühsam  u.  Schimmelbusch,    Über  Farbenprodruktion    des 

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Noesske,     Neue    Untersuchungen    über    den    Bacillus  pyo- 
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Palladin,  Über  Atmungspigmente.  (Ber.  d.  d.  bot.  Ges.,  1912.) 
Pfeffer  u.  Ewart,    Lockere  Bindung    von  Sauerstoff  in  gew. 

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Ray   Lankaster,    Abstr.    of   a    report    on    the    spectroscopic 

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92         J.  F"urlani,  Einfluß  der  Bestralilung  auf  Bacletinin  pyociaueus. 

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Wolf,  Einige  Ergebnisse  der  bakteriolog.  Untersuchung  des 
Elbewassers.  (Zeitschr.  f.  Gewässerkunde.  I,   1898.) 


Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,    Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


128.  Band.    2.  und  3.  Heft 


Beitrag  zur  Kenntnis  der  Conchylienfauna 

des   marinen   Aquitanien   von   Davas   in 

Karien  (Kleinasien) 

Zweiter  Teil 

Von 

Gejza  V.  Bukowski 

(Mit  I  Tafei) 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  13.  März  1919) 

In  dem  zweiten  Teil  dieser  Arbeit,  der  sich  an  die  Be- 
schreibung der  Melongena  Laiiici  Bast,  und  an  die  daran 
geknüpften  Vergleiche^  anreiht,  sollten  ursprünglich  sämtlicliC 
aus  dem  Aquitanien  von  Davas  sich  in  meiner  Kollektion 
befindenden  Potami des- Arien  einer  eingehenden  Betrachtung 
unterzogen  werden.  Verschiedene  in  neuester  Zeit  hinzugetretene 
Umstände    haben   jedoch    eine  Änderung    des  Planes  bewirkt. 

Vor  allem  muß  gesagt  werden,  daß  die  Untersuchung  des 
ganzen  in  Rede  stehenden  Materials  heute  noch  nicht  völlig 
■abgeschlossen  erscheint.  Andrerseits  wieder  ist  es  sehr  fraglich 
geworden,  ob  ich  in  der  Lage  sein  werde,  die  betreffenden 
Studien  in  den  nächsten  Monaten  fortzusetzen  und  sie  in 
einer  allen  Anforderungen  entsprechenden  Weise  zu  beenden. 
Ich  fühle  mich  infolgedessen  bewogen,  meiner  früheren  Absicht 
entgegen,  eine  Teilung  der  in  Betracht  kommenden  Erör- 
terungen vorzunehmen  und  die  bisher  erzielten  Ergebnisse 
gesondert,  schon  jetzt  zur  Veröffentlichung  zu  bringen.  So 
gelangt  daselbst  nur  ungefähr  die  Hälfte  der  mir  vorliegen- 
den Potamid es- Arien  zur  Besprechung. 

1   Siehe  diese  Sitzungsberichte,    125.  Band,    1916,   p.  .353—369. 


*,H)  G.  V.  Biikowski, 

Wir  werden  ans  im  nachstehenden  zunächst  mit  den 
beiden  für  das  südfranzösische  Aquitanien  und  Burdigalien 
sehr  charakteristischen  Species  Potamides  subcorrngatiis 
d'Orb.  und  Pofanijcles  sjtbclavaiitlaius  d'Orb.  beschäftigen  und 
dann  zwei  neue  Varietäten  von  Potamides  uiargariiacens 
Brocchi  näher  ins  Auge  fassen.  Die  Vorführung  der  rest- 
Hchen  Arten,  welche  alle  dem  Formenkreise  des  Potamides 
j'ictns  De  fr.  angehören,  bleibt  einem  späteren  Zeitpunkt  vor- 
behalten. 

Über  die  letztgenannte  Gruppe  möchte  ich  bloß  bemerken, 
daß  die  bei  Davas  vertretenen  Species  und  Varietäten  sämtlich 
auch  im  südfranzösischen  Aquitanien  und  Burdigalien  vor- 
kommen. Die  kleinasiatischen  Exemplare,  welche  sich  auf 
drei  Arten,  darunter  den  Tn'pus  des  Potamides  pictus  Defr. 
mit  zwei  Varietäten  verteilen,  stimmen  mit  Stücken  derselben 
drei  Formen  von  Merignac,  Saucats  und  St.  Paul  de  Dax, 
die  sich,  als  Cerithium  pictum  Bast,  bezeichnet,  im  natur- 
historischen Hofmuseum  in  Wien  finden,  in  allen  Merkmalen 
sehr  gut  überein. 

Wenn  wir  die  bis  jetzt  besprochenen  oder  erwähnten 
l'ormen  unserer  Fauna  überblicken,  so  läßt  sich  deutlich  er- 
kennen, daß  die  uns  beschäftigenden  aquitanischen  Bildungen 
Nordkariens  und  jene  Südfrankreichs  außerordentlich  große 
imd  auffallende  Analogien  in  bezug  auf  F'ornien\-ergesell- 
schaftung  bieten.  Es  gilt  dies  übrigens,  wie  ich  vorgreifend 
beifügen  will,  in  fast  gleich  hohem  Grade  auch  von  den 
liier  noch  nicht  angeführten  Conchylien  der  besagten  Auf- 
sammlung. 

Angesichts  der  großen  Entfernung,  welche  die  genannten 
Gebiete  voneinander  in  westöstlicher  Richtung  trennt,  dürfte 
nun  diese  Tatsache  eine  nicht  geringe  Bedeutung  haben  für 
die  Gewinnung  einer  richtigen  Vorstellung  über  die  Art 
und  Weise,  wie  die  gerade  um  die  Wende  \on  Oügocän 
und  Miocän  einsetzende  Einwanderung  der  Senegalfauna 
in  die  Mediterranregion  der  Thetj's  erfolgte  und  wie  sich 
hier  die  Verdrängung  der  alttertiären  Fauna  durch  dieselbe 
vollzog. 


Aquitaiüen   von   I).;vas.  •'< 

Potamides  (Terebralia)  subcorrugatus  d'Orbigny 

'i'af.  I,  Fi.i^.  1  bis  6. 

\'on  den  zahlreichen  Exemplaren  de?  Poiauiidcs  siihcoi- 
rugafiis  d'Orb./  welche  die  uns  beschäftigende  Kollektion 
aufweist,  erreicht  nicht  ein  einzii;'es  bedeutendere  Dimensionen, 
Die  Länt>e  des  Gehäuses  übersteigt  hier  niemals  21  mm.  Es 
entsprechen  mithin  sämtliche  mir  vorliegenden  Stücke  solchen 
des  südtVanzüsischevi  Xeogengebietes,  die  L.  \'ignal  als  \'ar, 
ii/iiiiiiui  bezeichnet. - 

Ebenso  wie  diese  Abart  wurde  bekanntlich  von  dem 
genannten  Forscher  bei  Potamides  snbcorrngains  d'Orb.  auch 
noch  eine  Var.  major  von  dem  mittelgroßen  Typus  abgeschieden. 
Da  jedoch  irgendwelche  Abweichungen  in  bezug  auf  Skulptur 
und  andere  Merkmale  nicht  angegeben  werden  und  sich  die 
Unterscheidung  beider  Abarten  ausschließlich  auf  Größenver- 
hältnisse zu  stützen  scheint,  so  habe  ich  in  der  Überzeugung, 
daß  als  Grundlage  für  die  Aufstellung  von  Varietäten  die  Größe 
des  Gehäuses  allein  unzureichend  sei.  es  vorgezogen,  von 
der  Anwendung  der  durch  Vignal  vorgeschlagenen  Bezeichnung 
Umgang  zu  nehmen. 

Was  andrerseits  die  von  Grateloup  angeführte  Var. 
Burdigalina  Grat,  anbelangt,^  welche  sich  \-om  Typus  dadurch 
unterscheiden  soll,  daß  sie  im  ganzen  nur  einen  einzigen 
starken,  auf  dem  letzten  Umgang  gegenüber  der  Mündung 
auftretenden  Ouerwulst  besitzt,  so  hat  L.  Vignal  in  seiner 
vorhin  zitierten  Arbeit  auf  die  Unmöglichkeit  der  Aufrecht- 
haltung dieser  Abtrennung  aufmerksam  gemacht,  indem  er 
gezeigt  hat,  daß  die  besagte  Eigenschaft  allen  von  ihm  unter- 
suchten Individuen  aus  dem  Gironde-Becken  zukommt.  Daran 
anknüpfend  will  ich    nun    gleich    nachdrücklich  betonen,    daß 


1  A.  d'Orbignj',  Prodrome  de  paleontolugie  stratigraphique  universelle. 
Paris,  Vol.  3.   1852,  p.  80,  Nr.   1468. 

2  L.  Vignal,  Cerithiidae  du  tertiaire  superieur  du  departement  de  la 
Gironde.  iJourn.  de  Conchj'I.,  Paris,  vol.  58,  -i.  ser.,  tome  12,  1910,  p.  180. 
pl.  9,  fig.  39. 

3  Grateloup,  Conchyliologie  fossile  des  terrains  tertiaires  du  bassin 
de  I'Adour.  Atlas.  Bordeaux,   1840,  pl.  48,  fig.  2. 


V)8  G.  V.  Bukowski. 

die  kleinasiatischen  Stücke  bezüglich  des  eben  erwähnten 
Merkmals  durchweg  mit  den  von  L.  Vignal  beschriebenen 
übereinstimmen. 

Im  nachfolgenden  mag  nun  eine  kurze  Charakteristik  dieser 
Art  Platz  greifen.  Zunächst  muß  aber  hervorgehoben  werden, 
daß  dieselbe  lediglich  auf  den  aus  der  Umgebung  von  Davas 
stammenden  Exemplaren  basiert  und  im  Hinblick  darauf,  daß 
in  meinem  Material  gewisse  Merkmale  wegen  des  unvollstän- 
digen Erhaltungszustandes  gar  nicht  zur  Beobachtung  gelangen, 
keine  erschöpfende  sei. 

Das  kegelig-turmförmige,  am  hinteren  Ende  in  eine 
ziemlich  scharfe  Spitze  auslaufende  Gehäuse  besteht  aus  elf 
durch  tiefe  Nähte  x'oneinander  getrennten  Windungen,  von 
welchen  nur  die  drei  obersten  und  die  letzte  eine  etwas  deut- 
licher ausgeprägte  Wölbung  zeigen,  während  die  übrigen  fast 
eben  erscheinen.  Eine  Unbeständigkeit  macht  sich  dabei  in- 
sofern bemerkbar,  als  das  Ausmaß  der  Wölbung  des  letzten 
Umgangs  innerhalb  gewisser  enger  Grenzen  schwankt  und 
als  es  einerseits  Indi\'iduen  gibt,  bei  welchen  die  Mehrzahl 
der  Windungen  geradezu  als  eben  bezeichnet  werden  kann, 
andrerseits  Vvieder  häufig  Exemplare  angetroffen  werden,  deren 
Windungen  sämtlich  eine  besonders  an  den  Ouerfalten  wahr- 
nehmbare,   allerdings    sehr    schwache    Konvexität    aufweisen. 

Die  Schalenverzierung  bilden  Spiralreifen  und  Ouerfalten. 
Es  gilt  das  \"on  allen  W^indungen  mit  Ausnahme  der  ersten 
embryonalen-,  die  jeglicher  Skulptur  entbehrt. 

Von  den  Längsreifen  zählt  man,  wenn  man  \'on  dem 
feinen  fadenförmigen  Spiralleistchen  absieht,  das  sich  ganz 
zuunterst  unmittelbar  an  der  Naht  zieht  und  niemals  fehlt, 
stets  nur  vier.  Dieselben  sind  mehr  oder  minder  gleich  stark 
entwickelt,  oben  immer  abgeflacht  und  auf  den  Ouerfalten 
etwas  verdickt,  wodurch  der  Eindruck  herx'orgerufen  wird, 
daß  daselbst  längsgestreckte  Anschwellungen  auftreten.  Die 
Breite  der  Rinnen,  welche  die  Spiralreifen  voneinander  scheiden, 
\\echselt  einigermaßen  nach  den  Indi\'iduen.  Zumeist  stellen 
s^ich  diese  Rinnen  als  ungemein  schmal  dar  und  erreichen  sie 
überhaupt  nur  ganz  ausnahmsweise  die  Breite  der  Spiralleisten. 
Nahezu  als  Regel    kann    es    ferner  gelten,    daß  die    zwischen 


Aqi;itanien  von  Davas.  i)0 

dem  untersten  und  dem  nächstfolgenden  Längskiel  liegende 
Rinne  etwas  breiter  ist  als  die  anderen.  Nicht  unerwähnt 
mag  schließlich  noch  bleiben  der  nicht  selten  zur  Beobachtung 
gelangende  schwachwellige  Verlauf  der  Längsskulptur,  der 
namentlich  an  den  z\\-ei  obersten  Spiralreifen  manchmal  stärker 
auffällt. 

Auf  der  Grundfläche  sehen  wir  drei  in  weiteren  Abständen 
als  sonst  verteilte,  gegen  die  Mündung  zu  breiter  werdende 
Längsreifen  verlaufen,  denen  sich  hinter  dem  vordersten  noch 
ein  schwächeres,  zuweilen  sehr  zartes,  fadenähnliches  Leistclien 
beigesellt. 

Die  kräftigen  Ouerfalten  beschreiben  im  großen  und  ganzen 
einen  übei'aus  flachen  Bögen.  Bei  vielen  hidividuen  erscheint 
ihre  Krümmung  auf  den  oberen  Umgängen  sogar  derart  schwach 
ausgeprägt,  daß  zu  ihrer  Wahrnehmung  die  größte  Aufmerk- 
samkeit gehört,  hl  bezug  auf  die  Breite  der  Querfalten  und 
der  sie  trennenden  Kanäle  herrscht  keine  Konstanz.  Hierin 
bieten  die  einzelnen  Exemplare  manchmal  schon  aui  den  ersten 
Blick  erkennbare  Unterschiede  dar,  und  damit  hängt  es  auch 
zusammen,  daß  die  Zahl  der  auf  einen  Umgang  entfallenden 
-Querfalten  nicht  immer  die  gleiche  bleibt.  So  schwankt  die- 
selbe zum  Beispiel  auf  der  vorletzten  Windung  zwischen  1 1 
und  13,  wobei  allerdings  hervorgehoben  werden  muß,  daß 
bei  den  meisten  Stücken,  die  auch  in  anderer  Hinsicht  als 
T^'pus  dieser  Spezies  gelten  können,  liier  12  Querfalten  aus- 
gebildet sind. 

Bestimmten,  stets  \'orhandenen,  besonderen  Eigentüm- 
lichkeiten in  der  Skulptur  begegnen  wir  auf  dem  letzten  Um- 
gang. Derselbe  weist  zunächst  gegenüber  der  Mündung  einen 
sehr  starken  Wulst  auf,  der  sich,  wie  gleich  zu  Anfang 
gesagt  wurde,  als  der  einzige  auf  dem  ganzen  Gehäuse  dar- 
stellt, denn  die  unregelmäßig  auf  den  übrigen  Windungen 
verstreuten,  von  den  gewöhnlichen  durch  größere  Breite  ab- 
weichenden Querfalten,  welche  bereits  L.  Vignal  (1.  c.)  an 
den  südfranzösischen  Exemplaren  richtig  beurteilt  hat,  verdienen 
deshalb,  weil  sie  in  der  Regel  nicht  stärker  erhöht  sind  als 
die  anderen,  kaum  die  Bezeichnung  von  Wülsten.  Daß  es  .sich 
aber    bei    diesen    breiteren  Ouerfalten    tatsächlich   um  stehen- 


100  G.  V.  Hukowski, 

gebliebene  Alundvvülste  handelt,  geht  daraus  klar  hervor,  daß" 
unter  ihnen  auf  der  Innenseite  der  dort  \erdickten  Schale 
geradeso  wie  bei  dem  eigentlichen  Wulst  des  letzten  Um- 
ganges zwei  zimieist  gleich  große  Zähne  auftreten.  Eine 
weitere  Eigentümlichkeit  der  Schlußwindung  äußert  sich  darin,, 
daß  hier  die  Ouerfalten  sowohl  vor  als  auch  hinter  dem 
Willst  schwächer  werden  imd  enger  aneinander  gereiht  sind, 
wodurch  sich  ihre  relative  Zahl  als  größer  erweist. 

Die  Mündung  hat  sich  leider  bei  keinem  Exemplar  meiner 
Kollektion  erhalten.  An  einigen  Stücken  läßt  sich  nur  konsta- 
tieren, daß  die  fest  anliegende  Innenlippe  dünn,  beziehungs- 
weise gar  nicht  schwielig  verdickt  ist.  Die  auf. der  gedrehten 
Spindel  in  der  Mitte  verlaufende  Falte  erscheint  durchgehends 
sehr  kräftig  entwickelt.  Im  \'ergleich  mit  ihr  stellt  sich  die 
zweite  Falte,  welche  sich  weiter  oben  auf  der  Mündungs\\'and 
hinzieht,  immer  als  etwas  minder  stark  dar. 

Was  das  Aussehen  der  Mündung,  vor  allem  des  Mund- 
saumes betrifft,  so  kann  hier  nur  auf  die  in  erster  Linie  zu 
berücksichtigenden  besten  Abbildungen  dieser  Spezies  in  den 
Arbeiten  von  L,  Vignal^  und  M.  Co ss mann-  verwiesen 
werden.  Mit  diesen  Abbildtmgen  herrscht,  wie  man  sieht,  in 
allen  Merkmalen,  deren  Beobachtung  der  Erhaltungszustand 
unserer  Exemplare  gestattet,  \'olle  Übereinstimmung  und  sie 
sind  es  auch  allein,  auf  die  sich  meine  Bestimmung  stützt. 
Ein  Vergleichsmaterial   stand  mir  nicht  zur  X'erfügung. 

Es  erübrigt  schließlich  zu  erwähnen,  daß  die  Zahl  der 
mir  von  Davas  vorliegenden  Stücke   120  beträgt. 

Bevor  wir  uns  aber  der  Betrachtung  der  nächstfolgenden 
Spezies  zuwenden,  möchte  ich  noch  einige  Bemerkungen  über 
die  zwei  von  Grateloup  als  V^arietäten  des  Pofamides  sub- 
corrugains  d'Orb.  {=  P.  corrngatns  GvRteloup  und  Basterot,, 
non  P.  corrngatns  Brongniart)  bezeichneten  und  abgebildeten 
Formen  beifügen. 


1  L.  Vignal,  Cerithiidae  du  tcitiaire  supericur  du  departemcnt.  de  la 
Gironde.  (Journ.  de  Conchyl.,  Paiis,  4.  ser.,  tome  12,  Vol.  5«,  IIUU,  p.  180, 
pl.  9,  fig.  37—39.) 

~  M.  Cossmann,  Essais  de  paleoconchologie  compaiee.  Paris;  livr. 
7,    1906,  p.   125,  pl.  10,  fig.  21—22. 


Aquit;inien  von   Davas.  101 

\'on  der  einen  Abart,  der  Vnr.  BiirJii(alimi  Grat.^  ist  schon 
eingangs  die  Rede  gewesen.  Sie  spielt  eine  ziemlich  große 
Rolle  in  den  Erörterungen  der  verwandtschaftlichen  X'erhält- 
nisse  verschiedener  Foimen  ans  der  daselbst  in  Betracht 
kommenden  Gruppe.  Während  L.  Vignal  (1.  c,  p.  181),  wie 
bereits  gesagt  wurde,  ihre  Abtrennung  \-om  Typus  des  Pofa- 
niides  siibcorriigatiis  für  unstatthaft  erklärt,  stellt  R.  Hoernes- 
dieselbe  in  die  Nähe  des  \on  ihm  aus  Steiermark  beschrie- 
benen Potamidcs  DoUfnssi  R.  Hoern.  und  gibt  er  sogar  die 
Möglichkeit  zu,  daß  beide  miteinander  identisch  sind.  Der 
d'Orbigny'sche  Name  •'SubcorrugatuS':<  darf  nach  der  Ansicht 
des  letztgenannten  Forschers  im  vorliegenden  Falle  keine  An- 
wendung finden.  F.  Sacco"  wieder  vergleicht  die  Var.  BiirJi- 
gaJiiui  mit  Potuniides  mvnrcgalcnsis  Sacco  aus  dem  Hel\-elien 
und  Tortonien  Piemonts,  eines  sehr  nahen  Verwandten  des 
P.  hideiitatus  Defr.,  an  den  sie  durch  verschiedene  Charaktere 
stark  erinnern  soll.  Die  Meinungen  über  die  Stellung  der  in 
Rede  stehenden  Form  gehen  mithin  sehr  weit  auseinander. 
In  besagter  Hinsicht  wird  eine  endgültige  Entscheidung  wohl 
so  lange  nicht  erfolgen  können,  bis  nicht  die  ganz  imzurei- 
chende  Zeichnung  in  dem  Atlas  Grateloup's  durch  eine 
neue,  gute  Abbildung  des  Originals  ersetzt  ist,  und  im  Hin- 
blick darauf  halte  ich  auch  \'orderhand  alle  diesbezüglichen 
Auseinandersetzungen  für  überflüssig. 

Die  zweite  Abart,  \'ar.  inhcrcidosd  Graf^  \'on  welclier 
die  Diagnose  *anfractibus  ultimis  tuberculato-spinosis«  gegeben 
wird,  ist  im  Atlas  Grateloup's  durch  eine  Abbildung  dar- 
gestellt, die  für  eine  sichere  Bestimmung  völlig  ungeeignet  er- 
scheint. Es  darf  d  iher  nur  als  eine  Vermutung  von  mir  aufgefaßt 
\verden,  wenn  ich   sage,  daß   ich   sie  für  eines  der  zahlreichen 


1  Grateloup,  Concln-liologie  fossile  des  terrains  tertiaires  du  bassin 
de  r  Ad  cur.  Atlas.  Bordeaux,  1840;  Supplement,  pl.  3  (48),  fig.  2. 

-  R.  Hoern  es,  Neue  Cerithicn  aus  der  Formengruppe  der  Clava  hiden- 
tiila  (Defr.)  Grat,  von  Oisnitz  in  Mittelsteicrmark  etc.  (Diese  Sitzungsber., 
Bd.    11  u.  Abt.  1,   1901,  p.  322— 323. 

3  F.  Sacco,  I  moUuschi  dei  terreni  terziarii  de!  Piemonte  e  della  I.i- 
guria.  Torino,  parte   17,   1895,  p.  55. 

■i  Grateloup,  1.  c.,   Supplement,  pl.  3  (48),  fig.  8. 


102  G.  V.  Bukowski. 

Übergangsglieder  zwischen  Potauiides  snbcovnigi.üus  d'Orb. 
und  Potauiides  snhclavainlatns  d'Orb.  halte,  mit  denen  wir 
uns  gleich  im  Nachstehenden  eingehender  beschäftigen  werden. 
Auf  eine  weitläufige  Erörterung  der  verwandtschaftlichen 
\'erhältnisse  will  ich  mich  diesmal  nicht  einlassen.  Nur  ein 
Ergebnis  der  Vergleiche  soll  hier  kurz  berührt  werden,  nämhch 
das,  daß  mit  Potaniides  snhcorrngains  d"Orb.  unter  anderen 
auch  der  durch  V.  Hilber  aus  dem  Miocän  Mittelsteiermarks 
beschriebene  Potauiides  perrugatus  Hilb.^  gewisse  schon  auf 
den  ersten  BHck  auffallende  Analogien  aufweist.  Die  Ähnlichkeit 
en'cicht  jedoch  keineswegs  ein  so  großes  Ausmaß,  als  man 
nach  der  Darstellung  durch  Hilber  zu  glauben  versucht  wäre. 
Den  von  Hilber  angeführten  Unterschieden  könnten  noch 
einige  andere  hinzugefügt  werden.  Die  Trennung  der  beiden 
genannten  Arten  dürfte  sich  also  in  allen  Fällen  leicht  durch- 
führen lassen. 

Potamides  (Terebralia)     subclavatulatus  d'Orbigny 

Taf.  I.   Fig.  7  —  11. 

Noch  bis  vor  kurzem  war  man  bei  der  Bestimmung  des 
Potauiides  siibclavattUatiis  d'Orb.,-  wenn  man  nicht  zufällig 
über  südfranzösische  Stücke  für  den  Vergleich  verfügte,  auf 
eine  einzige  Abbildung  angewiesen,  auf  die  in  dem  Atlas 
Grateloup's  enthaltene  Zeichnung,^  welche,  was  die  zweck- 
entsprechende Wiedergabe  der  Merkmale  betrifft,  viel  zu 
wünschen  übrig  lassen  dürfte  und  die  überdies  bloß  von  einer 
ganz  kurzen  ungenügenden  Charakteristik  begleitet  ist. 

Erst  im  Jahre  1910  hat  dann  L.  Vignal  eine  zweite 
Abbildung  dieser  Art  in  schöner  Lichtdruckausführung  nach 
einem    Exemplar    aus    dem    Gironde-Becken    gegeben.**    Diese 


1  \'.  Hilber,  Neue  Conchylien  aus  den  mittelsteirischcn  Mediterran- 
schichten. Diese  Sitzungsb..  Bd.  79,  Abt.  1,  1879,  p.  443.  Taf.  4,  Fig.  9  und  Kr 

-  A.  d'Orbigny,  Prodrome  de  palcontologie  stratigraphique  universelle. 
Paris,  Vol.  3,   1852,  p.  81,  Nr.  1486. 

2  Grateloup,  Conchyliologie  fossile  des  terrains  tertiaires  du  bassin 
de  l'Adour.  Atlas.  Bordeaux,  1840,  pl.  17  (1),   fig.  17. 

4  L.  Vignal,  Cerithiidae  du  tertiaire  superieur  du  departemcnt  de  la  Gi- 
ronde.  (Journ.  de  Conchyl.,  Paris,  4.  ser.,  tome  12,  Vol.  58,  p.  181,  pl.  0, 
tig.  40.) 


Aquitanien   von   Davas.  103 

\V3icht  jedoch,  wie  der  Vergleich  lehrt,  von  jener  im  Atlas 
Grateloup's,  welche  wir  als  die  den  Typus  darstellende 
betrachten  müssen,  in  mancher  Beziehung  ganz  erheblich  ab. 
Das  ihr  zu  Grunde  liegende  .Sti^ick  ist  meiner  Meinung  nach 
nichts  anderes,  als  eines  von  den  vielen  Übergangsgliedern, 
die  von  Potamidcs  subcorrugatiis  d'Orb.  zu  Potamides  snh- 
cJavatidatus  d'Orb.  hinüberführen.  Es  scheint  sich  dabei  um 
ein  Exemplar  zu  handeln,  das  nicht  weit  von  der  Mitte 
zwischen  den  beiden  genannten  Spezies  steht  und  dem,  wie 
ich  vorgreifend  bemerken  will,  unsere  in  Fig.  10  und  Fig.  11 
abgebildeten  Individuen  in  der  Kntwicklungsreihe  sehr  nahe 
kommen. 

L.  Vignal  betont  in  seiner  vorhin  zitierten  Arbeit  mit 
großem  Nachdruck,  daß  es  zwar  leicht  sei,  typische  Stücke 
des  Potamides  snhclavaiidatns  d'Orb.  und  Potamides  stibcor- 
rtigatns  d'Orb.  voneinander  zu  unterscheiden,  daß  es  aber 
schwer  fällt,  die  Trennung  \'orzunehmen,  sobald  man  .Stücke 
vor  sich  hat,  deren  obere  Windungen  in  der  \'erzierung 
jenen  des  Potamides  siibcorrngatiis  d'Orb.  gleichen,  untere 
dagegen  die  Charaktere  d^is  Potaiuides  snbclavatidatits  d'Orh. 
zur  Schau  tragen.  Hiermit  erscheint  also  klar  ausgedrückt, 
daß  im.  südfranzösischen  Jungtertiär  die  beiden  in  Rede 
stehenden  Arten  durch  Übergänge  miteinander  x'erbunden  sind. 

Im  Aquitanien  von  Davas  tritt  uns  dieser  allmähliche 
Übergang  mit  gi^oßer  Deutlichkeit  entgegen.  Das  von  mir  auf- 
gesammelte Material  enthält  aber  leider  nur  solche  Übergangs- 
glieder, deren  extreme  Formen  in  der  sich  \'on  Potamides 
siibcornigatiis  d'Orb.  zu  Potamides  snbcJavatulatiis  d'Orb. 
vollziehenden  Umbildung  ungefähr  bis  zur  Mitte  reichen.  Der 
Typus  der  zuletzt  erwähnten  Spezies  findet  sich  in  meiner 
Kollektion  nicht  vor. 

Wir  wollen  nun  im  nachstehenden  einzelne  Stadien  der 
besagten  in  der  gleichen  Richtung  stetig  fortschreitenden  Um- 
änderung, soweit  dieselben  in  der  vorliegenden  Suite  zui" 
Beobachtung  gelangen,  einer  ganz  kurzen  Betrachtung  unter- 
ziehen. 

Fig.  7  und  Fig.  8  stellen  zwei  Exemplare  dar,  bei  welchen 
nur    der    letzte    und    der    vorletzte    Umgang    eine    gegenüber 


1()4  (i.  V.  Bukowski, 

dem  Poii-iniidcs  snbcorriigatus  d'Orb.  bis  /.ii  einem  gewissen 
Grad  abweichende  (iesialt  und  Skulptur  zeigen,  während  alle 
übrigen  Windungen  gar  keinen  Unterschied  bieten.  Auf  dem 
vorletzten  Umgang,  der  im  Gegensatz  zu  den  vorhergellenden 
deutlich  gewölbt  erscheint,  beginnt  der  zweite  Spiralreifen, 
von  oben  gerechnet,  stärker  hervorzutreten.  Er  wird  bei  \\-eiterem 
.Schalenwachstum  immer  kräftiger  und  damit  im  Zusammen- 
hang entwickelt  sich  dann  auf  dem  letzten  Umgang  nach  und 
nach  auch  eine  seinem  V'erlaufe  entsprechende  ziemlich 
scharfe  Kante,  welche  die  eckig  gewordene  Außenwand  der 
Schlußwindung  in  eine  schmale,  von  der  Naht  unter  mäßig 
starker  Neigung  abdachende,  bloß  den  obersten  Spiralreifery 
tragende  Fläche  imd  einen  größeren,  zur  Basis  abfallenden 
Abschnitt  teilt.  Ein  dornenähnliches  \'orspringen  des  Kielreifens 
an  den  Kreuzungsstellen  mit  den  Ouerfalten  ist  eine  Erschei- 
nung, die  ebenfalls  nicht  unerwähnt  bleiben  darf.  Die  beiden 
untersten  Längsreifen  beh;ilten  in  diesem  Stadium  noch  bis 
an  das  Ende  des  Gehäuses  ihr  gewöhnliches  Aussehen. 

Zur  Veranschaulichung  eines  weiteren,  dem  Pofainidesr 
snbclavatulatus  d'Orb.  sich  mehr  nähernden  Entwicklungs- 
stadiums dienen  die  Abbildungen  Fig.  9a  und  9b.  Man  sieht^ 
daß  bei  diesem  Individuum  die  geschilderten  Veränderungen 
schon  auf  dem  dritten  Umgang,  von  vorn  gerechnet,  ihren 
Anfang  nehmen  und  zum  Schluß  die  der  zuvor  beschriebenen 
Exemplare  an  Scliärfe  übertreffen.  Hier  läßt  sich  auch  bereits 
die  Beobachtung  machen,  daß  auf  dem  letzten  Umgang  die 
zwei  untersten  Spiralreifen  ungleich  stark  werden  und  daß 
sich  zwischen  sie  mitunter  ein  zartes,  fadenförmiges  Längs- 
leistchen   einschiebt. 

Eine  noch  bedeutend  größere  Annäherung  in  der  ange- 
gebenen Richtung  zeigen  dann  die  beiden  Stücke,  welche  in 
Fig.  10  und  Fig.  11  zur  Anschauung  gebracht  wurden.  Hier 
setzt  die  Ausbildung  der  bezeichnenden  Artmerkmale  schon 
um  einen  Umgang  früher  ein.  Die  vorderen  Windungen  weisen 
dabei  bereits  eine  sehr  scharf  ausgeprägte  stufenförmig  ab- 
gesetzte Gestalt  der  Außenwand  auf  und  die  durch  den  Kiel- 
reifen an  'den  Querfalten  erzeugten  Dornen  treten  daselbst 
viel    kräftiger    hervor    als    bei    den    bis    jetzt    beschiiebenen 


Aquitanicn   v<m    l);iv;is.  105 

.Exemplaren.  Auf  der  Schlußwindung,  zuweilen  übrigens  auch 
schon  auf  dem  \"orletzten  Umgang  macht  sicli  zwischen  den 
zwei  unterhalb  der  Kante  liegenden  Spiralreifen  in  bezug  aut 
Stärke  ein  größerer  Unterschied  bemerkbar  und  außer  dem 
fadenähnlichen  Längsleistchen,  das  in  dem  sie  trennenden 
Kanal  x'erläuft,  zieht  sich  manchmal  ein  zweites  ganz  gleiches 
Leistchen  auch  noch  zwischen  dem  obersten  Längsreifen  und 
dem   Kiel. 

Die  Bestimmung  der  44  Stücke  meiner  Sammlung,  welche 
sich  auf  die  drei  eben  behandelten  Übergangsformen  verteilen, 
als  Potamidt's  subchivatiilaUis  d'Orb.  erfolgte  auf  Grund  der 
Tatsache,  daß  diejenigen  von  ihnen,  die  dem  zuletzt  betrachteten 
Ausbildungsstadium  angehören,  mit  der  Abbildung  dieser 
Spezies  in  dem  Aufsatze  L.  Vignal's  (1.  c.)  in  sämtlichen 
Charakteren  sehr  gut  übereinstimmen.  Die  Anwendung  des 
besagten  Artnamens  auf  alle,  selbst  auf  die  näher  dem  Pota- 
mides  stibcorrugaliLs  d'Orb.  stehenden  Übergang.sglieder  halte 
ich  hiei^bei  deshalb  für  gerechtfertigt,  weil  die  allen  zukom- 
mende kantige  Form  der  untei-en  Windungen  oder  wenigstens 
■der  Schlußwindung  sowie  die  sich  bis  zur  Dornenentwicklung 
steigernde  Anschwellung  des  verstärkten  Kielreifens  an  den 
KreuzLingsstellen  mit  den  Ouerfalten  ungemein  auffällige  Eigen- 
schaften bilden,  die  dem  Potainides  snbcornigatns  d'Orb.  völlig- 
fremd  sind  und  die  für  die  Trennung  beider  Arten  selbst  in 
den  Anfängen  der  Umänderung  ein  so  au.sgezeichnetes  Mittel 
abgeben,  daß  sich  die  Ziehung  der  Grenze  bei  der  Benennung 
in  der  Aufeinanderfolge  der  Übergänge  unmittelbar  hintei-  dem 
Potainides  siibcornigatns  d'Orb.  empfiehlt 

Ferner  möchte  icli  noch  mit  einigen  Worten  auf  die  schon 
eingangs  flüchtig  berührten,  dui-chaus  nicht  geringen  Unter- 
schiede zurückkommen,  welclie  zwischen  der  Abbildung  dieser 
Spezies  bei  L.  \'ign;il  imd  der  bei  Grateloup  zutage  treten. 
Von  einer  Aufzählung  derselben  kann  aber  oirneweiters  abge- 
sehen werden,  da  der  \'ergleich  der  Abbildungen  genügt,  um 
die  wichtigsten  von  ihnen  sofort  wahrzunehmen. 

Es  ist  nur  sehr  zu  bedauern,  daß  L.  \'ignal  über  die  besagten 
Abweichungen  keine  Aufklärung  gegeben  hat.  Infolgedessen 
wie    auch   ^^•egen   des   Manii-els   einer   genaueren  Beschreibunq; 


106  fr.  V.  Biikowski, 

bleibt  uns  vorderhand  nichts  anderes  übrig,  als  die  sich 
hier  bemerkbar  machenden  Unterschiede  einesteils  der  Unzu- 
länglichkeit der  von  Grateloup  gegebenen  Zeichnung  zuzu- 
schreiben, andernteils  wieder,  wie  ich  es  tun  zu  müssen  glaubte, 
d£irauf  zurückzuführen,  daß  die  Abbildung  in  der  Arbeit 
Vignal's  nicht  den  Typus  sondern  eine  nicht  weit  von  der 
Mitte  zwischen  Potamides  siihclavatnlatiis  d'Orb.  und  Pota- 
mides  sttbcorrugatiis  d'Orh.  stehende  Übergangsform  darstellt. 

Vor  allem  muß  betont  werden,  daß  bei  dem  T3'pus  des 
Potamides  snbdavatuJatns  d'Orb.  alle  Windungen  mit  Aus- 
nahme der  embryonalen  so  gestaltet  und  verziert  sein  dürften, 
wie  bei  unseren  Stücken  nur  die  jüngsten  Umgänge.  Grateloup 
bezeichnet  ihn  als  einen  \'er\vandten  des  Potamides  crislains 
Lam.  (Desh.)  aus  dem  Pariser  Grobkalk ^  und  die  Abbildung, 
die  er  \'on  ihm  gibt,  erinnert  tatsächlich  ziemlich  stark  an 
diese  eozäne  Form.  Da  letztere  jedoch  zu  der  Sektion  Po'it- 
mides  sensu  stricto  gehört,"^  während  sich  unsere  Art  durch 
das  Vorhandensein  einer  sehr  kräftigen  medianen  Falte  auf 
der.  Spindel  als  eine  Terebralia  erweist,  so  kann  hier 
wohl  \'on  einer  sehr  nahen  Verwandtschaft  kaum  die  Rede 
sein. 

Wir  sehen,  daß  sich  an  Potamides  snbclauatntatns  d'Orb. 
verschiedene  Fragen  knüpfen,  die  ihrer  Lösung  noch  harren, 
und  wir  können  nur  hoffen,  daß  die  \'on  M.  Cossmann  und 
A.  Peyrot  in  Angriff  genommene  und  seit  dem  Jahre  190^» 
in  Fortsetzungen  erscheinende  Publikation  über  die  jungter- 
tiäre Conchylienfauna  der  Aquitaine^  diesbezüglich  bald  die 
\olle  Klarheit  bringen  wird. 

Endlich  ist  noch  nachzutragen,  daß  ebenso  wie  die  xor- 
hin  beschriebene  Art  auch  diese  in  meiner  Sammlung  nur 
durch  kleine  Exemplare  \"ertreten  ist,  unter  denen  sich  keines 
findet,  dessen  Gehäuselänge  20  nun  übersteigen  würde. 


1  G.  P.  Deshaj^es,  Description  des  coquillcs  fossiles  des  enviions  de 
Paris.  Paris,  1824—1837,  tome  2,  p.  420,  pl.  60,  fig.  10—11. 

-  M.  Cossmann,  Essais  de  paleoconchologie  comparec.  Paris,  livr.  7, 
1906,  p.  105. 

'^  M.  Cossmann  et  A.  Peyrot,  Conchologie  neogenique  de  l'Aquitaine. 
(Actes  d.  1.  soc.  Linn.  de  Bordeaux,    1909  und  fulgende.) 


Aquitanien  von   Davas.  10/ 

Potamides  (Tympanotomus)  margaritaceus  Brocchi 

Taf.  I,   Fig.  12—1.-). 

Wie  bei  den  beiden  zuvor  beschriebenen  Arten  fällt 
auch  bei  dieser  ganz  besonders  die  geringe  Größe  der  klein- 
asiatischen Stücke  auf,  und  zwar  bei  letzterer  um  so  mehr 
als  wir  gewöhnt  sind  zu  sehen,  daß  sich  dieselbe  in  anderen 
Gebieten  zumeist  durch  relativ  bedeutende  Dimensionen  aus- 
zeichnet, welche  sich  weit  von  jenen  unserer  hidividuen 
entfernen.  Die  Kollektion  \on  Davas  birgt  kein  einziges 
Exemplar,    dessen   Länge    mehr    als  22  uim    betragen    würde. 

Potamides  inargaritaceiis  Bx'occhi  ist  hier  durch  zwei 
Varietäten  vertreten,  die  ich  als  neu  zu  bezeichnen  gezwungen 
war,  weil  sie,  wenn  wir  auch  die  Kleinheit  nicht  beilick- 
sichtigen,  mit  keiner  von  den  zahlreichen  in  der  Literatur 
angeführten  Abarten  dieser  Spezies  \'ollkommen  übereinstimmen. 
Eine  vi>n  ihnen,  die  Vav.  tahauj,  bietet  in  gewissen  Merk- 
malen sogar  so  bedeutende  Unterschiede  dar,  daß  ich  eine 
Zeit  lang  überlegt  habe,  ob  es  nicht  zweckmäßiger  wäre,  sie 
als  eine  neue  Art  aufzufassen,  der  man  einen  Platz  zwischen 
Potamides  mat'garttaeens  Brocchi  und  Potamides  (Pfyclio- 
potaniides)  papaveracens  Bast,  anzuweisen  hätte.  Da  aber 
zwischen  ihr  und  der  zweiten,  von  mir  -'Carica<  benannten 
\'arietät,  über  deren  Zugehörigkeit  zu  der  ersterwähnten 
Form  nicht  der  geringste  Zweifel  obwaket,  ein  Übergang 
stattfindet,  entschloß  ich  mich  den  hier  zum  Ausdrucke  ge- 
langten Standpunkt  einzunehmen. 

Var.  tabana  n.  var. 

Fig.  12—13. 

Das  kegelig-turmförmige,  oben  sehr  spitz  zulautende 
Gehäuse  setzt  sich  aus  13  ebenen,  durch  tiefe  Nähte  xon- 
einander  getrennten  Windungen  zusammen. 

Als  Verzierung  finden  sich  auf  jedem  Umgang  zunächst 
drei  mit  kräftigen  Knötchen  besetzte,  nicht  besonders  stark 
aufragende  Hauptspiralreifen,  \on  welchen  der  mittlere  immer 
schwächer  beziehungsweise  schmäler  als  die  beiden  anderen 
erscheint  und  infolgedessen  auch  kleinere,  in  die  Länge  ge- 
streckte Knötchen  trägt,    während    auf   dem  oberen    und  dem 


JOS  G.  V.  ßukowski. 

unteren  Haiiplkiel  im  Gegensatz  da/.ii  größere,  xorwiegend 
rar  de  Körner  auftreten.  Dabei  wäre  noch  zu  bemerken,  daß 
auf  dem  letzten  Umgang  die  Körner  des  obersten  Reifens 
jene  des  unteren  an  Größe  etwas  übertreffen.  Die  Anordnung 
der  Knötchen,  deren  man  auf  jedem  \"on  den  jüngeren  Um- 
gängen 20  bis  25  in  einer  Reihe  zählt,  ist  insofern  eine 
ziemlicli  gleichmäßige,  als  die  Zahl,  die  Dichte  und  die  gegen- 
seitige Stellung  derselben  im  Laufe  des  Schalenwachstums 
keinem  starken,  namentlich  keinem  so  großen  Wechsel  unter- 
liegen, wie  bei  der  zweiten  Varietät  meiner  Sammlung,  der 
var.  carica. 

Zu  den  drei  Hauptkielen  gesellt  sich  dann  am  vorderen 
Rand  der  Windungen  unmittelbar  an  der  Naht  noch  ein  sehr 
zartes  fadenförmiges  Spiralleistchen,  das  in  entsprecliend  dünne, 
langgestreckte  Knötchen  zerfällt.  Ein  ebenso  feiner  fadenför- 
miger Spiralstreifen  kommt  endlicli  auf  dem  letzten  Umgang  in 
dem  tiefen  Kanal  zwischen  dem  obersten  und  dem  mittleren 
Hauptstreifen  zur  Ausbildung. 

Die  Körnelung  entsteht  durch  leicht  gekilimmte  Anwachs- 
falten, die  aber  in  den  Furchen  nur  sehr  schwach  hervortreten. 
Besonders  in  der  obersten  Furche,  welche  stets  tiefer  ist  als 
die  zweite,  sind  diese  bogigen  Querfalten  kaum  angedeutet 
und  nicht  leicht  erkennbar. 

Die  flache  Basis  der  Schlußwindung,  auf  welcher  sich 
die  Anwachsstreifung  besonders  schön  ausgeprägt  zeigt,  zieren 
vier  Spiralreifen.  Von  denselben  sind  die  drei  unteren  in 
gleichem  Ausmaß  schwach  entwickelt,  ziemlich  dünn  und 
weisen  nur  Spuren  einer  durch  die  Anwachsstreifen  erzeugten 
Kerbung  auf.  Der  oberste  Reifen  ist  dagegen  stark  erhaben, 
\iel  breiter  als  die  \orgenannten  und  erscheint  kräftig  gekörnelt. 

Über  die  Mündung  kann,  da  dieselbe  bei  keinem  Exemplar 
unversehrt  geblieben  ist,  bloß  gesagt  werden,  daß  der  linke 
Alundrand  die  stets  mit  einer  kräftigen  Falte  versehene 
Spindel  als  starke  Lamelle  bedeckt.  Reste  alter  Mundränder 
auf  dem  Gewinde  kamen  nicht  zur  Beobachtung. 

\'ar.  tahaua  scheint  im  Aquitanien  von  Davas  nicht  sehr 
häufig  vorzukommen.  Meine  Ausbeute  beläuft  sich  hier  bloß 
auf  18  Stücke.- 


I 


Aquitanieii   von   Oavas.  1'*^^ 

Die  Frage,  an  welche  Form  sich  die  in  Rede  stehende 
A'arietät  am  nächsten  anschließt,  laßt  sich  nicht  leicht  beant- 
worten. Im  Hinblick  darauf,  daß  mir  die  wichtigsten  für  die 
Bildung  eines  diesbezüglichen  Urteils  \'or  allem  in  Betracht 
Ix'ommenden  Formen  bloß  von  Abbildungen  bekannt  sind, 
will  ich  auch  im  folgenden  von  eingehenderen  \'ergleichen 
absehen  und  beschränke  ich  mich  auf  einige  kurze  Bemerkungen. 

Unter  den  bisher  beschi'iebenen  \'arietäten  des  Potamides 
}iuii\i^driliiceiis  Brocchi  bietet  meinem  Dafürlialten  nach  T'i/r. 
siiupIicKir  VignaU  noch  die  meisten  Anklänge  an  unsere 
Abart.  Sie  zeigt  daneben  aber  auch  nicht  unbedeutende 
L'nterschiede,  \'on  denen  sich  die  wesentlichsten,  nach  der 
zitierten  Abbildung  zu  urteilen,  darin  äußern  düi-ften,  daß  bei 
ihr  die  Körner  aller  drei  Hauptspiralreifen  annähernd  gleich 
groß  sind  und  enger  aneinander  gedrängt  stehen  imd  daß 
auf  dem  letzten  Umgang  keine  Einschiebung  eines  faden- 
fcu'migen  Spiralleistchens    in    der    obersten  Furche    stattlindet. 

In  vielen  Charakteren  sehr  ähnlich  scheint  ferner  der 
gleichfalls  im  Gironde-Becken  vorkommende  Potamides  (Tym- 
panotoimis)  souensis\\gn£\.V^  zu  sein.  Wenn  wir  uns  an  die 
Abbildung  und  die  Beschreibung  in  dei-  Arbeit  \'ignals  halten, 
gelangen  wir  zu  der  Erkenntnis,  daß  diese  Ähnlichkeit  besonders 
in  der  Schalenskulptur  eine  auffällige  ist.  Im  übrigen  besteht 
jedoch  ein  scharfer  Gegensatz  darin,  daß  bei  Pofauiides 
sonensis  \'ignal  die  Spindelfalte  durchweg  fehlt,  während  sie 
bei  unserer  Form,  wie  wir  gesehen  haben,  immer  vorh;inden 
ist.  Ob  außerdem  niclit  auch  die  der  südfranz()sisclien  Art 
eigentümlichen  Merkmale,  die  geringe  Dicke  und  die  schwache 
Entwicklung  des  äußeren  Mimdsaumes  einen  Unterschied  dar- 
stellen, läßt  sich  wegen  der  sehr  starken  Beschädigung  des 
letzten  Teiles  der  Schlußwindung  an  allen  unseren  Stücken 
nicht  entscheiden. 

Eine  dritte  Form,  die  bei  der  Ermittlung  der  \erwundt- 
scliaftlichen   \'erhältnisse    x'ielleicht    nocli    mehr  als  die    beiden 


1  L.  Vignal,  Cerithiidae  du  lertiaire  supcrieur  du  departement  de  la 
liironde.  (Journ.  de  Conclij'l.,  Paris.  1910.  4.  sä-.,  tomo  12.  X'nl.  .18.  p.  ]  (59, 
pl.  8,  fig.  25.) 

-   L.  Vignal,  1.  c,   p.  107.   pl.  S,   fijr.  24. 

Sitzb.  d.  matheni.-naturw.  KL,  Abt.  I,  12s.  Bd.  9 


110  G.  V.  Bukowski, 

zuvor  erwähnten  ins  Gewicht  fällt,  ist  PotaiiiiJes  (Tyuipano- 
tonius)  Pedemontamis  Sacco^  aus  dem  Helvetien  Italiens, 
den  man  bei  etwas  weiterer  Fassun.q-  des  Artbegriffes  als 
eine  A'arietät  des  Potamides  margaritaceiis  Brocchi  be- 
zeichnen könnte.  Neben  manchen  großen  Analogien  in  der 
X'erzierung  der  Schale  ergeben  sich  aus  dem  Vergleich 
unserer  Stücke  mit  den  zitierten  Abbildungen  dieser  Art 
immerhin  auch  einige  Abweichungen,  die  hier  nicht  ungenannt 
bleiben  sollen.  Bei  Potamides  Pedemonfaniis  Sacco  scheinen 
die  Knötchen  der  Hauptspiralreifen,  von  denen  der  zweite 
und  der  dritte  als  fast  gleich  stark  geschildert  werden,  zahl- 
reicher und  nicht  rund  sondern  -  quergestreckt  zu  sein  und 
die  Anwachsfalten  dürften  in  den  die  Kiele  trennenden  Furchen 
schwächer  hervortreten.  Die  Abbildungen  größerer  Exemplare 
lassen  außerdem  Andeutungen  eines  treppenförmigen  Absitzens 
der  jüngeren  Windungen  erkennen,  v\'as  bei  \'ar.  tahana  nie- 
mals zutrifft. 

Wie  Potamides  Pedemontamis  Sacco  erinnert  auch  \'ar. 
tahana  durch  ihre  Skulptur  einigermaßen  an  Potamides  /Pfy- 
clwpotamides)  papaveracens  Bast.-  Besonders  hervorzuheben 
wäre  daselbst  neben  dem  ähnlichen  Aussehen  und  der  ähn- 
lichen Anordnung  der  Knötchen  auf  den  Längskielen,  daß 
die  Zahl  der  Körner,  die  auf  eine  Reihe  eines  Umganges 
entfallen,  die  gleiche  ist  und  daß  die  Basis  eine  nahezu  gleiche 
Verzierung  trägt.  In  anderen  Merkmalen  wieder,  so  zum 
Beispiel  in  der  sehr  verlängert  turmf<)rmigen  Gestalt  des 
Gehäuses,  das  nebstbei  aus  zahlreicheren  Windungen  besteht. 


1  F.  Sacco,  Sopra  alcuni  Potamides  del  bacino  terziario  del  Piemonte. 
i'BulI.  della  soc.  malacol.  ital.,  Pisa,  1888,  vol.  13.  p.  106,  tav.  7,  fig.  22- 
28.)  und  F.  Sacco,  I  molluschi  dei  terreni  ler/.iarii  del  Piemonte  e  della 
Liguria.  Torino,  1895,  parte  17,  pag.  48,  tav.  3,  fig.  19. 

-  Vgl.  vor  allem:  M.  Hoernes,  Die  fossilen  Mollusken  des  Tertiär- 
beckens von  Wien.  (Abb.  d.  k.  k.  geol.  Reichsanstalt,  Wien,  Bd.  3,  1850, 
S.  403,  Taf.  42,  Fig.  8)  und  F.  X.  Schaffer,  Das  Miocän  von  Eggenburg. 
(Ibid.,  Bd.  22,  Heft  2,  1912,  p.  156,  Taf.  52,  Fig.  8.)  —  Diese  Abbildungen 
stellen  zwar  nach  der  Auffassung  von  F.  Sacco  und  F.  X.  Seh  äffe  r  nicht 
den  Typus,  sondern  eine  >'Var.  Gniinieiisis  Sacco«  benannte  Abart  des 
Potamides  papaveraceits  Bast,  vor,  eignen  sich  aber  für  den  Vergleich  viel 
besser  als  die  Zeichnung  im  Atlas  Grateloup's. 


Aquitanien  von  Davas.  1  1  1 

treten  bei  Potamides  papaveraceiis  Bast.,  wie  schon  seine 
Zugehörigkeit  zu  einer  anderen  Sektion  beweist,  so  bedeu- 
tende Unterschiede  hervor,  daß  mir  deren  weitere  Erörterung- 
überflüssig  erscheint. 

Var.  carica  n.  var. 

Fig.  14-15. 

Für  diese  \'arietät  ist  besonders  charakteristisch  der  sich 
im  Laufe  des  Schalenwachstums  mehrmals  vollziehende  Wechsel 
der  \^erzierung.  Von  den  13  ebenen,  durch  tiefe  Nähte  von- 
einander geschiedenen,  etwas  treppenartig  abgesetzten  Um- 
gängen, welche  das  konisch-turmförmige  Gehäuse  bilden, 
zeigen  die  zehn  obersten,  die  Embryonalwindung  ausgenommen, 
eine  ziemlich  gleiche  Skulptur.  Dieselbe  läßt  sich  kurz  folgen- 
dermaßen skizzieren: 

Ganz  unten,  unmittelbar  an  der  Naht  verläuft  zunächst 
ein  zartes  fadenförmiges  in  langgestreckte  Knötchen  zerteiltes 
SpiraUeistchen.  Von  den  drei  Hauptspiralreifen,  welche  dann 
darüber  an  den  Seiten  folgen,  sind  der  obere  und  der  untere 
gleich  kräftig  entwickelt  und  mit  15— 17  gleich  großen  runden 
oder  quadratischen,  stark  erhabenen  Körnern  besetzt.  Der 
mittiere  Hauptkiel  ersclieint  dagegen  immer  sehr  schwach  und 
stellt  sich  öfter  sogar  nur  als  ein  ungemein  zartes  fadenähn- 
liches Leistchen  dar.  Die  15—17  Knötchen,  die  er  trägt,  sind 
auch  dementsprechend  schmal  und  in  die  Länge  gezogen. 
Außerdem  wäre  noch  zu  erwähnen,  daß  man  daselbst  zwar 
einer  schön  ausgeprägten  Anwachsstreifung  begegnet,  daß  aber 
die  Ouerfalten    in    den   Furchen    kaum    merklich   hervortreten. 

Auf  dem  elften  Umgang  sieht  die  Verzierung  insofern  etwas 
anders  aus,  als  hier  die  Körner  des  obersten  Hauptkiels  jene 
des  unteren  an  Größe  übertreffen.  Bei  einem  Teil  der  Indivi- 
duen weist  überdies  der  mittlere  Hauptreifen  eine  abweichende 
Beschaffenheit  auf.  Die  Zahl  seiner  Knötchen  wächst  bis  zu 
24  an.  Sie  sind  sehr  klein,  vorwiegend  rund  imd  stehen,  da 
die  Entfernungen  zwischen  ihnen  bedeutenden  Schwankungen 
unterliegen,  bald  nahe  aneinander  gruppiert,  bald  weit  aus- 
einander. 


I  I  -  (i.  V.  Bukowski, 

Die  auffallendste  Ändenini;-  der  Skiilpttir  erfolgt  aber  erst 
auf  dem  vorletzten  Umgang.  Ihr  Beginn  knüpft  sich  an  das 
Auftreten  eines  besonders  kräftigen,  zum  Schluß  der  elften 
\Vindung  stehengebliebenen  alten  Mundrandes.  Zuerst  sei  die 
starke  unvermittelte  A'ermehrung  der  Knötchen  angeführt, 
^velche  auf  allen  drei  Hauptkielen  mehr  (uier  weniger  dicht 
aneinander  gedrängt  erscheinen  und  deren  Zalil  in  einer  Reihe 
bei  manchen  Stücken  bis  auf  34  steigen  kann.  Auf  dem 
obersten  Reifen  hat  man  es  mit  viereckigen,  quergestreckten, 
auf  den  beiden  anderen  Hauptkielen  hingegen  mit  rundlichen 
Knötchen  zu  tun.  Ein  weiteres  Merkmal,  das  sowohl  den  vor- 
letzten als  auch  den  letzten  Umgang  von  den  übrigen  unter- 
scheidet, ist  die  Einschaltung  je  eines  äußerst  zarten  faden- 
förmigen Längsleistchens  in  den  zwei  breiten  Furchen,  welche 
die  Hauptreifen  voneinander  trennen.  Als  bezeichnend  für 
diese  zwei  Windungen  bleibt  dann  nur  noch  übrig  anzugeben, 
daß  hier  die  bogig  gekrümmten  Querfalten  im  Zusammenhang 
mit  <.\ei^  wohl  ausgeprägten  An\\'achsstreifen  verhältnismäßig 
stark  entwick'elt  inid  auch  in  den  Rinnen  sehr  deutlich  wahr- 
nelimbar  sind. 

\\'as  endlicli  die  Schlußwindimg  anbelangt,  so  \\-eicht  die 
Skulptur  derselben  von  jener  des  vorhergehenden  Umganges 
dadurch  wesentlich  ;ib,  daß  der  oberste  Reifen  mit  relativ 
sehr  groben,  weiter  als  sonst  voneinander  entfernten  und  in- 
folgedessen minder  zahlreichen  Knoten,  die  gegen  die  Mündung 
zu  fast  stachelartig  aufragen,  besetzt  ist,  während  die  anderen 
Kiele  ihr  früheres  Aussehen  beibehalten. 

Die  ( ri-imdfläche  dieser  Varietät  bietet  in  jeder  Beziehung, 
v\"enn  N\ir  von  dem  Hinzutreten  eines  fünften  Spiralreifens 
absehen,  große  Analogien  mit  der  Basis  der  var.  tahaua  dar.  Das- 
selbe gilt  auch  vom  Innenrand  der  Mündung  und  von  der 
Spindelfalte.  Wie  der  rechte  Mundrand  beschaffen  war,  ent- 
zieht sich  dagegen  der  Beurteilung,  weil  er  in  keinem  einzigen 
Falle  erhalten  geblieben  ist. 

\''ar.  Carica  findet  sich  im  Aquitanien  von  Davas  nicht 
häufig  vor.  Meine  Kollektion  enthält  nur  sieben  Exemplare, 
die  ohne  Bedenken  als  dieser  Abart  angehörig  ange.sprochen 
werden  können. 


Aqiiitunien   \oii   l)a\us.  1  i  •  > 

Die  Erniittlunt;-  ihrer  \-er\vandtschaftlichen  \'erh;iUnisse 
dürfte  keine  besonders  großen  Schwierigkeiten  bereiten.  Meine)- 
Ansicht  nach  wird  man  kaum  tehlgehen,  wenn  man  ihr  einen 
Platz  in  der  Nähe  der  var.  calcarata  Grat.,  jener  Abart  des 
Potamides  (Tympaiiotointtsj  margaritaccus  Brocchi  einräumt, 
die  von  F.  Sacco,^  wie  man  ja  weiß,  als  eine  besondere, 
vollwertige,  zufolge  der  Unbeständigkeit  gewisser  Charaktere 
sogar  selbst  wieder  in  mehrere  \'arietäten  zerfallende  Spezies 
aufgefaßt  wird. 


1   Vgl.   V.  Sacco,   I   molluschi  dei  terreni  tcrziarii  dei  Piemnnte   e'  della 
l.iguria.  Torino,  parte  17,    1S95,   p.  47 — 48. 


1  14  G.  V.  Bukowski,  Aquitanien  von  Davas. 

Tafelerklärung. 

Fig.  1.  Poiainidcs  (Terchralia)  siihcornigatus  d'Orb.  Ein  kleines  Exemplar, 
bei  welchem  der  letzte  Umgang  fehlt,  in  dreifacher  Vergrößerung.  Die 
erste  embr3fonale  und  auch  die  übrigen  Windungen  sind  verhältnis- 
mäßig gut  erhalten. 

Fig.  2  und  3.  Pulamicics  (Tcrebralia)  suhcornigaliis  d! Ovh.  7.\\e\  mittelgroße 
Exemplare  mit  normaler  \'ermehrung  der  Querfalten  auf  dem  letzten 
Umgang  in   zweifacher  Vergrößerung. 

Fig.  4.  Potamides  (Terchralia)  subcorriigahis  d'Orb.  Eines  der  größten  Exem- 
plare der  Kollektion  in  zweifacher  Vergrößerung.  Der  letzte  Umgang 
fehlt  ganz. 

l"ig.  5.  Potamides  (Terchralia)  siibcorriigatiis  d'Orb.  YAn  mittelgroßes  Stück, 
das  im  Gegensatz  zu  den  normal  ausgebildeten  Individuen  eine 
stärkere  Vermehrung  der  Querfalten  auf  dem  letzten  Umgang  aufweist, 
in  zweifacher  Vergrößerung. 

l'ig.  6.  Pofaiiiides  (Tcrebralia)  sithcorrngaltis  d'Orb.  Ein  mittelgroßes  Exem- 
plar, bei  dem  die  auf  dem  letzten  Umgang  besonders  stark  vermehrten 
Querfalten  schwächer,  beziehungsweise  dünner  als  sonst  erscheinen, 
in   zweifacher  Vergrößerung. 

l'ig.  7  und  8.  Potamides  (Terchralia)  siihciavatitlatiis  d'Ovh.  Zwei  Exemplare 
aus  der  Reihe  der  Übergangsglieder  zwischen  Potamides  siibcorriigatiis 
d'Orb.  und  Potamides  siibclavatiilatiis  d'Orh.,  die  dem  Potamides 
siihcornigaiiis  d'Orb.  noch  sehr  nahe  stehen,  in  zweifacher  Ver- 
größerung. 

l"ig.  9.  Potamides  (Tcrebralia)  siibclavaltitaliis  d'Orb.  Ein  Individuum,  das 
einem  etwas  weiter  entfernten  Umbildungsstadium  in  der  Richtung  von 
Potamides  suhcornigatiis  d'Orb.  zu  Potamides  stibclavatulatus  d'Orb. 
als  die  in  Fig.  7  und  8  abgebildeten  Stücke  angehört,  in  zweifacher 
Vergrößerung. 

iMg.  10  und  11.  Potamides  (Tcrebralia)  siibclavaliitatits  d'Orb.  Zwei  Exem- 
plare, die  unter  den  Übergangsformen  zwischen  Potamides  snbcorru- 
gatiis  d'Orb.  und  Potamides  siibclavatulatns  d'Orb.  ungefähr  die 
Mittelstellung  einnehmen,   in  zweifacher  Vergrößerung. 

l-'ig.  12.  Potamides  (Tympanotomns)  margaritacetis  Brocchi,  var.  tabatia 
n.  var.  Das  größte  Exemplar  der  Kollektion  in  zweifacher  \'ergröße- 
rung. 

Fig.  1.'^.  Potamides  (Tympanotoinus)  margaritaceus  Brocchi,  var.  tabana 
n.  var.  Ein  mittelgroßes  Stück  in  zweifacher  Vergrößerung. 

Fig.  14  und  1.").  Potamides  (Tympanotomns)  inargarilacetis  Brocchi,  var. 
carica  n.  var.  Die  zwei  größten  Exemplare  der  Kollektion  in  zwei- 
facher Vergrößerung. 


G.  V.  Bukowski:  Aquitanien  von  Davas 
1  ÜÜ   a        2        b 


a        5        b 


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de),  Karl  Reittchläger.  Wifti. 


15 


2/,  2/l 

Lichtdruck  v   Max  JaHe,  Wie«. 


Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.  128,  Abt.  I,  1919. 


115 


Zur  Thysanopteren-Fauna  Albaniens 

Von 

Dr.  H.  Priesner 

(Mit  5  Textfigurent 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am   13.  März   1919» 

Mein  Aufenthalt  in  Albanien  im  Spätsommer  und  Herbst 
1918  gab  mir  Gelegenheit,  die  Thysanopteren-Fauna  dieses 
interessanten  Landes  kennen  zu  lernen. 

Leider  war  die  Jahreszeit,  die  ich  antraf,  zum  Sammeln 
gerade  die  ungünstigste;  nur  wenige  Pflanzenarten  haben 
noch  geblüht,  und  die  Benutzung  des  Käfersiebes  war  infolge 
der  großen  Dürre,  die  lange  Zeit  anhielt,  nur  an  einigen 
^venigen  Stellen,  knapp  an  den  Ufern  der  Bache  und  Flüsse, 
■ergiebig.  Aus  demselben  Grunde  war  auch  das  Durchsieben 
von  Rasenstücken  von  geringem  Erfolge  begleitet. 

Das  Ergebnis  meiner  Sammeltätigkeit,  zugleich  mit  dem 
sehr  interessanten  Resultate  der  Albanien-Ausbeute  Karny's 
der  Jahre  1917  und  1918  soll  in  folgendem  zusammengefaßt 
Averden. 

Für  das  Zustandekommen  dieser  Zusammenstellung  und 
die  Reichhaltigkeit  derselben  bin  ich  meinem  Freunde 
Dr.  H.  Karny  in  Wien,  dessen  reiche  Sammlung  und 
Bücherei  mir  bei  der  Bearbeitung  der  albanischen  Thripse 
zur  Verfügung  stand,  zu  Dank  verpflichtet,  ebenso  schulde 
ich  Dank  meinem  Freunde  Fachlehrer  L.  Mader  in  Wien, 
der  mich  mit  Material  unterstützte  und  mit  mir  auf  den 
anstrengenden  Touren  Freud  und  Leid  teilte. 

Unter  den  46  vorgefundenen  Arten  befanden  sich  einige 
Formen,  die  bisher  nicht  bekannt  waren;  es  sind  dies: 


1U3  H.   Priesner, 

MchiUi>IJ!ri]is  fiisciis  VRv.jnilliclior  m.,  AcoIotJiripsfdSL'uilns 
var.  colhiris  m.,  Odontoflirips  \i\\\  lucr/cf/oniilis  m.,  P/iyso/Iirijis 
Frici  var.  cruccicoIJis  m.,  Bciliothrips  Jispcir  var.  ns/iihitiis  m., 
Haploflirips  sfiificcs  var.  trifolii  m.,  Trichotluips  ripicola  m., 
Plüocothrips  bispinosiis  m.,  IJophloeothrips  glahcf  m.  und 
Liothrips  Diuiipfi  var.  niicros  m. 

Für  den  mediterranen  Charakter  der  Fauna  scheinen 
mir  folgende  Arten  bezeichnend  zu  sein: 

Aeolofhrips  var.  cvllaris  m.,  Heliotlirips  IhiciuorrliniduUs 
Bouche,  PIiysoiJirij\s  iiuuuhtlns  Karnv,  Pliysothrips  Frici 
Uzel  mit  \av.  Ivthri  Karny  und  var.  discolor  Karny, 
Bacillotlirips  longiccj^s  Reut.,  PseitdoaypfotJin'ps  uicridiO' 
iuili:>  m.  und  Liotlirips  Dampf /  Karn}^ 

Was  die  einzehien  Pflanzen  anlangt,  auf  denen  die 
Phj^sapoden  vorgefunden  wurden,  sei  hervorgehoben,  daft 
auf  Scirpiis  L.    spec.    sich  BaJiotlirips    dispdr  Hai.    aufhielt. 

Salix  L.  beherbergte  auf  ihren  Blättern  Pliysotlirips 
Sclüllei  m.  (sehr  zahlreich!;,  außerdem  Pliysotlirips  lüuii- 
foliornui  Hai.  und   T/iiips  sa/icariiis  Uzel. 

Auf  Tainarix  gallica  L.  fand  sich  an  verschiedenen 
Orten  außerordentlich  häutig  Liotlirips  Dampfi  Karny^ 
seltener  waren  Haplotirrips  acnleaiiis  Fabr.,  Chiroflirips 
nianicattis  Hai  id.,  Pliysoihrips  Frici  Uzel  und  Tlirips  tabacf 
Lindem. 

Auf  Platamis-W^Siii  traf  ich  Haploflirips  phyllophiliis 
Priesn.  Auf  Oiierciis  lanugiiiosa  Thuill.  fand  ich  Liotlirips 
var.  p}-ageusis  Uzel  und  vermutlich  auf  der  genannten 
Pflanze  oder  auf  PaJinriis  anstralis  Gärtn.  Dcudrothrips 
Degeeri  Uz.  und  Haplothrips  acidcaitis  F. 

Auf  Pliragiiiites  L.  und  Oryza  L.  war  stets  Haplothrips 
acidcatns  Fabr.  anzutreffen. 

Durch  Klebenbleiben  an  den  drüsig  behaarten  Blättern 
von  Xicotiaiia  L.  fanden  zahlreiche  Thripse  den  Tod.  Auf 
diese  Weise  fand  ich  Acolotlirips  fasciatns  L.,  Heliotlirips 
liaeiiiorrlioidiilis  Bouche,  Fraukliiiiella  robust lI  Uzel  (?i  und 
Liotlirips  Dainpjl  Karny. 

Die  Fruchtzäpfchen  von  Himinliis  htpnlus  L.  dienten 
Physotlirips    Frici    Uzel,     Tlirips    tabaci  Lind,    und    Haplo- 


Zur  'rii3-sanoptei'en-F;iuna  Albaniens.  1  1  i 

//irips  iU'iiICiitiis  Fabv.  zum  Aufenthaltsort,  besonders  zahl- 
reicli  fand  sich  in  diesen  Tlirips  obsoletiis  Uzel,  der  bislier 
nur  auf  dieser  Pflanze  mit  Sicherheit  nachgewiesen  ist. 

Die  diversen  Blüten  beherbergten  folgende  Arten :^ 

Liliacee  (gen.?,  spec.?):  *  Tlirips  major  Uzel. 

Spartiiim  L. :  ^Odoiüothrips  ulicis  Hai.,  PJiysotlirips 
iiiiiiiihitiis  Karny. 

Passiflora  L. :   Tlirips  palustris  Reut. 

Lyfhrnm  sdUcuria  L.:  *  Frankliniella  iiiloiisa  Tryb., 
Tlirips  iabaci  Lind.,  Aeoloflirips  fasciatus  L. 

Piinica  granahmi  L. :   Tlirips  major  var.  adiistiis  Uz. 

Critlimiini  marilimum  L. :  *  Tlirips  tahaci  Lind. 

Daiicns  carota  L. :  *  Tlirips  tahaci  Lind.,  Aeoloflirips 
Var.  collaris  Pries. 

Vif  ex  agriiis  castus  L.:  *  Tlirips  tabaci  Lind.,  Pliysoflirips 
Frici  Uzel,  Aeolothrips  fasciatus  L.,  Aeoloflirips  \"ar.  adiisfns 
Uz.,  Aeoloflirips  var.  collaris  Pries.,  Tlirips  pliysapns  L.. 
Pliysofhrips  atratus  Hai.,  Franldiniella  intousa  Tryb.,  Haplo- 
thrips  distingiiendiis  Uz.,  Haplothrips  acnleatns  Fabr. 

Labia  fe  (?  "^pec):  *  Tlirips  tabaci  Lind. 

Scabiosa  L. :  *  Haplothrips  distinguendus  Uz.,  Tlirips 
tabaci  Lind.,  Pliysotlirips  atratus  Hai.,  Physotlifips  aniiii- 
lalus    Karny,    Tlirips  pliysapns  L.,    Aeolothrips  fasciatus  L. 

Aster  L. :  Tlirips  tabaci  Lind.,  Haplothrips  juncoriint 
Bgn.  Q). 

Achillea  millefoliunt  L.:  *  Tlirips  tabaci  Lind.,  Haplo- 
thrips statices  (Hai.)  Uz. 

Matricaria  L. :  *  Haplothrips  statices  (Hai.)  Uz. 
Echinops  L. :  Pliysofhrips  Frici  Uz.,    Haplothrips  distin- 
guendus Uz. 

Carduus  L.  und  Carlina  corymbosa  L. :  *  Tlirips  pliy- 
sapns L.,  ^Physothrips  Frici  Uz.,  *  Haplothrips  tritici  Kouvd.^ 


1  Die  in  großer  Zahl  in  den  betreffenden  Bliiten  vorgefundenen  Spezies 
sind  mit  einem  '  versehen,  die  übrigen  sind  nach  dem  Grade  der  HiLufig-- 
keit  geordnet. 


1  1<S  H.  Priesner, 

Thrips  tahaci  Lind.,  FranklinieUa  inionsa  Tryb.,  Aeolot/irips 
fasciatus  L.,  Physothrips  airatiis  Hai. 

Scoh' Ullis  liispanicns  L.:  *  Thrips  physapus  L.,  *  Physo- 
thrips Frici  Uz.,  FranUiniella  pallida  Uz.,  Thrips  tahaci 
Lind.,  FranklinieUa  intonsa  Tryb.,  Haphjthrips  tritici  Kourd., 
P/iysofhrips  atratns  Hai. 

Den  Rasen  be^vohnten:^  Sericotlirips  stapliylinns  Hai., 
AptinotJirips  \'ar.  connaticornis  Uz.,  Anaphothrips  obscnrus 
Hui  id.,  FranklinieUa  tennicornis  Uz.,  Thrips  nigropilosus  Uz., 
Thrips  tahaci  Lind.,  Thrips  major  Uz.,  Cryptothrips  Icarns 
Uz.,  Cryptotlirips  hicolor  Heeg.,  Psendocryptotitrips  meridio- 
nalis  Pries.,  HaphAhrips  aciilcatns  Fabr. 

Im  Laubgesiebe  und  im  Angeschwemmten  der 
Bäche  und  Flüsse  waren:  Sericotlirips  staphylinns  Hai., 
Liniothrips  denticornis  Hai.,  Cliirotlirips  manicattis  var. 
adiistns  Uz.,  Apfinothrips  var.  connaticornis  Uz.,  Physothrips 
Frici  Uz.,  Phys.  Frici  var.  discoloi-  Karn}^  Tlirips  tahaci 
Lind.,  Cryptothrips  Icarns  Uzel,  Psendocryptotitrips  nicri- 
äionalis  Priesn.,  Haplothrips  acnleatns  Fabr.,  Haplothrips 
distinguendns  Uz. 

Unter  Ölbaumrinde  waren:  Physothrips  Frici  Uz.  und 
var.  lythri  Karny,  Haplothrips  distinguendns  Uzel  und  var. 
ülpestris  Pries.,  beide  sehr  zahlreich;-  unter  Platanenrinde: 
Dendrotlirips  saltatrix  Uzel. 

Das  nachfolgende  Verzeichnis  enthält  die  einzelnen 
Arten  systematisch  geordnet,  nebst  Angabe  der  Fundorte  und 
Anzahl  der  gesammelten  Tiere,^  ferner  die  Beschreibungen 
der  neuen  und  einioer  wenio;  bekannter  Formen. 


1  Aufzählung  in   systematischer  Reihenfolge. 

-  Zu  diesem  Vorkommen  der  beiden  Arten  möchte  ich  bemerken,  daß 
man  den  Aufenthalt  dieser  typischen  Blütenbewohner  unter  Rinden  während 
der  trockenen  und  blütenarmen  Jahreszeit  als  ».Sommerschlaf«  auffassen 
könnte. 

3  Wo  nicht  besonders  angegeben,  sind  die  betreffenden  Exemplares, 
von   mir  gesammelt. 


Zur  Thysanopteren-Fauna  Albaniens.  119 

Subordo   Terehyantia. 
Familie  AeolofJu'fpidae. 

Genus  JlelaiiotJu'i'j^s  Hai. 

1  a.  Melanothrips  fuscus  Sulz.  Elbas  an,  20.  IV.  18, 
2  9?  geketschert  (Karny).  Fieri,  18.  IV.  18,  2  9  9,  2  c^^^ 
geketschert  (Karny). 

1  b.  Melanothrips  fuscus  var.  pallidior  m.  nov.  Von  der 
t3'pischen  Form  nur  durch  die  hellen,  schwach  grau  ge- 
trübten, vorderen  Abdominalsegmente  verschieden.  Elbas  an, 
20.  IV.  18,  2  9  9    geketschert  (Karnyl 

Genus  AeolofJirfjJS  Hai. 

2a.  Aeolothrips  fasciatus  L.  Biza,  22.  VII.  18,  2  9  9 
geketschert  (Karny).  Ruskuli,  24.  IX.  18,  1  9  tot  an 
Nicotiana -Blatt  klebend.  Elbasan,  27.  \'I.  1>^,  8  9  9  (Karny); 
29.  VI.  18,  1  9  (Karny);  30,  VI.  18,  4  99  geketschert 
(Karny);  VII.  18,  1  9  (Karny);  25.  VIII.  18,  3  99  in  Blüten 
von  Vitex  cigiiiis  cdsfiis  L.;  24.  \'11I.  18  in  Scabiosa-Blüte; 
25.  VIII.  18,  6  99  in  Blüten  von  Lythnuii;  25.  VIII.  18, 
2  99  am  Ufer  des  .Skumbi  geketschert;  28.  VIII.  18,  2  99 
geketschert;  28.  VIII.  18,  1  9  trans.  var.  collaris  m.  in  Blüten 
von  Daiiais  carota  L.;  13.  IX.  18,  1  9  in  6V/r6/////.s^- Blüte; 
15.  IX.  18,  1  9  am  Skumbi-  Ufer  geketschert. 

2b.  Aeolothrips  fasciatus  var.  adustus  Uzel.  Elbasan. 
23.    VIII.    18,   1    9    in  Blüten  von   VHcx  ügniis  castus  L. 

2  c.  Aeolothrips  fasciatus  var.  collaris  m.  nov. 

Diese  Form  unterscheidet  sich  von  der  typischen  wahr- 
scheinlich nur  durch  die  Färbung.  9  :  Kopf,  Abdomen,  Mittel- 
und  Hintertibien,  Mittel-  und  Hintertarsen  und  die  Binden 
auf  den  Flügeln  schwarzbraun,  Mittel-  und  Hinterschenkel 
und  Pterothorax  hell  graubraun,  Prothorax  und  \'orderbeine 
hellgelb,  ersterer  hinten  in  der  Mitte  mit  einer  graubraunen 
>Makel.  Manchmal    auch    der  Pterothorax  gelb  und  die  ersten 


l-IO  H.   Priesner, 

Abdominalsegmcnie  br;ain,  die  Mittel-  und  Hinterschenke? 
hell  gelblich.  An  den  Fühlern  das  erste  Glied  braun,  das 
zweite  heller,  besonders  an  der  Spitze,  das  dritte  weiß,  an 
der  äußersten  Spitze  plüizlich  dunkel,  die  übrigen  (Glieder 
schwarz. 

o':  Oberseite  des  Kopfes,  eine  Makel  am  Prothorax  und 
Oberseite  des  Pterothor;ix,  die  Mittel-  und  Hintertibien,  dann 
die  Mittel-  und  Hintei'tarsen,  ferner  die  letzten  zwei  Ab- 
dominalsegmente, die  Binden  auf  den  Flügeln  und  die  Fühler 
vom  vierten  Glied  ab  braun  oder  schwarzbraun,  die  übrigen 
Körperteile  mit  Ausnahme  der  schwrirzen  Augen  gelb. 

Biza,  22.  VIIl.  IS,  (>  9?,  2  cTcf  geketschert  (Karnyj. 
Portes,  0.  MII.  IS,  :-;  5?  auf  niederen  Pflanzen  (Karny). 
Elbasan,  21.  VI.  IS,  1  ?  geketschert  (Karny);  27.  VI.  18, 
7  ?9,  1  r/  (Karnyi:  yO.  VI..  18,  1  9,  1  -/  geketschert 
(Karny);  23.  \11I.  IS,  1  :"  in  Blüten  von  ]'itcx  agiius  castus  L.; 
25.  VIII.  18,  1  ?  am  Ufer  des  Skumbi  geketschert;  18.  IX.  18, 
1   9    in  Blüten. 

3.  Aeolothrips  nobilis  Pries.  Medua,  25.  IV.  18,  1  9 
geketschert  (Karn\M. 


Familie    Thi'ipidae. 

Genus   Chh'Othrlps  Hai  id. 

4c/.  Chirothrips  manicatus  Halid.  Medua,  28.  IX.  18^ 
1  9  geketschert.  Elbasan.  27.  VI.  18,  1  9  (Karny);  30.  VI.  18, 
3  9  9,  1  cT  geketschert  ('Karny);  25.  VIII.  18,  2  9  9,  12  d^cT 
am  Skumbi-üfer  geketschert.  Elbasan-Susica,  14.  IX.  18, 
1   9    auf  Sumpfwiese  geketschert. 

4  h.  Chirothrips  manicatus  \ar.  adu.stus  Uz.  Elbasan, 
MII.  18,  3  9  9  im  Gesiebe  am  Rande  eines  Reisfeldes: 
25.  Vlll.  18,  1  9  am  Skumbi-Ufer  geketschert;  31.  VIII.  18, 
1  9  auf  Tauiarix  gallica  L.;  15.  IX.  18,  1  9  auf  Tamarix 
gallica  L.  Elbasan-Susica,  14.  IX.  18,  2  99  auf  Sumpf- 
wiese geketschert. 


Zur  'rhysaniirte!'iji~.-F;ui!i.u   Albaniens.  121 

Genus   Limothi'ijis  Hai  id. 

ö.  Limothrips  denticornis  Hai.  Elbas  an,  .'>.  IX.  18,  1  ? 
im  Gesiebe. 

Genus  SericofJirips  Hai  id. 

(i.  Sericothrips  staphylinus  Halid.  Medua,  'J<S.  IX.  18^ 
1  9  f.  brachypt.  geketschert.  Manuiras,  :;.  Vlll.  JS,  IV 
f.  macropt.  in  Eichenwald  geketschert  (Karny).  Elbasan, 
27.  VI.  18.  3  9  9,  1  cf'  f.  macropt.  (Karny):  28.  \'Iir.  18,  1  9 
1  o'"  f.  macropt.  geketschert;  IX.  18,  1  ?  f.  brachypt.  im  Gesiebe 
am  Bachufer;  IX.  18,  2  9  9  f.  brach3''pt.  im  Gesiebe  am  Rande 
eines  vSumpfes  (Mader);  9.  IX.  18,  3  9  9  f.  macropt.  gekei- 
schert;  IS,  IX.  18,  1   9  f.  macropt.  geketschert.  Fieri,  28.  I\'.  18. 

1  9    f.   macropt.  geketschert  (Karnyi. 

Genus  DemJrotJirips  Uzel. 

7.  Dendrothrips  Degeeri  Uzel.  Elbasan-Susica, 
14.  IX.  18,  1  9  (var.  sehr  licht),  auf  Fiilinrus  australis  Gärt, 
oder  Ouercus  laniigiiiosa  Thuill. 

8.  Dendrothrips  saltatrix  Uzel.  Elbasan-Susica, 
18.  IX.  18,   1   9    unter  Rinde  von  Phifaiins  L. 

Genus   Heliothrfps  Halid. 

9.  Heliothrips  haemorrhoidalis  Bouche.  Ruskuli, 
24.  IX.  18,   1   9    tot  an  Xicot/üua-Blutt  klebend. 

Genus  AptinotJirips  Halid. 

10.  Aptinothrips  rufus  Ginel.  var.  connaticornis  Uz, 
Elbasan,    21.  VI    18,    1    9    geketschert    (Karny);    VIII.    18, 

2  9  9  im  Gesiebe  am  Rande  eines  Reisfeldes;  IX.  18,  20  9  9 
im  Gesiebe  am  Rande  eines  Sumpfes;  5.  IX.  18,  7  9  9  im 
Gesiebe. 

Genus  Anaphofhrfps  Uzel. 

11.  Anaphothrips  obscurus  Halid.  Elbasan,  25.  Vill.  18, 
1  9  f.  brachypt.  am  Ufer  des  Skumbi  geketschert;  28.  VIII.  18, 


122  H.  Priesner, 

1   ?    f.  macropt.    am  Ufer    des  Skumbi    im  Rasen;  3.  IX.  18, 

1  9  f.  macropt.  im  Rasen;  5.  IX.  18,  2  9  9  f.  brachj^pt.  im 
Gesiebe.  Elbasan-Susica,  18.  IX.  18,  1  9  f.  brachypt,  1  9 
f.  macropt.  auf  Sumpfwiese  geketschert. 

Genus   Odontothrlps  Halid. 

12.  Odontothrips  ulicis  Halid.  var.  meridionalis  nov.^ 
Durazzo,  18.  V.  17,  2  9  9  in  Blüten  von  Spartium  L.  (Karny): 
27.  V.  17,   13  9  9,7  cTo^  in  Blüten  von  Sparfiimi  L.  (Karny). 

Genus  Physotlirlps  Karn}^ 

13^7.  Physothrips  atratus    Halid.    Elbasan,    27.  VI.  18, 

2  99  (Kam 3");  23.  VIII.  18,  1  9  in  Blüten  von  Vitex  agnns 
castus  L.;  24.  VIII.  18,  1  9,  2  o-J'  in  Blüten  von  Scalnosa  L.; 
3.  IX.  18,  1  9  in  Blüten  von  Scolymiis  lüspanicus  L.; 
5.  IX.  18,  1  9  auf  Blatt  von  Cnairbifa  L.;  13.  IX.  18,  2  99 
in  Blüten;  13.  IX.  18,  1  9  in  Blüten  von  CcivcJuus  L.  oder 
(Saiiiiia  coryinbosa  L. 

13  &.  Phj'sothrips  atratus  var.  adustus  Uzel.  Elbasan. 
23.  VIII.   18,   1    9    in  Blüten  von   Vitex  agiius  castus  L. 

14.  Physothrips  annulatus  Karny.  Durazzo,  27.  Y.  17. 

1  9  in  Blüten  von  Spartium  L.  (Karny).  Elbasan,  24.  \'III.  l'^. 

2  9  9    in  Blüten  von  Scabiosa  L. 

17)  a.  Physothrips  ulmifoliorum  Halid.  Elbasan, 
16.  IX.   18,   1    9    geketscliert. 


1  \'on  ulicis  Hai.  durch  rudimentären  Zahn  an  den  \'oiderschienen 
und  ganz  dunkles  4.  Fühlerglied  verschieden  und  vielleicht  .Species. 

-  Physothrips  ulmifoliorum  var.  obscurus  Uzel  bezieht  sich  ver- 
mutlich teilweise  auf  Phj^sothrips  Schillei  Pries.  9-  Ptiys.  nlniifolioniin 
Hai.  ist  von  PJiys.  Schillei  Pries.,  wie  ich  neuerdings  vermute,  spezifisch 
verschieden.  Auch  Physopus  var.  annitlicontis  Uzel  ist  von  ulinifoliuniin 
(Hai.)  Uzel  spezifisch  verschieden.  Fraglich  ist,  ob  annuliconüs  Uzel  mit 
Schillei  artgleich  ist  oder  nicht.  Beide  Arten  zeigen,  so  scheint  es,  dieselbe 
Fühlerbildung  und  sind  vorläufig  nur  durch  die  Färbung  voneinander 
zu  trennen.  Die  Fundplätze  der  beiden  letztgenannten  Formen  sind  ver- 
schieden. Ph.  Schillei  k"mmt  stets  auf  Sträuchern  vor  (Salix,  Bciiila,   Caryliis), 


i 


Zur  Thysanoptoren-Fauna  Albaniens.  1  28 

15  b.  Phj'sothrips  ulmifol.  var.  Salicis  Reut,  und  \ar. 
obscurus  Uzel-  Elbas  an,  14.  IX.  18,  Anzahl  9  9  auf 
Sdlix  L. 

16.  Physothrips  Schillei  Pries.  Elbasan,  15.  IX.  18, 
auf  Weiden  am  Ufer    des  Skumbi;   1(3.  IX.   18,  Anzahl    9  9, 

3  c^cf  geketschert  am  Skumbi-Ufer;  18.  IX.  18,  3  99 
geketschert.  Elbasan-Susica,  14.  IX.  18,  Anzahl  9  9,5  oi" 
auf  Salix. 

\7  a.  Physothrips  Frici  Uzel.i  Medua,  28.  IX.  18,  1  9  in 
Fruchtzapfen  von  Hniiiuliis  liipiilus  L.  Bazar-Sjak,  14.  IX.  17, 
1  9  (Karny).  Elbasan-Susica,  18.  IX.  18,  1  d"  auf  Sumpf- 
wiese geketschert;  14.  IX.  18,  1  9  geketschert.  Elbasan, 30. \'1. 18, 
7  99  geket.schert  (Karny);  23.  VIII.  18,  4  9  9,  1  o^  in 
Blüten  von  Vitcx  agniis  casius;  25.  MII.-  18,  1  9,  1  o'"  am 
Ufer  des  Skumbi  geketschert;  31.  MII.  18,  1  9  von  Tüiudrix 
gallica  L.  geketschert;  IX.  18,  1  9  geketschert;  3.  IX.  18, 
26  9  9  in  Blüten  von  Scolynins  hispunicus  L.;  13.  IX.  18, 
Anzahl  9  9  und  cTo"'  in  diversen  Blüten;  13.  IX.  18,  große 
Zahl  9  9,  2  cTcf  in  Blüten  von  Cur  Jims  L.  und  Cdiiinci 
coryuibosa  L.;  15.  IX.  18,  2  9  9  von  Tu  mar  ix  geketschert; 
18.  IX.    18,     1    9     in    Blüten    von    Echinops    L.;     18.    IX.    18, 

4  99     geketschert;     19.    IX.     18,    27    9  9     unter    Rinde    von 


Ph.  annitliconüs  fand  ich  bis  jetzt  stets  nur  im  Rasen  oder  dui-ch 
Ketschern  aufwiesen.  Erst  die  Entdeckung  des  q"  von  ivintilicornis 
würde  uns  zeigen,  ob  wir  es  hier  mit  zwei  verschiedenen  Arten  oder  nur 
mit  Farbenformen  einer  und  derselben  Art  zu  tun  haben. 

Die   drei  genannten  I'ormen  können  folgend  getrennt  werden: 

1"  Fühler  länger,  das  sechste  Fühlerglied  so  lang  oder  seltener  etwas 
kürzer  als  das  dritte  Glied;  Fühler  bei  ausgefärbten  Exemplaren  gänzlich 
dunkel  graubraun  oder  die  mittleren  GHeder  hell  und  grau  geringelt. 

2"  Körperfarbe  dunkelbraun,  Fühler  graubraun,  das  sechste  Fühler- 
glied des   (-/'  ungewöhnlich  stark  verlängert Schillei  Pries. 

2'  Körperfarbe  hellgelb,  einzelne  Stellen  am  Körper  grau  getrübt,  die 
mittleren  Fühlerglieder  gelb,  grau  geringelt.   (^  unbekannt,  .anntilicornis  Uz. 

1'  Fühler  kürzei',  das  sechste  Fühlerglied  stets  etwas  länger  als  das 
dritte  Glied ;  das  dritte  und  vierte  Fühlergiied  heller  als  die  übrigen,  gelb- 
lich, das  vierte  mitunter  gegen  die  Spitze-  dunkler.  Sechstes  Fühlergiied  des 
cf  normal  gebaut uliiiifolioniin  Hai. 

1   :=  I-'ii/Jirifs  daliitaiicü  Karny. 


124  H.  Priesncr, 

OJcci  ciimjHiCLi   L.:    'j!0.   IX.    IS,  3    ?  ?     unter  Rinde    von    Olca 
(Mader). 

1 7 /\   Physothrips    Frici    \"ai".    croceicollis    m.  nov.   Kopf 
und    Abdomen    j',raubraun,     "l'horax     safrangelb.     Beine    gelb, 
Flügel  nur  sehr  schwach  getrübt.   Mamuras,  \-\.  \'1II.   18,  1    9 
im    Eichenwald    geketschert    (Karnyi.    Elbasan,  ö.   IX.    18., 
1    ?    im  Gesiebe  (Mader). 

1  7  c\  Physothrips  Frici  \ar.  discolor  Kivvny  {-uz  Eiührips 
discolnr  Karny).  Elbasan,  \?k  IX.  18,  l:  ?  ?  in  Blüten; 
2:').  \\\\.    18,  2    ?  9    in   Blüten   von    Mtcx  ii^'nus  i\is/iis  L. 

17  t/.  Physothrips  Frici  var.  lythri  Karny  (zzi  Eulhrips 
lytliri  Karnyi.  Elbasan,  o.  IX.  18,  1.'^  o":'  in  Blüten  von 
Scvlyiiiiis  hispüiiicus  E.;  IL  IX.  18,  1  9,  1  cf  geketschert: 
lo.  IX.  18,  einige  9  9,  Aiizahl  cT ::  in  Blüten  von  CdrJiiiis  L. 
und  Ciirliihi  coryiuhosa  E.;  IM.  IX.  18,  1  9,  Anzahl  od  in 
Blüten:  17).  IX.  18,  1  9  am  Ufer  des  Skumbi  geketschert: 
\'d.  IX.  18,  1  9  geketschert;  10.  IX.  18,  1  9  unter  Rinde 
\"on    Olca   ciii'ojhic'c!   E. 

Genus  JFrankliniella  Karny. 

18.  Frankliniella  robusta  Uzel  (?;.  Ruskuli,  24.  IX.  18, 
1    9    stark  defekt,  tot  an  Nicotiana-'Q\eii\.  klebend. 

19.  Frankliniella  tenuicornis  Uzel.  Elbasan,  28.  MII.  18, 
3  9  9  im  Rasen;  Anfang  IX.  18,  1  9  im  Gesiebe  am  Rande 
eines  Sumpfes  (Mader);  10.  IX.  18,  1  9  am  Skumbi -Ufer 
geketschert.  Elbasan-Susica,  14.  IX.  18,  1  9  auf  Sumpf- 
wiese geketschert. 

20  t/.  Frankliniella  intonsa  Trybom.  Skutari,  14.  I\'.  18, 
1  9  angeflogen  (Kam}').  Medua,  28.  IX.  18,  1  9  ge- 
ketschert. Sukshi,  23.  VII.  18,  3  99  geketschert  (Karny;. 
Elbasan,  23.  VIII.  18,  1  9,  1  -f  in  Blüten  von  Vif  ex  agniis 
castii>  L.;  28.  VIII.  18,  2  9  9  geketschert;  3.  IX.  18,  1  9  in 
Blüten  von  Scolynins  hisjuiiiiciis  L.;  9.  IX.  18,  1  9  ge- 
ketschert; 13.  EX.  18,  7)  9  9  in  Blüten;  13.  IX.  18,  2  9  9  m 
Blüten  \-on  Carduus  oder  Cürlliiü  coryiiihosu;  14.  IX.  18, 
3    9  9    auf  Sumpfwiese  geketschert. 


Zur  TIiysaniipteren-i'"aiinii  Albaniens.  125 

20b.  Frankliniella  intonsa  \ar.  adusta  Uzcl.  Elbasan, 
2").  VIII.  1(S,  Anzahl  9  9  in  Blüten  von  Lvflinini  salicaria  L.; 
'^.  IX.   18,    1    9    in  Blüten  von  Scolvnnis  /ns/niniats  L. 

21.  Frankliniella  pallida  Uzel.  Elbasan,  H.  IX.  18, 
4    9  9,    einige   cJ'o      in    Blüten    von     Scolyniiis    hispüuiciis    L. 

Genus   Thrips  L. 

22  ü.  Thrips  physapus  L.  Elbasan,  '2:5.  VIII.  18,  4  99 
in  Blüten  von  VHcx  a^i^iiiis  cusfiis  L.;  24.  \'I11.  18,  2  9  9  in 
Blüten  von  SciibiosLi  L.;  'A.  IX.  18,  91  9  9  in  Blüten  von 
SLolymus  hispanicus  L.:  0.  IX.  18,  1  9  geketschert;  13.  IX.  18, 
Anzahl  9  9,  1  (^  in  Blüten;  i:^,.  IX.  18,  große  Zahl  9  9,  1  c^ 
in  Blüten  von  Cardiiiis  L.  und  Carlina  Loryuihi)sa  L.; 
18.  IX.   18,   1   9   geketschert. 

22  h.  Thrips  physapus  var.  flavescens  Pries,  cf  El- 
basan, 8.  IX.  18,  43  Exemplare  in  Blüten  von  Sl-oIviiius 
lüspanictis  L.;  13.  IX.  18,  große  Zahl  in  Blüten  von  CarJims 
und   Caiiiiui  coiynibosa  L. 

22  c.  Thrips  physapus  var.  adustus  Uzel.  Elbasan 
3.  IX.  18,  3  9  9  in  Blüten  von  Sfolvniiis  liispanicus  L.; 
13.  IX.  18,  3  9  9  in  Blüten;  13.  IX.  18,  Anzahl  9  9  in 
Blüten  \-on   Cardtuis  und   (\irlina  coryiubosa  L. 

2'6  a.  Thrips  tabaci  Lindem.  Medua,  28.  IX.  18,  2  9  9 
in  Blüten  von  <)-ifIiii!!ini  inarifininni  L.;  28.  IX.  18,  5  9  9 
in  Fruchtzäpfchen  von  HiniiiiJus  iupiihis  L.  Mamuras, 
3.  VIII.  18,  1  9  in  Eichenwald  geketschert  (Karnyj.  Stobrdo, 
28.  VIII.  18,  1  9  in  .4s-/c^/--BIüten.  Sasso  bianco,  7.  VUl.  18, 
9  9  9,  3  (^(^  in  Blüten  fKarny).  Elbasan,  \4II.  18,  1  9 
im  Gesiebe  am  Rande  eines  Reisfeldes;  23.  MII.  18,  große 
Zahl  9  9  in  Blüten  von  Vit  ex  agmis  castus  L.;  24.  VIII.  18, 
20  9  9,  2  Jo"  in  Blüten  von  Scabiosu  L.;  20.^11.  18, 
Anzahl  9  9  in  Blüten  von  Lyttinnn  salicaiia  L. ;  25.  \41I.  18, 
einige  9  9  am  Skumbi-Ufer  geketschert;  28.  VIII.  18,  1  9 
im  Rasen;  28.  Alll.  18,  große  Zahl  9  9  in  Blüten  von  Daiicus 
carota  L.;  28.  \4I1.  18,  große  Zahl  9  9  in  Blüten  von  AchilJea 
inillefolium  L.;  IX.  18,  (\  9  9  in  Labiatt'ii-müicn;  3.  IX.  18, 
4    9  9    in  Blüten  von   Scotyiiins  Itispauicus  L.;   5.  IX.  18,    1   9 

Sitzb.  d.  malhem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  12«.  Bd.  10 


126  H.  Priesner, 

im  Gesiebe;  13.  IX.  18,  einige  9  9  in  Blüten  von  Carduiis 
und  Cüiiina  coryuibosa  L.;  13.  IX.  18,  große  Zahl  9  9  in 
diversen  Blüten;  15.  IX.  18,  4  9  9  auf  Tamarix;  16.  IX.  18, 
1  9  geketschert;  18.  IX.  18,  2  9  9  geketschert.  El bas an- 
Susi ca,  14.  IX.  18,  2  9  9  auf  Sumpfwiese  geketschert. 
Fieri,   18.  IV.   18,   1    9    geketschert  (Karny). 

23  b.  Thrips  tabaci  var.  pullus  Uzel.  Sukshi,  23.  VII.  18, 
geketschert  (Kam}'). 

24a.  Thrips  major  Uzel.  Ferruk.  24.  X.  17,  20  99 
in  Blüten  einer  Liliacee.  Elbasan,  13.  IX.  18,  2  9  9  in 
Blüten. 

24  b.  Thrips  major  Uzel  var.  mit  stark  getrübten  Flügeln 
und  dunkleren  Beinen  (?  =  meledensis  Karny).  Ferruk, 
24.  X.  17,  einige  9  9  in  Blüten  einer  Liliacee.  Elbasan, 
3.  IX.  18,  1  9  im  Rasen.  Fieri,  18.  I\;  18,  2  99  ge- 
ketschert. 

24  c\  Thrips  major  Uz.  var.,  ganz  licht.  Durazzo, 
10.  \'{.    17,   1    9    in  Blüte  von  Piiiiica  gniuatiim  L.    (Karn\'). 

25.  Thrips  viminalis  Uzei.i  Elbasan,  28.  VIII.  18,  1  9 
geketschert;  14.  IX.  18,  2  9  9  auf  Sumpfwiese  geketschert; 
15.  IX.   18,   1    9    auf  Salix  L. 

26.  Thrips  palustris  Reut.  Skutari,  26.  V.  18,  1  9  in 
Blüte  won  Passiflora  (Karny).  Ochrida,  13.  \4II.  18,  1  9  am 
Sumpfe  (Karny). 

27.  Thrips  obsoletus   Uzel. 

9:  Körperfarbe  gelb  oder  sattgelb  bis  orangegelb,  Kopf 
oft  vor  den  Augen  und  im  Nacken,  ferner  Prothorax  und 
Pterothorax  auf  der  Scheibe,  dann  die  Dorsalsegmente  des 
Abdomens  oftmals  grau  getrübt  oder  mit  grauen  Zeichnungen. 


1  Die  Cotypen  von  Tlirips  salicariiis  Uzel  und  T.  riminiilis  Uzel, 
welche  sich  im  Wiener  naturhistorischen  Museum  befinden,  vermag  ich 
voneinander  nicht  zu  unterscheiden.  Bei  den  albanischen  Exemplaren  ist 
der  Kopf  wohl  deutlich,  aber  nur  sehr  wenig  breiter  als  lang  und  das 
fünfte  Fühlerglied  legt  sich  mit  ziemlich  breiter  Fläche  an  das  sechste  an. 
Die  Flügel  sind  gleichmäßig  dunkel  getrübt.  Das  (f  zeigt  auf  dem  dritten 
bis  sechsten  Ventralsegment  je  eine  elliptische,  das  siebente  eine  rundliche, 
lichte  Vertiefung.  Diese  auf  Weiden  auch  in  Österreich  vorkommende.  .-\rt 
ist  von  major  Uzel   sicher  spezifisch  verschieden. 


1 


Zur  ■riiysanoptcrcn-Fauna  Albaniens.  127 

Außenseite  der  Schenkel  und  Schienen  ebenfalls  oft  grau 
getrübt.  Augen  sclivvarz  und  rot  pigmentiert,  Stirnaugen  hell- 
rot oder  orangerot  pigmentiert. 

An  den  Fühlern  das  erste  und  dritte  Glied  ganz  hell; 
das  erste  nur  bei  sehr  dunklen  Exemplaren,  das  ganze 
zweite  und  die  Spitze  des  vierten  Gliedes  mehr  oder  weniger 
stark  grau  getrübt,  die  distale  Hälfte  des  fünften  Gliedes 
stets  stark  getrübt,  das  sechste  und  siebente  Glied  schwärz- 
lich, das  sechste  an  der  Basis  grau  durchscheinend. 

Flügel  gelblich  oder  ganz  hell,  die  \-orderen  mit  drei, 
oft  nur  zwei  Borsten  an  der  distalen  Hälfte  der  Außenader. 
Die  Borsten  auf  dem  Körper  sehr  licht. 

Kopf  breiter  als  lang,  an  den  Seiten  leicht  gewölbt,  nach 
hinten  nicht  verengt.  An  den  F'ühlern  das  dritte  Glied  das 
längste,  das  zweite  und.  vierte  Glied  last  gleich  lang,  das 
fünfte  länger  als  das  siebente.  Stylus  länger  als  bei  Thrips 
flavHs  .Sehr.    . 

Prothorax  viel  breiter  als  der  Kopf,  nach  x'orn  \-erengt. 
Pterothorax  ziemlich  mächtig,  Abdomen  mäßig  breit. 

Körpermaße:  Fühler,  1.  Glied  0-OlG  bis  0-019  luni 
lang,  0-024  mw  breit;  2.  Glied  0-035///;«  lang,  0-024 //////. 
breit;  3.  Glied  0-046  itmi  lang,  0*019  mm  breit;  4.  Glied 
0-038 //////  lang,  0-019;/«//  breit;  5.  Glied  O'O'l  mm  lang, 
0-019«////  breit;  6.  Glied  0-048  ww  lang,  0-018«////  breit; 
7.  Glied  0-019//////  lang,  0-008  mm  breit.  Kopf  0-102  m/// 
lang,  0-136  m///  breit.  Prothorax  0-128  //////  lang,  0-179////// 
breit.  Pterothorax  0-238  w/m  lang,  0-23//////  breit.  Abdomen 
0-68  7«m  lang,  0-238  mm  breit. 

Gesamtlänge   1  mm,. 

■S".  Hellgelb,  Rücken  oft  sehr  schwach  getrübt,  die  ersten 
vier  Fühlerglieder  hell,  das  fünfte  an  der  Spitzhälfte,  das 
sechste  und  siebente  ganz  dunkel,  das  sechste  an  der  Basis 
meist  hell.  Kleiner  als  das    9. 

Thrips  obsoletus  ist  von  Tlirips  flaviis  Sehr,  durch  die 
hellen  Borsten  am  Körper,  von  dessen  yiw.  flavosetosus  Pries. 
durch  dunklere  Flügel,  kürzere  Fühler  (kürzere  mittlere 
Glieder),  aber  längeres  letztes  Glied  und  die  Fühlerfärbung 
spezifisch    verschieden.    Ich    habe    eine    große    Zahl    (gegen 


128  H.  Priesner, 

1">00  Exemplare!!  untersucht  und  die  angegebenen  Merkmale 
konstant  gefunden.  Von  Uzel  war  obsolefiis  als  \'arietät  von 
Thrips  ßavtis  Seh.  aufgefaßt  worden,  genannter  Autor  kon- 
l'undierte  ohsoleUis  mit  der  hellborstigen  y7c/r//.s-Form. 

Im  männlichen  Geschlecht  ist  ßaviis  von  obsoletiis  durch 
das  plötzlich  getrübte  letzte  Drittel  des  fünften  Fühlergliedes 
(bei  ohsoleUis  ist  die  Endhälfte  getrübt),  ferner  durch  kürzere 
Fühler  gut  zu  unterscheiden. 

iMedua,  28.  IX.  18,  81  9  9,  61  <^z  in  den  Frucht- 
zäpfchen von  Humnlns  lupnliis  L.^ 

28.  Thrips  nigropilosus  Uzel.  Elbas  an,  5.  IX.  18,  2  9  9 
forma  macropt.  im  Gesiebe. 


Genus  BaUofhHp^  Uzel. 

29  ü.  Baliothrips  dispar  Halid  {=.  Bagnallia  agnessae 
Bagn.).  Elbasan-Susica,  14.  IX.  18,  5  9,  1  cT  auf 
Scirpus  L.;  16.  IX.  18,  4  9  9  geketschert.  Elbasan,  18.  IX.  18, 
12    9  9,  2  cfcT    am  Ufer  des  Skumbi  auf  Scirpus  L. 

29  h.  Baliothrips  dispar  var.  ustulatus  m.  nov.  Körper- 
farbe graubraun,  Abdomen  hellgrau,  die  zwei  letzten  Abdominal- 
segmente dunkel;  an  den  Beinen  die  Schienen  an  der  Spitz- 
hälfte hellgelb,  sonst  wie  die  typische  Form  gefärbt.  Elbasan- 
Susica,   18.  IX.   18,   1    9    auf  Scirpus  L. 


Subordo  TiihuUfera, 
'    .  Familie  JPhloeotJiripidae. 
Genus  Jiacillothrips  Buffa. 

30.  Bacillothrips  longiceps  O.  M.  Reut.  (?)    Das  einzige 
erbeutete  Exemplar  ist  wegen  der  Körperform  und  des  leicht   1 
nach     innen     gekrümmten,     röhrenförmigen     Fortsatzes      des 
sechsten  Segmentes  des  cf  sicher  in  das  Genus  Bacillothrips 


1  Auch  bei  Linz   in  Obeiösterre  ich  fand  ich  TJirips  ohsolettts  \]  z&\ 
in  ungehenren   Mengen  in   Hopfenzapfchen. 


Zur  Thysaiiopteren-Fauna  Albaniens.  129 

Buffa  zu  stellen  und  mit  B.  üiiLiiris  Biiffa  sehr  nahe  ver- 
wandt, vielleicht  sogar  identisch,  e--  -cheint  mir  aber  auch 
die  Beschreibuni;-  des  Reuter'schen  Mc^^alothrips  loiigiccps^ 
gut  auf  dieses  Tier  zu  passen,  weshalb  ich  das  einzige 
albanische  Exemplar  vorläuhg  als  B.  lougiceps  Reut,  be- 
zeichne und  eine  kurze  Beschreibung  desselben   folgen  lasse. 

cT:  Körperfarbe  schwarz,  äußerste  Basis  der  Schenkel 
und  äußerste  Spitze  der  Schienen  schmal  bräunlich,  Tarsen 
gelbbraun.  Fühler  schwarz,  das  zweite  Glied  an  der  Spitze 
bräunlich,  das  di^itte  Glied  gelb,  das  vierte  gelb»  im  Spitzen- 
drittel dunkel,  das  fünfte  Glied  nur  ;m  der  Basis  bräunlicli, 
sonst  dunkel,  die  folgenden  Glieder  schwarz. 

Das  erste  Fühlerglied  langgestreckt,  etwas  länger  als 
das  zweite,  dieses  birnenförmig,  das  dritte  sehr  lang,  das 
längste  im  ganzen  Fühler,  anfangs  schmal,  parallel,  gegen  die 
Spitze  keulig  verbreitert,  das  vierte  um  zirka  ein  Drittel 
kürzer  als  das  dritte,  das  fünfte  etwas  kürzer  als  das  vierte, 
beide  zusammengenommen  jedoch  etwas  länger  als  das 
dritte,  die  folgenden  Glieder  abnehmend  kürzer,  das  achte 
schmal  und  lang,  länger  als  das  vorhergehende. 

Körper  sehr  schmal  und  langgestreckt.  Kopf  zirka 
dreimal  so  lang  als  breit,  hinter  den  Augen  verengt,  dann 
nach  hinten  wieder  erweitert,  hinter  den  Augen  mit  der 
normalen,  .starren,  kleinen  Postokularborste,  die  Kopfseiten 
dahinter  jederseits  mit  fünf  bis  sechs  kleinen  Bör.stchen. 

Prothorax  und  Pterothorax  einander  gleich  breit, 
Prothorax  um  nicht  ganz  die  Hälfte  kürzer  als  der  Kopf, 
Pterothorax  quadratisch.  Flügel  fehlen. 

Abdomen  lang  und  schmal,  das  sech.ste  Segment  seit- 
lich jederseits  mit  einem  röhrenförmigen  Anhang,  der  an  der 
Spitze  nach  abwärts  und  innen  gekrümmt  ist  und  (wenn  die 
Segmente  eingezogen  sind)  das  Körnchen  am  Hinterrande 
des  siebenten  Segmentes  nicht  ganz  erreicht.  Am  achten 
Segment  befindet  sich  ebenfalls  jederseits  ein  kleines  Höcker- 
chen    am    Seitenrande.     Das     neunte     Segment     ventralseits 


1   Pst  sehr    wahrscheinlich    gleichfalls    dem  Genus  Bacillolhi-ips  B.  hei- 
zuziehen. 


1  30  H.  Priesner, 

scluippenförmig  verlängert;  Tubus  kurz,  nur  halb  so  lang  als 
der  Kopf,  nach  hinten  verengt,  dann  wieder  leicht  verbreitert, 
gegen  die  Spitze  jedoch  abermals  verengt. 

Körpermaße:  Fühler,  I.Glied  0' 068 //////-  lang;  2.  Glied 
0"OGm«/  lang;  8.  Glied  ()-'l'6nnn  lang;  4.  Glied  0-145  fm;/ 
lang;  5.  Glied  0' 119  ;;/;;/  lang;  0.  Glied  0-085 //r/w  lang; 
7.  Glied  0-051  ;// 7//  lang;  8.  Glied  0-06  Q)  mm  lang.  Kopf 
0-68  7// w  lang,  0-221  ///;//.  breit.  Prothorax  0-23  bis  0-2d  mm 
lang,  0-43  mm  breit,  Pterothorax  zirka  0-43  mm  lang,  0*43  mm 
breit.  Abdomen  1-96 ///7/;  lang,  am  vierten  Segment  0-476 /«w^, 
am  siebenten  Segment  0-306  •;//;7/  breit.  Tubus  0-34  7/«/^  lang, 
an  der  Spitze  0-06  77/77^  breit. 

Gesamtlänge  (im  geschrumpften  Zustande):  3'4  mm. 

Elbasan,  4.  IX.  18,  1  cT  zwischen  den  Halmen  einer 
Gramiiiee. 

Genus  Crifptothvips  Uzel. 

31.  Cryptothrips  Icarus  Uzel  f.  aptera.  Elbas  an. 
IX.  18,  1  cf  im  Gesiebe;  5.  IX.  18,  1  ?,  1  ^  im  Gesiebe; 
15.  IX.   18,   1  cT  im  Gesiebe. 

32.  Cryptothrips  bicolor    Heeger.  Elbas  an,    5.  IX.   18, 

1  cT  im  Gesiebe. 

Genus  Pseudocyyptothrljjs  Priesn. 

33.  Pseudocrj'ptothrips  meridionalis  Priesn.  Elbas  an, 
IX.   18,    1    9    im    Gesiebe    am  Ufer    eines    Baches;   1.  IX.   18, 

2  9  9  im  Geniste  am  Ufer  eines  Baches;  5.  IX.  18,  1  9  im 
Gesiebe. 

Genus  MaplothripH  Serv. 

34  c/.  Haplothrips  statices  Halid.  Elbasan,  1.  VI.  18, 
einige  Exemplare  in  Blüten  von  CJwmomilla  L.  (Karny); 
VI.  18,  ]  d-  (Karny);  30.  VI.  18,  in  Anzahl  geketschert 
(Karny). 

34  b.  Haplothrips  statices  var.  trifolii  m.  nov.  Diese 
Form  imterscheidet  sicli  von  statices  Hai.  durch  kleinere 
Gestalt  und  ganz  helle  Flügel.  \'on  HapJolJirips  jnncornm 
Bagn.  ist  sie  durch  längeren  Tubus  sofort   zu  unterscheiden, 


Zur  Thysanripteren-Fauna  Albaniens.  lol 

von  den  übrigen  Arten  durch  die  rudimentären  Postokular- 
borsten.  .Sie  findet  sich  in  Österreich  häufig  in  Blüten  von 
Trifoliuni  prafcnse  L.  Elbasan,  30.  VI.  18,  geketschert 
(Karny);  28.  MII.  18,  1  9  und  4  Larven  in  Blüten  von 
AclnlJea  luillefoliiun  L.  Durazzo,  18.  V.  17,  geketschert 
(Karny). 

3ö.  Haplothrips  juncorum  Bagn.  (?)  Stobrdo,  28.  MK.  18, 
1    9    in  .4.s^/<;^r-Blüte  (Karny). 

36  a.  Haplothrips  distinguendus  Uzel.  Mamuras, 
10.  IX.  18,  1  9  angeflogen  (Karny).  Ruskuli,  24.  IX.  18, 
1  9  am  Strande  geketschert.  Elbasan,  24.  VIII.  18,  große 
Zahl  9  9  und  cTö"  in  Blüten  von  Scabiosa  L.;  31.  VIII.  18, 
auf  Tu  um  rix  gaUica;  9.  IX.  18,  1  9  geketschert  (Mader); 
13.  IX.  18,  1  Exemplar  und  1  Larve  in  Blüten;  18.  IX.  18, 
1  o  in  Echinnps-B>\ü\.Q\  18.  IX.  18,  2  9  9  im  Gesiebe  am 
Rande  eines  Reisfeldes;  19.  IX.  18,  Anzahl  9  9  und  cTcf 
unter  Rinde  von  OIca  curopaea  L.  (darunter  einige  cfcf  var. 
crassipes  Pries.). 

30/'.  Haplothrips  distinguendus  var.  alpestris  Priesn. 
Elbasan,  18.  IX.  18,  1  9  geketschert;  19.  IX.  18,  einige 
Exemplare  unter  Rinde  von   Oka  eiiropaea   L. 

37.  Haplothrips  phyllophilus  Priesn. 

Diese  vielleicht  zu  Hiudsiaua  Karny  gehörige  Spezies 
habe  icli  bisher  noch  nicht  genauer  beschrieben. 

Körperfarbe  ('infolge  des  außerordentlich  reichlichen 
Hypodermalpigmentes)  rotbraun  bis  schvvärzlichbraun.  Die 
hartchitinigen  Teile  des  Körpers  sind  braun  oder  schwarz- 
braun, ähnlich  wie  bei  H.  aciilcatns  F'abr.  gefärbt.  Fühler 
hellgelb,  in  der  Regel  nur  das  erste  und  zweite  (dieses  an 
der  Spitze  hell)  Glied  und  sechste  bis  achte  Glied  braun,  oft 
aber  das  fünfte  Glied  hellgrau  getrübt,  in  seltenen  Fällen 
(kleine  cfcT!)  sämtliche  Fühlerglieder  wenigstens  oberseits 
hellgrau  getrübt.  Beine  braun,  Vorderschienen  gegen  die 
Spitze  gelb,  alle  Tarsen  und  die  äußerste  Spitze  der  Mittel- 
und  Hinterschienen  gelblich,  manchmal  aber  die  Mittel-  und 
Hintertarsen  ganz  leicht,  grau  getrübt.  Die  Borsten  an  den 
Hinterecken  des  Prothorax  und  die  Postokularborsten  sind 
braun,  an  der  äußersten  Spitze  jedoch  ganz  hell. 


132  H.   I'iiesner. 

Kopf  ziemlich  lani;-,  an  den  Seiten  i^ieichmäßii;"  gerundet, 
hinten  leicht  verengt,  tini  n-12  mehr  lang  als  breit,  Postokular- 
borsten   lang  und   deutlicli,  Mundkegel   breit  gerundot. 

An  den  P'ühlern  das  erste  Glied  kui'z,  das  zweite  und 
dritte  Glied  imgefähr  gleich  lang,  das  dritte  an  der  Basis  sehr 
dünn,  das  vierte  meist  etwas  länger  und  deutlich  breiter  als 
das  dritte  und  fast  so  breit  als  das  zweite,  das  fünfte  so 
lang  wie  das  vierte,  die  folgenden  Glieder  abnehmend 
kürzer. 

Prothorax  deutlich  breiter  als  der  Kopf,  an  seinen 
Vorderecken  imd  in  der  r^litte  des  Seitenrandes  mit  je  einer 
starren,  mäßig  langen,  dunklen  Borste,  an  seinen  Hinterecken 
mit  je  zwei  langen  Borsten;  diese  Borsten  sind  an  der 
Spitze  meist  abgestutzt. 

Pterothorax  kaum  breiter  als  der  Prothorax;  Flügel 
in  der  Mitte  sohlenförmig  verengt,  ganz  klar,  am  Hinterrande 
des  Vorderflügels  sind  acht  bis  elf  Fransen  eingeschaltet. 
Abdomen  normal  gebaut.  Das  zweite  bis  siebente  Abdominal- 
segment mit  je  zwei  Paaren  Flügelsperrdornen.  Die  Seiten- 
borsten am  Abdomen  spitzig  und  dunkel.  Tubus  sehr  kurz, 
um  0"4(j   kürzer  als  der  Kopf. 

Körpermaße  (typisches  Exemplar):  Fühler,  1.  Glied 
0-024  inm  lang,  0-029/;//«  breit;  2.  Glied  0'043 //////  lang, 
0-027  mm  breit;  3.  Glied  0-043  bis  0-046  //////  lang,  0-022  iniir 
breit;  4.  Glied  0-04G  bis  0-049//////  lang,  0-026//////  breit; 
5.  Glied  0-049  mm  lang,  0-024//////  breit;  6.  Glied  0-041 ////// 
lang,  0-022  mm  breit;  7.  Glied  0-038//////  lang,  0-019  ////// 
breit;  8.  Glied  0-026  //////  lang,  0-012  //////  breit.  Kopf  0-187  ;////; 
lang,  O'l&Z  mm  breit.  Prothorax  Ol  19 //////  lang,  0-238////// 
breit.  Pterothorax  0-289//////  lang,  0-2öö  iiiui  breit.  Abdomen 
0-68;/////  lang,  0-272  mm  breit.  Tubus  0  102  bis  0-119////// 
lang,  an  der  Basis  O-Oöl  bis  0-06  //////,  an  der  Spitze 
0  •  034  mm  breit. 

Gesamtlänge    1-2  bis   \-v>niui. 

Durch  den  kurzen  Tubus  mit  Haplothrips  iicnleiitns Fahv., 
ohscnripcmiis  Bagn.  und  jiiiuonuu  Bagn.  verwandt,  unter- 
scheidet sich  phyUopJiiliis  von  aciilcatiis  F.  durch  die  in  der 
Ahtte  fast  stets  hellen  Fühler,  die  dunklen,  an  der  Spitze  fast 


Zur  'IMiysaiKipteien-Faunn  Albaniens.  133 

stets  abgestutzten  Prothoraxborsten,  von  obsciin'pennis  Bai;n. 
durch  die  abgestutzten  Borsten  und  die  glashellen  Flügel, 
ferner  die  FWhlerbildung  und  von  Jiniconnn  Bagn.  durch  die 
langen   Postokular-    und  Prothoracalborsten. 

Die  Spezies  findet  sich  fast  ausschließlich  auf  Blättern 
der  Laubbäume,  besonders  Fagns,  Ouercits  und  Platanus, 
Die  T^'pen  stammen  aus  Steiermark  ('Umgebung  Graz, 
V.   1914). 

In  Albanien  fand  ich  diese  Art  in  Elbasan,  24.  VIII.  18 
(1    9)  auf  P/.?/./;///.s--Blatt. 

38.  Haplothrips  tritici  Kourd.  Baldrin-Sumpf,  8.  VIII.  18^ 
1  9  (?)  auf  Tum  Li  rix  (Karn^^).  Elbasan,  3.  IX.  18,  3  Stück 
in  Blüten  \^on  Scolymus  hispaniciis  L  ;  13.  IX.  18,  2'2  Stück 
in  Blüten  von   Carduus  L.;  27.  VI.    18  (Karnyj. 

31>.  Haplothrips    aculeatus    Fabr.    Medua,    22.    IX.    18^ 

1  Exemplar  in  Fruchtzäpfchen  von  Huuitdus  lupuhis  L.; 
28.    IX.    18,    3    9  9,     1    cf    geketschert.    Ruskuli,    10.  IX.    17, 

2  9  9,  \  -:!'  auf  einer  schilfartigen  Grauiinet'  am  Strande 
(Karnyj;  24.  IX.  18,  3  9  9,  3  d'o"  am  Strande  geketschert- 
Biza,  22.  A'll.  18,  1  Stück  geketschert  (Kam}').  Mamura.s, 
3.  \'1II.  18,  in  Eichenwald  geketschert  (Karny).  Rogozina, 
21.  IX.  18,  3  Exemplare  auf  Tamarix.  Elbasan,  29.  VI.  18, 
1  cf  (Karny);  30.  VI.  18,  4  Stück  geketschert  (Kam}'); 
\'III.  l'^,  am  Ufer  des  Skumbi  am  Rande  eines  Reisfeldes 
gesiebt;  \'1II.  18,  1  Stück  am  Ufer  des  Skumbi  geketschert; 
23.  MIl.  18,  1  cT  in  Blüten  von  Vitex  aguus  castus  L. ; 
25.  VIII.   18,    in    großer  Zahl    am    Skumbi -Ufer  geketschert; 

•  28.  VIII.  18,  4  Exemplare  im  Rasen:  28.  VIII.  18  geketschert; 
IX.  18,  1  cf  im  Gesiebe  am  Ufer  eines  Baches;  Anfang  IX.  18. 
5  Exemplare  im  Gesiebe  am  Rande  emes  Sumpfes;  15.  IX.  18, 

3  9  9     am    Ufer    des    Skumbi    auf    Tauiarix  L.;    15.   IX.    18, 

4  Exemplare  geketschert;  18.  IX.  18,  3  Exemplare  auf 
Paliurus  australis  Gärt,  und  Oucrcus  laniigiuosa  Thuill. 
Elbas  an-Susica,  14.  IX.  18,  1  Stück  auf  Sumpfwiese 
geketschert;  18.  IX.  18,  große  Anzahl  und  2  Larven  auf 
Oryza  L.  Po rtica- Sumpf  bei  Fieri,  18.  IV.  18  geketschert 
(Kam  3'). 


134  H.   P,ie~: 


Genus  TricJiofhn'jfs  Uzel. 

40.  Trichothrips  ripicola  m.  nov.  spec. 

9:  Körperfarbe  dunkelbraun  (Kopf  und  Prothorax  die 
dunkelsten  Partien),  an  den  P'ühlern  die  beiden  ersten  Glieder 
dunkelbraun,  das  zweite  gegen  die  Spitze  licht,  das  dritte 
Glied  gelb,  die  Spitzhälfte  leicht  grau  getrübt,  das  vierte  und 
fünfte  Glied  grau,  die  übrigen  Glieder  schwärzlichbraun. 
.Schenkel  braun,  die  vorderen  am  dunkelsten,  an  der  Spitze 
etwas  heller,  \'orderschienen  gelblich,  die  Ränder  braun 
getrübt,  Mittel-  und  Hinterschienen  lichtbraun,  gegen  die 
Spitze  gelb,  sämtliche  Tarsen  gelb. 


Fig.  1. 

Kopf  von   Trichoihrips  ripicola  Pries.  Vergr.  130fach. 

Kopf  (Fig.  1)  um  0'2  mehr  lang  als  breit,  seine  Seiten 
leicht  gerundet,  nach  vorn  und  hinten  schwach  verengt,  Post- 
okularborsten  gut  entwickelt,  an  der  Spitze  geknöpft.  Ocellen 
vorhanden,  jedoch  schwach  entwickelt.  Mundkegel  breit 
gerundet,  zirka  die  Mitte  des  Prosternums  erreichend.  An  den' 
Fühlern  das  erste  Glied  kurz,  an  der  Basis  so  breit  wie  das 
zweite,  aber  kürzer  als  dieses,  das  zweite  und  dritte  Glied 
ungefähr  gleich  lang,  das  zweite  Glied  birnförmig,  das  dritte 
Glied  kegelförmig  (seine  Seiten  geradlinig),  an  der  Spitze 
fast  abgestutzt  erscheinend,  das  vierte  so  breit  wie  das  zweite 
und  ganz  wenig  länger  als  das  dritte,  das  fünfte  kürzer  und 
schmäler  als  das  vorhergehende,  das  sechste  ebenso,  das 
siebente  Glied  so  lang  wie  das  fünfte,  das  achte  zugespitzt, 
mit  dem  siebenten  ein  Ganzes  bildend. 


I 


Zur  Thysannptercn-Fauna  Albaniens.  l30 

Prothorax  kürzer  als  der  Kopf,  in  der  Nähe  der  Vorder- 
ecken mit  einer,  in  der  Nähe  der  Hinterecken  mit  je  zwei 
mäßig  king-en,  hellen,  gekeulten  Borsten.  Vorderschenkel  ver- 
dickt, \'ordertarsen  mit  einem    schwachen  Zähnchen  bewehrt. 

Pterothorax  so  breit  wie  der  Prothorax,  Flügel  voll- 
kommen  fehlend. 

Abdomen  ziemlich  schmal,  das  erste  und  zweite  Segment 
jederseits  am  Hinterrande  mit  einer,  das  dritte  bis  achte 
Segment  mit  zwei  hellen,  gekeulten  Borsten  jederseits,  das 
neunte  Segment  mit  einem  Paar  mäßig  langen,  hellen 
gekeulten  Borsten  und  einem  Paar  sehr  langen,  hellen  und 
einfachen  Borsten  besetzt.  Schwache  Flügelsperrdornen  finden 
sich  am  dritten  bis  sechsten  Segment.  Tubus  sehr  kurz, 
konisch,  um  0*4  kürzer  als  der  Kopf,  nicht  ganz  doppelt  so 
lang  als  an  der  Basis  breit. 

Körpermaße:  Fühler,  1.  Glied  ü-0'24  uiiii  lang,  0-029  nun 
breit;  2.  Glied  0-039  bis  0-041  ;;/;//  lang,  0-028  bis  0-029  ////// 
breit;  3.  Glied  0-038  bis  0-039  ww  lang,  0-027  mm  breit; 
4.  Glied  0-043////«  lang,  0-027  bis  0-029  mm  breit;  S.Glied 
0-039  bis  0-041  mm  lang,  0-024  bis  0-026  mm  breit; 
6.  Glied  0-038;/////  lang,  0-022 //////  breit;  7.  Glied  0-038 /////? 
lang,  0-019  bis  0-02  w/// breit;  S.Glied  0-023  bis  0-0247///// 
lang,  0-012//////  breit.  Kopf  0-178 /;////  lang,  0-149  «////.  breit. 
Prothorax  0-127  //////  lang,  0-2817/////  breit.  Pterothorax 
0-238//////  lang,  0-272  mm  breit.  Abdomen  zirka  0-6S  mm 
lang,  0-289//////  breit.  Tubus  O'l  bis  0-102  mm  lang,  an  der 
Basis  0-07)7  min,  an  der  Spitze  0-034//////  breit. 

Gesamtlänge   1-2  mm. 

Durch  die  Körperfarbe  und  die  gezähnten  Vordertarsen 
mit  Tricliofhrips  iilmi  Fabr.  und  y////  Fabr.  verwandt,  unter- 
scheidet sich  die  neue  Art  von  den  genannten,  mir  unbe- 
kannten Arten  durch  die  Fühlerfärbung  und  Fühlerform  und 
die  bedeutend  geringere  Körpergröße. 

Elbasan,  15.  IX.  18,  1  9  forma  aptera  am  Skumbi- 
Ufer  ^eketschert. 


13H  H.   Priesner, 


Genus  Pltloeothrips  Hai  id. 

41.  Phloeothrips  bidens  Bagn.  (?)  \'orra,  Sommer  191.S, 
1    ?    auf  Gebüsch  (Karny). 

42.  Phloeothrips  bispinosus  m.  nov.  spec. 

cT :  Körperfarbe  dunkeli^raubraun,  das  rote  Hj'podermal- 
pigment  durchscheinend,  an  den  Fühlern  das  erste  und  zweite 
Glied  schwarzbraun,  das  dritte  Glied  an  der  Basis  imd  Spitze 
gelb,  das  vierte,  fünfte  und  sechste  graubraun,  an  der  Wurzel 
gelb,  das  siebente  und  achte  Glied  ganz  dunkel.  Beine  grau- 
braun, \'orderschienen  gegen  die  Spitze  gelblich,  \'ordertarsen 
gelblich,  Mittel-  und  Hintertarsen  grau  mit  einem  Stich  ins 
Gelbliche.  Flügel  gla.shell,  Vorderflügel  mit  einem  sehr  un- 
deutlichen grauen  Längswisch  (nicht  so  stark  getrübt  wne  bei 
bideiis  Bagn.) 

Kopf  um  0-'24  mehr  lang  als  breit,  an  den  Seiten  leicht 
gewölbt,  hinten  deutlich  eingeschnürt,  an  den  Seiten  sehr 
spärlich  mit  kleinen  Wärzchen  besetzt,  welche  kleine  Borsten 
tragen,  von  denen  die  hinterste  sehr  kräftig  entwickelt  ist, 
wie  dies  sonst  bei  keiner  der  bekannten  Arten  der  Fall  ist 
(Fig.  2).  Postokularborsten  sehr  klein  und  schwer  sichtbar 
(bei  bidens  Bagn.  lang  und  deutlich!).  Fühler  ähnlich  geformt 
wie  bei  bidens  Bagn.,  nur  ist  das  dritte  Glied  an  der  hmen- 
seite  nicht  ausgebuchtet   (Fig.  2). 

Prothorax  an  den  Hinterecken  mit  kurzen,  starren 
Borsten  besetzt,  außerdem  jederseits  mit  zwei  langen,  glas- 
hellen gekeulten  Borsten;  innerhalb  des  Seitenrandes  vor  der 
Mitte  mit  einer  sehr  langen,  gebogenen,  glashellen  Borste 
jederseits,  die  am  Ende  ein  Knöpfchen  trägt.  Vorderschenkel 
verdickt,  am  Innenrande  \'or  der  Spitze  ohne  Zahn,  auch  die 
Schienen  sind  ungezähnt,  der  \'ordertarsus  trägt  jedoch  einen 
sehr  kräftigen  Zahn. 

Pterothorax  breiter  als  lang,  Flügel  in  der  Ahtte  gleich 
breit,  fast  ungetrübt,  \-or  der  Spitze  des  hinenrandes  mit 
zwölf  eingeschalteten  Fransen. 

Die  Flügelsperrdornen  am  Abdomen  ziemlich  kurz.  Tubus 
um  0"38  kürzer  als  der  Kopf,  mehr  als  doppelt  so  lang  als 
an  der  Basis  breit. 


Zur  'riiy>ancipteren-l'"aun;i   Albaniuns. 


18: 


Körpermaße:  Fühler,  1.  Glied  0-()84/7n//  lang,  0'03(S 
bis  0-041  nun  breit;  2.  Glied  OM).")?  bis  0-0Ö9 -m/?/-  lanq-, 
0-019  mm  breit;  3.  Glied  0-078  bis  0-084  inm  lang,  0-088 
bis  0-041  tum  breit;  4.  Glied  0-081  vini  lang-,  0-041  mm 
breit;  5.  Glied  0*068  w/wi  lang,  0-082  mm  breit;  6.  Glied 
0-059  mm  lang,  0-028  mm  breit;  7.  Glied  0-046  bis  0-049  mm 
lang,  0-023  bis  ()•  024 //////  breit;  8.  Glied  0-028  mm  lang, 
0-015  bis  0-016/7//;/.  breit.  Kopf  0-289 //////  lang,  0*246 ////// 
breit.  Prothorax  0-187  7w;//  lang,  0-357///;//  breit.   Pterothorax 


Fig.  2. 

Kopf  von  Pliloeoilirips  bispiiiosiis  Pries.   Vergr.    130  fach. 


0-391  ;/////  lang,  0-442///;;/  breit.  Abdomen  0-79////;/  lang, 
0-408;///;/  breit  (erstes  Segment).  Tubus  0-179  mm  lang,  an 
der  Basis  0*068  mm  breit.  Länge  der  Flügel  1-07  mm] 
Breite  der  Flügel  0-077  ;/z///.  Länge  der  paarigen  dornförmigen 
Borste  am  Kopf  0*022  bis  0*024 /////z. 

Gesamtlänge:   1-66/7////. 

Die  neue  Art  unterscheidet  sich  von  PIiI.  bidens  Bagn., 
mit  dem  .sie  nahe  verwandt  zu  sein  scheint,  durch  die  ein- 
fachen Vorderbeine  des  cf,  durch  die  beiden  kräftigen  Dörn- 
chen  an  den  Kopfseiten,  durch  das  nicht  ausgebuchtete  dritte 


138  H.  Priesner, 

Fühlerglied,  durch  das  Fehlen  deutlicher  Postokularborsten 
und  durch  fast  ungetrübte  Flügel,  von  Phloeothrips  obscnri- 
cornis  Reut,  und  Phl.  parvus  Uz.  durch  die  Färbung  der 
Fühler  und  Beine;  von  den  amerikanischen  Arten  käme  dieser 
neuen  Art  nur  Pfil.  niaciilatus  Hood.  nahe,  der  sich  durch 
die  Körperfarbe  sofort  unterscheiden  läßt. 

Ruskuli,  23.  IX.   18,   1  cf  am  Strande  geketsche'rt. 

43.  Phloeothrips  nodicornis  Reut.  (=:  Acantliothrips 
nodicornis  Reut.)  Paprijali,  8.  V'III.  18,  1  9  angeflogen 
(Karny). 

Genus  Llopldoeothrt ps  nov. 

Fühler  achtgliedrig.  Ocellen  vorhanden.  Kopf  länger  als 
der  Prothorax,  Borsten  am  Körper  gekeult.  Kopfseiten  ohne 
Warzen.  Augen  mäßig  groß.  Rüssel  sehr  scharf  zugespitzt, 
bis  zum  Hinterrande  des  Prostemums  reichend,  Seiten  konkav, 
Oberlippe  scharfspitzig.  Beine  kräftig,  mäßig  lang,  Vorder- 
schenkel (wenigstens  beim  cf)  stark  verdickt,  Vordertarsen 
gezähnt.  Flügel  gleich  breit.  Neuntes  Segment  des  Abdomens 
beim  cf  schuppenförmig  vorgezogen.  Tubus  kürzer  als  der 
Kopf. 

Der  Gattung  Phloeoflirips  am  nächsten  stehend,  unter- 
scheidet sie  sich  hauptsächlich  durch  die  glatten  Wangen; 
\'on  Liothrips  Uzel  ist  die  neue  Gattung  durch  die  kurzen 
Beine  und  Fühler  und  von  Zygothrips  Uzel  durch  die  in  der 
Mitte  nicht  verengten  Flügel  verschieden. 

44.  Liophloeothrips  glaber  nov.  spec. 

cT:  Körperfarbe  braunschwarz,  Fühler  braunschwarz, 
die  Spitze  des  zweiten  Gliedes,  das  dritte  bis  sechste  Glied 
hellgelb,  das  fünfte  an  der  Spitze  undeutlich,  das  sechste 
deutlich  getrübt.  \"orderschienen  gelb,  an  der  Basis  und  am 
Außenrande  bis  zur  Mitte  braun,  Mittel-  und  Hintertibien 
dunkelbraun,  an  der  Spitze  scharf  abgegrenzt  gelb.  Sämtliche 
Tarsen  gelb. 

Kopf  länger  als  breit,  ähnlich  wie  bei  Huplothrips 
acuJeaUis  geformt,  Postokularborsten  deutlich,  dunkel,  wie  bei 
Plüoeothrips  geknöpft.  Mundkegel  sehr  spitzig,  den  Hinterrand 


Zur  Tliysani>pterea-Fuuiia  Albaniens.  139 

des  Prosternums  erreichend.^  Augen  mäßig  groß.  An  den 
Fi^iiilern  das  erste  Glied  fa.st  quadratisch,  das  zweite  Glied 
bedeutend  länger,  birnfürmig,  das  dritte  Glied  langgestreckt 
kegelförmig,  so  lang  wie  das  vierte  und  das  fünfte,  das 
sechste  Glied  kürzer  als  das  fünfte,  das  siebente  kürzer  als 
dieses,  das  achte  klein,  auch  an  der  Basis  schmäler  als  das 
A'orhergehende,  scharf  zugespitzt. 

Prothorax  sehr  breit,  in  der  Nähe  der  Vorderecken  mit 
einer  kurzen,  dunklen,  geknöpften  Borste,  am  Vorderrande 
jederseits  mit  einer  kleineren,  in  der  Glitte  des  Seitenrandes 
mit  einer  ebensolchen  Borste,  in  der  Nähe  der  Hinterecken 
mit  jederseits  zwei  ziemlich  kurzen,  gekeulten  Borsten,  die 
gleichfalls  grau  getrübt  sind. 

Pterothorax  ziemlich  mächtig,  Flügel  ziemlich  hell, 
gleich  breit,  mit  \ermutlich  sechs  bis  sieben  eingeschalteten 
Fransen. 

Von  den  Beinen  sind  die  Vorderschenkel  stark  \'er- 
dickt,  unbewaffnet,  die  \\:)rdertarsen  mit  einem  sehr  kräftigen 
Zahne  bewehrt. 

Abdomen  etwas  schmäler  als  der  Pterothorax,  Flügel- 
sperrdornen  nicht  besonders  kräftig  (wegen  der  dunklen 
Körperfarbe  im  Präparat  undeutlich  sichtbar).  Zweites  bis 
neuntes  Abdominalsegment  mit  jederseits  zwei  gekeulten, 
mäßig  langen  Borsten,  die  gegen  die  Spitze  des  Abdomens 
länger  werden,  das  neunte  Segment  außerdem  mit  ein  Paar 
langen  spitzigen  Borsten.  Neuntes  Segment  auf  der  Ventral- 
seite schuppenförmig  verlängert.  Tubus  um  0-24  kürzer  als 
der  Kopf. 

Körpermaße:  Fühler,  1.  Glied  Q- 027  min  lang,  0*026 
bis  0-027  iiiiit  breit;  2.  Glied  0-043  mm  lang,  0-027  mm 
breit;  3.  Glied  0-051  mm  lang,  0*024  mm  breit;  4.  Glied 
0-051  mm  lang,  0-027  mm  breit;  5.  Glied  0-051  mm  lang, 
0-024  bis  0-027  mm  breit;  6.  Glied  0-046  bis  0-047 mm 
lang,  0-024  mm  breit;  7.  Glied  0-039  bis  0-04  mm  lang, 
0-02  mm  breit;  8.  Glied  0-022  bis  0-023  wm  lang,  0-011  mm 


1   Die    .Mundteile    konnte    ich    bei    dem   in   »Canada«   eingeschlossenen 
Exemplar  nicht  mehr  untersuchen. 


140  II.   I'riesner, 

breit.  Kopf  ()'179  //////  lang,  0'15:j  mm  breit.  Prothorax  0 '18 ////// 
lang,  ()■  272  iinu  breit.  Pterothorax  ()-'289  7«///  lang,  ()-y>2Hiiiiii 
breit.  Abdomen  0' 714  ;///;/  lang,  0-31  uini  breit.  Tubus 
O'l'.M)  mm  lang,  an  der  Basi.s  0*06,  an  der  Spitze  0 -048 ////// 
breit. 

Gesamtlänge    1-3///;//. 

Medua.  29.  IX.  18,  1  -^  von  Gebüsch  {Oncrais  Hex  L.}) 
geklopft. 

Ich  habe  lange  gezögert,  auf  Grund  eines  einzigen 
Exemplars  ein  neues  Genus  aufzustellen.  Da  jedoch  das 
Tier  völlig  ausgefärbt  und  tadellos  erhalten  ist  und  außerdem 
durch  die  vermutliche  \'ermittlung  zwischen  den  beiden 
Genera  Plilocothrips  und  Lioflirips  eine  wichtige  Stellung 
im  System  einzunehmen  scheint,  habe  ich  mich  zu  seiner 
Benennung  und  Beschreibung  entschlossen. 

Genus  IilotJirips  Uzel. 

45.  Liothrips  setinodis  \"ar.  pragensis  Uzel.  Mamuras 
3.  VIII.  18,  einige  Exemplare  in  Eichenwald  geketschert 
(Karny).  \'orra,  Sommer  1918  auf  Gebüsch  (Karnyj.  El- 
basan  (?),  VIII.  1918  auf  Onercns  lannginosa  T hui  11.  (Diese 
Stücke  sind  mir  verloren  gegangen.) 

46.  Liothrips  Dampfi  Karny. 

Da  ich  diese  von  Karny  entdeckte  Art  in  großer  Zahl 
und  in  verschiedenen  Größen  auffand,  gebe  ich  eine  genaue 
Beschreibung  derselben. 

Körperfarbe  schwarz,  die  Bindehäute  braun,  Beine 
samt  Tarsen  rein  schwarz,  Borsten  am  Körper  dunkel.  An 
den  Fühlern  das  erste  Glied  schwarz,  das  zweite  an  der 
Basis  und  innen  schwarz,  außen  und  an  der  Spitze  braun, 
das  dritte  Glied  gelb,  das  vierte  Glied  gelb,  an  der  Spitze 
schwach  braun  getrübt,  das  fünfte  gelb,  die  Spitzhälfte  braun, 
das  sechste  dunkelbraun,  nur  ganz  an  der  Basis  licht,  das 
siebente  und  achte  Glied  dunkelbraun.  vSeltener  ist  auch  das 
dritte  Glied  an  der  Spitze  ganz  schwach  getrübt.  Flügel  hell, 
ungetrübt. 


I 


Zur  Tliysanopteren-l'"aun;i  Albaniens. 


141 


Kleine,  braun  gefärbte  Exemplare  nenne  ich  var.  micros 
m.  nov. 

Kopf  (Fig.  3)  um  0-4  mehr  lang  als  breit,  seine  Seiten 
parallel,  nur  ganz  hinten  undeutlich  verengt.  Postokular- 
borsten  sehr  klein,  kaum  wahrnehmbar.  Fühler  ver- 
hältnismäßig kurz,  das  erste  Glied  kürzer  als  das  zweite, 
etwas  breiter  (an  der  Basis)  als  lang,   das  dritte,  das  längste 


F  ig. 

Kopf  und  Prothorax  von  Liothrips    Ihiinpfi    Karny.    Vergr.     zirka     160t"ach. 


im  Fühler,  viel  länger  als  das  zweite  und  ungefähr  so  lang 
wie  die  beiden  ersten  zusammengenommen,  die  folgenden 
Glieder  abnehmend  kürzer,  das  letzte  Glied  zirka  halb  so 
lang  als  das  dritte.  Mundkegel  in  der  Anlage  spitzig,  an  der 
Spitze  schwach  abgestutzt,  die  Oberlippe  scharfspitzig.  -^ 
Prothorax  (Fig.  3)  quer  trapezförmig,  die  Borsten  auf 
demselben  verhältnismäßig  kurz,  an  der  Spitze  abgestutzt. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd.  1 1 


142  H.  Priesner, 

Pterothorax  mächtig,  breiter  als  der  Prothorax.  Flügel 
ziemlich  breit,  gleich  breit,  vollkommen  klar,  die  \'''orderflügel 
mit  sieben  bis  zwölf  eingeschalteten  Fransen,  an  der  Basis 
des  Vorderrandes,  wo  die  drei  starren,  schwarzen  Borsten 
stehen,  nur  mitunter  leicht  gelblich  getrübt. 

Beine  schlank,  bei  beiden  Geschlechtern  vollkommen 
unbewehrt. 

Abdomen  normal  gebaut,  die  Borsten  am  Hinterrande 
der  Tergite  ziemlich  kräftig  und  scharfspitzig.  Tubus  kurz 
konisch  (Fig.  4),  um  0*4  bis  0'5  kürzer  als  der  Kopf, 
ungefähr  doppelt  so  lang  als  an  der  Basis  breit. 


Fig.  4. 

Neuntes  und  zehntes  AbJominulsegment  (Dorsalansicht)  v<>n   Liotlirips 

Dainpfi  Karny.   Vergr.   zirka    1  CO  fach. 

Larve  (Fig.  5):  Gelb;  Kopf,  zwei  \'iereckige  Flecken  auf 
dem  Prothorax,  Fühler,  Beine  und  die  zwei  letzten  Abdominal- 
segmente braun,  die  Borsten  am  Körper  und  ein  rundlicher 
Fleck  an  der  Basis  jeder  Borste  ebenfalls  braun.  Borsten  am 
Körper  mäßig  lang,  an  der  Spitze  stets  mit  einem  kleinen 
Knöpfchen,  mit  Ausnahme  der  zwei  langen,  gekrümmten  Haare 
an  der  Abdomenspitze.  Fühler  siebengiiedrig.  Länge  der  zwei 
aufgefundenen  Exemplare  zirka   1-4  7/////. 

Körpermaße  (d.  Imago):  Fühler,  1.  Glied  0-029  bis 
0-041  ww  lang,  0*032  bis  0-043  ;//m  breit;  2.  Glied  0-043 
bis    0-054  i«m    lang,    0-029    bis    0-032 /;/w    breit;    3.    Glied 


Zur  Thysanopteren-Faunti  Albaniens. 


143 


f-jr—  j— i;  -^ 


Fie.  5. 


Larve  von  Lioihrips  Dainpfi  Karny.  Vergr.   zirka   100 fach. 


144  H.  Priesner,  Zur  Tliysanopteren-Fauna  Albaniens. 

0-076  bis  0-10  ««»lang,  0-026  bis  0-029  w///  breit;  4.  Glied 
0-059  bis  0-081  imii  lang,  0-028  bis  0-032  77//;/  breit;  5.  Glied 
0-051  bis  0-076  mm  lang,  0-027  bis  0-029  mm  breit;  6.  Glied 
0-051  bis  0-068  7;7W  lang,  0*027  bis  0-029  min  breit;  7.  Glied 
0-046  bis  0-OM  mm  lang,  0-024  bis  0-027  mm  breit;  8.  Glied 
0-026  bis  0-032  ww  lang,  0-015  bis  0-018  w;»  breit.  Kopf 
0-213  bis  0-323  77777?  lang,  0-162  bis  0-221  7777;?  breit.  Augen 
()-06  bis  0-09  77/77/  lang.  Prothorax  0-085  bis  0-136  77/77/ lang, 
0-255  bis  0-397/77//  breit.  Pterothorax  0-221  bis  0'4087;/7// 
lang,  0-323  bis  0-476  mm  breit.  Abdonien  0-816  bis  0-952  mm 
lang,  0-34  bis  0*595  w///  breit.  Flügel  0-765  bis  1-02  7/777/ 
lang,  0-068  bis  0-111  7///;/  breit.  Tubus  0-145  bis  0-196  mm 
lang,  an  der  Basis  0-068  bis  0-094/7/77/  breit. 

Gesamtlänge    1-7  bis  2  mm. 

Baldrin-Sumpf,  8.  VIII.  18,  in  Anzahl  aut  Tamarix  L. 
(Karny).  Ruskuli,  23.  und  24.  IX.  18,  40  Exemplare  auf 
Tamarix  gallica  L.  geketschert.  Portes,  6.  VIII.  18,  Anzahl 
auf  Tamarix  (Karny).  Alessio,  2.  VIII.  18,  1  9  auf  Tamarix 
(Mader).  Rogozina,  21.  IX.  18,  10  Exemplare  und  2  Larven 
auf  Tamarix  gallica  L.  Elbasan,  Sommer  1918  auf  Tamarix 
(Mader). 


145 


Beobachtungen     über    die    Beziehungen 

zwischen  der  Intensität   der  chemischen 

Strahlung  und  der  Luftbewegung 

Von 

Prof.  Dr.  Johannes  Furlani  in  "Wien 

(Mit  8  Textfiguren) 

Ausgeführt  mit  Unterstützung  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  20.  März  1919) 

1.    Vorbemerkung. 

Bei  meinen  Untersuchungen  über  das  »Lichtklima  im 
österreichischen  Küstenlande«  ^  konnte  ich  Beziehungen  zwi- 
schen der  Strahlungsenergie  und  den  anderen  meteorologischen 
Faktoren  feststellen.  Ich  fand  in  Übereinstimmung  mit  früheren 
Beobachtern,  daß  mit  der  Zunahme  der  Luftwärme  die  che- 
mische Intensität  der  Strahlung  wachse,  die  thermische  ab- 
nehme; chemische  und  thermische  Intensitäten  nehmen  mit 
der  Abnahme  des  Luftdruckes  zu.  Hinsichtlich  der  Beziehungen 
der  Strahlungsintensität  zur  Windrichtung  ergab  sich  eine 
Zunahme  der  chemischen  Intensität  beim  warmen,  feuchten 
Scirocco,  eine  Abnahme  bei  der  kalten,  trockenen  Bora  gegen- 
über windstillen  Tagen.  Seit  Roscoe's-  Untersuchungen 
wissen  wir,  daß  mit  Zunahme  der  Luftfeuchtigkeit  sowohl  die 
schwächer  brechbare  als  auch  die  chemisch  wirksame  Strah- 
lung zunehmen. 


1  J.  Furlani.  Das  Lichtidima  im  üsteiTcichischen  Küstenlande  (Denk- 
schiiften  der  Wiener  Akad.  d.  Wiss.,  mathem.-naturw.  KL,  93,    1916). 

2  Roscoe,    On    the    chemical  intensit}'    uf  total  daylight  at  Kew  and 
Pard  (Phil.  Trans.   lS67j. 


]  46  J.  Furlani, 

Nach  Barkow^  stehen  die  Größe  der  Richtungs-  und 
GeschwindigkeitsampHtuden  von  Böen  in  Beziehung  zur  Tages- 
zeit, Bewölkung,  Strahking  und  der  vertikalen  Temperatur- 
verteilung. 

Ich  habe  in  der  Zeit  von  Ende  Juli  bis  Mitte  September 
der  Jahre  19J5  bis  1918  photoklimatische  Untersuchungen  in 
einem  weiteren  Umkreise  von  Innsbruck  vorgenommen,  mit 
dem  Ziele,  festzustehen,  ob  sich  auch  im  Alpengebiete  Be- 
ziehungen zwischen  Strahlungsintensität  einerseits,  •  Luft- 
bewegung  und  Luftfeuchtigkeit  andrerseits,    feststellen  ließen. 

Vor  allem  schien  mir  die  Beantwortung  der  Frage  von 
Interesse,  ob  die  atmosphärischen  Zustände  bei  Föhnwetter, 
die  durch  v.  Hann,'-  Pernter,  Maurer,  v.  Ficker  u.  a. 
charakterisiert  worden  sind,  in  gleichem  Sinne  die  Strahlungs- 
verhältnisse beeinflussen,  wie  ich  es  beim  Scirocco  im  adria- 
tischen  Gebiete  gefunden  hatte.  Dieser  ist  bekanntlich  der  SE 
der  rechten,  vorderen  Seite  der  Barometerdepression;  der  Süd- 
föhn auf  der  Nordseite  der  Alpen  wird  nach  v.  Hann^  durch 
die  im  Westen  und  Nordwesten  vorüberziehenden  atlantischen 
Barometerdepressionen  verursacht.  Nach  v.  Hann  und  Hagen- 
bach^  ist  die  Luft  bei  Föhn  optisch  besonders  homogen. 

Ich  wählte  als  Beobachtungsorte  Heilig-Kreuz  bei  Hall  i.  T. 
auf  der  linken  Innterrasse  (500  ;;/  Seehöhe),  auf  der  gegen- 
überliegenden Stufe  des  rechten  Innufers  die  Umgebung  von 
Rinn  (950/»);  in  der  Nordkette  die  Bettelwürfe  über  Hall 
(2500  m)  und  wieder  auf  dem  jenseitigen  Innufer  in  der  Zentral- 
kctte  den  Patscherkofel  (2200/;^).  Entfernter  vom  Inntale  lagen 
folgende  Beobachtungsorte:  das  Hochalmkreuz  im  Karwendel 
(2200  ni),  die  Umgebung  von  Fulpmes  im  Stubaital  (950  in), 
im  Oberbergtale,  das  ins  Stubai  mündet,  die  Franz  Sennhütte 


1  Seeliger,  Die  Struktur  des  Windes  (Die  Natunvissenschaften,  V, 
li)17). 

'-  J.  V.  Hann,  Föhnstudien  zu  Bludenz.  Met.  Zeitschr.,  1882,  XVII.  — 
l'ernter,  Dauer  und  Eigenschaften  des  Föhns  in  Innsbruck;  Diese  Sitzungs- 
ber.,  10-i,  1895.  —  Maurer,  Langjährige  Aufzeichnungen  des  Föhns;  Z.  f. 
Met.,  1909.  —  V.  Ficker,  Innsbrucker  F'öhnstudien;  Denkschriften  der  Wiener 
-Akad  eie,    7S,    19u5,  und  .S"5.    191U. 

•'  J.  V.  Hann,  Lehrbuch  der  Meteorologie;  Leipzig   1915. 


Chemische  Strahlunt^  und  f.ufthewegung.  14/ 

(2200  ;;;)  und  die  von  hier  erreichbaren  Stubaier  Ferner,  der 
Alpeiner  und  der  Lisenser  Ferner  (3000 «?). 

Die  chemischen  Intensitäten  wurden  wieder  nach  der 
V.  Wiesner'schen  Methode,^  die  thermische  Strahlung  mit  dem 
Vakuumthermometer  bestimmt. 

Die  auf  dem  Silbernitratpapier  erzielten  Schwärzungen 
wurden  mit  den  Skalentönen  2-63  und  5-53  verglichen.  Die 
Luftwärme  wurde  mit  dem  Schleuderthermometer,  die  relative 
Feuchtigkeit  mit  dem  Haarhygrometer  gemessen.  Bei  den 
Beobachtungen  im  Sommer  1918  kam  auch  ein  Fuess'sches 
Schalenanemometer  zur  Bestimmung  der  Windgeschwindig- 
keiten in  Verwendung. 

Zeichenschlüssel  für  die  gebrauchten  Abkürzungen: 

Sf^  —  S^     fGrad  der  Sonnenbedeckung). 
^0 — -^10     (Grad  der  Bewölkung). 

f  J     (Gesamtstärke  der  chemischen  Strahlung  in  Bunsen- 

Einheiten). 
dL     (Chemische  Intensität  des  Himmelslichtes). 
SL     (Chemische  Intensität  der  Sonnenstrahlung). 
Zx3     (Chemische  Intensität  des  Himmelslichtes,  berechnet 
aus    den    Messungsergebnissen     im    gleichseitigen 
Zj^linder  =  Zenitdrittel  des  Himmelslichtes  X3). 
T°     (Tem.peratur,  beobachtet  am  Vakuumthermometer). 
t°     (Lufttemperatur,    beobachtet    am    Schleuderthermo- 
meter). 
T — f°     (Größe  der  Wärmestrahlung  als  Differenz  von  T — t). 


1  Der  Umstand,  daß  bei  einer  photometrisch  nachweisbaren  »Licht- 
A-ermehrung«  sich  mitunter  bei  Bewülicung  eine  Verminderung  bei  photo- 
chemischer Methode  zeigt,  ist  nicht  der  Ausdruck  der  Minderwertigkeit  dieser 
Methode  gegenüber  der  ersteren,  wie  H.  Sierp  in  einer  jüngst  erschienenen 
Abhandlung  (Über  die  Lichtquellen  etc.;  Biol.  Centr.,  38,  1918)  meint,  son- 
dern der  eines  Naturgesetzes  (Wien'sches  Verschiebungsgesetz),  demzufolge 
mit  sinkender  Temperatur  sich  das  Energiemaximum  im  Spektrum  vom  Ultra- 
violett gegen  Ultrarot  verschiebt.  Diese  Sierp'sche  Beobachtung  erklärt  sich 
dadurch,  daß  die  photometrische  Methode  hauptsächlich  im  Gelb  des  Spek- 
trums, die  photochemische  dagegen  im  Blau  miüt. 


148 


J.  F  u  r  1  a  n  i , 


rF  (Relative  Feuchtigkeit  in  Prozenten,  beobachtet  am 
Haarhygrometer). 

W  (Windrichtung;  Windgeschwindigkeit  in  ;u'"''\  beob- 
achtet am  Anemometerj. 


2.  Die  Strahlungsintensitäten  an  den  verschiedenen 
Beobachtungsorten. 

Da  es  mir  leider  bisher  nicht  vergönnt  war,  über  das 
ganze  Jahr  fortlaufende  Untersuchungen  über  das  Lichtklima 
im  Gebiete  durchzuführen  und  die  Lichtsummen  zu  berechnen, 
die  besonders  von  biologischem  hiteresse  wären,  so  muß  ich 
mich  darauf  beschränken,  vergleichende  Daten  über  die  Strah- 
lungsverhältnisse an  den  Beobachtungsorten  (Fig.  1)  in  der 
Zeit  zwischen  dem  20.  Juli  und  10.  September  zur  Orientie- 
rung mitzuteilen,  bevor  ich  an  die  Behandlung  meines  eigent- 
lichen Themas  schreite. 

Tabelle  1. 
Mittlere  Strahlungsintensitäten  für  den  Monat  August  in  Hall. 


h 

.S' 

B 

T 

/ 

T—i 

8h 

3 

3 

31-5° 

15-ö° 

16° 

9 

3 

o 

36 

18 

18 

10 

4 

2 

39 

18 

21 

11 

4 

0 

45 

19 

26 

12 

4 

0 

46 

21 

25 

13 

4 

3 

47 

22 

25 

14 

3 

3 

47-5 

23 

24-5 

15 

3 

4 

44 

23 

21 

16 

3 

4 

42 

21-5 

20-5 

tJ 


d  L 


S  L 


0-418 
0-634 
0-702 
0-997 
1-299 
1-296 
1  ■  000 
0-866 
0  •  694 


0-232 
0-251 
0-302 
0-439 
0-455 
0-463 
0  -  450 
0-432 
0-392 


0-186  I 

U-283 

0-400 

0  -  598 

0-844 

0  -  833 

11-550 

0-434 

0-302 


Die  in  Tabelle  1  zusammengestellten  Werte  der  Strahlungs- 
intensitäten in  Hall  stellen  Mittel  aus  den  Beobachtungen  an 
Schönwettertagen  der  4  Jahre  bei  5^^-^,  >S(,--,  dar.  Die  che- 
mische Wirkung  der  Sonnenstrahlung  entspricht  der 
\' o n    mir    im  K a r s t e    an    der    nördlichen  A d r i a    in    der 


Chemische  Strahlunt^  und  I.uftbewegung. 


149 


gleichen  Seehöhe  von  500  tu  beobachteten,  dagegen 
ist  die  chemische  Strahlung  des  Himmelslichtes  im 
Gebiete  in  gleichen  Seehühen  eine  geringere  als  über 


1-SOO 

1-30C 

1-200 

1100 

1-000 

0-900 

D-SOO  Y 

0-100 

0-500 

0-500 

0-^00 

0-300 

0-200  - 

0-100  - 


H 


S       K 
Fig.  1. 


Vergleich  der  Intensitäten  von  dL  (1),  SL  (llj  und  tj  (III)  an  den  ver- 
schiedenen   Beobachtungsorten:     i/ ^  Hall,    7?  ^  Rinn,    i^  :^  Fulpmes, 
5':^  Franz  Sennhütte,  /C^  Hochalmkreuz,  P=  Patscherkofel,  B=  liettel- 
■\vurfe,  .1  =  Alpeiner  und  Lisenser  Ferner. 

demKarste,  so  daß  auch  die  chemische  Wirkung  der 
Gesamtstrahlung  über  dem  Inntale  sich  zu  der  über 
dem  nördlichen  Karste  verhält  wie   1-29;  1-56.    Es  ist 


150  J.  Furlani, 

daher  begreiflich,  daß,  während  im  Karste  d .L  z=z  S.L  bei 
55°  bis  60°  Sonnenhöhe  wird,  im  Inntale  im  Sommer  Gleich- 
heit von  Sonnen-  und  Himmelsstrahlung  bereits  bei  35°  Sonnen- 
höhe erreicht  wird,  was  den  Befunden  Schwab's^  für  Krems- 
münster entspricht. 

Die  Kurven  in  Fig.  1  zeigen  im  allgemeinen  ein  Ansteigen 
von  tJ  und  S  L,  eine  Abnahme  von  dL  mit  Zunahme  der 
Seehöhe.  Andrerseits  fällt  aber  eine  Depression  von  tJ  und 
SL  über  dem  Hochalmkreuz  und  den  Bettelwürfen  auf;  beide 
Standorte  liegen"  in  den  nördlichen  Kalkalpen.  dL  zeigt  in 
diesem  Gebiete  eine  raschere  Abnahme  mit  Zunahme  der  See- 
höhe gegenüber  dem  Verhalten  in  den  südlicher  gelegenen 
Bergen. 

Merkwürdigerweise  ist  d  L  im  Inntale  etwas  kleiner 
als  im  höher  gelegenen  Stubaitale.  Vielleicht  hängt  diese 
größere  Leuchtkraft  des  Stubaier  Himmels  mit  der  größeren 
Nähe  der  Ferner  und  den  von  diesen  aufsteigenden  Wasser- 
dampfmassen zusammen.  Hierfür  scheint  mir  auch  der  Umstand 
zu  sprechen,  daß  im  Stubai  mit  der  Zunahme  der  Sonnenhöhe 
S  L  weniger  wächst  als  im  Inntale  (siehe  die  Tabellen  2  und  7), 
während  umgekehrt  die  Tageskurven  von  d L  im  Stubai  eine 
größere  Krümmung  zeigen  als  im  Inntale  (vgl.  Fig.  2  und  7). 
Samec-  hat  auf  Ballonfahrten  in  einer  Höhe  von  450  7// 
für  dL  um  12''  bei  61°  Sonnenhöhe  einen  Wert  von  0*453 
gefunden;  dieser  wird  in  Hall  bereits  bei  tieferem  Sonnen- 
stande, im  Mittel  55°,  erreicht.  In  2000  ;//  beobachtete  er  0*385, 
in  2500  w  =0*379,  in  3000//^  =0*376.  Meine  Messungen 
im  Gebiete  ergeben  in  2000  m  =  0*400  bis  0*450,  in  2500  m 
=  0*36. 

Diese  Zahl  nähert  sich  also  dem  Samec'schen  Werte  für 
2500  m ;  auf  3000  ;;/  fällt  dann  die  Intensität  stärker  als  nach 
den  Samec'schen  Beobachtungen.  Viel  höher  liegen  seine  Werte 
der  Sonnenstrahlung.  Er  fand  in  2000  7W  SL=  1*514,  in 
2500;//  =  1*534,  in  3000;»  =  1*711.    Meine  Beobachtungen 


1  Schwab,  Das  photochemische  Klima  von  Kremsmünster  (Denk- 
schriften der  Akad.  der  Wiss.  in  Wien,   74,   1904). 

~  Samec,  Zur  Kenntnis  der  Lichtintensitäten  in  großen  Seehöhen 
(diese  Sitzungsber.,  116,  Abt.  I,    1907);  (ebenda,   1908). 


Chemische  Strahlung  und  Luftbewegung-.  iol 

•ergaben  im  Mittel  0-95,  beziehungsweise  0-96,  beziehungs- 
weise 1"08;  freilich  entsprechen  die  Samec'schen  Zahlen  einer 
größeren  Sonnenhöhe,  wie  oben  erwähnt  wurde,  und  einem 
Maitage.  Für  /J  fand  Samec  in  2000  7;^  =  1-899,  in  2500  m 
—  1-913,  in  3000;//  —  2-087. 

Die  Mittelwerte  meiner  Beobachtungen  betragen  in  2000 
bis  2500;/;=  1-31  bis  1-40,  in  3000  m  =r  1-43.  Sie  sind 
also  bedeutend  geringer  und  würden  wohl  auch  für  gleiche 
Sonnenhöhen  die  Samec'schen  Werte  nicht  erreichen. 

Die  höchsten  chemischen  Intensitäten  im  Gebiete  wurden 
begreiflicherweise  auf  dem  Alpeiner  und  auf  dem  Lisenser 
Ferner  gemessen.  tJ  betrug  bei  einer  Sonnenhöhe  von  54° 
"bis  55-8°,  1-842  bis  1-884;  dann  folgte  der  Patscherkofel 
mit  1-779  bei  54-2°  Sonnenhöhe.  SL  betrug  im  ersten  Falle 
1-052  bis   1-094,  im  letzteren  0-956. 

Auf  dem  Kucelj  im  Ternowaner  Walde  ^  fand  ich  auf 
bloß  1240  m  bei  einer  Sonnenhöhe  von  56-8°  für  tJ  —  2-028 
bis  2-163,  für  SL~  1-093  bis  1-483.  Es  hat  also  die 
chemische  Intensität  der  Sonnenstrahlung  im  Gebiete 
der  Nordalpen,  die,  wie  oben  gesagt  wurde,  in  tieferen 
Lagen  der  ini  Karste  beobachteten  entspricht,  mit  der 
Zunahme  der  Seehöhe  eine  geringere  Zunahme  als 
im  Karste. 

Wohl  hängt  diese  Erscheinung  mit  der  gleichmäßigeren 
Erwärmung  und  folglich  homogeneren  Beschaffenheit  der  Luft 
über  dem  Karstplateau,  wo  größere  Massenerhebungen  und 
Vergietscherungen  fehlen,  zusammen.  So  hat  auch  Schroetter- 
auf  den  Kanaren  bereits  in  einer  Höhe  von  2200  in  einen 
Wert  von  /J=2-24  gefunden. 

Die  folgenden  Werte  der  thermischen  Strahlung  stellen 
Mittel  aus  den  Beobachtungen   11''  bis  13'^  dar. 

Es  zeigt  sich  im  allgemeinen  ein  Ansteigen  von  T — t 
mit  der  Zunahme  der  Seehöhe.  Die  Schwankungen 
sind    besonders    in    großer    .Seehöhe    (Alpeiner — Lisenser 


1  Autor,   1.  c. 

2  V.  Schroetter,  Der  gegenwärtige  Stand  der  Heliotherapie  der  Tuberku- 
lose (Berlin,  Charlottenburg   1912). 


oli 


J.  Fuilani, 


Ferner)     zufolge     der     größeren     Schwankungen     des 
Wasserdampfgelialtes  der  Atmosphäre   größere. 


Beobachtungsort 


Sonnen- 
strahlung .  I   25 'ü' 


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26° 


30' 


28-5°      22° 
Ibis  34- 


Die  gegen  das  Inntal  geringere  Wärmestrahlung  im  Stubai- 
tale  scheint  mir  auch  ein  Beweis  dafür,  daß  die  obgenannte 
größere  Intensität  von  d  L  im  .Stubai  von  dem  größeren  Wasser- 
dampfgehalt der  Atmosphäre  abhängt.  \'ergHchen  mit  den  T — t- 
Werten  im  Rarste  sind  die  im  nordalpinen  Gebiete  etwas 
größer.  So  fand  ich  über  dem  Kucelj  bei  den  oben  genannten 
Beobachtungen  für  T — /•=::24-(3°,  während  über  dem  Inntale 
sich  bereits  in  der  Höhe  von  Rinn  (950  ///)  ein  Wert  von 
26 '5°  bei  gleicher  Sonnenhöhe  (55°)  ergab.  Vergleicht  man 
das  Verhalten  von  chemischer  und  thermischer  Strahlung  in 
unserem  Gebiete,  so  zeigt  sich  eine  Verschiebung  des  Energie- 
maximums im  Spektrum  gegen  das  ultrarote  Ende  hin  gegen- 
über dem  Karstgebiete. 

Es  ist  also  der  Strahlungseffekt  (im  Sinne 
Planck's)  in  den  südlichen  Bergen  ein  größerer  als 
bei  gleicher  See-  und  Sonnenhöhe  im  nordalpinen 
Gebiete. 

Mit  Rücksicht  auf  die  von  mir  entwickelte  Anschauung^ 
über  die  Wirkung  der  Strahlung  auf  die  lebende  Zelle  er- 
scheint es  nun  verständlich,  daß  die  untere  Grenze  der  Xex- 
breitung  alpiner  Pflanzen  im  inneralpinen  Gebiete  gegenüber 
den  südlichen  Vorbergen  hinaufLierückt  erscheint.  Die  Wirkung 


1    Furlani,    Der  Einlluß    der    Bestrahlung    auf  Biicteriinn  pyocyciiicuut 
und  seine   Pigmente  (diese  Sitzungsber.,  .\bt.  I,    1919). 


Cliemisclie  Strahlung  und  lAiftbewegung.  lOo 

■der  größeren  Luftwärme  hier  wird  durch  die  größere  Wärme- 
strahlung auf  dem  höher  gelegenen  Standorte  dort  ausgeglichen 
und  das  zum  Gedeihen  nötige  Minimum  an  chemischem 
Strahlungseffekt  wird  auf  dem  Karste  in  tieferer  Lage  erreicht. 
Rhododendren  steigen  in  den  südlichen  Vorbergen  der  Alpen 
bis  auf  500  ///  und  tiefer  herab,  das  Edelweiß  im  Ternowaner 
Walde  auf  900  ///,  während  ich  es  im  Stubaier  Gebiete  nicht 
unter  2200  ///.  fand. 

3.  Die  Beziehungen  zwischen  Strahlung  und  Luftbewegung. 

Es  kann  dem  zur  Verfügung  stehenden  Raum  entsprechend 
von  dem  in  vier  Sommern  gesammelten  Materiale  für  jeden 
Beobachtungsort  nur  je  eine  der  gleichsinnigen  Beobachtungs- 
reihen aus  der  gleichen  Zeit  zwischen  Anfang  August  und 
Anfang  September  hier  zur  Darstellung  kommen. 

.4.    In  Heilig  Kreuz  bei  Hall;  zu  Tabelle  2,  a,  b  und  c; 

Fig.  2. 

Nach  vorangegangenem  Regenwetter  trat  am  28.  August 
1918,  gegen  8'' Aufheiterung  ein,  der  Wind  kam  aus  NE,  um 
später  gegen  E  zu  drehen.  Um  diese  Zeit  herrschte  im  Inntale 
noch  starker  Dunst,  der  gegen  10''  verschwand.  Auch  die 
folgenden  Tage  brachten  schönes,  antizyklonales  Wetter.  Am 
31.  August  sind  die  Lufttemperaturen  im  Steigen  gegenüber 
dem  ^'ortage.  Gegen  14''  setzt  eine  sanfte  Strömung  aus  S 
mit  30/;/'""'  ein,  die  aber  bald  wieder  aufhört.  Der  Barometer 
steht  noch  auf  11-9;  am  folgenden  1.  September  fällt  er  auf 
11 -3.  An  diesem  Tage  herrscht  im  Inntale  warm-trockenes 
Wetter.  In  Hall  bricht  der  Föhn  gegen  14''  durch,  Cirrostrati 
erscheinen,  am  Abend  tragen  die  Berge  der  Nordkette  Föhn- 
hauben. Der  Barometer  fällt  zum  2.  September  auf  8*9.  An 
diesem  Tage  setzt  gegen   10''  der  Regen  ein. 

Die  .Strahlungsintensitäten  des  28.  und  29.  sind  einander 
im  wesentlichen  entsprechende.  Eine  Änderung  tritt  am  30.  um 
die  Mittagszeit  ein,  indem  wir  sehen,  daß  die  t  J-  und  S L- 
Werte  am  Nachmittage  größere  sind  als  an  den  Vortagen. 
Diese    Änderung    der    Strahlungsverhältnisse    durch 


154  J.  Furlani, 

Vergrößerung  der  Sonnenstrahlung  geht  also  den 
anderen  meteorologischen  Verhältnissen  voraus,  die 
den  Eintritt  des  Vorstadiums  des  Föhns  ^  erst  am 
folgenden  Tage  angeben.  Erst  an  diesem  Tage  zeigen 
Erwärmung  der  Luft  und  Südströmung  den  Abfluß  der  kalten 
Bodenluft  aus  dem  Inntale  an. 

Eine  weitere  Änderung  der  chemischen  Strahlung  zeigt 
dann  wieder  der  1.  September.  Der  Föhn  tritt  ins  stationäre 
Stadium. 1  An  diesem  Tage  tritt  mit  der  Kondensation 
des  atmosphärischen  Wasserdampfes  in  hohen  Luft- 
schichten eine  Vergrößerung  von  JL  gegenüber  den 
antizyklonalen  \'erhältnissen  ein.  Es  bleiben  aber  auch 
die  5  L- Werte  deutlich  größer  als  die  des  28.  August.  Auch 
die  Beobachtungen  an  den  anderen  Orten  werden  zeigen,  daß 
mit  dem  Eintritt  von  Föhnwetter  die  chemische 
Strahlung  steigt.  Dieser  Umstand  einer  erhöhten  Strahlungs- 
wirkung (Strahlungsdruck)  wird  bei  der  Erklärung  der  bio- 
logischen Föhnphänomene  (Einwirkung  auf  Nervensystem  und 
Zirkulationsapparat)  berücksichtigt  werden  müssen.  Das  Ver- 
hältnis SL  :  dL  steigt  am  Vormittage  des  28.  August  von  1  'SS 
auf  2*05,  um  am  Nachmittag  auf  1"89  zu  fallen.  Am  1.  Sep- 
tember beträgt  es  am  Vormittage  bloß  1  •  20  bis  1  •  68,  am 
Nachmittage  sinkt  es  auf  1  •  40. 

Es  zeigen  also  auch  diese  Zahlen  die  Zunahme 
der  Zerstreuung  der  Sonnenstrahlung  im  stationären 
Föhnstadium  an.  Mit  der  Kondensation  des  atmo- 
sphärischen Wasserdampfes  in  diesem  Stadium  geht 
aber  auch  eine  Abnahme  der  thermischen  Strahlung 
einher,  wie  die  T — /-Werte  des  L  September  beweisen.  Das 
Maximum,  das,  wie  am  28,  August,  auch  am  1.  September 
auf  11''  fällt,  beträgt  an  diesem  Tage  25°,  gegen  30- 7° 
des  28. 

Der  Vergleich  der  Tageskurven  von  tJ  des  28.  August 
und  des  1.  September  zeigt  einen  am  letzteren  Tage  gleich- 
mäßigeren Verlauf,  Es  fällt  auf,  daß  die  bei  den  Depressionen 
des  28.,  von  denen  die  erste  auf  lO*"  30,    die  zweite  auf  14'' 


1  V.  Ficker,  Innsbrucker  Föhnstudien;  1.  c. 


Chemische  Strahl una-  und  Luflbewcguns; 


155 


mit  ihrem  Tiefpunkt  fällt,  mit  dem  Einsetzen  stärkerer  Luft- 
bewegung zusammenfallen,  welcher  Umstand  dafür  zu  sprechen 
scheint,  daß  der  aus  dem  Landinnern  wehende  NE  bis  E  eine 


I  ;  /  am   28.  August,     III  5'  L  am  28.  August,       V  d  L  am   28.  August 
II  t  J  am     1.  Sept.,         IV  5  Z,  am  30.  August,      VI  <^  Z  am      1.  Sept. 

1918  in  Hall. 

Verdunkelung  der  Atmosphäre  durch  Staubmassen  verursacht 
habe.  Es  zeigen  also  diese  Beobachtungen,  daß  die  beiden  von 
Kicker  unterschiedenen  Stadien  der  Föhnwetterlage  auch  in 
den  Strahlungsverhältnissen  ihren  Ausdruck  finden:  Eine  Ver- 


156 


J.  Furlani, 


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157 


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Silzb.  d.  mathem  -naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd. 


12 


158  J.  Furlani, 

mehrung  der  chemischen  Energie  der  Sonnenstrahlung  im 
Vorstadium  gegenüber  den  x'orhergehenden  antizyklonalen 
Verhältnissen;  eine  Vermehrung  der  Leuchtkraft  der  Atmo- 
sphäre und  eine  Verminderung  der  thermischen  Strahlung 
beim  Eintrittt  des  stationären  Stadiums.  Treten  nach  dem  Föhn- 
wetter wieder  antizyklonale  Verhältnisse  durch  Einbruch  kalter 
Luft  aus  dem  Norden  ein,  so  beobachtet  man  wieder  geringere 
chemische  und  größere  thermische  Strahlung.  In  den  über 
1000  in  gelegenen  Beobachtungsstationen  gelang  die  Unter- 
scheidung zwischen  dem  Vorstadium  und  stationärem  Föhn 
nicht  immer,  oft  wurden  hier  Erhöhung  der  Sonnen-  und 
Himmelsstrahlung  gleichzeitig  wahrgenommen. 

B.    In  Rinn  bei  Hall;  zu  Tabelle  3,  a,  b  und  c;  Fig.  3. 

Von  der  Föhnperiode  vom  I.  bis  8.  August  habe  ich  zur 
Darstellung  gebracht  den  1.  August,  an  welchem  Tage  nach 
14''  der  SE  einsetzt,  den  8.,  an  welchem  Tage  der  Föhn  durch 
den  Einbruch  kalter  Luft  aus  NNW  bis  N  sein  Ende  findet,, 
und  den  folgenden  9.  mit  ruhigem,  schönem  Wetter.  Wir  finden 
die  höchsten  Werte  von  tJ  am  1.  bei  eintretendem  Föhn- 
wetter, die  geringsten  am  8.  beim  Eintritt  antizyklonaler  Ver- 
hältnisse, in  der  Mitte  liegen  die  Werte  des  windstillen  9.  Die 
SL-Werte  zeigen  bereits  am  31.  Juli  eine  geringe  Steigerung 
gegenüber  dem  Vortage  und  sind  dann  am  1.  August  bis  13'' 
bedeutend  größer  gegenüber  den  beiden  anderen  zur  Dai-- 
stellung  gebrachten  Tagen.  Am  Nachmittage  erfolgte  um  die 
Zeit  des  Einsetzens  des  SE  ein  starkes  Fallen.  Am  9.  ist  SL 
wieder  größer  als  beim  antizyklonalen  Wetter  des  8.  Das  Ver- 
halten am  1.  spricht  dafür,  daß  die  Steigerung  von  SL 
vor  dem  Eintritt  von  Föhnwetter  auf  ein  Ausströmen 
von  Luftmassen  zurückzuführen  sei,  indem  sich  hier 
zeigt,  daß  nach  der  Intensitätssteigerung  eine  Luft- 
zufuhr aus  SE  folgt. 

Eine  Abnahme  der  vertikalen  Mächtigkeit  der  kalten  In- 
versionsschichte muß  ja  die  Luft  homogener  gestalten.  Es  ist 
dies  im  Stadium  I  des  Föhns  von  Ficker. 

Die  Werte  von  dL  werden  am  Föhntage  mit  Ein- 
tritt des  zweiten  Stadiums  Ficker's    durchwegs  höher 


Chemische  Strahlung  und  Luftbewegung. 


159 


als  an  den  beiden  anderen  Tagen,   aber  auch  beim  NW 
des  8.  erhebt  sich  dL  am  Nachmittage  entschieden  über  die 


\ 


Fig.  3. 
//am   1.  August   1915 
//am  S.August  1915      /in  Rinn. 
//  am  9.  August  1915     j 


\:. 


Werte  des  folgenden,  ruhigen  Tages.  Sehr  deutlich  zeigt  die 
Beziehungen  der  Strahlungsverhältnisse  zur  Wetterlage  auch 
das  Verhältnis  von  SL.dL.  Es  entspricht  den  Beobachtungen 


160 


J.  Furlan  i, 


Tabelle  3. 
Beobachtungen  in  Rinn. 


."> 

B 

iJ 

dL 

SL 

r 

i 

T—t 


a)   1.  August  1915 


9' 
lu 

11 
12 
13 
13 
14 
15 
16 


30 
30 


4 

2 

0 

745 

0 

383 

0-362 

40° 

17° 

3 

2 

1 

223 

0 

500 

0-723 

42-5 

18 

4 

4 

1 

333 

0 

564 

0-769 

48-8 

19-« 

3 

4 

1 

448 

0 

619 

0-829 

48 

22 

4 

3 

1 

565 

0 

648 

0-917 

47 

22 

3 

3 

0 

744 

0 

583 

0-161 

50 

24 

4 

4 

0 

844 

0 

551 

0-291 

47-5 

23-5 

4 

— 

0 

685 

0 

532 

0-150 

46-8 

24 

4 

1 

0-574 

0-374 

0-200 

43 

23 

23° 

24-5 

29 

26 

25 

26 

24 

22-8 

20 


SE 


h)   8.  August  1915 


81' 

2—3 

5 

0 

400 

0-206 

0-194 

24° 

16-5° 

7-5° 

x\N\V 

9 

4 

1 

0 

521 

0 

281 

0 

240 

39 

18-8 

20-2 

> 

9  30 

3 

4 

0 

588 

0 

334 

0 

254 

42 

14-5 

27-5 

» 

10 

3—4 

2 

0 

800 

0 

339 

0 

461 

46 

16 

30 

NW 

11 

4 

— 

1 

100 

0 

321 

0 

779 

46-5 

16 

30-5 

— 

12 

4 

3 

1 

300 

0 

456 

0 

844 

51-5 

20-8 

30-7 

x\NW 

13 

3 

1 

0 

985 

0 

470 

0 

515 

46 

20-2 

25-8 

N 

14 

3—4 

4—5 

0 

755 

0 

467 

0 

288 

50 

20-7 

29-3 

— 

15 

3 

1 

0 

680 

0 

498 

0 

182 

45-5 

20 

25-5 

— 

16 

4 

1 

0-608 

0-304 

0-304 

35-5 

18-2 

17-3 

NE 

c)   9.  August  1915 


8'' 

8  45 

9  45 

10  30 

11  15 
12 

13 

14  30 

15 

16 


4 

0 

498 

0 

204 

0 

294 

40° 

18° 

22° 

3—4 

1 

0 

697 

0 

249 

0 

448 

43 

18-4 

24-6 

3 

4 

0 

871 

0 

348 

0 

523 

43 

17-8 

25-2 

4 

3 

1 

100 

0 

394 

0 

706 

48 

22 

26 

4 

3 

1 

315 

0 

435 

0 

880 

51 

23 

28 

4 

3 

1 

315 

0 

329 

0 

980 

51-5 

26 

25-5 

4 

1 

1 

034 

0 

292 

1 

042 

51 

25-5 

25-5 

3 

1 

0 

717 

0 

343 

0 

374 

46-5 

27 

19-5 

3 

1 

0 

683 

0 

456 

0 

227 

45-5 

25 

20-5 

4 

o 

0 

498 

0 

164 

0 

334 

44 

25 

19 

Chemische  Strahlung  und  I.uftbewegung.  161 

am  jenseitigen  Innufer,  daf3  am  Fühntage  das  diffuse  Licht  im 
Verhältnisse  zum  Sonnenlichte  größer  ist  als  an  dem  Schön- 
wetterA^ortage  und  -Tage. 

Die  Verhältniszahlen  von  SL.dL  ergaben  am  I.August: 
Ein  Ansteigen  von  0"94  auf  1"41  am  \'ormittage,  am  Nach- 
mittage ein  Sinken  auf  0-27,  das  Minimum  der  drei  Beob- 
achtungstage. 

Der  8.  August  zeigt  bei  fortgeschrittener  Aufheiterung 
die  größten  Schwankungen  des  Verhältnisses.  Die  extremen 
Werte  betragen:  0*76,  2-42,  0-36.  Am  windstillen  9.  August 
betrugen  die  Werte:  1-50,  3-57,  0-49.  Es  erreicht  also 
SL:dL  an  diesem  Tage  seine  höchsten  Werte  und  sein 
Maximum. 

Die  Beobachtungen  von  T~t  zeigen  hier  keine  deutlichen 
Beziehungen  zur  Luftbewegung;  wohl  sind,  wenn  man  die 
Maxima  der  Stundenintervalle  von  den  starken  Schwankungen 
am  8.  August  in  Betracht  zieht,  wie  ich  es  in  der  Tabelle  3 
getan  habe,  diese  Zahlen  größer  als  die  der  anderen  Tage. 

(\    Auf  dem   Patsche rkofel;    zu  Tabelle  4,  cz  und  Z';  Fig.  4. 

Am  Morgen  des  27.  August  1916  herrschte  eine  leise 
NNW-Strömung,  die  dann  gegen  W  drehte  und  abflaute.  Tags- 
über traten  nur  zeitweilig  kleine  Cumuli  auf,  am  Abend  er- 
schienen nach  Rot  grüne  Dämmerungsfarben,  was  für  die  Rein- 
heit des  Himmels  gegen  W  spricht.  Das  Wetter  änderte  sich 
am  28.  August,  indem  zu' Mittag  eine  sanfte  SW-Brise  auf- 
sprang, am  Nachmittage  bewölkte  sich  der  am  Vormittage 
noch  wolkenlose  Himmel  mit  Girren  und  dann  mit  Strati.  Der 
folgende  29.  ist  ein  Föhntag  mit  Hauben  an  den  Bergen  am 
Abend.  Am  Morgen  des  31.  kommt  es  zum  Regen.  /Jund  SL 
zeigen  ein  den  Ergebnissen  im  hintale  entsprechendes  Ver- 
halten, also  eine  Erhöhung  am  Föhn-Vortage.  Der  Verlauf  der 
t/L-Kurve  ist  an  diesem  Tage  ein  gleichmäßigerer  als  am 
Vortage.  Auffallend  ist  das  Emporschnellen  zwischen  12'' 
und  13''  zur  Zeit  der  SW-Brise  und  der  Bildung  von  Girren. 
Zu  dieser  Zeit  Vv'ächst  auch  /  J  erheblich. 

Vorstadium  und  stationäres  Stadium  des  Föhns  sind  hier 
nicht  deutlich  ausgeprägt.  Wohl  aber  deutet  das  ebengenannte 


162  J.  Furlani, 

Tabelle  4. 
Beobachtungen  auf  dem  Patscherkofel. 


h 

■S 

B 

^/ 

CiL 

SL 

T 

t 

T^t 

W 

^; 

27.  August   1910 

8'' 

4 

2 

0 

365 

0-252 

0 

113 

36-5° 

12° 

24-5° 

NNW 

9 

4 

2 

0 

500 

0-277 

0 

223 

38 

12 

26 

» 

10 

4 

0 

0 

583 

0  •  1 50 

0 

433 

41-7 

14-5 

27-2 

NW 

10 

30 

4 

-- 

0 

604 

0-155 

0 

449 

43-5 

15 

28-5 

— 

11 

4 

1 

0 

795 

0-203 

0 

512 

45-5 

15 

30-5 

— 

11 

30 

4 

— 

0 

854 

0-251 

0 

603 

46 

14 

32 

— 

12 

4 

— 

1 

222 

0-476 

0 

746 

47 

15-5 

31-5 

~~ 

13 

4 

1 

1 

298 

0-514 

0 

784 

47-5 

16 

31-5 

— 

13 

30 

4 

1 

1 

148 

0-425 

0 

723 

46-8 

16-8 

30 

— 

14 

4 

— 

1 

014 

0-360 

0 

654 

44 

15-5 

28-5 

— 

15 

4 

0 

0 

633 

0-259 

0 

374 

43-5 

15-5 

28 

— 

16 

4 

— 

0 

504 

0  -  340 

0 

164 

40-6 

14 

2G-6 

— 

l\) 

28.  August   1916 

8li 

4 

0 

376 

0-282 

0 

094 

38° 

13° 

25° 

^ 

9 

4 

— 

0 

686 

0-266 

■0 

420 

40-1 

13-6 

26-5 

— 

10 

4 

— 

010 

0-314 

0 

696 

41 

14 

27 

— 

10 

30 

4 

— 

095 

0-322 

0 

773 

45 

16 

29 

— 

1  1 

40 

4 

2 

317 

0-342 

0 

975 

47 

18 

29 

— 

12 

3 

4 

317 

0-342 

0 

975 

44-5 

18-5 

26 

■    .g 

12 

30 

3 

7 

564 

0-608 

0 

950 

44 

19 

25 

rt 

13 

4 

4 

403 

0-477 

0 

926 

41-8 

18-8 

23 

14 

4 

2 

095 

0-332 

0 

763 

42-8 

18-8 

24 

o 

c/j 

15 

'3 

3 

0 

842 

0-313 

0 

529 

38 

18 

20 

^ 

16 

. 

2 

;") 

u 

438 

0-391 

0 

047 

35 

18-5 

16-5 

CO 

Chemisclie  Strahlunir  und  Lut'thewci'un"-. 


16b 


Emporschnellen  von  d L  den  Eintritt  von  Kondensation  in  der 
Atmosphäre  durch  auf  der  Luvseite  aufsteigende  Luftmassen, 
die  die  SW-Strömung  zur  Folge  haben,  an.  Das  Verhältnis 
von  SL:dL  steigt  am  27.  von  0-44  auf  2  40  und  fällt  dann 
<auf  1'81.  Am  28.  ist  es  am  Vormittage  0-33,  also  kleiner 
als  am  Vortage,  in  Übereinstimmung  mit  den  übrigen  Beob- 
achtungen über  das  \''erhalten  der  Sonnenstrahlung  vor  Eintritt 
von  Föhnwetter;  jedoch  tritt  zu  Mittag  eine  Änderung  ein,  in- 
dem das  Verhältnis  auf  2-56  steigt,  um  auch  am  Nachmittag 
mit  dem  Werte  von  2-29  den  27.  zu  übertreffen. 


I:     d  L  am   27.  August   1916 
II:     ci  L   am   28.  Au^u;- 


ist   1916  \^ 
ist   1916  / 


auf  dem  Patscherkofel. 


Mit  der  Zunahme  der  chemischen  Strahlung  in  der  Föhn- 
lage ist  hier  deutlich  eine  Abnahme  der  Wärmestrahlung  zu 
beobachten,  die  schon  im  Maximum  um  11^40  mit  29°  gegen 
32°  um  11'' 30  des  Vortages,  noch  deutlicher  aber  in  den 
T — ^-Werten  des  Nachmittags  in  Erscheinung  tritt. 


D.  Auf  den  Bettel  würfen;  zu  Tabelle  5,  a  und  b;  Fig.  5. 

Während  am  8.  August  noch  antizj'-klonale  Verhältnisse 
herrschten,  setzt  um  die  Mittagszeit  am  9.  August  der  SE 
ein;    am  folgenden   10.  August    kommt  es  um  5''  zum  Regen. 


64 


Die  Intensitäten  von  tJ  sind  am  9.  gegenüber  dem  Vortage 
bedeutend  erhöht.  Es  fällt  das  langsame  Absinken  der  /  J-\\'erte 
an  beiden  Nachmittagen  auf.  Der  Vormittag  des  9.  ist  noch 
durch  starke  Intensität  von  SL  charakterisiert,  gehört  also 
noch  zum  Vorstadium.  Mit  dem  Einsetzen  des  SE  tritt  dann 
eine  enorme  Zerstreuung  der  Sonnenstrahlung  ein.  Während,. 
wie  die  Kurven  zeigen,    die  Intensität    von  dL    in    die  Höhe 


I:     SL  am  19.  .-^ueust  "1        ,.  ,       v,  .,   ,     ■  r 

°         V  aul  den  ßettelwurfen. 

II:     dL   am  19.  August  \ 


schnellt,  sinkt  ebenso  rasch  der  Wert  \'on  S  L.  Es  ist  dies 
wohl  der  Eintritt  des  stationären  Stadiums.  Wie  oben  erwähnt, 
sind  die  Stadien  in  größeren  Seehöhen  schwerer  zu  trennen. 
Dieses  »Aufflammen  des  Himmels«  am  Nachmit- 
tage des  9.  August  ist  unter  meinen,  seit  deni  Jahre 
1909  fortgehenden  photometrischen  Bestimmungen, 
die  wohl  an  die  100.000  heranreichen,  eine  Erschei- 
nung von  einzig  dastehender  Intensität. 


Cliomischc  Strulilung  und  l.ufthewcgung. 


165 


Bemerkenswert  ist  noch,  daß  sie  zwei  Maxima  aufweist; 
um  13'' =  0-936  und  um  15'^=:  0-954.  Es  sind  dies  Werte 
\-on  d L,  die  für  eine  Seehöhe  von  2500  7//  als  enorme  be- 
zeichnet werden  müssen. 

•   Tabelle  5. 
Beobachtungen  auf  den  Bettelwürfen. 


//         ciL 


SL 


T—t 


W 


ct)  8.   August   191' 


9'' 

3  —  4 

U» 

4 

11 

4 

12 

4 

13 

4 

14 

4 

15 

4 

0  •  GUf) 
0-744 
U  •  805 

1  •  OUU 
1  -15;') 

riöo 

1  ■028 


0-232 
0-286 
0-244 
0-25(5 
0-268 
0-302 
0-293 


0-373 
0-4r)8 
0-561 
0  -  744 
0-8S7 
0-848 
0-735 


36° 

39  -  5 

44 

45-5 

43 

41 

39 


10° 

11  -5 

13-5 

15-5 

15 

14-5 

14 


26° 

28 

31 

30 

28 

26-5 


b)   9.  Au 

rust  1917 

4 

— 

0  •  680 

0-252 

0-428 

36° 

1  QO 

24° 

4 

— 

0  •  908 

0-412 

0  ■  496 

38  -  5 

1  3  •  5 

25 

4 

— 

1-402 

0-438 

0-964 

44 

16 

28 

3 

2 

1  •  456 

0  -  560 

0-896 

43  •  5 

IS 

25-5 

3 

3 

1-489 

0-936 

0-553 

44-5 

18-5 

26 

4 

4 

1  •33() 

0-835 

0-501 

44 

19 

25 

4 

3 

1-336 

0-954 

0-382 

40 

1 6  •  5 

23-5 

9'' 
10 
11 
12 
13 
14 
15 


SE 


Das  Verhältnis  SL :  dL  ergibt  am  8.  August  ein  Ansteigen 
von  1-60  auf  3*31,  dann  ein  Sinken  auf  2-50;  am  9.  August 
ein  Ansteigen  von  1-20  auf  1-70,  dann  ein  Fallen  auf  1-40. 
So  wie  in  den  absoluten  Werten  von  dL,  zeigt  sich 
also  auch  im  Verhältnis  zur  Sonnenstrahlung  die 
starke    Zunahme    der  Zerstreuung    der  Strahlung    bei 


166  J.  l'uiiani, 

Eintritt  der  SE-Strömung,  also  dem  Eintritt  des  sta- 
tionären Föhnstadiums. 

Die  T — ^-Werte  zeigen  auch  hier,  daß  der  höheren 
Lufttemperatur  und  der  stärkeren  chemischen  Strah- 
lungsenergie  eine  geringere  thermische  entspricht. 

Die  Maxima  fallen  wieder  auf  die  Vormittage  mit  31°, 
beziehungsweise  28°. 

E.   Auf  dem  Ho chalm kreuz;  zu  Tabelle  6,  a  und  h;  Fig.  6. 

Es  folgen  nun  die  Ergebnisse  der  Beobachtungen  nörd- 
lich der  Bettelwürfe  im  Karwendelgebiete.  Nach  Regenwetter 
folgt  am  14.  August  Aufheiterung.  Am  15.  August  1918 
und  16.  August  vormittags  ist  die  NW-  bis  W- Richtung  des 
Windes  die  vorherrschende.  Um  die  Mittagszeit  änderte  sich 
am  16.  das  Wetter.  Der  Wind  dreht  nach  SW  und  am  Nach- 
mittage kommt  es  zu  starker  Cumulibildung  in  NW.  Der 
Himmel  nimmt  eine  weißblaue  Farbe  an,  am  Abend  liegt  in  N 
eine  dunkle  Stratusdecke.  Der  folgende  Tag  (17.  August)  bringt 
wechselnde  Bewölkung,  aus  SW^  ziehend,  am  Nachmittage 
folgen  kurze,  lokale  Strichregen. 

Die  tj-  und  SL-Werte  sind  am  Vormittage  des  16.  größer 
als  die  entsprechenden  Werte  des  Vortages,  während  die 
Änderung  der  Windrichtung  erst  zu  Mittag  und  das  Fallen 
des  Barometers  am  Nachmittage  eintritt. 

Die  c/L-Werte  sind  am  Nachmittage  des  16.  nach  Ein- 
tritt des  SW  jedoch  kleiner  als  beim  Westwetter  des  Vortages, 
während  sie  am  A^ormittage  des  16.  noch  gleich  bis  größer 
gewesen  sind. 

Diese  Erscheinung  hat  wohl  in  der  Verminderung  der 
Luftfeuchtigkeit  ihren  Grund,  die  zufolge  des  Eintrittes  der 
warmen  Luftströmung  zunächst  erfolgte.  Beobachtungen  von 
rF  wurden  allerdings  im  Sommer  1916  nicht  vorgenommen. 
Wie  aber  die  /-Werte  zeigen,  tritt  am  16.  eine  Erwärmung 
der  Luft  gegenüber  dem  15.  ein.  Durch  den  aufsteigenden 
warmen  Luftstrom  aus  SW  wird  die  Atmosphäre  für 
die  Sonnenstrahlung  durchlässiger.  Dies  geht  auch  aus 
dem  Umstände  hervor,  daß  das  Verhältnis  von  SL:dL  zu 
Mittag  am   16.  größer  wird  als  am  Vortage,   2-51   gegen   Ml 


Chemische  Strahlung:  und  Luftbe\veG:uni 


167 


und  auch  am  Nachmittage  größer  bleibt,  1*49  gegen  1-20, 
während  es  am  Vormittage  des  16.  =1  •  60  gegen  1  '90  des  Vor- 
tages betrug. 

Sehr  deutlich  treten  in  den  Kurven   die  großen  Schwan- 
kungen der  chemischen  Intensitäten    am  Tage  nach  erfolgter 

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Fig.  6. 
SL  am   15.  August  191S 
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dL  am   15.  August  1918 
dL  am    16.  August  1918 


dem  FIochahnl<reuz. 


Aufheiterung    hervor,    während    sie    am    folgenden    Tage    bei 
[Herannahen    einer    neuen   Depression    viel  gleichmäßiger  ver- 
llaufen.    An  diesem  Tage    sind  aber  auch   die  Amplituden  der 
[Windgeschwindigkeiten  geringere  als  am  Vortage  und  deutet 
dieses  Ergebnis    auf   die  oben  genannten  Befunde  Barkow's 
hin.    Die    großen    Depressionen    von  SL  am   15.  um   12*^ 
und  W^  fallen  mit  größeren  Schwankungen  der  Wind- 
geschwindigkeit   zusammen    und   beweisen,    daß  es  sich 


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170  J.  Furlani, 

hierbei  um  atmosphärische  Vorgänge  handelt.  Solche  »peri- 
^odic  or  spasmodic  Variations«  nach  Dines  verdanken 
aber  ihre  Entstehung  dem  Vorüberziehen  von  Teil- 
depressionen des  Luftdruckes  und  sind  für  die 
Wetterlage  charakteristisch,  mithin  auch  unsere  De- 
pression der  Sonnenstrahlung. 

Auch  der  Vergleich  der  Intensitäten  des  Schattenlichtes 
aus  der  Beobachtung  des  gesamten  Himmelslichtes  dL  mit 
den  aus  den  Beobachtungen  im  gleichseitigen  Zylinder  des 
zenitalen  Himmelsdrittels  berechneten  Intensitäten  des  Himmels- 
lichtes Zx3  ist  von  Interesse. 

Nach  Jensen^  steigt  die  Flächenhelligkeit  des  Zenits 
mit  zunehmender  Sonnenhöhe.  Hiermit  in  Übereinstimmung 
sind  die  ZX3-Werte  bis  gegen  Mittag  etwas  geringer  als  die 
iiL-Werte,  dann  werden  sie  größer,  um  15''  haben  wir  wieder 
Gleichheit,  hierauf  stellt  sich  das  Verhältnis  des  Vormittags 
ein.  Es  ist  nun  die  Mittagsdifferenz  der  ZX3-  und 
i/L-Werte  am  16.  erheblich  großer  als  am  Vortage.  In 
dieser  Hinsicht  sind  auch  in  der  Engg,  einem  Talkessel  im 
Karwendel  (1200w)  gemachte  Beobachtungen  von  Bedeutung. 
Am  11.  August  1918  bei  NW  und  Aufheiterung  betrugen  die 
c^L-Werte,  beziehungsweise  die  von  ZX3: 

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Dagegen  am  13.  August  1918  bei  Westwind  und  heran- 
nahendem Regen: 

ßii  40  7I'  7''  30 

dL 0-088         0-094         0-066 

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Es  ist  also  am  ersten  Tage  bei  Aufheiterung  die 
Zenitstrahlung,  dem  Befunde  Jensen's  entsprechend, 
am  Vormittage  geringer  als  die  tieferer  Himmelsteile, 


1    Busch  und  Jensen,   Tatsachen  und  Theorien  der  atmosphärischen 
Polarisation.  Hamburg   1911. 


Chemische  Strahlung-  und  Lut'tbewcgung.  j  /  1 

während  am  zweiten  Tage  vor  dem  Eintritt  von 
Regenwetter  die  Zenitstrahlung  bereits  am  Morgen 
größer  ist. 

Mit  diesem  Ergebnis  steht  die  obige  Beobachtung  auf 
dem  Hochalmkreuz,  daß  die  Differenz  (ZXS)  —  dL  am  16. 
größer  ist  als  am  15.,  in  Übereinstimmung;  bei  der  zur  Kon- 
densation des  atmosphärischen  Wasserdampfes  führenden 
Wetterlage  des  16.  ist  die  Zenithstrahlung  gegenüber  dem 
Vortage  eine  größere. 

Nach  Wiener^  erfolgt  die  Zerstreuung  des  Sonnenlichtes 
in  kleineren  Sonnenabständen  bis  90°,  hauptsächlich  durch 
Brechung  und  Reflexion  der  Sonnenstrahlen  an  Eiskrystallen 
und  Wassertropfen  gegenüber  der  Diffusion  an  kleinsten 
Teilchen  im  Rayleigh'schen  Sinne,-  in  größerer  Sonnenent- 
fernung. Da  nun  die  Strahlung  des  Zenits  zur  Zeit  der 
Sonnennähe,  a.lso  zu  einer  Zeit,  wo  die  Zerstreuung  des  Sonnen- 
lichtes hauptsächlich  durch  die  einfache  F'resnel'sche  Brechung 
und  Reflexion  erfolgt,  am  größten  ist,  so  muß  wiederum  eine 
Erhöhung  der  Zenitstrahlung  auf  eine  Vermehrung 
der  Kondensationsprodukte  zurückgeführt  werden. 

Daraus  kann  gefolgert  werden,  daß  von  unseren  beiden 
Beobachtungstagen  ani  16.  das  Zenit  an  Kondensationspro- 
dukten reicher  war  als  am  15.,  wie  schon  oben  angedeutet 
wurde.  Die  Vergrößerung  der  relativen  Feuchtigkeit  am  16. 
stimmt  mit  dieser  Anschauung  überein.  Es  wird  die  Hellig- 
keit des  Zenits  durch  eine  Vermehrung  der  Konden- 
sationsprodukte vergrößert,  wodurch  auch  die  Ge- 
samtstrahlung des  Himmels  d L  erhöht  wird.  Die  Farbe 
des  Himmels  ändert  sich  von  blau  in  weißblau.  Die  folgenden 
Beobachtungen  in  Fulpmes  und  auf  den  Stubaier  Fernern 
sprechen  auch  für  diese  Anschauung.  Die  also  die  Erhöhung 
von  dL  bedingende  Größenzunahme    der  W'asserpartikelchen, 


1  Wiener,  Über  die  Helliglvcit  des  klaren  Himmels  etc.  Nova  acta  der 
Kais.  Leop.  CaroL  d.  Akad.   d.  Nalurf.,   Bd,  73,   1,   1900. 

2  Lord  Kayleigh,  On  the  light  from  the  sky,  its  polarisation  and 
colour  (Phil.  Mag.  41,  1871).  —  On  the  transmission  of  light  through  an 
Atmospherc  containing  small  particles,  by  Lord  Rayleigh.   1879. 


172  J.  Furlani. 

die  vordem  kleiner  als  die  Wellenlängen  des  Lichtes  waren, 
wird  nach  Raj'leigh^  durch  elektrische  Vorgänge  verursacht. 
Der  gesteigerten  chemischen  Strahlung  am  16.  entspricht 
eine  verringerte  thermische  mit  einem  Maximum  von  29"  5° 
gegen  26-7°   des  Vortages. 

F.  In   F\ilpmes;  zu  Tabelle  7,  a,  b  und  c\  Fig.  7. 

Wie  aus  der  Tabelle  ersichtlich  ist,  waren  der  20.  und 
21.  August  1918  trockene,  heiße  Hochsommertage,  auf  die  noch 
bis  zum  24.  August  schönes  Wetter  folgte.  In  diese  Zwischen- 
zeit bis  zum  2.').  fallen  die  später  folgenden  Beobachtungen 
auf  den  Stubaier  Fernern.  Am  24.  trat  ein  S — SE  ein,  gegen 
16''  folgte  ein  heftiges  Gewitter,  der  25.  war  regnerisch,  darauf 
am  26.  Aufheiterung  bei  andauerndem  Föhn.  Um  18''  folgte 
wieder  ein  Gewitterregen.  Das  schlechte  Wetter  hielt  auch  an 
den  folgenden  Tagen  an. 

Es  erscheint  mir  von  Interesse,  das  Beobachtungsmaterial 
aus  der  Schönwetterperiode  mit  den  typischen  antizyklonalen 
\'erhältnissen  (Tabelle  7,  a  und  h)  einerseits  und  das  aus  der 
Schlechtwetterperiode  des  stationären  Stadiums  bei  vorüber- 
gehender, föhniger  Aufheiterung  (Tabelle  7,  c)  andrerseits  vor- 
zubringen. Das  Ergebnis,  daß  am  26.,  der  zwischen  zwei 
Regentagen  liegt,  die  Intensitäten  von  t  J,  SL  und  dL  trotz 
der  größeren  Bewölkung  größer  sind  als  an  den  Schönwetter- 
tagen, dem  20.  und  21.,  zeigt,  daß  der  P'öhnwetterlage 
unter  allen  Umständen  eine  höhere  Intensität  der 
chemischen  Strahlung  entspricht. 

Auch  in  diesem  Falle  ist  der  Verlauf  der  Föhnkurven 
von  tJ  und  d  L  ein  gleichmäßigerer  als  der  der  Schönvvetter- 
kurven. 

Größer  als  bei  den  vorher  besprochenen  Beobachtungen 
ist  hier  der  Unterschied  zwischen  den  ^L-Werten  der  Kurven  I 
und  II,  was  mit  Rücksicht  darauf,  daß  der  26.  zwischen  zwei 
Regentagen  liegt  und  somit  die  Menge  größerer  Wassertröpf- 
chen   eine    große    gewesen  sein  wird,    verständlich  erscheint. 


1  Pernter- Exner,  Meteorologische  Optik.  Wien  und  Leipzig   1902. 
Lord  Rayleigh,    Proceedings  Roy.  Societ\%   1879,  und  Phil.  Mag.,   1899. 


Chemische  Strahlung  und  Luftbewegun^ 


173 


Dafür  spricht  auch  der  Vergleich  der  ZX3-Werte.  Diese  sind 
am  26.  gegenüber  dem  20.  und  21.  durchwegs  größer.  Der 
aus  der  Zenitstrahlung  12'^  berechnete  Wert    des  dif- 


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I.  dL  am  20.  August  1918 

II.  dL  am  26.  August  1918 

III.  //    am  20.  August  1918 

IV.  //   am  26.  August  1918 


in  Fulpmes. 


fusen  Lichtes  ist  am  26.  mehr  als  doppelt  so  groß 
gegenüber  dem  21.  (0-693  gegen  0-325).  Die  relative 
Feuchtigkeit  ist  am  26.  bedeutend  größer  als  an  den  Schön- 
vvettertagen,  60  bis  66 7^  g^g^ry  33-8  bis  hZ^j^. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  1, 128.  Bd.  13 


174 


J.  Furlani, 


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175 


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176  J.  l'urlani, 

Die  Verhältniszahlen  von  SL:dL  betragen  für  den  2l>. 
1-30  bis  1-52  bis  1-32;  für  den  21.:  1-26  bis  1-55  bis  1-53: 
für  den  26.  0-83  bis  1-44  bis  0-40.  Die  großen  Schwankungen 
am  letzten  Tage  erklären  sich  durch  die  stark  wechselnde 
Bewölkung,  so  daß  einerseits  das  Maximum  der  drei  Tage 
am  26.  um  10^'  mit  1"60,  andrerseits  das  Minimum  mit  0*40 
um  14''  erreicht  wird.  Es  ist  aber  die  Verhältniszahl,  wie  aus 
den  obigen  Durchschnittswerten  ersichtlich  ist,  im  allgemeinen 
an  diesem  Tage  kleiner  als  an  den  Schönwettertagen. 

Die  Maxima  von  T — /  werden  auch  hier  wieder  am  Vor- 
mittage, nach  ll'\  erreicht  und  sind  an  den  Schönwettertagen 
größer:  27*5°   und  28-5°   —  als    am    Föhntage  :  25-5°. 

G.    Bei  der  P'ranz  Sennhütte. 

Hier  wurden  in  den  Sommern  1915,  1916  und  1918  Beob- 
achtungen gemacht.  An  den  Beobachtungstagen  der  Jahre  191.') 
und  1916  herrschte  gleichgestimmtes  Wetter,  so  daß  die  Re- 
sultate keinen  Aufschluß  über  die  gestellten  Fragen  ergaben. 
Die  Resultate  des  Jahres  1918  stimmen  mit  den  Ergebnissen 
an  den  obigen  Beobachtungsorten  überein  und  zeigen  eine 
Erhöhung  der  chemischen  Strahlung  bei  Föhn  gegen- 
über der  Schönwetterlage.  Die  Größen  der  Wärme- 
strahlung stimmen  mit  den  entsprechenden  Werten 
auf  dem  Hochalmkreuz  gut  überein. 

Eine  Beobachtung  aus  dem  Oberbergtale  möchte  ich  hier 
vorbringen,  weil  sie  außer  der  Beziehung  zwischen  Strahlungs- 
intensität und  Windrichtung  auch  den  Einfluß  der  Verglelsche- 
rung  auf  die  Strahlung  zeigt. 

Am  22.  August  1918  hörte  gegen  17''  der  Ostwind  auf 
und  es  trat  jetzt  ein  vom  Alpeiner  Ferner  ins  Oberbergtal 
niedergehender  Luftstrom  ein,  wodurch  die  Luftfeuchtigkeit 
von  34%  auf  497o  '"^sch  stieg.  Indem  der  Himmel  eine  weiß- 
lichere Farbe  annahm,  trat  zu  dieser  Zeit  trotz  der  vor- 
geschrittenen Nachmittagsstunde  eine  Erhöhung  von  dL  ein, 
indem  es  von  0-213  auf  0-250  stieg.  Es  zeigt  sich  auch  hier 
wieder,  daß  durch  eine  Kondensation  des  Wasser- 
dampfes der  Atmosphäre  die  Leuchtkraft  des  Himmels 
zunimmt. 


Chemische  Strahlung  und  l.ufthewegung.  1  t  7 

H.  Auf  dem  Alpeiner  und  auf  dem  Lisenser  Ferner; 
zu  den  Tabellen  8  .4  und  8  B\  Fig.  8. 

Der  auf  dem  Alpeiner  zugebrachte  23.  August  1918  und 
der  auf  dem  Lisenser  zugebrachte  24.  August  1918  zeigen  den 
Unterschied  der  lichtklimatischen  Verhältnisse  bei  NW,  be- 
ziehungsweise SE  über  Gletschern.  Auffallend  ist  am  F'öhntage 
die  große  Erhöhung  von  tJ  in  der  Zeit  zwischen  10'' 30  und 
13'' 30  trotz  starker  Bewölkung  und  Sonnenbedeckung  (S^^.^, 
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auf  die  Vermehrung  von  JL  zurückzuführen.  Dieser  letzteren 
entspricht  wieder  der  große  Unterschied  in  der  Luftfeuchtig- 
keit an  den  beiden  Beobachtungstagen.  Doch  ändert  sich  bei 
S^Bf),  wie  die  Kurve  vom  23.  beweist,  auch  in  dieser  vSeehöhe 
der  Wert  von  ciL  im  Verlaufe  dieses  Tages  nur  wenig.  Andrer- 
seits ist  das  Maximum  am  Föhntage  um  13''  bei  S^B^  =r  0"921, 
das  ist  2' 67-mal  so  groß  als  das  beim  NW  des  Vortages  bei 
5^2?^=:  0-345. 

Vergleichen  wir  die  JL- und  die  ZX3-Werte  am  23.  bei 
antizyklonalen  Verhältnissen,  so  fällt  die  größere  Differenz  zur 
Mittagszeit  (0-069  bis  0-107),  gegenüber  tiefer  gelegenen 
Beobachtungsstationen  auf.  Der  Umstand,  daß  also  der 
Unterschied  der  Leuchtkraft  der  Atmosphäre  im  Zenit 
und  der  peripheren  Teile  des  Himmelsgewölbes  in 
größerer  Seehöhe  ein  größerer  ist  als  in  tieferen 
Lagen  und  außerdem  dort  größeren  Schwankungen 
unterliegt,  spricht  dafür,  daß  das  Himmelslicht  in 
höheren  Lagen  mehr  durch  die  Fresnel'sche  Brechung 
und  Reflexion  zustande  kommt  gegenüber  der  Niede- 
rung, wo  die  Rayleigh'sche  Diffusion  eine  größere 
Rolle  spielt. 

Diese  Erscheinung  ist  im  Hinblick  auf  die  in  der  Atmo- 
sphäre nach  unten  hin  zunehmende  Trübung  begreiflich.  Die 
Intensität  von  ZX3  unterliegt  am  Föhntage  zufolge  der  wech- 
selnden Himmelsbedeckung  großen  Schwankungen,  doch  ist, 
in  Übereinstimmung  mit  den  Ergebnissen  in  der  Engg,  vor 
Eintritt  von  Regen,  dieselbe  am  Morgen  auch  hier  über  dem 
Lisenser  Ferner  größer  als  die  von  d  L. 


178 


J.  Fuilani , 


I.  //am  23.  August  1918  auf  dem  Alpeiner  Ferner. 

II.  //  am  24.  August  1918  auf  dem  Lisenser  Ferner. 

III.  ^Z.  am  23.  August  1918  auf  dem  Alpeiner  Ferner. 

IV.  dL  am  24.  August  1918  auf  dem  Lisenser  Ferner. 


Chemisclie  Strahlung  und  Luftbewegung. 


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Clicmisclic  Strahlung  und  lAit'thcwcyung.  ]  cS  1 

Daß  SL  am  Föhntage,  wo  schon  um  8''  an  den  Bergen 
in  N  und  K  die  Föhnhauhen  hingen,  großen  Schwankungen 
bei  der  wechselnden  Sonnenbedeckung  unterliegt,  ist  begreif- 
lich, sein  Maximum  1-0Ö2  liegt  aber  doch  nicht  erheblich 
tiefer  als  am  Vortage,  wo  es   1-07Ö  betrug. 

In  den  Verhältniszahlen  SL:dL  zeigt  sich  die  am  Föhn- 
tage zu  Mittag  steigende  Kondensation  des  atmosphärischen 
Wasserdampfes,  die  am  Nachmittage  zum  Gewitterregen  ftihrt. 
Die  Zahlenwerte  betragen  1-00  bis  0'85  bis  0-91  gegen  '2-28 
bis  3-01   bis  2-54  des  Vortages. 

Merkwürdig  ist  das  Verhalten  der  Wärmestrahlung.  Am 
Föhntage  ist  sie,  entsprechend  den  früheren  Ergebnissen,  gegen 
den  Vortag  geringer  in  der  Zeit  bis  1 P'  (18'8°  gegen  24°); 
beträgt  aber  dann  in  der  Zeit  bis  13''  =:  24-5°  gegen  23° 
und  bis  15''  =  21-5°  gegen  16"2°  des  Vortages.  T — t  über- 
steigt sonach  zur  Zeit  der  Gewitterbildung  den  Wert 
des  Schönwettertages  erheblich. 

Um  diese  Zeit  war  ein  Sinken  der  Cumulonimbi  bemerk- 
bar. Es  ist  nach  F.  M.  Exner^  kaum  zweifelhaft,  daß  im  Wege 
der  Strahlung  ein  Einfluß  der  unteren  auf  die  oberen  Schichten 
der  Atmosphäre  stattfindet.  Die  Zunahme  des  Wasserdampfes 
führt  zu  höheren  Temperaturen  in  der  Tiefe,  zu  tieferen  in 
der  Stratosphäre,  wodurch  die  Stratosphäre  am  tiefsten  über 
Zyklonen  liegt.  Nun  dürften  aber  nach  v.  Hann-  die  in  hohen 
Atmosphärenschichten  sonst  stets  vorhandenen  feinen  Eis- 
nadeln über  Gebieten  herabsinkender  Luftbewegung  fehlen, 
wodurch  die  Atmosphäre  in  hohen  Lagen  besonders  diatherman 
wird.  Die  obige  Zunahme  der  Wärmestrahlung  zur  Zeit  des 
Absinkens  der  Wolkenmassen  könnte  so  erklärt  werden. 

Nach  Cornu^  ist  der  Grad  der  Polarisation  des  Himmels- 
lichtes charakteristisch  für  die  Wetterlage.  Eine  Änderung 
desselben  verkündet  eine  Änderung  des  meteorologischen 
Zustandes  der  Atmosphäre  früher  als  andere  Anzeichen  hiefür 
vorhanden    sind.    Mit    zunehmender  Kondensation    des    atmo- 


1   F.  M.  Exner,    Dynamische  Meteorologie.    Leipzig   1916. 
-  J.  V.  Hann,      Lehrbuch  der  Meteorologie.  Leipzig  1915. 
3  Cornu,    Sur  le   photopolarimetre  considere  comme  iiistrument  mete- 
orologique  (Mein,  du  L'ungres  niet.  Internat.),  Paris   1889. 


]  82  J.  f\i  rlani, 

sphärischen  Wasserdampfes  nimmt  die  Größe  der  Polarisation 
ab.  Nun  nimmt  nach  unseren  Beobachtungen  mit  dieser  Kon- 
densation die  Intensität  des  diffusen  Lichtes  zu.  Es  erscheinen 
also  die  Abnahme  der  Polarisation  und  die  Zunahme  der 
chemischen  Strahlung  durch  die  gleichen  Vorgänge  bedingt. 
Durch  die  Zunahme  der  Größe  der  Kondensationsprodukte 
über  die  Größen  der  Wellenlängen  wird  die  Diffusion  der 
Strahlung  und  somit  die  Polarisation  vermindert,  andrerseits 
nimmt  die  chemische  Strahlung  zu.  Auch  dieser  Umstand 
spricht  für  die  Anschauung,  daß  die  Zunahme  der  chemischen 
Strahlung  durch  eine  Zunahme  der  einfachen  Brechung  und 
Reflexion  der  Strahlen  an  den  vergrößerten  Wassertröpfchen 
oder  Eiskryställchen  bedingt  sei.  Ein  zwingender  Beweis  kann 
jedoch  erst  durch  den  Nachweis  gesetzmäßiger  Beziehungen 
zwischen  Polarisationsgröße  und  Strahlungsintensität  des 
Himmelslichtes  erbracht  werden,  ob  mit  der  Abnahme  der 
ersteren  die  Zunahme  der  letzteren  parallel  läuft. 

Meine  Beobachtungen  haben  den  Wert  der  einfach  zu 
handhabenden  photographischen  Methode  der  Strahlungsmes- 
sung für  die  Wettervorhersage  aufgezeigt. 

4.  Zusammenfassung  der  Ergebnisse. 

1.  Die  chemische  Intensität  der  Sonnenstrahlung  ist  im 
Hochsommer  im  Gebiete  der  Nordalpen  der  Intensität  im 
nördlichen  Karste  an  der  Adria  in  der  gleichen  Seehöhe  von 
500  m  gleich.  Mit  Zunahme  der  Seehöhe  nimmt  sie  dort 
langsamer  zu  als  über  dem  Karste.  Die  chemische  Intensität 
der  diffusen  Strahlung  ist  im  Hochsommer  über  den  Nord- 
alpen geringer,  daher  ist  auch  die  chemische  Intensität  der 
Gesamtstrahlung  geringer  als  über  dem  Karste.  Die  Wärme- 
strahlung ist  im  Monat  August  in  der  gleichen  Seehöhe  über 
den  Nordalpen  etwas  größer  als  über  dem  Karste.  Es  erscheint 
somit  das  Energiemaximum  des  Spektrums  im  nordalpinen 
Gebiete  gegenüber  dem  Karste  gegen  das  ultrarote  Ende 
\'erschoben. 

2.  Es  ist  in  Übereinstimmung  mit  den  Beobachtungen 
an   der  nördlichen  Adria  die  chemische  Wirkung  der  Gesamt- 


Chemisclie  Strahlung  und  Luftbewegung.  18.S 

Strahlung  im  Hochsommer  bei  SE-  bis  SW-Winden  eine 
größere,  bei  NW-  bis  NE-Winden  eine  geringere  als  bei  Wind- 
stille. Die  chemische  Wirkung  des  diffusen  Lichtes  ist  bei 
SE-  bis  NW-Winden  gegenüber  anderen  Wetterlagen  erhöht. 
Bei  Kondensation  des  atmosphärischen  Wasserdampfes  nimmt 
die  Sonnenstrahlung  im  Verhältnis  zur  diffusen  Strahlung  ab. 
Die  chemische  Intensität  der  Sonnenstrahlung  erreicht  bei 
warmen,  südlichen  Winden  und  bei  Windstille  die  höchsten 
Werte.  Der  Erhöhung  der  Lufttemperatur  bei  gleichzeitiger 
Steigerung  der  chemischen  Intensitäten,  entspricht  eine  Ver- 
minderung der  thermischen  Intensität  der  Strahlung.  Jedoch 
wurde  bei  der  Bildung  eines  Gewitters  über  dem  Lisenser 
Ferner  eine  starke  Steigerung  der  thermischen  Strahlung  beob- 
achtet. 

3.  In  Seehöhen  von  500  bis  3000  w  ist  der  Eintritt  von 
Föhnwetter  im  Hochsommer  durch  eine  Erhöhung  der  chemi- 
schen Intensität  der  Strahlung  gekennzeichnet.  Es  zeigt  eine 
Erhöhung  der  Intensität  der  Sonnenstrahlung  das  Ausfließen 
der  kalten  Bodenluft  aus  dem  Inntale  im  Vorstadium  des  Föhns 
an,  indem  die  Höhe  der  Inversionsschichte  sich  vermindert.  Bei 
Eintritt  der  Kondensation  des  atmosphärischen  Wasserdampfes 
im  stationären  Föhnstadium  erfolgt  eine  Vermehrung  der  Leucht- 
kraft des  Himmels  und  eine  Abnahme  der  thermischen  Strahlung. 

4.  Während  bei  antizyklonalem  Wetter  die  Zenitstrahlung 
am  Morgen  und  Abend  geringer,  zu  Mittag  größer  ist  als  die 
tiefer  gelegener  Himmelsteile,  zeigten  Beobachtungen  in  See- 
höhen über  1000  m,  daß  durch  die  Kondensation  des  atmo- 
sphärischen Wasserdampfes  schon  bei  niederen  Sonnenhöhen 
die  Zenitstrahlung    die   tieferer  Himmelsteile  übertreffen  kann. 

5.  Die  Tageskurven  der  chemischen  Intensitäten  der 
Strahlung  zeigen  bei  Eintritt  einer  Depression  einen  gleich- 
mäßigeren Verlauf  als  bei  antizyklonaler  Witterung. 


185 


Über  die  Muskulatur  des  Vorderkopfes 

der  Stomatopoden  und  die  systematische 

Stellung  dieser  Malakostrakengruppe 

Von 

Prof.  Karl  Grobben  (Wien) 

w.  M.  Akad.  Wiss. 
<Mit  4  Textflguren  und  2  Tafeln) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  3.  April  1919) 

Meine  Untersucliungen  über  die  Muskulatur  des  bevyeg- 
lichen  Vorderkopfes  der  Macrura  Natantia  (15)  unter  den 
Dekapoden  veranlaßten  eine  Untersuchung  in  gleicher  Hin- 
sicht am  beweglich  abgesetzten  Vorderkopfe  der  Stomato- 
poden. Sie  führte  mich  auch  zu  einer  neuerlichen  Erörterung 
der  systematischen  Stellung  und  verwandtschaftlichen  Be- 
ziehungen dieser  Malakostraken,  bezüglich  welcher  ich  schon 
bei  früherer  Gelegenheit  (14)  in  Kürze  meine  Ansicht  dar- 
legte. 

1.  Der  Vorderkopf  und  seine  Muskulatur. 

Bei  den  Stomatopoden  ist  der  Vorderkopf  im  Vergleiche 
2u  jenem  der  Macrura  Natantia  sehr  lang  und  deutlich  von 
dem  folgenden  Kopfabschnitte  beweglich  abgesetzt.  Es  war 
daher  zu  erwarten,  daß  sich  hier  die  gleichen  Muskeln,  die 
von  mir  bei  den  Macrura  Natantia  beschrieben  wurden,  vor- 
finden werden. 

Als  Untersuchungsmaterial  lagen  Alima-Larven  und  das 
erste  Squillastadium  von  Squilla  sowie  entwickelte  Tiere  und 
zwar   in    konserviertem  Zustande    vor,    Ihrer  Durchsichtigkeit 


186  K.  Grobben, 

halber  dienten  zuvörderst  .4//w<.;- Larven  und  das  erste 
Sqmlla-Sta.d\um  der  Untersuchung. 

Am  Vorderkopfe  (sinciput)  von  SqniUa  ist  ein  basaler 
hinterer  Teil  (Antennulensegment  der  Autoren)  und  ein  vorderer 
Abschnitt  ('Augensegment  der  Autoren)  zu  unterscheiden,  die 
gelenkig  gegeneinander  abgesetzt  sind  (Fig.  1,  2,  4  Vo,  Vä). 
Ersterer  trägt  an  seinen  vorderen  lateralen  Ecken  die  ersten 
Antennen  (.4'),  letzterer  am  Vorderende  die  beiden  Stiel- 
augen (O),  die  mittels  eines  medianen  Verbindungsstückes  (J) 
gleichfalls  gelenkig  dem  Vorderabschnitte  des  Vorderkopfes 
ansitzen.  Dorsal  wird  der  Vorderkopf  bei  der  .4///;za-Larve 
von  dem  langen  Rostralstachel  der  Schale  überragt,  bei  dem 
Squillastadium  jedoch  bloß  im  Mittelteile  seines  basalen 
Abschnittes  bis  fast  zur  \'ordergrenze  von  der  bei  der  Gattung 
SqniUa    nur    kurzen    dreieckigen  Rostralplatte  (R)    überdeckt. 

Was  die  Muskulatur  betrifft,  so  sind  a)  die  Muskeln  zu 
unterscheiden,  welche  der  Bewegung  des  \^orderkopfes  am 
Hinterkopfe  dienen,  b)  die  im  Vorderkopf  selbst  gelegenen 
Muskeln  zur  Bewegung  seiner  Abschnitte  und  Anhänge. 

a)  Muskeln  zwischen  Vorderkopf  und  Hinterkopf. 

Hier  ist  zunächst  ein  paariger  kurzer  Muskel  (Fig.  1  und 
3  JS)  anzuführen,  der  hinter  der  Basis  der  Rostralplatte  (bei 
der  .4///7/a-Larve  [Fig.  4]  hinter  dem  Ursprung  des  Rostral- 
stachels)  an  der  Dorsalwand  der  Schale,  beziehungsweise 
des  Hinterkopfes  entspringt  und  von  hier  in  schräg  nach 
vorn  und  ventralwärts  gerichtetem  \'erlaufe  zur  dorsalen 
Einlenkungsstelle  des  Vorderkopfes  zieht.  Die  beiderseitigen 
Muskeln  sind  durch  die  zwischen  ihnen  durchtretende  Arteria 
cephalica  (Ac)  getrennt  und  verlaufen  ein  wenig  nach  vorn 
und  außen  divergierend.  Dieser  Muskel  (Fig.  1  E)  ist  der  von 
mir  als  Musculus  levator  sincipitis  bezeichnete  Muskel, 
homolog  jenem  der  Macrura  Natantia.  Er  wurde  nebenbei 
von  Claus  (6,  p.  7)  angegeben. 

Ihm  wirkt  jederseits  ein  Muskel  entgegen,  der  sich  an 
der  ventralen  Einlenkung  des  Vorderkopfes  innen  von  der 
Basis  der  2.  Antenne  mittels  langer  Sehne  ansetzt  (Fig.  1,2,35). 


X'ordcrkopfimiskulatur  der  Stomatopoden.  IH/ 

Dieser  Muskel  reicht  nach  hinten  bis  in  die  Mandibelgegend 
und  inseriert  sich  an  der  Seitenwand  des  Hinterkopfes.  Seine 
Seline  liegt,  wie  Fig.  3  am  besten  zeigt,  v-entral;  von  ihrer 
dorsalen  Seite  gehen  die  Muskelfasern  aus,  die  schräg  nach 
hinten  und  dorsal  verlaufen  und  sich  in  einer  Linie  von  den 
dorsal  entspringenden  Muskeln  der  2.  Antenne  an  bis  in  die 
Mandibelgegend  am  Hinterkopfe  inserieren.  Dieser  Muskel 
zieht  den  Vorderkopf  nach  der  Ventralseite  und  entspricht 
dem  von  mir  als  Musculus  depressor  sincipitis  be- 
schriebenen Muskel  der  Macrura  Natantia. 

Es  ist  außerdem  noch  ein  zweiter  paariger  Muskel 
(Fig.  l,4Atf')  vorhanden,  der  gleichfalls  als  Depressor  des 
Vorderkopfes  funktioniert  und  den  ich  als  Musculus  attractor 
sincipitis  bezeichnen  will.  Er  entspringt  an  der  Dorsalwand 
des  Hinterkopfes  (Fig.  3)  dicht  außerhalb  des  M.  levator 
sincipitis  und  zieht  xentralwärts  zum  Hinterende  des  \'order- 
kopfes.  Die  Muskeln  beider  Seiten  konvergieren  in  ihrem 
V^erlaufe  medianwärts  gegen  eine  unpaare  gemeinsame 
apodematische  Sehne,  welche  in  der  Mitte  der  ventralen  Ein- 
lenkungsstelle  des  Vorderkopfes  ihren  Ursprung  hat  (Fig.  2 
und  Fig.  4J). 

In  seinem  Verlaufe  stimmt  dieser  Muskel  mit  dem  von 
Parker  und  Rieh  (23)  bei  Pdlimu  iis  cdtvardsii  als  superior 
coxal  muscle,  von  \V.  Schmidt  (24j  bei  Pofainobius  astacus 
als  M.  ocuH  basalis  posterior  bezeichneten  Muskel  überein. 
Insbesondere  bei  Potaniohiiis  sind  aber  Form  und  Ausbildung 
dieses  Muskels  Sqnilla  gegenüber  verschieden,-  indem  bei 
Potamobins  der  Muskel  selbst  kurz  und  schwach  bleibt  und 
sowohl  ventral  mittels  einer  (ebenso  bei  Paliniirtis)  unpaaren 
langen  Sehne  als  auch  dorsal  durch  \'ermiltlung  einer  kurzen 
Sehne  inseriert  ist.  Er  besitzt  bei  Potamobins  auch  nicht  die 
Bedeutung  eines  Attractors  des  Vorderkopfes,  da  letzterer 
hier  nicht  beweglich  abgesetzt,  sondern  mit  dem  Hinterkopfe 
fest  vereinigt  ist.  Der  Musculus  oculi  basalis  posterior  befindet 
sich  bei  Potamobins  sowohl  als  bei  Palintirns  in  Verbindung 
mit  dem  Musculus  oculi  basalis  anterior  Schmidt  (depressor 
of  the  interophthalmic  sclerite  Parker  und  Rieh),  der  sich  an 
die    ventrale    unpaare   Sehne    des    M.   oculi   basalis   posterior 


188  K.  Grobben, 

einerseits,  andrerseits  an  den  dorsomedianen  proximalen  Rand 
des  die  beiden  Stielaugen    verbindenden  Chitinringes    ansetzt. 

Ich  halte  den  M.  attractor  sincipitis  von  Sqitilhi  für 
homolog  mit  dem  M.  oculi  basalis  posterior  von  Pofamobins, 
beziehungsweise  dem  superior  coxal  muscle  von  Paliiuinis.'^ 
Bei  SqiiiUa  ist  dieser  Muskel  stärker,  besitzt  eine  von 
Potaiiiobiiis  verschiedene  Ausbildung  und  läßt  eine  \'erbindung 
zu  dem  vorderen  basalen  Augenmuskel  vermissen.  Auf  letzt- 
genannten Umstand  wird  später  noch  zurückzukommen  sein. 

Die  ursprüngliche  funktionelle  Bedeutung  des  M.  attractor 
sincipitis  tritt  uns  bei  Squilla  entgegen.  Bei  Palimirns  und 
Potarnohiiis  fungiert  er  als  Tensor  des  M.  oculi  basalis 
anterior.  Schmidt  ist  diesbezüglich  ziemlich  gleicher  Ansicht, 
wenn  er  angibt,  daß  bei  Potaniobiiis  der  M.  oculi  basalis 
posterior  die  Sehne  des  vorderen  basalen  Augenmuskels  vom 
Cerebralganglion  wegzieht,  dieses  dadurch  vor  einem  Druck 
bei  Kontraktion  des  vorderen  basalen  Augenmuskels  schützt 
und  zugleich  die  Wirkung  des  vorderen  basalen  Augen- 
muskels verstärkt.  Parker  und  Rieh  betrachten  den  homo- 
logen superior  coxal  muscle  als  zur  2.  Antenne  gehörig,  der 
aber  jetzt  funktionslos  ist,  wahrscheinlich  ursprünglich  dazu 
diente,  das  bei  Palinnrns  mit  dem  Panzer  fest  verwachsene 
Grundglied  (coxopodit)  der  2.  Antenne  nach  außen  zu 
drehen. 

In  topischer  Hinsicht  ist  der  M.  attractor  sinci- 
pitis von  Bedeutung,  indem  seine  ventrale  Insertion 
die  ventrale  Hintergrenze  des  \'orderkopfes  be- 
zeichnet, die  somit  auch  im  Falle  fester  Vereinigung  des 
Vorderkopfes  mit  dem  Hinterkopfe  durch  die  ventrale 
Insertion  der  Sehne  des  homologen  M.  oculi  basalis  posterior 
bei  Potamobiits,  des  superior  coxal  muscle  bei  Palinurus 
genau  erkennbar  wird. 


1  Damit  erscheint  die  in  meiner  Abhandlung  über  den  Schalen- 
schließmuskel der  dekapoden  Krustazeen  (15,  p.  16)  aufgeworfene  Frage, 
ob  etwa  der  M.  oculi  basalis  posterior  von  Potauiobius  auf  den  M.  levator 
sincipitis  der  Macrura  Nalantia  zurückzuführen  ist,  deren  Beantwortung  ich 
damals  dahingestellt  sein  ließ,  verneint. 


X'orderkopfmuslviilatiir  der  Sloinatopo^len.  189 

bl  Die  im  Vorderkopfe  j»ele.i?enen  Muskeln. 

Hier  sind  zunächst  drei  Muskeln  anzuführen,  die  der 
Bewegung  des  Augenabschnittes  dienen  und  zwar  zwei 
dorsale  und  ein  \'entraler. 

Die  beiden  dorsalen  Muskeln  (Fig.  1  Loe,Loi)  entspringen 
nebeneinander  an  der  Dorsalwand  des  Basalteiles  des  Vorder- 
kopfes etwa  in  dessen  halber  Länge  in  der  Gegend,  die  sich 
in  der  Flucht  der  Seitenwand  des  Augenabschnittes  befindet, 
und  ziehen  sich  überkreuzend  zur  hinteren  dorsolateralen 
Ecke  des  Augenabschnittes.  Der  dorsal  überkreuzende  Muskel 
hat  schräg  von  außen  nach  innen  gerichteten  Verlauf,  während 
der  lateralwärts  verlaufende  Muskel  ventral  von  ersterem  zu 
seiner  vorderen  Insertionsstelle  zieht.  Funktionell  handelt  es 
sich  um  Heber  des  Augenabschnittes  und  ich  will  sie  daher 
als  Musculus  levator  segmenti  oculorum  externus 
und  internus  bezeichnen. 

Als  Antagonist  fungiert  ein  ventraler  Muskel  des  Vorder- 
kopfes, der  Musculus  depressor  segmenti  oculorum 
(Fig.  '2,  3,  4,  Dso).  Er  entspringt  etwa  in  halber  Länge  der 
ventralen  Wand  des  Basalteiles  des  Vorderkopfes  und  zieht 
als  breites  Band,  in  der  Mittellinie  mit  dem  der  anderen 
Seite  sich  berührend,  zum  ventralen  Hinterrand  des  Augen- 
segmentes. 

Bei  Fotamohiits  fehlen  die  drei  zuletzt  genannten  Muskeln, 
was  mit  der  unbe^\■eglichen  Vereinigung  von  V'orderkopf  und 
Cephalothorax  im  Zusammenhange  steht. 

\'on  der  im  V'orderkopf  gelegenen,  zur  Bewegung  der 
Basis  der  Stielaugen  dienenden  Muskulatur  ist  zunächst  ein 
langes  schlankes  Muskelpaar  zu  nennen,  das  am  dorsalen 
Hinterrande  des  \'orderkopfes  entspringt  und  zu  der  Basis 
der  Stielaugen  zieht  (Fig.  1,  3,  4  Oba).  Der  dorsale  (hintere) 
Ansatz  dieser  zwei  Muskeln  schließt  sich  fast  der  vorderen 
Insertion  des  M.  levator  sincipitis  an.  Von  da  divergieren  die 
^luskeln  beider  Seiten  gegen  jene  Stelle  der  Augenbasis,  an 
welcher  die  Stiele  der  Seitenaugen  eingelenkt  sind. 

Ich  stehe  nicht  an,  dieses  Muskelpaar  dem  M.  oculi 
basalis  anterior  von  Polauiobius  gleichzusetzen.  Es  weicht 

Sitzb.  d.  matliem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  12S.  Bd.  14 


190  K.   G  robben. 

allerdings  bei  SqniUa  rücksichtlich  seiner  hinteren  Inserliorr 
und  in  seinem  gegen  vorn  stark  nach  außen  divergierenden 
Verlaufe  von  dem  als  homolog  bezeichneten  Muskel  bei 
Potamöbiiis  ab.  Sein  divergierender  Verlauf  hängt  wohl  mit 
der  starken  Breitenentwicklung  des  gemeinsamen  Basalstückes 
der  Stielaugen  zusammen  und  muß  aus  diesem  Umstände 
verstanden  werden.  Seine  hintere'  Insertion  differiert  dagegen 
wesentlich  von  den  bei  P<>Lniiobhis  beobachteten  \'erhält- 
nissen. 

Zunächst  möchte  ich  im  Hinblick  auf  die  bei  SqnilLi 
sich  findenden  Verhältnisse  eine  kleine  Änderung  in  der 
Beschreibung  der  hinteren  Insertion  dieses  Muskels  von 
Potamobins,  wie  sie  Schmidt  gibt,  entsprechend  der  von 
Parker  und  Rieh  (23)  gegebenen  Beschreibung  dieser  Muskel 
bei  Piilinunts,  vorangehen  lassen.  Nach  Schmidt's  Dar- 
stellung (24,  p.  197)  entspringt  der  IM.  oculi  basalis  anterior 
»median  an  dem  voi'deren  Ende  des  Epistomas  zwischen 
den  Coxalgliedern  der  2.  Antenne  mit  einer  langen,  unpaaren 
Sehne«,  derselben  unpaaren  Sehne,  die  dann  zum  M.  oculi 
basalis  posterior  sich  fortsetzt.  Parker  und  Rieh  dagegen 
rechnen  die  mittlere  unpaare  Sehne  (median  coxal  ligament> 
ihrem  superior  coxal  muscle  (=:  m.  ocu'i  basalis  posterior 
Schmidt)  zu  und  lassen  den  depressor  of  ihe  interophthalmic 
sclerite  (=:  m.  oculi  basalis  anterior  Schmidt)  sich  an  dieses 
Ligament  ansetzen. 

Die  Richtigkeit  letzterer  Darstellung  ergibt  sich  aus  dem 
zweifellos  ursprünglicheren  X'erhalten  bei  Sqiiillu,  wo  die 
unpaare  Sehne,  mit  \\'eicher  bei  Potaniobins  der  M.  oculi 
basalis  anterior  zusammenhängt,  nicht  zu  diesem,  sondern 
zu  dem  M.  attractor  sincipitis  (=:  M.  oculi  basalis  posterioi") 
gehört.  Daraus  folgt,  daß  die  Verbindung  des  M.  oculi  basalis 
anterior  mit  der  unpaaren  vSehne  bei  P>.ilniurns  und  Potuinobius 
ein  sekundäres  Verhältnis  vorstellt,  das  seine  Erklärung  wieder 
in  der  Rückbildung  des  Vorderkopfes  und  dessen  fester  Ver- 
bindung mit  dem  Hinterkopfe  finden  würde. 

Es  entsteht  nun  die  Frage,  ob  die  hier  ausgesprochene 
Auffassung  auch  näher  begründet  ist  und  ob  weiter  gezeigt 
werden  kann,  in  welcher  Weise  die  Verbindung  des  M.  oculi 


\'(irJcrk(>primiskulatur  der  Stomatopodcn.  '       l'M 

basalis  anterior  zur  medianen  Sehne  als  sekundär  aus  den 
Verhältnissen  bei   Sqnilhi   ableitbar  ist. 

Die  Begründung  scheint  mir  in  dem  \'orhandensein  einer 
von  Lücken  durchbrochenen  Bandverbindung  gegeben,  die 
von  der  dorsalen  Einlenkungsstelle  des  Vorderkopfes  schräg 
nach  hinten  zu  seinem  ventralen  Einlenkungsrande  hinter 
dem  Cerebralganglion  verläuft  (Fig.  2,  3,  4  Ls).  Ich  will  dieses 
Band  IJgdinentiun  siiicipitis  benennen.  Die  dorsale  Insertion 
dieses  paarigen  Bandes  liegt  in  dichtem  Anschluß  an  die 
hintere  Insertion  des  M.  oculi  basalis  anterior.  X'entrahvärts 
vereinigen  sich  beide  Ligamente  zu  einem  Bande,  das  sich 
vor  der  Sehne  des  M.  attractor  sincipitis  (M.  oculi  basalis 
posterior;  an  die  Ventralwand  des  X'orderkopfes  ansetzt 
(Fig.  '1  Ls). 

Um  die  bei  PoLiuiobins  bestehenden  veränderten  \'er- 
hältnisse  zu  verstehen,  ist  die  Verkürzung,  beziehungsweise 
X'ereinigung  des  \'orderkopfes  mit  dem  Hinterkopf  zu  berück- 
sichtigen. Dabei  ist  der  M.  oculi  basalis  anterior  schwächer 
und  kürzer  geworden.  Denken  wir  uns  diesen  Muskel  mittels 
seines  nunmehr  bei  der  X'erkürzung  des  Vorderkopfes  ventral 
gerichteten  Hinterendes  mit  dem  dorsoventralen  Ligamente 
und  dieses  mit  der  ventralen  Sehne  des  bei  PoLiiiiob/iis 
gleichfalls  reduzierten  AI.  attractor  sincipitis  (M.  oculi  basalis 
posterior)  in  X'erbindung  getreten,  so  resultierte  ein  X'erhältnis, 
wie  es  bei  Potainohiiis  besteht.  Vielleicht  ist  bei  Po/iiniohiiis 
das  dünne  sehnige  Band,  welches  jederseits  von  der  Stelle, 
wo  die  vorderen  Basalmuskeln  des  Auges  mit  der  unpaaren 
Sehne  sich  verbinden,  lateralwärts  zieht  und  sich  lateral  an 
dem  in  die  Augen  führenden  Ausschnitte  ansetzt,  dem  dorsalen 
Teile  des  Ligamentum  sincipitis  homolog  (vergl.  Schmidt  24, 
p.  199  und  Fig.  12). 

Der  M.  oculi  basalis  anterior  dreht  das  gemeinsame 
Basalstück  der  Stielaugen  dorsalwärts. 

Er  wird  in  dieser  Funktion  unterstützt  .von  einem  kurzen 
Muskel  (Fig.  1  Obl),  der  an  der  ventralen  Seitenecke  des 
Augensegmentes  entspringt  und  dorsalwärts  zum  Basalstück 
der  Stielaugen  verläuft,  wo  er  sich  lateral  vom  M.  oculi 
basalis    anterior    ansetzt.    Ich    will    ihn  als  Musculus  oculi 


1*.)2  X.  Grubben, 

basalis  lateralis  bezeiciinen.  Ich  finde  bei  J'otiiiiiobiiis 
keinen  homologen  Muskel  vor. 

Dem  M.  oculi  basalis  anterior  wirkt  ein  kurzes  breites 
Muskelpaar  (Fig.  2,  4  Dp)  an  der  \'entralseile  entgegen.  Es 
entspringt  an  der  \'entralvvand  des  Augensegmentes  etwa  in 
der  Höhe  des  Ursprunges  der  Augenstiele  und  zieht  in 
\-entrodorsalem  Verlaufe  gegen  die  Mittellinie  konvergierend 
zur  hinteren  ventralen  Einlenkungsstelle  des  medianen  Augen- 
stielträgers.  Dieser  Muskel  soll  als  Musculus  depressor 
oculorum  basalis  bezeichnet  werden.  Nach  der  Arbeit  von 
Schmidt  scheint  er  bei  Pofamnlnit<;  zu  fehlen. 

\'on  Muskeln,  die  der  Bewegung  der  1.  Antenne,  am 
\'orderkopfe  dienen  und  im  Basalabschnitte  (Antennulen- 
segment)  des  \'orderkopfes  gelegen  sind,  finden  sich  zwei 
vor.  Erstens  ein  an  der  Dorsalwand  des  basalen  \'orderkopf- 
abschnittes  lateral  vom  M.  levator  segmenti  oculorum  externus 
entspringender  Muskel  (Fig.  1  Sca.  d),  der  sich  verschmälernd 
in  etwas  lateralwärts  gerichtetem  Verlaufe  zum  dorsolateralen 
Teile  der  Einlenkungsstelle  des  Basalgliedes  der  1.  Antenne 
zieht.  Zweitens  ein  ventraler  Muskel  (Fig.  2,  Sca.  v),  welcher 
in  den  Seiten  des  Basalteiles  des  Vorderkopfes  gelegen  ist; 
er  entspringt  an  der  Ventralwand  dieses  Vorderkopfabschnittes 
und  verläuft  sich  verschmälernd  nach  vorn  zur  ventrolateralen 
Einlenkungsstelle  der  1.  Antenne. 

Beide  Muskeln  bewegen  die  1.  Antenne,  nach  der  vorderen 
Insertion  zu  schließen,  lateralwärts,  der  dorsale  zugleich  etwas 
nach  der  Dorsalseite,  der  ventrale  nach  der  \'entralseite. 

Nach  seinen  Insertionen  möchte  ich  diese  Muskeln  als 
Musculus  sincipito-antennalis  dorsalis  und  ventralis 
bezeichnen. 

Wenn  wir  nach  einem  entsprechenden  Muskel  bei 
Potamohins  suchen,  so  finden  wir  ihn  in  dem  von  Schmidt 
als  M.  promotor  I.  Antennae  bezeichneten  Muskel.  Nach  der 
von  diesem  Autor-  gegebenen  Beschreibung  entspringt  dieser 
Muskel  beim  Flußkrebs  »an  der  lateralen  Ecke  des  dreieckigen 
Ausschnittes,  der  die  Verbindung  des  Körperinnern  mit  dem 
Innern  der  1.  Antenne  herstellt.  Hier  entspringt  er  dorsal 
wie  ventral  und  heftet  sich  mit  seinen  kurzen  dünnen  Fasern 


\'ordcrk'iprmi_islaihui.ir  der  StLniatop  'den.  l"\^i> 

dorsolateral  an  dem  proximalen  Rande,  des  ersten  Gliedes  an. 
Er  bewegt  die    1.  Antenne  in  der .  Sagittalebene-'. 

Was  seine  hintere  Ursprungssielle  SquilLi  gegenüber  an 
dem  Rahmen,  in  welchem  die  1.  Antenne  eingelenkt  ist,  an- 
belangt, so  ergibt  sich  diese  aus  der  Reduktion  und  \'ereinigung 
des  X'orderkopfes  mit  dem  Hinterkopfe. 

Betreftend  den  M.  promotor  I.  Antennae  selbst,  scheint 
CS,  daß  in  diesem  Muskel  \"on  Potuuiobiiis  ein  Homoiogon 
beider  genannter  .S"c//////c/-MuskeIn  zu  suchen  ist,  die  jedoch 
Sqiiilhi  gegenüber  bei  Potaiuobins  lateral  vereint  wären.  Für 
diese  Auffassung  erscheint  allerdings  bloß  die  Angabe 
Schmidt's  von  Bedeutung,  daß  der  -M.  promotor  I.  Antennae 
bei  PoUiuiobiits  in  der  lateralen  Ecke  des  Kopfrahmens  einen 
dorsalen  und  ventralen  Ursprung  hat;  die  dorsal  entspringende 
Muskelfasergruppe  würde  dem  dorsalen,  die  ventral  ent- 
springende dem  ventralen  M.  sincipito-anlennalis  von  SqiiilLi 
entsprechen. 

Es  kann  jedoch  als  mindesten.^  ebenso  wahrscheinlich 
bezeichnet  werden,  daß  der  M.  promotor  I.  Antennae  nur  dem 
M.  sincipito-antennalis  dorsalis  von  Squilhi   homolog  ist. 

Bei  Pciliiiiiriis  entspricht  der  lange  dorsoventral  \er- 
laufende  levator  of  antennule  dem  M.  sincipito-antennalis 
dorsalis  von  Sqiiilla.  Sein  dors<>ventraler  \'erlauf  ist  bedingt 
durch  die  stark  ventrale  \'erlagerung  der  1.  Antenne.  Dem 
M.  sincipito-antennalis  ventralis  von.  Sqnilhi  entspricht  bei 
PdUiiiinis  vielleicht  der  abductor  of  antennule,  während  bei 
P<itd)H(.)biiis,  wie  schon  aus  meiner  früheren  Bemerkung  herxor- 
geht,  dieser  Muskel  fehlen  dürfte. 

2.  Die  systematische  Stellung  der  Stomatopoden. 

hii  Anschlüsse  an  diese  Untersuchung  möchte  ich  meine 
Ansicht  über  die  verwandtschaftlichen  Beziehungen  der  Stomato- 
poden und  ihre  Stellung  im  S\'stem  ausführlicher  darlegen 
als  ich  dies  bei  früherer  Gelegenheit  (14)  getan  habe. 

Wohl  fast  alle  Untersucher  dieser  Krustazeen  haben 
erkannt,  daß  die  Stomatopoden  eine  vielfach  abweichende  und 
isolierte  Gruppe  der  Malakostraken  bilden.  Doch  ihre  näheren 


r:)4  K.   Grobben, 

P)cziehungen  zu  den  übrigen  Malakostraken  wurden  in  ver- 
schiedener Weise  beurteilt. 

Hiixlej'  (17,  p.  327;  ist  der  Ansicht,  daß  die  Stomato- 
poden,  die  nicht  nur  von  den  eigentlichen  Podophthalmen, 
sondern  allen  anderen  Krustazeen  in  wichtigen  A'erhältnissen 
itires  Baues  abweichen  und  in  eine  besondere  Gruppe  gestellt 
werden  müssen,  zu  den  Edriophthalmen  viele  Beziehungen 
besitzen. 

Dem  entgegen  werden  sie  von  den  übrigen  Forschern 
wohl  mit  größerem  Rechte  als  nähere  Verwandte  der  Podoph- 
thalmen betrachtet. 

Genauer  hat  zuerst  Boas  (2,  p.  487,  505  bis  568)  in 
einem  Stammbaumschema  seine  Ansichten  über  die  \'er- 
wandtschaftsbeziehungen  der  Stomatopoden  präzisiert.  Er  hebt 
mit  Recht  hervor,  daß  diese  Formen  keine  näheren  Bezie- 
hungen zu  anderen  Malakostrakenordnungen  haben,  daß  sie 
in  gewissen  Punkten  eine  sehr  primiti\e  Stelle  unter  allen 
Malakostraken  einnehmen  und  nur  mit  den  tiefststehenden 
Formen  unter  diesen  einige  nähere  Berührungspunkte  besitzen; 
»die  nächste,  immerhin  aber  sehr  entfernte  Verwandtschaft 
dürften  sie  zu  den  Euphausiden  zeigen«.  In  dem  Stamm- 
baume läßt  dementsprechend  Boas  die  Squilliden  an  dem 
von  den  Phjilopoden  (denen  er  auch  Nchulici  zurechnet)  zu 
den  Euphausiden  führenden  Stamme  sich  abzweigen. 

Claus  (7,  p.  96  und  104)  hat  in  seinem  Stammbaum- 
schema die  Stomatopoden  von  Urmalakostraken  abgeleitet, 
von  denen  er  auch  die  Leptostraken  herleitet  und  damit  die 
separate  Stellung  der  Stomatopoden  zum  Ausdruck  gebracht. 

Ich  selbst  habe  später  (14,  p.  266)  mich  dahin  ausge- 
sprochen, daß  der  Ursprung  der  Stomatopoden  etwas  höher 
hinauf  zu  x'erlegen  und  zwar  erst  in  Urschizopoden  zu 
suchen  sei,  aus  denen  sich  die  Stomatopoden  als  gesondeiter 
Seitenzweig  entwickelt  haben.  Zur  Begründung  habe  ich  auf 
die  jüngste  Stomatopodenlarve,  die  sogenannte  Eridithoidina 
\-er\\iesen,  die  so  vielfache  Übereinstimmung  mit  den  Schizo- 
poden zeigt.  Ich  möchte  hier  insbesondere  die  Spaltfußform 
der  Thoraxextremitäten  dieser  Larxenform  herx'orheben,  eine 
l"\ißform  von  der  Ausbildung,  wie  sie  in  der  Schizopodenreihe 


\'ordcikr,ptniuskuIalur  der  Stomatnpodon.  l'.'ii 

ZU  tindcn  isl.  Der  separaten  Stellung  und  den  ursprünglichen 
baulichen  Verhältnissen  der  Stomatopoden  einerseits,  der 
typischen  Übereinstimmung  mit  den  pAimalacostraca  andrer- 
seits, habe  ich  in  dem  damals  aufgestellten  System  der 
i\hilacostraca  dadurch  Ausdruck  gegeben,  daß  ich  die  Stomato- 
pc'den  als  besondere  erste  Untergruppe  der  FAimalacostraca 
anschließend  an  die  Leptostraca  gereiht  habe. 

In  mit  dieser  Ansicht  übereinstimmender  Weise  hat 
Haeckel  (IG,  p.  651)  in  seinem  Stammbaum  der  Krustazeen 
die  Stomatopoda  als  besonderen  Seitenast  von  Proschizopoda 
sich  abzweigen  lassen,  sie  jedoch  im  .S\^stem  als  Ordnung 
•den  Thoracostraca  eingereiht. 

In  neuerer  Zeit  spricht  sich  Ca  1  man  (3,  p.  löG  und 
4,  p.  331)  dahin  aus,  daß  das  genauere  verwandtschaftliclie 
Verhältnis  der  Stomatopoden  zu  den  anderen  Ordnungen  der 
jS'Ialakostraken  mangels  verbindender  Glieder  keineswegs  klar 
sei  und  erachtet  es  am  wahrscheinlichsten,  daß  die  Stomato- 
poden einen  seitlichen  Ausläufer  vom  Hauptstamm  der 
Malakostraken  bilden. 

Giesbrecht  (11,  p.  231)  endlich  läßt  in  seinem  .Schema 
•der  phyletischen  Differenzierung  der  Krustazeentypen  die 
-Stomatopoden  aus  gemeinsamer  Wurzel  mit  Protothora- 
costraken,  Protarthrostraken  und  Anomostraken  aus  jüngeren 
l^rotomalacostraken  her\"orgehen. 

Meine  frühere  Auffassung  halte  ich  auch  jetzt  noch  für 
riclitig  und  könnte  sie  nur  dahin  modifizieren,  daß  ich  für 
die  hypothetische  gemeinsame  Stammform  von  Stomatopoden 
und  Schizopoden  statt  der  (von  Claus  herrührenden)  Be- 
zeichnung Urschizopoden  die  Bezeichnimg  Proteumala- 
•costraca  setze. 

Bei  der  \ergleichenden  Untersuchung  des  Stomatopoden 
ergeben  sich  1.  gemeinsame  Charaktere  mit  den  Eumala- 
costraca,  2.  gemeinsame  ererbte  (ursprüngliche)  Charaktere  mit 
den  Leptostraca,  3.  spezielle  ihnen  eigentümliche  Charaktere. 

Die  mit  den  Eumalacostraca  gemeinsamen  Charaktere, 
welche  die  Zugehörigkeit  der  Stomatopoden  mit  Thora- 
kostraken,  Anomostraken  und  Arthrostraken  zu  der  Eumala- 
kostrakengruppe     begründen,     sind     die     gleiche     Zahl     der 


IUI)  K.  (.robben, 

Abdominalsegmente,    die    Ausbildung    des    Telsons    und    die 
gemeinsame    Grundform    der   Thoraxgliedmaßen    anzuführen. 

Als  mit  Leptostraken  gemeinsame,  von  ihnen  ererbte, 
ursprüngliche  Charaktere  der  Stomatopoden,  die  im  besonderen 
bei  dieser  Untersuchung  aufgezeigt  werden  sollen,  ergeben 
sich  die  Ausbildung  eines  relativ  großen,  gelenkig  abgesetzten 
Vorderkopfes  mit  den  übrigen  Eumalakostraken  gegenüber 
reicherer  Muskulatur,  die  gelenkig  abgesetzte  Rostralplatte, 
die  lateralwärts  gekehrte  Richtung  der  2.  Antenne,  vielleicht 
auch  die  eigentümliche  Entwicklung  der  2.  Maxille,  endlich 
die  Form  der  Spermien.  Im  inneren  Bau  ist  als  ursprünglich 
die  Form  des  Herzens  anzusehen,  das  als  sogenanntes  viel- 
kammeriges  Rückengefäß  vom  Thorax  durch  das  ganze 
Abdomen  reicht. 

Als  den  Stomatopoden  eigentümlich  sind  anzuführen  die 
dorsoventrale  Abplattung  des  Körpers,  die  Kleinheit  der  Schale, 
die  mächtige  Verbreiterung  des  Abdomens,  die  Umbildung  der 
fünf  \orderen  Thoraxfüße  zu  fangfußartigen  Maxillarfüßen, 
der  Besitz  von  Iviemen  an  den  Abdominalfüßen  sowie  die 
Abgliederung  eines  Augenabschnittes  am  Vorderkopfe. 

Es  \-erdient  zunächst  hervorgehoben  zu  werden,  daß 
unter  den  Eumalacostraka  in  keiner  Gruppe  dei-  Vorderkopf 
so  stark  entwickelt,  zweigliedrig  und  in  gleicher  Weise 
beweglich  abgesetzt  ist  wie  bei  den  Stomatopoden;  wo  er 
sonst  noch  bei  Eumalakostraken  beweglich  abgegliedert  er- 
scheint, wie  bei  den  Schizopoda  und  Decapoda  Macrura 
Natantia,  ist  er  doch  viel  kürzer  und  es  scheinen  ihm  eine 
Anzahl  von  Muskeln  zu  fehlen,  die  bei  Sqiiilhi  vorhanden 
sind.  Hingegen  schließen  sich  die  Stomatopoden  diesbezüglich 
gut  an  die  Leptostraken  an,  deren  ansehnlich  großer  Vorder- 
kopf sehr  beweglich  ist  und  eine  noch  reiche  Muskulatur 
enthält. 

Die  Übereinstimmung  zwischen  Vorderkopf  der  Stomato- 
poden und  Leptostraken  läßt  sich  noch  weiter  verfolgen.  Bei 
Xebalia  erhebt  sich  die  Dorsalwand  des  Vorderkopfes,  wie 
Claus  genauer  beschreibt,  über  der  hisertionsstelle  der 
L  Antenne  zu  einem  nach  den  Seiten  dachförmig  vorspringenden, 
die  Basis  der  Stielaugen  überwölbenden  Höcker,  der  in  zwei 


X'nrdci'kopfnniskuuitur  der  Stoniatopitdcn. 


107 


Stirnstaclicln  ausläuft.  Claus  bezeichnet  die  Stirnstacheln  als 
•>Rostralstacheln«  und  sieht  den  in  diese  zwei  Stacheln  aus- 
laufenden Kopfhöcker  als  eine  den  Rostralfortsätzen  am  Panzer 
zahlreicher  Malakostraken   entsprechende  Bildung  (8,  p.  39). 

Diesen  von  Claus  gemachten  Vergleich  halte  ich  nicht 
für  zutreffend,  da  sich  die  den  Vorderkopf  überdeckende 
beweglich  eingelenkte  Rostralplatte  als  dem  Rostrum  der 
Eumalakostrakenschale  homolog  erweist. 

Dagegen  ist  bei  Stomatopoden  am  Augenabschnitte  des 
Vorderkopfes  jederseits  ein  nach  vorn  und  laterodorsal 
gerichteter  flügelfcn-miger  Fortsatz  vorhanden,  der  hinter  den 
Stielaugen    entspringt   (Textfig.   1,   PJ).    Diese    zwei  Fortsätze 


Textfig.    1. 

Vorderkopf  mit  Rostralplatte  von   GonoJactyliis.  unter  letzterer  die   Processus 

dorsales  {Pd)  sichtbar.  .Schwache  Vergrößerung. 

sind  von  Giesbrecht  als  Processus  dorsales  bezeichnet 
worden.  Sie  entsprechen  ihrer  Lage  nach  den  Stirnstacheln 
am  Vorderkopfhöcker  von  NchaJia  und  ich  halte  sie  dem- 
nach für  Homoioga  dieser  letzteren.  Auf  ihnen  liegt  gleichwie 
bei  Nehalia  die  Rostralplatte  mancher  Stomatopoden  auf,  so 
bei  Psciulosqifilhi,  bei  Gouodaciyliis,  wo  der  hier  vorhandene 
Stachel  der  Rostralplatte  mit  einer  ventral  vorspringenden 
Kante  zwischen  den  Processus  dorsales  gleitet  (Textfig.  1), 
was  gleicherweise  für  den  Mittelstachel  an  der  Rostralplatte 
von  Profosqiiilhi  gilt. 


lll.S  K.   Grobben, 

Eine  zweite  Eigentümlichkeit  der  Stomatopoden,  auf  die 
ich  bei  fiühcrer  Gelegenheit  besonders  hingewiesen  habe  und 
die  nicht  genügend  gewürdigt  wurde,  liegt  in  dem  Besitze 
einer  gelenkig  mit  dem  Vorderrande  des  Cephalothoraxschildes 
verbundenen  Rostralplatte.  Ich  habe  bereits  damals  bemerkt, 
daß  dieselbe  an  die  Kopfklappe  von  Xcluilici  erinnert,  mit 
der  »sie  wahrscheinlich  auch  homolog  ist.  Soweit  dies  aus 
den  bisher  vorliegenden  Beobachtungen  erschlossen  werden 
kann,  wird  ihre  Entstehung  durch  Abgiiederung  vom  Vorder- 
rande des  Cephalothoraxschildes  anzunehmen  sein,  wie  ja 
auch  bei  XelniJia  die  Kopfklappe  in  dieser  Weise  entsteht. 
Die  Ausbildung  der  Ro.stralplatte  der  Stomatopoden  hängt 
mit  der  Abgiiederung  des  Vorderkopfes,  welcher  die  Augen 
und  ersten  Antennen  trägt,  zusammen,  hiimerhin  möchte  ich 
sie  als  Erbstück  der  Kebalia  betrachten,  welches  sich  mit 
einer  Eigentümlichkeit  der  Kopfbildung  erhalten  oder  aber 
atavistisch  wieder  entwickelt  hat"  04,  p.  266).  Dagegen  war 
Claus  ('8,  p.  130)  der  Ansicht,  daß  die  beweglich  abgesetzte 
Kopfklappe  von  XchaJia  und  der  palaeozoischen  C  erat  io- 
cariden in  keiner  anderen  bekannten  Krustazeengruppe 
wiederkehrt.  Ich  habe  auch  schon  damals  anschließend  darauf 
hingewiesen,  daß  das  Homologon  der  Kopfklappe  von  Xehaliü 
in  dem  Rostrum  der  Schale  der  Eumalakostraken  zu 
suchen  ist. 

Übereinstimmend  mit  dieser  Auffassung  heißt  es  auch 
in  der  Charakteristik  der  Stomatopoden  bei  Bigelow  (1, 
p.  490):  »The  rostrum  in  the  adult  is  separated  bv  a  moyable 
Joint  from  the  carapace«. 

Erst  jetzt  ist  mir  bei  Verfolgung  der  Literatur  über 
Rhyiicliociuctcs  bekannt  geworden,  daß  schon  Milne  Edwards 
(21,  p.  166)  in  seiner  kleinen  Mitteilung  betreffend  die  Be- 
schreibung der  durch  einen  gelenkig  abgesetzten  Rostral- 
stachel  ausgezeichneten  Gaineele  Rhyjicliocinctes  auf  die 
Homologie  der  -Rostralplatte  der  Stomatopoden  mit  dem 
Rostrum    der    Dekapoden    hingewiesen    hat.     Die    bezügliche 

Stelle   lautet:    »II   nous  semble,  par  consequent,  evident 

que    la    plaque    frontale    des    Squilles    doit    etre    consideree 
•comme  le  representant  du  rostre  des  Decapodes«. 


Vnrderkopfmuskulatur  dof  Stoinatopodcr..  H^9 

Diese  Homologisierung  halte  ich  auch  heute  für  richtig. 
Die  Anlage  der  Kopfklappe  bei  dem  Embryo  \-on  Nehalid 
zeigt  ein  Bild,  welches  vollständig  an  ein  Schalenrostrum 
erinnert  (vergl.  Metschnikoff  [20],  Fig.  17  und  18).  Bei 
PaydiicbtiUa  Jongipes  ist  die  Rostralklappe  auch  in  einen 
Stachel  ausgezogen.  Und  was  die  Stomatopoden  betrifft,  so 
konnte  schon  aus  den  damals  vorliegenden  Beobachtungen 
über  ihre  Entwicklung  (vergl.  (Jlaus,  5)  geschlossen  werden, 
daß  ihre  Rostralplatte  durch  Abgiiederung  des  Rostrums  der 
Larvenschale  entsteht.  Nun  kann  noch  auf  die  Angabe 
Giesbrecht's  (10,  p.  126)  verwiesen  werden,  nach  welcher 
bei  dem  ersten  litoralen  Stadium  von  Sqtiilhi  (erstes  Squilla- 
stadium)  der  als  Rostrum  bezeichnete  vordere  Medianstachel 
der  Alimalarve  durch  die  beweglich  mit  dem  Schilde  ver- 
bundene Platte  ersetzt  wird. 

P^ür  die  Homologie  der  Rostralklappe  der  Leptostraken 
mit  der  Rostralplatte  der  Stomatopoden  und  dem  Rostrum 
der  Alimalarve  und  der  Thorakostraken  vermag  ich  nun  auch 
aus  eigenen  Beobachtungen  das  \'erhalten  der  Vorderkopf- 
muskulatur heranzuziehen.  Der  Musculus  levator  sincipitis 
von  Xchiilici  wiederholt  sich  bei  der  Alimalarve.  Hier  ent- 
springt ei-  an  der  Dorsalwand  hinter  der  Basis  des  Schalen- 
rostrums:  bei  dem  Übergange  dieser  Larvenform  in  das  erste 
Squillastadium  liegt  diese  Insertion  hinter  der  Einlenkungs- 
stelle  der  Rostralplatte  wie  bei  Xehjliu;  der  vor  dieser 
Insertion  gelegene  Teil  der  Schale,  das  Rostrum,  ist  nunmehr 
zur  gelenkig  abgesetzten  Rostralplatte  geworden.  Auch  bei 
den  Decapoda  Macrura  Natantia  entspringt  der  M.  levator 
sincipitis  dorsal  dicht  liinter  dem  l'rspi'unge  des  Rostrums 
der  Schale. 

Ebensowenig  erfolgt  die  Hebung  und  Senkung  der 
beweglich  eingelenkten  Kopfplatte  der  Stomatopoden  wie  jener 
\on  Xebalia  durch  besondere  Muskeln,  sondern  indirekt  durch 
Hebung  und  Senkung  des  Vorderkopfes. 

Was  die  Größe  der  Rostralplatte  bei  Stomatopoden  be- 
trifft, so  bedeckt  sie  bei  PsciiJosqiiiüa  den  \'orderkopf  voll- 
ständig bis  über  die  Processus  dorsales,  bei  Gonodactylus, 
Protosquilla  bloß  bis  vor  oder  hinler  die  Processus  dorsales;  bei 


2O0  K.  G robben, 

Squilla  ist  sie  kürzer  und  erreicht  nicht  die  Processus  dorsales, 
auch  liegt  ihre  \  entrale  Einlenkungsstelle  am  Vordei-kopf  median 
weiter  nach  xorn  als  die  dorsale,  so  daß  die  Platte  nicht 
so  frei  beweglich  ist  wie  z.  B.  bei  GouodactyJns,  sondern, 
wie  es  Giesbrecht  darstellt,  mit  ihrem  mittleren  hinteren 
Teile  der  Unterfläche  mit  dem  \'orderkopre  verwachsen  er- 
scheint. Auch  der  Rostralstachel  ist  bei  manchen  Formen 
{PsciiiiosqitiUa  ccrisii.  ProtosqiiiUu,  LysiosqiüUa,  Gonodaclyhis) 
(Textfig.  1)  als  mehr  oder  minder  langer  kräftiger  Stachel 
\orhanden.  Bei  ProtosquilUi  besitzt  die  K<>'stralp!atte  außerdem 
zwei    seitliche   Stacheln. 

Im  V^ergleiche  zu  der  Rostral klappe  der  Leptostraken 
zeigt  die  Rostralplatte  der  Stomatopoden  eine  \'erkleinerung, 
wie  eine  solche  übrigens  auch  in  ersterer  Gruppe  bei 
Nehalinpsis  ivpica  zu  finden  ist.  In  gleicher  Weise  weist  die 
Schale  der  Stomatopoden  eine  Verkleinerung  gegenüber  den 
Leptostraken  auf.  Daß  die  Kleinheit  der  Schale  bei  Stomato- 
poden eine  sekundäre  ist,  ergibt  sich  auch  aus  dem  Zurück- 
bleiben der  Schale  im  Wachstum,  das  xon  der  Larx'enzeit 
zur  Geschlechtsform  verfolgt  werden  kann.  Während  die 
vSchale  bei  den  Lar\-en  noch  den  ganzen  Thorax,  in  manchen, 
Fällen  noch  den  \'orderabschnitt  des  Abdomens  überdeckt,, 
läßt  sie  bei  der  Geschlechtsform  die  drei  Thorakalsegmente 
und  sogar  die  letzten  Maxillarfußsegmente  unbedeckt,  woraus 
wohl  geschlossen  werden  kann,  daß  die  Stammformen  der 
Stomatopoden  eine  mindestens  den  Thorax  überdeckende 
Schale  besessen  haben. 

Die  '  Kleinheit  der  Stomatopodenschale  erscheint  als 
spezielle  Eigentümlichkeit,  die  mit  der  mächtigen  Entwicklung 
des  Abdomens  im  Zusammenhange  steht. 

Die  gelenkig  abgesetzte  Rostralplatte  der  Stomato- 
poden halte  ich  für  ein  Erbstück  von  den  Leptostraken. 
In  meiner  früheren  diesbezüglichen  Publikation  (14,  p.  266) 
ließ  ich   diese   Frage  offen. 

Die  gelenkige  Abgliederung  des  Rostralstachels  vom 
Rückenpanzer  wiederholt  sich  unter  den  Eumalacostraca  in 
der  Gruppe  der  Decapoda  Macrura  Natantia  bei  den  Gattungen 
Rlivuchocinetes    und    rdutonins.    Hier    handelt    es    sich    aber 


\'orderUnpt"nuiskulatLir  ..ler  Stüiiiatiipiidi.n.  2()1 

lim  eine  Bildung,  die  kaum  mehi-  als  Erbstück  der  Lepto- 
straken  beurteilt  werden  kann,  sondern  als  innerhalb  der 
Macrura  Natantia  selbständig  entstandene  Bildung  anzusehen 
ist.  Der  abgegliederte  Rostralstachel  besitzt  wenigstens  bei 
Rliyuchociiietes,  den  ich  selbst  untersuchen  konnte  {Pantomiis 
kenne  ich  nicht),  auch  nicht  die  Form  einer  den  (hier  redu- 
zierten) Vorderkopf  deckenden  Platte,  sondern  die  Gestalt 
eines  schwertförmigen  gezähnten  Kieles  wie  sonst  bei  den 
]Shicrura  Natantia. 

Das  gelenkig  abgesetzte  Rostrum  von  Rliyucliociuetcs 
fypiis  gestattet,  wie  schon  der  erste  Beschreiber  dieser 
Garneele  H.  Milne  Edwards  (21)  angibt,  eine  fast  senkrechte 
Aufrichtung  desselben  nach  der  Dorsalseite,  während  es  im 
gesenkten  Zustande  zwischen  die  ersten  Antennen  nach 
vorn  ragt. 

Immerhin  bietet  die  Abgliederung  des  Rostralstachels  bei 
den  genannten  Garneelen  aus  dem  Grunde  Interesse,  weil  in 
ihr  die  \(»n  mir  vertretene  Auffassung  der  Rostralklappe  bei 
Stomatopoden  und  Lept(^straken  als  abgegliedertes  Rostrum 
eine  gewisse  Stütze  findet. 

Es  sei  hier  noch  die  Frage  gestreift,  wie  die  gelenkig 
abgesetzte  Rostralklappe  der  Leptostraken  zu  beurteilen  sei, 
ob  dieselbe  dem  Rostrum  der  Eumalacostraca  gegenüber 
einen  ursprünglicheren  Charakter  \orstellt. 

Ich  halte  dafür,  daß,  gleichwohl  die  Leptostraca 
den  Eumalacostraca  gegenüber  im  wesentlichen  einen 
ursprünglicheren  Formentypus  repräsentieren,  in 
ihrer  gelenkig  abgegliederten  Rostralklappe  jedoch 
ein  sekundärer  Charakter  vorliegt,  dem  das  unbe- 
wegliche Rostrum  in  der  Stammesgeschichte  voran- 
gegangen ist.  Die  Abgliederung  des  Rostrums  hat  sich  erst 
im  Zusammenhange  mit  der  gelenkigen  Absetzung  des 
^'orderkopfes  ausgebildet. 

Als  weiteren  einem  primären  \'erhalten  entsprechenden 
Charakter  der  Stomatopoden  erachte  ich  die  Richtung  der 
2.  Antenne  und  ihrer  im  Hinterkopfe  gelegenen  Muskulatur 
(vergl.  Fig.  1,  3,  MA").  Die  2.  Antenne  ist  nämlich  lateral 
hinter  dem  \'orderkopf  eingelenkt   und  \entrolateral  gerichtet. 


202  K.  Giobben. 

Die  am  Kopf  inserierten,  zur  Bewegung  der  ganzen  Antenne 
dienenden  Muskeln,  haben  dorsoventralen,  zufolge  der  dorso-' 
\entralen  Abplattung  des  Körpers  latero\-entralen  \'erlauf. 
Solches  Verhalten  findet  sich  auch  bei  Nehalia.  Auch  hier 
ist  die  2.  Antenne  hinter  dem  Vorderkopfe,  nicht,  wie  Claus 
(8,  p.  39)  angibt,  am  X'orderkopfe  inseriert  und  ist  ventral- 
wärts  gerichtet.  Diese  Richtung  der  2.  Antenne  ist,  wenn 
man  die  mit  wohlentwickelter  2.  Antenne  ausgestatteten 
Euphyllopoden,  wie  die  Limnadiiden  vei'gleichsweise  heran- 
zieht, die  ursprüngliche  Richtung  der  2.  Antenne.  In  allen 
diesen  Fällen  haben  die  zur  Bewegung  dieser  Antenne  als 
Ganzes  dienenden,  am  Kopfe  entspringenden  Muskel  dorso- 
\entralen  Verlauf. 

Wenn  damit  die  diesbezüglichen  Verhältnisse  bei  den  in 
der  genetischen  Reihe  der  Eumalacostraca  sich  zunächst  an- 
schließenden Thorakostraken  verglichen  werden,  so  zeigt  sich,, 
daß  bei  diesen  die  1.  Antenne  näher  an  die  2.  Antenne 
herangerückt  erscheint  und  letztere  nunmehr  parallel  mit 
ersterer  nach  \orn  gerichtet  ist;  dementsprechend  nimmt  bei 
den  höher  spezialisierten  Malakostraken  die  im  Kopfe  ent- 
springende Muskulatur  der  2.  Antenne  niehr  oder  minder 
eine  Verlaufsrichtung  \on  hinten  nach  \orn.  Diese  Änderung 
in  der  Lagebeziehung  der  2.  Antenne  hängt  mit  der  V^er- 
kürzung,  beziehungsweise  \^ereinigung  des  Vorderkopfes  mit 
dem  Hinterkopfe  zusammen.  Und  zwar  ist  mfolge  der  \'er- 
kürzung  und  der  dieser  in  der  Stammesreihe  folgenden 
\"ereinigung  des  \'orderkopfes  mit  dem  Hinterkopfe  die 
1.  Antenne  nach  hinten  und  innen  zwischen  die  2.  Antennen 
zurückgerückt  und  damit  die  2.  Antenne  näher  an  die  Spitze 
des  Kopfes  gelangt. 

Mit  der  erwähnten  Verkürzung  und  weiteren  \'ereinigung 
des  Vorderkopfes  mit  dem  Hinterkopfe  hängt  bei  den  Thora- 
kostraken auch  die  zuerst  von  Mi  Ine  Edwards  hervor- 
gehobene Sternalbeuge  (Kopfbeuge)  zusammen,  d.  h.  die  gegen 
die  Richtung  der  Hauptachse  des  Körpers  in  rechtem  Winkel 
nach  aufwärts  gerichtete  Lage  des  Augensegmentes  und  der 
Antennensegmente.  Diese  Sternalbeuge  fehlt  den  Stomatopoden^ 
worauf  Huxley  {\7,  p.  326)  besonders  hingewiesen  hat. 


Vorderkuptniuskulatur  der  StomatdpMdcn. 


2v):; 


Die  Stomatopoden  zeigen  somit  in  der  Lage  und  Richtung 
der  2.  Antenne  ein  \'erlialten,  das  sich  mehr  an  die  Lepto- 
straken  anschließt. 

Sehr  eigentümlich  und  abweichend  ist  die  2.  Maxille 
der  Stomatopoden  gestaltet  (Textfig.  3)  und  bietet  Schwierig- 
keiten in  der  Deutung  der  Teile.  Nach  Boas  (2,  p.  501)  ist 
die    2.   Maxille    der    Squilliden    \iergliedrig,    die    zwei    ersten 


Textfig.  2. 

Zweite  Maxille  von  Nehalla  qeußi-dvi. 
Schwache  Verarößeruno-. 


Zweite    Maxille    von    (iviiOi-Lidyliis. 
Schwache   Vera;rüßeiunff. 


Glieder  sind  jedc^ch  nicht  scharf  geschieden.  Dem  Grund- 
gliede  gehören  die  zwei  ersten  basalen  Laden,  dem  zweiten 
Gliede  nur  eine  Innenlade  an;  an  dieses  schließt  sich  ein 
zweigliedriger  Palpus  (Endopodit)  und  ein  rudimentärer  Exo- 
podit  an.  Boas  verweist  schließlich  darauf,  daß  die  2.  Maxille 
der  Squilliden  mit  jener  von  Thysanoptis  trotz  aller  \'er- 
schiedenheit    keine    i?erine;e  Ähnlichkeit  besitzt.    Nach  ("laus 


204  K.  Grobben, 

(7,  p.  21)  dage,L;en  trüg:  das  Basdlstück  der  2.  Maxille  bei 
Stomatopoden  iSquillu)  nur  einen  Ladenfortsatz,  das  2.  Grund- 
glied zwei  Ladenfortsätze.  Auf  diese  beiden  Grundglieder 
folgt  der  zweigliedrige  Endopodit  mit  fächerartig  entwickelten 
Außenlappen,  unter  denen  ein  kleiner  dritter  fächerartiger 
Außenlappen  an  der  Außenseite  des  zweiten  Stammgliedes 
folgt,  der  aber  nicht  als  reduzierter  Exopodit  gedeutet  werden 
kann;  ein  solcher  fehlt,  wie  sich  auch  aus  dem  \'erhalten 
der  2.  Maxille  in  den  Larvenstadien  ergibt.  Desgleichen  gibt 
Giesbrecht  für  das  1.  Glied  der  2.  Maxille  einen  Laden, 
für  das  2.  Glied  zwei  Laden  an.^  Diesen  Angaben  von  (^"laus 
und  Giesbrecht  Isann  ich  auf  Grund  eigener  Beobachtung 
beitreten. 

Mindestens  ebensogut  als  mit  der  2.  Maxille  von 
Euphausiiden  läßt  sich  die  eigenartige  Ausbildung  der 
2,  Maxille  der  Stomatopoden  mit  der  2.  Maxille  von  Nehalia 
in  Beziehung  bringen.  Bei  dieser  Form  ist  die  2.  Maxille 
(Textfig.  2)  wie  bei  Stomatopoden  \iergliedrig;  dem  1.  Grund- 
gliede  (Stammgliede)  gehören  zwei  Innenladen,  dem  2.  nur 
eine  Innenlade  an.  Der  Endopodit  ist  wie  bei  Stomatopoden 
zweigliedrig,  diesen  gegenüber  jedoch  von  mehr  gestreckter 
Gestalt,  während  er  bei  Euphausiiden  bloß  eingliedrig  ist. 
Außerdem  ist  an  der  2.  Maxille  von  Ncbalid  ein  Exopodit 
\orhanden,  der,  wie  schon  erwähnt  wurde,  der  Stomatopoden- 
maxille  fehlt. 

Wie  sehr  übrigens  die  spezielle  Gestaltung  der  2.  Maxille 
bei  den  verschiedenen  Leptostrakengattungen  differiert,  zeigt 
insbesondere  die  stark  gedrungene  Form  dieser  Mundglied- 
maße bei  Nebaliopsis.  Bei  dieser  Gattung  ist  der  Exopodit 
weitgehend  verkümmert,  auch  weist  der  Endopodit  keine 
Zweigliederung  auf,  was  nach  Thiele  (25)  in  gleicher  Weise 
für    NehalielJa   aiitarctica    und    Parünehalia  longipes  zutrifft. 


1  Bezüglich  der  2.  .Maxille  sei  noch  bemerkt,  daß  Giesbrecht  die 
Angabe  macht,  die  Maxillardrüse  münde  an  der  Hinterwand  des  zweiten 
Gliedes  aus.  Diese  Angabe  ist  nicht  zutreffend.  Die  Ausmündung  dieser 
Drüse  findet  sich  sonst  stets  am  Grundgliede.  Gleiches  ist  auch  bei  den 
.Stomatopoden  der  Fall;  und  zwar  liegt  die  Mündung  der  Maxillardrüse  an 
einer  Papille  am  oberen  Kande  des  Grundgliedes  ^vergl.  Textfig.  3.  Rp). 


Voiderkopfimiskiilatui-  der  Stoinatopodeii.  205 

Gegenüber  der  Zweigiiedrigkeit  des  Endopoditen  bei 
Xchalia  ist  der  Mangel  dieser  Gliederung  auf  Reduktion 
zurückzuführen. 

Auch  die  Form  der  Stomatopodenspermien,  deren  eigen- 
artige Gestalt  und  Ähnlichkeit  nur  mit  jenen  von  Euphausiiden 
und  Phyllopoden  von  Boas,  welcher  Nebalia  den  Phyllopoden 
zurechnet,  bereits  herv(»rgehoben  wurde,  kann  als  Stütze  für 
die  verwandtschaftliche  Beziehung  zwischen  Stomatopoden 
lind  Leptostraken  angeführt  werden.  Es  ist  ja  eine  bekannte 
Tatsache,  wie  sehr  die  Form  der  Spermien  verschieden  ist 
und  wie  sich  in  ihrer  speziellen  Gestaltung  vielfach  die  V^er- 
wandtschaftsverhältnisse  der  Tiere  ausgeprägt  finden,  hn 
tiesonderen  für  die  dckapoden  Crustaceen  wurde  dies  von 
mir  (13)  aufgezeigt. 

Die  zuerst  von  mir  (12)  beschriebenen  Spermien  von 
Squilhi  sind  kugelig,  ohne  weitere  Fortsätze.  Die  gleiche 
Form  besitzen  sie  bei  den  Leptostraken,  während  sie  bei 
den  etwa  noch  zum  Vergleiche  heranzuziehenden  Euphausiiden 
oval  gestaltet  sind.  Die  Spermien  der  Sqnilla  stimmen  somit 
am  meisten  mit  jenen  von  Xchalia  überein. 

Endlich  ist  im  inneren  Bau  ein  urspilingiicher  Charakter 
•der  Stomatopoden  in  der  Ausbildung  des  Zentralorgans  des 
Kreislaufes  gegeben.  Dieses  beginnt  in  der  Maxillarregion 
mit  einem  herzartig  erweiterten  Abschnitte  und  reicht  als 
sogenanntes  gekammertes  Rückengefäß  bis  in  das  5.  Abdominal- 
segment. Unter  allen  Malakostraken  besitzt  es  die  ursprüng- 
lichste Form.  Nicht  einmal  bei  den  Lept(^straken  zeigt  das 
Herz  eine  so  primitive  Form,  wenngleich  das  Leptostraken- 
herz  verglichen  mit  dem  Herzen  der  übrigen  Malakostraken 
—  die  Stomatopoden  natürlich  ausgeschlossen  —  ursprüng- 
lichere Verhältnisse  aufweist.  Diese  sind  bei  dem  Nebalia- 
herzen  gegeben  in  der  Ausdehnung  des  Herzens  von  der 
Maxillarregion  bis  in  das  4.  Abd<iminalsegment  und  in  dem 
\'orhandensein  von  sieben  Spaltenpaaren,  die  der  vorderen 
Herzhälfte  angehören  und  von  denen  das  letzte  im  6.  Thorakal- 
segmente  gelegene  sich  durch  besondere  Größe  auszeichnet. 
Wenn  mit  demselben  das  ähnlich  gestaltete  Herz  der 
Mysiden    unter    d^n  Schizopoden    verglichen    worden   ist,    so 

Sitzb.  d.  niafhem.-n.iturw.  KL,  Abt.  I,  V2>^   HJ..  1') 


2(H)  K.   G robben, 

zeigt  sich  der  Unterschied,  daß  dieses  bloß  bis  höchstens 
(Siriellü)  in  den  Anfang  des  S.^Thorakalsegmentes  sich 
erstreckt  und  nur  zwei  Ostienpaare  besitzt,  die  in  der  Region 
des  2.  und  3.  Thorakalsegmentes  ihre  Lage  haben.  Es  handelt 
sich  im  Mysidenherzen  demnach  bloß  um  eine  äußerlich 
ähnliche  Herzform,  die  kaum  direkt  von  der  spezifischen 
Form  des  Herzens  der  Leptostraken  abgeleitet  werden  kann. 

Somit  steht  das  Herz  der  Stomatopoden  in  seiner 
Ursprünglichkeit  dem  Leptostrakenherzen  am  nächsten.  Dabei 
erweist  sich  aber  das  Leptostrakenherz  keineswegs  als  das 
ursprünglichere,  sondern  als  bereits  spezialisiert,  während  das 
Herz  der  Stomatopoden  die  primitiveren  Zustände  zeigte 
womit  auch  Giesbrecht's  Ansicht  übereinstimmt  (11,  p.  234 
und  235). 

Daß  die  Stomatopoden  ursprüngliche  Malakostraken 
repräsentieren,  wurde  auch  \  on  Bi^as,  Claus,  Haeckel 
erkannt  und  es  entspricht  dem  auch  die  Ansicht  Calman's. 
Was  in  \orliegenden  Erörterungen  eingehender  dargelegt 
werden  sollte,  ist  die  \ielfach  nahe  Beziehung,  welche 
zwischen  Stomatopoden  und  Leptostraken  besteht,  uiTd 
die  besondere  Stellung,  welche  die  Stomatopoden  unter  den 
Eumalacostraca  einnehmen.  Bezüglich  ihres  V'erwandtschafts- 
xerhältnisses  und  ihrer  wahrscheinlichen  Abstammung  von 
ehemaligen  Proteumalacostraca  (früher  als  Urschizopoden 
bezeichnet)  bin  ich  dabei  zu  dem  gleichen  Resultate  gelangt 
wie  in  meiner  früheren  diesbezüglichen  Abhandlung. 

Ein  folgendes  Stammbaumschema,  in  welchem  nur  die 
großen  Gruppen  der  Malacostraca  berücksichtigt  sind,  soll 
diese  Auffassung  übersichtlich  wiedergeben  (Siehe  p.  207). 

Dieses  Stammbaumschema  unterscheidet  sich  von  dem 
zuletzt  von  Giesbrecht  (11,  p.  231  u.  ff.)  aufgestellten,  soweit 
es  die  Malakostraken  betrifft,  in  zwei  Punkten,  und  das  ist 
in  der  Ableitung  der  Stomatopoden  und  der  Anomostraken. 
Giesbrecht  läßt  die  Stomatopoden  sich  als  gesonderten  Ast 
aus  einer  gemeinsamen  Wurzel  mit  Protothorakostraken,. 
.Anomostraken  sowie  Protarthrostraken  aus  jüngeren  Proto- 
malakostraken  hervorgehen,  während  er  von  älteren  Proto- 
malakostraken    die  Leptostraken    abstammen    läßt.    Dem    von 


Vorderkopfmuskulatur  der  Stcjmatopoclen. 


207 


mir  aufgestellten  Stammbaumschema  gegenüber  erscheint  die 
Abzweigung  der  Stomatopoden  somit  etwas  höher  hinauf 
verlegt.  Immerhin  kommt  auch  in  dem  Stammbaumschema 
("liesbrecht's  die  gesonderte  Stellung  der  Stomatopoden  zum 
Ausdruck. 

Was  die  Anomostraken  betrifft,  so  läßt  sie  Giesbrecht 
als  besonderen  Ast  aus  gemeinsamer  Wurzel  mit  den  übrigen 
früher  genannten  Malakostrakenreihen  aus  Protomalakostraken 
entstehen.  Nach  meinem  Stammbaumschema  hingegen  gehören 


\ 


UrmcJaksstraJ;  en 

(ArchimaJacosiraca) 

Textfig.  4. 

Anomostraca  und  Arthrostraca  einem  gemeinsamen  Seiten- 
zweige an,  welcher  von  der  zu  den  Thoracostraca  führenden 
Stammreihe  herzuleiten  ist,  zu  welcher  Anomostraca  und 
-Arthrostraca  meiner  Ansicht  nach  in  engerer  verwandtschaft- 
licher Beziehung  stehen. 

Die  palaeontologische  Urkunde  gibt  über  die  Abstammung 
der  Stomatopoden  keinerlei  Aufschluß.  Die  ältesten  Stomato- 
podenreste  sind  aus  dem  Karbon  bekannt,  falls  das  von 
Woodward  (26)  als  Necroscilla  Wilsoni  beschriebene  Krusta- 
zeenabdomen  einem  Stomatopoden  angehört,    was  nicht  fest- 


2().S  K.   Grobben, 

steht  und  auch  von  W"  od  ward  nur  als  vermutliche  Ansicht 
hingestellt  wird,  zu  der  er  hinneigt.  Aus  dem  Karbon  werden 
auch  die  ältesten  fossilen  Schizopoden  angegeben.  Zwischen- 
formen  sind  bis  jetzt  nicht  aufgedeckt  worden.  Zwar  wird 
in  der  englischen  Ausgabe  (29)  des  Lehrbuches  der  Palaeon- 
tologie  von  Zittel  Pygoccphalns  mit  einiger  Wahrscheinlich- 
keit als  Schizopode  angeführt,  mit  dem  Zusätze  »PygocephnJns 
also  exhibits  many  Stomatopod  features«.  Es  sieht  danach 
so  aus,  als  ob  in  Pygocephahis  eine  Zwischenform  zwischen 
Schizopoden  und  Stomatopoden  vorläge. 

Die  Ansicht,  daß  Pygocephahis  Stomatopodencharaktere 
zeige,  geht  wohl  auf  Huxlej'  zurück.  Nach  Huxley  (18. 
p.  368)  ist  der  von  ihm  beschriebene  Pygocephahis  Coopcvi 
eine  podophthalme  Krustazeenform  und  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  näher  mit  Mysis  als  mit  irgend  einer  anderen 
existierenden  podophthalmen  Krustazeenform  verwandt.  Dann 
aber  hebt  Huxley  hervor,  daß  das  Abdomen,  Telson  und 
die  Schwanzfüße  von  Pygocephahis  stärker  und  breiter  als 
bei  Mysis  seien  und  zieht  zum  Vergleiche  das  Abdomen  von 
Gonodactyhis,  einem  Stomatopoden,  heran.  Er  schließt  bezüglich 
Pygocephahis  mit  dem  Satze:  »At  any  rate  we  shall  be  quite 
safe  in  assigning  to  it  a  position  among  either  the  lower 
Decapoda  or  the  Stomapoda.« 

Dana  (9)  betrachtet  Pygocephahis  als  Schizopoden  und 
nach  Zittel  (27)  scheint  dieser  Krebs  die  charakteristischen 
Merkmale  der  macruren  Dekapoden  zu  besitzen;  Zittel 
ordnet  Pygocephahis  bei  den  Penaeiden  ein,  fügt  aber  bei, 
daß  die  palaeozoischen  Macruren  eine  sichere  Bestimmung 
nicht  gestatten  und  nur  möglicherweise  zu  den  Penaeiden 
gehören.  Packard  ('22)  bezeichnet  Pygocephahis  als  zweifel- 
hafte Form  und  bezieht  sicli  dabei  auf  die  \on  ihm  ange- 
führten Huxley'schen  Angaben.  Nach  Broili  (28)  gehört 
Pygocephahis  wahrscheinlich  zu  den  Schizopoden. 

Auf  Grund  der  von  Huxley  gegebenen  Figuren  und 
Beschreibungen  (18,  19)  ist  meines  Erachtens  nach  Pygoce- 
phahis als  Schizopode  zu  betrachten.  Stomatopoden- 
charaktere sind  an  PygoccpJialns  nicht  zu  erkennen. 


Wirdcrkopfnuiskulauir  der  SK".!Tial<.poden.  20'* 

Für  die  Zuordnung  \-on  Fxi^'Ot.\'pruii::s  zu  den  Schizopctden 
spricht  die  Angabe,  daß  sieben  Thrraxextremitäten  und 
Exopoditen  an  den  Thoraxfüßen  erkennbar  sind.  Das  Abdomen 
und  die  Schwanztlosse  besitzen  allerdings  eine  Breite,  die 
wir  bei  heute  lebenden  Schizopoden  in  der  Weise  nicht 
finden.  Doch  ist  nicht  zu  übersehen,  daß  ausgestorbene 
.Schizopodent^'pen  nicht  durchwegs  vird  in  der  heutigen  Lebe- 
welt existierenden  übereinstimmen  werden.  In  der  Erscheinung 
von  Pygocephalus  fallen  Merkmale  der  macruren  Dekapoden 
auf.  wie  Zittel  richtig  erkannte.  Es  erinnern  der  breite 
Cephalothorax,  das  breite  Abdomen  wnd  die  breite  Schwanz- 
flosse an  die  Verhältnisse,  wie  sie  bei  den  Macrura  Reptantia 
bestehen.  In  PygocepJiahis  handelt  es  sich  somit  vielleicht 
um  eine  den  Macrura  Natantia  n;-hestehende,  somit  der 
Euphausiacea-Reihe  zuzurechnende  Schizopodenform,  die  aber 
wahrscheinlich  eine  Lebensweise  ahnßch  jener  der  rezenten 
Macrura  Reptantia  und  einiger  Macrura  Natantia  hatte. 

Literaturverzeichnis. 

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Bd.  V,   1883. 


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Crustaceen,  zugleich  ein  Beitrag  zur  Kenntnis  ihrer 
Kopfmuskulatur.    Ebendas.    Bd.    120,    1917    (vergl.    auch 

.  Sitzungsanzeiger  d.  Akad.  Jahrg.   1917,  Nr.  16). 
t().  Haeckel,  E.,   Systematische  Phylogenie  der  wirbellosen 

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17.  Huxley,  Th:  H.,-   Grundzüge    der  Anatomie    der  wirbel- 
losen Tiere.   Deutsch.  Übersetzung  von  J.  W.  Spengel. 

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Quart.    Journ.  .  Geolog.     Soc.    London.    Vol.    XIII,    1857, 

p.  363. 
19.  Huxley,.' Th.  H.,    On   a  Stalk-eyed  Crustacean    from  the 

Cai'boniferous    Sti'ata    near    Paisley.    Ebenda,  A'oI.XMII, 

1862,  p.  420. 


X'ordei-kopt'imiskulatur  der  Stninatopoden.  -11 

20.  Metschnikoff,  E.,  Entwicklungsgeschichte  von  Nebalia 

(russ.).   Sapiski   k.  Akaci.  d.  W'iss.  St.  Petersburg,    t.  XIII, 

1868. 
'21.  Milne  Edwards,  H.,  Note  sur  le  Rh3'nchocinete,  nouxeau 

genre    de    Crustace    decapode.    Ann.    des    scienc.    natur. 

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Carboniferous  Macrurous  Decapod  Crustacea.  Memoirs 
Nation.  Acad.  of  Sciences,  vol.  III,  Washington  1885, 
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23.  Parker,  T.  J.  and  Rieh,  J.  G.,  Observations  on  the 
Myology  of  Palinurus  Edwardsii,  Hutton.  Alacleay  Memorial 
Volume.  Sydney   1893. 

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(Potamobius  astacus  L.).  Ein  Beitrag  zur  Morphologie 
der  Decapoden.  Zeitschr.  f.  wissenschaftl.  Zool.  Bd.  CXIII, 
HI15. 

25.  Thiele,  J.,  Die  Leptostraken.  Wissenschaftl.  Ergebn.  d. 
Deutsch.  Tiefsee-Expedition.  VIII.  Bd.,   1008. 

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Crustacea.  II.  On  Necroscilla  Wilsoni,  a  supposed 
Stomapod  Crustacean,  from  the  Middle  Coal-Measures, 
Cossall,  near  Ilkeston.  Quart.  Journ.  Geolog.  Soc.  London. 
\'(.l.  XXXV,   1879,  p.  549. 

27.  Zittel,  K.  A.,  Handbuch  der  Palaeontologie.  Palaeozoologie 
IL  Bd.  München  und  Leipzig.   1881  —  1885,  p.  683. 

28.  Zittel,  K.  A.,  Grundzüge  der  Palaeontologie  (Palaeo- 
zoologie) neubearb.  von  F.  Broili.  I.  Abteiig.,  3.  Aufl., 
München  und  Berlin   1910,  p.  557. 

29.  Zittel,  K.  A.,  Text4^o<)k  t^t  Palaeontology  translat.-  a. 
edit.  by  Ch.  R.  Eastman.  Vol.  I,   London   1900,  p.  659. 


212  K.  G robben. 


Allgemeine  Buchstabenbezeichnung. 

.'1'  erste  Antenne. 
.1"  zweite  Antenne. 
.!(■  .A.rleria   cephalica. 
Atl  -Musculus  attractor  sincipitis. 
B  Musculus  depressor  sincipitis. 
C  Cerebralganglion. 
Cc  Schiundkommissur. 
Dp  Musculus  depressor  oculorum  basalis. 
Dso  Musculus  depressor  segmenti  oculorum. 

E  Musculus  levator  sincipitis. 
Ex  Exopodit. 
J/p  vordere   Hepatopankreasschläuclic. 

/  ventraler  Ursprung  der  Seline  des  Musculus  attractor  sincipitis, 
Loe  Musculus  levator  segmenti  oculorum  externus. 
Loi  Musculus  levator  segmenti   oculorum  internus. 
Ls  Ligamentum  sincipitis. 
MA'  die   basalen   Muskeln   im  Grundgliede  der   1.  Antenne. 
MA"  Muskeln   zur  2.   Antenne. 
Md  Mandibel. 
Mx  erste  .Maxille. 
N  Naupliusauge. 
O  Stielauge. 
Oh  Oberlippe. 
Ot>a  Musculus  oculi   basalis  anterior. 
Obl  Musculus  oculi  basalis  lateralis. 

Pd  Processus  dorsales  des  vorderen  Abschnittes  des  Vorderkopfes. 
A'  Rostralplatte  (beziehungsweise  Rostrum  bei  der  Alimalarve). 
Rp  Papille  mit  der  Ausmündung  der  Maxillardrüse. 
Scu.d.  Musculus  sincipito-antennalis  dorsalis. 
Sca.v.  Musculus  sincipito-antennalis  ventralis. 
7"  gemeinsame  Basis  der  Stielaugen. 
Va  hinterer  Abschnitt  des  Vorderkopfes  (Antennularsegment). 
Vo  vorderer  Abschnitt  des   Vorderkopfes  (^.\ugensegment). 


\'oi"dcrkorfmn-^kuiaiur  der  Stomatoroden.  213 


Tafel  erklärung. 

Tafel  I. 

Fig.  1.  Der  Kopfabschnitt  des  ersten  Squi Ilastadiums  in  der  Dorsal- 
ansieht,  mit  der  Muskulatur  des  Vorderkopfes  und  der  im  Kopfe 
inserierten  Muskeln  der  2.  Antenne.  Die  Muskulatur  ist  zum  Teil 
nur  einseitig  dargestellt.  Von  der  1.  und  2.  Antenne  sind  bloß  die 
basalen  Abschnitte  dargestellt.  Vergr.  etwa  38/1. 

Fig.  2.  Der  Kopfabschnitt  des  in  Fig.  1  abgebildeten  1.  Squillastadiums  in 
der  Ventralansicht  mit  der  Muskulatur  des  Vorderkopfes  und  der  im 
Grundgliede  der  1.  Antenne  gelegenen  basalen  Muskulatur.  Die 
verschiedenen  Teile  letzterer  sind"  größtenteils  nur  einseitig  einge- 
zeichnet. Sonst  wie  in   Fig.    1.  Vergr.   etwa  3S  1. 

Tafel  II. 

Fig.  3.  Kopfabschnitt  einer  erwachsenen  SquilLi  nuiiitis  median  durch- 
schnitten nach  Entfernung  des  Darmes,  um  die  Muskulatur  des 
Vorderkopfes  zur  Ansicht  zu  bringen.  Vergr.  2*  5.1. 

Fig.  4.  Längsschnitt  durch  den  Vorderkopf  einer  Aliiita-L&vve,  aus  in  der 
Medianebene  und  neben  dieser  geführten  Schnitten  kombiniertes 
Bild.  Vergr.   73  T. 


I 


Grobben  K.:  Vorderkopfmuskulatur  der  Stomatopoden. 


Taf.  I 


Z 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,  128.  Bd.,  1919. 


Grobben  K.:  Vorderkopfmuskulatur  der  Stomatopoden. 


Taf.  II 


An    MA" 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,  128.  Bd.,  1919. 


15 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg 
im  niederösterreichischen  Waldviertel 

Von 

Arthur  Marchet 

(Mit  ö  Textfiguren  und  2  Tafi  In) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  23.  Jänner  1919) 


Einleitung. 


l 

W'  Wenn  mtm  von  Krems  das  Tal  des  gleichnamigen  Flusses 

^  aufwärts  wandert,  gelangt  man  nach  etwa  einer  halben  Stunde 
bei  der  Lederfabrik  an  eine  Stelle,  wo  sich  das  Tal  verengt. 
Hier  findet  sich  eine  ziemlich  mächtige  Bank  von  schwärzlich- 
grünem Amphibolit,  die  sich  weit  nach  Norden  bis  östlich 
von  Gars  verfolgen  läßt.  Die  ersten  Angaben  über  das  Auf- 
treten dieses  Gesteins  finden  sich  bei  J.  Czjzek.^  Durch  die 
Untersuchungen  von  F.  Becke-  wurde  nachgewiesen,  daß 
man  im  Waldviertel  mehrere  Amphibolittypen  unterscheiden 
muß.  Der  »normale  Amphibolit«  sowie  der  »Smaragditgabbro« 
der  beiden  Arbeiten  sind  Gesteine,  die  dem  Rehberger  Gabbro- 
Amphibolitzug  angehören.  Eine  kurze  Beschreibung  des 
Gesteins,    sowie    eine  Kartierung    desselben    ist  dann   in  dem 


1  J.  Czjzek:  Geologische  Karte  der  l.'mgebungen  von  Krems  und  vom 
Manhartsberg.  Beilage  zu  Bd.  7  der  Sitzber.  d.  mathem.-naturw.  Kl.  d.  Akad. 
d.  Wiss.  in  Wien,   1853. 

2  Fi  Becke:  Die  krystallinen  Schiefer  des  niederösterreichischen  Wald- 
viertels. Sitzber.  d.  Akad.  d.  WMss.  in  Wien,  84.  Bd.,  1881,  I.  Abt.,  p.  551 
bis  555. 

Die  Gneisformation  des  niederösterreichischen  Waldviertels.  Ts  che  rm  ak's 
Min.  Petr.  Mitt.,  IV,    1882,  p.   233  bis   322   und  300  bis  305. 


216  A.  Miirchet, 

von  der  Wr.  Mineral.  Gesellschaft  zur  85.  \'ersammlung- 
deutscher  Naturforsc'ner  und  Ärzte  herau.sgegebenen  Hefte 
»Das  niederösterreichische  Waid\'iertel>< '   enthalten. 

Hofrat  Backe  gab  dann  später-  einige  Verbesserungen 
und  Ergänzungen  der  geolog.-petrogr.  Karte  dieses  Heftes 
an,  die  zum  Teil  auch  den  Gabbro-Amphibolit  betreffen.  Hier 
vväre  noch  hinzuzufügen,  daß  das  Gestein  östlich  von  Ober- 
Plank  nur  eine  dem  Schiefergneis  aufgelagerte  Schuppe  bildet. 
Man  trilTt  daher  in  größerer  Höhe  wieder  auf  den  Schiefer- 
gneis des  Liegenden.  Wie  aus  der  beigefügten  Kartenskizze 
(Taf.  1)  ersichtlich  ist.  findet  man  die  Fortsetzung  des  Zuges 
im  Kamptal  etwa  -'/^  hn  südöstlich  von  der  Mündung  des 
Doppelbachgrabens.  •'• 

Das  Material  zu  der  vorliegenden  Arbeit  stammt  zum 
Teil'  von  Herrn  Hofrät  Becke,  der  die  große  Freundlichkeit 
hatte,  es  mir  zur  Untersuchung  zu  überlassen,  zum  Teil 
wurde  es  von  mir  bei  Begehungen  des  Gebietes  aufgesammelt. 

.4.   Cicologischer  Teil. 

Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg  gehört  der  molda- 
nubischen  Zone  nach  F.  V..  Suess*  an  und  hat  wie  deren- 
übrige  Gesteine  den  Charakter  eines  in  größerer  Erdtiefe 
gebildeten  krystallinen  Schiefers  im  Gegensatz  zu  den  Gesteinen 
der  moravischen  Zone. 

Was  die  Lagerungsverhältnisse  anbelangt,  so  findet  sich 
der  Amphibolit  konkordant  dem  Schiefergneis  eingelagert,  vor> 
dem  er  sich  im  südlichen  Teil,  vom  Kremstal  bis  etwa  zum 
Klopfertberg,    scharf   trennen    läßt,    während    im    Norden    der 


1  F.  Becke,  A.  Himmelbauer,  F.  Reinhold  und  R.  Görgey:  Das 
niedcrosteneichische Waldviertel.  Tschermak's  Min.-Petr.  Mitt.,  XXXII,  p.  201, 
223  (1914). 

-  F.  H  ecke:  Zur  Karte  des  niederösterreichischen  Waldvicrtels. 
Tschermak-s  Min.-Petr.  Mitt..   XXXIII.  p.   354  (1915). 

•'  Für  die  Zeichnung  der  Skizze  wurden  auch  die  Originalaufnahmen 
von  llofrat   Dr.  F.  Becke  und  Dr.  A.  Himmelbauer   zu  Hilfe   genommen. 

•  F.  E.  Suess:  Die  -Moravischen  Fenster  und  ihre  Beziehungen  zum 
Grundgebirge  des  Hohen  llesenkes.  Denkschr.  der  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien, 
math.-natuiw.  Kl.,   7S,   1912,  p.  541   bis  632. 


Der  Ciahbr-o-Ampliibolitzug   \oii   Kthherg.  217 

Schietergneis  häufig  durch  Anreicherung  von  Hornblende  in 
den  Amphibolit  überzugehen  scheint.  Hier  findet  auch  mehr- 
fach VVechsellagerung  zwischen  Amphibolit  und  Schiefergneis 
statt.  Im  südlichen  Teil  konnte  nur  in  dem  Graben,  der  vi)n 
Kehberg  nördlich  dem  Goldberg  gegen  Gneixendorf  hinauf- 
führt, eine  Einschaltung  von  Schiefergneis  im  Amphibolit 
festgestellt  werden.  Sowohl  im  Hangenden  als  auch  im 
Liegenden  wird  der  Gabbro- Amphibolit  von  Serpentinvorkommen 
begleitet.  Am  Südhang  eines  Seitengrabens  östlich  von  Reh- 
berg ist  die  Kontaktstelle  der  beiden  Gesteine  aufgeschlossen 
Profil  Fig.  1).  Hier  tritt  zwischen  Amphibolit  und  Serpentin 
eine,    durch  vStoffaustausch    entwickelte,    gewölbte    Lage    von 


g-'f      s  V   v 

.v 

/■•  /iOOO 
Fig.   1. 

w 


Prcifil  aus  einem  Seitengraben   (istlich  von   Kehberg. 

L  =  Lüß,  h  =  Strahlsteinschiefer, 

.V  =  Schiefergneis.  >S"  =  Serpentin, 

(7,  =  plattiger-dünnflaseriger  Amphibolit,  p  =  Pegmatitgang. 

.fo=  grobflaseriger  Amphibolit,  ,^.9  =  Gneisglimmerscliiefer. 

zirka  ^/^  ui  mächtigem  Strahlsteinschiefer  auf.  Wie  in  dem 
Profil  angedeutet,  sind  am  Südhang  des  Grabens  nur  die 
Gesteine  im  Liegenden  des  Amphibolits  aufgeschlossen.  Auf 
Gneisglimmerschiefer  folgt  eine  rund  50  m  mächtige  Lage 
von  Schiefergneis,  der  parallel  zur  Schieferung  von  einem 
Pegmatitgang  durchsetzt  wird.  Darüber  liegt  Serpentin,  der 
gegen  den  Amphibolit  von  dem  oben  erwähnten  stark  zer- 
setzten und  steil  einfallenden  .Strahlsteinschiefer  begrenzt  wird. 
Auf  diesen  folgt  der  unterste  Teil  des  Amphibolitlagers  in 
ziemlich  dünnflaseriger  Ausbildung  mit  körnigen  Partien  von 
Uralitgabbro.  Das  Hangende  ist  an  der  Nordseite  des  Grabens 
zu  beobachten.  Zuerst  folgt  grobflaseriger  Amphibolit,  der 
dann,     wie     später     geschildert     wird,     immer     mehr    gegen 


218  A.  Marchet, 

Amphibolit  von  dünnplattiger  Textur  zurücktritt  und  schließ- 
lich gelangt  man  in  den  Schiefergneis  des  Hangenden.  Der 
Amphibolit  besitzt  hier  im  Hangenden  des  Serpentins  eine 
abweichende  Lagerung.  Das  Streichen  ist  gegen  NNW  ge- 
richtet, das  Fallen  beträgt  etwa  50°  gegen  WSW.  Die  normale 
Lagerung  in  dieser  Gegend  ist  hingegen  nördliches  Streichen 
bei  einem  Einfallen  unter  30°  gegen  West.  Südwestlich  von 
Stratzing  verschwindet  der  Amphibolitzug  unter  der  Löß- 
masse, welche  das  Kremsfeld  bildet,  um  in  zirka  47.,  Inn 
Entfernung  in  den  nördlichen  Seitengräben  des  Sirnitzbaches 
wieder  an  den  Tag  zu  treten.  Von  hier  läßt  sich  das  Gestein 
bis  an  die  Straße  Langenlois — Schiltern  verfolgen,  wo  dann 
wieder    eine  Unterbrechung    staltfindet.    Das  Streichen    ist    in 

lieüKB.  Rpilh  Oiv 

S     a   .V   ^/,v        ^v 
H"  1:23.000  0 

Fig.  2. 

Profil   Reithberg-Reithgraben. 

L  =  Löß,  ■         d  =  Amphibolit, 

.V  =  Schiefergneis,  .V  =  Serpentin, 

^iis  =  Glimmerschiefer,  qu  =  Ouarzit. 

diesem  Abschnitt  mehr  gegen  Ost  gerichtet  und  schwankt 
zwischen  NNO  und  ONO.  Das  stärkste  Ausbiegen  gegen 
Osten  beobachtet  man  am  Dürnitzbüchel  mit  einem  Streichen 
N  67°  O  und  Fallen  22°  NNW. 

Die  Fortsetzung  des  Gesteinszuges  trifft  man  dann  etv/a 
1  km.  östlich  von  der  Straße  nach  Schiltern  in  einem  Seiten- 
graben des  Reithtales.  An  den  Ostabhängen  des  Reithberges 
im  Liegenden  von  Serpentin  (Profil  Fig.  2),  dann  an  den 
Westabhängen  des  Schmalz-  und  Klopfertberges  trifft  man 
den  .Amphibolit  immer  wieder  an.  Das  Streichen  schwankt 
hier  zwischen  NNW  und  N.  Auch  der  Fallwinkel  ist  nicht 
konstant,  er  beträgt  am  Schmalzberg  20°,  am  Klopfertberg 
(im  Hangenden  von  größeren  Serpentinmassen!)  hingegen  40° 
gegen  West.    Nördlich    vom   Klopfertberg    wird    das    Gestein 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von   Rchberg-.  219 

feinkörniger,   häufig   treten   Einschaltungen  von  Schiefergneis, 
westlich  von  Gottsdorf  auch  \-on  Marmor  auf. 

Das  folgende  Profil  soll  die  Lagerungsverhältnisse  östlich 
vom  Seebingberg  veranschaulichen.  Unter  dem  grobschuppigen, 
biotitreichen  Schiefergneis,  der  den  Gipfel  zusammensetzt, 
folgt  zunächst  ein  feinkörniger,  feldspatreicher  Granitgneis, 
der  eine  fast  2  liui  lange  Linse  vom  Nordabhang  des 
Sßebingberges  bis  zu  dem  gegen  den  Stiefernbach  abfallen- 
den Rand  des  Plateaus  von  Thürneustift  bildet.  Das  Gestein 
nimmt  gegen  die  Tiefe,  wie  auch  im  Profil  angedeutet  ist, 
rasch  an  Mächtigkeit  ab,  so  daß  man  es  in  dem  tief  ein- 
geschnittenen Tal  des  Stiefernbaches  nicht  mehr  antrifft. 
Wohl  im.  Zusammenhang  mit  diesem  Granitgneis  stehen  aber 


Profil   Seebingberg  —Kamptal. 

L  =  Löß,  ///  =  Marmor, 

;_/,v  =  Glimmerschiefer.  a  =  Amphibolit, 

5  =  Schiefergneis,  ,;•  =  Granitgneis. 

die  zahlreichen  Adern  von  Pegmatit  und  Aplit,  die  im  Stiefern- 
tal  zu  beobachten  sind.  Unter  dem  Granitgneis  liegt  dann 
Amphibolit  und  zwar  anfänglich  in  einer  Ausbildung,  die  an 
den  •Pfefferkorn«-Amphibolit  von  Schiltern  erinnert.  Weiter 
im  Liegenden  trifft  man  braunen,  quarzitischen  Schiefergneis 
abwechselnd  mit  plattigem,  feinkörnigen  Amphibolit  (im  Profil 
schematisiert).  Auch  eine  Lage  von  Marmor  ist  in  dem 
Amphibolit  weiter  östlich  enthalten.  Der  Bahneinschnitt  im 
Kamptal  ist  schon  im  Schiefergneis  des  Liegenden  angelegt. 
Unter  diesem  folgt,  wie  Grundaushebungen  bei  Gottsdorf 
gezeigt  haben,  Glimmerschiefer. 

Zwischen  Stieferntal   und  Plank   schwankt  das  Streichen 
des  Amphibolits  zwischen  NNW  und  NNO  bei  einem  normalen 


220  A.  Märchen. 

Einfallen  unter  30"  gegen  \Ve>:.  Noch  weiter  nördlich  biegt 
dann  das  Streichen  immer  mehr  gegen  Ost.  so  daß  man  bei 
den  Preisen,  die  "•  ^  hu  südöstlich  von  der  Mündung  des 
Üoppelbaches  an  der  Kaniptalstraße  anstehen,  ein  Streichen 
nach  NO  beobachten  kann.  Der  Fallwinkel  ist  sehr  hoch  und 
beträgt  bei  80°  XVV.  Ähnlich  i-t  die  Lagerung  auch  bei 
Maiersch  (Str.:  N  37°  0  und  F.:  O't'  NW).  Diese  abweichende 
Lagerung  hängt  damit  zusammen,  daß  die  krj'stallinen  Schiefer 
hier  ein  Satteljoch  bilden,  wie  Hofrat  Becke  schon  in  seiner 
Waldviertelarbeit ^  betonte.  Jene  Amphibolite,  die  im  Süden 
des  Dorfes  Maiersch  an  der  Straße  nach  Plank  anstehend 
getroffen  werden,  sind  in  inniger  Wechsellagerung  mit  Schiefer- 
gneisen verknüpft,  mit  denen  sie  auch  durch  Übergänge 
verbunden  erscheinen. 

B.  Petrographischer  TeiL 

Der  petrographische  Charakter  des  Gabbro-Amphibolites 
ist,  besonders  im  südlichen  Teil,  ein  ziemlich  wechselnder. 
In  der  Umgebung  von  Rehberg  sind  mehrere  Aufschlüsse 
vorhanden,  die  dies  deutlich  zeigen.  Man  findet  hier  in  der 
Mitte  des  Lagers  Gesteine  mit  typisch  flaseriger  Textur;  sie 
treten  in  Form  von  Linsen  auf,  die  von  ebenplattigem  Amphi- 
bolit  umflossen  werden. 

Gegen  das  Hangende  und  Liegende  zu  werden  diese 
Linsen  immer  seltener,  sie  erscheinen  schmäler  und  lang- 
gezogener, bis  schließlich  bloß  ein  Amphibolit  mit  eben- 
plattiger  Textur  vorliegt  (siehe  Fig.  l.p.  217).  An  der  Grenze 
gegen  den  Schiefergneis  finden  sich  dann  manchmal  Varie- 
täten, die  durch  ihren  abweichenden  Mineralbestand  auffallen, 
da  Granat  und  Quarz  oder  Epidot  und  Quarz  als  Gemeng- 
teile auftreten  (siehe  Fig.  4).  Stoffaustausch  mit  dem  Neben- 
gestein (Schiefergneis)  hat  wohl  ihre  Entstehung  verursacht. 
Zu  erwähnen  wäre  hier  auch  das  Auftreten  von  Varietäten 
mit  deutlicher  Lagentextur.  Plagioklasreiche,  licht  gefärbte 
Lagen  wechseln  mit  amphibolreichen,  dunklen  Lagen  ab,  was 

1  L.  c.   p.   396. 


Der  Gabbio- Am phibolitzug  von   Rehbei'g 


221 


■dem  Gestein  ein  gebändertes  Aussehen  verleiht.  In  den  lichten 
Lagen  kann  man  an  Stelle  der  Hornblende  dann  manchmal 
hellgefärbten  Diopsid  beobachten.  Von  großem  Interesse  ist 
ein  Gestein,  das  bei  der  Lederfabrik  im  untersten  Kremstal 
im  Hangenden  des  normalen,  ebenplattigen  Amphibolits 
anstehend  gefunden  wurde  und  neben  monoklinem  Amphibol 
in  größerer  Menge  auch  rhombischen  Amphibol  enthält  (Fig.  4). 
Es  ist  bisher  der  einzige  Vertreter  derartiger  Gesteine  im 
niederösterreichischen  Waldviertel.    Seine   Entstehung   ist    aut 


Fig.  4. 

Aufschluß  bei  der  Lederfabrik   im  Kremstal. 

JL  =  Löß,  ^,?' =  Aplitgang, 

vS"  =  Schotter,  a^^  =^  normaler  ebenplattiger  Amphibolit, 

.9  =  Schiefergneis  wechsellagernd      a.,  =  Anthophyllit- Amphibolit, 

mit  Amphibolit,  .  a^  =  Epidot-    und    granatführender 

Amphibolit. 

eine  etwas  abweichende  Zusammensetzung  des  ursprüng- 
lichen Gesteins  zurückzuführen.  Es  möge  nun  eine  eingehendere 
Beschreibung  der  einzelnen  Varietäten  folgen. 


1.  Flaseriger  Gabbro-Amphibolit. 

Im  südlichen  Teil  des  Amphibolitzuges  bis  in  die  Gegend 
des  Stiefernbaches  finden  sich  typische  Vertreter  dieses  Ge- 
steins. Es  ist  mittel-  bis  grobkörnig  und  besitzt  eine  schwärz- 
lich grüne  Farbe.  Der  »Smaragditgabbro«,  den  F.  Becke  in 
seiner  Waldviertelarbeit  ^  beschreibt,  gehört  hierher.  Mit  freiem 
Auge  kann  man  in  dem  Gestein  als  Hauptgemengteile  1  bis 
3  an  lange,  faserig  struierte  Hornblenden  und  einzelne  größere 
Plagioklaskörner    mit    Zwillingsstreifung    auf    den  Spaltflächen 


1  L.  c.  p.  36i). 
Sitzb.  d.  matbem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,   128.  Bd. 


16 


222  A.   Marchet, 

erkennen.  Die  großen,  knotenartig  aus  dem  Gestein  hervor- 
ragenden Amphibole  zeigen  sehr  häufig  die  Trennungsflächen 
des  Diallages,  aus  dem  sie,  wie  die  mikroskopische  Unter- 
suchung beweist,  hervorgegangen  sind.  An  den  Enden  lösen 
sie  sich  in  Büschel  von  kleinen  Stengeln  auf.  Neben  diesen 
großen  Amphibolen  bemerkt  man  mit  freiem  Auge  schon 
kleine  Säulchen  von  dunkelgrüner  Hornblende,  die  in  manchen 
Proben  regellos,  manchmal  aber  mehr  oder  minder  parallel 
gelagert  erscheinen. 

Ähnlich  ist  auch  das  Auftreten  der  Plagioklase.  Außer 
den  großen  Individuen  finden  sich  in  wechselnder  Menge 
ziemdich  feinkörnige  Aggregate  von  Plagioklas,  die  in  geringer 
Menge  kleine  Hornblendesäulchen  enthalten.  Diese  >'grano- 
blastischen«  Gemenge  bilden  wie  die  kleinen  Säulchen  von 
Amphibol  oft  langgestreckte  Kornflasern,  die  bald  in  ganz- 
dünnen,  bald  wieder  in  dickeren,  sich  mannigfach  verzwei- 
genden Lagen  zwischen  die  grobkörnigen  Gemengteile  ein- 
dringen und  sie  umhüllen.  Durch  Zurücktreten  dieser  Korn- 
fiasern  entstehen  Varietäten,  die  die  Struktur  eines  Gabbros 
noch  sehr  gut  erhalten  zeigen.  Recht  ähnliche  Erscheinungen 
beschrieb  J.Lehmann  an  den  Flasergabbros  des  sächsischen 
Granulitgebirges,  ^  wenn  auch  bei  diesen  Gesteinen  kata- 
klastische  Phänomene  viel  stärker  hervortreten. 

Unter  dem  Mikroskop  läßt  sich  erkennen,  daß  neben 
Plagioklas  und  Amphibol  noch  monokliner  Pyroxen  auftritt 
und  zwar  in  zwei  Generationen.  Einmal  findet  sich  Pyroxen 
als  Kern  in  den  großen,  faserig  struierten  Hornblenden,  die 
mit  ihm  parallel  verwachsen  erscheinen.  Es  liegen  also,  wie 
Hofrat  F.  Becke  schon  in  seiner  Waldviertelarbeit-  vermutet 
hatte,  jene  homoaxen  Pseudomorphosen  von  Amphibol  nach 
Pyroxen  vor,  die  mit  dem  Namen  Uralit  bezeichnet  werden. 
Außer  den  Kernen  von  Pyroxen  in  den  Uraliten  trifft  man 
dann  monokiinen  Pyroxen  noch  als  »typomorphen«  Gemeng- 
teil in  Form  kleiner  Körner.  Als  Nebengemengteile  finden  sich 


1  J.  Lehmann,  Untersuchungen  über  die  Entstehung  der  altkrystallineii 
Schiefergesteine.   Bonn,   1884. 

2  L.  c.  p.   360. 


Der  Gabbio- Amphibolitzug  von   Rehberg.  223 

in  dem  Gestein  dann  noch  Titanit,  Erz  und  Apatit.  Pathogene 
Neubildungen  sind  Calcit  und  Epidot.  Durcli  Skapolithgehalt 
zeichnen  sich  Gesteinsproben  aus,  die  vom  Dürnitzbüchel 
stammen. 

Charakteristik  der  einzelnen  Gemengteile. 
Plägioklas. 

Die  schon  mit  freiem  Auge  unterscheidbaren  zwei 
Generationen  von  Plägioklas  zeigen  auch  im  Dünnschliff 
deutliche  Unterschiede.  Die  großen  Plagioklase  sind  reich  an 
Einschlüssen  von  Amphibol,  Pyroxen  und  Apatit  und  er- 
scheinen meist  getrübt.  Es  sind  Relikte  des  ursprünglichen 
Gabbros.  Das  geht  auch  aus  folgendem  hervor:  In  manchen 
hidividuen  kann  man  komplizierte  Zwillingsbildungen  nach 
Albit-,  Periklin-  und  Karlsbadergesetz  erkennen.  Die  bei  der 
Metamorphose  entstandenen  Plagioklase  zeigen  hingegen  keine 
Neigung  zu  komplizierten  Zwillingsbildungen.  Auch  läßt  sich 
in  den  relikten  Plagioklasen  öfters  die  normale  Zonenstruktur, 
die  für  die  Plagioklase  der  Erstarrungsgesteine  typisch  ist, 
beobachten,  indem  der  Kern  anorthitreicher  erscheint  als  die 
Hülle. 

Die  Unterschiede  im  Anorthitgehalt  sind  hier  allerdings 
nicht  so  groß,  als  es  gewöhnlich  bei  Erstarrungsgesteinen 
der  Fall  .ist.  Es  fehlen  basische  Rekurrenzen,  auch  erscheinen, 
die  Grenzen  zwischen  Kern  und  Hülle  nicht  scharf,  sondern 
verwaschen.  Dies  läßt  schließen,  daß  diese  Plagioklase  durch 
jene  Prozesse,  welche  die  Bildung  des  krystallinen  Schiefers 
hervorriefen,  doch  auch  beeinflußt  wurden.  Recht  häufig  kann 
man  an  den  relikten  Plagioklasen  Spuren  von  Kataklase  wahr- 
nehmen. Die  Zwillingslamellen  erscheinen'  dann  gebogen  oder 
geknickt,  die  Individuen  löschen  nicht  gleichmäßig,  sondern 
fleckig  ausj  die  Homogenität  des  Korns  ist  also  gestört. 
Buchtartig  dringen  dann  Aggregate  jener  kleinen  Plagioklase 
in  die  relikten  Feldspate  ein,  welche  die  zweite  Generation 
darstellen.  Man  trifft  so  alle  Übergänge  von  ungestörten 
Gabbroplagioklasen  bis  zu  solchen,  die  sich  bereits  größten- 
teils   in    ein     granoblastisches    Gemenge     von    kleinen    neu- 


i 


'-24  A.   Marchet, 

gebildeten  Plagioklaskörnein  aufgelöst  haben.  Diese  jüngeren 
Plagioklase  bilden  Kornflasern,  in  deren  Mitte  die  relikten 
Plagioklase  liegen.  Häufig  läßt  sich  an  ihnen  beobachten,  daß 
ihre  Dimensionen  gegen  den  Rand  der  Flasern  hin  abnehmen. 
Die  Größe  der  einzelnen  Körner  wird  auch  um  so  geringer, 
je  schmäler  und  längergestreckt  die  P'lasern  sind.  Schon  aus 
dem  Vorigen  geht  hervor,  daß  diese  zweite  Plagioklas- 
generation  bei  der  Verschieferung  des  Gesteins  entstanden  ist. 
Es  sind  »typomorphe«  Gemengteile  des  Amphibolits.  Auch 
die  einfacheren  Zwillingsbildungen  (Fehlen  des  Karlsbader- 
gesetzes) und  die  öfters  nachweisbare  inverse  Zonenstruktur 
sprechen  hierfür.  Die  Zonen  sind  bei  gleicher  Schnittlage 
bald  schärfer  begrenzt,  bald  gehen  sie  ganz  allmählich  in  ein- 
ander über.  Manchmal  treten  ähnlich  den  basischen  Rekurrenzen 
der  Erstarrungsgestein-Plagioklase,  hier  sauere  Rekurrenzen 
auf,  indem  der  albitreichere  Kern  zuerst  von  einer  anorthit- 
reicheren  Hülle  umschlossen  wird,  auf  die  wieder  eine 
sauerere  Schichte  folgt,  die  schließlich  nach  außen  in  eine 
anorthitreichste  Hülle  übergeht.  Eine  Erscheinung  wäre  hier 
noch  zu  erwähnen,  die  bei  den  granoblasti sehen  Plagioklasen 
manchmal  zu  beobachten  ist.  Die  Körner  enthalten  ziemlich 
scharf  begrenzte,  unregelmäßig  gestaltete  Kerne,  die  durch 
höhere  Lichtbrechung  und  andere  Lage  der  Auslöschung  aus- 
gezeichnet sind.  Eine  Anreicherung  von  Einschlüssen  ist  in 
diesen  anorlhitreicheren  Kernen  hie  und  da  zu  sehen.  Schein- 
bar tritt  also  eine  normale  Zonenstruktur  auf,  die  sich  aber 
von  der  normalen  Zonenstruktur  der  Erstarrungsgestein- 
Plagioklase  dadurch  unterscheidet,  daß  die  Begrenzung  dieser 
Kerne  ganz  unregelmäßig  ist,  und  daß  manchmal  auch 
mehrere  solcher  Kerne  in  einem  Korn  vorhanden  sind.  Es 
liegen  also  wohl  Relikte  der  ursprünglichen  Gabbroplagioklase 
vor,  die  bei  der  Umkrystallisierung  bis  auf  diese  kleinen 
Reste  verarbeitet  wurden  (Taf.  II,  Fig.  4). 


Der  Gabhro-Ampliiboiitzug  von  Kchber 


225 


Die  beiden  Plagioklasgenerationen  unterscheiden  sich  nach 
in  ihrer  Zusammensetzung.  Es  geht  dies  aus  den  folgenden 
Tabellen  1  hervor.  (K.  =  Kern,  H.  =:  Hülle). 

Relikter  Plagioklas. 


Maseriger  i     .  -,,        ,  r. 
t  -u   it  i  J_  ^I  und  P 

^  i(a  gegen M) 

von         r     "  °         ' 


%An 


Auslüschungsschiefe 

im  Doppelzwilling 

nach  Xlbit-  und       o/oAn2 

Karlsbadergesetz 

(a' gegen  M) 


-Lr 

(«'gegen  M) 


O/o  An 


Rehberg 


Dürnitz- 
büchel 


Reithberi 


K  30° 


H  25-5' 


K  26-5" 
H  21-5° 


30- 


30-&°— 35 


29°— 35-5° 


K  G5 


H  43 


K  45-50 
H  35 


56 


36—63 


54—65 


Individuum  1  : 

K  28°,  H  25°        K  59 

Individuum  2': 

K24-5°,  H23°        H  55 


Individuum   1  : 

30°— 34-5° 

Individuum   2': 

19°— 22° 


56—64 


23-5' 


50= 


52' 


Der  optische  Charakter  erscheint  in  Übereinstimmung  mit 
den  obigen  Beobachtungen  immer  positiv.  Die  Zusammen- 
setzung des  relikten  Plagioklases  ist  also  die  eines  Labradors, 
der  gegen  den  Rand  zu  manchmal  in  Andesin  übergeht. 


1  Zur  Bestimmung  wurden  größtenteils  die  Tabellen  von  Hofrat  Becke 
(Zur  Physiographie  der  Gemengteile  der  krystallinen  Schiefer,  Denkschr.  d. 
math.-naturw.  Kl.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  75,  III.  Teil)  verwendet.  Bei 
den  typomurphen  Plagioklasen  wurden  in  einigen  Fällen  (Schnitte  _|_  zu  einer 
opt.  Axe)  die  Diagramme  von  Michel  Levy  (Les  feldspatb.s  en  plaque 
mince  2eme  fasc,  PI.  XIV,  XV;  Paris   1896)  benutzt. 

2  Nach    unveröffentlichten    empirischen  Kurven    von  Hofrat  F.   Becke. 


226 


A.  Marchet, 


Typomorpher  Plagioklas. 

Flaseriger  Gabbro-Amphibolit  von  Rehberg. 


(a    gegen  M)                    ^ 

J_  M  u.  P 
(y'  gegen  P) 

o/o  An 

21-5° 

35 

29° 

43 

K  24° 
H  21° 

K  38 
H  35 

K29-5° 
H  27° 

K45 
H38 

23-5° 

38 

— 

— 

25-5° 

43 

— 

— 

17-5° 

32 

— 

— 

23° 

37 

— 

— 

_L  « 

(a'  gegen  M ; 


'' ,-,  An 


I  opt.  Achse  A 
(AE:  P) 


0,0  An 


K  21° 
H  23-5' 


K  35 
H  38 


24° 


40 


39 


(..'sie'nP)                    '^oAn 

_J_  opt.  Achse  A 
(AE-.M) 

o/o  An 

10°                              40 

65° 

38 

Der  optische  Charakter  ist  je  nach  der  Zusammensetzung 
entweder  neutral  oder  positiv  mit  großem  Winkel  der 
optischen  Achsen. 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von   Kehben 


227 


Fla  seriger  Gabbro-Amphibolit  vom  Dürnitzbüchel. 


±Mu.  P     ,,,   , 
(u  gegen  M)  \    '" 


J_  M  u.  P 
(t'  gegen  P) 


OnAn 


Winkel  der  Achsen- 
ebenen  im  Ab- 
Zwilling 


o/o  An 


25-5° 


K   26-5' 
H    36° 


K    26-5° 
H    32° 


K    25° 

H    34 '5° 


K    26° 

Hl  30° 

H..  23° 

o  35° 


43 


K  48 
H  65 


K  48 
H  58 


K  41 
H  62 


K  45 
Hl  55 
Ho  37 
H.^  63 


K  29° 
H  33-5' 


K43 

H  55 


56' 


/  -  p,     o/o  An 

(Y'  gegen  P)  \    '^ 


Winkel  der  Achsen- 
ebenen im  Periklin- 
Zwilling 


K  36° 
H  42° 


K  55 
H  60 


55' 


Der  optische  Charakter  ist  positiv. 


%  An 


48 


Fiaseriger  Gabbro-Amphibolit  vom  Reithberg. 


±M  u.  P 
(«'  gegen  M) 


%  An 


_L  opt.  Achse  B        ,    . 
(AE-.M)  I     0^" 


I    opt.  Achse  B 
(A  E  :  P) 


o/o  An 


39° 


78 


56° 


70 


38° 


75 


6-5' 


70 


Der  optische  Charakter  ist  bald  positiv  (Labrador)  bald 
negativ  (Bytownit).  Damit  steht  im  Einklang,  daß  eine 
Bestimmung  des  mittleren  Brechungsexponenten  den  Wert 
1'56  ergab,  was  einem  Anorthitgehalt  von  etwa  550/^^  An 
entspricht. 

Die  tj^pomorphen  Plagioklase  unterscheiden  sich  von  den 
relikten    Plagioklasen     durch    die    großen    Schwankungen    in 


'228  A.   Marchet, 

ihrer  Zusammensetzung  an  verschiedenen  Lokalitäten.  In 
Rehberg  beobachtet  man  Andesin  mit  etwa  40%  An,  am 
Dürnitzbüchel  finden  sich  Labradore  von  mittlerem  Anorthit- 
gehalt,  am  Reithberg  steigt  der  Anorthitgehalt  bis  zu  dem 
eines  saueren  Bytownits  von  75%  An.  Interessant  ist,  daß 
jene  Varietäten,  welche  anorthitreicheren  Plagioklas  enthalten, 
auch  t3'pomorphen,  neugebildeten  Diopsid  in  größerer  Menge 
führen. 

Amphibol. 

Für  den  flaserigen  Gabbro-Amphibolit  ist  das  Auftreten 
jener  knotenartig  aus  dem  Gestein  hervorragenden  großen 
Uralite  sehr  charakteristisch,  in  deren  Kern  man  manchmal 
noch  Reste  \on  Pyroxen  findet  (Taf.  II,  Fig.  1  und  2).  Die 
Verwachsung  ist  eine  parallele,  da  die  Lage  der  c-  und 
ö-Achsen  in  beiden  iMineralen  die  gleiche  ist.  Ein  Schnitt, 
bei  dem  der  Pyroxenkern  parallel  der  optischen  AE  getroffen 
ist,  zeigt  auch  die  Hornblende  in  gleicher  Weise  durch- 
schnitten. Die  Spaltrisse  nach  dem  Prisma  sind  in  solchen 
Schnitten  in  beiden  Mineralen  parallel,  die  Mittellinien  y 
weichen  in  demselben  Sinn  von  der  c-Achse  ab.  In  Schnitten 
die  im  Pyroxenkern  den  Austritt  der  optischen  Achse  .4 
zeigen,  kann  man  in  wenig  verschiedener  Lage  auch  die 
optische  Achse  .4  der  Hornblende  beobachten.  Krj^stallo- 
graphische  Begrenzung  ist  bloß  in  der  Prismenzone  ange- 
deutet, während  die  Enden  zerfasert  erscheinen.  Wenn  der 
Pyroxenkern  verzwillingt  ist  (Zw.  Eb.  =  100),  so  ist  auch 
der  Uralit  nach  dem  gleichen  Gesetz  verzwillingt.  Manchmal 
kann  man  Zonenstruktur  bei  diesen  Hornblenden  beob- 
achten, indem  der  Rand  schwächere  Doppelbrechung  und 
stärkere  Eigenfärbung  zeigt.  Die  Hülle  ist  also  ejsenreicher. 
Ein  Unterschied  in  der  Auslöschungsschiefe  ist  ebensowenig 
wie  eine  Verschiedenheit  des  Winkels  der  optischen  Achsen 
in  den  beiden  Zonen  nachzuweisen.  Die  eisenreichere  Außen- 
zone der  Uralite  mag  zum  Teil  durch  Umwandlung  des 
ursprünglichen  Titaneisens  in  Titanit  entstanden  sein,  indem 
das  freigewordene  Eisen  von  dem  Amphibol  aufgenommen 
wurde.     Man  kann  nämlich  verfolgen,   daß  in  der  Umgebung 


Der  Gabbro-Amphibolilzug  von  Rehberg. 


229 


von  Titanitkörnern  die  Hornblende  tiefer  gefärbt  ist  als  sonst. 
Nicht  in  allen  Proben  sind  die  Uralite  so  gut  erhalten,  daß 
die  ganzen  Krystalle  gleichmäßig  auslöschen.  Auch  hier 
kann  man  Erscheinungen  der  Kataklase  verfolgen.  Die 
Uralite  erschemen  verbogen  und  aufgelöst  in  nicht  mehr 
genau  parallele  Amphibolstengel.  Stellenweise  dringt  dann 
auch  Plagioklas  ein,  wodurch  Andeutungen  von  Siebstruktur 
entstehen. 

Bei  einer  derartigen  Ausbildung  kann  man  dann  meist 
keine  Spuren  des  ursprünglichen  Pyroxens  mehr  erkennen. 
Interessant  ist  das  massenhafte  Auftreten  von  Titanit  in  Form 
feiner  Einschlüsse  in  den  gut  erhaltenen  Uraliten  und  ihren 
Pyroxenkernen.  Er  hat  seine  Bildung  wohl  dem  Ti-  und  Ca- 
Gehalt  des  ursprünglichen  Gabbrodiallages  zu  verdanken. 
Häufig  findet  man  größere  und  kleinere  Stengel  von  Amphibol, 
die  die  Uralite  regellos  durchsetzen.  Auch  neugebildete 
Körner  von  Diopsid  kann  man  manchmal  in  den  Uraliten 
regellos  eingesprengt  erkennen.  Die  optischen  Eigen- 
schaften des  Uralites  sind  folgende: 

AE  I  I  010;  CY  =  13V/;  V-«  im  Kern  0-027,  am  Rand  0-025 
2  Va  =:  70°   (der  Schnitt  zeigte  a  und  A) 
Optischer  Charakter  negativ. 

Dispersion  der  opt.  Achsen: 

Achse  A  im  Kern  [j  :>  v  um  a  (schwach  i, 

»        »    in  der  Hülle  p  >  t;  um  oc  (ziemlich  stark), 

»        B  [j  :>-  V  um  a  (schwach). 

Pleochroismus  nach  der  internationalen  Farbenskala  von 
!adde  bei  einer  Dicke  von  0-025  «/m: 

Kern:    a  =  36  gelbgrüngrau  v, 
|i  r=  37  grün  grau  /, 

Y  zzz  38  blaugrüngrau  r, 

Hülle:  a  z=  36  gelbgrüngrau  u, 
ß  :::r  37  grüngrau  r, 

Y  =  38  blaugrüngrau  p. 
Das  Absorptionsschema  ist  demnach:  y  >  ß  >-  a. 


230  A.   Marchet, 

Neben  den  großen  Uraliten  finden  sich  in  dem  flaserigen 
Amphibolit  auch  kleine  nach  der  Prismenzone  gestreckte 
Säulchen  von  Amphibol.  Je  besser  die  Uralite  erhalten  sind, 
desto  mehr  treten  jene  in  ihrer  Menge  zurück.  Auffallend  ist 
die  Verschiedenheit  in  der  Größe,  je  nachdem  diese  Amphibole 
einzeln  innerhalb  der  Plagioklasflasern  auftreten,  oder  selbst 
zu  Kornflasern  angereichert  sind.  Im  ersteren  Falle  ist  ihre 
Größe  gering,  im  zweiten  Falle  erreichen  sie  hingegen  Längen 
von  1  bis  3  inni.  Krystallographische  Begrenzung  ist  nur  nach 
dem  Spaltprisma  vorhanden.  Die  Zusammensetzung  ist  augen- 
scheinlich in  den  verschiedenen  Vorkommen  Schwankungen 
ausgesetzt.  Dies  deutet  sich  schon  durch  die  verschiedene 
Intensität  der  Färbung  in  gleich  orientierten  Schnitten  an. 
Man  kann  dabei  die  Beobachtung  machen,  daß  solche  Gesteins- 
proben, die  reicher  an  Hornblende  sind,  eine  blassere  Färbung 
derselben  zeigen.  Es  findet  da  also  eine  Anreicherung  der 
schwerer  schmelzbaren,  magnesiahältigen  Komponenten  statt. 
Ähnliche  Erscheinungen  beschrieb  F.-Becke  an  krystallinen 
Schiefern  aus  den  Zentralalpen. ^  Die  phj^sikalischen  Eigen- 
schaften schwanken  demgemäß  etwas. 

Eine  blaß  gefärbte  Varietät  vom  Dürnitzbüchel  ergab: 

AE  il  010;  CY=  15  bis  15-5°;  7  —  ^  =  0-027 

2  F„  im  Mittel  85°  (da  die  Bestimmung  aus  der  Hyperbel- 
krümmung erfolgte,  ist  die  Fehlergrenze  hier  recht  bedeutend). 

Spaltblättchen  nach  dem  Prisma  ergaben  eine  Aus- 
löschungsschiefe von  13°.  Mittels  der  Immersionsmethode 
wurden  an  diesen  die  Brechungsexponenten  bestimmt: 

'/=  1-656,       a'=i  1-641. 

Dispersion  der  opt.  Achsen: 

Achse   Ä:  nicht  bestimmbar, 

»       B:  (j  :>  V  um  a  (schwach). 

1  F.  Becke:  Chemische  Anal\-sen  von  krystallinen  Gesteinen  aus 
der  Zentralkette  der  Ostalpen.  Denkschr.  d.  math.-naturvv.  Kl.  d.  Akad.  d. 
Wiss.  in  Wien,   75,  p.   215  11.  t". 


Der  Gabbro-Amphibülitzug  von  Rchberg.  23  1 

Pleochroismus  bei  einer  Dicke  von  0-027  mm: 

rj.  =:  36  gelbgrüngrau  u, 
ß  =r  37  grüngrau  r, 

Y  =:  38  blaugrüngrau  ;'. 

Absorptionsscliema:  y  ^  ß  >-  a. 

Spezifisches  Gewicht  (nach  der  Suspensionsmethodp 
bestimmt)  5  =  3*  15. 

Eine  stärlcer  gefärbte  Varietät  von  Rehberg  zeigte: 

c^{—  18°;     Y-^-  =  0-023, 
2  Fa  70°  bis  80°. 

Dispersion  der  opt.  Achsen: 

Achse  .4:  p  r>  v  um  a  (schwach), 
"       ^:  p:>t^  um  a  (deutlich). 

Pleochroismus  bei  einer  Dicke  von  O'OZh  mm: 

a  r^  36  gelbgrüngrau  /, 
ß  =:  37  grüngrau  q, 

Y  =r  38  blaugrüngrau  o. 

Absorptionsschema:  y  >*  ß  >-  ^•• 

Spezifisches  Gewicht  (wie  oben  bestimmt)  =:  3  •  185. 

Die  blaß  gefärbten  Amphibole  stehen  ersichtlich  dem 
Aktinolith  nahe,  die  dunkleren,  eisenreicheren  zeichnen  sich 
durch  höheres  spezifisches  Gewicht,  größere  Auslöschungs- 
schiefe auf  010,  geringere  Doppelbrechung  und  etwas  kleineren 
Winkel  der  optischen  Achsen  aus  und  stellen  eine  an 
Tremolitsilikat  reiche,  gemeine,  grüne  Hornblende  dar.  Die 
Dispersion  der  Achsen  ist  bei  diesen  etwas  stärker.  Bei  keiner 
der  beiden  Varietäten  konnte  eine  Dispersion  der  Mittellinien 
beobachtet  werden.  Ebenso  wie  bei  den  Uraliten  kann  man 
auch  bei  diesen  Amphibolen  die  Wahrnehmung  machen,  daß 
in  der  Umgebung  von  Titanit  die  Färbung  intensiver  ist. 

Pyroxen. 

Als  Kern  in  den  Uraliten  tritt,  wie  schon  oben  envähnt, 
manchmal    noch    monokliner  Pyroxen  auf.    Durch  seine  Färb- 


232  A.   Marchet, 

• 

losigkeit,  höhere  Licht-  und  Doppelbrechung  und  größere 
Auslöschungsschiefe  ist  er  leicht  unterscheidbar.  Er  erscheint 
immer  von  Einschlüssen  erfüllt,  die  hauptsächlich  aus  Titanit 
bestehen.  Dieses  Vorkommen  des  Titanits  erweist,  daß  diese 
Pyroxenreste  nicht  den  ursprünglichen  Pyroxen  des  Gabbros 
darstellen,  sondern  auch  schon  Umwandlungsprodukte  des- 
selben sind.  Im  Verlauf  der  Metamorphose  hat  sich  das  Titan 
des  Gabbro-Diallages  in  Verbindung  mit  CaO  und  SiO.,  als 
Titanit  ausgeschieden.  CaO  und  SiO.,  sind  wohl  bei  der 
Uralitisierung  freige worden. 

Krystallographische  Begrenzung  ist  bei  diesen  Pyroxenen 
keine  mehr  wahrzunehmen,  da  die  Amphibolsubstanz  längs 
Spaltrissen  und  unregelmäßigen  Sprüngen  in  den  Pyroxen 
eindringt,  so  daß  dieser  in  einzelne  Fetzen  aufgelöst  erscheint. 
Ab  und  zu  trifft  man  Zwillingsbildungen  an,  die  dann  auch 
der  umhüllende  Amphibol  besitzt.  Sie  folgen  dem  Gesetze 
Zwillingsebene  die  Ouerfläche  (100). 

Die  optischen  Eigenschaften  des  relikten  Pyroxens  sind 
folgende: 

.4£|i010;   cY=:40°   bis  41°;  y -a  =  0-029-0-030 
2  V'i  —  58°.i 

Mit  Hilfe  der  bekannten  optischen  Orientierung  des  um- 
hüllenden Uralites  läßt  sich  der  Achsenwinkel  des  Pyroxens 
folgendermaßen  berechnen  : 

Der  Winkel  zwischen  Achse  A  des  Pyroxens  und  Achse  .4 
des  Amphibols  wurde  zu  4-5°  bestimmt.  Dabei  liegt  die 
Achse  A  des  Pyroxens  zwischen  der  Achse  A  der  Horn- 
blende und  a.  Die  Auslöschungsschiefen  c;  der  beiden  Minerale 
sowie  der  Winkel  der  optischen  Achsen   des  Uralites 

(2  V'(  =  180° -70°  =  110°) 
sind  bekannt. 


1  Die  Bestimmung  wurde  an  einem  Schnitt  vorgenommen,  der  die 
Mittellinie  y  und  hart  am  Rande  des  Gesichtsfeldes  eine  optische  Achse 
zeigte.  Infolge  dieser  ungünstigen  Lage  der  Achse  ist  die  Messung  nicht 
genau. 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von   Roliberg. 


233 


Pj'roxcn 


Amphibul 


c-i 


Vy 


Winkel  zwischen  Achse  .4  und  c 


Vy 


2  V'( 


41° 


- 

68 

•5°-h4-5° 

= 

73° 

7 

3° 

-41°  = 

=  31 

)° 

64° 


13-5° 


55° 

68-5° 

Der  halbe  AchsenwMnkel  wurde  mit  29°  gemessen,  die 
Berechnung  ergibt  32°.  Die  Differenz  von  3°  ist  bei  der 
ungünstigen  Lage  des  Schnittes,  der  zur  Messung  diente,  als 
innerhalb  der  Fehlergrenze  liegend  zu  betrachten. 

Dispersion  der  optischen   Achsen: 

Achse  .4:  ,o  >  v  um  y  (deutlich;, 
>■       B:  (j  :>-  V  um  y  (schwach;. 

Mittelliniendispersion     ist     nicht     zu     beobachten.     Nach 

diesen    optischen  Eigenschaften    hat    der    relikte  Pyroxen  die 

Zusammensetzung   eines  Diopsids. 

In  wechselnder  Menge  trifft  man  im  tlaserigen  Amphibolit 
i^uch  kleine,  einschlußfreie  Körner  von  neugebildetem  Pyroxen 
\&n,  bald  als  Einsprengunge  innerhalb  der  Uralite  und  Plagio- 
Iklase,  bald  in  den  Kornflasern,  welche  die  typomorphen 
jPlagioklase   und   die   kleinen  Amphibole    bilden.    Eine   seltene 

Art  des  Auftretens  dieses  Pyroxens,  die  Hofrat  F.  Becke 
[schon  in  seiner  Arbeit,  die  Gneisformation  des  nieder- 
[österreichischen  Waldviertels,  erwähnt,^  ist  die  in  mikro- 
)egmatitischer  Verwachsung  mit  Plagioklas.  Die  wurmförmig 
'gekrümmten  und  gleich  orientierten  Stengel  von  Pyroxen 
Uind  nur  in  den  typomorphen  Plagioklasen  anzutreffen, 
[während    die    relikten    Plagioklase    zwar    auch    ab    und    zu 

Pyroxen    einschließen,    doch    in    viel    geringerer  Menge    und 
[als  unorientierte  Körner. 


1  L.  c.   p.  364. 


234 


A.   M  a  r  c  h  e  t , 


Von  Interesse  ist  das  Auftreten  des  Pyroxens  in  einem 
Streckungshof  (Fig.  5).  Ein  größerer  Uralitkrystall,  der  im 
Innern  noch  Reste  von  Pyroxen  zeigt,  hat  der  einseitigen 
Pressung  (stress),  durch  welche  die  Umkr3^stanisation  ver- 
ursacht wurde,  Widerstand  geleistet.  Die  Folge  davon  war 
eine  Druckentlastung  zu  beiden  Seiten  des  Krystalls.  Hier 
finden  sich  nun  große,  frisch  aussehende  Körner  von  Pyroxen^ 


Fig.  5. 

Uralit  mit  seinem  Strecivungshof.    Zu  beiden   Seiten  neugebildeter  Pyroxen. 

Vergr.   7  fach. 


zum  Teil  in  gleicher  Orientierung  wie  die  Pyroxenreste  im 
Uralit.  Die  Umwandlung  des  Pyroxens  in  Amphibol  wird 
durch  Pressung  begünstigt.  Wo  wie  in  den  Winkeln  des 
Streckungshofes  eine  Druckentlastung  stattfindet,  entsteht 
nicht  Amphibol,  sondern  es  wird  Pyroxen  gebildet,  der,  wie 
in  vorliegendem  Fall,  zum  Teil  mit  dem  Uralit  parallel  ver- 
wächst. Durch  das  viel  geringere  Auftreten  von  Titanit- 
einschlüssen  unterscheidet  er  sich  von  dem  Pyroxenkern  des 
Uralites.  Neben  dem  Pyroxen  findet  sich  in  dem  Streckungs- 
hof noch  invers  struierter  Plagioklas  sowie  große  Titanit- 
körner.  Umhüllt  wird  dieser  Streckungshof  lidartig  von  einem 
Amphibolsaum,  auf  diesen  folgt  ein  Kranz  von  Plagioklas, 
dann  wieder  ein  solcher  von  Amphibol.  Dabei  passen  sich 
diese  Säume  nach  außen  immer  mehr  einer  ziemlich  deut- 
lichen Schieferung  des  Gesteins  an  (Taf.  II,  Fig.  2). 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg.  235 

Schon  erwähnt  wurde,  daß  die  Menge  des  neugebildeten 
Pyroxens  augenscheinlich  in  Zusammenhang  mit  dem  Anorthit- 
gehalt  des  typomorphen  Plagioklases  steht,  da  jene  Proben 
die  kalkreicheren  Feldspat  enthalten,  auch  reicher  an  Pyroxen 
sind,  der  gegenüber  dem  Amphibol  ja  auch  durch  höheren 
Kalkgehalt  ausgezeichnet  ist. 

Da  der  Pyroxen  wie  der  anorthitreiche  Plagioklas  zu 
den  typomorphen  Gemengteilen  jener  krystallinen  Schiefer 
gehört,  die  in  der  unteren  Tiefenstufe  gebildet  wurden,^  so 
ist  das  Auftreten  von  neugebildeten  Pyroxen  auch  in  dieser 
Hinsicht  von  Interesse. 

Einer  krystallographischen  Begrenzung  entbehrt  der  neu- 
gebildete  Pyroxen  vollkommen.  Es  sind  rundlich  begrenzte 
Körner,  die  farblos  oder  ganz  schwach  grünlich  gefärbt  sind. 
Pleochroismus  ist  nicht  wahrzunehmen.  Die  Spaltbarkeit  nach 
(110)  ist  deutlich,  daneben  treten  auch  Risse  auf,  die  einer 
Trennung  nach  der  Quer-  und  der  Längsfläche  entsprechen. 
Der  optische  Charakter  ist  positiv. 

.4£|!010;  c'(  =  4r-  'i  —  rj.  — 0-029. 

Auffallend  gering  ist  der  Winkel  der  optischen  Achsen 
2V'(=:z47-5°   bis  53°.  Achsendispersion: 

Achse  A:  p  >»  f  um  7  (deutlich), 

»       B:  [j  >  V  um  7  (sehr  schwach). 

Mittelliniendispersion  wurde  nicht  beobachtet.  Auch  der 
neugebildete  Pyroxen  gehört  somit  der  Diopsidreihe  an. 

^.  Titanit  und  Titaneisen. 

^H  Titanit  ist  in  dem  Gestein  sehr  verbreitet,  meist  in 
-  Anhäufungen  von  kleinen  Körnern,  die  schmale  Kornflasern 
bilden,  in  deren  Mitte  ab  und  zu  schwarzes,  opakes  Erz 
auftritt,  aus  dem  der  Titanit  hervorgegangen  ist.  Manchmal 
sind  diese  Kornflasern  zu  langen  Perlschnur  ähnlichen  Reihen 
ausgequetscht.  Seltener  findet  man  größere,  rundlich  begrenzte 


1  F.  Decke:  Über  Mineralbestand  und  Struktur  der  krystallinischen 
Schiefer.  Denkschr.  d.  math.-naturw.  Kl.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  75, 
1903,  p.  33. 


236  A.  Marchet, 

Titanitkörner.  Das  massenhafte  Auftreten  des  Titanits  als 
Einschluß  in  den  reükten  Pyroxenen  und  in  den  Uraliten, 
dessen  Entstehung  eine  andere  ist,  wurde  schon  oben  erwähnt. 
Charakterisiert  ist  der  Titanit  durch  seine  hohe  Licht-  und 
Doppelbrechung,  deren  Charakter  positiv  ist,  den  kleinen 
Winkel  der  optischen  Achsen,  die  eine  starke  Dispersion 
fj  >-  V  um  Y  erkennen  lassen. 

Das  Erz,  welches  in  den  Kornfiasern  manchmal  auftritt, 
zeigt  metallischen  Glanz.  Krystallographische  Begrenzung  i.st 
keine  vorhanden.  Der  Titanit  greift  buchtartig  in  das  Erz  ein, 
so  daß  dieses  gelappte  Umrisse  erhält.  Diese  Erscheinung 
erweist,  daß  Titaneisen  vorliegt.  Das  bei  der  Umwandlung 
frei  werdende  Eisen  ist  in  den  Amphibol  gewandert,  der  zur 
Titanitbildung  nötige  Kalk  mag  zum  Teil  aus  dem  Anorthit- 
gehalt  der  Plagioklase  stammen,  zum  Teil  aber  auch  bei 
der  Uralitbildung  frei  geworden  sein.  Die  Umwandlung  in 
Titanit  ist  hier  keine  Pseudomorphose,  da  die  Form  der 
Titaneisenkürner  nicht  gewahrt  blieb. 

Apatit. 

Er  ist  in  dem  Amphibolit  recht  selten.  Man  findet  ihn 
ab  und  zu  in  kleinen  Säulchen  als  Einschluß  in  den  Plagio- 
klasen.  Farblosigkeit,  sehr  geringe  Doppelbrechung  und 
negativer  Charakter  der  Hauptzone  charakterisieren  das 
Mineral. 

Skapolith. 

In  Gesteinsproben  vom  Dürnitzbüchel  finden  sich  nest- 
artige, granoblastische  Aggregate  von  Skapolith,  die  durch 
ihre  starke  Doppelbrechung  auffallen.  Das  Mineral  erscheint 
frei  von  Einschlüssen.  Eine  krystallographische  Begrenzung 
fehlt  den  Körnern.  Die  Grenze  zwischen  Plagioklas  und 
Skapolith  ist  meist  unscharf,  da  beide  Minerale  ganz  fein 
ineinander  greifen.  Häufig  kann  man  bemerken,  daß  im 
Plagioklas  längs  der  Grenze  gegen  Skapolith  kleine  Körner 
von  Calcit  angehäuft  sind.  Innerhalb  der  Skapolithnester 
treten  Körner  von  farblosem  P3n-oxen  und  von  Plagioklas  auf. 
Die  Zusammensetzung   des  Plagioklases  (55  bis  60%  A")  ist 


Der  Gabbro-Anipliiholit/.uy  vnn  Rehlierg. 


237 


iniuThalb  und  außerhalb  der  Skapolithnester  die  gleiche. 
\'erschieden  ist  jedoch  die  Zwillingsbildung.  Innerhalb  der 
Skapolithnester  beobachtet  man  selten  Zwillingslamellierung 
und  wenn  Lamellen  überhaupt  vorhanden  sind,  so  findet  man 
sie  meist   nur  am  Rande  des  Korns,   wo  sie  rasch  auskeilen. 

Der  vorliegende  Skapolith  zeigt  folgende  optische  Eigen- 
schaften: Gerade  Auslöschung,  negativer  Charakter  der  Doppel- 
.brechung.  Y^a=:0'032,  in  einem  anderen  Schliff  0-036. 
)ie  Lichtbrechung  übersteigt  die  des  Piagioklases  von  55  bis 
60 7o  Anorthit. 

Nach    dem    Diagramm    von    Sundius^    schwankt    somit 

der  Gehalt  an  Chlormarialith  zwischen   10  und  20%.  Aus  der 

i^anzen    Art    des    Auftretens     läßt    sich     erkennen,    daß     der 

Skapolith   durch  Umkr3^stallisation    aus  Plagioklas   entstanden 

ist,  also  eine  neuere  Bildung  darstellt. 

Calcit. 

In  den  relikten,  sowie  zwischen  den  granoblastischen 
Plagioklasen  ist  manchmal  als  Zersetzungsprodukt  Calcit 
anzutreffen.  Auch  in  die  großen  Uralite  dringt  das  Mineral 
längs  Spaltrissen  ein.  Deutliche  Zwillingslamellierung  nach 
(0lT2)  ist  fast  immer  zu  erkennen.  In  den  Plagioklasen,  aus 
denen  er  hervorgeht,  sind  die  Formen  des  Calcits  unregel- 
mäßig lapp^'g  und  mannigfach  verzweigt,  während  er  in  den 
Uraliten  nur  als  Ausfüllung  von  Sprüngen  auftritt. 

Epidöt. 

In  nicht  mehr  ganz  frischen  Partien  des  Gesteins  findet 
^sich,  ebenfalls  als  pathogene  Neubildung,  hie  und  da  Epidot. 
)urch  hohe  Lichtbrechung  und  übernormale  Interferenzfarben 
[ist  er  leicht  kenntlich.  Wo  er  auftritt,  erscheinen  die  Plagio- 
tklase  meist  stark  getrübt  und  zersetzt. 


1  N.  Sundius:  Geologie  des  Kirunagebicts.  IV.  Beitrage  zur  Geologie 
fides  südlichen  Teils  des  Kirunagebietes.  Upsala,  1915.  —  VergleiclTC  auch 
p'L.  M.  Borg  ström:  Die  chemische  Zusammensetzung  der  Skapolithe,  Zeitschr. 
[f.  lüyst.,  54,  1915,  p.  238  und  A.  Himmelbauer;  Zur  Kenntnis  der 
skapolithgruppe.  Sitzber.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  math.-naturw.  Kl.,  119, 
[Abt.  I,   1910,  p.   115. 


Sity.b.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  128.  Bd. 


17 


238  A.  .Marchet, 

Der  Epidot  ist  farblos  durchsichtig,  die  Begrenzung  der 
Körner  ganz  unregelmäßig.  In  Schnitten  parallel  der  optischen 
Achsenebene  beträgt  die  Auslöschungsschiefe  (y  :  M)  25°,  somit 
ist  der  Winkel  cy.  gleich   —  V2°   O"^  stumpfen  <^  ß). 

Y-a  für  blaues  Licht  (X  =  0-48  ;xj  =  0-014, 
Y  — a  für    rotes    Licht  (a  =  0-64  »x)  =  0- 010, 

2  V  ist  nahe  90°.  Der  optische  Charakter  ist  positiv.  Die 
Dispersion  der  optischen  Achsen  ist  sehr  stark  [j  <:  r  um  -;. 
Die  optischen  Eigenschaften  erweisen,  daß  ein  Klinozoisit 
von  ungefähr  6  Mol.  Vo   Eisenepidot  vorliegt.^ 

Struktur  des  flaserigen  Amphibolits. 

Je  nachdem  die  relikten  Gemengteile  stärker  oder  schwächer 
hervortreten,  ist  die  Struktur  des  Gesteins  eine  verschiedene. 
In  dem  ersteren  Falle  ist  die  ursprüngliche  hvpidiomorph- 
körnige  Gabbrostruktur  noch  erkennbar  und  durch  krystallo- 
blastische  Neubildungen  nur  leicht  verdeckt.  Man  hat  ein 
ausgezeichnetes  Beispiel  für  die  Palimpseststruk  tur  Seder- 
holms  vor  sich.  Nach  der  Nomenklatur  von  Hofrat  Becke- 
wäre  diese  .Struktur  als  blastograni  ti  sehe  zu  bezeichnen. 
Die  Textur  ist  bei  solchen  Varietäten  massig  bis  grobflaserig. 
In  dem  zweiten  Fall  treten  die  kr\'stalloblastischen  Neu- 
bildungen stärker  hervor.  Man  findet  dann  in  einem  feiner- 
körnigen Grundgewebe  in  größerer  oder  geringerer  Zahl  augen- 
artig große  Uralite,  seltener  große  relikte  Plagioklase.  Die 
Struktur  ist  krystalloblastisch  mit  pseudoporphyrischen  Re- 
likten. Die  Flasertextur  nähert  sich  dann  immer  mehr  einer 
schiefrigen  Textur.  Solche  V^arietäten  sind  es,  die  Erschei- 
nungen von  Kataklase  bei  den  Uraliten  und  relikten  Plagio- 
klasen  erkennen  lassen. 


1  AI.  Goldschlag:  Über  die  optischen  Eigenschaften  der  Epidote. 
Tschermak's  Min.   Petr.  Mitt.,  34,  p.  23  (1917). 

2  V.  Becke:  Über  Mineralbestand  und  .Struktur  der  krystallinisclien 
Schiefer.  Denkschr.  d.  math.-naturw.  Kl.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien.  7.^, 
I.  Teil,  p.  48  (1903). 


I 


Der  Gabbni-Amphib'tlitzug  von  Rehberg.  289 

Spezifisches  Gewicht. 

Bei  einigen  mögliclist  frisclien  Proben  wurde  das  spezi- 
fische Gewicht  mit  der  hydrostatischen  Wage  bestimmt. 
Folgende  Zahlen  ^vurden  gefunden: 

Dünnflaserige  Varietät  mit  wenig  Relikten:  S  =  2*96 

Flaserige Varietät/  reich  an  femischen  Gemengteilen:  o  =:  2*992 
Grobflaserige  Varietät  mit  Palimpseststruktur: 

reich  an  Plagioklas  o  =  2*90 

reich  an   femischen  Gemengteilen  o  =  2'97 

Der  flaserige  Amphibolit  ist  also  durch  ein  hohes  spezi- 
fisches Gewicht  ausgezeichnet,  das  mit  jenem  der  Gabbros 
übereinstimmt. 


k 


2.  Normaler  ebenplattiger  Gabbro-Amphibolit. 

Wie  schon  oben  erwähnt,  finden  sich  die  Linsen  von 
aserigem  Amphibolit  umgeben  von  schiefrigen  Varietäten 
hur  im  südlichen  Teil  des  Gesteinszuges  in  der  Mitte  des 
Lagers.  Im  Hangenden  und  Liegenden  trifft  man  ausschließlich 
ebenplattigen  Amphibolit  mit  schiefriger  Textur  an.  Dunkle, 
schwärzlichgrüne  Farbe  zeichnet  das  scharfkantig  brechende 
Gestein  im  südlichen  Teil  aus.  Weiter  im  Norden  bei  Plank 
ist  die  Färbuhg  meist  eine  lichtere,  da  das  Gestein  reicher 
an  salischen  Gemengteilen  wird.  Die  Struktur  ist  krystallo- 
blastisch,  Relikte  fehlen  oder  treten  wenigstens  sehr  zurück. 
Nur  ab  und  zu  kann  man  im  Süden  in  jenen  Partien,  die 
mehr  gegen  die  Alitte  des  Lagers  zu  liegen,  noch  Uralite 
oder  relikte  Labradore  beobachten.  Bei  reichlicherem  Gehalt 
an  salischen  Gemengteilen  wird  das  Gestein  feinkörniger, 
seine  Struktur  nähert  sich  der  granoblastischen.  Häufig  findet 
man  eine  deutliche  Anordnung  .der  Hornblenden  nach  einer 
bestimmten  Streckungsrichtung  durch  Parallelstellung  der 
c-Achsen.  Manchmal  wechseln  hornblendereiche,  dunkle  Lagen 
mit  hornblendearmen  lichteren  Lagen  ab,  wodurch  das  Gestein 


1   FJieses  Gestein  wurde  analysiert  fp.  259.  Analyse   l). 


1' 10  A.  .Marchct, 

parallel  gebändert  erscheint.  Auch  hier  sind  die  Amphibole 
.in  den  hornblendereichen  Lagen  lichter  gefärbt  und  größer.^ 
Mit  dem  wechselnden  Gehalt  des  Gesteins  an  Plagioklas 
schwankt  natürlich  das  spezifische  Gewicht,  bleibt  dabei  aber 
dem  des  flaserigen  Amphibolits  sehr  ähnlich 

Plagioklasreicher  Amphibolit,  Maiersch:  &  =  2-89, 

Normaler  Amphibolit,  Lederfabrik,  Kremstal:  orr2-92, 
Normaler  Amphibolit,  Rehberg:  o=:2'95, 

3  =  2-  97, 

»  »  »  0  :=:  2  ■  98, 

Sehr  amphib(ylreicher  Amphibolit,  Maiersch:   6  =  3*09. 

Der  Mineralbestand  des  normalen  Gesteins  ist,  wenn 
i"nan  von  dem  Fehlen  der  Relikte  absieht,  ziemlich  derselbe 
wie  der  des  flaserigen  Amphibolites.  Manche  Vorkommnisse, 
besonders  im  Norden  des  Zuges,  sind  durch  Auftreten  von 
Quarz  als  Gesteinsgemengteil  ausgezeichnet.  Derartige  Ge- 
steine erscheinen  immer  feinkörnig. 


Charakteristik  der  einzelnen  Gemengteile. 

Plagioklas. 

Mehr  oder  minder  gleichmäßig  im  Gestein  verteilt,  bildet 
er  kleine  unregelmäßige  Körner,  die  häufig  Zwillingsbildungen 
nach  Albit-  oder  Periklingesetz  oder  nach  beiden  zugleich 
zeigen.  In  manchen  Lagen  erscheint  er  stark  angereichert, 
wobei  die  Struktur  des  Gesteins  feinkörniger  und  grano- 
blastisch  wird.  Ziemlich  häufig  ist  inverse  Zonenstruktur  zu 
beobachten,  der  Unterschied  zwischen  Kern  und  Hülle  ist 
aber  meist  recht  gering.  Die  Zusammensetzung  des  Minerales 
schwankt  zwischen  saurem  Andesin  und  Labrador.  Die 
folgende  Übersicht  führt  die  einzelnen  Beobachtungen  an. 

1  Vergl.  F.  Becke:  Denkschr.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  Bd.  75, 
p.  215  f.  und  223,   1912. 


Der  Gabbrn-AniphiboIitzuL^-  von   Rehberg. 

Lederfabi'ik,  Kremsttil: 


241 


_L  M  und   /' 
(ot'  gegen  M) 


0/,,  An 


20° 


34 


K  13° 
H  19° 


34-5°      34-5'= 


<«'  gegen  P) 


41" 


K  29 
H  33 


62 


«/oAn 


66 


Opt.  Charakter  Ij         negativ 


positiv 


Rehber«;-,  gr.  Steinbruch: 


_L  M  und  P 
(«'  gegen  M) 

K  34° 
H  36° 

32° 

30° 

32° 

32° 

K 
H 

h 

29° 
32-5° 

15-5° 

J-  Y 
(a'  gegen   P) 

oo 

32 

%  An 

K  Gl 
H66 

CS 

üö 

58 

58 

'  54 
[59 

31     j 

o/o  An 

Opt.  Charakter 

positiv 

negativ 

Winkel  d.  AE 

im  Periklin- 

zwilling 

G3° 

63° 
61 

Winkel  d. 

.1  /:  im 

Albit- 

zwilling 

54-5° 

55° 

0/,j  An 

Gl 

% 

An 

57 

56 

Plank,  Kamptal: 


J_  « 

(V'  gegen  P) 


O/o  An 


Opt.  Charakter 


Winkel  d..li: 

im  Periklin- 

zwilling 


23 


o/o  An 


3U= 


Im  X'ergleich 

mit  lu  und  E 

V.  Quarz 

"',.An 


a.  <  O)  a.   <;  E 

ß  <  E    I  ß  ^  ü> 


22—30 


negativ 


Kamptal,   ^l^hn  südöstlich  von  der  Mündung  des 
Doppelbaches: 


Winkel  der  .1£ 
im  Albitzwilling 


o/o  An 


Opt,  Charakter 


K  17' 
H25" 


K  26 
H  28 


K  23= 
H  17' 


K  28 
H  26 


Im  Vergleich 

mit  (o  und  E 

von  Quarz 


^,0  A'i 


22—30 


negativ 


'J42 


A.   Marchet. 


_L  M  und  P 
ia.'  gegen  M) 


ö'n  An 


17-5' 


32 


Maiersch: 


{u  gegen  3/) 


0  ..  An 


K  17° 
H  11-5' 


K  31 

H  28 


15' 


30 


Winkel  der 
AE  im  Peri- 
klinzwilling 


f^n  An 


42' 


32 


Amphibol. 

Der  ebenplattige  Amphibolit  enthält  selten  und  nur  in 
jenen  Partien,  die  in  der  Nähe  der  Linsen  vom  flaserigen 
Amphibolit  liegen,  große  Uralite.  Ihr  ungleichmäßiges  Aus- 
löschen zeigt  die  Auflösung  in  nicht  parallel  gelagerte 
Amphibolstengel  an.  Häufig  findet  man  so  reichlich  Plagioklas 
eingesprengt,  daß  Siebstruktur  entsteht. 

Die  Hauptmasse  der  femischen  Gemengteile  bilden  nach 
der  c-Achse  meist  gestreckte  Säulchen  von  Amphibol,  wie  sie 
ähnlich  auch  in  dem  flaserigen  Amphibolit  auftreten.  Be- 
grenzung durch  das  Spaltprisma  kann  man  häufig  beobachten. 
Bei  größerem  Reichtum  an  Plagioklas  oder  Quarz  nimmt  die 
Hornblende  lappige^  gehackte  Formen  an.  Ab  und  zu  kann 
man  Zonarstruktur  an  der  verschiedenen  Stärke  der  Doppel- 
brechung in  den  Amphibolen  erkennen.  Immer  ist  dann  der 
Kern  stärker  doppelbrechend,  also  reicher  an  Strahlstein- 
silikat. Je  nach  der  Zusammensetzung  schwanken  die  opti- 
schen Eigenschaften  des  Minerals.  In  jenem  Gestein,  dessen 
Analyse  auf  p.  259  angeführt  ist,  ergab  die  optische  Unter- 
suchung des  Amphibols  Folgendes. 

.-I^I'OIO:     rY=14-5°';     Y-a  =  0-023. 
Optischer  Charakter  negativ;  2  T'  sehr  groß; 
Dispersion  der  optischen  Achsen:. 

Achse  .4  0  >  v  um  a  (sehr  schwach), 
»        /)  0  >  r  um  a  (deutlich). 
Pleochroismus  bei  einer  Dicke  von  Ü-034  77/;;/: 
7.  =  31   neutralgrau  /, 
ß  ^  37  grüngrau  r, 
Y  =r  38  blaugrüngrau  q, 
Absorptionsschema:  y  >-  [^  >-  ^•- 


\ 


Der  Gabbro-Amphil-olitzui;-  von   I^chberg.  243 

Größerer  Eisengehalt  deutet  sich  durch  intensivere  Färbung 
i^epaart  mit  stärkerem  Pleochroismus  an.  Solche  Amphibole 
zeigen  dann  auch  einen  kleineren  Winkel  der  optischen 
Achsen  und  eine  deutlichere  Dispersion  derselben.  Doppel- 
brechung und  Auslöschungsschiefe  auf  010  (c;)  sind  kleiner 
bei  höherem  Eisengehalt.  Der  optische  Charakter  bleibt  aber 
immer  negativ. 

Pyroxen. 

Relikte  I\vroxene  fehlen  in  dem  Gestein  völlig,  hingegen 
tritt  so  wie  in  dem  flaserigen  Amphibolit  manchmal  typo- 
morpher  P^n-oxen  in  kleinen,  farblosen  bis  schwach  grünlich 
gefärbten  Körnern  auf,  denen  jede  krystallographische  Be- 
grenzung fehlt.  In  Lagen,  die  reich  sind  an  Plagioklas,  findet 
sich  manchmal  Pyroxen  in  größerer  Menge  und  vertritt  hier 
zum  Teil  die  Hornblende.  So  wie  diese  erscheint  er  in 
solchen  Fällen  intensiver  gefärbt.  In  den  optischen  Eigen- 
schaften ist  kein  Unterschied  zwischen  den  typomorphen 
Pvroxenen  des  flaserigen  und  des  ebenplattigen  Amphibolits 
zu  bemerken.  Es  liegt  auch  hier  ein  Pjn'oxen  der  Diopsid- 
reihe  vor. 

Quarz. 

In  plagioklasreichen  und  ziemlich  feinkörnigen  Gesteins- 
varietäten kann  man  manchmal  neben  Plagioklas  auch  Quarz 
als  farblosen  Gemengteil  erkennen.  In  einzelnen,  dünnen 
Lagen  erscheint  er  ab  und  zu  stärker  angereichert.  Bei  der 
Ledeifabrik  in  Kremstal,  besonders  aber  in  der  Gegend  von 
Plank  treten  solche  Amphibolite  auf. 

Die  Quarzkörner  zeigen  unregelmäßige,  rundliche  Formen 
und  treten  in  ihrer  Größe  gegen  die  Plagioklase  meist  zurück. 
Häufig  trifft  man  Einschlüsse  in  dem  Mineral  an.  Amphibol, 
selten  auch  idiomorphe  Säulchen  von  Apatit,  dann  Flüssig- 
keiten und  Gase  kann  man  als  solche  beobachten.  Undulöse 
Auslöschung  ist  ziemlich  selten  und  macht  sich  nur  in  jenen 
Lagen  stärker  bemerkbar,  wo  der  Quarz  angereichert  er- 
scheint und  eine  etwas  bedeutendere  Größe  erreicht. 


244  A.   .Marchct. 


Glimmer, 


Von  Interesse  ist  das  Auftreten  von  Biotit  in  solchen» 
Amphibolitvorkommen,  welche  stark  pegmatitisch  und  aplitisch 
durchadert  sind.  Von  F.  Reinhold^  wurde  diese  Erscheinung- 
beschrieben. Er  führt  sie  auf  eine  Einwirkung  der  aplitischen 
und  pegmatitisch en  Injektionen  auf  die  im  Kontakt  stehenden 
Amphibolite  zurück.  Derartigen  \'erhältnissen  begegnet  man 
z.  H.  bei  dem  Amphibolitvorkommen  im  Kamptal  zirka  74  km 
südöstlich  von  der  Mündung  des  Doppelbaches.  Die  deutlich 
erkennbaren,  parallel  der  Schieferung  liegenden  l^egmatit-  und 
Aplitadern  sind  immer  von  einer  sehr  biotitreichen  Amphibolit- 
zone  begleitet.  Der  Biotit  zeigt  sehr  starken  Pleochroismus 
mit  Y  zzr  33  Braun  /  und  a  =  7  Gelb  r  bei  einer  Dicke  von 
0*039  //////.  Parallele  Verwachsung  mit  Amphibol  ist  selten. 
Meist  dringt  der  Biotit  zwischen  die  einzelnen  Amphibol- 
stengel  ein  und  umhüllt  diese.  Infolge  seiner  der  Schieferung 
ziemlich  parallelen  Lage  läßt  sich  das  Gestein  sehr  leicht  in 
dünne  Platten  spalten. 

Außer  den  deutlichen  Injektionen  ist  an  derselben 
Lokalität  noch  eine  stärkere  Bänderung  des  Gesteins  zu 
beobachten,  die  dadurch  entsteht,  daß  lagenweise  die  femi- 
schen Gemengteile  sehr  zurücktreten.  Auch  hier  tritt  Biotit 
auf  VV^oUte  man  diese  Bänderung  auch  auf  Injektionen 
zurückführen,  so  müßte  man  zweierlei  Injektionen  unter- 
scheiden, jüngere,  die  durch  ihre  Struktur  noch  deutlich 
erkennbar  sind  und  ältere,  nur  durch  Zurücktreten  der  femi- 
schen Gemengteile  ausgezeichnet,  die  ohne  strukturelle  Unter- 
schiede innig  mit  dem  Nebengestein  verbunden  erscheinen 
und  vor  oder  spätestens  während  der  Verschieferung  injiziert 
wurden.  Ebensogut  ist  aber  diese  Bänderung  auch  auf  eine 
ursprüngliche  Wechsellagerung  zurückzuführen.  Welcher  Ent- 
stehung also  hier  der  Biotit  ist,  kann  nicht  entschieden 
werden. 


1  F.  Reinhold:  Pegmatit-  und  Aplitadern  aus  den  Liegendschiefern 
des  Gföhler  Zentralgneises  im  niederösterreichischen  Waldviei'tel.  Tschermak's 
Min.  Petr.  Mitt.,  29,  p.  43  (1910). 


Der  Gabbro-AmphibuIil/.ug  von  Rehberg.  24o 

Nebengemengteile. 

In  sehr  wechselnder  Menge  trifft  man  in  dem  normalen 
Amphibolit  schwarzes,  metallglänzendes  Erz  an.  Die  Aus- 
bildung der  Körner  ist  eine  \-erschiedene;  bald  findet  man 
Krystallform  (Oktaeder)  angedeutet,  bald  erscheint  die  Be- 
grenzung ganz  unregelmäßig.  Aus  Gesteinspulver  lassen  sich 
manchmal  Erzkörner  mittels  eines  Magneten  isolieren.  Dies 
und  die  oktaedrische  Form  beweisen,  daß  Magnetit  vorh'egt. 
Andere  Erzkörner  sind  nicht  magnetisch,  es  fehlt  ihnen 
deutliche  Krystallform.  Wie  Hofrat  F.  Becke  nachwies^  wird 
dieses  Mineral  durch  Salzsäure  nur  schwer  angegriffen  und 
enthält  eine  erhebliche  Menge  von  Titansäure.  Diese  Erz- 
körner sind  also  Titan  eisen.  Wie  bei  dem  flaserigen 
Amphibolit  kann  man  manchmal  Anhäufungen  von  Titanit- 
.körnern  um  Titaneisen  wahrnehmen.  In  einem  Schliffe  einer 
[.Gesteinsprobe  von  Rehberg  ließ  sich  beobachten,  daß  auf 
las  Titaneisen  erst  eine  schmale  Zone  von  verschieden 
gelagerten  Körnern  von  Rutil  folgt,  die  dann  von  einer 
Schichte  von  Titanitkörnern  umhüllt  wird.  Häufig  findet  man 
Titanit  in  einzelnen  rundlichen  Körnern  im  Gestein  verstreut. 
In  manchen,  meist  titaneisenreichen  \'arietäten  fehlt  Titanit 
völlig. 

Kiese  treten  in  dem  Gestein  spärlich  auf.  Meist  sind  es 
kleine  Körner  von  P3M-it,  die  häufig  von  Magnetit  umwachsen 
erscheinen.  Krystallformen  sind  selten  zu  beobachten,  doch 
ließ  sich  in  einer  Probe  aus  Rehberg  eine  Kombination  von 
Pentagondodekaeder  und  Würfel  erkennen.  Neben  Pyrit  ist 
in  noch  geringerer  Menge  ab  und  zu  auch  Magnetkies  in 
kleinen,  unregelmäßigen  Körnern  anzutreffen,  der  sich  durch 
seinen  Magnetismus  und  die  Löslichkeit  in  Salzsäure  von 
Pyrit  unterscheiden  läßt. 

Neubildungen. 

So  wie  in  dem  flaserigen  Amphibolit  trifft  man  auch  in 
dem    ebenplattigen  Gestein  Calcit   als  pathogene  Neubildung 


1  F.    Becke:    Die    Gneistbrmation    des    niederösterreichisclien    Wald- 
viertels. Tscliermak's  .Min.  Petr.  Mitt.,  4,  p.  308  (1SS2). 


246  A.  Marchet 

zwischen  den  Plagioklasen  an.  Auch  ein  farbloses  Mineral 
der  Glimmergruppe  ist  als  Umwandlungsprodukt  der  Plagio- 
klase  manchmal  zu  beobachten.  Es  fällt  durch  seine  hohe 
Doppelbrechung  (7  —  7.=:  0-032)  auf,  erscheint  optisch  ein- 
achsig und  löscht  in  Schnitten  parallel  zur  optischen  Achse 
gerade  aus,  wobei  7.  senkrecht  zu  den  Spaltrissen  nach  001 
liegt.  Der  Brechungsexponent  7  ist  höher  als  1-564  (mittlerer 
Brechungsexponent  des  Labradors  von  65 "/o  -■^n)?  'y-  hingegen 
niedriger.  Von  F.  Reinhold ^  wurde  bereits  die  Umwandlung 
von  Biotit  in  ein  Chloritmineral  erwähnt.  Gleichzeitig  mit 
dieser  Umwandlung  bildet  sich  aus  dem  Titangehalt  des 
Biotits  Titanit,  der  in  kleinen,  gelblichen  Körnern  in  den  Spalt- 
rissen des  Chlorits  auftritt. 

3.  Anthophyllil-Amphibolit. 

Bei  der  Lederfabrik  im  Kremstal  ist  innerhalb  des  normalen, 
ebenplattigen  Amphibolits  eine  etwa  2  ///  mächtige  langge- 
streckte Linse  eines  graugrünen  Amphibolits  aufgeschlossen, 
zu  dessen  Hauptgemengteilen  rhombischer  Amphibol  gehört. 
Die  vStruktur  des  Gesteins  ist  krystalloblastisch,  die  Textur 
eine  schiefrige,  w^obei  durch  annähernde  Parallelstellung  der 
Anthoph3^11itstengel  eine  Streckungsrichtung  angedeutet  wird. 
Neben  Anthoph^^llit  enthält  das  Gestein  dann  noch  reichlich 
sauren  Plagiokias,  in  sehr  wechselnder  Menge  findet  sich 
monokliner  Amphibol.  Nebengemengteile  sind  Magneteisen  und 
Magnetkies.  Sehr  häufig  erscheint  der  Anthophyllit  in  Chlorit 
umgewandelt,  so  daß  in  stärker  angegriffenen  Proben  keine 
Spur  des  Anthophyllits  mehr  vorhanden  ist.  Aus  Chlorit 
bestehen  auch  die  hellgrünen  Überzüge,  die  auf  Kluft-  und 
Schieferungsflächen  hervortreten.  Eine  Neubildung  sind  auch 
die  zahlreichen,  feinen  Quarzadern,  die  das  Gestein  senkrecht 
zur  Schieferung  durchsetzen.  Schon  aus  dieser  Mineral- 
gesellschaft kann  man  auf  einen  geringen  Gehalt  des  Gesteins 
an  CaO  schließen,  was  durch  die  chemische  Analyse  bestätigt 


1  F.  Reinhold:  Pegmatit-  und  Aplitadern  aus  den  Liegendschiefem 
des  (iföhler  Zentralgneises  im  niederösterreichischen  Waldviertcl.  Tschermak's 
-Min.   Petr.  .Mitt.,  2li,  p.  I03  (191<i;. 


I 


Der  Gabbro-Amphibolitzug-  von  Relibei'g.  247 

wird.  ^  Unter  den  Tiefengesteinen  der  Gabbroreihe  entspricht 
dieser  chemischen  Zusammensetzung  am  ehesten  ein  Norit, 
so  daß  die  Annahme  berechtigt  erscheint,  daß  der  Antho- 
phyllit-Amphibolit  aus  einer  noritartigen  Fazies  der  ursprüng- 
lichen Gabbromasse  liervorgegangen  ist.  Das  spezifische 
Gewicht  des  Gesteins  ist  verhältnismäßig  niedrig:  2*  70.  Der 
Reichtum  an  Plagioklas,  die  Neubildungen  von  Chlorit  und 
die  zahlreichen  Ouarzadern  äußern  hier  ihren  Einfluß. 


Charakteri.stik  der  einzelnen  Gemengteile. 
Plagioklas. 

Die  einzelnen  Plagioklaskörner  haben  eine  gleichmäßig 
geringe  Größe  und  zeigen  ganz  unregelmäßige  Formen  ohne 
jeder  krj'stallographischen  Begrenzung.  Sie  bilden  ein  grano- 
blastisches  Aggregat,  in  dem  Stengel  von  Anthophjdlit  ein- 
l,  gebettet  liegen.  Zonarstruktur  ist  nicht  zu  bemerken.  Ver- 
zwilligung  kommt  sowohl  nach  dem  Albit-  als  auch  nach 
dem  Periklingesetz  vor,  doch  ist  es  selten  der  Fall,  daß 
beide  Arten  der  Zwillingsbildung  in  einem  Korn  zu  beob- 
achten   sind. 

Der  optische  Charakter  ist  positiv. 

Im  Schnitt  _L  M  und  F  beträgt  die  Auslöschung 

(a'  gegen  M):  — 8°   entsprechend   13%  An. 

Der  Winkel  der  optischen  Achsenebenen  wurde  bestimmt: 

im  AlbitzWilling  zu   12i/.,°   (15V/'/oAn), 
im  Periklinzwilling  zu  ij\',°  (141'.,%  An). 

Der  Winkel  der  ungleichen  optischen  Achsen  beträgt: 

im  Albitzwilling  (A  :  B^)  8°  40'    (löVoVo^n)^ 
im  Periklinzwilling  (A  :  Bz)  4°  20'    ri5%An). 

Die  Brechungsexponenten  des  Plagioklases  sind  niedriger 
als  die  des  Quarzes  (0  bis   10  7o  -"^n,'- 


1  Siehe  Anah'se  auf  p.   209. 


248  A.  Marchet, 

Alle  diese  optischen  Eigenschaften  weisen  darauf  hin. 
daß  Oligoklas-Albi  t  vorliegt  mit  einem  Anorthitgehalt  von  13 
bis   167,,. 

Anthophyllit. 

Derselbe  bildet  nach  der  c-Achse  gestreckte,  stengelige 
oder  blätterige  hndividuen,  die  bloß  in  der  Prismenzone  kry- 
stallographisch  begrenzt  erscheinen  und  durch  die  gerade 
Auslöschung  kenntlich  sind.  Wie  schon  erwähnt,  findet  man 
sehr  häufig  Umwandlung  in  Chlorit.  Manchmal  sieht  man 
schmale  Lamellen  von  monoklinem  Amphibol  parallel  den 
Spaltrissen  nach  dem  Prisma  eingeschaltet;  die  c-Achse  beider 
Mineralien  ist  also  gemeinsam.  Querabsonderung  gegen  die 
c-Achse  kann  man  häufig  beobachten. 

Der  optische  Charakter  ist  positiv,  der  Winkel  der 
optischen  Achsen  groß.  Die  Dispersion  derselben  ist  sehr 
schwach  p  <.  v  um  •;.  Die  Schwingungsrichtung  -;  liegt  parallel 
den  Spaltrissen  nach  dem  Prisma,  fällt  also  mit  der  {:-Achse 
zusammen.  Die  Doppelbrechung  y — a  beträgt  0*01 7. 

Pleochroismus  bei  einer  Dicke  von  0*023 //////: 

7.  :=  7  gelb  V, 

ß  =  31   neutralgrau  r, 

7  =:  38  blaugrüngrau  q. 

Absorptionsschema:  y  ^  ß  >  a. 

Spaltblättchen  nach  dem  Prisma  zeigen  gerade  Aus- 
löschung mit  y'  parallel  den  Spaltrissen  und  geben  ein 
monosymmetrisches  Interferenzbild  mit  seitlichem  Austritt  der 
Mittellinie  a  (der  antidrome  Mittelbalken  geht  durch  den 
Mittelpunkt  des  Gesichtsfeldes). 

Monokliner  Amphibol. 

Gegenüber  dem  Anthophyllit  tritt  monokliner  Amphibol 
in  der  Menge  zurück.  Seine  Formen  sind  dieselben  wie  die 
des  Anthophyllits,  nur  sind  die  einzelnen  Stengel  viel  kleiner. 
Durch  höhere  Doppelbrechung  und  schiefe  Auslöschung  ist 
der  monokline  Amphibol  leicht  von  dem  rhombischen  zu 
unterscheiden.  Die  Färbung  ist  ganz  blaß,  der  Pleochroismus 


Der  Gabbfii-Ampliiboluzug  von   Reliberg.  240 

daher  sehr  schwach.  Es  liegt  also  jedenfalls  eine  recht  eisen- 
arme Hornblende  vor.  In  Übereinstimmung  damit  ist  auch 
der  große  Winkel  der  optischen  Achsen. 

Magnetkies,  Magnetit  und  Titaneisen. 

In  dem  Gestein  finden  sich  zahlreiche  feinere  und  gröbere, 
opake  Körner.  Die  letzteren  erweisen  sich  als  Magnetkies, 
der  häufig  mit  Magnetit  in  der  Weise  verwachsen  erscheint, 
daß  der  Magnetkies  den  Kern,  der  Magnetit  die  Hülle  bildet. 
Sehr  verbreitet  ist  die  Umwandlung  beider  in  tief  rotbraun 
durchscheinenden  Hämatit.  Die  feineren  Körner  zeigen  manch- 
mal Oktaederform  und  bestehen  aus  Magnetit.  Durch  Auf- 
lösen in  Salzsäure  kann  man  erkennen,  daß  der  Magnetit 
von  parallel  den  Oktaederflächen  angeordneten  Lamellen  von 
Titaneisen  durchsetzt  ist,  die  von  Salzsäure  nicht  angegriffen 
werden. 

Neubildungen. 

Als  Umwandlungsprodukt  des  Anthophyllits  tritt  sehr 
häufig  ein  Chloritmineral  auf,  das  auch  feine  Klüfte  im 
Gestein  ausfüllt.  Der  monokline  Amphibol  ist  gegen  die 
Chloritisierung  widerstandsfähiger,  erscheint  in  stark  zersetzten 
Partien  aber  auch  angegriffen.  Daß  bei  der  Bildung  des 
Chlorits  auch  Plagioklassubstanz  verbraucht  wird,  erweist  das 
häufige,  lappige  Eindringen  des  Chlorits  in  den  Feldspat,  der 
dann  getrübt  und  von  Einschlüssen  erfüllt  erscheint.  Die 
Doppelbrechung  des  Minerals  ist  sehr  gering.  Dunkle,  ab- 
normale Interferenzfarben  (ledergelb)  sind  manchmal  zu  beob- 
achten. Der  optische  Charakter  ist  positiv,  der  Winkel  der 
optischen  Achsen  nahezu  0  Grad.  Sehr  deutlich  ist  der  Pleo- 
chroismus,  wobei  der  Schwingung  a'  hellgrüne,  der  Schwingung^' 
sehr  blaß  gelbe  Farbentöne  entsprechen. 

Ebenfalls  als  Neubildung  finden  sich  dünne  Adern  von 
Quarz  in  dem  Gestein.  Ihre  Entstehung  mag  mit  der  Chloriti- 
sierung zusammenhängen,  da  bei  dieser  Kieselsäure  frei  wird. 
Der  Quarz  bildet  langgestreckte,  ziemlich  große  Individuen, 
die    die  Ader    in    ihrer    ganzen  Breite   erfüllen    und  unresrel- 


250  A.  Marchet, 

mäßig  aneinander  grenzen.  Irgendeine  gesetzmäßige  Lagerung 
des  Quarzes  kann  nicht  beobachtet  werden.  Häufig  sind 
Flüssigkeits-  und  Gaseinschlüsse  in  dem  Mineral.  Kataklastische 
Phänomene  fehlen  vollkommen.  Dies  und  dann  der  Umstand, 
daß  man  im  Quarz  Chlorit  in  jener  Ausbildung  eingeschlossen 
findet,  die  den  Geldrollen  ähnelt,  beweisen  das  geringe  Alter 
dieser  Adern.  Um  so  merkwürdiger  ist  die  Beobachtung,  daß 
häufig  in  den  Quarz  feine  Nadeln  von  monoklinem  Amphibol, 
aber  auch  von  Anthophyllit,  oft  zu  Büscheln  vereint,  ein- 
dringen, die  sich  als  Fortwachsungen  aus  dem  angrenzenden 
Gestein  erweisen. 

4.  Epidot-  und  granatführende  Amphibolite. 

An  der  Grenze  des  Amphibolitlagers  gegen  den  Schiefer- 
gneis trifft  man  bei  der  Lederfabrik  im  Kremstal  und  östlich 
von  Thürneustift  Amphibolite  an,  die  einen  von  den  vorigen 
Varietäten  abweichenden  Mineralbestand  besitzen.  Dunkle, 
granatführende  und  lichtgrüne,  epidotreiche  Amphibolite  treten 
hier  auf.  Bald  wechseln  die  beiden  in  ganz  dünnen  Lagen 
miteinander  ab,  bald  bilden  sie  Bänke  von  größerer  Mächtig- 
keit. Immer  ist  auch  Quarz  in  den  Gesteinen  vorhanden. 
Interessant  ist,  daß  der  Plagioklas  stets  durch  sehr  hohen 
Anorthitgehalt  ausgezeichnet  ist. 

In  den  epidothältigen  Lagen  tritt  Amphibol  sowie  Plagio- 
klas gegenüber  dem  Epidot  meist  stark  zurück.  Dies  äußert 
sich  auch  in  dem  hohen  spezifischen  Gewicht  des  Gesteins, 
das  dem  des  Epidots  nahekommt.  Eine  vorherrschend  aus 
Epidot  bestehende  Probe  ergab  .s^i=3'205.  Die  Amphibole 
haben  geringe  Größe  und  erscheinen  dunkelgefärbt  mit  starkem 
Trichroismus,  sie  sind  also  reich  an  Eisen.  In  den  granat- 
führenden Partien  ist  die  Hornblende  hingegen  meist  ange- 
reichert und  hat  dann  etwas  blassere  Farben,  die  einzelnen 
Individuen  besitzen  eine  bedeutendere  Größe.  ]Man  kann  also 
auch  hier  die  Regel  verfolgen,  daß  in  Lagen,  die  reicher  sind 
an  femischen  Gemengteilen,  die  Amphibole  einen  geringeren 
Eisengehalt  besitzen.  Das  spezifische  Gewicht  des  granat- 
hältigen    Amphibolits    stimmt    überein     mit    dem    von     hörn- 


Der  Gabbrd-. Vmphibülitzug  von   Rehbeig. 


251 


blendereichem,  normalem  Amphibolit.  An  einem  Gestein  aus 
dem  Steinbruch  bei  der  Lederfabrik  wurde  .9  =  3  "05  bestimmt. 
Neben  den  erwähnten  Mineralen  findet  sich  dann  in 
beiden  Arten  hie  und  da  auch  diopsidischer  Pyroxen.  Nicht 
selten  tritt  Biotit  in  dünnen  Zwischenlagen  auf  den  Schie- 
ferungsflächen  auf.  Als  Nebengemengteile  beobachtet  man 
wieder  Titanit,  Erze  und  Kies. 

tWie  der  normale  Amphibolit  und  der  Anthophyllit- 
Amphibolit  sind  auch  diese  Gesteine  typische  Beispiele  für 
Krystallisationsschieferung,  die  durch  die  mehr  oder  minder 
parallele  Lagerung  der  Amphibole  deutlich  hervortritt.  Die 
Struktur  der  granathältigen  Lagen  ist  häufig  porphyroblastisch, 
da  die  Granatkörner  an  Größe  die  übrigen  Gemengteile  über- 
treffen. Die  epidotführenden  Lagen  sind  durch  geringere  Korn- 
größe ausgezeichnet,  alle  Gemengteile  haben  ungefähr  gleiche 
Dimensionen.  Die  Struktur  wird  granoblastisch  (Taf.  II,  Fig.  3). 

Charakteristik  der  einzelnen  Gemens^teile. 


Plagioklas. 

Sowohl  in  dem  epidothältigcn,  als  auch  in  dem  granat- 
führenden Amphibolit  ist  der  Plagioklasgehalt  meist  recht 
gering.  Die  Bildung  des  Epidots  auf  Kosten  des  Plagioklases 
und  der  femische  Charakter  der  granathältigen  Partien  sind 
die  Ursache.  Zwillingsbildungen  nach  Periklin-  oder  Albit- 
gesetz  sind  ziemlich  häufig,  besonders  erstere.  Es  wurde 
schon  erwähnt,  daß  der  .Anorthitgehalt  immer  sehr  hoch  ist. 
Die  folgenden  Beobachtungen  sollen  dies  beweisen: 


Optischer  Charakter  negativ, 
Brechungsexponent  a  >»  s  des  Quarzes. 


B  y  t  o  w  n  i  t  -  A  n  o  r  t  h  i  t . 


Schnitt  J_  opt.  Achse  .4: 


AE:P  66-5°     73° 


73°     66° 


69° 


'J,0  An 


88 


95 


96 


95 


88 


90 


252  A.  Murchet, 

Schnitt  _L  V,    v!  gegen  /-*:  — 58°,  dies  entspricht  84 "/o  An. 
Schnitt  _L  .1/  und  I\   a'  gegen  M\  41 7-2°,  somit  87%  An. 

Die  Größe  der  Plagioklaskörner  ist  gering.  Sie  zeigen 
unregelmäßige,  abgerundete  Formen.  Häufig  greifen  sie  bucht- 
artig in  die  übrigen  Gemengteile  ein.  Als  Zersetzungsprodukte 
des  Minerals  treten  Calcit  und  farbloser  Glimmer  wie  im 
normalen  Amphibolit  in  Form  unregelmäßig  gestalteter  Ein- 
schlüsse auf. 

Amphibol. 

Die  Amphibule  sind  in  diesen  Grenzpartien  des  Amphiboht- 
zuges  recht  intensiv  gefärbt.  Die  Formen  der  einzelnen 
Individuen  sind  die  gleichen  wie  in  dem  normalen  Gestein. 
Je  reichlicher  sie  auftreten,  desto  bedeutendere  Größe  erreichen 
sie  und  desto  mehr  zeigen  sie  Neigung  zu  krystallographischer 
Begrenzung  durch  das  Spaltprismti.  Zonarstruktur  ist  an  der 
verschieden  starken  Doppelbrechung  auch  hier  manchmal  zu 
erkennen.  Der  Kern  erscheint  dann  immer  stärker  doppel- 
brechend, also  reicher  an  Stahlsteinsilikat.  Mit  der  chemischen 
Zusammensetzung  schwanken  natürlich  aucli  die  physikalischen 
Eigenschaften  des  Minerals. 

An  Amphibol  aus  einer  granatführenden  Lage  wurde 
beobachtet: 

AE  II  010;  c'[—  14°;  7  — ar=  0-024, 

Optischer  Charakter  negativ;  2V  groß. 
Dispersion  der  optischen  Achsen: 

Achse  A\  p  >- 1'  um  a  (schwach), 
»       B:  p  >  V  um  7.  (stark). 

In  Spaltblättchen  nach  dem  Prisma  wurden  die  Brechungs- 
exponenten nach  der  Immersionsmethode  bestimmt:  7'=  1-670, 
a'=:  1-652.    Pleochroismus    bei    einer   Dicke    von  0' 032  min: 

a  =  36  gelbgrüngrau  ti, 
ß  r=  37  grüngrau  p, 
Y  r=  38  blaugrüngrau  0, 
Absorptionsschema:  y  ^  ß  >  a. 


Der  (labhro-AmpIübolitzu^-  vnn   Rehberg.  2o3 

Spezifisches  Gewicht  ("nach  der  Schwebemelhode): 

Eine  eisenreichere  X'arietät  aus  einer  epidotreichen  Lage 
zeigte : 

.4£:|!010;     CY=i:V5°;     -.'-a  =  0-02'2. 

Optischer  Charakter  negativ;  2  F  zirka  60°  (Bestimmung 
nach  der  Hyperbelkrümmung;. 

Dispersion  der  optischen  Achsen: 

Achse  A:  [j  >- f  um  a  (stark), 
»       B:  [j  r>  V  um  7.  (schwach). 

Brechungsexponenten  in  Spaltblättchen  nach  dem  Prisma: 

i  —  1-672,     ^!  -  1  -658. 

Pleochroismus  bei  einer  Dicke  von  0-026  7//7/;: 

7.  =  36  gelbgrün  grau  /, 
ß  =r  36  gelbgrüngrau  /, 
Y  ■=.  38  blaugrüngrau  ;/, 
Absorptionsschema-  7  >  ß  ^>  % 
Spezifisches  (iewicht  =  3-21. 

Aus  diesen  Beobachtungen    läßt    sich    deutUch  erkennen, 

laß    größerer    Eisengehalt    eine    Verminderung    der    Doppel- 

*brechung,    des  Achsenvvinkels    und    der   Auslöschungsschiefe 

auf    010,    eine    Erhöhung    des    spezifischen    Gewichtes    und 

ferner   der  Brechungsexponenten    in  Spaltblättchen   nach   dem 

Visma    zur    Folge    hat.    Eisenärmere    Amphibole    haben    die 

ichse  B,  eisenreichere  die  Achse  A  stärker  dispergiert. 

Pyroxen. 

In  einzelnen  Lagen  sowohl  der  epidotführenden  als  auch 

tder  granatführenden  Amphibolite  tritt  in  gleicher  Weise  wie  im 

[normalen  Gestein  diopsidischer  Pyroxen  als  Nebengemeng- 

peil  auf.  Häufig  erscheint  er  schwach  grünlich  gefärbt.    Pleo- 

:hroismus   ist   nicht   zu  beobachten.    Daß  der  Pyroxen  früher 

gebildet    wurde    als    der  Epidot,    kann    man    daran  erkennen, 

Sitzb.  d.  niathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd.  18 


254  A.   Marchet, 

daß    bei    der  Epidotbildung    auch  l^yroxen    angegriffen  wird. 
Die  Pyroxenkörner  erscheinen  dann  getrübt. 

Epidot. 

In  den  epidothältigen  Amphiboliten  erscheinen  Plagioklas 
und  Hornblende  mehr  oder  minder  stark  durch  Epidot  ver- 
drängt. Daß  diese  Bildung  jüngeren  Datums  ist,  kann  man 
daran  erkennen,  daß  sowohl  Plagioklas  als  auch  Amphibol 
und  eventuell  Pyroxen  kein  frisches  Aussehen  besitzen.  Der 
Epidot  dringt  längs  Rissen  und  buchtartig  in  die  genannten 
Minerale  ein.  Diese  Erscheinungen  erweisen,  daß  der  Epidot 
sich  auf  Kosten  des  Piagioklases  und  der  Hornblende  manch- 
mal auch  des  Pjn-oxens  bildete.  Als  Nebenprodukte  bei  dieser 
Epidotisierung  scheinen  auch  Quarz  und  Calcit  zu  entstehen, 
da  diese  den  Epidotlagen  niemals  fehlen. 

Die  Begrenzung  der  einzelnen  Epidotkörner  ist  meist 
eine  unregelmäßige.  Sie  bilden  ein  granoblastisches  Aggregat. 
Wenn  krystallographische  Begrenzung  auftritt,  so  ist  es  die 
Fläche  der  vollkommenen  Spaltbarkeit  M  (001),  eine  bei  den 
Gemengteilen  der  kr\-stallinen  Schiefer  sehr  häufige  Er- 
scheinung. Ab  und  zu  findet  man  einfache  Zwillinge  nach 
(100).  Häufig  ist  Zonarstruktur  zu  beobachten;  immer  ist  der 
Kern  dann  stärker  doppelbrechend,  also  reicher  an  Eisen- 
epidot. 

Die  optischen  Eigenschaften  sind  nur  geringen  Schwan- 
kungen ausgesetzt,  die  durch  größeren  oder  geringeren  Eisen- 
gehalt hervorgerufen  werden.  Im  Dünnschliff  erscheint  das 
Mineral  fast  farblos  mit  einem  Stich  in  gelblichgrau.  Pleo- 
chroismus  ist  nicht  zu  beobachten.  Die  Ebene  der  optischen 
Achsen  liegt  parallel  der  Symmetrieebene.  Achsenbilder  zeigen 
daher  immer  die  Achsenebene  normal  auf  die  Spaltrisse.  Der 
Charakter  der  Doppelbrechung  ist  negativ.  Die  Auslöschungs- 
schiefe Cd.  beträgt   1  bis  1^4°   im  spitzen  Winkel  ß. 

Y— a  für  rotes  Licht  (X  =  0-625  (a)  =  0*024, 
Y  — a  für  blaues  Licht  (X  =  0  •  445  u.)  =  0  •  030. 

In  einem  anderen  Schliff  wurde  gemessen:- 

v-a  für  weißes  Licht  =  0-028. 


Der  Gabbi-u-Aniphibolitzug  von  Rehberg.  2oo 

Der  Winkel  der  optischen  Achsen  ist  groß. 

Die  Dispersion    der    optischen  Achsen    ist    deutlich    und 

zwar : 

Achse  A:  rj  -<  v  um  a, 

»        B:  [j  :^  V  um  a. 

Alle  diese  optischen  Eigenschaften  lassen  übereinstimmend 
erkennen,  daß  ein  Epidot  von  etwa  20  Mol.  %  Eisenepidot 
vorliegt.  ^ 

Granat. 

Auf  angewitterten  Schichtflächen  des  granatführenden 
Amphibolits  tritt  der  Granat  deutlich  hervor.  Die  Körner 
haben  eine  rosenrote  Farbe  und  erreichen  eine  Größe  bis 
zu  y.,  cm.  An  derartigen  größeren  Krystallen  kann  man  mit 
freiem  Auge  manchmal  Rhombendodekaederform  erkennen. 
Im  DünnschlilT  haben  diese  Porphyroblasten  eine  blaßrötliche 
Färbung  und  erscheinen  vollkommen  isotrop.  Spaltrisse  nach 
(110)  sind  in  den  Krystallen  selten  zu  erkennen,  dagegen 
wird  das  Mineral  häufig  von  parallelen  Rissen  durchsetzt, 
die  in  verschiedenen  Körnern  desselben  Schliffes  die  gleiche 
f.age  haben  und  ungefähr  senkt  echt  auf  die  Schieferung  des 
Gesteins  stehen.  Dazu  kommt  noch  ein  zweites  System 
kürzeixr  Risse,  welche  die  vorigen  unter  imgefähr  90° 
schneiden.  Diese  Erscheinung  ist  wohl  durch  mechanische 
Beanspruchung  des  Gesteins  entstanden. 

Die  Granatkörner  sind  in  dem  Gestein  nicht  regellos 
verteilt,  sondern  erscheinen  in  Lagen  angereichert,  die  parallel 
der  Schieferung  liegen.  Auch  in  feinerkörnigem,  amphibol- 
tärmeren  Gestein  tritt  manchmal  Granat  auf.  Er  bildet  dann 
faber  keine  größeren  Krystalle,  sondern  findet  sich  in  An- 
;häufungen  von  unregelmäßigen,  kleinen  Körnern. 

Als  Einschlüsse  im  Granat  beobachtet  man  Amphibol, 
'Plagioklas,  schwarzes  Erz  und  Quarz.  Amphibol  ragt  manch- 
■  mal    auch    spießartig    in    den  Granat    hinein   und  zeigt  dann 


1  M.   Goldschlag:    Über    die    optischen    Eigenschaften    der   Epidote. 
Tschermak's  Min.   Petr.  Mitt..  34,  p.   J!3  (1917,). 


'J56  A.   Marclict, 

hier  Krystaüform.  Irgend  eine  Regel  in  der  Lagerung  des 
Amphibols  im  Granat  ist  nicht  nachzuweisen.  Es  Hegt  also 
eine  mikropoikilitische  \'er\vachsung  der  beiden  Minerale  vor. 
Umwandlung  des  Granats  in  Chlorit  und  Plagioklas  ist 
öfters  zu  sehen.  Chlorit  und  Plagioklas  dringen  dabei  längs 
Rissen  in  den  Granat  ein.  Die  optischen  Eigenschaften  der 
beiden  Minerale  —  stark  abnormale  Interferenzfarben,  sehr 
kleiner  Achsenwinkel  und  geringe  Doppelbrechung  beim  Chlorit, 
fast  gerade  Auslöschung  in  Schnitten  JLy  und  negativerCharakter 
der  Doppelbrechung  beim  Plagioklas  —  deuten  auf  Pennin 
und  basischen  Oligoklas  als  Umwandlungsprodukte  des 
(iranats. 

Quarz. 

Die  epidothältigen  Amphibolitlagen  enthalten  immer  Quarz. 
Er  kann  so  reichlich  vorhanden  sein,  daß  er  unter  den 
farblosen  Gemengteilen  vorherrscht  und  Plagioklas  sehr  stark 
zurücktritt.  Auch  in  den  granatführenden  Amphiboliten  tritt 
das  Mineral  häufig  auf.  Man  kann  dann  immer  eine  Xer- 
fcinerung  des  Korns  solcher  Lagen  beobachten.  Die  Form 
der  Quarzkörner  ist  eine  rundliche,  häufig  erscheinen  sie 
parallel  der  Schieferung  gestreckt.  Oft  findet  man  sie  in  der 
Schieferungsebene  zu  längeren  Reihen  angeordnet,  so  daß 
die  einzelnen  Körner  wie  die  Glieder  einer  Kette  aufeinander 
folgen.  Bei  größeren  Körnern  kann  man  manchmal  an  ihrer 
undulösen  Auslöschung  Spuren  von  Kataklase  erkennen. 

Biotit. 

Das  Auftreten  von  Biotit  in  dünnen  Lagen  zwischen  den 
Schieferungsfiächen  wurde  bereits  erwähnt.  Bald  erscheint  er 
bloß  als  feiner  Überzug  auf  dem  Gestein,  bald  bildet  er  auch 
etwas  dickere  Lagen  von  schuppiger  Struktur.  In  das  Gesteins- 
gewebe tritt  das  Mineral  nicht  ein.  Daraus  geht  hervor,  daß 
CS  sich  hier  um  spätere  Bildungen  handelt,  die  durch  Stofl'- 
zufulir  aus  dem  Nebengestein  entstanden.  Die  Größe  der 
einzelnen  Biotitblättchen  ist  gering.  Die  Farbe  ist  dunkel- 
braun.   Sehr    stark    ist    der  Pleochroismus   mit  y  dunkelbraun 


Der  Gabbro-Amphiboützug  von   Rehberg. 


9n7 


lind  7.  hellgelb.  Der  optische  Charakter  des  Minerals  ist 
negativ.  In  Spaltblättchen  beobachtet  man  den  Austritt  der 
optischen  Achse.  Wenn  das  Interferenzbild  zweiachsig  mir 
sehr  kleinem  2  V  erscheint,  so  sieht  man  die  Farbenringe 
gestört,  was  durch  Zwillingsbildung  hervorgerufen  sein  dürfte. 

Nebengemengteile. 

Auch  in  diesen  Amphibolitvarietäten  finden  sich  Titanit, 
Erze  und  Kies  in  geringen  Mengen  als  Xebengemengteile. 
Titanit  tritt  in  kleinen,  elliptischen  Körnern  auf,  die  manch- 
mal reihenweise  angeordnet  erscheinen.  Als  Einschluß  beob- 
achtet man  in  den  Titanitkörnern  -häutig  ein  schwarzes, 
opakes  Erz,  das  ganz  unregelmäßige,  lappige  Formen  zeigt 
und  wohl  Titaneisen  vorstellt.  Krystallographische  Begren- 
zung durch  das  Oktaeder  zeichnet  häufig  kleine  Individuen 
\'on  Magnetit  aus,  die  spärlich  in  diesen  Gesteinen  auf- 
treten. Die  Kiese  sind  durch  Pyrit  vertreten,  der  sich  in 
^^•inzigen  Krystallen  oder  unregelmäßigen  Körnchen  vorfindet. 

(\  Chemischer  Teil. 

Bei  den  chemischen  Analysen  wurde  den  Methoden  von 
Dittrich^  und  von  Hillebrand-  gefolgt.  Die  Bestimmung 
der  Alkalien  erfolgte  nach  Lav\rence  Smith  (Chlorammon- 
Calciumcarbonat-Aufschluß),  die  des  Wassers  nach  Brush- 
Penfield.  Die  Kohlensäure  wurde  direkt  durch  Auffangen 
des  mit  Salzsäure  ausgetriebenen  Gases  in  gewogenen 
Absorptionsröhren  bestimmt.  Die  Bestimmung  des  Eisenoxyduls 
wurde  nach  der  von  Dittrich  vervollkommneten  Pebal- 
Doelter'schen  Methode^  ausgeführt.  Zur  Berechnung  der 
Analyse  wurden  die  Atomgewichte  vom  Jahre  1916  ver- 
wendet. 


^   Dittrich  M.:  .Anleitung  zur  Gestcinsanalyse.  Leipzig,   1905. 

-  Hillebrand  W.  F.  -  Wilke  -  Dürturt :  Analyse  der  Silikat-  und 
Karbonatgesteine.   2.  Aulh,  Leipzig,  Engelmann,    1910. 

y  Dittrich  .M.  und  Leonhard  A.:  Über  die  Bestimmung  des  lüscn- 
oxyduls  in   Silikatgesteinen.   Zeitschr.  f.  anorg.  Chemie,   1011. 


258  •  A.   Marchet, 

Drei  Gesteinsproben  aus  dem  Amphibolitzug  wurden  der 
Analyse  unterworfen.  Die  Zahlen  unter  1  beziehen  sich  auf 
eine  flaserige  \'arietät  mit  deutlicher  Rehktstruktur  aus 
dem  großen  Steinbruch  bei  Rehberg.  Der  Plagioklas  hat  eine 
mittlere  Zusammensetzung  von  40%  An.  Die  optischen  Eigen- 
schaften des  Amphibols  sind  auf  p.  229  und  231,  die  des 
lYi'Oxens  p.  232  und  235  angeführt.  Außerdem  findet  sich  noch 
Titanit  und  etwas  Calcit  in  dem  Gestein.  Die  relikten  Plagio- 
klase  erscheinen  manchmal  etwas  getrübt  (Kaolinbildung). 

Die  Analyse  2  gibt  die  Zusammensetzung  einer  eben- 
plattigen  Varietät  von  dem  gleichen  Fundort.  Das  Gestein 
besteht  hauptsächlich  aus  Plagioklas  (im  Mittel  60%  An), 
Amphibol  (optische  Eigenschaften  siehe  p.  242;  und  etwas 
t3^pomorpheni  Pyroxen.  Dazu  kommen  noch  in  geringer  Menge 
Titanit,  Calcit  und  Kiese  (zum  größten  Teil  Pyrit,  nur  selten 
Magnetkies). 

Unter  3  ist  eine  .Analyse  des  An  thophyllit-Amphibolits 
von  dem  alten  Steinbruch  bei  der  Lederfabrik  im  Kremstal 
angegeben.  Auf  die  Verwendung  völlig  frischen  Materials 
mußte,  wie  der  hohe  Wassergehalt  zeigt,  verzichtet  werden, 
da  der  Anthophyllit  immer  zum  Teil  in  Chlorit  umgewandelt 
ei  scheint.  Plagioklas  (13  bis  16  7u  -^"),'  Anthophyllit  (optische 
Eigenschaften  siehe  p.  248),  monokliner  Amphibol,  Chlorit, 
Quarz,  Titaneisen,  Magnetit  und  Magnetkies  sind  die  Gemeng- 
teile des  Gesteins. 

E!ine  ältere,  von  Hofrat  F.  Becke^  ausgeführte  Analyse 
einer  grobflaserigen  \'arietät  vom  Dürnitzbüchel  ist  unter 
4  angeführt.  Basischer  Plagioklas  und  Reichtum  an  dunklen 
(".cmengteilen  zeichnet  dieses  Gestein  aus. 


1  F.  ]5eckc:  Die  Gncisfurmation  des  niederöstcrrcichischen  Waldviertels. 
Tschermaiv's  .Min.  Petr.  .\iitt.,  4,    1881,  p.  364. 

Die  Analyse  ist  auch  in  der  Arbeit:  Das  niederösterreichische  Wald- 
viertel, von  F.  Becke,  A.  H  i  nimelbauer,  F.  Keinliold  und  R.  Görgey 
(Tschermak's  Min.  Pelr.  Miit.,  32,  1013,  p.  238,  .Vnalyse  11)  abgedruckt, 
jedoch  ist  bei  der  Zahl  für  FeO   ein    Druckfehler  unterlaufen. 


Der  Gabbro-Amphibolitzug   von    l^ehhen 


259 


G 

ewichtsprozente  i 

Molekular 
quotienten  X 

10000 

Mlkqu. 
XI 000 

1              2 

3 

4 

■    1    ^ 

3 

4 

SiO,, 

40  •  42 

50-73 

7)4  •  1  7 

48-09 

8195 

8412 

8983 

812 

TiÖ, 

1-4.") 

0-43 

0-63 

— 

181 

54 

79 

— 

Alo  0;. 

14- 20 

1 6  -  80 

1 6  ■  Co 

10-92 

1  39U 

1650 

1624 

166 

^'^■20,     

2-97 

1-58 

3  •  00 

0-81 

186 

99 

231 

5 

l'"e  0 

7-14 

5-61 

8-27. 

5  -  56 

994 

780 

1148 

77 

MnO 

0-24 

Spur 

0-07 

— 

34 

— 

1  1 

— 

y\irO 

7-6n 

8  •  GO 

6-76 

10-76 

1884 

2149 

1676 

267 

CaO 

12-87) 

13  ■27) 

2  •  7.3 

1  ()  •  69 

2292 

2363 

451 

298 

N;i.O 

2-85 

2-40 

3  •  7)  1 

1-44 

460 

387 

566 

23 

KoO    

- 

0-I9 

0-28 

()  -  1  7) 

<)-16 

20 

30 

16 

2 

H.O 

1  •  04 

1-14 

■4-ti3 

1-16 

577 

G32 

2237 

— 

C  0. 

0-42 

()•  17. 

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34 

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Spur 

0-02 

(J-02 

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— 

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s 

— 

0  •  03 

0-oG 
100-47 

102-49 

— 

8 

17 

Summe 

100-37 

K )  1  •  1 4 

Spez.   Gew.  . 

2-902 

2-971 

2-70 

— 

Aus  den  Molekularquotienten  läßt  sich  der  Mineralbestand 
annähernd  berechnen.  Bei  dem  flaserigen  Amphibolit 
{Anal.  1)  wurde  hiebei  folgendermaßen  vorgegangen.  Calcit 
und  Titanit  sind  durch  die  Mengen  an  CO.,  und  TiO.^ 
bestimmt.  Der  Gehalt  des  Gesteins  an  Kaolin  (Trübung  der 
relikten  Plagioklase)  wurde  im  Dünnschliff  auf  zirka  1  Vol.  % 
geschätzt.  Die  Zusammensetzung  des  Plagioklases  AbgAn^ 
ergibt  sich  aus  der  optischen  Untersuchung.  Infolge '  des 
, Mangels  an  SiO.,  sind  nicht  alle  Alkalien  für  den  Feldspat 
in  Abzug  zu  bringen,  sondern  es  muß  eine  kieselsäure- 
ürmere  Alkaliverbindung  Na., H.^AUSi., O^.,  im  Amphibol 
imgenommen  werden.  Dieses  Silikat  legt  Morozewicz  der 
Berechnung  der  von  ihm  analysierten  Hornblende  aus  dem 
Anorthosit-Amphibolit  vonSenftenberg  im  niederösterreichischen 


^   Die   Zahlen  beziehen  sich   auf"  (bei    110°)  getrocknete   Substanz. 


260  A.   Marchet, 

Waldviertel  zugrunde J  Die  Menge  an  Plagioklas  ist  nun  da- 
durch gegeben,  daß  nach  Abzug  von  Calcit,  Titanit,  Kaolin 
und  Plagioklas  der  Rest  an  SiO^,  äquivalent  der  Summe  der 
restlichen  CaO,  RO  und  Na._,0  +  H._,0  sein  muß,  die  im  Amphibol 
und  im  Pyroxen  enthalten  sind.  Bezeichnet  ah  den  Alkali- 
gehalt des  Albits  (Na.^0  AUO3  ßSiOg),  an  die  Atomgruppe  CaO 
des  Anorthits  (2  CaO  2  A1,0,  4  SiO,),  so  gelten  also  die 
Gleichungen: 

8195-181-78-6^z&-4^7// = 

=  994  +  34+1884  +  2292- 95- 181 -2. ///  +  2  (460  +  2()-./Z^> 

ab  _?> 
an         2 

Daraus  folgt  ab  —  ?>SA,  au  =  256.  Der  Rest  an  Al.,0,, 
sowie  Fe.,  O3  werden  als  Alumosilikat  der  Hornblende 
(CaO  2  RO  R.,  0.5  3  SiO.,)  verrechnet.  Nach  Abzug  der  ent- 
sprechenden Molekularquotienten  bleibt  noch  ein  Rest  von 
R 0,  CaO  und  Si O.,  der  auf  das  S  t  r  a  h  1  s  t  e  i  n  s  i  1  i  k  a  t 
CaO  3  RO  4  SiO.,  und  das  Diopsidsilikat  CaO  RO  2  SiO., 
verteilt  werden  muß.  Wenn  x  die  Kalkmenge  im  Strahlstein- 
silikat und  y  die  Kalkmenge  im  Diopsid  bedeuten,  so  kann 
man  folgende  Gleichungen' aufstellen: 

4.r+2j'r=  3Ö69  (Rest  an  SiO.,), 
X  +  ji'  =  1055  (Rest  an  CaO). 
Somit  X  r=  479  •  5,  y  =z  575  ■  5. 

Im  Strahlstein-  und  im  Diopsidsilikat  wurde  dann  das 
Verhältnis  von  (FeO  +  MnO) :  MgO  gleich  1:2  gesetzt.  Der 
Rest  an  FeO,  MnO  und  MgO  bildet  dann  die  RO  des 
Amphibol-Alumosilikates.  MnO  wurde  in  den  drei  Silikaten 
so  verteilt,    daß  Amphibol  und  Pyroxen    ungefähr  die  gleiche 


1  J.  Moroze  wi  cz:  Resultate  der  chemischen  Untersuchung  des 
Dioritgestcins  aus  dem  niederösterreichischen  Waldvierte!  nebst  Bemerkungen 
über  die  chemische  Untersuchung  von  Sihlvatgesteinen  im  Allgemeinen. 
Verh.  Min.  Ges.  St.  Petersburg,  40,  1902,  p.  113.  Russ.  (Ref.  v.  Doss  im 
N.  Jahrb.  f.  Min.  etc.,   1903,  II,  p.    -367—). 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  vnn  Rehberg.  2()1 

gewichtsprozentische  Menge  enthalten.  Bei  dieser  Art  der 
Verrechnung  bleiben  schließlich  0-73%  HoO  unberücksichtigt. 
Aus  den  so  verteilten  M(ilekularquotienten  erhält  man 
J.urch  Multiplikation  mit  den  entsprechenden  Molekular- 
gewichten den  Mineralbestand  des  Gesteins  in  Gewichts- 
prozenten (/7y.  Diese  Zahlen  durch  die  entsprechenden  spezifischen 
Gewichte(5y dividiert,  geben  dann  auf  lOOberechnetdenMineral- 
hestand  in  Volumsprozenten,  der  bei  richtigem  Gang  der 
Berechnung  dem  Mengenverhältnis  der  Minerale  im  Dünn- 
schliff   nicht    widersprechen    darf.    Wenn     man    die    Summe 

77 

der   Gewichtsprozente    durch   die    Summe    der   Quotienten  -  - 

dividiert,  erhält  man  das  aus  dem  Mineralbestand  abgeleitete 
spezifische  Gewicht  des  Gesteins.  Der  Vergleich  mit  dem 
direkt  bestimmten  spezifischen  Gewicht  gibt  dann  eine  er- 
wünschte Kontrolle  für  die  Richtigkeit  der  Berechnung. 

In  ganz  ähnlicher  Weise  wurde  auch  der  Mineralbestand 
des  plattigen  Amphibolits  (Anal.  2)  abgeleitet.  Der  Gehalt 
an  Calcit,  Titanit  und  Pjn'it  ist  durch  CO.,,  TiO.,  und  S 
-gegeben.  Ähnlich  wie  bei  der  flaserigen  Varietät  ist  die 
Menge  an  Plagioklas  (Ab^Ang)  durch  folgende  Gleichungen 
gegeben : 

L=  78ö-4  +  2149-^236:^- 34-54^2. /»  +  2  (387-+-30— c/^i 
ab         2 


_    ^  .       Somit  ab  =  332,  an  =  498. 
ein         3 


Wie  bei  dem  flaserigen  Amphibolit  wurde  auch  der  Gehalt 
Amphibol  und  Pyroxen  berechnet.  Die  Menge  an 
Strahlsteinsilikat  und  an  Pyroxen  ist  durch  die  beiden  folgen- 
den Gleichungen  bestimmt: 


4.r  +  2ji' =z  3451   (Re.st  an  SiO.,), 
X  -h  y  =  1028  (Rest  an  Ca  6). 
Daraus  folgt  x  =  697  •  5  und  y  =  330  •  5. 

In    beiden    Silikaten    wird  FeO  :  MgO   gleich    1  ;  3  ange- 
nommen.   Der    Rest    an    FeO  und  MgO    bildet    die   RO   des 


2()2  A.  Marchet, 

Amphibol-Alumosilikates.    Auch    hei   dieser  Berechnung   bleibt 
ein  Überschuß  an  Wasser  ('0-99"/,,)  unberücksichtigt. 

Es  wurde  auch  versucht,  den  Mineralbestand  des  Antho- 
phyllit-Amphibolits  (Anal.  3)  zu  berechnen.  Der  Gehalt 
des  Gesteins  an  Chlorit  bringt  mit  sich,  daß  man  sich  hier 
mit  einer  rohen  Annäherung  begnügen  muß.  Die  Menge  an 
Magnetkies  und  Titaneisen  ist  durch  die  Molekular- 
quotienten für  S  und  TiO.,  bestimmt.  Magnetit  wurde  so 
viel  in  Rechnung  gestellt,  daß  der  Erzgehalt  des  Gesteins, 
wie  der  Dünnschliff  ergibt,  l'SVol.  ^^/^  beträgt.  Sämtliche 
Alkalien  wurden  in  dem  Plagioklas  von  der  Zusammen- 
setzung Ab-jAn,  verrechnet.  Der  Restbestand  an  Oxyden  ver- 
teilt sich  nun  auf  monoklinen  und  rhombischen  Amphibol, 
Chlorit  und  Quarz.  Da  der  Rest  an  Tonerde  sehr  groß  ist, 
so  muß  der  Ai.jO.j-Gehalt  der  drei  erstgenannten  Minerale 
hoch  sein.  Das  reichlich  vorhandene  Wasser  zwingt  zu  der 
Annahme,  daß  sowohl  Amphibol  als  Anthophyllit  auch  ziemlich 
viel  Wasser  enthalten.  Die  Menge  an  Amphibol  ist  durch 
den  Rest  an  CaO  bestimmt.  Der  Wassergehalt  wurde  als 
H^Si^O^o  derart  verrechnet,  daß  das  Mineral  zirka  3 '5%  H, 0 
besitzt;  die  Menge  an  Alumosilikat  CaO  RO  2  R,0,  2  SiO, 
wurde  so  groß  angenommen,  daß  die  Hornblende  ungefähr 
20''/f)  AI.,  O.,  enthält.  Daß  das  Mineral  ziemlich  arm  an  Fe^  O., 
sein  muß,  geht  aus  seiner  blassen  Färbung  hervor.  Etwas 
mehr  als  doppelt  so  groß  als  die  Menge  der  Hornblende 
wurde  die  des  AnthophjMlits  angenommen.  Die  Menge  an 
H,Si^Oj._,  wurde  für  zirka  3-5Vo  H.,0,  die  an  2  RO  2R.,0,  2SiO._, 
für  zirka  187^  A1,0.,  und  IV^Fe^Og  berechnet.  Das  Resultat 
der  chemischen  Analyse  zwingt  also  dazu,  für  den  rhombischen 
Amphibol  den  hohen  Tonerdegehait  des  Gedrit  anzunehmen. 
Der  Rest  an  R.2O.,  wurde  als  Amesitsilikat,  die  dann  noch 
übrigbleibende  Menge  an  RO  als  .Serpentinsilikat  desChlorits 
verrechnet.  Da  im  Chlorit  keine  Ausscheidung  von  Magnet- 
eisen zu  beobachten  ist,  \\-urde  das  Verhältnis  zwischen  FeO 
und  MgO  im  monoklinen  und  im  rhombischen  Amphibol 
sowie  im  Chlorit  gleich  angenDmmen.  Nach  Abzug  der 
Bestandteile  aller  bisher  genannten  Minerale  bleibt  noch  SiO._, 
und  H.,0    übrig.    SiO.^    kommt    als  Quarz  zur  Verrechnung, 


ft 


Der  Gabbrn-Amphibdlitzug  von  Rehbei-g.  2bo 

während  der  Rest  an  Wasser  vernachlässigt  wird.  Das  aus 
dem  xMineralbestand  abgeleitete  spezifische  Gewicht  stimmt 
mit  dem  am  Handstück  bestimmten  annähernd  überein. 

In  den  folgenden  drei  Tabellen  ist  der  Mineralbestand, 
wie  ihn  die  Berechnung  ergibt,  angeführt.  Die  angewendeten 
Abkürzungen  bedeuten:  Amph.  =  Amphibol,  Anth.  =  Antho- 
phyllit,  Cal.  =  Calcit,  Chi.  =  Chlorit,  Dps.  =  diopsidischer 
Pyroxen,  Um.  z=z  Titaneisen,  Kaol.  =  Kaolin,  Mgk.  r=  Magnet- 
kies, Mgt.  =  Magnetit,  Plag.  z=z  Plagioklas,  Pyr.  =  Pyrit, 
Qu.  =:  Quarz,  Tit.  =  Titanit. 

Es  wurde  auch  der  Versuch  gemacht,  aus  den  Molekular- 
quotienten des  flaserigen  Amphibolits  den  Mineralbestand  des 
ursprünglichen  Gabbros  zu  berechnen  (siehe  p. 272).  Hierbei 
wurde  der  Wasser-  und  Kohlensäuregehalt  des  Amphibolits  ver- 
nachläs.sigt.  TiO.,  ist  als  Titaneisen  verrechnet,  die  Menge  an 
Plagioklas  durch  die  vorhandene  Tonerde  gegeben.  Aus 
Na., ()  und  K.>0  ergibt  sich  der  Gehalt  des  Feldspats  an 
Albit-  und  Örthoklassubstanz.  Nach  dieser  Art  der  Berechnung 
besitzt  der  Plagioklas  ungefähr  49 ^/^  Anorthit.  Um  nun  mit 
dem  Rest  an  SiO.,  auszukommen,  muß  neben  Pyroxen  auch 
Olivin  als  Gemengteil  angenommen  werden. 

Der  Gehalt  des  Pyroxens  an  Diopsidsilikat  CaORO  2  SiO, 
ist  durch  den  Rest  an  Kalk  gegeben,  die  Menge  an 
FeOFe., O., SiO.,  wurde  derart  angenommen,  daß  das  Mineral 
ungefähr  2"  ^  Fe., O.,  enthält.  Der  noch  verbleibende  Rest  an 
SiO.,  wurde  als  Olivin  (2  ROSiO.^)  verrechnet,  wobei  das 
Verhältnis  FeO  :  MgO  =  1:4  gesetzt  wurde.  Der  Rest  an 
Magnesia  ist  in  den  RO  des  Diopsidsilikates  enthalten,  ebenso 
die  gesamte  Menge  an  MnO.  Um  genügend  FeO  einsetzen 
zu  können,  daß  die  Summe  RO  gleich  CaO  wird,  ist  es 
nötig  anzunehmen,  daß  in  dem  Gabbro  mehr  EisenoxN'dul 
und  weniger  Eisenoxyd  vorhanden  war,  als  der  flaserige 
Amphibolit  besitzt.  Für  je  ein  überzähliges  FeO  muß  V2  ^^2^$ 
abgezogen  werden.  Der  Rest  an  Fe.,  0,5  wurde  schließlich  als 
Magnetit  verrechnet,  indem  ein  Drittel  davon  durch  Multi- 
plikation mit  2  in  FeO  umgerechnet  wurde. 

Daß  in  dem  Amphibolit  keine  Spuren  von  Olivin  zu 
finden    sind,    ist    kein  Grund    anzunehmen,    daß    ursprünglich 


2(34 


A.   Marchet, 


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Der  Gahbrn-Amphibolitzug  vun    Rchberg. 


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269 


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Sit:^b.  d.  mathern. -naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd. 


19 


270  "  A.   Marchet, 

Olivin  nicht  vorhanden  war.  Wie  auch  SchHfie  des  Olivin- 
gabbros  bei  Langenlois  zeigen,  ist  der  OHvin  gegen  Um- 
wandlung am  wenigsten  widerstandsfähig.  Bevor  noch  der 
Pyroxen  völlig  uralitisiert  ist,  hat  sich  der  Olivin  schon 
gänzlich  in  ein  Aggregat  von  Amphibol  umgewandelt.  Durch 
die  Krystallisationsschieferung  werden  dann  alle  Spuren  des 
Olivins  verwischt.  Die  Umwandlung  des  Olivins  läßt  sich 
durch  folgende  Volumsgleichung  darstellen: 

Olivin +  Anorthitsubstanz  =1:  Hornblende 

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Die  Bildung  der  Hornblende  aus  Anorthit  und  Olivin 
bringt  eine  Verringerung  des  Molekularvolums  mit  sich,  was 
mit  dem  Volumsgesetz  für  die  Gemengteile  der  krystallinen 
Schiefer  übereinstimmt. 

Das  aus  dem  Mineralbestand  berechnete  spezifische 
Gewicht  des  ursprünglichen  Gabbros  (2-99)  ist  dem  des 
ilaserigen  Amphibolits  gleich.  Man  kann  hier  also  keinen 
Einfluß  des  Volumgesetzes  feststellen.  Die  Volumverminderung 
bei  der  Bildung  von  Amphibol  auf  Kosten  von  Olivin  und 
Anorthitsubstanz  wird  wettgemacht  durch  die  Amphibolbildung 
auf  Kosten  des  Pyroxens.  Allerdings  ist  zu  berücksichtigen, 
daß  bei  der  Amphibolbildung  die  Elemente  des  Wassers  auf- 
genommen wurden,  das  bei  der  Volumberechnung  au(3er 
Betracht  bleibt. 

Eine  Berechnung  der  Projektionswerte  a^,  '■'q^/o  ergibt 
für  Uq  die  Zahl  2-29.  Nach  den  Kurven  für  die  spezifischen 
Gewichte  der  Tiefengesteine ^  würde  nach  Hofrat  F.  Becke 
einem  Gabbro  von  dieser  Zusammensetzung  ein  spezifisches 
Gewicht  2-97  entsprechen.  Der  hohe  Eisengehalt  des  Gesteins 
äußert  hier  seinen  Einfluß. 


1  F.  Becke:  Chemische  Anah'sen  von  krystallinen  Gesteinen  aus  der 
Zentralkette  der  Ostalpen.  Denkschr.  d.  math.-naturw.  Kl.  d.  Akad.  d.  Wiss. 
in  Wien,   75,  IV.  Teil,  p.   213  (1012). 


Der  Gabbro-Alnplubolitzug  von  Rehberg.  2/1 

Vergleicht  man  den  errechneten  Mineralbestand  des 
Gabbros  mit  dem  des  flaserigen  Amphibolits,  so  fällt  vor 
allem  die  starke  Abnahme  des  Plagioklasgehaltes  im  Amphibolit 
auf,  die  mehr  auf  Kosten  des  Anorthits  als  des  Albits 
geschieht.  Die  Bildung  der  Hornblende  aus  Olivin  und  aus 
Pyroxen,  die  des  Titanits  aus  Titaneisen  bedingen  eine  teil- 
weise Aufzehrung  des  Plagioklases.  Die  Durchschnittzusammen- 
setzung des  Plagioklases  im  unveränderten  Gabbros  (49%  An)" 
ist  merklich  anorthitreicher  als  die  des  neugebildeten  typo- 
morphen  Plagioklases  im  Amphibolit  (SS'V'o  An)  und  fällt  inner- 
halb der  Grenzen  die  an  den  Plagioklasrelikten  durch  optische 
Untersuchung  festgestellt  wurden  (45  —  59^0  An).  Das  Mittel  ist 
etwas  höher  als  der  berechnete  Durchschnitt,  da  nur  die  innersten 
Kerne  der  Gabbroplagioklase  als  Relikte  erhalten  sind. 

Einen  ausgezeichneten  Einblick  in  die  chemische  Zu- 
sammensetzung der  Gesteine  gewährt  die  von  Hofrat  F.  Becke 
vorgeschlagene  Dreiecksprojektion  der  Gesteinsanalysen,  aus- 
gehend von  den  Molekularquotienlen.^  In  dem  untersten 
Dreieck  kommt  die  gesamte  Analyse  zur  Darstellung,  wobei 
der  Endpunkt  a^  die  Molekülgruppe  R^AlOg,  der  Eckpunkt  t;, 
die  Molekülgruppe  CaAl^O^  und  der  Eckpunkt  /,  die  Molekül- 
gruppe R^Og  repräsentiert.  Der  Gehalt  an  SiO,, -f-TiO.,  wird 
über  der  Abszisse  a^  in  Molekularprozenten  angegeben.  In 
dem  nächsten  Dreieck  ist  das  Verhältnis  der  Mengen  von 
CaAlgO^,  NaAlOg,  KAIO.3  ersichtlich,  welches  bei  den  normalen 
Erstarrungsgesteinen  dem  Verhältnis  der  Feldspatsubstanzen 
An,  Ab,  Cr  entspricht. 

Die  beiden  obersten  Dreiecke  geben  schließlich  das 
Verhältnis  der  in  F  des  Osann'schen  Dreiecks  zusammen- 
gefaßten GxjMe  an.  Ist  die  Molekularzahl  für  Tonerde  kleiner 
als  die  Summe  Alkalien  +  Kalk,  so  ist  das  Verhältnis  FeCaMg 
dargestellt.  Bleibt  ein  Tonerderest,  so  wird  im  obersten 
Dreieck  das  Verhältnis  Fe  AI  Mg  ins  Bild  gebracht.  Die  Lage 
des  Analysenpunktes  in  dem  einen  oder  anderen  Dreieck 
gibt  wertvolle  Anhaltspunkte  für  die  Zusammensetzung  der 
dunklen  Gemengteile. 


1  Zum    Teile    publiziert    in:     F.     Becke:     Chemische    Analj'sen    von 
krystallinen  Gesteinen   aus  der  Zenlralkette  der  Ostalpen,  I.   c.  p.  GO. 


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274 


A.   Marchet, 


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Rehberg 

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4 

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Zum  Vergleich  mit  den  Gesteinen  des  Rehberger  Am- 
phibolitZLiges  wurden  dann  noch  folgende  Analysen  und 
Mittelwerte  der  Massengesteine  nach  Daly  berechnet  und  in 
die  Projektion  (Taf.  I)  eingetragen: 

5.  Olivingabbro,  Loisberg  bei  Langenlois.  Tschermak's 
Min.  Petr.  Mitt.,  1,  p.  369,   1878,  5  =  3-017. 

(1  Zoisit-Amphibolit,  Loisberg.  F.  Becke:  Die  Gneis- 
formation des  niederösterreichischen  Waldviertels.  Tscher- 
mak's Min.  Petr.  Mitt.,  4,  p.  312,   1882. 

7.  Diallag-Amphibolit,  Straße  Steineck-St.  Leonhardt. 
R.  Grengg:  Der  Diallag-Amphibolit  des  mittleren  Kamp- 
tales. Tschermak's  Min.  Petr.  Mitt,  29,  p.  34,  1910, 
5  =  3-18. 

8.  Amphibolit  (Schilterner  Typus),  Kammegg.  R.  Görgey: 
Chemische  Analysen  von  Waldviertel-Gesteinen.  Tscher- 
mak's Min.  Petr.  Mitt.,  32,  p.  242,  Analyse  VI,  1914, 
5  =  3-09. 


Der  Gabbro-Ampliibdlitzug  von  Rehberg.  275 

9.  Granat -Amphibolit,    Rosenburg.    R.    Görgey:    1.   c, 
Analyse  VII,  5=  3-18. 

1 0.  A  n  o  r  t  h  0  s  i  t- A  m  p  h  i  b  o  1  i  t,  S  e  n  f  t  e  n  b  e  r  g.  J.  M  o  r  o  z  e  w  i  c  z : 
Resultate  der  chemischen  Untersuchung  des  Diorit- 
gesteins  aus  dem  niederösterreichischen  Waldviertel. 
Verh.  Min.  Ges.  St.  Petersburg,  40,  p.  113,  1902, 
.s-  =  2  •  884. 

1 1.  Anorthosit-Amphibolit,  Frauengraben  bei  Eis  am. 
R.  Görgey:  1.  c,  p.  238,  Analyse  7.  ^ 

12.  Anorthosit  -  Amphibolit,  Senftenberg.  F.  Becke: 
Die  Gneisformation  des  niederösterreichischen  W'ald- 
viertels.  Tschermak's  Min.  Petr.  Mitt.,  4,   p.  248,   1882. 

13.  Biotit- Amphibolit  (Kata-Hornblendeplagioklasgneis), 
Dum  stein.  U.  Gruben  mann:  Die  krystallinen  Schiefer. 
Berlin   1910,  p.   190,  Analyse  5.  .s  =  2-91.2 

14.  Eklogit,  Alten  bürg.  Tschermak's  Min.  Petr.  Mitt,  1, 
p.  368,   1878.  -s  =  3-25. 

15.  Strahlsteinfels,  Felling.  Tschermak's  Min.  Mitt.,  1874, 
p.  243.  .9  =  2  •  99. 

16.  Gangdiabas,  Ottenschlag.  Tschermak's  Min.  Mitt., 
1877,  p.  278. 

17.  Gabbromittel.  Daly:  Average  chemical  compositions 
of  igneous-rock  types.  Proc.  of  the  Amer.  Ac.  of  Arts 
and  Sciences,  Vol.  45,  Jänner   1910,  Nr.  39. 

18.  Gabbromittel  mit  Ausnahme  der  Olivingabbros, 
1.  c,  Nr.  46. 

19.  Mittel  der  Olivingabbros,  1.  c,  Nr.  47. 

20.  Amphibolit,  Schaueregg.  H.  Mohr:  Geologie  der 
Wechselbahn.  Denkschr.  d.  math.-naturvv.  Kl.  d.  Akad. 
d.  Wiss.  in  Wien,  82,  p.  337,   1913. 

21.  Grün  schief  er.  Große  Klause.  H.  Mohr:  1.  c,  p.  334. 

22.  Diabas,  Krumbach.  P.  Richards:  Die  Umgebung  von 
Aspang  am  Wechsel.  Jahrb.  d.  Geol.  Reichsanstalt,  67, 
p.  314,   1911. 

23.  Grün  schiefer,  südlich  Aspang.  P.  Richards,  1.  c,  p.320. 


1   Im   Original  ist  als   Summe    100  "73   angegeben. 
-  Im  Original  ist  als  Summe  99 '77  angegeben. 


276 


A.   Marchet, 


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278 


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Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rchberg. 


281 


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282  A.   Marchet, 

24.  Norit,  Les  Prinaux.  Lacroix.  Bull.  serv.  carte  geol. 
France  67,  1899.  Siehe  auch:  Osann  A.,  Beiträge  zur 
chemischen  Petrographie,  II.  Teil,  Stuttgart  1905.  Nr.  567. 
5  =  2-84. 

25.  Norit,  Les  Prinaux.  Lacroix,  1.  c,  Osann  A.,  1.  c 
Nr.  568.  5  =  2-86. 

26.  Norit,  Les  Prinaux.  Lacroix,  1.  c,  Osann  A,,  1.  c, 
Nr.  569.  5  =  2  •  88. 

27.  Gabbro,  Des  Bois  b.  Pallet.  Lacroix,  1.  c,  Osann  A., 
1.  c,  Nr.  565.  s=  2-95. 

28.  Gabbro,  La  Morandiere.  Lacroix,  1.  c,  Osann  A., 
1.  c,  Nr.  5G6.  s  =  2- 98. 

Die  Analysen  1  bis  16  stammen  von  Gesteinen  aus  dem 
Waldviertel,  20  bis  23  von  solchen  aus  dem  alpinen 
Wechselgebirge.  Die  fünf  letzten  Analysen  geben  die  Zu- 
sammensetzung von  Gabbros  und  Noriten  aus  dem  Departement 
Loire-Inferieure  in  Nordwest-Frankreich.  Im  Kern  der  Masse 
tritt  dort  Gabbro  auf,  während  sich  der  Norit  in  den  peri- 
pheren Teilen  findet. 

In  der  Projektion  (Taf.  I)  sind  die  Gesteine  des  Reh- 
berger  Zuges  als  große,  ausgefüllte  Kreise,  die  übrigen 
aus  dem  Wald  viertel  als  leere  Kreise  eingezeichnet.  Kleine, 
volle  Kreise  stellen  die  von  Daly  berechneten  Mittelwerte 
der  Gabbros  dar.  Die  Gesteine  aus  der  Umgebung  von  Aspang 
sind  durch  liegende  Kreuze,  die  Norite  und  Gabbros  von 
Loire-Inferieure  durch  stehende  Kreuze  gekennzeichnet. 
Die  Zahlen  bei  den  Projektionspunkten  beziehen  sich  auf  die 
oben  angeführten  Analysennummern. 

Die  Zusammensetzung  des  flaserigen  Amphibolits  von 
Rehberg  (1)  und  vom  Dürnitzbüchel  (4)  ist  von  der  des 
plattigen  Amphibolits  von  Rehberg  (2)  nicht  wesentlich 
verschieden.  Die  beiden  Analysen  unterscheiden  sich  nicht 
stärker  als  das  Analysen  von  Proben  desselben  Gesteins- 
körpers zu  tun  pflegen.  Zwei  ist  reicher  an  Plagioklas  und 
daher  die  Mischung  desselben  An-reicher,  wie  es  der  Erfahrung 
entspricht. 


Der  Gabbro-Aniphibolitzug  von   Rehberg.  283 

Die  Unterschiede  sind  woiil  schwerlich  durch  das  Fort- 
schreiten der  Schieferung  zu  erklären.  In  der  wesentlichen 
Übereinstimmung  der  beiden  Analysen  liegt  eine  Stütze  der 
Auffassung,  daß  der  plattige  Amphibolit  eine  strukturell 
weiter  fortgeschrittene  Ausbildung  des  flaserigen  sei,  beide 
aber  von  Gabbrogesteinen  abstammen.  Deutlich  weicht  der 
AnthophyUit-Amphibolit  (3)  von  den  vorigen  ab,  der  sich 
—  wie  auch  die  Lage  der  Punkte  in  der  Gesteinsprojektion 
erkennen  läßt  —  durch  auffallend  geringen  Kalk-  und  höheren 
Kieselsäuregehalt  unterscheidet.  Es  ist  allerdings  zuzugeben, 
daß  ein  Teil  dieser  chemischen  Unterschiede  durch  den 
schlechteren  Erhaltungszustand  (Chloritbildung!)  bedingt  ist. 
Im  Feldspatdreieck  zeigt  sich,  i^ibereinstimmend  mit  der 
optischen  Bestimmung,  die  stark  schwankende  Zusammen- 
setzung der  Plagioklase  dieser  Gesteine  an,  während  der 
Gehalt  an  Orthoklassubstanz  bei  allen  vier  ein  sehr  geringer 
ist.  Vergleicht  man  den  Anorthitgehalt  des  theoretischen 
Durchschnittsplagioklases,  wie  ihn  die  Projektion  ergibt,  mit 
der  optisch  bestimmten  Zusammensetzung  des  Gesteins- 
gemengteiles, so  findet  man  den  optisch  nachweisbaren 
1^  Anorthitgehalt  stets  etwas  niedriger.  Die  Unterschiede  be- 
wegen sich  aber,  wie  die  folgenden  Zahlen  zeigen,  nur  in 
mäßigen  Grenzen: 

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7o  An  theoretisch 50         61  28         75 

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Die  Bildung  des  Titanits  aus  Titaneisen,  vor  allem  aber 
der  Tonerdegehalt  des  Amphibols  sind  die  Ursache  dieser 
Differenzen.  Dazu  kommt  noch  bei  dem  Gestein  vom  Dürnitz- 
büchel  (4)  das  Auftreten  von  mejonitreichem  Skapolith,  dessen 
Vorkommen  den  Anorthitgehalt  des  Plagioklases  vermindert 
und  bei  dem  AnthophyUit-Amphibolit  (3)  der  Kalkgehalt  des 
m.onoklinen  Amphibols,  der  in  der  Projektion  nicht  zum  Aus- 
druck kommt,  da  bei  Überschuß  an  AUO^  sämtliches  CaO 
als  Anorthit  verrechnet  wird. 

Sehr  auffällig  tritt  die  Verschiedenheit  zwischen  dem 
AnthophyUit-Amphibolit    und    den    beiden    anderen    Gesteinen 


284  A.   Marc  he  t, 

in  den  zwei  obersten  Dreiecken  in  Erscheinung.  Während 
nämlich  die  Lage  der  Projektionspunkte  des  flaserigen  und 
des  plattigen  Amphibolits  (1,  2,  4)  einen  hohen  Kalkgehalt 
der  dunklen  Gemengteile  anzeigt,  der  bei  anderen  verwandten 
Gesteinen  aus  dem  Waldviertel  kaum  erreicht  wird,  fällt  der 
Projektionspunkt  des  Anthophyllit-Amphibolits  (3)  infolge  des 
Überschusses  an  Tonerde  in  das  Dreieck  fc,  al,  mg. 

Ganz  ähnlich  verhalten  sich  Norite  (24,  25,  26)  und 
Gabbros  (27,  28)  aus  dem  Loire-Inferieure  zu  einander. 
Wie  der  Anthophyllit-Amphibolit  gegenüber  den  beiden  anderen 
Amphibolitt3'pen  sind  hier  die  Norite  gegenüber  den  Gabbros 
durch  höheren  Kieselsäuregehalt,  geringeren  Kalkgehalt  und 
durch  Tonerdeüberschuß  ausgezeichnet.  Auch  bezüglich  des 
spezifischen  Gewichtes  (siehe  p.  259  und  282)  herrschen 
hier  ähnliche  Verhältnisse.  Es  liegt  daher  sehr  nahe,  anzu- 
nehmen, daß  der  Anthophyllit-Amphibolit  aus  einer 
noritartigen  Abart  des  ursprünglichen  Gabbros  hervor- 
gegangen ist.  Freilich  muß  bemerkt  werden,  daß  die  chemische 
Zusammensetzung  von  3  durch  die  Chloritbildung  etwas  ver- 
ändert wurde,  aber  doch  wohl  nicht  in  dem  Ausmaße,  daß 
die  Beziehungen  zu  Norit  nicht  zu  Recht  bestehen. 

Der  flaserige  und  der  normale  plattige  Amphibolit  haben, 
wie  die  Projektion  zeigt,  die  Zusammensetzung  eines  Gabbros. 
Sie  kommen  den  Mittelwerten,  welche  Daly  für  Gabbro  (17), 
olivinfreien  Gabbro  (18)  und  Olivingabbro  (19)  angibt,  be- 
sonders letzteren,  recht  nahe.  Geringerer  Gehalt  an  Orthoklas- 
substanz und  höherer  Kalkgehalt  der  femischen  Gemengteile 
in  den  Amphiboliten  spricht  sich  in  den  Dreiecken  ah,  an,  or 
und  fe,  mg,  ca  aus. 

In  die  Projektion  sind  dann  auch  einige  andere,  basische 
Gesteine  aus  dem  Waldviertel  eingetragen.  Schon  auf  den 
ersten  Blick  kaim  man  erkennen,  daß  die  Anorthosit- 
Amphibolite  (10,  11,  12)  sich  durch  ihren  hohen  Gehalt  an 
Anorthitsubstanz  von  den  übrigen  Gesteinen  trennen,  da  die 
Projektionspunkte  gegen  den  Eckpunkt  c^  hin  abweichen. 
Die  Plagioklase  dieser  Amphibolite  erscheinen  am  anorthit- 
reichsten  von  allen  angeführten  Gesteinen.  Bei  den  besonders 
plagioklasreichen    T^^pen    11    und    12    ist    in    dem    Dreieck 


Der  Gabbio-Ainphibolitzug  von  Rehberg.  28o 

fc,  mg,  ca    ein  höherer    Eisengehalt    der    femischen    Gemeng- 
teile angedeutet. 

Solche  anorthositische  Varietäten  kommen, .  wenngleich 
selten,  auch  im  Rehberger  Zug  vor;  z.  B.  gehören  die  von  Becke 
in  der  Waldviertelarbeit  beschriebenen  Gesteine  westlich  von 
der  Straße  Langenlois  — Mittelberg  hierher  (Tschermak's  Min. 
Petr.  Mitt.,  4,  p.  360  [1881]). 

Ähnlich  wie  die  Anorthosit-Amphibolite  verhält  sich  der 
Olivingabbro  (5)  vom  Loisberg,  von  dem  eine  plagioklas- 
reiche  Varietät  anal^^siert  wurde,  die  sich  ebenfalls  der 
Zusammensetzung  der  Anorthosite  nähert.  Die  Projektions- 
punkte dieses  Gesteins  weichen  daher  auch  gegen  die  Eck- 
punkte Cq,  respektive  an  hin  ab.  Die  femischen  Gemengteile 
des  Olivingabbros  sind  durch  einen  hohen  Magnesia-  und 
geringen  Kalkgehalt  ausgezeichnet,  was  durch  das  Auftreten 
des  Olivins  als  Gesteinsgemengteil  bedingt  wird.  Dasselbe 
Mineral  ist  auch  die  Ursache  der  geringen  Menge  an  Kiesel- 
säure. 

Ein  Produkt  der  Metamorphose  dieses  Gabbros  ist  der 
Zoisit-Amphibolit  vom  Loisberg  (6).  Auch  er  ist  durch 
geringen  Kieselsäuregehalt  ausgezeichnet.  Von  den  Gestemen 
des  Rehberger  Amphibolitzuges  unterscheidet  er  sich  chemisch 
trotz  seines  abweichenden  Mineralbestandes  (Auftreten  von 
Zoisit!)  nicht  wesentlich. 

Von  demselben  Amphibolitzug  im  Liegenden  des  Gföhler- 
gneises,  dem  auch  der  Anorthosit-Amphibolit  von  Senftenberg 
angehört,  stammt  noch  der  analysierte,  körnigstreifige 
Amphibol  it  von  Kammegg  (8).  Auch  der  Crranat-Amphibolit 
von  Rosenburg  (9)  läßt  sich  mit  dem  genannten  Gesteinszug 
in  Verbindung  bringen.  Der  Biotit-Amphibolit  von  Dürn- 
stein  (13)  hat  eine  ähnliche  Position  aber  im  Südwesten  des 
Gföhlergneises.  Während  die  beiden  erstgenannten  Gesteine 
die  Zusammensetzung  von  Gabbtos  haben  und  von  dem 
Rehberger  Gabbro-Amphibolit  nicht  stark  abweichen,  bildet 
der  Biotit-Amphibolit,  wie  der  relativ  hohe  Gehalt  an  Alkali- 
feldspat erweist,  den  Übergang  zu  jenen  krystallinen  Schiefern, 
die  sich  von  Dioriten  ableiten  lassen.  Für  alle  drei  Gesteine 
ist  der   höhere  Gehalt  an  Orthoklassubstanz   charakteristisch, 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  128.  Bd.  2U 


286  A.  Marchet, 

der  sie  von  den  übrigen  Amphiboliten  unterscheidet.  Es  geht 
dies  aus  der  Lage  der  Projektionspunkte  im  Feldspatdreieck 
hervor.  Die  Amphibolite  von  Kammegg  (8)  und  Rosenburg  (9) 
sind  dann  auch  durch  einen  höheren  Eisengehalt  der  dunklen 
Gemengteile  ausgezeichnet,  der  sich  im  Dünnschliff  durch 
die  grünbraune  Farbe  der  Hornblende  anzeigt. 

Sowohl  durch  seinen  Mineralbestand  als  auch  durch  die 
chemische  Zusammensetzung  weicht  der  t)iallag-Amphibolit 
des  mittleren  Kamptales  (7)  von  den  Gesteinen  des  Rehberger 
Amphiholitzuges  ab.  Wenngleich  er  auch  mit  gahbroiden 
Massengesteinen  verwandt  ist,  deutet  doch  die  Lage  seines 
Projektionspunktes  im  Dreieck  fe,  iii^^,  al  eine  stark  ver- 
schiedene Zusammensetzung  seiner  dunklen  Gemengteile  an. 
Namentlich  ist  der  Tonerdegehalt  der  femischen  Gemengteile 
interessant,  der  sich  mineralogisch  im  Granatgehalt  ausprägt. 
Vielleicht  hängt  er  mit  dem  großen  Tonerdeüberschuß  des 
begleitenden  Granulits  zusammen.  Im  übrigen  stimmt  der 
geringere  Kalkgehalt  sehr  gut  mit  dem  perthitisch  mit  Bronzit 
verwachsenen  P^n-oxen  und  der  Anorthitarmut  des  Plagio- 
klases. 

Ziemlich  nahe  kommt  dem  Rehberger  Amphibolit  der 
Eklogit  von  Altenburg  (14).  Etwas  geringerer  Kalk-  und 
höherer  Magnesiagehalt  zeichnet  das  Gestein  aus,  das  sich 
ebenfalls  von  einem  gabbroiden  Magma  herleitet. 

Zu  jenen  Randbildungen  von  Peridotit  TOlivinfels),  welche 
an  der  Grenze  gegen  Gneis  oder  Amphibolit  häufig  gefunden 
werden,  gehört  der  Strahlsteinfels  von  Felling  (15).  Das 
Gestein  ist  ein  durch  Stoffaustausch  entwickeltes  Produkt 
der  Metamorphose.  Seine  Projektionspunkte  liegen  in  dem 
Feld  der  Peridotite.  Charakteristisch  ist  der  Mangel  an  Alkalien 
und  der  Reichtum  an  Magnesia.  Der  Gehalt  an  Kieselsäure 
ist  so  hoch,  daß  gerade  das  Sättigungsniveau  erreicht  wird, 
wie  die  Zusammensetzung  des  Strahlsteins  es  verlangt. 

Den  besprochenen  krystallinen  Schiefern  gehört  der  Gang- 
diabas von  Ottenschlag  (16)  nicht  an.  Er  dürfte  der  Gang- 
gefolgschaft des  Rastenberger  Granits  zukommen.  Seine 
besonders    große    Armut    an    Kieselsäure,    der    Reichtum    an 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg.  287 

Eisen  und  Magnesium  bei  geringem  Kalkgehalt  sind  durch 
das  reichliche  Auftreten  von  Olivin  verLU'sacht. 

In  die  Projektion  sind  dann  noch  Grünschiefer  und 
verwandte  Gesteine  aus  der  Umgebung  von  Aspang  (20 
bis  23)  eingezeichnet.  In  keinem  der  Dreiecke  trennen  sie 
sich  von  den  Gesteinen  aus  dem  Waldviertel,  ^^on  dem 
flaserigen  und  dem  ebenplattigen  Amphibolit  des  Rehberger- 
zuges  unterscheiden  sie  sich  bloß  durch  einen  geringeren 
Kalkgehalt  der  dunklen  Gemengteile.  Die  Kieselsäuremenge 
ist  von  der  der  Waldviertelgesteine  auch  gar  nicht  ver- 
schieden. 

Ein  wesentlicher  Unterschied  besteht  aber  darin, 
daß  bei  den  Aspangergesteinen  die  Projektion  einen  viel 
höheren  Anorthitgehalt  des  Durchschnittsplagioklases  anzeigt, 
als  die  optische  Bestimmung  ergibt.  Während  die  berechneten 
Durchschnittsplagioklase  zwischen  47  7o  und  66  7o  ^^ 
schwanken,  ist  die  wirkliche  Zusammensetzung  der  Plagio- 
klase  07,)  bis  20 7o  An.  Bei  den  Gesteinen  des  Waldviertels 
kommen  hingegen  Berechnung  und  Beobachtung  einander 
viel  näher.  Die  Waldviertelgesteine  gehören  der  unteren,  die 
Aspangergesteine  aber  der  oberen  Tiefenstufe  an,  für  welche 
Albitisierung  der  Plagioklase  charakteristisch  ist. 

Schlußbetrachtungen. 

Petrographische  Charakteristik  des  Rehbergerzuges. 

Petrographisch  sind  die  Gesteine  des  Rehberger  Amphibolit- 
zuges  von  anderen  Amphiboliten  aus  dem  niederösterreichischen 
Waldviertel  durch  das  Hervortreten  der  Krystallisations- 
schieferung  unterschieden.  Für  die  flaserigen  Varietäten  ist 
dann  der  Gehalt  an  relikten  Mineralen  sehr  charakteristisch. 
Rein  granoblastische  Struktur  ist  ziemlich  selten  und  be- 
schränkt sich  auf  feinkörnige,  plagioklasreiche  Varietäten  des 
normalen,  ebenplattigen  Amphibolits  und  auf  die  epidot- 
reichen  Lagen  an  der  Grenze  gegen  den  Schiefergneis. 
Amphibolreichere  Varietäten  lassen  durch  die  Parallelstellung 
der  grünen  Hornblendesäulchen  nicht  selten  eine  Streckungs- 
richtung im  Gestein  erkennen. 


288  A.  Marchet, 

Vergleich  mit  anderen  Waldviertel-Amphiboliten. 

Anders  die  körnigstreifigen  Amphibolite  vom  Schiltener 
Typus.  Ihre  Struktur  ist  immer  rein  granobl astisch.  Die 
Amphibole  besitzen  eine  mehr  bräunliche  Farbe  und  bilden 
rundliche,  verschieden  gelagerte  Körner.  Wenn  Granat  aut- 
tritt, ist  er  häufig  von  einem  Kranz  von  Feldspat  umgeben, 
eine  zentrische  Struktur,  die  dem  Rehberger  Amphibolit  völlig 
fremd  ist. 

Der  Amphibolit  vom  Loisberg,  der  gut  erkennbare  Kerne 
von  Olivinga bbro  führt,  ist  durch  das  reichliche  Auftreten 
von  typomorphem  Zoisit  von  dem  Rehberger  Amphibolit 
unterschieden,  der  nur  an  der  Grenze  gegen  den  Schiefergneis 
manchmal  reichlich  Epidot  führt. 

Durch  Mineralbestand  und  Struktur  weicht  der  von 
R.  Grengg^  untersuchte  Diallag-Ampibolitzug  von  dem 
Rehbergerzug  stark  ab,  Paralleltextur  ist  in  dem  Gestein 
m,eist  recht  undeutlich.  Dunkelbraune  Hornblende,  Plagioklas 
und  lichtgrüner  Omphacit  mit  Diallagstruktur  bilden  ein 
granoblastisches  Gemenge,  in  dem  Granat  in  größeren 
Porphyroblasten  auftritt.  Der  Granat  bildet  häufig  eine  Art 
Strukturzentrum,  wenn  Amphibol  und  Plagioklas  eine  dia- 
blastische,  radialstruierte  Hülle  um  ihn  bilden. 

Eine  porphyrartige  Struktur  zeichnet  jene  Amphibolite 
aus,  die  in  der  Gegend  von  Spitz  als  Begleiter  des  dortigen 
Granodioritgneises-  auftreten.  In  dem  deutlich  geschieferten, 
dunklen  Gestein  findet  man  zahlreiche,  lichte  Augen  von 
Plagioklas,  die  bei  näherer  Untersuchung  eine  feinkörnige, 
granoblastische  Struktur  zeigen.  In  ihrem  Kern  kann  man 
manchmal  noch  mehr  oder  minder  gut  erhaltenen  relikten 
Plagioklas  erkennen,  aus  dem  sie  hervorgegangen  sind.  Man 
könnte  vielleicht  an  eine  porphyrische  Struktur  des  Erstarrungs- 
gesteines denken,  aus  welchem  sich  diese  Fleckamphibolite 
entwickelt  haben. 


1  R.  Grengg;   Der  Diallag-Amphibolit  des  mittleren  Kamptalcs.  Tschcr- 
mak's  Min.  Petr.  Mitt.,  29,   1910,  p.   1. 

2  F.  Becke:  Granodioritgneis  im  Waldviertel.  Tscliermak's  Min.  l'etr 
Mitt.,  .V^.    1018.   p.  70 


Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Kehberg. 


289 


Außer  den  erwähnten  Amphiboliten  finden  sich  dann  im 
Waldviertel  noch  solche,  die  durch  Übergänge  innig  mit 
Schiefergneis  verbunden  erscheinen,  so  daß  man  oft  nicht  in 
der  Lage  ist  anzugeben,  wo  die  Grenze  zwischen  den  beiden 
Gesteinen  verläuft.  Möglicherweise  sind  diese  Amphibolite 
nicht  von  basischen  Eruptivgesteinen,  sondern  von  kalk- 
reicheren Sedimenten  abzuleiten.  Durch  Stoffaustausch  zwischen 
den  kalkreichen  Augitgneisen  und  den  kalkärmeren  Gesteinen 
der  Umgebung  sind  jene  Amphibolite  entstanden,  die  häufig 
mantelartig  die  Augitgneise  im  »Seyberer  Gneis«  umhüllen. 
Die  Kenntnis  von  diesen  letztgenannten  Amphibolittypen  ist 
noch  nicht  weit  vorgeschritten,  namentlich  fehlen  noch 
Analysen. 

Ursprungsgesteine,   Tiefenstufe    und   systematische   Stellung 
des  Rehbergerzuges. 

Sowohl  der  Mineralbestand  und  die  Reliktstruktur  der 
flaserigen  Varietät,  als  auch  die  chemische  Zusammensetzung 
aller  analysierten  Gesteine  des  Rehberger  Amphibolitzuges 
beweisen,  daß  dieser  aus  Tiefengesteinen  der  Gabbrofamilie 
hervorgegangen  ist.  Ähnlich  wie  die  Anorthosit-Amphibolite 
in  dem  Zug  der  körnigstreifigen  Amphibolite  vom  Schiltener 
Typus  einer  Nebenreihe  angehören,  die  sich  aus  Anorthositen 
entwickelt  hat,  liegt  der  Anthophyllit-Amphibolit  auf  einem 
im  Waldviertel  bisher  unbekannten  Seitenzweig  des  Rehberger 
Amphibolits,  der  die  chemische  Zusammensetzung  von  Noriten 
besitzt. 

Das  Auftreten  von  typomorphen  Mineralen,  wie  Pyroxen 
und  anorthitreicher  Plagioklas,  beweist,  daß  die  Bildung  des 
Gabbro-Amphibolits  gleich  der  der  übrigen  moldanubischen, 
krystallinen  Schiefer  in  der  unteren  Tiefenstufe  F.  Beckes^ 
erfolgte. 

In  der  Systematik  von  Grubenmann-  würden  die 
Gesteine    des    Rehberger    Amphibolitzuges    der    IV.    Gruppe 


■  1  F.  Becke:  Über  Mincralbestand  und  Struktur  der  krystallinischen 
Schiefer.  Denkschr.  d.  math.-naturw.  Kl.  d.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien,  75, 
1903,  p.  33. 

2  U,  Grubenmann:    Die    kristallinen  .Soliiefer,    2.  Aufl.,     Berlin   1910, 


290  A.  Marchet, 

fEklogite  und  Amphibolite)  angehören  und  Übergangsformen 
von  der  1.  Ordnung  (Plagioklasaugitfelse  und  Eklogite)  zur 
2.  Ordnung  (Meso-Amphibolite)  darstellen.  Prof.  Grubenmann 
verlegt  den  Smaragditgabbro  des  niederösterreichischen  Wald- 
viertels, eine  grobkörnige  Varietät  des  flaserigen  Amphibolits, 
in  die  oberste  Zone  und  führt  ihn  in  seiner  Systematik  unter 
den  »Gabbroschiefern«  im  Anhang  an  die  3.  Ordnung  der 
IV.  Gruppe  an.^  Dieser  Ansicht  widerspricht  aber  das  Vor- 
kommen der  typomorphen  Minerale  der  unteren  Tiefenstufe. 
Die  Spuren  von  Kataklase,  die  in  dem  Gestein  besonders  in 
den  relikten  Plagioklasen  durch  Verbiegung  und  Knickung 
der  Zwillingslamellen  hervortreten,  sind  allein  nicht  hinreichend 
für  die  Zuordnung  des  Gesteins  in  eine  höhere  Zone,  da  so 
grobkrystalline  Gesteine,  wie  das  vorliegende,  augenscheinlich 
auch  in  tieferen  Zonen  Neigung  zu  kataklastischen  Phänomenen 
zeigen. 


1  L.   c.   p.  209. 


Mineralogisch-petrographisches  Institut  der  Universität  Wien, 
Februar  1918. 


Der  Gabbro-Aniphibolitzug  von  Rehberg.  291 


Tafelerklärung. 


Tafel  I. 


Auftreten  und  Verbreitung  des  Gabbro-Amphiboüts  von  Rehberg.  Schiefer- 
gneis, Glimmerschiefer,  Quarzit  und  Sedimente  wurden  in  der  geologisch- 
petrographischen  Skizze  nicht  ausgeschieden. 

Gesteinsprojelction  nach  F.  Beclce.  Erklärung  und  Diskussion  aut 
p.  57  und  60  f.  Im  untersten  Dreieck  j,-,  Cq  f^  ist  das  Verhältnis  folgender 
Atomgruppen  dargestellt,  die  sich  aus  den  Molekularzahlen  ableiten . 
Aq  =  K  AI  Oo  -}-  Na  AI  Oo,  C^  =  Ca  Al._,  O^,  Fq  =  Ca^  O.^  -f-  lVIg2  O.^,  -t-  Fe._,  O^, 
(bei  Überschuß  von  CaO  über  den  Rest  von  AI2O3  nach  Sättigung "  der 
Alkalien)  oder  =  AlgOo  +  MgoOo -+- Fe^Oo  (bei  Überschuß  von  AL,0.,  über 
Alkalien  -f-  Kaik). 

Das  darunter  liegende  Bild  liefert  die'  Ordinate:  Molekularprozente 
SiOo-l-TiOg  über  der  Abscine  üq. 

Das  Dreieck  An  Ab  Or  gibt  das  Verhältnis  An  =  CaAloO^,  Ah  =  NaAlO^, 
0;-  =  KA102. 

Das  Dreieck  ca  fe  mg  enthält  die  Projektionspunkte  der  Gesteine  mit 
Überschuß  von  CaO  nach  dem  Verhältnis  Ca2  02  :  Fe2  0o  :  Mgo02;  das  Dreieck 
al  fe  mg  die  Punkte  der  Gesteine  mit  Tonerdeüberschuß  nach  dem  Verhältnis 
AI2O3  :  FcoOo  :  Mg2  02;  beide  geben  Auskunft  über  das  Verhältnis  der  in  F(, 
zusammengefaßten  Stoffe. 

Die  Projektionszahlen  stehen  in  den    Tabellen  p.  274,  277,  279  und  281 

Tafel  II. 

Fig.  1.  Uralit  mit  Kernen  von  reliktem  Pyroxen  (durch  Einschlüsse 
dunkel  gefärbt)  und  mit  Eiiischlüssen  von  kleineren,  neugcbildeten  Diopsid- 
körnern  (p.  228  und  231).  Vergr.  7  mal. 

Fig.,2.  Streckungshof  um  einen  Uralitknoten  'p.  234).  Vergr.  7  mal. 

Fig.  3.  Epidotreiche,  lichte  Lage  im  Amphibolit.   Die  hornblendereicheren 

I Lagen    besitzen     größere    Amphibolitindividuen.     Deutliche     Krystallisalions- 
schieferung  (p.   251).   Vergr.    17  mal. 
Fig.  4.  Plagioklas  mit  An-reicherem  Ivern  von  reliktem  Gabbro-Plagioklas 
(p.  224).  Gekreuzte  Nikols.   Vergr.  40 mal. 


rßhet  A.:  D^''  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg. 


GobelstuTj^  .\t  Hadersdorf 


Amphibolittug  von  fiehbert 

E„     ..„.  ...^„..,."y=.  K?::5s^  Gafcftro  1/.  / ., 

ijJ  Amphibotit  von  iiiSSa  j^,  Zöbing  u  Schönberg. 

Schiltern.  ^^  Marmor 

Maßslab  1:100.000 


AmphiboUU 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.   Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,    128.  Bd.,  I9I9. 


I 


Marchet,  A.2    Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehber^. 


Taf.  11. 


Liclitdruck  v.  Max  JaHe.  Wiei 


Sitzungsberichte  d.  kais.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.  128.  Abt.  1,  1919. 


Akademie   der  Wissenschaften   in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie  der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


128.  Band.   4.  Heft 


21 


295 


Blütenbiologische   Untersuchungen   an 
einigen  Pflanzen  der  Ostalpen 

Von 

Dr.  Karl  Fritsch 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  10.  April   1919) 

Im  Jahre  1881  veröffentlichte  Hermann  Müller  seine 
grundlegenden  Beobachtungen  über  die  Blütenbiologie  der 
Alpenpflanzen.^  Er  untersuchte  mehr  als  400  Arten  aus  der 
Alpenflora  der  Schweiz  und  des  Ortlergebietes  in  Bezug  auf 
ihre  Bestäubungseinrichtungen  und  stellte  fest,  was  für 
Wk  Insektenarten  als  Besucher  ihrer  Blüten  auftreten.  Später  haben. 
mehrere  andere  Forscher  zahlreiche  weitere  Beobachtungen: 
gemacht,  die  sich  namentlich  auf  die  Tiroler  Alpen  beziehen. 
Hingegen    liegen   aus  dem  ganzen  Gebiete  der  weiter  östlich 

I gelegenen  Bergketten  nur  äußerst  wenige  einschlägige  Unter- 
suchungen vor. 
Die  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien  bewilligte 
mir  im  Jahre  1913  aus  den  Erträgnissen  des  Scholz-Legates 
eine  Subvention  für  blütenbiologische  .Studien  in  den  Ost- 
alpen. Durch  den  1914  ausgebrochenen  Weltkrieg  wurde  das 
Reisen  derart  erschwert,  daß  ich  meine  Absicht,  an  irgend 
einer  hochgelegenen  Station  längeren  Aufenthalt  zu  nehmen, 
aufgab  und  mich  auf  einzelne  kürzere  Ausflüge  in  das  Alpen- 
gebiet beschränkte.  Auf  diesen  Ausflügen  achtete  ich  nament- 
lich auf  solche  Alpenpflanzen,  über  deren  Bestäubungs- 
verhältnisse in  der  Literatur  keine  oder  nur  spärliche  Angaben? 


1  H.  Müller,   Alpenblumen,  ihre  Befruchtung  durch  Insekten  und  ihn 
-Anpassungen  an  dieselben.  Leipzig   1881. 


29()  K.  Fritsch, 

ZU  linden  waren.  Außerdem  beobachtete  ich  den  Insekten- 
besuch auch  auf  vielen  anderen  Pflanzenarten. 

In  der  vorUegenden  Abhandlung  teile  ich  die  Ergebnisse 
meiner  Untersuchungen  von  zehn  Alpenpflanzen  in  syste- 
matischer Reihenfolge  mit.  Von  diesen  sammelte  ich  neun  Arten 
im  Lande  Salzburg  und  zwar  sechs  im  Anlauftal  bei  Gastein 
und  drei  im  Salzkammergut.  Die  zehnte  Art  {Eiyngiiun  alpiniuu 
L.)  untersuchte  ich  an  kultivierten  Exemplaren  im  botanischen 
Garten  der  Universität  Graz. 

vSoweit  ich  auf  den  untersuchten  Pflanzenarten  Insekten- 
besuch feststellen  konnte,  teile  ich  die  bemerkten  Insekten- 
arten hier  mit.  Alle  Beobachtungen  über  Besucher  der  Blüten 
anderer  Pflanzenarten,  auch  jene,  die  ich  auf  den  erwähnten 
Ausflügen  an  Alpenpflanzen  machte,  werde  ich  später 
veröffentlichen. 

In  Bezug  auf  die  Nomenklatur  der  Insekten  habe  ich 
mich  in  der  Regel  nach  den  \\'erken  \'on  Staudinger- 
Rebel  (Lepidopteren),  Dalla  Torre  (Hymenopteren),  Hayden, 
Reitter  und  Weise  (Coleopteren)  und  Schiner  (Dipteren) 
gerichtet  und  die  Autornamen  in  den  meisten  Fällen  weg- 
gelassen. Für  die  Bestimmung  einiger  mir  zweifelhafter 
Insekten  habe  ich  den  Herren  Kustos  A.  Handlirsch, 
Dr.  A.  Meixner  und  Prof.  Dr.  A.  Penecke  bestens  zu 
danken. 

Auf  der  betreffenden  Pflanze  in  größerer  Anzahl  ange- 
troffene Insektenarten  sind  mit  *  bezeichnet. 

Die  Reihenfolge  und  Nomenklatur  der  Pflanzenarten 
richtet  sich  nach  der  zweiten  Auflage  meiner  »Exkursions- 
flora für  Österreich«. 

I.  HpHosperma  quadrifidum  (L.)  Rchb. 

In  dem  bekannten  >^ Handbuch  der  Blütenbiologie«  von 
P.  Knuth  sind  die  Carypphj^liaw^een  auf  den  p.  153  bis  2C»4 
behandelt.  Dort  fehlt  die  Gattung  Heliospcrnia  ganz,  ebenso 
auch  in  den  Veröffentlichungen  von  11.  Müller.  Von  den 
zwei  in  den  Ostalpen  so  häufigen  Arten  sammelte  ich  die 
eine  oben  genannte  bei  Kreuzstein  am  Mondsee  am  28.  August 


lilütonbicjlogisclie   Untcrsuchuni^eii.  297 

1913,  um  ihre  Blüteneinrichtungen  zu  studieren.  Es  stellte 
sich  heraus,  daß  diese  viel  Übereinstimmung  zeigen  mit  jenen 
zweier  habituell  sehr  ähnlicher  Caryophyllaceen ,  welche 
H.  Müller^  untersucht  hatte,  nämlich  Silene  rupestris  L. 
und  GypsopJiila  repeits  L.  Ich  werde  daher  bei  der  folgenden 
Beschreibung  auf  den  Vergleich  mit  diesen  beiden  Arten 
besonderes  Gewicht  legen. 

Die  Blüten  von  Hcliospcrma  qtiadrifnhmt  sind  sehr  klein 
und  zart  und  stehen  auf  dünnen  .Stielen.  .Sie  fallen  nur  da- 
durch einigermaßen  in  die  Augen,  daß  die  ganze  Pflanze  ein 
rasiges  Wachstum  hat  und  daher  ziemlich  viele  Blüten  nahe 
beieinander  stehen.  Übrigens  ist  die  Größe  der  Blüten  ver- 
änderlich. An  dem  .Standorte  bei  Kreuzstein  am  Ufer  des  Mond- 
sees, wo  die  Pflanze  an  der  Nordseite  des  .Schafbergstockes  bis 
zur  Seehöhe  von  490  ni  herabsteigt,  fand  ich  zwischen  den 
gewöhnlichen  kleinblütigen  Exemplaren  auch  solche  mit  etwas 
größeren  Blüten,  deren  Petalen  erheblich  breiter  waren,  wo- 
durch sie  einigermaßen  an  das  im  dortigen  Gebiete  fehlende 
Heliosperma  alpestre  (Jacq.j  Rchb.  erinnerten.  (Die  Blüten 
der  letztgenannten  Art  sind  allerdings  noch  beträchtlich 
größer.)  Bei  den  erwähnten  großblütigen  Exemplaren  schließen 
die  Petalen  seitlich  aneinander,  während  sie  sonst  Zwischen- 
räum.e  zwischen  sich  lassen.  In  Bezug  auf  die  Ausbildung 
der  Sexualorgane  fand  ich  keinen  Unterschied  zwischen  den 
kleinblütigen  und  den  relativ  großblütigen  Stücken  der  Art. 
Übrigens  schwankte  der  Durchmesser  der  Blüten  nur  zwischen 
6  und  7  1U1U.  Eine  Form  mit  beträchtlich  größeren  Blüten  und 
noch  breiteren  Petalen,  die  zudem  durch  hellrosenrote  Färbung 
auffallen,  kommt  namentlich  im  Bereiche  der  Hohen  Tauern 
nicht  selten  vor.  Sie  wurde  seinerzeit  als  Silciic  pndibunda 
Hoffman nse gg  beschrieben.  In  ihrer  Diagnose-  wird  das 
Merkmal  »petalis  invicem  incumbentibus«  besonders  hervor- 
gehoben. Mir  liegen  besonders  instruktive  Exemplare  dieser 
Form  vor,  welche  Dolenz  auf  der  »Kramser  Käser  im  Giittal 
bei    Heiligenblut,    1900  ///«    gesammelt    hat.    Die    Pflanze    ist 


1  Alpenblumen    p.    liU    bis    194. 

2  In  i^eic  henbach,  Flora  germanica  6xcursoria.  p.   817. 


"298  K.  Klitsch, 

kräftiger  und  höher  als  das  gewöhnliche  Heliospenna  quadri- 
fuiuni,  die  Blüten  haben  einen  Durchmesser  von  ungefähr 
1  etil  und  ihre  Kelchzipfel  sind  schön  violettpurpurn  gefärbt. 
Übrigens  ist  diese  auffallende  Form  durch  Zwischenformen 
mit  dem  Typus  der  Art  verknüpft.^ 

Heliospenna  qiiadrißdnrn  gehört  zu  jenen  Silenoideen, 
welche  durch  Ausscheidung  eines  klebrigen  Sekretes  an  den 
oberen  Stengelteilen  gegen  aufkriechende  Insekten  geschützt 
sind.  Übrigens  ist  dieser  Schutz  bei  unserer  Art  viel  schwächer 
ausgeprägt  als  bei  den  gewöhnlich  als  Schulbeispiele  genannten 
Arten  von  vSilene  und  Viscaria,  ja  auch  schwächer  als  bei 
dem  nahe  verwandten  Heliospenna  alpestre.  Bei  den  von 
mir  am  Mondsee  .gesammelten  Stücken  war  die  Klebrigkeit 
fast  ganz  unmerklich,  während  sie  an  anderen  Standorten 
oft  \"iel  deutlicher  in  Erscheinung  tritt.  Herbarexemplare  aus 
dem  Brunngraben  bei  Gußwerk  in  Obersteiermark  (gesammelt 
von  Klamme rth)  zeigen  einen  schon  in  der  vegetativen 
Region  aulfallend  klebrig-en  Stengel.  In  anderen  Fällen  ist 
auch  der  Kelch  deutlich  klebrig,  so  z.  B.  bei  Stücken,  welche 
Dolenz  am  Polinik  in  der  Kreuzeckgruppe  in  Kärnten  in 
1900;//  Seehöhe  sammelte.  Andere  Formen  nähern  sich  durch 
Bekleidung  der  Stengel  oder  auch  der  Blätter  und  Kelche 
mit  Drüsen  und  Wollhaaren  dem  T^'-pus  des  Heliospenna 
■eriophonan  Juratzka.  Diese  Formen,  wie  sie  z.  B.  von 
Dalla  Torre  und  Sarnthein-  als  var.  villosnm  Gelmi  und 
var.  nwnaelwnun  (\'is.  et  Pancic)  angeführt  werden,  be- 
dürfen übrigens  noch  der  systematischen  Klärung.-'  Das  in 
allen  Teilen  schmierig-zottige  Heliospenna  erioplionun  selbst 
ist  jedenfalls  vortrefflich  gegen  aufkriechende  Insekten  ge- 
schützt. Ich  glaube  nicht,  daß  es  irgend  einem  kleineren 
Insekt    gelingen    dürfte,    bis  zu  den  Blüten  hinaufzukriechen! 


i  Zu  diesen  Zwischeiiformen  scheint  auch  Heliospenna  quadrifidum 
'var.  rillt larc  (Hausni.)  Dalla  Torre  et  Sarnth.  zu  gehören  (Fl.  von 
Tirol,  VI..  2,  p.   193). 

-'  Flora  von  Tirol,  VI.,  2,  p.   104. 

*5  Man  vergleiche:  Neilreich,  Die  Vegetationsverhältnisse  von  Croatien, 
-p.  208  und  209;  Beck,  Flora  von  Südbosnien,  p.  87;  -Maly  in  Glasnik 
,Mus.  bosn.  herceg.  XV.,  p.  561. 


Blütenbiologische  l'ntei suchungen.  299 

"Hingegen  hat  das  typische  Heliospenna  qiiaJrißJuin  meist 
nur  einige  Wimpern  an  den  Rändern  der  Blätter  (gegen  den 
•etwas  verwachsenen  Grund  zu)  und  ab  und  zu  zerstreute 
Härchen  am  Stengel,  die  oft  ganz  fehlen,  an  den  oben 
erwähnten  Stücken  aus  Gußwerk  aber  an  den  unteren  Inter- 
nodien  reichlicher  auftreten.  Als  Hindernisse  für  aufkriechende 
Insekten  kommen  diese  Härchen  wohl  nicht  in  Betracht. 
Erheblich  stärker  behaart  ist  Heliosperina  alpestre,  was  damit 
;zusammenhängen  dürfte,  daß  diese  Art  relativ  trockenere 
Standorte  bewohnt.  Gypsophila  repcns  und  Silene  rupestris 
•sind  aber  ganz  kahl  (letztere  etwas  bereift). 

Die  hellgrünen  Kelche  haben  an  ihren  abgerundeten 
:Zipfeln  weiße  oder  etwas  gerötete  Hautränder.  An  dem 
^Material  vom  Mondsee  beobachtete  ich,  daß  diese  Hautränder 
sich  nach  dem  \'erblühen  meist  ganz  violett  färben.  Auch 
•an  Herbarexemplaren  aus  anderen  Gebieten  (z.  B.  vom 
Luschariberg  in  Kärnten,  gesammelt  von  Dolenz)  konnte  ich 
dies  beobachten,  während  mir  Exemplare  aus  dem  Gebiete 
•der  Tiroler  Dolomiten  vorliegen,  bei  welchen  diese  Verfärbung 
nicht  eingetreten  war.  Daß  bei  Hcliosperma  piidibundiim 
'(Hoffgg.)  Griseb.  meist  die  ganzen  Kelchzipfel  violett- 
purpurn gefärbt  sind,  wurde  schon  oben  erwähnt. 

Der  Speziesname  »quadrificlci«,  der  von  Linne  über- 
nommen ist,^  bezieht  sich  bekanntlich  auf  die  sehr  charak- 
teristischen vier  Zähne  am  Rande  jedes  Petalums.  Auch  die 
Gipfel  der  Nebenkrone  sind  vierspaltig  und  wiederholen  so 
mgefähr  die  Gestalt  der  Petalenplatte.  Bei  der  ähnlichen 
yilene  rupestris  sind  die  Fetalen  durch  eine  Ausrandung 
sweilappig  und  die  Zipfel  der  Nebenkrone  zweispaltig.''^  Da 
he  Nebenkrone  aufgerichtet  ist,  verlängert  sie  gewisser- 
[maßen  die  vom  Kelch  gebildete  Röhre  und  bildet  zugleich 
;in  Hindernis  für  kleine  Insekten,  die  etwa  von  den  Petalen- 
[^platten  aus  in  das  hmere  der  Blüte  eindringen  wollten.  Ein 
solches  Eindringen   von  der  Seite  her  wäre  daher  nur  durch 


1   Ciictthahis  qtiadiißdiis  Linne,    Species    plantarum    ed.    1,   p.  41,1    mit 
1er  Diagnose:   >Cucubalus  caule  6\c\\oiomo,  pelalis  qnadrifidis<. 

-  Sehr   gut   abgebildet   bei    H.  Müller,   Alpenblumen,  p.    193,   Kig.   77. 


300  .   K.   Fritsch. 

die  schmalen  Spalten  möglich,  welche  die  Fetalen  gewöhnlich 
zwischen  sich  lassen;  aber  gerade  dort  stellt  sich  stets  ein 
Filament  in  den  Weg! 

Die  stäubenden  Antheren  ragen  beträchtlich  über  die 
Zipfel  der  Nebenkrone  hervor,  über  die  Platten  der  Fetalen 
natürlich  noch  mehr,  da  die  letzteren  horizontal  ausgebreitet 
sind.  Die  Antheren  öffnen  sich  nach  innen  und  zwar  zu  sehr 
ungleicher  Zeit,  wie  das  schon  für  viele  andere  Carj^o- 
phyllaceen  bekannt  ist.  ^  In  manchen  Fällen  sind  alle  fünf 
episepalen  Staubblätter  gleichzeitig  reif,  während  die  fünf 
epipetalen  noch  im  Schlünde  der  Blüte  verborgen  sind;  in 
anderen  Fällen  fand  ich  nur  zwei  oder  drei  der  episepalen 
Staubblätter  reif  und  die  anderen  von  ungleicher  Länge.  Der 
Vorgang  entspricht  sehr  gut  der  Abbildung,  welche  H.  Müller 
a.  a.  O.  von  Silene  rtipestris  gibt  (Fig.  77  Ä).  Zuletzt  biegen 
sich  die  Filamente  etwas  nach  einwärts,  was  nach  H.  Müller 
bei  Silene  rupesiris  und  Gypsoplnla  repens  offenbar  nicht  der 
Fall  ist. 

Die  drei  Griffel  fand  ich  schon  im  männlichen  Stadium 
der  Blüte  divergierend,  aber  im  Schlünde  der  Blüte  ver- 
borgen. Später  wachsen  sie  heran  und  nehmen  im  weiblichen 
Stadium  der  Blüte  mit  ihren  einwärts  gekrümmten  Spitzen 
genau  die  Stelle  der  Antheren  ein  (vgl.  H,  Müller,  a.  a.  O., 
F'ig.  77  C  und  D  für  Silene  rupesiris).  Die  Narbenpapillen 
sind,  wie  bei  vielen  anderen  Silenoideen,  sehr  auffällig 
sichtbar. 

Die  Kleinheit  der  Blüten  des  Hcliospcruni  qiidJrißduui 
und  die  in  der  Regel  rein  weiße  Färbung  ihrer  Fetalen  weisen 
auf  kleine  Insekten  als  Bestäuber  hin.  H.  Müller  hat  an 
Silene  riipestris  einen  Dasytes,  sieben  Arten  von  Dipteren, 
zwei  Hymenopteren  und  sechs  Lepidopteren  beobachtet,  unter 
den  letzteren  vier  Tagfalter.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit 
ijypsophila  repens,  für  welche  H.  Müller  14  Dipterenarten, 
zwei  Bombusarten  und  fünf  Lepidopteren  angibt.  Der  Besucher- 
kreis des  Heliospernia  qiiadrifidtun  dürfte  ein  ähnlicher  sein, 


1    Z.   B.    für   Dicinlliiis    leitest inus   Rchb.    (vgl.    meine    Darstellung    in 
diesen  Sitzungsber.,  Bd.    122  [1913],  p.  .'>03  und  Tafel   I). 


I 


l^lütcnbioloi^ische  rntersucluini^L-n  301 

muß  aber  erst  durch  weitere  Beobachtungen  festgestellt 
werden.  Ich  selbst  fand  am  9.  Juli  1905  am  Schöckel  bei 
Graz  in  den  Blüten  dieser  Pflanze  ein  dunkel  gefärbtes 
Aiitliobiiiin  (nach  dem  Habitus  wohl  ,4.  ßorale).  Bei  Scharf- 
ling am  Mondsee  beobachtete  ich  als  Besucher  am  11.  August 
1914:  Tineiden,  kleine  Dipteren  und  Thysanopteren.  Unter  den 
Dipteren  konnten  Enipis  Jepioinorion  Bezzi  'f  und  Emjns 
pscudomalleola  Strobl  cT  festgestellt  werden.  Die  Thysanopteren 
bestimmte  mir  Herr  Dr.  H.  Priesner  (Urfahr)  als  PJiysotvips 
viiliiaiissimiis  cT  9  mit  dem  Bemerken,  daß  das  Männchen 
bisher  nicht  bekannt  gewesen  sei.  Als  Bestäuber  kommen 
die  Thysanopteren  hier  wohl  kaum  in  Betracht. 

Es  wäre  interessant  zu  untersuchen,  ob  der  Insekten- 
besuch bei  dem  oben  erwähnten  HeUosperma  piidibiinduin 
ein  reichlicherer  ist  als  bei  der  gewöhnlichen  Form  unserer 
Art.  Die  größeren,  einander  mit  den  Rändern  deckenden 
Petalen,  die  zudem  noch  hellrosa  gefärbt  sind,  weisen  auf 
eine  etwas  höhere  blütenbiologische  Organisation  hin;  man 
könnte  vielleicht  mehr  Schmetterlinge  als  Besucher  er- 
warten. 

Nach  dem  Verblühen  vertrocknen  die  Petalen,  ohne  ab- 
zufallen. Die  junge  Kapsel  ragt  nur  wenig  aus  dem  Kelche 
heraus,  so  daß  sie  durch  diesen  gegen  äußere  Einflüsse 
geschützt  ist.  Die  meisten  Blüten  liefern  gut  entwickelte 
Kapseln  mit  zahlreichen  Samen. 

IL  Aconitum  tauricum  Wulf. 

ÄcoiiHnui  iidpeUiis  L.  ist  ein  altes  Schulbeispiel  für  die 
spezielle  Anpassung  von  Blüten  an  Hummeln.^  Die  einzelnen 
Formen,  in  welche  diese  Linne'sche  Sammelart  zerfällt,  sind 
indessen  keiner  speziellen  Untersuchung  in  blütenbiologischer 
Hinsicht  unterzogen  worden.  Am  11.  August  1913  hatte  ich 
Gelegenheit,  im  Anlauftal  bei  Gastein  am  Weg  zur  Radeck- 
alpe in  größerer  Menge  Aconitum  tauricum  Wulf,  zu  beob- 
achten. Der  Blütenbau  stimmt  selbstverständlich  mit  dem  von 


1    Die    einschlügige   Literatur    tindcl    man    in    Knuth's    »?1andbuch    der 
Blütenbiologie«   IL,    1,  p.   49  ft'.   \erzeichni.t  und   \er\vertet. 


■302  K.  Fritsch. 

Aconitinn  uupcUus  in  allen  wesentlichen  Punkten  überein. 
Indessen  wäre  erst  festzustellen,  was  für  eine  Form  H.  Müller^ 
als  »,4.  napellus«  beschrieben  hat!  Da  seine  Abbildung  nach 
^iner  beim  Berninahaus  in  der  Schweiz  gesammelten  Pflanze 
hergestellt  ist  und  auch  seine  Insektenbeobachtungen  an 
schweizerischen  Standorten  gemacht  wurden,  dürften  sich 
seine  Angaben  —  wenn  ich  die  von  Gaj^er-  vorgenommene 
^Gruppierung  annehme  —  auf  Acoiiiiutu  compacfiini  Rchb. 
beziehen,  welches  ja  ebenso  wie  unser  Aconitum  tauricnrn 
eine  Hochalpenform  ist  und  gewissermaßen  die  letztere  Art 
in  den  Schweizer  Alpen  vertritt. 

H.  Müller  hat  die  Blüten  der  Aconitit in- Arten  morpho- 
logisch nicht  richtig  beschrieben.  Er  spricht  von  vier  Kelch- 
tilättern,  zwei  oberen,  die  zu  einem  »Helm«  verwachsen  sind 
und  zwei  unteren  freien,  sowie  von  vier  Blumenblättern, 
•deren  oberes  Paar  zu  »Saftmaschinen«  umge.staltet  sei.  Nach 
der  allgemeinen  —  auch  schon  lange  vor.  H.  Müller 
üblichen  —  Auffassung  gehören  alle  fünf  petaloiden  Organe 
«inem  Perianth kreis  an,  den  man  als  Kelch  oder  als  Perigon 
bezeichnen  kann,  je  nachdem  man  die  »Honigblätter«  als 
Kronblätter  deutet  oder  nicht. ^ 

Ist  bei  H.  Müller  sonach  nur  die  Deutung  der  Blüten- 
1eile  unrichtig,  so  stellt  Knuth'^  die  Tatsachen  auf  den 
Kopfl  Schon  bei  der  allgemeinen  Charakteristik  der  Gattung 
Aconitum  heißt  es:  »Die  großen,  blauen,  violetten,  bunt- 
gescheckten  oder  lebhaft  gelben^  Kelchblätter  dienen  im 
Verein  mit  den  kleineren  Kronblättern  als  Anlockungsmittel«. 
Wenn  hier  unter  »Anlockungsmitteln«  der  Schauapparat 
-der  Blüte  gemeint  ist,  so  muß  darauf  hingewiesen  werden, 
-daß  die  Honigblätter  von  außen  gar  nicht  sichtbar  sind,  da 
sie    bekanntlich    im    Helm    verborgen    liegen.    Knuth    meint 


1  Alpenblumen,  p.    137  bis   139. 

2  Vorarbeiten  7ai  einer  Monographie  der  europäisclien  Acoiii /tun- Avt<:n. 
Magyar  botanikai  lapok   1*909. 

•'■  Man    vergleiche    Prantl    in    den     >XatürI.   Pfianzenfamilien-.    III.,   2, 
p.  49  und  üO. 

■1  Handbuch  der  Blütenbiologie,  IL,   1.  p.  49  ff. 

iJ  Aconiliiiii-Avtcn  mit  lebhaft  gelben  Blüten  kenne  ich  nicht I 


Ijüitcnbiülogischc  rntcrsuchungen.  303 

-aber  hier  unter  den  »Kronblättern«  offenbar  überhaupt  nicht 
■die  Honigblätter,  sondern  wieder  die  seitlichen  Sepalen,  wie 
H.  Müller.  Bei  der  speziellen  Besprechung  der  Aconitum 
napcJlns  spricht  er  von  einem  oberen,  großen  Kelchblatt 
(Helm)  und  von  drei  (!)  unteren  kleineren  Kelchblättern, 
dann  aber  noch  von  »den  beiden  unteren  Kronblättern«,  wo- 
nach also  der  Schauapparat  aus  sechs  Blattorganen  be- 
-stünde!  Diese  merkwürdige  Darstellung  scheint  durch  kritik- 
loses, aber  auch  ungenaues  Abschreiben  aus  H.  Müller  ent- 
-standen  zu  sein;  denn  H.  Müller  spricht  gleichfalls  von  vier 
Kelchblättern,  aber  er  nimmt  an,  daß  zwei  derselben  den 
>^Helm«  bilden.  Solche  Fehler  in  Handbüchern,  aus  w^elchen 
zahlreiche  populäre  Darstellungen  geschöpft  werden,  sind 
sehr  bedauerlich!^ 

Unter  den  Exemplaren  des  Aconitum  tauricuni,  welche 
ich  im  Anlauftal  sammelte,  befanden  sich  auch  solche,  deren 
Traubenspindel  und  Blütenstiele  eine  deutliche  Behaarung 
aufwiesen.  Ich  erwähne  das,  weil  die  Kahlheit  dieser  Teile 
gewöhnlich  als  wichtigster  Unterschied  gegenüber  Aconitum 
^lapeUus  angeführt  wird.''  Es  w'iwQ  durchaus  unnatürlich,  die 
nebeneinander  wachsenden  Exemplare,  die  sonst  ganz  gleiches 
-Aussehen  haben,  wegen  dieses  Merkmals  verschiedenen  Arten 
.zuzurechnen.  Ich  schließe  mich  in  dieser  Hinsicht  der  Auf- 
fassung von  Gay  er'"  an.  Charakteristisch  für  Aconitum 
■  tauficuni  ist  jedoch  der  gedrungene  Habitus,  der  mit  der 
beträchtlichen  Seehöhe,  in  der  diese  Art  gewöhnlich  wächst, 
in  bestem  Einklänge  steht.  Die  Pflanze  ist  verhältnismäßig 
niedrig  und  der  Blütenstand,  dessen  einzelne  Blüten  dicht 
aneinander  grenzen,  folgt  unmittelbar  über  dem  gleichfalls 
dicht  angeordneten  Blattwerk.  Nur  an  einigen  Exemplaren, 
•die  tiefer  unten  im  Tale  standen,  fand  ich  eine  mehr  lockere, 
-an  das  gewöhnliche  Aconitum  »napellusi^  erinnernde  In- 
floreszenz. 


1  Als  Gegenstück  cnvähnc  ich  die  ganz  korrekte  Darstellung  in  dein 
ibekannten  Werke  von  0.  Kirchner,   Blumen  und  Insekten,  p.  250  ft". 

-  So    auch   in   meiner   E.xkursionstlora  für  Österreich,    2.  Aufl.,  p.   238. 

•■  A.  a.  0.  p  144  ff.  —  \'gl.  auch  Hayek,  Flora  von  .Steiermark,  I., 
■,p.  424. 


804  K.   K ritsch, 

H.  Müller  beschreibt  die  Blütentrauben  des  Acunitiun 
>'nüpclliis«  als  100  bis  200  ;;//;/  lang  und  etwa  20  ;///;/  breit; 
bei  Aconitiiiii  tanriciini  fand  ich  sie  meist  nur  70  bis  90  ww 
lang,  dafür  aber  35  bis  40  mm  breit.  Diese  Differenz  steht 
im  besten  Einklänge  mit  der  oben  ausgesprochenen  \'er- 
mutung,  daß  sich  Müller's  Angaben  axii  Aconiiuni  cninpiuiiini 
beziehen  dürften.  Denn  dieses  hat  nach  Gayer^  eine  schmale^ 
10  bis  25  cm  lange  Traube  und  unterscheidet  ■  sich  von 
Aconitum  tcuiriciim  unter  anderen  Merkmalen  auch  durch 
die  schmälere  Traube.  —  Am  unteren  Ende  der  Infloreszenz 
finden  sich  manchmal  kleine  Seitenästchen,  welche  mehrere 
kleine  Knospen  tragen.  Diese  kommen  wahrscheinlich  nur 
ausnahmsweise  zur  Entwicklung. 

Die  Farbe  der  Blüten  ist  ein  dunkles  Blauviolett.  H.  Müller 
nennt  sie  bei  seinem  Aconitum  napeltus  ^tiefblau«,  woraus- 
ich  aber  keinen  Unterschied  konstruieren  möchte.  Die  Honig- 
blätter sind  ganz  violett,  nur  an  der  äußersten  Basis  ihres 
stielförmigen  Teiles  weiß.  Die  Spitze  der  »Kapuze«  ist  fast 
schwarz,  die  aufgebogene  Innenfläche  weißlich.  Das  Innere 
der  »Kapuze«  ist  aber  einfarbig  violett  und  nicht  »grünlich«,, 
wie  nach  H.  Müller  bei  Aconitum  y>nüpeltus«.  Die  Filamente 
sind  dunkelviolett,  die  Antheren  fast  schwarz,  der  Pollen 
jedoch  gelblichweiß.  Die  drei  grünen  Karpiden  endigen  in. 
schwarzblaue  Narben. 

Die  ausgeprägte  Proterandrie  der  Aconitum-Avten  war 
schon  Sprengel-  bekannt.  Es  ist  in  der  Tat  für  jeden  auf- 
merksamen Beobachter  sehr  auffallend,  daß  am  Anfange  der 
Anthese  immer  einige  der  Pollen  darbietenden  Antheren  in' 
der  Mitte  der  Blüte  stehen,  während  zuletzt  die  drei  Narben 
denselben  Platz  einnehmen.  Diesen  Vorgang  und  seine  Kon- 
sequenzen für  die  Bestäubung  hat  H.  Müller  a.  a.  O.  so- 
trefflich  geschildert,  daß  ich  nichts  hinzuzufügen  wüßte. 

Daß  die  legitimen  Bestäuber  der  .4t'o«/Y/a;/-Arten  Hummeln 
sind,    ist    schon    lange    bekannt.    Es    sei   hier   namentlich   auf 


1  A.  a.  0.,  p.    ir>3  und   l.")4. 

-  Das  entdeckte  Geheimnis,  p.  279. 


IJlütenbiologische   Untersuchungen.  30o 

<lie  bekannte  Abhandlung  von  Kronfeld^  hingewiesen,  in 
Avelcher  ungefähr  ein  Dutzend  von  Bombns-Arten  als  »eutrope« 
Besucher  der  Aconitiun-Blüten  verzeichnet  werden,  allerdings 
auch  solche,  die,  wie  z.  B.  Bonibiis  uiastrncatns,  den  Honig 
durch  Anbeißen  des  Perianthiums  zu  gewinnen  pflegen.  Am 
11.  August  lftl3  traf  ich  im  Anlauftale  nur  eine  ßi^nibiis- 
Art  auf  Acoiiifuin  iauricnni  saugend,  diese  aber  in  großer 
Anzahl:  Boinbns  uiendax  ^.  Sonst  waren  in  den  Blüten 
noch  zu  finden:  Fonuica  fnsca  y,  verschiedene  Dipteren 
(darunter  Museiden  und  zwei  Bibio  pomonac  9),  endlich  an 
manchen  Stellen  zahh^eiche  Exemplare  \'on  Ant/iopJni,i:iis 
alpinns. 

Bouibiis  lucndax  ist  schon  von  mehreren  Forschern  als 
Besucher  der  Blüten  von  Aconit  um  >'napeUtis«  (im  weiteren 
Sinne)  beobachtet  worden.-  Knuth  führt  ihn  in  seinem 
»systematisch  -  alphabetischen  \'erzeichnis«  der  >- blumen- 
besuchenden Tierarten«  irrtümlich  als  dystropen  Besucher 
an,-'  offenbar  deshalb,  weil  bei  Kronfeld  das  Männchen 
dieser  Art  (nach  Hoff  er)  als  »Einbrecher«  angeführt  wird. 
Die  Arbeiter  des  Bouibiis  uiendax  kriechen  aber,  wie  ich 
mich  selbst  überzeugte,  stets  in  die  Blüten  hinein,  um  zu 
saugen.  Sie  können  das  sehr  leicht,  weil  sie  meist  nicht 
.groß  sind. 

Ohne  an  der  zweifellos  feststehenden  Tatsache,  daß 
Hummeln  die  normalen  Bestäuber  der  ,-l(.-o;//7/n//-Blüten  sind, 
rütteln  zu  wollen,  möchte  ich  nur  kurz  darauf  hinweisen, 
daß  ohne  Zweifel  nebenher  auch  andere  Insekten  die  Be- 
stäubung besorgen  können,  wie  z.  B.  die  oben  erwähnten 
Dipteren,  namentlich  wenn  sie  so  groß  sind,  wie  Bibio 
pouiouüc. 

III.  Eryngiuni  alpinum   L. 

(ierne  hätte  ich  auch  die  Blüteneinrichtungen  dieser 
schönen  Pflanze  an  einem  ihrer  natürlichen  Standorte  studiert. 


1  L'ber  die  biologischen  Verhältnisse  der  AconUnin-hKxit.  Botan.  Jalu'- 
büclicr  von  Engler,  Bd.  XI,  p.    1   bis  20,   Tat".   I. 

-  .So  von  H.  Müller,  Frej^-G  essner,  Handlirseh  und  Hof  Ter 
(nach   Kront'eld   a.   a.   O."). 

3  Knuth,   Handbuch   IL,  2,  p.   017. 


SOG  K.   F  ritsch. 

Da  dies  aber  während  der  Kriegszeit  unmöglich  war,  unter- 
suchte ich  im  Juni  1915  die  im  Grazer  botanischen  Garten 
kultivierten  Exemplare  und  beobachtete  auch  dort  die  als 
Besucher  auftretenden  Insekten. 

Während  über  Erynginni  niarifiinitin  L.  und  über 
Eryngiuui  caiitpestre  L.  ausführlichere  blütenbiologische  Unter- 
suchungen vorliegen,  wußte Knuth^  über Etyngiiim  alpinnm'L. 
nur  mitzuteilen,  daß  sich  dessen  Hüllblätter  nach  Christ: 
mit  Sonnenaufgang  öffnen  und  mit  Sonnenuntergang  schließen.. 
Hingegen  hat  Kirchner-  im  botanischen  Garten  zu  Hohen- 
heim  Gelegenheit  gehabt,  die  Blüteneinrichtungen  von  Eryngimu 
dlpiniitn  zu  untersuchen.  Die  folgenden  Zeilen  sollen  die- 
von  Kirchner  gemachten  Mitteilungen  in  einigen  Punkten 
ergänzen. 

Eiyugiuni  ulpiniini  ist  bekanntlich  eine  sehr  auffällige- 
Ptlanze.  Die  Auffälligkeit  wird  einerseits  durch  den  hohen 
Wuchs,  andrerseits  aber  ganz  besonders  durch  die  großen 
Hüllblätter  bedingt,  welche  ebenso  wie  die  Stengel  mehr  oder 
weniger  stahlblau  überlaufen  sind.  Betrachtet  man  diese- 
HüUblätter  näher,  so  sieht  man,  daß  ihre  zahlreichen  zer- 
schlitzten Blätter  sehr  dicht  angeordnet  sind  und  geradezu, 
starren  von  dornigen  Spitzen.  Man  sollte  glauben,  daß  diese 
Hüllblätter  ein  ganz  ausgezeichnetes  Schutzmittel  der  Blüten 
gegen  aufkriechende  Insekten  wären.  Da  aber  nun  auf  den 
Blüten  zahlreiche  Ameisen  herumkriechen  —  so  ist  es 
wenigstens  im  botanischen  Garten  in  Graz'^  —  so  werden- 
wenigstens  diese  durch  die  Hüllblätter  nicht  abgehalten,, 
die  Blüten  zu  erreichen.  Man  könnte  deshalb  die  Hüll- 
blätter in  erster  Linie  als  Schutzmittel  der  Blütenstände 
gegen  pflanzenfressende  Säugetiere  auffassen.  Ob  die  ohne- 
dies selbst  durch  viele  Dornspitzen  geschützten  Blüten  ohne 
diesen  Schutz  der  Hüllblätter  wirklich  von  Säugetieren  ge- 
fressen würden,  müßte  erst  experimentell  festgestellt  werden.. 


^  Handbuch  der  Blütenbiologie,   II.,    1,   p.  4C9  bis  472. 
-  Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  zu  Württemberg- 
LVII.,  p.  36  und  37  (1901). 

•'  Kirchner  machte  in  Hohenheim  dieselbe  Beobachtung. 


Hüitenbiologischc   Untersuchungen.  30/ 

Der  Umstand,  daß  die  äußersten,  kurzen  Zipfel  der  Hülle 
fast  vertikal  nach  abwärts  gerichtet  sind,  spricht  wohl  mehr 
für  die  Funktion,  aufkriechende  Tiere,  z.  B.  Schnecken,  ab- 
zuhalten. Um  nicht  mißverstanden  zu  werden,  möchte  ich 
bei  dieser  Gelegenheit  betonen,  daß  ich  keineswegs  der 
Meinung  bin,  jede  morphologische  Eigentümlichkeit  eines- 
Organismus  müßte  unbedingt  einen  speziellen  -Zweck« 
haben.  Gleichwohl  bietet  das  Nachdenken  über  die  Funktionen^ 
auffallender  Gestaltungen  viel  Interessantes,  namentlich  aber 
Anregung  zu  experimenteller  Prüfung. 

Die  fünfkantigen  Blütenknospen  sind  von  den  fünf 
gerade  vorgestreckten  Spitzen  der  Kelchblätter  und  von  den 
frühzeitig  entwickelten  Griffeln  überragt.  Kerne r^  beobachtete 
diese  letztere  Eigentümlichkeit  bei  Ervnginin- Arten  und 
schloß  daraus  auf  Proterogynie.  In  der  Tat  sind  aber  die 
bisher  untersuchten  Arten  der  Gattung  Eryngiiim  in  Überein- 
stimmung mit  den  meisten  anderen  Umbelliferen-  ausgeprägt 
proterandrisch.  Kirchner  gibt  das  a.  a.  O.  auch  schoi> 
für  Eryngium  alpiniun  an.  In  Ergänzung  seiner  Angaben 
kann  ich  die  folgenden  Beobachtungen  mitteilen: 

Der  scheinbar  weibliche  Zustand  dauert  eine  Reihe- 
von  Tagen.  Man  findet  oft  Blütenstände,  deren  sämtliche 
Blüten  noch  geschlossen  sind,  aber  von  den  Griffeln  über- 
ragt werden.  Dann  beginnen  die  untersten  Blüten  (ent- 
sprechend der  Aufblühfolge  botry tischer  Blütenstände)  ihre 
Staubblätter  herauszustrecken,  welche  nun  sofort  die  Griffel 
überragen.  Vorher  waren  die  Filamente,  wie  überhaupt  bei 
den  Umbelliferen,  nach  innen  eingebogen;  ihre  grünlichen 
Kniee  sind  schon  in  jungen  Knospen  zwischen  den  Petalerfc. 
sichtbar. 

Nicht  uninteressant  sind  die  Färbungen  der  Blüten- 
teile in  den  verschiedenen  Stadien  ihrer  Entwicklung.  An 
der  Knospe   fand   ich   den   verdeckten  Teil  des  Kelches   hell- 


1  Pflanzenleben,  1.  Aufl.,  II.  Bd.,  p.  310  und  321,  2.  Aufl..  II.  Bd... 
p.  284  und  295.  Eine  damit  in  Widerspruch  stehende  Stelle  der  1.  Auflage 
(II.  Bd.,  p.  277)  ist  in  der  2.  Auflage  gestrichen. 

■-'  Man  vergleiche  Knuth,  Handbuch  II.,   1.  p.  400,  461    und  471. 


308  K.  Fritsch, 

grün,  den  oberen  Teil  dunkler  grün  und  dabei  mehr  oder 
weniger  stahlblau  überlaufen.  Stahlblau  sind  insbesondere  die 
vorragenden  Grannenspitzen  und  die  Ränder  der  Kelchblätter. 
Auch  die  beiden  Griffel,  welche  anfangs  weißlichgrün  sind, 
Jaufen  immer  mehr  und  mehr  stahlblau  an,  namentlich  gegen 
ihre  Spitze  zu.  Die  Kronblätter,  welche  auch  zur  Zeit  des 
Aufspringens  der  Antheren  immer  noch  nach  innen  einge- 
knickt sind,  also  ihre  Knospenlage  lange  beibehalten,  sind 
weißlich  mit  grünem  Mittelnerv  und  nur  an  der  dem  Lichte 
ausgesetzten  Stelle  oft  etwas  stahlblau  angelaufen.  Die 
Filamente  laufen  nach  oben  zu  mehr  oder  weniger  stahlblau 
an,  sobald  sie  sich  ausstrecken.  Auch  die  Antheren  sind 
stahlblau;  nach  ihrem  Aufspringen  bilden  ihre  Wände  einen 
stahlblauen  Rahmen  um  die  sehr  reichlichen,  gelblichweißen 
Pollenmassen.  Deutlich  ist  die  Abhängigkeit  der  Antho- 
kyanbildung  von  der  Belichtung  zu  beobachten,  da 
stets  nur  solche  Teile,  die  dem  Lichte  ausgesetzt  sind,  die 
stahlblaue  Färbung  aufweisen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  der  stahlblauen  Kelch- 
blattränder ergab  das  interessante  Resultat,  daß  die  Zellen 
dort  einen  schvvarzblauen  Farbstoff  in  Form  von  Körnchen 
enthalten.  Diese  Körnchen  sind  zu  Klumpen  oder  Gruppen 
von  verschiedener  Gestalt  vereinigt.  Setzt  man  dem  Präparat 
Wasser  zu,  so  lösen  sich  diese  Klumpen  auf  und  die  Zellen 
■erscheinen  dann  gleichmäßig  violett  tingiert.  In  der  Epidermis 
■des  Stengels  und  der  Hüllblätter  fand  ich  das  Anthokyan 
überall  im  Zellsaft  gelöst.  In  den  häutigen  Kelchblatträndern 
findet  offenbar  ein  Austrocknungsprozeß  statt,  der  zum  Heraus- 
fällen des  im  Zellsaft  löslichen  Farbstoffes  führt.  Ich  habe  in 
■der  bekannten  Arbeit  von  Molisch^  »über  amorphes  und 
kiistallisiertes  Anthokj^an«  nachgesehen,  aber  dort  die  Gattung 
Eryngiiun  nicht  erwähnt  gefunden. 

Die  Hüllblätter  sind  an  der  Oberseite  ganz  oder  doch 
größtenteils  stahlblau  überlaufen;  in  letzterem  Falle  besitzen 
sie  schmale  grüne  Streifen  zwischen  den  Nerven.  An  der 
Unterseite  der  Hüllblätter    sind    nur   die  Nerven,  der  schmale 


1   Botan.  Zeitung  LXIII  (lOo.')),   p.    Uw  ff. 


Blütenhiologische   rntcrsuchungen.  SÖV 

'Kiuid  lind  die  Domspitzen  blau,  die  dazwischen  liegenden 
Flächen  aber  grün.  Blaue  Nerven  und  Randdomen  linden  sich 
^uch  an  den  obersten  Stengelblättern.  Bemerkt  sei  noch,  daß 
die  Oberseite  der  Hüllblätter  zahlreiche  Spaltöfthungen  auf- 
weist und  daß  ihre  Epidermis  sehr  schöne,  radial  aus- 
strahlende Kutikularstreifen  zeigt. 

Der  gesamte  Aufbau  der  Blüten  ist  sehr  ähnlich  jenem 
von  Eiyiiginni  campestre  L.,  welchen  H.  Müller*  untersucht 
hat.  Beide  Arten  haben  die  auffallend  vorstehenden  Grannen- 
spitzen  der  Kelchblätter,  von  welchen  schon  oben  die  Rede 
war.  Bei  Eryiigiiim  cainpeslrc  ragen  nach  H.  Müller  »die 
ebenfalls  starren,  steifgrannigen  Blütendeckblätter«  »noch  weiter 
hervor«.  Bei  Eryngiiun  alpinuui  überragen  diese  die  Kelch- 
blätter manchmal  überhaupt  nicht,  jedenfalls  aber  nur  so 
wenig,  daß  sie  leicht  übersehen  werden  können.  Die  Spitzen 
und  der  Mittelnerv  der  Deckblätter  sind  stahlblau  über- 
laufen. 

Die  Antheren  sind  versatil,  nämlich  quer  auf  die  Spitze 
des  Filamentes  gestellt,  wie  bei  Erynginui  cainpesfre  nach 
der  oben  zitierten  Abbildung  von  H.  Müller.  Die  leichte 
Beweglichkeit  der  Antheren  bewirkt,  daß  das  besuchende 
Insekt  um  so  sicherer  mit  Pollen  beladen  wird.  —  Die  von 
H.  Müller  in  Fig.  32,  3  abgebildete  »von  einem  zehnlappigen, 
von  winzigen  anliegenden  Borsten  rauhen  Walle  umschlossene 
Vertiefung  von  fünfeckig-rundlichem  Umrisse,«  welche  den 
Honig  ausscheidet,  ist  auch  bei  Eiyugiiiiit  aJpiuuiu  zu  beob- 
achten. Jedoch  sind  die  den  imterständigen  Fruchtknoten 
{beziehungsweise  ^  das  Receptaculum)  außen  bekleidenden 
Schuppen  bei  Eryngiiun  alpimiiii  viel  spärlicher  und  weniger 
auffällig  als  bei  Eiyngiuin  cainpesfre  nach  den  Fig.  32,  1,  2 
und  3  bei  H.  Müller.  Die  obersten  dieser  Borsten  haben 
violette  Spitzen,   da  diese  dem  Lichte  ausgesetzt  sind. 

Als  Besucher  der  Blüten  von  Erynginm  alpiunni  beob- 
achtete Kirchner  in  Hohenheim  außer  den  schon  oben 
erwähnten  Ameisen  auch  Hummeln.    Im  botanischen  Garten 


1  Die  Befruchtung   der  Blumen  durch  Insekten  p.  98  bis  99.     Nament- 
hch  instruktiv  ist  die  dort  gegebene  Abbildung  (Fig.   32). 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd.  22 


810  K.   Fritsch, 

in  Graz  achtete  ich  im  Sommer  1915  während  der  i^anzen 
Blütezeit  der  Pflanzen  (Mitte  Juni  bis  ges^en  Mitte  Juli)  auf 
die  sie  besuchenden  Insekten,  ohne  eine  Hummel  unter  ihnen 
wahrzunehmen.  Hingegen  war  die  Honigbiene  stets  in 
Menge  vorhanden  und  saugte  eifrig  an  den  einzelnen  BRiten 
(neben  der  gewöhnlichen  Apis  nteUifera  auch  Apis  Jignsficcf). 
Ab  und  zu  waren  auch  kleinere  Apiden  und  Thysanopteren 
zu  beobachten. 

IV.  Heracleum  austriacum  L. 

Die  Dolden  des  HeracJcuui  sjilioudylinin  L.  sind  als 
Tummelplatz  aller  möglichen  Insekten  bekannt.^  Hingegen 
habe  ich  in  der  blütenbiologischen  Literatur  vergebens  nach 
irgend  einer  Angabe  über  unser  subalpines  Heracleum 
anstriacinn  gesucht.  Bei  K'reuzstein  am  Mondsee,  wo  ich,. 
wie  oben  berichtet  wurde,  am  28.  August  1913  Heliosperina 
quadrifulinn  sammelte,  war  auch  Heracleum  austriacnin  zu 
finden.  Ich  benutzte  die  Gelegenheit,  mir  auch  diese  Pflanze 
in  Bezug  auf  ihre  Bestäubungsverhältnisse  näher  anzusehen. 

Die  Blütenstände  sind  jenen  des  Heracleum  splionJylium 
ähnlich,  jedoch  zarter  gebaut.  Die  Farbe  der  Blüten  ist  in 
den  meisten  Fällen  weiß;  manchmal  sind  nur  die  rand- 
ständigen vergrößerten  Petalen,  manchmal  aber  auch  alle  der 
ganzen  Dolde  mehr  oder  weniger  rosenrot  überlaufen.  Niemals, 
ist  aber  dieses  Rot  so  intensiv  wie  bei  dem  nahe  verwandten 
Heracleum  siifoUum  (Scop.)  Rchb.   der    südlichen  Kalkalpen, 

Sehr  bedeutend  ist  der  Unterschied  in  der  Größe  der 
Blüten,  da  ja  bekanntlich  die  Randblüten  »strahlend«  sind.. 
Der  Durchmesser  der  Blüten  schwankt  zwischen  8  mui  und 
\2inin,  wobei  zu  bemerken  ist,  daß  zwischen  diesen  Extremen 
alle  Übergänge  vorhanden  sind.  Es  sind  nämlich  nicht  nur 
an  den  randständigen,  sondern  auch  an  den  mittleren  Döldchen 
die  randständigen  Blüten  ausgesprochen  z3'gomorph,  und 
ferner   auch   an    den    randständigen  Döldchen   die  nach  innen 


1  Die  Liste  der  besuchenden  Insekten  umfaßt  in  Knutii's  »Handbuch« 
vier  Druckseiten  (IL,  1,  p.  496  bis  499),  ist  aber  einer  fast  unbegrenzten 
Erweiterung  fähig. 


IJliitenhiologisclie  Uiitersucliungen.  oll 

gerichteten  Kandblüten  erheblich  weniger  vergrößert  als  die 
äußeren.  An  den  äußeren  Randblüten  der  peripheren  Döldchen 
ist  die  Zygomorphie  stets  sehr  auffallend;  die  nach  außen 
gerichteten  Fetalen  werden  hier  bis  zu  10  nun  lang.  Alle 
Fetalen  erscheinen,  wie  bei  sämtlichen  Arten  der  Gattung,  zwei- 
spaltig mit  eingeschlagenem  Endläppchen.  Bei  den  Randblüten 
ist  dieses  Endläppchen  besonders  deutlich  entwickelt  und 
immer  aus  breiter  Basis  in  eine  feine,  haarföi'mige,  einwärts 
gekrümmte  Spitze  ausgezogen.  Die  großen  Fetalen  der  Rand- 
blüten sind  sehr  tief  gespalten,  so  daß  die  beiden  Abschnitte 
eine  Länge  von  5  bis  7  mm  erreichen. 

Als  Hindernisse  für  auf  kriechende  Insekten  könnten 
allenfalls  gedeutet  werden:  die  kurze,  borstige  Behaarung  des 
Stengels,^  der  Doldenstrahlen,  der  Blütenstiele  und  des 
Receptaculums;  die  langen  und  schmalen,  nach  unten  ge- 
richteten Blätter  der  Hüllchen,  zu  denen  manchmal  noch 
einzelne  der  »Hülle«  kommen.  Die  fünf  sehr  deutlichen,  drei- 
eckigen Kelchblätter  stehen  natürlich  in  den  von  den  Fetalen 
freigelassenen  Zwischenräumen. 

Jedes  Döldchen  enthält  zwittrige  und  männliche  Bluter/ 
und  zwar  so  verteilt,  daß  in  der  Regel  die  randständigen 
Blüten  zwittrig,  die  meisten  mittleren  männlich  sind.  Ich  habe 
in  einigen  beliebig  herausgegriffenen  Eällen  Zählungen  vor- 
genommen, welche  folgendes  Ergebnis  lieferten:  Dolde  I- 
Döldchen  1  (randständig):  9^  und  ungefähr  20  o"  Blüten. 
Döldchen  2  (randständig):  10^,  20  0".  Döldchen  3  (rand- 
ständig): 8^,  22  cf.  Döldchen  4  (aus  der  Mitte;:  1  ^,  12  i'. 
Döldchen  5  (aus  der  Mitte):  5^,  16  cf.  Döldchen  6  (aus  der 
Mittej:  5?^,  14  cf.  Dolde  II.  Döldchen  1  (randständig):  18^^, 
10  cf.  Döldchen  2  (randständig):  18  8,  16  cT.  Döldchen  3- 
(randständig):  16  H,  13  cf.  Döldchen  4  (aus  der  Mitte):  89',. 
lief.  Döldchen  5  (aus  der  Mitte):  8^,  13  ö''.  Döldchen  G 
(aus  der  Mitte):  II'-],  lief.  Diese  Zählungen  wurden,  da  an 
jungen  Blüten  der  Fruchtknoten  noch  sehr  klein  und  die 
Griffel  unentwickelt  sind,  an  verblühenden  Dolden  ausgeführt. 
Hierbei     kann     der    l-'ehler    unterlaufen    sein,    daß  manchmal 


1  Sie  ist  manchmal   sehr  schwach! 


312  K.   Fritscli, 

fehlgeschlagene  Zwitterblüten  als  männliche  gezählt  wurden. 
Es  ist  also  die  wirkliche  Zahl  der  Zwitterblüten  vielleicht 
etwas  größer  gewesen,  als  oben  angegeben  ist. 

Die  Filamente  sind,  wie  sonst  bei  den  Umbelliferen 
überhaupt,  in  der  Knospe  nach  einwärts  gebogen  und  biegen 
sich  dann  —  eines  nach  dem  anderen  —  nacii  auswärts. 
Zur  Zeit  der  vollen  Blüte  divergieren  sie  erheblich.  Zu- 
letzt legen  sie  sich  horizontal  ziu'ück.  Die  geschlossenen 
Antheren  sind  grün,  die  geötfneten  schwärzlich.  Die  Pro- 
terandrie  ist  eine  annähernd  vollkommene;  die  dixcrgierenden 
Griffeläste  sind  hauptsächlich  an  solchen  Blüten  zu  sehen, 
deren  Pelalen  schon  dem  Abfallen  nahe  sind. 

Der  Kreis  der  Blütenbesucher  setzt  sich,  wie  bei  den 
meisten  Umbelliferen,  aus  Vertretern  verschiedener  Insekten- 
ordnungen zusammen.  Ich  beobachtete: 

am  20.  August  lOOS  im  Endstal  bei  Berchtesgaden: 
Ar^vniiis  Palcs; 

am  22.  Juli  1010  bei  Kreuzstein  am  Mondsee:  Coleoptera: 
Auouctulcs  fiilvicoUis  o',  Lcpliira  maciüafa;  Diptera:  Tahaiuis 
^'ruecns  F.  var.  dpi'icns  Meig.  9,  Sv!'j?luis  ^i:;hntciiis,  Syrj->/i!is 
pyrastri  9,  Museiden; 

am  28.  August  1913  bei  Kreuzstein  am  Mondsee: 
Hymenoptera:  i'orw/VtZ ///5<.-c7  r' ,  Lcptotliorax  iuhenwi  F.  b' ; 
Coleoptera:  Diisyfcs  plnmlwus,  Epin\icci  Jc/ircssci,  MeJigctlws 
üciieiis:  Diptera:  TacliVilroniia  sp.,  Hcrcostomns  sp.,  Syrphus 
haJleatiis  o^,  Syrphus  ciiictus  o\  Syi-plnts  lapponiciis  Zett., 
PoIIcuid  citrauiciitLUid  9,  Dryincia  Jidniala  o\  Scdtoplu^d 
stcvcordvia  9,  *Sdproinyzd  iliffoniiis  Low,  PJmrd  crdssicojiiis 
Meig.,  Diloplius  vulgaris  0^9,  TdcJiistd  calcduca  Meig.; 
Hemiptera:  *Lygns  pahuJiuus  \..\ 

am  11.  AugList  1914  bei  Scharfling  am  Mondsee:  Lepi- 
doptera:  Pieris  Rdpdc  9;  Hymenoptera:  Formiciden, 
Ichneumoniden,  Allautus  arcudius  9;  Coleoptera:  Dasytcs 
jiluuibcus,  *Äuoucodcs  fulvicoUis  0^9,  Lcpturd  acihiops  9, 
*Lepturd  dubia  o',  Lcpturd  iiidculdtd,  Lcpturd  iiictduura  9, 
Leptura  rubra  cT;  Diptera:  Liaucalus  vircns  9,  Oieilosid 
vdi'iabilis  cT,  Melauostoiini  lucttiiui  o,  Syrj^lius  bditcdtus, 
Syrplius    cinctcllus    o^,    Syrplins    ribcsii    o,     Syrplius    vi  tri- 


Blüteiibiologische   Untersuchungen.  olo 

paniis  j,  Mclithrcpliis  luciilhastri  ^,  Splicgiini  nigra  Meig., 
Voliicella  peJhiccus  cf,  Aricia  vagaus  d^?,  Aiülioinyiii  sp.  cT, 
Sciura  luorio    9;  Hemiptera; 

am  20.  August  1914  bei  St.  Gilgen  am  Abersee: 
Hymenoptera:  Halictits  cilbipcs  cf,  HaJictus  cahratus  9^ 
Vespa  silvcsfn's  8,  Formiciden;  Coleoptera:  Auoucodcs 
fnlvicollis  9,  Lcptura  luaculala,  Lcptui-a  rubra  ';  Diptera: 
(Jlirysogastcr  solstitialis  F&.\\  9,  Clicilosia  pigra  d"  ^ .  Melaiio- 
sfoiiia  scaJare  F.  cf,  Erislalis  pcrtiiiax  cT,  HelophUiis  florais  cf 
(saugend),  Myohia  feiiestraia,  Sarcophaga  carnaria,  Ouesia 
sepiilcraJis  d,  Aricia  vagaus  9,  Sepsis  cyuipsea;  Hemiptera: 
Calocoris  ajfiuis  u.  a.  m. 

V.  Euphrasia  versicolor  Kern. 

Im  Jalire  1888  hielt  A.  v.  Kerner  in  der  zoologisch- 
botanischen Gesellschaft  in  Wien  einen  Vortrag  i^iber  die 
Bestäubungseinrichtungen  der  Euphrasieen.^  In  diesem  Vortrag 
beschrieb  er  ausführlich  den  Blütenbau  von  Kuplirasia  Rost- 
l'oviaua  Hayne  und  Euphrasia  minima  Schleich.  \^on 
Euphrasia  versicolor  Kern,  sagt  er  dort  nur,  daß  sie  sich 
an  Euphrasia  Rosflwviaua  anschließe.  Auch  in  Wettstein's 
»Monographie  der  Gattung  Euplirasia«  ist  ('p.  31)  Euphrasia 
versicolor  lediglich  unter  den  »Arten  mit  großen  Blüten« 
verzeichnet,  aber  nicht  speziell  vom  blütenbiologischen  Stand- 
punkt aus  beschrieben. 

Ich  sammelte  Euplirasia  versicolor  am  11.  August  1918 
im  Anlauftale  bei  Gastein,  nahm  die  frischen  Exemplare  in 
meine  Sommerfrische  nach  Gnigi  bei  Salzburg  mit  und 
verglich  sie  am  13.  August  mit  frischen  Stücken  der  Euplirasia 
Rosikoviaua,  die  ich  am  12.  August  bei  Barsch  nächst 
Salzburg  gesammelt  hatte.  Ich  fand  die  für  die  Bestäubung 
wichtigeren  Einrichtungen  bei  beiden  Arten  vollkommen 
gleich,  so  daß  eine  nähere  Beschreibung  überflüssig  ist. 

Der  auffallendste  Unterschied  zwischen  den  beiden  Arten 
ist  bekanntlich  der,  daß  Euphrasia  Rostkoviaua  wenigstens 
an    den    Deckblättern    mit    Drüsenhaaren    besetzt   ist,    welche 


1  Verhandlungen  der  k.   k.  zoologisch-botanischen  Gesellschaft  in  Wien 
XXXVIII  (1888),   Sitzungsber.  p.  2 1 ,   Abhandlungen   p.   r,63  bis  '-60,  Tat".  XIV. 


"j14  K.   Fritsch, 

bei  Eiiphrasia  vcrsicolor  fehlen.  Ich  bin  der  Meinung,  daß 
dieses  Merkmal  in  blütenbiologischer  Hinsicht  bedeutungslos 
ist.i  Die  Zähne  der  Deckblätter  sind  etwas  mehr  vorgezogen 
als  bei  Euphrasia  Rostkoviana;  aber  auch  dieses  Merkmal 
steht    wohl    in    keinem  Zusammenhang    mit   der  Bestäubung. 

Die  Färbung  der  Blumenkrone  ist  bei  beiden  Arten 
gleich,  nur  ihre  Dimensionen  sind  bei  Euplirasia  versicolor 
etwas  geringer.  Der  röhrige  Teil  der  Blumenkrone  ist  anfangs 
bei  Euphrasia  Roslkoviana  4  iuin,  hei  Euplirasia  versicolor 
nur  3  nun  lang.  Die  Länge  der  Unterlippe  beträgt  bei 
Euphrasia  Rostkoviana  6  inni,  bei  Euphrasia  versicolor  nur 
5  nini.  So  war  es  wenigstens  an  den  von  mir  gesammelten 
Exemplaren;  nach  Wettstein-  bestünde  kein  Unterschied 
in  der  Blütengröße  zwischen  diesen  beiden  Arten.  Der  gelbe 
Fleck  und  die  violetten  Streifen  sind  bei  beiden  Arten  in 
derselben  Weise  entwickelt.  Auch  die  stärkere  violette  Tönung 
■der  Oberlippe  vor  deni  Verblühen  haben  beide  Arten  gemein- 
sam. Die  Filamente  sind  bei  Euplirasia  versicolor  entweder 
alle  vier  \\q\[^  oder  die  zwei  oberen  sind  schwarzviolett 
überlaufen;  bei  Euphrasia  Rostkoviana  fand  ich  manchmal 
alle  vier  schwarz\iolett  gefärbt.  Die  Antheren  sind  bei  beiden 
Arten  fast  schwarz,  deren  Anhängsel  aber  weiß. 

Unter  den  Blüten  der  Euphrasia  versicolor  \'on  dem 
genannten  Standorte  befand  sich  auch  eine  abnorme  (neben 
zwei  normalen  an  demselben  Stengel).  Die  Unterlippe  der 
Blumenkrune  bestand  bei  dieser  Blüte  aus  vier  (statt  drei) 
zweiteiligen  Zipfeln.  Der  gelbe  Schlundfleck,  welcher  sonst 
auf  den  mittleren  Zipfel  beschränkt  ist,  erstreckte  sich  über 
beide  mittleren  Zipfel.  In  allen  übrigen  Teilen  war  auch 
.diese  Blüte  normal. 

VI.  Campanula  Scheuchzeri  Vill. 

Die  ausgezeichnete  Darstellung,  welche  H.  Müller"  von 
dem    Blütenbau    der    Gattung    Campanula    gab,    gilt   ja    der 


1  Man    vergleiche    übci"    die    mutmaClieJic    Funktion     der    Drüseniiaai-e 
Wett stein  a.  a.  O.  p.  30  und  31. 

2  Monograpliie  p.    183  und  209. 
i>  Alpenhlumen   p.  401    und  402. 


iJlütciiMolot^ische   l'ntcrsuchungcn.  olo 

Hauptsache  nach  für  alle  Arten.  Jedoch  ist  die  Überein- 
stimmung doch  keine  so  \ollkommene,  wie  spätere  Unter- 
suchungen gezeigt  haben.  Schon  Kirchner^  wies  darauf  hin, 
dal.)  H.  Müller  »etwas  zu  weit«  ging,  wenn  er  meinte,  es 
genüge,  nur  eine  Art  ausführlich  zu  beschreiben.  Kirchner 
unterscheidet  (a.  a.  O.  p.  214  und  215)  eine  ganze  Anzahl 
von  ('aiiijhniiihi-Typen  nach  der  Gestalt  und  der  Lage  der 
Blumenkrone,  dem  Blütenstand  usw.  Caiiipanuhi  Sclicuclr^cri, 
über  die  H.  Müller  (von  der  Besucherliste  abgesehen)  nur 
sechs  Zeilen  geschrieben  hatte  (a.  a.  0.  p.  403),  bringt 
Kirchner  mit  ihren  X'erwandten  {Cainpaunla  roliinJifoIia, 
pusilld,  cdcspHosa,  caniica)  in  eine  Gruppe,  welche  durch 
den  nach  abwärts  gerichteten,  offenen  Blüteneingang,  traubigen 
Blütenstand,  glockige  Blumenkrone  von  mittlerer  Größe  und 
geraden  Griftel  mit  drei  Narbenästen  charakterisiert  ist.  Auf 
die  Darstellung  von  Kirchner  stützt  sich  hauptsächlich 
Knuth  in  seinem   »Handbuch  der  Blütenbiologie <•<.'' 

Im  Jahre  1904  erschien  eine  interessante  Abhandlung 
von  Kjellman,-'  beziehungsweise  die  Wiedergabe  eines 
A'ortrages,  den  der  genannte  Forscher  im  Oktober  1903  in 
Upsala  gehalten  hatte.  Kjellman  hatte  Campaiinla  persici- 
folia,  frdc/ic/iiiiii,  rapuiiciiloiLlcs  und  roluudifolia  mit  Rücksicht 
auf  die  » Pollenexposition '<  untersucht  und  gefunden,  daß  sie 
sich  in  Bezug  auf  die  X'erteilung  der  Fegehaare  verschieden 
verhalten.  ( 'aiupautila  jicrsicifolia  trägt  Fegehaare  nur  an 
der  Außenseite  der  Griffeläste,  Campamda  traclielinin  und 
rdpuuciihndcs  nur  am  Griffelstamm,  Campdiiiild  rotnndifoJid 
sowohl  am  Stamm  wie  an  den  Ästen.  Letzteres  A'erhalten 
hatte  ja  schon  H.  Müller  für  die  verwandte  (\iJupduuLi 
»pusilld«   {:=  (\  coclilcdriifolid  Lam.)  abgebildet.^ 

1  Kircli  ner,  Die  Blüteneinrichtungen  der  Campanulaceen.  Jahreshefte 
des  X'ereins  für  vaterliindische  Naturkunde  zu  W'ürttemberg,  LIII.  p.  193 
bis   228     1897... 

^  Band  II,  Teil   2,  p.  4  ff . 

•■  Kjellman,  Om  pollen-expositionen  hos  ndgra  svenska  Campanula- 
arter.  Ijotaniska  Xotiser  1904,  p.  27  bis  35,  (Referate  im  Botan.  Centralblatt, 
Band  XCVI,  p.   290  und  im  Botan.  .Tahresbericht   1904,  IL,  p.  914). 

i  Alpenblumen,   p.   401,   Fig.    102 /A 


ol6  K.   F ritsch, 

Über  Caiupauiihi  ScJieiicJi^eri  ist  in  blütenbiologischer 
Hinsicht  meines  Wissens  außer  dem  wenigen,  was  H.  Müller 
und  Kirchner,  wie  oben  erwähnt  wurde,  mitgeteilt  haben,, 
nichts  weiter  bekannt  geworden.  Ich  hatte  am  11.  August  1913 
im  Anlauftale  bei  Gastein  Gelegenheit,  frisches  Material 
dieser  Art  zum  Zwecke  näherer  blütenbiologischer  Unter- 
suchung einzusammeln.  Die  Untersuchung  ergab,  wie  ich, 
der  eingehenden  Darstellung  ihrer  Resultate  vorgreifend, 
schon  jetzt  bemerken  will,  daß  sich  die  Art  dem  von 
Kj  eil  man  beschriebenen  Typus  der  ('auipauitld  roiiiudifolia 
anschließt,  was  ja  \'on  vornherein  zu  erwarten  war. 

Der  Bau  der  Blütenknospen  von  Caiupaiiula  Scheuchzeri 
weist  im  allgemeinen  jene  \'erhältnisse  auf,  welche  Fucskö^ 
für  die  Gattung  CaiiipuiuiUi  überhaupt  ausführlich  geschildert 
hat.  Die  Knospen  sind  sehr  scharf  fünfkantig  mit  grünen 
Kantenspitzen.  Nach  oben  zu  treten  fünf  kurze  Zwischen- 
kanten auf.  Öffnet  man  eine  Knospe  gewaltsam,  so  dringt, 
aus  den  Schnitträndern  reichlich  Milchsaft  hervor,  der  jeden- 
falls als  Schutzmittel  (z.  B.  gegen  Käfer  oder  Schnecken)  In 
Betracht  kommt.  (An  der  geöffneten  Blüte  ist  das  nicht  der 
Fall.)  Fast  das  ganze  Innere  der  Knospe  wird  von  den  fünf 
aufrecht  nebeneinanderstehenden,  blaß  grünlichgelben  Antheren 
au.sgefüllt,  welche  den  dicken  Griffel  umgeben.  Um  diese  Zeit 
sind  die  Fegehaare  des  Griffels  besonders  auffallend;  sie 
stehen  fast  horizontal  ab.  Der  Griffel  ist  um  diese  Zeit  grün; 
sein  kahler  Basalteil  ist  in  diesem  Stadium  nur  1  ///;//  lang, 
so  daß  der  Griffel  fast  bis  zum  Grunde  mit  Fegehaaren 
besetzt  erscheint.  Die  drei  Griffelschenkel  sind  aber  schon 
entwickelt;  sie  liegen  mit  ihren  Innenseiten  aneinander  und 
sind  an  ihrer  Außenseite  gleichfalls  —  mit  Ausnahme  der 
abstehenden  Spitzen    —   mit  Fegehaaren  bekleidet. 

Die  schmalen  Kelchzipfel  der  Canipauula  Scheuchzeri 
werden   meist   als   »aufrecht«   beschrieben.-    Bei  den  von  mir 


1   Fucsk  6,  Viragbiologiai  megfigj^elesek  &  Ciiiiipauiila  fajokon.  Botanikai 
Köziemcnyek,  X.  p.    108   'nis    124,  deutscher  Auszug  p.   (13)  bis  (18). 

-  Z.   B.   in   Haj-ek.    Flora  von   Steiermark,    11.   p.  433:    ^K'elchzipfel.  .  .. 

aufrecht,  seltener  abstehend.«^ 


lüütenbioldgisclie  Untersucliuiigcn.  31/ 

gesammelten  Stücken  waren  sie  schon  sehr  frühzeitig  ungefähr 
horizontal  abstehend,  dann  aber  (oft  schon  an  Knospen!) 
zurückgebogen,  wie  bei  (^'aiupanuki  liiüfolia  S  c  o  p.  Ihre 
Spitzen  sind  dann  nach  abwärts  und  innen  gerichtet,  so  daß 
die  ganzen  Kelchzipfel  ziemlich  genau  einen  Halbkreis  bilden. 
Die  Durchsicht  reichlichen  Herbarmaterials  hat  mir  gezeigt,. 
da(.)  diese  Herabkrümmung  der  Kelchzipfel  bei  Caiupauiihi 
Schciu-]i':cri  sehr  häutig,  aber  keineswegs  immer  vorkommt. 
Es  wird  weiter  untersucht  werden  müssen,  ob  man  vielleicht 
nach  diesem  Merkmal  Unterarten  unterscheiden  kann^  oder 
ob  es  direkt  von  den  Außenbedingungen  beeinflußt  wird.  Es- 
liegt  nahe,  die  zurückgebogenen  Kelchzipfel  als  Schutzmittel 
gegen  aufkriechende  oder  von  der  unrichtigen  Seite  an- 
fliegende Insekten  zu  deuten.  Jedoch  kommen  als  auf- 
kriechende Insekten  fast  nur  kleinere  Formen  in  Betracht 
(z.  B.  Ameisen),  die  ohne  Schwierigkeit  zwischen  den 
Kelchzipfeln  zur  Blüte  gelangen  können,  und  das  etwaige 
Anbeißen  der  Blumenkrone  von  der  Seite  wird  ebensowenig- 
behindert.  Ich  denke  also,  man  sollte  in  diesem  Falle  auf 
eine  derartige  Deutung  verzichten. 

Im  Anlauftal  wächst  Canipannla  Scliciiclizcri  häulig- 
zwischen  Cainpaiiula  barbafa  L.,  von  der  sie  natürlich  durch  den 
viel  dunkleren  Farbenton  ihrer  Blüten  sehr  auffallend  absticht.  Da 
beide  Arten  von  denselben  Hummeln  bestäubt  werden,-  dürfte 
dieser  Farbenkontrast  von  Bedeutung  sein.  Er  wird  zur  Folge 
haben,  daß  die  einzelnen  /io;//Z'//5-Individuen  in  der  Regel  bei 
derselben  CainpaiinUi-Avt  bleiben,  wodurch  selbstverständlich 
die  Bestäubung  viel  sicherer  erreicht  wird,  als  wenn  die 
beiden   ('ciiiipaintla- Arten  abwechselnd  beflogen  würden. 

Innen  ist  die  Färbung  der  Korolle  etwas  heller  als  außen,, 
aber  immer  noch  gesättigt  blau.  Auch  der  Griffel  ist  in  der 
entwickelten  Blüte  blau,  nur  die  Innenseite  seiner  Aste  ist 
grün.    An    dem    kahlen  Basalteile    des  Griffels    tritt  die  Blau- 


1  Z.  13.  die  von  liayek  a.  a.  0.  p.  455  beschriebene  C.  Scliciiclizcri 
Y  Vi/Iarsiijiiü,  der  ausdrücklich  »sepahi  lanceolato-linearia,  erecta<  zu- 
geschrichen  werden. 

-   \'yl.   H.   .M  Uli  er  a.   a.   0.   p.   403   bis  4'.i.-. 


518  K.  Fritsch, 

färbung  sehr  früh  auf,  während  der  von  den  Fegehaaren 
besetzte  Teil  länger  grün  bleibt,  beziehungsweise  durch  den 
anhaftenden  Pollen  ein  gelblichweißes  Aussehen  erhält.  Erst 
nach  dem  Vertrocknen  der  Fegehaare  tritt  auch  am  oberen 
Teile  des  Griffels  die  Blaufärbung  auf.  Die  Antheren  sind 
auch  in  geöffnetem  Zustande  blaßgelb;  die  Filamente  glänzen 
namentlich  an  ihren  verbreiterten  Basalteilen  silberweiß. 

Der  Griffel  von  Caiiipauuhi  Sclicuchzcri  bietet  ein  schönes 
Beispiel  interkalaren  Wachstums.^  Wie  schon  oben  erwähnt 
wurde,  ist  in  der  Knospe,  zu  einer  Zeit,  in  der  die  Fege- 
haare des  Griffels  schon  vollkommen  entwickelt  sind,  dessen 
kahler  Basalteil  nur  1  miu  lang.  Der  letztere  streckt  sich 
aber  dann  rasch  bis  auf  6  mni  Länge.  Der  ganze  Griffel  hat 
zuletzt  eine  Länge  von  15  inui.  Die  Fegehaare  erstrecken 
sich  von  der  Teilungsstelle  des  Griffels  noch  ungefähr  5  ////// 
weit  herab.  In  ähnlicher  Weise  erreichen  auch  die  Antheren 
viel  früher  ihre  normale  Länge  als  die  Filamente.  Diese 
Erscheinungen  sind  bei  den  Angiospermen  sehr  häufig;  sie 
erstrecken  sich  auch  auf  andere  Teile  der  Blüte.  So  bildet 
z.  B.  Günthart-  eine  Knospe  von  Rihes  inaluaccnni  Sm.  ab, 
die  alle  Perianthblätter,  Antheren  und  Griffelschenkel  schon 
weit  entwickelt  zeigt,  während  die  »Blütenröhre«,  die  Filamente 
und  der  Basalteil  des  Griffels  noch  unentwickelt  sind. 

Nach  dem  Verblühen  bleibt  die  Blumenkrone  stehen, 
verfärbt  sich  aber  zu  einem  unscheinbaren  l^räunlichweiß  und 
dreht  sich  in  einem  schmalen  Sack  zusammen,  wie  bei  den 
verwandten  Arten.  Die  Kelchzipfel  sind  jetzt  schräg  nach 
aufwärts  gerichtet.  —  In  einem  Falle  fand  ich  einen  über- 
zähligen (sechsten)  Kelchzipfel,  der  tiefer  unten  aus  der  Mitte 
des  Receptaculums  entsprang  und  zwar  direkt  unter  einem 
der  fünf  normalen  Kelchzipfel.  (Es  kann  sich  auch  um  ein 
an  das  Receptaculum  angewachsenes  Hochblatt  handeln, 
A\^elches  aber  genau  das  Aussehen  eines  Kelchzipfels  hat.) 


1  Vgl.  auch  Fucskü   a.   a.  O. 

-   Berichte     der    deutschen     hdtanischen     Gesellschaft,     Jalirgang    191ä, 
p.  87. 


BlütenhiolDgisclic   rntersucluingcn.  '61  J 

Über  Blütenbesucher  der  Cduipunuht  ScIicncJizevi  sind 
•wir  schon  durch  H.  Müller  (a.  a.  0.)  unterrichtet.  Es  sind 
vorwiegend  Arten  der  Gattung  Bonihiis. 

VII.  Solidago  alpestris  W.  K. 

Die  liestäubungsverhältnisse  unserer  gemeinen  SoliJago 
rirgii  iiiircd  L.  wurden  von  mehreren  Forschern  untersucht,^ 
während  ihre  Alpenfurm,  Solidago  alpestris  VV.  K.,  in  der  mir 
zugänglichen  blütenbiologischen  Literatur  nirgends  erwähnt 
wird.  Indessen  beziehen  sich  manche  Beobachtungen  über 
bestäubende  Insekten  zweifellos  auf  Solidago  alpestris,  die 
ja  häufig  von  Solidago  virga  aiirca  nicht  unterschieden  wird. 
Dies  gilt  namentlich  von  der  langen  Insektenliste,  welche 
H.  Müller    in    seinen   >^ Alpenblumen«   (p.  444  und  445)   gibt. 

Ich  sammelte  am  11.  August  1913  Solidago  alpestris  im 
Anlauftal  bei  Gastein  und  am  13.  August  1913  zum  Vergleiche 
Solidago  virga  aiirca  am  Fuße  des  Kuhberges  bei  Salzburg. 
Die  beiden  Pflanzen  stehen  sich  so  außerordentlich  nahe,  daß 
man  die  erstere  ganz  ungezwungen  als  die  Alpenform  der 
letzteren  auffassen  kann.  Es  sind  zunächst  nur  zwei  Unter- 
schiede auffallend:  Die  Infloreszenz  ist  bei  Solidago  alpestris 
vereinfacht  und  ihre  Köpfchen  sind  in  allen  ihren  4'eilen 
etwas  größer.  Beide  Merkmale  erklären  sich  direkt  durch  den 
alpinen  Standort  der  Pflanze.  Übrigens  variiert  Solidago  virga 
aitrea  in  der  Ausbildung  ihrer  Intloreszenz  sehr  bedeutend. 
Die  teich  verzweigten  Formen  sind  im  Habitus  der  Solidago 
alpestris  sehr  unähnlich;  die  schwach  verzweigten  kommen 
ihr  sehr  nahe.  Die  Farbe  der  Strahlblüten  ist  genau  dieselb'e; 
ihre  Zahl  fand  ich  aber  bei  Solidago  virga  aiirea  nur  zwischen 
5  und  8,  bei  Solidago  alpestris  jedoch  zwischen  8  und  1 1 
schwankend.  Hingegen  ist  die  Zahl  der  Scheibenblüten  un- 
gefähr dieselbe;  sie  schwankte  bei  den  mir  damals  vor- 
gelegenen Exemplaren  der  Solidago  virga  aurea  zwischen 
1-  und  19,  bei  jenen  der  Solidago  alj^estris  zwischen  11 
und    25.    Die    Länge    der    Hülle     des    blühenden    Köpfchens 


1   Vgl.   KiiLith,   Handbuch  IL,    1,   p.   501. 


320  K.  l" ritsch, 

beträgt  bei  Solidago  virga  aitrca  (3  //////,  bei  SoIiJago  alpcstris: 
7  /;////;    ihr    Durchmesser    bei    ersterer    3  //////,    bei    letzterer 

4  mm.  Die  Länge  des  abstehenden  Teiles  der  Strahlblüten 
(der  >  Zunge«)   fand   ich   bei   Solidago   virga   aiirea   zwischen 

5  und  8  //////  schwankend,  während  sie  bei  Solidago  alpesiiis 
stets  7  bis  8  mm  betrug.  Der  Durchmesser  der  »Scheibe« 
betrug  bei  Solidago  virga  aiirea  5  bis  7  //////,  bei  Solidago 
alpcsti-is  aber  7  bis   10 //////. 

Die  Spitzen  der  Hüllschuppen  stehen  bei  Solidago  virga 
aiirca  nur  wenig  ab,  während  sie  bei  Solidago  alpcstrisr 
länger  vorgezogen  und  namentlich  an  den  Knospen  ent- 
schieden zurückgebogcn  sind.  Man  könnte  letzteren  Bau  als- 
Schutzmittel  gegen  aufkriechende  Insekten  auffassen,  das  ber 
den  viel  zahlreicheren  Köpfchen  der  Solidago  virga  aiirea 
^veniger  nötig  wäre   —   ich  glaube  aber  nicht  daran! 

Ein  Unterschied  in  der  Färbung  der  Antheren,  der  mir 
auffiel,  hat  sich  bei  Durchsicht  anderer  Köpfchen  nicht  als 
konstant  erwiesen.  Ich  fand  nämlich  bei  Solidago  virga  aurca 
fünf  auffallende  braunviolette  Streifen  an  den  Kanten  der 
Antherenröhre,  die  bei  Solidago  alpcstris  meist  \iel  schwächer 
ausgeprägt  sind,  so  daß  die  Antherenröhre  bei  ihr  oft  ganz 
gelb  erscheint.  Letzteres  kommt  aber  auch  bei  Solidago  virga 
anrea  und  ersteres  bei  Solidago  alpcsfris  vor. 

Bestäubungsverhältnisse  und  Besucherkreis  sind  bei  beiden 
Formen  wohl  nicht  wesentlich  verschieden.  Ich  selbst  beob- 
achtete auf  Solidago  virga  aiirea  an  verschiedenen  Stand- 
orten zahlreiche  Insekten,  wie  ich  an  anderer  Stelle  mitteilen 
werde,  an  Solidago  alpesiris  jedoch  nur  auf  der  Schafberg- 
spitze im  Salzkammergut  am  15.  August  1905  Bombii^ 
terresfer    -^  . 

VIIL  Senecio  cacaliaster  Lam. 

Im  Anlauftal  bei  Gastein  wächst  massenhaft  Seuecio- 
Fuelisii  Gmel.,  der  ja  auch  sonst  in  den  Ostalpen  sehr  ver- 
breitet und  überall  häufig  ist.  Dazwischen  kommt  dort,  aber 
viel  seltener,  der  typische  vScnecio  cacaliasler  voi",  welcher 
durch  das  Fehlen  der  Strahlblütcn    und    durch    die    blaßgelbe 


l5lütenhii)l()L^isclic   L'ntersucluinf^en.  321 

Farbe  der  Köpfchen^  sofort  auffällt.  Außerdem  sind  ver- 
schiedene Zwischenformen,  die  vielleicht  hybriden  Ursprunges 
5iind,  dort  zu  linden:  Formen  mit  Strahlblüten  von  blaßgeiber 
Ivirbe,  welche  den  Eindruck  eines  Sciiecio  Lüculiastcr  mit 
Strahlblüten  machen,  dann  aber  auch  Pllanzen  mit  goldgelben 
Köpfchen  ohne  Strahlblüten,  welche  man  entweder  als  gold- 
gelbe Spielart  des  Senecio  tacaliastcr  oder  als  strahlblüten- 
lose  Exemplare  des  Senecio  Fuclisii  auffassen  könnte.'^  Da 
die  betreffende  Exkursion  blütenbiologischen  Zwecken  ge- 
widmet war,  habe  ich  diese  interessanten  \'()rkommnisse  nur 
notiert  und  nicht  näher  untersucht.  Dagegen  habe  ich  den 
t^'pi  sehen  Senecio  cacaliaster  in  Bezug  auf  seine  Bestäubungs- 
^"erhältnisse  untersucht;  nur  auf  ihn  bezieht  sich  die  folgende 
Darstellung. 

Die  blaßgelbe  Blütenfarbe  bewirkt,  daß  —  wenigstens  für 
das  menschliche  Auge  —  die  Blütenstände  des  Senecio 
cücüliüsfer  erheblich  weniger  auffällig  sind  als  jene  des 
daneben  wachsenden  Senecio  FncJisii.  Das  Fehlen  der  Strahl- 
blüten kommt  hiebei  natürlich  auch  in  Betracht,  aber  es  ist 
nicht  ausschlaggebend,  da  ja  zahlreiche  Köpfchen  dicht 
nebeneinander  stehen,  wie  das  H.  Müller^  für  »Senecio 
Jieniorensis  L.«  vortrefflich  beschrieben  hat.  Übrigens  duften 
die  Blüten  ziemlich  stark,  aber  nicht  gerade  angenehm. 

Als  Hindernisse  für  auf  kriechende  Insekten  könnten 
gedeutet  werden:  1.  die  laubblattartigen  Hochblätter,  welche 
die  Köpfchengruppen  umgeben;  2.  die  borsllich  -  linealen 
Schuppen  der  »Außenhülle«  jedes  Köpfchens,  welche  zum 
Teil  auf  die  Köpfchenstiele  herabgerückt  sind  und  mit  ihren 
einwärts  gekrümmten  Spitzen  oft  die  ganze  Hülle  (niemals 
aber  das  blühende  Köpfchen  selbst)  überragen;  3.  insbesondere 
die  dichte  drüsig-flaumige  Behaarung,  welche  die  Köpfchen- 
stiele, die  eben  erwähnten  Schuppen  der  Außenhülle  und  die 
Hüilschuppen    selbst    bekleidet.    An  diesen   für  den  typischen 


1    Wieder    ein    Beispiel    des    häufigen    Farbcnkontrastes    durcheinander 
"Wachsender  Arten  derselben  Gattung! 

-  Vgl.  auch   Houy,   Flora  de   France,   Vlil,   p.   324  und  325. 
3  Alpenhlumen,  p.  440. 


■V22  K.   Fritsch, 

Senecio  caculiastcr  charakteristischen  Drüsenhaaren  fand  ich- 
\iel  Pollen  kleben,  was  ich  ohne  Kommentar  berichte. 

Die  Schuppen  der  Außenhülle  und  die  Hüllschuppen 
selbst  sind  hellgrün;  letztere  haben  schwärzliche  Spitzen.^ 
Die  Hülle  ist  ungefähr  7  luiii  lang  und  wird  von  den  Blüten 
(einschheßlich  der  Sexualorgane)  um  weitere  7  ;///;/  über- 
ragt. Die  Blumenkrone  ist  gelblichweiß  und  hebt  sich  von 
dem  weißlichen  Pappus,  der  schon  zur  Zeit  der  Blüte  gut 
entwickelt  ist,  gar  nicht  ab.  Dagegen  ist  die  Antherenröhre 
gelbbraun  mit  dunkelbraunen  Kanten.  Der  Pollen  ist  goldgelb, 
der  Griffel  weißlich  mit  zitronengelben  Schenkeln. 

Die  Zahl  der  Blüten  eines  Köpfchens  beträgt  am 
häufigsten  12,  seltener  11  oder  18.  Jedoch  wären  bedeutend 
mehr  Zählungen  notwendig,  als  ich  vornahm,  um  die 
Variationsgrenzen  der  Blütenzahl  festzustellen.  Das  Aufblühen 
erfolgt  gesetzmäßig  von  außen  nach  innen.  Der  männliche 
Zustand  des  Köpfchens  dauert  nur  sehr  kurze  Zeit,  da  die 
zwei  (nicht  selten  auch  drei!)  Griffeläste  sehr  bald  ausein- 
andertreten. In  dieser  Beziehung  verhält  sich  die  Art  ebenso 
wie  Senecio  doronicum  L.^  Sehr  oft  findet  man  die  diver- 
gierenden Griffeläste  noch  mit  Pollen  bedeckt,  auch  an  ihren 
Spitzen. 

Ich  fand  auch  Exemplare,  welche  wegen  der  Blütenfarbe 
und  des  Fehlens  der  Strahlblüten  den  Eindruck  des  t3'pischen 
Senecio  cacaliaster  machten,  an  welchen  aber  die  drüsig- 
flaumige Behaarung  der  Köpfchenstiele  und  Hüllschuppen 
fast  ganz  fehlte  und  die  Zahl  der  Blüten  eines  Köpfchens 
fast  ausnahmslos  15  betrug.  Wahrscheinlich  waren  auch  diese 
hybride  Abkömmlinge  der  beiden  dort  durcheinanderwachsen- 
den Arten  Senecio  cacaliaster  und  Senecio  Fnchsii.  Mit  Rück- 
sicht auf  diese  und  die  schon  oben  erwähnten  Zwischen- 
formen, die  verschiedene  Merkmalskombinationen  aufweisen, 
wäre  eine  experimentelle  Untersuchung  darüber,  ob  diese 
Bastarde  nach  den  Mendel'schen  Gesetzen  spalten,  interessant. 


1  An  ganz  jungen  Köpfchen  sind  diese  Spitzen  sclnvarzviolett  und  über 
den  Blutenknospen  zusammenneigend. 

-  Nach  H.  Müller,  Alpenblumen  p.  439. 


Blütenhioloo-iscbc   l'ntersuchuntien. 


9,'>:^ 


Als  Blütenbesuclier  beobachtete  ich  am  11.  August  1913 
im  Anlauftale  bei  Gastein  einen  Schmetterling  {Larcutia 
Moutdiiata  9),  Formiciden  und  folgende  Arten  von  Dipteren: 
Rliamphouiyia  culicina  o^  * Empis  historlac  'S  o  ^  Eiiipis 
ijiravipcs  cf  9,  Syrplnis  biilfcdfus  S,  Bibio  pomoiiae  d'- 

IX.   Carduus  viridis  Kern. 

H.  Müller  beschreibt  in  seinen  »Alpenblumen«  (p.  418 
bis  422)  ausführlich  die  Bestäubungsverhältnisse  von  »Ccirduiis 
dcfloratus  L.«  und  fügt  eine  Liste  von  mehr  als  100  Insekten 
bei,  die  er  auf  dessen  Köpfchen  als  Besucher  beobachtete. 
Kerner^  trennte  von  dieser  Art  Cardutis  viridis  und  Carduus 
rliaeticns  ab,  welche  heute  allgemein,  wenn  auch  von  manchen 
Autoren  nur  als  Unterarten  oder  »Varietäten«  anerkannt, 
werden.  H.  Müller  hat  diese  Formen  begreiflicherweise  nicht 
auseinander  gehalten.  Da  die  wichtigsten  Unterschiede  zwischen 
ihnen  in  den  vegetativen  Organen  liegen,  so  kann  aus  der 
ausführlichen  Beschreibung  H.  Müller's  nicht  mit  voller 
Sicherheit  darauf  geschlossen  werden,  welche  Form  ihm  vor- 
gelegen ist.  Nur  die  Worte:  »dessen  Hülle  durch  stachelige, 
schräg  abstehende  Blätter  gegen  das  Aufkriechen  nutzloser 
Gäste  einigermaßen  geschützt  ist«  passen  am  besten  auf 
Carduus  rhaeticus  Kern.,  der  ja  auch  in  dem  von  H.  Müller 
besuchten  Gebiete  vorherrschen  dürfte.  Hievon  abgesehen,. 
paßt  seine  Beschreibung  nahezu  wörtlich  auch  auf  Carduus 
viridis  Kern.,  den  ich  zum  Zwecke  blütenbiologischer  Unter- 
suchung bei  Scharfling  am  Mondsee  am  11.  August  1914 
sammelte.  Ich  lasse  daher  in  der  nachfolgenden  Schilderung 
alles  weg,  was  schon  von  H.  Müller  festgestellt  wurde. 

Bekanntlich  ist  es  für  Carduus  viridis  charakteristisch^ 
daß  die  Hüllschuppen  des  Köpfchens  verhältnismäßig  weich 
und  krautig  sind,  sowie  daß  ihre  Spitzen  lang  vorgezogen 
sind.  Diese  abstehenden  Spitzen  wachsen  noch  während  der 
Anthese.  Ich  fand  sie  an  jungen  Köpfchen,  deren  Blüten- 
knospen   die  Hülle    noch    gar    nicht  überragten,    3  bis  4  mm 


1  Schedae    ad    tloram   exsiccatam   Austro-Hungaricam  I.,    p.   72  bis  77. 


^24  K'.   !•  ritsch. 

lang,  an  Köpfchen  im  männlichen  Stadium  etwas  mehr  als 
5  /;////,  im  weiblichen  Stadium  aber  6  bis  7  luiu  lang;  an 
verblühenden  Köpfchen  hatten  sie  eine  Länge  von  7  bis  9  ;//;//. 
Außerdem  variiert  die  Länge  der  Hüllschuppen  bei  ver- 
schiedenen Köpfchen;  ferner  sind  an  jedem  Köpfchen  die 
mittleren  flüllschuppen  länger  als  die  übrigen.  Bei  allen 
anderen  Arten  dieses  V'erwandtschaftskreises  sind  die  Hüll- 
schuppen relativ  kürzer  und  steifer. 

An  ganz  jungen  Köpfchenknospen  schließen  die  nach 
einwärts  gebogenen  Spitzen  der  innersten  Hüllschuppen  der- 
art zusammen,  daß  die  Blütenknospen  vollständig  \"erdeckt 
werden.  Bald  aber  strecken  sie  sich  fast  ganz  gerade,  so  daß 
die  Blütenknospen  sichtbar  werden.  Dieses  sehr  charakteristische 
Entwicklungsstadium,  in  welchem  das  Köpfchen  ungefähr 
13;»;//  lang  ist,  möchte  ich  genauer  beschreiben.  Bei  flüchtiger 
Betrachtung  eines  solchen  Köpfchens  hat  man  zunächst  den 
Eindruck,  als  ob  die  Blütenknospen  etwa  uni  3  ;;/;;/  über  die 
Hüllschuppen  hinausragen  würden.  In  Wirklichkeit  sind  erstere 
kürzer  als  die  innersten  Hüllschuppen,  so  daß  sie  nur  von 
oben  sichtbar  sind.  Die  Täuschung  wird  dadurch  herxor- 
gerufen,  daß  die  gerade  vorgestreckten  Spitzen  der  innersten 
Hüllschuppen  rötlich  gefärbt  sind,  wodurch  sie  sich  von  den 
durchwegs  grünen  mittleren  und  äußeren  Hüllschuppen  auf- 
fallend abheben.  Die  letzteren  haben  schon  um  diese  Zeit 
abstehende  Spitzen  von  (wie  oben  bemerkt;  3  bis  4  ;///// 
Länge;  sie  sind  durch  sehr  schwache  und  zerstreut  spinn- 
webige Behaarung  miteinander  verbunden,  ^  außerdem  am 
Rande  kurz  gewimpert  und  in  eine  zwar  nur  Y2  ''"'^  lange 
und  außerordentlich  feine,  aber  doch  etwas  stechende  vSpitze 
ausgezogen.  Diese  Spitzen  sind  bei  den  äußeren  und  mittleren 
Hüllschuppen  grünlich  oder  fast  farblos,  bei  den  obersten 
der  abstehenden  Hüllschuppen  aber  purpurviolett.  Die  gerade 
vorgestreckten,  ja  mit  den  Spitzen  auch  jetzt  noch  etwas 
einwärts  gebogenen  innersten  Hüllschuppen  sind  in  ihren 
unteren,    von    den    anderen    Hüllschuppen    bedeckten   Teilen 


'    r)ie  spinnwebige  Behaarung  findet  .sicli  auch  bei  den  verwandten  Arten, 
aber  in  sehr  wechselnder  .Stärke. 


Blütonbiologische  Untersuchungen.  o2o 

3iellgrün  mit  weißlichem  Rande,  im  oberen,  freien  Teile  in 
•der  Mitte  grünlicli-weißlich,  am  Rande  aber  lebhaft  purpur- 
violett, wodurch  die  oben  erwähnte  rötliche  Gesamtfärbung 
und  die  Blütenähnlichkeit  zustande  kommt.  Die  Blutenknospen 
:selbst  kann  man  um  diese  Zeit  ohne  Entfernung  der  HüU- 
■schuppen,  wie  schon  bemerkt,  nur  von  oben  sehen.  Sie 
•erscheinen  da  als  fünfstrahl  ige  Sterne,  da  die  Blumenkrone 
in  der  Knospenlage  zwischen  den  fünf  Zipfeln  eingefaltet  ist. 
-Zwischen  den  Blumenkronen  sieht  man  überall  die  Spitzen 
der  fast  blattartig  verbreiterten,  am  Rande  fein  und  kurz 
.gewimperten  Pappusborsten  etwas  herxorragen.  Sie  sind  rein 
weiß,  während  die  ^veißliche  Blumenkrone  schon  einen 
rschwachen  Stich  ins  Rötliche  aufweist. 

Ein  weiter  entwickeltes,  18  mm  langes,  aber  noch  nicht 
-aufgeblühtes  Köpfchen  weist  folgenden  Bau  auf:  Die  ab- 
-Stehenden  Spitzen  der  grünen  Hüllschuppen  sind  schon  5  ////// 
lang.  Die  Blütenknospen  haben  jetzt  durchschnittlich  dieselbe 
länge  wie  die  innersten  Hüllschuppen.  Die  Blumenkrone  hat, 
■soweit  sie  dem  Lichte  ausgesetzt  ist,  bereits  ihre  charak- 
teristische Färbung.  Die  obere  Fläche  des  Köpfchens  ist  jetz 
•deutlich  konkav,  da  die  äußeren  Blüten  etwas  längere 
Blumenkronen  haben  als  die  inneren.  Auch  jetzt  ragen  noch  . 
■die  Spitzen  des  Pappus  überall  etwas  heraus,  aber  nur  ganz 
■wenig.  Die  den  Blüten  anliegenden  Spitzen  der  innersten 
Hüllschuppen  sind  nun  ganz  purpurviolett  gefärbt;  sie  sind 
j4.im  eine  schwache  Nuance  mehr  rot  gegenüber  den  (relativ!) 
>mehr  ins  blauviolette  neigenden  Blumenkronen. 

Die   blühenden  Köpfchen    hat  H.  Müller  a.  a.  O.  genau 
!i>eschrieben.  Die  von  ihm  angegebenen  Maße  stimmen  genau. 
-Nur    die    »Glöckchen«    der    Blumenkrone    fand    ich    kürzer, 
Ijnämlich   nur  wenig   mehr  als  3  min  lang  und  an  einer  Seite 
f'bis   zu   2  j}im  Länge    geschlitzt.    Vielleicht    ist    dieser    Unter- 
schied   darauf   zurückzuführen,    daß  H.  Müller    eine   andere 
-Form  des  vielgestaltigen   »Carduus  defloratus  L.«  vorlag,  wie 
.-schon  oben  bemerkt  wurde. 

Die    Aufblühfolge     folgt     genau     dem     bei    botrj^tischen 

; Jnfloreszenzen    geltenden  Gesetz.    In    den    meisten    Köpfchen 

-findet    man    gleichzeitig    die  äußersten  Blüten   im  weiblichen, 

Sitzb.  d.  mathem.-natunv.  Kl.  Abt.  I,  128.  Bd.  23 


326  K.   Fritsch, 

die  mittleren  im  männlichen  Stadium,  während  innen  uocYb 
Knospen  stehen,  die  von  den  ihnen  benachbarten  'männlichen« 
Blüten  sehr  bedeutend  überragt  werden.  Die  Streckung  der 
Blumenkrone  erfolgt  jedenfalls  sehr  rasch,  da  die  Knospen« 
alle  die  gleiche  Länge  haben.  Die  Längendifferenz  zwischen 
den  Knospen  und  den  im  männlichen  Stadium  stehenden 
Blüten  beträgt,  wenn  man  die  Antherenröhre  dazurechnet,. 
ungefähr  1  cm\  Die  »weiblichen«  Blüten  sind  dann  noch  um 
einige  Millimeter  länger.  Auch  an  den  blühenden  Köpfchen' 
sind  die  Pappusstrahlen  überall  zwischen  den  Blüten  sichtbar,. 
jedoch  sind  sie  viel  kürzer  als  die  Blumenkronen,  Die 
Antherenröhren  heben  sich  durch  dunkel-blauviolette  Färbung 
von  den  viel  helleren  Blumenkronen  auffallend  ab.  Hingegen 
hat  der  Griffel  ungefähr  dieselbe  Färbung  wie  die  Blumen- 
krone. An  der  Spitze  der  im  männlichen  Stadium  befindlichen 
Blüten  stehen  immer  ganze  Ballen  bläulichweiß  gefärbten 
Pollens.  Die  Griffelschenkel  divergieren  an  den  im  weiblichen 
Stadium  befindlichen  Blüten  nur  an  den  äußersten  Spitzen 
(vgl.  die  Abbildung  bei  H.  Müller  a.  a.  O.,  Fig.  164,4). 
Auffallend  ist  die  starke  Einwärtskrümmung  der  Griffel  im 
weiblichen  Stadium.  Sie  ist  bei  den  äußersten  Blüten  des 
Köpfchens  am  stärksten,  bei  den  innersten  am  schwächsten. 
Hingegen  bleiben  die  Antherenröhren  fast  ganz  gerade.  Beim 
Verblühen  erfolgt  ein  Zusammenziehen  des  Köpfchens  und. 
ein  rasches  Wachstum  des  Pappus. 

Mit  vielen  anderen  distelartigen  Kompositen  hat  auch 
die  Artengruppe  des  Carduus  defloratus  L.  die  Eigentümlich- 
keit gemein,  daß  die  Köpfchenstiele  mit  einem  spinnwebig- 
wolligen  Überzug  bekleidet  sind.  An  einem  der  von  mir  am 
angegebenen  Orte  gesammelten  Exemplare  des  Carduus  viridis 
fand  ich  eine  geflügelte  Blattlaus  zwischen  diesen  Wollhaaren, 
die  den  Eindruck  machte,  als  sei  sie  dort  angeklebt  oder 
durch  Verstrickung  zwischen  den  Haaren  hängen  geblieben. 
Diese  vereinzelte  Beobachtung  beweist  natürlich  gar  nichts; 
jedoch  wäre  es  nicht  uninteressant,  die  Funktion  dieser  Haare 
einmal  näher  zu  untersuchen. 

Es  erübrigt  noch  die  Nennung  aller  Insektenarten,  die 
ich  in  den  Jahren  1904  bis  1914  an  verschiedenen  Standorten, 


I 


IjlLUenbicjIogische  Untersuchungen.  32/ 

• 

auf   den   Köpfchen    des   Qirc/uns  viridis    als  Besuclier    beob- 
achtet habe.  Es  sind  die  folgenden: 

Marquartstein  (Bayern),  am  11.  August  1904:  Ai\:^yuuis 
Paphia  cT,  Erehia  Medea  9 ;  Boinbns  agroriiiu,  PsifJiynts 
qitadritolor  cf;  Antlioniyia  sp. 

Untersbei-g  bei  Hallthurn  (Bayern),  am  29.  August  1904: 
Bombus  agrontm  cT  9 . 

Gaisberg  bei  Salzburg,  am  20.  Juli  1905:  Lepidoptera^ 
Ayg)'nnis  Aglaja,  Agrotis  OcelUna  Hb.,  Fynmsta  sp.- 
Hymenoptera:  Bombus  agrorum  ^,  Bombus  coufusns  cf,. 
Bombus  lapidaritis  ^ ,  Bombus  Latreillelns  cf ,  Bombus 
mastrncatus  "  >  Bombus  pratorum  cf  ^  ,  Psithyrus  qiiadri- 
color  cfj  Psithyrus  vestalis  cT;  Coleoptera:  Cvyptocephalus 
sericeus  (grün);  Diptera:    Volucella  plumata. 

Sonntagshorn  bei  Unken  (Salzburg),  am  9.  August  1905: 
Lepidoptera:  Argynnis  Pules,  *  Agrotis  Cuprea  Hb.,  Agrotis 
Ocellina  Hb.,  Plusia  Gamma;  Hymenoptera:  Bombus 
Latreillelns  d''^,  Bombus  mastrncatus  ^  ,  Bombus  miicidus  3  „ 
Bambus  icrrcster   9. 

Schaf  bergspitze  (Sal/kammergut;,  am  15.  August  1905:; 
Parnassius  Apollo;  Antlioniyia  sp.    9. 

Schart ling  am  Mondsee  (Salzkammergut)  am  20.  August. 
1905:  Bombus  sorocnsis    fp  . 

Roßfeld  bei  Hallein  (Salzburg),  am  23.  August  1906:: 
Bombus   soroensis    ^ ;  Empis  palparis  Egg. 

St.  Gilgen  (Salzburg),  am  23.  Juli  1907:  Lepidoptera: 
*Erebia  Ligca;  Hymenoptera:  Bombus  agrorum  ^,  Bombus 
hortorum  ^  ,  Bombus  pratorum  cf ,  Psithyrus  quadricolor 
var.    citrinns  Seh  miede  kn.  cf. 

Gesäuse  (Steiermark),  am  12.  Juni  1908:  Lepidoptera: 
Pamphila  Palacmou;  Coleoptera:  Autliobinm  longipcnuL\ 
Dasytes  plnmbens,  Oedemera  tristis   9,  Leptura  rubra  o. 

Hieflau  (Steiermark),  am  13.  Juli  1910:  Hymenoptera: 
Apis  mellifera  3,  Bombus  pratorum  cf,  Tarpa  ccphalotes; 
Coleopter«:  *Anthobium  longipenne,  *  Dasytes  plumbens,. 
Oedemera  flavescens  9,  Oedemera  virescens  9;  Diptera: 
Syrphus  ribesi  9,  Volucella  pellucens,  Eristalis  sp.,  Aricia 
vagans  cT;  Hemiptera:  Calocoris  affiuis  (auch  Larven). 


32<S  K.  Fritsch, 

Königssee  (Bayern),  am  29.  August  lOK):  Erisfalis 
iciuix  cT. 

Brenner  (Tirol),  am  28.  Juli  1913:  Pyrausia  AlpinuJis; 
Bonihiis  clcrliLiuielliis  H  ,  '^Bombiis  ponioriun  var.  elegans  '^  ; 
Lepiiira  nielaniira   "  ;  AiüJwinyia  sp.  9. 

Scharfling  am  Mondsee,  am  11.  August  1914:  Apis 
lucllifcrü    9    (saugend),  Bombiis  sp.    fj . 

Mozartsteig  bei  St.  Gilgen,  am  20.  August  1914:  *Halictus 
ülhipcs  o  (zu  mehreren  in  einem  Blütenköpfchen,  tief  zwischen 
die  Blüten  eingebohrt). 

Gaisberg  bei  Salzburg,  am  25.  August  1914:  Lepidoptera: 
Agrotis  Ciiprcü  Hb.  d'  (saugend);  Hymenoptera:  Apis 
iiiellifera  'S  (sRUgend),  Boinbns  agrormn  <^  ,  Boinbiis  praioriuu 
^ ,  Bouibiis  soroensis  cf ,  Bonibns  terrester  c^  (saugend), 
Psithynis  cauipcstris  cf,  Psitliyrns  qiiadricolor  o^,  Psithynis 
rnpesfris  cT;  Diptera  (Eristalis  fciiax  u.  a.);  Hemiptera: 
Cülocoris  afjinis. 

X.  Leontodon  pyrenaicus  Gouan. 

Bei  den  ligulifloren  Kompositen  herrscht  große  Ein- 
förmigkeit der  Blüteneinrichtungen.  H.  Müller  hat  daher  in 
seinen  »Alpenblumen«  nur  einige  derselben  beschrieben 
{Mnlgediiiui  aJpiiniut,  Crepis  anrea,  Laciiica  pcfcnnis,  Hypo- 
choevis  miiflora);  von  den  anderen  Arten  gab  er  nur  Besucher- 
listen. Die  Lc< ml odou- Arien  unterschied  er  überhaupt  nicht 
weiter,  sondern  zählte  die  Besucher  von  »Leontodon  (Itaslilis, 
pyrcuaciis  u.  a.)«   gemeinsam  auf  (p.  466,  ff.). 

Bei  meinem  schon  wiederholt  erwähnten  Besuche  des 
Anlauftales  bei  Gastein  am  11.  August  1913  hatte  ich  auch 
Gelegenheit,  Leontodon  pyrenaicus  Gouan  zu  beobachten. 
Seine  schön  goldgelben  Köpfchen  haben  eine  merklich  dunklere 
Färbung  als  jene  der  Artengruppe  des  Leontodon  hispidiis  L. 
In  seiner  Gesellschaft  wächst  im  Anlauftale  die  habituell 
ähnliche  Crepis  anrea  (L.)  Cass.,  jedoch  ans^cheinend  viel 
spärlicher  (oder  nur  früher  blühend?).  Bekanntlich  sind  die 
Köpfchen  der  genannten  C'i-epis  noch  dunkler,  fast  feuerrot, 
so  daß  sie  sich  von  jenen  des  Leontodon  auffallend  abheben. 


Hlütenbiologische   Untersuchungen.  329 

Es  wäre  interessant,  festzustellen,  ob  die  bestäubenden 
Insekten  diese  beiden  habituell  so  ähnlichen  Arten  zu  unter- 
scheiden vermögen  oder  ob  sie  beide  wahllos  gleichmäljig 
besuchen.  Ich  hatte  damals  zu  derartigen  Beobachtungen 
keine  Zeit;  ich  stellte  nur  zwei  Besucher  des  Lcoiitodoii 
pyrcnuiciis  fest:  Ant/wbiiiiii  cilpiunui  Heer  und  Bibio 
ponionuc. 

Der  Schaft  der  Lcoiilodon  pyrcuaiciis  ist  nach  oben  zu 
mehr  oder  weniger  (manchmal  ziemlich  stark)  verdickt  und 
hohl,  so  daß  das  Köpfchen  von  ihm  fast  gar  nicht  abgesetzt 
erscheint.  Dieser  Eindruck  wird  erhöht  durch  die  am  oberen 
Teile  des  Schaftes  stehenden  Schuppen,  welche  gegen  das 
Köpfchen  zu  mehr  genähert  sind  und  so  allmählich  in  die 
Hüllschuppen  des  Köpfchens  übergehen.  Der  untere  Teil  des 
Schaftes  ist  erheblich  dünner,  ausgefüllt  und  kahl,  der  obere 
spärlich  mit  kurzen  hellen  oder  teilweise  dunklen  Haaren 
besetzt.  Viel  stärker  ist  die  Behaarung  der  Hüllschuppen, 
die  der  Hauptsache  nach  aus  schwarzen  Borsten  besteht,  die 
nach  oben  abstehen.  Da  die  Hüllschuppen  selbst  —  nament- 
lich gegen  die  Spitze  zu  —  dunkelgrün  sind,  so  erscheint 
die  ganze  Hülle  schwärzlich.  Um  so  auffallender  heben  sich 
von  ihr  die  goldgelben  Blüten  ab. 

Der  Durchmesser  des  geöffneten  Köpfchens  beträgt  un- 
gefähr 3  cm.  Alle  von  oben  sichtbaren  Blütenteile  sind  \  on 
derselben  goldgelben  Farbe;  nur  die  Antheren  sind  orange. 
Der  weißliche  Pappus  ist  schon  zur  Zeit  der  Blüte  stark 
entwickelt  und  reicht  bis  über  die  Basis  der  Antheren  herauf. 
Der  Tubus  der  Korolle  ist  außen  mit  hellen  Borsten  spärlich 
besetzt.  Die  äußersten  Spitzen  der  Korolle  sind  geschwärzt, 
was  besonders  bei  den  Knospen  in  der  Mitte  des  Kr>pfchens 
auffällt.  Da  in  den  Knospen  die  fünf  Zipfel  der  Korolle  zu 
einem  fünflappigen  vStern  zusammengelegt  sind,  macht  die 
in  der  Knospenlage  befindliche  KoroUe  den  Eindruck,  als  ob 
sie  nicht  zungenförmig,  sondern  röhrig  wäre.  Der  von  oben 
sichtbare  fünflappige  Stern  ist  schwärzlich.  Die  Bedeutung 
dieser  Schwärzung  dürfte  eine  ähnliche  sein,  wie  sie  Hayek 
für  die  ebenfalls  bei  dieser  Art  und  vielen  anderen  Kom- 
positen der  Alpen  vorkommenden  Schwärzung  derHüllschuppen 


'S''M)  K.   Fritsch,   Blütenbiologische  Untersuchungen. 

annimmt.^  Der  Fruchtknoten  hat  dieselbe  weißliche  Färbung 
wie  der  Pappus;  nur  der  » Nektarkragen -<  -  ist  etwas  gelblich. 
Entsprechend  der  Aufblühfolge  des  Köpfchens  und  der 
für  alle  Kompositen  charakteristischen  Proterandrie  macht 
jedes  Köpfchen  drei  Entwicklungsstadien  durch: 

1.  Die  Randblüten  sind  geöffnet  und  befinden  sich  im 
männlichen  Stadium.  Die  mittleren  Blüten  sind  noch  im 
Knospenstadium.  Insekten,  welche  solche  Köpfchen  besuchen, 
können  daher  wohl  Pollen  mitnehmen,  aber  keine  Bestäubung 
bewirken,  da  die  Köpfchen  funktionell   rein   männlich   sind. 

2.  Bei  voller  Blüte  sind  die  Randblüten  in  das  weibliche 
Stadium  übergegangen.  Ihre  etwas  über  4  nmi  lange  Antheren- 
röhre  wird  jetzt  um  2  mm  von  dem  Griffel  (ohne  Einrechnung 
seiner  Schenkel)  überragt.  Die  mittleren  Blüten  sind  gleich- 
falls geöffnet,  aber  alle  im  männlichen  Stadium.  Bei  ihnen 
überragt  der  ganze  Griffel  (einschließlich  der  fast  2  nini 
langen  noch  geschlossenen  Schenkel)  die  Antherenröhre  zu- 
letzt um  3^/^mni,  anfangs  natürlich  weniger.  In  diesem 
Stadium  verhält  sich  das  Köpfchen  funktionell  gerade- 
so wie  ein  Astereen-  oder  Anthemideen-Köpfchen  mit 
weiblichen  Randblüten  und  zwittrigen  Scheiben- 
blüten. Ein  Insekt,  welches  vom  Rande  des  Köpfchens  aus 
die  Ausbeutung  beginnt,  stößt  zuerst  an  die  empfängnis- 
fähigen Narben  und  ladet  dort  den  von  anderen  Köpfchen 
mitgebrachten  Pollen  ab.  Dann  erst  kommt  es  mit  den  Pollen- 
mengen der  mittleren  Blüten  in  Berührung  und  wird  so 
neuerlich  mit  Pollen  bedeckt.  Es  wird  durch  diese  Einrichtung 
ebenso  wie  in  zahllosen  anderen  Fällen  die  Xenogamie 
gegenüber  der  Geitonogamie  (die  daneben  natürlich  auch 
vorkommt)  bevorzugt. 

3.  Später  sind  alle  Blüten  des  Köpfchens  in  das  weibliche 
Stadium  übergegangen.  Das  Köpfchen  ist  nun  der  Hauptsache  nach 
rein  weiblich,  da  nur  sehr  spärliche  Pollenreste  vorhanden  sind. 

Diese  zuletzt  gegebene  Darstellung  gilt  natürlich  auch 
für  die  meisten  anderen  ligulifloren  Kompositen,  wenn  von 
den  Maßangaben  abgesehen  wird. 

1  Vgl.  Osten-,  botan.   Zeitschrift   1900,  p.  383  bis  38.1. 

2  Vgl.  H.  Müller,  Die  Befruchtung  der  Blumen  durch   Insekten,  p.  40."». 


•)0  1 

.7)0  1 


I 


Vorläufige  Übersicht  über  die 

Vegetationsstufen  und  -Formationen  von 

Kweitschou  und  Hunan 

Von 

Dr.  Heinrich  Handel-Mazzetti 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  12.  Juni   1919) 

Die  Bestimmung  der  Formationszugeiiörigkeit  und  der 
vertikalen  sowie  horizontalen  Verbreitung  von  gegen  400  Leit- 
pflanzen  bildet  die  Grundlage  der  vorliegenden  Darstellung. 
Auch  hier  liegen  vielfach  noch  keine  S3'Stematischen  Be- 
stimmungen vor,  sondern  manche  Gattungsnamen  mußten, 
ob  sicher  oder  unsicher,  zur  Veranschaulichung  der  Vegetations- 
formen angeführt  werden. 

Nach  dem,  was  ich  auf  einer  zweimonatlichen,  verhältnis- 
mäßig geradlinigen  Durchreise  durch  die  Provinz  Kweitschou 
(Loping  — Hwangtsauba —  Kweiyang  —  Sandjio— Liping)  sehen 
konnte,  reicht  das  hier  als  »Kweitschou  und  Hunan«  bezeich- 
nete Vegetationsgebiet  noch  in  die  Provinz  Yünnan  bis 
Loping.  Es  dürfte  auch  einen  Teil  der  Provinz  Kwanghsi  um- 
fassen. Nach  Wilson's  Kollektionen  gehört  West-Hupe  und 
wohl  auch  Ost-Setschwan  ebenfalls  dazu,  sonst  nach  Kollek- 
tionen aus  Kuling  auch  Tjiangsi  und  vielleicht  überhaupt 
.ganz  Ostchina  in  mittleren  Breiten. 

Auf  die  —  die  schmale  Grenzzone  natürlich  ausgenommen 
—  sehr  geringen  Ähnlichkeiten  mit  den  Vegetationsgebieten 
■der  Provinz  Yünnan  werde  ich  bei  Besprechung  einzelner 
Formationen  Bezug  nehmen.  Selbst  die  nicht  sehr  weit  davon 
in  ganz  analoger  Lage  befindlichen  Buschwälder  an  der  Yünnan- 
Bahn  im  Tale  des  Pata-ho  haben  trotz  ihres  ähnlichen  Äußeren, 


:i?)2  H.   Handel- Maz/etti, 

soviel  ich  sehen  konnte,  eine  ganz  andere  Zusammensetzung^ 
woran  wohl  das  trockenere  Klima  des  mittleren  und  östlichen 
Yünnan  schuld  ist. 

Die  von  gleichen  Vegetationsformationen  eingenommenen 
Höhenstufen    steigen    von  dem    etwas    nördlicher    und    tiefer 
gelegenen,    gegen    die    kalten    Nordwinde    nicht    geschützten 
Hunan    durch    das    etwas    südlichere,    höher    gelegene,    aber 
besser  geschützte  Kweitschou  bis  Yünnan  um  öOO  /;/  Höhe  an.. 

I.  Subtropische  Stufe. 

Die  Ebenen  und  Hügelländer  des  mittleren  und  südlichen 
Hunan  und  die  tiefsten  Teile  der  Flußschluchten  im  gebirgigen 
Südwesten  dieser  Provinz  und  im  angrenzenden  südöstlichen 
Kweitschou  von  25  bis  gegen  öOO  m  Höhe,  in  den  Fluß- 
schluchten des  hochgelegenen  westlichen  Kweitschou  bis- 
1000  m  Höhe  umfassend. 

Tschangscha  (2diii)  hat  ziemlich  ausgesprochene  Trocken- 
zeit im  Spätsommer  und  Herbst,  Regenzeit  im  Winter  und 
Frühjahr,  viel  Nebel  und  Wind,  Schnee  nur  wenige  Tage- 
hindurch,  Minimaltemperatur  —  O",  Maximum  um  40°,  dies 
mitunter  längere  Zeit  hindurch.  Als  niedrigste  relative  Luft- 
feuchtigkeit beobachtete  ich  in  dieser  Zeit  in  Yungtschou  30%- 
In  Wukang  (360;;/)  soll  etwas  mehr  Schnee  liegen.  Die  Fluß- 
schluchten um  Süning  und  Dsingdschou  und  am  Tu-djiang 
unter  Sandjio  sind  sicher  viel  feuchter,  während  jene  des 
Hwadjiau-ho  zwischen  Nganschun  und  Hsintscheng  wieder 
sehr  trocken  ist.  Dort  beobachtete  ich  in  840/;/  Höhe  27'V,), 
relativer  Luftfeuchtigkeit  an  einem  guten  windigen  Abend  in 
der  Regenzeit. 

Merkwürdig  ist  die  geringe  Abhängigkeit  der  For- 
mationen vom  Gestein,  nur  bei  wenigen  Waldtypen  läßt  sieb 
eine  solche  konstatieren. 

l.Piiiiis  Massoi! ii{ iid-\\'i[\de\-  ohne  wesentliche  andere 
Beimischung  sind  selten,  aber  in  der  Gegend  von  Hsinhwa. 
und  Bautjing  (Paoking)  doch  sicher  auch  natürlich,  noch 
seltener  reine  Ciinuiughamia  laiiLCoIafci-W äldchen.  Dagegen 
verleihen  der  Landschaft   ein  anmutiges  Aussehen  die  vielen 


Vegetationsstufen  von   KweitschDu   und  Munan.  o8ii 

J'iiiiis  Müssonlaiia-  Ciiniüiiiiliamia  laiLceolüta  -Thea 
o/t'/yt'/-t/-PfIanzungen  mit  Grassteppenunterwuchs.  Die 
Tlica  im  November-Dezember  in  Blüte.  Weiters  als  Sträucher 
dann  oft  Hex  coniuta  und  Gardcuia  florida;  schlingend 
LvgOiliuiH  sp. 

2.  Skleroph^'Uen-  und  Föhrenwald.  (30  bis  800  ;//, 
besonders  auf  dem  Volu-schan  bei  Tschangscha,  dem  Dungtai- 
schan  bei  Hsianghsiang  und  anderen  Sandsteingebirgen  der 
Gegend.  Blütezeit  im  Frühjahr  und  teilweise  Spätherbst. 
Immergrüne  Hartlaubbäume  und  Sträucher,  5  bis  15  in  hoch: 
Casta-nopsis  sclcrophylla  u.  a.,  Lithocarpiis  ,!^labra  und  sp. 
div..  Hclicia  sp.,  SympJocos  sp.  di\^,  Eiirya  Japouica,  Hex 
purpurca  und  sp.  div.,  PJiotiuia  scrrulata,  Eiigcuia  luicro- 
pliyllii,  Rhododeuciri'H  Siiusii,  Piiiiis  Müssoiiiaiia.  Wenige 
sommergrüne kleinblättrige li^d-z/ro/z/sp.,  T't7t"(7//////7//sp.,5/iTa.rsp., 
Vibiinmiu  sp.  Kleine  immergrüne  Sträucher:  Loropetalnur 
Sinense,  Damiuicauilins  Indiens  (auch  Veg.  Yün.,  I)  III  2  statt 
Eiiphorbitict'cJ  gen.),  Dapline  sp.,  Ardisia  crispa  (auch  \'eg.  Yün. 
Dill  2),  Leptodcnnis  nervosa.  Wenige  Lianen:  Sniilax.  Kräuter- 
unterwuchs  soviel  wie  fehlend. 

3.  Föhre n-E  i  c h  e  n-L / ^ uidci iu  h a r-Wä  1  d  e  r.  Um  Tschang- 
scha nur  als  spärliche  Reste,  einige  der  Bestandteile,  besonders 
Liqiüdanduir,  gallerieartig  um  die  Schluchten  im  letzten  Wald- 
typus, typisch  und  üppig  ausgebildet  auf  dem  Dschau-schar» 
bei  Hsiangtan,  unter  Hsikwangschan  und  gegen  Wukang. 
Meist  bis  auf  Liqtüdanihar  nicht  sehr  hochwüchsig,  zum 
großen  Teil  sommergrün,  Blüte  im  Frühjahr  (um  April).  Pinusr 
Massoniana,  Qnercus  aJicna,  Qu.  Mongolica,  Lithocarpiis  sp., 
Platycaiya  sfrobilacea,  Populus  adcnopodal^,  Carpinus  sp.^^ 
Celtis  sp.,  Cladrastis  sp.?^  Liqnidambar  Foriuosana,  Cinna- 
inoimim  Camphora  (selten),  Lifsea  pnngens,  Aleurites  Fordii^ 
Piriis  Callcryaua,  Diospyros  sp.,  Lignstniiu  hicidiun.  Para- 
sitisch Lorantlius  sp.  Sträucherunterwuchs  manchmal  reichlich: 
Loropetalinn  Siuense,  Bcir:oiii  sp.  div.,  TJica  sp.,  Rhaiunns  sp., 
Elaeagniis  sp.,  Maesa  sp.,  Ardisia  sp.,  Rhododendron  Sinisiiy 
Gardcnia   florida,   Leptodennis  nervosa.   Lianen:    Akebia  sp.,, 

1    L'm  400  ///. 


H34  H.  Handel-. Mazzetti. 

Wisteria  sp.  div.  Arnndiiuiria  sp.  auch  im  Anschluß  selbständig. 
■Gräser  aus  der  Steppe  und:  Miscanthns  sp.,  Poa  sp.,  LophatJienini 
sp.;  einige  Carex  sp.;  Kräuter  besonders  an  feuchten  Stellen 
wie  am  Yolu-schan:  Zingihev  sp.,  Cliloranthus  sp.,  Polvgomini 
sp.,  CoryJalis  sp.,  AJitga  sp.,  Mazus  sp.,  Liliaceac  div.,  Arisacina 
sp.,  Avthraxon  ciliare.  Einige  Farne.  Bloße  Erde  mit  unan- 
sehnlichen Moosen  meist  reichlich  bedeckt:  Pogoiiatuin  sp., 
Lcncohvyum  sp.,  Stereodon  ciipressiformis,  Nardia  sp,  div. 
An  Felsen  darin  Gesueracea  gen.,  Saxifraga  sarmentosa, 
HymenvphyUum  sp.  und  mehrere  Moose  (?rliiinm  sp.,  Seniato- 
phyllacea  gen.),  auch  die  Baumstämme  reichlich  Moose  tragend. 

4.  Liquidamhar  Forniosana-Ciiinaniomiim  Cani- 
p li or a^-\Nä.\dchQn.  Hochwüchsige  Bäume  (bis  25  in)  meist  auf 
aus  der  kultivierten  Ebene  auttauchenden  flachen  Hügeln  durch 
die  ganze  Stufe  oft  gemeinsam  mit  ebenso  ansehnlichen,  teils 
sommer-,  teils  immergrünen,  teilweise  im  Sommer  blühenden: 
Piniis  Massoniaua,  Carpiniis  Handelii-,  LitJiocarpns  glahra 
und  sp.,  Onerais  aliena,  Celtis  sp.,  Litsea  pnitgens,  Photinia 
scrrnJata  und  sp.  div.,  Koelreutevia  sp.,,  Rutacea  gen.-,  Acer 
irifidniii,  Symplocos  sp.,  AcaiitJiopanax  ricinifolia,  Camptotheca 
iicuiiüiiiitii,  Piitosponun  sp.,  Fraxinus  sp..  Hex  macrocarpa'', 
Diospyros  sp., Xylosnia  raceniosum,  Ligustrtim  lucidum.  Lianen: 
Vitis  sp.,  Apocynacea  gen.,  Rosa  sp.,  Ficns  sp.  hie  und  da 
bis  in  die  Wipfel  der  höchsten  Bäume  kletternd.  Unterwuchs 
ist  sehr  dürftig. 

Die  nutzbaren  Pflanzen  aus  den  beiden  vorstehenden 
Formationen  setzen  die  meist  von  Anindinaria  bestandenen 
Erdwällen  umschlossenen  Wäldchen  um  die  im  Lande  zer- 
streuten Bauernhöfe  zusammen.  Sie  sind  ebenfalls  hochwüchsig 
und  jedenfalls  älter  als  die  nach  1.  erwähnten  Kulturen.  Es 
gehören  dazu  noch:  Eriobotrya  Japonica,  Paulonniia  sp., 
Mclia  Azederacli  (auch  Veg.  Yün.  B  I  1  statt  Cainiriimialbimi), 
Trachycarpus  sp.,  dann  Bamhnsa  Beccheyana'' 

5.  Ciipressiisfunebris-Wcüder  finden  sich  nur  auf  Kalk 
in  der  Gegend  zwischen  Bautjing,  Wukang  und  Hsinhwa  in 

}  Dieses  um  Wukan.t;;  und  westlich  über  300  »i  durch  eine  andere 
ähnliche  Art  vertreten. 

2  Von  250  VI  aufwärts. 


\''egctati()nsstut'en   von   k'weitscliou   und   Hunan.  ooO 

'oOO  bis  400  in  Höhe.  Mitunter  ist  Piniis  Massouiaiia  beige- 
mischt und  Buschunterwuchs  zu  verzeichnen,  mitunter  sind 
sie  ganz  rein,  wozu  allerdings  menschliche  Pflege  mitgeholfen 
haben  dürfte. 

0.  Popiilns  a d cito p () da'-: -Hcüne  um  Lengschuidjiang  bei 
Hsinhwa,    200  w,    auf  Sandstein    in    ziemlicher    Ausdehnung. 

7.  Schluchtwälder  sind  auf  wenige  Punkte  mit  \er- 
schiedenen  edaphischen  Verhältnissen  beschränkt  und  in  drei 
verschiedenen  Typen  vertreten: 

In  Südwest-Hunan  in  der  Gegend  von  Dsingdschou 
besonders  beim  Dorfe  Moschi,  weniger  schön  bei  Schidjia- 
ping  östlich  von  Süning,  an  beiden  Stellen  auf  chloritischem 
Schiefer  in  zirka  400  in  Höhe,  hoher,  sehr  dichter  Wald  aus 
( 'astauopsis  sp.,  Celtis'>p.,  Helicia  sp.,  Lanracea  gen.,  Hibisais  sp., 
Acer  Davidi,  A.  obloiigiini,  Alauginiu  Faberi  und  Chincnsc 
(dieses  auch  Veg.  Yün.  jB  I  8  statt  Stercnliacea  gen.),  Ptcro- 
styrax  corymbosa,  Elaeocarpns  sp.,  Fraxiniis  sp.  und  mehreren 
mir  unbekannten  Bäumen  zusammengesetzt.  Besonders 
Sträucher  und  Farne  (u.  a.  Athyriiiui  ninbrosiini)  bilden  den 
l'nterwuchs,  an  feuchten  Felsen  darin  findet  sich  Saxifraga 
sannentosa,  Begonia  sp.,  ein  winziges,  ausgedehnte  Polster 
bildendes  Hymenophyllnui  (wie  in  3.),  ebenso  Glyphoiuitriiiui  sp. 
imd  andere  Moose. 

In  Südost-Kweitschou  in  der  Schlucht  des  Tu-djiang 
zwischen  Sandjio  und  Gudschou  auf  Grauwacke  in  800  bis 
400  m  Höhe,  beinahe  einen  Grad  südlicher  und  gegen  Süden 
weniger  abgeschlossen,  ist  er  viel  reicher  und  hat  einzelne 
an  tropische  Verhältnisse  erinnernde  Einschläge,  wie  die  in 
besonders  schattigen  Rissen  wilde  Mnsa,  Rliaphidopliora  sp. 
(wie  in  Veg.  Yün.  A  I  und  Dil  als  Pothos),  Xanfhosoiua  sp. 
(wie  dort  .4  I  als  Colocasia),  das  epiphytische  Asplenium  (wie 
dort  .4  I  und  auch  D  I  1).  An  solchen  Stellen  findet  sich  die 
um  die  Dörfer  kultivierte  Ficns  infectoria  auch  wild,  eine 
Trachycaipus  sp.,  die  mir  leider  nicht  zugänglich  war,  scheint 
auch  von  der  sonst  \'erbreiteten  x'erschieden  zu  sein.  Von 
sonstigen  Bäumen  kann  ich  anführen:  MaJlotus  sp.,  AilantJnis  sp., 
MeJinsjua  sp.,  (lerodendron  sp.,  von  Sträuchern  und  Lianen: 
Miissacndü  sp.  div.  und  Apocynacca  gen.,  während  viele  andere 


y>'j()  11.   Handel-M;izzetti. 

der  Bestimmung  harren.  Große  Farne  sind  reichlich,  darunter 
klimmend   Gleiclienia  linearis}  und   GJ.  ^i^kuicii. 

Im  westlichen  Kweitschou  in  der  Schlucht  des" 
Hvvadjiau-ho  und  ober  der  Brücke  Baling-tjiau  in  580  bis 
950  in  Höhe  erinnert  der  Schluchtvvald  mehr  an  jenen  in 
Yünnan  (siehe  dort  i?  I  8),  wenngleich  er  tloristisch  verschieden 
ist.  So  gehören  dazu  als  Bäume  Dalhergia?  sp.,  Ficns  sp.^ 
Mallotus  sp.  (wie  in  der  letzten  Formation),  als  Sträucher: 
Lci^timinosa  gen.,  CaUicarpa  sp.,  als  Lianen  Asclepiadacea  gen.,, 
Apocynaceae  gen.  div.,  dann  ein  AraliaLcen-Kä.\\mchen  Cdas- 
selbe  wie  in  Yünnan  .4  I?)  zwischen  Hochgräsern. 

An  Savannenwald  erinnern  nur  einzelne  Reste  in  der 
Schlucht  des  Hwadjiau-ho  in  600  bis  1100  w,  deren  Nord- 
hang diese  \'egetation  ehedem  bedeckt  haben  dürfte,  bevor 
sie  gerodet  wurde  und  nur  der  Steppenunterwuchs  übrig- 
blieb. PhyUautlins  Euiblica  (auch  in  Yünnan  B  l  1)  und 
Oroxyluin  Imficum  (auch  dort  B  I  1  a)  lassen  Schlüsse  darauf 
zu,  während  z.  B.  eine  Psoralca}  sp.,  eine  Malvacea  gen.  mit 
holzigem  Rhizom  und  eine  Orchidacca  gen.  dieser  Steppe 
eigen  sind. 

8.  Banihnsa  Becchcyana^-^esilxnde  in  Hunan  wie  in 
der  folgenden  Stufe,  rein  oder  mit  Pinus  Massoniana,  in 
größerer  Ausdehnung  nicht  unter  200  iti  beobachtet. 

9.  Auen  könnte  man  die  Baumeinfassung  der  Flüsse  und 
Bäche  gerade  noch  nennen,  obwohl  sie  nur  auf  schotterigem, 
schlecht  kultivierbarem  Grund  nicht  breiter  als  eine  Baum- 
reihe ist.  Salix  Babylouica  u.  a.,  Alntis  sp.,  Uhniis  parvifolia, 
Ptcrocatya  stenoptera,  Diospyros  sp.,  Oleacea  gen.,  Adiua 
racemosa  als  Bäume,  Hihiscns  sp.,  Speranskia  sp.,  CaUicarpa  sp.» 
Adiua  rubclla  als  Sträucher,  oft  viel  Lycoris  radiata,  Salvia  sp. 
und  von  Gräsern  EviantJins  sp.  div.,  Phraginitcs  sp.,  Andro- 
pogon  sp.  sind  charakteristisch. 

Beihohem  Wasserstande  untergetauchte  Ufergebüsche 
sah  ich  besonders  am  Tu-djiang,  wo  der  Höhenunterschied 
zwischen  Niederwasser  und  Hochstandsmarke  bis  zu  7  in 
beträgt,  und  am  Tsi-djiang.  Sie  bestehen  aus  zirka  2  m  hohen 
biegsamen  Sträuchern;  Salix  sp.,  Ficns  sp.  div.,  Bnxns  Har- 
landii,    Eugenia    sp.,    Lauraceae  div.,   Elaeaguus  sp.,    Cornns 


V'esetationsstut'eii  von   Kweitschou  uiul   Hunan.  o3^ 

jHiuciiwrvis,  Adiua  sp.  Die  vorletzte  und  ein  anderer  Busch 
bildet  solche  Formation  noch  am  Idse-ho  an  der  Grenze  von 
Yünnan  und  die  eben    erwähnte,    in    dieser  Zone    wurzelnde 

Pterocarya  sfenoptera  steigt  dort  bis  1650  m  an.  Auf  den 
meist  überfluteten  Klippen  in  den  Flüssen    selbst  findet  sich 

■eine  Poa  sp.    massenhaft,    ebenso   eine  CoJleniacca  gen.   und 

-eine  andere  weiße  Flechte. 

11.  Buschwald  hat  sich  besonders  in  felsigem  Terrain 
■erhalten.  Außer  oft  strauchartig  wachsenden  oder  durch  fort- 
währendes Abhacken  niedrig  gehaltenen  Hex piirpurea,  Qnercns 
Mongolica  und  glandiiHferu,  Platycarva  sirohilacea  finden 
sich  von  wirklichen  Sträuchern  besonders:  t'astauca  SeguiuiL 
Xoropefaliuii  Sinensc,  AhcJia  Chiiieiisis,  Bcrheris  Cavalieri'i, 
Prunus  sp.,  Spiraea  sp.,  Etirya  Japoiiica,  Berchemia  sp., 
X,agevsfroeinia  ludica,  Rhododendron  Sinisii,  Siiiense?,  Pieris 
sp.,  Vitex  Negnndo,  Vümrnnm  sp.  div.,,  Gardenia  ßorida,  dann 
\iel  Rosa  laevigaia  und  nicht  überall  Banhinia  sp.  und  Vitis 
pentagona  klimmend,  GJeicIienia  linearis  und  eine  kleine 
Arnndinaria  sp.,  Beleuieanda  Sinensis,  Lycoris  radiata,  Epi- 
niedinni  sp.,  Poteniilla  sp.,  Nepeta  sp.,  Tencriuni  sp.,  Vero- 
nica  sp.,   Clirysantheninni  sp.  da  und  dort  als  Kräuter. 

Bemerkenswert  ist  ein  Rliododendron  S im s ii-G QbiXs ch 
an  einem  etwas  feuchten  Hange  (Latent)  unweit  des  Flusses 
ober  Tschangscha  wegen  des  Unterwuchses  schwellender 
Polster  von  Leucobrynin  sp. 

Hecken  finden  sich  meist  in  bewässertem  Lande  imd 
-enthalten  demgemäß  üppigere  Sträucher,  wie:  Ulmiis  parvi- 
Jolia,  R/ianinns  utilis,  Rhamnaeea  gen.,  Evonynius  sp.,  Xantlio- 
xylon  sp.  div.,  Elacagnus  sp.,  Bnddleya  sp.,  kletternden  Riibiis 
sp.  div.,  Rosa  Gentiliana?,inidtißoraxav.  Caihayensis,  mstaria 
Sinensis  und  Hnninlus  Japoniens,  mit  bestacheltem  Stengel 
klimmend  Polygonnm  sp.,  \'on  Kräutern  Corydalis  sp.  div., 
T/wIicfruui  sp.,  Glechoma  sp.,  Lahiatae  gen.  div..  Myosofis  sp., 
Carex  sp.  und  wenige  Gräser. 

12.  Grassteppe.  Besonders  im  mittleren  Hunan  durch 
■die  ganze  Stufe.  Blütezeit  der  Gräser  und  einiger  Stauden 
und  Halbsträucher  im  Spätsommer,  im  Frühjahr  ziemlich 
Teiche  Kräuterblüte.  Sehr  gleichmäßiger,  bis  zu  70  cm  hoher, 


3:^8  H.   Handel-Miizzetti. 

meist  dichter  Grasvvuchs  intravaginaler  Arten:  Aiithistiria  :^p_ 
(auch  in  Yün.  i?  II  4  statt  Avenea  gen.?),  Andropogon  Narchts\. 
A.  brcvifoJiits,  A.  annnlatns,  Arundinella  sp.,  PoJlinia  sp.  diw 
X'ereinzelte  Halbsträucher  und  niedrige  Sträucher:  Sniilax  sp... 
Glocliidioii  sp.,  Lcspcdeza  sp.,  Lai^crstroeniia  Indica,  Daphne 
Genkiva,  Caryopteris  sp.,  Symplocos  paniailata,  Crataegus 
cimeafa,  Rtilms  corchorifolins,  Rosa  laevigata,  microcarpa.^ 
Desmodinml  sp..  Hex  cormita,  Vitcx  Xcgnndi).  Abclia  CJiinensis, 
Leptodennis  nervosa.  Im  Frühjahr  blühende  Kräuter:  Viola 
Patrinü,  Oxalis  sp.,  Scutellaria  ^p.,  Trixago':  sp.,  Wahlenher gia 
gracilis,  Giiaphalium  sp.  und  auf  humösere  Plätzchen 
beschränkt  Carex  sp.,  Liizula  sp.,  Liliacea  gen.,  Rnmex  Accfosa,. 
Theshun  sp.,  Senecio  (sect.  Cineraria)  sp.  Herbstblütige  Kräuter 
und  Stauden,  auch  besonders  an  offeneren  Stellen:  Oshcckia  sp., 
Satiircia  sp.,  Aspcriila  sp.,  Patriuia  sp.,  Solidago  sp..  Aster 
saligniis't,  dort  auch  Pteridiiun  aqitilimiiii,  Glcichcnia  linearis 
(oft  massenweise,  auch  in  \'eg.  Vün.  7)  II  4)  und  kriechend 
Lygodittni  sp.  Stereodon  sp.  und  auf  ganz  entblößter  Erde 
Campylopns  sp.  und  Rhaconiitrinnil  sp.,  lockere  Rasen  bildend. 
Im  südlichen  Hunan  wird  die  Steppe  oft  außerordentlich 
mager  und  niedrig,  nur  eine  kleine  Iniperata  ist  zu  bemerken. 
Eine  Stelle  unter  Yungtschou  sieht  sich  sogar  wüstenartig 
an,  ganz  kleine  sanft  zerfurchte  rote  Sandmergel-  und  Kalk- 
hügel tragen  nur  vereinzelte  Zwergexemplare  eines  sonst 
häufigen  Strauches,  sind  aber  sonst  gänzlich  kahl  und  nur 
an  ihrem  Fuße  bildet  ein  ganz  niedriger  Andropogou  Rasen- 
flecke. 

1 3.  H  o  c  h  g  r  a  s  f  1  u  r  e  n.  Am  Tu-djiang  auf  Sand  Erianthns  sp. 
große  Bestände,  in  den  Blättern  2  ^U  ni  hoch,  in  den  Rispen. 
viel  höher,  dazwischen  ein  niederliegend -wurzelnder  Farn. 
Sonst  oft  Phragniites  sp.  div.,  Andropogou  sp. 

14.  Sandflur  einiger  im  Frühjahr  blühender  Kräuter  im 
Bette  des  Hsiang-djiang:  Polygomini  sp.  div..  Cardamine  sp.,. 
Sisymhrinm  sp.,  Myosotis  sp. 

15.  Beinahe  ganzjährig  grüner  Rasen  faßt  Gräben  und 
Teiche  ein  und  besteht  aus  Poa  annua,  Eragrostis  sp.  di\-., 
Glyeeria  sp.,  Bromns  sp.,  Polypogon  Monspeliensis,  Molinia  sp., 
Cyperns  sp.  div.,  Seirpus  sp.  div.  und  trägt  \-on  Kräutern  Po/r- 


l 


Ve.netationsslut'eii  voi:   Kweitschou  und   lliman.  o39- 

,i,'o/////// sp..  Rannnciiliis  sp.,  Roripa  sp.,  Cardainiiie  sp.,  Sanninis 
CJüucnsis,  Sccium  sp.  div.,  Viola  2  sp.,  Jiissiaea  sp.,  Lysi- 
luachia  sp.,  ScitteJlaria  sp.  div.,  Mazns  sp.,  Lobclia  sp.  div., 
Solidai^o  sp.,  //«//t/  sp.,  Artemisia  sp.,  Taraxacum  Mongolicimi. 

16.  Wasservegetation.  Prächtig  ist  die  schwimmende 
Flora  der  Teiche  und  Tümpel,  größtenteils  im  Spätsommer 
blühend:  Ntipliar  sp.,  Nymphaea  sp.  (beide  selten),  Neluiiibo  nii- 
cifera,  Etiryaleferox,  Jnssiaeasp.,  Trapa sp. div.,  Villarsia sp. div.,. 
Ambnlia  sessilißora,  Utriciilaria  sp.  div.,  TrapdJa  Sinensis, 
Potamogeton  sp.  div.,  Lenma  sp.  div.,  Elodea  Canadensis, 
Hydrocharis  sp.,  Marsilia,  Salvinia,  Acolla.  In  Reisfeldern: 
Glyceria  sp.,  Alopccuriis  sp.  (auch  Yün.  B  I  9),  Cy peius  sp.,. 
Isolepis  setaeea,  Eriocaiilon  sp.,  Ottelia  sp.,  Sagittaria  sp. 
und  die  Hydropterides. 

Reis  und  Zizania  aqiiatica,  deren  junge  Sprosse  gegessen 
werden,  dann  Colocasia  esculenta  und  C.  sp.  sind  im  Wasser 
kultiviert,  auf  trockenerem  sandigen  Boden  Kauliang  (Andro- 
pogon  Sorghtmi).  Tliea  Sinensis,  Gossypium  herbacenm,  Brassicti 
Rapa,  verschiedene  Gemüse,  Dioscorea  Batatas  u.  a.,  Basellu 
alba,  stellenweise  auch   Saccharuni  ofßcinarnni. 

II.  Warmtemperierte  Stufe. 

In  Hunan  und  dem  östlichen  Kweitschou  500  bis  1420///,^ 
im  mittleren  Kweitschou  Anschluß  nach  unten  nicht  gesehen, 
im  westlichen  1000  bis  1800  w.^  Klima  wohl  ähnlich  jenem 
derselben  Stufe  in  Yünnan,  wenige  zusammenhängende  Beob- 
achtungen liegen  vor,  die  Niederschläge  sollen  viel  regel- 
mäßiger verteilt  sein  und  keine  so  ausgesprochene  Trockenzeit 
herrschen  wie  dort,  was  sich  in  der  Vegetation  im  Mangel 
der  Steppe  ausdrückt.  Regen  in  Kweitschou  meist  von  SE. 
In  Kweiyang  (1070  m)  beobachtete  ich  anfangs  Juli  als 
höchste  Temperatur  31  °,  als  geringste  relative  Feuchtigkeit  43%, 
in  Hunan  in  600  m  Höhe  in  Hsikwangschan  bei  Hsinhwa 
im  September  als  geringste  Luftfeuchtigkeit  25  %,  dort  herrscht 
viel  Nebel,  noch  mehr  in  höheren  Lagen  auf  dem  Yün-schan 


1  Dies  die  höchsten  Punkte  der  von  mir  besuchten  Strecke,  sie  brauclien 
daher  nicht  sclion  an  der  klimatischen    oberen  Grenze    der  Stufe  zu    hegen. 


:-)4()  H.    Handel-.Maz/.etti. 

bei  Wukang,  wo  in  1190  in  Höhe  \-on  74  Tagen  der  Sornnfier-  . 
monate  nur  18  regenfreie  zu  zählen  waren.  Das  Hygrometer 
sank    dort    nur  bis  auf  46  ^o^    das  Thermometermaximum  ist 
-:^0°,  Regen  auch  dort  meist  von  S. 

a)  Untere  Stufe. 

Bis  1180 /y/  in  Hunan,  nach  W  ansteigend,  bis  180O /// 
im  westlichen  Kweitschou. 

1.  Piiiiis  Massolliana  -Wälder  kommen  auf  ver- 
schiedenen Gesteinen  in  Hunan  und  in  Kweitschou  bis  west- 
lich von  Kweiyang  bis  1300  in  vor,  doch  sind  sie  ohne 
Avesentliche  andere  Beimischungen  selten. 

2.  Cniinin^'hainia  lanccolata-Cuprcssus  fnnehris- 
Wäldchen  hie .  und  da  im  südwestlichen  Kweitschou  und 
■dem  angrenzenden  Yünnan,  1000—1800^«,  in  Yünnan  noch 
mit  Piuns  Sinensis  und  P.  Armani//. 

Nur  im  westlichen  Kweitschou  finden  sich  noch  Pinns 
Siuensis-Wälder  auf  verschiedenem  Substrat  von  1200  iii 
aufwärts.  Ob  meine  letzte  Notiz  östlich  von  Dinghsiau  bei 
Hwangtsauba  wirklich  das  östlichste  Vorkommen  bezeichnet, 
lasse  ich  dahingestellt,  denn  es  ist  natürlich  viel  leichter, 
■das  erste  Vorkommen  einer  Pflanze  zu  bemerken  und  zu 
verzeichnen  als  das  letzte.  Als  bei  Tschingdschen  westlich 
von  Kweiyang  zum  erstenmal  P.  Massoniana  auftrat,  notierte 
ich,  daß  schon  lange  keine  Föhre  zu  sehen  war.  Kettelcria 
Davidiana  geht  in  Yünnan  bis  knapp  an  die  Grenze  von 
Kweitschou  bis   1500  ///  herab. 

Pinus  Sin cnsis-Almis  Nepalensis'i-'W s.\d  in  bezeich- 
nender Weise,  aber  geringer  Ausdehnung  auf  erdreichem  Kalk- 
boden zwischen  Djiangdi  und  Hwangtsauba  an  der  Yünnan- 
Grenze  in  1300  bis  über  1600///  Höhe.  Darin  viel  Dalhcroja': 
sp.  als  Liane  und  einiges  andere. 

3.  Ciinninglianiia  l a nceoIata-Pinns  Massoniana- 
Liquidaniba r  Forniosana-V/äldei'.  Im  östlichen  Kweitschou 
auf  Sandstein  in  derselben  Verbreitung  wie  Pinns  Massoniana 
als  der  nächst  deren  Wald  (1)  magerste  Waldtypus.  Dazu 
da  und  dort  Cinnanioninni  sp.  und  Qiicrcns  sp.  (sommergrün, 


Vet;etationsstut"en  von   Kweitschou   und  Hunan.  -Hl 

wie  in  Vünnan  B  II  2),  als  Sträucher  Tliea  olcifcra.  ('Icthra  sp. 
u.  a.,  Liane  Lycopodiuiu  vohihilc] 

4.  Üppige  Mischwälder  in  Kweitschou  in  derselben 
Verbreitunc!;,  doch  in  Hunan  ebensoviel  auch  auf  Kalk.  Je 
nach  der  Feuchtigkeit  i^ippiger  und  mehr  aus  Laubbäumen 
oder  dürftiger  und  mehr  aus  Koniferen  bestehend.  Teils 
Sommer-,  teils  immergrün.  Blütezeit  Frühjahr.  Zu  den  oben 
genannten  Bäumen  noch:  Taxus  C'Jüucusis'^,  PsciuloJarix  sp.-, 
Populus  adcnopoJa?,  Castanea  sp.,  Qiicrcns  Mou^olicci,  Litho- 
carpiis  sp.  div.  (meist  wenig),  Carpiiius  sp..  Platycarya  strobi- 
lacca,  Engelhardtia?  sp.,  Myrica  rubra,  Aphananihc  aspcra. 
AJciii'ifes  Fordii,  Malloitis  sp..  Ciimaninjiiuni  Cassia  und  /".  sp.. 
Bcrrjoiu  sp.  und  andere  Laiiraccac.  Ccrastis  sp.,  Sorbits  sp., 
Pliotiiiia  sp.  div.,  Acer  obJoiignm,  Ailanfhiis  sp..  Aiiacardiaceae 
und  Rntaccac  div.,  Ritus  vcrnicißiia,'-^  Ettscapliis  Japoriica, 
Coriiiis  capitaia  und  ('.  sp..  Clcilira  Fargcsii  u.  v.  a.;  Sträucher: 
Malloitis  sp.  div.,  Hydraiigea  .sp.  diw,  Dicliroa  fcbrifiiga, 
Kerria  Japoiiica,  Prunus  sp.,  Thca  olcifcra,  Melastoma- 
lacea  gen.^,  Xaiitlioxylou  sp.  div..  Araliaccac  gen.  div.,  Ehretia 
niacrophylla,  Rhododendron  sp.  div.  (wenig),  Styrax  sp.,  Dier- 
villia  Japan ica  (stellenweise);  Lianen:  Sargcntodoxa  cuncata, 
Actinidia  sp.  div.,  Schizandra  Henry/  u.  a.,  Rnbus  sp.  div., 
Legimiinosae  gen.  div.,  Ainpelidaceac  gen.  div.,  Jasniiniini  sp. 
div.,  Mussaeiida  sp.  div.;  Bamhusa  Beecheyanar,  viele  Farne 
wie  Dryopteris  sp.  div.,  Blechnniu  .sp.,  Woodwardia  sp., 
spreizklimmende  Farne:  Gleich enia  linearis?  und  Gl.  glauca 
(auch  \'eg.  Yün.  Dil,  dort  auch  Dipteris  sp.!).  Kräuterunter- 
wuchs  meist  unbedeutend,  auch  der  Moosunterwuchs  gering, 
in  Steinritzen  in  den  Waldbächlein,  halb  überflutet,  findet 
sich  öfter  Acorus  graiiiineiis. 

Carya  Cafhaycnsis,  die  1912  in  Tschedjiang  entdeckt 
•wurde,  bildet  im  Grenzgebiet  \on  Hunan  und  Kweitschou 
an  den  Talhängen  dichte  Bestände  alter  Bäume  in  400  bis 
700  /;/     (einzeln    auch    900  ///)  Höhe,    die  sicher    künstlichen 


1  Nur  zwischen  Gudschou   und  Liping. 

-  Nur  um  Hsikwangschan  bei  Hsinhwa  bis  800  iii. 

'  Nur  im  .südwestlichen  Hunan. 

Sitzh.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  V2S.  Bd.  24 


342  H.   Handel-Mazzetti, 

Ursprunges    sind,  doch  scheint  der  Baum   hie    und    da   auch 
wild  zu  sein  und  zur  Formation  der  Mischwälder  zu  gehören. 

5.  Subxerophiler  Laubwald  ist  in  700  (im  Westen  1100) 
bis    gegen    1700  in    Seehöhe    auf    den     50 — 100  in     hohen 
steilen  Hügeln  und  Kegelbergen,  welche  der  Kalk  in  Kvveitschou 
bildet,  als  ursprüngliche  Vegetation  stehen  geblieben,  da  alle- 
ebenen  Fleckchen  kultiviert    sind.    Er  bildet  ein  recht   gleich- 
mäßiges, ziemlich    hellgrünes  Laubdach    in  zirka  8  m,    selten 
größerer    Höhe    und    ist    vorwiegend    sommiergrün.    Bäume: 
Qiicrciis  sp.    (wie  in  3),    Qti.  phillyreoides^,    Lithocarpns  sp.- 
Castaneas'p},  Carpinus  Fargesiana^,  C.  Turczaninown-,  Plaiy- 
caria   strohüacea,    Celtis  sp.,    Eriohotiya  Japonica,   Pliotinia- 
sp.  div.,  Itea  ilicifolia,  Alhizzia  sp.,  Dalhergial  sp.,  Cercis  sp.,. 
Sapindus     Mukorossi,     Cinnamomnm    sp.,     Evonymus     sp.*,, 
Celastracea  gen.,  Pistacia  sp.,  Ailanthtis  sp.,  Anacardiaceae  div. 
Fivniiaiiia  pJatanifolia ,  Acanthopanax  ricinifolia,  Fraxinus  sp., 
Ligustrum     Jncidnm,      Catalpa     Dnclonxii,     Paulorvnia     sp.,. 
Adina  sp.,  Trachycarpus  sp.    (viel    niedriger    als    die    übrigen 
Bäume);  Sträucher:  Phothiia  sp.  div.,  Thea  Sinensis-,  Xantho- 
xylon  sp.,  Loropetalnm  Sinense^,    Pittospormn  sp.,  Ligustrum 
sp.  div.,    Schoepfia  sp.,    HeUwingia  sp.;    Lianen    und    spreiz- 
klimmende Sträucher:    Mallotns  Philippine iisis,   Legwminosae 
gen.  div.,  Xanthoxylon  sp.  div.  etc.;    Kräuterunterwuchs    sehr 
arm,  dürfte  erst  in  späterer  Jahreszeit  zur  Entwicklung  kommen. 
Moose  reichlich:  Psendoleskea  sp.,  Anomodon  sp.,  Leucodon  sp.,. 
auch    hie     und    da    Neckeraceae    gen.    von    den    Baumästen 
hängend. 

Einzelne  seiner  Bestandteile,  besonders  Celtis,  Eriobotrya,, 
Firmiania,  Acanthopanax,  Catalpa  Dnclonxii,  dann  Cat.  ovata, 
Pauloivuia,  Trachycarpns  werden  auch  um  die  Dörfer  der- 
selben Gegend  kultiviert. 

6.  Ombrophiler  Laubhochwald  kalkfreien  Gesteins  in 
Südwest-Hunan,  vielleicht  auch  Ost-Kweitschou,  850 — 1180///.. 
Der    prachtvolle,    als    Tempelwald    geschonte,    5    bis    0  knr 


1  Diese  nur  auf  einem  isolierten  Kalkhügel  bei  Dodjie  zwischen  Duyün 
und  Badschai  in  nur  700  m  Höhe,    dem  tiefsten  Vorkommen  der  Formation. 

~  Diese  erst  von  Kweiyang  östlich,  also  nicht  über  1200  ;/«,  Tltcci  nur- 
stellenweise,  noch  seltener  auf  Sandstein. 


Vegetationsstufcn  von  Kweitschoii  und  Hunan.  o-tS 

umfassende  Wald  auf  Tonschiefer  an  der  Nordwestseite  des 
Vün-schan  bei  Wukang  ist  der  Typus  dieser  Waldart.  Der  ver- 
hältnismäßig isolierte,  1420  m  erreichende  Berg  fängt  —  wie 
andere  hohe  Ketten,  die  denselben  Wald  zu  tragen  scheinen, 
ich  aber  aus  Zeitmangel  leider  nicht  besteigen  konnte  —  die 
hochstreichenden  Regenwolken  auf,  daher  die  große  F'euchtig- 
keit,  welche  diesen  Wald  begünstigt.  Hochwüchsiger  (±  20  ;//), 
dichter,  zum  größeren  Teile  sommergrüner  Bestand,  an  den- 
steilsten  Hängen  ebenso  üppig  wie  um  die  Bäche,  um  welche 
sich  aber  einige  der  Charakterbäume  gruppieren.  Wuchs, 
Lianenreichtum,  der  epiphytische  Strauch  und  der  Kräuter- 
unterwuchs  erinnern  an  die  hygrophilen  Mischwälder  des 
nordostbirmanisch  -  westyünnanesischen  Hochgebirgsgebietes, 
Bäume:  Litliocarpns  sp.  div.,  Pterocarya  PaJmvtis'^,  Jiig'lansr 
regia}  ^,  Morus  iip.,  Celtissp.,  Zelkotva  serrata,  Tetraceutrou  sp., 
Michclia  sp.,  Manglietia  Fordiana,  Magnolia  denudata?, 
DapJiniphyllum  sp.,  Sapiiim  Japonicnm,  Cinnamomnin  Cassia, 
Osmanthiis  sp.,  Lindera  sp.,  Phoehe  Sheareri  u.  sp.,  Syni- 
plocos  sp.  div.,  Photinia  sp.  div.,  Cerasns  sp.,  Prumis  Sect.. 
Padns  2  sp.,  Alhizzia  Jidibrissin,  Scliima  sp.  (aufch  Veg.  Yün. 
zu  5  II  5  und  D  III  2),  Aescidus  Wilsonii^,  Euscaphis  Japonica^ 
Houenia  diiJcis,  Acer  Davidii  und  vier  andere  (auch  Sect. 
TrifoJiata),  Rntaceae  gen.  div.,  Thea  sp.,  'Hex  pednncnJosa,. 
Alanginm  sp.,  Araliacea  gen.,  Cornns  capitata  u.  sp.,  Vacci- 
niiiin  sp.,  Diospyros  sp.,  Clerodendron  sp.,'  Emmenopterys 
Henry i  u.  v.  a.  Lianen  in  Menge  und  oft  von  gigantischen 
Dimensionen:  Ficns  sp.,  Sargentodoxa  cnneata,  Actinidia 
ptirpurea  u.  sp.  div.,  Kadsiira  peUigera,  Magnoliacea  gen.^ 
Clematis  sp.  div.,  Schizophragma  integrifoliimt,  Ruhns  iiiali- 
folins?,  Dalhergia  Dycriana,  Piieraria  hirsutn,  Vitis  pentagona^ 
Ampelopsis  sp.  div.,  Cayratia  sp.  u.  a.  Anipelidaceae,. 
Bercheniia  sp.,  Jasniiunm  lanceolarium,  Apocynaceae  gen.  div., 
Trichosantlics  sp.,  Pacderia  sp.  (auch  Veg.  Yün.  D  \l  \,  statt 
Solanacea  gen.).  Sträucher  besonders  an  offeneren  Stellen 
und  gegen  die  Ränder:  Ficns  sp.,  Monis  sp.  (mitunter  spreiz- 
klimmend), Mahonia  sp.,  Sarcococca  sp.,  Dichroa  febrifnga,. 
Hydrangea  sp.  div.,  Rnhns  sp.  div.,  Ncillia  sp.,  Kerria  Japonica,. 


^   Um  die  Jüichc. 


344  H.   HandcI-.MK/.zetti, 

Rliauuuis  2  sp.,  Rhus  sp.,  Alangiiiiu  sp.,  Painix  DeJaviiyi, 
Araliacca  gen..  Siyrax  sp.,  ( 'allicarpa  sp.,  Prcmna  sp.,  P/7o- 
stegia  vibnriioidcs,  Vibiiriinin  sp.,  Samhucns  Sieholdiatia?, 
S.  Wightiaiia?.  Epiphytischer  Strauch:  Sorbits  sp.,  dieselbe 
oder  eine  ganz  ähnliche  Art  (5.  caloneura?),  auch  krummholz- 
artig an  Felsen.  2  kleine  Arimdinaria  sp.  Schattenkräuter: 
Ziugibcr  sp.,  Pohf^onainm  sp.,  Liliaceae  div.,  Elatostemivui  sp. 
(auch  V'eg.  Yün.  D  III  2),  Dorstcnia  sp.,  Polyi>oniifn  sp.  div'., 
Tliafklnim^p..  (  \irJaw int;  sp.,  Eoinecon  sp.,  Inipatien.^  sp.  div., 
(lirysosplcniuui  sp.  div.,  McIa.'<tomacea  gen.,  UmbeUiferae  div., 
Ly.siinacJiia  Klattiana  u.  sp.,  Gesneracea  gen.,  Mechania 
itrticifoUa?,  Schattengräser:  Hoplismemis  sp.,  lilymiis  sp., 
(h'peraceü  gen.,  viele,  meist  mittelgroße  Farne.  Hoch- 
stauden, an  lichteren  Stellen  sich  zu  üppigen  Fluren 
gruppierend:  Lilium  giganieimi?  Polygonaimn  sp.,  T'^/;/- 
bcUiferae  div..  Plectranthus  sp.,  AcaMthacea  gen.,  Scnccio 
sp.,  Eiipaioriuin  sp.  An  beschatteten  Preisen:  Hymeiio- 
phyllmu  sp.  div.,  (lesueraceae  div.,  Epiphyten:  Polypodium 
sp.  div.,  i'cicrach  sp.,  Lysionoius  sp.,  viele  Moose  an  den 
Bäumen,  mitunter  Barbclla  und  andere  Neckeraceac  in  langen 
Zotten  hängend,  viele  an  Felsen  und  weniger  auf  dem  Erd- 
boden. Auf  Felsplatten  in  Bächlein  .4cc>rM6'  gramincns. 

7. 7)'^/ //e /'f/,va  Bcecheyan aP-B e s tän d e,  10 w hoch, bedecken 
in  großer  Ausdehnung  die  Talhänge  von  Südwest-Hunan  bis  zu 
1100  ///  Höhe,  hie  und  da  überragt  von  den  Kronen  einzelner 
der  unter  4.  angeführten  Bäume.  Der  Bambus  ist  dort  sicher 
auch  einheimisch  und  seine  unduldsame  Natur  dürfte  die 
künstliche  Auslese  bei  der  Erzielung  so  reiner  Bestände,  wie 
man  sie  oft  sieht,  unterstützt  haben. 

S.  Gesträuche  bedecken  manchmal  ansehnliche  Strecken 
und  verdienen  sicher  eine  weitere  Unterteilung,  die  ich  aber 
mangels  vollständiger  Bestimmungen  noch  nicht  geben  kann, 
Corylopsls  sp.,  SiachyiirM.'^  sp.,  Monis  acidosa.  Boehmeria 
iiivea,  Ouercus  glandulifera.  (\>rylus  heterophylla  \,  Gloclii- 
dioii  sp.,  Mallotiis  sp.  di\-.  (M.  PhiUppmensis  auch  Spreiz- 
klimm er),  Cotiavia  Sinica.  Xandina  dornest ica,  Myrsine  Afri- 
cctna\  (auch  zu  A'eg.  Yün.  BW  V).  Deiif-Aa  sp.,  D'ichroa  febvifiigü . 

1   Nur  in  Kweitschou. 


\'egct:itionsstufen   \'on   Kweitschuu  und  Huiiiin.  '•\4o 

H\\Iraiii>L'a  sp.  div.,  (,'rafacgHs  sp.  div..  Hosu  taevii^ata'^,  iiiicro- 
Ciifpa,  Spiraca  Japoiiica,  Pyracantha  crcnuhita,  Rithiis  sp.  div., 
Syniplocos panicnlata ,  Indigofera  sp..  Thca  Sinensis,  Grewia  sp., 
BcrcJiemia  sp.  div.,  XanthoxyJoii  sp.  div.,  Rhns  Javaiiica  ii.  sp., 
Celastrtis  angulahts,  TorriceUia  sp.,  Araliacea  gen.,  Acantho- 
paiiax  sp.  div.  (Spreizidimmer),  Hclhvingia  sp.,  RliodoJein/roii 
ovatnni  u.  sp.,  Vaccinium  DoniaiiiiHi,  Picris  sp.,  BudJIeya 
Davidii,  SfyraxRp.,  Clerodcndroii  sp.,  Preinua  sp.,  ( 'allicarpa  sp., 
Louicera  sp.,  Viburnmn  sp.  div.,  Leptodermis  nervosa;  Lianen: 
Dioscorea  sp.  div.,  Sargentodoxa  cimeata,  Schixandra  spheuau- 
thera  u.  sp.,  Actinidia  sp.,  Dalbevgia  Dyeriana.  Vitis,  Cayratiau. 
Ampelidaceae  d\\\,  Baiihinia  sp.,  Celastnts  sp..  Momordica 
Cocliiiichiuensis-,  Asclepiadaceae  div.,  Louicera  sp.  Kräuter: 
Tricyrtis  sp.,  Lycoris  aurea,  Honttnynia  cordata,  i'hJoraiitluis 
sp.,  Macleaya  cordata,  Genista  sp.  Triunifetta  sp.,  Salria  sp., 
Sirobilanfhes  sp.  div.,  Scrophidaria  sp.,  Artcmisia  sp.  div., 
Enpatorium  sp.,  Senecio  sp.  (Spreizkiimmer).  (Iräser;  >/:.v- 
canthits  sp.,  (^alamagrostis  sp..  Broniits  sp.;  Gleichen ia  linearis 
und  sonst  einzelne  Farne,  Arundiuaria  2  sp.,  die  eine  be- 
sonders an  Steiliiängen,  die  andere  in  kiesigen  Talsohlen  in 
Kweitschou  eigene  Bestünde. 

Thea  oleifera  ist  in  reihenvveiser  Anordnung  kultiviert 
und  charakterisiert  so  zwischen  dem  unter  3.  behandelten 
Wald  besonders  in  Südvvest-Hunan  auf  weite  Strecken  die 
Gegend.  r/;t'a  Sinensis  wird  noch  bei  Nganschun  kultiviert 
und  kommt  auch  hie  und  da  wild  vor. 

9.  Buschsteppe  besonders  um  Hsikvvangschan  in  Hunan 
auf  Kalk  und  Sandstein  bis  900  m  Höhe  als  Übergang  von 
der  subtropischen  Grassteppe  zur  folgenden  Formation.  Gras- 
wuchs wie  in  der  ersteren,  doch  etwas  höher,  Sträucher  viel 
vorherrschender  als  dort,  doch  fehlen  von  jenen:  Smilax, 
Lagerstrocniia,  Daphne  (renkiva,  Hex  cormita.  Von  frühjahr- 
blütigen  Kräutern  dazu:  Orchidacea  gen.,  Lithosperviism  2  sp., 
Pedicularis  sp.,  Androsace  sp.,  von  herbstblütigen:  Anemone 
Japomca,Aconitnin  sp.,  Dianihnssp.,  Sangnisorba  sp.,  Cassia  sp., 
Hypericum  sp.,  Linnm  sp.,    Pencedannni  sp.,    Platycodon  sp.. 


1  Im  westlichen  Kweitschou  statt  dieser  R.  Roxbiirghii. 

2  Nur  am   Vü-Schan   in  6äO  bis  700  ///   Hühe. 


346  H.  Handcl-Mazzetti, 

Dipsacns  sp.,    Anaphalis    sp.,    Aster   scaber,    Ceniaurea?  sp. 
(1  V2  m  hoch). 

Als  Ausläufer  yünnanesischer  Formationen  findet  sich 
noch  in  Yünnan,  aber  innerhalb  unseres  Florengebietes  in 
hoher  Lage  (1700  m)  hie  und  da  noch  eine  Grassteppe  aus 
Andropogon  DeJavayi  (auch  Veg.  Yün.  B  II  4). 

10.  Buschwiese.  Durch  die  ganze  Stufe  als  Leitformation, 
deren  Anklänge  an  die  Pieridium-W\ese  des  nordostbirmanisch- 
westyünnanesischen  Gebietes  (siehe  dort,  D  II  2)  nicht  zu 
verkennen  sind.  Die  Sträucher  überhöhen  die  Gräser  kaum, 
alles  ist  unter  1  m  hoch,  nur  die  Birke,  anscheinend  dieselbe 
Art  wie  am  Djiou-djiang  (1.  c,  D  I  1),  kommt  oft  als  Bäumchen 
vor.  Blütezeit  den  ganzen- Sommer  hindurch.  Leitpflanzen  sind 
die  folgenden:  Gräser  und  Grasartige:  u.  a.  Imperata  sp., 
Poa  sp.,  Festnca  sp.,  Bronius  sp.,  Dactylis  glomerata,  (stellen- 
weise auch  Hochgräser  wie  Eriantlius?  sp.),  Scleria  2  sp.,  Fim- 
bristylis?  sp.;  Sträucher:  Castanea  Segiiinii,  Betnla  lummifera, 
Salix  sp.,  Hypericum  Hookerianuin,  Indigofera  sp.  div.,  Les- 
pedezaformosa,  Desmodinm  sp.  div.;  perenne  Kräuter:  Anemone 
riviilaris  im  Westen  und  Japonica  im  Osten,  Sanguisorba  sp., 
Osbeckia  crinita,  Lysimachia  sp.  div.,  Pedicularis  sp.,  Vale- 
riana sp.,  Patrinia  sp.,  Platycodon  sp.,  Adenophora  sp.,  Senecio 
Jacobaea  ?,  Aster  scaber,  Lilium  Brownii,  Iris  sp.,  Orchidaceae 
gen.  div.;  Farne:  Dryopteris  TJielypteris?,  Pteridium  aquilinnm, 
Osninnda  sp. 

11.  Mesophile  Wiesen  sind  in  geringerer  Ausdehnung 
besonders  um  Nganping  in  Kweitschou  vorhanden,  die  Gräser 
waren  noch  nicht  entwickelt,  doch  charakterisierten  die  Mengen 
von  Daticus  Carola  und  Lotus  coriiictilatus  die  Formation 
hinreichend.  Dazu  gehören  auch  die  kräuterreichen  Hänge 
um  den  Tempel  Gwanyingo  auf  dem  Vün-schan,  denen  Gräser 
allerdings  fast  fehlen  und  welche  tragen:  Pilea  sp.  div., 
Hoiittnynia  cordata  (auch  Veg.  Yün.  CI  4  u.  Z)  II  5),  Geunt  sp., 
Epilobinm  sp.,  Hypericum  sp.,  Umbelliferae  div.,  Solanum 
Dulcamara,  CaJystegia  sp.  etc.  Rliynchoslegiuni  sp.  bildet  den 
Moosuntergrund,  an  Abrissen  finden  sich  reichlich  2  Selagi- 
nella  sp.  Reisfeldraine,  wie  I  15,  dazu  Coniposita  gen.  und 
Sonclms  sp. 


Vegetatioasstufen   von  Kweitschou  und  Hunan.  34/ 

V2.  Heide  wiese.  Hie  und  da  durch  die  ganze  Stufe, 
besonders  in  Kweitschou.  Die  durchwegs  niedrigen  Gräser 
Konnte  ich,  abgesehen  von  einem  Ischaemum,  ihrer  mangel- 
haften Entwicl^lung  halber  leider  nicht  konstatieren.  Kräuter: 
Fotentilla  sp.,  MeJastoniacea  gen.  (rasenbildend  mit  holzigem 
Rhizom),  Brimella  vulgaris,  Nepeta  sp.,  Ovigamun  sp.,  Aspe- 
nila  sp.,  Erigeron  sp.,  Cirsium  sp.,  Burmannia  sp.,  Belemcanda 
Sinensis,  Orchidaceae  gen.  div. ;  Farne:  Lygoditim  sp.  (nieder- 
liegend), Gleiclienia  linearis;  Sträuchlein:  Ficns  sp.  (kriechend), 
Leptodennis  nervosa;  Entodon  sp.  bildet  den  moosigen 
■Untergrund. 

13.  Felsenflora  ist  artenarm,  aber  oft  individuenreich: 
Nephrolepis  sp.;  sukkulente  Kräuter:  Pilea  sp.  div.,  Sednin  sp., 
Oesneraceae  gen.  div.,  und  sehr  lokal  als  Strauch  Apocynacea  gen. 
und  der  Spalierstrauch  Scliizophragma  integrifolitim  var.  minus; 
kletternd  Vitis  sp.;  Moose  meist  reichlich:  Psendoleskea?  sp., 
Anomodon  sp.,  Leucodon  sp.  und,  so  trocken  die  Formation 
aussieht,  so  quellen  doch  nach  jedem  Regen  sofort  große 
Nostoc  in  allen  Grübchen  auf. 

14.  Wiesenmoore  haben  geringe  Ausdehnung  um  650 
bis  WöO  m  Höhe,  aber  sehr  bezeichnende  Zusammensetzung. 
Yon  Gräsern  ist  ein  kleines  Militim  sp.  massenhaft,  Cyperaceen 
sind  reichlich  vertreten,  hie  und  da  Rliynchospora  sp.  und 
Cladium  Mariscus;  Viola  sp.,  Hypericum  sp.,  Oenanthe  sp.. 
Alisma  sp.,  Spiranthes  sp.,  Utricularia  sp.  und  manchmal 
eine  große  Typlia  sp.  in  Beständen. 

15.  Moorbrüche  fand  ich  nur  an  einzelnen  Stellen  der 
Gräben  auf  dem  Rücken  zwischen  Tjiaulou  und  Hsintscheng 
im  südwestlichen  Kweitschou  um  1600  m  Höhe.  Darin  kommt 
Sphagmim  sp.  und  Lebermoose  vor,  Strnthiopteris  sp.  bildet 
Bülten,  Jiincns  effnstis,  Scirpns  sp.  und  Pliragmites  communis 
sind  häufig.  Anschließende  eigentümliche  braune  flachkegelige 
überronnene  Sinterablagerungen  im  kohleführenden  Sandstein 
sind  mit  einer  Nardia  sp.  und  Vaucheria -Fölsievchen  über- 
deckt, die  Ränder  mit  Polytriclium  sp.  bestanden,  während 
ein    großes  Pteridiimi  sp.  das  angrenzende  Gesträuch  einfaßt. 

16.  Im  Wasser  ist  Alismatacea  gen.  und  Ottelia  sp. 
besonders    in    Reisfeldern    zu    verzeichnen,    ebenso    und    in 


348  }].   Handel-.Mazzetti, 

schlammigen  (iräben  Ociuiutlic  sp.  und  Cryptotiicnia  Japonica 
an  und  in  Gießenden  Wässern  in  Kvveitschou  massenweise 
(laclium  Marisciis  und  zwischen  Gudschou  und  Liping  ein 
braunblütiges  (yiuiULhum?  sp..  welches,  zur  Hälfte  unter- 
getaucht, grüne  Inseln  in  einem  Bache  bildet.  An  Ufern 
findet  man  als  Spalier  Salix  sp..  Alhizrjia  sp.,  Friixiniis  sp.,. 
in  der  östlichen  Hälfte  des  Gebietes  außerdem  als  Strauch 
Adiua  sp. 

h)  Obere  Stufe. 

1180—1420  in  (der  Vün-schan-Gipfel)  bildet  wohl  den 
Übergang  zu  einer  temperierten  Stufe,  die  in  größere  Höhen 
fallen  würde,  als  das  Land  erreicht.  Aus  dem  in  der  Einleitung 
angegebenen  Grunde  ist  es  nicht  zu  wundern,  daß  diese 
F'ormation  in  Kvveitschou  nicht  beobachtet  wurde,  da  sie  dort 
erst  über  den  höchsten  —  oder  doch  \on  mir  besuchten 
höchsten  —  Gebirgen  zu  liegen  käme,  t'ber  das  Klima  kann 
ich  nichts  Näheres  sagen,  es  liegt  dort  im  Winter  natürlich 
mehr   Schnee  als  tiefer. 

1.  Cup  uliferenwald  als  oberer  Teil  des  unter  .4  6 
geschilderten  Waldes.  Etwas  weniger  hochwüchsig,  darin  viel 
Stangenholz,  zum  großen  Teile  immergrün.  LitJwcarpns  sp.. 
Oiierciis  myrsinefoUa,  glaiicu,  Caslanopsis  sp.,  ( 'asfaneu  Hcnryi 
u.  sp.,  Fügtis  longipeiiohüa,  Flaivcarya  strolv'hiceu,  Actino- 
daplmc  sp.,  Idcsia  polycarpa,  ('inuaiiwuniin  (\issia,  Lindera 
sp.  div.,  LUsea  elongatu,  Symplocos  caitdaia,  Itea  ilicifolia?, 
Meliosma  sp.  (auch  Yün.  CHI  /'  1),  Sorbits  sp.,  Piriis  sp.,. 
AJbizräa  Jiüibrissin,  Tiliu  sp..  Fitfosponnii  sp.,  Ficris  sp.. 
Cletlira  F'argcsii,  Rhododendron  2  sp.,  \'ciccinnini  Japonicnni 
lA  sp.,  Vibnrmun  2  sp.;  Lianen:  Sdii-uiudra  Henry},  Tri- 
pterygiiim  ForresHi;  vSaprophyt;  Monat i-opa  .sp..  viele  Hutpilze; 
an  bemoosten  Felsen  darin:  Liparis  Makinoana'.\  Woodsia  sp. 
In  feuchteren  Gräben  Gesträuche  aus:  FJeeaisneu  sp.  (auch 
Veg.  Yün.  zu  B  II  5),  Diervillia  Jüpouiea.  Hanuinielis  mollis, 
darunter  Hochgekräute,  besonders  aus:  Actaea  sp.,  Uni- 
bellifera  gen.,  Stachys  sp.  und  Labiatae  div.,  Scnecio  sp. 
.(i/i,>7//ar/c?-ähnliche),  Centanrea  sp.  Mitunter  freie  Dschungel 
aus    kleinen    Arnndiiiaria   2  .sp.    (wie    a  0),     durchschlungen 


VegetaticMissliifcn  von  Kweitschou   und  Hunan.  o40 

mit  Arislolochia  sp.,  Stepliania  sp,,  Cuciirhitaceac  gen.  sp.  div., 
an  den  Rändern  Arfeuiisia  sp..  Fordiophyton?  sp. 

2.  Busch  wiese  (wie  a  10),  dazu  Agrosfis  teniiis,  Iscliae- 
uiiitn  sp.,  Runiex  Acetosa,  Salvüi  sp.,  Cliiiopoditnii  sp.,  Picris 
sp..  Erigcrou  sp.,  Lactiica  sp.,  Enpatorinin  sp.,  besonders  in 
Senkungen  Hochgräser  {Eriantliiis?)  reichlich,  dazwischen 
Boclmwria  iiivea. 

Tschan "scha,  im   P\'bruar   19U).^ 


1  Da  diese  .Mitteilung  erst  nach  meiner  lüickkelir  nach  Wien  gedruckt 
Avird,  kann  ich  mehrere  Bestimmungen  einfügen  —  auch  solche,  welche  ich 
von  Arnold  Arboretum  (Boston,  U.  S.  A.)  erhielt  —  und  können  die  ohne 
\'orbehalt  angeführten  Speziesnamen  gleichzeitig  für  Standortsangaben  gelten, 
loh  benütze  auch  die  Gelegenheit,  zu  meiner  »Vorläufigen  Übersicht  über 
die  Yegetationsstufen  und  -formationen  von  Yünnan  und  Südwest-Setschuan« 
und  den  Ergänzungen  dazu  (Sitzgsanz.  Akad.,  6.  Juli  1916  und  22.  November 
1917  und  Österr.  bot.  Zeitschr..  LXVf,  p.  196  bis  211  [1916]),  LXVII,  p.  111 
bis  112  und  174  bis  176  [1918],  zitiert  »Veg.  Yün«)  einige  diesbezügliche 
Berichtigungen  anzubringen. 


351 


Der  Vesuvian   in  chemischer  Beziehung 

Von 

Gustav  Tschermak 

w.  M.  Akad. 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  10.  Juli  1919) 

Das  Mischungsgesetz  der  Vesuviane  zu  erkennen,  ist 
bisher  nicht  gelungen,  weil  die  Analysen  zu  keinen  kon- 
stanten Verhältnissen  führten.  Die  von  Berzelius  und  von 
Magnus  wahrgenommene  Ähnlichkeit  der  Zusammensetzung 
mit  jener  des  Granats,  insbesondere  des  Grossulars,  ist  zwar 
nicht  zu  leugnen,  doch  macht  sich  ein  Mehrgehalt  an  Silicium 
lind  Calcium  bemerklich  und  es  zeigt  sich  ein  größeres 
Schwanken  der  Verhältnisse,  als  es  bei  anderen  .Silikaten 
beobachtet  wird.  Der  von  Rammeisberg  und  von  Scheerer 
entdeckte  Wassergehalt  scheidet  aber  den  Vesuvian  von  der 
Granatgruppe,  während  das  Verhalten  beim  Erhitzen,  wobei 
sich  ein  Aufschwellen  und  Ausstoßen  von  Wasserdampf  be- 
'merklich  macht,  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  Zeolithen  an- 
deutet. 

Daß  die  Vesuviane  isomorphe  Mischungen  darstellen,  ist 
wohl  sicher,  jedoch  gelten  hier  außer  den  für  wasserfreie 
Silikate  vielfach  bestätigten  Vertretungen  innerhalb  der  Oxyde 
von  gleichem  Typus  auch  solche,  die  in  der  Reihe  der  Zeo- 
lithe  beobachtet  werden. 

Seit  vierzig  Jahren  wurde  von  mir  wiederholt  der  Ver- 
such gemacht,  dem  hier  herrschenden  Mischungsgesetze  auf 
die  Spur  zu  kommen,  doch  hielt  ich  es  anfänglich  für  mög- 
lich, die  Zusammensetzung  des  Vesuvians  durch  eine  all- 
gemeine Formel  darzustellen  und  die  Abweichungen  der  Ana- 
lysen durch  Beobachtungsfehler  zu  erklären.  Der  erste  Versuch 


■■)02  ij.  Tschcrrnuk, 

in  dieser  Richtung  wird  durch  die  Verhältnisse  Si,^,Alj.Caj.,Hj^04.. 
angedeutet,  welche  in  der  ersten  Auflage  meines  Lehrbuches 
der  Mineralogie  1884  als  für  den  \^esuvian  geltend  angeführt 
wurden.  Auf  die  Abweichung  mancher  Analysen  war  dabei 
keine  Rücksicht  genommen.  Diese  führte  Rammeisberg, 
Weibull,  Sjögren  dazu,  für  den  Vesuvian  mehrere  Formeln 
aufzustellen,  doch  ist  in  diesen  das  \'erhältnis  Si^^Alg  eben- 
falls als  annähernd  entsprechend  zu  erkennen.  Eine  befriedi- 
gende Übereinstimmung  der  so  berechneten  Zahlen  mit  den 
Daten  der  Analysen  war  jedoch  nicht  erreicht. 

Ein  neuer  Versuch,  der  Lösung  der  hier  gestellten  Auf- 
gabe näherzukommen,  mußte  nach  den  bisherigen  Erfahrungen 
zur  Annahme  komplizierter  \'erbindungen  führen.  Als  der 
geeignetste  Weg  schien  mir  jener  zu  sein,  der  von  der  Berech- 
nung einiger  Analysen  ausging,  die  sich  als  besonders  ver- 
trauenswürdig erwiesen. 

Ala  und  Monzoni. 

Unter  allen  mir  zu  Gebote  stehenden  Vorkommen  des 
\'esuvians  boten  sich  Krystalie  von  Ala,  die  sich  durch  eine 
vollkommene  Klarheit  und  ideale  Reinheit  auszeichneten,  als 
besonders  geeignetes  Material  dar,  welches  über  die  Zu- 
sammensetzung Aufschluß  geben  konnte.  Diese  übergab  ich 
vor  dem  Jahre  1880  meinem  nun  verewigten  Freunde  E.  Ludwig 
zur  Analyse,  deren  Resultat  unter  1 1)  angeführt  wird.  Ein 
ebenfalls  vollkommen  reines  Material  \om  Monzoni  \vurde 
von  E.  Ludwig  und  A.  Renard  mit  dem  Ergebnis  unter  10) 
untersucht.  Vv'^enn  die  Zahlen  für  TiO,,  FcgOo  und  Fe  O  mit 
jenen  für  SiO.,,  A1,,0..  und  Mg  O  vereinigt  werden,  so  sind 
die  Verhältnisse: 


Si 

AI 

Ca 

Mg 

H 

für   10) 

6-254 

3-647 

6-476 

0  •  822 

2-376 

>.     11) 

6-218 

3  •  694 

6  •  536 

0  •  803 

3  •  208 

Die  Zahlen  für  Ca-t-Mg    sind  doppelt   so  groß   als  jene 
für  AI: 

10)  3-647  :  7-298  q  =  3-649 

11)  3-694  :  7-399  q  =  3-678 


Der  Vesuvian  in  cheinisclier  Beziehung.  353 

Wird  von  der  Summe  AI  4-  Ca  +  Mg  ein  Drittel  genommen, 
so  ergeben  sich  die  l^eträge  q  als  wahrscheinlich  genauere 
Werte  von  AI.  Nach  Division  der  zuerst  angeführten  Verhält- 
nisse durch  q  ergeben  sich  für  die  beiden  Analysen  die  Zahlen: 

.Si  AI         Ca-f-Mg         H 

10)  1-714:1  :'>  :0-65] 

11)  1-691  :  1-(H)4  :  1  •  995  :  0-S72 

Für  Wasserstoff"  ist  die  kleinere  Zahl  anzunehmen,  weil 
nach  der  von  Ludwig  befolgten  Sipöcz'schen  Methode  die 
Wasserbestimmung  etwas  zu  groß  ausfällt.  Das  Verhältnis 
Si  :  AI  betreffend  ist  zu  bemerken,  daß  17:10  das  wahr- 
scheinlichste ist»  weil  die  benachbarten  Werte  teils  zu  stark 
von  dem  gefundenen  Verhältnis  abweichen,  teils  auf  ungerade 
Wahlen  für  AI  führen: 

1-666  =  10  :  6 
1  •  692  ::=  22  :  1 3 
1-700  =  17  :  10 
1-714  ==  12  :  7 
1-727  =  19  :  11 
1-733  =  26  :  15 
1  •  750  n:     7  :    4 

Demnach  wären  die  Verhältnisse  17  :  10  :  20  :  6  als  den 
beiden  Analj'sen  am  besten  entsprechend  zu  betrachten. 
\Verden  dieselben  in  der  W-'eise  reduziert,  daß  auch  für 
MgO  +  FeO  die  äquivalente  Menge  Ca  eingesetzt  und  alles 
auf  die  gefundene  Analysensumme  gebracht  wird,  so  ergeben 
sich  die  folgenden  Zahlen: 


Alu 


Monzoni 

Ala          .Si,-Alio^a.,„H 

Si  0., .  . 

. .    37-81 

37-64 

37  -  80 

Aiod,  . 

. .    18-69 

18-95 

18-85 

Cao'.  . 

. .    41 -04 

41-32 

41  -36 

H.,0  .  . 

..      2-14 

2-90 

1  •  99 

99-68 

100-81 

100 

-f-0-01 

-0^ 

•16 

-0-16 

+0' 

■10 

-0-32 

-  0- 

■04 

+0-15 

+0- 

91 

354 


G.  Tscliermak , 


Die  Übereinstimmung  der  Beobachtung  und  der  Rechnung- 
ist eine  vollkommene,  nur  in  der  Zahl  für  H^O  in  Ala  ergibt 
sich  eine  größere  Differenz.  Nach  dem  vorher  Gesagten  scheint 
hier  der  Überschuß  von  der  angewandten  Methode  herzurühren 
und  dadurch  auch  der  Überschuß  der  Analysensumme  bewirkt 
zu  sein. 

Die  Oxyde  Mg  O  und  Fe  O  dürften  nicht  zur  Gänze  das 
Ca  O  vertretend  anzunehmen  sein,  sondern  zum  Teil  in  einem 
bestimmten  Verhältnis  zu  den  übrigen  Oxyden  stehen.  Es 
wäre  zu  entscheiden,  welcher  der  geringste  Betrag  ist,  mit 
welchem  diese  Oxyde  auftreten.  Aus  dem  Vergleich  der  später 
anzuführenden  Analysen  der  ähnlich  zusammengesetzten  \'esu- 
viane  kann  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  abgeleitet  werden, 
daß  dieses  Minimum  von  Mg  O  +  Fe  O  ungefähr  ein  Zehnte! 
der  Summe  Ca+MgO  +  FeO  beträgt,  wonach  für  solche 
Vorkommen  die  speziellere  Formel 

zu    gelten    hätte.    Die   entsprechende   Berechnung    stellt    sich 
wie  folgt: 


Monzoni 

Ala      .Sij 

;Al,oCa,3Mo 

Si  0., 

.  38-31 

38-13 

38  -  25 

Al,03- 

.  18-94 

19-19 

19-06 

CaO. 

.36-89 

37-26 

37-66 

MgO 

.     3-37 

3-29 

3-01 

H^O. 

.2-17 

2-94 

2-02 

+  0-06 
-0-12 
-0-77 
+0-36 
+  0-15 


Ala 

-0-12 
+  0-13 
—  U-40 
+0-28 
+  0-92 


99-68       100-81 


100 


Die  Rechnung  stimmt  mit  den  Beobachtungen  befriedigend 
überein.  Der  Betrag  der  gefundenen  Oxyde  Mg  0  ist  etwas 
größer  als  der  von  der  Rechnung  geforderte  und  dem- 
entsprechend der  Betrag  von  Ca  O  etwas  kleiner,  woran- 
man  schließen  darf,  daß  ein  kleiner  Teil  des  MgO  an 
Stelle  von  CaO  tritt.  Bezüglich  des  H.^O  gilt  das  früher 
Gesagte. 


Der  Vesuvian  in  chemischer  Beziehung.  355 

Somit  kann  die  Formel  Si^^  Alj^Ca^gNIgoHgO^.,  als  der 
getreue  Ausdruck  der  Zusammensetzung  beider  Vesuviane 
betrachtet  werden.^ 

Gliederung  der  Vesuvianverbindung. 

Bei  dem  Mangel  jeder  experimentellen  Grundlage  bezüg- 
lich einer  Synthese  dieser  Verbindung  bleibt  jeder  Versuch, 
den  Aufbau  derselben  aus  einfacheren  Komponenten  zu  er- 
gründen, darauf  beschränkt,  aus  den  übrigen  Erfahrungen  und 
aus  Analogien  Schlüsse  zu  ziehen. 

Die  Ähnlichkeit  mit  Granat,  insbesondere  mit  Grossular, 
ist  eine  weitgehende,  sowohl  hinsichtlich  der  äußeren  physi- 
kalischen Eigenschaften  als  auch  bezüglich  der  prozentischen 
Zusammensetzung  und  der  Zerlegungsprodukte  beim  Schmelzen. 
Das  oft  beobachtete  Zusammenvorkommen  von  Vesuvian  und 
Granat  in  der  Art,  als  ob  die  beiden  aus  derselben  Lösung 
entstanden  wären,  macht  es  wahrscheinlich,  daß  der  Vesuvian 
zum  Teil  aus  derselben  Grundsubstanz  besteht.  Eine  fernere 
leitende  Idee  geht  aus  der  Erfahrung  hervor,  daß  nicht  wenigen 
der  tetragonalen  holoedrischen  Krystalle  eine  solche  Zusammen- 
setzung zukommt,  daß  ihre  Formel  eine  Gliederung  nach  dem 
Prinzip  4  A  :  B  gestattet,  wobei  im  ersten  Gliede  die  Anord- 
nung der  Atome  in  den  äquatorialen  Ebenen,  im  zweiten 
jene  in  den  axialen  Richtungen  angezeigt  erscheint.- 

Im  vorliegenden  Falle  führen  diese  Betrachtungen  zu 
einer  Gruppierung  von  folgender  Art: 

S\,,A\,^Csi,^Mg,H,0,,  =  4Si3AUCa30,.,.Si5Al2Ca6Mg2H60.,4. 

Das  erste  Glied  wäre  Granatsubstanz.  Das  zweite  Glied 
in  einfachen  Verbindungen  aufzulösen,  kann  gelingen  auf 
Grund  der  Erfahrung,  daß  der  Vesuvian  oft  von  Orthochloriten, 


1  Zu  bemerken  wäre  noch,  daß  von  Wherry  und  Chapin  (Zeitschr. 
f.  Kryst.,  48  [1911],  126)  tür  Monzoni  0-54fVo  B2O3.  fi-"'  Ala  O-ISO/^^  und 
von  Vogel  für  Ala  0-36  0/^  KoO  und  0*29  0,3  NaoO  angegeben  wurden.  Es 
bleibt  aber  fraglich,  ob  das  Material  dieser  Bestimmungen  mit  dem  von 
Ludwig  und  Renard  untersuchten  identisch  war.  Auf  die  berechneten  Ver- 
hältnisse haben  diese  Bestimmungen  keinen  Einfluß. 

2  Tschermak's  Mineralog.  u.  petrogr.  Mitt.,   22  (1903),  393. 


356  G.  Tschermak, 

insbesondere  von  Klinochlor  oder  Pernin,  auch  von  Serpentin, 
begleitet  ist  und  bisweilen  in  Klinochlor  verwandelt  erscheint.^ 
Die  Zusammensetzung  der  Orthochlorite  aus  Amesitsubstanz 
SiAl.,Mg.,H^Og  =:  At  und  Serpentinsubstanz  SioMg^H^Og  rr  Sp 
^ibt  einen  Fingerzeig,  wie  jenes  zweite  Glied,  von  dem  die 
Chloritbildung  auszugehen  scheint,  aufzufassen  sei: 

Sij  Al.Ca,  Mg.  HßO,^  =  2.  Si,Ca,  H,0,  +  Si  AI,  Mg,  H.Og . 

Die  einzelnen  Gruppen  sind  solche,  die  auch  für  sich 
auftreten  können.  Sie  waren  als  durch  Nebenvalenzen  ver- 
bunden zu  denken,  ein  Fall,  der  auch  bei  anderen  salzartigen 
Verbindungen  eintritt  wie  beim  Polyhalit 

2  Ca  SO^ .  Mg  SO^ .  K,  SO^ .  2  H,0. 

Die  Granatsubstanz  überwiegt  bei  weitem,  dem  Gewichte 
nach  mit  67*^/^  gegenüber  33*'/„,  welche  auf  die  beiden  übrigen 
Silikate  entfallen. 

Die  übrigen  Analysen. 

Ungefähr  ein  Drittel  der  hier  benutzten  Analysen  stimmt 
in  den  Verhältnissen  der  Oxyde  mit  den  vorgenannten  genau 
oder  annähernd  überein,  die  anderen  ergeben  einen  höheren 
oder  geringeren  Siliciumgehalt.  Im  folgenden  sind  zuerst  die 
aus  den  Daten  jeder  Analyse  berechneten  Atomzahlen  an- 
geführt in  der  Art,  daß  die  meistens  geringen  Beträge  von 
Ti  O,  zu  jenen  für  Si  O.^  gezogen,  die  Beträge  für  FcO^  und 
BgOo  zu  jenen  für  Al.^O.,  gerechnet,  ferner  die  aus  Fe  O  und 
Mn  O  erhaltenen  Zahlen  mit  jenen  für  Mg  0,  endlich  die 
Zahlen  für  K.,0  mit  jenen  für  Na.,0  vereinigt  erscheinen. 

Si  AI  Ca  Mg  H  Na  ■        F 

1  a.  Matterhorn: 

6-419       3-494       6-285       0-697       3-008       0-342 
1  b.  Matterhorn: 
6-301        3-520        6-278        0-700        3-008        0-432 


1   Blum,   Pseudomorpliosen,   4.  Nachtrag,  p.  82,   86. 


Der  \'esuvi;in  in  chemischer  lieziehunj 


öOt 


Si  AI  Ca  Mg 

ü.  Almunge: 

6-308       3-932       6-005       0-499 

3.  Friigart: 

6-519       3-717       6-238       0-848 

4.  Göpfersg.: 

6-248       3-653       5-910       0-986 

5.  Sandford: 

(i-217       3-486       6-035       1-008 

'3.  Cziklowa: 

6-286       3-693       6-311        0-686 

7.  Susatal: 

()-212       3-710       6-417       0-489 

8.  Silver  Peak: 

6-185       3-839       6-243       0-590 

<3.  Ala: 

6-216       3-718       6-126       0-969 

10.  Monzoni: 

6-254       3-647       6-476       0-822 

11.  Ala: 

6-218       3-693       6-536       0-803 

12.  Parker  Seh. 

6-038       3-628       5-923       1-062 

13.  Telemarken: 

6-307       3-8(30       6-481       0-795 

14.  Eck: 

6-134       3-596       6-237        1-261 

15.  Arendal: 

6-140       3-672       6-330        1-001 

16.  Canzacoli: 

6-018       3-674       6-422       0-841 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  12!S.  lid. 


H  Na  F 

2-331  0-305 

0-611  0-040      0-911 

2-575  0-247       0-686 

1-388  0-622       1-010 

3-000  0-118 

3-774         

1-843  0-040       0-463 

3-175  0-170       0-334 

2-376  

3-208  

4-163  0-148       0-19U 

0-744  0-077       0-905 

1-277  0-434      0-695 

1-088  0-202       0-732 

3-785  0-487 
25 


öOb  G.  T s  c  h  e  r  m  a  k , 

Si  AI  Ca  .Mg  H  Xa  i- 

17.  Paringu: 

6-002       8-653       6-115        1-184       3-197  

18.  Arendal: 

5-879       3-857       6-066        1-396       3-486 

19.  Vesuv: 

6-568       2-75'2       6-342       1-079       2-957       0-395 

20.  Zerrnatt: 

6-367       3-471       6-319       0-766       3-086       0-198 

21.  Haslau: 

6-301        3-467       6-272        1-014       0-982       0-455       0-85^ 

22.  Tennberget: 

6-263       3-533       6-252       1-020       0-085       0-419       0-905 

23.  Ecker: 

6  245   3-453   6-386   0-964   0-966   0-299   0-710. 

24.  Vesuv: 

6-224       3-489       6-330       0-998       2-187       0  297       0-884 

25.  Vaticha: 

6-156       3-500       6-460       0-974       3-475       0-084       0-242 

26.  Vesuv: 

6-132       3-642       6-362        1-027        1-462  ...  0-570 

27.  Cziklovva: 

6-151       3-618       6-521        1-063       2-897       0-167 

28.  Concepcion: 

6-067       3-527       6-492       1-053       3-186       0-127 

29.  Ecker: 

6-039       2-975       6-838       0-957       0-988 

30.  Harstigen: 

5-867       3-013       6-096       1-767       1-621       0-248       1-047 

31.  Wilui: 

6-134       3-469       6-387        1-729        1-488       0-145       0-116 


Der  \'csLi\-ian   in   chemischer   I5ezieluing-.  3.)^.'' 

Literaturnachweis:  P.  Jannasch,  Zeitschn  f.  Krvst.,  10 
(1885),  112;  E.  Ludvvii^-  und  A.  Renard,  ebenda,  11  (1880;^ 
111;  J.H.Vogel,  17  (1890),  215;  G.  Lindström,  10  (1890). 
430;  G.  Nordenskiöld,  20  (1892),  375;  A.  Stenberg,  20 
(1892),  373;  M.  Weibull,  25  (1896),  1;  R.  iMauzelius,  28 
(1897),  507;  P.  Weingarten  und  P.  Jannasch,  29  (1898), 
298,  und  30  (1899),  646;  G.  Murgoci,  36  (1902),  655; 
G.  Steiger,  38  (1904),  680  und  47  (1910),  583,  und  U.  S. 
Geol.  Survey  Bull.,  419  (1910),  271;  VV.  Seyfarth,  Geogn.. 
Jahreshefte,  21,  München  (1908),  97;  A.  Cossa,  Zeitschr.  f, 
Kryst.,  45  (1908),  143;  M.  Di tt rieh,  ebenda,  51  (1913),  540;. 
R.  Mauzelius,  Zentralbl.  f.  Min.,   1915,  203. 

Nicht  benutzte  Analysen:  hi  der  von  Jan  nasch  be- 
sorgten, in  Dölter's  Handbuch  der  Mineralchemie,  Bd.  2,  ent- 
haltenen Zusammenstellung  von  Vesuviananalysen  sind  ältere 
und  neuere  Bestimmungen  unter  Nr.  1  bis  78  aufgeführt,  von 
denen  die-  folgenden  hier  nicht  berechnet  wurden,  a)  Ana- 
lysen nach  alter  Methode:  1  bis  11,  14  bis  29,  31,  34,  48, 
t]8,  75,  76,  77;  b)  minder  zuverlässige:  35,  46,  54,  55,  56;. 
iV  unvollständige:  49,  50,  71,  79  bis  82;  d)  solche  an  derben. 
Vorkommen:  52,  73;  e)  mit  vorher  angeführten,  bis  auf  den 
Wassergehalt  identischen  Anal^'sen:  41  bis  44  und  63.  Be- 
züglich der  Auswahl  der  Beobachtungen  kann  ich  auf  die 
von    mir    schon    früher^    entwickelten  Grundsätze  verweisen- 

Die  Verhältnisse  der  Atomzahlen. 

Bei  der  Berechnung  der  Vesuviane  \  on  Ala  und  Monzoni 
hat  sich  ein  bestimmtes  Verhältnis  von  AI  :  Ca-hMg  ergeben, 
das  fast  genau  1  :  2  ist.  Bei  den  übrigen  Anal3'sen  zeigt  sich 
annähernd  oder  genau  dasselbe,  daher  der  Versuch  angezeigt 
ist,  wie  in  jenem  Falle  auch  im  folgenden  ein  Drittel  der 
Summe  AI  +  Ca -f- Mg  als  Grundwert  anzunehmen,  um  ver- 
gleichbare Verbindungsverhältnisse  zu  gewinnen.  Wegen  der 
\'ariabi!ität  von  Ca  :  Mg  erscheint  es  ratsam,  die  Atomzahlen 
dieser    beiden    zu    vereinigen    und    den    Quotienten    unter   R 


1   Diese   Sitzuns-sber.,  Abt.  \,    127   (1918),    192. 


3()0 


G.   ']"  s  c  h  c  f  m  a  k , 


anzuführen.  Die  einwertigen  Elemente  H,  Na,  F  l<önnen  vor- 
läufig nur  in  summa  unter  H'  in  Rechnung  genommen  werden, 
weil  jetzt  noch  jeder  Anhaltspunkt  für  die  Ermittlung  der  ent- 
sprechenden Verbindungen  fehlt. 

Bei  der  Zusammenstellung  der  so  erhaltenen  Zahlen 
macht  sich  ein  Unterschied  bemerkbar,  indem  AI  entweder 
gleich  oder  gi^ößer  als  10  erscheint  oder  aber  kleiner  als 
dieser  Betrag. 

AI  ^  10,  R  ^  20 


t 

)i 

AI 

R 

H' 

1. 

18 

18 

10-03 

19-97 

9 

19 

Matterhorn,  Wein- 
garten 

2. 

18 

13 

1 1  •  30 

18-70 

6 

70 

Almunge,  Mauzelius 

18 

10 

10-31 

19-68 

4 

33 

Frugart,  Lindström 

4. 

17 

77 

10-39 

19-61 

9 

98 

Göpfersgrün,  Sej'farth 

ö. 

17 

71 

9  •  93 

20-07 

8 

63 

Sandford,  Vogel 

6. 

17 

64 

10-36 

1 9  -  04 

8 

75 

Cziklowa,  Weibull 

^ . 

17 

.55 

10- -18 

1 9  -  52 

10 

66 

Susatal,  Cossa 

8. 

17 

35 

10-17 

19-83 

5 

17 

Silver  Peak,  Steiger 

9. 

17 

25 

10-32 

19-69 

9 

21 

Ala,  \''ogel 

10. 

17 

14 

10-00 

20-00 

6 

51 

Monzoni,  Renard 

11. 

16 

91 

10-04 

19-96 

8 

72 

Ala,  Ludwig 

12. 

17 

07 

10-25 

19-74 

12 

47 

Franklin   Furnace, 
Steiger 

13. 

17 

07 

10-45 

19-55 

4 

54 

Telemarken,  Lind- 
ström 

14. 

16 

98 

9  -  95 

20-05 

6 

66 

Eck,  Vogel 

15. 

16 

74 

10-01 

19-99 

5 

51 

Arendal,  Vogel 

16. 

16 

51 

10-08 

19-92 

9 

13 

Canzacoli,  Vogel 

17. 

16 

44 

10 -OD 

20  •  00 

8 

76 

Paringu,  Murgoci 

18. 

15 

58 

10-22 

19-78 

9 

24 

Arendal,  N o  r  d  e  n  s  k  i  ö  1  d 

19.      19-37       8-12 


20. 
21. 


18-10 
17-58 


9-86 
9  •  68 


AI  -<]0,  R 
21-88 


20-14 


20 

8-77     Vesuv,   braun,  Wein- 
garten 
9-34     Zermatt,  Vogel 
6-39     Haslau,  Vogel 


Der  \'esuvi;in   in   cheinisclicr  licziehuiiü-. 


361 


22. 
23. 
24. 


25. 

IG- 

2G. 

1(3- 

27. 

IG- 

28. 

IG- 

29. 

16- 

30. 

16-- 

31. 

15- 

Si 
1 7  -  40 
17-34 
17-26 


-89 
•87 
-47 
-44 
•26 
-■18 


AI  R 

9-81  20-19 

9-59  20-41 

9-68  20-33 


9-60 
9  •  90 
9  ■  69 
V)  •  56 
8-01 
8-31 
8  •  98 


20  •  40 
20-10 
20-30 
20-44 
20-99 
21-69 
21-05 


II' 

3-91  Tennberge t,  WeibuU 

5-36  Ecker,  Vogel 

*.)-33  Vesuv,  gebl.,  Wein- 
garten 

9*53  Vaticha,  Maiizelius 

5-52  Vesuv,  Jan  na  seh 

8-21  Cziklowa,  Vo g e  1 

8-98  Concepcion,  Dittrich 

5-45  Ecker,  Stenberg 

8-04  Harstigen,  Mauzelius 

3-83  Wilui,  Weingarten 


Aus  dieser  Übersicht  ist  zu  erkennen,  daß  der  relative 
Gehalt  an  Si  und  AI  um  das  zuerst  gefundene  \'erhältnis 
Sij-Alj^  schu'ankt,  der  Betrag  für  H'  keinen  Zusammenhang 
mit  diesem  Verhältnis  wahrnehmen  läßt.  Letzteres  wird  er- 
klärlich dadurch,  daß  die  VVasserbestimmung  nach  verschie- 
denen Methoden  ausgeführt  wurde,  ferner  daß  sowohl  durch 
die  mikroskopischen  Wassereinschlüsse  als  durch  die  be- 
ginnende Zersetzung  der  Wassergehalt  gegenüber  dem  nor- 
malen und  ursprünglichen  vergrößert  erscheint.  Das  ver- 
hältnismäßig kleine  \'erbindungsge\vicht  H.,0  vergrößert  bei 
der  Berechnung  den  Beobachtungsfehler  ganz  erheblich.  Die 
Bestimmung  der  Alkalien  und  des  F  fehlt  in  mehreren  Ana- 
lysen, daher  H'  hier  wahrscheinlich  nicht  die  richtige  Zahl 
darstellt.  Auf  den  Betrag  von  H',  der  eine  provisorische  Zu- 
sammenfassung von  H,  Na,  F  bietet,  kann  demnach  kein 
besonderes  Gewicht  gelegt  werden.  Wird  ein  statistisches 
Verfahren  angewandt,  so  ergibt  sich  als  Mittel  der  angeführten 
Analysen  für  H'  ungefähr  die  ungerade  Zahl  7.  Ich  habe  mit 
Rücksicht    auf    das  vorher  Gesagte   die  Zahl  6  angenommen. 


Isomorphe  Substitutionen. 

Mehrere  Analysen  deuten  darauf,  daß  im  Vesu\'ian  bei 
gleichbleibender  äußerer  Form  eine  .Substitution  von  Si  ROo 
durch  Al.,0.,   eintreten  kann: 


o()2  G.  T.scliermak, 


Si 

AI 

R 

H' 

18. 

l.-)-6 

10-2 

19-8 

9-2 

29. 

16-3 

8  •  0 

21-0 

5-5 

ebenso  in 

1. 

18-2 

10 

20 

9-2 

19. 

19-4 

8-1 

21-9 

8-8 

Diese  Art  der  Substitution  gleicht  jener  ini  Orthochlorit, 
welcher  eine  isomorphe  Mischung  darstellt  von: 

Si  Mg  O. .  Si  Mg,  H^Oß     Serpentinsilikat 
A1.,0„ .  Si  Mg.,  H,Op     Amesitsilikat 

Auch  der  Aluminiumaugit  als  isomorphe  Mischung  zweier 
Silikate  liefert  ein  Beispiel: 

SiCaOg.SiMgO,,     Diopsid 

Al.,0.., .  Si  Mg  O,,     Hypothetisches  Silikat 

Substitutionen  solcher  Art  mögen  weiterhin  als  chlori- 
tische  bezeichnet  werden.  Die  Zahl  der  Sauerstoffatome  wird 
hier  nicht  geändert. 

Eine  andere  gleichzeitig  eintretende  Erscheinung  besteht 
in  der  Steigerung  des  Siliciumgehaltes  ohne  Veränderung  der 
übrigen  Verhältnisse,  wie  solche  in  einer  größeren  Zahl  der 
Vesuxiananal^^sen  zutage  tritt,  z.  B. 


Si 

AI 

R 

H' 

6. 

17-6 

10-4 

19-6 

8-7 

18. 

15-6 

]()-2 

19-8 

9-2 

.auch  in  folgenden: 


3. 

18-1 

1 0  •  3 

19-7 

4-3 

10. 

17-1 

1 0-1) 

20-0 

6-5 

17. 

16-4 

10-0 

20-0 

8-7 

Diese  Zunahme  von  Si  O.,  kann  als  eine  Substitution  von 
Kieselsäuren  wie  Si.,  H.,0,   oder  Si  R,0.,   gegen  H.,0  aufgefaßt 


Der  \'esuvian  in   chemischer  Beziehunar. 


8(33 


A\-erden.    Sie    ist    von    derselben    Art    wie   jene    in  Zeolithen,^ 
wofür  als  Beispiele: 

Im  Analcim  Si^AloNaoH^Oj^^,  im  Chabasit  Si^Al,CaH,.,Ojg 
Si^Al,Na,Hpj^,  SigALCaHjoOjß 

Diese  Art  der  Substitution  soll  als  die  zeolithische 
bezeichnet  werden.  Bei  dieser  ändert  sich  die  Zahl  der 
Sauerstoffatome. 

Die  angeführten  Analysen  zeigen,  daß  die  Zusammen- 
setzung der  Vesuviane  von  mittlerem  Si-Gehalte  der 
Formel  Sij- Al^fiR^oHgO-^  entspricht.  In  den  übrigen 
schwankt  der  Si- Gehalt  zwischen  Sijg  und  Si,^,  der 
Al-Gehalt  zwischen  Al^  und  Al^.,,  der  Gehalt  an  zwei- 
wertigen Oxyden  zwischen  21  und  19,  wobei  der 
.gesamte  Betrag  für  Aluminium  und  dem  doppelten 
Betrag  für  R  immer  ^  .lO. 


Komponenten  der  Vesuviane. 

Die  Analysen  der  Vesuviane  von  Ala  und  Monzoni  führten 
auf  das  Verhältnis  Sij_  Alj^Rg^HgO-.,,  welchem  die  unter  6. 
angeführte  nahesteht.  Andere  Analysen  geben  benachbarte 
A'^erhältnisse  an: 

Si  AI 

6.  17-6  10-4 

18.  15-6  10-2 

29.  16-3  8-1 

2.  18-1  11-3 


R 

H' 

19-6 

8-7 

19-8 

9-2 

21-0 

5-5 

18-7 

6-7 

Die  Analyse  18.  unterscheidet  sich  von  6.  durch  den 
Gehalt  an  Si  zufolge  zeolithischer  Substitution  und  deutet 
auf  das  Bestehen  des  Verhältnisses  Sij.  Alj^RgoHgOgg.  Aus 
letzterem  leitet  sich  gemäß  einer  chloritischen  Substitution 
die  Analyse  29.  ab  und  diese  leitet  auf  SijgAIgRgiHgOeg. 
Durch  den  Mehrgehalt  von  SL^O^  würde  sich  aus  den  zuerst 
angeführten  Analysen  das  Verhältnis  Si^g  AljoR.^^O^ß  ableiten  und 


1  Diese  Sitzungsber.,  Abt.  I,   127  (1918),  58  und  67. 


•')64  G.  Tschermak, 

durch  die  chloritische  Substitution  einerseits  Si.,f,ALR.,,H,.0-,. , 
andrerseits  das  Verhältnis  Si,8Alj2R_^gHg07ß,  welchem  die  Ana- 
lyse 2.  sich  nähert.  Als  Verhältnisse,  die  der  Berechnung  der 
Analysen  zugrunde  gelegt  werden  können,  erscheinen  dem- 
nach die  folgenden: 

A.  Si,oAl3  R,iHeO,, 

B.  SijgAljoR^^oHßO-ß 

C.  SijsAlj.^RjgHgO^e 

D.  Si,,Al3  R,,H,0,.3 

E.  Si,-,Alj,R2oH,0„8 

Das  zuerst  angeführte  Verhältnis  Si,- A1j„R.,qO,.0-.,  er- 
scheint jetzt  als  Alittel  von  zweien,  nämlich  ^/„(C  +  D)  und 
ist  demnach  für  die  Berechnung  der  Analysen  nicht  erforder- 
lich. Ebenso  ist  das  Verhältnis  B  als  ^/.-.(A  +  Cj  entbehrlich, 
für  die  später  anzuführende  Berechnung  aber  bequem. 

Die  vier  Formeln  A,  (\  D  und  E  würden  genügen,  unT 
alle  beobachteten  Verhältnisse  abzuleiten,  jedoch  schließt  dies 
nicht  aus,  daß  auch  andere  Formeln  gefunden  werden,  die 
dazu  tauglich  wären.  Jenen  vier  kommt  aber  die  größere 
Wahrscheinlichkeit  zu,  weil  sie  die  einfachsten  Beziehungen 
darbieten.  Es  ist  daher  anzunehmen,  daß  dieselben  bestimmte- 
Verbindungen  angeben,  deren  Mischung  im  Vesuvian  vorliegt. 

Berechnung  der  einzelnen  Analysen. 

Aus  den  zuvor  genannten  vier  Verhältnissen  lassen  sich 
die  hier  benutzten  Anal3'sen  genau  oder  mit  geringen  Ab- 
weichungen berechnen.  Anfangs  hatte  ich  fünf  Verbindungen 
angenommen  und  die  Rechnung  dementsprechend  durch- 
geführt. Im  nachstehenden  sind  die  so  erhaltenen  Ergebnisse- 
angeführt, um  die  Mühe  einer  neuerlichen  Umstellung  zu 
ersparen. 

a.  Si.,oAl8  R.2iHgO,, 
ß.  SijgAljoRgoHßO^g 
Si,8Al,.3R,gHgO,g 
Si,,Al3  R.,,H,0,3 


Der  N'csuvian  in  chemischer  BczieliunE 


.■■)(35 


In  allen  diesen  Verbindungen  ist  die  Summe  AI  -f-  2  R  =r  50. 
Dies  kann  für  jede  einzelne  Analj^se  nicht  zutreffen,  weit 
anfänglich  AI  :  R  =:  1  :  2  angenommen  wurde,  was  nur  an- 
nähernd gilt,  und  weil  durch  die  V^erdopplung  des  Betrages  R 
mit  Rücksicht  auf  die  zukommenden  Beobachtungsfehler  die 
Abweichung  der  Rechnung  von  dem  Befunde  stark  vergrößert 
wird.  Bei  Anwendung  der  statistischen  Methode  können  die 
Fehler  sich  ziemlich  ausgleichen.  In  der  Tat  ergibt  das  Mittel 
der  angeführten  Analysen  für  AI  +  2  R  den  Betrag  50-1.  Bei 
der  nachfolgenden  Berechnung  kommen  manche  der  minder 
genauen  Beobachtungen  besser  weg,  als  sie  es  verdienen^ 
weil  überall  die  Zahl  der  Variablen  vier  bis  sechs  beträgt,^ 
also  die  Rechnung  den  Anal^^sen  leichter  angepaßt  werden 
kann. 

Die  Berechnung  der  Faktoren  a,  fi,  y,  o,  £  folgt  den 
Gleichungen  Si  =  20  a  +  1 9  ß  -+- 1 8  v  +  1 6  o  +  1 5  £  usw.  Die 
Summe  a  +  p  +  Y  +  o  +  s  ist  1  oder  nahezu  1.  Im  nach- 
stehenden ist  ausnahmsweise  der   lOOfache  Betrac  angeführt. 


Al^  10,  R^20 


3. 


4. 


c 

i 

AI 

R 

H' 

18 

18 

10-03 

19-97 

9-11 

Matterhörn,  VVe  i  n  g  a  r  t  e  n 

IS 

2 

10-0 

20  •  0 

6-0 

j3  =  80,  £  =  20 

18 

13 

1 1  -  30 

18-70 

6  -  70 

Almunge,  Mauzelius 

18 

02 

11-20 

19-00 

5-90 

7  =  83-2,  arr  15-2 

18 

10 

10-31 

19-68 

4-33 

Frugart,  Lind  ström 

18 

10 

10-30 

19-51 

6-04 

ß  =  63-8,  sr=  24-6, 
7=12-2 

17 

i  t 

10-39 

19-61 

9  -  98 

Göpfersgrün,    Seyfarth 

17 

24 

10-48 

19-76 

6-00 

ß  =  38,   s  =  38,  7  =  24- 

17 

71 

9  -  93 

20-07 

8-63 

Sandford,  Vogel 

17 

i 

10-0 

20-0 

6-0 

ß  =  07-5,  £  =  32-5 

17 

64 

10-36 

19-64 

8-75 

Cziklowa,  Weibull 

17 

04 

10-31 

19-56 

6-00 

0  —  .-;9      -  —  9ß     -  —  21 

17 

•55 

10-48 

19-52 

10-66 

Susatal,  Cossa 

17 

•  5(  i 

10 --IS 

19-51 

6  -  00 

ß  =  40,  7  =  29,   £  =  24 

G.  'I'schennak, 


c 

i 

AI 

R 

H' 

8. 

17- 

35 

10-17 

19-83 

6-58 

Silver  Peak,  Steiger 

17- 

10 

10-20 

19-90 

6-00 

ß  =  45,   3  =  45,  Y  =  10 

0. 

17- 

25 

10-32 

19-69 

9-28 

Aia,  Vogel 

17 

33 

10-38 

19-81 

6-00 

^  =  44,   £=:37,  'i  =  l{) 

10. 

17 

14 

10-00 

20-00 

6-51 

Monzoni,  Renard 

17 

0 

10-0 

20-0 

6-0 

ß  =  50,  £  ==  50 

11. 

1(3 

91 

10-04 

19-96 

8-72 

Ala,  Ludwig 

17 

0 

10-0 

20-0 

6-0 

ß  =  50,  3  =  50 

12. 

17 

07 

10-25 

19-74 

12-47 

Parker-Schacht,  Steiger 

17 

11 

10-25 

19-80 

6-0 

ßn:45-3,  £  =  42-2, 
Yr=14 

13. 

17 

07 

10-45 

19-55 

4-54 

Telemarken,  Li  n  d  st  r  ö  m 

17 

•06 

10-47 

19-53 

5-94 

ß  =  35,   £  =  37,  Y  =  27 

14. 

16 

98 

9-95 

20-05 

0-66 

Egg,  Vogel 

17 

10 

20 

6 

ß  =  50,  2  —  50 

15. 

16-74 

10-01 

19-99 

5-51 

Arendal,  Vogel 

16-74 

10-00 

20-00 

6-00 

£  =  56  -  5,  ß  =  43-5 

16. 

16-51 

10-08 

19-92 

9-13 

Canzacoli,  Vogel 

16-52 

10-0 

20-0 

6-0 

£  =  62,  ß  =  38 

17. 

16-44 

10-00 

20-00 

8-76 

Paringu,  Murgoci 

16-44 

10 

20 

6 

£  =  64,  ß  =  36 

18. 

15-58 

10-22 

19-78 

9  -  24 

Arendal,  Nordenskiöld 

15-99 

10-26 

19-86 

6-00 

£=  73-3,  ß  =  13-5, 
Y=  13-2 

19. 

19-37 

8-12 

21-88 

8-77 

VesLiN',  braun,  Weing. 

19-06 

8-26 

21-69 

6  -  20 

a.  =  63  •  3,  0  =  40 

20. 

18-10 

9-86 

20-14 

9-34 

Zermatt,  Vogel 

18-04 

9-84 

20-08 

6  •  00 

ß  =  74,  3  =  18,  0  =  8 

21. 

17-58 

V)  •  68 

20-33 

6-39 

Haslau,  Vogel 

17-55 

9-62 

20-19 

6  -  00 

ß  =  59,  s  =  22,   0  =  19 

22. 

17-40 

9-81 

20-  19 

3-91 

Tennberget,  Weibull 

17 

•40 

9-80 

20  •  20 

6-00 

ß=43-5,  £  =  44-9, 

Der  N'esuvian   in  clicinisoher  lieziehung. 


3()/ 


Si 

AI 

R 

H' 

'2'S. 

1  7  •  34 

9-59 

20-41 

5-36 

1  7  •  2-i 

9  -  52 

20-24 

6-00 

1>4. 

17-26 

9-68 

20  •  33 

9-33 

17-24 

9  •  70 

20  ■  24 

6-00 

25. 

16-89 

9-60 

20  •  40 

9  •  53 

16 -S5 

9-58 

20-46 

6-06 

26. 

16-87 

9-90 

20-10 

5-52 

16-87 

9  ■  90 

20-10 

6  •  00 

27. 

16-47 

9-69 

20-30 

8-21 

16-45 

9  -  60 

20-38 

6-00 

28. 

16-44 

9-56 

20-44 

8-98 

16-45 

9-60 

20-38 

6-00 

29. 

16-26 

8-01 

20-99 

5-45 

16 

8 

21 

6 

30. 

16-18 

8-31 

21  -69 

8-04 

16-40 

8-32 

21-34 

6-12 

11.      15-88       8-98     21-05       3-83 


15-98       9-00     21-00       6-12 


Ecker,  \'ogel 

ß  =  50,  s  =  26,  0  =  24 


Vesuv,  gelblich,  Weing. 
ß  =  50,  3  r=  30,   0  =  20 

\'t\ticha,  Mauzelius 
3  =  39,  ß  =  36,  0  =  26 

Vesuv,  Jan  na  seh 
3  =  49-7,  ß  =  44-5, 
0  =  6 

Cziklowa,  Vogel 

3  =  49,  ß  =  31,  0  =  20 

Concepcion,  Dittrich 
s  =  49,  ß  =  31,   0  =  20 

Ecker,  Stenberg 
0  =  100 

Harstigen,  Mauzelius 
0  =  94,  ß  =  4,   3  =  4 

Wilui,    Weing.   u.  Jan- 
nasch 
0  =  60,    3  =  40,    a  =  2 


Prozentische  Berechnung. 

Daß  die  Ergebnisse  der  Analysen  mit  der  Berechnung 
■nach  den  aufgestellten  Formeln  harmonieren,  zeigt  sich  am 
deutlichsten,  wenn  erstere  mit  den  prozentischen  theoreti- 
schen Zahlen  verglichen  werden.  Es  wird  genügen,  wenn  im 
folgenden  einige  Analysen,  welche  weiter  auseinanderliegenden 
Verhältnissen  entsprechen,  herangezogen  werden.  Die  Ana- 
h'sen  10.  und  11.  für  Ala  und  Monzoni  samt  deren  Berech- 
nung sind  schon  früher  angeführt  worden.  Bezüglich  der 
Reduktion  der  Analj^^sen  gilt  das  vorher  Gesagte.  Zuerst 
mögen  die  aus  den  fünf  Formeln 


3,68 


G.  Tschermak, 


C  —  SijgAljgRjgHßO-ß,     D  r=  SijgAlg  R^^Hj-O,;.,» 
E  =  SiigAlioR^oHgOßs 

berechneten  Prozente  aufgezählt  werden: 


SiO,  . 
AI263  . 
Ca  O .  . 


H,0 


.1 

42-37 

14-36 

41-37 

1  •  90 


B 

40-45 

18-04 

39  •  60 

1-91 


c 

38  •  52 

21-76 

37  -  80 

1-92 


D 

37-04 

15-69 

45-20 

2-07 


E 

34-91 

19-72 

43-28 

2-09 


2.  Almunge,  Mauzelius. 


SiO,. 
AI2O3 
CaO. 
H,0. 


An.  reduz. 

,    38-93 

,    20-57 

38-21 

2-15 


her. 

38  -  90 

21-02 

38-16 

1-92 


03 
•45 
05 


^  10,  C  90  Vo 

Den  Alkalien,  zusammen 
0  -  99  ^/^ ,  entsprechende 
Menge    Ca  O    eingesetzt 


99-86     100 
6.  Cziklowa,  Weibull. 
Die  Anatyse  gibt  den  geringsten  Mg-Gehalt  an. 


Derse 

Ibe  Mg-frei 

ber. 

Die  An.  mit  Mg  ber. 

Si  0, .  . . 

.    38-19 

38-49 

-  30 

38-62       39-03     -41 

A1203 . . 

.    18-98 

19-29 

-31 

19-19       19-62     -43 

CaO... 

.    39-76 

40-25 

-49 

36-28       36-68     -40 

MgO  .. 

— 

— 

— ■ 

2-81          2-66         15- 

U^O  ... 

.      2-70 
99  -  63 

1-97 
100 

73 

2-73         2-01          72 

99-63     100 

B  51, 

C  21,  E 

28  7o 

B'  50,  C  15,  E'  357^ 

10.  Monzoni,  11.  Ala,  Renard  und  Ludwig.  .Schon  vorher 
in  anderer  Form  berechnet. 


Si  O2  .  . 

.    37-81 

37-64 

37-80 

Ol 

-16 

B  52-2 

A1A-- 

.  .    18-69 

18-95 

18-85 

-16 

10 

E  47-8 

CaO  .. 

. .   41-04 

41-32 

41-36 

-32 

-04 

H2O... 

..      2-14 

2-90 

1-99 

15 

91 

99-68  100-81   100 


Der  Vesuvian  in  chemischer  Beziehung.  36'.  • 

18.  Arendal,  Nordenskiöld. 

C  15,  £  85 

Der  1-98  entsprechende 
Betrag  von  BgO«  mit 
AljOg  vereinigt 


Si  0., .  . 

.  .    35 • 57 

35  -  45 

12 

A1._,0.,  . 

.  .    19-77 

20-03 

-26 

■Ca  0 .  . 

. .   41-98 

42-46 

-48 

HoO  .  .  , 

..      3-15 

2-06 

1-09 

100-47     100 


19.  Vesuv,  braun,  Weing. 


Si  0. .  . 

.  .    40 • 29 

AW,  . 

..    14-30 

CaO.. 

. .   43-46 

H,0  .  . 

..      2-73 

100-78 

40-08  21  ,4  57,  D  43 

14-93  —63  Der    4-28     entsprechende 

43-02  44  Betrag     von    Ti  O^     mit 

1*97  7()  Si  Oo  vereinigt 


100 
27.  Cziklowa,  Vogel,  28.  Concepcion,  Dittrich. 


Si  Oo .  .  . 

,  .    30 • 84 

36-67 

36-59 

25 

08 

B  24 

AlgO,  .  . 

,  .    18-37 

18-07 

18-67 

-30 

-60 

D   16 

CaO... 

,  .    42-71 

42-77 

42-70 

Ol 

07 

E  60 

H,0  .  .  . 

. .      2-59 

2-88 

2-04 

55 

84 

100-51      100-39     100 
29.  Ecicer,  Stenberg. 


Si  0., .  . 

. .    37-18 

37-04 

14 

1)   100 

Al,0..  . 

..    15-51 

15-69 

-18 

Fluor   l-977„   als  HO    be 

CaO.. 

. .   44-62 

45-20 

-58 

rechnet 

H.,0  .  . 

. .      1-87 

2-07 

-28 

99-18     100 

30.  Harstigen,  Mauzelius. 

Si  0, 36  ■  36 

AUO.,  ...    15-82 

CaO 45-99 

H,0  ....  _2-i7 

100-64     100 


37-04 

-68 

D  100 

15-69 

13 

Fluor  l-99  7o   als  HO    be 

45  •  20 

79 

rechnet 

2-07 

40 

'AJO  Cj.  Tsch  eiinak, 


ol.  Wilui,  Weing.  und  Jan  nasch. 


SiOo.. 

.  .  :u3  •  25 

36  •  1 9 

06 

AUO,  . 

..  17-:57 

1  7  •  30 

07 

CaO.. 

. .  45-00 

44-43 

57 

H,0  .  . 

. .   1-42 

2-08 

-G(\ 

100-04 

100 

D  60,  E  40 

Boroxyd  2-81  o/o  entspre- 
chendes A1.>0.,  mit  letz- 
terem vereinigt 


Bei  der  prozentischen  Berechnung  ergeben  sich  demnach 
durchwegs  Differenzen  der  Beobachtung  und  der  Rechnung, 
welche  die  möglichen  Fehler  der  einzelnen  Bestimmungen  der 
Analyse  nicht  überschreiten,  wonach  auch  hier  eine  Bestäti- 
gung der  vorher  genannten  Annahmen  zu  erkennen  ist. 

Wahrscheinliche  Struktur  der  vier  Verbindungen. 

Im  Vesuvian  darf  als  konstantes  Glied  Granatsubstanz 
SioAl.jRoO^o  =  Gr  angenommen  werden,  welche  von  Silikaten 
von  viererlei  Zusammensetzung  begleitet  ist: 

A.     Si,„Al,R,,H,0,,  =  4  Gr.SisR,H,0,,  = 

=  4  Gr .  2  Si,  R,  HoO, .  Si^  R.  HoOj., 

C.  Si,,Al,,Rj,H,0,,  =  4  Gr.Si,Al^R,HeO.,,  = 

=  4Gr.2SiAl,R,0,.Si^R3H,Oj._,. 

D.  Si„Al3R,,H,0,3  =  4Gr.Si,R,H,0,,  = 

:=  4  Gr .  2  Si  R.  H,Og .  Si.,  R.  H.,0,^. 

E.  Si,,Al,,H,0,3  =  4Gr.Si3Al,R,H60,,  = 

=  4  Gr .  2  Si  R,  H.,0, .  Si  AI,  K  H.,0, 

Die  letzteren  Silikate  können  durch  bestimmte  Zeichen 
zusammengefaßt  werden:  Si.,R3H.20  =  S',  Si  Al^R^HoO^,  =  A\ 
SiR^H.fi^  —  E\  S\^R^H.p^,  —  T'.  Dann  gewinnen  die  vier 
A'erbindungen  die  Gestalten: 

A  —  4  Gr.  2  5'.  r 
C=  4Gv.'2A'.T' 
D  —  4Gv.2E'.S' 
E—  AGx.'lE'.A' 


Der  N'esuviaa  in   cheniisclicr  Beziehung.  ö(\ 

S'  entspricht  dem  ersten  Anhjairid  des  Serpentinsilikates 
Si., MgoH^Oj,  und  A'  dem  ersten  Anhydrid  des  Amesitsilikates 
Si  AKjAig.,  H4O;, ,  die  Verbindung  E'  wäre  das  siHciumärmere 
Derivat  von  S'  in  der  Zusammensetzung  analog  dem  Hemi- 
morphit  SiZn.,  H.,0-  und  T'  ist  analog  dem  Talksilikat 
Si4^Mg3H20i2  zusammengesetzt.  Demnach  wäre  die  Formel 
für  sämtliche  hier  berechnete  Vesuviane 

4  Gr . a  (2  S'+  T') . 7  (2  A' -{-  T') .o{'2E'-h  S')  +  £  (2 E'+A') . 

Dieselbe  kann  auch  wie  folgt  geschrieben  werden: 

4Gr.(2a  +  3).S^(2Y  +  s).4^(a^-Y)^^(o  +  2j2£^ 

Hier  gibt  das  zweite  und  dritte  Glied  die  Zusammen- 
setzung einer  dem  Orthochlorit  analogen  Mischung  an,  während 
das  dritte  und  vierte  ein  Hj^drosilikat  von  wechselnder  Zu- 
sammensetzung andeutet.  Da  von  den  Faktoren  a,  y,  0,  z 
gewöhnlich  zwei  bis  drei  =r  0  sind,  so  gestaltet  sich  im 
einzelnen  Falle  die  Formel  nicht  so  kompliziert  als  es  anfäng- 
lich scheint. 

In  bezug  aai  die  Strul^Ttur  der  einzelnen  Gruppen  mag 
hier  bemerkt  \\'erden,  daß  nach  meinen  Beobachtungen  an 
der  aus  Grossular  entstehenden  Kieselsäure/  welcher  die 
Zusammensetzung  SioHj^O.^  zukommt,  für  den  Grossular, 
wenn  O  durch  einen  Strich  —  bezeichnet  wird,  die  Struktur: 

AI  -  Ca  -  Si  —  Si  -  Si  -  Ca  -  AI 
II 
Ca 

angenommen    wurde.    Man    könnte    aber    auch    eine   Addition 
von  Aluminat  und  Silikat  für  möglich  halten: 

Ca  =:  Si  =  Si  =  Si  =:  Ca 
AI  -  Ca  -  AI 

In  beiden  Fällen  hat  der  Bau  einen  monosjmimetrischen 
Charakter. 


i  Diese  .Sitzungsber.,   10.'».  Abt.  I  (1906),  233. 


o  /  _  G.  T  s  c  h  e  r  m  a  k , 

Bezüglich  der  übrigen  Gruppen  ist  zu  bemerken,  daß  der 
Vesuvian  beim  Zersetzen  mit  Salzsäure  entweder  bloß  unlös- 
liche Kieselsäure  oder  außer  dieser  einen  kleinen  Teil  \on 
löslicher  Kieselsäure  liefert,  wie  letzteres  bei  der  Zersetzung 
des  \''esuvians  von  Cziklowa  beobachtet  wurde.  Nach  der 
vorher  angestellten  Berechnung  enthielte  dieser  eine  unter- 
geordnete Menge  von  der  Gruppe  E',  die  für  sich  die  lös- 
liche Orthokieselsäure  geben  würde.  Die  übrigen  Gruppen 
können  Metakieselsäure  oder  eine  höher  zusammengesetzte 
Kieselsäure  von  dem  gleichen  Wassergehalt  liefern.  Dem  ent- 
spricht die  wahrscheinliche  Struktur: 

S'  A' 

H-R-Si      Si-R-H  H-Mg-Al-Al  — Mg--H 
R  Si 

T'  E' 

H  — R-Si-Si-Si-R  — H  H-R-Si  — R-H 

11  •  li 

R  ..  R 

Auch  die  wahrscheinliche  Struktur  dieser  Verbindungen 
zeigt  einen  mono.symmetrischen  Charakter. 

Beziehungen  der  chemischen  Zusammensetzung  zu  einzelnen 
physikalischen  Eigenschaften. 

Im  vorigen  wurde  gezeigt,  daß  die  aus  den  Analj^sen 
abgeleiteten  Formeln  eine  Gliederung  nach  dem  Schema 
A  A  :  B  gestatten,  wie  dies  bei  vielen  holoedrisch  tetragonalen 
Verbindungen  eintritt.  Versucht  man  sich  von  der  räumlichen 
Anordnung  der  Atome  im  ^'esuviankrystall  ein  Bild  zu  ge- 
stalten, so  \\ürde  das  erste  Glied  4  Gr  eine  tetrasymmetrische 
Gruppierung  nach  Ebenen  parallel  001  angeben,  wobei  den 
einzelnen  der  \icr  Komponenten  Si, Al,Ca..Ojo  jedem  für  sich 
eine  monos^mimetrische  Anordnung  zukäme.  Dies  entspricht 
einer  holoedrisch-tetragonalen  Krystallform.   Das  zweite  Glied 


Der  Vesuviun  in  chemischer  Beziehung.  3/3 

der  allgemeinen  Formel  besteht  aus  monosymmetrischen  Kom- 
ponenten und  auch  die  gesamte  Gruppe  folgt  dem  Typus 
'2  A  :  B,    dem   eine   monosymmetrische  Anordnung    entspricht. 

Wie  man  sich  die  Zufügung  dieser  Gruppe  an  die  vor- 
genannte tetras^^mmetrische  zu  denken  habe,  ist  schwer  zu 
sagen.  Entweder  kann  sie  mit  ihrer  Symmetrieachse  parallel 
der  Hauptachse  des  Systems  gestellt  sein  oder  auch  wiederum 
parallel  der  Endfläche.  In  beiden  Fällen  bekäme  der  Krystal! 
außer  dem  tetrasymmetrischen  einen  zum  Teil  monosymmetri- 
schen Bau. 

Eine  untergeordnete  Monosymmetrie  macht  sich  in  der 
Tat  an  den  Formen  der  Vesuviankrystalle  öfter  bemerkbar. 
Die  von  Zepharovich  publizierten  Krj^stallbilder/  welche 
nach  der  Natur  gezeichnet  sind,  geben  an  Krystallen  vom 
Vesuv,  der  Mussa-Alpe  und  von  Zermatt  Flächen  der  Formen 
^  =  (113),  ferner  s  =  (211)  und  ^  =:  (833)  sowohl  bezüglich 
ihrer  Größe  als  ihrer  Verteilung  oft  in  monosymmetrischer 
Anordnung  an,  ebenso  an  Krystallen  von  Zermatt  bezüglich 
der  Flächen  o  =  (101)  und  iv  (711),  die  hier  nur  mit  der 
Hälfte  der  Flächenzahl  ausgebildet  erscheinen. 

Daß  Platten  von  Vesuviankrystallen  gewöhnlich  eine  deut- 
liche Zweiachsigkeit  wahrnehmen  lassen,  ist  von  Breithaupt 
Madelung,  Descloizeaux  und  anderen  Beobachtern  kon- 
statiert w^orden  und  es  bleibt  zu  wünschen,  daß  die  Orien- 
tierung der  Achsenebene  an  Krystallen,  die  obige  mono- 
symmetrische Flächenverteilung  zeigen,  ermittelt  würde. 

Eine  an  den  Krystallen  öfter  wahrgenommene  fremdartige 
Erscheinung  ist  die  Schaligkeit  derselben,  wobei  eine  Zuwachs- 
schichte oder  mehrere  solche  fehlen  oder  zu  fehlen  scheinen. 
Bisweilen  ist  nun  die  äußerste  Zuwachsschicht  erhalten,  die 
einen  Balg  darstellt,  welcher  durch  fremde  Stoffe  ausgefüllt 
wird.  Oft  sind  die  Zwischenräume  der  Schichten  durch  andere 
Minerale  ersetzt.  Die  Schaligkeit  kann  dadurch  her\'orgerufen 
sein,  daß  Zwischenschichten  bloß  aus  einem  feinen  Netz  von 
Vesuvian  bestehen,  in  welchem  fremdes  Material  eingebettet 
ist.    Wenn   aber  die  Schaligkeit    durch  Zersetzung    oder  Auf- 


1  Diese  Sitzungsber.,  49  (1864),  6. 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd.  26 


374  G.  Tschermak, 

lösurtg  von  Vesuviansubstanz  hervorgerufen  ist,  so  kann  dies 
damit  erklärt  werden,  daß  ursprünglich,  also  beim  Wachsen 
des  Krystalls,  abwechselnd  siliciumreichere  Schichten,  die 
widerstandsfähiger  sind,  und  siliciumärmere  abgesetzt  wurden. 
Zu  den  letzteren  würden  solche  gehören,  die  viel  von  den 
Verbindungen  SijgAlgCagiHgOg^  und  Si^jAl^oCa^oHgOß  ent- 
halten, da  beide  die  Komponente  £' =  Si  Ca^  HgOg^  enthalten, 
die  als  ein  Orthosilikat  viel  leichter  zersetzbar  ist  als  die 
übrigen  Komponenten. 

Übersicht. 

Den  Ausgangspunkt  der  Untersuchung  bildeten  die  von 
E.  Ludwig  und  A.  Renard  ausgeführten  Analysen  der  Vesu- 
viane  von  Ala  und  Monzoni  mit  dem  Verhältnis  Bij^AljoCag^HgO,,. 
Andere  Analysen  ergaben  einen  größeren  oder  geringeren  Ge- 
halt an  Silicium  und  auch  ein  Schwanken  der  übrigen  Zahlen. 

Sämtliche  ausgewählte  Analysen  lassen  sich  als  isomorphe 
Mischungen  betrachten,  in  welchen  die  Gruppen  Si^g  AlgCa^gO^^g  = 
=  4Gr,  ferner  Si,R„H,Og  —  S',  dann  SiAUR^HgOg  =  A',  auch 
Si^RgHgOja  =  ^'  und  SiRgHgOgZ^E'  unterschieden  werden 
können.  Die  einzelnen  der  bezeichneten  Silikate  sind  bekannten 
Verbindungen  aus  der  Chlorit-  und  Serpentinreihe  analog, 
jedoch  von  geringerem  Wassergehalt.  Für  alle  Vesuviane  gilt 
die  Formel 

4  Gr. aCZ  S' +  T' ).-;  (2  A'+r').o  (2  E'+S').B  (2  E'+A'), 

wo  a-i- Y-h  0 -f- s  =  1.  Gewöhnlich  sind  zwei  bis  drei  dieser 
Faktoren  =  0,  wodurch  die  Formel  sich  vereinfacht.  Für  die 
zuerst  angeführten  Vesuviane  ist  7  =  72  und  8  =:  Yg.  Die 
Granatsubstanz  Gr  überwiegt  bei  weitem,  ihr  Gewicht  beträgt 
ungefähr  das  Doppelte  der  übrigen  Silikate. 

Die  aus  der  Formel  berechneten  Werte  zeigen  eine  be- 
friedigende Übereinstimmung  mit  den  aus  den  Analysen  ab- 
geleiteten Verhältnissen,  dasselbe  zeigt  sich  bei  der  prozenti- 
schen Berechnung. 

Für  das  erste  Glied  4  Gr  läßt  sich  eine  tetrasymmetrischc 
Anordnung    der  Atome    nach   Ebenen    parallel    der  Endfläche 


Der  Vesuvian  in  chemischer  Beziehung.  o7o 

annehmen,  während  die  begleitenden  Verbindungen  einen 
monosymmetrischen  Charakter  zeigen.  Die  Ausbildung  der 
Krystalle  und  das  optische  Verhalten  deuten  ebenfalls  auf 
eine  untergeordnete  Monosymmetrie  des  Krystallbaues. 

Die  am  Vesuvian  öfter  beobachtete  Schaligkeit  der  Kry- 
stalle läßt  sich  durch  die  chemisch  verschiedene  Zusammen- 
setzung der  Anwachsschichten  erklären. 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie    des 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


128.  Band.  5.  und  6.  Heft 


I 


379 


Die  Fähigkeit  der  Linienerhaltung  (phyletische 
Potenz),    ein   auf  die  Nachkommenschaft  von 
Saisonpflanzen  mit  festem  Rhythmus  ungleich- 
mäßig übergehender  Faktor 

Auf  Grund  von  Untersuchungen  über  die  Keimungs- 
energie,  Rhythmik    und  Variabilität  in  reinen  Linien 
von  Alectorolophus  hirsutus  All. 

Von 

Adolf  Speriich 

Aus  dem  Botanischen  Institute  der  Universität  Innsbruck. 

Mit  Unterstützung  der  Akademie  der  Wissenschaften  aus  den  Erträgnissen 
der  Erbschaft  Strohmeyer. 

(Mit  4  Textfiguren  und  4  Tafeln) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  15.  Mai  1919) 

Die  Samenkeimung  hat  in  den  letzten  Jahren  naohhaltii^ 
und  weitgehend  die  botanische  Forschimg  beschäftigt.  Weder 
die  rein  physiologischen  Fragen  nach  der  Rolle,  die  äußere 
Faktoren  bei  dem  Keimungsvorgange  spielen,  insbesondere 
nach  der  viel  erörterten  Bedeutung  des  Lichtes,  noch  oeko- 
logische  Fragen,  wie  sie  vor  allem  und  neuerlich  wieder 
von   W.  KinzeP    zur    Beleuchtung    \  erblüftender    Keimung.s- 


'   W.   Kinzel,   Lichtkeimunj^.   Erläuterungen   und   Ergänzungen.   Her.   d. 
D.   B.   G.   27.    1909.    p.   540  und  541.  llber    die    Keimung    einiger  Bauni- 

und  Gehölzsamen.  Naturw.  Zeitschr.  f.  Forst-  und  Landwirtsch.  /.'>',  1915, 
p.  129  ff.  und  157  bis  159;  14,  1916.  p.  450,  453,  456  und  465.  -  Teleoiogie 
der  Wirkungen  von  Frost,  Dunkelheit  und  l.icht  auf  die  Keimung  der  Samen. 
Ber.   d.  D.  B.  G.  .35,    1917,  p.   5S1  ff. 


380  A.  Speilich. 

Verhältnisse  von  Pflanzen  verschiedenen  Standorts  behandelt 
wurden,  können  als  restlos  gelöst  gelten  und  so  dürfte  der 
ganze  '  Komplex  von  Problemen,  die  sich  an  den  ersten 
Schritt  knüpfen,  der  das  jugendliche  hidividuum  aus  dem 
Ruhestadiumi  in  das  aktive  Leben  führt,  die  Forschung  noch 
lange  zu  vielseitiger  Arbeit  anregen.  Durch  Untersuchungen  von 
de  Vries  und  Renner^  hat  neuerdings  auch  die  Keimungs- 
unfähigkeit von  Samen  und  deren  Häufigkeit,  die  bisher 
eine  mehr  nebensächliche  Sache  geblieben,  für  die  \'ererbungs- 
forschung  große  Bedeutung  erlangt,  indem. in  solche  Samen  mit 
zwingender  Notwendigkeit  geforderte  Anlagenkombinationen 
verlegt  werden,  die  nicht  lebensfähig  sind.- 

Das  Vorhandensein  eines  festen,  freiwilligen  Ruhe- 
zustandes, aus  dem  Samen  gewisser  Arten  nur  zu  ganz 
bestimmten  Zeiten  des  Jahres  heraustreten,  schafl't  öfter 
betonte^  Berührungspunkte  mit  der  Krage  der  Periodizität 
im  Pflanzenreiche,  zu  welcher  Versuchsergebnisse  mit  Samen 
allerdings  bisher  wenig  Tatsächliches  beigetragen  haben. '^  Und 
gerade  durch  Keimverzug  und  Keimungsunfähigkeit,  denen 
die  Gärtnerei  und  Landwirtschaft  für  die  Kulturpflanzen 
praktisch  zu  begegnen  sucht,  offenbart  sich  am  aufdringlich- 
sten die  große  Mannigfaltigkeit  im  \'erhalten  des  Samen- 
materials einer  bestimmten  Art  einem  bestimmten  äußeren 
Faktor    gegenüber  '  und  um  so  deutlicher,    je    peinlicher    die 


^  H.  de  Vries.  Gute,  harte  und  leere  Samen  von  Ocnoiherci.  Zeitschr. 
t.  ind.  Abst.-  und  N'crerbl.  16.  1916.  0.  Renner,  Befruchtung  und  Embryu- 
bildung  bei  Ocnotlwia  LniudJ-ck/tiiui  und  einigen  verwandten  .Arten.  Flora. 
J07,     H'14.  Die     tauben     Samen     der     Oenotheren.     i'er.     d.     D.     l!.     ('■., 

M.    1916. 

-  Ö.  Renner.  \'ersuche  über  die  gametische  Konstitution  der  Oeno- 
theren. Zeitschr.  f.  ind'.  Abst.-  u.' Vererb].  IS.  1917.  p.  145:  Taube  Samen 
haben  genotj'pische  Pjedeutung.  ,        ,^ 

-'  W.  Johannsen.  Kuheperioden.  Huudwürlerb.  d.  Xaturwissensch.. 
.lena  1918,  6',  p.  TjIS.  (i.  Lakon,  ('ber  den  ihythmisehen  Wechsel  von 
Wachstum    und  Ruhe    bei  den  Pflanzen.  Biolog.  Zentralbl.  33.  19\<>.   p.  46.7. 

I  In  dieser  Hinsicht  ist  eigentlich  bisher  nur  Heinricher's  Nachweis, 
daß  die  Mistcisamcn  keine  feste  Ruhe  haben,  bedcutungsvoU.  •  E.  Hein.richcr. 
Über  den  Mangel  einer  durch  innere  Bedhiguiigen  bewirkten  Ruhe.periodt 
tci  den  Samen  der  Mistel  {Visciiin  tilbniii  L.\  Sitzungsber.  der  Wiener  .Akad. 
d.   Wiss.   math.-naturw.   Kl..    125.   .Abt.   1.    19u;. 


l'älii^kcit   der   l.iiiicncrhaHung.  0(S  1 

X'ersuchsanordnung  irgendwelche  F'ehlerquellen  auszuschließen 
bemüht  ist.  \'or  den  individuellen  Verschiedenheiten  hat  die 
Keimungsforschung  bisher  gewöhnlich  haltgemacht;  eine  ein- 
gehende Berücksichtigung  der  hierbei  in  Betracht  zu  ziehenden 
Beeinflussung  der  Mutterpflanze  und  des  werdenden  und 
reifenden  Samens  verdanken  wir  u.  a.  Lehmann.^ 

Zu  den  Pflanzen,  bei  denen  die  Wirksamkeit  veränderbarer 
äußerer  Faktoren  auf  die  Keimung  infolge  der  großen  inneren 
\'erschiedenheit  des  Samenmaterials  ganz  undurchsichtig  wird, 
gehören  die  in  ihrer  Lebensweise  auf  Grund  langjähriger 
Kultur  von  Heinrich  er  weitgehend  aufgeklärten  grünen 
Schmarotzer  aus  der  Gruppe  der  Rhinanthoideen.  Bekannt- 
lich schafft  hier  nur  die  Aussaat  einer  großen  Zahl  von 
Samen  zu  bestimmter  Zeit  sichere  Gewähr,  lebensfähige 
Keimlinge  zu  eiiialten.  -  Das  Keimprozent  ist  ungemein 
wechselnd;  sehr  oft  trotz  peinlichster  Auswahl  kläglich,  manch- 
mal befriedigend,  nie  voll.  Was  über  die  Keimung  bisher 
sicher  feststeht,  ist  größtenteils  Ergebnis  Heinrichers,'"'  mit 
dem  Samen  \on  Alcctorolophus  und  einiger  \'erwandten  hat 
sich  zudem  Rostrup^'  und  besonders  Kinzeh'  beschäftigt. 
Für  Alcctorolophus  —  die  andei-en  Vertreter  weichen  hierx'on 
bald  mehr  bald  weniger  ab  —  kann  als  feststehend  gelten; 
Die  Keimlinge  erscheinen  nie  im  Jahre  der  Reife,  sondern 
frühestens  im  darauffolgenden  Frühjahre,  die  Samen  keimen 
zum  Teil  im  ei-sten,  zum  Teil  im  zweiten,  vereinzelt  auch 
erst    im    dritten  Jahre    nach    erlangter  Reife,    und    zwar  stets 


'  E.  Lehmann,  Cher  die  neeinflussung  der  KeimLing  liehtempfindliehei- 
Samen  dureh   die  Temperatur.   Zeitschr.   f.   Bot.   4.    1012,   p.  473  bis  470. 

-  E.  H  ein  i"ie  h  e  i-.  Hie  .-\ufzuelit  imd  K'ultur  der  parasitisehcn  Samen- 
ptlanzen.  Jena    1910. 

■•  E.  He  inrieh  er.  Die  grünen  lialhsehmarotzer  1.  (hlnntilcs,  Enphrasui 
und  Or/lninl/ia.  Jahrb.  f.  wiss.  Hot.  3J.  1897,  p.  11  S  und  119:  II.  Euphnisui, 
A/c'c/orn/nphiis  und  Od^ntitcs.  Ebenda  ."2.  1H9S.  p.  414:  III.  Bavisrhia  und 
Tnzzia.  Ebenda  36.  1001.  p.  t>GS  und  H88  IT. :  V.  Meliiinpyniiii.  Ebenda  46, 
1000.   p.   270  IT. 

'  O.  Rostrup.  Aarsberetning  tVa  Dansl^  Froekuntroll.  1 893  bis  190iJ; 
Original   nicht  eingesehen,   zitiert  nach   iCinzel. 

■'  W.  Kinzel,  Frost  imd  Lieht  als  beeintlussende  Kräfte  bei  der  Samen- 
keimung.  Stuttgart    19]  3,   p.   OS   und   09.   Tabelle  XVI. 


3cS2  A.   Speilicli, 

und    ausschließlich    zur    selben    Periode  im  F'rühhng,    die 

Notwendigkeit  eines  von  einem  Wirte  ausgehenden  Reizes 
besteht  nicht.  Nach  KinzeP  sollen  die  Samen  von  Alccto- 
rolopJins  überdies  P'rostkeimer  sein,  die  keimungsfördernde 
Wirkung  des  Frostes  soll  sich  dui-ch  das  Licht  ersetzen 
lassen. 

Vor  Jahren  hat  auch  mich  die  Keimung  der  grünen 
Rhinanthoideen  beschäftigt,  und  zwar  mit  Rücksicht  auf  die 
Frage,  wie  weit  und  ob  ein  vom  Wirte  ausgehender  Reiz 
keimungsfördernd  wirke.-  Hierbei  war  der  Gedanke  richtung- 
gebend, es  könnte  sich  innerhalb  des  Vervvandtschaftskreises 
mit  seiner  durch  Heinricher'  aufgedeckten  Reihe  zu- 
nehmender parasitischer  Prägung  wie  bezüglich  der  Ernährung 
so  auch  rücksichtlich  der  Keimung  vorbereitende  Stufen  zu 
dem  durch  diesen  Forscher  bekannt  gewordenen  Verhalten 
der  holoparasitischen  Lathraea'^  auffinden  lassen,  das  sie 
mit  Tozzia,'^  dem  physiologischen  Binde-Hede  zu  den  gri^inen 
Verwandten,  teilt.  Damals  konnte  ich  mit  a'ler  Deutlichkeit 
erfahren,  daß  die  Beantwortung  dieser  wie  jeder  anderen 
Teilfrage  an  dem  Samenmaterial  der  Rhinanthoideen  solange 
scheitern  muß,  als  nicht  gewisse  Zusammenhänge  der  inneren 
Beschaffenheit  einigermaßen  geklärt  sind. 

Mit  diesem  Ziele,  Klärung  der  inneren  X'erhältnisse  des 
Materials,  setzten  im  Jahre  1912  die  \'ersuche  ein,  die,  bis 
heute  fortgesetzt  und  noch  nicht  völlig  abgeschlossen,  in  den 
folgenden  Zeilen  soweit  veröffentlicht  werden,  als  sich  aus 
ihnen     neue    Gesichtspunkte     haben     gewinnen     lassen.     Die 


1  W.  Kinzcl,  a.  a.  0.  und  Erläuterungen  und  Ergänzungen.  Xatui-\\ . 
Zeitsclir.  für  Forst-   und   Landwirtsch.   13,    191."),   p.   462. 

-  A.  Sperlich,  Ist  bei  grünen  Rhinanthaceen  ein  von  einem  ptlanz- 
lichen  Organismus  ausgehender  äußerer  Keiniungsreiz  nachweisbar?  Ber. 
d.   1).   B.  G.  26a,  1908. 

•'  Eine  zusammenfassende  Darstellung  des  Autors  hierübL-r:  »Zur 
Physiologie  der  schmarotzenden  Rhinantheen,  besonders  dei"  halbparasitischen« 
findet  sich  in  der  Zeitschrift  die   Naturwissenschaften,  5,    1917.   p.    113. 

i  E.  Hein  rieh  er.  Die  Keimung  nm  Lalhniea.  Ber.  d.  D.  B.  G.  12, 
1894,  p.  (^117ff.  I.  —  N'otiz  über  die  Keimung  \'on  Liührnea  Sqiiaiiiaria  L. 
Ebenda  16,   1898,  p.   2. 

'-'  E.  Heinrichei,   Die  grünen    Halbschmarotzer,   111.   p.   690. 


l'';iliigkeit  der  Linieneihaltimg.  ooo 

Versuche  mußten  auf  eine  Art  beschränkt  bleiben,  sollten  sie 
übersehbar  bleiben.  Ganz  von  selbst  jedoch  drängten  sich 
im  Verlaufe  der  Untersuchungen  \erschiedene,  zum  Teil 
schon  eingangs  erwähnte  Fragen  auf,  so  Lichtwirkung, 
Periodizität,  Variabilität,  Entstehung  des  Saisontypus. 
Auch  diese  Fragen  sollen  Berücksichtigung  finden,  soweit 
sie  ungezwungen  mit  den  \'ersuchsergebnissen  zusammen- 
hängen und  durch  diese  beleuchtet  werden. 

Vorversuche  und  Fragestellung. 

L'ber  eine  große  Anzahl  von  Versuchen,  die  entscheiden  .sollten,  oh 
zwischen  bestimmten  Verhältnissen  der  stimenliefernden  Mutterpflanze,  der 
Entstehung  und  Reite  des  Samens  und  der  Keimkrat't  irgendwelche  Bezie- 
hungen bestehen,  braucht  nur  ganz  allgemein  gesprochen  zu  werden,  da 
jedes  Eingehen  mit  Rücksicht  auf  die  durchwegs  negativen  oder  nicht 
en  tscli  eid  e  n  den  Resultate  sich  erübrigt.  Es  sei  bloß  mitgeteilt,  von 
welcb.en   (lesiehtspunkten  aus  die   Versuche  dureiigeführt  wurden. 

An  erster  Stelle  wurde  an  die  Ahhiingigkeit  der  Keimkrat't  vom 
Ernährungszustände  der  Mutterpllanze  gedacht.  Über  die  große  mor- 
phologische Plastizität  der  grünen  l^hinanthoideen.  insbesondere  gewisser 
Alcclin-olnphiis-  und  MelLiinpyniiii  -  Arien  sind  wir  durch  llcinricher's 
Arbeiten  gut  unterrichtet.  Diuch  Variation  der  Ernährung,  die  sich  durch 
isolierte  Zucht  des  Schmarotzers  an  ergiebigen  Nährpllanzen,  durch  Dicht- 
saat unter  Beigabe  bescheidener  Wirte,  duix-h  Dichtsaat  ohne  W'irt,  durch 
Kultur  auf  mageren  Boden,  durch  die  manchmal  gelingende  Aufzucht  ohne 
Wirt,  durch  N'eränderung  der  außerordentlich  wichtigen  Beliclitung  sehr 
maimigfaltig  verwirklichen  läßt,  gelang  es  bekanntlich  He  in  rieh  er,  die 
weitgehende  Veränderlichkeit  der  Schmarotzer  bis  zu  unscheinbaren  Zwergen 
und  bis  zu  Riesenformen  zu  zeigen,  i  Es  lag  nahe,  auch  an  eine  ent- 
sprechende Beeintlussung  der  Keimkraft  des  solch  verschiedenen  Individuen 
entstammenden  Saatgutes  zu  denken.  Wohl  waren  vielfach  Nachkommen 
gut  ernährter  Stammptlanzen,  wie  nicht  anders  möglich,  Altersgenossen 
ungünstiger  Herkunft  voraus,  wohl  ergaben  Kümmerlinge  größtenteils  wiedei 
eine    verzwergte  Nachkommenschaft,    aber    ein    streng   gleich    gerichtetes  und 

1  Vgl.  hiezu  insbesondere;  Die  grünen  Halbschm.  IV.  Nachträge  zu 
Euphrashi,  Oiioiililes  und  Aleclurolvphiis.  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  37,  1902, 
p.  287  fl"..  Taf.  IV  und  \'  und  i^ie  grünen  Halbschm.  \'.  Me/ampyrum, 
a.  a.  O.,  p.  3r>3,  Taf.  IX  bis  XII.  Die  weitgehende  Variabilität  auf  Grund 
\'erscbiedener  Ernährung  bei  A/eciorulophus  subalpiniis  Stern,  demonstrieren 
prächtige  Zusammenstellungen  in  unserer  Institutssammlung,  die  noch  nicht 
bildlich  dargestellt  und  veröffentlicht  wurden. 


384  A.   Sperlich, 

einiaclies  Vcrliäluiis  /.wischen  dem  Ernührungszusiand  der  Muttef,  dei  Keim- 
kraft des  Samens  und  der  Lehensenergie  des  Keimlings  besteht  nicht 
Hezügüch  der  Keimkraft  wird  sehr  oft  ein  Resultat  erzielt,  welches  da- 
(iegenteil  zu  beweisen  scheint:  Die  reiche  Ernte  eines  Riesen  liefert  ein  weit 
kleineres  Keimprozent  als  die  bescheidene  Ernte  cinei"  kleineren  Stamni- 
pflanze. 

Ebenso  unsicher  blieben  die  Resultate  bezüglich  des  Zusannnenhanges 
zwischen  Keimkraft  imd  iiußerer  Beschaffenheit  des  Samens.  Imuc 
auffällige  Polymorphie  des  Samens  oder  der  Frucht,  wie  sie  bei  vielen 
Pflanzen  vorkommt  und  zu  entsprechenden  Untersuchungen  übei-  Differenzen 
bei  der  Keimung  und  Keimüngsentwicklung  Veranlassung  gegeben  hat, 
besteht  bekanntlich  in  dieser  Familie  nicht,  l  Samen  mit  mangelhaft  ent- 
wickeltem Embr\-i)  oder  embryolose  Samen,  wie  sie  Renner  bei  den 
kritischen  Oenotheren  aufgedeckt  hat,  kommen  nach  meinen  genauen  Unter- 
suchungen bei  Aleclorolnphiis  nicht  vor.-  Samen  aus  beschädigten  Kapseln 
und  mit  irgendwelchen  Mängeln  behaftete  odei-  durch  die  —  besondei's  in 
gequollenem  Zustande  —  sehr  auffällige  Schwärzung  3  als  tot  gekenn- 
zeichnete  Samen  blieben   stets  von   allem   .Anfange   an   außer  Hetracht. 


1  \'gl.  hierzu  II.  Becker,  Über  die  Keimung  verschiedenartiger  Flüchte 
und  Samen  bei  derselben  Spezies.  Beihefte  zum  Bot.  Centralbl.  2i>.  I.  Abt., 
1913  und  H.  Baar,  Zur  .\natomie  und  Keimungsphysiologie  heteromorpher 
Samen  von  Cheiinputliuiii  .ilhuin  und  Mriplcx  nitcns,  .Sitzungsbei'.  d.  Wiener 
.Akad.  d.  Wiss.,  mathem.-natiu-w.  Kl.  122.  .Abt.  1,  1913  und  die  in  diesen 
Arbeiten   zitierte   ältere    Literatiu-. 

-  Auch  .Samen  mit  Embiyonen,  die  erst  durch  nachträgliches  Wachsuuii 
innerhalb  des  Samens  die  endgültige  Größe  erreichen  und  hierdin-ch  in  der 
Keimung  gegenüber  normalen  Samen  verzögert  würden,  waren  nicht  auf- 
findbar. Diesem  Umstände  ist  nach  (>.  Lakon  (Zui-  .\natomie  und  K'eimungs- 
physiologie  der  Eschensamen.  Natui'w.  Zeitschr.  f.  Forst-  inid  Landwirlsch. 
'9.  1911,  p.  'iSö)  der  einjährige  KeimverzLig  der  heimischen  Eschensamen 
zuzuschreiben.  Nach  Untersuchungen  von  Marie  l'^indeis  (Über  das 
Wachstum  des  Embryos  im  ausgesäeten  .Samen  vor  der  Keimung.  Sitzungsber. 
d.  Wiener  Akad.  d.  Wiss.,  mathem.-naturw.  Kl.  126.  .\ht.  I.  ]9i7i  kommt 
dies    intraseminale  Wachstum    des    Embryos    übrigens    ziemlich     häufig  voi-. 

•^  Sie  rührt  wohl  von  der  Zersetzung  des  bei  Rhinanthoideen  häufigen 
Chromogens  her  (fl.  Mo  lisch.  Das  \'orkommcn  und  der  Nachweis  des 
Indicans  in  der  Pflanze  nebst  Beobachtungen  über  ein  neues  Chromogen. 
Sitzungsber.  d.  Wiener  .\kad.  d.  Wiss.,  mathcm.-natuiw.  Kl.  102.  .Vht.  1. 
1893),  das  nach  Volkart  (Untersuchungen  über  den  Parasitismus  der 
Fedicularis-Avlen,  Züricher  Inauguraldissertation  1899.  p.  40)  mit  dem 
Glykosid  Rhinanthin  (Ludwig)  identisch  ist.  Siehe  auch  H.  Moli  seh, 
Mikrochemie   der  Pflanze,  Jena    1913,   p.    217. 


I-"äIiigkoit   der   l.inicnerlKilUini;.  tkS.i 

Den  l'eineren  Ikui  der  A/ecioro/opJinsSamen  darf  ich  als  bekannt  voraus- 
•-elzeii  I  und  will  nur  bemerken,  daß  die  zumeist  braune,  manchmal  grünlieh- 
t;raue  ^eHügelte  Sa  mensclial  e  in  keiner  Weise  die  Keimung  der  Samen 
■/AI  beeinllussen  vermag,  da  die  Schale  durch  das  längere  i.iegen  im  Bi>den 
gewöhnlich  mehr  iidev  weniger  zersetzt  wird  und  zur  Zeit  der  Keimung 
das  Endosperni  nur  locker  umgibt  oder  überhaupt  nicht  mehr  vor- 
handen ist.- 

Nach  dem  Voi-hergehenden  sind  iiußere  Unterschiede  zwischen  den 
einzelnen  Samen  nur  bezüglich  der  (IriJße  möglich  und  man  erhält  sie, 
vom  lirnährungs/Aistande  der  Mutterpflanze  abgesehen,  durch  abgestufte 
Bestäubung,  wobei  durch  Reduktion  der  befruchteten  Samenanlagen  auf 
einige  wenige  selbst  he\  kleinen  Individuen  sehr  ansehnliche  Samengrößen 
erreicht  werden.  Eine  Förderung  der  Keimkraft  wird  indes  dadurch  nicht 
immer  gewimnen,  eine  allgemein  gültige  Regel  für  den  Zusammen- 
hang zwischen  Same  ngr/i  Lie   und   Keimung  gibt  es  nicht. 

Ebensowenig  hat  auf  das  Keimprozent  und,  wie  ich  gleichzeitig 
bemerken  will,  auf  den  Zeitpunkt  der  Keimung  der  Zustand,  der  Reife 
einen   Eintluti.'J    Ich    entnahm    die  Samen    aus    der  noch   V()lliu'  i;eschk)ssencn 


1  Siehe  C.  O.  Itarz ,  Landwirtschaftliche  Samenkunde.  Berlin  188,"). 
II,  p.  969. 

-  Hierdurch  erübrigt  sich  nuch  späterhin  ein  Eingehen  auf  die  Unter- 
suchungsergebnisse G.  Gassncr's  mit  entspelzten  und  bespelzten  Samen 
von  Ch/iiris  (Beiträge  zur  Frage  der  l.ichtkeimung.  Zeitschr.  f.  Bot.  7, 
19irV). 

Den  eigentlichen  Schutz  des  Endosperms  der  Außenwelt  gegenüber 
übernimmt  auch  bei  Mcclorolophiis,  so  wie  es  von  Heinricher  für  Lathrtiea, 
Tozziii  und  Melainpyniin  festgestellt  wurde,  die  äußerste  Zellage  des  Endo- 
sperms, besonders  deren  stark  verdickte  Außenwand.  Sie  ist  noch  nach 
vollständiger  Erschöpfung  des  Nährgewebes  als  straffes,  fest  zusammen- 
hängendes Häutchen  zu  linden,  dessen  sich  schwächliche  Keimlinge  gar 
nicht  entledigen  können.  Die  Bedeutungslosigkeit  der  eigentlichen  Testa  für 
den  Samenschutz  erhellt  am  besten  aus  der  Tatsache,  daß  ich  Samen,  die 
im  ersten  .lahre  nach  der  Reife  nicht  gekeimt  hatten,  stets  der  nunmehr 
leicht  abhebbaren  Samenschale  beraubte,  und  durch  die  weiteren  .lahre  in 
diesem   Zustande  ohne   Schaden  belassen   konnte. 

Die  lockere,  mit  einem  tlügelförmigen  Saum  veränderlicher  Breite 
versehene  Samenschale  ist  demnach  lediglich  Flugapparat  und  dient  der 
Pflanze  somit  zum  gleichen  Zwecke  wie  die  nährstoffreichen  Integumentreste 
am  reifen  Samen  von  MeLuiipyruiii:  der  Verbreitung;  dort  durch  den  Witid, 
hier  durch  .\meiscn  (vgl.  Heinricher,  Die  grünen  Halbschm.  V.,  p.  274 
bis   279  . 

•'  Auf  die  Abhängigkeit  der  Keunung  vom  Reilezustand  des  Samens 
ist  mehrfach  hingewiesen  worden:  Im  allgemeinen  vgl.  G.  Lakon,  Die  neuen 
Forschungsergebnisse   auf  dem   Gebiete  der  Samenkeimung.   Die  Naturwissen- 


•SJ^)  A.   Spcrlich. 

i^rünen  Kapsel,  bei  Beginn  der  offnun.n'  und  im  Stadium  der  Volli-eit'e.  oline 
irgendwelche   Beeinflussung  feststellen   zu   können. 

Völlig  belanglos  ist  es.  oh  die  .Samen  durch  Selbstbestäubung 
oder  durch  l'^rem  d  bestäub  u  ng  entstehen,  da  bezüglich  de-  Keimprozentes 
bald   diese  jene,  bald  wieder  jene  diese   übertrafen. 

Mit  [Rücksicht  auf  Gewohnheiten  der  Praxis  und  gewisse  Erfuhrungen 
entsprechender  Untersuchungen,  wie  sie  beispielsweise  in  umfassender  Weise 
Becl<er  durchgeführt  hat,  i  wurde  aucli  auf  die  Stellung  der  Kapsel  an 
der  Pflanze  Bedacht  genommen  und  Samen  aus  unteren,  mittleren,  oberen 
Xodicn,  Samen  der  Hauptachse  mit  solchen  der  Seitenachsen  bezüglich  des 
Keimprozents  verglichen.  Auch  diese  Statistik  läßt,  obgleich  es  an  gewissen 
Unterschieden   nicht  mangelt,  eine   allgemein  gültige  Schlußfassung  nicht  zu. 

.Schließlich  wurde  in  Anlehnimg  an  den  das  Ti-eiben  von  J-Jaum- 
knospen  regelnden  Schnitt  versucht,  ob  das  Entfernen  von  reifenden 
Kapseln  einen  Einfluß  auf  das  Keimprozent  der  Samen  in  den  \-erbleiben- 
den  l'"rüchten  ausübt.  Auch  diese  Versuche  fielen  sehr  verschiedenartig  aus 
und  krankten,  wie  alle  früheren,  an  dem  .Mangel  gleichwertiger  Ver- 
gleichsobjekte. 

So  festigten  die  neu  gewonnenen  Erfahrungen  meine  schon  sehr  früh 
gefaßte  Meinung,  daß  bei  Alcriorolophiis  selbst  innerhalb  einer  kleinen 
Population  —  die  Pflanzen  oder  Samen  wurden  stets  vom  gleichen  Stand- 
orte, einer  gegen  Südwest  geneigten  Wiese  an  einem  Hügel  im  Norden 
Innsbrucks,  genommen  —  bezüglich  der  Samenkeimung  ein  einheitlicher 
Genot3'pus-  nicht  vorhanden  ist.  Daraus  ergab  sich  die  Notwendigkeit 
zu  versuchen,  ob  sich  nicht  durch  Zucht  reiner  Linien  aus  der  Pop>ulation 
Typen  gewinnen  ließen,  die  sich  ilicksichtlich  der  Samenkeimung  gleich- 
artig verhalten.^'  Hierbei  wurde   zunächst  die  bekannte,   einleitend   mitgeteilte 


Schäften  2.  1914,  p.  9üG  ff.,  bezüglich  der  Lichtwii'kung  mit  Kücksicht  auf 
Keife  und  Nachreife  die  Arbeiten  von  Heinri  che  r,  Kin  zel ,  Lehman  n  u.a. 
(Sammelreferate  hierüber  von  E.  Lehmann  in  Zeitschr.  f.  Bot.  1,  1909, 
p.  122,  5,  1913,  p.  365,  7,  1910,  p.  btjO  und  Jahresbericht  der  Vereinigung 
für  angewandte  Bot.  1910.  p.  248;.  über  Vorruhe.  Mittelruhe  und  Nachruhe 
bei  Samen  W.  .lohannscn,  Ruheperioden.  Handwörterbuch  der  Naturwiss. 
6\    1913,   p.   018. 

1  H.  Becker,  a.  a.  O..  p.  133  bezüglich  des  Keimungsrhythmus  der 
Früchte  von  Taraxacinn  ofßcinale;  es  hat  sich  auch  hier  keine  allgemein 
gültige  Regel  feststellen  lassen,  vgl.  p.    13(1. 

-  W.  Johannsen,  Elemente  der  exakten  Erblichkeitslehre.  2.  Aufl., 
Jena    1913. 

•'•  Der  Gedanke,  daß  lücksichtlich  der  K'eimung  —  bescjuders  was  ihre 
Abhängigkeit  von  äußeren  Faktoren  anbelangt  —  verschiedene  Rassen 
innerhalb  der  Arten  aufgedeckt  werden  könnten,  findet  sieh  mittlerweile 
mehrfach  ausgesprochen:  so  weist  W.  Kinzel  (Frost  und  Licht  usw.  p.  149) 
darauf    hin.    es    könnten    bei    periodisch    keimenden    Pllanzen    wie  AqnilegiLi. 


!'"[ihigkeit    der   l.inicMorluiItiing.  08/ 

l\cimuni;spciii)di/.ita'.  aU  unbeeinflußbaies  Kfbgut  angenommen  und  nicht 
weiter  in  Betracht  gezogen,  die  Frage  demnach  also  gestellt:  gibt  es  eine 
l-'oi'm  der  Pnanze.  deren  Samen  durchwegs  im  1 .  Jahre  nach  der  Reife 
keimen,  eine  zweite  l'^orm.  deren  Samen  im  /.weiten  Jahre  keimen  und  sind 
aus  diesen  Formen  durch  Bastardierung  die  verschiedenen  Keimungstypen 
dai-stellbar  oder  gibt  os  Formen  mit  erblich  konstantem,  durch  eine 
l-"iequen/,kur\'e  bestimmtei-  Gestalt  gekennzeichnetem  Verhältnisse 
zwischen  tVüiikeimenden.  spiitkeimenden  und  nichtkeimenden  .Samen  und 
ändert  sich  dies  X'erhiiltnis  gesetzmäßig  je  nach  den  IVpen.  aus  denen  sich 
das   Individuum  oder  die  Population   zusammensetzt. 

Wie  wir  aus  dem  Folgenden  sehen  werden,  ti-ifft  keine  der  hier  dar- 
gelegten Möglichkeiten  zu;  die  .\nnahmen  führten  aber  als  Arbeitshypothesen 
zur  Anwendung  dei"  Reinzucht  von  Linien  und  damit  zui-  Aufdeckung  der 
im  Titel  der  Arbeit  ausgedrückten  Abhängigkeit  hei  den  zunächst  äußerst 
verworren   erscheinenden   Keimungsverhältnissen   von   AlCLivrolnpliiis. 

i'ber  die  (Gewinnung  und  Zucht  der  i-einen  Linien  aus  der  am  H.. 
lo..  21.  und  .30.  Juni  1912  erfolgten  Rohernte  sei  nur  bemerkt,  daß  mit 
der  größten  .Sorgfalt  gearbeitet  wurde.  Hierbei  wurde  ich  in  bester  Weise 
Von  meiner  Frau  unterstützt,  der  auch  an  dieser  Stelle  mein  Dank  gebührt. 
Herrn  Hofrat  Heinricher  danke  ich  für  die  Überlassung  von  Gartengrund 
und  Gartenmaterial  zum  Aufbaue  von  Kulturhäuschen,  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  'iüv  die  in  munitizenter  Weise  bewilligten 
Mittel. 


Rliiiiiiti/hiis  hirsiilii^.  f'hylciiiiui  gelingen,  die  einzelnen  »Trujips«  rein  zu 
züchten.  Lehmann  spricht  über  das  mögliche  \'orhandensein  verschiedener 
Linien  rücksichtlicli  der  Bedeutung  des  Lichtes  bei  der  Keimung  (Über  die 
Beeinflussung  der  Keimung  lichtempfindlicher  Samen,  a.  a.  O.,  p.  473)  auf 
(irund  eigener  Krfalirungen  und  unter  Hinweis  auf  die  sonderbaren  Ergeb- 
nisse Raciborski's  mit  Tabaksamen  (('her  die  Keimung  der  Tabaksamen. 
Bull,   de  l'inst.   bot.   de   Buitenzorg    1900,  No.   VLi. 


388  A.   Sperlich, 

I.  Teil. 

Die  Verschiedenheit   der  Individuen   einer   Population 

rüeksiehtlich     der    Keimkraft     und    Linienerhaltung 

(phyletisehen  Potenz). 

1.    Die    durch    Selbstbefruchtung    gewonnenen    Linien    und 
deren    Keimungsverhältnisse    in    den    aufeinanderfolgenden 

Generationen. 

Um  dem  Leser  den  Einblick  in  die  gewonnenen  Ergeb- 
nisse zu  erleichtern,  habe  ich  aus  den  zahlreichen  Einzel- 
protokollen eine  Übersichtstabelle  zusammengestellt,  die  von 
der  Ernte  1912  bis  zur  Keimung  1916  reicht.  Es  ließ  sich 
dies  durchführen,  da  die  \'ersuchsreihen  in  ihrer  (länze 
innerhalb  dieses  Zeitraumes  vollkommen  gleichmäßig  be- 
handelt wurden  und  in  der  Darstellung  das  gesamte,  durch 
Autoselektion  sich  erhaltende  Material  zum  Ausdruck  kommt. 
Die  Tabelle  gliedert  das  Material  in  vier  Gruppen  nach  den 
x'ier,  ungefähr  eine  Woche  voneinander  abstehenden  Tagen 
der  Ereilandernte  1912.  Hierdurch  wird  eigentlich  der 
durch  das  Studium  der  J  a  h  r  e  s  s  t  a  t  i  s  t  i  k  der  einzelnen 
Linien  allmählich  sich  entwickelnden  Erkenntnis 
vorgegriffen  und  jenes  Moment  gleich  in  den  Vorder- 
grund gestellt,  das  sich  erst  im  Laufe  der  mehr- 
jährigen Untersuchung  als  ausschlaggebend  erwiesen 
hat.  Wird  auch  derart  die  Gepflogenheit  bei  der  Darstellung 
von  Experimentaluntersuchungen  durchbrochen,  so  fand  sich 
anders  keine  Möglichkeit,  über  die  Masse  von  Einzelprotokollen 
hinweg  rasch  eine  Einsicht   zu  vermitteln. 

Es  seien  also  zunächst  die  nötigen  Erläuterungen  zum 
Verständnisse  der  Tabelle  I  gegeben,  worauf  die  Besprechung 
weiterer  Tabellen,  die  das  Keimungsverhältnis  spezialisierter 
wiedergeben,  folgen  soll. 

Das  Keimungsergebnis  1918  der  Freilandernte  ist,  wenn 
man  in  Berücksichtigung  zieht,  daß  nur  äußerlich  tadelloses 
Saatgut  schöner  Mutterpflanzen  zur  Anwendung  kam,  ein 
klägliches.  In  ganz  besonderer  Weise  gilt  dies  für  Gruppe  II, 
III   und   \y.    Erscheinen    bezüglich    der   Keimung    diese    drei 


Fähigkeit  der  Linienerhaltung.  .xS*,) 

Gruppen  ziemlich  gleichartig  und  in  einem  gewissen  Gegen- 
satze zur  ersten  Gruppe,  so  läßt  uns  die  Betrachtung  der 
Individuen,  die  1913  schließlich  die  volle  Samenreife  erreichten, 
ein  anderes  \'erhältnis  der  einzelnen  Gruppen  erkennen.  \\)n 
den  Keimlingen  der  Gruppe  I  erreichte  ungefähr  das  Drittel, 
in  Gruppe  II  die  Hälfte,  in  Gruppe  III  nur  das  Fünftel,  in 
Gruppe  W  nur  das  Viertel  der  Keimpflanzen  die  Samenreife. 
Der  Unterschied  zwischen  I  und  II  erklärt  sich  ungezwungen 
aus  der  größeren  Dichte  des  Standes  —  in  I  125  Keimlinge 
auf  demselben  Areale  wie  in  II  36  Keimlinge  -  wodurch 
der  Konkurrenzkampf  erschwert  wird.  Die  \erschiedenen 
äußeren  Bedingungen  offenbaren  sich  hier  zudem  in  der 
durchschnittlichen  Größe  der  lndi\  iduen,  die  durch  das  Mittel 
der  auf  ein  Individuum  entfallenden  reifen  Samen  ausgedrückt 
ist  (l'J- 6  gegenüber  45- 1).  Ganz  anders  liegt  aber  die  Sache, 
wenn  man  die  unter  annähernd  gleichen  Bedingungen  er- 
wachsenen Pflanzen  in  II  mit  III  und  I\'  vergleicht.  Hier 
erreichen  nur  ein  \'iertel,  beziehungsweise  Fünftel,  dort  von 
ungefähr  gleichviel  Keimlingen  mehr  als  die  Hälfte  die  Samen- 
reife. Bezüglich  der  Größe  sind  die  Individuen  allerdings 
so  ziemlich  untereinander  gleich.^ 

Mit  Rücksicht  auf  die  gleichen  äußeren  Bedingungen 
kann  es  sich  nur  um  einen  in  der  inneren  Konstitution 
liegenden  Unterschied  der  in  Frage  kommenden  Gruppen 
handeln,  einen  Unterschied,  der  übrigens  auch  zwischen  I 
und  II  nicht  verborgen  bleibt,  wenn  man  darauf  achtet,  daß 
in  I  trotz  des  ungünstigen  dichten  Standes  von  125  Keim- 
lingen doch  noch  ein  Drittel,  in  II  mit  \iel  günstigeren  Ent- 
wicklungsbedingungen von  36  Keimlingen  nur  etwas  mehr 
als  die  Hälfte  zu  samenreifen  Individuen  heranwuchs.  Be- 
merkenswert ist  schließlich  die  zeitlich  stets  weiter  zurück- 
liegende Ernte  in  den  einzelnen  Gruppen,  wodurch  der 
ursprüngliche  zeitliche  Abstand  der  vier  Freilandsernten  des 
Vorjahres  unbeeinflußt  zum  Ausdruck  kommt. 


1  Die  relativ  geringe  Samenproduktion  in  Gruppe  IV  möge  zunächst 
nicht  in  Betracht  gezogen  werden,  da  infplge  der  Unmöglichkeit,  alle  Blüten 
rechtzeitig  zu  bestäuben,  mehrfacii  Autogamie  vorliegt,  mit  der  eine 
Reduktion   in   der  Erzeugung  reifer  .Samen  verbunden  ist. 


::5VH) 


A.   Sperlich, 


Tabelle 
Zusammenfassende  Darstellung  der  Versuchsreihen 


1912 


Datum  der  ]'"reilandernte 
und  des  Anbaues 


Gruppe  I 

Ernte :   6.  VI. 

Anbau:    18.  VH. 


Keimzahl   und   -pro/.ent 


1913 

bei  guter 
Kmahruna 


Zahl  der  Individuen,   die  reife 
Samen  lieferten 


Von  332  Samen: 
125  =  37-60',3 


42  =  33-ßOQ  der  Keimlinge 


Durchschnittliche     Zahl     der 

äußerlich  \  ollwcitigen 

Samen   eines   Individuums; 

Erntedatum 


Nachkeimungen  im  Früh- 
jahr  1914 


Keimzahl   und   -prozent 


F., 

1914 

bei 

bescheidener 

Ernährung 

und  dichtem 

Stande 


Zahl  der  Individuen,  die  reife 
Samen  lieferten 


19 -ti;    lu.  VI.  bis  23.  VI. 


Von  825  Samen: 

383  =  46  •40/,, 


27  =  y'Jfj  der  Keimlinge 


Durchschnittliche   Zahl    der 

äußerlich    vollwertigen 

Samen    eines  Individuums ; 

Erntedatum 


11  ;   21.  VI.   bis   5.   VII. 


Keimzahl  und  -prozent  der  zweiten  Freiland- 
ernte   1913:   die  Gruppen  nach   dem   Ernte- 
datum 


Keimzahl  und  -prozent 


19  IT) 

bei  guter 

Ernährung 

und  dichtem 

Stande 


^4 

1916 
bei    guter 
Ernährung 


Zahl  der  Individuen,   die  reife 
Samen   lieferten 


Durchschnittliche  Zahl    der 

äußerlicii  vollwertigen 

Samen  eines  Individuums; 

Erntedatum 


Keimzahl  und  -prozent 


Zahl  der  belas.senen  Individuen 


Von   166  Samen : 
94=  56-60/(j,  Ernte   S.  VI. 


Von  28 1   Samen  : 
190  =  67- 60',, 


89  =:  46 •  80.0  der  Keimlinge 


10;    12.  VI.  bis  21.  V 


Von  751   Samen: 

507  =  67-50/,, 


106 


l'"ähigkeit  der   Liiiienerluiltung-. 


:'Ä)\ 


I. 

von  der  Ernte   1912  bis  zur  Keimung  1916. 


Gruppe   II. 
Ernte:    13.  VI. 
Anbau:    19.  VII. 


Gruppe  HI. 
Ernte:   21.  VI. 
Anbau:   22.  VII. 


Gruppe  IV. 
Ernte :  30.  VI. 
Anbau:  23.  VII. 


Von  322  Samen 
36=  II  •20', 


Von  395  .Samen : 
54  =  13-70,0 


Von  379  Samen : 
54=  14- 20', 


20  =  55-50/0  der 
Keimlinge 


11  =20-40/0  der 
Keimlinge 


14  =  25- 90/,,  der 
Keimlinge 


45-  1  :  11.  VI.  bis  29.  VI. 


51-8;  20.  VI.  bis  1.  VII. 


36-1:  23.  VI.  bis  13.  VII. 


Von  903  Samen 
r)83  =  ti4-fio' 


Von  570  .Samen: 
335  =  5S-70/„ 


Von  506  Samen : 
333  =  65-80/,, 


31  =5-30/,,  der 
Keimlinge 


22  =  6-60/,^  der 
Keimlinge 


16  =  4-80  (^  der 
Keimlinge 


K-ti;    21.  VI.  bis  13.  VII. 


12-9;  28.  VI.  bis  12. VII. 


9-7;    1.  VII.  bis  17.  Vll 


Von  265  Samen : 
188  =  710/0, 
Ernte:    16.  VI. 


Von   488  Samen : 
299  =  61-30/^^, 
Ernte:  23.  VI. 


Von  186  Samen; 
117  =  62-90'o, 
Ernte:  30.  VI. 


Von  267  .Samen : 

167  =  65-90/,, 


Von  284  Samen: 
204=  71-80/o 


Von   155  Samen: 
66  =  42-60/^ 


69  =  41- 30/,,  der 
Keimlinge 


,4  =  26 -5  0/0  der 
Keimlinge 


5  =  7-60o  der 
Keimlinge 


13-5:    16.  VI.  bis  26.  V 


13;    17.  VI.  bis  I.  VII. 


8;   20.  VI.  bis  4.  Vll. 


Von  599  Samen ; 
430  =  71 -80/0 


Von  483  Samen ; 

249  =  51-50/,^ 


Von  23  Samen ; 
4=  I7-40/0 


90 


Alle  Keimlinge  gehen  ein. 


31)2  A.  Speiiich, 

Im  Frühjahr  1914  hat  sich  das  allgemeine  Keimprozent 
durchaus  gehoben,  besonders  auffällig  in  Gruppe  II,  III  und 
IV,  etwas  weniger  in  Gruppe  I.  Diese  auffällige  Besserung 
der  Keimung  bleibt  zunächst  ungeklärt.  Die  erste  Vermutung. 
durch  Selbstbefruchtung  lebenskräftiger  Individuen  den  Weg 
zur  Heranzucht  keimkräftiger  Linien  gefunden  zu  haben, 
mußte  sehr  bald  zurückgestellt  werden,  denn  die  zum  Zwecke 
des  Vergleiches  aus  dem  Freilande  im  Jahre  1913  an 
xerschiedenen  Tagen  geernteten  Samen  zeigten,  wie  die 
Tabelle  ersichtlich  macht,  eine  vollkommen  gleichwertige 
Erhöhung  des  Keimprozents  gegenüber  der  F'reilandernte 
des  Vorjahres.  Sehr  klein  hingegen  ist  die  gleichfalls  '  in  der 
Tabelle  ausgewiesene  Zahl  \'on  Nachkeimern  der  ersten 
Freilandernte  (1912),  ein  Beweis,  daß  die  überwiegende  Mehr- 
zahl der  dazumal  geernteten  Samen  trotz  ihrer  äußerlichen 
Unversehrtheit  keimungsunfähig  waren  oder  Keimlinge  zeitig- 
ten, die  bald  eingingen  und  das  Tageslicht  nicht  erreichen 
konnten. 

Bei  sehr  schlechter  Ernährung  —  die  Grasnarbe  wurde 
absichtlich  in  allen  Gefäßen  sehr  mager  angelegt  und  der 
Stand  der  Pflanzen  war  mit  Rücksicht  auf  die  große  Zahl 
von  Keimlingen  überall  ein  dichter  —  erwuchs  /\,.  Wie  wir 
der  Tabelle  entnehmen,  ging  die  Mehrzahl  der  Keimlinge  ein, 
nur  wenige  kräftige  Individuen  konnten  sich  in  bescheidenen 
Maßen  bis  zur  Erreichung  der  .Samenreife  behaupten.  Ihre 
Zahl  und  Größe  war  in  allen  vier  Gruppen  ziemlich  gleich, 
die  Zahl  in  I\'  etwas  herabgesetzt.  Konstant  hielt  sich  der 
zeitliche  Abstand  der  .Samenreife,  was  in  den  Erntedaten 
zum  Ausdruck  kommt.  Die  allgemeine  \'erspätung  der  Ernte 
um  ungefähr  10  Tage  gegenüber  dem  Vorjahre  erklärt  sich 
aus  der  im  allgemeinen  auf  die  Entwicklung  retardierend 
wirkenden  schlechten  Ernährung. 

Mit  großer  .Spannung  konnte  im  folgenden  Jahre  das 
Keimungsergebnis  erwartet  werden:  fürs  erste  mit  Rücksicht 
auf  die  starke  selektive  und  formative  Einwirkung  .der  mangel- 
haften Ernährung,  fürs  zweite  infolge  der  (Heichmäßigkeit 
so  ziemlich  aller  i'Vhidividuen  in  sämtlichen  Linien.  Das 
Keimungsei'gebnis     1915    war     ein    V()llig    unerwartetes.     Wir 


l''äliigl<cii   der  Linienerlialtung.  •>Jo 

-entnehmen  der  Tabelle,  daß  sich  in  allen  Gruppen  bis  auf 
lY  das  Keimprozent  entweder  gegenüber  dem  \'orjahre 
gehoben  hat  oder  auf  der  Höhe  des  Vorjahres  geblieben 
ist.  Aus  den  Einzelprotokollen,  von  denen  drei  in  tabellarischer 
Form  später  folgen,  geht  zudem  hervor,  daß  da  und  dort 
zum  ersten  Male  bei  dieser  Pflanzenart  eine  100"/,,  Keimung 
festgestellt  werden  konnte.  Aus  all  dem  geht  bis  jetzt  mit 
Sicherheit  bloß  hervor,  daß  die  Herabsetzung  der  Ernährung 
.auf  die  Keimkraft  der  Samen  keinen  schädigenden  Einfluß 
ausübt;  etwas  Positix'es  hingegen  läßt  sich  noch  nicht  ab- 
leiten. 

/•"■.,  wuchs  bei  reichlicher  Wirtentwicklung,  jedoch,  ent- 
i^prechend  der  guten  Keimung,  in  dichtem  Stande.  Der 
Konkurrenzkampf  war  ein  starker  und  äußerte  sich  sehr 
bald  in  der  Reduktion  der  Individuenzahl.  Hierbei  wird  nun 
neuerlich  ein  mit  Rücksicht  auf  die  äußerliche  Gleichartigkeit 
von  /•".,  aller  Linien  um  so  bemerkenswerter  Unterschied  in 
•  den  vier  Gruppen  sehr  auffällig.  Wir  sehen  die  Reduktion 
in  I  und  II  annähernd  gleich,  in  II  etwas  weitergehend,  ganz 
bedeutend  stärker  aber  in  III  und  noch  mehr  in  IV,  wo  von 
&^  Keimlingen  schließlich  nur  fünf  Individuen,  d.  i.  "'ß^o 
zur  Samenreife  gelangten.  Die  Verschiedenheit  der  inneren 
Konstitution,  die  durch  die  Entstehung  und  Entwicklung 
\"on  Fj  in  den  vier  Gruppen  schon  angedeutet  worden  war, 
die  in  F.^  verschwunden  schien  und  sich  erst  im  Keim- 
prozent der  Fo-Samen  von  Gruppe  lY  wieder  etwas  äußerte, 
tritt  hier  in  aller  Deutlichkeit  zutage.  Die  fünf  Pflänzchen 
von  IV  unterschieden  sich  nunmehr  auch  äußerlich  durch 
ihre  Kleinheit  trotz  ihres  isolierten  Standes  an  ausgiebigen 
"Wirten,^  die  dem  Parasiten  bei  besserer  innerer  Konstitution 
die  Möglichkeit  prächtigster  Entfaltung  geboten  hätten.  Die 
Pflanzen  in  I,  II  und  III  waren  äußerlich  ziemlich  gleich- 
wertig,  der  Abstand  der  Erntezeit  in  den  einzelnen  Gruppen 


1  Durch  entsprechend  wiederholten  .Schnitt  der  zentralen  Grasnarbe 
in  den  Gefäßen  wurde  eine  durchaus  günstige  Belichtung  sämtlicher 
Alec/i'rolophi!S-Pf[a.nzen  erzielt.  Über  die  nachteilige  Wirkung  beschattenden 
Wirte  auf  das  Wachstum  des  Schmarotzers  vgl.  Heinriclier.  Die  grünen 
Halbschmarotzer  IV,  Taf.  V.  11g.   9. 

Sitzb  d..  mathem.-iiaturw.  Ki.,  .Abt.  I,  12-:^.  Bd.  -S 


394  A.   Sperlich, 

blieb  erhalten,  der  allgemein  besseren  Ernährung  entsprechend 
rückte  die  Blühreife  und  damit  die  Ernte  wieder  etwas  v<»r. 
Im  nächsten  Frühjahr  mußte  es  sich  zeigen,  ob  die  durch 
die  Individuenreduktion  im  Kampfe  um  die  Scholle  zum 
Ausdruck  gelangte  innere  Verschiedenheit  der  Linien  bei  den 
einzelnen  Gruppen  auch  im  Keimprozent  ersichtlich  wird. 
Die  Tabelle  gibt  hierüber  noch  Aufschluß.  Besonders  möchte 
ich  auf  das  gegenüber  1  und  II  stark  zurückbleibende  Keim- 
prozent von  in  hinweisen,  dessen  F..- Individuen  sich  äußer- 
lich von  F.^  in  I  und  II  durch  nichts  unterschieden.  Wir 
erinnern  uns,  daß  das  gleiche  Verhalten  im  Vorjahre  bei 
den  Samen  der  Gruppe  JV  zu  verzeichnen  war,  die  1916 
also  in  1\  vollständig  ausstarb.  Hiermit  schließt 
Tabelle  1. 

Die  weitere  Entwicklung  der  sich  in  F^  erhaltenden 
Linien  der  ersten  drei  Gruppen  läßt  sich  in  der  bisherigen 
Weise  nicht  übersichtlich  darstellen,  da  die  Kultur  1916^ 
bald  nachdem  sich  die  bessere  oder  schlechtere  Wachstums- 
tendenz der  einzelnen  Individuen  geoffenbart  hatte,  durch 
mich  einer  Selektion  unterw<M-fen  wurde,  mithin,  nicht  mehr 
der  natürlichen  gleichmäßigen  Auslese  unterworfen,  auch 
nicht  in  gleichmäßig  zusammenfassenden  Zahlen  ihren  rich- 
tigen Ausdruck  hnden  konnte.  Zu  dem  Eingriff,  der  darin 
bestand,  von  Keimlingen  aus  gleichem  Nodium  oder  gleicher 
Kapsel  nur  je  ein,  manchmal  zwei,  und  zwar  die  kräftigsten 
Individuen  zu  belassen  und  diesen  hiermit  die  Möglichkeit 
weitgehendster  Ausbildung  zu  schaffen,  leitete  mich  folgende 
Überlegung: 

/•".j  hatte  sowohl  bezüglich  ihrer  Entstehung  (Keimung 
1915)  und  besonders  ihrer  ^Entwicklung  als  auch  bezüglich 
der  Keimkraft  ihrer  Samen  (Keimung  1916)  gezeigt,  daß 
Gruppe  1  und  II  zweifellos  kräftigere  Linien  enthält  als  III 
und  die  mit  F^  völlig  aus.sterbende  Gruppe  IV.  Innerhalb  I 
und  II  hatte  sich  das  Keimprozent  nunmehr  schon  durch 
zwei  Generationen  sehr  hoch  gehalten,  Individuen  mit  Voll- 
keimung ihrer  Samen  waren  häufig  zu  verzeichnen,  ist  die 
Keimkraft  wirklich  ein  erbliches  iMerkmal.  das  sich  innerhalb 


Fähif,'l<eit  der   l-inieiierlialtunc.  oO;) 

der  einzelnen  Linien  konstant  erhält,  so  müssen  durch  die 
bislierit;e  Zucht  die  Linien  soweit  gereinigt  sein,  daß  sich 
auch  bei  Auswahl  einzelner  Individuen  aus  der  erwach- 
senden Nachkommenschaft  diese  Konstanz  weiterhin  erhält. 
Bei  der  Auswahl  wurden  vorzüglich  Linien  der  Gruppe  I 
und  II  in  Betracht  gezogen,  die  sich  in  F.-,  und  F„  durch 
hohe  Keimzahlen  ausgezeichnet  hatten,  und  zum  Vergleiche 
auch  einige  Linien  von  III  weitergezüchtet.  Die  weitere  Unter- 
suchung S(^llte  ergeben,  ob  durch  Bastardierung  von  Individueii 
aus  keimkräftigen  Linien,  die  in  1  und  II  entstanden  zu  sein 
schienen,  mit  Individuen  aus  Linien  mit  schlechter  Keimung, 
wie  sie  in  III  vorlagen,  gesetzmäfSige  Änderungen  des  Keim- 
prozents in  der  Nachkommenschaft  erzielbar  seien.  Hiermit 
hätte  dann  erst  die  bei  Inangriffnahme  des  Problems  auf- 
gestellte  Hypothese  ihre   Bestätigung  erreicht. 

Da  es  jetzt  darauf  ankam,  nicht  nur,  wie  bisher,  über 
die  Zahl  der  im  ersten  Frühjahre  nach  der  Reife  erwachsen- 
den Keimlinge  orientiert  zu  sein,  vielmehr  eine  genaue  Über- 
sicht über  die  Zahl  der  Frühkeimer,  der  Spätkeimer  und, 
wenn  der  Ausdruck  gestattet  ist,  der  Nichtkeimer  unter  den 
Samen  eines  Individuums  zu  gewinnen,  wurde  mit  ganz 
geringen  Ausnahmen,  die  als  Vergleichsmaterial  wie  bisher 
im  Spätsommer  in  Erde  kamen,  das  gesamte  Saatgut  der 
in  Betracht  kommenden  Individuen  von  F^  zunächst  in  Petri- 
schalen auf  Sand  ausgelegt.  F^  erwuchs,  den  vortrefflichen 
Lebensbedingungen  —  isolierter  Stand  bei  kräftigen  Wirten  — 
entsprechend,  durchaus  zu  schönen,  oft  mehrfach  verzweigten 
Individuen,  die  bei  sorgsamer  Pflege  eine  derart  große  Menge 
von  Samen  lieferten,  daß  schon  aus  rein  technischen  (iründen 
eine  völlige  Unterbringung  in  entsprechende  Gefäße  mit  Erde 
nicht  in  Betracht  kommen  konnte.  Freilich  nur  in  Gruppe  I 
und  II.  In  Gruppe  111  hingegen  machte  sich  schon  während 
der  Entwicklung  von  F^  trotz  der  günstigen  äußeren  Be- 
dingungen eine  starke  Reduktion  in  der  Zahl  der  Pflanzen 
bemerkbar,  wozu  bei  der  Ernte  noch  die  Beobachtung  kam, 
daß  viele  der  schönsten  Individuen  trotz  sorgsamer  Be- 
stäubung keine  oder  bloß  minderwertige  Samen  entwickelt 
hatten. 


)"59(;i  A.  Spcrlich, 

Die  Verfolgung  der  Samenkeimung  von  l'\  in  den  Sciialen, 
die  sich  vom  Winter  1916  —  1917  bis  in  das  Frühjahr  1918 
erstreckte,  lieferte  neuerdings  den  Beweis  von  der  ver- 
schiedenen inneren  Konstitution  der  einzelnen  Gruppen,  die 
schon  bisher  bald  mehr  bald  weniger  zum  Ausdruck  gelangt 
war.  Zur  Darstellung  dieser  Keimungsverhältnisse  mögen  die 
nun  folgenden  Tabellen  II,  III  und  IV  dienen.  Jede  Tabelle 
gibt  in  übersichtlicher  Weise  die  gesamte,  bis  1915  durch 
Autoselektion  und  1916  durch  meinen  Eingriff  erhaltene 
Nachkommenschaft  je  einer  Kapsel  des  Ausgangsmaterials, 
d.  i.  der  Freilandernte  1912  wieder,  und  zwar  Tabelle  11  die 
Deszendenz  einer  Kapsel  der  ersten  Ernte  (6.  Juni  1912» 
also  von  Gruppe  I  der  eben  behandelten  Tabelle  I  (p.  ;S90u.  391), 
Tabelle  111  einer  ivapsel  der  zweiten  Ernte  (13.  Juni  1912)  — 
also  von  Gruppe  II  —  imd  Tabelle  IV  einer  Kapsel  der 
dritten  Ernte  (21.  Juni  1912)  —  also  von  Gruppe  111.  Die 
Nachkommenschaft  der  \ierten  Ernte  (30.  Juni  1912) 
—  Gruppe  IV  —  kommt,  da  ausgestorben,  nicht  mehr  in 
Betracht.  In  gleicher  Weise  ließe  sich  aus  meinen  umfang- 
reichen Protokollen  auch  die  Gesamtdeszendenz  jeder  anderen 
Kapsel  der  drei  Ausgangsernten  darstellen.  Da  sich  aber 
innerhalb  der  einzelnen  Gruppen  der  Sachverhalt  nicht 
A\-esentlich  ändert,  das,  was  die  hier  veröffentlichten  Zahlen 
sagen,  bei  den  anderen  Kapseln  einer  Gruppe  sich  mit  belang- 
losen Varianten  nur  wiederholte,  glaubte  ich  von  der  Wieder- 
gabe aller  dieser  Tabellen  absehen  zu  können.  ■^ 

Zunächst  mögen  die  Daten,  die  sich  auf  die  schon 
behandelten  Generationen  F^,  f.,  und  F..  beziehen,  außer 
Betracht  bleiben  und  bloß  die  Keimungsverhältnisse  von  F^, 
bei  der  wir  oben  unsere  Auseinandersetzung  unterbrachen, 
in  den  drei  Tabellen  verglichen  werden.  Zum  Verständnisse 
der  Darstellung  sei  zuvor  noch  bemerkt:  Jede  Zeile  entspricht 
einem  Individuum,  die  am  Kopfe  jeder  Zeile  stehenden  Buch- 
staben beziehen  sich  auf  die  vorhergehenden  Generationen 
F.^,  7'",,  /-'j  und  erläutern  den  Stammbaum,  die  folgenden 
Zeichen  zeigen  den  Grad  der  Verzweigung  an  (kein  Zeichen 
rr:  unverzweigt,  >',  =r  ein  Seitenastpaar,  X  X  =  zwei  Seiten- 
astpaare  usw.,    '<  .  =:  die  Seitenäste    sind    wieder    verzweigt^ 


Fähigkeit  der  Linieneihaltung.  •">'*< 

X  . .  zwei  Seitenastpaare  zweiter  Ordnung  usw.),  die  weiter 
folgende  Bezeichnung  1,2, 3.... V  gibt  die  Zahl  der  Nodien 
mit  fruchtbaren  Blüten  am  Hauptstamm  an,  die  folgende 
Zahl  die  Zahl  der  geernteten  einwandfreien  Samen  dieser 
Hauptstammnodien  —  Samen  aus  Seitenastblüten  blieben 
bei  diesen  Versuchen  unbeachtet:  von  den  nach  dem 
Doppelpunkt  stehenden,  durch  Bindestriche  getrennten  drei 
Zahlen  bedeutet  die  erste  das  Prozent  der  Frühkeimer, 
die  zweite  das  Prozent  der  Spätkeimer,  die  dritte  das 
Prozent  der  Nichtkeimer,  d.  i.  von  Samen,  die  im  \'er- 
Jaufe  der  Beobachtung  bald  früher,  bald  später  abstarben.' 
Beim  \'ergleiche  der  Keimungsergebnisse  von  F^  in  den 
drei  erhaltenen  Gruppen  fällt  vor  allem  auf,  daß  sie  sich 
untereinander  ganz  wesentlich  unterscheiden.  Das  \'er- 
schiedene  Verhalten  der  Gruppen,  dem  wir  Jahr  für  Jahr 
begegneten,  wird  jetzt  besonders  aufdringlich  vor  allem,  weil 
dank  der  kräftigen  Ausbildung  der  F^-Individuen,  deren  Samen- 
produktion gehoben  und  damit  eine  \iel  breitere  Vergieichs- 
basis  geschaffen  wurde  und  weil  die  Beobachtung  in  den 
stets  zugänglichen  Schalen  eine  einwandfreie  Registrierung 
der  drei  Samentj'pen:  F'rüh-,  Spät-,  Nichtkeimer  gestattete. 
Wenn  wir  zunächst  bezüglich  dieses  Punktes  die  drei  Gruppen, 
jede  als  Ganzes,  betrachten,  so  sehen  wir,  daß  Gruppe  III 
(in  Tabelle  I\'  an  einem  Stammbaume  gezeigt)  trotz  der 
prächtigen  Entwicklung  einzelner  ihrer  /'^-Individuen  über- 
haupt keine  keimfähigen  Samen  erzeugt  hat.  Es  sei  gleich 
hier  bemerkt,  daß  die  Samen  gerade  dieser  Individuen 
von  einer  Größe  und  Gleichmäßigkeit  waren,  wie  sie 
bisher  weder  im  F r e i  1  a n d e  noch  in  meinen  Kult u r e n 
je    gesehen    wurden.    Sie    starben  nichtsdestoweniger   alle 


1  Beispiel:  i^'.i,  XXX  • -,  •' i^.  33:0—66  —  33  will-  besagen :  Das 
Individuum  der  bezeichneten  Abstammung  hatte  drei  Seitenzweigpaare,  die 
ihrerseits  bis  zu  zwei  Paaren  von  Zweigen  zweiter  Ordnung  trugen,  ent- 
wickelte am  Hauptstamm  sechs  Xodien  mit  fruchtbaren  Kapseln,  die  33 
einwandfreie  Samen  entliielten.  Hiervon  keimte  im  ersten  Jahre  nach  der 
Reife  keiner,  später  66",,  und  33^;i|  starben  ohne  zu  keimen  ab.  Diese 
Darstellung  ist  im  Bereiche  der  früheren  Generationen  (Fj,  F.,,  F-^)  unmöglich, 
da  in  diesen  Jahren  der  Anbau  direkt  in  Erde  erfolgle.  mithin  lediglich  das 
Prozent  der  Frühkeimer  feststellbar  war. 


39« 


A.   Sperlich, 


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404  .    A.   Speiiicl). 

ohne  Ausnahme,  zumeist  sehr  bald  nach  erlangter  Reife  ab. 
Die  Gruppe  hat  hiermit  dasselbe  Schicksal  erreicht  wie  im 
Vorjahre  Gruppe  I\':  sie  existiert  nicht  mehr.  Nur  erfolgt 
das  Aussterben  größtenteils  zu  einem  anderen  Zeitpunkte 
der  individuellen  Entwicklung  als  bei  IV'.  Wir  erinnern  uns. 
daß  sich  hier  das  Aussterben  vorzüglich  durch  die  Reduktion 
der  erwachsenden  Keimpflanzen  in  F..  geoftenbarf  hatte, 
während  in  Gruppe  III  F^  eine  noch  immer  ansehnliche  Zahl 
kräftiger  Individuen  zur  vollen  Samenreife  führen  konnte 
und  die  schwindende  Lebensfähigkeit  der  Gruppe  erst  bei 
den  Samen  von  F^,  also  bei  der  ruhenden  /•),  in  Erscheinung 
tritt.  Angekündigt  erscheint  indes  der  nahende  \'erfall  in 
beiden  Gruppen  gleich:  durch  die  Herabsetzung  der 
Keimkraft  der  jeweilig  vorhergehenden  Generation. 

Bei  Betrachtung  der  Keimergebnisse  in  Gruppe  1 
(Tabelle  II)  und  Gruppe  II  (Tabelle  IIl)  fällt  uns  neben  dem 
Auftreten  von  Nichtkeimern  —  stärker  bei  II  als  bei  I  - 
vor  allem  auf,  daß  sich  die  erhaltene  Nachkommenschaft 
von  I  vorzüglich  durch  Frühkeimer  imit  bis  zu  lOO^'/jj 
Keimung),  die  von  II  vorzüglich  durch  Spätkeimer  charak- 
terisiert. Wäre  die  Beobachtung  des  Keimergebnisses  nicht 
in  den  Schalen  erfolgt,  sondern  wie  bisher  ausschließlich  im 
Frühjahr  an  den  erdgefülhen  Gefäßen,  so  wäre  diese  Unter- 
scheidung unmöglich  und  für  Gruppe  II  nur  eine  ähnliche 
Herabsetzung  des  allgemeinen  Keimprozents  zu  verzeichnen 
gewesen,  wie  im  Vorjahre  für  Gruppe  III  und  vor  zwei 
Jahren  für  (iruppe  IV.  Was  sich  aber  damit  ankündigt,  ist 
aus  dem  \'orhergehenden  bekannt:  der  beginnende  Verfall 
der  Linie.  Diesem  erlag,  wie  die  weitere  \'erfolgung  der 
Nachkommenschaft  in  dieser  Gruppe  gezeigt  hat,  die  Mehr- 
zahl sehr  bald.  Insbesondere  erreichen  von  Individuen  aus 
spät  keimenden  Samen  nur  ganz  wenige  selbst  die  Samen- 
reife, die  meisten  sterben  im  Laufe  der  Entwicklung  ab, 
hiervon  sehr  viele  bald  nach  der  Keimung,  noch  ehe  sie  ans 
Tageslicht  gelangt  sind.  Wir  werden  an  Beispielen  später 
noch  sehen,  wie  klein  die  Erhaltungsmöglichkeit  von  Linien 
ist,  die  sich  von  spätkeimenden  Samen  ableiten  und  wie 
wenig   keimfähige  Samen   von   solchen  Individuen   produziert 


Kaiiigkeil  der  IJnienerliallung.  4(>0 

werden.  Die  'Zunahme  von  spätkeimenden  Samen  ist 
somit  nicht  anders  als  die  Steigerung  in  der  Pro- 
duktion überhaupt  nicht  keimender  Samen  ein  An- 
zeichen, daß  die  betreffenden  Mutterpflanzen  einer 
Linie  angehören,  die  nicht  mehr  lebensfähig  ist  und 
früher  oder  später  aussterben  wird. 

Mit  aller  Deutlichkeit  geht  aus  der  Verfolgung  der  seit 
Utl2  durch  Selbstbefruchtung  gezogenen  Linien  hervor,  daß 
von  einer  konstanten  Keimkraft  in  einer  Linie  als  erblichem 
Merkmale  keine  Rede  sein  kann,  die  ursprünglich  gefaßte 
Meinung  somit  irrig  war.  Selbst  in  Gruppe  I,  die  sich  noch 
heute,  da  dies  niedergeschrieben  wird,  in  kräftigen  \er- 
mehrungsfähigen  Linien  erhalten  hat,  traten,  wie  wir  Tabelle  II 
entnehmen,  unter  der  Deszendenz  keim  kräftiger  Individuen 
in  h\  deutlich  geschwächte  Pflanzen  auf,  was  sich  in  den 
folgenden  Jahren  bis  heute  wiederholt  hat. 

Der  verschiedene  Grad  der  Schwächung  innerhalb 
(iruppe  II  und  II!  äußert  sich  aber  nicht  nur  durch  die 
verschiedene  Keimkraft,  beziehungsweise  durch  die  \er- 
schiedene  innere  Beschaffenheit  des  äußerlich  einwandfreien, 
zur  Vollreife  gelangten  Samenmaterials,  sondern  auch  durch 
weitere  Momente:  Wir  bemerken,  daß  in  Tabelle  IV,  die 
einen  typischen  Vertreter  von  Gruppe  III  darstellt,  bei  h\ 
die  Bemerkung  >  geht  ein<'  und  »ohne  Samen«  viel  häutiger 
vorkommt  als  in  Tabelle  III,  die  den  Typus  für  (iruppe  II 
zeichnet.  Die  Bemerkung  »geht  ein«  will  besagen,  daß  zur 
Zeit  der  Krnte  das  betreffende  Individuum  nicht  mehr  vor»- 
handen  war;  »ohne  Samen«  will  heißen,  daß  die  betreffende 
Pflanze  zwar  noch  prächtig  geblüht,  aber  keine  Samen  zu- 
stande gebracht  •  hat.  Bedenkt  man,  daß  es  sich  hier  um 
Pflanzen  handelt,  die,  wie  erinnerlich,  unter  den  denkbar 
besten  äußeren  Bedingungen  erwuchsen,  so  wird  der  Unter- 
schied in  der  inneren  Beschaffenheit  der  betreffenden  Linien 
besonders  deutlich. 

Wir  verfolgen  nunmehr  die  in  den  Tabellen  II,  III  und  I\' 
verzeichneten  uad  entsprechend  charakterisierten  Individuen 
von  h\,  die  bisher  als  Gruppenvertreter  miteinander  ver- 
glichen wurden.,  m  ihrer  Aszendenz  bis  zur  Freilandernte  lt>12 


4U3  A.   Sp  eil  ich. 

oder  eigentlich  bis  zu  den  völlig  bekannten  Ausgangs- 
individuen von  /-'i,  die  ihrerseits  in  jeder  der  (iruppen  je 
einer  Kapsel  eines  nicht  näher  gekannten  Individuums  der 
Freilandpopulation  1912  entstammen.  Wir  untersuchen,  ob 
sich  rücksichtlich  der  Verteilung  von  Linien  verschiedener 
Erhaltung^  innerhalb  der  Gesamtdeszendenz  einer  Freiland- 
kapsel 1912  und  dem  Linienausgangspunkte  irgendwelche 
Beziehungen  ergeben.  Da  fällt  schon  bei  Betrachtung  der 
äußeren  Form  der  Tabellen  III  und  IV  auf,  daß  Linien,  die 
sich  aus  Samen  von  Seitenachsen  der  Fj-Stammpflanze 
herleiten,  sehr  bald  zurückgehen  und  aussterben.  h\  aus 
Gruppe  111  (Tabelle  W)  ist  im  vorliegenden  Beispiele  durch 
ein  Individuum  mit  zwei  Seitenachsenpaaren  vertreten,  wobei 
die  eine  Seitenachse  jedes  Paares  eine  schlechtere  Nach- 
kommenschaft liefert  als  die  andere,  das  untere  Paar  jedoch 
im  ganzen  eine  schlechtere  als  das  obere.  Die  Deszendenz 
der  ersten  Seitenachse  des  unteren  Paares  existiert  schon 
in  /''.,  nicht  mehr.  Wir  erinnern  uns,  daß  die  Entwicklung 
der  Seitenzweige  am  Hauptstamme  von  Alectoroloplius  basi- 
petal  fortschreitet  und  die  Seitenzweige  allgemein  dem 
Hauptstamme  nachhinken.  So  ergibt  sich  schon  aus  dieser 
nur  oberflächlichen  Betrachtung  der  zwei  Stammbäume  das- 
selbe, was  sich  aus  der  Betrachtung  der  (iesamtkultur  mit 
ihren  vier  Gruppen  ergeben  hatte:  Je  später  ein  Individuum 
entsteht,  desto  schwächer  ist  seine  Deszendenz,  um- 
so früher  müssen  die  ihm  entstammenden  Linien  zu- 
grunde gehen. 

Ebendasselbe  ergibt  sich  bei  der  ins  einzelne  gehenden 
Verfolgung  der  Deszendenz  des  akropetal  sich  entwickelnden 
Hauptstammes.  Wir  wählen  hierzu  den  Hauptstamm  von  h\ 
in  Tabelle  111.  In  F.^  erhielten  sich  durch  Autoselektion  bei 
schlechten  Ernährungsbedingungen  von  den  109  Keimlingen 
aus  1  1  Nodien  nur  6  Pflanzen  {A  bis  F)  und  zwar,  was  aus 
der  Tabelle    nicht    ersehen    werden    kann,    aus   der   unteren 


'  Die  sicii  sowohl  in  lier  verschiedenen  Keimkraft  der  Samen  ;iis 
:uich  darin  äußert,  wie  weit  diu  erwachsenden  Keimpflanzen  lebens-  und  t'ort- 
pflanzuni^sfiiliis   sind. 


Fälligkeit  der  r,inienerhaltung.  4<)7 

Hälfte  der  Achse.  In  F.^  entwickelten  sich  daraus  fast  alle 
Keimlinge  zu  kleinen  samenreifen  Pflanzen.  Die  unbedeutende 
Reduktion  betrifft  —  man  beachte  die  den  /'>Nodien  ent- 
sprechende Gruppierung  der  F.j-Individuen  aus  der  Deszendenz 
von  D  mit  zwei  Nodien  und  von  F  mit  vier  Nodien  — 
durchaus  die  oberen  Nodien:  von  D  erhielten  sich  in  F^ 
aus  dem  unteren  Nodiuni  vier  Pflanzen,  aus  dem  oberen  drei; 
von  F  aus  dem  1.  und  2.  Nodium  je  vier  Pflanzen,  aus  dem 
'S.  Nodium  nur  drei,  aus  dem  4.  Nodium  erhält  sich  nichts. 
Noch  autfälliger  wird  die  Sache  in  F^  bei  Berücksichtigung 
der  Keimkraft  der  Samen:  Früh  keimer  finden  sich  -  bei 
einem  Individuum  sogar  bis  zu  87"/„  —  nur  noch  bei  den 
Nachkommen  von  A  bis  F  in  größerer  Zahl,  die  Nachkommen- 
schaft von  F  enthält  nur  mehr  ein  Individuum  mit  früh- 
keimenden Samen  (12%).  Dafür  lesen  wir  in  der  Nach- 
kommenschaft von  F  öfter  »geht  ein«,  was  bei  A,  B,  C,  D 
und  E  niemals  vorkommt,  ebenso  erscheint  die  Bemerkung 
»ohne  Samen«  bei  einer  größeren  Anzahl  \on  Individuen 
als  in  der  Nachkommenschaft  der  anderen  Stammpflanzen. 
Einige  Einbuße  an  Übersichtlichkeit  erleidet  die  Dar- 
stellung durch  die  Tatsache,  daß  sich  die  Deszendenz 
eines  und  desselben  Nodiums  und,  wie  ich  gleich  bei- 
fügen will,  sogar  einer  und  derselben  Kapsel  nicht 
gleichwertig  verhält.  So  kommt  es,  daß  innerhalb  einer 
Gruppe,  die  durch  den  auf  F^  hinweisenden  Buchstaben 
{A  bis  F)  gekennzeichnet  ist,  Individuen  verschiedener 
Lebensenergie  und  Keimkraft  nebeneinander  stehen.  Am  auf- 
fälligsten wird  diese  Tatsache  bei  den  einer  Kapsel  der 
Freilandernte  1912  entstammenden  vier  f'^ -Individuen  aus 
Gruppe  I  (Tabelle  \\),  von  denen  in  F^  nur  noch  eines 
(Ind.  C)  durch  vollkräftige  Exemplare  vertreten  ist.  Es 
wiederholt  sich  somit  innerhalb  der  Nachkommen- 
schaft des  Nodiums  odet"  der  Kapsel  das,  was  sich 
innerhalb  der  Deszendenz  des  Individuums,  bezie- 
hungsweise der  Individuengruppe  gleichzeitiger  Frei- 
landernte abspielt:  ein  beständiges  Auftreten  von 
Individuen,  die  eine  bestimmte  Schwächung  erfahren, 
welctie    die    weitere   Nachkommenschaft    früher    oder 


40,S  A.   Sperlich,     ■. 

Später  (je  nach  dem  Grade  der  Schwächung)  dem 
sicheren  Untergange  entgeg-enführt.  Während  aber  der 
Entstehungszeitpunkt  für  die  Mutterpflanze  und  für  die 
einzelne  Kapsel  an  der  Stammpflanze  mit  Sicherheit  als 
Faktor  erkannt  werden  konnte,  der  für  die  Erhaltung  der 
Deszendenz  in  der  Zukunft  ausschlaggebend  ist,  entzieht 
sich  der  innerhalb  einer  Kapsei  wirksame  Zusammenhang 
zunächst  der  Beurteilung  vollkommen  und  wir  werden  in 
einem  späteren  Abschnitte  erfahren,  nach  welchei"  Richtung 
ein  solcher  Zusammenhang  gesucht  werden  könnte. 

Wir  erinnern  uns,  daß  Vorversuche,  von  denen  einleitend 
gesprochen  wurde,  die  durch  mehrjährige  Reinzucht  von 
Linien  gewonnene  Erkenntnis  vom  Zusammenhange  der 
Keimkraft  der  Samen  —  als  eines  Ausdruckes  der  Lebens- 
energie des  hidividuums  —  mit  dem  Orte,  beziehungsweise 
dem  Zeitpunkte  seiner  Entstehung  n  i  c  h  t  gebracht  haben. 
Warum  sie  diese  Erkenntnis  unmöglich  schaffen  konnten, 
sei  noch  kurz  erörtert.  Es  ist  Tatsache,  daß  die  in  der  Herab- 
setzung der  Keimkraft  sich  äußernde  Schwächung  einer 
Pflanze  nicht  mit  morphologisch  erkennbaren  Anzeichen  der 
.Schwächung  parallel  läuft.  Im  Gegenteil.  Wie  f"^  in  Tabelle 
III  und  W  zeigt,  können  Individuen,  die  soweit  geschwächt 
sind,  daß  sie  keine  lebensfähige  Nachkommenschaft  mehr 
zu  erzeugen  vermögen,  unter  günstigen  äußeren  Bedin- 
gungen geradezu  luxurierend  wachsen,  ja  selbst  .Samen  zur 
Reife  bringen,  die  das  gewöhnliche  Maß  überschi'eiten.  Eine 
Freilandpopulation  besteht  nun  den  Bedingungen  entsprechend, 
die  den  einzelnen  Pflanzen  zukommen  und  die  auf  kleinstem 
Räume  gerade  ilicksichtiich  der  Ernährung  für  den  Pai-asiten 
sehr  \-erschieden  sein  können,  aus  Individuen  \"erschiedenster 
Lebensenergie  oder,  wie  man  sich  allgemein  ausdrückt,  ver- 
schiedenster innerer  Konstitution.  Zwei  äußerlich  gleich  gut 
entwickelte  Individuen  müssen  '  durchaus  nicht  gleicher  Kon- 
stitution sein,  sind  es  auch  meist  nicht.  Dai^um  ist  es  reiner 
Zufall,  wie  die  Vergleichsvverte  bei  der  Prüfung  eines  be- 
stimmten Faktors  ausfallen.  Die  Keimkraft  eines  vollkrät'tigen 
Individuums  ist  noch  in  den  Seitenachsen  eine  hohe,  ein 
äußciiich    gleichwertiges,     seiner    Abstammung    nach    jedoch 


l'iilHLikcit   der   l.iiiionerlKiltuni^.  409 

geschwächtes  Individuum  desselben  Standortes  zeigt  schon 
in  unteren  Nodien  der  Hauptachse  sehi*  bescheidene  Keim- 
prozente. 

Die  Frage  nach  der  Ursache  der  großen  individuellen 
\'erschiedenheit  des  Alectoroloplms  und  seiner  Samen  hatte 
diese  Untersuchung  xeranlaßt;  wir  suchten  sie  ursprünglich 
in  der  \'ermischung  von  Typen,  die  eine  bestimmte,  erblich 
konstante  Keimkraft  besitzen,  deren  Isolierung  eine  durch 
Jahre  durchgeführte  Reinzucht  bringen  sollte.  Die  Ergebnisse 
haben  zwar  diese  Annahme  nicht  bestätigt,  der  eingeschlagene 
W'eg  führte  aber,  wenn  auch  nach  einer  ganz  anderen 
Richtung,  doch  zur  Beantwortung  der  Frage. 

2.  Die  Wirkung  der  Einschränkung  in  der  Samenproduktion 

auf  die  Keimkraft    der  Samen    und    auf   die  Erhaltung  der 

daraus  erwachsenden  Linien. 

Eine  Einschränkung  in  der  Samenproduktion  kann  aus 
inneren  Ursachen  erfolgen  oder  durch  äußere  Umstände 
ei-zwungen  sein.  Unmittelbar  ist  an  Individuen  im  Freilande 
diese  Unterscheidung  ausgeschlossen.  Anders  bei  den  Pflanzen 
unserer  Versuche.  Hier  sehen  wir  aus  den  Tabellen  des 
\orangehenden  Abschnittes  ganz  klar,  \v\e  die  Herabsetzung 
in  der  Samenproduktion,  sei  es  durch  Unfruchtbarkeit  von 
Nodien  äußerlich  schöner  Pflanzen,  sei  es  durch  Herab- 
setzung des  individuellen  Maßes,  nicht  anders  als  die 
Reduktion  der  Keimkraft  entwickelter  Samen  Anzeichen  ver- 
schiedener Grade  von  Schwächung  des  Individuums  oder  der 
betreffenden  Linie  sind.  Ein  geschwächtes  Individuum  wird, 
wie  nach  dem  \'orhergehenden  nicht  anders  erwartet  werden 
kann,  wenn  es  überhaupt  noch  keimfähige  Samen  produziert, 
unter  diesen  ein  sehr  niederes  Keimprozent  aufweisen.  Etwas 
ganz  anderes  hingegen  ist  es,  wenn  Angehörige  xollkräftiger 
Linien,  wie  solche  innerhalb  der  Gruppe  1  unserer  Kultur 
zweifellos  \  orliegen,  durch  gewisse  Eingriffe  daran  verhindert 
werden,    die    ihnen     überhaupt    mögliche    .SamenzahP     y.v 


■•   Durchschnittlich    bringt    eine   Kapsel     /-ehn    Samen    zur    Eiitw'ickJung. 
Daraus    ergibt    sicii    für    eine    unverzweigte   i'flanze  mittlerer  Größe  mit  .etwa 

Mtzb.  d.  mathem. -natura.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Ba.  29 


410  A.   Sperlich, 

CFzeugen.  Dies  kann  erreicht  werden  durch  Herabsetzung 
des  allgemeinen  individuellen  Maßes  bei  schlechter  Ernährung,, 
durch  Entfernung  von  Blüten  oder  durch  mangelhafte  Be- 
stäubung, wie  sie  beispielsweise  als  Folge  \on  Autogamie 
die  Regel  ist. 

Den  ersten  der  eben  genannten  Eingriffe  erlitt,  wie- 
erinnerlich, die  Gesamtkultur  in  F.,,  etwas  wenigei'  weitgehend 
in  F.^  (vgl.  Tabelle  1  auf  p.  390  u.  391).  Der  Erfolg  war  ein  ganz, 
unerwarteter.  Die  kleinen  Exemplare  aller  vier  Gruppen  in 
/g  und  die  etwas  stärkeren  Individuen  der  ersten  drei 
Gruppen  in  F.,^  wiesen  ein  Keimprozent  auf,  wie  es  bei 
Sammlung  im  Freilande  überhaupt  niemals  erreichbar  wäre. 
Individuen  mit  \olier  erstjähriger  Keimung,  eine  in  freier 
Natur  noch  nie  beobachtete  Erscheinung,  traten  sehr  häufig 
auf  und  konnten  mich  dadurch  zunächst  bei  der  Meinung 
erhalten,  auf  dem  Wege  zur  Reinzucht  einer  vollkeimenden 
Rasse  zu  sein.  Heute  können  wir  auf  Grund  der  Erkenntnis, 
die  im  vorhergehenden  Abschnitte  dargelegt  wurde,  sagen, 
daß  die  verblüffende  Erhöhung  des  Keimprozentes  in  sämt- 
lichen Gruppen  nicht  nur  eine  Folge  der  alles  Schwächliche 
ausmerzenden  .Autoselektion,  sondern  auch  die  Folge  der 
Reduktion  des  individuellen  Maßes  und  damit  d  e  i- 
Samenproduktion  war.  Wir  können  weiter  sagen,  daß 
manche  Linie,  insbesondere  aus  der  Nachkommenschaft  der 
späten  Ernten  des  Jahres  1912  sich  überhaupt  nur  deshalb 
etwas  länger  halten  konnte,  weil  durch  die  Autoselektion 
nur  das  Beste  der  Generation  am  Leben  blieb  und  dies  in 
erzwungen  bescheidenen  Grenzen.  Die  Gegenprobe  boten 
die  Verhältnisse,  unter  denen  F^  im  Jahre  1916  erwuchs. 
Die  Erweiterung  des  individuellen  Maßes  bis  zu  mehrfacher 
Verzweigung    hatte,    wie    die  Tabellen    11,  fll  und   I\'    zeigen. 


zehn  fruchtbaren  Nodieii  schon  eine  Produktion  von  200  Samen ;  bis  weit 
über  tausend  steigt  die  Zahl  bei  reichverzweigten  Individuen.  .\m  Stand- 
orte der  Freilandstanimpllanzen  meiner  Versuche  sind  E.xemplare  mit  fünf 
.Seitenachsenpaaren  nicht  selten.  Sie  stehen  an  Büschen  von  Ononis  fodens 
All.  (Form  0.  austriaca  Beck.)  auf  nassem  Boden  und  unterscheiden  sich 
in  der  Tracht  ganz  wesentlich  von  den  meist  wenig  verzweigten  Genossen 
der  angrenxenJen   trockenen  Wiese. 


Fähii;I<c'it   der   l.inicncihaiUing.  411 

sofort  eine  Reduktion  der  Keimkraft  und.  wie  ich  hinzu- 
Kigen  will,  eine  Herabsetzung  der  individuellen  Lebens- 
energie der  diesen  Samen  erwachsenden  7^ -Generation  (1917) 
zur  Folge.  Selbst  bei  Gruppe  I  (vgl.  Tabelle  II),  die,  der 
frühesten  Ernte  1912  entstammend,  die  kräftigsten  Linien 
enthält,  mehrt  sich  in  F,  die  Zahl  der  geschwächten 
Individuen,  Vollkeimung  tritt  ausschließlich  bei  unverzweigten 
Exemplaren  auf  ('vgl.  Tabelle  11;  h\  von  Ind.  ('  :  Ca-q^ 
und  .^J. 

Die  weiteren  Eingriffe,  die  zur  Verminderung  der  Samen- 
produktion des  Individuums  führen  sollten,  wurden  aus- 
schließlich an  y^),-Pflanzen  der  kräftigen  Gruppe  I  im  Jahre 
1917  durchgeführt  und  hatten  kein  anderes  Ergebnis.  Die  im 
Winter  1917-1918  und  bis  Mai  1918  geprüfte  Keimung 
erreichte  ihr  höchstes  Maß  dort,  wo  während  der  Vegetations- 
periode die  Zahl  der  Blüten  oder  die  Bestäubung  reduziert 
worden  war. 

Mit  Rücksicht  auf  den  im  vorhergehenden  Abschnitte 
festgestellten  Zusammenhang  zwischen  der  Keimkraft  des 
Samens,  beziehungsweise  der  Lebensdauer  der  daraus  er- 
wachsenden Nachkommenschaft  und  dem  Zeitpunkte  seiner 
Entstehung,  der  am  Individuum  durch  den  Rang  des  Nodiums 
gekennzeichnet  ist,  sind  Versuche  von  Interesse,  wodurch 
eine  Verschiebung  des  gewöhnlichen  Verhältnisses  erzielt 
wurde.  Solche  Versuche  können  nur  mit  Pflanzen  annähernd 
gleicher  innerer  Verfassung,  wie  sie  mir  in  der  durch  ö  Jahre 
geprüften  reinen  Nachkommenschaft  vorlagen,  eindeutig  aus- 
fallen. Entfernt  man  bei  dem  einen  von  zwei  annähernd 
gleichwertigen,  größeren  Individuen  die  Blüten  an  den  Nodien 
der  unteren  Hälfte,  läßt  sie  unbestäubt  verwelken  oder 
reduziert  man  ihre  Bestäubung,  so  wird  das  Keimprozent  der 
oberen  Nodien,  selbst  des  letzten,  das  sich  gewöhnlich 
durch  zurückbleibende  Kapseln  kennzeichnet,  deutlich,  hin 
und  wieder  sogar  bis  zur  Vollkeimung  erhöht,  während  die 
unbeeinflußten  Pflanzen  das  bekannte  umgekehrte  Verhalten 
zeigen:  unten  Vollkeimung  oder  befriedigende  Keim.ung,  oben 
kleines  Keimprozent  oder  keine  Keimung.  Ein  Beispiel,  das 
sich    auf  die  Umkehrung   des  \on  früher  her  bekaiinten  Ver- 


412 


A.   Sperlich. 


hältnisses    zwischen     der    Hauptachse     und     den     Seiten- 
achsen  bezieht,  sei  hier  angeführt. 

Es  handelt  sich  wieder  um  zwei  hidix  iduen  aus  Gruppe  I 
(Nachkommenschaft  der  frühesten  Freilandernte  im  Jahre 
1912). 


Ind.   Nr.    13     1917). 


Ind.   Xr.   71    (1(117). 


Jedes  mit  einem  Seitenzweigpaare,  13  zeigt  den  Ansatz  zu  einem 
zweiten  Paare,  das  sich  jedoch  nicht  weiterentwickelt;  am  Hauptstamm  beide 
zehn  blühende  N'odien.   Erste  Blüte  bei    13  am  S.Juni,    bei  71    am   7.  Juni,  i 


I    Blüten  der  Hauptachse  mit  A  u  s- 

R I  ü  t  e  Ti   d  e  r  H a  u  p  t  a  c h  s  e  n  I)  1-  m  a  i  ,  ,       r>  i  ••  ^         j  i     » 

'^  na  hmeder  Blutendessech  Step. 

bestäubt.  \-     j  ■  -    i  »   u      »■•    uv 

A  o  d  1  u  m  s  nicht    b  e  '^  t  a  u  b  t 


Keimung  (geprüft  in  der  Keimperiode    1917— 191Si 


Mauptspn.ß:     LNud.,") 

2.  .-    12 

3.  •■    16 

4.  \r, 
;").:   =>   ■  4 


8.  1 

iL  7 

10.  unfruchtbar 


12 

16 

17 

4 

3 


Seitenachse  .1:.  1.    »      5 


3. 
4 

6.    » 


r.7 


nicht 
entwickelt 


nicht  bestäubt 

8  :  .s 
,  nicht  bestäubt 

unfruchtbar 

4  :  4 

8  ;  7 

9  :  6 
4  :  4 

4  :  4 


^  Die  verhältnismäßig  späte  Blühreife  erklärt  sich  aus  den  unge- 
wöhnlichen klimatischen  Verhältnissen  des  Frühlings  1917.  Der  lange  Nach- 
winter '  gestattete  das  Ei^scheinen  der  meisten  Keimpflänzchen  '  über  dem 
Boden  -erst  mit  -Mitte  April.  Am  Freilandsstandorte  beobachtete  ich-  den 
ersten  Keimling  am   24.  März. 


Fiiliigl^eit  der  Linienerhaltiiiig. 


4i:i 


Seitenachse /)':  l.Xod. 


4. 


:   unfrLichtbar 


I  nicht 

f     entwickelt 
S.     »      j 


y    uiitVuchtba 


8  :  8 

9  :  9 
4  :  4 
2  :  0 


Summe.  .  S2  :  74  (:90'J,„)         60  :  .14  (90 '»y) 

Die  Keimkraft  der  Samen  ist  bei  beiden  Pflanzen  die- 
selbe, obwohl  die  Samen  von  13  größtenteils  der  Haupt- 
achse, die  Samen  von  71  größtenteils  den  Seitenzweigen 
entstammen.  Die  Wirkung  der  fruchtbaren  und  besonders  in 
den  mittleren  Nodien  sehr  ertragreichen  Kapseln  des  Haupt- 
stammes von  18  auf  seine  Seitenachsen  wird  durch  den 
X'ergieich  mit  der  Entwicklung  und  Leistung  der  Seiten- 
achsen von  71   sehr  augenfällig. 

Freilich  erreicht  71,  absolut  genommen,  nicht  die  Samen- 
zahl von  13.  Und  in  dieser  Beziehung  sind,  wie  ich  bei 
vollkräftigen  Individuen  deutlich  feststellen  konnte,  die  Nodien 
verschiedenen  Ranges  nie  ganz  gleichwertig.  Dies  gilt  nicht 
nur  für  die  Seitenachsen  gegenüber  der  Hauptachse,  sondern 
auch  für  die  einzelnen  Nodien  jeder  Achse.  In  der  Regel 
liefern  bei  äußerlich  gleicher  und  entwicklungsgemäß  fort- 
schreitender Bestäubung  das  erste  Nodium  oder  die  ersten 
zwei  und  die  obersten  Nodien  niemals  den  Samenreichtum 
der  mittleren,  was  auch  an  13  deutlich  bemerkbar  ist.  Es 
hängt  dies  jedenfalls  damit  zusammen,  daß  schon  die  Blüten 
nicht  gleichwertig  sind.  Äußerlich  drückt  sich  dies  häufig 
durch  die  reduzierte  Gestalt  und  durch  die  relativ  geringere 
Pollenmenge  aus.  Die  ersten  und  letzten  Blüten  der  Achse 
sind  zudem  nicht  selten  entwicklungsunfähig  und  verharren 
auf  dem  Stadium  einer  sich  weiter  nicht  vergrößernden, 
etwa    stecknadelkopfgroßen    Axillarknospe. ^    Inwieweit    diese 


1  Wird  auch  diese  nicht  ausgebildet,  so  treten  bei  verzweigten 
Individuen  an  der  Hauptachse  die  sogenannten  Interkalarblättor  in  Er- 
scheinung, d.  h.  Blatter  ohne  Achselblüte,  die  zwischen  der  obersten  Ver- 
zweigung und  dem  terminalen  Blütenstande   liegen. 


414  A.   Sperlich. 

Ungleichvvertigkeit,  die  zweifellos  mit  der  Änderunt;  der 
inneren  Konstitution  während  des  Individiiallehens^  zusammen- 
hängt, sich  durch  äußere  Eingriffe  beeinflussen  läl.lt.  müßte 
zum  Gegenstande  einer  eigenen  Untersucliung  gemacht 
werden.  .Soviel  ich  an  meinem  Material  nebenbei  bemerken 
konnte,  spielt  das  Licht  bei  den  untersten  Nodien  eine 
wesentliche  Rolle. - 

Von  diesem  Unterschiede,  dessen  völlige  Aufklärung  wir 
uns  zunächst  versagen  müssen,  abgesehen,  zeigen  alle  durch- 
geführten Versuche  eindeutig  denselben  Zusammenhang.  Bei 
nicht  völlig  fbis  zur  Unfruchtbarkeit)  geschwächten  Individuen 
hat  eine  Reduktion  der  Samenerzeugung  —  gleichviel,  auf 
welche  Weise  erreicht  —  eine  Erhöhung  der  Keimkraft  zur 
Folge.  Diese  kann  bei  vollkräftigen  Individuen  bis  zur  \'oll- 
keimung  gesteigert  \\'erden.  Jedem  Individuum  kommt  somit 
nur  ein  bestimmtes  Maß  kemifähiger  Samen  zu;  werden 
über  dieses  Maß  hinaus  Samen  erzeugt,  so  keimen  sie  spät 
oder  gar  nicht.  Hierbei  spielt  der  Rang  der  Kapsel,  wie  wir 
eben  sahen,  erst  in  zweiter  Linie  eine  Rolle.  Wenn  für 
gew()hnlich  Nachkommen  aus  höheren  Nodien  oder  \-(>n 
Seitenachsen  sowohl  hinsichtlich  der  Keimkraft  als  auch  hin- 
sichtlich der  individuellen  und  phyletischen  Lebensdauer  zurück- 
stehen, so  hängt  dies  damit  zusammen,  daß  bei  entwicklungs- 
gemäßer Bestäubung  und  Befruchtung  der  Blüten  das  gegebene 
Maß  sich  in  den  ersten  Früchten  erschöpft.  Es  geht  weiter 
hervor,  daß  erstjährige  Vollkeimung  immer  nur  bei 
Individuen  zu  erwarten  ist,  die  1.  selbst  einer  fi'ühen 
Ernte  entstammen  und  deren  Aszendenz  Jahr  für 
Jahr  aus  frühen  Nodien  erwuchs,  die  aber  überdies 
2.  ein  bestimmtes  Maß  in  ihrer  Indi\idualen twicklung 
nicht  überschreite  n. "' 


1  Bei  der  praktischen  Samenwabl  der  Kulturpllanzen  wird  die  Mitte 
des  Fruchtstaiides  (Kolben,  Ährei  schon  längst  bevorzugt. 

-  Über  den  Kinfluß  des  T.ichtes  auf  die  Keimung  der  Samen  aus  diesen 
Nodien  später. 

■'  Über  einen  I'all  allgemein  erhöhter  K'eimkrafl  bei  sonst  vorwiegend 
sterilen  Pflanzen  von  Venniicci  üfui^i^üiJ/is  berichtet  schon  Kinzel  (Licht- 
keimung,  Ber.   d.  D.  B.  G.  27,    1909.  p.   ,')87).  ohne  darauf  näher  einzugehen. 


Kiihigl'Ceit  der   I.iiiiunerlialtung.  415 

Wie  erinnerlich,  hatte  ich  durch  Vorversuche  ermittehi 
wollen,  ob  die  Kntfernung  ^•on  Kapseln  eine  Erhöhung  der 
Keimkraft  der  verbleibenden  Samen  zur  F'olge  hat.  Die 
betreffenden  \'ersuche  konnten,  abgesehen  von  der  damals 
noch  mangelnden  Einsicht  in  die  verschiedene  innere  Be- 
schaffenheit der  Einzelindividuen,  schon  deshalb  zu  keinem 
■befriedigenden  Resultate  führen,  weil  der  Eingriff  zu  einem 
Zeitpunkt  erfolgte,  da  er  nicht  mehr  wirksam  ist.  Die  Ent- 
fernung schwellender  Kapseln  hat  auf  die  Keimkraft 
der  xerbleibe.iden  Samen  gar  keinen  Einfluß.  Damit 
steht  fest,  daß  die  bedeutenden  stofflichen  \'orgänge  beim 
Wachstum  und  bei  der  Reife  des  Samens  vo.t  einem  genauer 
nicht  feststehenden  Zeitpimkte  nach  der  Befruchtung  an  für 
den  ( irad  der  Keimfähigkeit  nicht  ausschlaggebend  sind, 
das  Schicksal  des  Samens  sich  vielmehr  spätestens 
bei  der  Befruchtung  selbst  oder  etwas  nachher  ent- 
scheidet. 

3.  Die  Deszendenz  spät  keimender  Samen. 

Bisher  haben  wir  uns  bei  allen  \'ersuchen  ausschließlich 
mit  Individuen  beschäftigt,  die  erstjährig  keimenden  Samen 
erwacnsen  waren.  Wir  erkannten  aus  der  vergleichenden 
Betrachtung  der  Keimergebnisse  von  h\  in  den  Tabellen  11 
bis  IV  (p.  3'i8  bis  408),  daß  der  Keimx'erzug,  das  ist  bei  unserer 
Ptlanze  mit  ihrer  festen  unabänderlichen  Keimperiode  die 
Keimimg  im  zweiten  oder  erst  im  dritten  Jahre  nach  erlangter 
Reife,  nicht  anders  als  die  Keimunfähigkeit  ein  Zeichen  der 
Schwächimg  des  Samenträgers  oder  seiner  Aszendenz  ist. 
Ist  dies  richtig,  so  kann  ein  Spätkeimer  und  dessen  Deszendenz 
niemals  Keimverhältnisse  eines  Frühkeimers  aufweisen,  muß 
vielmehr  schon  selbst  oder  aber  sicher  in  seiner  nächsten 
Nachkommenschaft  zugrunde  gehen.  Schon  anläßlich  der 
Besprechung  der  eben  herangezogenen  Tabellen  machte  ich 
auf  die  Tatsache  aufmerksam,  daß  zweijährig  keimende 
Samen  größtenteils  Keimlinge  liefern,  die  sehr  bald  nach  der 
Keimung  absterben  und  nur  selten  überhaupt  ans  Tageslicht 
gelangen.  Zudem  ist  bei  länger  ruhenden  Samen  der  Keimungs- 


416  A.   Speilich, 

Vorgang  selbst  häufig  ein  ganz  abnorniciler:  stau  des 
VVürzelchens  durchbrechen  zunäclist  die  Kotyled(MTen  nach 
völliger  Erschöpfung  des  Nährgevvebes  die  Hülle,  die  Streckung 
bleibt  auf  den  Hypokotyl  beschränkt,  die  Hauptvvurzel  stirbt 
gleich  ab.  Vereinzelt  können  indes  auch  Spätkeimer  noch 
prächtig  'gedeihen  und  es  bei  günstigen  äußeren  Bedingungen 
zu  stattlichen  Pflanzen  mit  reicher  Samenproduktiün  bringen. 
Das  Keimprozent  dieser  Samen  ist  aber  dann  stets  ein 
klägliches,  die  Nachkommenschaft  nicht  .lebenskräftig.  Solche 
Spätkeimer  mit  luxurierender  Individualentwicklung  zeigen 
aufs  deutlichste  die  schon  früher  betonte  Tatsache,  dal.!  sich 
die  phjdetische  Schwächung  im  Individuum  selbst  durchaus 
nicht  zu  offenbaren  bi'aucht,  vielmehr  alle  jene  Teilprozesse 
im  Plasma,  die  der  vegetativen  Sphäre  angehören,  noch  recht 
kräftig  und  unbehelligt  an  der  Arbeit  sein  können.  Und 
darin  liegt  die  Haupt  Ursache  für  die  verworrenen 
Keim  Verhältnisse  einer  Rohernte  in  freier  Natur. 

Es   seien   zur  Erläuterung  zwei  Stammbäume  von  Spät- 
keim ern  beigefügt. 

.4. 

Vier  Kapseln   der  3.   Freilandernte    1912   ,21.  Juni):   30   Samen.' 
Hieraus  im   Frühjahr   1913;      2   Keimlinge,         -   gehen  ein, 

1914:      3  ■>  --   daraus    entwickeln    sich 

bei  günstigen  äußeren  Bedingungen  zwei  schöne  Pflanzen  mit  je  einem 
Seitenzweigpaare;   die  Hauptachse   mit  zehn   blühenden  Xodien. 


Ind.   Xr.   XV /' 
liefert  3-1  Samen    aus  ,")   Xodien. 


Ind.   Xr.  Wa  (1914) 
liefert  37   .Samen   aus   7   Xodien. 

Seitenachsen   ohne  Samen. 

Keimung   1917):      37  :  24  ;  :!4  :  17 

Es  entwickeln  sich  11  Pflanzen,  i  7   Pflanzen. 

hiervon    10  samenliefernd.  !    sameniieternd 

Gesamternte:   59  Samen  i  7   Samen 

Keimung   1916:      59  :  0  2  7:0- 


1^  Die  Kapseln  stammen  von  der  unteren  Hiilfte  eines  Haupt sprosses 
Die  schlechte  Keimung  der  Samen  und  die  Beschaffenheit  der  Xachkommen- 
schaft  zeigt  an,  wie  geschwächt  das  Individuum  des  Freilandes  trotz  seiner 
äußerlich  guten  Entwicklung  schon  war. 

2  Wenn  von  den  Samen  des  Jahres  1914  nicht  einzelne  nnch  lehensfähigc 
Spätkeimer  waren,  was  nicht  untersucht  wurde,  so  sind  die  Linien  ausgestorben. 
Von  den  Samen  des  Jahres  1915  starben  die  meisten  im  ersten  Jahre,  der 
Rest  im  zweiten  Jahre  nach   der  Reife,   und   zwar  stets  vor  der  Keimung  ab. 


''iiliij^keit  der  l.inicnerliallung.  "tW 


B. 

Aus  der  Xaclikommeii.scliaft  des  lU.  Nodiums  einer  kräftigen  Freiland- 
ptlanze  1913  mit  drei  Seitenzweigpaaren,  dessen  Samenkeimung  1914  noch 
keine   Schwächung  verriet.   Hrnte :   4.  Juli. 

F  (^1915)  Ind.  Nr.  278  am  Hauptstamme  zehn  blühende  Nodien,  zwei 
Seitenzweigpaare)  liefert  48  Samen  aus  fünf  Nodien;  die  obere  Hälfte  des 
Ilauptsprosses   und   die   Seitenachsen   erzeugen  keine   Samen. 

Keim  Uli-  1916  <  erstjährige  Keimung):  l.N:  1:0;  2.  N:  15  :  4; 
:?.  X  :    13  :  •);  4.  X:    19  :  .">.   Kein   Keimling  erreicht  die   Samenreife. 

Keimung  1917  (zweitjährige  Keimung):  1.  X:  ü;  2.  N:  lä  :  1  ; 
3.  X:  13:3;  4.  X :  19:3.  Daraus  entwickeln  sich  vier  Pflanzen,  hiervon 
erreiciien   die   Samenreife: 

Ind.   Xr.   441  und  Ind.   Xr.  444, 

am   llauptsproß    sechs    blühende         '    zwergiges,    unverzweigtes    Exemplar, 
Nodien,    zwei    reich  blühende  Seiten-    '  mit  drei  blühenden  Nodien. 

zweigpaare. 
Krnte:   vom  Hauptsproß   75  Samen.  14  Samen 

von   den   Seitenaehsen   84 

Keimung    191S 
77)  :  :iG,     84  :  (»  .     j  14  :  14 

Sämtliche   Keimpflanzen  gehen   ein. 

Aus  den  vor.stehenden  Zu-sammenstellungen  geht  die 
geringe  Erhaltungsmöglichkeit  von  Spätkeimern  und  deren 
Nachkommen  hervor;  sie  zeigen  überdies,  wie  in  vereinzelten 
Fällen  (Ind.  Nr.  XVa  und  b,  Ind.  Nr.  441)  innerhalb  der 
Grenzen  des  Individuums  noch  eine  kräftige  Lebens- 
entfaltung, allerdings  nur  bei  optimalen  äußeren  Bedingungen, 
möglich  ist,  gleichsam  ein  letztes  Aufflackern  vor  dem  sicheren 
Untergange  der  Linie. 

Durch  günstige  äußere  Bedingungen,  insbesondere  durch 
kräftige  Ernährung,  läßt  sich,  wie  wir  eben  sahen,  bei  ein- 
zelnen Exemplaren  aus  einer  im  ganzen  geschwächten  Linie 
noch  eine  schöne  Individualentwicklung  erzielen,  eine  Er- 
höhung der  Erhaltungsfähigkeit  indessen  über  das  individuelle 
Maß  hinaus  ist  hierdurch  nicht  oder  mindestens  nicht  sehr 
weitgehend  möglich.  Es  lag  die  Frage  nahe,  ob  dies  erreicht 
werden    könnte,    wenn    derart  kräftig  entwickelte  Spätkeimer 


4I(S  A.   Spei-lich, 

mit  dem  Pollen  vollwertiger  Frühkeimer  belegt  würden.  Da, 
wie  wir  aus  dem  vorhergehenden  Abschnitte  wissen,  die 
Entscheidung  über  Keimkraft  und  weitere  Schicksale  eines 
Samens  spätestens  bei  der  Befruchtung  oder  nur  etwas 
später,  jedenfalls  aber  vor  der  sichtlichen  Schwellung  des 
Fruchtknotens  fällt,  sollte  hierdurch  festgestellt  werden,  ob 
die  Befruchtung  selbst  an  der  durch  die  Aszendenz  gegebenen 
Konstitution  des  Individuums  noch  etwas  zu  ändern  imstande 
ist  oder  nicht.  Dasselbe  Ziel  wäre  in  negativer  Richtung 
durch  Bestäubung  eines  vollwertigen  Frühkeimers  mit  dem 
Staube  eines  Spätkeimers  denkbar.  Nun  hat  aber  die  Aus- 
führung entsprechender  Versuche  auf  breiter  Basis  die 
Schwierigkeit,  daß  gleichzeitig  eine  größere  Anzahl  von  Spät- 
keimern  annähernd  gleich  guter  Entwicklung  niemals  zur 
Verfügung  steht.  Solche  Pflanzen  sind  eben,  wie  aus  dem 
früheren  hervorgeht,  in  der  Gesamtkultur  eines  Jahres  ver- 
einzelte Erscheinungen.  Die  betreffenden  A'ersuche  mußten 
daher  zur  Gewinnung  von  Vergleichswerten  derart  durch- 
geführt werden,  daß  von  den  Blüten  eines  Späti>:eimers  die 
Hälfte  mit  Pollen  eines  bestimmten  kräftigen  Frühkeimers, 
die  andere  Hälfte  mit  eigenem  Pollen  belegt  wurde.  Völlig 
einwandfrei  sind  diese  \'ersuche  mit  Rücksicht  auf  die 
bekannte  Ungleichwertigkeit  von  Kapseln  verschiedenen  Ranges 
freilich  nicht.  Das  Ergebnis  sowohl  dieser  Kreuzungen  als 
auch  der  Umk^hrung,  deren  Ausführung  im  Materiale  keine 
Grenzen  gezogen  sind,  war  durchaus  eindeutig:  soweit  bisher 
festgestellt  werden  konnte,  ändert  der  Pollen  einer  Pflanze 
von  anderer  innerer  Verfassung  an  der  Keimkraft  eines 
Individuums  nichts,  weder  im  positi\'en  noch  im  negativen 
Sinne.  ^ 

Das  folgende  Beispiel,  das  sich  auf  das  schon  oben 
herangezogene  Ind.  Nr.  441  Ü917)  bezieht,  wirkt  deshalb 
besonders  überzeugend,  weil  die  Blüten  der  im  allgemeinen 
bevorzugten    unteren  Nodien    mit    dem    Pollen    eines  Früh- 


1  Mit  liiücksicht  auf  die  Bedeutung  dieser  l'iage,  auf  die  ich  im 
theoretischen  Teile  noch  zurückkommen  werde,  sind  jedoch  erneute  Versuche 
mit  einer  größeren   Zahl   von   Spätkeimern  unbedingt  notwendig. 


Fähigkeit  dcv   i.inienerlKiilung.  41  J 

keimers,  die  Blüten  der  allgemein  benachteiligten  oberen 
Xodien  mit  eigenem  Pollen  belegt  wurden  und  trotzdem  an 
Keimkraft  die  unteren  übertrafen. 

Mit   Pnllcn  des   Frühkeimc  rs  am    Kl.  .]  u  n  i 

bestäubte    Blüten:     2.  Nod.  (1  BUite)     Einte    12  Samen.   Keimung  1918 :     1 

3. 
M  i  t  eige  n  e  m  Pollen 
bestäubte   Blüten:     4. 


6. 


(!  Blüte» 

11 

(2  Blüten,)      » 

13 

(2  Blüten)      > 

14 

(2  Blüteni      • 

l(i 

(1  Blutet 

9 

13 


Summe:     75  Samen,  Keimung  1918 

i>ie    Keimlinge   entwickelten   '-ich  bekanntlicli   durchwegs  schlecht. 

Wenn  man  beachtet,  daß  die  Samenernte  der  unteren 
Nodien,  wovon  jede.s  nur  eine  Blüte  zur  Entwicklung 
brachte,  sich  nahezu  auf  der  Höhe  der  oberen  Nodien  mit 
Je  zwei  Blüten  hält,  so  ist  ohneweiters  klar,  daß  der  Pollen 
des  gewühlten  Frühkeimers  sehr  wirksam  war,  es  demnach 
an  der  Bestäubung  selbst  gewiß  nicht  gefehlt  hat. 

Es  sei  schließlich  noch  die  Frage  kurz  erörtert,  ob  es 
Samen  gibt,  die  freiwillig  erst  im  dritten  Jahre  nach  der 
Reife  keimen.  Daß  die  Samen  von  Aledorolophus  noch  im 
dritten  Jahre  nach  der  Reife  ihre  Keimkraft  bewahren,  ist 
bekannt;*  fraglich  erscheint  es  aber,  ob  seit  der  Reife  kon- 
tinuierlicli  unter  normalen  Keimungsbedingungen  gehaltene 
Samen  erst  nach  einer  freiwilligen  Ruhe  von  über  zwei 
Jahren  sich  innerhalb  der  feststehenden  Periode  zur  Keimung 
anschicken  und  ob  Keimlinge  aus  solchen  Samen  noch 
lebensfähig  sind.  Obwohl  ich  die  erste  Frage  nicht  rundweg 
verneinen  möchte,  so  kann  ich  doch  sagen,  daß  mir  unter 
den  vielen  tausend  Samen  kaum  ein  Same  mit  einer  frei- 
willigen Ruhe  von  über  zwei  Jahren  untergekommen  ist. 
X'erpaßt  ein  Same,  der  noch  im  zweiten  Jahre  nach  der 
Reife  lebt  auch  das  zweite  Frühjahr,  so  stirbt  er  spätestens 
im  Sommer  oder  im  Herbste  ab.  Ausgeschlossen  jedoch 
scheint  mir  nach  aller  Erfahrung  mit  Spätkeimern  die  Lebens- 


^   Vgl.  Heinricher,   Die  grünen  Halbschmarotzer  II.    p.  413  und  414. 


420 


A.   S  p  e  r  1  i  c  h  , 


oder  gar  Fortpflanzungsfähigkeit  von  Individuen,  die  solchen 
Samen  noch  erwachsen  sollten. 

Anders  verhält  sich  die  Sache  bei  Samen,  die  eine  Zeit 
lang  gezwungen  ruhten.  Erfolgt  der  Anbau  beispielsweise 
nicht  im  Jahre  der  Reife,  sondern  erst  im  nächsten  Jahre  zu 
.  einer  Zeit,  da  die  erste  Keimperiode  schon  abgelaufen  ist, 
so  ist  es  begreiflicherweise  möglich,  daß  Spätkeim  er  erst 
im  dritten  Jahre  nach  der  Reife  erscheinen.  Erfolgt  aber  der 
Anbau  erst  nach  Ablauf  von  zwei  Keimperioden,  so  können 
auch  die  Frühkeimer  nicht  eher  als  im  dritten  Jahre  nach 
der  Reife  erwartet  werden. 

Die  Keimfähigkeit  der  Samen  hält  sich  auch  bei 
erzwungener  Ruhe,  wie  sie  sich  durch  trockene  Aufbewahrung 
ergibt,  nicht  gleich  lange;  es  kommt  vielmehr  auch  in  dieser 
Hinsicht  darauf  an,  in  welcher  Verfassung  sich  das  samen- 
tragende Individuum  befand.  Je  geschwächter  dieses,  um  so 
kurzlebiger  im  allgemeinen  seine  Samen.  Die  folgenden 
Beispiele  zeigen  das  Schicksal  von  Samenproben  der  Ernte 
1915,  die  von  Individuen  bekannter  innerer  \'erfassung 
stammen  und  zur  Prüfung  der  Erhaltung  der  Keimkraft  bei 
erzwungener  Ruhe  erst  nach  Ablauf  von  zwei  Keimperioden 
(d.  i.  1915  16  und  1916/17)  am  28.  Mai  1917  angebaut 
wurden. 

.4.   Von   keimkräftiuen   Indix'iouen: 


I    ,    X,                                     Gleich  bei  der 
Ind.  Nr.           ,.                        ,,      ,,            , 
/tqtr\    '         Samen             yiiellung  als 

^   ^    ^^'    '                                 tot  befunden 

Im   Keimbett 

vor  der 

Keimung 

abgestorben 

Keimlinge   in 
der  Keim- 
periode 
1017-1918 

251 
262 

16 

3 

0 
0 

1 

1 

I 
3 

6 
4 

Fälligkeit  der  Linienei'liallunn.  421 

B.  Von  geschwächten  Individuen: 


„,.,,.,  Im  Keimbett  Keunlmi^e 

,    ,    ^,     ,  Gleich  bei  der  ,  .       ,    ^ 

Ind.  Nr.  ,-.  ,-w     n  ,  vor  der  m  der 

/inir\  Samen  Quellung  als  .,  .  ,.  .  .    , 

(1915)  .^  .    f  °j  Keimung  Keimpenode 

abgestorben  1917—1918 


252  a  6 

252 /'  14 


Es  ist  ohnevveiters  verständlich,  daß  bei  dieser  Sachlage 
Angaben  in  der  Literatur  möglich  sind,  die  besagen,  daß  die 
Samen  von  Alectorolopliiis  ein  längeres  Trockenliegen  nicht 
vertragen.  Bekommt  der  Experimentator  zufällig  in  freier 
Natur  größtenteils  Individuen  von  der  \'erfassung  der  Gruppe  B 
in  die  Hände,  so  ist  diese  Beurteilung  unvermeidlich.^ 

4.  Die  Ungleichwertigkeit    der  Samen    einer  Kapsel   oder 
eines  Nodiums. 

Herabsetzung  der  Samenkeimkraft,  die  sich  durch  Keim- 
verzug und  Keimungsunfähigkeit  äußert,  lernten  wir  im  Vor- 
hergehenden als  Grade  der  Schwächung  eines  Individuums 
kennen,  das  dessenungeachtet,  rein  äußerlich  betrachtet,  noch 
die  volle  Entfaltungsmöglichkeit  seiner  vitalen  Potenzen  be- 
sitzen kann,  wie  sie  sich  vorzüglich  durch  ein  auf  kräftiger 
Ernährung  beruhendes  Wachstum,  durch  Produktion  zahl- 
reicher Blüten  und  von  reservestoffreichen  Samen  offenbaren. 
Erst  in  der  Nachkommenschaft  solcher  Individuen  gesellt  sich 
bald  bei  den  Kindern,  bald  bei  Enkeln  oder  noch  später  eine 
offenkundige  Herabsetzung  der  individuellen  Entwicklungs- 
möglichkeit hinzu,  die  entweder  durch  das  Absterben  nach 
der  Keimung  und  in  der  rein  vegetativen  Periode  oder  durch 
die    mangelhafte    Entwicklung    der  Makro-    und    Mikrosporen 


1  So  beispielsweise  bei  M.  L.  G  a  u  t  i  e  r,  Sur  le  parasitisme  du 
Mdampynim  pratense  (Revue  generale  de  Bötanique,  20,  1908) ;  bezüglich 
Rhinonthus  richtiggestellt  durch'  Heinricher  (Die  grünen  Halbschrnarotzer 
V,  p.   282  bis  283). 


422  A.   Sperlich, 

oder  aber  durch  ein  allgemeines  Zurückbleiben  in  allen  Maßen 
trotz  günstiger  äußerer  Bedingungen,  also  durch  ausge- 
sprochenen Nanismus,  in  Erscheinung  tritt.  Die  Ausprägung 
der  genannten  Schwächungsgrade  ist  abhängig  vom  Zeit- 
punkte der  Entstehung  des  Individuums  und  seiner  Vor- 
fahren oder,  was  auf  dasselbe  hinausläuft,  von  der  Rang- 
ordnung der  betreffenden  samenliefernden  Fruchtkapseln.  Die 
Ausprägung  und  deren  A b h ä n g i g k e i t  w i r d  um  s o  a u f- 
fälliger,  je  mehr  die  Fähigkeit  der  Erzeugung  lebens- 
kräftiger Linien  —  hierfür  wähle  ich  den  Ausdruck 
phyletische  Potenz  -  hinter  der  Entwicklungsfähigkeit 
des  Individuums,  den  im  Rahmen  des  E i n z e  1 1  e b e n s 
sich  offenbarenden  Potenzen,  zurückbleibt  oder  je 
weiter  die  Differenz  zwischen  innerer  Verfassung 
und  äußeren   Maßen   klafft. 

Während  sich  die  Abhängigkeit  der  phyletischen  Potenz 
bestimmter  Individuen  von  dem  Zeitpunkte  ihrer  Ent- 
stehung mit  aller  Gewißheit  aus  den  kultivierten  reinen 
Linien  ableiten  ließ,  stößt,  wie  schon  einmal  hervorgehoben 
(p.  407  u.  408),  die  Tatsache,  daß  sich  die  einzelnen  Samen  einer 
und  derselben  Kapsel  oder  deren  Nachkommen  verschieden 
N'erhalten,  daß  unter  Umständen  einzelne  Samen  eines  älteren 
Nodiums  sich  minderwertiger  zeigen  als  Samen  eines  jüngeren, 
zunächst  auf  Erklärungsschwierigkeiten.  Auch  diese  Unter- 
schiede werden  um  so  auffälliger,  je  weiter  die  innere 
Schwächung  des  Individuums  gediehen;  sie  treten  bei  stark 
geschwächten  schon  bei  der  Keimung  ihrer  Samen,  bei 
weniger  geschwächten  erst  in  deren  unmittelbarer  oder  späterer 
Nachkommenschaft  in  Erscheinung.  So  wurde  beispielsweise 
(siehe  Tabelle  II  auf  p.  398  u.  399)  der  Unterschied  zwischen  den 
vier  i-'j-lndividuen,  die  derselben  Kapsel  der  ersten  Freiland- 
ernte 1912  erwuchsen,  erst  in  F^  recht  auffällig,  nachdem 
sich  allerdings  schon  in  F..  Anzeichen  von  Differenzen 
bemerkbar  gemacht  hatten.  Es  seien  im  folgenden  zunächst 
zur  Vervollständigung  des  Bildes  Fälle,  bei  denen  die  ver- 
schiedene innere  Verfassung  der  Samen  einer  Kapsel  schon 
bei  diesen  selbst  und  ein  Fall,  bei  dem  sie  an  der  weiteren 
Entwicklung  der  Keimlinge  zum  Ausdruck  kommt,  vorgeführt. 


I"ähif<keit  der  Linienerhaltung.  423 

Keimungsbeginn  der  Samen   eines   Individuums  aus  kräftiger  Linie 

(nach  wöchentlicher  Beobachtung  in  der  Keimperiode   1917  IHi. 

Ind.  Nr.  28;")  (1917\  unverzweigt,    mit  neun  blühenden  Nodien,    1.   Blüte  am 
8.  Juni,  Selbstbestäubung  entvvicklungsgemäß. 

1.  Nnd.  '1    Blüte  I  3  Samen;! 

es  keimen  am    11.  Jänner:    1,    am    18.  Jänner:    1 ,  zusammen  2 

2.  Nod.  (2  Blüten)    10  Samen;  es  keimen 

am    31.    Dezember:    2,    am    11.  Jänner:    5,    am    18.  Jänner:   2,  »  0 

3.  Nod.   (2   Blüten)    1  1    Samen ;  es  keimen 

am     18.   Dezember:    1,    am    11.  Jänner:    .">,     am    18.  Jänner:    4,  >  lU 

4.  Nod.   (2   Blüten'    12  Samen;  es  keimen  am  31.  Dezember:  3, 

am    11.  Jänner.:   7.  am    18.  Jänner:    1,    am  25.  Jänner:   1,  >  12 

5.  Nod.   (2   Blüten)   9  Samen;  es  keimen 

am  31.   Dezember:   2,   am    11.  Jänner:   7,  »  9 

6.  Nod.   (1    Blüte)  3  Samen;   es  keimen 

am   31.   Dezember:    1,   am    11.  Jänner:   2,  >  3 

7.  bis  9.   Nod.   die   Blüten   sind   unfruchtbar. 


Von  •  48  Samen  keimten  45 


Keimungsbeginn  der  Samen   eines  Individuums  aus  einer  geschwächten 

Seitenlinie.  2 

Ind.  Nr.  134  (1917).   unverzvveigt,   mit  sieben  blühenden   Nodien,    1.  'ilüte   am 
12.  Juni,   Selbstbestäubung   entwicklungsgemäß. 

1.  Nod.  (1    Blüte)  Pollen  unwirksam 

2.  Nod.  (1    Blutet  2  Samen;    es  keimen 

am    11.  Jänner:    1,  am   2.").  Jänner:    1,    zusammen  2 

3.  Nod.  (1    Blüte)  4  Samen;    es  ktimen 

am  31.   Dezember:    2,    am   25.  Jänner:    1,    am   1.  Februar:    1,  »  4 

4.  Nod.  (1   Blüte)  3  Samen;    es  keimen 

am    25.   Jänner:     1,    am    1.   Februar:    1,    am     10.  März:     1,  >  3 

5.  Nod.   (1    Blüte)   8  Samen;   es  keimen 

am    11.  Jänner:   2,  am    18.  Jänner:   3,   am   25.  Jänner:   3,  >  8 

6.  Nod.  (1   Blüte)  8  Samen;    es  keimen    am  31.   Dezember:    1, 
am     18.  Jänner:    3,    am    25.  Jänner;     1.    am    1.  Februar:     1, 

am  8.  Februar:   1,  >  7 

7.  Nod.   (1    Blüte')  Pollen   unwirksam 


Von  25   Samen  keimten  24 


1  Die  Blüte  des  I .  Nodiums  ist  sehr  geschwächt,  vgl.  die  Auseinander- 
setzung auf  p.  413. 

'•^  Die  Außenbedingungen  waren  sowohl  für  die  Entwicklung  der 
Mutterpflanze  als  auch  für  die   Keimung   der  Samen  dieselben. 


424  A.   Sperlich, 

Ein  bei  Erdkultur  nicht  wahrnehmbarer  Unterschied  der 
Samen  bezieht  sich  auf  das  Datum  ihres  Keimungs- 
beginnes innerhalb  einer  Keimperiode,  hi  dieser  Beziehung 
zeigen  sich  Samen  \'olll-cräftiger  hidixiduen  ziemlich  gleich- 
wertig, während  Samen  geschwächter  Individuen  oft  weit 
auseinandergehen,  auch  wenn  sie  derselben  i\apsel  ent- 
stammen. So  im  voranstehenden  Beispiele. 

Obwohl  in  beiden  Eällen  das  Keimprozent  ungefähr  das- 
selbe ist,  zeigt  sich  die  Schwächung  des  Ind.  Nr.  134  gegen- 
über 285  am  späteren  Keimungsbeginn  xieler  Samen  und 
besonders  am  weiten  Auseinanderliegen  der  .Keimungsdaten 
(man  beachte  das  4.  und  6.  Nodium)  der  Samen  einer 
Kapsel  ganz  offenkundig.  Auch  in  dieser  Beziehung  läßt  sich 
indes  durch  Herabsetzung  der  Samenproduktion  Wandel 
schaffen  genau  so,  wie  es  rücksichtlich  der  Erhöhung  des 
allgemeinen  Keimprozentes  in  einem  früheren  Abschnitte 
besprochen  wurde. 

Ind.  Nr.  73  (1917)  gehört  der  weiteren  Verwandtschaft 
\'(m  134  an,  ist  wie  dieses  unverzweigt,  öffnet  die  ei'ste 
Blüte  am  12.  Juni  und  hat  gleichfalls  sieben  blühende  Nodien, 
von  denen  jedoch  Nodium  3  bis  7  der  in  Entwicklung  be- 
griffenen Blüten  beraubt  wurde.  Das  Ergebnis  dieses  Ein- 
griffes rücksichtlich  der  Samenkeimung  ist  folgendes: 

1.  Nod.  (2  Blüten)  7  Samen:  es  keimen  am  27.  November:  6, 

am  31.  Dezember:    1, 

2.  Nod.  (1    Blüte)  3  Samen:    es  keimen  am    1<S.  Dezember:  3. 

Mit  dem  27.  November  ist  das  früheste  Keimungsdatum 
dieser  \'ersuche  erreicht. ^  Die  Erhöhung  der  Keimkraft,  die 
sich  hier  durcii  Erhöhung  der  Keimungsgeschwindigkeit 
offenbart,  ist  augenfällig. 

Verspätet  keimende  Individuen  bleiben  in  ihrer  ganzen 
Entwicklung  zurück;  so  erscheinen  hin  und  wieder  zwischen 
vollblühenden  Exemplaren  einer  Kapseldeszendenz  sogar  noch 
im  Mai  verspätete  Nachzügler  über  der  Erde. 

Die  innere  \'erschiedenheit  der  Samen  einer  Kapsel  muß 
sich  aber   nicht  gleich  bei  der  Keimung  (offenbaren,    sondern 


1    Von   abnorm  frühen   Koimungen  \v\yd   später  die  .Rede   sein 


l'iihij^koit   dci-   I.inicncrlialtung.  425 

tritt  iit't  erst  während  der  Entwicklung  dei-  Keimpflanzen  in 
Erscheinung.  Auch  hierfür  ein  l^eispiel; 

Von  den  10  Samen  des  11.  Nodiums  von  Ind.  Nr.  159 
{1917)  kräftiger  Aszendenz  keimten  8  am  31.  Dezember  191  7. 

1  am  4.  Jänner  1918,  1  Same  in  dieser  Periode  überhaupt 
nicht.  7  Keimlinge  vom  31.  Dezember  wurden  sofort  nach 
der  Revision  aus  der  Keimschale  in  einen  entsprechend  vor- 
bereiteten Topf  mit  zentraler  Grasnarbe  verpflanzt,  was  mit 
vielen  anderen  keimenden  Samen  anderer  Herkunft,  die  uns 
hier  nicht  weiter  beschäftigen  sollen,  in  gleichet  Weise 
geschah.  Die  Töpfe  kamen  ins  ungeheizte  und  größtenteils 
frostfreie  Südxersuchshaus  des  Institutes,  wo  sich  die  Pflanzen, 
vor  direkter  Sonnenbestrahlung  geschützt,  bis  zur  Samenreife 
entwickelten.  \'on  diesen  sieben  gleichen  Bedingungen  aus- 
gesetzten Keimlingen  annähernd  gleichen  Keimungsbeginnes 
erschienen    4    am    12.  Februar   1918,    1    am  24.  Februar    und 

2  sogar  erst  am  10.  März  über  der  Erde.  Die  weitere  ver- 
schiedene Entwicklung  ist  aus  Fig.  1,  Tafel  1  ersichtlich, 
die  eine  am  31.  März  erfolgte  photogi'aphische  Aufnahme 
Aviedergibt.  Hierzu  sei  beiläufig  noch  folgendes  bemerkt; 

Jeder  Beschauer  der  Kultur,  der  die  Vorgeschichte  der 
Pflanzen  und  die  Tatsache  nicht  kennt,  daß  es  sich  um 
Geschwister  handelt,  wird  xxrsucht  sein,  die  \erschiedene 
Entwicklung  ausschließlich  auf  die  verschiedene  Ernährung 
der  Parasiten  zurückzuführen.  Die  weitgehende  Abhängigkeit 
der  morphologischen  Ausbildung  dieser  Pflanzen  vom  (irade 
der  Ernährung  ist  ja  aus  Heinricher's  umfangreichen  Ver- 
suchen allgemein  bekannt.  In  der  Tat  haben  von  den  sieben 
Pflanzen  nur  fünf  den  Wirt  ei-faßt,  die  zwei  kleinsten  nicht: 
aber  nicht,  weil  ihnen  etwa  durch  die  Konkuri'enz  der 
Geschwister  die  Möglichkeit  hierzu  genommen  wurde,  sondern 
weil  sie^  den  Wirt  infolge  ihrer  geschwächten  inneren  \^ei"- 
fassung  nicht  auszunützen  vermochten.  Um  diesen  Tat- 
bestand zu  bekräftigen,  habe  ich  die  am  gleichen  Tage  auf- 
genommenen Kulturen  Fig.  2,  Tafel  I  und  Fig.  3,  Tafel  tl 
beigefügt.  W'ir  sehen  in  F'ig.  2  vier  auf  annähernd  gleicher 
Stufe  wie  die  zwei  kleinen  Pflänzchen  von  Fig.  1  .stehende 
Individuen    anderer    Herkunft,    hier    ohne     Konkurrenz     rnit 

Sitzb.  d.  mathijin.-natur'.v.  KL,  Abt.  I,  128.  Bd.  '■!>' 


42()  A.   Speiljch, 

kräftigeren  Genossen  bei  gleich  guter  Entwicklung  des  Wirtes. 
Diese  erscheinen  gegenüber  jenen  übrigens  noch  geschwächter,, 
wenn  man  bedenkt,  daß  sie  die  Überlebenden  von  sieben 
Keimlingen  sind  und  nur  ihrer  zwei  zur  Blüte  kamen.  Ebenso^ 
zeigt  Fig.  3  die  verschiedene  Entwicklung  zweier  Geschwister 
ohne  Kampf  um  den  nährenden  Wirt. 

Der  Vollständigkeit  halber  soll  noch  das  weitere  Schicksal 
der    sieben  Geschwister    in    Fig.   1    kurz    verzeichnet  werden. 

1  erblühte  am  25.  April,  II  am  3.  Mai,  III  am  5.  Mai,  i\'  am 
8.  Mai  (V  wurde  entfernt),  VI  am  23.  Mai  und  VII  am 
25.  Mai.  ^  I  lieferte  45  Samen  aus  5  Nodien,  II  18  Samen 
aus  2  Nodien,  III  12  Samen  aus  2  Nodien,  IV  7  Samen 
aus  2  Nodien,  VI  3  Samen  aus   1    Kapsel,  VII    3  vSamen  aus 

2  Nodien. 

Gilt  für  die  innere  Verschiedenheit  der  Samen  einer 
Kapsel  oder  eines  Nodiums,  bei  denen  sich,  wie  wir  eben 
sahen,  die  Verhältnisse  des  Individuums  oder  einer  Individuen- 
gruppe im  Kleinen  wiederholen,  auch  der  Zusammenhang 
mit  dem  Zeitpunkt  der  Entstehung  wie  für  das  Samen- 
material des  ganzen  Individuums  oder  der  ganzen  Gruppe-  — 
Denkbar  ist  der  Zusammenhang  immerhin.  Wir  können  an- 
nehmen, daß  von  den  Pollenschläuchen  nicht  alle  gleichzeitig 
ihr  Ziel  erreichen,  wobei  individuelle  Verschiedenheiten  eine 
ebenso  große  Rolle  spielen  könnten  wie  die  Tatsache,  daß- 
der  Weg  zu  den  einzelnen  Samenknospen  ein  \erschieden 
langer  ist.  Sind  ja  oft,  rein  äußerlich  betrachtet,  die  der 
Griffelbasis  genäherten  Samen  größer,  also  besser  ernährt  als 
die  tiefer  liegenden.  Damit  wäre  aber  noch  nicht  aufgeklärt, 
warum  Samen  höherer  Nodien,  für  die  im  allgemeinen  eine 
spätere  Entstehung  anzunehmen  ist,  oft  innerlich  kräftiger 
sind  als  Samen  tiefei-er  Nodien.  Einen  Ausweg  böte  die 
Annahme,  daß  der  im  unteren  Nodium  wirksame  Pollen  teil- 
weise später  Schläuche  trieb,  die  Schläuche  träger  wuchsen 
und  dementsprechend    langsamer    ihr  Ziel    erreichten    als   die 

1  Also  genau  um  ciiiL-n  .Monat  gegenüber  dem  kräftigsten  Naclilo>nniien 
verspätet. 


l'"ahigl<eit  der   Liniciieilialtuiii;.  42/ 

Schläuche  des  meist  in  einem  Zeitabstande  von  24  Stunden 
auf  die  Narben  des  höheren  Nodiums  gebrachten  Staubes; 
hierbei  könnte  zudem  die  Länge  des  Griffels,  die  im  Zeit- 
punkte der  Pollenkeimung  nicht  bei  allen  Bliiten  dieselbe  ist, 
eine  gewisse  Rolle  spielen.  Bei  diesen  Gedankengängen  ist 
durchaus  vorausgesetzt,  daß  jedem  Individuum  ein 
bestimmtes  Maß  phyle tischer  Potenz  zu  eigen  ist, 
das  sich  in  den  e r s  t e  n  t vv i c k e  1 1 e n  N a c h  k o m m e n 
größtenteils  ei-schöpft  und  an  die  späteren  immer 
sparsamer  verteilt  wird.  Der  positive  Effekt,  der  durch 
die  Herabsetzung  der  Samenproduktion,  sei  es  durch  Reduktion 
in  der  Entwicklung  des  Individuums,  sei  es  durch  irgend- 
welche Verhinderung  an  stärkerer  Samenbildung  bei  großen 
Exemplaren,  ausnahmslos  erzielbar  ist,  die  korrelati\'e  Ver- 
schiebbarkeit der  inneren  Verfassung  bei  Samen  tieferer 
und  höherer  Nodien,  bei  Samen  der  Haupt-  und  Neben- 
achsen bilden  die  tatsächliche  Grundlage  für  diese  Voraus- 
setzung, die  sich  auch  ri^icksichtlich  der  relativen  VVert- 
bestimmung  von  Samen  eines  bestimmten  Nodiums,  wie  der 
oben  mitgeteilte  Versuch  mit  Ind.  Nr.  73  gegenüber  11^)4  zeigt, 
bewährt  hat.  Andrerseits  darf  nicht  außeracht  bleiben,  daß,  wie 
erinnerlich  —  vgl.  den  auf  p.  412  u.  41:')  mitgeteilten  \'ersuch  — ■ 
die  Leistung  \on  Nodien  verschiedenen  Ranges  doch  nicht 
\-oll kommen  wechselseitig  ersetzbar  ist.  Bei  größeren 
Individuen  sind  das  unterste  Nodiimi  oder  die  zwei  imtei-sten 
und  die  Gipfelnodien  der  Hauptachse,  die  Nodien  der  Seiten- 
achsen zvveifellos  in  jeder  Hinsicht  schwächer.  Deswegen 
dürfte  es  das  Richtige  sein,  innerhalb  des  bestimmten 
Individualmaßes  ph3'-letischer  Potenz,  das  mit  bekannten  Ein- 
schränkungen am  Individuum  nach  oben  und  unten  \er- 
schiebbar  ist,  zwar  vom  Indixidualmaße  abhängige,  aber  doch 
untereinander  verschiedene  Nodialmaße  anzunehmen,  in 
welchen  die  während  der  Entwicklung  des  Individuums  sich 
ändernden  inneren  Zustände  zum  Ausdruck  kommen.  So  wird 
es  ohneweiters  verständlich,  daß  Samen  eines  höheren,  also 
zeitlich  späteren  Nodiums  wertvoller  ausfallen  können,  als 
einzelne  Samen  tieferer,  also  zeitlich  früherer  Nodien.  An 
einem  Beispiel  sei  dies  nochmals  erläutert: 


42S 


A.   Sperl  ich , 


Ind.  Xr.  350  (11*17)  ist  eine  große  Pflanze  aus  geschwächter  Linie; 
zwei  Seitenzweigpaare,  am  Hauptsproß  zehn  blühende  Nodien,  erste  Blüte 
am  17.  Juni,  letzte  Blüte  am  10.  JuH.  Die  Seitenachsen  lieferten  ^'2  Samen. 
die   —   di'ei  ausgenommen   —   vor  der  Keimung  abstarben. 


Xod.     Blüten       Bestaubt  am     ;  Samen 


',s   keimten 


Zu- 
sam- 
men 


10. 


Ui.  Juni  mit 
Pollen  des 
1.   Xod. 


\  '1\.  Jimi  mit 
.  l'ollen  des 
!       2.  Nod. 


...  JLmi  r 
l'ollen  d 
4.   Nod. 


i|  20.  Juni  mit 
j.  Pollen  des 
)       0.   Xod. 

|j  29.  Juni  mit 
\y  Pollen  des 
i)       Iti.  Nod. 


0 
3 

0 
0 

3 

11 


13 


0 


am   31.   Dezember:    1;  am 
1  1.  Jänner:   2 


am  31.   Dezember:   3;   am 

1  1.  Jänner:   3  '        6 
I 

am    IS.  Jänner:    3  i        3 

am    IS.  Dezember;  4;   am 

31.    Dezember:    3;     am  i 

1 1 .  Jänner:   3  ;    am  2Ö.  j 

Jänner:    1  !      1 1 

am   31.   Dezembei':   2;   am  | 

1 1.  Jänner:  4;    am    1 S,  ' 

Jänner:    1  ;   am   2.".  Jan-  , 

ner:  1 :  am8. Februar:  1  '        9 

am   31.   Dezember:   ö;  am  I 
1 1 .  Jänner;   ■') :    am    18. 
Jänner:   3  13 


starben  vor  derKeimung  ab.' 


Die  Blüten  der  ersten  zwei  Nodien  sind  im  allgemeinen  sehwach,  inr 
Pollen  ist  wenig  wirksam.  dei-  Pollen  des  4.  Xodiums  ist  gut.  das  ö.  Xodiun. 
abei-  jedenfalls  in  den  Samenanlagen  noch  schwach,  im  0.  Xodium  erreicht 
das  Individuum  die  Fähigkeit  stärkerer  .Samenproduktion,  seine  Samen 
zeigen,  soweit  sich  dies  aus  der  Keimkraft  erschließen  läßt  —  streng: 
bewiesen  würde  es  erst  in  der  weiteren  Xachkommenschaft  — ,  auch  dii- 
stärkste  phjietische  Potenz.  In  dieser  Beziehung  zeigen  sich  die  gleich- 
zeitig bestäubten  Blüten  des^  7.  Xodiums  bedeutend  schwächer,  wie  wir 
annehmen,  infolge  der  stärkeren  Inanspruchnahme  des  verfügbaren  Maße> 
durch  das  vorhergehende  Nodium.  Das  drei  Tage  nachher  mit  Pollen  de^ 
liräftigen  0.  Xodiums  sehr  wirksam  bestäubte  R.  Xodium  erweist  sich  wieder 
keimkräftiger,  erschöpft  aber  zugleicli  das  gesamte  1  nd  i  vid  ual  maß 
phyle  tisch  er  Potenz;    denn    weder  die   schönen    Blüten    des    l»'.   Xodiums 


J 


I-"ähiL;-koit  der  Linicnei-Iuiltunü,-.  429 

—    das    9.    ist   wieder    im    allgemeinen    seliwäcliei-  —   noch    die   zwölf  Blüten 
.;n   den  zwei  Scitenaolisenpaafen  liefern   lebensfähige   Samen. 

Eingehende  \'ersuche  müßten  die  genaueren  Beziehungen 
zwischen  dem  Individualmaß  und  den  Nodialmal.ien  erst  auf- 
decken. Ich  denke  mir  solche  ausführbar,  indem  die  Blüten  nicht 
entwicklungsgemäß  \\'ie  bisher  zumeist,  sondern  in  ver- 
schiedenster, auch  in  umgekehrter  Folge,  Gruppen  von  Nodien 
\-erschiedenen  Ranges  gleichzeitig,  die  Blüten  eines  Nodiums 
zu  verschiedenen  Zeiten  bestäubt  und  indem  zwischen  den 
Bestäubungen  Pausen  verschiedener  Dauer  eingeschaltet 
werden.  Da  die  Blüten  ziemlich  langlebig  sind  —  nach 
meinen  Beobachtungen  halten  sich  die  Blüten  je  nach  dem 
Wetter  ](^  bis  18  Tage  —  sind  solche  Versuche  innerhalb 
gewisser  Grenzen  möglich,  wobei  die  Hauptschwierigkeit  die 
\'erljinderung  von  Autogamie  und  die  Erhaltung  annähernd 
gleicher  äußerer  \'erhältnisse  bilden  dürfte. 

II.  Teil. 

Der  Keimungsrhythmus  von  Alectorolophus  hirsutiis  und 
über  Versuche,  ihn  zu  beeinflussen. 

Der  normale  Entwicklungsgang  der  Pflanze.  Einfluß  der 
Temperatur  auf  die  Keimung. 

Im  X'orhergehenden  wurden  Untersuchungen  mitgeteilt, 
die  sich  zum  Ziele  gesetzt  hatten,  die  hi'»chst  unregelmäßigen 
Keimungserfolge  roher  Aussaaten  dei-  Pllanze  aufzuklären.  Sie 
führten  zur  Erkenntnis,  daß  der  häutige  Keimverzug  über 
ein  Jahr  und  die  noch  häufigere  Keimungsunfähigkeit  mor- 
phologisch und  stofflich  einwandfreier  Samen  mit  der 
äußerlich,  besonders  in  den  \"egetati\"en  Funktionen  zunächst 
nicht  erkennbaren  Schwächung  der  Individuen  in  ihrer 
phyletischen  Potenz  zusamme  ihänge,  mit  welchem  Aus- 
drucke die  Fähigkeit  des  Individuums  bezeichnet  sei,  sich 
in  den  zukünftigen  Generationen  lebens-  und  fortpflanzungs- 
fähig zu  erhalten.  Ganz  unberücksichtigt  blieb  bei  diesen 
Untersuchungen  die  Furage  des  Keimungsrhythmus.  Es  ist 
eine  bekannte  Tatsache,    daß    die  Samen   \on  Aleciovoloplms 


430  A.   Sperlich. 

sowie  vieler  anderer  Pflanzen  ^  nur  zu  einer  bestimmten  Zeit 
des  Jahres  nach  einer  bestimmten  Ruhepefiode  keimen,  zu 
einer  Zeit,  die  auch  von  den  Nachzüglern  im  folgenden  Jahre 
streng  eingehalten  wird.  Versuche,  diese  Rhythmik  zu  stören 
und  hierdurch  Einblick  in  die  Abhängigkeitsverhältnisse  der 
Keimung  von  äußeren  Faktoren  zu  gewinnen,  wurden  bisher 
nur  von  Heinricher  nebenbei  ausgeführt.'-  Sie  hatten  keinen 
Erfolg.  Über  eigene  Versuche  in  dieser  Richtung,  die  neben 
den  im  Vorhergehenden  mitgeteilten  einhergingen,  sei  hier 
und  in  einer  folgenden  Abhandlung  berichtet.  Auch  sie  führten 
bisher  nicht  zu  irgendwelcher  Änderung  der  Ruheperiode,  \er- 
schafften  mir  aber  einen  genaueren  Einblick  in  die  Keimungs- 
rh3''thmik  und  gewisse  Keimungsbedingungen  und  brachten  zu- 
dem Beziehungen  zu  dem  Probleme  des  vorhergehenden  Ab- 
schnittes. 

Die  normale  Entwicklung  der  Ptlanze  und  ihrer  Samen  ist  in  unserem 
Klima  die  folgende:  Die  Blüte  beginnt  anfangs  Mai,  erreicht  zwischen  dem 
20.  und  31.  Mai  ihren  Höhepunkt  und  erstreckt  sich  bis  Ende  Juli.-"'  .\n 
der  späten  Blüte  beteiligen  sich  Nachzügler  infolge  innerer  Schwächung. 
vorzüglich  aber  .Seitenachsen  1.  und  2.  Ordnung  vegetativ  kräftiger  hidividuen. 
Die  einzelne  Blüte  kann  sich  in  unbefruchtetem  Zustande,  wie  schon  einmal 
erwähnt,  10  bis  13  Tage  halten.  Ist  Bestäubung  erfolgt,  so  machen  sich 
am  Griffel  schon  nach  24  Stunden  X'eränderungen  bemerkbiu%  die  Corolle  zeigt 
nach  2  Tagen  Erscheinungen  der  Postfloration.  Nach  weiteren  2  Tagen  wird 
die  Schwellung  des  Fruchtknotens  deutlich.  Das  Offnen  der  Kapsel  beginnt 
mit  ziemlicher  Konstanz  22  Tage  nach  der  Bestäubung.  Auf  den  Verlauf 
der  Öffnung  und  der  Loslosung  der  Samen  von  der  Placenta  hat  Temperatur 
und  Feuchtigkeit  einen  begreiflichen  Einfluß.  Die  Reife  der  ersten  Früchte 
tritt  anfangs  Juni  ein,  der  Großteil  reift  zwischen  Ki.  und  20.  Juni,  in 
stark  abfallender  Zahl  können  Kapseln   bis  .Mitte  August  geerntet  werden. 

Die  früheste  Keimung  der  Samen  ist  Ende  November  desselben 
Jahres,  i  die    höchste  Zahl    wird    anfangs    Jänner    erreicht;    hierauf  fällt  die 

^   Näheres  hierüber  in  W.   Kinzel's   Buch  Frost  und  Licht. 

■-'  In  -Die  grünen  Halbschmarotzer  V.«  .Alehimpyniiii  berichtet 
Hein  rieh  er  auf  p.  285,  Fußnote  1  vim  beiläufigen  Versuchen  mit  Samen 
von  AI.  sttlmlphuis,  die  sich  zum  Ziele  gesetzt  hatten,  durch  Einwirkung 
von  Frost  die  Samen  vorzeitig  —  also  noch  im  Jahie  der  Keife  —  zur 
Keimung  zu   bringen. 

■■  In  Getreideäckern  des  15ühmerwaldes  traf  ich  den  Parasiten  noch 
Mitte  August  blühend  an. 

l  Das  auf  Grund  von  Versuchen  in  Erde  m.itgeteüte  Resultat  Hei-nrichers 
(Die  grünen   Halhschmarotzer  11,    p.  414      -Die    Keimzeit    für    Alec/on>!opJiii^ 


Fälligkeit  der   I.inicnerlialtung.  -+.'>  L 

Zahl  rasch,  Nachkeimungen  sind  bis  in  den  April  hinein  möglich.  Nach 
erfolgter  positiv  gei »tropischer  Streckung  des  Hypokotyls  konzentriert  sich 
zunächst  das  ganze  Wachstum  auf  die  Wurzel.  Wie  an  Kulturen  im  feuchten 
Haumc  und  in  erdgefüllten  Gefäßen  mit  Glaswänden  beobachtet  werden 
konnte,  strebt  die  Hauptwurzel,  nur  wenig  durch  tiefe,  dem  Gefrierpunkte 
nahe  Temperaturgrade  im  Wachstum  verzögert,  in  die  Tiefe  und  verzweigt 
sich  reichlich,  so  daß  das  Wurzelsystem  noch  vor  dem  Hervorbrechen  der 
Plumula  aus  dem  Boden  als  ausgestaltet  gelten  kann;  Haustorien  werden 
indes  nicht  gebildet.  Im  Stadium  rein  imterirdischen  Wachstums  ist  die 
Pflanze,  den  klimatischen  Verhältnissen  entsprechend,  sehr  frostbeständig. 
Die  Bildung  von  Bodeneis,  Eiskristalle  an  den  Wurzeln  im  feuchten  Räume 
werden  von  Individuen  guter  Konstitution  ohne  Schaden  ertragen.  Anders  ver- 
halten sich  Schwächlinge,  wovon  bei  anderer  Gelegenheit  gesprochen  werden 
wii'd.  Der  Zeitpunkt  der  negativ  geotropischen  Streckung  des  Hypokotyls,  die  im 
X'erhäitnis  zum  bisherigen,  durch  Fi'ost  unterbi'ochenen  Wachstum  ziemlich 
plötzlich  erfolgt  und  hierdurch  den  Keimling  rasch  ans  Tageslicht  schafft, 
ist  vor  allem  vom  Charakter  des  Frühlings  abhängig.  Unter  günstigen  Ver- 
hältnissen, wie  sie  beispielsweise  1916  herrschten,  erschienen  die  ersten 
Keimpflanzen  schon  Mitte  Februar;  die  Erdtemperatur  betrug  zu  dieser  Zeit 
unter  dem  Einflüsse  der  klaren  l'öhntage  -f-6°.  Das  frostreiche  Frühjahr  des 
folgenden  Jahres  verzögerte  die  Streckung  um  einen  ganzen  Monat;  im 
Fi-eilande  wurden  die  ersten  Keimlinge  am  24.  März,  in  meinen  Kulturen 
am  27.  .März  gesehen.  Die  größte  Zahl  der  Keimlinge  erscheint  durch- 
schnittlich Beobachtungen  von  1913  bis  1918  zwischen  1.  und  15.  März, 
also  ungefähr  2  Monate  nach  der  Keimung.  Nachzügler  können  bis  zum 
Mai  festgestellt  werden.  Es  folgt  nun  eine  ungefähr  einen  Monat  —  also 
durchschnittlich  bis  Mitte  April  —  andauernde  Periode,  während  welcher 
die  Pflanze  autotroph  lebt.i  Die  Sproßknospe  entfaltet  sich,  neue  Blätter 
werden  entwickelt,  alles  bleibt  aber  relativ  klein  und  dicht  beisammen.  Die 
Sachlage  ändert  sich  sodann  mit  einem  Male;  die  Blätter  vergrößern  sich 
zusehend^,  die  .Streckung  der  Achse  setzt  ein :  Die  Pflanze  hat  mit  ihren 
Haustorien  Wirtwurzeln  erfaßt  und  steht  offenbar  unter  dem  Einflüsse  ihres 
Druckes.  .\uf  Grund  dieser,  oft  schon  innerhalb  24  Stunden,  wenigstens  in 
ihren  Anfängen,  an  den  Pflänzchen  beobachtbaren  Veränderung  scheint  die 
Entwicklung  der  Haustorien  ziemlich  rasch  und  an  mehreren  Wurzeln  gleich- 
zeitig vnr  sich  zu  gehen.  Direkte  Beobachtungen  dieses  Vorganges  fehlen 
uns  mich.  Nach  Ablauf  eines  weiteren  Monates  —  Mitte  Mai  —  ist  die 
Pflanze    blühreif. 


isl  zusammenfallend  mit  dem  Frühlingsanfang«  bezieht  sich  demnach  niclit 
auf  die  eigentliche  Keimung,  sondern  auf  das  Hervorbrechen  Jer  Plumula 
aus  dem   Boden. 

•■  Also  wesentlich  anders  als  gewisse,  gerade  in  der  ersten  Jugend 
anscheinend  schon  sehr  anspruchsvolle  Mi'/diiipyniiii- Arten.  \'gl.  Heinricher 
:Die  grünen   Halbschmarotzer  V.   p.   372. 


4o2  A.   Speilich, 

Überblicken  wir  nun  den  geschilderten  Lebensgang^ 
unserer  hapaxanthischen  Art,  so  nehmen  wir  im  \'erlaufe 
des  Jahres  zwei  ungleiche  Ruheperioden  wahr:  Die  eine 
von  der  Loslösung  der  Samen  bis  zur  Keimung  im  Spätherbste 
oder  Winter,  durchschnittlich  ö  Monate  andauernd,  deren 
Charakter  uns  noch  beschäftigen  wird;  die  zweite  irgendwann 
während  des  unterirdischen  Lebens  im  Winter  und  \'or- 
friihling.  Diese  ist  durch  Frost  erzwungen  und  kann  jederzeit 
mit  dem  Steigen  der  Temperatur  Unterbrechungen  erfahren. 
Dal.)  dem  so  ist,  ergibt  sich  nicht  nur  aus  den  oben  mit- 
geteilten Daten  des  Erscheinens  der  Pflänzchen  über  der 
Erde,  sondern  zudem  aus  Kulturversuchen  im  frost- 
freien Kalthause.  Hier  erschienen  die  ersten  Ptlänzchen 
schon  anfangs  Februar  (eiste  Beobachtung  am  L  Februar), 
benötigten  also  bei  ununterbrochenem  Wachstum  zur  Voll- 
endung des  Wurzelapparates  seit  der  Keimung  (anfangs 
Jännerj  nicht  ganz  einen  Monat.  Dem  gegenüber  den  Frei- 
!ands\'erhältnissen  \\"eit  höheren  Temperaturmittel  entsprechend 
verlief  auch  die  weitere  Entwicklung  der  Pflanzen  etwas 
rascher.  Im  Kaltb.ause  blühte  Alcctorolophits  hirsiitus  schon 
um  den  '12.  April,  gegenüber  dem  F'reilande  ein  \'orsprung 
eines  Monats.  Die  Samen  wurden  dementsprechend  zwischen 
16.  und  25.  Mai  reif. 

F.ine  eingehendere  Betrachtung  sei  noch  der  Keimung 
gewidmet.  Ihre  Beobachtung  erfolgte  in  Petrischalen,  die 
mit  gereinigtem,  aber  nicht  sterilem  Flußsand  gefüllt 
waren,  zum  Teil  auch  bei  nebenlaufenden  \'ersiichen 
in  erdgefüllten  Gefäßen  mit  Glaswand  —  den  bekannten 
Apparaten  zur  \'erfolgung  des  Wurzelwachstums.  Um  die 
äußeren  Faktoren  möglichst  konstant  und  für  alle  .Samen 
gleichmäßig  zu  erhalten,  kamen  die  Samen  unmittelbar  nach 
der  jeweiligen  Ernte  ins  Keimbett,  das  für  alle  Schalen  mit 
gleich  feuchtem  Sande  hergestellt  wurde  und  auch  in  der 
Folgezeit  überall  gleich  feucht  erhalten  wurde.  Die  Schalen 
gelangten  hierauf  in  Dunkel  kästen  des  Zimmers  Oir  kon- 
stante Temperatur,  wo  sie  bis  in  den  P'rühsommer  des 
folgenden  Jahres  oder  nach  Bedarf  noch  länger  verblieben. 
Leider    gestatteten    die    durch    den   Krieg    geschaffenen  \'er- 


-     l'iihigkcit  der  Linicnerhaltung.  4. >.> 

fiältnisse  die  Heizung  des  Zimmers  nicht,  so  daß  eine  voll- 
kommen gleiche  Temperatur  durch  die  ganze  Beobachtungs- 
zeit nicht  erzielt  werden  konnte.  Immerhin  herrschte  gerade 
während  der  Keimperiode  im  Winter  eine  ziemlich  gleich- 
mäßige Temperatur  (H  bis  8°i  und  andere  Versuche  zeigten, 
daß  die  während  der  wärmeren  Jahreszeit  in  den  Dunkel- 
kasten herrschende  Teniperatur,  die  15°  selbst  im  Hoch- 
sommer nicht  überschritt,  kein  Hindernis  für  das  Keimen  der 
AledorolopJnisScimen  ist.  Die  Lage  des  Zimmers  —  nord- 
seitig  und  größtenteils  unter  dem  Erdboden  —  verhindert 
Temperaturschwankungen  während  des  Tages  fast  vollkommen. 
Abfall  und  Zunahme  innerhalb  der  angegebenen  Grenzen 
verlaufen  demnacli  ganz  allmählich  durch  Wochen  und 
Monate  und  kommen  keinesfalls  als  Keimungsreize  in  Betracht. 
Im  folgenden  seien  die  Keimungen  einer  Versuchsreihe 
des  Jahres  1917/1918  auf  Grund  wöchentlicher  Kontrolle 
mitgeteilt.  Es  handelt  sich  um  Samen  ausgewählter  Individuen 
bekannter  Aszendenz,  die  bis  zum  16.  Juli  geerntet  wurden. 
Was  nach  diesem  Zeitpunkte  reifte  —  einzelne  Gipfelkapseln 
und  späte  Kapseln  von  Seitenachsen  —  erwies  sich  trotz 
tadellosen  Aussehens  als  stark  geschwächt.  Von  903,  bis 
zum  16.  Juli  geernteten  Samen  keimten  712,  also  78- 8%; 
von  den  nach  dem  16.  Juli  gewonnenen  418  Samen  bloß  45, 
also  10-8'",,;  nur  16  Samen  hielten  sich  bis  zum  näch.sten 
Jahre  lebend,   357  starben  ab. 

\'on   den   71-   KeimungeMi   erfolgten: 

Bis  zum   21.  Jänner 69 

»      28.        »        26 

>        »        4.  Februar 11 

s.       .      11.  »        4 

»      18.  >        2 

»       -      25.  "        1 

5.   März 1 

Am   7.   April  ein  Nachzügler. 

Auf  ein  rechtwinkliges  Koordinaten-sj^stem  bezogen,  geben 
die  Keimzahlen  die  in  nachstehender  Fig.  1   dargestellte  Kurve. 


!jis  zum 

2~ 

No\"ember  .  . 

.  .  .       1 

,. 

4. 

Dezemhei-   .  . 

...       S I 

> 

11. 

2 

IS. 

...64 

» 

31. 

- 

. . .124 

. 

7 

-länner 

.  .  .  24i1 

, 

14. 

. . . 149 

1   Es  sind    stets  die    neu    hin  z  uko  mmende  n  Keimungen    angegeben. 


484 


A.   Spe  rl  i  c  1) 


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31 

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y    3°    h'x    5^''  W   5'    Sr  5"  T 

Fig.   1. 

Frequenzkurve    der  Samenkeimung    während    der  Keimperiode    des  Alccloro- 

iopfnis  Jtirsifliis;  auT  Grund  der  ausgewählten  Individuen.   Unter  dem  Datum 

die  Temperatur  des  Versuchsraumes. 


Fälligkeit  der   l.inienerhaltung.  4'")i) 

Sie  gibt  nicht  nur  den  Charakter  der  Keimungsverhältnisse 
bei  gleichbleibenden  Außenbedingungen, ^  sondern  auch  den 
inneren  Wert  des  Materials  wieder.  Wenn  wir  vom  Anfang 
und  vom  Ende  zunächst  absehen,  kann  die  Kurxe  als  streng 
^symmetrisch  gelten.  In  dieser  Form  kann  sie  jedoch 
nur  auf  Grund  ausgewählter  Individuen  erscheinen 
und  die  Wandlungen,  die  sie  bei  Darstellung  der  Keim- 
\"erhältnisse  irgendeiner  P'reilandpopulation  erfahren  müßte, 
sind  auf  Grund  der  Darlegung  im  vorhergehenden  Abschnitte 
ohneweiters  feststellbar.  Zunächst  wäre  die  Kurve,  den 
kleineren  Keimzahlen  entsprechend,  in  jedem  Falle  viel 
weniger  steil  und  niemals  symmetriscli.  Der  absteigende  Ast 
fiele  gegenüber  dem  aufsteigenden  allmählicher  ab  und 
erstreckte  sich  viel  weiter  gegen  das  Frühjahr  als  Ausdruck 
der  größeren  Zahl  später  Keimungen,  die,  wie  bekannt,  mit 
dem  Vorhandensein  vieler  innerlich  geschwächter  Individuen 
der  Population  zusammenhängt. 

Die  Keimungskurve  aufeinanderfolgender  (iene- 
lationen  kann  nicht  konstant  sein.  Annähernd  konstant 
wäre  sie  dann  denkbar,  wenn  im  Freilande  in  aufeinander- 
folgenden Jahren  der  Gesamtkomplex  äußerer  Faktoren,  der 
an  anderer  Stelle  eine  eingehendere  Besprechung  erfahren 
wird,  in  gleicher  Richtung  selektiv  wirkte.  Ganz 
ausgeschlossen  hingegen  ist  die  Konstanz  der  Kurve  bei 
reinen  Linien,  die  nach  unseren  Erfahrungen  Jahr  für  Jahr 
geschwächte  Seitenlinien  abgeben,  was  sich  in  einer  zu- 
nehmenden \'erflachung  der  Kurve  und  Ausdehnung  ihres 
rechten  Astes  offenbaren  müßte.  Die  Kurve  in  Fig.  1  ist 
daher  nur  bei  alljährlicher  Auswahl  des  Frühesten  \om 
Besten,  durch  peinliche  Selektion  erzielbar  und  hat  dem- 
nach mit  den  der  Form  nach  gleichen,  die  erbliche 
K'on stanz  der  X'ariationsweite  in  reinen  Linien  dar- 
stellenden Kurven  keinen  Zusammenhang.  Es  ist  klar, 
daß  man  bei  einer  noch  besser  geglückten  Selektion  der 
Symmetrie  näher  kommen  könnte  als  in  unserer  Darstellung. 

^  Die  leider  nicht  vernieidhare  allmähliche  Ab-  und  Zunahme  der 
Temperatur  innerhalb  der  oben  mitgeteilten  Grenzen  ist  aus  der  unter  jedem 
Datum  verzeichneten  Gradzahl   ersichtlich. 


.4o6  A.   Speilicli, 

Noch  etwas  über  den  Anfang  der  Kurve.  Wir  sehen  hier 
gleichsam  einen  kleinen  Vorgipfel.  Ein  bestimmter  be- 
scheidener Prozentsatz  von  vSamen  erweist  sich  hierdurch 
gegenüber  dem  Gros  als  besonders  keimkräftig.  Womit  dies 
zusammenhängt,  vermag  ich  nicht  anzugeben,  da  die  Daten 
über  die  Herkunft  dieser  Samen  in  meinen  Aufzeichnungen 
keine  Gesetzmäßigkeit  erkennen  lassen.  Mit  Rücksicht  auf 
X'erhältnisse  bei  verwandten  Gattungen  ist  die  .Sache  gleich- 
wohl bemerkenswert.  Wie  bekannt,  ^  können  schon  im 
Herbste  beispielsweise  Keimlinge  von  Meiaiiipvruiii  im  Freien 
angetroffen  werden.  Wir  sehen,  daß  dies  auch  bei  Alectoro- 
lophus  noch  möglich  ist,  wenn  es  die  klimatischen  Verhält- 
nisse im  Dezember  gestatten.  Nach  den  \'ersuchen  im  Kalt- 
hause benötigt  AlectoroJophns,  wenn  das  Wachstum  durch 
Frost  nicht  unterbrochen  wird,  zur  Vollendung  seiner  unter- 
irdischen Entwicklung  nicht  ganz  einen  Monat  und  so  müßten 
demnach  bei  einem  schönen,  lang  andauernden  Spätherbste 
gegen  Weihnachten  einzelne  Keimpflanzen  zu  finden  sein, 
die  allerdings  den  Jäi:nerfrösten  nicht  gewachsen  wären. 

Wie  schon  bemerkt,  war  es  nicht  möglich,  die  Temperatur- 
verhältnisse im  Versuchsraum  die  ganze  Lebenszeit  des 
Samens  hindurch  konstant  zu  erhalten.  Aus  den  Angaben, 
die,  in  Fig.  1  unter  dem  jeweiligen  Keimungsdatum  zu  rinden 
sind,  sehen  wir  zwar,  daß  gerade  während  der  Periode  der 
Keimung  annähernde  Konstanz  herrschte,  ja  sogar  \iUlige 
Konstanz  (3°j  zur  Zeit  der  stärksten  Keimung,  es  steht 
jedoch  noch  die  Frage  offen,  ob  der  Beginn  der  Keimung 
mit  der  allmählichen  Abnahme  der  Temperatur  zusammen- 
hänge, die  strenge  Periodizität  also  eine  Folge  des  Temperatur- 
wechsels sei.  Zur  Beantwortung  dieser  Frage  verblieb  kein 
anderes  Mittel  als  Versuche,  die  Temperaturgrenzen,  inner- 
halb welcher  überhaupt  Keimung  möglich  ist,  zu  bestimmen. 
Zunächst  sei  bemerkt,  daß  bei  einer  Temperatur  von  15°, 
der  höchsten,  die  im  Räume  überhaupt  herrschte,  Keimung 
erfolgt,  hierin  demnach  kein  Hindernis  für  eine  sommerliche 
Keimung  zu  erblicken  ist.  Bei  Versuchen  mit  später  Aussaar 


1   Heinricher,   Die  grijnen   Halbschmaiützer  \', 


Fiiliigkeit  der  Linienerlialtung.  4.m 

(April),  die  in  einer  folgenden  Arbeit  behandelt  werden,  und 
zwar  mit  Samen,  die  sich  seit  der  Ernte  im  temperierten 
Arbeitszimmer  befanden,  erfolgten  Keimungen  noch  im  Monat 
Mai,  da  der  \'ersuchsraum  in  allmählicher  Temperatur- 
zunahme 15°  erreicht  hatte,  eine  Temperatur,  die  mit  gering- 
fügigen Schwankungen  bis  Mitte  September  erhalten  blieb. 
Aber  auch  während  der  normalen  winterlichen  Keimperiode 
wurden  im  Kalthause  bei  einer  mittleren  Temperatur  von 
U>°  der  inneren  \'erfassung  des  Materials  entsprechende 
Keimungen  erzielt.  Es  ist  somit  eine  Beeinflussung  der  Keim- 
periode durch  die  Temperaturabnahme  innerhalb  der  Grenzen, 
wie  sie  der  X'ersuchsraum  geb(Uen,  kaum  in  Betracht  zu 
ziehen. 

X'ersuche,  den  Samen  vi}n  Alcctovoloplius  während  seiner 
winterlichen  Keimperiode  im  Zimmer  bei  einer  mittleren  Tem- 
peratur von  18".  im  Waimhause  (Farnquartier)  bei  einer 
mittleren  Temperatur  von  22°  oder  gar  im  Vermehrungshause 
bei  einer  mittleren  Temperatur  \"on  27  "ö"  zur  Keimung  zu 
bringen,  scheiterten  indes,  selbst  bei  gutem  Materiale.  Ein 
Beispiel:  Von  86  Samen  gleichwertiger  Nodien  zweier  Individuen 
guter  Aszendenz  wurden  ,in  drei  Gefäßen  mit  Gartenerde  je 
zwölf  Samen  angebaut.  Ein  Gefäß  kam  ins  Arbeitszimmer, 
eines  ins  Warmhaus,  eines  ins  Kalthaus.  Nur  hier  erschienen 
Keimlinge,  und  zwar  vom  1.  bis  27.  Februar.  Die  Unter- 
suchung der  Erde  ergab  beim  Zimmerversuch  9  gute,  o  ab- 
gestorbene Samen,  beim  Warmhausversuch  7  gute,  o  ab- 
gestorbene Samen.  Nach  allem  dürfte  die  obere  Temperatur- 
grenze für  die  Keimung  der  AlecforolophnsSamen  zwischen 
1.')°   und   18°   liegen. 

Etwas  genauer  konnte  das  Minimum  ermittelt  werden. 
Dies  liegt  um  0°.  In  den  Petrischalen,  die  '  während  des 
Winters  1916/1917  im  ungeheizten  Nordversuchshause  unter- 
gebracht waren,  keimten  die  Samen  bei  Temperaturen  zwischen 
0°  und  3°  ganz  regelmäßig;  am  22.  Jänner  begann  eine 
strenge  Frostperiode,  die  Temperatur  des  Hauses  schwankte 
zwischen  — 5°  und  — 1°;  in  den  Schalen  bildete  sich  Elis. 
Wie  mit  einem  Schlage  setzte  die  Keimung  aus,  um  erst 
am    7.  Februar,    da    im  Hause  Temperaturen    zwischen   — 2° 


4o.S  A.   Sperlicli. 

und  +2°  herrschten  und  das  Eis  in  den  Schalen  auttaute, 
aUmählich   wieder  zu  beginnen. 

Es  wird  nach  Wiederkehr  geordneter  X'erhältnisse  not- 
wendig sein,  mit  besseren  Methoden  die  Kardinalpunkte  für 
die  Keimung  zu  bestimmen,  wobei  auf  Grund  der  Möglich- 
keit, mit  Material  sehr  weitgehend  übereinstimmender  innerer 
Verfassung  zu  arbeiten,  einwandfreie  Resultate  zu  erwarten 
sind.  Für  die  uns  hier  interessierende  Frage  genügen  indessen 
die  bisherigen  Ergebnisse.  Sie  haben  gezeigt,  daß  innerhalb 
der  im  Räume  der  Hauptversuche  herrschenden  Temperatur- 
grenzen (3°  bis  15°)  Keimung  jederzeit  erfolgen  könnte, 
wenn  die  Samen  ihren  inneren  \'erhältnissen  nach 
jederzeit  keimungsfähig  wären.  Die  für  die  Nachkommen 
von  Individuen  ungeschwächter  phyletischer  Potenz,  die 
durchwegs  im  Herbste  und  Winter  nach  einer  ungefähr  5  bis 
(3  Monate  andauernden  Ruhe  zur  Keimung  schreiten,  näher 
geschilderte  Periode  gilt  auch  für  die  geschwächten  Spät- 
keimer  des  folgenden  Jahres. 

Aus  den  eben  mitgeteilten  Versuchen  ergibt  sich- 
schließlich,  daß  zwei,  besonders  in  letzter  Zeit  \iel  besprochene 
Faktoren  bei  der  Keimung  von  Aleciovolophns  nicht  m 
Betracht  kommen:  Licht  und  Frost.  Das  —  beim  heran- 
gezogenen Beispiele  —  für  unsere  Pflanze  gewiß  sehr  gute 
Keimungsergebnis  von  78-8"/(,  wurde  ohne  Mitwirkung 
des  Lichtes  und  Frostes  erreicht.  Diese  Feststellung 
ist  notwendig,  da  Kinzei^  den  Schmarotzer  als  P'rostkeimer 
bezeichnet  und  auf  Grund  seiner  Erfahrungen  dem  Lichte 
eine  frostersetzende  Wirkung  zuschreibt.  Generell  stimmt  die^- 
gewiß  nicht;  inwieweit  eine  Keimungsförderung  dui'ch  Frost 
oder  Licht  an  Samen  roher  Freilandsernten  zur  Beobachtung 
gelangen    kann,    wird    an    anderer  Stelle  besprochen  werden. 

Bemerkung. 

Die  Versuche  über  den  Einfluß  des  Quellung^zeitpunktes,  ülter 
den  Einfluß  \on  Treibmitteln  und  des  Lichtes  und  die  sicli  daran 
knüpfenden  iheoretischen  Erörterungen  über  den  Charakter  der 
Samenruhe    unserer  Pflanze   werden    in   einer   folgenden  .Abhandlung    inii- 


1   \'gl.   die  -Angabe   im  einleitenden   Kapitel   der  .Arbeit. 


Fähigkeit  der   Linienerhaltung.  4.')it 

geteilt.     Hier    seien    zum  Verständnisse    gewisser  Hinweise  in   den   folgenden 
Kapiteln  die  hauptsächlichsten  Ergebnisse  kurz  verzeichnet; 

1.  Vom  Reifemonat  Juni  bis  November  ist  der  Zeitpunkt  des  Anbaues 
von  keinem  Einfluß  auf  den  Zeitpunkt  der  Keimung;  von  Dezember  ab 
setzt  die  Keimung  ziemlich  gesetzmäßig  einen  Monat  nach  dem  Anbau 
(Liegezeit)  ein.  Die  Keimfähigkeit  erhält  sich  durch  zwei  Monate  (Dezember, 
Jännen  auf  der  Höhe  und  klingt  rasch  gegen  den  April  ab;  darüber  hinaus 
wird  der  keimfähige   Zustand   erst  wieder  im  Spätherbste  erreicht. 

2.  Weder  Licht  noch  Warmbad  oder  Ätherisierung  haben  auf  den 
strengen  Keimungsrliythmus  der  Samen  einen  Einfluß.  Ätherisierung  zur  Zeit 
der  Keimfähigkeit  wirkt  phyletiscli  selektiv. 

3.  Geschwächte  Samen  (Nachkommen  von  Individuen  oder  aus 
Nodien  kleiner  pliyletischer  Potenz;  werden  durch  das  Licht  in  der 
Keimung  auffallend  gefördert.  Das  Licht  ist  ausschließlich  in  der 
Periode  vor  Krreichung  der  Keimfähigkeit  wirksam,  wobei  sich  seine  Ein- 
wirkung auf  den  letzten  Abschnitt  dieser  Periode  Oktober)  beschränken 
kann. 

4.  Die  ungefähr  fünf  Monate  andauernde  Sommerruhe  der  Samen 
wird  als  spezifisch  bezeichnet:  Sie  ist  ein  erbliches,  zum  Charakter  der 
Pflanze  gehöriges  Merkmal.  Die  von  äußeren  Faktoren  weitgehend  unab- 
hängig erkannte  Samenruhe  und  die  Einschränkung  der  Art  in  ihrer  Voll- 
kraft auf  früh  angelegte  Keime  der  frühesten  Individuen  begründen  gemein- 
sam den  Saisoncharakter  der  im  übrigen  außerordentlich  anpassungsfähigen 
Pnanze. 

III.  Teil. 

Über  Abweichungen  von  der  normalen  Gestaltung*  und 
vom  festen  Keimungsrhythmus. 

I3ie  in  Jen  folgenden  Kapiteln  zur  Behandlung  gelangenden  Bildungs- 
abweichungen schließen  alle  halle  aus.  deren  Zusammenhang  mit 
dem  Grade  der  Ernährung  im  weitesten  Sinne  des  Wortes  offen- 
kundig ist.  Daß  die  ungemein  plastischen  Arten  der  grünen  Rhinanthoideen 
besonders  rücksichtlich  der  Wuchsform,  der  Beblätterung  und  der  \'er- 
zweigung  in  hohem  Maße  von  der  Ernährung  abhängig  sind,  derart,  daß 
die  zur  Artdiagnose  herangezogenen  Merkmale,  die  sich  auf  diese  mor- 
phologischen Verhältnisse  beziehen,  strenge  genommen  sicher  nicht  in 
allen  Fällen  hierzu  geeignet  sind,  geht  aus  Heinricher's  bekannten 
Studien  über  diesen  Gegenstand  hervor,  i  Dem  hier  dargelegten  und  in 
reichem  Maße  bildlich  dargestellten  Material  läßt  sich  Neues  kaum  hinzu- 
fügen.   Anders    liegt    die   Sache     für  Abweichungen,    die    sich    als    von    der 


1  E.  Heinricher,  Die  grünen  Halbschmarotzer  II,  p.  434ff.,  IV',  p.  2S7ff., 
V,  p.  3,5;?;  hierzu  die  polemische  Schrift:  Kritisches  zur  Systematik  der  Gattung 
Alednrnlnphiis.  .lahrh.   f.   wiss.   Bot.  38,    1903,   p.  H67. 


440  A.   Sperlich, 

Ernährung  völlig  oder  mindestens  weitgehend  unabhängig  erwiesen  haben. 
Nur  von  diesen,  also  nicht  von  fluktuierender  oder  individueller  Variabilität 
oder,  wie  heute  auch  gesagt  wird,  von  Modifikationen  ist  im  folgenden 
die  Rede. 

1.  AlectorolophüS  hirsutus    ist    am  Standorte  der  Freiland- 
ernten heterozygotisch. 

Zum  ersten  Male  fielen  mir  1915  in  meinen  Kulturen 
Pflanzen  auf,  deren  Corolle  von  dev  typischen  Form  des 
,4.  hirsutus  abwich.  Statt  der  mehr  geraden  Oberlippe  und 
der  eng  anschließenden  Unterlippe  wiesen  diese  Indixiduen 
eine  sich  aufwärts  krümmende  Oberlippe  und  eine  abstehende 
Unterlippe,  statt  des  normalen  Oeistoleiniis  ~  den  Anoectolcinns- 
Typus  der  Krone  auf.  Die  Erscheinung  gelangte  in  zwei  Gefäßen 
zur  Beobachtung,  die  in  den  Fig.  4  (Taf.  II)  und  5  (Taf.  III)  abge- 
bildet sind.  Je  ein  Exemplar,  dessen  Beblätterungsanonialie 
uns  später  beschäftigen  soll,  ist  zudem  in  Fig.  4 /'  und  öt 
in  natürlicher  Größe  wiedergegeben.  In  Fig.  4  handelt  es 
sich  um  die  /"„-Generation  der  in  Tabelle  I  auf  p.  31)0  u.  391 
zusammenfassend  wiedergegebenen  Linien  aus  der  Rohernte 
1912,  in  Fig.  ä,  Taf.  III,  um  die  T'VGeneration  von  Linien 
aus  der  Rohernte  1913.  Jene  wurden  in  ihrer  Nachkommen- 
schaft nicht  weiter  verfolgt,  diese  bewahrten  ausnahmslos, 
wie  gleich  näher  gezeigt  werden  wird,  in  den  folgenden 
Jahren   den  angenommenen  Corollentypus. 

Ein  zweites  Mal  traten  AnocLioleuins-lndWlduen  neu  im 
Jahre  1917  auf:  Ein  Individuum  von  F,^  aus  der  Nachkommen- 
schaft derselben  Freilandpflanze  1912,  die  den  Samen  für  die 
V^orfahren  der  in  Fig.  4,  Taf.  11  dargestellten  Pflanzen 
geliefert  hatte,  ein  zweites  Individuum  von  F-^  aus  der  Nach- 
kommenschaft einer  anderen  Freilandpflanze  aus  Samen 
gleichzeitiger  Ernte  und  ein  drittes  Individuum  aus  der 
Nachkommenschaft  einer  dritten  Freilandpflanze  aus  gleich- 
zeitig geerntetem  .Samen,  aber,  da  es  sich  um  einen  Nach- 
keimer  mit  zweijähriger  Samenruhe  handelt,  nicht  /-^,  sondern 
noch  F^  angeh(>rig.  Dieses  lieferte,  seiner  Keimung  ent- 
sprechend, keine  lebensfähige  Nachkommenschaft,  jene  hielten 
sich    in    /'    (1918J    konstant    und    sollen    kurz    als  A  und  B 


l-'ahi.i^keit  der   l.inienerlialUing.  441 

bezeichnet  werden.  Meine,  von  191.')  angefangen,  alljährlicii 
vorszenommene  gründliche  Durchsuchung  des  Freilandstand- 
ortcs  nach  ^47;ot't'/o/^^i///5-Individuen  verlief  jedesmal  ergebnis- 
los: auch  sonst  traf  ich  bqi  Wanderungen  in  der  nächsten 
und  weiteren  Umgebung  der  Stadt  im  Freien  einen  often- 
rachigen  AI.  hirsiitiis  niemals. 

Das  Erscheinen  des  Anoectolemustypus  erklärt  sich  auf 
(irund  der  nachstehenden  Stammbäume  ganz  einfach,  (lenaue 
Zählungen  an  einem  reicheren  Material  wurden,  da  dem 
Hauptarbeitsplane  nicht  entsprechend,  allerdings  nicht  durch- 
geführt, hätten  aber  auch  nach  den  Erfahrungen,  die  im 
ersten  Abschnitte  der  Arbeit  dargelegt  wurden,  kaum  ein 
eindeutiges  Ergebnis  gehabt.  Ein  solches  wäre  nur  dann 
zu  erwarten,  wenn  die  Verteilung  der  Gameten  mit  den 
\'erschiedenen  Anlagen  oder  Anlagenkomplexen  über  die 
Regionen  \erschiedener  phyletischer  Potenz  an  einem  Indivi- 
duum und  bei  den  Nachkommen,  die,  wie  wir  wissen,  nie 
\ollkommen  gleicher  Lebensfähigkeit  sind,  durchaus  gleich- 
mäßig wäre,  was  nicht  feststeht.  Obwohl  auch  die  Kreuzung 
Aiioecioleniits+C/eisfoIetims  bisher  nicht  ausgeführt  wurde, 
erscheint  nach  dem  Vorliegenden  das  Folgende  kaum 
zweifelhaft: 

Ein  Teil  der  .4/.  ///r.s7////.s-Pflanzen  unseres  Standortes 
sind  Monohybriden  und  zwar  heierozygotisch  rücksichtlich 
der  Anlage  oder  des  Anlagenkomplexes  füi-  die  Gestaltung 
der  CoroUe.  Das  Merkmal  'Offener  Rachen ■<  {Aiioectolciuns- 
T\^pus)  ist  rezessiv  gegenüber  dem  dominierenden  Merkmal 
geschlossener  Rachen«  (CIcistoh-inns-Ty  pus).  Daher  kann 
Anocctolemtis  nur  bei  Selbstbestäubung  entstehen  und  ist  gleich 
bei  seinei"  Entstehung  homozygotisch.  Das  Kreuzungsergebnis 
zweier  Anoectolenius  im  8.  Stammbaum  (p.  442)  ist  für  diese 
Auffassung  von  wesentlicher  Bedeutung.  Die  Freilandpopulation 
ist  zwar  uniform,  enthält  aber  neben  reinen  Oeistolennts 
zweifellos  auch  Cleistoletniis  mit  der  Anlage  für  Anoectoleuins. 
Da  in  freier  Natur,  wie  ich  am  Standorte  mit  seinem  reichen 
Insektenleben  immer  wieder  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte, 
Kreuzbestäubung  Regel  ist  und  Selbstbestäubung  nur  aus- 
nahmsweise    vorkommen    dürfte,     wird     die    Tatsache,     daß 

Sitzb.  d.  mathem.-r.aturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  l'>d.  -^1 


442 


A.   Sperlich, 


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l'^llhiickcit   der   I.iniciierlialtLiii.i;.. 


443 


Anocctolcunis    in    unserer  Umoebiiny-    bisher    nicht    gefunden 
wurde,  leicht  verständlich. 

Die  weitere  Frage  ist,  woher  die  Anlage  für  offenen 
Rachen  bei  dem  AI.  hivsutns  unseres  Standortes  stammt. 
Zunächst  ist  festzustellen,  daß  die  Anoectolcmiis-Fovm  des 
AI.  hirsutus  nichts  Neues  ist,  sondern  zuerst  von  A.  Chabert 


B. 


.1.   nie   Coi'ollent'orm   des   Cli'is/uleiiui.s-'l'ypus  (.1.   Iiiisiiliis). 
B.   Die   ("orollenform  des  AHoeclolemus-Typu^  (.1.   Farrhiju'i). 
Nach   Individuen   de.s  .lahres    1918;   dreimal  vergrößert. 

im  Jahre  1899  und  dann  von  J.  v.  Sterneck  im  Jahre  1901 
beschrieben  wurde  :^  Es  ist  AI.  (RhinanUiiis)  Facchüiii. 
Freilich  stimmt  die  von  den  genannten  Autoren  gegebene 
Diagnose  nur  rücksichtlich  der  Blüte  durchwegs  mit  den 
Individuen  meiner  Kultur  überein.  Das  ist  aber  auch  die 
Hauptsache  nach  Chabert's  eigenen  Worten:   »Rh.  Facchinii 


1  A.  Chabert,  Etüde  sur  le  genre  Rhinanthus.  Ikill.  de  I'Herbier 
Boi.ssier,  7,  1S99.  p.  ä<)6.  —  J.  v.  Sterneck,  Monographie  der  Gattiing- 
Alectumliiplnis.   Abb.   der  zool.-bot.   Gesellsch.   in   Wien.    /,    1901,   p.   38. 


444  A.   Sperlich, 

ressemble  ä  un  petit  RJi.  AlectorolopJius  \  ^  liirsntiis),  qui 
auvrait  la  levre  inferieure  dejetee  et  la  gorge  ouverte.^^  Um 
den  Unterschied  der  Korollenbildung  deutlich  zum  Ausdruck 
zu  bringen,  wurden  in  vorstehender  Fig.  2  die  Blüten  des 
AI.  liirsutns  und  des  AI.  Facchinii  nach  Exemplaren  meiner 
Kulturen  vom  Jahre  1918  wiedergegeben.  Größe,  Beblätterung 
und  \'erz\veigung  der  Pflanze  erwies  sich  hingegen  neuerlich 
sehr  \om  Ernährungsgrade  abhängig.  Der  auf  diese  Dinge 
sich  beziehende  Teil  der  f^iagnose  i  paßt  zwar  auf  die  in 
den  Fig.  4  (Taf.  II)  und  ö  (Taf.  III)  dargestellten  Individuen 
recht  gut,  in  der  weiteren  Nachkommenschaft  fanden  sich  in- 
dessen, der  besseren  Ernährung  entsprechend,  auch  größere  Exem- 
plare   mit  reichblütigen  Seitpnzweigen  (siehe  3.  Stammbaum). 

Fi^h-  die  \'erhältnisse  unseres  Standortes  ist  es  nun  sehr 
bemei-kenswert,  daß  Chabert  den  AI.  Facclüiüi  nur  aus 
Tirol  kannte  und  daß  auch  Sterneck  über  die  X'erbreitung 
der  Pflanze  angibt,  daß  sie  nur  in  Südtirol  relativ  häuHg  ist» 
sonst  aber  nur  sporadisch  vorkommt.  Wir  können  uns  vor- 
stellen, daß  AI.  Facchinii  in  Tirol  in  früheren  Zeiten  einen 
nach  Norden  weit  ausgedehnteren  \'erbreitungsbezirk  hatte - 
als  heute,  da  das  Ortlergebiet  und  Enneberg  die  Nordgrenze 
darstellen,''  im  weit  verbreiteten  AI.  liirsutns  schließlich  auf- 
ging und  heute  nur  mehr  in  den  Monohybriden  des  liirsutns 
versteckt  enthalten  ist.  Die  Tatsache,  daß  die  offenrachige 
Form  nur  in  abgeschlossenen  Lokalitäten  auftritt  und  nie 
unter  1200  7;z  hinabreicht, -^  stimmt  mit  dem  rezessiven 
Charakter   der  Anlage   für  Anoectolenius   sehr  gut  zusammen. 

Freilich  wird  durch  die  Feststellung  des  hybriden 
Charakters  von  AI.  hirsntus-\nd\v\dMQn  unserer  Umgebung 
Stern eck's  ^'■orstellung  über  die  Entstehung  der  Anoectoleitms- 
Form    als    junge,    in    prähistorischer   Zeit    in    Anpassung    an 

1   Simplex  vel    i'arissime   ramis  duobus  abiiili\-is  instruclus  (_Chabert). 

-  I'uiidorte  werden  auch  aus  dem  .Salzburgischen  —  also  einem  weit 
nördlicheren  Gebiete   —  angegeben. 

^  K.  W.  V.  Dalla  Torre  und  L.  Graf  v.  .Sarnlhein,  Flora  ■  der 
gefürsteten  Grafschaft  Tirol,  des  Landes  Vorarlberg  und  des  Fürstentimis 
Liechtenstein,  Innsbruck   1912,  VL,  3.  Teil.   p.  307. 

^  Vgl.  V.   -Stcrneck,  a.   a.  O. 


l'iiliit^Ucit   der   Linieiierhaitiini;.  44r) 

höhere  Lagen  von  .4/,  hirsntns  sich  ableitende  Lokal  form  ^ 
einigermaßen  beeinträchtigt.  Denn  der  festgestellten  Tatsache 
Kechnung  tragend,  müßten  wir  viel  eher  an  eine  spätestens 
gleichzeitige  Existenz  des  AnocctiUeiniis-  und  des  Cleistoleimis- 
Typus  von  .4/.  hirsntns  und  an  eine  ursprünglich  viel  aus- 
gedehntere Verbreitung  jenes  denken.  AI.  FciLchitüi  wäre 
demnach  an  seinen  unzusammenhängenden  alpinen  Stand- 
orten nicht  eine  junge,  in  Anpassung  an  diese  .Standorte 
entstandene  Lokalform  des  älteren  ,4/.  liirsntns,  sondern  vi'^1- 
mehr  ein  Relikt  aus  Zeiten  ausgedehnterer  \'erbreitung,  das 
sich  nur  dort  halten  konnte,  \\-ohin  der  im  allgemeinen  zwar 
kräftigere,  aber  im  Höhencharakter  des  Klimas  seine  An- 
passungsgrenze lindende  AI.  liirsntns  nicht  vordringen  konnte. 
Eine  dankenswerte,  pflanzengeographisch  wertvolle  Aufgabe 
wäi-e  es,  AI.  liirsntns  auch  an  anderen  Standorten  auf  seinen 
hybriden  Charakter  bezüglich  der  Corollenform,  die  im  Bereiche 
der  Gattung  eine  so  große  systematische  Bedeutung  hat,  zu 
prüfen.  Es  erscheint  nach  den  Erfahrungen  an  unserem 
Standorte,  der  dem  nördlichen  Talhange  mit  seiner  inter- 
essanten Durchmischung  arktotertiärer,  alpiner  und  medi- 
terraner Elemente  angehört,  nicht  ausgeschlossen,  daß  eine 
vergleichende  I^rüfung  des  heute  sO  ausgedehnten  .4/.  liirsntns 
auf  seine  Bastardnatur  wertvolle  Aufschlüsse  über  die  Wurzeln 
des  Clcistott-iin{s-Typus  liefern  könnte. 

2.  Über  teratologische  Erscheinungen  und  ihre  Ursache. 

Obwohl  im  P'reilande  bei  wiederholter  Durchsuchung 
niL'mals  eine  Gestaltungsanomalie  angetroffen  wurde,  konnte 
das  Auftreten  teratologischer  Fälle  in  meinen  Kulturen  nicht 
befremden,  da  gerade  aus  der  Familie  der  Scrophnlariaceae 
imd  in  dieser  auch  bei  der  Gattung  Alectoroloplins  eine 
reiche  Zahl  von  Abweichungen  bekannt  sind  und  mehrfach 
beschrieben  wurden.-    L'ber    d.ie  Ursachen    dieser  Anomalien 

1  V.   Stcriicck.   a.   a.   O..  p.    134   und  'lafel    IV. 

-  V14I.  ().  renzig.  Pnaii/centeratolooie  II.,  Genua  1804,  p.  LM7.  Eine 
Ziisaninieiistellun,^  der  bekanntesten  .\nomalien  findet  sieli  in  Penzii^- 
Camus,  .-\nomaiies  du  RJihujiiltiiis  Alecloroloptuts  (Feuille  d^s  jeunes 
naturalistes,   21,    1885);   diese   kleine   .VIonogi-aphie   war  mii-  nicht  zi:gangiieli. 


44f)  A.   Sperlich. 

ist  man  bisher  völlic^  im  unklaren,  wenn  auch  zumeist 
Ernährungsänderungen  und  für  gewisse  Fälle  mechanische 
Verhältnisse  dafür  verantwortlich  gemacht  wurden.  Auch  die 
Frage  nach  der  \'ererbbarkeit  der  Abweichungen  erfuhr  bis- 
her keine  allseits  befriedigende  L()sung,  wohl  deshalb,  weil 
das  Wesen  derselben  kaum  in  allen  Fällen  dasselbe  sein 
dürfte.  Am  eingehendsten  hat  sich  mit  dieser  Frage  zweifellos 
de  Vries  beschäftigt,  der  sich  auf  Grund  großer  Erfahrung 
für  die  Vererbbarkeit  ausgesprochen  hat.  Nach  de  Vries 
handelt  es  sich  in  den  meisten  Fällen,  da  an  Individuen  eines 
bestimmten  Stammbaums  Anomalien  bemerkbar  wurden,  ent- 
weder um  Halbrassen  mit  einem  relativ  kleinen  Prozentsatz 
anomaler  Individuen  oder  um  Mittelrassen,  bei  denen  die 
Zahl  dieser  Individuen  annähernd  50%  beträgt.  ^  Diese  Pralle 
gehören  nach  de  \'ries  nicht  dem  Gebiete  der  hetero- 
genetischen \'ariation  oder  Mutation,  sondern  der  mit  der 
Ernährung  im  innigsten  Zusammenhange  stehenden  tlak- 
tuierenden  Variabilität  an.  >•  Endlich <',  so  schreibt  de  \'ries,- 
-  hängt  es  von  äußeren  Einflüssen  und  namentlich  von  Er- 
nährungsbedingungen ab,  ob  in  bestimniten  Exemplaren  die 
Monstrosität  auftreten  wird  oder  nicht.  Und  diese  letztere 
Tatsache  scheint  mir  ohneweiters  geeignet,  das  latente  Vor- 
handensein und  somit  auch  die  Erblichkeit  im  latenten 
Zustande  zu  beweisen.«  Kreuzungsversuche  mit  reingezüchteten 
trikotylen  Halb-  und  Mittelrassen  und  mit  synkotylen  Rassen 
ergaben  nach  de  \'ries  die  Befolgung  der  MendeKschen 
Gesetze.  ■' 

Über  die  Frage  der  \'ererbbarkeit  von  Monstrositäten 
gestatten  meine  Erfahrungen  ihrer  ganzen  Artung  nach  kein 
Urteil,  wohl  aber  sind  sie  in  der  Lage,  wenigstens  für  die 
in  Betracht  kommenden  Fälle  zu  zeigen,  daß  die  Erschei- 
nung der  Anonialie  in  keinem  direkten  Zusamnien- 
hang  mit  der  Ernährung  steht,  und,  indem  sie  die  von 
de    Vries    aufgeworfene,    aber    nicht    beantwortete    Frage,-'' 

J  H.   de   Vries,   Die    .Miilatiniistlieorie    1.    Leipzig;  lili.il,   p.  427  und  42S. 

-  A.   a.  O.,   p.   -.VAT. 

■'■  Die   Mulalionstiieoiie   II.,    i.eipzi.n    lO^K^   p.   :5i)<,i   und  345. 

^  A.  ii.   O.,  p.   2S9. 


Fälligkeil   der   I.inicjierlialtimg.  447 

welche  Samen  einer  P'rucht  aberrante  Keimlinge  bekommen, 
oder  allgemeiner  gesprochen:  wann  sind  Anomalien  über- 
haupt in  einer  bestimmten  Nachkommenschaft  mit  Sicherheit 
zu  erwarten,  einigermaßen  befriedigend  lösen,  das  ganze 
Problem  in  anderem  Lichte  erscheinen  zu  lassen.  Im  folgenden 
>eien  die  beobachteten  Anomalien,  in  Auswahl  unter  Angabe 
des  Zeitpunktes  ihrer  Entstehung,  der  Aszendenz  und  De- 
szendenz mitgeteilt,  wobei  ich  mit  den  Anomalien  der  Be- 
hlätterung  beginne  und  die  Anomalien  der  Blüte  daran  an- 
schließe. 

Zum  ersten  Male  kamen  Monstrositäten  im  Jahre  1915, 
und  zwar  sowohl  in  F.^  der  Deszendenz  der  Rohernte  1912 
.als  auch  in  F.,  der  Rohernte  1913  zur  Beobachtung.  Es 
handelte  sich  zunächst  um  Trikotylie,^  die,  wie  de  \'ries 
mitteilt  und  mehrfach  abbildet,  sehr  häutig  mit  Alteration  der 
Blattstellung  verbunden  ist.-  Zwei  Fälle  sind  in  Fig.  4  (Taf.  II) 
und  ö  (Taf.  III)  abgebildet  und  seien  etwas  näher  besprochen. 

Das  in  Fig.  4/^  dargestellte  Individuum  mit  konstant 
dreizähligen  Blattwirteln  entstammt  als  einziges  seiner  Form 
einer  durch  schlechte  Keimung  in  7%  und  noch  mehr  in 
/•".j  charakterisierten  Seitenlinie  einer  im  allgemeinen  keim- 
kräftigen Stammpflanze  aus  der  frühesten  Rohernte  des  Jahres 
1912.  Seine  durch  Selbstbestäubung  entstandenen,  äußerlich 
einwandfreien  Samen  keimten  sehr  schlecht  (5  :  1),  die  aus 
dem  einzigen  lebensfähigen  Samen  erwachsende  Pflanze  war 
normal,  entwickelte  sich  bei  guter  Ernährung  üppig  —  sie 
uug  sogar  ein  blühendes  Seitenachsenpaar  -  die  ziemlich 
reichlich  entwickelten  Samen  starben  jedoch  bald  nach-  der 
Reife  ab.  \'ollkommen  das  gleiche  Schicksal  hatte  die  Nach- 
kommenschaft der  normal  beblätterten  Geschwister,  gleich- 
gültig, ob  sie  dem  Anoectolemiis-  oder  dem  Cleisiolenms- 
Typus  angehörten. 

Das  in  Fig.  5  (Taf.  III)  dargestellte  Individuum,  dessen  Be- 
blätterung,  wie  Fig.  6/'  gut  überschauen  läßt,  aus  der  wirteligen 


1  niese  Anomalie  ist  bei  Scrophulaiiaceen  anscheinend  sehr  häutig; 
vgl.   auch  W.   Kinzei.   Frost  und  IJcht,   p.    155. 

-  Die  Mutationstlieorie  II.,  p.  228  ff.,  Fig.  37.  38  und  44  (MeUunpyrum 
jiritlensej. 


448  A.    S  perl  ich. 

Stellung  allmählich  in  Spiralstellung  übergeht,  womit  schließlich 
Zwangsdrehungen  verknüpft  sind,  entstammt,  ebenfalls  als 
einziges  dieser  P'orm,  einer  schon  in  der  Stammptlanze  der 
Röhernte  191;^)  geschwächt  erscheinenden  Linie.  Seine 
Samen,  die  sich  durch  Selbstbestäubung  entwickelt  hatten^ 
keimten  mittelmäßig  (11  :  7).  Die  erwachsenden,  ausnahmslos 
normal  beblätterten  Pflanzen  waren  trotz  gleicher  und  durch- 
aus vortrefflicher  P>rnährungsbedingungen  untereinander 
sehr  verschieden.  Ein  lndi\"iduum  starb  schon  als  Keimling 
ab,  von  den  sechs  anderen  ging  eines  vor  der  Ofl'nung  der 
ersten  Blütenknospe  zugrunde,  vier  brachten  es  in  \er- 
zwergter  Form  zu  Blüte  und  Frucht,  eines,  aus  der  zweiten 
Kapsel  der  Mutterpflanze  stammend,  entwickelte  sich  zu  einer 
kräftigen  Pflanze  mit  zwei  i'eichlich  blühenden  Seitenachsen- 
paaren.  Die  Samen  des  gesamten  Nachwuchses  erwiesen  sich 
sehr  bald  nach  der  Reife  als  tot. 

Diesen  zwei  Beispielen  könnte  eine  stattKche  Reihe  bei- 
gefügt werden.  Ihre  Geschichte  ist  immer  dieselbe:  Wo  und 
wann  immer  trikotyle  (zweimal  u^aren  es  synkotyle)  Keim- 
linge si-ch  zeigten,  waren  sie  Abkömmlinge  von  Seiten- 
linien, die  sich  entweder  schon  in  der  Aszendenz  als 
geschwächt  e  !•  u'  i  e  s  e  n  hatten  oder  deren  S  c  h  w  ä  c  h  u  n  g 
im  geringen  ]\eimprozent  eben  hervortrat.  Viele  dieser 
Keimlinge  starben  sehr  bald  nach  der  Keimung  ab;  wenn 
sie  zu  Pflanzen,  zumeist  mit  aberranter,  und  zwar  in 
unglaublich  mannigfaltiger  Weise  variierender  Blatt- 
stellung heranwuchsen,  so  waren  sie  selbst  oder  ihre  nächste 
Nachkommenschaft  unfähig,  lebenskräftige  Samen  oder  über- 
haupt Samen  zu  entwickeln.  Es  sei  noch  festgestellt,  daß 
diese  Anomalien  in  fast  allen  Linien,  die  auf  die  Rohernten 
der  Jahre  191 2  und  1918  zurückgehen,  Jahr  für  Jahr  wieder- 
holt auftraten  und  immer  nur  dann,  wenn  die  Herabsetzung 
des  Keimprozentes  oder  die  in  irgendeinem  Zeitpunkte  des 
individuellen  Lebens  zutage  tretende  mangelhafte  Entwicklung 
der  Keimpflanzen  die  weitgehende  Schwächung  einer  Linie 
ankündigte.  Ist  de  Viües'  Auffassung  von  der  Existenz 
erblicher  Halbrassen  richtig,  so  gehören  sämtliche  Pflanzen 
des    Standortes    meiner    Rohernten    solchen     Halbrassen    mit 


Fäliii^keit  der  I.inienerhaltung.  449 

semilatenter  Anlage  zu  aberranter  Beblätterung  —  Poly-  und 
Synkotylie,  im  Gefolge  Pol^^phyilie  der '  Wirtel,  Chorise, 
Adhäsion  oder  Diremption  (Displacement)  der  Blätter,  häufig 
mit  Zwangsdrehung  der  Achse  verbunden  —  an.  Eines  aber 
steht  fest:  Die  Überwindung  der  Latenz  ist  nicht  dem 
Eingriffe  eines  Ernährungsfaktors  zuzuschreiben,  die 
Anomalien  treten  vielmehr  genau  so,  wie  es  im  1.  Ab- 
schnitte der  Arbeit  für  Keimverzug  und  Keimungsunfähigkeit 
nachgewiesen  werden  konnte,  bei  Schwächung  der 
phyletischen  Potenz  und  ausschließlich  nur  in  diesem 
Falle  in  Erscheinung.^ 

Allerdings  wird  die  Vorstellung  von  der  Existenz  kon- 
stanter Halbrassen  dadurch  erschwert,  daß  sich  die  Be- 
blätterungsanomalien  in  der  Nachkommenschaft  einer  und 
derselben  Linie  in  so  mannigfaltiger  Weise  äußern;  sie 
wird  es  noch  mehr,  wenn  man  bedenkt,  daß  die  nunmehr 
zur  Sprache  kommenden  Blütenanomalien  gleichfalls  unter 
denselben  Begleitumständen  an  denselben  Linien  zur 
Beobachtung  gelangten. 

Nicht  selten  zeigten  einzelne  Blüten  geschwächter 
Individuen  eine  Vermehrung  der  Karpelle  von  zwei  auf 
drei.  Die  aus  solchen  Kapseln  stammenden  Samen  keimten 
zum  geringsten  Teile  und  lieferten  durchwegs  Pflanzen,  die, 
wenn  überhaupt  Samen  zur  Entwicklung  gebracht  werden 
konnten,  ausschließlich  lebensunfähige  Samen  erzeugten. 

Sehr  auffallend  und  in  ihrer  Tracht  höchst  befremdend 
waren  Individuen,  deren  Blüten  entweder  durchwegs  oder  im 


^  .So  dürften  sich  vielleicht  auch  die  von  de  Vries  in  §  29  (Mutations 
theorie  I.,  p.  (544  ff.):  »Die  Wahl  der  .Samen  bei  der  Selektion«  besprochenen 
Fälle  erklären  la.s.sen,  die  der  Autor  zur  .Vnrejjung  für  weitere  Forschung 
mitteilt,  ohne  hierüiier  zu  entscheiden.  I)ei-  Schlußsatz  de  N'iMes'  (a.  a.  ()., 
p.  648):  Jedenfalls  steht  es  im  allgemeinen  fest,  daß  die  einzelnen  Samen 
einer  Pflanze,  je  nach  dem  t)rte  ihrer  Entstehung  inid  je  nach  ihrer  (iröße 
und  ihrem  Gewichte  zu  Exemplaren  von  sehr  verschiedener  individueller 
Kraft  werden  können  und  daß,  den  früher  besprochenen  Regeln  entsprechend, 
bei  stark  variablen  .Sorten  damit  nicht  selten  eine  geringere  oder  vollere 
Entfaltung  des  Sortenmerkmals  zusammengeht-,  wäre  nach  meinen  Ver- 
suchen alsi)  zu  ergänzen:  je  nach  der  Zahl  der  Samen  und  der 
verfügbaren   phyletischen  Potenz. 


4M  1 


A.    Sperlic! 


oberen  Teile  der  Spica  Adesmie  der  Oberlippe  aul'wiesen. 
Zum  ersten  Male  erschienen  solche  lndi\"iduen  191'j,  in  I'\ 
der  Deszendenz  von  Clruppe  II  der  in  Tabelle  I  (p.  390  u.  391) 
zusammengefaßten  Linien.  Eine  i^tlanze,  i^iit  ernährt,  mit 
einem  blühenden  Seitenachsenpaar,  trug  durchwegs  ab- 
normale Blüten,  die  vollkommen  steril  blieben;  eine  zweite, 
mit  zwei  nicht  blühenden  Seitenachsenpaai-en.  entwickelte 
erst  vom  7.  Nodium  der  Hauptachse  an .  Blüten  mit  Obei  - 
lippenadesmie.  Dies  Individuum  lieferte  zwar  Samen,  sie 
starben  jedoch  sehr  bald  nach  der  Reife  ab.  1917  und 
19] 8  wiederholte  sich  die  Erscheinung  bei  Abkömmlingen 
anderer  Stammptlanzen  der  Kohernten    1912  und   1913.   Auch 


FiK-   3. 
I-Slüte    mit   Adesinie    dei'  Obeiiippe;    di-eimal    vei-.L;r()ßei-t. 

\n  diesen,  gegenüber  den  Blattanomalien  sehr  seltenen  Fällen  — 
es  handelte  sich  nur  um  ein  oder  zwei  Ptlanzcn  —  betraf  es 
Angehörige  stark  geschwächter  Seitenlinien,  die  selbst  keine 
lebensfähige  Nachkommenschaft  mehr  erzeugen  konnten.  1917 
war  bei  einem  Individuum  nur  die  letzte  Blüte  der  jüngsten 
Seitenachse  abnormal.  Diese  ist  in  Fig.  3  abgebildet.^ 

Die  nur  einmal,  und  zwar  1918,  knapp  vor  dem 
völligen  Aussterben  einer  schwachen  Seitenlinie  aus  der 
Nachkommenschaft  der  frühesten  Rohernte  von  1912  —  dem- 
nach in  1\.  —  beobachtete  \'ermehrung  des  Androeceunis 
möge  den  Abschluß  bilden.     Es  handelt  sich  um  ein  kleines 


1  Ursprünglich  hatte  ich  die  .Absicht,  das  priichti^e  große  Exemplar 
mit  einheitlich  abnormalen  Hlüten  des  .lahres  HU(i  phntugraphisch  fest- 
zuhalten. Das  Voi'haben  mußte  leidei-  imausgeführt  bleiben,  ila  ich  gerade 
zur  Zeit  des  schönsten  Flors  plötzlich  von  Innsbruck  abberufen  wurde. 
Nach   meiner  Rückkehr  war  die   l'Hanze  verblüht. 


hi\L;keit    Jei-    Unieiioilialtuiii 


451 


Pflänzchen  mit  zwe/  Blüten,  das  gleich  seinen  zwei  kümmern- 
den Geschwistern  —  die  übrigen  waren  schon  als  Keimlinge 
abgestorben  —  nicht  mehr  die  Fähigkeit  besaß,  die  Blüten 
völlig  zu  entfalten.  In  Plg.  4  ist  eine  dieser  in  Anthese 
begriftenen  Blüten  wiedergegeben.  Wir  sehen  neben  den  vier 
normalen  Staubgefäßen  ein  vollkommen  gleichwertig  ent- 
wickeltes, median  gelegenes  fünftes.  Da  es  ein  vorderes  ist, 
entspricht  die  Blüte  dem  Crrundplane  der  Scrophulariaceen 
nicht.  Zu  den  gerade  bei  dieser  Familie  häufigen  Atavismen 
ist  der  Fall    demnach    nicht    zu    zählen.'    Daß    bei  Scrophu- 


Viii.  4. 

.Streckiniicsunfaliitie    Blutenknospe    mit    C'neriippenadesmie    und    ühei'/,aliiijA(;in 

vorderem  Staubgefäß;   sechsmal   \'er-gn';ßert. 


lariaceen  nicht  selten  statt  des  geforderten  hinteren  .Stamen 
ein  vorderes  gebildet  werden  kann,  ist  bekannt,  doch 
ivommen  für  unseren  Fall  die  mechanischen  Erklärungen 
Penzig's,-  Abort  des  Mittellappens  der  Unterlippe  oder  seit- 
liche Spaltung  dieses  Lappens,  wie  aus  der  Figur  deutlich  zu 
ersehen  ist,  nicht  in  Betracht. 


'   Vgl.    E.    Heinriche!-.  Xeiie    Beiträge     zur    Pflanzenteratdlogie    und 

Blütenmorphologie,    3.  Studien  an     Blüten    einiger  Scrophulariaceen.    Ostern 
b(,tan.   Zeitschr.    1894.  p.    12 ff. 

-   Pflanzenteratologie   IL,  p.    186. 


452  A.   Sperlich, 


3.  Nanismus  und  Albinismus. 

Die  im  \'orhergehenden  besprochenen,  ihrer  Aszendenz 
nach  wohl  bekannten  Fälle  von  Anomalien  haben  uns  gezeigt, 
worin  die  Ursache  ihrer  Entstehung  zu  suchen  ist.  Aus- 
nahmslos traten  sie  in  meinen  Versuchsreihen,  unbeeinflußt 
von  der  Ernährung,  dann  auf,  wenn  geringes  Keimvermögen, 
Keimverzug,  das  baldige  Absterben  von  Keimlingen,  die  Un- 
fähigkeit zur  Erzeugung  von  Samen  überhaupt  oder  von 
lebensfähigen  Samen  als  äußerlich  erkennbare  Merkmale  der 
inneren  Schwächung  der  \'orfahren,  der  Beeinträchtigung 
ihrer  phyletischen  Potenz,  zutage  traten.  Die  P>age,  wann 
sind  Abnormitäten  in  der  Nachkommenschaft  normaler  In- 
dividuen zu  erwarten,  kann  demnach  wenigstens  für  die 
Pflanzen  unseres  Standortes  mit  aller  Bestimmtheit  so 
beantwortet  werden:  immer  dann,  wenn  für  die  direkten 
oder  späteren  Nachkommen  das  in  einer  bestimmten  Stamm- 
pflanze zur  Verfügung  stehende  Maß  phyletischer  Potenz 
nicht  mehr  ausreicht;  früher,  wenn  die  Stammpflanze  selbst 
entweder  im  ganzen  oder  mindestens  in  einzelnen  Nodien 
schon  eine  gewisse  Schwächung  erreicht  hatte;  später,  wenn 
die  Stammpflanze  zwar  noch  im  Vollbesitze  phyletischer 
Potenz  war,  aber  durch  allzureiche  Samenproduktion  einen 
großen  Teil  ihrer  Nachkommen  in  dieser  Hinsicht  benach- 
teiligte. Ungeklärt  bleibt  allerdings  noch,  bis  zu  welchem 
Grade  die  Schwächung  gediehen  sein  muß,  um  ganz  allgemein 
die  genannten  Merkmale  in  Erscheinung  treten  zu'  lassen, 
und,  ob  für  die  einzelnen  Typffen  der  Anomalie  ganz  bestimmte 
gesetzliche  Grade  der  Schwächung  verantwortlich  zu  machen 
sind. 

Den  im  vorhergehenden  Kapitel  beschriebenen,  sichtbaren 
Begleiterscheinungen  von  Generation  zu  Generation  abnehmen- 
der phyletischer  Potenz  füge  ich  noch  eine  Form  hinzu,  die 
deswegen  unser  ganz  besonderes  Interesse  beansprucht,  weil 
sie  aus  verschiedenen  Verwandtschaftskreisen  Gegenstand 
der  Untersuchung  war,  auch  unter  den  de  Vries^schen 
Mutanten    der    Ocnollicva    Laiuarckiana    zu    finden    ist    und 


Fähigkeit  Jcf  I.inienerluiltunL;.  4or) 

hier  in  der  Reihe  der  sogenannten  Verlustmutanten  eine 
ganz  eigentümliche  Stellung  einnimmt:  die  Zwergform. ^ 

\'erzwergte  Individuen  treten  bei  unserer  Pflanze  ohne 
Rücksicht  auf  ihre  innere  Verfassung  auf  Grund  schlechter 
Ernährung  sehr  häufig  auf.-  Ja  es  kann  im  Gegenteil  aus 
der  Tatsache,  daß  an  minder  leistungsfähigen  Wirten  und 
selbst  vollkommen  autotroph  gewisse  Individuen  einer 
Population  in  bescheidenen  Grenzen  morphologischer  Ge- 
staltung ihren  Lehenszyklus  vollenden,  mit  Recht  geschlossen 
werden,  daß  uns  hierbei  Pflanzen  ganz  besonders  hoher 
Lehenskraft  vorliegen.  Diese  Art  des  Zwergwuchses  inter- 
essiert uns  hier  nicht.  Uns  beschäftigen  hier  Zwergformen, 
•die  als  Nachkommen  normaler  Individuen  bei  denkbar  gün- 
stigsten Außenbedingungen  auftreten  und  durch  die  Unfähig- 
keit, diese  Außenbedingungen  richtig  auszunutzen,  eben 
beweisen,  daß  ihre  ganze  innere  Verfassung  eine  andere 
geworden  ist.  Sie  zeigten  sich  in  meinen  Kulturen  alljährlich 
und  immer  im  Zusammenhange  mit  der  Schwächung 
der  phyletischen  Potenz  der  Linie.  Im  4.  Kapitel  des 
I.  Teiles  der  Arbeit  ging  von  solchen  Individuen  schon  die 
Rede  und  ich  verweise  auf  die  dort  zur  Abbildung  gelangten 
Fälle  (Fig.  1,  2  und  3  auf  Taf.  I  und  11).  Die  große  Mehrzahl  dieser 
Zwerge  geht  baid  nach  der.  Ausbildung  einiger  Laubblatt- 
paare oder  spätestens  nach  oder  schon  während  der  Blüten- 
entwicklung ein.  Vereinzelt  gelangen  aber  die  Pflänzchen 
sogar  zur  Entwicklung  keimfähiger  kleiner  Samen,  deren 
Keimprozent  allerdings  ein  sehr  geringes  ist;  sie  sind  mit 
Rücksicht  auf  ihre  Nachkommenschaft  und  die  dadurch 
sich  offenbarende  Vererbbarkeit  des  Zwergwuchses  einer 
näheren  Beachtung  wert. 

\'or  allem  geht  aus  der  Möglichkeit  einer,  wenn  auch 
stark  reduzierten  Fortpflanzung  hervor,  daß  die  durch  unsere 
\'ersuche    bekannt    gewordenen    Grade    innerer    Schwächung 

1  Sie  beruht  nacii  de  Vries  im  (legeiisatze  zu  den  bisher  besprochenen 
Fällen  von  Anomalie,  die  der  lUiktuierenden  Variabilität  angehören,  auf 
heterogenetischer  Variation,  ist  als<i   ein  echter  Mutant. 

•-'  Die  i'o'^sneration  meiner  Versuche  bestand  zumeist  aus  beschei- 
denen, vielfach  ,zvvergigen  Individuen. 


r 


454  A.   Sperlich. 

um  eine  weitere  Stufe  \ermehrt  werden  müssen,  die  darin 
besteht,  daß  vereinzelte  Samen  doch  noch  wenigstens  auf 
die  Dauer  einiger  Generationen  Keimfähigkeit  bewahren.  Wir 
können  uns  dies  ungezwungen  so  vorstellen,  daß  innerhalb 
der  engen  Grenzen  des  Zwergwuchses  der  fördernde  Ein- 
fluß geringer  Samenproduktion  auf  den  inneren  Wert  des 
einzelnen  Samens  in  positivem  Sinne  einwirkt,  wodurch 
zwischen  den  individuellen  Maßen  und  dem  Gehalt  phyletischer 
Potenz  vorübergehend  eine  gewisse  Harmonie  hergestellt 
erscheint,  die  sich,  wie  aus  allen  Zuchtversuchen  hervorgeht, 
bei  normalen  Individuen  vielleicht  überhaupt  nicht  vorfindet. 
So  können  sich  Zwerge  durch  einige  Generationen  in 
einzelnen,  besonders  bevorzugten  Nachkommen  —  V'oll- 
keimung  ist  stets  ausgeschlossen  —  des  Konkurrenzkampfes 
der  freien  Natur,  dem  sie  nicht  gewachsen  sind,  enthoben, 
konstant  erhalten.  Die  Linie,  die  sich  bei  meinen  Versuchen 
am  längsten,  nämlich  durch  vier  Generationen  halten  konnte, 
sei  dargestellt. 

Aus  dem  vorletzten  Nodium  einer  Freilandpflanze 
mittlerer  Größe  vom  Jahre  1912,  die  im  allgemeinen  Samen 
sehr  niederen  Keimprozentes  geliefert  hatte,  keimten  im 
folgenden  Jahre  von  15  Samen  8.  Nur  drei  Keimlinge  hier- 
von erwuchsen  zu  blühenden  Pflanzen;  sie  blieben  zwergig. 
Die  Samenproduktion  und  -keimung  dieser  drei  Zwerge  war 
die  folgende: 


a)    lö   Samen,  hiervon  koiniten    1'J14 

h)  \2     >         >  •       iyi4 

D   24         >  >  '■  im 4 


12, 


17 


/'  und  (■  lieferten  im  Jahre  1914  keine  erwachsenen  Nachkommen,  die 
Keimlinge  starben  größtenteils  sehr  frühzeitig  ab.  Von  den  12  Keimpflanzen 
des  Individuums  a  brachten  es  nur  drei  zu  Blüte  uiil  Frucht,  sie  ent- 
stammen  dem   untersten  Nodium  von  if. 

Samenprodukti.m   und   Keimung    1915: 
£7, )    1    Same;   keimungsunfähig, 
ij^)  '-^  Samen:  keimungsunfähig, 
fl.5)  9  Samen:   es  keimten   H. 

Es  hatte  sich  sumit  die  phyletische  Polen/,  auf  diesen  einen  Nach- 
kommen ia:,)  geradezu   konzentriert.   Von   seinen   acht   Keimpflanzen  brachten 


Fäiiii^kcit  dei'  Liiiienerhaltiinfi'.  4oo 

es   wieder   nur   drei    zu    Ulüte    und  l'ruclit.    Sie   bewahrten    ti-otz    bester   iiußerer 
Bedingungen  getreulieh   den   Zwergwuchs. 

Samenproduktioii   und   Keimung   1916: 

,/;.  I)  6  Samen:  es  keimten  6, 
L>-.1\)  1")  Samen:  es  keimten  9, 
.r-.  111)    17   Samen:   es  keimten    14. 

Weder  die  Keimlinge  von  1  noch  die  \'on  II  erwuchsen 
zu  fruchtbaren  Individuen.  Die  meisten  gingen  bald  nach 
Öffnung  der  ersten  Blüte  ein.  Von  der  Nachkommenschaft 
des  III  brachte  es  eine  einzige  Pflanze  zur  Bildung  reifer 
Samen,  von  denen  keiner  mehr  zu  keimen  vermochte.  Die 
Zwerglinie  war  hiermit,  nachdem  sie  sich  durch  vier  Jahre 
in  vereinzelten  Individuen  halten  konnte,  endgültig  aus- 
gestorben. Kreuzungsversuche  wurden  nicht  durchgeführt. 

Wenn  wir  auf  Grund  der  vorliegenden  Erfahrungen  die 
Geschichte  der  Ocnotlicra  iiaiiclla,^  einer  aus  Ocn.  La- 
marckiana  und  bestimmten  Mutanten,  zudem  aus  (Jen. 
hiciiiiis  alljährlich  erhaltbaren  Form,  aufmerksam  verfolgen, 
so  sind  gewisse  Momente  auftindbar,  welche  die  Annahme 
nicht  unberechtigt  erscheinen  lassen,  daß  an  der  Flntstehung 
der  z^^' ergigen  Nachtkerzen  ähnliche  Umstände  zu- 
mindest mitbeteiligt  sind  wie  bei  AJcctorolophits 
hirsuius,  aus  dessen  Kultur  wir  die  Zwergform  als  einen 
Ausdruck  der  in  vielfacher  Weise  sich  offcnbai^enden 
Schwächung  einer  Nachkommenschaft  erkannt  haben;  ja  es 
erscheint  nicht  imbegründet,  einen  ähnlichen  inneren  Zu- 
sammenhang überall  dort  wenigstens  zu  suchen,  wo  es  sich 
um  die  Bartlett'sche  Massenmutation  handelt  wie  im  Falle 
der  im  Freien  nicht  erhaltungsfähigen,  also  zweifellos  weit- 
gehend geschwächten  Mutante  Ocliracea  aus  Oen.  grandi- 
flora.'- 

Wie  unsere  Versuchspflanze  zeichnet  sich  auch  Oeno- 
tbera  durch   reiche  Samen  Produktion  aus,    wodurch  eine 

1   Die  Mutationstheorie   !.,   p.    165  ff. 

-  H.  de  Vries.  Phylogenetische  und  gruppenweise  Artbildung.  Flora, 
11.   und  12..    191K  (Festschrift  Stahl),  p.   222. 


4r)()  A.   Spcrlicli. 

harmonische  Verteilung  der  Lebensfähigkeit  auf  alle  Nach- 
kommen nach  den  Erfahrungen  mit  Alecforolopluis  in  Frage 
gestellt  wird.  Die  bekannte  Tatsache,  daß  ein  Großteil  der 
0(.'/;o///t,'r(;?-Samen,  auf  deren  Entstehungsart  und  -zeit  bisher 
kaum  geachtet  wurde,  nur  unter  Anwendung  von  Druck  zur 
Keimung  zu  bringen  ist  und,  daß  sehr  viele  Samen  verspätet 
oder  überhaupt  nicht  keimen,^  deutet  wohl  darauf  hin,  daß 
die  bei  Alectoroloplins  erkannten  Zusammenhänge  auch  hier 
bestehen  dürften.  Hierbei  seien  jene  Samen  nicht  berück- 
sichtigt, die  erstmalig  Rennei"  als  un\'ollkommen  entwickelt 
erkannt  hat  und  die  nach  dem  genannten  Forscher  als  Aus- 
druck lebensunfähiger  Kombinationen  von  Anlagen  große 
genotypische  Bedeutung  haben.-  Auch  an  die  wenigstens  für 
gewisse  Fälle  als  erblich  konstant  festgestellte  Samentaubheit, 
nach  de  \'ries  als  Folge  eines  in  gewissen  Anlagen- 
kombinationen zur  Wirkung  kommenden  letalen  Faktors/' 
denke  ich  nicht.  Vielmehr  erinnern  nur  die  oben  angedeuteten 
Fälle  von  Keimverzug  und  -unwilügkeit  selir  an  die  ent- 
sprechenden Verhältnisse  von  Ah'ctorolopliiis,  bei  welchem 
bekanntlich  morphologische  Anomalien  des  Samens  über- 
haupt nicht  zui-  Beobachtung  gelangt  sind.  Von  den  Samen 
der  Oeii.  UiUiella  im  Besonderen  sagt  de  \'ries  selbst,  daß 
sie  schwächer  scheinen  als  die  der  Art.'^  Xanella  neigt  bei 
einjähriger  Kultur  —  worauf  die  bessere  Entwicklung  als 
zweijährige  Pflanze  eigentlich  beruht,  bleibt  zunächst  fraglich  - 
wie  die  Alccforoloplms-Zwcrge  zu  unvollkommener  Blüten- 
entwicklung: Ihre  Knospen  bleiben  stecken,  Pollen  wird  nicht 
entwickelt,  die  Narben  öffnen  sich  nicht. ^  Sie  entsteht  all- 
jährlich immer  und  immer  wieder  nicht  nur  aus  der  .Stamm- 
art, sondern  auch  aus  deren  Mutanten,  denen  sie  in  den 
übrigen  Merkmalen  dann  gleicht.    Parallelmutation  wurde  die 


1  fl.  de  \'ries,  Ühci'  künstliche  Besehleunii^ung  der  Wasseraiitnahnie 
durch   Druck.   Hiolo.t;.  Zentralb!.,  .V5,    191.'.   p.    168  fr. 

-  Siehe   Einleitung,  Fußnote  2,  p.   2. 

'■'•  Ph3'logenetische  inid  gruppenweise  .Ailbildiuig,  p.  223  und  Halb- 
inutanten   und   Zwillingsbastarde.   Ber.   d.   ]).   H.   G.  35,    1017,   p.    1 2<S  IT. 

1    Die   .Mutationstheorie   l.,  p.    l.Sl!. 

•^'  A.   a.   (»..  p.   2R7,  Fig.   80. 


Fäliiii;kcit   der   l.iniencrhaltun^.  4n7 

Erscheinung  von  Stomps  genannt.^  Man  erhält  sie  meist 
bei  Aussaat  \-on  Samen  in  großer  Zahl.  Kreuzungsversuche 
mit  Xanclla  geben,  von  dem  aus  Gigas  erhaltenen  Zwerge, 
dessen  Bastarde  bei  rezessivem  Charakter  des  Zvvergmerkmales 
rein  mendeln,-  abgesehen,  höchst  verwickelte  und  noch  nicht 
geklärte  Ergebnisse.^  Dies  alles  scheint  mir  dafür  zu  sprechen, 
dato  die  Ursachen  der  Entstehung  von  Nanella,  deren  Kon- 
stanz durch  mehrere  Generationen  uns  nach  dem  angeführten 
Beispiel  aus  den  .4/t'c7oro/o/'//'//.'^-Kulturen  kaum  mehr  be- 
fremden kann,  wenigstens  in  vielen  Fällen  ähnliche  sein 
dürften  wie  für  die  Zwergformen  des  Halbschmarotzers,  daß 
sie  dann  zu  erwarten  ist,  wenn  Individuen  mit  herab- 
gesetzter phyletisch  er  Potenz  zu  allzureicher  Samen- 
produktion schreiten.  So,  deute  ich  de  Vries"  Angabe, 
daß  die  Zahl  der  Zwerge  in  einer  Nachkommenschaft  dann 
gesteigert  werden  kann,  wenn  sehr  kräftige  Individuen  —  also 
Individuen  großer  Dimensionierung  mit  reicher  Blütenzahl, 
die.  wie  wir  wissen,  innerlich  weitgehend  geschwächt  sein 
können  -  zur  Kreuzung  herangezogen  werden.'^  Der  An- 
gabe, daß  Xanella  keineswegs  ein  Miniaturbild  der  La- 
inai'ckiaiia  ist,  sondern  Unterschiede  nach  verschiedenen 
Richtungen  zeigt,-'  möchte  ich  keine  allzugroße  Bedeutung 
beimessen,  da  es  recht  wohl  \-erständlich  ist,  daß  bei 
Schwächung  des  ganzen  innerlichen  Ausgestaltungsvorganges 
gewisse  morphologische  Ausprägungen  der  Stammart  unter- 
bleiben; so  fand  ich  beispielsweise  bei  meinen  Alectoroloplm^- 
Zwergen  die  Brakteen  zumeist  fast  vollkommen  laubblatt- 
ähnlich, die  Zähnung  der  kleinen,  schmalen  Laubblätter 
gegenüber  der  Normalform  stark  reduziert.*' 


^    Phyloj^enetische    und   ,m-upptMi\veise   Arthildunt;-.   p.    212. 

-  H.  deVi'ies,  Ofinifhcni  i^'iijir.s  luiiiel/ii,  u  Mendelian  mutant.  Hotanicul 
(.azctte   '/'Ol,    UM  5,   p.   387. 

•■  ViJ-l.  ().  Renner.  X'ersuche  über  die  gametische  Konstitution  der 
Oemitheren.    a.   a.    (>..   p.    260  ff.  avy/^A:^, 

i'H.  de  \'i-ies.  Über  ampliikline  l^astarde.  Bcr.  d.  L).  ß.  (i.  .'O'.  liil.l. 
p.   4C.r,. 

■   \',l;1.   de   \'ries,    Die   Atutationstheorie   I.,  p.   25;"). 

'■•  In  diesem  Zusammenhange  sei  noch  eines  jüngst  von  Goabdl 
hescliricbenen   Zwerges  von   Sd/via  pnilensis   (S.  pralcnsis  f.  acaiiiis)  gedacht 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  12.s.  Bd.  32 


458  A.   Sperlicli. 

Auf  jeden  Fall  wird  es  aber  angezeigt  sein,  bei  Ver- 
suchen, die  darauf  gerichtet  sind,  die  ziemlich  verwickelten 
Vererbungserscheinungen  der  Oenothera  Lamarckiana  und 
vieler  ihrer  Mutanten,  zumal  solcher  retrogressiven  Charakters, 
gesetzmäßig  zu  erfassen,  auch  auf  das  dargelegte  Moment 
zu  achten.  Ob  es  sich,  wie  de  Vries  dies  tut,  darum  handelt, 
die  Versuchsergebnisse  auf  Grund  der  Annahme  von  Halb- 
mutanten und  mutierenden  Keimzellen  zu  erklären,  oder  aber 
nach  Renner's  schönen  Untersuchungen  den  habituell 
komplex-hetrozygotischen  Charakter  der  Laniarckiana  und 
ihrer  Mutanten  als  Erklärung  heranzuziehen,  immer  wird  es 
gut  sein,  nebenbei  darauf  bedacht  zu  'sein,  daß  sich  bei 
starker  Samenproduktion  eine  gewisse  Disharmonie  zwischen 
der  individuellen  Entwicklung  und  der  Lebenskraft  der  Nach- 
kommen einstellen  kann,  die  früher  oder  später  auch  zu 
Gestaltungsanomali  en  führt.  Darum  glaube  ich,  daß  das 
mit  Rücksicht  auf  die  möglichst  vollkommene  Erkenntnis 
eines  bestimmten  Individuums  gewiß  berechtigte  Bestreben, 
sein  gesamtes  Samenmaterial  zur  Entwicklung  zu  bringen. 
nicht  ganz  ohne  Bedenken  ist.  Ich  halte  es  nach  meinen 
Erfahrungen  nicht  für  unwahrscheinlich,  daß  die  unwilligen 
Keimer  unter  den  Samen,  die  »Trotzer«,  wie  sie  de  Vries 
nennt,  Individuen  geschwächter  phyletischer  Potenz  dar- 
stellen, in  deren  Nachkommenschaft  sich  bald  früher  bald 
später  Abweichungen  ergeben  könnten,  die  das  Bild  des 
Stammindividuums  eher  zu  trüben  denn  zu  klären  imstande 
sind.  ^ 


(K.  Goebel.  Zur  Kenntnis  der  Zv\cigt"arne.  Flora.  IL  und  l'J..  Iitl8,  Fest- 
schrift .Stahl,  p.  280),  dessen  durch  SelhstbetVuchtung  entstandenen,  äußerlich 
normalen  Teilfriichtchen  sich  als  keiniungsuntüchtig  erwiesen  und  deren 
gleichsam  steckenbleibenden  Blutenstände  sehr  an  die  geschwiichte  innere 
Verfassung  der   Alcdorolophiis-Tiwevgc  erinnern. 

1  Schon  de  Vries  war  es  aufgefallen,  daß  Pflanzen  aus  später  keimen- 
den Samen  zu  Gestaltsveränderungen  neigen:  >ßei  den  mutierenden  Arien 
liegt  die  Möglichkeit  offenbar  vor,  daß  diese  trotzenden  Samen  mehr  Aus- 
sicht auf  neue  Typen  bieten  als  die  schnell  keimenden.«  (Über  künstliche 
Beschleunigung  der  Wasseraufnahme  durch  Druck,  a.  a.  O..  p.  161.)  Vgl. 
auch  O.  Renner,  Versuche  über  die  gametische  K<institution  der  Oenotlieren,^ 
p.   171.   Fig.    16   und   p.    184. 


Fälii,i<keit   der    l.inicnoihaltiing-.  4o9 

Die  Entstehung  der  Zwerge  von  Alccloroloplnis,  denen, 
da  im  gleichen  Zusammenhange  und  ohne  F^influß  von 
Ernährungsänderungen  entstanden,  die  im  vorhergehenden 
Kapitel  behandelten  teratologischen  Fälle  angeschlossen  werden 
können,  läßt  einen  Umstand  klar  erkennen,  der  die  Bildung 
solcher  abweichender  Formen  verursacht:  Die  Schwächung 
der  p  h  3M  e  t  i  s  c  h  e  n  Potenz  durch  Disharmonie  zwischen 
der  im  Individuum  verfügbaren  Menge  dieser  Potenz 
und  der  Zahl  seiner  Nachlvommen.  Leider  tragen  diese 
in  ihrem  Zusammenhange  erkannten  Abänderungen  nicht 
dazu  bei,  das  Problem  der  Entstehung  von  neuen  lebens- 
fähigen Formen  zu  klären,  da  sie  an  Linien  auftreten,  die 
ihrem  ganzen  Werdegange  nach  dem  sicheren  Erlöschen 
geweiht  sind. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  in  Kürze  einer  Abweichung 
gedacht,  die  sich  in  meinen  Kultui'en  alljährlich  und  immer 
im  Zusammenhange  mit  der  Herabsetzung  phyletischer  Potenz 
eingestellt  hat  und  gleichfalls  Ähnlichkeiten  mit  gewissen 
Mutanten  von  Oenothei-a  aufweist:  Die  Entstehung  ganz 
weißer  oder  doch  wenigstens  sehr  blasser,  chlorotisch  aus- 
sehender Keimpflanzen.^  Sie  waren  durchwegs  entweder  ganz 
lebensunfähig,  so  die  weißen,  oder  fortpflanzungsunfähig,  so 
die  blassen,  und  können  daher  nicht  jenes  weitere  Interesse 
beanspruchen,  wie  die  rücksichtlich  ihrer  Nachkommenschaft 
geprüften  und   konstant  befundenen   Zwerge. - 


1  O.  Rennei-  (a.  a.  O.,  p.  1.5o)  mißt  diesen  Fnriiicn  grüße  Beileutimf; 
bei:  'Seiir  wielitig  ist  das  .\uftreten  von  langsam  wachsenden  gelben  und 
von     bakl    absterbenden    gelblichen    oder    weißen    Keimpflanzen    neben    den 


,niincn 


-  Die  chh)rolischcn  Erscheinungen  bei  grünen  i-Iaibsciimarotzein  haben 
seinerzeit  schon  Heinricher  beschäftigt.  Ursprünglicli  sah  der  Forsciie?- 
in  der  Chlorose  einen  Ausdruck  tÜr  den  (jrad  des  Parasitismus  der  be- 
treffenden /Xrt:  »je  unbedingter  die  parasitische  Ernährung  zur  Vollendung 
des  Lebenszyklus  notwendig  ist,  um  so  prägnanter  tritt,  bei  mangelnder 
solcher  Ernährung,  die  Erscheinung  der  Chlorose  auf^  (Die  grünen  Halb- 
schmarotzer II.,  p.  443).  Spätere  Versuche  ließen  jedoch  erkennen,  daß 
dieser  Zusammenhang  nicht  immer  besteht,  daß  sich  vielmehr  das  Saatgut 
bei  einer  und  derselben  Art  sehr  verschieden  verhält  (Die  grünen  Halb- 
schmarotzer  1\'.,   p.    272).   Heinricher   nimmt   an.    daß   J.ie    Samen    mit   Eis.ei'i 


4(i<>  A.   Spcrlicli. 

4.  Alteration  des  festen  Keimungsrhythmus. 

Der  im  II.  Teile  der  Arbeit  als  von  äußeren  Faktoren 
weitgehend  unabhängig  erkannte  und  dort  näher  besprochene 
Keimungsrhythmus  der  Samen  von  A/cciorolophus  erwies 
sich  —  allerdings  nur  in  zwei  Fällen  unter  den  Tausenden 
geprüfter  Samen  —  derart  gestört,  daß  die  Keimung  schon 
während  des  Sommers  nach  einer  Ruhe  von  ungefähr  einem 
Monate  erfolgte.  Und  auch  diese  Anomalie  zeigte  sich  in  der 
Nachkommenschaft  einer  sowohl  durch  ihre  Aszendenz  als 
auch  durch  ihre  individuelle  Entwicklung  als  innerlich 
sehr  geschwächt  gekennzeichneten  Pflanze  und  steht  zu 
irgendwelchen  Ernährungseinflüssen  in  keinerlei  Beziehung. 
Die  Beobachtung  ist  gerade  wegen  ihrer  Seltenheit  beachtens- 
wert und  scheint  mir  einen  wertvollen  Beitrag  zur  Charak- 
terisierung der  Sommerreife  des  Samens  als  eines  zum  Erb- 
gute der  Art  gehörigen  Merkmals  zu  liefern,  an  dem  wie  an 
den  konstant  vererbbaren,  spezifischen  morphologischen  Merk- 
malen durch  Schwächung  der  inneren  \'erfassung  Änderungen 
erfolgen  k()nnen. 

Das  Individuum  mit  den  zwei  abnoi^mal  keimenden 
-Samen  gehört  einer  Linie  an,  die  von  der  Stammpflanze  des 
Jahres  1912  an  alljährlich  durch  sehr  schlechte  Keimung 
und  reichliches  Absterben  von  Nachkommen  gekennzeichnet 
ist.  Es  ist  das  einzige  überlebende  Exemplar  der  Linie  im 
Jahre  1917  und  hat  sich  aus  einem  Samen  entwickelt,  der 
erst  im  zweiten  Winter  nach  erlangter  Reife  keimte  (Spät- 
keimer).  Die  Entwicklung  der  Pflanze  war  eine  sehr  träge, 
erst  Mitte  Juni  kam  sie  zur  Blüte.  Ihr  .Aussehen  war 
kümmerlich;  ziemlich  langgestreckt  (trotz  guter  Belichtung) 
und  unverzweigt,  hatte  sie  selbst  keinen  Halt  und  mußte 
gestützt  werden.  In  einzelnen  Nodien,  auf  die  sich  offenbar 
die  ganze  Kraft  konzentrierte,  wurden  ziemlich  viel  .Samen 
entwickelt.  Ihre  Keimkraft  wurde  im   Dunkeln  geprüft. 


A'erschieden  bedacht  sind.  Wenn  dem  so  ist  (was  iceineswegs  t'cststeiil), 
dann  lehren  meine  N'ersuche,  bei  ueiciien  Samen  diese  Benachteiligung  zu 
erwarten    ist. 


Fiihigkeit  >.ic!-  l.iniLMici-lialtun.ü:.  4b  1 

1.  Nüd.    1    l^lüte.    1    Saiiien,   keimt   am    IS.  I.,    Keimlin.u   stirbt. 

2.  Ni)d.    1    iilüte,   iJliile   bleibt  stecken. 

A.  NoJ.  1  Blüte,  4  Samen,  'A  keimen  am  11.  I.  und  IS.  !..  Keimlin.ne 
sterben. 

4.  NikI.    1    HUite,   kein   Same. 

.').  Nod.  1  Pilüte,  4  Samen.  3  keimten  am  IS.  1.  und  1.  IL,  Keimlinge 
sterben. 

(").  Xnd.  2  Blüten,  13  Samen,  1  keimt  am  17.  VIII..  1  am  5.  I.,  'i  am 
)S.    1.,    1    am    7.    I\'.,    kein   Keimling  ist    lebensfähig. 

7.  Xod.  1  Blüte,  G  Samen.  1  keimt  am  17.  VIII..  2  am  11.  !..  2  am 
23.   I..   kein   Keimling  ist  lebensfähig. 

5.  Nod.   2   Blüten.   3   Samen,    sterben   ab. 

9.  Xod.    1    Blüte,   2   Samen,   sterben   ab. 

10.  Xod.    1    Blüte.   4   Samen,    sterben    ab. 

Demnach  findet  die  Linie  mit  diesem  Exemplar,  das 
uns  die  seltene  Keimungsanomalie  brachte,  ihr  Ende.  Von 
den  oben  verzeichneten  Nachkommen  interessiert  uns  das 
nähere  Schicksal  der  zwei  Sommerkeimer.  Ich  brachte  sie 
bald  nach  der  Keimung  in  entsprechend  mit  Wirtpflanzen 
versehene  Gefäße,  die  im  Freien  zur  Aufstellung  gelangten. 
Die  Kot\Medonen  erschienen  noch  im  August  über  der  Erde, 
ergrünten  normal  das  erste  Laubblattpaar  entfaltete  sich; 
hiermit  war  aber  das  Wachstum  zu  Ende.  In  der  ersten 
Septemberwoche  starben  beide  Pflänzchen  trotz  sorgsamster 
Fliege  ab.i 

Mit  den  Anomalien  der  äußeren  Gestaltung  zusammen- 
gehalten, die  in  den  vorhergehenden  Kapiteln  besprochen 
wurden  und  durchwegs  in  Linien  auftraten,  die  zumeist  schon 
in  der  direkten  Nachkommenschaft  dem  Untergange  geweiht 
waren,  gewinnt  die  Keimungsanomalie  zweifellos  Bedeutung. 
Sie  bekräftigt  uns  in  der  schon  im  II.  Teile  der  Arbeit 
begründeten  Auffassung,  daß  die  normale,  fünf  Monate 
währende    feste    Ruhe    der    Alcctorolopliiis-Sumen    genau    so, 


1  In  W.  Kinzel's  Keimungstabellen  (Frost  und  Licht  als  beeinllussende 
Kräfte,  Tab.  XVI)  sind  für  R/iitiünlhiis  hirsitliis  im  Lichte  im  August  Z^(^, 
im  Dunkeln  im  August  1  "  ^  und  im  Oktober  2 u  j^,  Keimungen  verzeichnet. 
Die  Dunkelkeimlinge  waren  abnormal,  .ledenfalls  geht  aus  dieser  Angabe 
hervor,  daß  die  besprochene  Keimungsanomalie  auch  häufiger  vor- 
kommen   kann.    Die   Aszendenz    diesei-  Keimlinge    ist  für  mich  unzweifeüiaft. 


4()'_1  A.    Sperlicli. 

wie  bestimmte  morphologische  Merkmale,  zu  jenen  Äußerungen 
der  Organisation  gehörl,  die  \on  Generation  zu  Generation 
unverändert  übei^gehen  und  die  Art  als  solche  charakterisieren, 
daß  diese  Ruhe  also  als  spezifische  zu  bezeichnen   ist. 

Theoretische  Erörterungen. 

Die  Verfolgung  der  Keimungsverhältnisse  in  reinen  Linien 
von  Alectorolophtis  hirsiUns,  die  den  Ausgangspunkt  der 
vorliegenden  Untersuchungen  gebildet  hatte,  brachte  uns  die 
Erkenntnis,  daß  der  Keimverzug  und  die  Keimungsunfähigk'eit 
vieler,  äußerlich  vollkommen  erscheinender  Samen  Anzeichen 
der  inneren  Schwächung  der  samentragenden  Individuen  sind, 
deren  fernere  Nachkommenschaft  nicht  nur  diese  Erscheinungen 
in  erhohiem  Maße  zur  Schau  trägt,  sondern  überdies  bald 
früher,  bald  später  durch  Reduktion  der  äußerlichen  Ge- 
staltung, durch  die  Verlangsamung  des  Wachstums,  durch 
die  Herabsetzung  der  Blütenbildung  bis  zu  vollkommener 
Sterilität  sich  als  minderwertig  erweist  und  schließlich  nicht 
mehr  existenzfähig  ist.  Der  Umstand,  daß  diese  auffälligen 
Schwächeerscheinungen  nicht  immer  gleichzeitig  mit  oder 
unmittelbar  nach  den  Keimungsanomalien  zur  Offenbarung 
gelangen,  vielmehr  gerade  schlechte  Keimer  oft  durch  einige 
Generationen  noch  zu  üppiger  individueller  Entfaltung 
befähigt  sind,  konnte  und  mußte  zunächst  diesen  Zusammen- 
hang verschleiern. 

Aus  der  Tatsache,  daß  sich  durch  Reduktion  der  Samcn- 
bildung  der  Wert  der  Gesamtnachkommenschaft  erhöhen  und. 
daß  sich  der  Wert  der  Samen  der  einzelnen  Nodien  am 
Individuum  innerhalb  gewisser  Grenzen  verschieben  läßt, 
wurde  weiter  geschlossen,  daß  jedem  Individuum  nur  ein 
bestimmtes  Maß  von  Linienerhaltung  zukommt,,  das  mit  der 
äußerlich  erkennbaren  FertiUtät  durchaus  nicht  zu  harmonieren 
braucht,  das  sich  im  Gegenteil  bei  alizugroßer  Fruchtbarkeit 
nur  um  so  eher  erschöpft.  Um  die  Fähigkeit,  voll- 
wertige existenzfähige  Linien  zu  erzeugen,  von  der 
gebräuchlichen,  sich  auf  das  Verhalten  während  des 
Individuallebens  beziehenden  Auffassung  der  Fort- 
pflanzungsfähigkeit   deutlich    und    unzweifelhaft    zu 


Fälligkeit   der    LiiiioiieriialUm.i;.  4bo 

trennen,  prägte  ich  für  jene  den  Ausdruck  phyletische 
Potenz..  Das  dem  einzelnen  Individuum  zukommende  Maß 
dieser  Potenz  ist  in  jedem  Falle  abhängig  von  seiner 
Aszendenz  und  erkennbar  erst  in  der  Deszendenz.  Das 
letztere  erschwert  die  an  und  für  sich  denkbare  mathematische 
Fassung  des  Begriffes. 

Neben  der  hidividualpotenz  wurde  die  Annahme  einer 
Nodiaipotenz  notwendig,  da  sich  herausgestellt  hat,  daß 
zwar,  wie  schon  erwähnt,  innerlialb  gewisser  Grenzen  eine 
Verschiebung  der  Wertigkeit  des  Samens  von  der  Basis  zur 
Spitze,  von  der  Hauptachse  in  die  Seitenachsen  möglich, 
daß  aber  dennoch  eine  vollkommen  gleichwertige  Vikariierung 
nicht  erzielbar  ist.  Die  phyletische  Potenz  ist  demnach  von 
der  Individualentwickkmg  abhängig  und  erreicht  in  den 
untersten  N  o  d  i  e  n  der  hi  a  u  p  t  a  c  h  s  e  n  m  i  1 1  e  das  Maximum. 
Vom  ersten  Nodium  oder  von  den  beiden  untersten  blühen- 
den Nodien  abgesehen,  kommt  den  ersterzeugten  Nach- 
kommen der  Hauptanteil  der  verfügbaren  phyleti  sehen 
Potenz  des  Individuums  zu. 

Bildlich  läßt  sich  das  Verhalten  der  Nachkommenschaft 
und  ihrer  Linien  und  weiteren  Seitenlinien  rücksichtlich  der 
phyletischen  Potenz  am  besten  durch  den  Vergleich  mit  den 
Erscheinungen  bei  der  Teilung  einer  Erbmasse  und  deren 
Folgen  fassen:  Je  größer  dei^  ererbte  Teil  eines  Gutes  oder 
X'ermijgens,  um  so  leichler  und  gewisser  ist  bei  gleichbleiben- 
den Bedingungen  die  Erreichung  eines  vollwertigen  Ertrages; 
fortgesetzte  Güterzerstückelung  führt  unter  gleicher  Voraus- 
setzung unabwendbar  zum  Untergange.  Die  schematische 
Darstellung,  Tafel  IV,  soll  die  gefundenen  Zusammenhänge 
in  gedrängter  Form  versinnbildlichen,  wobei  der  Einfachheit 
halber  nur  je  drei  Nodien,  je  drei  Nachkommen  und  zwei 
(Generationen  der  Nachkommenschaft  eines  vollwertigen 
Individuums  gezeichnet  sind.  Die  Kreise  in  den  Blattachseln 
bedeuten  fruchtbare  Kapseln,  die  schwarzen  Sektoren  in 
den  Kreisen  die  verfügbare  phyletische  Potenz.  Alles  übrige 
\  ersteht  sich  von  selbst.  Die  im  Interesse  der  Übersichtlichkeit 
getroffene  Vereinfachung  entspricht  freilich  der  Wirklichkeit 
sehr    wenig;    vor    allem    sei    nachdrücklich   betont,    daß    alle 


4(34  A.  Sperlich. 

Grade  der  Schwächung  bis  zum  völligen  Untergange  viel- 
leicht nur  bei  Massenproduktion  von  Nachkommenschaft 
eines  vollkräftigen  Ahnen  schon  innerhalb  zweier  Generationen 
noch  möglich  sind.  Der  Vorstellung  indes,  wie  sich  die 
Weiterexistenz  der  Art  gleichsam  auf  das  Majorats- 
recht gründet,  während  Seitenlinien  schließlich  \'erschwinden 
müssen  wie  die  verdorrenden  Aste  eines  Baumes,  möge  die 
Darstellung  dienlich  sein. 

Es  fragt  sich  nun.  was  dieser  nachgewiesene  und 
zweifellos  quantitativ  faßbare  Faktor,  die  ph^^letische  Potenz, 
deren  Schwächung  sich  äußerlich  zunächst  nicht  beobachten 
läßt,  eigentlich  ist.  Von  selbst  drängt  sich  vorerst  der 
Gedanke  auf,  eine  stoffliche  Grundlage  zu  suchen. 
Leicht  nachweisbare  Reservestoffe,  deren  Reichtum  im  allge- 
meinen von  dem  Grade  der  individuellen  Ernährung  abhängig 
ist,  kommen  hierbei  nicht  in  Betracht.  Denn,  wenn  auch  eine 
völlige  Unabhängigkeit  des  Faktors  von  der  Ernährung  des 
Individuums  ausgeschlossen  erscheint  und  eine  andauernd 
kärgliche  Ernährung  aufeinanderfolgender  (ienerationen  selbst 
Linien  bester  innerer  Verfassung  schließlich  zum  \'erfalie 
führen  müßte,  so  ergaben  doch  andrerseits  die  \'ersuche 
ganz  eindeutig,  daß  ein  einfacher  und  direkter  Zusammenhang 
zwischen  individueller  Ernährung  und  Linienerhaltung  nicht 
besteht.  Es  konnte  vielmehr  gezeigt  werden,  daß  auf  der 
einen  Seite  eine  bescheidene  individuelle  Entwicklung  bei 
innerlich  kräftigen  Individuen  wie  jede  andere  Reduktion  der 
.Samenbiidung  den  Wert  der  einzelnen  Nachkommen  erh()ht. 
daß  auf  der  anderen  Seite  innerlich  geschwächte  Individuen 
auf  Grund  kräftiger  Ernährung  oft  knapp  \- o r  de m  v ö lügen 
Aussterben  ihrer  Linie  noch  zu  üppigster  Entfaltung 
befähigt  sind.  Samen  solcher  Individuen  zeigen  unter  dem 
Mikroskope  keine  anderen  stofflichen  Verhältnisse  als  die 
willigen  Keimer  und  es  erscheint  sehr  wenig  wahrscheinlich, 
daß  eine  genaue  quantitative  Analj'se  irgendwelche  Unter- 
schiede im  Eiweiß-,  Fett-  oder  Aschengehalt  zwischen  diesen 
und  jenen  ergeben  könnte.^ 


1   Es  sei  auch  daran  erinnert,   daß  die  Entscheidung  über  das  .SchicksaP 
des  Samens  spätestens  bei  der  Befruchtung  oder  knapp  nachher  erfolgt  und 


Fähit^keit  der  Linienei-luiltung.  40. > 

Der  Unterschied  kann  nur  in  der  feineren  Zusammen- 
setzung des  Plasmas  liegen  und  wir  dürfen  vielleicht  an- 
nehmen, daß  die  enzymatische  Ausrüstung  nicht  in 
allen  Fällen  den  Erfordernissen  des  regelrechten 
StoffvN'echsels  entspricht.  Hierbei  genügt  es,  wenn  auch 
nur  ein  unbedingt  nötiges  Glied  in  irgend  einem  stofflichen 
System  fehlt,  nicht  oder  zu  spät  aus  dem  ererbten  Substrat 
zur  Entwicklung  gelangt.  Die  eben  erwähnte  Tatsache,  daß 
geschwächte  Indi\iduen  noch  zu  üppiger  Entfaltung  und  zur 
Produktion  nährstoffreicher  Samen  befähigt  sind,  die 
keimungsunfähig  bleiben,  deutet  darauf  hin,  daß  die 
Beeinträchtigung  der  Katalysatoren  im  Plasma  der  Nach- 
kommen zunächst  die  Üissimilationsphase  betreffen  dürfte, 
wodurch  eine  Herabsetzung  der  Betriebsenergie  unter  das 
erforderliche  Maß  und  bis  zur  völligen  Betriebseinstellung 
zustande  käme.  Hierfür  spricht  nun  die  bemerkenswerte  Tat- 
sache, daß  Samen  gerade  solcher  Individuen  noch  durcii 
das  Licht,  wenn  es  in  der  Zeit  zwischen  Schnittreife  und  Keim- 
reife zur  Einwirkung  gelangt,  zur  Keimung  gebracht  werden 
k(>nnen.  Die  Wirkung  des  Lichtes  bei  der  Samenkeimung  ist 
nicht  anders  denkbar  als  katalytisch.  Heinricher  hat  diesen 
Gedanken  zum  erstenmal  ganz  allgemein  ausgesprochen,^ 
genauer  formuliert  und,  wenn  auch  nicht  restlos  begründet, 
so  doch  wesentlich  gestützt  wurde  die  Sachlage  durch  die 
Untersuchungen  Lehmann's  und  Ottenwälder's. -  In  un- 
serem Falle  erscheint    das  Licht  geradezu  als  Ersatz 

die  daraufhin  sicli  abspielenden  V'uryiinge  der  weiteren  Ausgestaltung  un>.i. 
Füllung  mit  Reservestoffen  keinen  EinfluÜ  mehr  haben.  Vgl.  die  Ausführung 
auf  p.   41.'). 

1  »Die  fördernde  Wirkiuig  des  Lichtes  auf  den  Keimungsprozeß.... 
liegt  zweifelsohne  in  chemischen  Wirkungen,  welche  die  Reaktivierung  der 
FJeservestoffe  betreffen. ^  E.  Heinricher,  Ein  Fall  beschleunigender  Wirkung 
des  Lichtes  auf  "die  Samenkeimung.  A'orl.  Mitteilung).  Ber.  d.  D.  B.  G.  17. 
1S99.  p.  308  und  Beeinllussung  der  .Samenkeimung  durch  das  Licht.  Wiesner- 
Festschrift.  Wien    1908,   p.   278. 

-  E.  Lehmann  und  A.  Ottenwiilder,  Über  kataly tische  Wirkung 
des  Lichtes  hei  der  Keimung  iichtemplindhcher  Samen,  Zeitschr.  f.  Bot.  o, 
1913,  p.  337  und  E.  Lehmann,  Über  katalytische  Lichtwirkung  bei  dei 
Samenkeimung.  Biochem.  Zeitschr.  50,    1913,  p.  388. 


4()()  A.   Spcrlich. 

für  die  Benachteiligung  des  ererbten  Substrats  in 
seiner  dissimilatorischen  Leistungsfähigkeit  und  wir 
kcmnen  uns  vorstellen,  daß  die  in  der  Zeit  äußerlicher  Samen- 
ruhe sich  normalerweise  selbsttätig  entwickelnden  erforder- 
lichen Katalysatoren  —  vielleicht  ein  einziger  ganz  bestimmter  — 
hier  durch  eine  arbeitsspeichernde  photochemische  Reaktion 
geschaffen  werden.  Diese  Ersetzbarkeit  für  den  Energiegewinn 
fehlender  stofflicher  Grundlagen  durch  einstrahlende  Energie 
zur  festgestellten  Zeit  des  Samenlebens  kommt  aber  nicht 
nur  der  dargelegten  Hypothese  über  die  Natur  der  phyletischen 
Potenz  zugute,  sondern  läßt  uns  überdies  die  in  einem 
früheren  Kapitel  als  spezifisch  charakterisierte  Ruhe  der 
Samen  als  eine  für  den  Keimling  und  seine  fernere  Ent- 
wicklung sehr  bedeutende  und  entscheidende  Periode 
erscheinen.  Wie  weit  diese  begünstigende  Einwirkung  des 
Lichtes  zur  Zeit  der  Samenruhe  in  die  Zukunft  reicht,  wurde 
noch  nicht  festgestellt. 

Auf  die  Störung  der  Dissimilation  folgt  die  Herabsetzung 
der  assimilatorischen  Leistungsfähigkeit  und  geht  weiter  mit 
ihr  Hand  in  Hand;  die  ferneren  Nachkommen  schlechter 
Keimer  tragen  ihre  mangelhafte  innere  \'erfassung  ganz 
offen  zur  Schau.  Zu  den  aus  früheren  Abschnitten  bekannten 
Erscheinungen  der  Wachstumsverzögerung,  der  Verzwergung, 
Sterilität  der  Blüten,  Blühunfähigkeit  und  Chlorose  gesellen 
sich  dann  noch  die  beschriebenen  morphologischen 
Anomalien.  Ihr  Zusammenhang  mit  der  Schwächung  der 
phyletischen  Potenz  ist,  ohne  an  eine  \'erallgemeinerung 
zu  denken,^  für  unseren  Fall  zweifellos.  Wenn  die  mor- 
phologische Ausprägung  schließlich  und  endlich  auf  einen 
bestimmten  geregelten  Verlauf  ineinandergreifender  und 
gesetzmäßig  voneinander  abhängender  assimilatorischer  und 
dissimilatorischer     Vorgänge     zurückzuführen     ist,     so     macht 


1  Wesentlich  anders  muß  beispielsweise  die  ans  K.  Hanr's  Ver- 
erbungsversuchen bekannte  pelurische  Form  des  Löwenmauls  mit  /.weifellos 
starker  phyletischer  Potenz  entstanden  sein.  (V,nl.  Einiuhrung  in  die 
experimentelle  Vererbungslehre.  Berlin  1911  und  die  Behandlung  der 
Bastardierung  durch  denselben  X'erfasser  im  Handbuch  der  Naturwissen- 
schaften I.,  Jena   1912. 


Fähigkeit  der   Linienerhaltung.  M)i 

die  X'orstellung  dieses  Zusammenhanges  auch  keine  weiteren 
Schwierigkeiten.  Es  braucht  hierbei  an  den  Ausfall  ganz 
speziiischer  Stoffe,  etwa  im  Sinne  Sachs'  gar  nicht  gedacht 
zu  werden.  Gewisse,  innerhalb  der  Grenzen  eines  sonst 
normalen  Individuums  zur  Beobachtung  gelangende  Anomalien, 
wie  beispielsweise  die  Reduktion  in  der  Zahl  der  Blütenteile, 
Unterdrückung  der  Carpelle,  \'ereinfachimg  \'on  Blättern  an 
den  letzten  Ausgliederungen  eines  V'egetationspunktes  wurden 
seit  jeher  mit  der  Erschöpfung  des  plastischen  Materials  in 
Zusammenhang  gebracht.^  Setzen  wir  an  Stelle  des  groben 
plastischen  Materials  die  feineren,  bisher  nur  geahnten  chemi- 
schen Systeme  des  Piasmas  und  denken  wir  uns  die  Er- 
zeugnisse, über  das  individuelle  Maß  hinaus,  aus  einem 
und  demselben  nicht  unersch<')pflichen  h\'pothetischen  Grund- 
system geworden,  so  ist  die  Art  des  Zusammenhanges  die- 
selbe. Dieses  Grundsystem  muß  aber  in  unserem  Ealle,  da 
seine  Erschöpfung  erst  jenseits  der  Grenzen  des  hidividuums 
bemerkbar  wird,  demnach  die  Keimzelle  als  Brücke  zwischen 
den  Generationen  benützt,  auch  dem  Keimplasma  angehören. 
So  gelangen  wir  mit  zwingender  Notwendigkeit  zur  Vor- 
stellung, daß  die  stofflichen  Grundlagen  der  phy- 
le tischen  Potenz  im  Keimplasma  zu  finden  sind  und 
dieses  demnach  im  Rahmen  des  Individuums  nicht  gleich- 
wertig sein  kann.  Ob  diese  Grundlagen  dem  eigentlichen 
Idioplasma,  dessen  gleichmäßige  Kontinuität  und  Differen- 
zierung die  Basis  aller  theoretischen  Verwertung  der  Ver- 
erbungsgesetze darstellen,  angehören  oder  außerhalb  desselben 
zu  denken  sind,  läßt  sich  zunächst  nicht  entscheiden.  Hierzu 
fehlen  vor  allem  ausreichende  Erfahrungen  über  die  Beein- 
flussimg der  phyletischen  Potenz  der  Nachkommenschaft 
durch  Kreuzung  von  Individuen,  die  in  dieser  Hinsicht  weit- 
gehend verschieden  sind.  Wie  erinnerlich  (siehe  p.  41 7  ff.)  ergaben 


1  So  hat  auch  Heinricher  die  /.ahh'eichen,  nicht  mit  Rückschhig.s- 
erscheinungen  zusammenhängenden  Blütenanomalien  bei  /w  /nillicia  Lam. 
alhii'ui.  die  zumeist  an  sehr  reicliblüti  gen  Pflanzen-stücken  gegen  Ende 
der  Blütezeit  zur  Beobachtung  gelangten,  erklärt.  (Versuche  über  die  Ver- 
erbung von  Rückschlagserscheinungen  bei  Pflanzen.  Jahrb.  f.  wissensch.  But. 
24,   f892,  p.  80.) 


4()8  A.   Sperlioh, 

die  bisherigen  Erfahrungen  keinerlei  Andeutung  einer  Ände- 
rungsmöglichkeit durch  Hinzuführung  von  Pollen  besserer 
oder  schlechterer  Individuen,  ausgedehntere  Versuche  über 
diese  gewiß  sehr  wichtige  Frage  stehen  jedoch  noch  aus. 
Deswegen  möchte  ich  auch  die  offenkundig  mit  der  Schwächung 
der  phyletischen  Potenz  zusammenhängenden  morphologischen 
Abänderungen,  selbst  wenn  sie,  wie  im  Falle  unserer  Zwerge, 
sich  durch  die  noch  möglichen  Generationen  als  erblich 
erweisen,  nicht  zu  den  eigentlichen  Mutationen  rechnen, 
bei  denen  Änderungen  im  Idioplasma  selbst  angenommen 
werden  müssen.  Da  diese  von  jenen  vielfach  äußerlich 
nicht  unterschieden  werden  können,  habe  ich  in  einem  der 
letzten  Kapitel  auf  die  Möglichkeit,  vielleicht  auch  Wahr- 
scheinlichkeit aufmerksam  gemacht,  daß  manche  der  bekannten 
Mutationen,  zumal  die  sogenannten  \"erlustmiitanten,  jenen 
angehören. 

Die  erkannten  und  dargelegten  Zusammenhänge  gestatten 
schließlich  auch  die  Beantwortung  einer  die  Züchtung  hoch- 
wertiger Sorten  unserer  Kulturpflanzen  interessierenden  Frage 
mit  einiger  Wahrscheinlichkeit.  Es  ist  bekanntlich  das  Ver- 
dienst Johannsen's,  in  exakter  Weise  gezeigt  zu  haben, 
worauf  die  auf  Grund  fortgesetzter  Selektion  des  Besten 
schließlich  erreichbare  Konstanz  einer  hochwertigen  Kultur- 
rasse beruht.^  Gleichzeitig  ist  aber  bekannt,  daß  jede  solche 
Rasse  nur  durch  andauernde  Zucht  vollwertig  bleibt,  u'ährend 
sie,  sich  selbst  überlassen,  früher  oder  später  im  Werte 
zurückgeht.  Originalsaat,  erster,  zweiter  Nachbau  sind  die 
üblichen  Bezeichnungen  der  landwirtschaftlichen  Praxis.  Wenn 
nun  auch  zugegeben  sei,  daß  in  vielen  Fällen  die  Entwertung 
in  der  unvermeidlichen  Kreuzung  der  betreffenden  Edelrasse 
mit  gleichzeitig  auf  benachbarten  Feldern  angebauten  Misch- 
rassen  ihren  Grund    hat,-'   so  halte  ich  doch  die  Bemerkung, 


1   W.  Johannsen,   Erblichkeit  in  Populationen.  Jena    !908. 

'-'  Vgl.  E.  Haur.  Die  Bedeutung  der  primitiven  Kuhiirrassen  und  der 
wilden  Verwandten  unserer  Kulturpflanzen  für  die  Pflanzenziichtung.  Jahrb. 
d.   deutsch.   Landwirtschafts-Cicscllsch.    1914,   p.  104. 


Fähigkeit  der   l.inienerlialtung-.  4(1*.) 

die  Jost    anliibiich    der  Besprechung    dieser  Dinge    in  seinen 
\'orlesungen  macht, ^  nicht  für  unberechtigt. 

Ich  halte  es  für  sehr  wahrscheinUch,  daß  die  Entwertung 
auch  bei  Ausschluß  des  Einflusses  minderwertiger  Sorten, 
etwa  in  einem  Gebiete,  wo  die  betreffende  Art  nur  in  der 
hochgezüchteten  Form  zum  Anbau  gelangt,  sich  einstellen 
wird,  und  daß  diese  Entwertung  dann  lediglich  dem  Um- 
stände zuzuschreiben  ist,  daß  die  phyletische  Potenz  eben 
nicht  gleichmäßig  auf  alle  Nachkommen  der  Samenträger 
verteilt  wird.-  Auch  der  in  der  landwirtschaftlichen  Praxis 
da  und  dort  übliche  Ausdruck,  der  Same  einer  Kulturpflanze 
sei  im  eigenen  Betriebe  »abgebaut*^,  und  die  Notwendigkeit, 
in  solchen  Fällen  den  Ertrag  durch  Erwerbung  fremden  Saat- 
outes  zu  heben,  erfahren  hiermit  eine  neue  Beleuchtung. 


AIcctoroloplius  hirsuins  ist  eine  typische  Saisonpflanze. 
Im  Abschnitte,  der  von  seinem  Keimungsrhythtnus  handelt, 
wurde  auseinandergesetzt,  daß  diese  Erscheinung  vor  allem 
auf  der  charakteristischen  festen,  von  äußeren  Faktoren  an- 
scheinend unabhängigen  Ruhe  der  Samen  beruht.  Sie  aliein 
könnte  jedoch  die  beschränkte  Vegetationsperiode  des  Schma- 
rotzers nicht  herbeiführen.  Denn  es  ist  einleuchtend,  daß 
Samen  später  blühender  Nodien,  etwa  des  Gipfels  und 
noch  mehr  der  Seitenachsen  erster  und  gar  zweiter  Ordnung 
bei  zeitlich  gleich  lange  andauernder  Ruhe  auch  später 
keimen  müßten,  wodurch  die  ganze  Entwicklung  der  Pflanze 
um  dieselbe  Zeitspanne  gegen  den  Sommer  verschoben  f 
würde.  Bei  Wiederholung  in  aufeinanderfolgenden  Jahren 
müßte  sich  die  Vegetationsperiode  immer  weiter  ausdehnen, 
vorausgesetzt,  daß  die  geänderten  Lichtverhältnisse  der  zweiten 
Jahreshälfte  das  Gedeihen  der  Pflanze  ermöglichen.  Dies 
unterliegt  aber  keinem  Zweifel,  da  Aleciorolopliiis  Inrsitlns 
als  Getreideschmarotzer,    zumeist    reich    \'erzweigt,    noch   tief 


1   3.  Autl..  Jena   lS^i:i  p.  526,  Fußnote  &n. 

-  Über   die  Veränderlichkeit    der  Keimungskurve    in    reinen   Linien 
;!.   beispielsweise   die  Auseinandersetzung  auf  p.   43.j. 


470 


A.   Spei  1  ich  , 


im  August  blühend  und  fruchtend  angetroffen  wird,  buich 
die  früher  oder  später  zum  Untergange  aller  Nach- 
kommen spät  entstandener  Keime  führende  Ungleich- 
mäßigkeit  in  der  \'erteilung  der  phyletischen  Potenz 
wird  die  eben  geschilderte  und  mögliche  Ausdehnung 
der  Vegetationsperiode  wirksam  unterbunden.  So 
sehen  wir  den  Saisoncharakter  der  Pflanze  nicht  su  sehr 
durch  die  Anpassung  der  einzelnen  Schritte  in  der  Entwicklung 
des  Individuums  an  die  klimatischen  \'erhältnisse  des  Frühlings 
unserer  Breiten  gegeben,  sondern  durch  zwei  Momente,  die 
gewiß  nicht  sehr  naheliegend  sind  und  erst  durch  vertiettere 
Kenntnis  der  Pflanze  erkennbar  werden:  Die  feste,  zeitlich 
streng  gesetzmäßige  Samenruhe  und  die  Einschränkung  der 
Erhaltung  der  Art  in  ihrer  V'ollkraft  auf  früh  angelegte  Keime 
der  frühesten  Individuen. 

Es  fällt  schwer,  sich  die  Ahnen  des  Alectorolophns 
/lirsutns  mit  Bedachtnahme  auf  seine  reiche  Fruchtbarkeit, 
die,  wie  wir  gesehen,  heute  zum  großen  Teile  zwecklos 
erscheint,  anders  vorzustellen  als  über  die  ganze,  nLir  durch 
die  klimatischen  Verhältnisse  eingeengte  Zeit  des  Jahres 
werdend,  blühend  Lmd  fruchtbringend  wie  etwa  eine  ( 'apsclUi 
oder  Smapis. 

Vv'ettstein's  Gedanke  von  der  Entstehung  zeitlich  getrennt 
blühender,  saisondimorpher  P'ormen  aus  einheitlichem 
Ursprung^  ergibt  sich  somit  von  einer  ganz  anderen  P^r- 
fahrung  aus  und  wird  hierdurch  wesentlich  gestützt.  Bevor 
indes  an  eine  eingehendere  Auswertung  des  zweifellos  vor- 
'handenen  Zusammenhanges  der  Zwillingsformen  geschritten 
werden  kann,  müssen  erst  Keimungs-  und  Entwicklungs- 
rhythmik einer  ausgesprDchenen  Herbstform  vollkommen  auf- 
geklärt sein. 

Zusammenfassung. 

Die  sehr  imregeimäßigen  imd  wechselnden  Keimerfolge 
bei  Aussaaten  von  Alccforolophtis-Ssimen    erklären    sich  nicht 


1  R.  V.  Wettstein.    Der    Saison- Dimorphismus    als  Ausgangspunkt   lÜi 
die   Hildung  neuer  .Arten  im   Pflanzenreiche.   Rer.   d.   D.   B.   O.    /,",    lRl»f>. 


Fähigkeit  der  Linienerlialtung.  4^1 

durch  X'ermischung  von  Linien  verschiedener  Keimkiaft  oder 
durch  Bastardierung  früh-  und  spätkeimender  Rassen.  Auch 
in  reinen  Linien  bleibt  der  Keimungserfolg  nicht  konstant. 

Die  Zimahme  von  spätkeimenden  .Samen  und  die 
Steigerung  in  der  Produktion  von  äußerlich  zwar  vollkommen 
einwandfreien,  aber  keimungsunfähigen  Samen,  die  sich  bei 
Reinzucht  in  jeder  Deszendenz  früher  oder  später  einstellt, 
deutet  darauf  hin,  daß  die  Samenträger,  auch  wenn  sie  selbst 
noch  zu  bester  Individualentwicklung  befähigt  sind,  nicht 
lebensfähigen  und  dem  sicheren  Untergange  entgegengehenden 
Abzweigungen  des  .Stammbaumes  angehören. 

In  der  Nachkommenschaft  solcher  geschwächter  Individuen 
gesellt  sich  in  \  erschiedenem  Grade  die  Herabsetzung  der 
individuellen  Entwicklungsmöglichkeit  hierzu,  die  aber 
häutig  auch  schon  bei  den  Geschwistern  bemerkbar  wird. 
.Sie  äußert  sich  durch  das  Absterben  von  Keimlingen  bald 
nach  der  Keimung,  abnormalen  Keimvorgang,  Chlorose,  durch 
das  Eingehen  der  Pflanzen  vor  Erreichung  der  Blühreife, 
durch  .SteckenbleilTen  \'on  Blütenknospen,  mangelhafte  Ent- 
wicklung der  Makro-  oder  Mikrospuren  oder  beider  zugleich, 
schließlich  durch  Verlangsamung  des  Wachstums  und  der 
Entwicklung  imd  ein  harmonisches  Zurückbleiben  in  allen 
Maßen  auch  bei  günstigsten  äußeren  Bedingungen,  also  durch 
ausgesprochenen  Nanismus.  Die  Samen  geschwächter  Individuen 
sind  zudem  kurzlebig;  sie  vertragen,  dem  Grade  der 
Schwächimg  entsprechend,  längeres  trockenes  Aufbewahren 
nicht. 

Die  Ausprägung  der  Schwächtmg  ist  abhängig  von  der 
Rangordnung  der  Kapsel,  aus  welcher  der  .Samen  stammt 
und  von  der  I'^ruchtbarkeit  des  Individuums:  Je  später  ein 
Individuum  entstanden  ist,  um  so  schwächer  ist  seine  De- 
szendenz, um  so  früher  müssen  die  ihm  entstammenden 
Linien  zugrundegehen.  .Fe  fruchtbarer  ein  Individuum  ist,  um 
so  eher  wird  dieser  Zusammenhang  bemerkbar. 

Bei  allen  Individuen  —  die  bis  zur  Unfruchtbarkeit 
ge.schvvächten  selbstverständlich  ausgenommen  —  hat  eine 
Reduktion  der  Samenerzeugung  —  gleichviel,  auf  welche 
Weise  erreicht  —  eine  Erhöhung  des  Wertes  der  Deszendenz 


472  A.   Sperlicli. 

zur  Folge.  Die  Entfernung  schwellender  Kapseln  hat  jedoch 
auf  die  Keimkraft  der  verbleibenden  Samen  keinen  Einfluß. 
Das  Schicksal  des  Nachkommens  entscheidet  sich  daher 
spätestens  bei  der  Befruchtung  selbst  oder  knapp  nachher. 
Soweit  bisher  feststellbar,  ändert  Pollen  einer  Pflanze  \'on 
anderer  inneren  Verfassung  an  der  Keimkraft  der  Samen 
•eines  bestimmten  Individuums  nichts,  weder  im  positiven  noch 
im  negativen  Sinne. 

Vollkeimung  der  Samen  eines  lndi\"iduums  im  ersten 
Frühjahre  nach  der  Reife  ist  erreichbar.  Sie  kann  erwartet 
werden,  wenn  die  Mutterpflanze  selbst  einer  frühen  Ernie 
■entstammt  und  ihre  Aszendenz  Jahr  für  Jahr  aus  frühen 
Nodien  erwuchs,  wenn  sie  jedoch  zudem  ein  bestimmtes  Mal.l 
individueller  Entwicklung  nicht  überschreitet. 

Die  Fähigkeit,  vollwertige,  die  Weiterexistenz 
der  Art  verbürgende  Nachkommen  zu  erzeugen,  wird 
phyletische  Potenz  genannt.  Eine  Scheidung  vom  ge- 
bräuchlichen Ausdruck  Fortpflanzungsfähigkeit  (Fertilität),  der 
sich  auf  das  Verhalten  des  Organismus  in  den  Grenzen 
seines  individuellen  Lebens  bezieht,  war  um  so  notwendiger, 
als  auch  fortpflanzungsfähige  Individuen  über  wenig  phyletische 
Potenz  verfügen  können. 

Jedem  Einzelwesen  ]>:ommt  ein  \-on  seiner  Aszendenz 
.abhängiges  und  in  seiner  Deszendenz  erkennbares 
Maß  phyletischer  Potenz  zu:  es  ist  innerhalb  gewisser 
Grenzen  am  Individuum  derait  verschiebbar,  daß  bei  Unter- 
drückung der  Fruchtbarkeit  älterer  Nodien  die  jüngeren 
Nodien  phyletisch  wertvoller  werden.  Die  Grenzen,  die  einer 
reinen  Ersetzbarkeit  der  Nodien  gesteckt  sind,  erklären  sich 
durch  Änderung  in  der  inneren  Verfassung  während  der 
individuellen  Entwicklung:  Neben  dem  Individualmaß  phyle- 
tischer Potenz  sind  von  diesem  abhängige,  aber  tmter  sich 
verschiedene  Nodialmaße  anzunehmen.  Diese  erreichen  in  den 
untersten  Nodien  der  Blütenstandsmitte  ihren  höchsten  Wert. 


Die  Samen  von  Alectorolopluis  liirsiitiis  keimen  frühestens 
Ende  November  des  Reifejahres,  die  höchste  Zahl  keimender 


F";i!)igkeit  der  Linienci-haltung.  '^^A 

Samen  wird  anfangs  Jännev  erreicht;  hierauf  fällt  die  Zahl 
rasch,  verzögerte  Keimungen  sind  bis  zum  April  möglich.  Die 
Keimungsfrequenz  ist  bei  ausgewählt  vollkräftigen  Samen 
durch  eine  symmetrische,  steil  ansteigende  und  abfallende 
Kurve  mit  hohem  Gipfel  darstellbar.  Sie  muß  sich,  ent- 
sprechend der  zunehmenden  Schwächung  der  phyletischen 
Potenz  in  aufeinanderfolgenden  Generationen  mit  zunehmender 
Bevölkerung,  allmählich  verflachen  und  .unregelmäßig  werden 
lind  wird  hierdurch  ein  Beispiel  für  die  Veränderungs- 
möglichkeit von  Kreqiienzkurven  auch  in  reinen  Linien. 

Licht  und  Frost  sind  für  vollwertige  Samen  des 
Schmarotzers  zur  Keimung  unnotwendig.  Die  Temperatur- 
grenzen, innerhalb  welcher  zur  Zeit  der  Keimfähigkei: 
Keimung  erfolgt,  sind  annähernd  0°   und   1<S°. 

\'om  Reifemonat  Juni  bis  November  ist  der  Zeitpunkt 
des  Anbaus  \'on  keinem  Kinfluß  auf  den  Zeitpunkt  der 
Keimimg:  \-on  Dezember  ab  setzt  die  Keimimg  ziemlich 
gesetzmäßig  einen  Monat  nach  dem  Anbau  (Liegezeit)  ein. 
Die  Keimfähigkeit  erhält  sich  durch  zwei  Monate  (Dezember. 
Jänner)  auf  der  Höhe  und  klingt  rasch  gegen  den  April  ab; 
darüber  hinaus  wird  der  keimfähige  Zustand  erst  wieder  i"m 
Spätherbste  erreicht. 

Weder  Licht  noch  Treibmittel  haben  auf  den  strengen 
Keimungsrh\'thmus  der  Alecforoloplitis-Sa.men  Einfluß.  Ätheri- 
sierung    zur  Zeit  der  Keimfähigkeit  wirkt  phyletisch  selektiv. 

Geschwächte  Samen  (Nachkommen  von  Individuen 
•oder  aus  Nodien  kleiner  phyletischer  Potenz)  werden  durch 
das  Licht  in  der  Kennung  auffallend  gefördert.  Das  Licht. 
ist  ausschließlich  in  der  Periode  vor  Erreichung  der  Keim- 
fähigkeit wirksam,  wobei  sich  die  Einwirkung  auf  den  letzten 
Abschnitt  dieser  Periode  (Oktober)  beschränken  kann.  Oie 
Ersetzbarkeit  von  Mängeln  in  der  inneren  Verfassung  durch 
das  Licht,  die  bisher  allerdings  nur.  für  die  Keimung  fest-, 
gestellt  wurde,  ist  für  die  Frage  nach  dem  Wesen  dec- 
phyletischen;  Potenz  bedeutungsvoll.  :     .  ,/ 

Die  ungefähr  fünf  Monate  andauernde  Sommerruhe  i^r, 
Samen  wird   al>  spezifisch  bezeichnet:   Sie   ist  ein  erbliches, 

Sitzb.  d.  mathe:r..-r.atur\v.  K!.,  Abt.  I,   las.  Cd.  33 


474  A.   Sperlich, 

zum  Charakter  der  Pflanze  gehöriges  Merkmal.  Daneberr 
treten  in  freier  Natur  nach  der  Keimung  und  während  des 
unterirdischen  Lebens  durch  Frost  verursachte,  verschieden 
lang  andauernde  und  jederzeit  aufhebbare  Ruheperioden  in 
Erscheinung.  Bei  vollkommen  frostfreier  Kultur  wird  die 
Pflanze  um  einen  Monat  früher  blühreif. 

Die  von  äußeren  Faktoren  weitgehend  unabhängig  erkannte 
Samenruhe  und  die  Einschränkung  der  Art  in  ihrer  Vollkraft 
auf  früh  angelegte  Keime  der  frühesten  Individuen  begründen 
gemeinsam  den  Saisoncharakter  der  im  übrigen  au(3erordenilich 
anpassungsfähigen  Pflanze. 


Die  in  sämtlichen  kultivierten  Linien  auftretenden  Ge- 
staltungsanomalien —  Tri-  oder  .Synkotylie,  Polyphyllie  der 
Wirtel,  Chorise,  Adhäsion  und  Diremption  der  Blätter  (mit 
Zwangsdrehung  der  Achse  verbunden),  Vermehrung  der 
Carpelle  und  .Stamina,  Oberlippenadesmie  der  Blüte  —  konnten 
als  Ausprägungen  geschwächter  phyletischer  Potenz 
und  von  der  Ernährung  unabhängig  erkannt  werden. 
Damit  ist  wenigstens  für  Alectoroloplms  die  Frage,  wann 
sind  teratologische  Erscheinungen  in  der  Nachkommenschaft 
normaler  Individuen  zu  erwarten,  beantwortet.  Im  gleichen 
Zusammenhange  wurden  chlorotische  Keimpflanzen  und 
Alterationen  des  festen  Keimungsrhythmus  festgestellt. 

Die  Einschränkung  der  Fortpflanzung  bei  Zwergen 
schafft  die  Möglichkeit,  daß  sich  der  Zwergwuchs  als 
Ausprägung  geschwächter  phyletischer  Potenz  durch 
einige  Generationen  lebensfähig  erhält  und  derart 
als  erblich  erscheint.  Da  Zwerge  aus  phyletisch  ge- 
schwächter Aszendenz  mit  Zwergmutanten  sehr  viel  .Ähn- 
lichkeit haben  und  von  ihnen  äußerlich  kaum  zu  unter- 
scheiden sind,  wird  auf  die  Möglichkeit  aufmerksam  gemacht, 
daß  manche  beschriebene  Zwergformen  in  einer  reichen 
Nachkommenschaft  —  vielleicht  auch  sonstige  sogenannte 
Verlustmutanten  —  keine  echten  Mutanten  mit  geforderten 
Änderungen  im   Idioplasma  seien. 


l-";ihii^l<eit   der   Linioncrlialtunt;-.  4/0 

Alcctoroiophiis  hirsntiis  ist  am  Standorte  det  P^reiland- 
ernten  (Mühlau  bei  Innsbruck)  hetrozygotisch.  Er  enthält 
die  offenrachige  Form  (Anoectoleinns)  AI.  Facchiuii  (Chab.) 
Stern.  Das  Merkmal  ist  rezessiv.  Mit  Rücksicht  auf  die 
unzusammenhängende,  auf  wenige  alpine  Standorte  be- 
schränkte Verbreitung  der  Art  wäre  vom  Standpunkte  der 
Frage  nach  der  ursprünglichen  Ausdehnimg  des  Anoectoleinns 
die  Prüfuncf  auch  an  anderen  Standorten  durchzuführen. 


Sperlich  A.:  Fähigkeit  der  Linienerhaltun^ 


Taf.  I 


Flg.   I. 

Die    Deszendenten    einer    Kapsel;    annähernd  gleichzeitige  Keimung;    nach 

ungefähr  3  Monaten,  i/.)  der  nat.  Grüße. 


Fig.  2. 

Deszendenz    einer  Kapsel;    die  Überlebenden  von    7  Keimlingen;    ungefähr 

3  Monate  nach  der  Keimung,  i/o  der  nat.  Größe. 

Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  .Abt.  I,  128.  Bd.,   1919. 


Sperlieh  A.:  Fähigkeit  der  Linienerhaltung. 


Taf.  11 


Fig.  8. 

Deszendenz  einer  iCapsel;  etwas  über  2  Monate  nach  der  gleichzeitigen 
Keimung.  i'.>  der  nat.  Größe. 


Fig.  4. 

a)  Eine  Gruppe  Individuen  mit  Blüten  des  Anoccfohinu s-iy^^w^;  rechts  ein  Individuum 

mit  dreizähligen  Blattwirteln;   -j^j  der  nat.  Größe. 

h)  Das  Individuum  mit  dreizähligen  Wirtein  in  nat.  Größe. 

Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,  128.  Bd..  1919. 


Sperlich  A.:  Fähigkeit  der  Linienerhaltung. 


"Tat".  III 


Fig.  5. 

a)  Eine  Gruppe  Individuen  mit  Blüten    des  Anocctoleinns-iy^pus;    das  längste  Exem- 
plar mit  spiralig  gestellten  Blättern  und  Zwangsdrehung    im    oberen  Teile;    2^  der 

nat.  Größe. 

b)  Der  obere  Teil  der  abnormalen  Pflanze  in  nat.  Grüße;    die  unterste  Blüte  ist   in 
Postfloration  und  täuscht  einen  geschlossenen  Rachen  {C!c!sfoleiniis-typu^)  vor. 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse.  .Abt.  1.   12S.  Bd.,  1919. 


Sperüeh  A.:  Fähigkeit  der  Linienerhaltung. 


F. 


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NW^  NSJV  "<^        v<5Ä-sQ|p^NQj^ 


\f" 


^r 


Taf.  IV 


"^X^p' 


Fig.   10. 

Schematische  Darstellung  der  Verteilung  der  phyletischen 

Potenz  in  zwei  Generationen  der  Nachkommenschaft  eines 

vollwertigen  Individuums. 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  mathem.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,  128.  Bd.,   1919. 


I 


477 


Ober    den    Einfluß    des  Quellungszeitpunktes 

von    Treibmitteln    und    des    Lichtes    auf   die 

Samenkeimung   von    Alectorolophus  hirsuius 

All.;  Charakterisierung  der  Samenruhe 

Von 

Adolf  Sperlich 

Aus  dem  Botanischen  Institut  der  Universität  Innsbruci\ 

Mit  Unterstützung  der  Akademie  der  Wissenschaften  aus  den  Erträgnissen, 
der  Erbschaft  Strohmeyer 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am   12.  Juni  1919) 

In  meiner  Abhandlung  »Die  Fähigkeit  der  Linienerhaltung 
(phyletische  Potenz),  ein  auf  die  Nachkommenschaft  von  Saison- 
pflanzen mit  festem  Rhythmus  ungleichmäßig  übergehende)- 
Faktoi«  habe  ich  die  annähernd  fünf  Monate  andauernde 
Somrnerruhe  der  Samen  von  Altcforolophus  als  spezifische  Ruhe 
charakterisiert  und  als  solche  zimi  Erbgute  der  Art  gehörig 
betrachtet.  Da  die  Versuche  und  Erwägungen,  die  mich  zu 
dieser  Auffassung  führten,  dort  nur  bezüglich  des  Tem- 
peratureinflusses auf  den  Keimvorgang  mitgeteilt  sind,  seien 
die  weiteren  Versuche  und  theoretischen  Erörterungen  hier 
nachgetragen. 

Unter  den  Versuchen  erscheinen  die  über  den  Einfluß 
des  Lichtes  mit  Rücksicht  auf  die  bisher  wenig  geübte  Sorg- 
falt hei  der  .Auswahl  des  Versuchsmaterials  beachtenswert. 

1.  Einfluß  des  Quellungszeitpunktes. 

Nachdem  in  der  oben  genannten  Abhandlung  besprochene 
Versuche  gezeigt  hatten,  daß  innerhalb  bestimmter  Grenzen 
(annähernd  0°   und   lö  bis  18°)    die  Temperatur    von    keinem 


478 


A.   .Sperlich, 


Einfluß  auf  den  periodischen  Keimungsverlauf  der  Alectoro- 
loplnis-Samen  ist  und  daß  Frost  und  Licht  als  notwendige 
Faktoren  für  die  Keimung  nicht  in  Betracht  kommen,  sollten 
weitere  Versuche  zeigen,  inwieweit  der  Zeitpunkt  der  Keimung 
durch  den  Zeitpunkt  der  Wasseraufnahme  beeinflußt  werden 
kann.  Zu  diesem  Zwecke  wurden  je  100  .Samen  möglichst 
gleichwertiger  Herkunft  in  jedem  Monate,  vom  Reifemonat 
Juni  angefangen,  auf  feuchten  Sand  in  Petrischalen  ausgesetzt 
und  in  den  Dunkelkasten  des  besprochenen  Versuchsraumes 
gebracht.  Da  das  Material  günstigster  Herkunft  nur  bis  zum 
Dezember  ausreichte,  wurde  in  diesem  Monate  ein  gleich- 
laufender Versuch  mit  schlechterem  Material  eingeleitet,  das 
für  die  Versuche  der  folgenden  Monate  \\'eiter  zur  \"erwendung 
kam.  Die  anschließende  Tabelle  gibt  diese  Versuche  in  über- 
sichtlicher Form  wieder. 


Anbau 

Mitte  des 

Monats 

Keim- 
prozent 

'        Mittlere                                            ' 
,    Temperatur 
Keimperiode         des  Raumes           Anmerkung 

während  der 

Keimperiode                                        ' 

Erstes  Material                                                          i 

l 

Juni 

Juli 

August 

September  .  . 

Oktober 

November  . . 
Dezember   .  . 

92 

86 

78 
1 00 
75 
92 
80 

lO.XII.  bis  12.11. 
18.XII.   .    12.11. 
10.  XH.    '■    25.1. 
4.XII.   ->   25.1. 
lO.XII.    •■   25.1. 
18.X11.   .    25.1. 
14.1.        >   2:ilil. 

5 
5 
5 
4-2° 

4-2 
6 

Ein  Nachzügler 
am   14.  V. 

Zweites  .Material 

Dezember   .  . 

Jänner  

Februar  .... 

März 

April    

Mai   

42 
?,2 

19 
5 
n 

ll.I.     bis  27.111. 
27.11.      »    27.111. 

10.1V.     »    26.  V. 
l.l.V.      >■    26.  V. 

■        6° 

8 

i:^ 

15 

Kein  N'cisuch 

Früheste  Keimung 
am    27.  XI.   der 
folgenden  Keim- 
periode. 

yuelkingszcilpunivt   iiiui   Samenkcinuiiii;.  4/9 

Den  Versuchen  entnehmen  wir  zunächst  mit  aller  Be- 
stimmtheit, daß  \on  Juni  bis  November  der  Zeit- 
punkt des  Anbaues  von  keinem  Einfluß  auf  den 
Zeitpunkt  der  Keimung  ist.  Der  früheste  Keimungs- 
beginn beim  Septemberanbau  hängt  offenbar  mit  der  besonderen 
Güte  gerade  dieses  Materials  zusammen,  worauf  auch  die  hier 
erreichte  Vollkeimimg  hindeutet.  Das  will  besagen,  daß  in  der 
angegebenen  Zeit  ein  gequollener  von  einem  trockenen  Samen 
sich  innerlich  nicht  unterscheidet,  daß  die  in  dieser  Zeit  auf 
die  Erreichung"  der  Keimfähigkeit  hinzielenden  Prozesse  das 
Ouellwasser  nicht  benötigen. 

Anders  \erhält  sich  der  Dezemberanbau  und  die  Ver- 
suche der  folgenden  Monate.  Hier  setzt  die  Keimung 
z  i  e  m  1  i  c  h  g  e  s  e  t  z  m  ä  13  ig  ungefähr  einen  Monat 
nach  dem  Anbau  ein.  Hat  also  der  Samen  den  Zustand 
der  Keimfähigkeit  erreicht,  so  bedarf  es  einer  weiteren  be- 
stimmten Zeit  —  sie  ist,  wie  wir  durch  Vergleich  der  Früh- 
lingsmonate ersehen,  innerhalb  der  gegebenen  Grenzen  von 
der  Temperatur  unabhängig  -  ,  bis  die  Keimung  tatsäch- 
lich erfolgt.^  In  dieser  Zeit  gehen  innere  Prozesse  vor  sich, 
zu  deren  Ablauf  das  Wasser  notwendig  ist.  Wir  kennen  ferner 
aus  den  X-^ersuchen  genau  den  Zeitpunkt  des  Eintrittes  der 
Keimfähigkeit  und  die  Dauer  dieser  inneren  X^erfassung  des 
Samens.  Der  Novemberversuch  mit  seiner  nach  Monatsfrist 
einsetzenden  Keimung  zeigt,  daß  eben  im  November,  also 
fünf  Monate  nach  der  L  o  s  l  ö  s  u  n  g  \'  o  n  der  1^  f  1  a  n  z  e, 
der  S  a  m  e  keimfähig  w  i  r  d ,  und  aus  den  späteren  Ver- 
suchen  ist  zu  ersehen,    daß    dieser  Zustand    zunächst 


'  Kür  diese  Zeit  liattc  Heinriche:-  auf  Grund  von  Keimversuchen  mit 
der  Mistel  den  Ausdruck  »Liegezeit  eingeführt  (Samenreife  luid  Samen- 
luhe  der  Mistel  [17,st7////  alhiiui  I..],  Sitzungsber.  d.  Wienei- Akad.  d.  Wissensch., 
malh.-naturw.  Kl..  121,  1.  .Abt.,  1912).  .Später  erwies  sich  bekanntlich  für  die 
Mistel  (Über  den  Mangel  einer  diu-ch  innere  Bedingungen  bewirkten  Fiulie- 
pei'idde  bei  lien  .Samen  der  Mistel  [Viscniii  aUuiiit  L.],  a.  a.  O.,  p.  166)  diesei' 
Ausdruck  als  überflüssig.  \m  Falle  MctiorcUiplnis  und  wohl  aller  Pllanzen 
mit  rhythmisch  wiederkehrender  Keimpenode  scheint  mir  dieser  Ausdruck  zur 
Charakterisierung  des  oben  geschilderten  Verhaltens  sehr  zweckmäßig.  Die 
Liegezeit,  hier  ungefähr  ein  Monat,  ist  allerdings  nur  während  der  Keim- 
periode    sicher   feststellbar. 


'480  A.   Sperlich, 

bis  zum  Jänner,  also  annähernd  zwei  Monate 
erhalten  bleibt,  um  sodann  allmählicli  a  u  s-- 
zuklingen.  Über  den  April  hinaus  erliält  sich 
kein  Sa  nie  keimfähig.  Der  Same  fällt  seinem  äußer- 
lichen Verhalten  nach  in  den  Zustand  zurück,  den  er  hei  der 
Loslösung  von-  der  Mutterpflanze  hatte  und  erreicht,  gleich- 
viel, ob  trocken  aufbewahrt  oder  gequollen  im  Keimbett 
liegend,  den  keimfähigen  Zustand  erst  wieder  im  kommenden 
November.  Ob  die  in  meinen  Versuchen  mehrfach  beobachtete 
Tatsache,  dafJ  solche  Samen  im  folgenden  Herbste  mit  der 
Keimung  etwas  früher  einsetzen  als  Samen,  die  im  gleich- 
jährigen Sommer  reiften,  so  zu  deuten  ist,  daß  nach  Ablauf 
der  Keimperiode  doch  nicht  \"öllig  der  innere  Zustand  der- 
zeit nach  der  Reife  erreicht  wird,  kann  heute  noch  nicht  ent- 
schieden werden.  Vergleichende  Versuche  über  das  \'erhalten 
zwei-  und  einjähriger  Samen  gegen  äußere  Einflüsse,  ins- 
besondere gegenüber  dem  Lichte,  von  dem  später  gesprochen 
wird,  wären  vielleicht  geeignet,  die  Frage  zu  beant\\-orten. 

Aus  den  Ergebnissen  der  Abhandlung  über  die  Fähigkeit 
der  Linienerhaltung  ging  hervor,  daß  der  Keimverzug  ein 
Anzeichen  innerer  Schwächung  des  Individuums  oder  wenig- 
stens eines  Teiles  seiner  Samen  ist.  Sehen  wir  \"on  den 
Samen,  die  im  ersten  Jahre  ihre  Keimfähigkeit  überhaupt  nicht 
erreichen,  ab,  so  äußert  sich  die  Schwächung  in  der  späten, 
oft  erst  im  Mai  erfolgenden  Keimung  solcher  .Samen.  Wie 
März-  und  Aprilaussaaten  von  Samen  geschwächter  Indivi- 
duen mich  lehrten,  benötigen  auch  sie  zur  Keimung 
die  a  1 1  g  e  m  ein  festgesetzte  Zeit  \'  o  n  u  n  g  e  f  ä  h  r 
einem  ^ionate.  Daraus  wird  ersichtlich,  daß  die  Schwä- 
chung wesentlich  jene  inneren  Vorgänge  betrifft,  die  auch  im 
ungequollenen  Zustande  vor  sich  gehen  und  die  Erreichung 
der  Keimfähigkeit  zum   Ziele  haben. 

Im  allgemeinen  haben  uns  die  Versuche  mit  zeitlich  vei- 
schiedener  Aussaat  einen  klareren  Einblick  in  das  Leben  des 
Samens  unserer  Pflanze  verschafft,  insbesondere  eine  ScheidunL; 
innerhalb  der  Ruhezeit  ermöglicht:  die  Zeit  jener  inneren  \'or- 
gänge,  die  unabhängig  vom  Quellwasser,  ohne  Mitwirkimg  des 
Lichtes  und  innerhalb  der  geprüften  Grenzen  ohne  merklichen 


Quellungszeitpunkt   und   Samenkeimung.  481 

Einfluß  der  Temperatur  zur  Erreichung  der  Keimfähigkeit 
führen,  und  die  ungefähr  einen  Monat  währende  Zeit  jener 
\'orgänge,  die  innerhalb  der  Keimperiode  unter  Mit- 
wirkung des  Ouelhvassers  den  Keimling  zur  Aufnahme  des 
Wachstums  veranlassen.  Jene  Zeit  ist  es,  die,  wenn  wir  so 
sagen  dürfen,  den  inneren  Wert  des  Samens,  seine  Keim- 
kraft —  nach  unseren  Erfahrungen  der  Ausdruck  der  phyleti- 
schen  Potenz  —  charakterisiert.  Sie  ist  es  aber  auch,  die 
neben  der  längstens  fünf  Monate  währenden  Periode  der 
Keimfähigkeit  wie  keine  andere  Lebensphase  des  Individuums 
die  Pflanze  zur  Fr  ü  h  1  i  n  g  s  p  flau  z  e  stempelt.  Es  ist 
bemerkenswert,  daß  die  für  unsere  mehrjährigen  Frühlings- 
pflanzen  charakteristische  Sommerruhe  im  großen  und  ganzen 
mit  dieser  Zeit  zusammenfällt.  Der  einjährige,  in  der  Aus- 
bildung seiner  vegetativen  Organe  ungemein  anpassungsfähige 
und  in  seiner  Blütezeit  weitgehend  von  äußeren  Faktoren 
abhängige  Aleciovolophus  h/rsutus  verdankt  seine  strenge 
Rhythmik  \or  allem  dem  eigentümlichen  und  äußeren  Ein- 
wirkungen gegenüber  sehr  gleichgültigen  Verlaufe  des  Samen- 
lebens. 

2.  Versuche  mit  Treibmitteln. 

Nach  dem  Vorhergehenden  beruht  die  Festhaltung  einer 
bestimmten,  jährlich  wiederkehrenden  Vegetationszeit  unserer 
einjährigen  Pflanze  vor  allem  auf  der  Ruhezeit  ihrer  Samen 
vom  Zeitpunkte  der  Loslösung  bis  zum  Spätherbste.  Es  lag 
nahe,  zu  versuchen,  ob  die  Mittel,  die  zur  Abkürzung  der 
Ruheperiode  unserer  Holzgevvächse  geführt  haben  und  im 
bekannten  Widerstreite  der  Meinungen  über  die  Charakteri- 
sierung dieser  Ruhe  vielfach  ihrer  Wirkung  und  Bedeutung 
nach  erörtert  wurden,  auch  im  \orliegenden  Falle  zu  einem 
Ergebnisse  führen.  Gearbeitet  wurde  bisher  ausschließlich  mit 
Äther ^  und  dem  Warmbade.''  Ein  Erfolg  war  allen  Versuchen 
versagt.     Immerhin    gestatteten    die    Beobachtungen     gewisse 


1  \\'.  Johannsen.  Das  Atherverfahren  beim  Frühtreiben.  2.  Autl., 
Jena    I9ü6. 

-  H.  Moiisch,  Das  Warmbad  als  Mittel  zum  Treiben  der  Pflanzen. 
Jena    1909. 


4,S2  A.  Spcrlich. 

Einblicke   in  die    innere  Verfassung   des  Materials  und  sollen 
daher  kurz  mitgeteilt  werden. 

Die  Ätherversuche  wurden  derart  durchgeführt,  daß  die  Sunien  ent- 
weder in  gequollenem  Zustande  unter  einer  7  /  fassenden  Glasglocke,  die 
mit  wässerigem  Glyzerin  auf  der  Mattscheibe  aufgedichtet  wurde,  oder  in 
trockenem  Zustande  in  gi'ößeren  Pulvergliiscrn  mit  gut  schließendem,  ein- 
geriebenem Glasstopfen  auf  verschieden  lange  Dauer  verschieden  großen 
Athermengen  ausgesetzt  blieben.  Sie  kamen  hierauf  in.  sandgefüllte  Peti-i- 
schalen,  wovon  stets  zwei  im  Zimmer,  zwei  im  Warmhause  und  zwei  im 
Kalthause,  bei  N'ersuchen  während  des  Sommers  zudem  zwei  im  Raimie  für 
konstante  Temperatur  (15°  annähernd  konstant)  zur  Aufstellung  gelangten. 
Eine  Schale  jedes  Paares  wurde  verdunkelt,  eine  stand  unter  dem  Einflüsse 
des  diffusen  Tageslichtes.  Die  Dauer  der  Einwirkung  variierte  zwischen 
2  und  24  Stunden,  die  Ätherisierung  zwischen  'i"2  und  'i"4  ;■'  auf  l  /  Luft. 
Bei  den  Versuchen  mit  gequollenen  Simicn  wurde  eine  flache  Schale  mit 
IDO  (■;;/■'  Wasser,  dem  Äther  imter  Berücksichtigung  des  .Aufsaugungs- 
vermögens i  in  bestimmten  .Mengen  zugesetzt  wurde,  unter  die  (rlocke 
gestellt;  die  .Samen  selbst  ruhten  auf  einei-  etwa  ^._>(///  über  dem  .Schalen- 
rande befindlichen  Cilasplatte.  Mit  [Rücksicht  auf  den  verschiedenen  Erfolg 
des  Ätherisierens  zu  verschiedenen  Zeiten  der  Ruhe,  der  Johannsen  zur 
bekannten  Dreiteilung  der  Periode  geführt  hat,  wurden  die  X'ersuche  vom 
Reifemonat  Juni  angefangen  bis  zum  folgenden  Mai  monatlich  wiederholt. 
Das  Warmbad  variierte  der  Zeit  nach  zwischen  3  und  0  Stunden,  der 
Temperatur  nach  zwischen  3n  imd  4t)''.  Hieibei  lagen  die  Samen  in  Schälchen, 
die  im  Thermostaten  untergehi-aclu  wurden. 

Das  Resultat  aller  Versuche  ist  folgendes:  Schwache  und 
mittlere  Dosierung  und  kurze  und  mittlere  Dauer  der  Ein- 
wirkung war  zu  jeder  Zeit  ohne  jeden  Einfluß.  Die  Keim- 
erfolge stimmten  mit  dem  Verhalten  unbehandelter  Samen 
\ollkommen  überein;  die  höchste  Dosierung  hatte  bei  längster 
Dauer  zu  jedem  Zeitpunkte  den  Tod  zur  Folge.  Das  diffuse 
Tageslicht  blieb  wirkungslos,  ebenso  belanglos  blieb  es,  ob 
Äther  auf  den  gequollenen  oder  trockenen  Samen  eingewirkt 
hatte. 

Einige  Bemerkungen  seien  über  die  Versuche  im  Dezember 
und  Jänner  beigefügt,  der  Zeit,  da  sich,  wie  wir  wi.ssen,  die 
Samen  im  Zustande  bester  Keimfähigkeit  befinden,  die  Periode 


1   Vgl.  A.  Burgerstein,  Eortschritte  in  der  Technik  des  Treibens  der 
Pflanze.  Progressus  rei  botanicae,  4,  1913,  p.  6. 


OueIluii!;szeiipiinkt   iiiui   SaincnkciinuriL;.  48''H 

der  eigentlichen  Ruhe  für  die  große  Mehrzahl  demnach  ab- 
gelaufen ist.  Zu  dieser  Zeit  haben  bei  mehrjährigen  Gewächsen 
Treibmittel  bekanntlich  entweder  gar  keine  oder  die  gegen- 
teilige Wirkung.  Die  Samen  von  Alec/orolophiis  \erhalten  sich 
in  dieser  Zeit  sehr  ungleichmäßig;  je  nach  ihrem  inneren 
Werte  entweder  vollkommen  gleichgültig  oder  sie  zeigen  sich 
mehr  oder  weniger  gestört,  \ielfach  derart,  daß  sie  bald  früher, 
bald  später,  ohne  gekeimt  zu  haben,  absterben.  Es  tritt  unter 
der  Einwirkung  des  Treibmittels  in  dieser  Lebensperiode  der 
Samen  eine  ähnliche  Ausmerzung  des  Schwächeren  ein,  wie 
wir  sie  für  die  jungen  Keimlinge  bei  Frostwirkung  seinerzeit 
kennen  lernten.  Ich  führe  hierzu  folgende  Beispiele  an: 

.4.  Anbau  im   Dezember. 

\'i>n    Ind.   Xr.  I<iii    (li)16)    keimten    unhehunJelt    von    9  Samen:     8,    nach 

Tstündigef  .Uherisierung:  i   8. 
A'on    Ind.   Xr.    I(i2    (1916)    keimten     u  n  h  o  h  ;in  i.l  eil    von    0   Samen:    6,    nach 

7. stündiger  Atherisierung:   li. 
A'on   Ind.  Xr.    133    ('1916)    keimten     unbehandelt    von    S   Samen:     7.     nach 

7 stündiger  Atiieiisierimg:   8. 
A'on   Ind.   Nr.    134    (1916;    keimten    unbehandelt    von    12   Samen:     \'l.   nach 

7 stündiger  Atherisierung:   7. 
Aon   Ind.   Nr.    Iin  (1916)    keimten     unbehandelt    von    1'2   Samen:     7,    nach 

7 stündiger  .Atherisierung:  4. 
Von   Ind.  Xr.    M)7  (1916)    keimten    unbehandelt    von    18  Samen:    14,   nach 

7 stündiger  Atherisierung:   2. 
\on    Ind.    Xr.  81    (1916)    k'eimten     unbehan;lelt    von    S    Samen:     4,    nach 

7  stündiger  Atherisierung:  0. 

B.  Anbau  im  Jänner. 

Aus     einer     (^ruppe     geschwächter     Individuen      keimten      unbehandelt     von 

200  Samen:  64,   nach   7 stündiger  .Atherisierung:  9. 
\'on   diesen   200  Samen  starben  vor  der  Keimung  ab  ohne  .Äthcrbehandlung: 

54,   mit  Atherbehandlung:   127. 

Es  muß  noch  hervorgehoben  werden,  daß  zur  Ätheri- 
sierung nicht  etwa  Samen  anderer  Nodien  des  Individuums 
zur  Verwendung    kamen,    vielmehr    das   Samenmaterial    meist 


10-4  p-  Äther  auf  1  /  Luft. 


4S4  A.   Sperlich. 

zweier  mittlerer  Nodien  nach  gründlicher  Durchmischung  auf 
■die  zwei  Parallelversuche  gleichmäßig  verteilt  wurde.  Die 
unglaubliche  Mannigfaltigkeit  der  inneren  \'erfassung  der 
Samen  unserer  Pflanze  tritt  durch  den  geschilderten  Eingriff, 
insbesondere  bei  Verfolgung  der  graduellen  Unter- 
schiede in  den  o  b  e  n  s  t  e  h  e  n  d  e  n  D  e  z  e  m  b  e  r  v  e  r- 
suchen,  so  deutlich  hervor,  daß  man  daran  denken  könnte, 
die  Ätherisiefung  während  der  winterlichen  Keimperiode  direkt 
als  Selektionsmittel  zur  Gewinnung  vollkräftiger  Individuen 
aus  einer  rohen  Freilandernte  anzuwenden. 

Das  eigentliche  Ziel  der  Versuche,  die  Änderung,  womög- 
lich die  Verkürzung  der  Ruhezeit,  wurde  jedoch  nicht  erreicht. 
Es  ist  allerdings  nach  den  Erfahrungen  mit  anderen  Objekten 
nicht  ausgeschlossen,  daß  ein  wirksames  Treibverfahren  doch 
noch  gefunden  werden  könnte,^  aber  eines  Bedenkens,  das 
mir  auf  Grund  von  gelegentlichen  Beobachtungen  am  Endo- 
sperm  ätherisierter  Samen  aufgestiegen,  kann  ich  mich  nicht 
erwehren.  Im  Gegensatze  zu-  den  ruhenden  Knospen,  die  eine 
in  sich  geschlossene  Einheit  sind,  haben  wir  es  bei  diesen 
Samen  mit  zwei  Individualitäten  zu  tun,  dem  Keimling  und 
dem  Endosperm.  Ein  erfolgreiches  Mittel  müßte  beide  Teile 
in  gleicher  Richtung  beeinflussen  oder  vor  allem  auf  den 
Keimling  ein\\'irken  und  die  zweifellos  vorhandene  Wechsel- 
beziehung zwischen  dem  Keimling  und  dem  Nährgewebe  nicht 
stören.  Dieser  Sachverhalt  erschwert  meine.--  Erachtens  die 
Erreichung  des  Zieles  wesentlich. 

Ausständig  sind  schließlich  noch  gleiche  \'ersuche  mit 
zweijährigen  Samen,  die  vielleicht  auch  etwas  zur  Beant- 
wortung der  Frage  beitragen  könnten,  ob  der  Same  nach 
Ablauf  der  winterlichen  Periode  der  Keimfähigkeit  innerlich 
in  den  Zustand  zurückverfällt,  den  er  zur  Zeit  der  Löslösung 

m  ' 

von  der  Pflanze  hatte. 


1  .Man  denke  tm  V.  Web  er 's  .Acetylenmethode  (Übei-  ein  neiie.s  \'ei- 
fahren,  PHanzcn  zu  ti-eiben.  Acetylenmethode,  Sitzungsber.  d.  Wiener  Aiv. 
d.  Wissensch.,  math.-naturw.  Kl.,  125,  Abt.  I,  1916),  durch  die  es  gehing, 
allen  bisherigen  Treibmitteln  trotzende  Holzpflanzen,  wie  die  Buche,  zum 
Treiben  zu  bringen  (Studien  über  die  Kuheperiode  dei-  Hölzgewüchse, 
ebenda). 


QuelUingszeitpunkt   und   Sanienkeimung.  4o;) 

3.  Der  Einfluß  des  Lichtes. 

Wie  aus  bisherigen  Versuchen  hervorgeht,  ist  das  Licht 
zur  Keimung  der  Samen  von  AlecloroIopJins  nicht  notwendig 
und  die  im  vorigen  Kapitel  besprochenen  Treibversuche 
zeigten,  daß  es  keinesfalls  den  normalen  Verlauf  der  Keimung 
beeinträchtigt;  Alectorolophiis  ist  demnach  weder  ein  Licht- 
noch  ein  D  un  k  e  Ikeim  er.  Bei  der  an  sich  großen  Be- 
deutung des  Faktors  und  den^  das  Gegenteil  behauptenden 
Äußerungen  Kinzel's^  sollten  eigene  Versuche  mit  Material 
möglichst  bekannter  innerer  Verfassung  zur  Lösung  der  Frage 
beitragen,  ob  irgendeine  Beeinflussung  der  Samen  durch  das 
Licht  möglich  ist.  Auch  hier  wurde  zunächst  an  eine  Ände- 
rung der  Ruhezeit,  an  eine  Verlegung  der  winterlichen  Keim- 
periode, gedacht.  Die  Versuche,  die  im  folgenden  mitgeteilt 
wci-den,  hatten  zunächst  den  Charakter  \^on  Vorversuchen;  es 
wurde  daher  weder  auf  eine  quantitative  Bestimmung  des 
Lichtes  nach  Intensität  und  Dauer  noch  auf  seine  Gleich- 
mäßigkeit gesehen.  Zu  jeder  Schale,  die  im  Dunkelkasten  des 
Zimmers  für  konstante  Temperatur  aufgestellt  wurde,  kam 
eine  Parallelschale  mit  vollkommen  gleichem  Material,  die 
knapp  \-or  das  nordseitige  kleine,  nahe  dem  Erdboden  befind- 
liche Fenster  des  Raumes  gestellt,  dem  bescheidenen  diffusen 
Tageslichte  ausgesetzt  blieb.  Die  Temperatur  stieg  an  dieser 
Stelle  in  der  warmen  Jahreszeit  gegen  den  Mittag  um  höch- 
stens 1  °  gegenüber  der  Temperatur  im  Dunkelkasten,  in  der 
kälten  Jahreszeit  blieb  sie  an  manchen  Tagen  um  ^/._,°  dieser 
gegenüber  zurück.  Die  Versuche,  die  vom  Reifemonat  an- 
gefangen bis  in  den  Mai  des  folgenden  Jahres  allmonatlich 
neu  eingeleitet  wurden,  zeitigten  schöne  Resultate,  freilicl^ 
nicht  nach  der  ursprünglich  erhofften  Richtung. 

Um  möglichst  gleichartiges  Material  für  die  Parallel- 
versuche im  Dunkeln  und  im  Lichte  zu  haben,  wurde  so 
wie  bei  den  Treibversuchen  vorgegangen:  beiderlei  Samen 
entstammten  also  den  gleichen  Nodien  eines  bestimmten  Indivi- 
duums. Die  Individuen  waren  unter  vollkommen  gleichen 
äußeren  Bedingungen,  im  gl  ei  chen  Jahre  und  am  gle  i  c  h  e  n 

1.  W.-KinzeJ.  Frost  und  Lieht  , als  beeinflussende  Kräfte  bei  der  Samen- 
kcirminK-  Stuttgart,   1913.  p.  9.8  und  9.9,  und  Tabelle  XVI.    ;. 


486 


A.   Speiiich, 


Orte  herangewachsen,  was  mit  Rücksicht  auf  die  von  Kinzel 
aufgedeckte  Beeinflussung  des  Samenverhaltens  gegenüber 
Licht  und  Frost  durch  Standortsverhältnisse  eigens  hervor- 
gehoben werden  muß.^  Ihre  Vorfahren  lebten  zudem  auf  dem- 
selben Standorte  in  unserer  Umgebung.  Alle  Samen  lagen 
bis  zum  Zeitpunkt  des  Anbaues  trocken  und  dunkel  in  einer 
Kastenlade  meines  Zimmei-s. 


Ind.  Nr. 


Licht 


Keim- 
zahl 


k'einiperitjde 


Dunkel 


Keim- 
zahl 


Keimperiiide 


A.  Ernte  am    10.  Juni  1917;  Anbau  Mitte  Juni   li»17. 
Durchwegs  aus  Kapsch^  der  zwei   untersten  Nodien.^ 


I 

12 

12 

•} 

6 

.") 

3 

.) 

4 

4 

12 

12 

.'. 

9 

9 

(i 

4 

4 

- 

t) 

4 

S 

S 

H 

<» 

4 

4 

lu 

22 

17 

1  \ 

« 

9 

13 

17 

11) 

U 

14 

14 

15 

1» 

12 

Summe 

14« 

135 

=  920/,, 

in, 
10 
11), 
18, 
10. 
10. 
10. 
10. 
18. 
10. 

10. 

10. 
lo. 
18. 
18. 


.\ll. 
Xil. 
Xli. 
XII. 
Xli. 
XII. 
XII. 
Xli. 
Xil. 
XII. 
XII. 
XII. 
XII. 

xil. 

XII. 


bis  25.  I. 
25.  I. 
18.  XII. 
I  i.  I. 
.    31.  XII. 

■  18.  XII. 
31.  XU. 
31.  XII. 
25.  I. 
31.  Xli. 

■  31.  XII. 
31.  XII. 

.    25.  I. 

I  I.  I. 

.     II. I. 


10.  XU.  bis  25.  I. 


12 

■) 

t) 

') 

4 

() 

13 

0 

8 

•> 

4 

0 

8 

7 

'      3 

1) 

22 

1 

10 

(> 

5 

•) 

16 

4 

15 

11 

12 

7 

144 

4« 

=  320/, 

12.il.      bis  24. 
10.  XII.    »     11. 


11. 


10.  XII.    -    31.  XII. 


18.X1I.    »     12. 
10.  XII.    ■■    31. 

31.  XII. 
m.  XII.  bis  31. 

10.  XII. 
18.  XII.  bis  12 
18.  XII.  »  11 
11.1.         .    25 


II. 
XII. 


XII. 


.  II. 


10.  XII.  bis  24.  II. 


1  Die  Temperatuningaben  blieben  in  diesen  Tabellen  weg,  da  die 
betreffenden  Angaben  auf  p.  478  auch  für  diese  Versuchsreihe  gelten.  Da 
es  bei  diesen  Vcr.suchen  darauf  ankam,  das  Verhalten  der  einzelnen 
Individuen  zu  prüfen,  muüte  die  .Samenzahl  so  genommen  werden, 
wie  sie  jedes  Individuum  bot.  Bei  ungeraden  Zahlen  wurde  der  größere 
Teil  bald  der  l^ichtreihe,  bald  der  Dunkelreihe   zugewiesen. 


1   W.  Kinzel.    Tcleologic    der  Wirkungen   von   Frost.     Dunkelheit    und 
i.icht  auf  die  Keimung  der  Samen.   Ber.  d.  D.  B.  G.,  .'i.i,    1917.   p.  581  ff. 


Quelliings/.eitpiinkt  und   Samenkeimuiig. 


487 


Ind.  Nr. 


Licht 


Keim- 
zahl 


Keimperiodt 


Dunkel 


Keim- 
zahl 


Keimperiode 


B.  Ernte  am  17.  Juni  1917;  Anbau  Mitte  Juli   1917. 
Durchwegs  Kapseln  des  3.  bis  6.  Nodiums. 


10 

5 

4 

17 

29 

27 

IS 

v^ 

14 

19 

i(t 

9 

.Siunme 

63 

54 

=  860/, 

18.  XII.  bis  II.  I. 

10.  XII.  ■      11.1. 

18.  XII.  12.11. 

18.  XII.  "     25.1. 

10.  XII.  bis  12.  II. 


6 

5 

29 

1 

19 

♦> 

10 

1 

64 

16 

=  250/, 

31.  XII.  bis   n.  1. 

18.  XII. 

IS.  XII.  bis   11.  I. 

11.  I. 


18.  Xll.   bis    1  I.  I. 


r'.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  August   1917. 

Kapsein  wie  in  B. 


20 
21 


.Summe 


4 

4 

36 

28 

10 

s 

14 

10 

64 

50 

=  780/, 

18.  Xli.  bis  31.  Xll. 
18.  Xll.    -    12.  II. 
31.  Xll.    »    25.  I. 
18.  Xll.    »    12.1. 

18.  XII.  bis  12.  II. 


4 

4 

36 

2H 

10 

(i 

14 

7 

64 

46 

=  700, 

18.  XII.   bis  II.  I. 

31.  XII.     ■>  25.  I. 

18.  XII.     .  25.  I. 

31.  XII.     »  25.1. 


18.  XII.   bis  25.  I. 


D.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  September  191/ 
Kapseln  wie  in  B. 


24 

47 

45 

10.  XII.   bis    11.  1. 

47 

41 

4.  XII.  bis   12.  11. 

25 

15 

15 

18.  XU.     .      11.  I. 

15 

11 

31.  XII.     »     25.  I. 

Summe 

62 

60 

=  970/, 

10.  XII.   bis    11.  I. 

62 

52 

=  840/, 

4.  XII.  bis  12.  II. 

48<S 


A.   Sperlich. 


Ind.  Nr. 


Licht 


Keim- 

zuhl 


K'eiinpcriode 


Dunkel 


Keim- 
zahl 


Ivennperiüde 


E.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  Oktober   191/. 

Kapseln  wie  in  B. 


26 


2<S 
29 


Summe 


20 

10 

18 

16 

6 

.") 

20 

17 

64 

-ts 

=  ^r.o/o 

10.  Xli.  his  11.  I.    li  20   I  2 

31.  XIL  ;.     12.  II.  jl  17    j  11 

10.  XII.  ..     11.  I.    I      7   '  3 

19.  XL.  »     11.  I.    I    19-  I  ■  4 


'.).  XL     his  12.  IL 


63  j       20 

,     ;=  320 , 


18.  Xll.  his  31.  XIL 

25.  L 
31.  XIL. his  25.  1. 
31.  XIL.  »    25.  I. 


IS.  Xll.  his  25. 


F.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  November  H»l 7. 

Kapseln   wie  in  B. 


30 

u 

39 

LS.  XII.   his 

12. IL, 

45 

42 

IS.  Xll.  his  25.  1. 

31 

15 

15 

31.  Xll.     >■ 

\2.  IL 

14 

14 

18.  Xll.    »    25.1. 

32 

6 

6 

hS.  Xll.     . 

11.  1. 

6 

6 

18.  XII.    V    31.  XIL 

Summe 

65 

60 

—  9 '_>(); 

1&  Xll.   his 

12.  IL 

• 

i 

65 

62 

=  960/, 

18.  Xll.  his  25.  1. 

G.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  Dezember  1917: 


Kapseln  wie  in  B. 


33 

18 

14 

25.  I 

.  his  23.  IIL 

19 

U) 

14. 

.     his    11 

V. 

34 

34 

30 

25.  1 

:      10.  IIL 

34 

26 

25. 

12 

11. 

35 

13 

s 

14.  1 

.     -     24.  IL 

13 

5 

14. 

25 

1. 

36 

.) 

•) 

5.  II. 

5 

3 

1.            17. 

II. 

37 

10 

1 

20.  11. 

10 

1 

20.  IL 

38 

7 

',     0 

-- 

6 

.  (> 

— 

39 

8 

0 

— 

•    8' 

■  1 

27.  il. 

40 

4 

0 

— 

4 

0      '' 

':-> 

Svnnme 

m 

5 .5 
-  •-,50  , 

14.  1 

.   his   23.  IIL 

t)« 

52 

=  520/, 

'v]4. 

.     his    1  1 

\'. 

Quellungszeitpunkt  und  Samenkeimung. 


489 


Ind.  Nr. 


Licht 


Keim- 
zahl 


Keimperiode 


Dunkel 


Keim- 
zahl 


Keimperiode 


H.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  Jänner   1918. 

Kapseln  wie  in  B. 


41 

4 

4 

42 

.5 

3 

43 

8 

1 

44 

2.5 

9 

45 

3 

1 

46 

8 

0 

47 

4 

() 
18 

Summe 

57 

=  :^^o,u 

27.  II.  bis     6.  III. 
27.11.     »      17.111. 

6.  III. 
27.  II.   bis      6.  III. 

8.  HI. 


27.  II.    bis    17.  III. 


4 

3 

5 

3 

( 

4 

25 

4 

4 

3 

7 

0 

4 
5(J 

0 

17 

-  3ü0/,-, 

28.  II.    bis  6.  II 

27.11.     »  l.II 

27.  II.     >  28.  II 

8.  III.    »  17.  11 

3.  III.    »  8.  II 


27.  II.    bis  17.  irt. 


Im  Februar  kein  Anbau. 


/.  Dasselbe  Erntedatum;  Anbau  Mitte  März   1918. 
Kapseln  wie  in  B. 


48 
49 

50 
51 
52 
53 
54 


Summe 


18 

5 

14 

5 

10 

2 

9 

7 

25 

5 

25 

0 

6 

0 

107 

24 

=  220/o 

10.  IV.  bis  24.  IV. 

10.  IV.     »  24.  IV. 

10.  IV.    »  24.  IV. 

10.  IV.    »  24.  IV. 

24.  IV.    .  9.    V. 


10.  IV.   bis     9.  V. 


17 

6 

13 

5 

9 

1 

9 

6 

24 

6 

26 

0 

6 

0 

104 

24 

—  "^30 

24.  IV.  bis  4.  V. 

10.  IV. 

24.  IV. 

10.  IV.  bis  14.  VU 

10.  IV.    »     24.  IV. 


10.  IV.  bis   14.  VI. 


1  Die  späteste  Keimung  aller  meiner  Versuche. 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd. 


34 


490 


A.  Sperlich, 


Ind.  Nr. 


Licht 


Keim- 
zahl 


Keimperiode 


i;)unkel 


Keim- 
zahl 


Keimperiode 


K.  Dasselbe   Erntedatum;  Anbau  Mitte  April    1918. 

Kapseln  wie  in  B. 


55 

5 

2 

56 

29 

0 

57 

15 

u 

58 

11 

2 

59 

21 

0 
4 

Summe 

81 

=  5'^/o 

15.  V.  bis  26.  V. 


26.  V. 


15.  V.  bis  26.  V. 


5 

3 

29 

0 

13 

1 

10 

2 

21 
78 

U 

6 

=  80;, 

15.  V.  bis  26.  V. 

26.  V. 
26.  V. 


15.  V.  bis  26.  V, 


Die  Aussaaten  im  Mai  keimten  im  gleichen  Jahre  nicht 
mehr.  Versuche  mit  zweijährigem  Material  sind  noch  aus- 
ständig. Sie  sind  mit  Rücksicht  auf  die  Frage,  ob  der  Samen 
nach  dem  Ausklingen  der  Keimfähigkeit  in  den  Zustand 
zurückvertallt,  den  er  bei  Loslösung  von  der  Pllanze  hatte, 
von  Bedeutung.  Es  müßte  sich  entscheiden,  ob  das  Licht 
auch  im  zweiten  Jahre  auf  gewisse  Samen  gleichartig  ein- 
wirkt wie  im  ersten.  Über  diese  Einwirkung  aber  sagen  die 
vorstehenden  Versuche  folgendes: 

Vor  allem  geht  hervor,  daß  zu  bestimmter  Zeit  — 
worüber  noch  zu  sprechen  sein  wird  — ,  dem  Lichte  bei 
gewissen  Individuen  zweifellos  eine  keimungs- 
fördernde  Wirkung  zukommt.  Besonders  auffällig  ist  dies 
Verhalten  bei  den  Individuen  17,  19,  26  und  29.  Die  Indivi- 
duen der  Versuchsgruppe  A,  bei  denen  mit  Ausnahme  von 
8,  11,  14  und  15  die  keimungsfördernde  Lichtvvirkung  all- 
gemein zur  Beobachtung  gelangt,  sollen  fürs  erste  außer 
Betracht  bleiben.  Ferner  steht  fest,  daß  das  Licht  auf 
den  Kei  m  ungs  r  hy  th  m  US  keinen  Einfluß  hat:  wann 


Quellunftszeitpunkt  und   Sanienkeimung.  491 

immer  auch  das  Licht  zur  Einvvirkun^g  gelangen   möge,    eine 
Veränderung  der  Keimperiode  ist  nicht  erzielbar. 

Es  ergibt  sich  nun  die  Frage,  was  für  eine  Bewandtnis 
es  mit  den  lichtbedürftigen  Samen  habe.  Handelt  es  sich  um 
eine  besondere  physiologische  Rasse,  über  deren  Möglichkeit 
nicht  gerade  bei  unserer  Pflanze,  aber  im  allgemeinen  in  der 
Literatur  schon  Vermutungen  vorliegen?^  Da  die  Aszendenz 
der  betreffenden  Individuen  bekannt  ist,  die  äußeren  Lebens- 
bedingungen der  Pflanzen  zudem  durch  Generationen  die- 
selben waren,  kann  diese  Frage  ohne  weiteres  verneint 
werden  Die  betreffenden  Individuen  sind  ihrer  Abstammung 
nach  Angehörige  innerlich  geschwächter,  bald  früher,  bald 
später  dem  Untergange  geweihter  Linien,  wie  wir  sie  in  der 
Abhandlung  über  die  phyletische  Potenz  auf  Grund  mehr- 
jähriger Reinzuchtversuche  kennen  gelernt  haben.  Damit  aber 
stimmt  auch  das  Verhalten  des  Materials  der  Versuchsgruppe  A 
gut  überein:  die  hier  v^erwendeten  Samen  gehören  durchwegs 
den  zwei  untersten  Nodien  an,  die  sich  sehr  oft  selbst 
bei  innerlich  kräftigen  Individuen  als  minderwertig  rücksicht- 
lich ihrer  phyletischen  Potenz  erweisen.  Diese  Feststellung 
besagt,  daß  das  Licht  gewisse  Mängel  in  der 
inneren  Verfassung  des  Samens  zu  ersetzen 
imstande  ist.  Freilich  wissen  wir  noch  nicht,  wie  weit 
sich  dieser  günstige  Einfluß  erstreckt.  Nur  die  Ermöglichung 
der  Keimung  liegt  bisher  vor;  wie  sich  ein  solcher  Keimling 
weiter  als  Pflanze  vegetativ  und  reproduktiv  verhält,  das 
müssen  weitere  Versuche  lehren.  Das  bisher  Festgestellte 
liefert  zunächst  nur  einen  allerdings  ganz  unerwarteten  Bei- 
ti'ag  zum  Problem  der  Lichtwirkung  auf  die  Samenkeimung. 
Er  wird  noch  wertvoller,  wenn  wir  auf  Grund  der  vorliegenden 
Versuche  die  Zeit  bestimmen,  während  welcher  diese  Wirkung 
von  Erfolg  begleitet  ist. 

Die  keimungsförJerndc  Lichtwirkung  ist  zum  letzten  Male 
in  der  Oktoberreihe  (E)   zu  bemerken.    Hier  zeigt   sich  sogar 


1  Vgl.  W.  Kin.'^.el,  Fiost  und  Licht  usw.,  p.  149;  E.  Lehmann,  Über 
die  Beeinflussung  der  Keimung  lichtempfindlicher  Samen  durch  die  Tem- 
peratur. Zeitschr.  f.  Bot.,  4,  1912,  p.  473;  iM.  v.  Raciborski,  Über  die 
Keimung  der  Tabaksamen,    Bull,  de  l'inst.  bot.  de  Buitenzorg,    1900,  Nr.  VI. 


492  A.  Speiiich, 

in  den  Summen  der  Licht-  und  Dunkelkeimlinge  eine  sehr 
ansehnliche  Spannung.  Gerade  der  Oktoberversuch  ist  wichtig. 
Er  besagt,  daß  zur  Förderung  der  Keimung  die  Lichtwirkung 
durch  ungefähr  einen  Monat  genügt  und  daß  hierzu 
das  gegenüber  dem  Sommerlichte  stark  zurückbleibende  Licht 
der  kurzen,  im  Versuchsjahre  durch  viel  Gewölke  getrübten 
Herbsttage  vollkommen  ausreicht.  Leider  sagt  uns  die  folgende 
Novemberreihe  (F)  nichts.  Der  Zufall  wollte  es,  daß  in  dieser 
Reihe  durchwegs  kräftige  Individuen  zur  Anwendung  kamen, 
die  des  Lichtes  entbehren  können.  Damals  besaß  ich  eben 
die  Erkenntnis  über  die  Bedeutung  der  inneren  Verfassung 
des  Individuums  dem  Lichte  gegenüber  noch  nicht.  Um  so 
eindeutiger  spricht  der  Dezemberversuch  (G).  Mittlerweile 
waren  bei  den  bisherigen  Versuchen  kleine  Unterschiede  in 
den  Dunkel-  und  Lichtschalen  bemerkbar  geworden,  was  mich 
veranlaßte,  von  jetzt  ab  —  soweit  es  das  verfügbare  Samen- 
material gestattete  —  Individuen  verschiedener  innerer  Ver- 
fassung gleichmäßig  heranzuziehen.  Eine  fördernde  Licht- 
wirkung ist  im  Dezember  nicht  mehr  nachweisbar,  sie 
bleibt  auch  in  den  folgenden  Monaten  bei  allgemein  ab- 
nehmender Keimfähigkeit  trotz  zunehmender  Lichtmenge  voll- 
ständig aus.  Es  zeigt  sich  demnach,  daß  das  Licht  bei 
geschwächter  innerer  Struktur  der  Samen  aus- 
schließlich in  jener  Periode  wirksam  ist,  in  der 
wie  frühere  Ve  r  s  u  c  h  e  lehrten,  unabhängig  vom 
Quellungs  zustande  die  Prozesse  ah  1  au  fen,  welche 
die  Erreichung  der  Keimfähigkeit  zum  Ziele 
haben,  also  in  der  Zeit  der  bisher  un  beeinfluß- 
baren durchschnittlich  fünfMonate  andauernden 
Sommerruhe  des  AJectoroJophns  -Samens.  Die  Ein- 
wirkung kann  sich  auf  den  1  e  tzte  n  Abschnitt  dieser  Periode 
beschränken. 

Die  mögliche  theoretische  Auswertung  der  vorliegenden 
Ergebnisse  ist  in  der  Abhandlung  über  die  Fähigkeit  der 
Linienerhaltung  am  Schlüsse  erfolgt;  jetzt  möchte  ich  mit 
einigen  Worten  auf  Kinzel's  allgemeine  Angabe  über  die 
keimungsfördernde  Lichtvvirkung  auf  den  Samen  unserer 
Pflanze  zurückkommen. 


Quellungszeitpunkt  und  Samenkeimung.  493 

Es  ist  klar,  daß  sich  an  einer  Rohernte  im  Freilande 
Individuen  und  Nodien  der  \'erschiedensten  inneren  Ver- 
fassimg beteili.e^en.  Wie  erinnerlich,  zeijrte  beispielsweise  mein 
Ausgangsmaterial  aus  dem  Freilande  im  Jahre  1912^  ein 
relativ  sehr  niedriges  Keimprozent,  enthielt  also  nach  unseren 
jetzigen  Kenntnissen  reichlich  geschwächte  Samen.  Es  muß 
daher  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  —  nur  besonders  günstige 
Kombinationen  sind  ausgenommen  —  bei  Versuchen  mit 
Freilandsamen  unbekannter  Aszendenz,  eine  bald  stärker, 
bald  schwächer  ausgeprägte  Förderung  der  Keimung  durch 
das  Licht  zu  erwarten  sein.  Ganz  in  gleicher  Weise  dürfte 
sich  die  Angabe  Kinzel's  über  die  begünstigende  Wirkung 
des  Frostes  auf  die  Samenkeimung  erklären  lassen.  Ich  be- 
sitze zwar  bi-^her  noch  keinerlei  Erfahrungen  über  den  Ein- 
fluß dieses  Agens  auf  die  Keimung,  glaube  aber,  daß  mit 
Rücksicht  auf  Kinzel's  Beobachtungen,  an  deren  Genauig- 
keit zu  z\N'eifeln  keine  Veranlassung  vorliegt,  imd  auf  Grund 
der  Tatsache,  daß  vollkräftige  Samen  der  Frostu^rkung  nicht 
bedürfen,  sich  von  selbst  die  Annahme  ergibt,  daß  es  aber- 
mals geschwächte  Samen  sind,  die  möglicherweise  durch  den' 
Frost  bei  der  Erzielung  ihrer  Keimfähigkeit  unterstützt  werden. 

Die  hier  geschilderten  Verhältnisse  könnten  vielleicht 
auch  sonst  überall  dort,  wo  Ungleichmäßigkeiten  im  Erfolge 
der  Lichtwirkung  zur  Beobachtung  gelangten,  der  Aufklärung 
solcher  Ungleichmäßigkeiten  dienlich  sein,'-^  zeigen  aber  jeden- 


1  Vgl.  A.  Sperlich,  Die  Fähigkeil  der  Linienei-haltung  (phyletische 
Potenz)  u.sw.,   p.  12    u.    13. 

2  Beispielsweise  bei  dem  von  E.  Leb. mann  (Über  die  I^ceinflussung 
dei-  Keimung  lichtempfindlicher  Samen  durch  die  Temperatur,  a.  a.  O., 
p.  469  ff.)  angefüh.rten  Ergebnis  mit  Vcrhascitiii  Thapsns  und  Epilobium 
roseiiin,  von  dessen  erster  Ernte  die  Keimung  schon  nach  16  Tagen  im 
Lichte  und  im  Dunkeln  im  Verhältnisse  88:41  und  98:38,  von  dessen 
zweiter  Ernte  (zudem  von  anderem  Standorte)  die  Keimung  erst  nach 
39  Tagen   und  im  Vcrh.ältnissc  98  (I)  :  4  (/))  und    101  (Z):  2  (Z))  erfolgte. 

Sehr  interessant  ist  in  dieser  Beziehung  ein  Versuch  des  gleichen 
Autors  (a.  a.  O.,  p.  476)  mit  Verhasciuii  thapsifonnc:  Es  keimten  von  Samen 
aus  nur  obersten  Kapseln  91  (Z.)  :  42  (D)  und  87  (i)  :  57  (D),  hingegen  aus 
meist  unteren  Kapseln  99  (L)  :  88  (D)  und  98  (Z)  :  85  (Z)).  Lehmann  erklärt 
den    auffallenden  Unterschied    damit,    daß    die    unteren  Kapseln    sich    sicher 


494 


A.   Sperlich, 


falls,  wie  notwendig  das  Arbeiten  mit  einem  Versuchsmaterial 
ist,  über  dessen  innere  Verfassung  der  Experimentator  wenig- 
stens innerhalb  naöglicher  Grenzen  der  Genauigkeit  unter- 
richtet ist.i 


4.,  Wie  ist  die  Sommerruhe  der  vSamen  von  Alectorolophus 
hirsutus  zu  charakterisieren? 

Auf  Grund  der  vorliegenden  \'ersuche,  welche  die  bisc- 
herigen Erfahrungen  über  den  Keimungsrhythmus  unserer 
Pflanze  bestätigen  und  erweitern,  geht  hervor,  daß  die  Keimung 
auch  bei  konstant  bleibenden  Außenbedingungen  (Dunkelheit, 
Temperatur,  Feuchtigkeit  und  Substrat  ■■^)  stets  erst  nach  einer 
ungefähr  fünf  Monate  andauernden  Ruhe  erfolgt.  Nach  Pfeffer's 
Definition  wäre  demnach  diese  Ruhe  als  autonom  zu  be- 
zeichnen.^ Wir  hätten  uns  während  dieser  Zeit  innerhalb  des 
Samens  Prozesse  vorzustellen,  die,  weitgehend  unabhängig 
von  äußeren  Faktoren,  ausschließlich  auf  Grund  der  inn.eien 
Struktur  des  Keimlings,  vielleicht  auch  des  Endosperms,  ihren 


einige  Wochen  länger  an  der  PHanze  befanden  als  die  nbcren  und  unter- 
dessen in  dem  heißen  Sommer  1911  der  außcroi-dentlich  intensix'en  Licht- 
strahlung ausgesetzt  waren,  denniach  keiner  weiteren  Be;tralilung  im  Keim- 
bette bedurften. 

Ist  auf  Grund  meiner  Versuche  nicht  eher  anzunehmen,  daß  die 
zweifellos  geschwächteren  Samen  der  obersten  Kapseln  eben  des  Lichtes 
bedürfen,   die  unteren  vollkräftigen  aber  nicht? 

Zur  Erklärung  der  verschiedenen  LiclUcmpfindlichkeit  heller  und 
schwarzer  Samen  von  Chenopodiinii  albniii  (}l.  Raar,  Zur  Anatomie  und 
Keimungsphysiologic  heteromorpher  Samen  usw.,  Sitzungsber.  d.  Wiener 
Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  KL,  J22,  Abt.  1,  191,3)  scheinen  mir  meinej 
Ergebnisse  jedoch  nicht  anwendbar. 

1  In    dieser    Beziehung    weitgehend    vorsichtig    hat    A.    Ottenwälderj 
(Lichtintensität  und  Substrat  bei  der  Lichtkeimung,   Zeitschr.  f.  Bot.,   6,    1914,J 
p.  788  und  796)   gearbeitet.    Vgl.   auch  E.   Lehmann,  Lichtkeimungsfragen. j 
Eine   kritische   Studie  mit  eigenen  Experimenten   und  solchen  von  A.   Otten- 
wälder  (ebenda,    7,    1915,  p.  576). 

2  Bezüglich  der  Temperatur  war  die  Erhaltung  völliger  Konstanz < 
zwar  unmöglich;  es  gestatten  die  durchgeführten  Versuche  aber  immerhin 
diesen  Ausspruch.   Vgl.  Über  die  Fähigkeit  der  Linienerhaltung  usw.,  p.  54  ff. 

^  W.  Pfeffer,  Ptlanzenphysiologie,  11,  2.  Aufl.,  Leipzig  1901,  p.  161 
und  388. 


Quellungszeitpunkt  und  Samenkeimung.  49o 

Ablauf  nehmen  und  hierzu  die  eben  festgestellte  Zeit  be- 
nötigen, einem  Spiehverk  vergleichbar,  das  sein  Stück  an 
jedem  Orte  und  zu  jeder  Zeit  in  annähernd  gleicher  Weise 
wiedergibt,  wenn  es  durch  äußere  Eingriffe  daran  nicht  ver- 
hindert wird.  Welcher  Art  diese  Prozesse  sind,  steht  heute 
noch  nicht  fest  und  bleibe  auch  unerörtert;  nur  soviel  sei 
gesa<^t,  da(j  hierbei  Phasenunterschiede,  wie  sie  Johannsen 
für  die  Knospenruhe  des  Flieders  aufgedeckt  hat  ^  und  wie 
sie  bei  Samen  verschiedener  Pflanzen,  beispielsweise  Calen- 
ilnla,  Siiiap/s,  auch  ohne  besondere  Reizmittel  durch  die  ver- 
schiedene Keimfähigkeit  im  grünreifen,  gelbreifen  und  völlig 
ausgereiften  Zustande  zum  Ausdruck  kommen,  nicht  bemerk- 
bar werden.''  Auch  irgendwelche  morphologische  Ausgestaltung 
des  Embryos  nach  Ablösung  des  Samens  oder  auch  nur  ein 
langsames  intraseminales  Wachstum  der  jungen  Pflanze  fällt 
ganz  außer  Betra(!ht.''  Vielmehr  dürfte  es  sich  um  ganz  die 
gleichen  inneren  Vorgänge  handeln,  die  wohl  allgemein  bei 
Samen  vorkommen  und  in  der  landwirtschaftlichen  Literatur 
durch  die  zwei  Grenzpunkte  der  Schnittreife  und  Keim- 
reife abgesteckt  werden,  Vorgänge,  die  bei  den  vei'schiedenen 
Pflanzen  mutmaßlich  zu  verschiedenem  Zeitpunkte  einsetzen 
und  bei  willigen  Keimern  relativ  rasch  ablaufen,  während  sie 
in  unserem  Falle  so  weit  ausgedehnt  erscheinen,  daß  der 
werdenden  imd  zur  Blüte  schreitenden  Pflanze  die  bekömm- 
lichsten Außenbedmgungen  unserer  Breiten  sicher  gewähr- 
leistet sind. 


1  Vorrulie,  Mittelruhe,  Nachiuiic  in  W.  Johannsen,  Üus  Ätiieiverfahren 
beim  Frühtreiben. 

2  Es  sei  hier  anhr.ngsweise  mitgeteilt,  daß  die  t'arbe  der  Testa  der 
Alctiorolnphiis-^iimcn  sehr  versehiec'en  sein  kann,  vom  hel'sten  Grau  über 
Grün  und  Gelb  zum  dunkelsten  Biaun.  Ich  lial^^e  mich  sehr  l'-emülit,  einen 
Zusammenhang  zwisch.en  der  Färbung  imd  ixeimkraft  zu  finden,  aber  bisher 
vergeblich.  Allgemein  läiit  sicii  nur  sagen,  uali  die  lebenskräftigsten  Indivi- 
duen meist  Samen  tiagcn,  deren  Schalenfarbe  von  einem  blassen  Graugrün 
während  der  i^cife  in  ein  lebhaftes  Hellbraun  (Semmelbraun)  üirergeht.  Um 
erbliche   Rassen   handelt  es  sich  gewiß  nicht. 

■^  \'gl.  die  Fähigkeit  der  IJnienerhaltung  (phyletische  Potenz)  usw., 
p.  6. 


496  A.  Sperlich, 

Nun  hat  aber,  wie  bekannt,  in  letzter  Zeit  die  klare  und 
praktischen  Bedürfnissen  vollauf  entsprechende  Definition  des 
Autonomiebegriffes  ^  manche  Angriffe  erfahren,  vorzüglich  durch 
Klebs,  dessen  prächtige  Versuchsergebnisse  mit  Algen  und 
Pilzen,  mit  den  Knospen  der  Holzgevvächse  und  in  jüngster 
Zeit  mit  Pteridophyten  den  Forscher  zur  Auffassung  führten, 
daß  »in  der  spezifischen  Struktur  der  Pflanzen,  in  der  alle 
sichtbaren  Eigenschaften  der  Potenz  nach  vorhanden  sind, 
nichts  liege,  was  einen  bestimmten  Entwicklungsgang  not- 
wendig verursache«,'^  daß  »in  letzter  Hinsicht  die  Außenwelt 
darüber  entscheide,  welche  von  den  verschiedenen  möglichen 
Entwicklungsformen  verwirklicht  wird.«  Die  sogenannten 
»inneren«  Ursachen  werden  von  Klebs  in  die  von  der 
Außenwelt  unbeeinflußbare  spezifische  Struktur^  und 
die  in  innigstem  Zusammenhang  mit  den  Außenfaktoren  ver- 
änderlichen inneren  Bedingungen  zerlegt.  Jene  stellt 
gewissermaßen  das  unantastbare  Erbgut  des  Organismus  dar, 
dessen  klare  Erkenntnis  durch  die  mit  den  Außenfaktoren 
stets  wechselnde  äußere  Ausprägung  der  vorhandenen  Potenzen 
verschleiert  wird.  Darum  kann  auch  nach  Klebs'  Auffassung 
jede  neuartige  Konstellation  äußerer  Faktoren  auch  neue, 
bisher  kaum  geahnte  Fähigkeiten  dieses  Erbgutes  verwirk- 
lichen. Da  nun  die  in  Versuchen  realisierbare  Kombination 
von  Außenfaktoren,  insbesondere  bei  Berücksichtigung  quan- 
titativer Abstufungen,^  unerschöpflich  ist,  auch  Außenfaktoren 


1  Vgl.  hierüber  H.  Kniep,  Über  den  rln-thmischen  Verlauf  pnanzlicher 
Lebensvorgänge.  Die  Naturwissenschaften,  3,   1915,  Heft  3G — 37. 

2  G.  Klebs,  Probleme  der  Entwicklung,  Biolog.  Zentralblatt,  24,    19Ü4' 

p.  298. 

3  Zum  letzten  Male  hat  Klebs  zu  diesen  Fragen  Stellung  genommen 
im  Hiülog.  Zentralbiatt,  37,  1917,  p.  373  ff.:  Über  das  Verhältnis  von  Wachs- 
tum und  Ruhe  bei  den  Pflanzen.  Vgl.  besonders  den  Abschnitt:  Das  allgemeine 
Problem  der  Rhj'thmik. 

't  In  dieser  Hinsicht  ist  die  Klebs  durch  Anwendung  verschiedener 
Lichtintensitätsgrade  gelungene  Trennung  der  Entwicklungsstadien  der  Pro- 
thallien  von  Pleris  longifulia,  die  bei  konstantem  hohem  Licht  regelmäßig 
aufeinanderfolgen,  sehr  wertvoll.  G.  Klebs,  Zur  Entwicklungsphysiologie  der 
Farnprothallien  L  Sitzungsber.  der  Heidelberger  Akademie,  math.-natui-w. 
Kl.,   1916. 


Quellungszeitpunkt  und  Samenkeimung.  497 

ZU  denken  sind,  deren  Bedeutung  für  den  Organismus  bislier 
nicht  bekannt  sind/  so  ist  es  klar,  daß  auf  Grund  solcher 
Erkenntnis  die  sichere  Beurteilung  nicht  nur  erschwert,  sondern 
ganz  unmöglich  wird,  ob  ein  bestimmter  Schritt  im  Ent- 
wicklungsgange des  Organismus  nur  so,  wie  er  in  Erschei- 
nung tritt,  und  überhaupt  nicht  anders  erfolgen  kann,  also 
ein  Teil  des  unantastbaren  Erbgutes  ist  —  oder  ob  er  nicht 
doch  nur  deswegen  stets  gleichförmig  abläuft,  weil  für  den 
Umbau  innerer  Bedingungen  ausschlaggebende  Außenfaktoren- 
kombinationen  bisher  nicht  realisiert  wurden.  Dies  gilt  auch 
für  die  heute  vollkommen  starr  erscheinende  Sommerruhe 
der  Samen  des  Alectorolophus  hirsutus. 

Es  sei  jedoch  versucht,  auf  Grund  der  eigenen  Erfahrungen 
unter  Berücksichtigung  der  Versuchsmethodik  Klebs'  zu  einem 
Schluß  zu  gelangen,  der,  weit  davon  entfernt,  als  zwingend  zu 
gelten,  immerhin  einen  gewissen  Grad  der  Wahrscheinlichkeit 
beanspruchen  darf.  Es  ist  ein  großer  Vorteil  der  Klebs'schen 
Versuche,  daß  bei  ihnen  ausschließlich  Faktoren  zur  An- 
wendung kommen,  die  in  der  Natur  möglich  und  ohne  welche 
die  Lebensfunktionen  überhaupt  nicht  denkbar  sind:  Licht, 
Wärme,  Ernährungsfaktoren.  Dies  verleiht  ihnen  zweifellos 
gegenüber  der  für  die.  Beurteilung  bisher  nicht  oder  nicht 
ganz  faßbarer  innerer  stofflicher  Veränderungen  gewiß  sehr 
wertvollen  Anwendung  verschiedener,  in  der  Natur  nicht  reali- 
sierter Mittel,  wie  beispielsweise  der  Narkotika,  für  das  Problem 
eine  weit  größere  Bedeutung.  Die  Ernährungsfaktoren  spielen 
nun  in  unserem  Falle  allen  Erfahrungen  nach  eine  sehr 
nebensächliche  Rolle.  Da  der  Same  nach  der  Loslösung  über- 
haupt nichts  mehr  aufnimmt  —  und  wir  erinnern  uns,  daß 
der  hierfür  allein  günstige  Zustand   der  Quellung    für  den    in 


1  Die  hierzu  in  der  Literatur  —  so  auch  bei  Klebs  —  öfter  zitierte 
Arbeit  von  Rose  Stoppel,  Die  Abhängigkeit  der  Schlaf bewegungen  von 
Phaseolus  mnUiflorus  von  verschiedenen  Außenfaktoren  (Zeitschr.  f.  Bot.,  8, 
1916)  will  gewisse  Bewegungen  der  Blätter  der  Pflanze  mit  periodischen 
Änderungen  in  der  elektrischen  Leitfähigkeit  der  Atmosphäre  in  Zusammen- 
hang bringen.  Mir  scheint  die  Sache  noch  nicht  derart  begründet  —  und 
auch  die  Verfasserin  macht  gewisse  Vorbehalte  — ,  daß  die  Darlegungen  zur 
Stützung  theoretischer  Ableitungen  dienen  könnten. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturvv.  Kl.,  Abt.  I,  12S.  Bd.    •  35 


498  A.  Sperlich, 

Frage  kommenden  Zeitabschnitt  vollkommen  belanglos  ist  — , 
so  kann  es  sich  nur  um  die  Ernährung  der  Mutterpflanze 
handeln.  In  dieser  Beziehung  stand  mir  das  verschiedenste 
Material  zur  Verfügung:  reichlich  belichtete  und  von  der  Wirt- 
pflanze mit  Nährsalzen  gut  versorgte  Individuen,  Schatten- 
pflanzen, an  schwachen  Wirten  schmarotzende  und  fast  ganz 
auf  sich  selbst  angewiesene  Pflanzen.  ■  Irgendwelche  Beein- 
flussung der  Keimperiode  ergab  sich  nie.  Wenn  ein  Schwäch- 
ling, sei  es  aus  Lichtmangel,  sei  es  aus  mangelhafter  Nähr- 
salzzufuhr, überhaupt  Samen  erzeugt  und  ein  solcher  Same 
auch  keimt,  so  keimt  er  eben  zur  festgesetzten  Zeit.  Nehmen 
wir  die  Samenerzeugung  mit  ihrer  notwendigen,  weil  anders 
die  Weiterexistenz  der  Art  unmöglich  machenden  Konzentra- 
tion plastisch  wertvoller  Stoffe  als  Bestandteil  des  Erbgutes 
an  —  und  es  wird  wohl  eine  andere  Annahme  trotz  der 
habituell  auftretenden  und  experimentell  erzielbaren  Unter- 
drückung des  Vorganges  mit  Rücksicht  auf  seine  eminente 
systematische  Bedeutung  kaum  möglich  sein  — ,  dann  bleibt 
den  Ernährungsfaktoren  kein  weiterer  Angriffspunkt  mehr 
übrig.  Was  in  letzter  Zeit  als  keimungsfördernde  Substrat- 
wirkung  bekannt  worden  ist,^  kann  nicht  als  Gegenargument 
verwertet  werden.  Denn  bei  diesen  Versuchen  handelt  es  sich 
stets  um  Samen,  die  sich  zur  Zeit  des  Eingriffes  innerlich  im 
Zustande  der  Keimfähigkeit  befinden,  der  bei  den  Samen 
unserer  Pflanze  erst  nach  Ablauf  von  fünf  Monaten  erreicht 
wird.  Gerade  auf  möglichst  gleiche  innere  Verfassung  des 
Versuchsmaterials  wird  von  den  betreffenden  Forschern  bei 
diesen  Versuchen  mit  Recht  gesehen.  Es  ist  ja  möglich,  daß 
es  einmal  gelingt,  durch  Einwirkung  irgendeines  Ions  die 
inneren  Prozesse  während   der  sommerlichen  Ruhe  derart  zu 


1  Vgl.  A.  Otten Wälder,  ^Lichtintensität  und  Substrat  bei  der  Licht- 
keimung, Zeitschr.  f.  Bot.,  6,  1914,  und  E.  Lehmann,  Lichtkeimungsfragen, 
eine  kritische  Studie  mit  eigenen  Experimenten  und  solchen  von  A.  Otten- 
wälder,  Zeitschr.  f.  Bot.,  7,  1915;  zudem  G.  Gassner,  Über  die  keimungs- 
auslösende  Wirkung  der  Stickstoffsalze  auf  lichtempfindliche  Samen,  Jahrb. 
f.  wissensch.  Bot.,  55,  1915,  p.  259,  und:  Einige  neue  Fälle  von  keimungs- 
auslösender  Wirkung  der  Stickstoffverbindungen  auf  lichtempfindliche  Samen 
Ber.  d.  D.  B.  G.,  33,    1915,  p.  217. 


Quellungszeitpunkt  und  Samenkeimung.  499 

beschleunigen  oder  zu  verzögern,  daß  eine  andere  Keimungs- 
periode resultiert.  So  wertvoll  ein  solches  Ergebnis  für  die 
Durchleuchtung  dieser  Prozesse  an  sich  wäre,  so  nebensäch- 
lich wäre  es  für  unsere  Frage,  weil  diese  Einwirkung  für  die 
Vorgänge  im  Innern,  wie  mir  Vol  1  k  e  i  mungen  auf 
aschen  freiem  Filtrier  papier  unter  Anwendung 
destillierten  Wassers  gezeigt  haben,  ganz  und  gar 
un  notwendig  ist.  Ein  üb  er  flüssiger  Faktor  spielt  aber 
bei  der  Frage  nach  dem  Zusammenhange  einer  Entwicklungs- 
erscheinung mit  den  Veränderungen  der  Außenwelt  gewiß 
keine  besondere  Rolle,  wenn  er  auch  im  übrigen  nicht  selten 
geeignet  ist,  unbekannte  Potenzen  zu  enthüllen. 

Das  hier  Gesagte  gilt  auch  für  die  Wirkung  des  Lichtes. 
Wir  erinnern  uns  an  die  im  vorangehenden  Kapitel  behandelten 
Versuche,  die  uns  gezeigt  haben,  wie  die  keimungsfördernde 
Lichtwirkung  auf  den  Alectoroloplms-Samen  zu  deuten  ist  und 
die  gleichfalls  nicht  imstande  waren,  an  der  Keimungs- 
periode etwas  zu  ändern.  Auch  hier  ist  jedoch,  wie  oben  für 
die  lonenwirkung  bemerkt  wurde,  an  die  Möglichkeit  zu 
denken,  daß  Lichl^uantitäten  und  -qualitäten  gefunden  werden, 
die  in  die  inneren  Vorgänge  des  ruhenden  Samens  eingreifen 
eine  Entdeckung,  die  wiederum  weit  mehr  in  anderer  Be- 
ziehung verwertbar  wäre  als  für  unsere  Frage.  So  ist  es  auch 
bezüglich  der  Temperatur  und  der,  allem  Anscheine  nach, 
wie  die  Lichtwirkung  zu  beurteilenden  Keimungsförderung 
durch  Frost. 

Nach  alledem  glaube  ich,  daß  es  berechtigt  erscheint, 
anzunehmen,  daß  die  Sommerruhe  der  Samen  unserer  Pflanze 
etwas  Arteigenes,  zum  Erbgut  des  Organismus  Gehöriges  ist, 
daß  es  berechtigt  erscheint,  diese  Ruhe,  da  der  Ausdruclc 
autononv  vielleicht  nicht  mit  Unrecht  einigen  Bedenken  be- 
gegnet,^ als  spezifische  Ruhe  zu  bezeichnen. 

Ich  erblicke  demnach  in  der  Ausd ehnu ng  der  inneren 
Lebensvorgänge  des  Samens  zwischen  Schnitt-  und  Keimreife 
auf  eine  weit  längere  Zeitperiode  als  bei  der  großen  Mehrzahl 


1  Vgl.  G.  Klebs,  Über  das  Verhältnis  von  Wachstum  und  Ruhe  usw., 
a.  a.  0.,  p.  400  ff. 


öOO  A.  Sperlich.  Quellungszeitpunkt  und  Samenkeimung. 

der  Samen  ein  erbliches,  zum  Charakter  der  Art  gehöriges 
Merkmal,  das  unsere  Pflanze  zu  einer  typischen  Saisonpflanze 
stempelt. 

Über  die  Tatsache,  daß  Samen,  die  im  Reifungsjahre  die 
Keimfähigkeit,  wie  wir  nunmehr  wissen,  infolge  innerer 
Schwächung  überhaupt  nicht  erreichen  oder  die  zur  Zeit 
der  Keimfähigkeit  an  der  Wiederaufnahme  des  Wachstums 
verhindert  waren,  in  folgenden  Jahren  die  Keimperiode  streng 
einhalten,  sei  mangels  entsprechender  Versuche,  die  geeignet 
wären,  in  diesen  Mechanismus  einiges  Licht  zu  werfen,  nicht 
weiter  gesprochen. 


Akademie    der  Wissenschaften    in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,    Botanik,    Physiologie  der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


128.  Band.    7.  und  8.  Heft 


36 


503 


Untersuchungen   über  die  Lichtbrechung 
einiger  Harze 

V'on 

Dr.  Justin  Greger 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  30.  Oktober  1919) 

Die  Harze,  deren  warenkundliche  Charai<teristilv,  abgesehen 
von  den  naturgeschichtlichen  Merkmalen,  im  wesentlichen  in 
ihren  physikalischen  Eigenschaften  (Unlöslichkeit  im  Wasser, 
vollständige  oder  teilweise  Löslichkeit  in  gewissen  Medien,  wie 
'/..  B.  Äther,  Alkohol,  Benzol,  Schwefelkohlenstoff,  Chloroform, 
( "hloralhydrat  u.  a.)  begründet  ist,  haben  vermöge  ihrer  viel- 
seitigen technischen  Verwendbarkeit  von  jeher  das  Interesse 
der  wissenschaftlichen  Forschung  erregt.  Vieles  wurde  auf 
diesem  Gebiete  geleistet,  besonders  die  Chemie  der  Harze 
eingehendst  studiert,  und  doch  bilden  dieselben  auch  heute 
noch  ein  weites  und  dankbares  Feld  wissenschaftlicher  Betäti- 
gung —  für  den  Chemiker  sowohl  als  auch  für  den  Botaniker. 

Da  die  Harze  bekanntlich  die  Aufstellung  einer  eigenen 
Gruppe  auf  Grund  ihrer  chemischen  Zusammensetzung  nicht 
rechtfertigen,  so  ist  die  Beibehaltung  des  Begriffes  »Harze« 
nur  auf  rein  äußerliche,  zum  Teil  physikalische  Merkmale,  wie 
schon  eingangs  erwähnt  wurde,  und  schließlich  auf  ihre  tech- 
nische Verwendung  begründet,  für  die  Praxis  jedenfalls  auch 
vollkommen  gerechtfertigt,  hi  ihrer  überwiegenden  Mehrzahl, 
wenn  nicht  durchwegs,  sind  sie  Kolloide.  Tschirch^  hat 
auf  Grund  seiner  ausgedehnten  chemischen  Studien  eine  Ein- 
teilung der  Harze  gegeben,    die  auf  der  Analyse  der    reinen 


1  Tschiich   (1906),  p.  28  u.  f. 


504  J.   Greger, 

Harzkörper,^     ohne   jedoch    die    Beimengungen    einfach    zu 
übergehen,  hauptsächlich  fußt. 

In  der  Praxis  unterscheidet  man  gewöhnlich: 

1.  Echte  Harze, 

2.  Gummiharze. 

3.  Balsame; 
oder: 

1.  Gummiharze. 

2.  Harze  und  Balsame,  welche  weder  Zimt-  noch 
Benzoesäure  besitzen  noch  auch  durch  Zersetzung 
liefern,  und 

3.  Harze  und  Balsame,  w'elche  diese  Säuren  besitzen 
oder  durch  Zersetzung  liefern.- 

Wiesner  gibt  nach  der  Bildungsweise  eine  weitere  Ein- 
teilung:'^ Das  unter  normalen  Bedingungen  entstehende  Harz 
bezeichnet  er  als  phj^siologisches,  das  infolge  Verwundung 
sich  bildende    und  abscheidende    als  pathologisches  Harz. 

Eine  ähnliche  Differenzierung  sucht  Tschirch"*  aufzu- 
stellen durch  die  Unterscheidung  eines  primären  und  eines 
sekundären  Harzflusses:  Nach  einer  Verwundung  tritt 
zuerst  das  normal  gebildeteJprimäre  (nach  Wiesner  physio- 
logische) Harz  aus  und  später  als  sekundärer  Harzfluß 
das  von  Wiesner  als  »pathologisch«  bezeichnete  Harz.  Da 
die  Grenze  zwischen  diesen  beiden  Harzflüssen  woh  leine  sehr 
unsichere  ist  —  (wann  setzt  der  sekundäre  Harzfluß  ein?)  — 
so  hat  diese  Einteilung  nur  einen  geringen  praktischen  Wert. 

Wiesner,  Bamberger,^  Tschirch'''  und  viele  andere 
Forscher  haben  besonders  in  den  letzten  Dezennien  das  ganze 
Gebiet  der  Harze  eingehendst  und  mit  großem  Erfolge  be- 
arbeitet. Wiesner  und  Tschirch  sowie  ihre  Schüler  wendeten 
auch  der  Klärung  der  rein  botanischen  Fragen  ihr  besonderes 


1  Tschirch   (1906).    Unter  »Reinharz«;    versteht    Tschirch   »den  vor 
den  begleitenden  Beisubstanzen  befreiten  Harzkörper«   (p.  194). 

-  Wiesner  (14),  p.  232. 

3  Wies n er,  1.  c,  p.  168. 

■1  Tschirch  (1906),   p.  7   und   1188. 

■'  L.  c. 

'■■  L.  c. 


Lichtbrechung  einiger  Harze.  505 

Augenmerk  zu;  die  Beantwortung  einer  ganzen  Reihe  von 
Fragen,  betreffend  die  anatomischen  und  physiologischen 
Bedingungen  der  Harzbildung,  wie  auch  der  Systema- 
tik (Stammpflanzen),  ist  vornehmlich  ihnen  zu  danken.  Trotz- 
dem harren  noch  viele  Punkte  der  Aufklärung  oder  eingehender 
Studien;  es  seien  nur  erwähnt  die  Harzmetamorphose,  Autoxy- 
dation, Überwallungsharze,  Bestimmung  der  Stamimpflanzen  u.  a. 

Wenn  wir  heute  noch  eine  ganze  Fvcihe  von  Harzen 
haben,  deren  Provenienz  entweder  ganz  unbekannt  oder  doch 
sehr  zweifelhaft  ist,  so  trägt  an  dieser  Verwirrung  die  Nomen- 
klatur, deren  Grundlage  zum  großen  Teile  die  Landes-  oder 
Gebietsnamen  der  Herkunft  bilden,  vielfach  die  Schuld;  ja 
selbst  Bezeichnungen,  die  ganz  ausgeschlossen  erscheinen, 
sind  gar  nicht  so  selten;  z.  B.  «ägyptischer  oder  ostindischer 
Kopal«. 

Wiesner  hat  daher  berechtigterweise,  speziell  für  die 
Kopale,  den  Vorschlag  gemacht,  dieselben  nach  ihren  Stamm- 
pflanzen zu  bezeichnen;^  em  Vorschlag,  der  übrigens  meines 
Erachtens  auch  auf  andere  Harze  auszudehnen  wäre,  wie  z.  B. 
Fichtenharze,  Elemi.  Naturgemäß  kann  das  nur  für  S(~)rten 
gelten,  deren  Provenienz  einwandfrei  geklärt  ist.  Jedenfalls 
würde  sowohl  die  Übersicht  über  die  bekannten  Sorten  sehr 
gewinnen,  andrerseits  auch  die  weitere  wissenschaftliche  For- 
schung auf  eine  breitere  Basis  gestellt.  Allerdings  müßte  diese 
Anregung  auch  vom  Handel  aufgegriffen  und  vor  allem  die 
wissenschaftlichen  Institute  mit  einwandfreiem  Material  ver- 
sehen werden. 

Zur  Bestimmung  von  Harzen  unbekannter  Provenienz 
wurden  verschiedene  Wege  eingeschlagen.  Vor  allem  wurde 
die  chemische  Analyse  herangezogen,  die  selbstverständ- 
lich zur  vollkommen  einwandfreien  Bestimmung  gegenwärtig 
fast  die  einzige  Möglichkeit  bietet.  Daneben  wurden  aber  auch 
\'ersuche  unternommen,  die  Dichte,-  die  Schmelzpunkte,-^ 
die    Lösiichkeit-'^    und,     speziell     für    die    Kopalreihe,     die 

1  Wiesner  (14),   p.  354. 

'-'  Tschirch   (1906),  p.  10;  Wiesner  (14),   p.  330;    Bottier  (93l. 

3  Tschirch  (1906),  p.  1 1  ;  Wiesner  (14),  p.  332. 

•1  Wiesner  (14),  p.  214;    Bottier  (93),   p.  22. 


50()  J.  Greger, 

Härte^  als  Diagnostica  zur  approximativen  Bestimmung  zu 
benützen.  Diese  Versuche  zeigten  nun  auch,  daß  eine  Unter- 
scheidung einzelner  Harze  auf  Grund  solcher  Eigenschaften 
wohl  möglich  ist;  andrerseits  traten  aber  bei  verschiedenen 
Fc^rschern  Differenzen  hervor,  die  möglicherweise  aus  dem  oft 
nicht  ganz  einwandfreien  Untersuchungsmateriale  zu  erklären 
sind,  besonders  wenn  es  vielleicht  ohne  genaue  Überprüfung 
verarbeitet  wird;  und  schließlich  ist  es  nicht  von  der  Hand 
zu  weisen,  daß  die  angestellten  Versuche  ohne  Berücksichti- 
gung der  speziellen  Eigenschaften  der  Harze  durchgeführt 
wurden.  Daß  z.  B.  die  Ermittlung  der  Dichten  oder  der 
Schmelzpunkte  je  nach  der  Versuchsanordnung  und  Methode 
divergierende  Resultate  zeitigt,  beweisen  die  Tabellen  in 
Wiesner's   *  Rohstoffe « -  bezüglich  der  Kopale. 

Auch  vereinzelte  Lichtbrechungsbestimmungen  wur- 
den durchgeführt,-^  die  jedoch  in  ihrer  überwiegenden  Mehrzahl 
für  die  praktische  Anwendung  kaum  einen  brauchbaren  Anhalts- 
punkt liefern,  da  die  zur  Ermittlung  angewandte  Methode  nicht 
mitgeteilt  wird.  Es  wird  später  gezeigt  werden,  welchen  Ein- 
fluß die  Temperatur  eines  Schmelzflusses  auf  die  Lichtbrechung 
nach  der  Erstarrung  hat.  Ob  diese  Tatsache  im  Zusammen- 
hange mit  der  Verflüchtigung  von  Beimengungen  (ätherischen 
Ölen  z.  B.)  oder  mit  chemischen  Vorgängen  steht,  vermag  ich 
nicht  zu  entscheiden.  Bei  dem  speziellen  Falle  wird  noch 
darauf  zurückgekommen  werden. 

Jedenfalls  ist  das  eine  sicher,  daß  für  exakte  Resultate 
und  für  deren  weitere  praktische  Verwertung  nicht  nur  die 
genaueste  Beobachtung  aller  Begleitumstände,  sondern  auch 
deren  Mitteilung  ein  unerläßliches  Erfordernis  bildet. 

Die  den  Gegenstand  der  vorliegenden  Abhandlung  bildende 
Ermittlung  der  Brechungsindices  wurde  mit  der  Absicht 
unternommen,  ob  nicht  auch  auf  diesem  Wege  ein  brauch- 
bares Hilfsmittel  für  die  Bestimmung  von  Harzen  un- 
bekannter Provenienz  "ewonnen  werden  könnte. 


1  Wiesner  (14),  p.  330.  —  Bottier  (93),  p.  21. 

2  Wiesner  (14),  p.  330  und  332. 

■■•  Landolt-Bürnstein  (1905),  Tabelle  200,  p.  635  bis  639.    —    Beer 
(53),  Tabelle  VI,  p.  423  bis  425.  —  Behrens  (190S),  Tabelle  41,  p.  48,  49. 


Lichtbrechung  einiger  Harze.  •      oO< 

Im  speziellen  Teile  wird  darauf  noch  näher  eingegang-en 
werden. 

Untersuchungsmethode. 

Der  Versuch,  durch  die  Vergleichsmethode  mitteis 
des  Polarisationsmikroskops  die  Brechungsindices  zu  be- 
stimmen, scheiterte  an  dem  Umstände,  daß  in  der  Mehrzahl 
der  Vergleichsmedien  von  bekannter  Lichtbrechung  die  Harze 
ganz  oder  teilweise  in  Lr)sung  gehen.  Auch  die  Prismen- 
methode ergab  am  Fues- Goniometer  keine  guten  Resultate, 
da  weder  das  Signal  zur  Bestimmung  des  brechenden  Winkels 
noch  auch  das  Spektrum  für  die  Ablenkung  einwandfrei  ein- 
zustellen waren.  Wahrscheinlich  entstehen  infolge  der  allmäh- 
lichen oder  sozusagen  zonenweisen  Abkühlung  Schlieren  oder 
Spannungsdifferenzen,  wodurch  die  durchgehenden  Strahlen 
mehrfach  gebrochen  werden.  So  wurde  schließlich  der  Versuch 
gemacht,  mittels  des  Refraktometers  zum  Ziele  zu  gelangen. 
Als  durch  eine  Probe  sich  erwies,  daß  das  Refraktometer  bei 
der  Untersuchung  genaue  Winkelwerte  abzulesen  gestattet, 
wurden  vorerst  die  Brechungsindices  einiger  Harze  ermittelt, 
um  zu  erfahren,  ob  überhaupt  nennenswerte  Unterschiede 
welche  eine  weitere  Bearbeitung  rechtfertigen  konnten,  kon- 
statierbar sind.  Für  diesen  Zweck  wurden  Gummigutt,  Dammar, 
Fichtenharz,  Manilaelemi  und  rotes  Acaroid  gewählt,  also  Ver- 
treter der  drei  Gruppen,  wie  sie  Wiesner^  aufgestellt  hat. 
Die  Berechnung  ergab  Wertdifferenzen  von  7/xa  =:  1 '54041 
bis  1*  60315.  Es  handelte  sich  nun  um  die  weitere  wichtige 
Frage,  für  alle  zu  untersuchenden  Harze  möglichst  gleich- 
artige Grundbedingungen  zu  schaffen. 

Zu  diesem  Zwecke  wurde  vor  allem  eine  Versuchsreihe 
gemacht,  um  zu  konstatieren,  ob  die  Verflüchtigung  von 
Bestandteilen  die  Lichtbrechung  beeinflußt.  Da  sich  dies,  wie 
später  gezeigt  werden  wird,  als  sicher  erwies,  war  die  Auf- 
gabe die,  einen  Weg  zu  finden,  um  die  Verflüchtigung  von 
Beimengungen  nach  Möglichkeit  zu  verhindern.  Nach  mehr- 
fachen Proben    erwies  sich  folgende  Methode   als  zureichend: 


1  Wiesner  (14).  p.  232. 


V 


508  J.  Greger. 

Das  ZU  untersuchende  Harz  wurde  mittels  eines  Messers,  so- 
fern es  nicht  schon  in  einem  Bruchstück  selbst  die  Bedingung 
bot,  mit  einer  zirka  15  mm-  großen,  ebenen  Fläche  versehen 
und  diese  sodann  leicht  konkav  gehöhlt,  so  daß  ein  erhöhter 
Rand  entstand.  Sodann  wurde  das  Harz  mit  dieser  Fläche  auf 
eine  geschliffene  (am  besten  dünne)  Glasplatte  (Deckglas) 
gesetzt  und  vorsichtig  erwärmt;  bereits  vor  dem  allgemeinen 
Eintreten  der  Schmelztemperatur  wird  durch  den  Rand  ein 
Abschluß  gebildet  —  der  Schmelzpunkt  wird  hier  am  frühesten 
erreicht  —  und  dadurch  das  Entweichen  der  flüchtigen  Bestand- 
teile verhindert.  Beginnt  nun  das  Harz  auch  in  dem  so  ge- 
bildeten Hohlräume  zu  schmelzen,  so  wird  es  fest  gegen  die 
Glasplatte  angedrückt  und  das  ganze  Präparat  sich  selbst 
überlassen.  In  sehr  kurzer  Zeit  erfolgt  die  Abkühlung  und  das 
dünne  Glas  springt  in  den  meisten  Fällen  von  selbst  ab.  Das 
Harz  zeigt  eine  vollkommen  gleichmäßig  spiegelnde  Fläche, 
die  Grenzkurve  im  Refraktometer  ist  scharf. 

Nach  diesem  V^organge  wird  sich  also  der  Brechungsindex 
ungefähr  auf  den  Schmelzpunkt  des  betreffenden  Harzes 
beziehen. 

Die  Besümmung  der  Brechungsindices  wurde  mittels 
eines  Krystallrefraktometers  von  Zeis^  vorgenommen. 
Als  Vergleichsflüssigkeit  diente  Thoulet'sche  Lösung- 
vom  Brechungsexponenten  1-71813,  als  Lichtquelle  Na- 
trium licht. 

Bei  der  Zugrundelegung  der  Grenzwinkel  für  die  Berech- 
nung der  Brechungsexponenten  wurde  so  vorgegangen,  daß 
mindestens  drei  Ablesungen  gemacht  und  daraus  das  Mittel 
gezogen  wurde.  Größere  Differenzen  als  3'  kamen  übrigens 
nicht  vor;  da  dadurch  aber  erst  die  vierte  Dezimale  beeinflußt 
wird,  hatten  sie  auch  vernachlässigt  werden  können. 


1  Beschreibung  und  Abbildung  siehe  P.  Groth:  Physikalische  Kr\-stallo- 
graphie.  4.  Autl.   Leipzig  1905,  p.  704  bis  709. 

-  Kaliumquecksilberjodidlösung.  Näheres  siehe  Rosenbusch-Wüifing, 
Mikroskopische  Physiographie  der  petrographisch  wichtigen  Mineralien. 
^  Hälfte.   .Stuttgart   1904,   p.  38,  39. 


Lichlbivcliung  einiger  Harze. 


509' 


Spezieller  Teil. 
Die  Liehtbreehung'sindiees  der  untersuchten  Harze. 

In   der  Reihenfolge  habe  ich  mich  an  Wiesner  (Rohstoffel)    gehalten. 
Die  Indices  beziehen  sich  auf  Na-I.icht,  t  =  18°  C. 

I.  Gummiharze. 

1.  Gummigutt 1  -60315 

Galbanum  und  Ammoniak g um mi  gaben  trotz 
wiederholter  sorgfältiger  Versuche  Iveine  scharfen  Grenz- 
kurven. 


IL  Harze,  welche  weder  Zimt-  noch  Benzoesäue  führen  und 
diese  beiden  Körper  auch  nicht  durch  Zersetzung  liefern. 

2.  Fichtenharz: 

a)  Natürliches 1-55184 

h)  Waldweihrauch 1  -  54868 

c)  Burgunder  Pech 1  -  54868 

d)  Weißpech  (Wasserharz) 1  -55979 

3.  Elemi: 

a)  Maniiaelemi 1  -  55872 

h)  Mexikanisches  Elemi 1  •  52554 

c)  Brasilianisches  (Protium-)  Elemi 1  -55341 

4.  Mastix: 

a)  Bombaymastix 1 


h)  Chiosmastix 

5.  Sandarak 

6.  Dam  mar 

7.  Kopale: 

a)  Sansibarkopal 

Baumkopal   

Gegraben  unreif 

Gegraben  reif 

b)  Mozambiquekopal? 

c)  Inhambanekopal  von  Copaifera  Gorsldana 


53917 
55027 
54092 
54041 


•  5546( ) 
•56011 
•57638 
•54977 
•54378 


1  Wiesner  (14),  p.  232. 


510 


J.  G res; er. 


d)  Sierra  Leonekopal 

jung 1 

Kieselkopal l 

e)  Loangokopal 1 

f)  Angolakopal  (rot) 1 

g)  Benguellakopal  (gelb) 1 

h)  Kamerunkopal 1 

i)  Kaurikopal 

Neuseeland    —     1 

Neukaledonien   —    1 

j)  Manilakopal 

hart 1 

weich .■ 1 

k)  Brasilianischer  (südamerikanischer)  Kopal 

von  Hymenaea   Courharil 1 

von  Hymenaea  stilbocarpa 1 

8.  Guajakharz   1 

9.  Gummilack  (Stocklack) 1 


54251 
55057 
54490 
54789 
54410 
53180 

53996 
54568 

53259 
54060 

52659 
54441 
61480 
54852 


III.  Harze,  weiche  Zimt-  oder  Benzoesäure  führen 
durch  Zersetzung  liefern. 

10.  Benzoe: 

Siam    —    1 

Sumatra   —    1 

11.  Drachenblut 1 

12.  Xanthorrhoeaharz: 

Rotes  Acaroidharz 1 

Gelbes  Acaroidharz? 1 

(13.)  Olibanum 1 

(14.)  Harz  von  Honniirinni  ßorihumlnui  (Umiri- 

harz) 1 


oder 


54916 
53677 
67093 

66210 
65551 
53195 

53437 


Zwecks  Überprüfung  der  Verläßlichkeit  der  angewandten 
Methode  wurden  einige  Kontrollmessungen  durchgeführt,  und 
zwar  mit  neuen  Proben  des  gleichen  Materials.  Es  ergaben 
sich  beispielsweise  folgende  Winkelwerte: 


Lichthi-echuii"    einieci'  Harze. 


511 


Für  rotes  Acaroidharz: 

1.  Messung 61°   32' 

61      34 
61      33 

Kontrolle 61"   35' 

61      33 

Für  Oübanum: 

1.  Messuno-.  ..  ,      54°      8' 
54      10 
54       7 

Kontrolle 54°    10' 

54        7 

Auf  gleiche  Weise  wurden  noch  Sandarak,  Gelb- 
benguellakopal  und  Mastix  nachgeprüft. 

Bei  Zusammenziehung  der  gewonnenen  Resultate  bietet 
sich  nun  (Indices  steigend)  folgendes  Bild: 

Elemiharze 1-52554  bis   1-55872 

Kopale 1  -52659  bis   1-57638 

O  li  b  a  n  u  m 1-53195 

Umiriharz 1-53437 

Benzoe 1-53677  bis    1-54916 

Mastix 1 -53917  bis   1 -55027 

Dam  mar 1  -54041 

Sandarak   1-54092 

Gummilack 1-54852 

Fichtenharz 1*54552  bis   1*55979 

Gummigutt 1  -60315 

Guajakharz 1-61480 

Xanthorrhoeaharz  1*65551  bis   1-66210 
Drachenblut 1  -67093 

Vor  allem  fällt  sofort  ins  Auge  die  Gruppe  mit  den 
Brechungsindices  1-60  und  höher.  Sie  hebt  sich  auf- 
fallend gegen  die  übrige  Reihe  ab  und  ist  auch  durch  Indices 
ausgezeichnet,  welche  sich  scharf  gegeneinander  abgrenzen, 
also  gut  charakterisierte  Sorten  kennzeichnen. 


512  J.   Greger, 

Unter  /^xa  =  1-530  gehen  nur  mexikanisches  Elemi  und 
brasilianischer  Kopal  von  Hymenaea   Courbaril. 

«Xa  =  1  '550  bis  1  "öO:  Fichtenharze,  Chiosmastix,  Manila- 
und  Protiumelemi  sowie  einige  Kopale. 

Zwischen  1*530  und  1*550  liegt  nun  die  Mehrzahl  der 
untersuchten  Harze:  Kopale,  Elemi,  Benzoe,  Fichtenharze, 
Gummilack,  Umiriharz,  Olibanum,  Sandarak,  Dammar. 

Bei  Berücksichtigung  der  Brechungsindices  im  Verein  mit 
den  sonstigen  charakteristischen  Eigenschaften  wird  es  wohl 
meist  gelingen,  auch  bei  der  letzten  Gruppe  nahe  an  die  Grenze 
der  richtigen  Bestimmung  zu  gelangen.  Auf  jeden  Fall  sind 
für  die  nachfolgende  chemische  Untersuchung  Anhaltspunkte 
gewonnen,  welche  auf  spezielle  Untersuchungsmethoden  hin- 
weisen und  damit  den  Kreis  der  Untersuchungsmöglichkeiten 
bedeutend  verengern. 

Um  nun  den  Einfluß  der  flüchtigen  Beimengungen 
auf  die  Lichtbrechung  zu  prüfen,  wurde  folgender  Versuch 
gemacht:  Im  Thermostaten  wurde  Dammar  auf  80°  C.  er- 
wärmt und  sodann  an  die  Glasplatte  angepreßt.  Hierauf  wurde 
von  demselben  Material  in  der  ^^prouvette  ein  Teil  auf  160°, 
der  Rest  auf  200°  erhitzt  und  auf  die  (gleichfalls  erhitzte) 
Glasplatte  gegossen.  Derselbe  Versuch  wurde  mit  Maniia- 
elemi  vorgenommen,  und  zwar  für  die  Temperaturen  135°, 
150°,  200°.   Die  Ergebnisse  sind  folgende: 

Für  Dammar: 

S0° .  .  .    1  *  545 1 1 X 

'".".Differenz  0*00931 
160°...    1*53580<  :0*01786 

/Differenz  0*00855 
200°  ...     1  *  52725::- •••- 

F  ü  r  M  a  n  i  1  a  e  1  e  m  i : 

1 35  °  .  .  .  1  *  54044:;- 

'■■.-Differenz  0*00128 
150°...  1*53916<  ;0* 00624 

'.'.■.•■Differenz  0-00496 
200° ..  .    1  *  53420--" •••■■' 


Lichtbrechung-  einiger  Harze.  olo 

Berücksichtigt  man  nun  die  bei  möglichster  Vermeidung 
von  Verfiüchtigungen  festgestellten  Brechungsindices  sowie 
die  Schmelzpunkte,  so  ergeben  sich  folgende  Differenzen: 

Da  m  mar: 

Brechungsindex  beim  Schmelzpunkte  (zirka  150°).  .  .    1  -54041 
Brechungsindex  bei  200° 1  -52725 


Differenz.  .  .   0-01316 


M  a  n  i  1  a  e  1  e  m  i : 


Brechungsindex   bei  zirka   120° 1  -55872 

Brechungsindex   bei  200° 1  -53420 


Differenz.  ..   0-02452 

Da  der  Gehalt  an  ätherischen  Ölen  bei  Dammar  nur 
gering,  bei  Elemi  aber  höher  ist  (b's  30%),  ließe  sich  aus 
diesem  Versuche  ein  Schluß  darauf  ziehen,  daß  die  Anwesen- 
heit, beziehungsweise  die  Verflüchtigung  von  ätherischen  Ölen 
den  Brechungsindex  wenigstens  mitbeeinflußt.  Ob  abör  doch 
nicht  auch  andere  Ursachen  diese  Erscheinung  hervorrufen, 
soll  damit  keineswegs  abgewiesen  sein.  Sicher  ist  das  eine, 
daß  der  Brechungsindex  durch  die  Temperatur  innerhalb 
weiter  Grenzen  verschoben  wird. 

Nach  der  den  vorliegenden  Ermittlungen  zugrunde  ge- 
legten Methode  müßte  nun  zu  erwarten  sein,  daß  die 
Brechungsindices  in  Korrelation  zum  Schmelzpunkt 
des  betreffenden  Harzes  stehen,  und  zwar  mehr  zu  den 
unteren  Schmelzpunkten,  wie  sie  von  Bamberger  und  Riedel 
für  die  Kopale  ermittelt  wurden,^  weil  auch  bei  der  Her- 
stellung der  Refraktionsflächen  das  Entweichen  von  flüchtigen 
Bestandteilen  tunlichst  verhindert  wurde.  Die  Gegenüber- 
stellung zeigt  nun  auch  ganz  deutlich  diese  Bezi-ehungen:  Je 
höher  der  Schmelzpunkt,  um  so  höher  der  Brechungs- 
index. 


1  Wiesner  (14),  p.  332  (Originaiuntersuchungen). 


5!4 


J.   Greger, 


Brasilianisclier  Kopal  von  Hymc 
naea   Couibaril 

Kamerunkopal 

Manilakopal  hart 

Kaurikopal 

Gelbbenguellakopal 

Sansibarkopal 


115° 
110—120 

120 
115—140 
156—158 
160—360 


1-52659 

1-53180 

1 • 53259 
1-53996-1-54568 

1-54410 
1-55466—1  -57638 


Unterer 
Schmelzpunkt 

"X. 

Brasilianischer  Kopal  von  Hyme- 
naca   Courbar il 

77° 

96 

103 

106—108 

111 

125 

139—158 

1 ■ 52659 

1-53180 

1-53259 

1-54410 
l-rj3996— 1-54568 

1 -54789 
1-55466—1  -57638 

Manilakopal  hart 

Gelbbenguellakopal 

Kaurikopal 

Angolakopal 

Sansibarkopal 

Dagegen  zeigt  ein  Vergleich  mit  den  Ermittlungen  anderer 
Autoren  nicht  die  \-olle  Übereinstimmung,  ein  Umstand,  der, 
wie  bereits  früher  erwähnt,  daraus  zu  erklären  ist,  daß  die 
speziellen  Eigenschaften  der  Harze  nicht  mit  der  durchaus 
notwendigen  Sorgfalt  in  Rücksicht  gezogen  wurden. 


Schmelzpunkt 


Siam  Benzoe 

Sumatra  Benzoe 

Guajakharz 

Brasilianischer  Kopal  von  Hymc- 
nacci   Courbaril 


75° 

89—90 

95 

95 


1-54916 
1-53677 

1 -61480 

1 • 52659 


Lichtbrechung  einiger  Harze. 


515 


Schmelzpunkt 


^\a 


Mastix 

Kanierunkopal 

Manilakopal   weich 

Elemi 

Manilakopal  hart 

Gummilack 

Dammar 

Kaurikopal 

Gelbbenguellakopal    

Sierra  Leonekopal  jung.  . 
Sierra  Leone(Kiesel-)kopa 

R^>tangoiakopal 

Inhambanekopal 

Sansibarkopal 


100—120° 

1  OS 

1  1.". 

120 

1  35 

140 

1 50 
140—170 

170 

185 

220 

245 

260 
259—265 


1-53917— 1-55027 


1-52554—1-55341 


53180 
54060 


53259 
54852 
54041 


1-53996-1-54568 


54410 
54251 
55057 
54789 

54378 


1-55466—1-57638 


Wir  sehen,  daß  sich  hier  nicht  einmal  eine  annähernde 
Beziehung  finden  läßt. 

Dieselbe  Erfahrung  wie  mit  den  Schmelzpunkten  kann 
man  auch  durch  eine  Gegenüberstellung  zu  den  von  Wiesner^ 
und  Bottier-  aufgestellten  Härteskalen  der  Kopale 
machen:  Mit  dem  Härtegrad  steigt  der  Brechungsindex. 
Beginnend  mit  dem  härtesten  Kopal  sind  die  Reihen  folgende: 


Nach   Wiesner: 

1 .  Sansibarkopal. 
'2.  Mozambiquekopal. 

3.  Kieselkopal  (Sierra  Leone-). 

4.  Gabonkopal. 
ö.  Angolakopal. 

ü.  Benguellakopal. 

7.  Kauri-  und  Manilakopal. 

5.  Südamerikanischer  Kopal. 


Nach  Bottier: 

1.  Sansibarkopal. 

2.  Rotangolakopal. 

3.  Kieselkopal. 

4.  Gelbbenguellakopal. 

5.  Kongokopal. 

6.  Manilakopal. 

7.  Weißangolakopal. 

8.  Kaurikopal. 

9.  Brasilianischer  Kopal. 


1   Wiesner  (14),   p.  330. 
-'  Bottler  (93),  p.  21. 


516 


.1.   Greg  er. 


Nach 

W  i  e  s  n  e  r 

Nach  Bottier 

Sansibar  — 

1-55466— 1-57638 

Sansibar  — 

1-55466- 1-57638 

Kiesel  — 

1-55057 

Angola  — 

1-54789 

Angola  — 

1-54789 

Kiesel  — 

1-55057 

Benguella  — 

1-54410 

Gelbbenguella 

1-54410 

Kauri   —      "4 

1-53996—1-54568 

Kauri  — 

1-53996— 1-54568 

Manila  —    j 

1-53259 

Manila  — 

1 ■ 53259 

Südamerika- 

Brasilianischer 

nischer  — 

1-52659  —  1-54441 

1-52659-1-54441 

Daß  die  Brechungsexponenten  in  enger  Beziehung  zu 
jenen  Dichten  stehen,  welche  von  Meichl  und  StingP  für 
die  nicht  evakuierten  Kopale  ermittelt  wurden,  ist  aus 
der  Versuchsanordnung  leicht  erklärlich.  Auch  hier  zeigt  sich 
wieder:  Je  größer  das  spezifische  Gewicht,  um  so 
höher   der  Brechunq-sindex. 


Dichte 

vor  dem 

Evakuieren 


*Na 


Brasilianischer  Kopai 

Kaurikopal 

Manilakopal 

Angolakopal 

Sansibarkopal 


-018 
•050 
•062 
-064 
•067 


1-52659—1-54441 
1-53996-1-54568 
1-53259-1-54060 

1-54789 
1-55466-1-57038 


Dagegen  steht  die  Dichte  evakuierter  Harze  nur  in 
einem  sehr  lockeren  Zusammenhange  mit  den  Brechungs- 
indices: 


1  Wiesner  (14),  p.  329,  330. 


icliibrecluing  einiger  Harze. 


517 


Dichte 
nach  dem 
Evakuieren 


'Na 


Sierra  Leonekopal,  jun 

Loangokopal , 

Sansibarkopal 

Mozambiquekopal  (?)  . , 

Kamerunkopal 

Angolakopal 

Brasihanischer   Kopal . . 

Kaurikopal , 

Sumatrabenzoe 

jManilakopal - 

Gummilack   , 

Siambenzoe 

Gummiguit , 

Guajakharz , 

Drachenblut , 


1  •  060 

1-064 

1-068 

1-069 

1  •  080 

1-081 

1-082 

1-115 
1-120— 1 -ins 

1  -121 

1-139 
1-150— 1-171 

1-20 

1  -  22 

1-27 


1-54251 

1  -  54490 
1-55466— 1-57638 

1-54077 

1-53180 

1  -  54789 
1-52659—1-54441 
1-53996- 1-54568 

1  -  53677 

1-54259 

1-54852 

1 -54916 

1-60315 

1-61480 

1  -  67093 


Ein  Vergleich  der  Brechungsindices  mit  der  von  Bottler^ 
aufgestellten  Löslichkeitsskala  beweist,  daß  der  Brechungs- 
index um  so  höher  ist,  je  schneller  löslich  der  betref- 
fende Kopal.    Bottier  stellte  folgende  Reihe  auf: 

1.  Weißangola  (am  löslichsten),  2.  Manilakopal,  3.  Kauri- 
kopal, 4.  Kongokopal,  5.  Sierra  Leonekopal,  6.  Hymenaea- 
Kcpal  B,  7.  Gelbbenguellakopal,  8.  Hymenaea-Ko^aX  A,  9.  Rot- 
angola,   10.  Weißbenguella,    11.  Kieselkopal,   12.  Sansibarkopal. 

Manila  — 1  -  53259—  1  -  54060 

Kauri  — 1-53996—1-54568 

Sierra  Leone  — 1  -54251 

HymcHiiea  —  B 1  -  54441 

Gelbbenguella 1-  54410 

Rotangola  — I  -  54789 

Kiesel  — 1  -  55057 

Sansibar  —    1  -  55466—  1  •  57638 

'i   Bottier  (93),  p.  22. 
Sitzb.  d.  malhem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  128.  Bd.  37 


518 


J.   Greger, 


Schließlich  sei  noch  eine  Übersichtstabelle  der  physi- 
kalischen Eigenschaften  von  jenen  Harzen,  welche  auf  ihre 
Lichtbrechung  untersucht  wurden,  zum  leichteren  Vergleiche 
gegeben : 


Übersichtstabelle    der    physikalischen  Eigenschaften    einiger 

Harze. 

Erklärung  der  Abkürzungen:    . 

B.  =  Bottler,  Bi.  =  Biltz,         Bn.  =  Brissün.         Br.  =  Brandes, 

D.  =  Dieterich,     F.  =  Flückiger.      H.  =  Hager,      J.  =  Johnstoit, 

L.  =  Linsbauer.         Lu.^  Lucanus.         M.  =  Mayr.         P.  ^PfatT, 

Seh.  =  Schrott  er,     W.  =  Wiesner. 

Die  Bezifferung  der  Härten  bezieht  sich  auf  die  Reihenfolge  in  den  von 
Wiesner  und  Bottier  aufgestellten  Skalen. 


Härte 

Dichte  (W.) 

Schmelzpunkt 

(W.) 

Benennung  des   Harzes 

W.           B. 

eva- 
kuiert 

nicht 
eva- 
kuiert 

oberer 

unterer 

«Na 

cd 
4) 

o 

x: 

o 

c 

sS 

X 

o 

N 
C 
<o 
02 

'ö 

c* 
o 

< 

rotes 

• 

. 

1 -66210 

gelbes 

• 

1  -65.151 

Siam 

• 

1-150 

bis 

1-171 

7 

5° 

1-54916 

Sumatra 

1-120 

bis 

1-154 

80°— 90° 

1-5:^ 

Dammar 

weich 

die  K 

härte 

Koloph 

er  als 
opale, 
r    als 
onium 

1-04-1 
1-06 
1-122 
1  -056 

-05  (ßi.) 
(Lu.) 
(Br.) 
(Seh.) 

150» 

1  •.')404l 

Drachenblut 

• 

zirka 
1-27 

1-67003 

1 

" 

1 

Lichtbreclumg  einiger  Harze. 


519 


Härte 

Dichte  (\V.) 

1 
Schmelzpunkt 

(W.) 

"Na 

eneniiung  des  Harzes 

VV.     !      B. 

i 

nicht 
eva- 

,    .     .   i     eva- 
kuiert i   ,    ■    ^ 
!   kuiert 
1 

oberer  |  unterer 

Brasilianisches 
(Protium-)   Elemi 

Geringer 

als 

Kokiphoniuni 

1 

1-018  {Bn.\    . 
1-08:?  (P.^ 
1  -055  (Seh.) 

120° 

1-55341 
1 -55872 

Manila 

Mexikanisches 

1-525^4 

Natürliche-. 

i 

1-55184 

Überwallungs- 

Für  Kalo 

1-094    (M.) 

1-071-1-083 
(D.) 

phoniiun : 
9,)<'_l(jO°  (F.) 

1  -  54552 

Waldweihrauch 

1 ■ 54868 

Burgunder  Pech 

1 • 54868 

Weißpech 

1-07 

bis 

1-09 

1-55979 

Gummigutt 



zirka 
1-20 

1-60315 

Guajak 

1-22 

(Bn.) 
1-064 

95° 

(F-) 

1 -61480 

Angola  rot 

2 

4 

1-96? 
1-081 

1 
j       245°   (Bn.) 
315°   (B.) 

125° 

j 

1-54789 

Benguella  gelb 

t) 

1-06 

1-062 

bis 

1-081 

5  CB.) 

170°  (Bn.) 
180°  <^B.) 

156°     ,     106° 
bis      j      bis 
158°         198° 

1 
1-54410 

' 

• 

520 


J.   Greger, 


lung  des  Harzes 

Härte 

Dichte  (\V.) 

Schmelzpunkt 

Benen 

W. 

ß. 

,    nicht 
eva- 

1    •*   1     eva- 
kuiert     ,    .    , 

]  kuiert 

oberer  i  unterer 

"Na 

o 

0) 

'c 

Ca 

von  Hymenaea 
Courharil 

8 

9 

1-07 
1  •  082 

0  (B.) 
1-018 

95° 

90° 

115° 

(Bn.-) 
(B.) 
77° 

1-5265 

von  Hymenaea 
stilhocarpa 

• 

1  -  5444 

Inhambane  von  Copai- 
fera   Gorshiana 

• 

• 

1 
260° 

1-5437 

Kamerun 

wie  St 

einsalz 

1-08 

• 

108°   (Bn.) 
110° 

bis     ,     96° 
120° 

1-5318 

rt 

Neuseeland 

7 

8 

1  •  04t 
r  I  1 5 

1-064 

)6  <;ß.) 

1  -050 

140°— 179°  (Bn.) 
150°    (B.) 

1-6399 

Neukaledonien 

• 

115° 

bis 

140° 

111° 

1 • 5456 

Loango 

• 

• 

1 • 5449 

5 

hart 

7 

6 

1-06 
1-121 

9  (B.) 
1  •  062 

135° 
145° 

120° 

(Bn.) 
(B.) 

103° 

1-5325 

weich 

1-111    (B.) 

■ 

11 

5° 

1  -  5406 

Mozambique 

2 

• 

1-069 

1  • 5407 

c 

o 

CS 

.s 

Jung 

8 

1-06 
1-06  * 

i  (B.) 

195°    (B.) 
185°    (Bn.) 

1 • 5425 

Kiesel- 

3 

3 

1-067  (B.) 
1-09 

230°    (B.) 
220°-   (Bn.) 

1  •  5505' 

j 

! 

! 

I.ichthrecliunü-  einitier  Harze 


O      -""o^ 


521 


enennunti'  des   Harzi 


Härte 


\V.  B. 


Dichte  (W.) 


eva- 
kuiert 


nicht 
eva- 
kuiert 


Schmelzpunkt 
(W.l 


oberei-     unterer 


'.Va 


Baumkopal 


Getfrahen  unreif 


Gegraben  reif 


Bomhav 


Chios 
(Insel    Scioi 


OHbanum 


Sandarak 


Zwischen 

Uammar  und 

Sandarak 


Stock lack 


Umiri  von  Hoitmirium 
floribiiudiiin 


Zwischen 

Fraueneis  und 

Steinsalz 


r062l   (B.) 


275°  CB.) 
259°— 265°  (Bn.) 


I-0B8 


1  -067 


169' 


340' 

bis 
360* 


139' 


158' 


1-04    (Seh.) 
1-07    (Bn.> 


100°  (J.) 

105°—  120° 

(Seh/) 

108°  (F.) 


1-05     (P.) 

1-966  (F.) 

1-078  bis 
1-088  (H.) 

1-07     (L.) 

1-092  (Bn.) 


1-139 


135°  (F.) 


1 • 55466 


1-56011 


1-57638 


1-53917 


1 • 55027 


1-53195 


1 • 54092 


1-54852 


1 • 53437 


522  J.   Greger, 

Die  untersuchten  Harze  stammen  aus  der  Sammlung  der 
Lehrkanzel  für  Botanik.  Warenkunde  und  technische 
M  i  k  !•  o  s  k  o  p  i  e  der  Deutschen  Technischen  H  (3  c  h  s  c  li  u  I  e 
in   Prag. 

Zum  Schlüsse  erübrigt  mir  noch,  vor  allem  dem  Vorstand 
der  genannten  Lehrkanzel,  Herrn  Prof.  Dr.  Fridolin  Krasser, 
für  die  Anlegung  zu  Harzuntersuchungen,  sowie  dem  Herrn 
Privatdozenten  Dr.  O.  Grosspietsch  für  die  mannigfachen 
Ratschläge  gelegentlich  der  Vorarbeiten  herzlichst  zu  danken. 

Für  die  Bewilligung  zur  Benützung  der  optischen  Instru- 
mente, besonders  des  Krystallrefraktometers  —  es  ist  das 
einzige  derartige  Instrument  in  Prag  —  bin  ich  Herrn  Prof. 
Dr.  F.  Slavik,  und  für  die  bereitwillige  Unterstützung  Herrn 
Prof.  Dr.  B.  Jezek  zu  großem  Danke  verpflichtet. 

Zusammenfassend  ergeben  sich  aus  der  vorliegen- 
den Arbeit  folgende  Resultate: 

L  Die  Brechungsindices  der  untersuchten  Harze  bewegen 
sich  (annähernd  bezogen  auf  ihre  Schmelzpunkte)  bei  Natrium- 
licht und  einer  Temperatur  von  18°  C.  zwischen  L525  und 
1-670. 

2.  Durch  die  Temperatur  und  die  damit  in  Zusammen- 
hang stehende  Verflüchtigung  von  Beimengungen,  vielleicht 
auch  durch  Umlagerungen,  wird  die  Lichtbrechung  wesentlich 
beeinflußt. 

3.  Die  Brechungsindices  stehen  in  direktem  Verhältnis  zu 
den  unter  gleichen  Bedingungen  ermittelten  Schmelzpunkten, 
Härten,  Dichten  und  der  Löslichkeit.  ■ 

4.  Die  Brechungsexponenten  gestatten  zum  Teil  schon  an  -^ 
und    für  sich   eine  sichere  oder  annähernde  Bestimmung  der 
betreffenden    Harze,     andrerseits     mit    Berücksichtigung     der 
übrigen   bezüglichen  physikalischen  Eigenschaften.    Die  Rich- 
tungen   der    chemischen    Untersuchung    können    dadurch    auf  ^ 
enge  Grenzen  beschränkt  werden. 


i 


Lichtbrechung  einiger  Harze.  O^o 


Literaturnachweis. 

Beer  A.  ^5:^),  Einleitung  in  die  höhere  Optik.  Braunschweig   1853. 
Behrens  W.    (^08),    Tabellen  zum  Gebrauche  bei   mikroskopischen  Arbeiten. 

Leipzig   1908. 
Botller  M.  (93),    Über  physikalische   Eigensciiat'ten   der  Kopale    (Dingler's 

polytechnisches  Journal,  288).    1893. 
Flückiger  F.  A.  (91),    Pharmakognosie  des  Pflanzenreiches.    3.  Autl.    Berlin 

1891. 
La  ndolt-Börnstcin    (05),    Physikalisch-chemisclie  Tabellen.   3.  Autl.   Berlin 

1905. 
Mnlisch  H.  (13),  Mikrochemie  der  Pflanze.  Jena   1913. 
Ostwald  Wo.  (12),  Grundriß  der  Kolloidchemie.  Dresden    1912. 
Tschirch    A.    (06),    Die    Harze    und    die    Harzbehälter    mit    Einschluß    der 

Milchsäfte.  Leipzig   1906. 
Wiesner  J.  v.  (14),     Die  Rohstoffe  des  Pflanzenreiches.  1.  Bd.,  2.  Abschnitt: 

Harze,    von    J.  Wiesner  und   M.  Bamberger.    3.  Aufl.    Leipzig  und 

Berlin    1914.  ' 


525 


Ein   neuer  Tyipus  einer  männlichen 

Williamsonia'EQchQrblüte   aus  der 
alpinen  Trias 

Vor. 

Dr.  Fridolin  Krasser 

(Mit  1  Te.-adg^r  und  1  Tafel» 

(Vorgo(e!Jt  in  der  Sitzung  am  30.  Oktober  1919) 

Vorwort. 

Bei  der  Durchsteht  der  schon  vor  vnelen  Jahren  von 
verschiedenen  Beobachtern  getegentlich  geologischer  Begehun- 
gen in  den  Südaipen  gesammelten  Einzeh'orkommnisse  \on 
Triaspflanzen,  die  seither  im  Museum  der  Geologischen  Reichs- 
anstalt in  Wien  aufbewahrt  werden,  stieß  ich  auf  eine  merk- 
würdige Williamsonia..  welche  nur  in  dem  einen  Exemplar 
vorliegt,  das  Gegenstand  dieser  Abhandlung  ist. 

Ich  habe  diese  Blüte  Williajtisouia  alpina  genannt.  Sie 
ist  nur  als  Ausguß  der  männHchen  Becherblüte  erhalten.  Das 
Ausgußmateriai  ist  etn  feinkörniger,  nur  in  geringem  Maße 
kalkhaltiger  Sandstem.  Als  Fundort  ist  St.  Cassian  in  Süd- 
tiro!  angegeben,  aber  leider  nicht  näher  bezeichnet  der  geo- 
logische Horizont,    in  weichem  sie   aufgefunden  worden  war. 

Um  eine  scharfe  Diagnose  zu  gewinnen,  soll  zunächst 
der  mir  vorliegende  Ausguß  genau  beschrieben  werden,  daran 
möge  sich  die  Rekonstruktion  und  Deutung  der  Blüte,  sowie 
eine  Vergleichung  mit  den  in.  Betracht  kommenden  bekannten 
Williamsonien  anschließen 


526  F.   Kiasj-er, 

1. 

Beschreibung  des  Fossiles. 

Das  vorliegende  Fossil  ist  als  der  Ausguß  des  Inneren 
einer  Becherblüte  erhalten.  Der  Becher  erscheint  demnach 
als  Erhebung,  ziemlich  flach,  nur  5  mm  hoch.  An  ihm  kann 
man  zwei  Zonen  unterscheiden,  namhch 

1.  das  Zentralfeld,^  d.i.  eine  zentrale  Zone  von  :6ww 
Radius,  welches  nichts  anderes  ist  als  der  Bechergrund  über 
der  Btüteninsertion; 

2.  die  Speichenzone,  d.  i.  eine  anschließende  periphere 
Zone  von  5  mm  Breite,  welche  von  erhabenen  1  mm  breiten 
radiären  Leisten  durchzogen  wird,  die  in  die  Mittellinie  der 
Segmente  übergehen. 

Dann  folgt  ein  Kreis  von  spindelförmigen  Wülsten,  weiche 
eine  auffällige  Zone  des  Fossil'^  bilden,  die  wir  als  Zone 

3:  die  Schlundzone  (Drüsen.-Lone?)  bezeichnen  können. 
.Sie  ist  2  mm  breit. 

Von  der  Schlundzone  gehen  die  .Segmente  aus.  sie 
gliedera  sich  dadurch,  daß  die  freien  Enden  einen  deutlich 
sich  abhebenden  Saum  besitzen,  in   drei  Zonen.   Es  sind 

4.  der  Kelchmund,  der  durch  zarte  radiäre  Linien,  je 
eine  zwischen  den  schwach  gekielten  Segmenten,  in  14  Felder 
zerfällt  und   7  mm   Breite  hat: 

5.  die  Lappenzone,  d.  i.  die  Gesamtheit  der  freien, 
gewölbten,  abgerundet- dreieckigen  Enden  der  Segmente,  die 
einzelnen  um  7  mm  breit  und  8  mm  lang;  schließlich 

6.  die  Saumzone,  welche  als  breites  Band  von  l'ö  mm 
die  Lappen  umsäumt,  durch  eine  Furchenlinie  von  der 
Lappenzone  sehr  scharf  geschieden  ist  und  absteht. 

Das  Belegstück  zeigt  noch  die  Spuren  eines  Kohie- 
belages,  nach  dessen  Beschaffenheit  angenommen  werden 
darf,  daß  der  Körper  der  Blüte  von  knorpeliger,  keinesfalls 
von  typisch  holziger  Beschaffenheit  gewesen  i.st. 


1   Entspricht  dem   >  Becherboden«    bei  N.nthorsl,   Falaobotanische  JVljtl. 
9,  p.   20. 


Neuer  Typus   von    WiliiiUnsonia. 


.■>27 


2. 

Rekonstruktion  und  Deutung  der  Becherblüte. 

Wenn  wir  nach  dem  Ausguß,  dessen  Oberflächenskulptur 
den  Abklatsch  der  Innenseite  wiedergibt,  also  das  Negativ 
derselben  repräsentiert,  die  Blüte,  welche  ich  hiermit  William- 
sonia  alpiiia  benenne,  rekonstruieren,  so  ergeben  sich  die 
charakteristischen  Merkmale. 


Schematisclier    (IriiiKirifl    Jer    Ijeclierblüte    von    \Villiciins"iiiii  alpiiia.    um 

die   Zonentfliedcrung-  v.u   illustrieren. 
Km  :=  Kelclunund.    I.  =  Lappenzone.   N  =  Saumzone,   .Vr/// r=  SchlunJ- 
zone,    Sf  =  Synani^ialfurclic    (außen    als    Rippe),    .S'^  =  Speichenzone, 

Sr=  Segment-Trennungslinie,  Z=  Zentralfeld   (Becliergrund). 

.Mikrosporophy  1 1 :      l'unktiert     ein     ganzes     Mikrosporophyll,     längs- 

scliratTiert    dessen    Scgmentteil.    querschraffieit    dessen    I^appea,    schwarz 

angelegt  der  Saum. 

Z-i-Sf^Schl  =^  Hecher  im  engei-en   Sinne. 

Die  Blüte  war  zur  Zeit  ihrer  Einbettung  jedenfalls  un- 
gestielt. .Sie  wurde  sorgfältig  aus  dem  Gestein,  einem  fein- 
körnigen Sandstein,  herauspräpariert. 


52S 


F.  K'rasser, 


Das  Zentralfeld  deutet  darauf  hin,  daß  sie  sich  vom 
Stamme  durch  eine  Trennungsschichte  im  Sinne  Hugo  v.  Mohl's 
abgelöst  hatte. 

Über  die  Außenseite  der  Blüte,  deren  Körper,  wie  bereits 
erwähnt  wurde,  nach  der  Beschaffenheit  der  Reste  des  Kohle- 
belages wohl  von  knorpeliger  Beschaffenheit  war,  können 
wir  keine  ganz  zuverlässigen  Angaben  machen.  Die  Spuren  von 
Kohlebelag  deuten  nach  ihrem  Aussehen  auf  eine  im  wesentlichen 
glatte  Oberfläche,  welche  wohl  von  der  Mittellinie  der  Lappen 
aus  bis  zum  Grunde  mehr  oder  weniger  deutlich  gerippt  war. 

Da  die  Blüte  14  Lappen  zählt,  also  einem  141appigen 
Becher  n41appiges  Perianth,  Sympetalen  Typus  einer  Angio- 
spermenblüte vortäuschend,  da  aus  einem  Mikrosporophyll- 
wirtel  hervorgegangen)  darstellt,  zeigte  sie  demnach  14  Rippen. 
Dieser  Schluß  ergibt  sich  aus  dem  Vorhandensein  kräftiger 
Leisten  am  Ausguß,  die  sich  in  der  Mediane  der  Lappen 
und  darüber  hinaus  durch  den  Kelchmund,  die  Schlundzone  in 
die  .Speichenzone  bis  zum  Zentralfeld  hinziehen,  im  Vereine  mit 
der  nicht  holzigen  Beschaffenheit  der  Becherblüte.  Den  Leisten 
des  Ausgusses  müssen  Furchen  der  Innenseite  der  Blüte  ent- 
sprechen und  diese  bedingen  dann  die  Rippen  auf  der  Außenseite. 

Im  geöffneten  Zustande  waren  die  abgerundet-dreieckigen 
Lappen,  welche  die  freien  Spitzenteile  bis  zur  Mitte  ver- 
wachsener Segmente  darstellen,  sicherlich  halb  ausgebreitet. 
Die  Lappenbasen  stoßen  unmittelbar  aufeinander,  sind  also 
nicht  durch  Buchten  getrennt.  Die  ganzen  Segmente,  also 
auch  die  Lappen,  sind  \-on  ihrem  ürsprungsort  über  der 
Schlundzone  aus  deutlich  gewölbt,  nach  innen  konka\'  und 
infolge  ihrer  Wölbung  auch  durch  eine  zarte  Furche  ge- 
schieden. Die  Lappen  sind  mit  einem  ansehnlichen  Rand- 
saum versehen,  der  etwas  nach  außen  zurückgebogen  ist 
und  sich  scharf  von  der  Randlinie  der  Lappenwölbung  absetzt. 
Das  Innere  der  Blüte  ist,  wie  der  Ausguß  lehrt,  charakterisiert 
durch  die  deutliche  Gliederung  in  mehrere  Zonen. ^ 


I 


1  Man  unterscheidei  an  den  Willianisoitia-hlüien  nach  dem  Vorgang 
vi>n  Xathorst  (Paläohot.  Mitt.  9,  p.  9)  gewöhnlich  nur  den  Becher  (der 
die  untere  Partie  der  Blüte  bildet  —  »die  verwaclisenen  Teile  der  Sporo- 
phylle  )  und  die    Lappen    (die   freien  Teile  der  Sporophylle- ). 


Neuer  Typus  von    Willianisuiiia.  o29 

An  den  Bechergrund  reichen  die  von  den  Spitzen  der 
Lappen  aus  die  ganze  Innenwand  sich  hinabziehenden,  bereits 
erwähnten  Furchen.  \'on  ihnen  aus  entspringen  sowohl  auf 
den  Segmenten  als  auch  auf  der  Wand  Anhangsgebilde.  Auf 
den  Segmenten  sind  es  Synangien,  unterhalb  derselben  ver- 
mutlich die  sogenannten  Rudimente  im  Sinne  von  Nathorst. 

In  der  .Schlundzone  sind  auf  jeder  .Segmentbreite 
beiderseits  der  Mittelfurchen  Einsenkungen  fentsprechend  den 
spindelförmigen  Wülsten  des  Ausgusses)  vorhanden,  die  in 
ihrer  Gesamtheit  einen  Kranz  bilden.  Ihre  morphologische 
Natur  muß  bis  zur  Auffindung  eines  zur  Entscheidung  dieser 
Frage  geeigneteren  Materials  in  Schwebe  bleiben.  Es  kann 
sich  um  Sekreträume  oder  »innere  Drüsen«  handeln.  Das  ist 
die   wahrscheinlichste  Deutung. 

Daß  die  Anhangsgebilde  der  Mittelfurche  als  Synangien 
und  Rudimente  anzusprechen  sind,  ist  schon  per  analogiam 
mit  den  korrespondierenden  Anhangsgebilden  auf  den  Mikro- 
sporophyllen  der  Typen  Wüliamsonia  spectabilis  und  W. 
whitbiensis  zu  erschließen.  Außerdem  sind  an  mehreren 
.Stellen  die  Synangien  als  nierenförmige,  auf  ihrer  Ober- 
fläche trajektorisch  querstreifige  Gebilde  im  Abdruck  zu 
erkennen.  Über  ihre  Anheftungsweise  läßt  sich  keine  be- 
stimmte Angabe  machen,  da  .sie  am  Fossil  gehäuft  und 
sichtlich  aus  der  Ordnung  gebracht  vorliegen.  Am  wahr- 
scheinlichsten ist  es,  daß  sie  in  der  gleichen  Weise,  wie  beim 
Typus  W.  whitbiensis  angeordnet  sind,  also  beiderseits  der 
Mediane.  Unterhalb  der  Segmente,  in  der  Speichenzone,  stehen 
an  einzelnen  Stellen  Narben  (am  Ausguß,  also  auch  am 
Abdruck);  sie  können  sich  nach  der  Stellung  nur  auf  ab- 
gestoßene Synangien  oder  »Rudimente«   beziehen. 

Die  Mikrosporen  sind  bislang  noch  unbekannt. 

3. 

Vergleichung    der    Williamsonia  alpina    mit    anderen  Arten. 

Unter  den  bisher  bekannt  gewordenen  Wiliiamsonien^ 
kommen    zum    Zwecke    des    Vergleiches    nur    Williamsonia 


'  Siehe  die  im  Literaturverzeichnis  zitierten  Abhandlungen  von  Xathorst. 
K  rasser,  Pel  ourd  e  und  Wieland.  In  ihnen  ist  die  ühris;e  Literatur  zu  finden. 


530  1".    Krasser. 

spcLiabilis  Nath.,  W.  pectcu  Leckenby  emend. .  Nath., 
M'.  MtuberciUata  Nath.  aus  dem  Dogger  von  England,  sowie 
M.  Alfredi  F.  Krasser  aus  dem  imteren  Lias  von  Steierdort 
im  Banat  in  Betracht. 

Habituell  kommen  W.  s^pectabilis,  ivliUbicnsis  und  pcLfcii 
sehr  nahe,  doch  besitzen  sie  gegenübei-  M '.  ulpiiui  durch- 
wegs eingekrümmte  Spitzen  der  Mikrosporophylle,  auch  sind 
die  freien  Teile  der  letzteren,  die  Lappen,  durchwegs  weitaus 
länger,  stets  ein  mehrfaches  länger  als  ihre  basale  Breite 
beträgt.  Dasselbe  gilt  für  H'.  bititbcraiUiiii  und  Alfvddi,  doch 
steht  W.  Alfredi  der  alpiiui  insoferne  näher  als  die  bituber- 
cuUifa,  als  bei  der  letzteren  die  Lappen  durch  ausgerundete 
Buchten  getrennt  sind  und  nicht  wie  bei  den  übrigen  am 
Lappengrunde  unmittelbar  aneinanderschließen  und  sonach 
unter  spitzem  Winkel  ausladen.  Dazu  kommt  noch,  daß  die 
von  den  Autoren  gern  reproduzierte  Restauration  Williamson's 
seiner  >'Carpellary  disc«,  das  ist  W.  bitubcrLiiUüa  Nath. 
ungenau  ist.  insbesondere  durch  die  VVeglassung  des  charak- 
teristischen, auch  bei  W.  Alfredi  vorkommenden  terminalen 
Krallenpaares  der  Lappen.  Es  ist  nur  die  photographische 
"Wiedergabe  von  Williamson's  Belegstück  bei  Nath or st 
(Paläobotan.  Mitt.  9,  Taf.  3,  Fig.  8)  für  \'ergleichungen 
brauchbar.  Zudem  finden  wir  bei  den  beiden  letzteren  jenes 
eigentümliche  große  Synangiumpaar  an  jedem  Lappen,  das 
von  Williamson  für  Samen  gehalten  wurde.  Da  auch 
letzteres  bei  W.  alpina  nicht  vorhanden  ist,  so  entfällt  der 
weitere  Vergleich  mit  diesen  Arten. 

Der  W.  alpina  eigentümlich  sind  der  nach  außen  schief 
abstehende  Randsaum  der  Lappen,  den  wir  bei  keiner 
anderen  Williamsonia  wiederfinden,  und  die  Schlundzone 
(Drüsenzone). 

Der  seichte  Becher  bringt  sie  der  M'.  ivhUbieusis  nahe, 
bei  welcher  der  Becher  allerdings  holzartig  ist  (Nathorst, 
Paläobot.  Mitt.  9,  p.  20).  Er  ist  aber  bei  dieser  Art  ebenfalls 
scharf  abgesetzt.  Im  Jugendzustande  sind  die  Mikrosporo- 
phylle von  M".  wliitbiensis  an  der  Spitze  eingebogen  oder 
eingerollt.  Bei  W.  alpina  können  ihrer  Kürze  halber  die 
Lappen    im  Jugendzustande    nicht  eingerollt  sein,    sie  dürften 


Ein   neuer  Typus  vuii    Williaiiisoiüa.  o31 

bloß  mehr  oder  mindei  eingekrümmt  zusammenneigen,  und 
es  ist  der  Verschluß  der  Bliice  im  Knospenstadium  wohl 
du!"ch  die  Saumzone  der  Lappen  hergestellt. 

Die  Blüte,  welche  Nathorst  als  Tj'pus  von  W.  fuhitbiensis 
betrachtet,  hat,  wenn  die  vSporophylle  gerade  ausgedehnt  liegen, 
einen  Durchmesser  von  8  bis  10  cm  (Nathorst,  Paläobot. 
Mite.  9,  p.  9  und  Tat',  2.  Fig.  5).  Die  W.  alpina  zeigt  unter 
diesen  Umständen  einen  Durchmesser  \on  etwa  7  cm. 

Die  Blüte  von  W.  fuhitbiensis  besitzt  eine  gestreifte 
Außenseite,  bei  W.  alpina  ist  sie,  wie  bereits  erörtert  wurde, 
wohl  mehr  (^der  minder-  deutlich  gerippt. 

Bei  W.  spectabtiis  ist  der  Becher  tief  und  gestielt,  über- 
dies die  ganze  Blüte  holzig,  der  Becher  von  W.  pcctcn 
undeutlich  abgesetzt,  allerduigs  dünner  als  bei  TT'.  spccUihilis 
und  auch  whitbiensis.  Die  .s77£'c-/(3^/7/.v-Blüten  sind  im  allgemeinen 
größer,  die  /»er/c'/z- Blüten  gleich  groß  oder  kleiner  als  die 
wliifbicusis-  Blüten.. 

Was  die  Synaiigien  aübelangt,  so  ist  zu  bemerken, 
daß  sie  bei  W.  pecten  am  kleinsten  sind.  Auch  die  Synangien 
von  W.  alpina  sind  sehr  klein.  Bei'  TT',  spectabilis  finden  wir 
sie  (siehe  das  Schema  bei  Nathorst,  Mikrosporophylle,  p.  7, 
Fig.  10)  auf  der  Oberseite  der  Lappen  an  kurzen  bis  sehr 
kurzen  Fiedern  (Synangiumtiedern)  beiderseits  der  Mediane, 
bei  TT',  whitbiensis  (ibid.  Fig.  11)  einzeln  in  je  einer  Längs- 
reihe von  ihrem  Ursprung  in  der  Mediane  nach  links,  respek- 
tive nach  rechts  gelegt,  angeordnet.  Es  sind  hier  gewisser- 
maßen die  mehrere  bis  bloß  ein  Synangium  tragenden 
Synangiumfiedern  von  W.  spectabilis  auf  je  ein  Synangium 
reduziert.  Bei  W.  pecten  ist  ihre  Anordnung  nicht  vollkommen 
geklärt,  doch  waren  sie  jedenfalls  (nach  Nathorst,  Paläobot. 
Mitt.  9,  p.  20)  in  radiale  Reihen  gestellt.  Sie  finden  sich  bei 
dieser  Art  fast  bis  zum  Zentrum  des  Bechers,  wenn  auch 
verkümmert.  Bei  den  übrigen  Arten  stehen  sie  nur  auf 
den  Lappen.  Ich  habe  schon  früher  (Abschnitt  2)  ausgeführt, 
daß  die  Anheftungsw;eise  der  Synangien  von  TT',  alpina  noch 
nicht  vollkommen  klargestellt  werden  konnte,  da  sie  gehäuft 
und  sichtlich  aus  ■  der  natürlichen  Lage  gebracht  am  Beleg- 
stück angetroffen  Werden.    Es  ist  möglich,  daß  in   der  Mittel- 


532  F.   Krasser. 

partie  der  Lappen  sehr  kurze  Synangmrnfiedern  vorhanden 
sind,  im  allgemeinen  dürfte  die  Anordnung  der  Synangien 
von  H'.  alpina  dem  whitbiensis-Typus  folgen,  doch  ist  es 
nicht  ausgeschlossen,  daß  die  »Rudimente«  crder  sogar 
S3mangien  hier  bis  ins  Zentralfeld  vorkommen. 

4. 

Die  Diagnose  der  in  den  vorhergehenden  Abschnitten 
besprochenen  Williamsonia  aus  der  Trias  von  St.  Cassian 
gestaltet  sich   nach  diesen  Ausführungen  folgendermaßen: 

Williamsonia   alpina  n.   sp. 

Becherblüte  mit  seichtem,  scharf  ausgegliedertem  Becher 
und  14  ziemlich  kurzen,  abgerundet-dreieckigen,  eingesäumten 
Lappen. 

Lappen  ausgebreitet,  gewölbt  und  außen  gekielt,  innen 
mit  Mittelfurche,  welche  sich  bis  an  den  Bechergrund  fort- 
setzt. Auch  in  der  Vernation  nicht  eingerollt. 

Lappensaum  nach  außen  abstehend. 

Schlundzone  vorhanden,  d.  h.  an  der  Ausgliederungs- 
stelle des  Bechers  im  Innern  eine  schmale  Zone,  welche  am 
Ausguß  als  ein  Kranz  von  spindelförmigen  Wülsten  hervor- 
tritt. 

Über  der  Schlundzone  die  verwachsenen  Mikrosporo- 
phylle  bis  zu  den  Lappen  durch  zarte  Linien  geschieden 
(Kelchmund),  darunter  bis  zum  Bechergrund  (Zentralfeld)  die 
Speichenzone,  welche  nur  von  den  Mittellurchen  (Sporophyil- 
furchen,  Synangialfurchen)  durchzogen  wird. 

-Synangien  den  Sporophyllfurchen,  besonders  in  der 
Lappenzone  entspringend,  nierenförmig  mit  trajektorischer 
Ouerstreifung. 

Geologische  Formation:  Alpine  Trias. 

Fundort:  St.  Cassian  in  Südtirol. 

5. 

Übersicht  über  die  wichtigsten  Untersuichungsergebnisse. 

1.  In  der  alpinen  (wahrscheinlich  oberen)  Trias  von 
St.  Cassian  in  Südtirol   wurde   ein  neuer  Typus  einer  mann- 


Ein  neuer  Typus  von   WiUiainsonia.  533 

liehen  Williamsonia  nachgewiesen  und  als  W.  alpina  nov.  sp. 
beschrieben. 

2.  TT',  alpina  ist  auffällig  durch  reiche  Gliederung  der 
Blüte.  Es  wurden  sechs  Zonen  darin  unterschieden:  Saum- 
zone, Lappenzone,  Kelchmund,  Schlundzone  (Drüsenzone?), 
Speichenzone  und  Zentralfeld  (Bechergrund).  Die  Blüte  ist 
eine  mehr  kelchartige  Becherblüte.  Saumzone  und  Schlund- 
zone   sind    ihr    eigentümlich    und   besonders  charakteristisch. 

3.  TT',  alpina  steht  der  T-T^.  whithiensis  habituell  und  nach 
■der  Anordnung  der  Synangien  am  nächsten. 

4.  W.  alpina  repräsentiert  gegenwärtig  den  ältesten 
(Trias!)    Typus    einer    männlichen    WilHamsonia-^QchevhXüiQ. 


Literatur. 

Krasser  F.,  Männliche  Williamsonien  aus  dem  unteren  Lias  von  Steierdorf 
im  Banat.  (Denkschr.  math.-naturw.  Kl.  Akad.  Wissensch.  Wien,  Bd.  93, 
1915). 

—  Studien    über    die    fertile  Region    der  Cycadophyten    aus    den  Lunzer- 
schichten:  Mikrosporophylle  und  männliche  Zapfen.  (Ibid.  Bd.  94,  1917). 

Nathorst  A.  G.,  Paläobotanische  Mitteilungen:  8.  Über  Williarnsonia, 
Wielandiella,  CycadocephaUts  und  WeUrichia.  (_Svensk.  vetenskapsakad. 
Handl.,  Bd.  45,  No.  4,  1909).  9.  Neue  Beiträge  zur  Kenntnis  der 
Williamsonia-müiQn.  (Ibid.  Bd.  46,  No.  4,   1911). 

—  Die  Mikrosporophylle   von   Williamsonia.    (Arkiv    för  Botanik,    Bd.   12, 
No.  6,   1912). 

Pelourde  F.,  Le  progres  realisees  dans  I'etude  des  Cycadophytes  de 
l'epoque  secondaire.  (Progressus  rei  bot.  Bd.  5,  Heft  2,   1916). 

Wie  1  and  R.  G.,  On  the  Williamsonia  tribe.  (Americ.  Journ.  of  science, 
vol.  33,  Dec.   1911). 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  1,  128.  Bd.  38 


534  F.  Krasser,  Ein  neuer  Typus  von   Williainsonia. 


Tafelerklärung. 

Fig.  1:  Willianisonia  aJpina  F.  Krasser  nov.  sp.  als  Sandsteinausguß 
erhalten,  zeigt  den  Abklatsch  der  Innenseite  der  Becherblüte  als  Oberfläche. 
Die  Mitte  der  Figur  ist  das  Zentralfeld,  der  Abklatsch  des  Becherbodens. 
Wegen  der  Gliederung  in' sechs  Zonen  vergleiche  die  Textfigur 

Besonders  charakteristisch  treten  hervor  die  Saumzone,  die  abgerundet- 
dreieckigen  Lappen  mit  den  Synangialfeldern  und  die  Schlundzone  an 
der  Bechergrenze  sowie  die  Synangien  tragenden  Medianen  der  Mikro- 
sporophylle  (am  Ausguß  als  radiäre  Leisten). 

Fig.  2:  Profilaufnahme  zur  Demonstration  des  seichten  Bechers. 

Fig.   1   und  2  in  natürlicher  Größe! 

Fig.  3:  Ungefähr  der  halbe  Ausguß  etwa  2'^l.>m&\  vergrößert.  Rechts 
der  verdrückte  Teil,  in  Fig.  1  mit  **  bezeichnet.  *  und  **  mit  den  Pfeilen 
in  Fig.  1  geben  den  in  Fig.  3  vergrößerten  Teil  des  Ausgusses  an.  Die 
Lappen  bei  **  (rechts)  sind  geknickt,  einer  davon  zerquetscht.  Links  treten 
in  der  Figur  die  spindehormigen  Wülste  in  der  Schlundzone  gut  hervor. 

Fig.  4:   Ein  Mikrospordphyll  mehrfach  vergrößert. 


I 


Krasser,  F.:  Neuer  Typus  von  Williamsonia. 


Fis   2 


Fig.  4 


Flg.    3  Ci*ftrii(f  0.  JDU?  3afff,  üBica 

Sitzungsberichte  d.  Akad.d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.  12^,  Abt.  1,  1Q19 


535 


Fragmente  zur  Mykologie 

(XXIII.  Mitteilung,  Nr.   1154  bis  1188) 

Von 

Prof.  Dr.  Franz  Höhnel 

k.  ^\.  Akad. 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  26.  Juni  1919) 

1154,    Über    Cladosterigma   fusispora  Patouill.  und  Micro- 
cera  Clavariella  S  p  e  g a z  z  i  n  i. 

Von  Cladosterigma  fusispora  gab  ich  in  Österr.  bot. 
Ztschr.  1907,  57.  Bd.,  p.  323  an,  daß  der  als  Hyalostilbee 
beschriebene  Pilz  eine  Dacryomycetinee  ist.  Patouillard's 
Urstück  habe  ich  nicht  gesehen.  .Seine  Nährpflanze  ist  an- 
geblich eine  Myrtacee.  Auch  das  untersuchte,  von  Noak 
1898  im  südlichen  Brasilien  gesammelte  Stück  sollte  auf 
Blättern  einer  Myrtacee  sitzen.  Allein  die  nun  vorgenommene 
Prüfung  der  Blätter  zeigte  mir,  daß  dieselben  offenbar  von 
einer  Laurinee  herrühren,  denn  sie  besitzen  Ölschläuche  und 
keine  Öldrüsen,  Daher  ist  auch  die  nicht  gut  entwickelte 
Fliyllachora,  auf  welcher  der  Pilz  schmarotzt,  nicht  mit 
P/z.  disiingtienda  Rehm  verwandt,  wie  in  Ann.  mycol.  1907, 
V.  Bd.,  p.  352  angegeben  ist.  Offenbar  schmarotzt  die 
Cladosterigma  auf  verschiedenen  Phyllachora-  Arten  auf 
mehreren  Nährpflanzen.  Patouillard  gibt  die  Sporen  5  bis 
6  {X  breit  an,  ich  fand  sie  jedoch  nur  2  bis  3  |x  breit. 

Ich  fand  nun,  daß  der  von  Balansa  in  den  Plantes 
Parag.  Nr.  3483  ausgegebene  Pilz,  der  tatsächlich  auf  Eiigeiiia- 
Blättern,  also  auf  einer  Myrtacee  auftritt  und  als  Microceva 
Clavariella  von  Spegazzini  1891  beschrieben  wurde,  mit 
Cladosterigma  fusispora  zusammenfällt. 


536  F.  Höhnel. 

Daher  hat  der  Pilz  Cladosterigma  Clavariella  (Speg.) 
V.  H.  zu  heißen.  Die  genauere  Untersuchung  desselben  zeigte 
mir  nun,  daß  es  sich  zweifellos  um  einen  Basidiomyceten 
handelt,  indessen  nicht  um  eine  Dacrj'omycetinee,  sondern 
um  eine  eigenartige  Clavariee. 

Die  einfach  zylindrischen  oder  wenig  verzweigten,  fast 
gallertigen,  blassen  Fruchtkörper  sind  überall  mit  einem 
dichten  Hymenium  überzogen.  Die  dicht  parallelstehenden 
Basidien  sind  keulig,  nach  unten  kegelig  spitz  zulaufend, 
oben  abgerundet;  sie  sind  meist  nur  7  bis  10=:^  2-5  bis  3  [j. 
groß,  selten  bis  \2  ^  ?>-^  \x.  Oben  zeigen  sie  meist  nur  eine 
1  bis  2  [X  lange  Spitze,  die  manchmal  gegabelt  ist.  Nicht 
selten  sind  aber  2,  auch  3  kurze  Spitzen  vorhanden,  die 
oben  kleinkugelig  verdickt  sind  und  offenbar  Sterigmen  dar- 
stellen. Indessen  gelang  es  mir  nicht,  noch  daran  sitzende 
Sporen  zu  finden.  Im  Alter  wachsen  diese  Sterigma  oft 
unregelmäßig  aus.  Die  zahlreich  zu  findenden  Sporen  sind 
anfänglich  offenbar  alle  einzellig,  keulig-spindelig,  oben  stumpf- 
lich,  unten  spitz  ausgezogen  und  etwa  8  bis  12^2  bis  3  [x 
groß. 

Doch  findet  man  auch  viele  16  bis  26  ^  2-5  bis  3  \i 
große,  ähnlich  gestaltete  oder  oben  und  unten  spitz  aus- 
gezogene Sporen,  die  meist  2,  selten  3-  bis  4-zellig  sind. 
Diese  Sporen  halte  ich  für  in  Keimung  begriffene. 

Ob  die  Gattung  Cladosterigma  neben  den  vielen  Clavarieen- 
Gattungen  haltbar  ist,  wäre  noch  näher  zu  prüfen. 

Die  Fruchtkörper  der  Cladosterigma  sind  aus  hyalinen 
1  [x  dicken  Hyphen  aufgebaut,  die  im  Achsenteile  dicht 
parallel  gelagert  sind. 

Von  diesem  Achsenzylinder  gehen  nach  außen  zahl- 
reiche verzweigte  Hyphen  ab,  die  in  einer  hyalinen  zähen 
Schleimmasse  locker  eingelagert  sind  und  an  deren  Zweig- 
enden die  Basidien  sitzen. 

Wollen  web  er  (Fusaria  autogr.  delin.  1916,  Taf.  434; 
Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  27)  erklärt  den  Pilz  als  echte 
Microcera  D.,  was  aber  nicht  richtig   ist. 


Fragmente  zur  Mykologie.  o37 

1155.  Über  die  Gattung  Langloisula  Ellis  et  Everhart. 

Wurde  als  Hyphomycengattung  aufgestellt  in  Journ.  of 
Mycology  1889,  V.  Bd.,  p.  68,  Taf.  X,  Fig.  1  bis  3  auf  Grund 
von  Langloisula  spinosa  E.  et  Ev'.  Es  heißt  zwar  in  der 
Beschreibung,  daß  die  gelben,  kugeligen  oder  eiförmigen 
Conidien  auf  den  spitzen  Enden  von  wiederholt  sparrig- 
gabelig  verzweigten  Trägern  sitzen,  allein  solche  aufsitzende 
Conidien  werden  nicht  gezeichnet. 

Ich  vermute  daher,  daß  der  Pilz  gar  kein  Hyphomycet, 
sondern  ein  mit  Asterostromella  v.  H.  et  Litsch.  (Sitzb. 
Akad.  Wiss.  Wien,  math.-nat.  Klasse,  Bd.  116,  Abt.  I,  1907, 
p.  773)  verwandte  Corticiee  ist.  Wenn  dies  richtig  ist,  was 
das  mir  nicht  zugängliche  Urstück  des  Pilzes  zeigen  wird, 
so  würde  sich  die  Gattung  Langloisula  E.  et  Ev.  1889  von 
Asterostromella  v.  H.  et  L.  nur  durch  die  Gelbfärbung  der 
Sporen  unterscheiden.  Die  äußerliche  Beschaffenheit  des 
Pilzes  spricht  nach  der  Beschreibung  ganz  dafür,  daß  der- 
selbe eine  Corticiee  ist.  Die  Beschreiber  desselben  sagen 
selbst,  daß  er  äußerlich  genau  einem  dünnen  gelben  Corticiimi 
gleicht.  Für  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  es  sich  um  einen 
Basidioinyceten    handelt,    spricht    auch  die  Form  der  Sporen. 

1156.  Über  Physospora  elegans  Morgan. 

Aus  der  Beschreibung  und  Abbiidung  des  Pilzes  in  Journ. 
Cincinnati  soc.  Natur.  History  1895,  XVIII.  Bd.,  p.  44,  Taf.  III, 
Fig.  23  geht  hervor,  daß  der  Pilz  ein  Basidiomycet  ist,  und 
zwar  eine  eigentümliche  sehr  lockere  Coniopliora,  die  Conio- 
pliora  elegans  (Morgan)  v.  H.  genannt  werden  muß.  Die 
breiten  und  kurzen  Basidien  sind  nicht  zu  einem  Hymenium 
verwachsen  und  haben  1  bis  3  meist  2  dicke  Sterigmen.  Die 
kugeligen,  ockergelben  Sporen  sind  16  bis  20  [x  groß;  das 
Hyphengewebe  zeigt  Zcihlreiche  Schnallenbildungen. 

1157.  Über  Ascomycetella  punctoidea  Rehm  und 
Capnodiopsis  mirabilis  P.  Henn. 

In  den  Berichten  der  deutschen  botanischen  Gesellschaft 
1918,  36.  Bd.,  p.  308  habe  ich  ohne  weitere  Begründung  die 


538  F.  Höhnel, 

Angabe  gemacht,  daß  Capnodiopsis  inirahilis  ein  Alters- 
zustand von  Asconiycetella  pnnctoidea  ist.  Da  die  beiden 
Pilze  scheinbar  völlig  voneinander  verschieden  sind,  ist  es 
nötig,  dies  zu  begründen. 

Schon  in  meinen  Fragmenten  zur  Mykologie  Nr.  244 
(VI.  Mitt.,  1909)  und  Nr.  651  (XIII.  Mitt.,  1911)  gab  ich  an, 
daß  beide  Pilze  auf  der  Unterseite  der  Blätter  von  zwei 
Miküiiia- Avten  wachsen,  die  sich,  wie  mir  der  mikro- 
skopische Vergleich  zeigte,  einander  sehr  nahe  stehen  müssen, 
da  die  Haarbildungen  derselben  einander  fast  gleichen  und  sich 
fast  nur  in  der  Breite  der  Haare  voneinander  unterscheiden. 
Neben  großen  Haaren  treten  bei  beiden  Arten  noch  kurze, 
zartvvandige,  mit  einem  bräunlich  gefärbten  Safte  erfüllte, 
stark  bogig  zusammengekrümmte  Haare  auf.  Beide  obige  Pilze 
wachsen  nur  auf  diesen  Haaren,  entweder  an  der  Spitze 
oder  weiter  unten  auf  der  konvexen  Seite  derselben.  Bei  der 
Mikania,  auf  der  das  Capnodiopsis  wächst,  sind  diese  Haare 
etwa  170  [X  lang  und  30  [x  dick,  bei  der  anderen  mit  der 
Asconiycetella  sind  sie  kleiner  und  nur  15  [x  breit,  daher  es 
den  Anschein  hat,  als  wüchse  der  Pilz  direkte  auf  der 
Epidermis,  was  aber  nicht  der  Fall  ist.  Wo  die  Pilze  auf 
den  Haaren  sitzen,  werden  die  Zellen  derselben  von  einem 
schwarzen,  sehr  kleinzelligen  vStroma  ausgefüllt,  auf  dem 
außen  der  Fruchtkörper  sitzt. 

Bei  dem  Exemplare  der  Asconiycetella  pnnctoidea  sind 
die  Fruchtkörper  in  bester  Entwicklung,  Schläuche  und 
Sporen  sind  reichlich  vorhanden,  der  Pilz  ist  weichfleischig 
und  nur  in  der  Mitte  der  Basis  desselben  zeigt  sich  schwarzes 
Stromagewebe;  die  Haarzellen  sind  noch  nicht  stark  stro- 
matisch  infiziert. 

Hingegen  ist  das  Original  von  Capnodiopsis  mirabilis, 
wie  man  schon  mit  der  Lupe  sehen  kann,  alt  und  überreif. 
Daher  findet  man,  daß  das  Stromagewebe  die  Haarzellen 
viel  stärker  ausgefüllt  hat  und  auch  die  Fruchtkörper  sind 
durch  die  Weiterentwicklung  des  Stromas  hart  und  kohlig 
geworden.  Die  ursprünglich  fleischige  Schichte,  in  der  die 
Schläuche  lagen,  ist  mehr  minder  stromatisiert,  die  wenigen 
aufzufindenden    Schläuche    sind    leer    oder    abgestorben    und 


Fragmente  zur  Mykologie.  i^t'59 

nur  stellenweise  zu  sehen.  Bei  wiederholter  genauer  Unter- 
suchung gelang  es  mir  nicht,  auch  nur  eine  Spore  zu  finden 
und  auch  früher  fand  ich  nur  wenige  abgestorbene  Schläuche 
mit  eingeschlossenen  Sporen.  Offenbar  sind  die  meisten 
Schläuche  infolge  der  Weiterentwicklung  des  Stroma  oblite- 
riert und  verschwunden.  Daher  sind  auch  die  wenigen 
gesehenen  Sporen  kleiner  und  nur  dreizellig,  ohne  Längs- 
wand. Der  ganze  Pilz  ist,  wie  ich  nun  erkannte,  alt  und  halb- 
morsch und  nicht,  wie  ich  früher  glaubte,  unentwickelt, 
sondern  überreif. 

Schon  nach  meiner  ersten  Untersuchung  des  Pilzes 
(Fragm.  Nr.  651)  erkannte  ich,  daß  Ascomycefella  pnnctoidea 
offenbar  dem  Capnodiopsis  nahesteht;  schon  damals  hätte 
ich  erkennen  müssen,  daß  beide  derselbe  Pilz  sind,  wenn  ich 
nicht  übersehen  hätte,  daß  Capnodiopsis  inirahiJis  niclit 
unentwickelt  ist,  wie  ich  glaubte,  sondern  ein  überreifer  Alters- 
zustand. 

1158.  Über  die  Gattung  Perisporium  Fries. 

Der  Name  Perisporiiim  Fr.  erscheint  zuerst  im  Systema 
mycol.  1821,  I.  Bd.,  p.  XLIX.  Dann  werden  in  demselben 
Werke  1829  im  III.  Bde,  p.  248  15  Arten  der  Gattung  auf- 
geführt, die  sehr  verschiedener  Natur  sind.  Diese  Gattung 
Perisporiuin  Fries  1829  kommt  aber  nicht  weiter  in  Betracht, 
weil  Fries  1849  in  Summa  Veget.  scand.  p.  404  die  Be- 
schreibung der  Gattung  völlig  geändert  hat  und  Cor  da  als 
Mitautor  nennt.  Er  beschreibt  die  Gattung  hier  ganz  nach  den 
Angaben  Corda's  in  Icon.  Fung.  1838,  II.  Bd.,  p.  26,  Fig.  97 
über  Perisporium  vulgare  Cda.,  welche  er  auch  als  sechste 
Art  anführt  und  durch  schiefen  Druck  hervorhebt,  unter  dem 
synonymen  Namen  P.  dissemijiatum  Fr.  Es  ist  daher  kein 
Zweifel,  daß  diese  Corda'sche  Form  die  Grundart  der  Gattung 
Perisporiuin  Fries-Corda  1849  ist.  Die  vorher  angeführten 
fünf  Arten  sind  sehr  verschiedener  Natur  und  gehören  nicht 
in  die  Gattung. 

1.  Perisporiuin  extiiherans  Fr.  (Syst.  myc.  1823,  II.  Bd., 
p.  432)  ist  jedenfalls  ein  dothidealer  Pilz,  wahrscheinlichst 
eine   Carlia  Rbh.-Bon.-v.  H.  (Sphaerella  Fr.). 


540  F.  Höhnel, 

2.  Perisporiiim  hetuUnum  (A.  et  S.)  Fr.  ist  MoUisia 
hettüina  (A.  et  S.)  Rehm  (Ben  bayrisch,  bot.  Ges.  1914, 
XIV.  Bd.,   p.  96). 

3.  Perisporinin  Tragopogi  (A.  et  S.)  Fr.  ist  ein  kleines 
Sclerotium  oder  eine  unreife  Sphaeriacee. 

4.  Perisporiiim  alnenm  Fr.  (Syst.  myc.  1829,  III.  Bd., 
p.  250)  ist  gewiß  derselbe  Pilz,  den  Fuckel  (Symb.  myc. 
1869,  p.  97)  als  Stigmatea  alni  beschrieben  und  in  den  Fung. 
rhen.  Nr.  1703  ausgegeben  hat.  In  der  Syll.  Fung.  1882, 
I.  Bd.,  p.  496  steht  er  bei  Sphaerella.  Die  Untersuchung  von 
Fuckel's  Stück  zeigte  mir,  daß  derselbe  eine  zarthäutige, 
schwach  und  blaßbraun  beborstete,  fast  kahle,  subcuticulär 
sich  entwickelnde  Coleroa  Rbh.  ist.  Die  reifen  Sporen  sind 
grünlich.    Der  Pilz    hat  Coleroa  alnea    (Fr.)  v.  H.  zu    heißen. 

5.  Perisporinin  fagineiini  Fries  (Syst.  myc.  1829,  III.  Bd., 
p.  249)  sind  nach  der  Beschreibung  sehr  kleine,  oberflächliche, 
eikugelige,  glänzende,  schwarzbraun-blasse  Gebilde,  die  an 
i?/Z7^5-Blattdrüsenhaare  erinnern,   unbekannter  Natur. 

Mit  der  Grundart  Perisporinin  vulgare  Corda  ganz  nahe 
verwandte  Formen  sind  zunächst  noch  drei  weitere  bekannt 
geworden,  die  vielleicht  zum  Teile  zusammenfallen  und  noch 
vergleichend  geprüft  werden  müssen.  Es  sind  dies  Perisporinin 
fnniculatnm  Preuss  (Linnaea,  1851,  24.  Bd.,  p.  143),  gleich 
Preussia  fnuicnlata  Fuckel  (Symb.  myc.  1869,  p.  91),  gleich 
Fleischhakia  laevis  Auerswald  (Hedwigia  1869,  VIII.  Bd., 
p.  2),  sowie  Fleischhakia  punctata  Auerswald  und  Prenssia 
Kunzei  Fuckel  (Symb.  myc.   1873,  II.  Ntr.,  p.   18). 

Die  beiden  Gattungen  Preussia  Fuck.  1869  und  Fleisch- 
hakia Auerswald  1869  sind  mit  Perisporiuin  Fries-Corda 
1849  synonym.  Diese  Gattung  wurde  bisher  zu  den  Peri- 
sporieen  gestellt,  die  jedoch  keine  einheitliche  Familie  sind, 
womit  daher  eigentlich  nur  gesagt  ist,  daß  die  Fruchtkörper 
keine  Mündungsöffnung  haben. 

Neuerdings  (Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  448)  haben 
Theissen  und  Sydow  die  Preussia  fnuicnlata,  Pr.  Kuuzei, 
sowie  die  Fleischhakia  punctata  geprüft  und  gefunden,  daß 
bei  den  beiden  letzteren  Pilzen  die  Schläuche  als  Endglieder 
eines     verzweigten    Hyphenstockes,     der     am     Grunde     des 


Fragmente  zur  Mykologie.  <341 

Gehäuses  entspringt,  entstehen.  Infolgedessen  sie  die  Gattung 
Perisporiuin  zu  den  Aspergilleen  stellen.  Ich  konnte  nur  die 
Prcnssia  fnnicnlata  und  Pevisporümi  typhanim  Sacc.  unter- 
suchen, was  aber  ganz  ohne  Belang  ist,  denn  die  echten 
Arten  der  Gattung  stehen  einander  sehr  nahe,  ja  sie  sind 
vermutlich  nur  Formen  einer  Art.  In  der  Tat  nimmt  Schröter 
(Pilze  Schlesiens  1S93,  IL  Bd.,  p.  250)  an,  daß  Perisporium 
Vulgare,  fniiiciilatmn  und  Knnzei  derselbe  Pilz  sind,  was  ich 
auch  glaube.  Auch  P.  iypharnm  Sacc.  wird  dazu  gehören. 
Diese  Art  wird  Perisporium  disseniinatnni  Fries  1849 
(Summa  veg.  scand.,  p.  404)  zu  nennen  sein.  Vergleicht  man 
diesen  Pilz  auf  Achsenschnitten  mit  dem  Fruchtkörper  irgend 
einer  Aspergillee,  so  erkennt  man  ohneweiters,  daß  es  sich 
auch  nicht  im  entferntesten  um  eine  solche  handeln  kann, 
und  erscheint  mir  die  Ansicht  der  Obgenannten  völlig  un- 
verständlich. Schon  der  Axialschnitt  durch  einen  reifen 
Fruchtkörper  läßt  vermuten,  daß  es  sich  um  eine  viel- 
schlauchige  Pseudosphaeriee  handeln  werde,  die  mit  Sporormia 
de  Not.  verwandt  sein  wird.  Schon  Auerswald  sah 
(Hedwigia  1869,  VIII.  Bd.,  p.  3),  daß  seine  Fleischhakia- Arten 
Sporen  haben,  die  ganz  denen  von  Sporoniiia-Arten  ent- 
sprechen und  stellte  daher  nur  ungern  diese  Gattung  auf. 
Nun  ist  Sporormia  in  der  Tat,  wie  ich  fand,  eine  Pseudo- 
sphaeriaceen-Gattung.  Indes  der  Mangel  an  Paraphysen,  die 
Form  der  Schläuche,  die  sehr  verschieden  lang  gestielt  sind 
und  daher  in  mehreren  Lagen  stehen  und  anderes,  lassen 
wieder  Zweifel  aufkommen.  Will  man  ganz  ins  klare  kommen, 
so  muß  man  jüngere  Zustände  des  Pilzes  prüfen.  Solche 
fand  ich  nun  sehr  schön  in  dem  in  Fautrey,  Hb.  Crypt.  de 
la  Cöte  d'or  Nr.  528  unter  den  Namen  Perisporium  typharmu 
Sacc.  F.  Phoeiiicis  dactyliferae  ausgegebenen  Stücke.  Hier 
zeigte  sich  nun  zunächst  ganz  deutlich,  daß  die  Frucht- 
körper nicht,  wie  überall  unrichtigerweise  angegeben  wird, 
ganz  oberflächlich  stehen;  sie  entwickeln  sich  vielmehr  unter 
der  Epidermis  und  brechen  ganz  hervor.  Auch  die  auf  Stroh 
wachsenden  Stücke  von  P.  fnnictilatmn  Pr.  in  Krieger, 
F.  sax.  Nr.  426  zeigten  mir  dasselbe.  Auch  wenn  der  Pilz 
auf  Holz    wächst,    bricht    er    zwischen    den    Fasern    hervor. 


542  F.  Höhnel, 

Schon  Corda  wußte  dies,  wie  aus  seiner  Fig.  97,  2,  Taf.  XIII, 
hervorgeht. 

Die  jungen  Fruchtkörper  haben  nun  eine  bis  80  \l  dicke 
parenchymatische  Membran,  die  einen  rundlichen  Raum  um- 
schließt, der  ganz  mit  dicht  verwachsenen,  hyalinen,  gegen 
2 [Abreiten,  senkrecht  parallelen  Hyphen  ausgefüllt  ist,  zwischen 
denen  die  Schläuche  sich  bilden.  Während  dem  Größerwerden 
des  Fruchtkörpers  entstehen  immer  mehr  und  mehr  Schläuche. 
Die  Stiele  der  erstgebildeten  verlängern  sich  am  stärksten, 
die  der  folgenden  allmählich  weniger  stark,  so  daß  die  zu- 
letzt entstandenen  Schläuche  nur  kurze  Stiele  haben.  Hier- 
durch wird  der  ganze  Innenraum  der  Fruchtkörper  mit 
Schläuchen  ausgefüllt,  gewissermaßen  schichtenweise.  Ebenso 
reifen  dieselben  in  demselben  Maße  später  aus,  so  daß  im 
Fruchtkörper  die  Schläuche  oben  schon  ganz  reif  sind,  während 
weiter  unten  dieselben  noch  ganz  unreif  sind.  Der  Nucleus 
ist  dann  oben  bereits  von  den  Sporen  schwarz,  in  der  Mitte 
und  unten  noch  hyalin.  Während  dieses  von  oben  nach 
unten  fortschreitenden  Ausreifungsvorganges  wird  das  para- 
physenartige  Gewebe  zwischen  den  Schläuchen  fast  ganz 
aufgelöst,  so  daß  schließlich  nur  mehr  ganz  vereinzelte 
Hyphen  als  Scheinparaphysen  übrig  bleiben. 

Man  ersieht  aus  diesen  Angaben,  daß  Perispoviuiu  ein 
sehr  eigenartiger  pseudosphaerialer  Pilz  ist,  der  sich  von 
Sporormia  nur  durch  die  sehr  zahlreichen  sehr  verschieden 
lang  gestielten,  schichtweise  von  oben  nach  unten  allmählich 
ausreifenden  Schläuche,  den  Mangel  von  paraphysoiden 
Hyphen  und  die  ganz  hervorbrechenden  Fruchtkörper  unter- 
scheidet, die  sich  nicht  durch  eine  kleinere  Öffnung  in  der 
Decke,  sondern  durch  Abwurf  der  letzteren  in  ihrer  vollen 
Breite  entleeren.  Reife  ganz  offene  Fruchtkörper  gleichen 
daher  auffallend  einem  Scheibenpilz. 

1159.  Über  die  Gattung  Microthyrium  Desmazieres 

Ist  aufgestellt  in  Ann.  scienc.  nat.  Bot.  1841,  2.  Ser., 
XV.  Bd.,  p.  138,  Taf.  14,  Fig.  1  mit  der  Grundart  Micro- 
thyriiiin  microscopicnm  Desm.,  ausgegeben  in  den  PI.  crypt. 


Fragmente  zur  Mykologie.  ^4o 

France  1840,  Nr.  1092.  In  dieser  Nummer  sind  drei  Exem- 
plare vorhanden,  das  eine  auf  Blättern  der  Edelkastanie,  das 
zweite  auf  Buchsbaumblättern  und  das  dritte  auf  Blättern 
von  Ouercns  Hex. 

In  der  Artbeschreibung  heißt  es,  daß  der  Pilz  auf  Rot- 
buchen-, Edelkastanien-  und  Eichenblättern  auftritt.  Offenbar 
handelt  es  sich  um  eine  Form,  die  auf  dürren  Blättern  von 
Cupuliferen  wächst.  In  der  Tat  zeigte  mir  die  Untersuchung, 
daß  der  Pilz  auf  den  Buchsbaumblättern  eine  ganz  andere, 
eigene  Art  ist. 

Desmazieres  ausführliche  Beschreibung  beruht  auf  dem 
Pilze  auf  Edelkastanienblättern.  Allein  mein  Exemplar  davon 
zeigt  denselben  nur  ganz  schlecht  entwickelt.  Indessen  konnte 
ich  mich  davon  überzeugen,  daß  das  Exemplar  auf  den 
Blättern  von  Ouercns  Hex,  das  gut  entwickelt  ist,  denselben 
Pilz  enthält. 

Desmazieres  sagt,  daß  Paraphj^sen  fehlen  und  glaubt, 
daß  die  Schläuche  oben  rosettig  unter  dem  Ostiolum  befestigt 
sind,  ferner  gibt  er  an,  daß  die  Sporen  drei  wenig  deutliche 
Querwände  haben. 

Allein  diese  Angaben  sind  falsch.  Paraphysen  sind  vor- 
handen, fädig,  zwischen  den  Schläuchen  nur  selten  deutlich, 
aber  oben  ein  dickes,  hyalines  Epithecium  bildend.  Es  ist 
bekannt,  daß  an  Quetschpräparaten  die  Paraphysen  oft  schein- 
bar fehlen,  daher  viele  unrichtige  Angaben. 

Ferner  habe  ich  mich  davon  überzeugt,  daß  die  Schläuche 
nicht  oben,  sondern  an  der  dünnen  mikroplektenchymatischen 
hyalinen  Basalschichte  sitzen  und  gegen  das  Ostiolum  hin 
kegelig  zusammengeneigt  sind. 

Endlich  fand  ich,  daß  die  Sporen  niemals  vierzellig 
sind,  sondern,  wenn  gut  entwickelt  nur  zweizeilig,  wobei 
die  obere  Zelle  um   1   bis  2  {i  länger  ist  als  die  untere. 

Die  Thyriothecien  sind  fast  Kreisrund,  flach,  wenn  gut 
entwickelt  oben  mit  kleiner  Papille,  80  bis  220  {x  groß,  am 
Rande  glatt  oder  etwas  uneben,  weder  gelappt  noch  gewimpert. 
Mikroskopisch  beobachtet  erscheinen  sie  schön  durchscheinend 
dunkelbraun.  Das  Schildchen  zeigt  eine  rundliche  8  bis  12  [j. 
breite    Mündung,    die    oft    wenig    deutlich,    schmal    dunkler 


o44  F.  Höhn  ei, 

braun  beringt  ist.  Es  besteht  aus  einer  4  bis  5  [x  dicken 
Lage  von  streng  strahlig  gerade  verlaufenden,  dicht  ver- 
wachsenen, fast  gleichmäßig  3  bis  4-5  [jl  breiten,  derb- 
vvandigen  Hyphen,  die  aus  meist  quadratischen,  gegen  den 
Rand  hin  kürzer  und  rechteckig  werdenden  Zellen  bestehen. 
Die  am  Rande  befindlichen  Zellen  sind  kaum  breiter,  nicht 
längsgeteilt  und  nicht  lappig  oder  wimperig.  Die  Basalschichte 
ist  hyalin,  dünn  und  sehr  kleinzellig;  sie  reicht  nicht  bis 
zum  Schildchenrande,  sondern  hat  nur  etwa  drei  Fünftel  der 
Schildbreite.  Die  zahlreichen  Schläuche  sind  spindelig-keulig, 
unten  kurzstielig,  zarthäutig,  oben  verschmälert  abgerundet 
und  dickhäutiger,  achtsporig  und  40  bis  58  ^  7  bis  10  [j. 
groß.  Paraphysen  vorhanden,  langfädig,  oben  ein  dickes 
hyalines  Epithecium  bildend.  Jod  gibt  nirgends  Blaufärbung. 
Die  hyalinen  Sporen  sind  meist  gerade,  länglich  mit  stark 
verschmälert  abgerundeten  Enden,  plasmareich,  zarthäutig, 
meist  anscheinend  einzellig,  doch  wenn  gut  entwickelt,  mit 
einer  wenig  deutlichen  Querwand,  etwa  1  jx  unter  der  Mitte. 
Die  obere  Zelle  ist  oft '0*5  bis  l  \i  breiter  als  die  untere. 
Die  Sporen  erscheinen  reif  fast  stets  mit  1  bis  2  Längs- 
streifen versehen  und  sind.  12' 5  bis  14  ^  2  bis  3  [j.  groß 
(meist   13  bis   14  «  2  bis  2-5  [x). 

Mit  diesem  Pilze  ist  nun  zweifellos  identisch  Micvo- 
thyriiim  Oiiercns  Fuckel  (Symb.  myc.  1869,  p.  98)  nach 
der  Beschreibung  und  der  Abbildung  auf  Taf.  III,  Fig.  11. 
Nur  sind  die  Maßangaben  wie  bekannt  bei  Fuckel  meist 
unrichtig  und  zu  klein. 

Hingegen  ist  der  in  Syll.  Fung.  1883,  p.  663  als  Micro- 
tJiyriimt  microscopicum  beschriebene  Pilz  verschieden  und 
offenbar  eine  Mischart.  Die  kleinen  (25  bis  ?>Q  ^  7  bis  9  (j.) 
Schläuche  und  Sporen  (8  bis  10^3  bis  3-5  »x),  sowie  der 
wimperige  Schildchenrand  zeigen,  daß  es  sich  um  eine  andere 
F'orm  handelt.  Die  daselbst  aufgestellte  Forma  macrospora 
Sacc.  auf  Buchsbaumblättern  ist  eine  eigene  Art,  die  nur 
sali Btixns  wächst  und  muß  Microthyrümt  macrosponim  (Sacc.) 
V.  H.  genannt  werden. 

Winter  bringt  in  seinem  Pyrenomycetenwerke  nur  eine 
Übertragung  aus  der  Syll.  Fungorum  und  was  er  (p.  52)  als 


Fragmente  zur  Mykologie.  o4o 

Microthyritim  microscopiaint  abbildet,  ist  nicht  diese  Art, 
sondern  die  Form  auf  Buchsbaumblättern. 

Diese  Form,  Microthyriinn  macrosporiim  (Sacc.)  \^  H. 
wird  heute  fast  allgemein  als  das  echte  M.  microscopiami 
D.  angesehen  und  ist  als  solche  in  Krieger,  F.  sax.  Nr.  1965, 
Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  1494,  Jaap,  F.  sei.  exs.  Nr.  610, 
Fuckel,  F.  rhen.  Nr.  190  und  Roumeg.,  F.  sei.  exs.  Nr.  6363 
ausgegeben. 

Dieser  Pilz  hat  zarthäutige  bis  200  fj.  große  Thyriothecien, 
die  aus  ganz  dünnwandigen,  4  bis  6  «x  breiten  Zellen  bestehen, 
die  meist  wenig  gestreckt  sind.  Am  Rande  befindet  sich  ein 
bald  schmaler,  bald  bis  40  [x  breiter  wimperiger  Saum,  der 
aus  nur  l'5[x  breiten  Radialhj'phenenden  besteht.  Um  das 
kleine  rundliche  Ostiolum  zeigt  sich  ein  scharf  begrenzter 
Ring,  der  aus  3  bis  4  konzentrischen  Reihen  von  dunkel- 
braunen, dickwandigen  Zellen  besteht.  Paraphysen  vorhanden, 
fädig.  Schläuche  zarthäutig,  dickkeulig,  34  ^  9  }x.  Sporen 
hyalin  keulig-länglich,  zweizeilig,  untere  Zelle  kürzer  (4  bis 
6  [j.)  und  ohne  Öltropfen,  obere  Zelle  länger  und  etwas 
breiter,  mit  zwei  großen  Ültröpfchen.  Sporengröße  13  bis 
18  ^  3-5  bis  4  ji. 

Man  ersieht  daraus,  daß  dieser  Pilz  von  M.  microscopicuui 
D.  völlig  verschieden  ist. 

Microthyrinm  rnicroscopiciim  auf  Lorbeerblättern  in 
Raben h.-W.,  F.  eup.  Nr.  2943  und  Roumeg.,  F.  gall.  exs. 
Nr.  2586  ist  der  Art  Desmazieres  sehr  ähnlich,  aber  sicher 
verschieden.  Microiliyriiim  Laiiri  v.  H.  hat  kein  Subiculum 
und  auf  der  Blattoberseite  gleichmäßig  zerstreute  bis  etwa 
220  jj,  große  Thyriothecien  mit  einer  runden,  12  (x  breiten 
nicht  beringten  Öffnung. 

Das  Schild  hat  mikroskopisch  dieselbe  dunkelbraune 
Farbe,  wie  M.  microscopiami,  aber  die  Radialreihen  der  3  bis 
5  jjL  breiten  quadratischen,  meist  aber  rhomboidischen  oder 
unregelmäßigen,  ziemlich  derbwandigen  Zellen  sind  weniger 
gerade  und  meist  wenig  verbogen.  Außen  gehen  sie  in  eine 
20  bis  30  [X  breite  braune  Randzone  über,  die  kurzwimperig 
endet  und  aus  1*5  bis  l-8}x  breiten,  parallel  verwachsenen 
Hyphen    besteht.    Paraphysen    fädig,    lang.    Schläuche   keulig, 


546  F.  Höhnol, 

zarthäutig,  etwa  40  bis  50  ^i;  8  [x.  Sporen  zweizeilig  stehend, 
längHch-spindelig-keulig,  hyalin,  ungleich  (oft  undeutlich)  zwei- 
zeilig, untere  Zelle  4  [jl  lang,  an  den  Enden  verschmälert 
abgerundet.  Sporen  größer,  12  bis  14  «  2-5  bis  3  [i.  Öltröpfchen 
fehlend. 

Microthyrium  nticroscopictim  auf  dürren  Blättern  von 
Raniinciiltis  lüigna  in  Vi  11,  F.  bavarici  Nr.  820  ist  nach 
dem  Original  eine  ganz  unreife  Schizothyriee.  Die  oberflächlich 
zerstreut  oder  in  kleinen  Gruppen  auftretenden,  unregelmäßig 
rundlichen,  mattschwarzen,  ganz  flachen,  mündungslosen  90 
bis  200  [X  großen  Fruchtkörper  haben  eine  einzellschichtige, 
olivbraune  Decke,  die  am  Rande,  in  ein  hyalines,  sehr  zartes, 
strukturloses  Häutchen  ausläuft.  In  der  Mitte  sind  die  '6  bis 
4  |JL  großen  Zellen,  die  eine  hyaline  Wandung  und  einen 
gleichmäßigen  olivbraunen  Inhalt  zeigen  unregelmäßig  par- 
enchymatisch  angeordnet,  nach  außen  zu  stehen  sie  in  un- 
deutlichen Radialreihen  und  sind  gestreckt,  2  bis  3  ^  5  bis 
lOjJL  (einzelne  manchmal  bis  30  [x  lang)..Eine  Mündung  fehlt 
völlig.  Bei  Druck  zerfällt  die  Deckschichte  in  unregelmäßige 
Stücke.  Fruchtschichte  ganz  unentwickelt.  Wahrscheinlich  eine 
Microthyriella  v.  H. 

Microthyrium  microscopicum  auf  dürren  Blättern  von 
Acacia  longifolia  in  Raben  hörst,  F.  europ.  Nr.  1963  ist 
ganz  ähnlich  dem  M.  Latiri  v.  H.,  ist  aber  weniger  gut 
entwickelt.  Die  zerstreut  stehenden  "Thyriothecien  sind  un-- 
regelmäßig  rundlich,  140  bis  170  [i  groß.  Die  runde  10  bis 
12  [j,  große  Mündung  ist  nicht  beringt.  Die  Zellen  sind  braun, 
eckig,  3  bis  4  [X  groß,  in  weniger  regelmäßigen  Radialreihen 
angeordnet,  am  Rande  in  einen  ganz  'schmalen  Wimpersaum 
aus  1-5  bis  2  [x  breiten  kurzen  Hyphen  übergehend.  Sporen 
fand  ich  nur  einmal  gut  entwickelt.  Sie  sind  spindelig 
länglich,  ohne  Öltropfen,  10  bis  12  «2-5  bis  2-7  jx  groß, 
zweizeilig;  die  obere  Zelle  ist  etwa  2  jx  länger  als  die 
untere. 

.   Ein  Subiculum    fehlt    völlig.    Der  Pilz   hat  Microthyrium 
Acaciae  v.  H.  zu  heißen. 

Microthyrium  Angelicae  Fauirey  et  Roumeg.  (Rev. 
myc:  1892,  XIV.  Bd.,  p.  8)  soll  keine  Mündung  und  eikugelige. 


Fragmente  zur  Mykologie.  04/ 

Schläuche  haben.  Mein  Exemplar  in  Roumeg.,  F.  gall.  exs. 
Nr.  5971   zeigt  den  Pilz  nicht.    Gehört  kaum  in  die  Gattung. 

Microthyrinm  Smilacis  de  Not.  ist  nach  Theissen 
und  Sydow  (Ann.  mycol.  1917,  XV.  Bd.,  p.  416)  die  einzige 
sichere  europäische  Myiocopron- Axt  Der  Pilz  gehört  aber  in 
die  Gattung  Ellisiodothis  Th.  (Ann.  myc.  1914,  XII.  Bd., 
p.  74,  Taf.  VI,  Fig.  5)  und  ist  von  Ellisiodothis  Rekmiana 
Th.  et  S.  (Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  248)  kaum  ver- 
schieden. Er  hat  Ellisiodothis  Stnilaris  (de  Not.)  v.  H.  zu 
heißen. 

Die  Grundart  Microdothella  culmicola  Syd.  1914  hat 
auch  oberflächliche  (und  nicht  subcuticuläre)  Schlauchstromata, 
ist   daher  diese  Gattung  von  Ellisiodothis  kaum  verschieden. 

Microthyrinm  Idaenm  Sacc.  et  R.  (Revue  myc.  1883, 
V.  Bd.,  p.  238,  Taf.  40,  Fig.  14).  Ich  fand  am  Original  in 
Roumeg.,  F.  gall.  exs.  Nr.  2933  nur  Spuren  von  Phoma 
cytosporea  (Fr.)  Starb.  (Bih.  tili  K.  Sv.  Vet.-Acad.  Handl. 
1894,  Afd.  3,  Nr.  2,  p.' 47)  und  reichlich  jenen  Pilz,  den 
Desmazieres  in  den  PL  crj'pt.  France  1857,  Nr.  405  als 
Melampsora  pimctifonnis  Mont,  ausgab  Und  den  ich  als 
Melanobasidium  pnnctiforme  (M.)  v.  H.  näher  beschrieb. 

Der  Pilz  ist  jedenfalls  kein  Micfothytitiin,  nach  den 
Sporen  vielleicht  eine  Diaporthee  vermengt  mit  dem  Melano- 
basidium. 

Eine  dem  Microthyrinm  macrosportim  (Sacc.)  v.  H. 
nahe  verwandte,  aber  sicher  verschiedene  Form  fand  ich  im 
Frühjahr  1903  bei  Jaize  in  Bosnien  auf  dürren  jungen 
Zweigen  der  Purpurweide. 

Microthyrinm  Salicis  v.  H.  n.  sp.  Subiculum  fehlend. 
Thyriothecien  in  ziemlich  dichten,  ausgebreiteten  Herden, 
kreisrund,  dünnhäutig,  durchscheinend  heilbraun,  80  bis  100  jx 
breit,  aus  radiär  stehenden  dünnwandigen,  meist  3  bis  4  [x 
breiten,  und  5  bis  6  |x  langen  Zellen  bestehenden  H3'phen 
gebaut,  die  am  schmalen  Rande  kurzlappig  verzweigt  sind, 
ohne  eine  deutliche  Wimperung  zu  bilden.  Mündung  rundlich, 
8  bis  10  |x  breit,  von  3  bis  4  Reihen  von  etwas  kleineren, 
dunkelbraunen  quadratischen  Zellen  umringt.  Paraphysen  vor- 
handen, fädig.    Schläuche  keulig,  oben  abgerundet  und  derb-' 


548  F.  Hühnel, 

wandig,  sonst  zarthäutig,  sitzend,  26  ^  9  bis  10  [i.  Sporen  zu 
acht,  hyalin,  zweizeilig,  spindelig-länglich  mit  abgerundeten 
Enden,  gerade,  9  bis  10  ^  2-5  [jl  groß.  Die  obere  Zelle  zeigt 
zwei  große  Öltröpfchen  und  ist  fast  doppelt  so  lang  als  die 
untere. 

Ist  von  M.  macrospormn  durch  die  kleineren,  klein- 
zelligeren,  am  Rande  nicht  gewimperten  Thyriothecien,  die 
kleinen  Schläuche  und  Sporen  gut  verschieden. 

Microthyrinm  microscopictmi  Desm.  var.  Dryadis  Rehm 
(Ann.  myc.  1904,  II.  Bd.,  p.  520),  später  (Ann.  myc.  1909, 
VII.  Bd.,  p.  414)  Tricliothyrium  Dryadis  Rehm  genannt,  ist 
in  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  1571  ausgegeben  und  darnach 
Calotliyviiim  Dryadis  (R.)  v.  H.  zu  nennen. 

Der  schwer  sichtbare  Pilz  hat  60  bis  160  [x  breite, 
unregelmäßig  rundliche  ganz  oberflächliche,  aber  doch  ziemlich 
fest  anhaftende  Thyriothecien,  die  in  der  Mitte  eine  unregel- 
mäßige, meist  längliche,  4  bis  5  |i,  große  Mündung  zeigen,  im 
mittleren  Teile  fast  undurchsichtig  sind  und  aus  dunkel- 
violettbraunen,  verhältnismäßig  derbwandigen,  2  bis  2-5  [jl 
breiten,  radial  verlaufenden  Hyphen  bestehen,  die  etwas  wellig 
verbogen  und  innen  kurzzellig,  nach  außen  wenig  gestreckt- 
zellig  sind. 

Am  helleren,  durchscheinenden,  etwa  20  [x  breiten  Rand- 
saum sind  die  Hyphen  nur  1*6[a  breit,  verlaufen  parallel 
mäandrisch,  sind  am  Ende  etwas  lappig  verzweigt  und  bilden 
eine  undeutliche  Wimperung.  Das  manchmal  spärliche,  meist 
aber  gut  entwickelte  Subiculum  besteht  aus  meist  wenig  und 
undeutlich  septierten  langgliedrigen,  durchscheinend  schmutzig 
violetten,  2  bis  3  p.  breiten  Hyphen,  die  wellig-zackig  locker 
verlaufen  und  netzig  verbunden  sind.  Hie  und  da  sitzen  an 
diesen  Hyphen  kleine  lappig  verzweigte  Zellen,  die  aber 
allmählich  in  kleine  rundliche  Membranstücke  übergehen,  die 
aus  verbogenen,  mäandrisch-verwachsenen  Zellen  bestehen 
und  offenbar  ganz  junge  Thyriothecienzustände  sind,  die  nur 
stellenweise  auftreten.  Hyphopodien  fehlen  daher. 

Nicht  selten  sind  kleine,  70  jx  große,  mit  20  bis  25  [x 
großer  Öffnung  versehene  sterile  Fruchtkörper,  die  anscheinend 


Fragmente  zur  Mykologie.  o49 

keine  Pyknothyrien.  sondern  abnormale,  verkümmerte  Thyrio- 
thecien  sind. 

Paraphysen  deutlich,  fädig.  Die  Schläuche  sind  erst  birn- 
förmig  und  13  bis  16  i^^  8  (x  groß,  zarthäutig,  später  strecken 
sie  sich,  werden  keulig  und  20  ^^  7  oder  25  :=;  5  bis  6  [a  groß. 
Die  anfiuiglich  drei-,  später  zweireihig  stehenden  Sporen  sind 
meist  länglich-stäbchenförmig,  gerade,  mit  abgerundeten  Enden^ 
vier  in  einer  Reihe  stehenden  Öltröpfchen  und  einer  Quer- 
wand ohne  Einschnürung  in  der  Mitte.  Sie  haben  eine  etwas 
unscharfe,  außen  schleimige  Membran  und  sind  meist  7  bis 
7*5  ^  l'öjj.  groß,  seltener  (bei  den  bestentwickelten,  größten 
Thyriothecien)  8  bis  9  ^  2-5{jl  groß. 

Darnach  ist  der  Pilz   ein  echtes   Calothyriimi. 

Microtltyvinm  nncroscopiciiui  Desmazieres  Var.  row- 
fusum  Desm.  ist  in  den  PI.  crypt.  France,  1859,  Nr.  696 
ausgegeben  und  beschrieben.  Es  ist  eine  eigene  Art,  die 
Microthyrümi  confusiim  (Desm.)  v.  H.  genannt  werden  muß. 

Die  90  bis  180  [x  großen  schwarzen,  runden,  flachen 
Thyriothecien  haben  kein  Subiculum  und  sitzen  in  Menge 
vereinzelt  auf  der  Unterseite  der  Blätter  von  Jimiperus 
virginiana.  Die  Mündung  ist  rundlich  und  etwa  8  [x  breit. 
Das  Schildchen  ist  dunkel  kastanienbraun,  in  der  Mitte  fast 
undurchsichtig  und  auf  einer  etwa  40  «j,  breiten  Fläche  aus 
nur  2  |x  breiten,  rundlicheckigen  Zellen  aufgebaut.  Nach  außen 
zu  besteht  es  aus  radialstehenden,  gestreckten,  wellig- 
mäandrisch verlaufenden,  parallel  verzweigten,  1-5  bis  2  {x 
breiten  Hyphen,  die  am  Rande  eine  schwache  Wimperung 
bilden.  Der  durchscheinende  Randsaum  ist  etwa  20  [x  breit. 
Basalschichte  hyalin.  Paraphysen  reichlich,  fädig.  Die  Schläuche 
sind  zylindrisch-keulig,  derbwandig,  unten  kurz  knopfig  und 
30  bis  32  ^  6  bis  7  ■  5  [x  groß.  Die  zweireihig  stehenden 
Sporen  sind  hyalin,  gerade  oder  wenig  gekrümmt,  länglich- 
zylindrisch, gleich  zweizeilig,  an  den  Enden  abgerundet  und 
7*5«  l-7|x  groß.  Doch  findet  man  auch  etwas  keulige  oder 
fast  spindelförmige,  8  bis  9*5  ^  2  bis  2*4  |j.  große,  deren 
obere  Zelle  wenig  länger  als  die  untere  ist. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,   Abt.  I,  128.  Bd.  39 


o50  F.  Höhnel, 

Microthyriiun  Umhelliferartmt  v.  H.  n.  sp.  An  dürren 
Stengeln  von  Doldengewächsen,  Selenika  in  Dalmatien,  April 
1903.  Ges.  V.  Höhnel. 

Thyriothecien  zerstreut  200  bis  300  [x  breit,  unregelmäßig 
rundlich,  ohne  Subiculum,  schwarz,  etwas  glänzend,  flach, 
obertlächlich.  Mündung  rundlich,  20  bis  24  [jl  weit  auf  dem 
60  [JL  breiten  opakschwarzen  Mittelfelde  liegend.  Schildchen 
schwarzbraun,  aus  radial  verlaufenden,  1-6  bis  2  bis  3  [j. 
breiten,  derbwandigen,  parallel  verwachsenen  Hyphen  be- 
stehend, die  sich  nach  außen  gabelig  verzweigen  und  dünner 
werden.  Randzone  heller,  durchscheinend,  Rand  etwas  lappig, 
kaum  gewimpert,  aber  nicht  glatt.  Querwände  spärlich,  dünn. 
Paraphysen  reichlich,  fädig.  Schläuche  zylindrisch  -  keulig, 
unten  etwas  bauchig,  derbwandig,  oben  abgerundet,  kurz- 
knopfig  gestielt,  34  bis  50  ~  8  bis  9  [x.  Sporen  hyalin,  gleich 
zweizeilig,  mäßig  derbwandig,  an  dei'  Querwand  nicht  ein- 
geschnürt, an  den  Enden  verschmälert  abgerundet,  mit 
wolkigem  Inhalt,  gerade,  13  bis  16  =;  3  bis  4,  selten  bis  18  =  5  jx 
groß,  länglich,  elliptisch. 

Microthyrimn  Jochromatis  Rehm  (Hedwigia  1895,34.  Bd., 
p.  [162])  ist  in  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  1123  ausgegeben. 
Nach  Theissen  (Österr.  bot.  Ztschr.  1912,  62.  Bd.,  p.  279 j 
sollen  die  reifen  .Sporen  elliptisch  und  braun  sein.  Ich  finde 
aber  mit  Rehm,  daß  die  16  -^  8  jx  großen  Sporen  hyalin  und 
birnförmig  sind.  Die  obere  8  [x  breite  Zelle  ist  fast  kugelig 
und  zeigt  oben  meist  eine  kleine  Papille,  die  untere  ist 
abgerundet,  kegelförmig  und  6  [x  breit.  Es  ist  daher  fraglich, 
ob  die  von  Theissen  gesehenen  braunen  Sporen  zum  Pilze 
gehören.  Derselbe  nennt  den  Pilz  Seynesia  Jochromaiis  CR.) 
Th.,  allein  der  Pilz  entwickelt  sich  unter  der  Cuticula  und 
ist  eine  echte  Leptopeltee,  die  Leptopeltis  Jochromatis  CR.) 
v.  H.  genannt  werden  muß. 

Die  in  dichten  kleinen  Gruppen  stehenden  Fruchtkörper 
sind  rundlich-eckig,  verschmelzen  öfter  zu  wenigen  und  sind 
100  bis  220  [X  breit  und  60  bis  80  |x  dick.  Die  Basalschichte 
ist  hyalin.  Die  nur  oben  entwickelte  Decke  ist  einzellschichtig, 
6  bis  8  [X  dick.  Die  Außenwand  der  Deckenzellen  ist  dick. 
Innen-  und  Seitenwände  dünn.  Die  Decke  besteht  aus  streng 


Fragmente  zur  Mykologie.  o5 1 

radiär  verwachsenen,  4  bis  8  |i  breiten  Hyphen,  mit  derben 
Längswänden  und  dünnen  Querwänden,  die  4  bis  8  [a  weit  von- 
einander abstehen.  Paraphysen  fädig,  reichHch.  Oben  reißt  die 
Decke  spaltig-lappig  weit  auf. 

Ein  verwandter  Pilz  ist  offenbar  Aphysa  Rliynchosiae 
(K.  et  C.)  Th.  et  S.  (Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  134), 
welche  aber  braune  Sporen,  keine  Paraphysen  und  eine  nicht 
radiär  gebaute  Decke  hat. 

Microtliyrinm  grande  Niessl,  beschrieben  und  ausge- 
geben in  Raben h.,  F.  europ.  Nr.  2467,  als  Seynesia  grandis 
(N.)  Winter  in  Hedwigia  1885,  24.  Bd.,  p.  107,  wurde  von 
Sydow  1914  in  die  neue  Polystomelleen-Gattung  Palaivania 
als  Grundart  gestellt.  Die  Untersuchung  zeigte  mir,  daß  es 
wohl  möglich  ist,  daß  der  Pilz  eine  Polystomellee  ist,  der- 
selbe ist  jedoch  sehr  leicht  ablösbar  und  in  fast  allen  Einzel- 
heiten einer  Seynesia  so  ähnlich,  daß  ich  es  für  nicht  aus- 
geschlossen halte,  daß  derselbe  doch  nur  eine  solche,  kräftig- 
entwickelt,  ist,  was  an  reichlicherem  Material  noch  vergleichend 
geprüft  werden  muß. 

Microthyriimi  Heder  ae  Feit  gen  habe  ich  in  Fragm. 
Nr.  138,  III.  Mitt.,  1907  nach  der  Beschreibung  iüv  Micropeltis 
Flageoletii  Sacc.  1893  gehalten.  Allein  dieser  Pilz  ist  eine 
Coccodiniee  und  hat  Lhnacinia  carniolica  (R.)  v.  H.  zu 
heißen,  da  MicropelHs  carniolica  Rehm  1892  davon  nicht 
genügend  verschieden  ist.  Feltgen's  Pilz  hat  aus  dunkel- 
braunen, 1  '5  bis  2  [1  breiten  Radialhyphen  bestehende  Thyrio- 
thecien  und  vierzellige  Sporen.  Er  hat  Phragmothyritmi 
Hederae  (Feltg.)  v.  H.  zu  heißen  (Fragm.  Nr.  725,  XIV.  Mitt. 
1912). 

Microthyrinm  confertnin  Theissen  (Ann.  myc.  1909, 
VII.  Bd.,  p.  352),  ausgegeben  in  Theissen,  Dec.  fung.  brasil. 
Nr.  36,  ist  unrichtig  beschrieben  und  eingereiht.  Es  ist  ein 
ausgebreitetes,  aus  violettbraunen,  wellig  verlaufenden,  sep- 
tierten  (Glieder  8  bis  \2  \k  lang),  h^^phopodienlosen,  2  bis  3  (x 
breiten,  schön  netzig  verbundenen  Hyphen  bestehendes 
Subiculum  vorhanden.  Die  Thyriothecien  sind  fast  undurch- 
sichtig, werden  beim  Kochen  mit  Kalilauge  ziegelrotbraun 
und  zeigen  keine  Spur  einer  Mündung.  Sie  sind  220  bis  260  [j. 


552  F.  Höhnel, 

breit  und  nur  am  40  bis  70  [j.  breiten  Randsaume  radiär,  aus 
2  bis  3  [JL  breiten  Hyphen,  die  dicht  verwachsen  sind,  auf- 
gebaut. Die  ganze  120  bis  140  »j.  breite  Mittelfläche  besteht 
aus  unregelmäßig  geformten  und  angeordneten  Parenchj^m- 
zellen.  In  der  Mitte  sieht  man  wohl  öfter  eine  etwas  hellere, 
etwa  30  bis  40  [i  breite  rundliche  Stelle,  doch  nie  ein 
Ostiolum.  Bei  Zerquetschen  der  mit  Kalilauge  behandelten 
Thyriothecien  zerreißen  diese  nie  strahlig-spaltig,  sondern  in 
unregelmäßige  Schollen. 

Der  Pilz  verhält  sich  in  dieser  Beziehung  so  wie 
ClypeoMla  v.  H.  in  Fragm.  Nr.  478,  X.  Mitt.,  1910.  Im 
übrigen  verhält  er  sich  so  wie  Calothyrüun,  in  welche 
Gattung  der  Pilz  später  von  Theissen  versetzt  wurde  (Ann. 
myc.    1917,  XV.  Bd..  p.  418). 

Er  stellt  aber  eine  gute  eigene  Gattung  dar,  die  ich 
Calothyriopsis  v.  H.  nenne. 

Calothyriopsis  v.  H.  n.  G.  Wie  Caloihyriuni,  aber  Thyrio- 
thecien nur  am  Rande  strahlig  gebaut,  im  ganzen  Mittelfelde 
unregelmäßig  parench3^matisch,  ohne  Osteolum,  durch  Zerfall 
des  Mittelteiles  des  Schildchens  sich  öffnend. 

Grundart:  Calothyi^iopsis  conferta  (Th.)  v.  H.  (Syn.: 
Microthyriiun    confertnni    Th.,    Calotliyritim    confej'tum  Th.). 

Asterella  olivacea  v.  H.  (Ann.  myc.  1905,  III.  Bd.,  p.  326) 
wurde  von  Theissen  (Österr.  bot.  Ztschr.  1912,  62.  Bd., 
p.  396)  als  Microthyriuin  erklärt.  Indessen  geht  schon  aus 
meiner  Beschreibung  hervor,  daß  der  Pilz  Microthyriella 
olivacea  v.  H.  zu  lieißen  hat,  wie  auch  die  nochmalige  Unter- 
suchung desselben  gezeigt  hat. 

Microthyriiun  mactilans  Zopf  in  Nova  Acta  Acad.  Leop. 
Card.  1898,  70.  Bd.,  p.  255  wurde  vom  Autor  sehr  genau 
beschrieben  und  gut  abgebildet,  ist  jedoch  kein  Microthyriuin. 
Zopf  hat  übersehen,  daß,  wie  mir  das  Original  in  Arnold, 
Liehen,  exs.  Nr.  1742  zeigte,  der  Pilz  nicht  oberflächlich 
wächst,  sondern  ursprünglich  unter  der  Oberfläche  des  Thallus 
eingesenkt  ist  und  erst  dann  ganz  hervorbricht.  Das  Gehäuse 
ist  ringsum,  also  oben  und  unten  gleich  entwickelt,  schwarz- 
braun und  einzellschichtig,  radiär  gebaut,  mit  einem  an- 
fänglich   rundlichen  Ostiolum,    das    später    sich   weiter  öffnet. 


Fragmente  zur  Mykologie.  OO*^ 

Sporen  hyalin,  zweizeilig.  Paraphysen  fehlen  nach  Zopf 
völlig. 

Der  Pilz  ist  phacidialer  Natur  und  unterscheidet  sich 
von  Leptopeltella  v.  H.  (Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  3U4  und 
Ber.  d.  deutsch,  bot.  Ges.  1917,  35.  Bd.,  p.  418)  durch  das 
Wachstum  auf  Flechten  und  den  Mangel  der  Paraphysen. 
Er  stellt  eine  neue  Gattung  dar,  die  wegen  des  fast  ober- 
flächlichen Wachstums  am  besten  neben  der  subcuticulären 
Leptopeltella  gestellt  werden  kann. 

Lichenopeltella  v.  H.  n.  G.  Phacidiales.  Leptopeltineen. 
Wie  Leptopeltella,  aber  Flechten  bewohnend,  schließlich  ganz 
oberflächlich  werdend.  Sporen  zweizeilig,  hyalin.  Paraphysen 
fehlend. 

Grundart:  Liclienopdtella  luacnlaus  (Zopf)  v.  H.  (Micro- 
thyrium  maculans  Zopf  189S). 

Microthyrinm  Platani  Richon  1889,  vom  Autor  nicht 
beschrieben,  jedoch  von  Feltgen  (Vorstud.  Pilzfl.  Luxemburg 
1903,  Ntr.  III,  p.  310)  wieder  gefunden  und  beschrieben.  Die 
Untersuchung  seiner  Exemplare  zeigte  mir,  daß  es  sich  um 
eine  gute  Art  der  Gattung  .handelt.  Der  Pilz  bedeckt  in  aus- 
gebreiteten lockeren  Herden  die  ganzen  trockenen  Blätter  und 
Blattstiele  der  Platane.  Die  Thyriothecien  haben  kein  Subiculum, 
sind  60  bis  100  [x  groß,  ganz  flach,  durchscheinend  schmutzig 
braun,  am  Rande  kurzzackig-lappig,  aber  nicht  gewimpert. 
Das  8  bis  10  \h  breite  rundliche  Ostiolum  liegt  in  einem 
20  bis  25  [X  breiten,  schwarzen,  opaken  Ring.  Das  Schild  ist 
streng  strahlig  gebaut.  Die  Radialhyphen  sind  innen  breiter 
(3  bis  4  \h)  und  kurzzellig,  derbwandiger,  nach  außen  zu 
mehrmals  gabelig  verzweigt,  langzelliger  und  schmäler  (1'5 
bis  2  ijl).  Paraphysen  deutlich.  Schläuche  keulig,  zarthäutig, 
20  bis  30  is  6  bis  8  ;j.,  unten  kurzstielig  verschmälert.  Die  acht 
hyalinen,  gleich  zweizeiligen  spindeligen  Sporen  sind  7  bis 
9  ^  1  -8  bis  2-5  [X  groß  und  liegen  2-  bis  3-reihig  im  Schlauche. 
Ist  eine  gute  eigene  Art.  Feltgen  gibt  die  Schläuche  und 
Sporen  etwas  größer  an  (40  bis  48^5  bis  7  u.,  8  bis  10^:^2-5 
bis  3-5  jx). 

Microthyrinm  ntinutissimum  Thümen  ist  nach  dem 
Originale    in    Thümen,    Mycoth.    univ.    Nr.  962    vom    Autor 


554  F.  Höhnel, 

falsch  beschrieben  und  von  Theissen  (Österr.  bot.  Ztschr. 
1912,  62.  Bd.,  p.  218)  nicht  gefunden  und'  daher  unrichtig 
beurteilt  worden. 

Der  auch  mit  der  Lupe  kaum  sichtbare  Pilz  kommt 
herdenvveise  an  der  Oberseite  der  Blattränder  vor.  Die  Thyrio- 
thecien  sind  ganz  flach  rund,  am  Rande  uneben,  aber  nicht 
gewimpert,  ohne  Subiculum,  durchscheinend  hellviolett.  Die 
rundliche,  6  bis  8  [i  große  Mündung  ist  von  3  bis  4  Reihen 
von  2  bis  3  [X  breiten,  derbwandigen,  dunkler  violetten  Par- 
enchymzellen  umgeben,  wodurch  ein  oft  wenig  ausgeprägter, 
24  bis  28  p.  breiter  Ring  entsteht.  Das  Schild  ist  streng 
strahlig  gebaut,  besteht  aus  wenig  gestreckten,  2  bis  3  bis  4  [x 
breiten  Zellen,  die  gegen  den  Rand  durch  Radialteilungen  oft 
schmäler  werden. 

Die  Sporen  sind  zylindrisch,  gerade,  an  den  Enden  ab- 
gerundet, mit  einigen  Öltröpfchen  versehen,  undeutlich  zwei- 
zeilig, 9  ^  2'5  (X  groß.  Paraphysen  jedenfalls  vorhanden. 
Schläuche  aufgelöst. 

Microtliyidtiui  iliciinmi  de  Not.,  in  der  Syll.  Fung.  1883, 
II.  Bd.,  p.  660  als  Myiocopron,  ist  nach  dem  Original  in  Erb. 
critt.  ital.  Nr.  994  ein  eigenartiger,  ganz  steriler  Pilz.  Derselbe 
sitzt  nur  blattunterseits  (nicht  oberseits,  wie  1.  c.  angegeben) 
oberflächlich  auf  der  Epidermis  und  schließt  mit  seiner  dicken 
Basalschichte  die  dichtstehenden  Büschelhaare  des  Blattes 
ein.  Er  bildet  schwarze,  etwa  rauhe,  rundliche  oder  meist 
unregelmäßige,  flache,  0-25  bis  X-bmin  große  Flecke,  die  in 
großer  Zahl  das  Blatt  besetzen.  Er  ist  ein  ganz  flaches, 
110  bis  140  (X  dickes  Stroma,  das  aus  vier  Schichten  besteht. 
Die  80  bis  120  [x  dicke  Basalschichte  liegt  der  Epidermis 
fest  an  und  besteht  aus  einem  mikroplectenchymatischen 
hyalinen  oder  blassen  Gewebe.  Darauf  liegt  nun  eine  etwa 
20  \i.  dicke  Palissadenschichte,  die  aus  dicht  parallel  stehenden 
hyalinen,  einzelligen,  geraden,  steifen,  oben  stumpfen  20  ^  2  \i. 
großen  Fäden  besteht,  die  gegen  den  Rand  des  Pilzes  kürzer 
werden  und  schließlich  fehlen.  Auf  dieser  Schichte  liegt  ein 
ganz  dünnes,  durchscheinend  braunes  Häutchen,  das  meist 
strukturlos  ist  oder  stellenweise  undeutliche  kleinzellige  oder 
radiäre    Strukturen    aufweist.    Die    Deckschichte    endlich    ist 


Fragmente  zur  Mykologie.  OOi) 

()  bis  8  [X  dick,  schwarz,  opak,  zeigt  auch  an  dünnen  Quer- 
schnitten keinerlei  Struktur,  sondern  scheint  aus  dünnen 
Schichten  zu  bestehen.  In  der  Flächenansicht  ist  dieselbe 
jedoch  (scheinbar)  aus  2  [i  großen  dunkelbraunen,  derbwandigen 
rundlichen  Zellen,  die  dicht  verwachsen  sind,  zusammengesetzt. 

Diese  zwei  Deckschichten  sind  offenbar  ein  sekretartiges 
Ausscheidungsprodukt  der  Palissadenschichte.  Derartige  Über- 
züge zeigen  öfter  einen  scheinzelligen  Bau,  der  dann  aber, 
wie  auch  hier,  genau  der  ausscheidenden  Schichte  entspricht. 

Die  in  der  Beschreibung  erwähnten  Schläuche  und  Sporen 
waren  nicht  zu  finden. 

Microthyrinin  Cetrariae  Bresadola  (Malpighia  1897, 
XI.  Bd..  p.  62)  ist  nach  dem  Originale  Lichenopeltella  Cetrariae 
(Bres.)  V.  H.  zu  nennen.  Der  Pilz  sieht  ganz  Microtliyrinm- 
artig  aus,  ist  rundlich,  scharf  berandet,  manchmal  schwach 
gelappt,  wenig  durchscheinend,  schwarzbraun  und  etwa  120  (x 
breit.  Er  tritt  in  dichten  Herden  auf  beiden  Thallusseiten  auf 
Die  Fruchtkörper  sind  flachlinsenförmig,  bis  über  30  [x  dick 
und  haben  oben  in  der  Mitte  eine  flachkegelige  Mündungs- 
papille  mit  der  öfter  26  [x  breit  schwarz  beringten,  rundlichen 
7  bis  8  [j.  breiten  Mündung.  Das  Gehäuse  ist  ringsum  ent- 
wickelt, einzellschichtig,  oben  etwa  4  [x,  unten  2  [x  dick  und 
oben  sowie  unten  streng  radiär  aus  innen  2  [x  breiten,  nach 
außen  bis  über  4  (x  breiten,  aus  3  bis  4  [x  langen  Zellen  be- 
stehenden Hyphen  aufgebaut.  Die  untere  Hälfte  des  Gehäuses  ist 
heller  braun,  zeigt  verschwommene  Zellwände  und  in  jeder 
Zelle  einen  olivgrünen,  homogenen,  3  [x  großen  Inhaltskörper. 
Paraphysen  fehlen.  Der  Pilz  wird  schließlich  ganz  ober- 
flächlich aufsitzend,  entwickelt  sich  aber  unmittelbar  unter 
der  Thallusoberfläche. 

1160.  Über  die  Gattung  Meliola  Fries. 

Diese  große  Gattung  wurde  von  Theissen  und  Sydow 
in  drei  Gattungen  zerlegt.  Die  Unterscheidung  derselben 
beruht  nur  auf  dem  Vorhandensein  oder  Fehlen  der  Borsten 
und  Hyphopodien:  Meliola  Fr.  mit  Borsten  und  Hyphopodien, 
Meliolina  Syd.  mit  Borsten,  ohne  Hyphopodien  und  Irene 
Th.  et  Syd.,    ohne    Borsten,    mit    Hyphopodien.    Es    ist    klar. 


556  F.   Höhnel. 

daß  man  auf  diesem  bequemen,  aber  schematischen  Wege  in 
der  Regel  nur  künstliche  Gattungen  ohne  besonderen  Wert 
erhalten  kann.  Nichtsdestoweniger  sind  diese  drei  Gattungen 
brauchbar,  doch  müssen  sie  anders  und  genauer  beschrieben 
werden.  Die  Genannten  gingen  von  der  Voraussetzung  aus, 
daß  die  Meliola- Arien  alle  im  allgemeinen  gleich  gebaut  sindj 
das  ist  aber  durchaus  nicht  der  Fall.  Bei  einer  Durchsicht 
der  Arten  erkennt  man,  daß  man  einige  tiefer  begründete 
natürliche  Gruppen  unterscheiden  kann,  die  einen  größeren 
Gattungswert  haben  als  Irene,  die  sich  von  MelioJa  nur 
durch  das  Fehlen  der  Borsten  unterscheidet. 

Ich  unterscheide  fünf  Gattungen,  die  voneinander  durch 
mehrere  Merkm.ale  zu  trennen  sind. 

1.  Meliola  Fries.  Mit  Mycel-  oder  Perithecialborsteii  und 
Hyphopodien.  Schläuche  eiförmig,  zarthäutig,  vergänglich. 
2-  bis  4-sporig;  Sporen  zylindrisch-länglich  mit  breit  abge- 
rundeten Enden,  einfarbig. 

Grundart:  M.  amphitricha  Fries. 

2.  Irene  Syd.  et  Th.  Wie  Meliola,  aber  ohne  Borsten. 
Als  Grundart  wird  Irene  inerntis  (Kalchbr.  et  C.)  an- 
gegeben. 

3.  Appendicnlella  v.  H.  Wie  Meliola,  ohne  Borsten,  Peri- 
thecien  mit  dicken,  wurmförmigen  Anhängseln.  Grund  art 
Appendicnlella  calostroma  (Desm.)  v.  H.  (=  Meliola  sangiiinea 
Ell.  et  Ev.  =:  M.  Puiggarii  Speg.  =  ,1/.  rnbicola  P.  Henn. 
=  M.  manca  Ell.  et  M.\  Weitere  Arten:  .4.  larviformis 
(P.  Henn.)  v.  H.;  .4.  Ecliinus  (P.  Henn.j;  .4.  Cornn  caprae 
(P.  H.)  V.  H. 

4.  Meliolina  Syd.  Borsten  zahlreich,  meist  verzweigt. 
Schläuche  meist  5-  bis  8-sporig,  Hyphopodien  fehlend.  Sporen 
4-zellig,  mit  oft  kleineren  Endzellen.  Bisher  sicher  nur  auf 
Myrtaceen. 

Als  Grundart  wird  Meliolina  cladotriclia  (Lev.)  angegeben. 
Allein  abgesehen  davon,  daß  nicht  sicher  feststeht,  was -diese 
Art  ist,  da  das  Urstück  derselben  nach  Bornet  (Ann.  scienc. 
nat,  3.  Ser.,  16.  Bd.,  1851,  p.  269)  zu  alt  ist.  gibt  Gaillard, 
Monogr.  Meliola,  Paris  1892,  p.  46  ausdrücklich  an.  daß  sie 
zweierlei  Hyphopodien  hat.  Auch  sind  die  Schläuche  eiförmig, 


Fragmente  zur  Mykologie.  O»"^  <■ 

zweisporio.  Die  vierzelligen  Sporen  haben  kleinere  und 
schmälere    Endzellen    und    messen    65  bis  70  ^  18  bis  22  [x. 

Der  Pilz,  den  Winter  (Hedvvigia  1885,  24.  Bd.,  p.  25) 
als  Meliola  cladofricJia  Lev.  beschreibt:  Schläuche  eibirn- 
förmio-,  100  bis  105  «  40  bis  50  ;x,  achtsporig;  Sporen  zylin- 
."risch,  beidendig  breit  abgerundet,  vierzellig,  wenig  ein- 
geschnürt, 44  bis  52^  12  bis  14 -j,,  ist  von  Gaillard's  Pilz 
verschieden  und  ist  fast  sicher  Meliola  mollis  Berk.  et  Br. 
z=  M.  puldierrima  Syd.  Auch  ist  zu  beachten,  daß  die  Sporen- 
bilder bei  Gaillard,  Taf.  IX,  Fig.  4  und  Bornet,  Taf.  XXII, 
Fig.  15  nicht  genügend  übereinstimmen.  Es  steht  daher  nicht 
lest,  ivas  Meliola  cladotricha  Lev.  ist.  Diese  Form  kann 
daher  nicht  als  Grundart  aufgestellt  werden. 

Ich  betrachte  als  Grundart  der  Gattung  Meliolina  Syd.^ 
die  Meliolina  mollis  (Berk.  et  Br.)  v.  H.  in  Fragm.  Nr.  524, 
X.  Mitt.,  1910,  welche  nach  den  Urstücken  vollkommen 
gleich  ist.  M.  pidcherrima  Sydow  (Ann.  myc.  1913,  XL  Bd.^ 
p.  254).  Diese  und  die  Meliolina  radians  Syd.  (Ann.  myc. 
1914,  XII.  Bd.,  p.  553)  haben  Sporen,  die  nur  wenig  ein- 
geschnürt und  deren  vier  ^Zellen  ziemlich  gleich  groß  sind. 
Hingegen  hat  die  Meliolina  octospora.  Penz.  et  Sacc.  (an 
Cooke?)  nach  meinem  Fragm.  Nr.  413,  IX.  Mitt.,  1909  sehr 
stark  eingeschnürte  Sporen,  deren  Endzellen  viel  kleiner  sind 
als  die  fast  kugeligen  Mittelzellen.  Mit  diesem  Pilze  ist  offen- 
bar gleich  Meliolina  Yatesii  Syd.  (Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd., 
p.  195).  Meliolina  arborescens  Syd.  (Ann.  myc.  1913,  XI.  Bd.,, 
p.  256)  ist  vielleicht  auch  derselbe  Pilz,  denn  die  einzige 
widersprechende  Angabe,  betreffend  die  1-  bis  2- sporigen 
Schläuche,  ist  zweifelhaft,  da  diese  bereits  aufgelöst  waren. 
Meliolina  hapalochaeta  Syd.  (Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  145> 
ist  die  einzige  Art  mit  un verzweigten  Borsten. 

Meliolina  scheint  keine  einheitliche  Gattung  zu  sein.  Die 
einen  Arten  schließen  sich  an  Meliola  an,  die  anderen  an 
Leptonieliola  v.  ,H. 

5.  Leptonieliola  v.  H.  Mit  oder  ohne  Borsten.  Mit  Hypho 
podien.  Schläuche,  mit  fester  nicht  vergänglicher  Membran, 
keulig,  achtsporig.  Sporen  4-  bis  6-zellig,  spindelig,  mit 
kleineren,    fast  hyalinen  Endzellen.  Paraphysen  sehr  zahlreich» 


Ö58  F.  Höhnel, 

deutlich,  spitzendig.  Manchmal  Arthrohotrynm  .Sacc.  als  Neben- 
frucht. 

Grundart:  Lepfouieliola  liyalospora  (Lev.)  v.  H.,  ferner 
Leptomeliola  qiiercina  (Pat.)  v.  H.,  L.  javensis  v.  H.  n.  sp., 
L.  aiiomala  (Tr.  et  Earle)  v.  H.  (Syll.  Fung.  XVII.  Bd., 
p.  552). 

Zwischen  diesen  Gattungen  gibt  es  auch  Übergangsformen. 

Irene  merinis  (K.  et  C.)  soll  nach  Gaillard  an  den  Peri- 
thecien  homförmige,  einzellige,  dünnwandige  blassbraune, 
60=;15|i  große  Anhängsel  haben.  Offenbar  Bildungen  wie  bei 
AppendiculeUa. 

Ich  habe  indes  an  meinen  Stücken  davon  nichts  gesehen. 
Jedenfalls  werden  sie  aber  manchmal  auftreten  und  ist  daher 
M.  inermis  als  Grundart  von  Irene  nicht  gut  gewählt. 

Ahnliche  Arten  mit  Neigung  zur  Bildung  von  Appen- 
diculella-Anhängseln  scheinen  nach  den  Beschreibungen  auch 
Meliola  Erythrinae  Syd.  und  Irene  papUlifera  Syd.  (Ann. 
myc.   1917,  XV.  Bd.,  p.   185  und   194)  zu  sein. 

Meliola  snbapoda  Syd.  (Ann.  myc.  1914,  XII.  Bd.,  p.  547) 
hat  nur  äußerst  spärliche  Hyphopodien,  die  zudem  verkümmert 
sind,  könnte  daher  auch  als  Irene  gelten,  Borsten  fehlend. 

Meliola  rizalensis  Syd.  (a.  a.  0.  p.  551)  hat  nur  äußerst 
spärliche  Borsten,  hingegen  reichliche  Hyphopodien.  Ist  also 
fast  eine  Irene. 

Meliola  insignis  Gaill.  (Monogr.  Meliola  1892,.  p.  44) 
verhält  sich  ganz  ähnlich.  Hat  Podosporiiun  Schw.  ais 
Nebenfrucht. 

Meliola  Vibnrni  Syd.  (Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  193) 
wird  vom  Autor  selbst  als  Mittelform  zwischen  Meliola  und 
Irene  erklärt. 

Nicht  in  die  Gattung  gehören:  Meliola  fnscopnlveracea 
Rehm  (Hedwigia  1901,  40.  Bd.,  p.  162)  hat  weder  Hypho- 
podien noch  Borsten  und  grobwarzige  «Sporen  sowie  nur 
60  bis  90  [i,  große  Perithecien;  ferner  Meliola?  clavalispora 
Spegazz.  (Bol.  Acad.  nac.  cienc.  Cordoba  1889,  XI.  Bd., 
p.  50U).  Hat  haarige  Perithecien,  zylindrische  Schläuche, 
kugelige  einzellige  Hyphopodien  und  keulige  fünfzellige  Sporen. 


Fragmente  zur  Mykologie.  559 

MelioJa  clavispora  Patouill.  ist  eine  Microthyriacee,  Meiio- 
laster  n.  G.  in  Ber.  deutsch,  bot.  Ges.  1917,  XXXV.  Bd.. 
p.    \()(). 

1161.  Leptomeliola  javensis  v.  H.  n.  sp. 

Mycelräschen  blattoberseits,  zahlreich,  fest  angewachsen, 
unregelmäßig  rundlich,  schwärzlich,  allmählich  verlaufend, 
2  bis  5  uiui  breit.  Hyphen  dunkelbraun,  derbwandig,  steif, 
6  bis  8  [X  dick,  gerade  verlaufend,  meist  gegenständig,  fast 
rechtwinkelig  verzweigt,  mit  20  bis  30  {j.  langen  Gliedern. 
Borsten  fehlend.  Hyphopodien  sehr  zahlreich,  dichtstehend, 
gegen-  und  wechselständig,  zweizeilig,  kurzstielig,  Kopf  kugelig, 
18  w  14  |x.  ^r//;ro77oJ/?f;;/ -  Nebenfrucht  im  Rasen  ziemlich 
zahlreich,  gleichmäßig  verteilt,  schwarz,  steif  0'9  bis  {-"^mni 
hoch,  unten  60,' oben  40  [x  dick,  mit  länglichem,  80  [x  breitem 
Köpfchen,  das  aus  fast  parallelen  Trägern  besteht.  Conidien 
gerade  oder  wenig  gebogen,  spindelig,  vierzellig,  28  bis 
32  5^  7  [j,  groß,  durchscheinend  braun,  untere  Zelle  fast  hyalin, 
schmäler  und  länger  als  die  drei  oberen.  Perithecien  wenig- 
zahlreich,  kugelig,  trocken  stark  einsinkend,  fast  glatt,  180  bis 
260  [j.  groß. 

Paraphysen  sehr  zahlreich,  4  jj,  dick,  lang,  scharf  spitz 
endigend.  Schläuche  sehr  zahlreich,  keulig,  oben  abgerundet, 
unten  allmählich  stielig  verschmälert,  festhäutig,  nicht  ver- 
gänglich, achtsporig,  80  ^  20  bis  24  [i.  Sporen  zweireihig, 
spindelig,  mit  verschmälert  abgerundeten  Enden  oder  etwas 
keulig,  gerade,  vierzellig,  Mittelzellen  groß,  durchscheinend 
hellbraun,  Endzellen  viel  kleiner,  fast  hj^alin,  28  bis  35  ^  8 
bis   10  (x.  Jod  bläut  die  Schlauchschichte  deutlich. 

Auf  Blättern  einer  An(^nacee  (Uvaria?)  bei  Depok,  Java 
1907  von  mir  gesammelt. 

1162.  Acrospermum  Adeanum  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  graubräunlich,  matt,  etwas  rauh,  vereinzelt, 
aufrecht,  500  bis  800  [x  hoch,  keulig,  oben  100  (x  breit 
abgestutzt;  200  bis  280  [x  breit,  unten  100  [x  dick  und  kurz- 
gestielt.   Ostiolum    rundlich,    klein.  Perithecienmembran  32  bis 


560  F.  Höhnel, 

36  [j-  dick,  innere  Schichte  etwa  20  [x  dick,  aus  3  bis  4  Reihen 
von  dickwandigen,  3  bis  6  [j-  breiten,  der  Länge  nach  gestreckten 
Zellen  bestehend,  äußere  Schichte  aus  einigen  Lagen  von 
etwas  größeren  braunen,  dünnwandigen,  4  bis  6  >j.  breiten, 
quergestreckten,  8  bis  16  [x  langen  Zellen  bestehend.  Außen 
halbkugelige  bis  kugelige  vorstehende  11  [x  breite  dünnhäutige 
Zellen,  welche  die  Rauhigkeit  der  Perithecien  bedingen.  Para- 
physen  zahlreich,  lang,  wenig  verzweigt,  1  bis  1  •  5  [x  dick, 
nicht  verschleimend.  Schläuche  zahlreich,  zylindrisch,  oben 
abgerundet  und  nicht  verdickt,  470  bis  520  [x  lang,  1 1  bis 
12  |x  breit,  derbwandig,  meist  etwa  sechssporig.  Jod  gibt  keine 
Blaufärbung  derselben.  Sporen  fädig,  sehr  lang  (über  200  [j.) 
septiert,  an  den  Enden  abgerundet,  2  bis  2*6  [x  breit,  hyalin, 
Glieder  8  bis   15  |x  lang. 

Am  Grunde  der  Perithecien  hyaline,  zarthäutige,  2  bis  4  [x 
breite  Hyphen,  die  eine  Art  von  wenig  entwickeltem  .Subiculum 
bilden. 

Auf  den  abgestorbenen  Blättern  des  Laubmooses 
Amblysiegiiim  variiun,  zwischen  Mitgenfeld  und  Brückenau 
im  Rhöngebirge,  Unterfranken,  XII.,   1915,  A.  Ade. 

Der  schwierig  sichtbare  Pilz  vv'urde  dem  Entdecker  von 
Rehm  als  Tuhcnfia  Adcana  n.  sp.  bestimmt,  allein  die 
Färbung  desselben,  der  wenn  auch  sehr  kurze  Stiel  und  die 
schmalzylindrischen  Schläuche  weisen  denselben  in  die  Gattung 
Acrospermnin.  Immerhin  nähert  sich  derselbe  sehr  Tiibeußa 
und  ist  eine  bemerkenswerte  Übergangsform. 

Im  Fragmente  zur  Mykologie  Nr.  420,  IX.  Mitt.,  1909 
wies  ich  auf  die  nahe  Verwandtschaft  der  Gattungen 
Ophioncctria,  TorrnbicUa,  Barya  und  Acrospermnin  mit- 
einander hin,  während  ich  in  Ann.  myc.  1917,  XV.  Bd.,  p.  379 
angab,  daß  Acrospennum  unzweifelhafte  Beziehungen  zu  den 
Sordariaceen  aufweist. 

Diese  beiden  Hinweise  können  nebeneinander  als  gleich- 
berechtigt bestehen,  denn  es  ist  sicher,  daß  die  Hypocreaceen 
zu  den  Sordariaceen  in  Beziehungen  stehen,  die  auch  durch 
die  Gattung  Melanospura  vermittelt  werden,  worauf  schon 
Schröter  in  Pilze  Schlesiens  1894,  II.  Bd.,  p.  272  hin- 
gewiesen hat. 


Fragmente   zur  Mykologie.  o61 

Die  obengenannten  einfachen  Hypocreaceen- Gattungen 
und  noch  einige  andere  mit  fadenförmigen  Sporen  stehen 
sich  einander  sehr  nahe.  Ihre  Abgrenzungen  voneinander  sind 
bisher  nur  ganz  unsichere  geblieben,  daher  die  Einreihung 
der  einzelnen  Formen  bisher  zum  großen  Teile  eine  sehr 
willkürliche  war. 

Nach  eingehenden  Studien  kam  ich  zu  folgender  Über- 
sicht derselben. 

I.  Perithecien  gestielt. 

A.  Schläuche  keutig-z3iindrisch.  Paraphysen  vorhanden. 
Perithecien  dunkelfarbig,  knorpelig.  Sporen  breiter, 
kurzgliedrig. 

JBonihardiastruin  andrmim  Patouillard. 
B.  latisponini  (Syd.)  v.  H.  (Acrospermtun  Sydow). 

B.  Schläuche  streng  zylindrisch,  oben  dünnwandig,  Para- 
physen vorhanden.  Perithecien  fleischig- knorpelig. 
Sporen  schmal. 

Acrosperniuni  roinjiresstnn  Tode. 
.4.  Roheygc'aninu  Dermazieres. 
.4.  parasiticiun  Sydow. 
A.  ochraceum  Sydow. 
A.  Adeaniim  v.  H. 

II.  Perithecien  nicht  gestielt. 

A.  Perithecien-Membran  parenchymatisch,  blau,  häutig, 
Schläuche  zvlindrisch,  oben  nicht  verdickt,  Paraphysen 
vorhanden. 

Ot/anodernta    viridiiliim     (B.    et    C.)     v.    H. 
{Acrospermnni  B.  et  C.) 

B.  Perithecien-Membran  nicht  blau. 

a.  Schläuche  zylindrisch,  oben  halbkugelig  verdickt. 
a.  Ohne  Paraphysen.   Pilzschmarotzer. 
Barya  pavttssitica  Fuckel. 
B.    agaricicola    (Berk.)    v.    H.    (Nectria 
Berkeley). 
ß.  Paraphysen  einfachfädig.   Tierschmarotzer. 
Torruhiella  araiiicida     Boudier. 
T.  sericicola  v.  Höhnel. 


562  F.  Hohnel, 

h.  Schläuche  keulig,  oben  nicht  verdickt. 
a.  Paraphysen  fehlen. 

Ophloiiectria  tricJiosjwra  (B.  et  Br.v 

Sacc.  {Nectria  Berk.  et  Br.). 
0.  anceps  (P.  et  S.)  v.  H.  (Tubeiißa  Penz. 
et  Sacc). 
,3.  Paraphysen  \'orhanden. 

Tubeufia  javanica    Pen  zig    et    Sac- 

cardo. 
T.  Corona ta  Penz.  et  Sacc. 
T.  cerea  (Berk.  et  Curt.)  v.  H.  Sphaeria 

Berk.  et  C). 
T.  cylindrothecia  (Seaver)  v.  H.  {Ophio- 
nectria  Seaver). 
Die    in    diesen  Gattungen    als    erste   angeführten  Formen 
sind    die   Grundarten    und    durch    den    Druck    hervorgehoben. 
Boinbardiastnun  andinuin  Pat.    (Bull.  soc.  Mycol.   1893, 
IX.  Bd.,    p.   153,    Taf  IX,    P'ig.  2)  kenne  ich  nicht,   wird  aber 
von  B.  latisporuui,   die  ich  kenne,    kaum   gattungsverschieden 
sein. 

Acrospcrniimi  Tode  wird  wegen  der  auffallend  nahen 
Verwandtschaft  mit  Tubeufia  P.  et  S.  künftighin  zu  den 
Hypocreaceen  zu  stellen  sein,  wie  dies  schon  EUis  (Journ. 
i)f  Mycol.  1887,  III.  Bd.,  p.  4)  mit  Recht  tat.  Acrosperjuiim 
ochraceuin  ist  eine  deutliche  Übergangsform  zu  den  unzweifel- 
haften Hypocreaceen. 

Cyaiiodenna  viriduhun  (B.  et  C.)  v.  H.  n.  G.  ist  schon 
wie  Lisea  und  GibbereUa  durch  die  schön  blaue  Färbung 
der  Perithecien-Membran  gut  als  eigene  Gattung   bestimmt. 

Ophionecfria  Sacc.  fällt  nicht,  wie  ich  früher  glaubte 
(Fragm.  Nr.  757,  XIV.  Mitt.,  1912),  mit  Tubeufia  P.  et  S.  zu- 
sammen. Die  beiden  Gattungen  unterscheiden  sich  durch  das 
Fehlen,  beziehungsweise  Vorhandensein  von  Paraphysen.  Daher 
mußte  Tubeifia  anceps  P.  et  Sacc.  mit  angeblich  fehlenden 
Paraphysen  zu  Ophionecfria  gestellt  werden. 

Sphaeria  cerea  B.  et  C.  galt  bisher  stets  als  Ophionecfria, 
unterscheidet  sich  aber  von  Tubeifia  nur  durch  die  niedrigen 
Perithecien.    Seaver    (Mycologia    1909,    I.    Bd.,    p.    70)    stellt 


Fragmente  zur  Mykologie.  563 

daher  diese  Art  ganz  richtig  mit  T.  cylindrothecia  in  eine 
und  dieselbe  Gattung,  nur  muß  diese  Tnhenßa  und  nicht 
Ophioiietfria  heißen. 

Um  weiteren  Verwirrungen  zu  entgehen,  müssen  künftig- 
hin die  hierher  gehörigen  Formen  nach  dem  obigen  Schema 
eingereiht  werden. 

1163.  Über    die  Gattung  Roussoella  Saccardo. 

Wurde  1888  auf  Grund  von  Roussoella  nitidiila  Sacc. 
et  Paol.  aufgestellt  und  als  Dothideacee  betrachtet. 

Nach  Theissen  und  Sydow  (Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd., 
p.  185,  428,  598)  sind  Didymosphaeria  striatula  Penz.  et 
Sacc.  1901,  Dothidea  hystevioides  Cesati  1879  bis  1880  und 
Phaeodothis  gigantochloae  Rehm    1914  derselbe  Pilz. 

Die  Genannten  erklärten  denselben  für  eine  echte 
Didymosphaeria.  Die  Untersuchung  des  bisher,  wie  man  sieht, 
sehr  verschieden  beurteilten  Pilzes  zeigte  mir,  daß  derselbe 
eine  eingewachsene,  stromatische  Hypocreacee  mit  Schein- 
clypeus  ist. 

Da  er  in  keine  der  bisherigen  Hypocreaceen-Gattungen 
paßt  und  die  Grundart  der  Gattung  Roussoella  Sacc.  ist, 
muß  er  Roussoella  Jiysterioides  (Ges.)   v.  H.  genannt  werden. 

Die  vier  weiteren  bisherigen  Arten  der  Gattung  Roussoella 
gehören  nach  Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  185  bis  187,  331 
und  491;  1918,  XVI.  Bd.,  p.  181  bis  183  in  drei  Dothideaceen- 
Gattungen,  daher  Roussoella  nach  der  Grundart  genommen 
werden  muß. 

Diese,  Roussoella  hystevioides  (Ges.),  hat  meist  längliche, 
0'7  bis  A  mm  lange,  0"5  bis  2  mm  breite,  unten  flache,  oben 
flach  gewölbte,  220  [i  dicke  Stromata,  die  1  bis  20  Perithecien, 
die  ein-  bis  mehrreihig  in  einer  Schichte  liegen,  enthalten. 
Die  farblose,  verkieselte  Epidermis  des  Bambusrohres  ist 
36  jJL  dick.  Darunter  liegt  eine  32  ]x  dicke  Schichte,  die  aus 
meist  fünf  Lagen  von  flachen  Rindenparenchymzellen  besteht 
und  an  welche  sich  eine  mächtige  Sclerenchymfaserschichte 
anschließt.  Die  am  Rande  allmählich  dünn  werdenden  Strömen 
des     Pilzes     liegen     meist     an     der    Grenze     zwischen     dem 


564  F.  Höhnel, 

Parenchym  und  Sclerenchym,  doch  schließen  sie  außen  stellen- 
weise einige  Fasern  ein.  Sie  sind  daher  etwa  80  [x  tief  ein- 
gewachsen und  wölben  das  über  ihnen  befindliche  Gewebe 
ziemlich  stark  vor. 

Die    dicht    herdenweise     stehenden    flachen    Pusteln,    in 
welchen  die  Strömen  sitzen,  sind  matt  schwarz,  etwas  längs- 
gestreift   und    zeigen     keine    Spur    von    Mündungsöffnungen 
oder   Papillen.    Es    scheint,    daß    die   Entleerung    der  Sporen 
erst    nach   dem  Abwittern  und  Zerbröckeln  der  spröden  Epi- 
dermis   und    des   Parenchyms    stattfinden    kann.    In    der  Tat 
konnte  ich  an  zahlreichen  Querschnitten  niemals  eine  Durch- 
brechung   der  Epidermis    durch    den  Pilz    sehen.    Die   in  den 
Strömen    liegenden    160  bis  360  \i.    breiten    Perithecien    sind 
meist    so    hoch    als    die  Strömen    dick   sind  und  oben  flach, 
ohne    merkliche  Papille.    Die   12  bis   15  (x   dicken  Perithecien- 
wände    bestehen    aus    hyalinen,     stark    zusammengepreßten, 
dünnen  Fasern,    werden    oben    dünner    und    lassen    hier  eine 
ganz    unscharf   begrenzte  Stelle    frei,    durch  welche  die  Ent- 
leerung   der  Perithecien    stattfinden    kann.    Sie  stoßen  seiUich 
meist  dicht  aneinander,    doch  bleiben  zwischen  je  zwei  Peri- 
thecien   öfter  bis  360  [x    breite  Zwischenräume  übrig,    die  mit 
Stromagewebe    ausgefüllt    sind.    Dieses    ist  nun  ebenfalls  aus 
hyalinen,    senkrecht    parallel    verwachsenen    Fasern    gebildet, 
die  von  oben  bis  zur  Basis  reichen.    Die    sehr  blaßbräunliche 
Färbung,    welche    das    Stromagewebe    sowie    die  Perithecien- 
wände  öfter  zeigen,  rührt  nicht  von  den  Häuten  der  Hyphen, 
sondern   von    dem   bräunlichen  Inhalte  derselben  her,   so  daß 
der  ganze  Pilz  eigentlich  aus  hyalinem  Gewebe  besteht. 

Die  über  den  Strömen  befindliche  Parenchymschichte 
erscheint  wenigstens  stellenweise  mehr  weniger  Clypeus-artig 
geschwärzt;  diese  Schwärzung  rührt  aber  davon  her,  daß  die 
Inhalte  der  Parenchym  zellen  absterben  und  dunkelbraun 
werden.  Man  findet  zwar  auch  braune  Hyphen,  die  die 
Epidermis  senkrecht  durchsetzen  und  etwas  ins  Parenchym 
eindringen;  diese  rühren  aber  nicht  von  der  Roussoella, 
sondern  von  einem  dünnen  schwärzlichen  Überzug  her,  der 
die  Epidermis  außen  bedeckt  und  fremden  Ursprungs  ist. 


Fragmente  zur  Mykologie.  obo 

Kocht  man  Quer-  und  Flächenschnitte  durch  die  Strömen 
mit  Kalilauge  unter  dem  Deckglase,  so  kann  man  sehen,  daß 
der  ganze  Pilz  (bis  auf  die  Sporen)  aus  hyalinem  Gewebe 
besteht  und  ein  echter  Clypeus  fehlt. 

Die  Gattung  Ronssoella  Sacc.  1888  mit  der  Grundart 
E.  hysterioides  (Ges.)  v.  H.  ist  daher  zu  den  Hypocreaceen 
zu  stellen. 

Solche  scheinbar  schwarze  Hypocreaceen  mit  einem 
Scheinclypeus  sind  in  den  Tropen  eine  häufige  Erscheinung; 
sie  wurden  aber  bisher  nicht  erschöpfend  untersucht  und 
daher  für  Sphaeriaceen  oder  dothideale  Pilze  gehalten.  Einige 
davon  habe  ich  bereits  aufgeklärt. 

So  ist  Gnignardia  Freycinetiae  Rehm  nach  Ann.  myc. 
1918,  XVI.  Bd.,  p.  59  eine  neue  Hypocreaceen -Gattung, 
Micronectriopsis  v.  H. 

Phyllachora  Canarii  P.  Henn.  ist  eine  mit  Polystigma 
verwandte  Hypocreacee.  Ebenso  Phyllachora  amphidyma 
Penz.  et  Sacc.  Ich  stelle  diese  zwei  Arten  in  die  neue 
Gattung  Clypeostigma  v.  H.  Man  ersieht  daraus,  daß  oft  Pilze, 
deren  Stellung  scheinbar  ganz  klar  ist,  doch  ganz  anderswo 
ihren  richtigen  Platz  haben. 

1164.  Über  Phyllachora  amphidyma  Penz.  et  Sacc. 

In  Ann.  myc.  1918,  XVI.  Bd.,  p.  214  gab  ich  an,  daß 
Phyllachora  Canarii  P.  Henn.  eine  Hypocreacee  ist,  die  bis 
auf  weiteres  als  Polystigma  Canarii  (P.  H.)  v.  H.  einzureihen 
ist.  Ich  bemerkte  dabei,  daß  noch  mancher  andere  bisher  als 
Phyllachoracee  beurteilte  Pilz  zu  den  Hypocreaceen  oder 
Sphaeriaceen  gehören  wird. 

Eine  solche  Form  ist  nun  auch  die  Phyllachora  amphi- 
dyma Penz.  et  Sacc.  (kon.  Fung.  Javan.  1904,  p.  36)  nach 
dem  vom  Originalstandorte  herrührenden  Stücke  in  Rehm,* 
Ascom.  exs.  Nr.  1469.  Der  Pilz  verhält  sich  genau  so,  wie 
die  Phyllachora  Canarii. 

Die  beiderseitigen  Scheinclyp^i  sind  auch  von  verdickten 
Blattnerven  begrenzt.  An  dünnen  Schnitten  erscheinen  sie 
vveinrot  gefärbt.    Es    sind    deutUche,    aus    vielen  Laigen    von 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd.  -iO 


566  F.  Höhnel, 

hyalinen  oder  vveinrötlichen,  stark  zusammengepreßten  Zellen 
bestehende  Perithecienmembranen  vorhanden.  Das  Ostiolum  ist 
etwas  eingesenkt.  Das  hyaline  Stromagewebe  besteht  aus  sehr 
zarten  dicht  verflochtenen  Hyphen  und  färbt  sich  mit  Jod 
nur  stellenweise  schwach  violett. 

Der  Pilz  hat  bis  auf  weiteres  PoJystigma  amphidyma 
(P.  et  S.)  V.  H.  zu  heißen,  könnte  jedoch  mit  der  P.  Canarii 
in  eine  eigene  Hypocreaceen-Gattung,  Clypeosiigma  v.  H., 
gestellt  werden,  die  hauptsächlich  durch  die  kleinen,  nur  ein 
oder  wenige  Perithecien  enthaltenden,  beiderseits  einen  scharf 
begrenzten  Scheinclypeus  aufweisenden  Strömen  von  Po/v5^/^7«a 
verschieden  wäre. 

Mit  Leptocrea  Sydovv  (Ann.  myc.  1916,  XIV.  Bd.,  p.  87) 
hat  diese  Gattung  nichts  zu  tun. 

Leptocrea  wird  nach  der  Beschreibung  und  Abbildung 
eine  stromatische  Stictidee  sein,  die  zunächst  mit  Pseiuio- 
rhytisma  Bistortae  (Lib.)  Juel  verwandt  ist. 

1165.  Über  die  Gattung  Melanopsamma. 

Die  Gattung  wurde  ursprünglich  von  Niessl  in  Verh. 
naturf.  Ver.  Brunn  1876,  XIV.  Bd.,  p.  205  aufgestellt.  Derselbe 
versteht  darunter  solche  Melanommaceen,  die  zweizeilige 
Sporen  haben.  Nachdem  er  aber  hierbei  nicht  angibt,  ob  die 
Sporen  hyalin  oder  gefärbt  sind,  die  Gattung  auch  nicht 
beschrieben  hat  und  keine  Grundart  für  dieselbe  namhaft 
macht,  muß  Melanopsaimna  Niessl  1876  als  ein  nackter 
Name  betrachtet  werden, 

Saccardo  (Michelia  1878,  I.  Bd.,  p.  347)  hat  nun  die 
Gattung  Niessl's  auf  die  hyalinsporigen  Arten  beschränkt 
und  in  dieselbe  fünf  Arten  gestellt,  die  aber  in  wenigstens 
vier  Gattungen  gehören,  daher  die  erste  von  ihm  angeführte 
Art,  Melanopsamuia  pomiforuiis  (P.)  Sacc.  als  die  Grundart 
von  Melanopsamma  Sacc.  1878  betrachtet  werden  muß. 

Die  zweite  Art,  M.  horealis  Karsten  (Mycol.  fenn.  1873, 
p.  94)  ist,  wie  Karsten  selbst  sagt,  eine  noch  weiter  zu 
prüfende  Form,  deren  Perithecien  sich  mit  einem  Spalt  öffnen 
sollen'  und  die  daher  vermutlich  eine  Lophiostomacee  ist. 


Fragmente  zur  Mykologie.  -^t)  < 

Die  dritte  und  vierte  Art,  M.  Pustula  (Ciirr.)  Sacc.  und 
M.  Rliodomphdlos  (Berk.)  Sacc.  sind  nicht  näher  bekannt, 
anscheinend  verschollene  Arten,  deren  Stellung  daher  un- 
gewiß ist. 

Die  fünfte  Art,  Melanopsamma  latericollis  (Fries)  Sacc. 
ist  nach  meinem  Fragm.  z.  Myk.  Nr.  159,  IV.  Mitt.,  1907 
wahrscheinlich  schlecht  entwickelte  Cevatosphaeria  rhenana 
(Awld.),  wenn  Fuckel's  Trematosphaeria  latericolla  (Symb. 
myc.  1873,  II.  Ntr.,  p.  31)  in  den  F.  rhen.  derselbe  Pilz  ist, 
den  Fries  meint. 

Was  nun  Melanopsamma  pomiformis  (P.)  Sacc.  anlangt, 
so  wurde  dieser  bekannte  Pilz  bisher  stets  als  echte 
Sphaeriacee  betrachtet,  allein  die  Untersuchung  hat  mir  gezeigt, 
daß    derselbe    eine    echte  Nectria  ist,   mit  dunklem  Gehäuse. 

Die  Perithecien  desselben  entwickeln  sich  in  den  äußersten 
Schichten  abgestorbenen  Holzes  und  brechen  ganz  hervor. 
Sie  sind  etwa  320  [x  breit  und  280  [x  hoch,  unten  fast  kugelig, 
oben  meist  etwas  abgeflacht  und  daher  fast  breit  urnen- 
förmig.  Am  Scheitel  findet  sich  meist  eine  kleine,  vorstehende 
Papille  mit  der  etwa  25  bis  28  (x  breiten  rundlichen  i\Uindung, 
die  deutliche,  strahlig  angeordnete  Periphysen  zeigt  und  auch 
von  radiär  gebautem  Gewebe  begrenzt  ist.  Die  etwa  36  bis 
40  [X  dicke  Perithecienmembran  ist  durchaus  nicht  braun  oder 
kohlig,  sondern  schmutzig  weinrot  und  fleischig-häutig  und 
leicht  schneidbar.  Sie  besteht  aus  10  bis  15  Lagen  von  derb- 
bis  dickwandigen,  etwas  abgeflachten,  etwa  6  bis  10  [x  großen, 
unregelmäßigen,  oft  gebogenen  Zellen  (ganz  so  wie  bei  vielen 
Nectria- Arten),  deren  Wandung  hyalin  oder  weinrötlich  ist. 
Sie  sind  teils  leer,  teils  besitzen  sie  einen  dunkelweinroten, 
homogenen  Inhalt,  der  die  dunkle  Färbung  der  reifen  Peri- 
thecien bedingt.  In  der  Mündungspapille  ist  das  Gewebe 
senkrecht  oder  schief  parallelfaserig.  Die  jungen  Perithecien, 
die  noch  keine  Schläuche  zeigen,  sind  weichfleischig,  blaß, 
und  nehmen  allmählich  eine  weinrötliche  Färbung  an.  Außen 
zeigen  die  Perithecien  einen  hyalinen,  meist  anscheinend 
strukturlosen  dünneren  oder  dickeren  Überzug,  wie  er  bei 
vielen  Nectria-Avlen  vorkommt.  Der  Nucleus  derselben  ist 
von    dem    einer  Nectria    nicht   zu  unterscheiden.    Paraphysen 


568  F.  Hühnel, 

sind  reichlich  vorhanden,  aber  wie  bei  vielen  Nectria-Arten 
sehr  zarthäutig  und  bald  verschleimend  und  dann  wenig 
deutlich.  Öfter  bleiben  mehr  minder  .zahlreiche  Schläuche 
unentwickelt  und  stellen  dann  3  bis  4  [x  breite,  inhaltsreiche, 
steife,  schmal  spindelförmige,  spitze  Fäden  dar,  die  Paraphysen 
vortäuschen,  was  auch  bei  Nectria-Arten  vorkommt.  Außen 
sitzen  auf  den  Perithecien  manchmal  steife,  spitze  hyaline 
Borsten  in  geringer  Zahl.  Das  sind  Entwicklungszustände 
der  Fuckelina  albipes  (B.  et  Br.)  v.  H.,  von  der  es  feststeht, 
daß  sie  in  den  Entwicklungskreis  der  Melanopsanima  gehört. 
Auch  diese  hyalinhyphige  Nebenfrucht  zeigt,  daß  der  Pilz 
eine  Nectriacee  ist. 

Ich  betrachte  daher  Melanopsamma  Sacc.  1878  als 
gleich  Nectria  Fries   1849. 

Auf  Grund  der  Nebenfruchtform  die  Gattung  MeJatio- 
psamma  aufrecht  zu  erhalten,  erscheint  kaum  möglich,  da  die 
Nectria-Avten  höchst  verschiedene  Nebenfruchtformen  auf- 
weisen. 

Ein  von  mir  1908  auf  noch  hartem  abgestorbenen  Laub- 
holz bei  Tjibodas  auf  Java  sehr  spärlich  gefundener  Pilz 
weicht  von  Nectria  poniifonnis  (P.)  v.  H.  kaum  ab.  Ich  halte 
denselben  für  Nectria  nigella  Penzig  et  Sacc.  (Icon.  Fung. 
Javanic.  1904,  p.  43,  Taf.  XXX,  Fig.  2),  die  angeblich  auf 
abgestorbenen  Rinden  auf  demselben  Standorte  wächst.  Das 
untersuchte  Urstück  davon  erwies  sich  als  ganz  un- 
brauchbar. 

Melanopsamma  pomiforniis  (?)  Sacc.  var.  monosticha 
Keissler  (Beih.  bot.  Centralbl.  1912,  XXIX.  Bd.,  Abt.  II, 
p.  400)  ist  nach  dem  Urstücke  aus  dem  Wiener  Hofmuseum 
die  0///r/>//a-Notreifform  von  Cucnrhitaria  siibcaespitosa  Otth 
1870  (Syll.  Fung.,  XIV.  Bd.,  p.  607)  gleich  Ctictirhitaria  Sorbi 
Karst.  1873  (Mycol.  fenn.  II.  T.,  p.  62)  und  hat  zu  heißen 
Ciictirbitaria  siibcaespitosa  Otth   Status  otthielloideiis. 

Die  teils  einzeln,  teils  in  meist  gestreckten  Rasen  stehen- 
den, schwarzen,  matten,  selten  kugeligen,  meist  kegeligen, 
knollenförmigen  oder  oft  ganz  unregelmäßigen  Fruchtkörper 
.sind  dothideale  Strömen,  meist  mit  einem  Lokulus,  seltener 
2  bis  3    undeutlich    voneinander    getrennten.    Eine   Mündung 


Fragmente  zur  Mykologie.  o69 

fehlt  völlig.  Die  Wandung  ist  oben  oft  dick.  Ich  fand  nicht 
bloß  zweizeilige  20  bis  26^8  bis  10  [i  große  Sporen,  sondern 
auch  eine  elliptische  einzellige  (17^9[x)  und  viele  3-,  meist 
4- zellige  bis  25  i:=  10  [x  große  Sporen.  Endlich  auch  eine  noch 
hyaline,  die  eine  Längswand  aufwies  (20  i:^  8  [x).  Die  Frucht- 
körper stehen  nach  dem  Abwurf  der  Rinde  (scheinbar)  ober- 
flächlich, sind  also  der  Entstehung  nach  eingewachsen. 

Offenbar  denselben  Pilz,  aber  in  einem  anderen  Zustande, 
haben  Theissen  und  Sydow  (Ann.  myc.  1918,  XVI.  Bd., 
p.  19)  vor  sich  gehabt,  mit  braunen,  einzelligen  11  bis  14^:^5 
bis  6  |x  großen  Sporen  und  ganz  entwickelten  Qiciirbitaria- 
Sporen. 

Die  Cncurbiiaria-Arten  bilden  oft  Notreifeformen  aus, 
worauf  ich  in  Fragm.  Nr.  1046,  XX.  Mitt.,  1917  zuerst  hin- 
gewiesen habe.  Die  an  dieser  Stelle  besprochene  Notreifeform 
von  Cnciirhitavia  protrada  Fuckel  {=  C.  acerina  Fuck.) 
ist  offenbar  der  Pilz,  den  Rehm  Oühia  Winteri  genannt  hat. 

Daß  die  Gattung  Cucurbitaria  mit  den  dothidealen  Pilzen 
nahe  Beziehungen  hat,  habe  ich  schon  seit  langem  erkannt 
und  einigemale  erwähnt,  indessen  die  Frage  noch  nicht  weiter 
verfolgt.  Die  bei  dieser  Gelegenheit  gefundenen  Tatsachen 
zeigen  nun  klar,  daß  Cucurbitaria  eine  sichere  Dothideacee 
ist.  Zu  einem  ähnlichen  Ergebnisse  kamen  a.  a.  O.  auch 
Theissen  und  Sydow. 

Es  ist  kein  Zweifel,  daß  Cucurbitaria  Sorbi  Karst.  1873 
derselbe  Pilz  ist,  den  Otth  1870  C.  subcaespitosa  nannte. 
Beide  Beschreiber  betonen  die  unregelmäßige  Gestalt  der 
Strömen. 

Ich  vermute,  daß  Melanopsamma  AmphispJiaeria  Sacc. 
et  Schulz  er  (Revue  myc.  1884,  VI.  Bd.,  p.  69)  auch  eine 
ähnliche  Notreifform  auf  Quittenzweigen  ist.  Sporen  manchmal 
vierzellig.  Siehe  Ann.  myc.  1911,  IX.  Bd.,  p.  81.  Die  Form 
wird  daher  wohl  als   Otthiella  einzureihen  sein. 

Ebenso  glaube  ich,  daß  Otthia  populina  Fuckel  (Symb. 
myc.  1869,  p.  170)  mit  zweizeiligen,  blaßbraunen,  12  =:  6  [t 
großen  Sporen,  ausgegeben  in  den  Fg.  rhen.  Nr.  966,  nur 
eine  Notreifform  von  Cucurbitaria  populina  (Bacc.  et  Av.) 
Rehm  (Syll.  F.,  XL  Bd.,  p.  348)  ist.    Denn  Rehm  (Hedwigia 


570  F.  Hühnel, 

1882,  21.  Bd.,  p.  148)  fand  in  der  Nr.  966  nur  die  Cncnrhitaria, 
während  Feltgen  (Vorst.  Pilz-Fl.  Luxembg.,  Ntr.  III,  p.  276) 
auf  Pappel  eine  OttJna  popiilina  Fuck.  genannte  Form  mit 
20  bis  28^10  bis  15[ji  großen  hell-  bis  dunkelbraunen 
Sporen  fand.  Sind  beides  offenbar  Notreifzustände  der 
Cncnrhitaria. 

Eine  solche  P'orm  ist  offenbar  auch  Ottliia  populina  (P.) 
Fuck.  var.  diminnta  Karsten  (Mycol.  fenn.  1873,  II.  Bd., 
p.  58)  mit  10  bis  12  ^  5  bis  6  (x  großen  blaßbraunen  Sporen. 

Melanopsamma  Salviae  Rehm  (Ann.  myc.  1911,  IX.  Bd., 
p.  80)  hat  nach  Fragm.  z.  Mykol.  1913,  XV.  Mitt.,  Nr.  798 
Metaspliaeria  Salviae  (R.)  v.  H.  zu  heißen.  Doch  ist  letztere 
Gattung  noch  nicht  aufgeklärt. 

Melanopsaiuma  inendax  Sacc.  et  Roumeg.  (Revue  myc. 
1881,  III.  Bd.,  p.  45)  beruht  auf  groben  Fehlern  und  ist  ganz 
zu  streichen,  siehe  das  folgende  Fragment  Nr.   1166. 

Melanopsamma  suecica  Rehm  (Hedwigia  1882,  21.  Bd , 
p.  120)  ist  Amphisphaeria  applanata  (Fr.)  Ces.  et  de  Not.;, 
siehe  Ann.  myc.   1906,  IV.  Bd.,  p.  260. 

Afelanopsamma  Rnhornm  (Lib.)  Sacc,  Libert,  Fl.  crypt. 
Ard.  1837,  Nr.  340.  Nimmt  man  die  Perithecien  als  ganz  kahl 
an,  so  wäre  der  Pilz  eine  Alelanopsammina  v.  H.  Allein 
dieselben  sind,  wie  schon  Rehm  (Hedwigia  1889,  28.  Bd., 
p.  357)  angab,  unten  mit  langen  Borsten  spärlich  besetzt. 
Daher  ist  derselbe  eine  Eriosphaeria  Sacc.    1875. 

Melanopsamma  hypoxyloides  v.  H.  (Fragm.  z.  Myko]., 
III.  Mitt,  1907,  Nr.  119).  Die  nun  wiederholte  Prüfung  dieser 
Art  zeigte  mir,  daß  dieselbe  ganz  gestrichen  werden  muß. 
Die  beschriebenen  dickwandigen,  kohligen  Perithecien  sind 
die  eines  alten,  ganz  entleerten  Hypoxylon,  in  welchen  ein 
Pezizclla-artigev  Pilz  nistet.  Wenn  man  die  Perithecien  durch 
einige  Stunden  in  Wasser  einquillt  und  dann  den  scheiben- 
förmigen Scheitel  derselben  abschneidet,  so  sieht  man  in 
der  Höhlung  den  Discomyceten  sitzen.  Derselbe  ist  mehr  minder 
kugelig,  hyalin,  außen  ganz  glatt  und  glänzend,  zeigt  oben 
eme  stumpfrandige,  etwas  knotige,  ziemlich  weite  Mi^indung. 
Man  kann  ihn  leicht  herauslösen.  Öfter  erscheint  er  seitlich 
von    einer    braunen,    aus  2  bis  3  |x  breiten  parallelen  Hyphen 


Fragmente   zur  Mykologie.  >?'  ' 

bestehenden  dünnen  Membran  umgeben,  welche  abei-  nicht 
mit  dem  Excipulum  verwachsen  ist,  sich  leicht  ablöst  und 
offenbar  die  innerste  'Lage  der  alten  Perithecienwände  ist, 
also  nicht  zum  Discomyceten  gehört.  Dieser  ist  eine  Pezizellee, 
kann  aber  in  keine  der  bestehenden  Gattungen  eingereiht 
werden. 

Ich  stelle  für  denselben  die  neue  Gattung  Cryptopezia  auf. 

Cryptopezia  n.  G.  Apothecien  kahl,  ungestielt,  weich- 
fleischig, hellfarbig,  Hypothecium  dick,  mikroplectenchymatisch. 
Excipulum  aus  vielen  parallelen  Lagen  von  sehr  dünnen 
Hyphen  bestehend.  Paraphysen  sehr  dünn,  oben  nicht  ver- 
breitert, sehr  zahlreich.  Schläuche  gestielt,  zylindrisch,  oben 
stark  verdickt,  mit  Jod  keine  Blaufärbung  gebend.  Sporen 
spindelförmig,  ein-,  selten  zweizeilig,  im  Schlauche  sich 
deckend  einreihig.  In  alten  Perithecien  nistend. 

Einzige  Art:  Cryptopezia  mirabilis  v.  H. 

Dies  ist  meines  Wissens  der  einzige  bisher  bekannt 
gewordene  Fall,  daß  ein  Discomycet  in  alten  Perithecien 
nistet. 

Die  Cryptopezia  ist  unten  angewachsen  und  füllt  die 
Perithecienhöhlung  fast  ganz  aus,  nur  oben  einen  Teil  frei- 
lassend. Die  Sporen  habe  ich  in  reichlicher  Menge  außerhalb 
der  Schläuche  gesehen.  Sie  haben  ein  lockerkörniges  Plasma 
und  sind  einzellig,  nur  selten  ist  eine  undeutliche  Querwand 
zu  sehen.  Das  Hymenium  erinnert  an  das  von  Stictis,  doch 
ist  der  Pilz  keine  Stictidee,  wie  ich  ursprünglich  meinte.  Die 
Untersuchung  desselben  ist  schwierig  und  nur  auf  die  oben 
angegebene  Art  kommt  man  schließlich  zu  einem  sicheren  Er- 
gebnisse. 

Melanopsamnia  Kansensis  Ell.  et  Ev.  (Syll.  Fung.,  XI.  Bd., 
p.  304)  ist  nach  dem  Stücke  in  Ellis  a.  Everh.,  Fg.  Columh. 
Nr.  317  ein  unreifer  Pilz.  Man  erkennt,  daß  die  Sporen  noch 
zwei  weitere  Querwände  zu  bilden  im  Begriffe  sind.  Ist 
vermutlich  eine  unreife  Strickeria.  Siehe  Ann.  myc.  1918, 
XVI.  Bd.,  p.  90. 

Melanopsainnia  mimerosa  Fautrey  (Revue  myc.  1891, 
XIII.  Bd.,  p.  76)  ist  nach  dem  Urstück  in  Roumeg.,  Fg.  sei. 


572  F.  Höhnel, 

exs.  Nr.  5629  nichts  anderes  als  Winferiua  tristis  (?).  Siehe 
Ann.  myc.   1918,  XVI.  Bd.,  p.   104. 

Melanopsawima  Petrticciana  Cal'desi  (Syll.  Fg.,  I.  Bd., 
p.  580)  ist  nach  dem  Urstück  in  Rabenh.,  Fg.  europ.  Nr.  335 
Nectria  Petrncciana  (Cald.)  v.  H.  zu  nennen.  Verhält  sich 
genau  so  wie  M.  pontiformis. 

Die  bis  800  [a  großen,  wenig  abgeflacht  kugeligen  Peri- 
thecien  sind  eingewachsen  und  brechen  stark  hervor.  Stroma- 
gewebe  fehlt.  Die  fleischige  Perithecienmembran  ist  gegen 
100  [Jt,  dick  und  besteht  aus  dicht  verflochtenen,  dickwandigen, 
2  bis  3  [JL  breiten,  hyalinen  Hyphen.  In  der  äußeren  80  {x 
dicken  Schichte  ist  zwischen  und  in  den  Hyphen  ein  lebhaft 
rotbrauner  Farbstoff  eingelagert.  Die  innere  16  [jl  dicke  Schichte 
ist  ganz  dicht  mikroplectenchymatisch  und  hyalin.  Die  sehr 
gut  entwickelten  Paraphysen  sind  nur  1  [x  breit  und  oben 
stark  netzig  verzweigt.  Die  Mündung  ist  flach,  rund  und  ganz 
so  wie  bei  vielen  Arten  der  Gattung  parallelfaserig  gebaut. 
Jod  gibt  keine  Blaufärbung.  Die  Sporen  sind  stark  stachlig- 
rauh, so  wie  bei  Cosmospora. 

Eine  ganz  ähnliche  Form  ist  in  Roumeg.,  Fg.  gall.  e.\s. 
Nr.  1193  auf  Eichenrinde  unter  demselben  Namen  ausgegeben. 
Gleicht  mikroskopisch  ganz  derselben,  aber  die  Penthecien 
sind  etwas  kleiner  und  die  sonst  gleichen  Sporen  nur  15  bis 
20^8  bis  10  [1  groß  (gegen  18  bis  24  ^  1 1  bis  13).  Kann 
als  Var.  mimiscnla  v.  H.  unterschieden  werden. 

Melanopsamnia  catilmcohim  R  e  h  m  in  Rabenh.- 
Pazschke,  Fg.  europ.  Nr.  4160,  später  (Ann.  myc.  1911, 
IX.  Bd.,  p.  81)  von  Rehm  zu  Gihhera  gestellt,  ist  eine 
Montagnellee,  ganz  genau  so  wie  Rosensclieldia  gebaut,  aber 
mit  zweizeiligen,  hyalinen  Sporen.  Ist  eine  neue  Gattung, 
Didymoddthis  v.  H.,  D.  caiiUncola  (R.)  v.  H. 

Die  von  W egelin  (Mitt.  Thurgau  natf.  Gesellsch.  1894,, 
XI.  Bd.,  p.  3)  beschriebenen  Melanopsamma  iimhratilis  und 
M.  sphaerelloides  könnten  trotz  den  Beschreibungen  ganz 
wohl  dunkle  Nectr^ia- Arien  sein,  was  nur  durch  die  Prüfung 
der  Urstücke  festzustellen  wäre. 

Allein  ich  fand  1901  auf  Erlenzweigen  bei  Hüttenberg 
in    Kärnten    einen    Pilz,    der    den    beiden    Arten    Wegelins 


Fragmente  zur  Mykologie.  0/3 

offenbar  sehr  nahe  steht  und  keine  Nectria  ist.  Mein  Pilz 
hat  oberflächlich  stehende  Perithecien,  keulige,  140  ^  20  [Ji 
große  Schläuche,  in  welchen  die  Sporen  lV2-reihig  stehen 
und  schön  zweizeilige,  ziemlich  derbwandige,  25  bis  30  ^  8 
bis  1 1  [JL  große,  keulig-elliptische,  an  den  Enden  verschmälert 
abgerundete  Sporen,  deren  untere  Zelle  wenig  schmäler  ist 
und  die  an  der  Querwand  nicht  eingeschnürt  sind.  Jod  gibt 
keine  Blaufärbung. 

Daher  glaube  ich,  daß  auch  Wegelin's  Pilze  keine 
AVc'/r/tz-Arten  sind.  Diese  Pilze  können  nicht  zu  Zignoella- 
Zignaria  Sacc.  (Syll.  Fung.  1883,  II.  Bd.,  p.  219)  gestellt 
werden,  denn  die  Grundart  dieser  Untergattung  Z.  Cmnpi- 
Silii  Sacc.  hat,  wie  ich  sah  und  auch  Berlese's  Abbildung 
(Icon.  Fung.  1894,  I.  Bd.,  Taf.  87,  Fig.  1)  zeigt,  schließlich 
dreizellige  Sporen. 

Ich  stelle  für  diese  Formen  mit  deutlich  und  bleibend 
zweizeiligen  Sporen,  oberflächlichen  kohligen  Perithecien,  die 
also  nach  der  Gattungsbeschreibung  zu  Afi?/awo/?5rtwwß  Sacc. 
gehören  würden,  indes  keine  Nectria-Avten  sind,  die  Gattung 
Melanopsammina  v.  H.,  mit  der  Grundart:  M.  carinthiaca 
V.  H.  auf. 

1166.  Über  Melanopsamma  mendax  Sacc.  et  Roumeguere. 

Melmiopsamma  mendax  Sacc.  et  Roumeg.  (Revue 
mycol.  1881,  III.  Bd.,  p.  45,  Taf.  XIX,  Fig.  6)  existiert  nach 
dem  Originale  in  Roumeg.,  F.  gall.  exs.  Nr.  1585,  nicht  und 
beruht  auf  groben  Fehlern. 

Das  Original  zeigt  zwei  Pilze.  Der  eine  ist  die  Sphaeria 
Rubornm  Libert  überreif  und  mit  entleerten  Perithecien,  der 
andere  ist  Otthia  Ruhi  v.  H.  n.  sp.,  nicht  ausgereift;  die 
Autoren  haben  nun  die  Schläuche  und  Sporen  der  Otthia 
der  Sphaeria  Rubornm  zugeschrieben,  ihre  Beschreibung 
bezieht  sich  daher  auf  zwei  voneinander  ganz  verschiedene 
Pilze.  Es  ist  klar,  daß  die  nur  170  bis  220  [i  großen  Peri- 
thecien der  Sphaeria  Rubornm  nicht  120  bis  210  {x  lange 
Schläuche  enthalten  werden.  Sphaeria  Rnbornm  hat  am 
Grunde    der    Perithecien,    oben    zum  Teile    anfangs    hyaline, 


574  F.  Höhnel, 

spindelförmige,  einzellige,  14  bis  16  ^  2  [i  große,  wenig 
gekrümmte  Conidien  tragende,  durchscheinend  rotbraune, 
septierte,  steife,  einfache,  100  bis  250  (x  lange,  unten  5*5  [x, 
oben  2" 5  {i  dicke  Borsten,  ist  daher  jedenfalls  keine 
Melanopsamma,  sondern  eine  Trichosphaeriacee,  die  bis  auf 
weiteres  als  Eriosphaevia  Sacc.  (Syll.  F.  1882,  I.  Bd.,  p.  597) 
betrachtet  werden  muß. 

Die  beschriebene  Conidienform  des  Pilzes  ist  vielleicht 
die  Rul)iis-¥ orm  von  Acrothechun  (Acrothecnla)  delicaUilum 
Berk.  et  Br.   1885. 

1167.  Über  die  Gattung  Julella  H.  Fahre. 

Die  Gattung  wurde  aufgestellt  1880  in  Ann.  scienc.  nat., 
IX.  Bd.,  p.   113  auf  Grund  von  Julella  Buxi  H.  Fab. 

Der  Pilz  hat  nach  der  Beschreibung  und  Abbildung  bei 
B erlese,  Icon.  Fung.  1900,  II.  Bd.,  p.  108,  Taf.  139,  Fig.  1 
bleibend  eingewachsene,  nur  250  [i  große,  sehr  zarthäutige 
Perithecien,  mit  einem  deutlichen,  schwarzen  Clypeus  und 
zweisporigen  Schläuchen.  Die  großen  mauerförmig  geteilten 
Sporen  sind  hyalin  bis  schwach  gelblich. 

Darnach  ist  es  nicht  zweifelhaft,  daß  es  sich  um  eine 
Clypeosphaeriacee  handelt,  die  sich  von  Peltosphaeria  Berlese 
1888  wesentlich  nur  durch  die  zweisporigen  Schläuche  unter- 
scheidet. 

In  die  Gattung  Julella  gehört  zweifellos  auch  J.  Buxi 
Fab.  var.  Microineriae  Sacc.  1881  (Revue  myc,  III.  Bd., 
p.  27),  die  sich  von  der  Stammart  kaum  unterscheidet,  obwohl 
die  Nährpflanze  (Satureja)  eine  ganz  andere  ist. 

Die  weiteren  sieben  Formen,  die  heute  in  der  Gattung 
Julella  stehen,  gehören  indessen  nicht  in  dieselbe.  Von  diesen 
konnte  ich  nur  die  Julella  luzonensis  P.  Henn.  (Hedwigia 
1908,  47.  Bd.,  p.  257)  untersuchen.  Dieser  Pilz  hat  herden- 
weise stehende,  kugelige,  meist  1-4  bis  I'Swot  große 
schwarze  Perithecien,  die  ganz  im  dicken  Periderm  ein- 
gewachsen sind.  Sie  sind  oben  nur  mit  einer  ganz  dünnen 
Schichte  des  Peridermgewebes  bedeckt  und  fehlt  ein  Clypeus 
vollständig. 


Fragmente  zur  Mykologie.  57o 

Die  Perithecien  ragen  schließlich  fast  halbkugelig  vor, 
bleiben  aber  mit  einer  dünnen  weißlichen  Peridermschichte 
bis  fast  zum  Scheitel  bedeckt,  so  daß  nur  dieser  mit  dem 
flachen,  scharf  schwarz  begrenzten  runden,  etwa  160(1.  breiten 
Ostiolum  frei  vorragt.  Die  Wandung  der  Perithecien  ist  oben 
etwa  200  bis  230  \i  dick,  weiter  unten  nur  wenig  dünner. 
Wie  wohl  bei  den  meisten  dicken  Perithecienwänden,  ist  auch 
hier  der  Bau  dieser  nicht  ganz  einfach.  Man  kann  in  der 
durchaus  nicht  kohligen,  sondern  fest  lederigen,  leicht  schneid- 
baren Wandung  oben  drei  scharf  geschiedene  Schichten  unter- 
scheiden. Außen  ist  eine  etwa  90  (a  dicke  SchiclTte  vorhanden, 
die  aus  etwa  15  bis  20  [x  breiten,  unregelmäßigen,  stark 
flachgepreßten  Zellen  besteht,  die  hyaline  Wände,  aber  einen 
homogenen  dunkelbraunen  Inhalt  besitzen.  Darauf  folgt  eine 
fast  ebenso  dicke  Schichte,  die  kleinzellig-faserig  gebaut  ist, 
mit  braunen  Zellwänden.  In  dieser  Schichte  liegen  anscheinend 
in  Zwischenzellräumen  sehr  zahlreiche,  unregelmäßig  geformte, 
bis  über  40  [>.  große  Krystallmassen  von  Kalkoxalat,  die  meist 
nur  durch  schmale  Gewebsplatten  voneinander  getrennt  sind, 
weshalb  diese  Schichte  eine  grobnetzige  Beschaffenheit  an 
Schnitten  zeigt.  Die  dritte  innerste  Schichte  ist  nur  etwa 
20  [i  dick  und  besteht  aus  nur  2  bis  3  |jl  großen  braunen 
Zellen  und  Hyphen,  die  dicht  verwachsen  sind.  Diese  Schichte 
geht  oben  in  die  hyalinen  Periphysen  über,  die  fest-schleimig 
verwachsen  und  reichlich  entwickelt  einen  Pfropf  bilden,  der 
das  Ostiolum  lange  geschlossen  erhält. 

Der  Nucleus  besteht  aus  sehr  zahlreichen,  dünnfädigen, 
schleimig  verbundenen,  langen  Paraphysen  und  den  keuligen, 
mäßig  und  gleichförmig  derbwandigen,  sitzenden  oder  kurz- 
und  dickgestielten,  250  bis  300  [x  langen  und  35  bis  48  \x 
dicken  Schläuchen,  die  meist  ly.^-reihig  3  oder  4  Sporen 
enthalten.  Die  länglich-spindeligen,  geraden  oder  wenig  bogig 
gekrümmten  Sporen  haben  verschmälert  abgerundete  Enden, 
sind  braun,  100  bis  156  i:;  25  bis  30  (x  groß  und  haben  10  bis 
über   17  Querwände  und  einige  Längswände. 

Aus  dieser  Beschreibung  ist  zu  ersehen,  daß  JiUella 
luzonensis  P.  Henn.  gewiß  keine  Jnlella  ist.  Da  die  Sporen 
keine  Schleimhülle    haben,    ist    sie  auch  keine  Pleomassaria. 


576  F.  Höhnel, 

Da  die  Perithecien  stark  vorragen,  mit  dem  Scheitel  frei 
werden  und  infolge  des  Baues  der  Perithecienmembran  ist 
sie  auch  keine  Karstennla,  deren  Grundart  in  gut  entwickeltem 
Zustande  auch  oft  eine  kurze  Längswand  in  den  Sporen 
aufweist. 

Der  Pilz  stellt  demnach  eine  neue  Gattung  dar,  die  ich 
Pleamphisphaeria  nenne.  Seine  Stellung  ist  unsicher.  Er  mag 
bis  auf  weiteres  zu  den  Amphisphaeriaceen  gestellt  werden, 
doch  dürfte  er  vielleicht  dem  Baue  der  Perithecienmembran 
nach  den  Ceratostomeen  näher  stehen. 

Letztere  Familie  ist  eine  unnatürliche  und  künstliche,  da 
sie  nur  auf  ein  nebensächliches  Merkmal,  dem  Schnabel, 
gegründet  ist. 

In  Ann.  myc.  1918,  XVI.  Bd.,  p.  90  habe  ich  gezeigt, 
daß  Phomatospora  trotz  dem  fehlenden  oder  kurzen  Schnabel 
eine  Ceratostomee  ist.  Nach  den  Beschreibungen  urteilend 
halte  ich  vorläufig  auch  Julella  Zenkeriatia  P.  Henn.  (Engler's 
Jahrb.  Syst.  1907,  38.  Bd.,  p.  127),  J.  dadylospora  Rehm 
(Hedwigia  1901,  40.  Bd.,  p.  110)  und  /.  monosperma  (Peck) 
Sacc.  (Syll.  Fung.  1883,  II.  Bd.,  p.  289)  für  Arten  der  Gattung 
Pleamphisphaeria. 

Julella  leopoläina  Rehm  (Ann.  myc.  1908,  VI.  Bd., 
p.  319)  hat  nach  der  Beschreibung  achtsporige  Schläuche 
und  ist,  obwohl  von  einer  Schleimhülle  der  Sporen  nicht  die 
Rede  ist,  vielleicht  eine  Pleoniassaria,  wenn  nicht  doch  eine 
Plea  mphisphaeria. 

Verwandt  mit  dieser  Art  scheint  Julella  argentina  Speg. 
(Ann.  Mus.  nac.  Buenos  Aires  1898,  VI.  Bd..  p.  298)  zu  sein. 
Hier  werden  acht  Sporen  angelegt,  von  denen  sich  aber  nur 
eine  entwickelt,  die  eine  dünne  Schleimhülle  hat.  Die  Peri- 
thecien sind  nur  bis  O'o  min  groß.  Ist  wahrscheinlich  eine 
Pleoniassaria.  Bei  diesen  beiden  Arten  brechen  die  Perithecien 
nicht  vor. 

■  Julella  Tulasnei  (Crouan)  Bert,  et  Vogl.  (Syll.  F. 
Additam.  I— IV,  1886,  p.  178;  IX.,  p.  899)  auf  Moosen 
wachsend,  ist  wahrscheinlich  doch  nur  eine  Rosellinia  (Sacc. 
Syll.  F.  I.,  p.  276)  mit  zweisporigen  Schläuchen. 


Fragmente  zur  Mykologie.  o77 

1168.   Über  Didymella  praeclara  Rehm. 

Der  Pilz  ist  beschrieben  in  Ann.  myc.  1906,  IV.  Bd., 
p.  39  und  in  Krieger,  F.  saxon.  Nr.   1972  ausgegeben. 

Der  Pilz  hat  zerstreute  unter  der  Epidermis  eingewachsene, 
etwas  abgeflacht  kugelige,  etwa  260  [i  breite,  200  [x  hohe 
Perithecien  mit  flachkegeligem  Scheitel,  der  mit  der  niedrigen 
Mündungspapille  wenig  vorbricht.  Die  Mündung  ist  unregel- 
mäßig rundlich,  12  bis  16  [a  breit.  Die  Perithecienmembran 
ist  5  bis  10  [JL  dick  und  besteht  aus  vielen  Lagen  von  sehr 
zartwandigen,  flachgepreßten  Hyphen,  ist  weich,  schmutzig 
hellbraun,  unregelmäßig  plectenchymatisch  faserig,  bis  stellen- 
weise deutlicher  zellig.  Paraphysen  sehr  zahlreich,  zarthäutig, 
lang,  schleimig  verklebt.  Die  Schläuche  sind  zarthäutig,  keulig- 
spindelig,  oben  zylindrisch  vorgezogen,  an  der  3  [x  breiten 
stumpfen  Spitze  fast  halbkugelig  verdickt.  Unter  dieser  Ver- 
dickung färbt  sich  eine  dünne  Querplatte  mit  Jod  blau.  Sie 
sind  66  bis  100  fj.  lang  und  10  bis  12  [jl  breit.  Die  acht  2-  bis 
3-reihig  stehenden  Sporen  sind  hyalin,  gleich  zweizeilig, 
beidendig  spitz  spindelförmig,  meist  etwas  verbogen,  zart- 
wandig  mit  reichlichem,  gleichmäßigem  Inhalte  ohne  Öltropfen 
und  bis  30  bis  32^5  bis  5-5  jx  groß.  Der  Pilz  ist  keine 
Didymella,  welche  Gattung  wahrscheinlich  mit  Didytno- 
sphaeria,  Rehentiscliia,  Nodtilosplmeria,  Ophiohohis  Riess 
(non  Aul),  Entodestniiun  Riess,  Leptospora  Rbh.  (non  Aut.), 
Pleospora  eine  eigene  Familie  (Pleosporeen)  bildet,  was  noch 
zu  erkunden  ist. 

Didymella  praeclara  ist  vielm.ehr  eine  Ceriospora  Niessl 
mit  Sporen  ohne  Cilien.  Sie  stellt  eine  eigene  Gattung  dar, 
die  ich  Lejosphaerella  nenne,  welche  mit  Anisostomnla  v.  H., 
Physosporella  v.  H.,  Pemphiditini  Mont.,  Merrilliopeltis  P.  H., 
Oxydothis  P.  et  S.,  Ceriospora  Niessl,  Griphosphaeria  v.  H. 
die  Sphaeriaceen-Familie  der  Physosporelleen  bildet. 

Physosporelleen  v.  H.  n.  Farn. 

Sphaeriaceen.  Perithecien  eingewachsen,  mit  flachkegeliger 
Mündung  wenig  vorbrechend,  meist  braun  bis  blaß,  weich- 
häutig,   selten    schwarz,     selten     ohne    deutliche'  Mündung. 


578  F.  Höhnel. 

Perithecienmembran  aus  zarthäutigen  Hyphen  bestehend,  selten 
senkrecht  parallelfaserig,  meist  unregelmäßig  plectenchymatisch 
bis  mehr  minder  deutlich  parenchymatisch  gebaut.  Paraphysen 
meist  zahlreich  (selten  spärlich),  lang,  gesondert  fädig  oder 
schleimig  verschmolzen.  Schläuche  zarthäutig,  zjdindrisch  bis 
keulig-spindelig,  oben  verschmälert  abgestutzt  und  mehr  minder 
bis  halbkugelig  oder  kurz  zylindrisch  verdickt.  Jod  färbt  eine 
dünne  Querplatte  unter  der  Verdickung  blau.  Sporen  hyalin, 
mit  homogenem  Plasma,  einzellig  bis  mauerförmig  geteilt. 

Die  bisherigen  Gattungen    der  Familie    können  wie  folgt 
unterschieden  werden. 

A.  Perithecien  stark  flachgepreßt,  von  einem  (Schein?-)  Clypeus 
bedeckt;    Sporen    lang,    beidendig  meist  lang   zugespitzt. 

a.  Mündung  mittelständig. 

a.  Sporen  einzellig:  Peinphidium  Mont. 
ß.  Sporen  zweizeilig:  MerrilUopeltis  P.  Henn. 
h.  Mündung  am  Rande  des  Clypeus:  Oxydothis   Penz. 
et  Sacc. 

B.  Perithecien    wenig   abgeflacht    kugelig.    Ohne  deckenden 
Clypeus. 

a.  Perithecienmembran  senkrecht  parallelfaserig.  Schläu- 
che zylindrisch;  Paraphysen  gesondert;  Sporen  mit 
einigen  Querwänden  und  öfter  auch  einer  Längs- 
wand: Giyphosphaeria  v.  H. 

b.  Perithecienmembran  unregelmäßig  plectenchymatisch- 
faserig  bis  parenchymatisch.  Paraphysen  verklebt, 
selten  fast   fehlend. 

a.  Sporen  einzellig. 

X   Ostiolum  oft  undeutlich;  Perithecien  klein: 
Anisostomiila  v.  H. 
XX  Ostiolum     deutlich;     Perithecien     größer: 
Physosporella  v.  H. 

ß.  Sporen  zweizeilig. 

X   Sporen    mit  je  einer  Endcilie:   Ceriospora 
Niessl. 
XX  Sporen    ohne  Cilien:    LejosphaeveUa  v.  H. 


Fragmente  zur  Mykologie.  579 

Die  Grundarten  dieser  Gattungen  sind: 
Anisostoniiila   Cookeaiia  (Awld.)  v,  H.  (M.  F.  CGI). 
Ceriospora  Dnhyi  Niessl  (M.  F.  CCXXIX). 
Lejosphaevella  praeclara  (Rehm)  v.  H. 
Merrilliopeltis  Calami  P.  Henn.  (F.  z.  AI.  694). 
Oxydotliis  grisea  Penz.  et  Sacc.  (M.  F.  CCX). 
Pemphidium  nitidtmt  Montagne  (F.  z.  M.  694). 
Physosporella  Fragaviae  (Krieg,  et  Rehm)  v.  H.  (M.  F: 
CCIII). 

Lejosphaerella  v.  H.  n.  G. 

Sphaeriacee.  Perithecien  eingewachsen,  kugelig,  dünn- 
braun- und  weichhäutig,  plectenchymatisch  faserig  bis  un- 
deutlich parenchyrnatisch.  Ostiolum  rundlich,  flachkegelig, 
wenig  vortretend.  Paraphysen  zahlreich,  langfädig,  schleimig 
verklebt.  Schläuche  spindelig-keulig,  oben  zylindrisch  vor- 
gezogen, abgestutzt  und  fast  halbkugelig  verdickt.  Jod  färbt 
oben  eine  dünne  Querplatte  blau.  Sporen  zarthäutig,  länglich- 
spindelig,  zweizeilig. 

Grundart:  Lejosphaerella  praeclara  (Rehm)  v.  H. 

Syn.:  DidyiiicUa  praeclara  Rehm   1906. 

1169.  Über  Didymella  sambucina  Rehm. 

Der  in  Ann.  myc.  1907,  V.  Bd.,  p.  538  beschriebene  Pilz 
wächst  auf  entrindeten  Zweigen  des  Traubenhollunders.  Das 
Original  davon  habe  ich  nicht  gesehen,  allein  es  ist  mir  nicht 
zweifelhaft,  daß  ein  von  mir  1900  am  Stuhleck  in  den 
steirischen  Alpen  auf  d6r  gleichen  Unterlage  gefundener  Pilz, 
der  mit  Rehm's  Beschreibung  gut  übereinstimmt,  derselbe 
Pilz  ist. 

Der  auf  dem  etwas  vergrauten  Zweigholz  wachsende 
Pilz  entwickelt  sich  unter  den  äußersten  Faserschichten  und 
brechen  die  Perithecien  einzeln,  in  kurzen  Reihen  oder  kleinen 
Gruppen  mehr  minder,  oft  fast  ganz  hervor.  Sie  sind  kugelig, 
meist  300  bis  350  [j,  groß,  mit  der  etwas  vorgezogenen  Basis 
eingewachsen,  glatt  oder  wenig  rauh,  kahl.  Die  Perithecien- 
membran    ist    ringsum    40  bis  48  |jl    dick,    nur    an    der    ein- 


580  F.  Hühnel, 

gesenkten  Basis  dünner  und  besteht  aus  vielen  Lagen  von 
abgeflachten,  dunkelbraunen,  5  bis  8  [jl  großen  Zellen. 

Der  Basalteil  der  Perithecien  ist  blaß  bräunlich.  Um  die 
rundliche,  flache,  40  \l  breite  Mündung  ist  die  Membran  auf 
50  bis  60  |JL  verdickt,  wodurch  ein  ebenso  langer  Mündungs- 
kanal zustande  kommt.  Dieser  ist  nun  bemerkenswerterweise 
innen  mit  vielen  Reihen  von  schwarzen,  oben  kürzeren, 
unten  längeren  und  bis  30i;2'5[j.  großen  Borsten  aus- 
gekleidet, die  oben  nicht  vorstehen.  Die  untersten  dieser 
Borsten  sitzen  an  der  Innenseite  der  Perithecienmembran 
gegen  den  Rand  hin  und  krümmen  sich  in  die  Mündung 
hinein. 

Derselbe  ist  nun  keine  Didymella,  sondern  eine  sehr 
bemerkenswerte  Form,  die  in  Bau  und  Beschaffenheit  der 
Perithecienmembran  genau  mit  Ceratosphaeria  übereinstimmt, 
von  dieser  Gattung  aber  durch  die  dünnfädigen  Paraphysen, 
keuligen  Schläuche  und  den  Mangel  eines  Schnabels  stark 
abweicht.  Überdies  sind  die  Sporen  stets  zweizeilig  und  zeigt 
sich  die  von  Rehm  ganz  übersehene  Eigentümlichkeit,  daß 
der  Kanal  der  flachen  Mündung  dicht  mit  dünnen,  schwarzen, 
einzelligen  Borsten  ausgekleidet  ist,  die  nicht  vorstehen. 

Scheinbar  näher  liegt  die  Verwandtschaft  des  Pilzes  bei  den 
Amphisphaeriaceen,  die  allerdings  noch  näher  geprüft  werden 
müssen.  Doch  kann  der  Pilz  kaum  als  eine  Amphisphaeria 
de  Not.  mit  hyalinen  zweizeiligen  Sporen  betrachtet  werden. 
Für  diese  Formen  fehlt  noch  eine  Gattung,  denn  dieselben 
wurden  bisher  in  die  Gattung  Melanopsamma  Niessl  (Verh. 
nat.  Ver.  Brunn  1876,  XIV.  Bd.,  p.  40  Sep.)  gestellt.  Niessl 
hat  diese  Gattung  für  solche  Melanommen  (mit  ganz  ober- 
flächlichen Perithecien)  aufgestellt,  die  zweizeilige  gefärbte  oder 
hyaline  Sporen  haben.  Indessen  hat  er  keine  in  die  Gattung  zu 
stellende  Grundart  namhaft  gemacht.  Saccardo  (Michelia 
1878,  1.  Bd.,  p.  347)  hat  diese  Gattung  ganz  im  Sinne 
Niessl's  aufgenommen  und  führt  (so  wie  in  der  Syll.  Fung. 
1882,  I.  Bd.,  p.  575)  Melanopsamma  pomiformis  (Pers.)  als 
Grundart  an.  Dieser  Pilz  ist  aber  nach  dem  Fragmente  Nr.  1 165 
in  dieser  Mitteilung  eine  Nectria.  Daher  entfällt  die  Gattung 
Melanopsamma  ganz. 


Fragmente  zur  Mj'kologie.  Ool 

Mehrere  Arten  dieser  bisherigen  Gattung,  wie  M.  anaxaea 
(Speg.),  recessa  (C.  et  P.)  und  jedenfalls  auch  M.  texensis  (C.) 
scheinen  Ainphisphaeria-Avten  mit  hyalinen  Sporen  zu  sein 
und  wurden  zum  Teile  auch  als  solche  ursprünglich  be- 
schrieben. Für  derartige  Formen  stelle  ich  die  neue  Gattung 
Amphisphaeriua  auf. 

Man  sieht  also,  daß  der  in  Rede  stehende  Pilz  nichts 
weniger  als  eine  Didymella  ist.  Es  ist  kein  Zweifel,  daß 
derselbe  auf  den  entrindeten  Zweigen  nicht  seinen  normalen 
Standort  hat.  Normal  wird  er  sich  jedenfalls  unter  dem 
Periderm  der  Rinde  entwickeln  und  durch  dasselbe  vor- 
brechen. Solche  abnormale  Standortsformen  sind  sehr  schwer 
richtig  einzureihen  und  wurde  mir  die  wahre  Verwandtschaft 
des  Pilzes  erst  klar,  als  ich  mich  erinnerte,  auf  Roßkastanien- 
zweigrinde  1916  einen  Pilz  mit  ganz  ähnlichen,  einge- 
schlossenen Mündungskanalborsten  gefunden  zu  haben.  Es 
ist  dies  die  in  Fragm.  z.  Myk.  Nr.  1047,  XX.  Mitt.,  1917 
beschriebene  Otthiella  Aesciili  v.  H.  Da  bei  dieser  Form  die 
Mündungskanalborsten  etwas  vorragen,  hielt  ich  sie  für 
gewöhnliche  Peristomialborsten,  wie  sie  z.  B.  bei  Ventnria 
auftreten.  Das  ist  aber  durchaus  nicht  der  Fall,  wie  mir  die 
Durchsicht  meiner  Präparate  zeigte.  Auch  bei  der  Otthiella 
AesciiU  sitzen  die  hier  etwas  größeren  Borsten  nur  im 
Mündungskanal  und  die  untersten  an  der  Innenseite  der 
Perithecienmembran  am  Rande. 

Es  ist,  wie  der  Vergleich  zeigte,  kein  Zweifel,  daß  diese 
zwei  Pilze  nahe  miteinander  verwandt  sind  und  in  dieselbe 
Gattung  gehören.  Diese  Gattung  habe  ich  bei  der  Otthiella 
Aesculi  nicht  aufgestellt.  Da  nun  aber  eine  zweite  hierher- 
gehörige Form  bekannt  ist,  halte  ich  es  für  nötig  es  zu  tun. 
Obwohl  bei  beiden  Formen  ein  deutliches  Hypostroma  fehlt, 
stelle  ich  dieselben  doch  zu  den  Cucurbitarieen,  da  viele 
•dieser  auch  kein  ausgesprochenes  Hypostroma  aufweisen  und 
die  stark  hervorbrechenden  Perithecien  auf  die  Curcubitariaceen- 
Natur  derselben  hinweisen. 

Ich  nenne  diese  neue  Gattung  Keissleriella  nach  dem 
bekannten  Mykologen  Dr.  Karl  v.  K  ei  ssler,  Kustos  am 
Wiener  Hofm.useum. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  128  Bd.  41 


582  F.  Höhnel, 

Keissleriella  v.  H.  n.  G. 

Cucurbitariaceen.  Wie  Otthiella,  Hypostroma  aber  kaum 
vorhanden.  Mündung  flach,  Mündungskanal  mit  vielen  Reihen 
von  schwarzen  Borsten,  die  wenig  oder  nicht  vorragen,  aus- 
gekleidet und  deren  unterste  am  Rande  der  Innenseite  der 
Perithecienmembran  sitzen. 

Grundart:  Keissleriella  Aesculi  v.  H. 

Syn.:   Otthiella  Aesculi  v.  H.    1917. 

Zweite  Art:  Keissleriella  sambucina  (Rehm)  v.  H. 
Syn.:  Didytiiclla  sainhttcina  Rehm   1907. 

Noch  bemerke  ich,  daß  diese  Gattung  als  Amphi- 
sphaeriacee  trotz  der  Ähnlichkeit  der  Holzform  mit  einer 
solchen  nicht  aufgefaßt  werden  kann.  Übrigens  muß  diese 
Familie  noch  näher  geprüft  werden. 

1170.  Über  Kalmusia  Lactucae  Rehm. 

Der  in  Annal.  myc.  1909,  VII.  Bd.,  p.  528  beschriebene 
Pilz  hat  nach  dem  Urstücke  in  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  1865 
keine  Spur  eines  Stromas,  doch  verschmelzen  öfter  2  bis  3 
Perithccien  miteinander.  Der  Pilz  ist  nichts  anderes  als 
Leptosphaeria  Galioriim  Sacc.  (non  Roberge)  in  Atti  Soc. 
Ven.-Trent.  sc.  nat.  Padova  1873,  II.  Bd.,  p.    104. 

Er  stimmt  voUkomnien  mit  den  Angaben  und  Bildern  in 
Berlese,  Icon.  Fung.  1894,  I.  Bd.,  p.  66,  Taf.  52,  Fig.  2 
und  3  überein  und  wurde  bisher  auf  Stengeln  von  Galmm, 
Gentiana,  Cirsinm,  Senecio,  Lampsana  und  Veronica  beob- 
achtet. 

Derselbe  ist  keine  echte  Leptosphaeria  de  Not.,  sondern 
eine  Nodtilosphaeria  Rbh.  und  hat  N.  Galionim  (Sacc.) 
V.  H.  f.  Lactucae  R.  zu  heißen  (siehe  Ber.  deutsch,  bot.  Ges. 
1918,  36.  Bd.,  p.   135). 

1171.  Haplovalsaria  v.  H.  n.  G. 

Sphaeriaceae.  Perithecien  rundlich,  eingesenkt,  fleischig- 
häutig,   schwarz,    oben    mit    hellem   Diskus,    der    von    dem 


Fragmente   zur  .MyUoIogie.  58o 

zylindrischen  Halse  durchsetzt  ist.  Mit  Periphysen  und  steif- 
fädigen  Paraphysen.  Schläuche  keulig,  lang  gestielt,  acht- 
sporig, ohne  Jodfärbung.  Sporen  mehrreihig,  braun,  zwei- 
zeilig. 

Scheint  mir  mit  Valsaria  verwandt,  aber  mit  einem 
einfrüchtigen  Stroma,  das  nur  als  Diskus  entwickelt  ist.  Hat 
mit  Didyniosphaeria  und  den  verwandten  Gattungen  nichts 
zu  tun. 

Haplovalsaria  simplex  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  in  dichten  Herden,  einige  Zellschichten  unter 
der  Epidermis  eingewachsen,  kugelig,  400  bis  450  [x  groß, 
mit  brauner,  fleischig-häutiger,  16  bis  20  |j.  dicker,  aus  vielen 
Lagen  von  stark  zusammengepreßten  dünnwandigen  Zellen 
bestehender  Membran,  oben  mit  einem  zylindrischen  80  bis 
100  [x  dicken,  140  bis  180  [j.  langen  schwarzen  Hals  mit 
30  bis  40  [X  weitem  Kanal,  der  mit  kurzen  Periphysen  aus- 
gekleidet ist  und  einen  200  [x  breiten  weißlichen,  paren- 
chymatischen  zylindrischen  Diskus  durchsetzt,  aber  nicht 
vorragt.  Ostiolum  als  schwarzer  Punkt  auf  weißer  Scheibe 
erscheinend.  Nährhyphen  im  Parenchym  reichlich,  hyalin. 
Paraphysen  reichlich,  l"6[x  dick,  steiffädig,  einfach,  lang, 
schleimig  verbunden.  Schläuche  spindelig-keulig,  mäßig  dünn- 
wandig, oben  verschmälert  abgerundet,  kaum  verdickt,  unten 
in  einen  1  bis  2  ;x  dicken,  30  bis  140  [J.  langen  Stiel  ver- 
schmälert, ohne  Jodfärbung,  85  bis  190^  11  bis  12  jx  groß. 
Sporenführender  Teil  50  [x  lang.  Sporen  zu  acht,  mehrreihig, 
dunkelbraun,  etwas  durchscheinend,  länglich,  an  den  Enden 
verschmälert  abgerundet,  zweizeilig,  an  der  Querwand  wenig 
eingeschnürt,  14  bis   16i=;5"5  bis  6. 

An  einem  Zweig-  oder  Stengelstück,  bei  Buitenzorg,  Java, 
1907  von  mir  gesammelt. 

Ist  eine  bemerkenswerte  Form,  die  herkömmlich  als 
Didymosphaeria  gelten  würde,  aber  damit  nichts  zu  tun  hat. 
Der  deutliche  weiße  Diskus  ist  offenbar  ein  Stroma,  das  nur 
um  den  Hals  herum  entwickelt  ist.  Die  Perithecien  wölben 
die  Epidermis  fast  halbkugelig  vor  und  erscheint  oben  der 
Diskus  mit  der  schwarzen  flachen  Mündung. 


584  F.  Höhnel, 

Didyniosphaeria  im  heutigen  Umfange  ist  eine  Misch- 
gattung  mit  Formen  mit  und  ohne  Paraphysen  und  Clypeus, 
mit  zylindrischen  und  keuligen  Schläuchen  mit  und  ohne 
Jodfärbung  und  sehr  verschieden  großen.  Sporen. 

1172.  Clypeoporthe  n.  G.  v.  H. 

Diaportheen.  Ohne  Stroma  und  Saumlinie.  Perithecien- 
membran  und  Nucleus  wie  bei  Diaporthe.  Oben  mit  Epidermal- 
clj^peus,  der  in  der  Mitte  knopfartig  oder  kegelig  vorbricht 
und  vom  Mündungskanal  durchsetzt  ist. 

Clypeoporthe  monocarpa  v.  H. 

l^erithecien  einzeln  stehend  oder  zu  2  bis  3  gereiht,  tief 
eingewachsen,  kugelig,  600  bis  700  [j,  groß,  weich-  und  dünn- 
häutig, mit  violettgraubrauner,  undeutlich  zartzelliger  Membran, 
oben  mit  einem  kleinen  80  ;x  dicken  Epidermalclj^peus,  der 
in  der  Mitte  knopfig  oder  kegelig  verdickt  ist  und  vorbricht. 
Knopf  200  [A  hoch  oder  wenn  kegelig  höher,  360  |i  breit. 
Mündungskanal  360  [j,  lang,  30  ;j.  breit.  Gewebe  des  Knopfes 
(Kegels)  hartknorpelig,  dicht  ziemlich  senkrecht  plectenchy- 
matisch,  aus  2  bis  3  [x  breiten  dickwandigen  Hyphen  be- 
stehend. Paraphysen  fehlend.  Schläuche  spindelförmig,  zart- 
häutig, oben  verschmälert  abgerundet,  unten  spitz,  60  bis 
70  5=;  9  bis  12  [x,  ohne  Jodreaktion.  Sporen  zweireihig  zu  acht, 
zylindrisch-spindelförmig  mit  verschmälert  abgerundeten  stumpf- 
lichen Enden,  zarthäutig,  mit  sehr  zarter  Querwand,  daselbst 
nicht  eingeschnürt,  gerade  oder  schwach  gekrümmt,  mit 
körnig-wolkigem  Inhalte  oder  vier  Plasmatropfen,  20  bis 
29  ^  3  bis  5  [i. 

An  den  Halmen  eines  größeren  Süßgrases,  botanischer 
Garten  Buitenzorg,  Java   1907  von  mir  gesammelt. 

Ist  eine  eigenartige  Form,  die  den  Eindruck  einer  Choro- 
statc  mit  nur  einem  Perithecium  im  Stroma  macht.  Der 
Clypeus  jedoch  und  das  Fehlen  einer  Saumlinie  zeigen,  daß 
es  sich  um  eine  eigene  neue  Gattung  handelt. 

In  diese  gehört  gewiß  auch  Diaporthe  (Etipovthe)  Bainhtisae 
Patouill.    1897    (Syll.  Fg.,   XIV.,   517),    welche  aber  kleinere 


Fragmente  zur  Mykologie.  OöO 

Perithecien  (350  ^  2öO  u.)  und  größere  zylindrische  Schläuche 
(130^  10  (x)  hat.  Hat  ClypeoportliL'  Bambusae  (Pat.)  v.  H. 
zu  heißen. 

Die  fünf  noch  auf  Süßgräsern  beschriebenen  Diaporthe- 
Arten,  die  alle  als  Enporthe  gelten:  D.  zeina  Speg.,  Sacchari 
Speg.,  vadicina  Ell.  et  Ev.,  incongrua  E.  et  Ev.  und 
Keller inanniana  E.  et  Ev.  sind  ganz  andere  Pilze. 

Diaporthe  Maydis  (Berk.)  EUis  et  Everh.  (North  Ann. 
Pyren.  18')2,  p.  452)  ist  ungenügend  bekannt,  könnte  aber 
eine  Clypeopo^the  sein. 

1173.  Über  Sphaeria  palustris  Berkeley  et  Broome. 

Der  1852  in  Ann.  Magaz.  nat.  bist.  IX.  Ser.,  II.  Bd., 
p.  383  beschriebene,  Taf.  XII,  Fig.  39  abgebildete  Pilz  ist  in 
der  Syll.  Fg.  1882,  I.  Bd.,  p.  708  in  die  Gattung  Didymo- 
sphaeria  gestellt  und  von  Rehm  (Ann.  myc.  1906,  IV.  Bd., 
p.  270)  zu  Massaviopsis  Niessl  im  Sinne  Rehm's. 

Allein,  wie  schon  Berkeley  und  Broome  angaben, 
haben  die  Sporen  an  jedem  Ende  ein  hyalines  Anhängsel. 
Wie  mir  das  Urstück  des  Pilzes  in  Rabenhorst,  Fg.  europ^ 
Nr.  1936  zeigte,  sind  die  450  (x  großen  kugeligen  Perithecien 
im  Blattparenchym  eingewachsen  und  haben  eine  16  \x  dicke 
Membran,  die  aus  mehreren  Lagen  von  stark  zusammen- 
gepreßten dunkelbraunen,  dünnwandigen,  etwa  8  p-  breiten 
Parenchymzellen  besteht.  Das  Ostiolum  ist  kurz-papillenförmig- 
Paraphysen  lang,  zahlreich,  zarthäutig,  dünn  bis  bandförmig^ 
2  bis  4  ;x  breit.  Schläuche  meist  zylindrisch,  kurzgestielt, 
oben  abgerundet  und  stark  verdickt.  Jod  färbt  an  der  Innen- 
seite der  Verdickung  eine  dicke,  4  \x  breite  Platte  stark  blau. 
Die  acht  Sporen  stehen  meist  einreihig,  selten  anderthalbreihig, 
sind  zweizeilig,  schön  braun,  länglich-spindelig,  an  der  Quer- 
wand deutlich  eingeschnürt,  gerade,  an  den  Enden  abgerundet 
stumpf  und  16  bis  22  ^  7  jx  groß.  Sie  sind  mit  einer  meist 
kaum  sichtbaren  dünnen  Schleimhülle  überzogen,  die  an  den 
Enden  in  je  einen  spitzkegeligen,  oft  gebogenen,  3  [x  breiten, 
8  bis  12  [x  langen  festen  Schleimfortsatz  ausgezogen  ist, 
samt  welchen  sie  40  bis  44  [x  lang  sind.  Demnach  ist  der 
Pilz   keine  Heptaineria,    wie    man  vermuten  könnte,    sondern 


586  F.  Höhnel, 

eine  neue  Gattung,  die  ich  Ceriophora  nenne  und  die  bis 
auf  weiteres  als  Massariopsis  N.-Rehm  mit  geschwänzten 
Sporen  beschrieben  werden  kann. 

1174.  Über  Diatrypeopsis  laccata  Spegazzini. 

Der  1886  beschriebene  Pilz,  die  einzige  Art  der  Gattung, 
ist  im  südlichen  Südamerika  sehr  häufig.  Spegazzini  hält 
ihn  für  mit  Hypoxyloii  und  Diatrype  verwandt  und  von  diesen 
Gattungen  durch  die  h^^alinen  Sporen  geschieden. 

Theissen  hat  in  Ann.  mycol.  1908,  VI.  Bd.,  p.  91  den 
Pilz  ausführlich  behandelt.  Er  hält  ihn  für  eine  nur  wenig 
abweichende  Nnmmiilaria  und  erklärt  ihn  für  gleich  Kuutmn- 
laria  piinctiilata  (B.  et  Rav.)  Sacc.  und  wahrscheinlich  auch 
Hypoxylon  stygiuni  (Lev.)  Sacc. 

Allein  diese  seine  Angaben  sind  alle  unrichtig.  Er  hat 
gerade  die  wichtige  und  wie  man  leicht  feststellen  kann, 
ganz  richtige  Angabe  Spegazzini 's,  daß  Paraphysen  völlig 
fehlen,  nicht  in  Betracht  gezogen. 

Nun  aber  haben  alle  echten  Nmnmularia- Arien,  ins- 
besondere auch  die  Grundart,  A^.  nininiiiilarmin  (Bull.) 
Keissler  in  Crypt.  exs.  Vind.  Nr.  516,  gleich  A^.  Bnlliardii 
Tul.,  lange  fadenförmige,  freie  oder  schleimig  verklebte  Para- 
physen. Dazu  kommt  noch  ein  weiterer  Umstand.  Die 
Schläuche  der  echten  Nmnintilaria- Arien  sind  oben  ausnahms- 
los nur  wenig  verdickt  und  färbt  sich  mit  Jod  eine  dünnere 
oder  dickere  Querplatte  an  der  Innenseite  dieser  Verdickung 
schön  blau.  Wenn  die  Schläuche  kleiner  sind,  wie  bei 
A^.  repanda  (Fr.),  ist  diese  blaue  Querplatte  sehr  dünn  und 
leicht  zu  übersehen,  bei  K.  nniuuinlqrinni  (Bull.),  discreta 
(Schw.)  und  rcpandoides  Fuck.  ist  sie  ziemlich  dick,  am 
stärksten  bei  letzterer  Art  und  stets  leicht  zu  sehen. 

Die  Schläuche  der  Diatrypeopsis  sind  hingegen  oben 
stark,  halbkugelig  verdickt  und  färbt  sich  mit  Jod  in  dieser 
Verdickung  ein  2-5  bis  2-8  [jl  großer  kugeliger  Teil  sehr 
auffallend  dunkelblau. 

Schon  diese  Tatsachen  zeigen,  daß  es  sich  nicht  um 
eine  Xiuuiiudaria  handeln  kann. 


Fragmente  zur  Mykologie.  587 

Ntminmlaria  pnncHilata  (Berk.  et  Rav.)  Sacc.  ist  bisher 
mit  Sicherheit  nur  in  Nordamerika  und  nur  auf  Eichen- 
rinden gefunden  worden.  Die  Strömen  verlaufen  am  Umfange 
nicht  ganz  allmählich,  sondern  sind  gut,  oft  sogar  erhaben 
berandet.  Die  Oberfläche  derselben  ist  zwar  glatt,  aber  nicht 
glänzend.  Die  ganz  flachen  Mündungen  der  Perithecien  gleichen 
kleinen,  scharf  begrenzten  Nadelstichen.  Wie  mir  der  Vergleich 
der  Diatrypeopsis  mit  den  Stücken  von  Ntmminlaria  ptuictiiJata 
in  Ellis,  F.  Nova-Caesarensis  Nr.  75  und  Thümen,  Mycoth. 
Univ.  Nr.  658  zeigte,  sind  diese  Pilze  schon  äußerlich  als 
völlig  verschieden  zu  erkennen.  Die  auffallende  Tatsache,  daß 
die  Angaben  über  die  Schläuche  und  Sporen  beider  Arten 
gut  miteinander  übereinstimmen,  erklärt  sich  daraus,  daß  die 
A^  pimctulata  bisher  noch  nie  gut  ausgereift  gefunden  wurde 
und  sich  die  unreifen  Schläuche  wahrscheinlich  aller 
A' lunimilaria-  Arien  ganz  ähnlich  verhalten,  wie  die  reifen  der 
Diatrypeopsis.  Noch  sei  bemerkt,  daß  K.  ptmctiilata  faden- 
förmige Paraphysen  hat;  siehe  Ellis  und  Everhart,  North- 
Am.  Pyrenomyc.   1892,  p.  627. 

Was  Hypoxylou  stygimn  (Lev.)  Sacc.  anlangt,  so  kenne 
ich  von  dieser  Art  nur  die  Beschreibung  Leveilles  in  Ann. 
scienc.  nat.  1846,  3.  S.,  V.  Bd.,  p.  258.  Hier  heißt  es,  daß 
die  Strömen  schwarz,  ausgebreitet  abgeflacht  sind.  Daß  sie 
glänzend  sind,  wird  nicht  gesagt.  Die  Perithecien  sollen  kugelig 
sein  und  ein  papillenförmiges  Ostiolum  haben,  das  glänzend 
ist  und  in  einer  leicht  vertieften  Kreisfläche  sitzt.  Die  Sporen 
sollen  einzellig,  eiförmig  und  durchscheinend  sein.  Sie  sind 
offenbar  gefärbt,  wie  schon  daraus  hervorgeht,  daß  Leveille 
den  Pilz  zwischen  zwei  sicheren  Hypoxylon- Arier\  anführt. 

Diese  Angaben  stimmen  durchaus  nicht  zur  Diatrypeopsis, 
daher  Theissen's  \'ermutung,  daß  Hypoxylon  styginiu  ein 
Synonym  derselben  ist,  gewiß  falsch  ist. 

Um  diese  drei  Punkte  zu  erledigen,  habe  ich  im  vor- 
stehenden stillschweigend  mit  Spegazzini,  Berlese  (Icon. 
Fung.  1902,  III.  Bd.,  p.  120,  Taf.  162)  und  Theissen  an- 
genommen, daß  Diatrypeopsis  laccata  ein  im  Sinne  der 
Beschreibung  wirklich  bestehender  einfacher  Pilz  ist.  Das  ist 
aber  nicht  der  Fall. 


588  F.  Höhnel, 

Diatrypeopsis  laccata  Speg.  ist  vielmehr  ein  bisher,  wie 
es  scheint,  stets  nur  im  überreifen  und  entleerten  Zustande 
gefundener  Pilz,  vermutlich  eine  Ntuninnlaria,  in  deren  leeren 
Perithecien  ein  bis  auf  weiteres  als  Sphaeriacee  zu  betrach- 
tender Kernpilz  lebt,   mit  den  beschriebenen  Schläuchen. 

Bricht  man  ein  brauchbares  Stück  von  Diatrypeopsis 
quer  durch,  so  bemerkt  man  an  der  Querbruchfläche,  daß 
die  meisten  Perithecien  ganz  leer  sind.  Einzelne  Perithecien 
werden  jedoch  ganz  von  einem  sehr  zarthäutigen,  sack- 
förmigen, blassen  oder  bräunlichen,  etwa  500  [x  hohen  und 
340  [X  breiten  Perithecium  ausgefüllt,  das  oben  einen  meist 
verbogenen  bis  300  [j.  langen,  unten  120  [x,  oben  80  (x  dicken 
Schnabel  besitzt,  der  den  Mündungskanal  der  entleerten 
Perithecien  der  vermutlichen  Nummularia  ausfüllt.  Diese  zart- 
häutigen Perithecien  sind  es  allein,  in  welchen  sich  die 
beschriebenen  Schläuche  befinden,  die  sie  ganz  ausfüllen. 

Solche  in  anderen,  bereits  ganz  entleerten,  oder  noch 
lebenden  Pykniden  oder  Perithecien  schmarotzende  Kernpilze 
gibt  es  mehrere. 

So  die  Passerinnla  Candida  Sacc.  (Syll.  F.,  II.  Bd., 
p.  537)  in  Tliyvidimn  und  Valsaria;  Laaseomyces  micro- 
scopictis  Ruh  1  and  in  Diplodia  (Verh.  bot.  V.  Brandbg.  1900, 
41.  Bd.,  p.  83);  Nectriella  biparasitica  (v.  H.)  Weese  (Ann. 
myc.  1903,  I.  Bd.,  p.  395)  in  Evitypa  ßavovirescens;  Didyuio- 
sphaeria  conoidea  Niessl-v.  H.  in  Leptospliaeria  Doliohim 
(Ann.  myc.  1905,  III.  Bd.,  p.  551);  Didymosphaeria  Eutypae 
Sureya  (Bull.  soc.  myc.  1911,  27.  Bd.,  p.  220)  in  Entypa 
lata;  Debaryella  hyalina  v.  H.  (Ann.  myc.  1904,  II.  Bd.,  p.  274) 
in  Etitypa  scabrosa;  Cryptonectriopsis  biparasitica  v.  H.  (Ann. 
myc.   1918,  XVI.  Bd.,  p.   136)  in  Leptospliaeria  doliolioides. 

Der  in  der  Diatrypeopsis  auftretende  .Schmarotzer  kann 
natürlich  auch  vollständig  fehlen;  so  in  einem  von  mir  1899 
bei  Theresiopolis  bei  Rio  gesammelten  Stücke. 

Der  Schmarotzer  stellt  eine  eigene  Gattung  dar,  die  ich 
zu  den  Sphaeriaceen  stelle,  da  das  Gehäuse  oben  und  der 
untere  Teil  des  Schnabels  deutlich  zart  bräunlich  paren- 
chymatisch  gebaut  sind. 


Fragmente  zur  Mykologie. 


589 


Xenothecimn  n.  G.  Sphaeriacee.  Gehäuse,  alte  Perithecien 
ausfüllend,  dünnwandig,  weichhäutig,  oben  mehr  minder  lang 
geschnäbelt,  deutlich  braun-parench^-matisch,  unten  blaß,  ohne 
deutliche  Struktur.  Schläuche  zahlreich,  zylindrisch,  sitzend 
oder  kurzgestielt,  sehr  zarthäutig  oben  halbkugelig  verdickt, 
in  der  Verdickung  eine  kugelige,  verhältnismäßig  große  Partie 
mit  Jod  sich  auffallend  dunkelblau  färbend.  Sporen  zu  acht, 
einreihig,  einzellig,  hyalin  oder  fast  so,  oft  mit  zwei  Öltropfen, 
länglich,  sehr  lang  im  Schlauche  bleibend,  wie  es  scheint 
erst  durch  Zerfall  desselben  frei  werdend.  Paraphysen  fehlend. 

Grundart:  Xenothecium  jodophilum  v.  H. 

Die  Verwandtschaft  des  eigenartigen  Pilzes  ist  noch 
unklar. 

1175,  Über  die  Gattung  Graphyllium  Clements. 

Von  dieser  1901  aufgestellten  Gattung  (Syll.  Fung., 
XVI.  Bd.,  p.  1145)  kenne  ich  die  Grundart  Graphyllhim  Chloes 
Gl.  (1.  c,  XVII.  Bd.,  p.  913)  nicht,  es  ist  aber  sicher,  daß 
Graphyllium  dacotense  Rehm  (Ann.  mycol.  1915,  XIII.  Bd., 
p.  3)  der  Grundart  ganz  nahe  steht.  Da  ersteres  im  Original 
in  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  2131  ausgegeben  ist,  konnte  ich 
es  prüfen. 

Graphylliiun  wird  von  Clements  (Genera  of  Fungi  1909, 
p.  57)  zu  den  Hysteriaceen  gestellt  und  soll  sich  von 
Hysterograpliium  durch  die  häutigen  Fruchtkörper  unter- 
scheiden, während  Rehm  wieder  eine  Verwandtschaft  mit 
Lophodermmm  vermutet. 

Die  Untersuchung  des  Originals  von  Gr.  dacotense  hat 
mir  gezeigt,  daß  dieses  nichts  anderes  als  eine  sehr  stark 
in  die  Länge  gestreckte  Pleosporee,  die  weit  hervorbricht,  ist. 
Die  Perithecien  sind  durchaus  nicht  immer  linienförmig, 
sondern  häufig  nur  länglich.  Auch  wenn  sie  langgestreckt 
sind,  reißen  sie  oben  nicht  mit  einem  Längsspalt  auf,  sondern 
öffnen  sich  nur  mit  einem  rundlichen  kleinen  Ostiolum.  An 
Ouetschpräparaten  sieht  man  allerdings  auch  öfter  LängsrifTe, 
allein    diese    sind  Kunstprodukte.    Nie    sieht    man    natürliche 


590  F.  Höhnel, 

Öffniingsrisse.  Die  Schläuche  gleichen  vollkommen  denen  der 
echten  Pleosporeen- Arten.  Paraphysen  sind  reichlich  vorhanden, 
stark  verschleimend  und  etwas  verworren.  Infolge  der  starken 
Streckung  der  Perithecien  stehen  die  Zellen  der  15  bis  30  [x 
dicken  Membran  auf  den  Längsseiten  derselben  in  senkrecht 
parallelen  Reihen,  die  oben  in  einem  etwas  heller  gefärbten 
20  bis  35  [x  breiten  Längsstreifen  zusammentreffen.  In  diesem 
Längsstreifen  findet  man  manchmal  ein  kleines  rundes  schlecht 
entwickeltes  Ostiolum.  In  der  Regel  fehlt  ein  solches  jedoch. 
Dadurch  nähert  sich  der  Pilz  den  Pseudosphaeriaceen.  Da 
indes  sehr  zahlreiche  Schläuche  und  Paraphysen  vorhanden 
sind,  betrachte  ich  ihn  als  Sphaeriacee.  Die  Sporen  sind 
etwas  flachgedrückt.  Auf  der  Schmalseite  zeigen  sie  nur 
drei  Querwände,  zu  welchen  auf  der  Breitseite  noch  eine 
Längswand  hinzutritt.  Daher  ist  der  Pilz  eine  mehr  minder 
langgestreckte,  stark  hervorbrechende  Clatlirospora  Raben- 
horst 1857  (Hedwigia,  I.  Bd.,  p.  116),  mit  wenig  entwickeltem 
oder  fehlendem  Ostiolum. 

Ob  Graphyllmm  Chloes  eine  Form  von  Clatlirospora 
oder  Pleospora  ist,  läßt  sich  nach  der  Beschreibung  nicht 
sagen. 

Noch  sei  bemerkt,  daß  auch  dann,  wenn  diese  Pilze 
mit  einem  Längsspalt  aufreißen  würden,  sie  doch  weder  mit 
LopJioderminm  noch  mit  Hysterographiinu  verwandt  wären, 
da  diese  ganz  anders  gebaut  sind. 

1176.  Über  Dothidea  Visci  Kalchb rennen 

Von  diesem  Pilze  kenne  ich  nur  die  kurze  Beschreibung 
in  Hedwigia  1869,  VIII.  Bd.,  p.  117.  Es  ist  aber  nicht  zweifel- 
haft, daß  ein  von  \W.  Krieger  1876  an  dürren  Mistelzweigen 
bei  Königstein  a.  d.  Elbe  gefundener  Pilz  damit  identisch  ist. 
Die  Untersuchung  desselben  zeigte  mir  nun,  daß  es  eine 
Botryosphaeria  mit  braunen  Sporen  ist  und  daher  in  die 
Gattung  Phaeobotryon  Th.  et  Syd.  (Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd., 
p.  664)  gehört. 

Phaeobotryon  stelle  ich  so  wie  Botryosphaeria  zu  den 
Dothideaceen  und  nicht  zu  den  Pseudosphaeriaceen. 


Fragmente  zur  Mykologie.  591 

Die  Dothithecien  von  Phaeobofryon  Visci  (Kalchbr.)  v.  H. 
bedecken  die  Mistelzweige  ringsum  dicht,  fast  rasig.  Sie 
stehen  einzehi  oder  zu  wenigen  mehr  minder  verschmolzen, 
häutig  auch  in  verschieden  gerichteten  Reihen,  sind'  kohlig, 
rundlich,  etwa  400  bis  500  [j,  groß. 

Sie  entwickeln  sich  der  Hauptsache  nach  in  der  Epidermis, 
sind  unten  abgerundet,  oben  flach  und  mit  der  dicken 
Epidermisaußenwand  verwachsen.  Diese  zerreißt  über  den 
Dothithecien  und  treten  letztere  mit  dem  Scheitel  etwas  hervor. 
Die  Wandung  der  Dothithecien  ist  oben  diskusartig  ent- 
wickelt und  bis  200  (x  dick.  Dieser  Diskus  ist  von  einem 
80  [X  weiten  Kanal  ohne  eigene  Wandung  durchsetzt,  der 
anfänglich  mit  blassem  Parenchym  ausgefüllt  ist. 

Unten  und  seitlich  ist  die  Wandung  80  bis  120  \i.  dick. 
Die  äußere  40  bis  50  |j.  dicke  Schichte  derselben  ist  opak, 
die  innere  40  bis  80  [j.  dicke  deutlich  zellig.  Das  Gewebe  ist 
violett-kohlig  und  besteht  aus  dünnwandigen,  offenen,  leeren, 
mehr  minder  deutlich  senkrecht  gereihten,  8  bis  20  [j.  großen 
Zellen.  Der  Dothithecien-Nucleus  besteht  aus  hyalinen,  3  bis 
5  [j,  breiten,  senkrecht  parallel  verwachsenen  Hyphen  mit 
12  bis  16  [JL  großen  Gliedern.  In  diesem  Gewebe  sind  die 
zahlreichen  bis  240^30  bis  36  [x  großen  Schläuche,  die  sich 
mit  Jod  nicht  färben,  eingelagert.  Diese  sind  zylindrisch- 
keulig,  oben  abgerundet,  nicht  gestielt  und  haben  eine  sehr 
gleichmäßig  3  bis  4  \x.  dicke  Wandung. 

Die  5  bis  8  Sporen  stehen  1-  bis  IVo-reihig,  sind 
schmutzig  dunkelviolett,  elliptisch  bis  fast  zitronenförmig» 
einzellig  und  28  bis  36:^  16  bis  20  [x  groß. 

Es  ist  sicher,  daß  Fuckel's  Angabe  falsch  ist,  daß 
Ceuthospora  Visci  (A.  et  C.)  Sollmann  eine  Nebenfrucht 
von  Gibheridea  Visci  Fuck.  (Sym'b.  mycol.  1869,  p.  169)  ist, 
denn  die  Untersuchung  der  Cetithospora  zeigte  mir,  daß  sie 
dothidealer  Natur  ist.  Die  Fruchtkörper  derselben  entwickeln 
sich  in  der  Epidermis  und  sind  oben  mit  einem  etwa  100  [jl 
dicken  Diskus  mit  der  Epidermisaußenwand  verwachsen. 
Dieser  Diskus  ist  von  einem  60  bis  70  jx  weiten  Kanal 
durchsetzt,    der    anfänglich    mit    einem    kleinzelligen   hyalinen 


592  r.  Höhne:, 

Parenchym  ausgefüllt  ist.  Die  Lokulus-Wandung  ist  unten 
und  seitlich  etwa  25  [jl  dick. 

Der  Pilz  ist  keine  Sphaerioidee,  sondern  eine  dothideale 
Nebenfruchtform.  Er  kann  daher  nicht  als  Sphaeropsis  im 
Sinne  der  Handbücher  aufgefaßt  werden. 

Wenn  man  aber  die  Gattung  Sphaeropsis  im  Sinne  von 
Saccardo  in  Michelia  1880,  II.  Bd.,  p.  105  nimmt,  wo 
Sphaeropsis  Visci  die  Grundart  der  Gattung  ist,  dann  müssen 
die  übrigen  Sphaeropsis- Arien  in  eine  neue  Formgattung 
gestellt  Werden,  soweit  es  einfache  Sphaerioideen  sind,  die 
zu  Sphaeriaceen  als  Nebenfrüchte  gehören. 

Mir  ist  es  nicht  zweifelhaft,  daß  Sphaeropsis  Visci  (A. 
et  S.)  Sacc.  die  Nebenfrucht  von  Phaeohotryon  Visci 
(Kalchbr.)  v.  H.  ist. 

Sphaeropsis  Saccardo  1880  (non  Syll.  Fung.)  ist  am 
nächsten  mit  DothiorelJa  Sacc.  verwandt. 

Die  Gattung  Phaeohotryosphaeria  Spegazz.  1908  (Syll. 
F.,  XXII.  Bd.,  p.  120)  ist  vermutlich  identisch  mit  Phaeohotryon 
Th.  et  S.   1915. 

1177.  Über  Otthia  Symphoricarpi  (Ellis  et  E verhart). 

Dieser  Pilz  ist  der  Gegenstand  einer  bemerkenswerten 
Verwirrung.  Derselbe  wurde  zuerst  in  Proc.  Acad.  nat.  science, 
Philadelphia  1890  bis  1891,  p.  249  als  Plowrighlia  symphori- 
carpi E.  et  Ev.  beschrieben,  dann  aber  1892  in  Ellis  und 
Everhart,  North-Am.  Pyrenomycetes  p.  249  zu  Otthia 
gestellt.  Da  die  Autoren  dem  Pilze  zweizeilige  gelbbraune 
Sporen  zuschreiben,  ist  kein  Zweifel,  welchen  Pilz  sie  meinen, 
und  daß  die  in  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  2040  als  Psendotthia 
Symphoricarpi  Rehm  und  in  Brenckle,  F.  dacotenses  Nr.  98 
als  Otthia  ausgegebenen  Pilze  mit  dem  identisch  sind,  den 
Ellis  und  Everhart  meinen. 

Andrerseits  ist  es  aber  sicher,  daß  das  von  mir  nicht 
gesehene  Originalexemplar  in  Ellis  a.  Everhart,  N.  Am.  F., 
Nr.  2374,  das  als  Plovvrightia  Symphoricarpi  bezeichnet  ist, 
ein  anderer  Pilz  sein  muß,  denn  dieser  Pilz  wurde  von 
Theissen  und  Sydow  (Ann.  mycol.   1915,  XIII.  Bd.,  p.  327) 


Fragmente  zur  Mykologie.  Oc^o 

untersucht  und  für  eine  echte  Valsaria  erklärt.  Diese  Autoren 
sagen,  daß  die  Perithecien  tief  im  Stroma  eingesenkt  sind 
und  einen  sehr  langen  Periphysen  führenden  Hals  haben.  Da 
sie  die  Sporen  dieses  Pilzes,  entsprechend  den  Angaben  von 
Ellis  und  Everhart  für  braun  und  zweizeilig  hielten,  stellten 
sie  den  Pilz  zu   Valsaria. 

Dieser  Pilz  hat  aber  vierzellige,  bleibend  hyaline  Sporen 
und  ist  völlig  verschieden  von  jenem,  dessen  Schläuche  und 
Sporen  Ellis  und  Everhart  1891  beschrieben.  Diese  haben 
daher  zwei  auf  derselben  Nährpflanze  (Symphoricarptis 
occidetitaJis)  auftretende,  einander  äußerlich  nicht  ganz  un- 
ähnliche Pilze  für  eine  und  dieselbe  Art  gehalten.  Ihre 
Beschreibung  ist  ein  Gemenge  der  Merkmale  beider  Pilze. 

Daß  ihnen  dies  geschehen  sein  muß,  hat  schon  Rehm 
^Annal.  mycol.  1913,  XI.  Bd.,  p.  169)  bemerkt,  ohne  indessen 
völlige  Aufklärung  zu  bringen.  Es  ist  kein  Zweifel,  daß  der 
in  Rehm,  Ascom.  exs,  Nr.  1974  als  Plowrightia  Symplioricarpi 
E.  et  Ev.  ausgegebene  Pilz  mit  dem  in  Ellis  a.  Everh., 
N.  Am.  F.,  Nr.  2374  identisch  ist. 

Die  Untersuchung    dieser    zwei    Pilze     ergab    folgendes: 

1.  Der  als  Pseiidotthia  Svtnphoricarpi  Rehm  beschriebene 
xmd  ausgegebene  Pilz  ist  eine  ausgesprochene  Eumonta- 
gnellee  mit  Paraphysen,  zweizeiligen  braunen  Sporen  und  einem 
deutlichen  Hypostroma.  Er  unterscheidet  sich  von  Pyreno- 
botrys  Th.  et  S.  (Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  179  und  629) 
durch  das  deutliche  Hypostroma,  von  Crotone  Th.  et  Syd. 
(1.  c,  p.  179  und  629)  durch  die  regelmäßig  rasigen  Dothi- 
thecien  und  das  Vorhandensein  deutlicher  fädiger  Paraphysen. 
Ich  stelle  für  den  Pilz  die  neue  Gattung  Dothidotthia 
V.  H.  auf. 

Dothidotthia  v.  H.  n.  G.  Eumontagnellee.  Dothithecien 
rasig  hervorbrechend,  einem  gut  entwickelten  aus  mehr  minder 
deutlich  senkrecht  verlaufenden  Hyphen-  und  Zellsträngen  be- 
stehenden Hypostroma  aufsitzend,  rundlich;  Ostiolum  dothideal, 
unregelmäßig.  Paraphysen  fädig.  Schläuche  keulig,  achtsporig; 
-Sporen  braun,  zweizeilig. 


594  F.  Höhnel, 


Grundart:  Dothidotthia  Symphoricarpi  (Rehm)  v.  H. 

Syn.:  Pscudollhia  Symphoricarpi  Rehm   1913. 

Otthia  Syinphoricarpi  E.  et  Ev.  in  Brenckle,   F.   dakot.  Nr.  98. 

Das  500  ji  dicke  Hypostroma  besteht  aus  dünnwandigenr 
bis  16  [X  großen  licht  gefärbten,  offenen  Parenchymzellen  und 
5  bis  8  [1  breiten  Hyphen.  Beide  bilden  senkrecht  stehende 
Streben,  auf  denen  die  fast  kugeligen,  300  |x  breiten  Dothi- 
thecien  sitzen.  In  der  200  [i  dicken  Basalschichte  des  Hypo- 
stromas,  das  dem  Holzkörper  aufsitzt,  ist  das  Gewebe  locker 
schwammig  plectenchymatisch,  mit  mehr  horizontal  vei'- 
laufenden  Hyphen  und  ohne  Parenchym.  Die  Membran  der 
Dothithecien  ist  gleichmäßig  etwa  30  |jl  dick  und  besteht  aus 
5  bis  6  Lagen  von  8  bis  \Q>  \h  großen  Zellen  mit  schwarzer 
Mittellamelle  und  sehr  starker  hyaliner  Verdickungsschichte. 
Das  Ostiolum  ist  klein,  unregelmäßig,  spaltig-rissig. 

2.  Der  in  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.  1974  Plowrightia 
SympJioricatyi,  in  Ann,  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  327  Valsaria 
Symphoricarpi  (E.  et  Ev.)  Th.  et  Syd.  genannte  Pilz  hat 
bleibend  hyaline  Sporen.  Die  kleineren  derselben  sind  zwei- 
zeilig, die  an  Zahl  weit  überwiegenden  größeren,  bis  2b  ^  ~ 
bis  9  \x  großen  Sporen  sind  vierzellig.  Die  zwei  mittleren 
.Zellen  sind  mit  4  [i  viel  kürzer  als  die  Endzellen.  Die  Sporen 
sind  elliptisch -länglich  und  liegen  in  den  zylindrischen 
Schläuchen  einreihig.  Die  Paraphysen  sind  sehr  zahlreich 
und  langfädig.  Der  kürzere  oder  längere  dicke  Schnabel  der 
Perithecien  zeigt  Periphysen  und  ist  schwarz  und  derb- 
wand ig. 

Die  Perithecienmembran  ist  dünn,  weich,  blaßbraun,  an 
der  Basis  unregelmäßig  parenchymatisch,  aber  seitlich  mehr 
weniger  deutlich  senkrecht  parallelfaserig. 

Die  Perithecien  sitzen  in  einem  länglichen,  flachpolstrigen 
Stroma.  Dieses  sitzt  unten  dem  Holzkörper  auf  und  ist  hier 
oft  kaum  entwickelt,  blaß  und  weich.  Nur  oben  ist  dasselbe 
schwarzbraun,  aber  auch  hier  wenigstens  stellenweise  locker 
und  schwammig. 

Man  sieht,  daß  der  Pilz  eigenartig  gebaut  ist.  Man 
könnte    ihn    in    die    Gattung    Calospora    stellen.    Allein    die 


Fragmente  zur  Mykologie.  595 

Gattung  Calospora  Nitschke  (in  Fuckel  Symb.  mycol.  1869, 
p.  190)  ist  niemals  beschrieben  worden  und  ihre  Grundart 
ist  eine  Diaportlte,  wie  ich  feststellte.  Calospora  Saccardo 
1883  (Syll.  Fung.,  II.  Bd.,  p.  231)  hat  als  Grundart  eine 
Diaporthe  mit  deutlich  vierzeliigen  Sporen. 

Daher  hat  Schröter  1897  in  Pilze  Schlesiens,  IL  Bd., 
p.  442  mit  Recht  den  Namen  Calospora  ganz  fallen  gelassen 
und  die  Gattung  Calosporella  aufgestellt.  Darunter  sind 
Diaporthe-Arten  mit  deutHch  vierzeliigen  Sporen  zu  ver- 
stehen. 

Schröter  sagt  zwar  bei  seiner  Gattung,  daß  Paraphysen 
vorhanden  sind,  allein  diese  Angabe  kann  sich  nur  auf  die 
Pseudoparaphysen  beziehen,  die  bei  Diaporthe  meist  vor- 
kommen. 

Die  Verwandtschaft  des  in  Rede  stehenden  Pilzes  liegt 
in  der  Tat  ganz  wo  anders,  nämlich  bei  der  Sphaeria 
corticola  Fuckel  rr  Sph.  cinerea  Fuckel  (Symb.  myc.  1869, 
p.  114).  Dieser  auffallende  Pilz  ist  im  wesentlichen  nur  durch 
den  Mangel  eines  Stromas  verschieden.  Bei  ihm  ist  die 
Perithecienmembran  sehr  schön  senkrecht,  dünn  parallel- 
faserig gebaut.  Ich  habe  für  denselben  die  Gattung  Gripho- 
sphaeria  (Ann.  myc.  1918)  aufgestellt.  Der  behandelte  Pilz 
ist  eine  stromatische  GripJtosphaeria.  Ich  stelle  daher  für 
denselben  die  neue  Gattung  Griphosphaerioma  v.  H.  auf. 

Gripliosphaerioma  n.  G.  Sphaeriaceae.  Stroma  diatrypoid, 
hervorbrechend.  Perithecien  mit  Hals.  Perithecienmembran 
dünn,  seitlich  mehr  minder  deutlich  senkrecht  parallelfaserig 
gebaut.  Paraphysen  fädig,  lang.  Schläuche  achtsporig,  zylindrisch. 
Sporen  einreihig,  hyalin,  länglich,  zweizeilig  oder  mit  einigen 
Querwänden.  Ist  eine  stromatische  Griphosphaeria. 

Grundart:  Griphosphaerioma  Symphoricarpi  (Rehm)  v.  H. 

Syn. :  Plowrightia  Symphoricarpi  Ell.  et  Ev.  N.  Ann.  F.  Nr.   2374. 
Plowrightia  Symphoricarpi  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.    1974. 

Valsaria  Symphoricarpi  (E.  et  Ev.)  Theiss.  et  Syd. 
1915.  Der  Autorname  Ellis  et  Everhart  kann  nicht  an- 
gewendet   werden,   wie    aus    dem  oben  Gesagten  hervorgeht. 


596  F.  Höhnel, 

Der  in  Brenckle,  Fg.  dakotenses  Nr.  100  als  Zignoella 
Morthieri  (Fuck.)  Sacc.  ausgegebene  Pilz  ist  falsch  bestimmt 
und  ist  Griphosphaevioina  Symphoricarpi  (Rehm)  v.  H. 
(=  Plowrightia  Symplioricarpi  in  Ell.  et  Ev.,  N.  Am.  Fg., 
Nr.  2374  und  Rehm,  Ascom.  exs.  Nr.   1974). 

1178.   Über  Karschia  Araucariae  Rehm. 

Der  Pilz  ist  in  Hedvvigia  1900,  39.  Bd.,  p.  84  beschrieben. 
Wie  das  sichere  Stück  in  Theissen,  Dec.  Fung.  brasil. 
Nr.  136  zeigt,  wächst  derselbe  als  Schmarotzer  auf  den 
lebenden  Nadeln.  Schon  dieser  Umstand  hätte  zeigen  können, 
daß  es  keine  Karschia-Avt  ist,  denn  diese  treten  niemals  als 
Blattschmarotzer  auf.  Da  Rehm's  Beschreibung  daher  auf 
einer  nicht  näher  geprüften  falschen  Voraussetzung  beruht, 
ist  sie  in  fast  allen  ihren  Teilen  falsch.  Die  Untersuchung 
zeigte  mir,  daß  es  sich  um  eine  mit  Blasdalea  S.  et  Syd. 
verwandte  Munkiellee  handelt.  Bei  dieser  Gelegenheit  seien 
auch  die  äußerlich  sehr  ähnlichen  Gattungen  Dielsiella  und 
Cycloschizon  besprochen. 

Die  Dielsiella  Pritzelii  habe  ich  in  Fragm.  z.  Myk.  Nr.  634 
(Xll.  Mitt.,  1910)  beschrieben.  Eine  zweite  Beschreibung  findet 
sich  in  Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  208.  In  beiden  Be- 
schreibungen heißt  es,  daß  das  Hj^postroma  durch  die 
Epidermis  250  bis  260  [x  breit  bricht,  sich  dann  auf  derselben 
ausbreitet  und  das  Schlauchstroma  bildet.  Allein  das  Hypo- 
stroma  bricht  nicht  breit  ganz  nach  außen  durch,  sondern 
sprengt  nur  ein  250  bis  300  [x  breites  rundliches  Stück  der 
Epidermis  ab,  hebt  dieses  Stück  nur  wenig  empor  und  bleibt 
oben  mit  demselben  verwachsen.  Das  Hypostroma  ist  daher 
oben  bleibend  mit  der  Epidermis  oder  wenigstens  ihrer 
Außenwand  verwachsen.  Nun  dringt  das  Gewebe  des  Hypo- 
stromas  durch  den  schmalen  so  entstandenen  Ringspalt,  sich 
nach  allen  Richtungen  strahlig  ausbreitend  hervor  und  bildet 
auf  der  Epidermis  das  ringförmige  vSchlauchstroma  aus.  Es 
ist  daher  nur  das  letztere  ganz  oberflächlich,  der  sterile 
Mittelteil  bleibt  von  dem  abgesprengten  Epidermisstück 
bedeckt. 


Fragmente  zur  Mykologie.  597 

Im  wesentlichen  denselben  Vorgang  habe  ich  in  Fragm. 
Nr.  635  für  Cydoschizon  Brachylaenae  (R.)  P.  H.  beschrieben; 
nur  ist  hier  das  Hypostroma  viel  schwächer  entwickelt, 
sprengt  nur  die  Epidermisaußenwand  ab,  hebt  aber  diese 
viel  stärker  empor,  so  daß  hier  das  ringförmige  Schlauch- 
stroma mit  dem  kurz  säulenförmig  emporgewachsenen  Teil 
des  Hypostromas  in  einer  Ebene  liegt,  während  bei  Dielsiella 
das  Schlauchstroma  etwas  höher  zu  liegen  kommt,  als  der 
hier  nur  di^inne  sterile  Mittelteil. 

Man  sieht,  daß  sich  die  zwei  Gattungen  im  Bau  und  in 
der  Entwicklung  des  Stromas  ganz  gleich  verhalten.  In  der 
Tat  heißt  es,  daß  sich  dieselben  nur  durch  die  Färbung  der 
Sporen  voneinander  unterscheiden  (Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd., 
p.  208).  Allein  das  ist  unrichtig,  denn  es  besteht  noch  ein 
Unterschied  in  den  Paraphj'-sen. 

Dielsiella  hat  zahlreiche,  auffallende,  lange  Paraphysen. 
Cydoschizon  hat  aber  eigentlich  keine.  Ich  selbst  gab  an, 
daß  spärliche  vorhanden  sind.  Nun  fand  ich  aber,  daß  sie 
eigentlich  fehlen. 

Die  Karsdiia  Araucariae  R.  hat  meist  blattuntcrseits, 
oft  in  kleinen  Gruppen  stehende,  flache,  rundliche  Strömen, 
die  am  Rand  uneben,  gekerbt  bis  schwach  gelappt,  selten 
und  nur  stellenweise  mit  hellbraunen  dichtstehenden  bis  40  ix 
langen  Wimpern  versehen,  etwa  400  [a  breit,  schwarz  und 
ziemlich  glatt  sind.  Sie  sind  außen  mit  einem  flachen  Ring- 
vvulst  versehen,  in  der  Mitte  genabelt  und  öfter  mit  kleiner 
Papille.  Die  Strömen  lösen  sich  leicht  ab  und  sind  scheinbar 
ganz  oberflächlich,  allein  an  Querschnitten  sieht  man,  daß 
sie  mit  einer  dünnen  hyalinen  Schichte  überzogen  sind,  die 
offenbar  die  Cuticula  ist,  unter  der  sie  entstanden  sind.  Ein 
Hypostroma  ist  nicht  nachzuweisen.  Von  unten  gesehen 
zeigen  sie  in  der  Mitte  einen  dunklen  Punkt,  der  in  einer 
blassen  Ringzone  liegt,  die  von  dem  kreisförmigen  Lokulus 
herrührt. 

Der  dunkle  Mittelpunkt  ist  offenbar  die  Anheftungsstelle. 
Offenbar  ist  das  Hypostroma  sehr  blaß  und  schwach  ent- 
wickelt und  greift  nicht  über  die  Epidermisaußenwand  tiefer. 
Die  Strömen  sind  in  der  Mitte  110  jx,  über  dem  ringförmigen 

Sitzb.  d.  mathem.-nalurw.  Kl.,  Abt.  1,  12S.  Bd.  42 


598  F.  Hühnel, 

Lokiilus  120  [X  dick.  Hier  ist  die  kohlige  Decke  sehr  dünn, 
außen  16  bis  44  [x  dick,  opak.  Das  vom  Lokulus  ein- 
geschlossene Mittelsäulchen  ist  70  [x  dick  und  aus  sehr 
kleinen  senkrecht  parallel  gereihten  olivschvvärzlichen,  weichen 
Zellen  aufgebaut.  Das  ganze  Stroma  ist  strahlig  gebaut,  am 
Rande  sind  die  derbwandigen  schwarzen  Hyphen  etwa  3  [x 
breit,  in  der  Basalschichte,  die  oft  fast  fehlt,  doch  auch  bis 
12  [X  dick  und  bräunlich  olivfärbig  ist,  sind  die  Hyphen  nur 
1-5  bis  2  [X  dick.  Der  Lokulus  ist  120  bis  140  [x  breit,  90  [x 
hoch.  Paraphysen  sehr  zahlreich,  verbogen-steiffädig,  in  dicken 
Schleim  eingebettet,  l-7[x  dick,  oben  schwach  keulig  aut 
2  [X  \-erbreitert. 

Schläuche  sitzend,  eiförmig,  oben  bis  10  [x  stark  verdickt, 
60  bis  80  i^  40  bis  48  [x. 

Jod  färbt  den  Nucleus  braungelb.  In  den  Schläuchen 
färben  sich  die  zweizeiligen  Sporen  nur  blaßbräunlich.  Wenn 
aber  die  Strömen  alt  werden,  findet  man  die  nun  ganz  reifen 
Sporen  braunschwarz  und  bis  30^:^  15  [x  groß,  also  viel  größer 
-als  sie  Rehm  angibt.  Diese  alten  Strömen  sehen  ganz  anders 
aus  als  die  gut  entwickelten;  sie  sind  dick  scheibenförmig, 
mit  senkrechten  Seitenwänden,  so  daß  man  einen  ganz 
anderen  Pilz  vor  sich  zu  haben  meint.  ■ 

Aus  der  Beschreibung  geht  hervor,  daß  der  Pilz  im 
wesentlichen  sich  unter  der  Cuticula  entwickelt  und  daher 
eine  Munkiellee  ist,  die  sich  von  Blasdalea  fast  nur  durch 
die  zweizeiligen  Sporen  unterscheidet.  Nur  im  Mittelpunkte 
scheint  ein  kaum  feststellbares  Hypostroma  vorhanden  zu 
sein,  das  sich  aber  nur  auf  die  Epidermisaußenwand  er- 
streckt. 

Cycloschizon  Brachylaenae  weicht  schon  weiter  ab,  da  sich 
hier  in  den  Epidermiszellen  ein  kleines,  aber  ganz  deutliches 
braunes  lockeres  Hypostroma  zeigt,  das  ein  Epidermisaußen- 
wandstück  aussprengt,  das  oben  mit  dem  sterilen  Mittelteil 
des  Stromas  verwachsen  bleibt.  Indessen  zeigt  sich  hier,  daß 
auch  das  Schlauchstroma  öfter  mit  der  Epidermisaußenwand 
teilweise  oben  verwachsen  bleibt.  Überdies  sind  hier  die 
Sporen  hyalin  und  fehlen  Paraphysen. 


Fragmente  zur  Mykologie.  o99 

Noch  weiter  weicht  Diesiella  ab,  die  aber  andrerseits 
dieselbe  Beschaffenheit  des  Nucleus  hat. 

Offenbar  stellt  der  Pilz  eine  neue  Gattung  dar,  die  ich 
Cycloscliizella  nenne. 

Cycloschizella  v.  H.  n.  G.  Munkiellee.  Wie  Blasdalea; 
aber  Sporen  zweizeilig,  Lokulus  ununterbrochen  ringförmig, 
Stroma  oben  mit  der  Cuticuia  verwachsen.  Grundart:  Cyclo- 
schizella Araticariae  (R.)  v.  H.  Syn.:  Karschia  Arancariae 
Rehm  1900.  Über  Blasdalea  S.  et  Syd.  siehe  Ann.  m}^. 
1913,  XI.  Bd.,  p.  499;   1915,  p.  255;   1917,  p.  403. 

1179.  Über  Sphaeria?  Himantia  Persoon. 

Persoon  beschreibt  den  Pilz  in  Observationes  myco- 
logicae,  II.  Bd.,  1799,  p.  69  mit  den  Worten  »Sphaerulis  in 
maculam  a  fibrillulis  centrifugis  constantem  aggregatis.«  Er 
bezeichnet  den  Pilz  als  sehr  selten  und  sagt  nur  allgemein, 
•daß  er  auf  Pflanzenstengeln  auftritt.  In  der  erklärenden  Be- 
schreibung heißt  es  weiter,  daß  der  Pilz  schwärzliche,  ver- 
schieden große,  bis  drei  Linien  breite  Flecke  bildet,  die  mit 
der  Lupe  betrachtet  aderige  Fäden  Zeigen,  die  aus  der  Mitte 
der  Flecke  nach  allen  Seiten  zur  Peripherie  laufen.  In  der 
Mitte  sieht  man  schwarze  Pusteln. 

Man  sieht,  daß  die  Beschreibung  nichts  weniger  als  gut 
zu  dem  Pilze  paßt,  den  man  heute  darunter  versteht.  Nach- 
dem aber  seit  Fries  alle  Autoren  in  der  noch  heute  gültigen 
Deutung  desselben  einig  sind  und  insbesondere  das  von 
Desmazieres  in  PI.  crypt.  France  1843,  Nr.  1342  unter  dem 
Namen  Asteroma  Himantia  Chev.  Fl.  paris.  ausgegebene 
Exemplar  zu  Persoon's  Beschreibung  ziemlich  stimmt,  auch 
anzunehmen  ist,  daß  Desmazieres  und  Fries  das  Persoon- 
sche  Original  des  Pilzes  kannten,  so  schließe  ich  mich  der 
bisherigen  Ansicht  an. 

Persoon  hat  den  Pilz  später  (Mycol.  europ.  1822,  I.  Bd., 
p.  52)  nochmals  als  Actinonema  canllncola  P.  angeführt.  Es 
ist  dies  offenbar  eine  schlechter  entwickelte  Form  des  Pilzes, 
noch  ohne  Pusteln:  »saltem  nullas  sphaerulas  vidi«.  Bei  dieser 
Form  führt  Persoon  ausdrücklich  Umbelliferen-Stengeln  als 
Substrat  an. 


600  F.  Höhnel, 

Im  Systema  mycol.  1823,  II.  Bd.,  p.  559  führt  Fries 
den  Pilz  als  Dotliidea  (Asteroma)  Himaiitia  an.  Er  sagt,  daß 
derselbe  auf  Umbelliferen-Stengeln  gewöhnlich  ist  und  gibt 
eine  Beschreibung,  aus  der  wohl  zu  ersehen  ist,  daß  er  die 
Form  meint,  die  man  heute  darunter  versteht. 

In  Fries,  Summa  veget.  Scand.  1849,  p.  425  wird  der 
Pilz  als  zweite  Asteroma-Avi  angeführt. 

Rehm  erkannte  den  Pilz  als  Ascomyceten  (Ber.  nat.  Ver. 
Augsburg  1881,  26.  Ber.,  p.  35)  und  gab  ihn  als  Ascospora 
Himaiitia  (Fries)  Rehm  in  Ascom.  exs.  Nr.  131  aus.  Rehm 
beschrieb  die  Sporen  als  einzellig  mit  zwei  kleinen  terminalen 
Kernen.  Obwohl  Winter  die  Sporen  ganz  richtig  zweizeilig 
zeichnete  (in  Rabh.  Kr.  Fl.,  Pilze,  II.  Bd.,  p.  335),  beschreibt 
er    sie    doch    nach  Rehm's  Angaben    unrichtig    als   einzellig. 

Die  Gattung  Ascospora  wurde  1825  von  Fries  in  Syst. 
orb.  veget.  Pars  I.  PI.  homonemae,  p.  112  aufgestellt.  Hier 
erklärt  Fries  ausdrücklich  die  Sphaeria  Aegopodii  P.  als 
den  Typus  der  Gattung.  Diese  gehört  aber,  wie  feststeht,  zu 
Carlia  Rbh.-Bon.-v.  H.  {■=  Mycosphaerella  Joh.  p.  p.). 

Darnach  wäre  Ascospora  Fries  1825  rr  Sphaerella 
Fries   1849  =  Carlia  Rbh. 

Allein  Summa  vegetab.  Scand.  1849,  p.  425  führt  Fries 
als  erste  (Typusart)  bei  Ascospora  die  .4.  brnnneola  Fries 
an  und  die  A.  Aegopodii  (P.)  erst  als  fünfte  Art.  Die 
.4.  brnnneola  gilt  heute  als  Sphaerella  Fr.  Ob  es  eine  echte 
Sphaerella  ist,  muß  ich  dahingestellt  lassen,  da  ich  auf  den 
untersuchten  Exsikkaten  stets  nur  eine  eigentümliche  Plecto- 
phoiua-a.Yt\ge  Nebenfrucht  und  keinen  Ascomyceten"  fand. 

Jedenfalls  scheint  aber  Sphaerella  brnnneola  keine 
Dothideacee  zu  sein. 

Man  könnte  nach  dem  Gesagten  Ascospora  Fries  ver- 
schieden deuten;  es  wird  am  besten  sein,  die  Gattung  fallen 
zu  lassen.  Sphaeria  Himantia  kann  daher  nicht  als  Ascospora 
gelten.  Siehe  Fragment  Nr.   1181. 

Diedicke  hat  (Ann.  myc.  1911,  IX.  Bd.,  p.  534)  eine 
Revision  der  Gattung  Asteroma  veröffentlicht.  Derselbe  hat 
indessen  versäumt,  vorher  festzustellen,  was  eigentlich 
Asteroma  D.  C.  ist.  Das  habe  ich  nun  in  Fragment  Nr.  961. 


Fragmente  zur  Mj-kologie.  601 

X\'III.  Mitt..  1916  getan.  Darnach  ist  Asteroma  D.  C.  eine 
Leptomelanconiee  mit  einem  wenigstens  anfänglich  subcuti- 
culären  tibrillösen  Stroma  und  sehr  kleinen  Conidien,  Gattung 
Nr.  350  in  meinem  neuen  System  der  Fungi  imperfecti  in 
Falck,  Mykol.  Unters,  u.  Berichte,  I.  Bd.,  III.  Heft,  p.  301 
bis  369).  Demnach  sind  Die  dicke's  Asteroma-Avten  gar 
keine  solchen.  Derselbe  hat  auch  die  Asteroina  Himantia 
studiert  und  so  wie  schon  Rehm  1881  die  Ascomyceten- 
natur  derselben  festgestellt.  Er  fand,  daß  Asteroma  Ronmegueri 
Kze.,  A.  Buplenri  S.  et  R.  und  A.  Oertelii  Syd.  dieselbe 
Art  sind  und  nannte  den  Pilz  MycospliaereUa  Hiniautia 
(P.)  D. 

Allein  der  Pilz  ist  eine  Trabutinee,  die  genau  in  die 
Gattung  Omphalospora  Th.  et  S.  (Ann.  m3X.  1915,  XIII.  Bd., 
p.   176  und  361)  paßt. 

Er  muß  also  Omplialospora  Hiutanfia  (P.)  v.  H.  genannt 
werden.  In  dem  subcuticulären,  ausgebreiteten  Stroma  des 
Pilzes  kommen  auch  Pykniden  vor.  Diese  habe  ich  m 
Fragm.  Nr.  166  (IV.  iMitt.,  1907)  als  Plectophoma  Umbelli- 
feranuii  v.  H.  beschrieben.  Ich  habe  damals  die  subcuti- 
culären und  subepidermalen  Strömen  noch  nicht  scharf  von- 
einander geschieden,  denn  erst  später  erkannte  ich  die 
Wichtigkeit  dieser  Unterscheidung.  Daher  steht  dort  »Stromata 
unter  die  Epidermis  eingewachsen«,  was  zu  verbessern  ist. 
Das  untersuchte  Exemplar  ist  jünger  gewesen  und  daher 
fleischiger  und  noch  nicht  kohlig. 

Der  Typus  der  Formgattung  Plectophoma  v.  H.  ist 
PL  bacteriosperuia  (Pass.),  bei  welcher  Form  kein  Stroma 
zu  finden  ist.  Daher  gehört  die  PI.  Uinbelliferaruui  nicht  m 
diese  Gattung,  sondern  muß  SticfochoreUa  Umbelüferarnni 
V.  H.  genannt  werden. 

Die  Sticfochorella-Avten  haben  phyllachoroide  Stromata 
mit  Lokuli,  deren  Inhalt  PlectopJiama-ähnWch  gebaut   ist. 

Auch  Asteroiua  Epilobii  Fries  ist  eine  Trabutinee,  zu 
Enryacliora  gehörig. 

Die  Sphaerella  Eryiigii  (Wllr.)  Fuck.  b.  Libanotis  Fuckel 
(Symb.  mycol.  1869,  p.  105)  ist  nach  Diedicke's  Angaben 
(1.  c,  p.  541,  Taf.  XVIII,  Fig.   12)    auch    mit    einem    subcuti- 


602  F.  Höhnel. 

culären  phyllachoroiden  Stroma  versehen,  in  dem  neben 
StictochorellaLokuVi  noch  unreife  Schlauch-Lokuli  auftreten 
(s.  Fig.  12).  Fuckel  kannte  den  Schlauchpilz  nur  unreif, 
allein  Diedicke  sagt,  daß  er  reife  Gehäuse  gefunden  habe, 
die  einen  Mycosphaerella- artigen  Nucleus  besaßen,  darnach 
ist  der  Pilz  eine  Eiiryachora,  E.  Libanotis  (Fuck.)  v.  H. 

Da  Diedicke  bei  Sphaerella  Eryngii  (Fr.)  neben  unreifen 
Perithecien  auch  Stictochorella-h6k.u]\  fand,  muß  dieser  Pilz 
auch  eine  Eiiryachora  sein  {E.  Eryngii  [Fr.]  v.  H.),  denn 
Diedicke  sagt,  daß  der  Pilz  ganz  mit  der  Form  auf  L/Z^^j-wofe 
übereinstimmt. 

Bei  Euryachora  Eryngii  scheint  übrigens,  so  viel  ich 
an  alten  überreifen  Stücken  sah,  das  Stromagewebe  nur 
schwach  entwickelt  zu  sein. 

Noch  bemerke  ich,  daß  ich  es  für  möglich  halte,  daß 
auch  Pledoplioma  hacteriospernia  (Pass.)  v.  H.  trotz  des 
Mangels  eines  Stromas  zu  einer  unbekannten  Phyllachoracee 
gehört. 

Auch  Dothidea  Anetlii  (Fries)  =  Sphaeropsis  Aiiethi 
(P.)  Fuckel  =  Sphaeria  Anetlii  P.  =:  Phoma  Anethi  (P.) 
Sacc.  ist  nach  dem  Exemplar  in  Fuckel,  F.  rhen.  Nr.  1011 
eine  ganz  unreife  Phyllachoracee,  deren  wohlentwickelte 
Stromata  sich  aber  unter  der  Epidermis  entwickeln  und  mit 
ihr  verwachsen  sind.  Sie  enthalten  viele  eiförmige  Schlauch- 
lokuli und  sehr  spärlich  Conidienlokuli  mit  sehr  kleinen 
stäbchenförmigen  Conidien,  deren  Entstehung  nicht  zu  er- 
kennen ist. 

Ich  zweifle  nicht  daran,  daß  auch  Sphaeria  Cicittae 
Lasch  (s.  Fragm.  Nr.  66,  II.  Mitt.,  1906),  die  ich  früher  für 
eine  Placosphaeria  hielt  und  nun  als  eine  Plectophotna 
erkannte,  zu  einer  stromaarmen  Phyllachoracee  gehören 
wird. 

Ascospora  melaena  (Fries)  wird  in  Saccardo,  Syll. 
Fang.  1882,  p.  48  als  Asterina  aufgeführt  und  wieder  p.  513 
als  Sphaerella,  während  Niessl  (Verhandl.  naturf.  Ver.  Brunn 
1876,  XIV.  Bd.,  p.  7)  den  Pilz  als  Asteroma  beschreibt.  Der 
Pilz  hat  nach  dem  Exemplar  in  Vi  11,  F.  bav.  Nr.  930  ein 
phyllachoroides    unter    der    Cuticula    eingewachsenes   Stroma 


Fragmente  zur  Mykologie.  t'Öo 

mit  ganz  unreifen  Lokuli.  Die  Sporen  sind  nach  Niessl's 
Angaben  in  der  Form  und  Größe  von  denen  von  Omphalo- 
spora  Himaiüia  (P.)  v.  H.  kaum  verschieden.  Niessl 
beschreibt  sie  als  einzellig  und  bestreitet  Auerswald's 
zweifellos  ganz  richtige  Angabe,  daß  die  Sporen  unter  der 
Mitte  septiert  sind.  Der  Pilz  ist,  wie  bekannt,  ganz  nahe  mit 
Omplialospora  Hiniantia  verwandt,  hat  zweifellos  ebenso 
geteilte  Sporen  und  muß  Omplialospora  melaeiia  (Fries) 
V.  H.  genannt  werden. 

1180.  Über  Asteroma  Silenes  Niessl. 

Der  Pilz  ist  beschrieben  in  Verh.  nat.  Ver.  Brunn  1876, 
XIV.  Bd.,  p.  7.  In  der  Syll.  Fung.  1882,  I.,  p.  47  heißt  er 
Aster  Ina  Silenes  (N.)  Sacc,  im  XXII.  Bd.,  p.  71  wird  er  zu 
Ascospora  gestellt,  wohin  ihn  zuerst  Winter  (die  Pilze 
Deutschlands  usw.,  II.  Abt.,  1887,  p.  341)  gebracht  hatte. 

Da  Herr  Hofrat  von  Niessl  die  Güte  hatte,  mir  den  Pilz 
zu  senden,  konnte  ich  feststellen,  daß  derselbe  eine  typische 
Omplialospora  Th.  et  S.  ist  (Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd., 
p.  361),  die  mit  den  anderen  Arten  der  Gattung:  0.  mclaena 
(Fr.)  v.  H.,  himantia  (P.)  v.  H.,  Stellariae  (Lib.)  und  ambiens 
(Lib.)  nahe  verwandt  ist. 

Der  Pilz  hat  ein  ausgebreitetes,  subcuticuläres,  16  bis  30  {t 
dickes,  aus  einer  bis  wenigen  Lagen  von  senkrecht  gereihten^ 
offenen,  7  bis  12  [j.  breiten  schwarzbraunen  Parenchymzellen 
bestehendes  Trabutineen-Stroma,  das  nirgends  zwischen  die 
Epidermiszellen  eindringt.  Die  zerstreuten,  stellenweise  dichter 
stehenden  Lokuli  sind  35  bis  40  [x  breit  und  25  [j.  hoch.  Ihre 
schwarze  Decke  ist  12  [x  dick  und  bildet  durch  Ausbröckeln 
ein  kleines  Ostiolum.  Die  braune  Basis  ist  flach  oder  wenig 
konkav,  nur  4  bis  5  [x  dick  und  drückt  die  Epidermis  nicht 
hinab.  Deutliche  Paraphysen  fehlen.  Die  wenigen  Schläuche 
sind  geballt  achtsporig,  keulig-eiförmig,  unten  breiter  und 
dünnwandig,  oben  abgerundet-dickwandig,  ungestielt  und  20 
bis  25  ^  10  bis  12  [x  groß.  Die  hyalinen  Sporen  sind  länglich, 
gerade,  oft  etwas  keulig,  zweizeilig,  9  bis  11  «3*5  bis  4  [x 
groß.  Die  untere  Zelle  ist  kaum  3  [x  hoch,  die  obere  Zelle 
enthält  einige  Öltropfen. 


604  F.  Höhnel, 

Der  Pilz  hat  OmphaJospora  Silenes  (Niessl)  v.  H.  zu 
heißen. 

1181.  Über  Asteroma  Epilobii  Fries. 

Der  Pilz  wurde  von  Fries  anfänglich  im  Systema  myco- 
logicum  1823,  II.  Bd.,  p.  559  in  die  Gattung  Dothidea  Fries 
gestellt,  zu  der  er  Asteroina  D.  C.  als  Untergattung  rechnete. 

In  Summa  vegetab.  scandin.  1849,  II.,  p.  425  steht  der 
Pilz  bei  Asteroma  D.  C,  wie  noch  heute.  Den  Typus  dieser 
Gattung  habe  ich  im  Fragm.  Nr.  961  (XVIII.  Mitt.,  191 G) 
genau  beschrieben  und  als  Pachystromacee  erklärt.  Da  der- 
selbe, Asteroma  Phytenmae  D.  C.  jedoch  nur  von  der 
Cuticula  bedeckte,  freie  Conidienlager  besitzt,  habe  ich  ihn, 
trotz  des  mächtig  entwickelten  basalen  Stromagewebes,  in 
meinem  neuen  System  der  Fungi  imperfecti  (in  Falck,  Myco!. 
Unt.  und  Berichte,  p.  338)  sub  Nr.  350  zu  den  Lepto- 
melanconieen  v.  H.  gestellt. 

Asteroma  Epilobii  Fries  wurde  bisher  nur  selten  reif 
gefunden.  Die  einzige  mir  bekannte  Mitteilung  über  den  reifen 
Pilz  rührt  von  Jaczewski  her  (Bull.  soc.  myc.  France  1896, 
XII.  Bd.,  p.  96).  Dieser  fand,  daß  der  Pilz  ein  Ascomycet  ist, 
mit  zweizeiligen  grünlich  hyalinen  Sporen  und  nannte  ihn 
Ascospora  Epilobii  (Fr.)  Jacz. 

Allein  der  Pilz  entspricht  keiner  der  beiden  Typen  der 
Gattung  Ascospora  Fries.  Diese  Gattung  wurde  von  Fries 
zuerst  1825  in  S3^stema  Orbis  veget.,  I.,  p.  112  mit  dem 
Typus  Ascospora  Aegopodii  (P.)  aufgestellt.  Dieser  Typus  ist 
eine  Carlia  Rbh.-Bon.-v.  H.  =  Mycosphaerclla  Joh.  Dann 
erscheint  Ascospora  wieder  in  Summ,  veget.  scand.  1849, 
p.  425  mit  dem  Typus  Ascospora  brunneola  Fr.  Dieser  Pilz 
ist  aber  nach  Jaczewski's  Beschreibung  (1.  c,  p.  94)  eine 
Carlia  mit  reichlichen,  eingewachsenen,  die  Perithecien  um- 
gebenden Hyphen. 

Demnach  wäre  Ascospora  Fries  1825  bis  1849  =  Spliae- 
rella  Fries  =  Carlia  Rbh.-Bon.-v.  H.  In  der  Tat  wird 
Ascospora  heute  noch  als  Schlauchfruchtgattung  aufgefaßt. 
Allein  Fries  verstand  unter  den  Ascosporei  in  Summa  veg. 
scand.  1849  nur  Pilze  ohne  Schläuche,  also  Nebenfruchtformen, 


Fragmente  zur  Mykologie.  ÖOö 

die  er  an  den  noch  lebenden  Pflanzenteilen  fand,  wo  die 
zugehörigen  Schlauchpilze  noch  gar  nicht  aufgetreten  waren. 
Diese  sind  zumeist  erst  lange  nach  Fries  bekannt  geworden. 
Die  Untersuchung  zeigte  mir,  daß  es  sich  bei  Ascospora 
um  jene  Nebenfrüchte  von  Carlia  handelt,  welche  sehr  kleine 
stäbchenartige  Conidien  haben  und  welche  heute,  soweit  sie 
richtig  eingereiht  sind,  bei  den  Gattungen  Asteromella  Pass. 
et  Thüm.,  Plectoplioma  v.  H.  und  Stictochorella  v.  H.  stehen. 

Demgegenüber  ist  aber  Ascospova  Epilobii  (Fr.)  Jacz. 
eine  ganz  typische  Etiryachora.  Daher  kann  Jaczewski's 
Benennung  des  Pilzes  nicht  aufrechterhalten  bleiben,  der 
Pilz  muß  nun  Enryachora  Epilobii  (Fr.)  v.  H.  genannt 
werden. 

Sehr  schön  ausgereifte,  von  P.  P.  Strasser  im  Mai  1916 
am  Sonntagsberge  in  Niederösterreich  gesammelte  Exemplare 
von  Asteroma  Epilobii  Fr.  versetzten  mich  in  die  Lage,  über 
den  Pilz  völlig  ins  klare  zu  kommen. 

Die  von  dem  Pilze  befallenen  Stengel  von  Epilobiiiui 
angtistifolium  zeigen  schwarze,  schwach  glänzende  Flecke, 
die  oft  mehrere  Zentimeter  lang  sind  und  ringsherum  gehen. 
Am  Rande  sind  diese  Flecke  oft  netzig  durchbrochen  oder 
dendritisch  verzweigt. 

Auf  den  Flecken  stehen  locker  oder  dicht  zerstreut 
glänzende  Höcker,  die  jenen  Stellen  entsprechen,  wo  sich 
die  Ascusfrüchte  befinden.  Die  schwarzen  Flecke  rühren  vom 
Stroma  her,  das  sich  unter  der  Cuticula  entwickelt,  anfänglich 
und  am  Rande  der  Flecke  auch  bleibend  aus  einer  einfachen 
Lage  von  dunkelbraunen  Hyphen  besteht,  die  parallel  flächen- 
und  bandartig  miteinander  verwachsen  sind,  am  Rand  radiär 
verlaufend. 

Diese  Hyphen  sind  4  bis  8  [jl  breit  und  bestehen  aus 
8  bis  14  [j.  langen,  mäßig  derbwandigen  Zellen.  Wo  das  Stroma 
dicker  wird,  etwa  bis  20  [x,  besteht  es  aus  mehreren  Zell- 
lagen. An  den  Stellen,  wo  sich  die  Lokuli  befinden,  wird  das 
Stroma  bis  80  [x  dick  und  besteht  hier  aus  senkrecht  gereihten 
braunen  Zellen. 

Doch  bleibt  das  Stromagewebe  auch  an  solchen  Stellen 
meist  dünner  und  läuft  über  die  Lokuli  hinweg,  welche  dann 


606  F.  Höhnel, 

peritheciumartig  entwickelt  sind.  Diese  sind  dann  etwas 
niedergedrückt  kugelig,  95  bis  120  [i  breit  und  zeigen  eine 
dunkelbraune  16  bis  18  [x  dicke  aus  2  bis  4  Lagen  von 
offenen  8  bis  10  {).  breiten  Parenchj'mzellen  bestehende 
Wandung.  In  die  Epidermis  dringt  das  Stroma  auch  an  den 
dicksten  Stellen  nicht  ein. 

Die  Lokuli  öffnen  sich  oben  mit  einem  kleinen  rundlichen 
flach-papillenartigen  Ostiolum.  Paraphysen  fehlen.  Die  wenig 
zahlreichen  vSchläuche  sind  ungestielt,  keulig,  dünnwandig, 
achtsporig  und  etwa  40^  10  bis  11  [i  groß.  Die  schwach 
grünlich-hyalinen  Sporen  stehen  schief  einreihig  oder  zwei- 
reihig, sind  zweizeilig  und  meist  12  bis  13  5=;  4-5  bis  6  jx 
groß.  Sie  zeigen  einige  kleine  Öltröpfchen  im  Inhalt  und  eine 
charakteristische  Form.  Die  untere  Zelle  ist  etwas  kleiner 
als  die  obere  und  unten  abgerundet,  etwa  4  bis  5  [i  hoch. 
Die  obere  Sporenzelle  ist  etwas  breiter,  8  bis  9  [x  hoch  und 
zeigt  oben  einen  kegeligen  oder  zapfenartigen  Fortsatz.  Im 
ganzen  sind  die  Sporen  länglich-spindelig,  mit  einem  spitzen 
und  einem  stumpfen  Ende. 

Auf  denselben  Stengeln  war  auch  die  bekannte  Didy- 
niella  fenestrans  (Duby),  und  zwar  häufig  auch  unter  dem 
Etiry achor a-Stroma  entwickelt,  das  dann  von  den  Schnäbeln 
der  Didymella  stachelig- rauh  war. 

Asterina  Epilobii  Desm.  1857  wächst  auf  den  Blättern 
und  ist  eine  t5''pische  Ventiiria,  also  ein  ganz  anderer  Pilz 
als  Asteroma  Epilobii  Fries.  Siehe  dagegen  Rehm  in  Ann. 
myc.   1909,  VII.  Bd.,  p.  413. 

1182.  Über  Excipula  stromatica  Fuckel. 

Der  in  Symbol,  mycol.  1869,  p.  400  unter  obigem  Namen 
als  Dichaenacee  beschriebene  Pilz  wurde  von  Fuckel  1871 
(Symb.  myc,  I.  Ntr.,  p.  329)  als  Phacidiacee  betrachtet.  In 
der  Syll.  Fung.  1889,  VIII.  Bd.,  p.  585  erscheint  er  als 
Dermatee  in  der  Gattung  Ephelina  Sacc;  Rehm  (Hj^ster. 
und  Discom.  1887  bis  1896,  p.  1244)  stellt  ihn  zu  den  Hetero- 
sphaeriaceen  in  die  Gattung  Scleroderris.  Bei  Boudier 
(Hist.  et  Classif  Discomyc.   1907,  p.  135)  erscheint  er  wieder 


Fragmente  zur  Mykologie.  Ö07 

in    der    Gattung  Ephelina,    die    er    zu   den  Mollisiaceen  stellt. 
Schließlich    betrachtet    ihn    auch   Rehm   1912  (Ben  bayr.  bot. 
Gesellsch.,    XIII.  Bd.,    p.   184)    als    Ephelina,    die    er    zu    den. 
Eupyrenopezizeen  stellt. 

Die  Untersuchung  von  Fuckel's  Originalexemplar  in  den 
Fung.  rhen.  Nr.  2150  zeigte  mir,  daß  der  Pilz  eine  Dothideacee 
ist.  Der  auf  dünnen  Stengeln  von  Silene  nutans  wachsende 
Pilz  hat  ein  ausgebreitetes  gut  entwickeltes  Stroma,  in  dem 
zahlreiche  dicht  stehende  Lokuli  sitzen.  Das  Stroma  ist  im 
wesentlichen  zwischen  der  Epidermis  und  der  darunter- 
liegenden Faserschichte  eingewachsen,  doch  wird  stellenweise 
auch  die  Epidermis  vom  Pilzgewebe  ausgefüllt.  Dasselbe  ist 
ringsum  scharf  begrenzt,  wo  sich  Lokuli  befinden  70  bis  80  jj-, 
sonst  nur  16  bis  36  \l  dick.  Außerdem  finden  sich  auch 
Stellen,  wo  einfache  Dothithecien-artige  zerstreute  Lokuli  in 
Herden  auftreten. 

Das  Stromagewebe  besteht  aus  rundlichen  braunkohligen 
4  bis  7  [x  großen  Zellen,  die  meist  unregelmäßig  angeordnet 
sind.  Die  Basalschichte  ist  etwa  25  [x,  die  Deckschichte  über 
den  Lokuli  8  bis   18[jl  dick. 

Die  dicht  stehenden  Lokuli  sind  scharf  voneinander 
getrennt,  flach,  etwa  40  [x  hoch,  120^  lang  und  50  [x  breit. 
Sie  zeigen  keine  Spur  von  einer  eigenen  Wandung.  Para- 
physen  fehlen  völlig.  Die  parallel  stehenden  Schläuche  sind 
stiellos,  keulig,  unten  meist,  bauchig,  oben  bis  6  [x  stark 
verdickt  und  etwa  28  -  8  bis  10|x  groß.  Jod  gibt  keine  Blau- 
färbung. Die  acht  Sporen  liegen  zweireihig,  sind  hyalin,  zart- 
häutig, mit  körnig-wolkigem  Inhalt,  an  den  Enden  abgerundet 
verschmälert,  länglich-keulig,  oben  breiter  und  7  •  5  bis  9  •  5  i=:  1  •  8 
bis  2-5  [X  groß.  Ich  fand  nur  wenige  anscheinend  reife  Sporen 
außerhalb  der  Schläuche.  Dieselben  waren  einzellig.  Die  untere 
Hälfte  der  Sporen  ist  schmäler  als  die  obere.  Der  Pilz  ist 
nicht  ganz  reif  und  wäre  es  möglich,  daß  die  Sporen 
schließlich  zweizeilig  werden. 

Indessen  gibt  auch  Fuckel  an,  daß  die  Sporen  länglich- 
keulig  und  einzellig  sind.  Die  Lokuli  öffnen  sich  schließlich 
oben  meist  länglich  und  ziemlich  weit. 


608  F.  Höhnel, 

Der  Pilz  wird  als  Scirrhinee  aufzufassen  sein  und  wäre 
bis  auf  weiteres  CatacamneUa  stromatica  (Fuck.)  v.  H.  zu 
nennen  (s.  Ann.  myc.    1915,  p.    177  und  400). 

1183.  Über  Xyloma  aquilinum  Fries. 

Beschrieben  in  Fries,  Observat.  mj^col.  1815,  I.  Bd., 
p.  362.  Im  Systema  mycol.  1823,  II.  Bd.,  p.  522  nannte  Fries 
den  Pilz  Spliaeria  aquüina.  C.  F.  Schumacher  nannte  ihn 
1803  Hysterium  aqinlitmm.  Rehm  stellte  denselben  anfänglich 
zu  Hypoderma,  dann  in  seinem  Discom^^cetenvverke  1888  zu 
Schizothyrhmi.  Ebenso  Boudier  1907. 

Die  Untersuchung  des  Exemplares  in  T hürnen,  Mycoth. 
univ.  Nr.  73    zeigte    mir,    daß    der  Pilz    eine  Dothideacee  ist. 

Die  kleinen  flachen  Stromata  entwickeln  sich  im  Mittel- 
teile ganz  in  der  Epidermis,  deren  Außenwand  abgesprengt 
wird  und  mit  der  20  bis  30  [x  dicken  dunkelbraunen  Decke 
fest  verwachsen  ist.  Am  Rande  erscheinen  am  Querschnitte 
häufig  3  bis  4  Epidermiszellen,  die  teilweise  mit  braunem 
Pilzgewebe  erfüllt  sind,  unzersprengt;  da  ist  dann  das  Stroma 
von  der  Epidermis  bedeckt  und  mit  ihr  verwachsen.  Da 
wird  nun  die  erste  Zellschichte  unter  der  Epidermis  gesprengt, 
so  daß  sich  das  Stroma  in  der  Mitte  ganz  in  der  Epidermis 
und  (stellenweise)  am  Rande  in  der  ersten  Parenchymzell- 
lage  unter  ihr  befindet.  Das  Deckengewebe  besteht  aus  4  bis 
5  [JL  großen  Parenchymzellen,  die  nach  Innen  zu  ganz  all- 
mählich fast  hyalin  werden. 

Das  Innen-  und  das  Basalgewebe  sind  sehr  blaß  bräun- 
lich. Ersteres  besteht  aus  4  bis  6  |x  langen,  zarthäutigen, 
senkrecht  gereihten  Zellen. 

Im  Stroma  liegen  am  Querschnitte  zwei  rundliche,  etwa 
80  |A  große,  gut  begrenzte  Lokuli.  Im  ganzen  sind  meist  4  bis 
5  Lokuli  vorhanden,  die  sich  oben  rundlich  öffnen.  Schläuche 
keulig,  Paraphysen  vorhanden,  Sporen  hyalin  zweizeilig.  Der 
ganze  Pilz  hat  durchaus  nichts  kohliges  und  ist  eher  fleischig 
weich. 

Aus  diesen  Angaben  ist  zu  ersehen,  daß  der  Pilz  weder 
eine  ausgesprochene  Placostroma  noch  eine  Endodothella  ist 


Fragmente  zur  Mykologie.  bü9 

(Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  407  und  582).  Immerhin  scheint 
die  Typusart  Placostronta  Pterocavpi  (Mass.)  Th.  et  S.  ein 
sehr  ähnlicher  Pilz  zu  sein,  daher  ich  den  Pilz  als  Placostronta 
aquilinum  (Fr.)  v.  H.  einreihe. 

1184.  Über  die  Gattung  Rhabdostroma  Sydovv. 

In  Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  420  geben  Theissen 
und  Sydow  an,  daß  Apiospora  airuispora  (Speg.)  Rehm 
var.  Rotthoelliae  Rehm   1914  ein  sphaerialer  Pilz  ist. 

-  H.  u.  P.  Sydow  stellten  nun  für  diesen  Pilz  die  neue 
Sphaeriaceen-Gattung  Rhabdostroma  in  Ann.  myp.  1916, 
XIV.  Bd.,  p.  362  auf.  Vergleicht  man  den  Pilz,  dessen  Original- 
exemplar ich  untersuchen  konnte,  mit  Apiospora  Montagnei 
Sacc.  in  Rabenh. -Winter,  F.  europ.  Nr.  3157,  so  findet 
man,  daß  sich  beide  Pilze  bis  auf  die  verschiedene  Sporen- 
größe vollkommen  gleichen,  daher  Rhabdostroma  Sydow 
=z  Apiospora  Sacc.  ist. 

Auch  Apiospora  Montagnei  hat  anfänglich  ein  blasses, 
nur  oben  dunkleres  Stroma  und  Lokuli,  die  fast  perithecien- 
artig  aussehen.  Erst  wenn  der  Pilz  ganz  reif  ist,  wird  das 
Gewebe  dunkel. 

Theissen  und  Sydow  gaben  1.  c,  p.  419  an,  daß 
Apiospora  Montagnei  einen  epidermalen  Clypeus  besitzt  und 
keine  Paraphysen  hat.  Diese  Angaben  sind  jedoch  falsch.  Es 
sind  sehr  zahlreiche,  zarthäutige  Paraphysen  mit  vielen  Öl- 
tröpfchen  vorhanden  und  die  Epidermis  bleibt  vom  Slroma 
so  gut  wie  vollkommen  frei.  Dies  zeigt  sich  schon  daran, 
daß  die  Stromata  von  außen  gesehen  grau  und  nicht  schwarz 
sind,  wie  das  der  Fall  ist,  wenn  ein  epidermaler  Clypeus 
vorhanden  ist.  Schwarz  erscheinen  dieselben  erst  dann,  wenn 
die  vermorschte  Epidermis  abgefallen  ist. 

Die  Stromata  von  Apiospora  Montagnei  entwickeln  sich 
2  bis  3  Faserlagen  unter  der  Epidermis.  Diese  subepidermalen 
Sclerenchymfasern  sind  mit  Stromagewebe  ausgefüllt;  die 
inneren  derselben  werden  auch  vom  Stroma  eingeschlossen, 
während  an  der  flachen  Basis  der  Strömen  keine  eingeschlossenen 
Gewebselemente  der  Nährpflanze  zu  finden  sind.  Die  Epidermis- 


610  F.  Höhnel, 

Zellen  über  dem  Stroma  sterben  ab,  zeigen  aber  kein  Stroma- 
gewebe  in  den  Lumina,  höchstens,  daß  ganz  kurze  Fort- 
sätze des  Stromas  zwischen  den  Epidermiszellen  stellenweise 
eindringen.  In  der  Mittellinie  des  Stromas  beginnt  die  Epidermis 
abzubröckeln,  wodurch  daselbst  die  Stromaoberfläche  frei- 
gelegt wird.  Hier  entsteht  nun  ein  wenig  eindringender  Riß 
im  Stroma,  durch  welchen  die  flachen  Mündungen  der  Lokuli 
frei  werden. 

Manche  Strömen  von  Apiospora  Rotthoelliae  (Rehm) 
V.  H.  bilden  keine  Schlauchlokuli,  dafür  aber  entstehen  oben 
am  noch  weichen  Stroma  an  rasig  stehenden,  schwärzlichen, 
meist  etwas  eingekrümmten,  einfachen,  einzelligen  14  bis 
16^3  bis  4  jj-  großen  Trägern  einzeln  endständig,  dick  linsen- 
förmige 20  bis  24  [j.  große,  10  bis  12  {x  dicke,  schwarze 
Conidien,  die  am  Rande  von  der  Schmalseite  gesehen  einen 
weißen  Spalt  zeigen.  Diese  Conidien  sehen  ganz  so  aus,  wie 
die  von  Papnlaria  sphaerosperma  (P.)  v.  H.,  nur  sind  sie 
viel  größer.  Ganz  gleich  gebaute  Conidienformen  sind  viele 
von  zahlreichen  Süßgräsern  als  Coniosporhun-  und  Melan- 
conmm-Avten  beschrieben  worden,  mit  linsenförmigen  Conidien, 
deren  Größe  von  4  bis  30  [x  schwankt.  Alle  diese  Formen 
gehören  nach  meinem  Fragmente  Nr.  990  (XVIII.  Mitt.,  1916) 
in  die  Tubercularieen-Gattung  Papnlaria  Fries-v,  H. 

Die  beschriebene  zu  Agiospora  Rotthoelliae  (R.)  v.  H. 
gehörige  Art  mag  Papnlaria  Rotthoelliae  v.  H.  heißen. 

Zu  Apiospora  Montagnei  Sacc.  gehört  wahrscheinlich 
die  Papnlaria  hysterina  (Sacc.)  v.  H.  mit  18  bis  21  [x  großen 
Conidien. 

Zweifellos  gehört  Papnlaria  saccharina  (Penz.  et  Sacc.) 
V.  H.,  in  Penzig  et  Saccardo,  Icon.  Fung.  javanic.  1904, 
p.  97  als  Melanconium,  zu  Apiospora  camptospora  Penz.  et 
Sacc.  (1.  c,  p.  12),  da  sie  beide  am  selben  Tage  und  Orte 
auf  Zuckerrohrblättern  gesammelt  wurden. 

Die  Papnlaria- Arten  gehören  offenbar  alle  zu  dothidealen 
Pilzen,  soweit  bisher  bekannt  zu  Arten  der  Gattungen  Apio- 
spora und  Rhopographns. 

Wenn  die  Angabe  Sydow's  (Ann.  myc.  1916,  XIV.  Bd., 
p.  362)    richtig   ist,    daß  Scirrhiella  Speg.    den   gleichen  Bau 


Fragmente  zur  M\-kologie.  bll 

hat,  wie  Rhäbäostroma  Sj^d.,  dann  muß  Scirrliiella  ciivvi- 
spora  Speg.  auch  eine  Scirrhinee  sein,  trotz  der  Angabe 
Theissen's  und  Sydow's  in  Annal.  myc.  1915,  XIII.  Bd., 
p.  180,  daß  der  Pilz  eine  Sphaeriacee  ist.  Für  die  Annahme, 
daß  der  Pilz  eine  Scirrhinee  ist,  spricht  auch  die  dort  gegebene 
Beschreibung,  die  sehr  an  Apiospora  erinnert.  Die  Form  der 
Sporen  ist  nach  Spegazzini's  Angaben  ganz  die  von 
Apiospora  Rottboelliae  und  A.  camptospora,  nur  sollen  die 
Sporen  einzellig  sein. 

Ich  vermute,  daß  Spegazzini's  Angabe  auf  nicht  ganz 
ausgereiften  Exemplaren  beruht,  oder  daß  er  die  Querwand 
der  Sporen  übersehen  hat.  Auch  glaube  ich,  da.Q  Melaiiconinm? 
bomhycimim  Speg.  (Syll.  F.,  X.  Bd.,  p.  474)  die  Papularia- 
Nebenfrucht  von  Scirrkiella  curvispora  ist,  da  beide  Pilze 
auf  Bambusrohr  wachsen  und  aus  derselben  Gegend  stammen. 
Es  ist  daher  die  Frage  zu  prüfen,  ob  nicht  Scirrliiella  Speg. 
(1884?)  einfach  gleich  Apiospora  Sacc.  (1875)  ist. 

1185.  Über  Sphaeria  Aspidiorum  Libert. 

Der  bekannte  Pilz  wurde  von  Niessl  in  Krieger,  F. 
saxon.  Nr.  240  als  Monograplios  microsporiis  noch  einmal 
beschrieben  (Bubäk  in  Ber.  deutsch,  bot.  Ges.  1916,  34.  Bd., 
p.  324).  Saccardo  stellte  ihn  1891  mit  Zweifeln  zu  Scirrhia 
(Syll.  Fung.,  IX.  Bd.,  p.  1040).  Theissen  und  Sydow  (Ann. 
myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  417)  vermuten,  daß  er  eine  Didy- 
mella  ist.  Bubäk  (1.  c,  p.  328)  erklärte  ihn  für  eine  Scirrhia. 

Die  Untersuchung  des  Pilzes  zeigte  mir,  daß  derselbe 
eine  ScirrhoäotJiis  Th.  et  S.  ist.  Das  Stroma  entwickelt  sich 
in  der  Mitte  direkte  unter  der  Epidermis,  am  Rande  und  an 
den  beiden  spitzen  Enden  1  bis  2  Faserlagen  unter  der 
Epidermis.  Es  besteht  ganz  aus  senkrechten,  parallelen  Reihen 
von  dünnwandigen,  kurzprismatischen,  braunen  Parenchym- 
zellen,  die  oben  eine  dünne,  schwarze  Decke  bilden,  welche 
mit  der  Epidermis  verwachsen  ist.  Die  Lokuli  stehen  in  einer 
Reihe  und  haben  keine  Spur  einer  eigenen  Wandung.  Die 
Mündung  derselben  ist  flach  und  dothideal.  Jod  gibt  keine 
Blaufärbung  des  Porus  der  Schlauche.  Paraphysen  sind  vor 
banden. 


612  F.  hühnel, 

Von  diesem  Pilz  ist  bisher  keine  Nebenfrucht  bekannt 
geworden.  Ich  fand  nun  bei  dem  oben  angegebenen  Exem- 
plare, daß  öfter  in  den  Stromaten  große  Conidienlokuli  auf- 
treten, die  oben  mit  einer  25  [x  weiten  Mündungspapille  sich 
öx'fnen  und  bis  über  500  [i  lang  werden.  Diese  Lokuli  sind 
dicht  mit  einzelligen  hyalinen,  länglichen  oder  stäbchenförmigen, 
etwa  5  bis  7^1-6  bis  2  [x  großen  Conidien  ausgefüllt,  die 
ohne  merkliche  Träger  entstehen.  Ob  sie  durch  schleimige 
Histolyse  des  Binnengewebes  entstehen  oder  ohne  Träger 
aus  den  hyalinen  Wandungszellen  der  Lokuli  sprossen,  konnte 
nicht  festgelegt  werden. 

Diese  Nebenfrucht  der  Scivrhodothis  Aspidiorum  (Lib.) 
V.  H.  ist  offenbar  derselbe  Pilz,  den  Bubäk  (1.  c,  p.  299) 
als  Spliaeriothyrimn  filicinmn  beschrieben  hat,  dessen  Zu- 
gehörigkeit bisher  unbekannt  war. 

Sphaeriothyriwm  pvaecastrense  (L.  Mass.)  B.  muß  auch 
zu  einem  verwandten  Pilz  gehören. 

Es  muß  noch  geprüft  werden,  ob  Scirrlwdothis  conßneiis 
(Starb.)  Th.  et  S.  (Ann.  myc.  1915,  Xffl.  Bd.,  p.  415)  von 
Scirrhodothis  Aspidiorum  (Lib.)  v.  H.  wirklich  verschieden  ist. 

Die  in  Ann.  myc.  1915,  XIII.  Bd.,  p.  415  aufgestellte 
Gattung  Scirrlwdothis  Theissen  et  Sydow  wird  1918  in 
Ann.  myc,  XVI.  Bd.,  p.  7  mit  Scirrhia  Nke.  wieder  vereinigt. 
Dies  muß  indes  noch  näher  geprüft  werden,  denn  Scirrhia 
ist  nach  meiner  Auffassung  eine  mit  Carlia  Rbh.-v.  H. 
(=  Sphaerella  Fries)  nahe  verwandte  Anpassungsgattung 
und  es  fragt  sich,  ob  dies  auch  von  Scirrhodothis  conßuens 
(Starb.)  gesagt  werden  kann. 

1186.  Über  Leptothyrium  filicinum  v.  H. 

Im  Fragmente  zur  Mykologie  Nr.  925,  XVII.  Mitt.,  1915 
gab  ich  an,  daß  Leptostroma  Jilicimtm  Fries  ein  Lepto- 
thyrium ist. 

Nun  hat  aber  die  Untersuchung  der  Originalexemplare 
dieses  Pilzes  gezeigt,  daß  derselbe  ein  Ascomycet  ist  (Bubäk 
in  Ber.  deutsch,  bot.  Ges.  1916,  34.  Bd.,  p.  312).  Damit  stimmt 
die  auffallende  Tatsache  überein,  daß  derselbe  eigentlich   seit 


Fragmente  zur  Mykologie.  'US 

mehr  als  70  Jahren  nicht  wieder  gefunden  wurde;  die  wenigen 
unter  dem  Namen  Leptosiroma  filiciniini  Fr.  ausgegebenen 
Exsikkaten  sind  alle  voneinander  verschieden.  Offenbar  wußte 
niemand,  was  der  Pil;:  ist,  denn  daran,  daß  derselbe  ein  be- 
kannter Ascomycet  sein  werde,  konnte  nicht  gedacht  werden. 

Mein  Exemplar  in  Roumeguere,  F.  sei.  gall.  Nr.  479 
enthält  nur  Rliopographus  Pteridis  und  die  Nr.  3589  derselben 
Sammlung  einen  entleerten  Ascomyceten,  vielleicht  Scirrho- 
pliragma  regalis  Th.  et  Syd.  Mein  Exemplar  in  D.  Saccardo, 
Mycoth.  italica  Nr.  975  ist  anscheinend  ein  ganz  unreifes 
und   steriles   Cohiuiuotlivrinui. 

Nur  der  in  Desmazieres,  PI.  crypt.  France  1839,  Nr.  9Vi9 
auf  Osmunda  ausgegebene  Pilz  ist  etwas  besonderes,  auf 
ihn  beruht  meine  Angabe  in  F"ragm.  Nr.  925.  Derselbe  ent- 
spricht sehr  gut  der  Fries'schen  Beschreibung  und  schien  mir 
daher  das  echte  Leptostroma  ßlicinuni  Fr.  zu  sein.  Dieser 
Pilz  scheint  seit  1839  nicht  wieder  beachtet  worden  zu  sein. 
Er  bildet  auf  den  Blattstielen  meist  kleinere,  doch  bis  16  nun 
lange  und  1  uini  bi-eite  schwarze  Streifen,  die  auch  öfter  zu 
2  bis  3  mm  breiten  verschmelzen.  Er  entwickelt  sich  streng 
in  der  Epidermis  und  ist  mit  der  Außenwand  derselben  fest 
verwachsen.  Er  besteht  ganz  aus  senkrecht  parallelstehenden. 
4  p.  breiten  Reihen  von  kurzen  zylindrisch  -  prismatischen 
Zellen. 

Die  12  bis  30  ;x  dicke  Deckschichte  ist  opak  schwarz, 
an  dünnen  Schnitten  erkennt  man  jedoch,  daß  dieselbe  aus 
zahlreichen  Lagen  von  dünnwandigen,  ganz  flachen  Tatel- 
zellen besteht.  Die  40  bis  50  ;j-  dicke  Mittelschichte  besieht 
aus  hyalinen,  etwa  4  bis  5  p.  hohen  Zellen:  die  Basalschichie 
ist  von  der  Mittelschicht  nicht  scharf  abgegrenzt,  bald  fast 
hyalin,  bald  braun  und  bis    12[x  dick. 

Der  Pilz  ist  jedenfalls  eine  intraepidermale  Dothideacee. 
Vergleicht  man  damit  Querschnitte  von  unreifer  Rliopographus 
Ptcriäis,  so  sieht  man,  daß  sich  diese  zu'ischen  der  Epidermis 
und  der  darunter  liegenden  Faserschichte  entwickelt,  und  daß 
beide  voneinander  sicher  \'erschieden  sind. 

Aus  dem  Umstände,  daß  Fries  in  Observat.  m3''G.  1815, 
I.  Bd.,    p.   197    sagt;      In    stipitibus   Osnmndae   regalis    etc.«, 

Sitzb.  d.  malhem.-naturw.  KL,  Abt.  I,   128.  P.d.  -t-^ 


t314  F.   Hölinel, 

und  im  Syst.  mj^c.  1828,  II.  Bd.,  p.  oW,  Pteris,  Osmnnda  und 
AspiJinm  als  Nährpilanzen  des  Lepiostronia  filicinimi  an- 
führt, geht  mit  Sicherheit  hervor,  daß  es  sich  um  eine  zu 
streichende  Mischart  handelt. 

Die  Form  auf  Osmunda  wird  wohl  die  oben  beschriebene, 
reif  noch  nicht  bekannte  Scirrhinee  in  der  Desmazieres'schen 
Nr.  999  sein. 

Die  Form  auf  Pteris  wird  Rhopographus  PteriJis  sein, 
die  äußerlich  der  auf  Osinmiäa  sehr  ähnlich  sieht  und  in 
Nr.  479  der  Fungi  gallic.  in  der  Tat  als  Leptostroma ßlicinmn 
ausgegeben  wurde. 

Die  Form    auf  Aspidiiiin    ist  vielleicht  ein  Monographns^. 

1187.  Über  Dothidea  Prostii  Desmazieres. 

Der  Pilz  ist  in  Ann.  scienc.  nat.  Bot.  1847,  H.  Ser., 
VIII.  Bd.,  p.  175  beschrieben  und  in  Desmazieres,  PI.  crypt. 
France  1853,  Nr.  87  ausgegeben.  Derselbe  ist  jedenfalls 
identisch  mit  Sphaeria  Hell ebori  Chaill.  in  Fries,  Sj^'st.  myc. 
1828,  II.  Bd.,  p.  512. 

Er  wird  heute  als  Didyntella  Hellebor i  (Chaill.)  Sacc. 
(Syll.  F.  1882,  I.  Bd.,  p.  553)  eingereiht.  Er  wurde  zuerst 
näher  von  Fuckel  (Symb.  m\x.  1869,  p.  112)  als  Sphaeria 
Hellebori  Chaill.  beschrieben  und  in  den  Fung.  rhen.  Nr.  893 
ausgegeben.  Doch  konnte  ich  dieses  Exemplar  nicht  unter- 
suchen. Er  findet  sich  noch  in  D.  Saccardo,  Mycoth.  ital. 
Nr.  851. 

Das  Exemplar  in  Roumeg.,  F.  gall.  Nr.  3044  ist  un- 
brauchbar. Das  in  der  Nr.  3428  ist  eine  Verniiatlaria.  Die 
Untersuchung  des  Originalexemplares  von  Desmazieres  hat 
mir  gezeigt,  daß  der  Pilz  gewiß  keine  Didyntella  ist,  sondern 
nur  als  Phyllachorinee  aufgefaßt  werden  kann,  wo  er  eine 
neue  Gattung  darstellt,  die  ich  Haplotheciella  nenne,  \on 
EndodotheUa  durch  die  perithecienähniichen  Lokuli,  die  in 
der  Epidermis  entstehen,  verschieden.  Auch  die  Nebenfrucht 
dürfte  eine  andere  sein. 

Der  Pilz  entwickelt  sich  im  wesentlichen  in  der  Epidermis 
und  ist  mit  der  Außenwand  derselben  fest  verwachsen.     Das 


Fragmente  zur  Mykologie.  '  615 

Stromagewebe  ist  nur  angedeutet  durch  braune,  derbe  Hyphen, 
die  in  der  Epidermis,  meist  mit  der  Außenwand  derselben 
verwachsen,  teils  aber  auch  in  einigen  Zellschichten  unter 
derselben  verlaufen.  Die  Lokuli  sind  zumeist  pyknidenartig 
entwickelt,  mit  violettbraunen,  länglichen,  einzelligen  5  bis 
H  ^  2  bis  3  [X  großen  Conidien.  Zwischen  diesen  Pykniden- 
Lokuli  stehen  meist  vereinzelt  perithecien-artige  Lokuli,  welche 
Schläuche  mit  untypischen  Paraphysen  führen.  Diese  gehäuse- 
artigen Lokuli  zweierlei  Art  stehen  in  mehr  minder  dichten 
Krusten  in  der  Epidermis,  deren  Außenwand  über  jedem 
Ostiolum  durchbrochen  wird. 

Nicht  selten  brechen  auch  einzelne  Conidienlokuli  stärker 
durch.  Die  Schlauchlokuli  sind  fast  kugelig,  220  |x  breit  und 
190|x  hoch,  haben  eine  kleine,  breite  Mündungspapille  mit 
einem  rundlichen  Ostiolum  und  eine  ringsum  fast  gleich- 
starke 25  [j.  dicke  Wandung,  die  aus  4  bis  5  Lagen  von 
8  bis  10  |x  großen,  etwas  abgeflachten,  violettkohligen  Par- 
enchymzellen  besteht.  Die  keuligen,  derbwandigen,  kaum 
gestielten  Schläuche  sind  etwa  80  «  1 1  ;x  groß  und  enthalten 
acht  1-  bis  2-reihig  angeordnete,  hyaline,  spindelförmige, 
18  bis  22  =;  5  bis  7  [x  große  Sporen,  deren  obere  Zelle  öfter 
etwas  breiter  als  die  untere  ist. 

Die  viel  zahlreicheren  Conidienlokuli  stehen  meist  dicht 
aneinander,  sind  durchschnittlich  etwas  kleiner  als  die  Schlauch- 
früchte und  haben  eine  wenig  dünnere  Wandung.  Conidien- 
träger  wurden  nicht  gesehen.  Der  Nucleus  der  Schlauchlokuli 
ist  ganz  dothideaceen-arfig  gebaut.  Die  Conidiennuclei  könnten 
formell  als  zur  Formgattung  Microsphaevopsis  v.  H.  gehörig 
betrachtet  werden,  müssen  aber  doch  wohl  in  ein  eigenes 
Formgenus  gestellt  werden. 

Haplotheciella  v.  H.  n.  G. 

Stroma  nur  durch  gefärbte  Hyphen  angedeutet.  Schlauch- 
lokuli kohlig,  peritheciumartig,  kugelig,  in  der  Epidermis  ein- 
gewachsen, mit  der  Außenwand  derselben  verwachsen  und 
diese  mit  der  Mündungspapille  durchbohrend.  Paraphysen 
vorhanden.  Schläuche  achtsporig.  Sporen  hyalin  gleich-zwei- 
zeilig. 


618 


V.  Hcihnel, 


Typusart:  Haplotheciella  Hellebori  (Chaillet)  \-.  H. 

Syn. :  SpJuicria  Hdlchuri  Chaillet  1823. 

Doth idea  Prosta  Desma%iei-es   1847. 
Didyiiicl/a  Hcllchori  (Chaill.)  Sacc.    1882. 

Für  die  Nebenfrucht  stelle  ich  die  Gattung  Dofhisphaeropsis 
auf,  die  sich  von  Microsphaeropsis  v.  H.  (=  Coniofhyrinm 
Sacc.  non  Cor  da)  durch  das  rasige  Eingewachsensein  der 
P3^knidenartigen  Lokuli  in  der  Epidermis,  die  kaum  sicht- 
baren Conidienträger  und  die  Zugehörigkeit  zu  einem  dothi- 
dealen  Pilze  unterscheidet. 

Dothisphaeropsis  v.  H.   n.   G. 

Nebenfrucht  von  Haplotheciella  \\  H.  J\\'knidenartige 
Lokuli  kohlig,  rasig  \'erwachsen,  in  der  Epidermis  eingewachsen, 
mit  durch  braune  Hyphen  angedeutetem  Stroma,  rundlich,  mit 
der  Epidermisaul.ienwand  verwachsen.  Ostiolum  rundlich. 
Conidienträger  kaum  sichtbar.  Conidien  klein,  einzellig,  länglich 
oder  rundlich,  gefärbt. 

Typusart:  Dothisphaeropsis  Hellebori  \.  H. 

Da  sich  Haplotheciella  ganz  in  der  Epidermis  entwickelt, 
pal.1t  die  Gattung  weder  zu  den  Scirrhineen  noch  zu  den 
Phyllachorineen. 

1188.  Über  die  Calicieen. 

Rehm  hat  in  seinem  Discomycetenwerke  die  Calicieen 
zwar  aufgenommen,  aber  nicht  eingereiht,  sondern  nur  als 
Anhang  hinter  die  Patellariaceen  gestellt. 

In  dem  heutigen  Systeme  der  Flechten  werden  die 
Discomyceten-Flechten  in  drei  große  Unterreihen  eingeteilt, 
in  die  Coniocarpineen,  Graphidineen  und  CN^clocarpineen.  Die 
Caliciaceen  und  die  Cj'pheliaceen,  welche  Rehm  von  den 
ersteren  nicht  abtrennt,  stehen  bei  den  (Joniocarpineen  und 
werden  dadurch  in  einen  völligen  Gegensatz  zu  der  Masse 
der  übrigen  Discomyceten  gebracht.  Es  fragt  sich  nun.  ob 
eine  solche  Absonderung  der  Calicieen  von  den  anderen 
Discomyceten  gerechtfertigt  ist. 


Fragmente   -/aw  Mykolo.^ie.  (>1  / 

Als  Hauptmerkmal  der  Calicieen  (und  Cvplieliaceen)  gilt 
der  Umstand,  daß  die  Schläuche  derselben  meist  sehr  zart- 
häutig sind  urid  bald  zerfallen.  Infolgedessen  werden  die 
Sporen  nicht  hinausgeschleudert,  bleiben  zunächst  im  Hymenium 
liegen  und  gelangen  dann  allmählich  auf  die  Oberfläche  des- 
selben, ein  Vorgang,  der  vielleicht  duicli  das  häufig  \'or- 
kommende  nachträgliche  Auswachsen  der  Paraphysen  gef('>rdert 
wird.  Die  Sporen  bilden  schließlich  eine  auf  der  Scheibe 
liegende  staubartige  Masse,  die  von  den  langen  Paraphysen- 
enden  durchsetzt,  das  sogenannte  Mazaedium  dai-stellt. 

Auf  Grund  dieser  Eigentümlichkeit  wird  nun  den  Calicieen 
eine  ganz  gesonderte   Stellung  angewiesen. 

Diesem  \'(_)rgange  kann,  ich  mich  niclnt  anschließen. 

Zunächst  ist  da  grundsätzlich  festzustellen,  daß  die  Mazae- 
diumbildung  keine  morphologische  Tatsache,  sondern  ein 
biologischer  oder  physiologischer  Vorgang  ist,  den  man  wohl  zur 
Abgrenzung  \on  Arten  oder  Gattungen  heranziehen  kann, 
nicht  aber  zur  ^Aufstellung  \'on  P'amilie'n  oder  gar  großen 
Abteilungen.  Wenn  man  dies  tut,  gelangt  man  zli  künstlichen 
Systemen.  Daraus  erklärt  sich,  warum  Rehm,  der  die  Familie 
der  Calicieen  annahm,  nicht  wußte,  wo  er  sie  unterbringen, 
sollte.  In  einem  auf  den  Bau  begründeten  .System,  imd  ein 
solches  sollte  ja  Rehm's  System  sein,  kann  natürlich  eine 
biologisch  begründete  Familie  keinen  Anschluß  finden. 

Ein  richtiges,  möglichst  natürliches  S\'stem  darf  nur  auf 
morphologischen  Tatsachen  beruhen. 

\'on  diesem  Gesichtspunkte  ausgehend,  war  es  mir  klar, 
daß  die  Calicieen-Gattungen  im  Baue  voneinander  sehr  ver- 
schieden  sein  werden,    was    die   Untersuchung   auch   bestätigt. 

Dazu  kommt  noch  der  L'mstand,  daß  die  Mazaedium- 
bildung  bei  den  Calicieen  durchaus  keine  durchgreifende 
Erscheinung  ist. 

Bei  dem  häutigen  Calicinin  praeccdens  sind  die  .Schl^iuche 
verhältnismäßig  durchaus  nicht  zarthäutig  und  konnte  ich 
mich  \'on  dem  \'orhandensein  eines  Mazaediums  nici""L  über- 
zeugen und  bei  den  Stenocybe- Avie,n  fehlt,  wie  schon  Rehm 
richtig  bemerkt,  ein  solches  stets  \ollkommen. 


618  F.  Höhne], 

Mit  Ausnahme  von  Coiiiocybe  haben  alle  hierhergehörigen 
Gattungen  braune  bis  schwarze  Sporen.  Wenn  dies  nicht  der 
Fall  wäre,  wäre  das  Mazaedium  wahrscheinlich  nie  für  etwas 
besonderes  gehalten  worden. 

Bisher  galten  die  Calicieen  für  eine  sehr  natürliche 
Familie,  ohne  nähere  \"'erwandtschaft  mit  anderen.  Das  ist 
aber  unrichtig.  Schon  Calicitiui  und  Stenocybe  schließen  sich 
sehr  gut  an  Phialea  und  namentlich  Poiilhiui  an.  Offenbar 
waren  es  die  gefärbten  Sporen,  welche  verhinderten,  daß 
diese  Verwandtschaft  nicht  schon  längst  erkannt  wurde. 

Es  gibt  in  der  Tat  nun  auch  Sclerotinien  mit  gefärbten 
Sporen  {Lamhertella  \.  H.)  und  Ciborien  {Phaeociboria  v.  H.). 

Dazu  kommt  noch,  daß  es  eine  von  Rehm  beschriebene 
Form  gibt,  deren  ganz  nahe  Verwandtschaft  mit  Stenocybe 
er  völlig  übersah  und  die  er  in  die  Galtung  Belniioscyplui 
einreihte. 

Es  ist  das  die  Belonioscyplia  nielanospora  R.,  für  welche 
in  der  Syll.  Fung.  1S89,  VIII.  Bd.,  p.  496  die  Abteilung 
Scelobelouinni  .Sacc.  aufgestellt  wurde,  die  ich  1905  in  Anr. 
naturhist.  Hofm.,  XX.  Bd.,  zur  Gattung  erhoben  habe.  Dieser 
Pilz  unterscheidet  sich  von  Stenocybe  fast  nur  durch  die 
keuligen  Schläuche  und  die  gelatinös  knorpelige  Beschaffen- 
heit der  H3'phen,  Man  sieht  daher,  daß  einzelne  Gattungen 
der  Calicieen  einen  ganz  natürlichen  Anschluß  in  anderen 
Familien  haben. 

Die  Untersuchung  der  einzelnen  Calicieen-Gattungen  ergab 
folgendes. 

1.  Calieiopsis  stenocyboides  (Nyl.)  ist  nach  Rehm  gleich 
Caticiopsis  pinea  Peck  1880,  die  Grundart  der  Gattung. 
Dieser  Pilz  ist,  wie  mir  die  Untersuchung  zeigte,  kein 
Discomycet,  sondern  eine  Coryneliacee,  die  von  Capnodiella 
maxima  (B.  et  C.)  =1:  Sorica  Duseni  Giess.  nicht  gattungs- 
verschieden ist  (Fragm.  z.  Myk.  Nr.  705,  XIII.  Mitt,  1911). 
Daher  ist  Capnottie/la  Sacc.  1882  bis  1905  gleich  Hypsotlicca 
Ell.  et  Ev.  1885,  gleich  Sorica  Giessenh.  1904,  gleich 
Caticiopsis  Peck  1880.  Letzterer  Pilz  hat  Ccilicii>/Ksis  maxima 
(B.  et  C.)  V.  H.  zu  heißen. 


l-"ragnienlL'   zur   .\l\'knloL;ie.  t)19 

'2.  Sphinctrina  tiiybinuta  (P.)  ist  im  wesentlichen  parallei- 
faserig  aus  weichen,  gelatinös  knorpelig  dickwandigen  Hyphen 
aufgebaut  und  schließt  sich  gut  an  Phialea  an.  Das  Excipulum 
ist  ziemlich  dick  und  vollständig  entwickelt. 

3.  ('yphelium  brnuHeohini  (Ach.)  hat  ein  gut  entwickeltes 
dickes  Excipulum,  das  so  wie  der  Stiel  aus  dünnen,  wenig 
verdickten  parallelen  braunen,  dicht  verwachsenen  Hyphen 
aufgebaut  ist.  Das  Gewebe  ist  fest,  lederig.  Der  Pilz  findet 
seinen  besten  Anschluß  bei  Scleroderris  und  Henriqiiesia,  die 
einander  nahestehen. 

;i.  Acolinm  sessile  (P.)  hat  hervorbrechende,  ungestielte, 
parenchymatisch  gebaute  Fruchtkörper.  Das  sehr  dicke  Exci- 
pulum besteht  aus  zur  Außenfläche  senkrecht  gereihten  Zellen. 
Wird  seinen  Anschluß  bei  den  Cenangieen  finden. 

ö.  ('ali\-inm  praecedeus  Nylander  hat  zarte,  langgestielte 
Fruchtkörper,  die  streng  parallelfaserig  aufgebaut  sind  und 
aus  weichen,  dicken,  deutlichen  gelatinösen  Hyphen  bestehen. 
Excipulum  dünn,  Anschluß  bei  PJüalea. 

6.  Stenocybc  major  Nyl.  verhält  sich  ganz  ebenso,  nur 
sind  die  Hyphen  nicht  gelatinös.  Mazaedium  fehlend.  Anschluß 
bei  PIÜLilea. 

7.  (oniocybc  nivea  {Hoiim)  ist  ein  hellfarbiger,  fleischiger, 
im  wesentlichen  parallelfaseriger  Pilz,  mit  langem  Stiel  und 
rundlichem  Köpfchen.  Rehm  bildet  ihn  in  seinem  Discomyceten- 
werke  als  mit  gut  entwickeltem  Excipulum  versehen  ab. 
Allein  das  ist  unrichtig.  Coniocybe  uivea  (H.),  von  der  Conio- 
vybe  pi/curiforiiiis  Rehm  1892  kaum  verschieden  ist,  gehört 
zu  jenen  Pilzen,  die  bald  keine  Spur  eines  Excipulums  auf- 
weisen, bald  ein  nur  mehr  weniger  angedeutetes.  Wenn  der 
Pilz  gut  und  üppig  entwickelt  ist,  wie  ich  an  einem  Stücke 
in  Thümen,  Herb.  myc.  oecon.  Nr.  626  (als  Roesleria 
hypogacü  Th.  et  Pass.)  sah  und  wie  auch  die  Stücke  in 
Sydow,  Mycoth.  germ.  Nr.  131  (als  Roesleria  pilacriformis 
P.  H.)  zeigen,  ist  keine  Spur  eines  Excipulums  vorhanden 
und  das  Hymenium  überzieht  die  ganze  Oberfläche  der  locker 
oder  dicht  plectenchymatisch  gebauten  Kugel  an  der  Spitze 
der  Stiele.  Die  Hymenialschichte  ist  dann  unten  nur  durch 
eine    schmale   Ringfurche    vom   Stiele    getrennt.    Bei    weniger 


620 


F.  Hr.hnel. 


Starker  Entwicklung  ist  die  Hymenialschichte  nur  flach- 
halbkugeüg  und  dann  wird  unten  der  Raum  zwischen  dem 
Stiele  und  dem  Rande  des  Hymeniums  ganz  mit  einem 
radiärgebauten  Gewebe  ausgefüllt,  das  man  als  steriles  Rand- 
hymenium oder  verkümmertes  Excipulum  deuten  kann.  So  in 
Fink,  Lichens  of  Jowa  als  Conincybe  pullida  (P.)  Fr.  Nun 
kommt  aber  auch  \or,  wie  mir  ältere  Präparate  zeigten,  daß 
sich  an  der  Spitze  des  Stieles  ein  flach  schüsseiförmiges, 
500  |x  breites,  ringsum  etwas  eingebogenes  und  80  jj.  dickes 
Excipulum  entwickelt,  dessen  15  bis  20  a  dicke  Innenschichte 
aus  dünnen  Parallelhyphen  besteht,  während  die  etwa,  60  [x 
dicke  Außenschichte  aus  radiär  angeordneten,  etwas  gelatinös 
dickwandigen,  4  a  breiten  Hyphen  gebaut  ist,  die  senkrecht 
zur  Oberfläche  stehen.  Auf  dieser  ganz  gut  entwickelten,  aber 
niedrigen  Schale  sitzt  nun  das  Hymenium,  das  aber  nur  in 
der  Mitte  gut  ausgebildet  und  gegen  den  Excipularrand  hin 
verkümmert  ist. 

Daher  erklärt  sich,  warum  Coiiiocybe  bald  zu  den  Pilzen 
mit  Excipulum  (die  Lichenologen  und  Rehm),  bald  zu 
jenen  ohne  Gehäuse  gestellt  (Thümen.  Schroeter,  Boudier) 
wird. 

Es  ist  durch  die  Untersuchungen  von  Di tt rieh  und 
Durand  (Ann.  myc.  1908,  VI.  Bd..  p.  389)  bekannt,  daß  sich 
letztere  aus  den  ersteren  entwickelt  haben.  Coniocybe  ist  nun 
eine  bemerkenswerte  Übergangsform. 

Die  Helvellaceen  im  Sinne  Rehm 's  sind  eine  unnatürliche 
Gruppe,  in  der  operculate  und  inoperculate  Discomyceten 
enthalten  sind.  Dieselbe  muß  aufgelöst  und  zerlegt  werden 
und  die  einzelnen  Bestandteile  müssen  jenen  Familien  an- 
gegliedert werden,  aus  denen  sie  sich  nachweislich  entwickelt 
haben.  Bei  mehreren  Gattungen  ist  ihre  wahre  Verwandt- 
schaft schon  bekannt,   hei  anderen,  wie   Geoglossuiu,  nicht. 

Es  fragt  sich  nun,  wo  die  wahre  \'erwandtschaft  von 
Coniocybe  liegt.  Es  gibt  nun  einen  Pilz,  der  der  Coniocybe 
fiiveu  ganz  nahesteht,  aber  größer  ( 1 5  bis  25  //;///-  lang  und 
2  bis  5  mui  breit)  ist  und  eine  zylindrische  oder  spateiförmige 
Fruchtkeule  hat  und  ganz  wie  eine  einfache  kleine  Clavaria 
aussieht.    Es    ist    das    die    Xeolecta  ßavovirescens  Spegazz. 


I'"ranniente   zur  M\'ki)logie.  b^l 

(Syll.  Fung.,  VIll.  Bd.,  p.  41).  Wie  aus  der  Beschreibung  des 
Pilzes  hervorgeht  und  mir  auch  die  Untersuchung  eines 
Stückes  des  Originals  zeigte,  gleichen  sich  die  Neolecta  und 
CouioL-yhe  uivca  in  den  mikroskopischen  Einzelheiten  fast 
vollkommen,  so  daß  es  zweifelhaft  sein  könnte,  ob  die  beiden 
Gattungen  nebeneinander  bestehen  bleiben  können. 

-Xeoiccta  hat  auch  Paraphj'sen,  wenn  auch  nicht  sehr 
zahlreiche. 

Da  bei  beiden  Pilzen  die  vSporen  ebenso  breit  wie  die 
Schläuche  sind,  müssen  sich  diese  wohl  mit  einem  Deckel 
öffnen,  was  aber  bei  so  schmalen,  zarthäutigen  Schläuchen 
nicht  so  leicht  sichergestellt  werden  kann.  Allein  Spegazzini 
gibt  ausdrücklich  an,  daß  sich  bei  Xeolecta  die  Schläuche 
mit  einem  Deckel  öffnen. 

Daher  müssen  Coniocybe  und  Neolecta  zu  den  operculaten 
Kupezizeen  gestellt  werden.  Nachdem  ich  feststellen  konnte, 
daß  sich  bei  Ncoh-cia  die  Schläuche  mit  Jod  vorübergehend 
blau  färben,  so  könnte  sich  diese  Gattung  aus  PlicdrieUa 
Rehm  (non  Fuckel)  entwickelt  haben,  während  sich  Coniocyhe 
wahrscheinlich  von  Piihvü  ableiten  wird,  die  parallelfaserig 
aufgebaut   ist. 


622  F.  Höhnel, 


Namenverzeichnis. 

(iJie  Nummern   154  bis   188  sind  die  der  Fragmente    1154  bis  1188.) 

Acolium  sessile  (P.)  188.  —  Acrospermum  Adeanum  v.  H.  162,  compressum 
Tde.  162,  ochraceum  Sjrd.  162,  parasiticum  Syd.  162,  Robergeanum  Desm, 
162.  —  Acrothecium  (Acrothecula)  delicatulum  B.  etBr.  166.  —  Actinonema 
caulincola  P.  179.  —  Amphisphaeria  applanata  Fr.  165.  —  Amphisphaerina 
V.  H.  nov.  gen.  169.  —  Anisostomula  Cookeana  (.A-wld.)  v.  H.  168.  — 
Apiospora  Sacc.  184.  camptospora  P.  et  S.  184,  curvispora  (Speg.)  Rehm 
var.  Rottboelliae  Rehm  184,  Montagnei  Sacc.  184.  Rottboelliae  CR.)  v.  H. 
184.  —  Appendiculella  v.  H.  160,  calostroma  (Desm.)  v.  H.  160.  Cornu- 
caprae  'P.  H.)  v.  H.  160,  Echinus  (P.  Henn.)  160,  larviformis  iP.  H.)  v.  H. 
160.  —  Ascomycetella  punctoidea  Rehm  157.  —  Ascospora  Fr.  17  9, 
Aegopodii  P.  181,  brunneola  Fr.  179,  181,  Epilobii  (Fr.i  Jacz.  181, 
Himantia  (Fr.)  R.  179,  melaena  (Fr.)  179.  —  Asterella  olivacea  v.  H.  159.  — 
Asterina  Epilobii  Desm.  181,  Silenes  (N.)  Sacc.  180.  —  Asteroma  D.  C. 
179.  Bupleuri  S.  et  R.  179,  Epilobii  Fr.  179.  181.  Himantia  Chev.  179, 
Oerteiii  Sj^d.  179,  Phyteumae  D.  C.  181,  Roumegueri  Kze.  179,  Silenes 
Nssl.  180.  —  Barya  agaricicola  (Berk.)  v.  H.  162.  parassitica  Fe  kl. 
162.  —  Belonioscypha  melanospora  R.  188.  —  Blasdalea  S.  et  Syd.  178. 
—  Bombardiastrum  andinum  Pat.  162,  latisporum  (Syd.)  v.  H.  162.  — 
Calicieen  188.  • —  Caliciopsis  maxima  (B.  et  C.'i  v.  H.  188,  pinea  Pe  clc 
188,  stenocyboides  (Nj^I.)  188.  —  Calicium  praecedens  Xyl.  188.  — 
Calospora  Sacc.  177.  —  Calothyriopsis  v.  H.  n.  Gen.  159,  conferta  (Th.) 
V.  H.  159.  —  Calothyrium  confertum  Th.  159,  Dryadis  R.)  v.  H.  159.  — 
Capnodiella  Sacc.  188.  —  Capnodiopsis  mirabilis  P.  Henn.  157.  —  Ca  rlia  ^ 
Rbh.  179,  181.  185.  —  Catacaumella  stromatica  Fckl.)  v.  H.  182.  — 
Ceriophora  v.  H.  n.  G.  173.  —  Ceriospora  Dubjä  Xssl.  168.  —  Ceutho- 
spora  Visci  (A.  et  S.)  176.  — ■  Cladosterigma  Clavariella  (Speg.)  v.  H. 
154,  fusispora  Pat.  154.  —  Clathrospora  Rbh.  175.  — Cl3-peoporthe  v.  H. 
n.  Gen.  172,  Bambusae  (Pat.)  v.  H.  172,  monocarpa  v.  H.  172.  —  Ciyp  eo- 
stigma  V.  H.  163,  164.  —  Coleroa  alnea  (Fr.)  v.  H.  158.  —  Coniocybe 
nivea  (Hoffm.)  188,  pallida  (P.)  Fr.  188,  pilacriformis  Rehm  188.  — 
Coniophora  elegans  (Morg.)  v.  H.  156.  —  Cryptonectriopsis  biparasitica 
V.  H.  174.  —  Cryptopezia  v.  H.  n.  Gen.  165.  mirabilis  v.  H.  165.  — 
Cucurbitaria  populina  (B.  et  A.)  Rehm  165,  protracta  Fckl.  165,  Sorbi 
Gast.  165.  subcaespitosa  Otth.  165.  —  Cyanoderma  viridiilum  (B.  et  C.) 
V.  H.    162.  —  Cycloschizella  v.  H.  n.  Gen.  178,  .\raucariae  (R.)  v.  H.  178.— 


Fragmente  ?.ur  Mykologie.  623 

Cycloschizon  Hrachylaenae  R.)  P.  H.  178.  —  Cyphelium  brunnenlmn 
(Acli.)  188.  —  Debaryella  liyalina  v.  H.  174.  —  Diaporthe  (Euporthe) 
Ramhusae  Pat.  172,  Maydis  Berk.)  K.  et  Ev.  172.  —  Diatrypeopsis 
laccata  Speg.  174.  —  Didymella  Helleboii  (ChailJ.i  .Sacc.  187,  piaeclara 
Reiim  168,  sambucina  Rehm  169.  —  Didymodothis  caujincola  (R.)  v.  H. 
165.  —  Didymosphaeria  conoidea  Nssl.-v.  H.  174,  Eutypae  .S  u  r.  174. 
striatula  P.  et  S.  163.  —  Dielsiella  Pritzeiii  178.  —  Dothidea  Anethi  Fr. 
179  (Asteroma)  Himantia  Fi-.  179.  hysterioides  C'es.  163.  Pi-ostii  Desm. 
187,  Visci  Kalchbr.  176.  ■ —  Dothidotthia  v.  FI.  n.  Gen.  177,  Symphori- 
carpi  Rehm  v.  H.  177.  —  Dothisphaeropsis  v.  H.  ii.  (ien.  187,  Helleboii 
V.  H.  187.  —  Ellisiodothis  .Smilacis  (de  Xot.)  v.  H.  17)9.  —  Euryachoru 
Epilobii  (Fr.)  v.  Fl.  181,  Eryngii  (Fr.)  v.  H.  179.  l.ibanotis  (Fckl.i  v.  h'. 
179.  —  Excipula  stromatica  Fe  kl.  182.  —  Fleischhakia  Awld.  l.">8.  laevis 
Awld.  158,  punctata  .Awld.  158.  —  Gibberidea  \'isci  Fckl.  176.  — 
GraphylHum  Chices  Cl.  175,  dacotense  Rehm  175,  —  Griphosphaerioma 
\-.  H.  n.  Gen.  177.  .S3'mph()ricarpi  Rehmi  v.  H.  177.  —  Guignardia 
Freycinetiae  Rehm  163.  —  Haplovalsaria  v.  U.  n.  Gen.  171,  simple.x  v.  H. 
171.  —  Haplotheciella  v.  H.  n.  Gen.  187,  Hellebori  (Chaill.)  v.  H.  187.  — 
Hypoxylon  stygium  (Lev.)  .Sacc.  174.  ■ —  Hyp.sotheca  F.  et  Ev.  is8.  — 
Hysterium  aquilinum  183.  —  Irene  Syd.  et  Th.  160.  inerinis  ( K'.  et  C.i 
160,  papiliifera  Syd.  16o.  —  Julella  argentina  Speg.  167.  Br..\i  Fab.  167, 
dactylospora  Rehm  167,  Leupoldina  Rehm  167,  luzonensis  P.  Henn.  167. 
mnnosperma  (Peck)  Sacc.  167.  Tulasnei  (Cr.)  Berl.  et  \'ogl.  167. 
Zenkeriana  P.  Henn.  167.  — ■  Kalmusia  Lactucae  Rehm  17o.  —  Karschia 
Aiaucariae    Rehm    178.   —  Keissleriella    v.   H.    n.   (Jen.    169.    Aesculi  w   H. 

169,  sambucina  (R.)  v.  H.  169.  —  Laaseomyces  microscopicus  Ruhl.  174.  — 
Lambertella  v.  H.  188.  —  Langloisula  spinosa  E.  et  Ev.  155.  —  Lejo- 
sphaerella  v.  H.  n.  Gen.  168,  praeclara  (Relimi  v.  H.  168.  —  Lepto- 
meliola  v.  H.  160,  anomala  (Tr.  et  Karl.)  v.  H.  1 6o,  hyalospora  (Lev.) 
v.  H.  160,  javensis  v.  H.  160,  1(51,  quercina  (Pat.)  v.  H.  160.  —  Leptopelti."^ 
Jochromatis    (R.)  v.   H.    159.   —  Leptosphaeria   Gaii(MLim    Sacc.   (non   Rob.» 

170.  —  Leptostroma  filicinum  Fr.  186.  —  Leptothyrium  lilicinum  v.  H. 
186.   —   Lichenopeltella  Cetrariae  (Bres.)  v.  H.  159.   maculaiT^  (Znpf    v.  it. 

159.  —  Limacinia  carniolica  (R.)  v.  H.  159.  —  Melampsora  punctitnrmis 
Mont.  159.  —  Melanconium?  bambusinum  Speg.  184.  —  Melanopsamma 
Amphisphaeria  Sacc.  et  Schulz.  165,  anaxaea  (Speg.)  169.  borealis 
Karst.  165,  caulincolum  Relim  165,  hypoxyloides  v.  H.  165.  K'ansensi> 
E.  et  Ev.  165,  latericollis  (Fr.)  Sacc.  165,  mendax  S.  et  Rg.  165,  lt)6. 
numerosa  P'autr.  165,  Petrucciana  Cald.  165,  169,  pomiformis  (P.)  Sacc. 
165,  169  vai-.  monosticha  Keissl.  165.  Pustula  (Curr.)  Sacc.  165,  recessa 
(C.  et  P.)  169,  Rhodomphalos  (B.)  Sacc.  165,  Ruborum  (Lib.i  Sacc.  165. 
Salviae  Rehm  165,  spliaerelloides  165,  suecica  Rehm  165,  texensis  (C.) 
169.  umbratilis  165,  —  Melanopsammina  carinthiaca  v.  H.  165.  —  Meliola 
Fr.    160,    amphitricha    Fr.    160,    cladotricha   Lev.    160,    ?  clavatispora  Speg. 

160,  clavispora  Pat.    160,  Erythrinae  Syd.    160,  fusc<ipulveracea  Rehm  16ti, 


ü24  F.  Höhnel, 

inermis  K.  et  C.  160,  insignis  Gaill.  160,  rnanca  Ell.  et  M.  160.  muliis 
B.  et  Hr.  160,  Puiggarii  Speg.  160,  pulcherrima  Syd.  160,  rizalensis  .Syd. 
160,  iiibicola  P.  H.  160,  sanguinea  E.  et  Ev.  160,  subapoda  Syd.  160, 
X'iburni  Syd.  160.  —  Meliolina  Syd.  160,  arborescens  Syd.  160,  clado- 
tricha  ((.ev.)  160,  liapalochaeta  Syd.  160,  mollis  (B.  et  Br.»  v.  H.  160, 
octospora  P.  et  S.  160,  radians  Syd.  160,  YatesJi  Syd.  160.  —  Merrillio- 
peltis  Calami  P.  H.  168.  —  Metasphaeria  Salviae  (R.)  v.  H.  165.  — 
Microcera  Clavariella  Speg.  104.  —  Microdothella  culmicola  Sj^d.  159.  — 
Micronectriopsis  v.  H.  163.  —  Micropeltis  Flageoletii  Sacc.  159.  — 
Microthyriella  nlivacea  v.  H.  159.  —  Microthyrium  Angelicae  F.  et  Rg. 
159,  Cetrariae  ISres.  159,  confertum  Theiss.  159.  confusum  (Desm.)  v.  H 
159,  grande  Nssl.  159,  Hederae  Feltg.  159,  Idaeum  S.  et  Rg.  159^ 
ilicinum  de  Not.  159,  Jochiomatis  Rehm  159,  macrosporum  (Sacc  v.  H. 
159,  maculans  Zopf  159,  microscopicum  Desm.  var.  confusum  Desm.  159, 
vai-.  Dryadis  Rehm  159,  minutissimum  Th.  159,  Platani  Rieh.  159,  Salicis 
V.  H.  159.  Smilacis  de  Not.  159.  Umhelliferarum  v.  H.  159.  —  MoUisia 
betulina  (A.  et  S.")  158.  —  Monographos  microsporus  Nssl.  185.  — 
Mycosphaerella  Himantia  (P.)  D.  179.  —  Nectria  Petrucciana  (C.)  v.  H. 
165,  pomiformis  (P.)  v.  H.  165.  —  NectrielJa  biparasitica  (v.  H.)  Weese 
174.  —  Neolecte  llavovirescens  Speg.  188.  —  Nodulosphaeria  Galiorum 
(Sacc.)  V.  H.  f.  Lactucae  R.  170.  —  Nummmlaria  Bulliardi  Tul.  174, 
discrcta  (Schw.i  174.  nummularium  (Bull.)  Keissl.  174,  punctulata  (B.  et  R.) 
Sacc.  174,  i-epanda  (Fr.)  174,  repandoides  Fckl.  174.  —  Omphalospora 
Himantia  (P.)  v.  H.  179,  melaena  (Fr.)  v.  H.  179,  Silensis  (Nssl.)  v.  H. 
180.  —  Ophionectria  anceps  (P.  et  S.)  v.  H.  162,  trichospora  (B.  et  Br.) 
Sacc.  162.  —  Otthia  populina  Fcki.  165.  var.  diminuta  Karst.  165,  Rubi 
V.  H.  16t),  Symphoricarpi  E.  et  Ev.  177.  —  Otthiella  Aesculi  v.  H.  169.  — 
Oxydothis  grisea  P.  et  S.  168.  —  Papularia  hysterina  (Sacc.)  v.  H.  184, 
Rottboelliae  v.  H.  184.  saccharina  (P.  et  S.)  v.  H.  184.  —  Passerinula 
Candida  Sacc.  174.  —  Pemphidium  nitidum  Moni.  168.  —  Perisporium 
Fr.-C"da.  158,  alneum  Fr.  158,  betulinum  (A.  et  S.)  158,  disseminatum  Fr. 
158,  extuberans  Fr.  158,  fagineum  Fr.  158,  funiculatum  Preuss  158, 
'j'ragopogi  (A.  et  S.~|  158.  typharum  Sacc.  158,  vulgare  Cda.  158.  — 
Phaeobotryon  \isci  (Ivalchbr.)  v.  H.  176.  —  Phaeobotryosphaeria  Speg. 
176.  —  Phaeociboria  v.  H.  188.  —  Phaeodothis  gigantochloae  Rehm 
163.  —  Phoma  Anethi  P.)  Sacc.  179.  —  Phragmothyrium  Hederae  (Feltg.) 
V.  H.  159.  —  Phyllachora  amphidyma  P.  et  S.  163,  165.  Canarii  P.  H. 
1(')3,  164.  —  Physospora  elegans  Murg.  156.  —  Physosporella  Fragariae 
(K.  et  R.)  V.  FI.  168.  —  Physosporelleen  v.  H.  168.  —  Placostroma 
aquilinum  (Fr.)  v.  H.  183,  Pterocarpi  (Mass.)  183.  —  Plectophoma  bacterio- 
sperma  Pass.  179,  Umbelliferarum  v.  H.  179.  —  Pleamphisphaeria  v.  H. 
167.  —  Plicariella  Rehm  (non  Fckl.)  188.  —  Plowrightia  Symphoricarpi 
(E.  et  Ev.)  177.  —  Polystigma  amphidyma  (P.  et  S.)  v.  H.  164.  —  Preussia 
Fcki.  158,  funiculata  Fckl.  158,  Kunzei  Fckl.  158.  —  Pseudotthia 
Symphoricarpi     Rehm     177.    —    Rhabdostroma    Syd.     184.     —     Roesleria 


Fragr^eate  zur  Mykologie.  (52.) 

liypogaea  Th.  et  P.  188,  piiacriformis  P.  H.  18S.  —  Roussoella  Sacc. 
163,  Iiysterioides  (Ces.)  v.  H.  163,  nitidula  Sacc.  et  Paol.  163.  — 
Scirrhiella  Speg.  184,  curvispora  Speg.  184.  —  Scirrhodothis  Aspidioium 
(I.ib.^  V.  H.  185,  confluens  Starb.  185.  —  Seynesia  grandis  (X.)  Wint.  150, 
Jochiomatis  (R.)  Tli.  159.  —  Sorica  Giessenli.  188.  —  Sphaerella  Fr. 
17!^',  brunneola  Fr.  170,  Eryngü  (Wllr.)  f.  Libanotis  Fe  kl.  179.  —  Sphaeria 
Aegopodü  P.  179,  .A.nethi  P.  179,  aquilina  Fr.  183,  Aspidiorum  Lib.  185, 
Cicutae  Lasch  179,  cinerea  Fe  kl.  177,  corticola  Fe  kl.  177,  Hellebori 
Chaill.  187,  ?  Himantia  Pers.  179.  palustris  B.  et  Br.  173.  Ruborum  Lib. 
166.  —  Sphaeriothyrium  filicinum  Bub.  185,  praecastrense  iMass.)  185.  — 
Sphaeropsis  Anethi  (P.)  Fe  kl.  179,  X'isci  (A.  et  .S.i  176.  —  Sphinctrina 
turbinata  (P.i  188.  —  Stenocybe  major  X}'1.  188.  —  Stictochorella  Um- 
belliferarum  v.  H.  179.  —  Stigmatea  alni  F"ckl.  138.  -  Torrubiella 
aranicida  Boud.  162,  sericicola  v.  H.  162.  —  Trichothj-rium  Dryadis 
Rehm  159.  — -  Tubeufia  Adeana  Relim  162,  anceps  P.  et  S.  162,  cerea 
(B.  et  C.)  V.  H.  162,  coronata  P.  et  S.  162,  cylindrothecia  (Seav.)  v.  H. 
162,  javanica  P.  et  .S.  162.  —  Valsaria  S3'^mphoricarpi  E.  et  Fv.  177.  — 
Xenothecium  v.  H.  n.  Gen.  174,  jodophilum  v.  l\.  174.  —  Xyloma  aqLii- 
iinum   Fr.    183.   —  Zignoella  Mocthieri    'Fckl.)   177. 


Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographle,    Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


128.  Band.    9.  und  10.  Heft 


44 


029 


Zwillings-  und  Lageverzerrung 
beim  Staurolith 

Von 

Arthur  Marchet 

(Mit  2  Textfiguren  und  2  Tatein) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  10.  Juli  1919) 

Gelegentlich  einer  Ausstellung  des  Minerals  Staurolith  in 
einer  Monatsversammlung  der  Wiener  Mineralogischen  Gesell- 
schaft wurde  von  Hofrat  F.  Beck e  und  Kustos  Dr.  R.  Koechlin 
auf  Unterschiede  in  der  Ausbildung  der  einfachen  Krystalle 
und  der  Zwillinge  nach  (232)  und  (032)  aufmerksam  gemacht.' 
Diese  Unterschiede  genauer  zu  untersuchen,  war  der  Zweck 
dieser  Arbeit.  Im  Schlußteil  wird  dann  auch  der  Versuch 
gemacht,  die  \'erzerrung,  welche  die  Krystalle  durch  ihre  Lage 
in  dem  geschieferten  Muttergestein  erleiden,  zu  verfolgen. 

Es  obliegt  mir  die  angenehme  Pflicht,  an  dieser  Stelle 
allen  den  Herren  zu  danken,  die  mich  bei  dieser  Unter- 
suchung unterstützt  haben.  Ganz  besonders  danke  ich  Herrn 
Hofrat  Prof.  Dr.  F.  Becke  für  das  Interesse  und  die  Hilfe 
bei  der  Durchführung  der  Arbeit.  Den  Herren  Hofrat  Prof. 
Dr.  C.  Do  elter  und  Kustos  Dr.  R.  Koechlin  verdanke  ich 
die  Erlaubnis,  die  diesen  Herren  unterstehenden  Sammlungen 
zu  benutzen.  Den  Herren  Regierungsrat  Dr.  K.  Kürschner 
und  phil.  Wilhelm  Koppi  verdanke  ich  Untersuchungsmaterial 
aus  ihren  Privatsammlunsfen. 


1   .Mitteil.   d.  Wiener  .Miner.  Ges.,    1917.   Nr.  8«X  p.  67. 


()30  A.  Marchct. 

Einleitung\ 

Daß  Zwillinge  gegenüber  den  niitxorkommenden,  ein- 
lachen Krystallen  häufig  verzerrt  erscheinen,  ist  schon  lange 
bekannt.  In  neuerer  Zeit  waren  es  besonders  die  Arbeiiep. 
von  Becke,  Kreutz,  Neugebauer  und  Tertsch,  die  sich 
mit  dieser  Frage  beschäftigten.^  In  dem  angeführten  Referat 
F.  Becke's  aus  den  P^ortschritten  der  Mineralogie,  Kristallo- 
graphie und  Petrographie  und  in  der  Arbeit  von  St.  Kreutz 
sind  auch  ausführliche  \'erzeichnisse  der  einschlägigen  Lite- 
ratur enthalten.  Ich  kann  es  mir  daher  ersparen,  die  bis  dahin 
erschienene  Literatur  näher  anzuführen  und  verweise  nur  noch 
besonders  auf  eine  spätere  Arbeit  von  St.  Kreutz:  Ein- 
springende Winkel  und  Wachstumsgeschvvindigkeit  an  Calcit- 
zwillingen.-  K'reutz  beschreibt  hier  das  verschiedene  Ver- 
halten der  einspringenden  Winkel  bei  Penetrationszwillingen 
nach  (100)  von  Calcit  aus  Egremont.  In  jenen  einspringenden 
Winkeln,  welche  von  der  Zwillingsebene  durchschnitten  werden, 
zeigt  sich  eine  bedeutende  Zunahme  der  Wachstimisgeschwin- 
digkeit,  die  bis  zur  Ausfüllung  dieser  Winkel  führt;  eine 
Erscheinung,  die,  wie  weiter  unten  gezeigt  werden  wird,  in 
ähnlicher  Weise  auch  bei  den  Staurolithzwiliingen  auftritt. 

Um  die  \^erzerrungserscheinungen  genauer  zu  verfolgen, 
geht  man  von  den  Zentraldistanzen  der  Flächen  aus.  Man 


1  F.  Becke,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Krystallfoniien  des  Dolomit. 
Tschermak's  Min.-petn»gr.  .Mitt.,  10.  18S9,  p.  13.1.  —  Zwillingskiystalle 
von  Orthoklas.  Ebenda,  22,  19Ü3.  p.  195.  —  Gipszwillinge  von  Bochnia. 
Mitt.  Wiener  Alin.  Ges.,  8.  Jänner  1006.  Tschermak's  Min.-petrogr.  Mitt., 
25,  p.  214,  und  26,  1907,  p.  133.  —  Wheweliit.  Ebenda,  26.  1907,  p.  409.  — 
Über  Krystalltracht.  Verh.  Deutscher  Naturforscher  u.  Ärzte.  79.  Vers.,  Dresden 
1907,  IL  T.,  1.  .\bt.,  p.  202.  —  Die  Tracht  der  Krystalle.  Schriften  d.  Ver. 
z.  Verbr.  naturwiss.  Kenntnisse,  W'ien.  47,  p.  391.  —  Über  die  Ausbildung 
der  Zwillingskrystalie.  Fortschr.  d.  Min..  Krist.  u.  Petr..  1.  1911,  p.  68.  — 
St.  Kreutz.  Über  die  Ausbildung  der  Krystallform  bei  Calcitzwülingen. 
Dcnkschr.  d.  Ak.  d.  Wiss.,  Wien,  math.-nat.  Kl.,  SO,  1906,  p.  15.  --  F.  Neu- 
gebauer. Die  Krystalltracht  von  einfachen  Krystallen  und  Karlsbader  Zwi'- 
lingen  des  Orthoklases.  Tschermak's  Min.-petrogr.  Mitt.,  25,  1906,  p.  413.  — 
H.  Tertsch,  Kristalltrachten  des  Zinnsteins.  Denkschr.  d.  Ak.  d.  Wiss..  Wien, 
mat.-nat.  KL,  S4,   lOoS,  p.  563. 

'-'  Tschermak's  Min.-petrogr.  .\liit..  2S.   1909,  p.  49^'. 


Z\vil!ingsver/,eiTung  beim  Staurolith.  bol 

hat  also  die  Entfernung  dieser  Flächen  von  dem  Keimpunkt 
des  Krystalls  zu  bestimmen.  Weil  die  einfachen  Staurolith- 
krystalle  und  auch  die  Zwillinge  ein  Symmetriezentrum  be- 
sitzen, kann  man  als  Zentraldistanz  die  Hälfte  der  Ent- 
fernung zwischen  Fläche  und  Gegenfläche  annehmen.  Da  es 
bei  dieser  Untersuchung  darauf  ankam,  \'erzerrungen  durch 
Unregelmäßigkeiten  möglichst  auszuschalten,  so  mußten  die 
Messungen  an  mehreren  Krystallen  zusammengefaßt  werden. 
Man  erreicht  das  dadurch,  daß  man  das  Mittel  der  redu- 
zierten Zentraldistanzen  berechnet.  Diese  erhält  man  in 
der  Weise,  daß  man  die  Messungszahlen  auf  die  Zentral- 
distanz einer  Flächenart  bezieht,  die  dann  für  alle  Krystalle 
gleich  bleibt.  In  unserem  Falle  wurde  die  Höhe  der  Krystalle, 
d.  i.  die  doppelte  Zentraldistanz  der  Fläche  (001),  gleich  10 
gesetzt,  also  alle  anderen  Zentraldistanzen  des  Krystalls  durch 
ein  Zehntel  der  Höhe  dividiert.^  Bei  manchen  Krystallen  fehlen 
Flächen,  die  sonst  vorkommen,  so  z.  B.  die  Endfläche  beim 
Staurolith  von  Zöptau.  In  diesen  Fällen  wurde  die  virtuelle 
Zentraldistanz  bestimmt  unter  der  Annahme,  daß  die  fehlende 
Räche  die  Kante  oder  Ecke  eben  berührt,  die  an  ihrer  Stelle 
..ufrritt.2 

Aus  den  mittleren  reduzierten  Zentraldistanzen  bekommt 
man  die  relativen^  dadurch,  daß  man  jene  durch  den  Radius 
einer  mit  dem  Krystall  volumgleichen  Kugel  dividiert.  Zu 
diesem  Zwecke  wurden  mit  den  mittleren  reduzierten  Zentral- 
distanzen Krvstallbilder  konstruiert  ^  und  diese  zur  Bestimmung 


1  Einfach  das  Mittel  der  gemessenen  Zentraldistanzen  zu  nehmen,  geht 
aus  dem  Grunde  nicht  an,  weil  dann  bei  der  verschiedenen  Größe  der  Kry- 
stalle die  Zentraldistanzen  der  größeren  Krystalle  von  größerem  Einfluß  auf 
das  Resultat  sind  als  die  der  kleineren.  Siehe  diesbezüglich  auch:  Tertsch, 
1.  c.   p.  .'jGO. 

■-'  Vgl.  H.  Gerhart,  Über  die  Veränderungen  der  Krystalltracht  von 
Doppelsulfaten  durch  den  Einfluß  von  Lösungsgenossen.  Tschermak 's -Min.- 
petrogr.  Mitt.,  24,   1905,  p.  367. 

•"  Siehe  diesbezüglich  die  zitierten  Arbeiten  von  F.  Becke,  H.  Gerhart, 
St.  Kreutz.  Xeugebauer  und  H.  Tertsch. 

'  Zu  den  Konstruktionen  wurden  die  Winkelmessungen  von  F.  Hörner 
benutzt:  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Stauroliths,  Inauguraldissertation,  Heidelberg 
1915.  —  E.  A.  Wülfing  und  F.  HJirner.   Die  krystallographischen  Konstanten 


H32  A.   Marchet, 

des  Volums  des  abgebildeten  Körpers  verwendet.  Man  denkt 
sich  den  Krystall  in  seine  Anwachspyramiden  zerlegt,  deren 
Höhe  ist  die  mittlere  reduzierte  Zentraldistanz  und  deren 
Grundfläche  läßt  sich  aus  der  Zeichnung  berechnen.  Kennt 
man  die  Winkel,  unter  denen  die  Flächen  gegen  die  Bildebene 
geneigt  sind  —  sie  sind  in  der  stereographischen  Projektion 
als  Abstand  des  Pols  der  Bildebene  von  den  Flächenpolen 
gegeben  — ,  so  ist  die  wahre  Größe  der  Fläche  gleich  dem 
Quotient:  Größe  der  gezeichneten  Fläche,  dividiert  durch  den 
Kosinus  ihres  Neigungswinkels  gegen  die  Bildebene.  Die 
relativen  Zentraldistanzen  sind  ein  Maß  für  die  Wachstums- 
geschvvindigkeiten  in  den  Richtungen  der  Flächennormalen 
innerhalb  eines  Krystalls,  sie  sind  aber  nicht  geeignet,  direkt 
die  einfachen  Krystall e  mit  den  Zwillingen  zu  vergleichen.  Die 
Ursache  davon  ist  die  verschiedene  Wachstumsgeschwindigkeit 
bei  einfachen  Krystallen  und  bei  Zwillingen.  So  wie  bei  den 
Mineralen,  die  die  oben  zitierten  Arbeiten  behandeln,  kann 
man  sich  auch  beim  Staurolith  überzeugen,  daß  die  Zwillinge 
ein  größeres  Volum  besitzen  als  die  mitvorkommenden,  ein- 
fachen Krystalle.  Jene  haben  für  manche  Flächen  größere 
Wachstumsgeschwindigkeiten.  Um  also  Zwillinge  mit  ein- 
fachen Kr3/-stallen  zu  vergleichen,  muß  man  für  jene  die  ver- 
gleichbaren Zentraldistanzen  ^  berechnen. 

Diese  Berechnung  hat  natürlich  nur  dann  einen  Wert,  wenn 
man  sicher  ist,  daß  die  einfachen  Krystalle  und  die  Zwillinge  tat- 
sächlich derselben  Generation  angehören  und  wenn  solche  Kry- 
stalle verglichen  werden,  deren  Größe  möglichstder  Durchschnitts- 
größe entspricht.  Aus  diesem  Grunde  gebe  ich  die  vergleich- 
baren Zentraldistanzen  nur  bei  den  Zwillingen  vom  Monte 
Campione  und  Trausnitzberg  bei  Zöptau  an.  Bei  den 
Fundorten  Bretagne  und  Fannin  müßte  ich  davon  abstehen, 
da  mir  von  dort  nur  lose  Kr^'stalle  zur  \''erfügung  standen, 
die  den  obigen  beiden  Forderungen  möglicherweise  nicht  ent- 
sprechen. Wenn  ich  gleichwohl  bei  den  Zwillingen  nach  (032) 
aus  der  Bretagne  die  vergleichbaren  Zentraldistanzen  anführe, 


des  Stauroliths  vom  St.  Gottluird.    Sitzungsher.   d.   Heidelheiger  Ak.   d.  Wiss., 
mat.-nat.  Kl..  Aht.  A,   1915,   10.  Abhandlung. 

1    Siehe   auch   N'eugebauer,   K'reutz,  Tortsch,   i.e. 


ZwillingsN'cr/erruni;  beim  Staurolith.  boo 

SU  geschieht  dies  deshalb,  weil  hier  die  größere  Anzahl  von 
einfachen  Krystallen  und  Zwillingen,  die  mir  zur  Verfügung 
standen,  immerhin  die  Wahrscheinlichkeit  erhöhen,  daß  jene 
beiden  Forderungen  so  ziemlich  erfüllt  werden. 

Die  vergleichbaren  Zentraldistanzen  erhält  man,  wenn 
man  die  gemessenen  Zentraldistanzen  des  Zwillings 
durch  den  Radius  einer  Kugel  dividiert,  die  mit  dem 
neben  dem  Zwilling  vorkommenden  einfachen  Krystall 
volumsgleich  ist  oder,  was  auf  dasselbe  hinauskommt, 
wenn     man     die      relativen     Zentraldistanzen      des     Zwil- 

lings    mit  einem  Faktor  -       multipliziert,  wobei  R   gleich    ist 

r 

dem  Radius  der  mit  dem  Zwilling,  und  r  gleich  ist  dem 
Radius  der  mit  dem  einfachen  Krystall  volumgleichen  Kugel. 
In  unserem  Falle  ist  aber  noch  zu  berücksichtigen,  daß  die 
Krystallbilder,  die  zur  Volumsberechnung  dienten,  Vergröße- 
rungen   auf   die   Höhe  gleich    10  fw    darstellen.    Die  linearen 

Vergrößerungen  betragen  demnach  ,  wenn  h  gleich  ist  den 

h 

mittleren  wirklichen  Höhen  der  einfachen  Krystalle,  respektive 
der  Zwillinge.  Die  Werte  von  R  und  r  bekommt  man  nun 
einfach  dadurch,  daß  man  den  Radius  (j,  der  mit  dem  ge- 
zeichneten Mittelkrystall  \olumgleichen  Kugel  durch  die  ent- 
sprechende lineare  Vergrößerung  dixidiert: 

R  ^=:  rj  . r  rr  p    • . 

10  10 

Es  wären  nun  noch  einige  Worte  über  die  Aufstellung  der 
Zwillinge  und  die  Bezeichnung  ihrer  Flächen  zu  sagen. 
Die  Zwillinge  nach  (232)  wurden  durchu'egs  so  aufgestellt, 
daß  die  Zwillingsebene  die  Lage  der  Fläche  232  hat,  die 
ZwiUinge  nach  (032)  so,  daß  sie  die  Lage  der  Fläche  032  ein- 
nimmt. Aus  einem  später  zu  erörternden  Grunde  (p.  655)  haben 
die  beiden  Individuen  eines  Zwillings  niemals  gleiche  Größe 
und  Gestalt.  Fast  immer  erscheint  das  eine  Individuum  durch 
das  zweite  in  zwei  nicht  in  Verbindung  stehende  Teile  geteilt, 
die  gegeneinander  mehr  oder  minder  verschoben  erscheinen, 
während    bei    dem    zweiten   Individuum   wenigstens    einzelne 


634  •  A.   Marchet. 

Flächen  der  Grundzone  (Zone  der  c-Achse)  von  oben  nach 
unten  durchlaufen.  Dieses  weniger  \erzerrte  Individuum  wurde 
in  die  Grundstellung  gebracht  und  als  Ind.  1  bezeichnet. 
Zeigten,  was  selten  der  Fall  war,  beide  Individuen  durch- 
laufende Flächen,  so  wurde  das  weniger  verzerrte  als  Grund- 
individuum aufgefaßt.  Die  Bezeichnung  der  Flächen  wurde  so 
durchgeführt,  daß  die  Hächensymbole  des  Zwillingsindividuums 
nach  einer  Drehung  von  180°  um  die  Zwillingsachse  sich  mit 
denen  des  Grundindividuums  decken.  Durch  oben  oder  unten 
den  Symbolen  beigefügte  Striche  wird  bei  jenen  Flächen, 
welche  durch  das  andere  Individuum  in  zwei  Teile  geteilt 
werden,  angedeutet,  ob  es  sich  um  die  Fläche  der  Ober-  oder 
die  der  Unterseite  handelt.  Das  Zwillingsindividuum  wird  dabei 
wieder  in  die  Grundstellung  gedreht  gedacht.  Ob  die  Flächen 
der  Grundzone  durchlaufen  oder  unterbrochen  sind,  erkennt 
man  in  den  folgenden  Tabellen  der  Zentraldistanzen  dann 
daran,  daß  die  beiden  Teile  dieser  Flächen  entweder  gleiche 
oder  imgleiche  Zentraldistanzen  haben. 

Zentraldistanzen  der  einfachen  Krystalle 
und  der  Zwillinge. 

In  den  folgenden  Tabellen  werden  angeführt: 

1.  Die  mittleren  reduzierten  Zentraldistanzen  als  Red.  Zd.; 

2.  das  arithmetische  Mittel  der  Abweichungen  zwischen 
diesen  und  den  reduzierten  Zentraldistanzen  der  einzelnen 
gemessenen  Krystalle  als  Mittl.  Fehler; 

?K  die  relativen  Zentraldistanzen  als  Rel.  Zd.; 

4.  bei  den  Zwillingen  nach  (232)  von  Zöptau  und  Monte 
Campione  und  den  Zwillingen  nach  (032)  aus  der  Bretagne 
die  vergleichbaren  Zentraldistanzen  als  Vergl.  Zd. 

Der  Radius  der  mit  dem  Mittelkrystall  (Höhe  =  10  cm) 
volumgleichen  Kugel  ist  mit  ,o  bezeichnet,    die  mittlere  wirk- 

liehe  Höhe  der  gemessenen  Krj'stalle  mit  //.  ist  der  Faktor 

zur  Berechnung  der  vergleichbaren  Zentraldistanzen  (s.  p.  633). 

Virtuelle  Zentraldistanzen  sind  durch  eckige  Klammern  [  ] 

kenntlich    gemacht.    Da    die  Zwillinge   zentrisch    symmetrisch 

sind,  so  gelten  die  angeführten  Zentraldistanzen  auch  für  die 


Zwillingsverzerrung  beim   Stuurolith. 


635 


j-aralielen  Gegenflächen,  wobei  zu  beachten  ist,  daß  die  Gegen- 
lläche  z.  B.  von  110'  die  Fläche  IlO^  ist.  Die  Zentraldistanzen 
der  Flächen  der  Oberseite  sind  also  gleich  denen  der  Gegen- 
flächen an  der  Unterseite  und  umgekehrt. 

I.  Trausnitzberg  bei  Zöptau,  Mähren. 

Einfache  Krystalle. 


Oul 


110 


Olu 


101 


Red.  Zd 

Mitt!.  Fehler 


I^el.  Zd 


[5- 00] 


[2-19] 


1-11 
iJ  •  1 7 


0-411 


1-71 
0-33 


o-7o 


.0  z=z  2 •  282,  h  =  0- 504  cm. 
Anzahl  der  gemessenen  Krystalle  7. 


2-85 
0-34 


1-25 


Zwillinge  nach  (232). 


001  lUO' IllO.  IllO' IllO.  010'  010,  I  101   101 


Red.  Zd. 


Mittl.  Fehler 


Rel.  Zd. 


Verel.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


Ind.  1 
Ind.  2 


Ind.  1 
Ind.  2 


[5  •  00] 
[4-65] 

0  •  00 
0-O7 


2-05 
1-96 

0  •  1)9 
0-07 


[2-01] 
[1-87] 


[5-99] 
[5-57] 


0-83 
0-79 


2-47 
2-35 


2-05 
0-66 

0-09 
0-23 


0-83 
0-27 


2-47 

0-80 


2-06 


1-04 
0-63 

0-29 

0-05 

0-42 
0-25 


1-04 
0-66 

0-29 

0-  10 


1-25 

0-75 


0-42 
0-27 


1-25 
0-80 


3-32 
3-45 


1-34 
1-39 


3-99 
4-14 


2  •  39 
1-85 


0-96 
0-75 


2-86 
2  "24 


1  Die  red.  Zd.  für  (lOlJ  und  (101)  wurden  konstruktiv  aus  der 
mittleren  Flächenbreite  von  (101)  (berechnet  für  Höhe  von  Ind.  1  i=  10) 
ermittelt.  Sie  beträgt  bei  Ind.  1:  4 '46  (mittl.  Fehler  0-32),  bei  Ind.  2: 
2-99  (mittl.  Fehler  0-24). 

,0  =  2- 4SI.  //  =  1  •  38  an,    ^=2- 98. 

r 

Anzahl  der  gemessenen  Zwillinge  3. 


686 


A.  Marchet, 


IL  Monte  Campione,  Kanton  Tessin. 

Einfache  Kiv^stalle. 


001 


110 


( )  1  u 


101 


Red.  Zd 

Mittl.  Felller 


Rel.  Zd. 


5-00 
0-00 


■91 


0-71 
(»•16 


0-41 


1-14 
0-19 


0-66 


3-09 
0-  13 


1  •  80 


P  ==  1  •  7 1 8,  //  =r  1  •  5 1  cm 
Anzahl  der  gemessenen  Krystalle  4. 

Zwillinge  nach  (2  3  2). 


001    110'  illO,    110'    110,   010' 


010.     101      101 


Red.  Zd. 


Mittl.  Fehler 


Ind.  1 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


Rel.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 


Vera;!.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 


5  •  00 
4-94 

0  •  00 
0-51 


2-43 
2-45 

0-73 
0-65 


1-63 
1-61 


0-79 

0-80 


4-12 
4-07 


2-00 
2-02 


2-43 
1-36 

0-73 
0-25 


0-79 
0-44 


2-00 
1-11 


1  •  93 
1-11 

0-62 
0-16 


0-63 
0-36 


1-59 
0-91 


1-23 

0-87 

0-16 
0-13 


0-40 
0-28 


1-01 
0-71 


1-23 
0-92 

0-16 
0-26 


0-40 
0-30 


1-01 

0-76 


4-50 
4-11» 


1-46 
1-33 


3-69 
3-3 


3-07 

3  •  04 


roo 

0-99 


2-53 
2  •  f)  1 


1  Die  red.  Zd.  für  (101)  und  (101)  wurden  konstruktiv  aus  den 
mittleren  Flächenbreiten  von  (101)  und  (001)  (berechnet  für  Höhe  von 
Ind.  1  =  10)  ermittelt.  Diese  betragen 

bei  Ind.  1:   (TOl)  =  3-81   (mittl.  Fehler   1-26), 

(001)  =  2-24  (mittl.  Fehler   1*26), 

bei  Ind.  2:   Joij  =  2-08  (mittl.  Fehler  O'll), 

(UUl)  =  1-81    (mittl.  Fehler  <>-03). 


rj  —  3-073,  //  =  'l-lWctn, 


R 


2  •  53. 


Anzahl  der  o-emessenen  Zwillinge  3. 


ZwillinnsverzeiTuna:  beim  StiUirolith. 


63; 


III.  Fannin  County,  Georgia,  U.  St.  A. 

Einfache  K  r  }'■  s  t  a  1 1  e. 


w  i 


1 1  <J 


<_)  1  u 


IUI 


Red.  Zd 

.Mittl.  Fehler   . . 


5-00 

Ü-00 


1  "55 

u  •  1  r. 


2-(ii 
0-25 


3-74 
0-22 


Rel.  Zd. 


1  -74 


0-54 


f.  z=  2-869,   //  =:  3-21  L-IH. 
Anzahl  der  gemessenen  Kiystalle  2. 


1-30 


Zwillinge  nach  (0  3  2). 


uoi 


IIU' 

110, 

UIO' 

U  1 0, 

tl*-*, 

110' 

IUI 

lOl 


Red.  Zd. 


Mittl.  Fehler 


hid.  1 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


Rel.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 


f)  •  00 
r>  ■  34 

0-00 
0-41 


1-11 

ri9 


2-66 
2-49 

0-21 
0-21 


0-59 
0-55 


2-66 
2-61 

0-21 
0-21 


0-59 


3-22 
3-47 

0  •  50 
0  •  38 

0-72 
0-77 


3  •  03 
3-35 

0-37 
0-44 


0-68 
0-75 


rj  —  4-487,  h  =  2-04  cm. 
Anzahl  der  gemessenen  Zwillinge  4. 


3  •  tu 

3-79 

0-51 
0-35 


0-81 
0-85 


638 


.A.  Marchet, 


Z  WM  1 1 1  n  g  e  n  a  c  h  ('2  3  2). 


001  UO'lllO,  110'  110,  lolO' lOlO,  I  101  i  101 


Red.  Zd. 


Mittl.  Fehler 


Rel.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


Ind.  1 
Ind.  2 


5-00 

2-83 

2-83 

2-42 

2-30 

3-11 

3-11 

3-85 

5  •  34 

2-89 

2-26 

2-63 

2-22 

2-10 

2  •  20 

4-34 

0-00 

0-50 

0-50 

0  •  34 

0-42 

U-GO 

0-60 

0-65 

0-73 

0-5U 

0-86 

0-46 

0-51 

0-40 
0-72 

1-16 

0-60 

0-66 

0-56 

0-53 

0-72 

0-89 

1-24 

0-67 

o-r)3 

0-61 

0-51 

0-49 

0-51 

1-01 

4-06 
4-31 

1 


0-94 
1-00 


1  Die  red.  Zd.  für  (101)  und  (101)  wurden  konstruktiv  aus  den 
mittleren  Fiächenbreiten  von  (TOl)  und  (001)  (bereclmet  für  Höhe  von 
Ind.  1  =  10)  ermittelt.   Diese  betragen 

bei  Ind.  1:  (101)  =  2-41    (mittl.  Fehler   1-48), 

(001)  =  2-69  (mittl.  Fehler   1-  10), 

bei  Ind.  2:  (TOl)  =  1-56  (mittl.  Feliler  0-72), 

(001)  =  3-11    (mittl.  Fehler  0-87). 

.0  =:  4-311,  h  =  208  c-///. 
Anzahl  der  oremessenen  Zwillin^re    13. 


IV.  Bretagne. 

Einfache  Kry stalle. 


<i01 

llo                     010           1           101 

Red.  Zd 

.Mittl.  Fehler   .  . 

5-00 
0-00 

2-02 
0-21 

3-84 
0-48 

[4-69] 
0-19 

Rel.  Zd 

1-37 

0-Ö5 

1-05 

[1-28] 

rj  :z=  3*650,    //  =  2'4(   Llll. 

Anzahl  der  fremessenen  Krvstalle    12. 


Zwilliiiysveiv.errunu-  beim   Staufnlith. 


6:^9 


Zwillino-e  nach  (0  3  2;. 


001 


HO' 

HO, 


HO, 

HO' 


010' 


010, 


101 


Red.  Zd. 


.Mittl.  Fehler 


Ind.  1 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


5  •  00 
5-41 

O-OO 
(»•82 


Rel.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 


Vergi.  Zd. 


Ind.  1 
Ind.  2 


0-96 
1-04 

1  '22 
1-32 


3-33 

3- 

3-03 

3- 

0-43 

(>• 

U-45 

0- 

0-64 

0- 

0  •  äS 

()• 

0-81 

u- 

0-74 

()• 

33 


3-80 
3-61 


43   I     0-72 


47 


0  ■  93 


3-80 
3-77 

0-72 
0-82 


0-73 
0-69 


0  •  93 
(»•88 


0-73 
0-72 


0-93 
0-91 


44 
54 

64 
79 


R 


[j  =  D- 212,  //  =  2 •  21  cm,   -^  =  1-  27. 

Anzahl  der  gemessenen  Zwillinge    10. 

Zwillinge  nach  (232). 


OUl  HO'  HO.  1110' IllO,  ;010'  010.  101   101 


Red.  Zd. 


Mittl.  Fehler 


Ind.  1 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


5-00 
5-06 

<)-00 
1-11 


Rel.  Zd. 


Ind.  1 

Ind.  2 


1-02 

1  •  04 


2-69 
2-49 

0  •  3H 
0-48 


0-55 
<i-51 


2-91 
2-93 

0-57 
0  •  54 


0-60 

0-60 


3-71 
3-27 

n-37 


0-76 
0-67 


3-71 
2-51 

0-37 
0-72 


0-76 
0-51 


5-14 
5-11 


1-05 
1-05 


5-l( 
5-3i 


1-06 
1-09 


1  Die  red.  Zd.  für  (K»])  und  (Tol)  wurden  konstruktiv  aus  den 
mittleren  Breiten  dieser  Fluchen  (berechnet  für  HiUie  von  Ind.  1  =  10) 
ermittelt.  Diese  betragen 

bei  Ind.  1:  (lol)  =  0-51   imittl.  Fehler  U-82), 

(101)  =  0-7O  (mittl.  Fehler  1-12), 

bei  Ind.  2:  (101)  =  U-76  (mittl.  Fehler   1-22), 

(101)  =  0-47  (mittl.  Fehler  0-57). 

Von    den    fünt    gemessenen  Zwillingen    zeigte  nur  einer  die  (101)- 

Flächen  überhaupt  entwickelt,  daher  ist  auch  der  mittlere  Fehler  so  groß. 

p  =  4-879,  h  =  2- 08  c///. 
Anzahl  der  gemessenen  Zwillinge  5. 


640  A.  Marchet, 

Die  Tracht  der  einfachen  Krystalle. 

Die  einfaclien  Staurolithkiystalle  zeigen  mehr  oder  minder 
schlanke  Säulenform.  Bei  allen  vier  untersuchten  Fundorten 
erscheint  die  Fläche  (010)  schmäler  als  das  Prisma  (110), 
welches  immer  die  kleinste  Zentral distanz  hat  (siehe  auch 
Taf.  I  und  11,  ?'ig.  1,  3,  6  und  9).  Das  Querprisma  (101)  ist  am 
stärksten  bei  den  Krystallen  vom  Trausnitzberg  entwickelt 
(Fig.  1).  Seine  relative  Zentraldistanz  beträgt  hier  bloß  1"25. 
Bei  den  Krystallen  von  Fannin  tritt  es  schon  etwas  zurück 
(rel.  Zd.  1'30),  noch  mehr  dann  bei  denen  vom  Mte.  Campion e 
(rel.  Zd.  1"80).  Die  einfachen  Kr^^stalle  aus  der  Bretagne  haben 
diese  Fläche  nicht  ausgebildet,  wenigstens  kam  mir  kein  ein- 
facher Krystall  mit  (lOl)-Flächen  von  diesem  Fundort  unter. 
Je  geringer  die  rel.  Zd.  der  Flächen  (110)  bei  diesen  vier  Fund- 
orten ist,  desto  größer  ist  die  der  Endfläche.  Die  Krystalle  von 
Zöptau  zeigen  bei  der  starken  Ausbildung  des  Ouerprismas 
(101)  die  Fläche  (<>01)  überhaupt  nicht  entwickelt. 

Die  Tracht  der  Zwillinge  nach  (232). 

Anders  verhalten  sich  die  Flächen  bei  den  Zwillingen 
nach  (232).  Auffallend  ist  vor  allem  die  Abplattung  nach 
(010),  die  in  den  Zeichnungen  (Taf.  I  und  II,  Fig.  2,  4,  5,  8 
und  11)  deutlich  erkennbar  ist  und  durch  die  kleineren  rel.  Zd. 
dieser  Flächen  auch  zahlenmäßig  zum  Ausdruck  kommt.  Be- 
sonders stark  ist  dies  immer  beim  Ind.  2  zu  erkennen,  wo 
sich  auch  die  Flächen  ein  wenig  verschieden  verhalten,  je 
nachdem  sie  der  Ober-  oder  der  Unterseite  angehören.  Meist 
ist  die  rel.  Zd.  der  (010^)  des  Ind.  2  etwas  größer  als  die  der 
(010').  [Für  die  Fläche  OTO  gilt  als  Gegennäche  die  Um- 
kehrung: rel.  Zd.  von  (OlO')  größer  als  die  \on  (OlO/)].  — 
Wie  aus  den  Tabellen  herxorgeht,  macht  der  Zwilling  nach 
(232)  aus  der  Bretagne  in  dieser  Beziehung  eine  Ausnahme, 
die  aber  wohl  durch  mangelhaftes  Untersuchungsmaterial 
her\orgerufen  ist.  —  Verschieden  ist  dann  auch  das  Ver- 
halten der  Flächen  (101)  und  (lOl).  Die  rel.  Zd.  der 
(101)  sind,  besonders  bei  den  Zwillingen  vom  Trausnitz- 
berg   und    vom    Mte.    Campione,    größer    als    die    der    (10 1). 


Zwillingsverzerrung  heim  Staurolitli.  (")41 

Bei  den  Zwillingen  von  Fannin  und  von  der  Bretagne  läßt 
sich  das  nicht  erkennen,  da  die  zum  Teil  entgegengesetzten 
Abweichungen  innerhalb  der  Fehlergrenzen  liegen.  Für  die 
Endflächen  (001)  ist  die  Abnahme  der  rel.  Zd.  bei  den  Zwil- 
lingen im  Vergleich  zu  den  einfachen  Krj^stallen  sehr  charak- 
teristisch. Von  großem  Interesse  für  die  Zwillings\-erzerrung 
ist  schließlich  das  Verhalten  der  aufrechten  Prismen.^  Zum 
Unterschied  von  den  einfachen  Krystallen  sind  die  rel.  Zd. 
der  Flächen  (110)  und  (110)  verschieden  voneinander.  Die 
rel.  Zd.  der  (110')  erscheint  immer  größer  als  die  entsprechende 
der  einfachen  Krystalle  und  größer  als  die  der  übrigen 
aufrechten  Prismen  des  Zwillings  auch  dann,  wenn  (110) 
durchlauft  (bei  Ind.  1).  Die  zweitgrößte  Zentraldistanz  besitzt 
die  Fläche  (110'),  auch  sie  ist  noch  größer  als  die  ent- 
sprechende des  einfachen  Krystalls.  Die  rel.  Zd.  der  Flächen 
(110^)'^  und  (iTOJ  sind  meist  weit  kleiner,  nähern  sich  denen 
der  einfachen  Krystalle  oder  sind,  namentlich  im  Ind.  2,  sogar 
noch  kleiner  als  diese. 

Aus  diesen  Angaben  geht  schon  hervor,  daß  durch  die 
gesetzmäßigen  Verzerrungen  die  Zwillingsindividuen  den  rhom- 
bischen Habitus  der  einfachen  Krystalle  verlieren.  Wenn  man 
die  Zentraldislanzen  berücksichtigt,  bleibt  bloß  das  Symmetrie- 
zentrum erhallen  und  jedes  der  beiden  Zwillingsindividuen 
bekommt  einen  triklin  holoedrischen  Habitus.  Da  weiters  aus 
später  zu  besprechenden  Ursachen  die  beiden  Zwillingsindivi- 
duen verschiedene  Gestalt  haben,  so  erscheint  auch  die  Zwil- 
lingsebene nicht  als  Symmetrieebene  und  die  dazu  senkrechte 
Zwillingsachse  nicht  als  zweizählige  Deckachse.  Es  besitzt 
also  auch  der  ganze  Zwilling  nach  (232)  bloß  einen  triklin 
holoedrischen  Habitus. 

Um  die  Verzerrungen  bei  den  Zwillingen  zahlenmäßig 
verfolgen  zu  können,  sind  in  der  folgenden  Tabelle  die  Quo- 
/; 

tienten  — —  angeführt;    dabei   bezeichnet  i)  die  vergleichbaren 


1  Die  rel.  Zd.  dieser  Flächen  bei  dem  Zwilling  aus  der  Bretagne  folgen 
den  nachstehenden  Ausführungen  infolge  der  Mangelhaftigkeit  des  Materials 
nur  teilweise. 

-  Wenn  ÜIO)  nicht  durchlauft. 


(342 


A.   Marchet, 


Zentraldistanzen  des  Zwillings,  d  die  relativen  Zentraldistanzen 

des  einfachen  Krystalls.   -—  gibt  also  an,   um  wievielmal   die 

VVachstumsgeschwindigkeiten    normal     zu     den    betreffenden 
Flächen    im  Zwilling    größer  sind    als    im    einfachen  Krvstall. 


D 


der  Zwillinge  nach  (2  3  2). 

d 


001    110'   HO,    110' jllO.  jOlO'  010,  I  101  I    101 


Trausnitzber! 


-Mte.  Campione 


Ind.   ! 
Ind.  2 

Ind.  1 
Ind.  2 


1-4 

1-4 


5-0 
4-8 

4-8 
4-9 


5-0 
1-6 

4-8 


4-6 
4-2 

4-6 
4-5 


3-9 
1-7 

3-9 
o .  o 


1-7 
1-0 

1-5 
1-1 


ri 

1-5 

1-1 


3-2 
3-3 

2-1 
1-9 


2-3 
1-8 

1-4 
1-4 


Wie    man    aus    der  Tabelle    sieht,    ist    die  Wachstums- 
geschwindigkeit   senkrecht    zur    Fläche    (HO')    am    stärksten] 
\ergrößert,   etwas  weniger  die  senkrecht  zu  HTO');    weit   ge- 
ringer ist  diese  \''ergrößerung  bei  den  entsprechenden  Flächen! 
der  Unterseite  (1 10^;  und  (110/),  sobald  (110)  nicht  wie  beim! 
Ind.  1  durchlauft.  Von  den  Querprismen  zeigt  die  Normale  aufj 
(101)  eine  ziemlich  beträchtliche,  die  auf  (TOI)  aber  eine  ziem- 
lich  geringe  Zunahme  der  Wachstumsgeschwindigkeit.    Auch! 
die  Zunahme  bei  der  Endfläche  (001)  ist  unbeträchtlich.  Ami 
wenigsten   ändert    sich   die  Wachstumsgeschwindigkeit   senk-- 
recht  auf  (010). 

Wie  Becke  schon  in  seiner  Arbeit  über  den  Dolomit^! 
betonte,  findet  eine  Beschleunigung  des  Wachstums  bei  den 
Zwillingen  hauptsächlich  längs  der  Zwillingsgrenze  statt,  und 
zwar  in  Richtungen,  die  beiden  Individuen  eines  Zwillings 
gemeinsam  sind.  In  einer  stereographischen  Projektion  erkennt] 
man  diese  Richtungen  an  dem  Zusammenfallen  von  ihnen  ent- 
sprechenden Zonen  beider  Indi\iduen. 


1  F.  Becke.   Ein  lieitrag  zur  Kenntnis  der  Kivstallformen   des  Dolomit,] 
Tschcrmak's  Min.-petrogr.  Mitt..  10.    1889.  p.  Iß-j. 


ZwillinüsverzeiTuna-  beim  Staurolith. 


643 


In  der  nachstehenden  Projektion  (Fig.  1)  sind  die  Flächen 
des  Zwillings  nach  (232)  eingetragen.  Außer  den  dünn  aus- 
gezogenen Achsenzonen  des  Grundindividuums  sind  als  starke 


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hkl 
h  k  l 


[h  k  1] 


Fig.  1. 
Zwilling  nach  (232). 

Flächen  des  Staurolithzwillings, 

Rhombendedekaeder, 

Würfel. 

Indizes  des  Grundindividuums, 

Indizes  des  Zwillingsindividuums, 

Indizes  eines  tesseralen  Krystalls, 

Achsenzonen  des  Grundindividumms. 

Kantenzonen  des  Rhombendodekaeders  und  des  Würfels, 

wichtige  gemeinsame  Zonen  des  Zwillings, 

Austrittspunkte  der  gemeinsamen  Zonenachsen, 

dazugehöriges  Zonenzeichen. 


Linien  jene  gemeinsamen  Zonen  eingezeichnet,  welche  von 
der  Zwillingsebene  (232)  zu  den  drei  Endflächenpaaren  jedes 
der  beiden  Individuen  laufen.  Es  sind  dies  die  einfachsten 
Zonen,  die  von  der  Zwillingsebene  aus  gelegt  werden  können. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  12S.  Bd.  'i5 


Ü44 


A.   Marcbet, 


ihre  Achsen  werden  daher,  wenn  man  an  das  Raumgitter  des 
Krystalls  denkt,  relativ  am  reichsten  mit  Molekeln  besetzt  sein 
und  den  stärksten  Einfluß  auf  die  Zwillingsverzerrung  besitzen. 
Das  einfachste  Zonenzeichen  als  primäre  Radialzone  [101]  hat 
die  Zone  (232)  —  (101).  Die  Beschleunigung  des  Wachstums 
in  der  Richtung  der  Achse  dieser  Zone  bewirkt  vor  allem  die 
starke  Vergrößerung  der  vergleichbaren  Zentraldistanzen  der- 
jenigen Flächen  des  aufrechten  Prismas,  die  an  der  Zvvillings- 
grenze  liegen,  d.i.  (110')  und  (110').  Den  Flächen  (lOlj  und 
(010)  geht  diese  Wachstumsrichtung  parallel,  deren  Zentral- 
distanzen werden  durch  sie  also  nicht  beeinflußt.  Da  die 
Wirkung  der  gemeinsamen  Richtungen  auf  die  Zentraldistanzen, 
wie  schon  frühere  Untersuchungen  zeigten,  um  so  mehr  sinkt, 
je  weiter  die  betreffenden  Flächen  von  der  Zwillingsgrenze 
entfernt  sind,  so  ist  die  Zunahme  der  vergi.  Zd.  der  Fläche 
(101)  geringer  als  bei  den  aufrechten  Prismen,  trotzdem  die 
Normale  auf  101  einen  viel  kleineren  W^inkel  mit  der  Zonen- 
achse einschließt.  Deutlich  läßt  sich  aber  erkennen,  daß  (101) 
eine  größere  Zentraldistanz  besitzt  als  die  unbeeinflußte  (TOl). 
Die  Fläche  (001)  liegt  von  der  Zwillingsgrenze  noch  weiter 
ab,  wird  also  noch  weniger  beeinflußt. 

Von  viel  geringerer  Wirkung  als  die  Zone  [101]  sind  die 
beiden  anderen  Zonen  (232)  — (001)  =  [320]  und  (232)  — (100)  zr 
r=  [023].  Die  Zonenachse  von  [320]  geht  parallel  der  Endfläche 
(001)  und  nahezu  parallel  dem  Prisma  (110),  während  sie  das 
Wachstum  senkrecht  zu  (110')  befördert;  sie  verursacht  also 
die  Verschiedenheit  der  Zentraldistanzen  von  (HO')  und  (HO'). 
Auch  für  die,  wenn  auch  recht  geringe  Vergrößerung  der 
Zentraldistanz  von  (OIOJ  gegenüber  der  von  (OlO'j  bei  dem 
Ind.  2  kann  diese  Achsenzone  mit  die  Ursache  sein.  Die 
gleiche  Wirkung  hat  aber  auch  die  dritte  der  gemeinsamen, 
wichtigen  Zonen  [023].  Wenn  die  Zonen  [320]  und  [101] 
nicht  beiden  Individuen  gemeinsam  wären  —  hei  den  Zwil- 
lingen nach  (032)  ist  dies  der  Fall  — ,  so  würde  die  Zonen- 
achse von  [023]  das  Wachstum  senkrecht  zu  (llO')  und 
(llOJ  befördern.  Dem  wirken  aber  die  beiden  genannten 
Zonen  entgegen.  [101]  befördert  das  Wachsen  senkrecht  zu 
(110')  und  (110')  stark  und  in  gleicherweise,  die  Achse  von 


ZwillinLiSverzcrrung  beim  Staurulitli.  645 

(■32()|  aber  schließt  mit  der  Normiilen  auf  (HO)  den  kleineren 
Winkel  ein  als  die  Achse  von  [023]  mit  der  Normalen  auf 
(110)  und  ist  daher  von  größerem  Einfluß  als  letztere.  Die 
Vergrößerung  der  Zentraldistanzen  von  (101)  und  (lOl)  be- 
wirkt sowohl  die  Zone  [320]  als  auch  die  Zone  [023],  und 
zwar  bei  beiden  Flächen  in  gleichem  Maße. 

Aus  der  Projektion  (Fig.  1)  ist  auch  ersichtlich,  daß  die 
Flächen  des  Zwillings  ganz  oder  nahezu  mit  Flächen  eines 
tesseralen  Krystalls  zusammenfallen,^  der  so  aufgestellt  ist, 
daß  die  tz-Achse  parallel  der  a-Achse  des  Stauroliths  bleibt, 
die  /'-  und  t'-Achse  aber  gegen  die  entsprechenden  Achsen 
des  Stauroliths  unter  45°  geneigt  sind,  d.  h.  daß  eine  Fläche 
des  Rhombendodekaeders  an  die  Stelle  der  Endfläche  des 
Stauroliths  gelangt.  Wie  man  aus  der  Zeichnung  ersieht,  nehmen 
(001),  (010)  und  die  Zwillingsebene  (232)  —  letztere  an- 
nähernd —  die  Lage  \on  Rhombendodekaederflächen,  die 
Flächen  des  Querprismas  und  des  aufrechten  Prismas  die 
Lage  von  Flächen  des  Ikositetraeders  (112),  respektive  (113) 
ein.  Die  drei  wichtigen  gemeinsamen  Zonen  aber  fallen  nahezu 
mit  zwei  Kantenzonen  des  Rhombendodekaeders  —  [101]  =: 
=  [111],  [320]  =:  [111]  —  und  einer  tesseralen  Achsenzone  — 
[023]  =  [010]  —   zusammen. 

Nach  allem  bisher  Gesagten  läßt  sich  bei  den  Zwillingen 
nach  (232)  also  erkennen,  daß  die  Verzerrung  durch  be- 
schleunigtes Wachsen  in  bestimmten  Richtungen  hervorgerufen 
wird.  Diese  Richtungen  erscheinen  als  Achsen  wichtiger  ge- 
meinsamer Zonen  des  Zwillings.  Die  Wirkung  dieser  gemein- 
samen Richtungen  ist  um  so  stärker,  je  einfacher  das  Zeichen 
der  Zone  ist,  deren  Achse  die  betreffende  Richtung  darstellt. 
Am  stärksten  werden  die  Zentraldistanzen  dort  vergrößert,  wo 
die  Normalen  auf  die  Flächen  mit  den  gemeinsamen  Rich- 
tungen einen  kleineren  Winkel  einschließen  und  wo  die  be- 
treffenden Flächen    an    einer  Zwillingsgrenze    liegen,    die   mit 


1  Auf  Beziehungen  zwischen  den  Winkeln  des  Stauroliths  und  denen 
des  tesseralen  Sj'stems  wurde  schon  von  C.  S.  Weiss  (Berl.  Ak.,  1831, 
p.  312),  Websky  (Pogg.  .\nn..  1863,  US,  p.  255),  Mallard  (Bull.  soc.  min., 
Paris.  1884,  7,  p.  381)  und  Cesuro  (Bull.  soc.  min.,  Paris,  1887,  10,  p.  244) 
hingewiesen. 


646  A.  Marchet, 

der  Zwillingsebene  zusammenfällt,  also  dort,  wo  diese  Rich- 
tungen zwischen  den  Normalen  auf  die  Flächen  der  beiden 
Zwillingsindividuen  liegen.^  Die  Folge  des  beschleunigten 
Wachstums  nach  bestimmten  Richtungen  ist  dann  auch,  daß 
die  Zwillinge  größer  sind  als  die  einfachen  Kr\'stalle. 

Ich  möchte  hier  noch  auf  das  Porträt  eines  nur  einseitig 
ausgebildeten  Zwillings  vom  Mte.  Campione  (Tat.  I,  Fig.  5) 
aufmerksam  machen.  In  dem  spitzen  einspringenden  Winkel 
der  beiden  Individuen,  der  von  der  Zwillingsebene  getroffen 
wird,  reagiert  das  Grundindividuum  stark  auf  die  Wirkung 
der  gemeinsamen  Richtungen.  —  Stärkeres  Wachsen  der 
Prismenflächen  und  hierdurch  Vergrößerung  \on  (010).  — 
Im  stumpfen  einspringenden  Winkel,  der  von  der  Zwillings- 
ebene nicht  getroffen  wird,  ist  das  Grundindividuum  hingegen 
ähnlich  ausgebildet  wie  die  einfachen  Krystalle. 

Die  Tracht  der  Zwilling'e  nach  (032). 

Auch  bei  diesen  Zwillingen  kann  man  eine  Beeinflussung 
der  Tracht  durch  die  Zwillingsbildung  erkennen,  wenngleich 
sie  nicht  so  groß  ist  wie  bei  den  Zwillingen  nach  (232).  Sie 
zeigt  sich  \or  allem  durch  die  Verkürzung  der  relativen 
Zentraldistanz  von  (001),  die  in  gleichem  Maße  erfolgt  wie  bei 
den  Zwillingen  nach  (232).  Die  relativen  ^entraldistanzen  der 
Flächen  (110)  und  (HO)  erscheinen  erhöht.  Beim  Zwillings- 
individuum (Ind.  2)  kann  man  auch  beobachten,  daß  die 
Wachstumsgeschwindigkeiten  senkrecht  auf  (110^)  und  (110') 
gleich  sind  und  größer  als  die  senkrecht  auf  (110'^  und  (llO/). 
Wenn  die  Flächen  des  aufrechten  Prismas  nicht  durchlauten, 
so  erscheint  daher  die  Kante  zwischen  (110)  und  (llO)  jeweils 
gegen  die  Zwillingsebene  hin  verschoben  (siehe  Taf.  I,  Fig.  7, 
und  Taf.  II,  Fig.  10).  Die  relativen  Zentraldistanzen  der  Flächen 
(101)  und  (TOl)  sind  kleiner  als  bei  den  einfachen  KrN'stallen, 


1  Ähnliche  Beobachtungen  machte  St.  Kreutz  bei  Zwillingen  von 
Calcit  (Über  die  Ausbildung  der  Kr\-stallform  bei  Calcitzwillingen.  Denkschr. 
d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  Wien,  math.-nat.  KL,  SO,  1906,  p.  15.  —  Einspringende 
Winkel  und  Wachstumsgeschwindigkeit  an  Calcitzwillingen.  Tschermak's 
Min.-Petr.  Mitt.,  2S,   19u9,  p.  490). 


Zwillinüsverzerruiit;  beim  Staurolitii. 


647 


was  durch  die  gedrungenere  Form  der  Zwillinge  bedingt  wird, 
und  einander  gleich. 

Wie  aus  diesen  Angaben  hervorgeht,  verlieren  auch  die 
Zwillinge  nach  (032)  durch  die  gesetzmäßigen  Verzerrungen 
den  rhombischen  Habitus  der  einfachen  Krystalle.  Von  den 
ursprünglichen  drei  Symmetrieebenen  bleibt  bloß  jene  il(lOO) 
erhalten,  die  senkrecht  auf  der  Zwillingsebene  steht,  von  den 
drei  zweizähligen  Deckachsen  bloß  die  tz-Achse,  die  der 
Zwillingsebene  parallel  geht.  Zwillingsebene  und  Zvvillings- 
achse  sind  bei  der  Ungleichheit  der  beiden  Individuen  keine 
Symmetrieelemente  des  Zwillings.  Da  durch  die  gesetzmäßige 
Verzerrung  das  Sj^mmetriezentrum  nicht  verloren  geht,  hat 
der  Zwilling  nach  (032)  den  Habitus  eines  holoedrischen 
monoklinen  Kr3'stalls. 

Um  das  Verhältnis  der  Wachstumsgeschvvindigkeiten  im 
Zwilling  und  im   einfachen   Krystall  darzustellen,    sind   in  der 

folgenden  Tabelle  die  Quotienten  — -  für    die    Krystalle     aus 

^  a  ' 

der  Bretagne  angeführt  {D  =  vergleichbare  Zd.   des  Zwillings, 

d  =  relative  Zd.  des  einfachen  Krystalls). 


D 


d 


-    des  Zwillings  nach  (032)  -aus   der  Bretagne. 


001 


llo, 


HO 
iTo' 


010' 


0 1  <•) 


lul 
101 


Ind.  1. 
Ind.  2. 


0-9 
1-0 


1-5 
1-3 


1-5 
1-5 


0-9 

0-8 


0-9 

0-9 


[1-0] 
[1-1] 


1   Im    einfachen    Kiystall    ist    die    Zentraldistanz    der    Flächen    des 
Quei'prismas  virtuell. 


Da    die    Zahlen    für    die    vergleichbaren   Zentraldistanzeii 
aus  dem  p.  632  angeführten  Grunde  nur    ziemlich    rohe  An- 

D 

näherungswerte  sein  dürften,  so  sind  die  \\  erte  von   — ,-  nur 

mit  einer  gewissen  Vorsicht    zu  gebrauchen.    Das  Verhältnis 
der  Zahlen   zueinander    ist    richtig,    die   absoluten  Werte   der 


648  A.   Marchet. 

Zahlen  erscheinen  aber  zu  niedrig,  da  es  den  bisherigen 
Erfahrungen  widersprechen  würde,  daß  die  Wachstums- 
geschwindigkeiten im  Zwilling  zum  Teil  kleiner  sind  (— -<:1 

.  u 

als  im  einfachen  Krystall.  Mit  Sicherheit  geht  aus  diesen 
Zahlen  aber  hervor,  daß  die  größte  Beschleunigung  des 
Wachstums  senkrecht  zu  den  Flächen  des  Zwillings  bei  (110) 
und  (110)  eintritt.  Sind  diese  Flächen  in  zwei  nicht  zu- 
sammenhängende Teile  getrennt  fbei  Ind.  2),  so  wachsen 
(110^)  und  (ITO')  rascher  vorwärts.  Wie  schon  oben  erwähnt, 
sind  das  jene  Teile,  die  an  der  Zwillingsebene  liegen.  Die 
Flächen  (101)  und  (101)  verhalten  sich  gleich  und  scheinen 
eine,  wenn  auch  wohl  geringe  Vergrößerung  der  Wachstums- 
geschwindigkeit in  der  Richtung  ihrer  Normalen  zu  erleiden. 
Dabei  ist  zu  bemerken,  daß  schon  bei  den  einfachen  Krystallen 
aus  der  Bretagne  (Taf.  II,  Fig.  9)  diese  Wachstumsgeschwindig- 
keit so  groß  ist,  daß  die  Flächen  gar  nicht  zur  Ausbildung 
gelangen.  Bei  den  übrigen  Flächen  des  Zwillings  ist  keine 
wesentliche  Änderung  ihrer  Zentraldistanzen  zu  beobachten. 
Vielleicht  wäre  noch  darauf  hinzuweisen,  daß  augenscheinlich 
die  Fläche  (010^)  etwas  rascher  vorgeschoben  wird  als  (010'). 
Zur  Erklärung  der  Verzerrung  durch  das  beschleunigte 
Wachsen  nach  gemeinsamen  Zonenachsen  des  Zwillings 
ist  die  nachstehende  stereographische  Projektion  gegeben 
(Fig.  2).  Wieder  sind  außer  den  Flächen  des  Zwillings  und 
den  fein  ausgezogenen  Achsenzonen  des  Grundindividuums 
die  einfachsten,  gemeinsamen  Zonen  des  Zwillings  als 
starke  Linien  und  die  Austrittspunkte  ihrer  Achsen  als 
Sterne  eingezeichnet.  Wie  man  sieht,  ist  bei  den  Zwillingen  nach 
(032)  die  Achsenzone  (010)  — (001)  =  [100]  beiden  Individuen 
gemeinsam.  Sie  hat  als  einfachste  Zone  auch  auf  die  Zwillings- 
verzerrung den  größten  Einfluß  und  bedingt  das  Vorschieben 
der  Flächen  des  aufrechten  Prismas.  Da  die  Achse  dieser 
Zone  den  Flächen  (001)  und  (010)  parallel  geht,  wird  deren 
Zentraldistanz  nicht  beeinflußt,  wohl  aber  kann  das  Wachs- 
tum senkrecht  (101)  und  (TOl)  vergrößert  werden,  wenn  auch 
nicht  stark,  da  diese  Flächen  nicht  an  der  Zwillingsgrenze 
liegen  und  von  der  Zonenachse  auch  weiter  entfernt  sind  als 


i 


Z\villini;sverzen-uni<  beim  Staurolith. 


649 


die  Flächen  des  aufrechten  Prismas.  Das  verschieden  starke 
Reagieren  von  (110^)  und  (HO'),  respektive  von  (110')  und 
(ITO/)  beim  Zwillingsindividuum  (Ind.  2)  ist  schon  dadurch 
erklärlich,    daß    bloß    (110/)    und    (110')    an  jener  Zwillings- 


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Y  ^-^"-^^ 

Vi 

Fig.  2. 

Zwilling  nach  (0  3  2). 
•        Flächen  des   Staurolithzwillings, 
o        Rhombendodekaeder, 
D       Würfel, 
h  k  1     Indizes  des  Grundindividuums, 
h  k  1     Indizes  des  Zwillingsindividuums, 
li  J;  1     Indizes  eines  tesseralen   Kiystalls, 
Achsenzonen  des  Grundindividuums. 


Achsenzonen  eines  tesseralen  Krystalls. 

wichtige  gemeinsame   Zonen  des   Zwillings, 

^^        Austrittspunkte  der  gemeinsamen  Zonenachsen, 
[h  k  1]    dazugehöriges  Zonenzeichen. 

grenze  liegen,  die  mit  der  Zwillingsebene  zusammenfällt,  und 
daher  stärker  vorgeschoben  werden.  Die  gleiche  Wirkung  hat 
aber  auch  die  zweite  gemeinsame  Zone  (032)  —  (100)  z=z 
—  [023].    Deren    Achse    befördert,    wie    aus    der    Projektion 


650 


-A.    Marchet. 


ersichtlich  ist,  ebenfalls  das  Wachstum  senkrecht  zu  (TlOJ 
und  (110^),  respektive  den  Gegenflächen  (HO')  und  (IIO'). 
Auch  die  Zentraldistanzen  der  Flächen  des  Querprismas  (101) 
und  (101)  können  durch  diese  gemeinsame  Richtung  ver- 
größert werden  und  schließlich  könnte  man  auch  die  geringe 
Vergrößerung  der  Wachstumsgesch\vindigkeit  senkrecht  zu 
(010')  —  (010,)  gegenüber  (010,)  =  (010')  durch  sie  erklären. 

Auch  die  Zwillinge  nach  (032)  lassen  eine  Ähnlichkeit 
mit  den  Winkeln  eines  tesseralen  Krystalls  erkennen.  Die 
Aufstellung  des  tesseralen  Krystalls  ist  die  gleiche  wie  bei 
den  Zwillingen  nach  (232).  —  flOOj  \\  (100)  und  fOllj  \\  (001) 
(siehe  Fig.  2).  —  Die  Zwillingsebene  (032)  fällt  dann  mit 
einer  Würfelfläche  nahezu  zusammen,  die  Endflächen  (001)  und 
die  Längsflächen  (010)  beider  Individuen  mit  Rhombendodekaeder- 
tlächen.  Die  Flächen  des  aufrechten  Prismas  und  die  des 
Querprismas  kommxen  mehr  oder  minder  genau  in  die  Lage 
von  Flächen  des  Ikositetraeders  (113),  respektive  (112).  Wie 
aus  der  Projektion  ersichtlich  ist,  sind  die  beiden  gemein- 
samen Zonen  des  Zwillings  aber  dann  nichts  anderes  als 
Achsenzonen  des  tesseralen  Krystalls. 

Zusammenfassend  läßt  sich  also  aussagen,  daß  die  Ver- 
zerrungen des  Zwillings  nach  (032)  hauptsächlich  durch  eine 
Vermehrung  des  Wachstums  in  der  Richtung  der  a-Achse 
hervorgerufen  werden.  Auch  hier  macht  sich  der  Einfluß 
dieser  gemeinsamen  Richtung  vor  allem  dort  geltend,  wo  die 
beiden  Zwillingsindividuen  parallel  der  Zwillingsebene  ver- 
wachsen. Dadurch  werden  bei  dem  nicht  durchlaufenden 
Individuum  (Ind.  2)  die  Kanten  zwischen  (110)  und  (110)  auf 
der  Ober-  und  Unterseite  gegen  einander  verschoben,  was  uns 
in  die  Lage  versetzt,  ohne  Winkelmessung  zu  erkennen,  welche 
von  den  beiden  Verwachsungsflächen  die  Zwillingsebene  ist. 
Sie  ist  immer  jene  Verwachsungsfläche,  der  die  Kante  zwischen 
(110')  und  (ITO'),  respektive  (110^)  und  (HO,)  nähergerückt 
erscheint. 


Die  Lage  Verzerrung. 

Außer   der  besprochenen  Zwillingsverzerrung    kann   man 
sowohl    an    den    einfachen  Krystallen  als  auch  an  den  Zwil- 


Zwülingsverzerrung  beim  Staunilith.  bol 

lingen  eine  Verzerrung  beobachten,  die  durch  die  Lage  des 
Minerals  in  dem  geschieferten  IMuttergestein  (Glimmerschiefer) 
hervorgerufen  wird. 

Ist  in  dem  Muttergestein  oder  der  Lösung,  in  der  irgend- 
ein Krystall  sich  bildet,  keine  Richtung  von  den  anderen  ver- 
schieden, so  würde  dieser  Krystall  die  Oberfläche  einer  Kugel 
annehmen,  wenn  seine  Wachstumsgeschwindigkeit  nach  allen 
Seiten  gleich  wäre,  ein  Fall,  wie  er  etwa  bei  einem  radial- 
stvahligen  Aggregat  eintritt,  bei  dem  die  Radialrichtungen 
immer  die  gleichen  krystallographischen  Richtungen  sind.  Die 
relativen  Zentraldistanzen  geben  nun  an,  wievielmal  die  Wachs- 
tumsgeschwindigkeiten in  den  Richtungen  der  Flächennormalen 
des  Krystalls  größer  oder  kleiner  sind  als  die  —  gleich  1 
gesetzte  —  Wachstumsgeschwindigkeit  der  mit  dem  Krystall 
volumgleichen  Kugel  (siehe  p.  631).  Chemisch  gleiche  Krystalle, 
die  aus  einem  Medium  auskrystallisieren,  das  keine  von  den 
arideren  ausgezeichnete  Richtung  besitzt,  müssen  bei  gleichen 
Flächen  auch  zumindest  annähernd  gleiche  relative  Zentral- 
distanzen haben. 

Anders  bei  Krystallen,  die  in  einem  Medium  wie  etwa 
ein  krystalliner  Schiefer  gebildet  wurden,  bei  dem  nur  in  der 
Schieferungsebene  alle  Richtungen  gleich  sind,  während  Rich- 
tungen unter  verschiedenen  Winkeln  zur  Schieferungsebene 
sich  verschieden  verhalten.  In  der  Schieferungsebene  ist  die 
Wachstumsgeschwindigkeit  einer  bestimmten  Flächennormale 
am  größten,  senkrecht  zu  ihr  wäre  sie  am  geringsten.  Die 
relativen  Zentraldistanzen  einer  Fläche  müssen  daher  ver- 
schieden sein,  wenn  die  Flächennormale  unter  verschiedenen 
Winkeln  gegen  die  Schieferungsebene  geneigt  ist.  Das  oben 
erwähnte  radialfaserige  Aggregat  müßte  in  diesem  Fall  eine 
Oberflächenform  ähnlich  der  eines  Rotationsellipsoids  an- 
nehmen. Es  liegt  daher  nahe,  zur  Berechnung  der  relativen 
Z.entraldistanzen  hier  nicht  den  Radius  einer  volumgleichen 
Kugel,  sondern  den  Halbmesser  eines  abgeplatteten  Rota- 
tionsellipsoids zu  benutzen,  dessen  Drehungsachse  senk- 
recht zur  Schieferung  steht.  Diese  korrigierten  relativ^en  Zentral- 
distanzen müßten  dann  bei  gleichen  Flächen  gleich  bleiben, 
gleichgültig  wie  der  Krystall  in  dem  geschieferten  Gestein  liegt. 


652  A.  Marchet, 

Die  Halbmesser  des  volumgleichen  Rotationsellipsoids 
kann  man   mittels   der  Mittelpunktspolargleichung  der  Ellipse 

(j-  = —      folgendermaßen  berechnen. 

1  —  s-  COS'^  'f 

Gegeben  seien  die  auf  den  Radius  einer  volumgleichen 
Kugel  bezogenen  relativen  Zentraldistanzen  d^  und  d.,  der- 
selben Flächenart  von  zwei  Krystallen  in  zwei  verschiedenen 
Lagen,  die  durch  die  Winkel  f^  und  'fo  der  Flächennormalen 
mit  der  Schieferungsebene  charakterisiert  sind.  Man  setzt  vor- 

erst    d';  = r-— — :^ ■   und    dl  =z .     Daraus 

^  1  — s-cos-'f^  -  1  —  c- cos- f ., 

ergibt  sich  b-  und  s-.   Aus  diesen  beiden  läßt  sich  nach  der 

Formel   a- ziz  ~ auch  die  große  Halbachse  a  der  Ellipse 

1  —  s'' 

berechnen.  Aus  der  angeführten  Mittelpunktspolargleichung 
der  Ellipse  bekommt  man  die  den  verschiedenen  cp  ent- 
sprechenden Werte  für  p.  Diese  Werte  sind  aber  noch  nicht 
ohne  weiteres  zur  Berechnung  der  korrigierten  relativen 
Zentraldistanzen  zu  verwenden,  da  wir  durch  Rotation  der 
so  berechneten  Ellipse  um  die  /^-Achse  nicht  ein  volum- 
gleiches Rotationsellipsoid  bekommen  und  da  die  beiden 
Kr3'stalle  selbst  nicht  gleiches  Volum  besitzen.  Das  berech- 
nete Rotationsellipsoid  ist  den  beiden  mit  den  Krystallen 
volumgleichen  Ellipsoiden  aber  »ähnlich«  und  besitzt  das 
gleiche  \''erhältnis   der  Achsen  a  :  b.   Das  \'olum   dieses  ähn- 

/  4 

liehen  Rotationsellipsoids   ivzz:-   a-b tz]   sei  v,  die  Volumina 

der  mit  den  zwei  Krj'stallen  volumgleichen  EUipsoide  seien 
T'j    und   Fjj.    Die  halben  Durchmesser  Pj  und  Pjj   sind    dann 

gleich  fj  V  /  — ^  und  p  v  /  ~-  •  Anal,  wie  früher  (p. 631)  kommt  man 

V  f  V   ^' 

zu  den  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen,  wenn  man 
die  reduzierten  Zentraldistanzen  der  Flächen  dividiert  durch 
die  —  der  Lage  der  Flächennormalen  entsprechenden  — 
Halbmesser    P    der    volumgleichen    Rotationsellipsoide.    Eine 


1   p  =  halber  Durchmesser   der  EIHpse,    h  =  kleine  Achse,    s  =  nume- 
rische  Exzentrizität,  -f  =  Winkel  zwischen  p  und  langer  Ellipsenachse. 


ZwillinasveizeiTuno-  beim  Staurnlitli. 


653 


Probe,  ob  die  Annahme  dieser  Rotationsellipsoide  als  \'er- 
gleichskörper  richtig  ist,  ist  dann  die,  daß  die  so  berechneten 
korrigierten  relati\"en  Zentraldistanzen  der  beiden  Kr3'stalle  aus 
demselben  Muttergestein  für  gleiche  Flächen  gleich  groß  sein 
sollen. 

In  den  folgenden  Tabellen  sind  nun  die  zur  obigen  Be- 
rechnung der  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen  nötigen 
\\'erte  für  zwei  einfache  Staurolithkrj^stalle  aus  der  Bretagne 
angeführt.  —  Die  Stufe  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  von 
Herrn  phil.  VVilh.  Koppi.  —  Der  eine  Krystall  (I)  ist  in  dem 
feinkörnigen  Glimmerschiefer  so  gelagert,  daß  die  krystallo- 
graphischen  Achsen  h  und  c  der  Schieferung  parallel  liegen, 
während  bei  Krystall  II  die  ^-Achse  zwar  in  der  Schieferungsebene 
liegt,  die  r- Achse  aber  gegen  diese  unter  etwa  45°  geneigt 
ist.  Man  kann  sofort  sehen,  daß  der  Kr3'stall  I  länger  und 
schmäler,  II  aber  kürzer  und  breiter  ausgebildet  ist.  Dies 
spricht  sich  auch  in  den  reduzierten  und  den  auf  die  volum- 
gleiche Kugel  bezogenen  relati\en  Zentraldistanzen  aus,  die 
im  folgenden  nebst  den  Winkeln  '£,^  welche  die  Flächen- 
normalen der  beiden  Krystalle  mit  der  Schieferungsebene  ein- 
schließen, angeführt  sind. 


001 


110 


010 


Red.  Zd. 


Rel.  Zd, 


5  •  00 
5  •  00 

1-70 
1-39 


0° 
45° 


1-44 
2  •  00 


0  •  49 
0-55 


64°  40' 
40° 


3-02 
3-64 

ro3 
roi 

0° 
0° 


T'j  =  loC)- 15  cm 
Tjj  =  196-65  <:;/; 


;} 


berechnet   aus 
der  red.  Zd. 


Aus  den  relativen  Zentraldistanzen  der  Fläche  (001)  und 
den  entsprechenden  Winkeln  f  wird,  wie  oben  angedeutet, 
h-  und   3-    einer    Ellipse    berechnet,     die    den    erzeugenden 


1  Diese  Winkel   lassen  sich  aus  einer  stereographischen  Projektion,    in 
der  die   Schieferungsehene  eingetragen  ist,  leicht  ablesen. 


654 


A.   Marchet, 


Ellipsen    der    volumgleichen  Rotationsellipsoide   »ähnlich«    ist. 

Man  erhält: 

b-^  —  1-451   und  s-  z=z  0-498, 
somit  auch 

^2  z=  2 •  89,  b  —  \- 205 . 

Das  Volum  v  des   »ähnlichen«   Rotationsellipsoids   ergibt 

4 
sich  aus  der  Formel  f  r=-     a'-Z'7t  mit   14-  dS7  cni'^.  Der  Wert 

für  0^~i    beträgt   1-938,  füri/-"    2-380.    In   der  folgenden 

Tabelle    sind    dann    die  Werte    für  p  =:  •  / , 

V  1 -. 0-498. cos- 'f 

dann  PjrrpX  1-938  und  Pji=pX2-38  und  schließlich 
die  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen  (kor.  Zd.)  ein- 
getragen. 


00 1 


110 


010 


Kor.  Zd. 


1 

70 

1 

39 

3 

295 

3 

308 

1 

52 

1 

51 

1-264 
1-432 


2  •  450 

3  -  40S 


0-59 
0-59 


1-70 
1  ■  70 


3-295 

4  -  046 


0-92 
0-90 


Wie  man  aus  den  Zahlen  für  die  korrigierten  relativen 
Zentraldistanzen  ersieht,  erscheinen  diese  tatsächlich  für  beide 
Krystalle  nahezu  gleich.  Es  besteht  daher  die  Annahme  zu 
Recht,  daß  in  dem  geschieferten  Gestein  die  Lageverzerrung 
bewirkt,  daß,  abgesehen  von  den  \'erschiedenheiten  der  Rich- 
tungen im  Krystall,  die  Wachstumsgeschwindigkeiten  sich  so 
verhalten  wie  die  halben  Durchmesser  eines  Rotationsellipsoids, 
das  uns  bekannt  ist,  wenn  wir  für  zwei  Krystalle  die  auf  die 
Kugel  bezogenen  relativen  Zentraldistanzen  derselben  Flächen- 
art für  zwei  verschiedene,  durch  den  Winkel  ?p  der  Normalen 
mit  der  Schieferungsebene  charakterisierte  Lagen  kennen. 


Z\villinysvcrzci-i-uni;-  heim  Staurolitli.  DOO 

Besteht  aber  diese  Annahme  für  die  einfachen  Krystalle 
zu  Recht,  so  muß  sie  auch  für  die  ZwiUinge  Geltung  haben, 
die  in  geschiefertem  Gestein  auftreten. 

Wir  erinnern  uns  hierbei,  daß,  namentlich  bei  den  Zwil- 
lingen nach  (232),  große  Verschiedenheiten  zwischen  Ind.  1  und 
Ind.  2  zu  beobachten  sind,  die  nicht  allein  durch  die  Zwillings- 
bildung hervorgemfen  sein  können.  Liegen  die  beiden  Zwil- 
lingsindividuen verschieden  zur  Schieferungsebene,  so  müssen 
aber  infolge  der  Lageverzerrung  die  beiden  Individuen  ver- 
schiedene Gestalt  bekommen.  So  wie  bei  den  einfachen  Kry- 
stallen  ist  es  aber  auch  bei  den  Zwillingen  möglich,  sobald 
man  ihre  Lage  zlh-  Schieferungsebene  kennt,  die  korrigierten 
relativen  Zentraldistanzen  zu  berechnen.  Dadurch  daß  man 
die  Zentraldistanzen  nicht  auf  eine  volumgleiche  Kugel,  sondern 
auf  das  volumgleiche  Rotationsellipsoid  bezieht,  müssen  die 
Unterschiede,  welche  die  Lageverzerrung  hervorbringt,  fallen. 
Die  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen  müssen  also  für 
gleiche  Flächen  der  beiden  Individuen  streng  genommen  gleich 
sein.  Da  es  aber  schwer  möglich  ist,  die  Lage  der  Schiefe- 
rungsebene genau  zu  bestimmen  und  Unregelmäßigkeiten  im 
Wachstum  nicht  ausgeschaltet  werden  können  und  da  ferner 
das  Rotationsellipsoid  doch  nur  angenähert  die  Beeinflussung 
des  Wachstums  im  geschieferten  Gestein  darstellt,  so  wird 
man  sich  damit  begnügen  müssen,  daß  die  Unterschiede 
zwischen  gleichen  Flächen  beider  Individuen  zwar  nicht  ganz 
verschwinden,  aber  doch  weit  geringer  sind  als  bei  Berech- 
nung der  relativen  Zentraldistanzen  mittels  des  Radius  einer 
volumgleichen  Kugel. 

Der  Gang  der  Berechnung  der  korrigierten  relatixen 
Zentraldistanzen  ist  derselbe  wie  bei  den  einfachen  Krystallen. 
Man  geht  von  den  auf  die  Kugel  bezogenen  relativen  Zentral- 
distanzen derselben  Flächenart  von  Individuum  1  und  2  des 
Zwillings  aus,  deren  Winkel  cp  (Flächennormale  zur  Schiefe- 
rung) bei  beiden  Individuen  verschieden  sind  und  berechnet 
sich  daraus  die  Hauptachsen  a  und  b  der  »ähnlichen«  Ellipse 
und  deren  Halbmesser  p  für  die  den  xerschiedenen  Flächen- 
normalen entsprechenden  Winkel  '{;.  Die  Halbmesser  des 
volumgleichen    Rotationsellipsoids    P    bekommt    man    wieder 


656 


A.   Marchet, 


nach    der    Formel    P  =  p  X 


V 


wobei    V  =  Volum    des 


Zwillings,  berechnet  aus  den  reduzierten  Zentraldistanzen, 
und  y  1=  Volum  des  »ähnlichen«  Rotationsellipsoids.  Die  korri- 
gierten relativen  Zentraldistanzen  sind  dann  wieder  die  Quo- 
tienten: reduzierte  Zentraldistanz,  dividiert  durch  entsprechenden 
halben  Durchmesser  P  des  mit  dem  Zwilling  volumgleichen 
Rotationsellipsoids. 

Im  folgenden  ist  diese  Berechnung  an  einem  losen  Zwil- 
ling aus  der  Bretagne  (Wiener  Hofmuseum,  A.  v.  397)  durch- 
geführt. Aus  der  Ausbildung  des  Zwillings  wurde  geschlossen, 
daß  die  Schieferungsebene  ungefähr  parallel  der  Z'-Achse  des 
Ind.  1  liegt  und  gegen  dessen  c^-Achse  zirka  20°  nach  rück- 
wärts geneigt  ist.  Die  Winkel  f  zwischen  den  Flächennormalen 
und  der  Schieferungsebene  (Äquatorialkreis  des  abgeplatteten 
Rotationsellipsoids),  die  reduzierten  und  die  auf  die  Kugel  be- 
zogenen relativen  Zentraldistanzen  sowie  die  Differenzen  A 
zwischen  den  relativen  Zentraldistanzen  gleicher  Flächen  der 
beiden  Individuen   sind    in    der   folgenden  Tabelle  angeführt. ' 


OD] 


1  lu 


1  Im' 


110, 


)]n 


Ind.  1 
Ind.  2 


Red.  Zd. 

Ind.  1 
Ind.  2 

Rel.  Zd. 

Ind.  1 
Ind.  2 

20° 
57° 


5-00 
4  •  08 


1  •  06 
0  •  87 


0-19 


58° 


09 


58° 
0° 


2-46 
2-76 


0-52 
0-59 


0  •  07 


58° 

0° 


2  •  80 
3-26 


0-60 
0  •  69 


0  •  09 


30° 


4-20 
4-14 


0-89 
0  •  88 


t )  •  (j  1 


Summe  der  Abweichungen 
Volumen  des  Zwillings 


Xa  =  0-45 

V  =r  43b- 79  cm\ 


1  Sowohl  (110)  als  auch  (010)   haben  hei  beiden  Individuen  oben  und 
unten  gleiche  Zentialdistanz. 


i 


Zwillinüsverzerruntr  beim  Stauroiith. 


657 


Die  Achsen  a  und  b  sowie  die  numerische  Exzentrizität  s 
einer  Ellipse,  der  die  erzeugende  Ellipse  des  volumgleichen 
Rotationsellipsoids  »ähnlich«  ist,  ergeben  sich  aus  den  relativen 
Zentraldistanzen  der  Flächen  (001)  von  Ind.  1  und  Ind.  2 
unter  Verwendung  der  entsprechenden  Winkel  cp  (siehe 
p.  652)  mit: 

Z7-^  =  0-650,    E'^  =  0-477,    ^2  =  1-243, 

b  —  0-806. 
Aus  diesen  Werten  bekommt  man 


f  =:  —  a-  b":: 
3 


4-W7  cm' 


Das   X'olum    des    Zwillings    beträgt    435  ■  79  cm\    Der   Faktor 


V 


/     V 


ist  demnach  gleich  4-700. 


In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Werte  von 

und     P  m  p  X  4  -  7 


/" 


^'=V 


0-65 


l-0-477.cos2'i 


für    die    Richtungen    der    betreffenden    Flächennormalen,    die 

red.  Zd.  \ 


korrigierten     relativen     Zentraldistanzen 


P 


und 


schließlich  die  Differenzen  §  zwischen  den  korrigierten  Zentral- 
distanzen  gleicher  Flächen  der  beiden  Individuen  angegeben. 


OÜl 


110 


110' 


110, 


010 


Ind.   1 
Ind.  2 


Ind. 

1 

p 

Ind. 

2 

Ind. 

1 

Kor.  Zd. 

Ind. 

2 

1-06 
ü-87 


4-98 
4-09 


1-00 
1  •  00 


0-00 


0-87 
1  •  03 


4-09 
4-84 


0  ■  iM) 
0-59 


0-01 


0-87 
1-11 


4-09 
5-22 


0-60 
0  ■  53 


0-07 


63 


0-05 


06 


Summe  der  Abweichungen  Xs  =  0-19. 


658  A.  Maichet. 

Wie  man  aus  obiger  Tabelle  erkennt,  sind  die  korrigierten 
relativen  Zentraldistanzen  für  gleiche  Flächen  der  beiden  Indivi- 
duen zw'ar  nicht  alle  ganz  gleich,  doch  ist  eine  bemerkens- 
werte Annäherung  zu  verzeichnen,  die  namentlich  in  den 
Summen  der  Abweichungen  hervortritt.  Während  bei  den  auf 
eine  volumgleiche  Kugel  bezogenen  relativen  Zentraldistanzen 
die  Summe  der  Abweichungen  1^  =  0-45  beträgt,  ist  sie  bei 
den  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen,  die  auf  ein  volum- 
gleiches Rotationsellipsoid  bezogen  sind,  auf  X2=:0'19  ge- 
sunken. Durch  eine  geringe  Änderung  in  der  angenommenen 
Lage  der  Schieferungsebene  könnte  das  Resultat  jedenfalls 
noch  verbessert  werden,  doch  geht  aus  diesen  Zahlen  schon 
hervor,  daß  die  Hauptursache  für  die  Ungleichheit  der  beiden 
Individuen  der  Zwillinge  die  Lageverzerrung  ist.  Analog  wie 
bei  den  einfachen  Krystallen  kann  man  die  Beeinflussung  des 
Wachstums  durch  die  Verhältnisse  im  geschieferten  Gestein 
rechnerisch  annähernd  eliminieren,  wenn  man  die  reduzierten 
Zentraldistanzen  nicht  mit  dem  Radius  der  volumgleichen 
Kugel,  sondern  mit  den  in  der  Lage  entsprechenden  halben 
Durchmessern  eines  volumgleichen  Rotationsellipsoids  in  Be- 
ziehung bringt. 

Bis  jetzt  wurde  nur  jene  Lage\-erzerrung  besprochen,  die 
in  solchen  geschieferten  Gesteinen  auftritt,  bei  denen  die  Rich- 
tungen in  der  Schieferungsebene  keine  Verschiedenheiten 
zeigen.  Besitzt  das  Muttergestein  aber  eine  Streckungsrichtung, 
so  sind  auch  die  Richtungen  in  der  Schieferungsebene  ver- 
schieden. Ein  Körper,  der  in  einem  >isotropen<  Medium  nach 
allen  Richtungen  gleich  schnell  wachsen  würde  —  ich  ver- 
weise wieder  auf  das  Beispiel  eines  radialfaserigen  Aggregats  — , 
würde  in  einem  derartigen  Gestein  eine  Form  annehmen,  wie  sie 
etwa  ein  dreiachsiges  EUipsoid  zeigt.  Denkt  man  sich  den  Ein- 
fluß der  Streckungsrichtung  sehr  stark,  so  würde  dieses  drei- 
achsige EUipsoid  sich  der  Form  eines  gestreckten  Rotations- 
ellipsoids nähern.  Ein  derartiges  Beispiel  einer  Lageverzerrung, 
ein  Staurolithzwilling  nach  (232)  aus  der  Bretagne  (Min.-petrogr. 
Institut  der  Wiener  Uni\'ersität  Nr.  5729)  (Porträt  Taf.  II, 
Fig.  12)  wurde  daraufhin  untersucht.  Zur  \'ereinfachung  der 
Rechnung  begnügte  ich  mich  mit  der  Berechnung  eines  volum- 


Zwillinirsverzerruii"-  beim  Staurulitli. 


(359 


gleichen,  gestreckten  Rotationsellipsoids,  dessen  lange  Drehungs- 
achse mit  der  Streckungsrichtung  zusammenfällt.  Die  Berech- 
nung wurde  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  früheren  Bei- 
spielen durchgeführt,  wobei  nach  der  Ausbildung  des  losen 
Zwillings  die  Lage  der  Streckungsrichtung  ungefähr  parallel 
der  möglichen  Querfläche  (lOU)  des  Grundindividuums  (Ind.  1) 
und  gleichzeitig  parallel  (TOT)  des  Zwillingsindividuums  (Ind.  2) 
angenommen  wurde.  In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Winkel  'f 
zwischen  den  Normalen  der  einzelnen  P^lächen  und  der 
Streckungsrichtung  (:=:  lange  Achse  der  »ähnlichen«  Ellipse), 
die  reduzierten  sowie  die  auf  die  volumgieiche  Kugel  be- 
zogenen relativen  Zentraldistanzen  des  Zwillings  und  schließ- 
lich die  Differenzen  A  zwischen  den  relativen  Zentraldistanzen 
gleicher  Flächen  beider  Individuen  angegeben. 


001   110'  i  IIU.   HO'  j  110.  ,  010'  t  010, 


101 


101 


Ind.  1 
Ind.  2 


Ked.  Zd.i 


Ind.  1 
Ind.  2 


Rel.  Zd.i 


Ind.  1 
Ind.  2 


71' 
51' 


5  •  UO 
.j  •  74 


1  •  2,'i 

1-44 


0-19 


66  = 
48' 


2  •  1 .1 
2-40 


0-54 
0  ■  60 


0-06 


66° 
48° 

2-15 
3  •  03 

0-54 
0-76 

0-22 


66' 
82'^ 


2-17 
2' 21 


0-54 
[0T,5] 


0-01 


66° 
82° 


1-78 
2  ■  03 


0-44 
0-51 


0  ■  0'; 


19'= 

51' 


0-35 


19° 
.-)1° 


79"= 
90' 


3 

37 

3 

37 

1 

06 

o 

Ol 

0 

84 

<J 

84 

(J 

49 

(_) 

50 

0  ■  34 


79° 
43° 

3-01 
5-27 

0-75 
1-32 

0-57 


1    Die   Zentraldistanz   von   (1  10')   ist  bei   Ind.  2    virtuell. 

Summe  der  Abweichungen  =  I^  =  1-84 
Volumen   des  Zwillings         :=  F  m  2(56- 70  cv/r''. 

Aus  den  relativen  Zentraldistanzen  der  Endflächen  (001) 
\on  Ind.  1  und  Ind.  2  und  den  entsprechenden  Winkeln  'f 
wurden  wie  früher  die  Achsen  a  und  b  und  die  numerische 
Exzentrizität  der  Ellipse  berechnet,  welche  der  erzeugenden 
Ellipse  des  mit  dem  Krystall  \olumgleichen  Rotation.sellipsoids 
ähnlich  ist: 


Sitzb.  d.  matlTem.-naturw.  Kl.,  .\bt.  I,  )'2X.  Bd. 


46 


660 


A.    Marchet, 


/7-^  =  1-434,     3--^  =  0-78,     c/-^ 
h  —  1-198,      a  —  2-553. 


6-518 


Volumen  des   »ähnlichen«   Rotationsellipsoids 

4 
V  =:  ~y  ah'z  =  15-336r/;7% 

Volumen   des  Zwillings    \' =z  'IQQ'IO  ctif.  Daraus 


V 


2-591. 


Die  folgende  Tabelle  enthält  die  Werte  von 


434 


V  1  -  0  •  78  cos'-^ 'f 


und     P  =  .oX2-591 


für  die  Richtungen   der   betreffenden  Flächennormalen,    ferner 

die  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen  '  kor.  Zd.  = '- -' ) 

P  ! 
und  die  Differenzen  o  zwischen  den  korrigierten  Zentral- 
distanzen gleicher  Flächen  der  beiden  Individuen. 


IM)  1 

11  n' 

110, 

110' 

1 10, 

010' 

010, 

101 

101 

1-25 
1-44 

1-28 
1-48 

]  -28 
1-48 

1-28 
1-21 

1-28 
1-21 

2-17 
1-44 

2-17 
1-44 

1-21 

1  -  20 

1-21 
1-57 

3-24 
3-73 

3-32 
3-83 

3-32 
3-83 

3-32 

3-14 

3-32 

3-14 

5-62 
3-73 

5-62 
3-73 

3-14 
3-11 

3-14 
4-07 

]  -54 
1-54 

0-65 
0-63 

0-65 
U-79 

0  •  65 
LO-70] 

0  •  54 
0-65 

0-60 
0-53 

0  ■  60 
0-54 

1-11 
1-16 

0-96 
1-29 

0  •  00 

0-02 

0-14 

0-05 

O-ll 

0-07 

0-06 

0  •  05 

0-33 

Ind.  1 
Ind.  2 


Ind.  1 
Ind.  2 


Kor.  Zd. 


Ind.   1 
Ind.  2 


Summe  der  Abweichungen  Xe=z:0*83. 

Auch  bei  diesem  Zwilling   kann  man   ein  starkes  Sinken 
der    Abweichungen    zwischen    den    Zentraldistanzen    gleicher 


Zwlllinysverzerj-uiiL;-  beim   Staun ilith.  bt) I 

Flächen  der  beiden  Individuen  beobachten,  wenn  man  statt 
der  auf  eine  volumgleiche  Kugel  bezogenen  relativen  Zentral- 
distanzen (Ia  '=■  1"84)  die  korrigierten  relativen  Zentraldistanzen 
(X;  z=.  0-83)  verwendet,  die  sich  in  diesem  Falle  auf  ein 
gestrecktes,  volumgleiches  Rotationsellipsoid  beziehen.  Wie 
schon  früher  erwähnt  wurde,  hätte  für  diesen  Zwilling  eigent- 
lich richtiger  ein  dreiachsiges  EUipsoid  berechnet  werden 
sollen.  Die  Ungenauigkeit  in  der  richtigen  Bestimmung  der 
Lage  der  Streckungsrichtung  veranlaßte  mich  aber,  daß  ich 
mich  mit  der  viel  einfacheren  Berechnung  eines  Kotations- 
ellipsoides  begnügte,  das  ja  eine  größere  Annäherung  an  den 
Einfluß  der  Lageverzerrung  darstellt  als  die  mit  dem  Krystall 
volumgieiche  Kugel. 


Die  obigen  Rotationsellipsoide  stellen  eine  Annäherung 
an  die  Gestalt  eines  mit  dem  betreffenden  einfachen  Krystall 
oder  Zwilling  volumgleichen  Körpers  dar,  der  etwa  wie  ein 
radialstrahliges  Aggregat  ohne  \Vachstums\erschiedenheiten 
in  sich  selbst  in  dem  gleichen  geschieferten  Muttergestein 
gewachsen  wäre.  Die  verschiedenen  Richtungen  in  dem  Ge- 
stein bedingen  schon  für  sich  verschiedene  VVachstums- 
geschwindigkeiten,  für  welche  die  halben  Durchmesser  des 
Ellipsoids  ein  Maß  sind.  Dadurch,  daß  man  die  reduzierten 
Zentraldistanzen  des  Krj^stalls  durch  die  entsprechenden  Halb- 
messer des  \olumgleichen  Ellipsoids  dividiert,  d.  h.  daß  man 
die  verschiedenen  Wachstumsgeschwindigkeiten  eines  volum- 
gleichen Körpers  ohne  molekulare  Richtlinien  in  jenen  Rich- 
tungen, die  der  Lage  der  betreffenden  Flächennormale  ent- 
sprechen, jeweils  gleich  1  setzt,  erreicht  man  dann,  daß  die 
so  erhaltenen  korrigierten  Zentraldistanzen  von  dem  Einfluß 
der  Lageverzerrung  befreit  sind.  Diese  Zentraldistanzen  haben 
also  die  gleiche  Bedeutung  wie  die  auf  den  Radius  eine:- 
volumgieichen  Kugel  bezogenen  relativen  Zentraldistanzen 
eines  Krj^stalls,  der  in  emem  Medium  gewachsen  ist,  welches 
keine  Verschiedenheiten  in  den  verschiedenen  Richtungen  er- 
kennen läßt.  So  wie  diese  Zentraldistanzen  haben  auch  die 
korrigierten    relativen    Zentraldistanzen     für    gleiche    Flächen 


A.   Marchet. 


mehrerer  Krystalle  gleicher  Art  vom  selben  Fundort  annähernd 
dieselbe  Größe.  Die  Unterschiede  zwischen  den  korrigierten 
relativen  Zentraldistanzen  verschiedener  Krystallflächen  werden 
hauptsächlich  durch  die  dem  Krystall  eigenen  Verschieden- 
heiten der  Wachstumsgeschwindigkeit  in  der  Richtung  der 
Flächennormalen  hervorgerufen  und  geben,  wenn  man  Zwil- 
linge mit  einfachen  Krystallen  vergleicht,  ein  Bild  für  die 
Zwillingsverzerrung.  Man  kann  an  den  drei  angeführten  Bei- 
spielen erkennen,  daß  die  Zwillingsverzerrung  sich  so  äußert, 
wie  durch  das  Zusammenfassen  der  Messungen  an  mehreren 
einfachen  Krystallen  und  Zwillingen  vom  gleichen  Fundort 
gefunden  wurde.  Daß  Abweichungen  vorkommen,  die  der 
gesetzmäßigen  Zwillingsverzerrung  widersprechen  —  z.  B- 
hohe  korrigierte  Zentraldistanzen  der  Flächen  (llOj  und 
(101)  bei  Ind.  2  des  letzten  Beispiels  (p.  660)  und  der  Flächen 
(ITO/)  und  (010)  im  vorletzten  Beispiel  (p.  657)  —  hat  seine 
Ursachen  in  Unregelmäßigkeiten  des  Wachstums,  die  wir 
nicht  verfolgen  können,  und  beweist  nur,  daß  einzelne  Beob- 
achtungen nicht  genügen,  um  Gesetzmäßigkeiten  zu  finden, 
sondern  daß  erst  durch  Zusammenfassen  möglichst  vieler 
Einzelbeobachtungen  die  Unregelmäßigkeiten  erkannt  uncl  das 
Gesetzmäßige  herausgeschält  werden  kann. 


ZwillintisverzeiTimi;   neiin  Stauiolith.  Duo 


Bemerkungen   zu  den  Tafeln. 

Die  Zeichnunyon  sind  nach  dun  mittleren  reduzierten  Zentraidistanzeii 
konstruiert.  Bloß  Fig.  5  und  12  stellen  zwei  vergrößerte  Porträts  von  Zwil- 
lingen nach  (232)  dar.  Alle  Zwillinge  nach  (232)  sind  so  abgebildet,  daß 
die  (bei  Züptau  virtuelle)  Zentraldistanz  der  Fläche  (001)  2' 5  cm  beträgt, 
die  einfachen  Krystalle  und  die  Zwillinge  nach  (032)  so,  daß  sie  mit  jenen 
jeweils  volumgleich  sind.  Die  Linien  neben  den  einfachen  Krystallen  vom 
Trausnitzberg  bei  Zöptau  (Fig.  1)  und  vom  .Monte  Campione  (Fig.  3)  stellen 
dar,  wie  groß  die  c-.\chse  dieser  Kiystalle  gezeichnet  werden  müßte,  wenn 
das  Grüßenverhältnis  zwischen  dem  einfachen  Krystall  und  dem  Zwilling 
nach  (232)  vom  gleichen  Fundort  dem  in  der  Natur  entsprechen  würde.  Die 
in  der  Tafelerklärung  angegebenen  Vergrößerungszahlen  geben  die  lineare 
Vergrößerung  der  Zeichnung  gegenüber  der  wirklichen  mittleren  (Iröße  der 
untersuchten  Krystalle. 

Tafel  I. 

l'"ig.  1.      Einfacher     Krystall.     Trausnitzberg     bei     Züptau.     Vergr.     zirka 

10^/5  mal. 
F'ig.  2.      Zwilling  nach  (232),  Fundort  wie  Fig.  1.   Vergr.  zirka  3&.^mal. 
Fig.  3.      Einfacher  Krystall,  Monte  Campione,   Kanton  Tessin.  Vergr.  zirka 

6  mal. 
Fig.  4.      Zwilling  nach  (232),  Fundort  wie  Fig.  3.  Vergr.  zirka  2^  ;.  mal. 
Fig.  5.      Porträt    eines    bloß    einseitig    ausgebildeten    Zwillings    nach    (232). 

Fundort  wie  Fig.  4.  Vergr.  zirka  2i/j;^mal  (siehe  p.  646). 
F'ig.  G.      Einfacher    Krystall,    Fannin    County,     Georgia,    U.  St.  A.     \'ergi. 

zirka  21'..  mal. 
Fig.  7.      Zwilling   nach  (032),  Fundort  wie  Fig.  6.  Vergr.   zirka  2  •'/;,  mal. 
Fig.  8.      Zwilling    nach  (232),  Fundort  wie  Fig.  6.   Vergr.   zirka   2-r,mal. 

Tafel  IL 
Fig.  9.     Einfacher  Krj'stall,  Bretagne.  Vergr.  zirka  2-';),mal. 
Fig.  10.   Zwilling  nach  (032),  Fundort  wie  Fig.  9.   Vergr.  zirka  21/,^  mal. 
Fig.  11.   Zwilling  nach  (232),  Fundort  wie  Fig.  9.   Vergr.  zirka  2'^r^ma.\. 
Fig.  12.   Porträt    eines   gestreckten  Zwillings   nach  (232),    Bretagne.    Vergr. 
zirka   1'  ^mal  (siehe  p.  ().")8). 


Marehet  A.:  Zwillings-  und  Lageverzerrung-  beini  Staurolith. 


Taf.  f. 


Fig.  8 
Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  mntli.-natuiw.  Klasse,  Abt.  1,    128.  Bd.,   lOli». 


Marehet  A. :  Zwillings-  und  Lageverzerrung  beim  Staurolith.  Taf.  II. 


J-- 


l-ig.  9 


Fig.  11 


Fi-.   12 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  1,  12S.  Bd.,    lOlli. 


665 


Über  Hydathoden  bei  Araceen 

Von 

stud.  phil.  Lene  Müller  (Neuß  a.  Rhein) 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institut  der  Universität  in  Wien 
Nr.  132  der  zweiten  Folge 

(Mit  3  Textfiguren  und  2  Tafeln) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  9.  Oktober  1919) 

A.  Einleitung. 

Auf  Anregung  meines  hochverehrten  Lehrers,  Herrn  Hof- 
rat Prof.  Dr.  H.  Molisch,  beschäftigte  ich  mich  seit  Ende 
1917  mit  dem  Studium  der  Hydathoden  der  Araceen.  Da  im 
Januar  1918  mehrere  Exemplare  von  Amorphopluillns  Rivievi 
im  Gewächshause  des  Instituts  zum  Blühen  kamen,  so  wurde 
zunächst  das  seltsame  Phänomen  der  starken  Saftausscheidung 
am  Appendix  des  Blütenkolbens  dieser  Pflanze  untersucht. 
Diesem  folgten  dann  im  Laufe  des  Jahres  weitere  Beob- 
achtungen über  liquide  Sekretion  der  Araceen,  die  sich  aber 
hauptsächlich  auf  Blattspitzen  bezogen.  Etwa  Mitte  November 
ließ  sich  ein  eigentümlicher  Blattdimorphismus  bei  einer  Potlios- 
Art  konstatieren,  auf  Grund  des  \'erschiedenen  \'orkommens 
hydathodenähnlicher  Organe.  Den  Ergebnissen  zufolge  teilt 
sich  demnach  vorliegende  Arbeit  in  folgende  Abschnitte: 

I.  Die  Saftausscheidung  am  Appendix  des  Blütenkolbens 
von  Aniorphoplialhts  Rivieri. 

II.  Die  Saftausscheidung  an  Blattspitzen  von  Araceen: 

1.  Tj'pus  PJiiloJeiiJroii; 

2.  Typus  Alocasia; 

3.  Typus   Colocasia  antiqiiorniu. 

III.  Hydathoden  und  Blattdimorphismus  bei  Poilios gracilis. 


666  ]..   Müller, 

Bevor  auf  die  eigenen  Untersuchungen  nälier  eingegangen 
werden  soll,  möge  noch  bemerkt  werden,  daß  das  ^hlterial 
zu  vorHegender  Arbeit  teils  aus  dem  Gewächshaus  des  lu- 
stituts,  teils  aus  dem  botanischen  Garten,  ferner  aus  den 
Gewächshäusern  in  Schönbrunn  und  den  Rothschild-Gärten 
in  liebenswürdiger  Weise  zur  Verfügung  gestellt  wurde,  wofür 
ich  auch  an  dieser  Stelle  meinen  Dank  sagen  möchte. 

Die  Zeichnungen  wurden  mit  dem  Abbe'schen  Zeichen- 
apparat nach  Handschnitten  oder  nach  aufgehelltem  Material 
entworfen. 

Was  die  bisherigen  literarischen  Ergebnisse  der  Unter- 
suchungen über  liquide  Ausscheidung  speziell  bei  Araceen 
anbetrifft,  so  wird  darauf  im  Laufe  der  Arbeit  jeweils  Bezug 
genommen  werden. 

B.  Eigene  Beobachtungen. 

I.  Die  Saftausscheidung  am  Appendix  von  Aniorphophallus 

Rivieri. 

1.  Das  auffallende  Phänomen  der  starken  Saftausscheidung 
am  Appendix  von  Aiiiorpliopluiilns  Rivieri  wurde  seit  Jahren 
von  Herrn  Hofrat  Molisch  beobachtet  und  er  regte  mich  an, 
dies  näher  zu  untersuchen.  Weiterhin  erfuhr  ich  durch  ihn, 
daß -diese  Aracee  sich  unter  dem  Namen  »Tränenbaum«  immer 
mehr  als  Zimmerpflanze  einbürgere.  Erkundigungen,  die  ich 
hierüber  bei  Leuten,  die  im  Besitz  von  Amorpliopluil/tis- 
Knollen  sind,  einzog,  brachten  mich  zu  dem  Ergebnis,  daß 
die  Pflanze  den  Namen  Tränenbaum  im  V'olksmund  wohl  der 
Ausscheidung  von  kleinen  Tröpfchen  an  dem  großen,  fuß- 
förmig  zerschnittenen,  sich  in  den  Sommermonaten  ent- 
wickelnden Blatt  verdanke,  worauf  später  näher  eingegangen 
^\'erden  soll.  In  der  bisherigen  Literatur  finden  sich  keine 
Angaben  über  die  Ausscheidung  am  Appendix  des  Blüten- 
kolbens. Die  Kenntnis  dieses  Phänomens  wurde  mir  durch 
meinen  verehrten  Lehrer  vermittelt.  Der  Grund,  warum  die 
Erscheinung  der  Guttation  am  Appendix  noch  nicht  beob- 
achtet wurde,  liegt  wahrscheinlich  darin,  daß  diese  Pflanze 
unter  Kulturbedingungen  nicht  gerade  häufig  zur  Blüte  gelangt. 


HvdatlmdL-n  bei  Aracoen. 


667 


Etwa  Anfan,^-  Januar  hegiiint  sich  dei'  iJUiteiT-cliaft  zu  entwickeln.  Sein 
Wachstum  ist  ein  sehr  schnelles,  besonders  wenn  er  das  letzte  Scheiden- 
blatt verlassen  hat.  An  meliicren  Exemplaren,  die  ungefähr  eine  Höhe  von 
20  bis  28  cm  erreicht  halten,  als  der  Blütenschaft  hervorkam,  stellte  ich 
din-ch  Mcssunoen  eine  tä.nliche  Waciistumszunahme  von  3  cm  fe^t.  An 
wärmeren  Tagen,  wie  z.  B.  vom  li>.  auf  den  11.  Februar  1918,  betrug  die 
Zunahme  sogar  41'.,  r///.  .Am  22.  Februar  hatte  der  .Schaft  eine  Höhe  von 
92  cm  erreicht.  An  diesem  Tage  begann  sich  die  Spatha  zu  öffnen,  nachdem 
in  den  letzten  Tagen  ihre  anfänglich  hellgrüne,  gesprenkelte  Farbe,  die  mit 
der  des  Schaftes  übereinstimmte,  allmählich  in  eine  gescheckt  violette  über- 
gegangen war.  Der  .Appendix  trat  immer  mehr  aus  der  Spatha  heraus.  .Am 
25.  Februar  hatte  die  Pflanze  eine  Höhe  von  1  ;//  und  damit  ihre  definitive 
Länge  erreicht.  .Am  folgenden  Morgen  hatte  sich  die  Spatha  geöffnet,  so 
daß  man  vollends  in  den  von  ihr  gebildeten  Becher  hineinschauen  konnte, 
der  unten  die  Infloreszenz  zeigte.  Die  gestern  noch  weißen  männlichen 
Blüten,  die  über  den  weiblichen  stehen,  zeigten  einen  rötlichen  Hauch.  Der 
K'olben  begann  einen  starken  aasartigen,  an  eine  Raubtieimenagerie  er- 
innernden Geruch  zu  verbreiten,  ähnlich  dem  von  Stcipelia  und  Phallus. 
Gegen  6''  abends  zeigten  sich  am  unleren  Teil  des  Appendix,  in  einer 
Höhe  von  zirka  10  cm,  die  ersten  kleinen,  wasserhellen  Saftperlchen,  die 
liöher  hinauf  an  Zahl  abnahmen;  der  oberste  Teil  des  Kolbenanhanges  war 
vollständig  trocken.  Zeitig  in  der  Früh  am  folgenden  Morgen  hatte  sich  die 
.Ausscheidung  verstärkt.  Die~  Perlchen  an  der  Basis  waren  zu  mehr  minder 
großen  Tropfen  geworden,  darüber  hatte  die  Zahl  der  Tröpfchen  zugenommen. 
Gegen  Mittag  hatte  sich  die  Ausscheidung  bis  zur  Spitze  ausgedehnt.  In  den 
folgenden  Tagen  verstärkte  sich  die  Ausscheidung  und  die  Tropfen  ver- 
einigten sich  zu  kleinen  Lachen.  Die  männlichen  Blüten  gingen  allmählich 
über  Rosarot  ins  Braune  bis  Schwarzbraune  über.  Parallel  hierzu  ent- 
wickelten sich  auch  die  Gynoecien.  Die  Ausscheidung  zeigte  sich  besonders 
in  diesen  Tagen  zeitig  in  der  Früh  und  gegen  Abend.  Allmählich  .setzte 
auch  das  Ausstäuben  des  Pollens  in  kohärenten  Massen  ein.  Nachdem  aber 
am  8.  bis  9.  März  die  Anthese  vollends  ihren  Höhepunkt  erreicht,  war  auch 
die  Guttation  am  stärksten.  Mit  der  Abnahme  der  Bestäubung  ließ  auch  die 
liquide  Sekretion  nach,  um  schließlich  völlig  zu  stagnieren.  Es  trat  dann  ein 
Welken   ein   und   der  hohe   Schaft  sank. 

Nach  die.sen  Beobachtungen  ist  anzunehmen,  daß  die 
Saftau.sscheidung  zu.sanimenhängt  mit  den  .-^ich  steigernden 
Lebensvorgängen  im  Innern  der  Pflanze  zur  Zeit  der  Be- 
stäubung. Bei  der  Anthese  findet  auch  eine,  wenn  auch  nicht 
so  hochgradige  wie  bei  Sanroiiiaiitiii,  so  doch  immerhin 
nennenswerte  Erhöhung  der  Temperatur  des  Kolbens  um 
2  bis  H°  gegenüber  der  der  Umgebung  statt.  Es  ist  wahr- 
scheinlich,   daß    die    Saftausscheidung    als    blütenbiologische 


ks 


L.  Müller, 


Einrichtung  aufzufassen  ist  und  zugleich  mit  der  Erwärmung 
des  Appendix  und  mit  dem  starken  aasartigen  Geruch  in  der 
Heimat  dieser  Aracee  anlockend  auf  die  Insekten  wirkt  und 
so  eine  Kreuzbefruchtung  begünstigt.  Der  gleiche  Vorgang 
ließ  sich  bei  mehreren  Exemplaren  beobachten,  die  alle  mehr 
minder  klar  die  Saftausscheidung  zeigten,  und  zwar  alle  in 
derselben  Rhythmik.  Bei  der  Nachprüfung  meiner  vorjährigen 
Beobachtungen  in  diesem  Jahre  stand  mir  sogar  eine  Pflanze 
zur  Verfügung,  deren  Blütenschafthöhe  l'Aö  cm  betrug,  wovon 
allein  auf  den  Kolbenanhang  43  cm  entfielen. 

2.  Um  nun  den  Ort  der  Ausscheidung  kennen  zu  lernen, 
untersuchte  ich  den  anatomischen  Bau  des  Appendix.  Wie 
schon  erwähnt,  setzt  sich  der  Blütenkolben  in  eine  braun- 
rote, schwere,  oft  beträchtlich  lange  Keule  fort,  die  aus  dem 
von  der  Spatha  gebildeten  Becher  hervorragt.  Dieser  Kolben- 
anhang ist  das  saftausscheidende  Organ.  Er  besteht  aus  einem 
lockeren,  zum  Teil  hohlen,  zentralen  Wassergewebszylinder, 
der  von  vielen  Gefäßbündeln  durchzogen  ist.  Diesen  umgibt 
ein  mehr  minder  dicker  Parenchymmantel,  der  aus  dünn- 
wandigen, stärkereichen  Zellen  besteht.  Ich  behandelte  sowohl 
Flächen-  wie  Querschnitte  des  Appendix  mit  Eau  de  Javelle 
oder  mit  Chloralhydrat,  um  die  Präparate  aufzuhellen  und 
um  das  Anthokyan,  welches  vornehmlich  die  subepidermale 
Zellschicht  erfüllt  und  wodurch  der  Appendix  seine  schwarz- 
rot-braune Farbe  hat,  zu  zerstören. 

Ein  Flächenschnitt  zeigt  bei  schwacher  \'ergrößerung 
folgendes:  In  der  rot  gefärbten  Zellschicht  liegen  die  Wasser- 
spalten: denn  als  solche  glaube  ich  die  in  Mengen  auf- 
tretenden Spaltöffnungen  ansprechen  zu  dürfen.  Wenigstens 
finden  sich  sonst  keine  Organe,  durch  die  die  liquide  Sekre- 
tion erfolgen  könnte.  Die  Hydathoden  treten  als  grüne  Appa- 
rate hervor,  und  zwar  immer  einzeln,  nicht  wie  z.  B.  bei  den 
Blättern  von  Boelimeria  in  Gruppen  angeordnet.  Für  den 
oberen  Teil  des  Appendix  ergab  sich  bei  Flächenschnitten  in 
1  Gesichtsfeld,  bei  Anwendung  von  Okular  2  und  Objektiv  3 
des  Reichertmikroskops,  die  Durchschnittszahl  20,  im  mittleren 
Teil  23  und  im  unteren,  über  der  Infloreszenz,  27.  Es  war 
ja  auch  dt;r  untere  Teil,   der  zuerst  und  am  deutlichsten  die 


Hydathndcn    bei   Aiacecn.  669 

Ausscheidung  zeigte.  Obwohl  die  Guttation  am  Appendix 
höchst  auffallend  ist,  so  zeigt  doch  der  anatomische  Bau  der 
einzelnen  Hydathode  weder  durch  seine  Form  noch  durch 
seine  Größe  etwas  besonderes.  Von  der  Fläche  betrachtet, 
tritt  er  dadurch  hervor,  daß  unterhalb  der  Spaltöffnungen  und 
ihren  Nebenzellen  —  teils  findet  man  einen,  teils  zwei  mehr 
minder  vollständige  Kreise  von  Nebenzellen  —  das  Chloro- 
ph}-!!  nicht  durch  das  Anthokj'an  verdeckt  ist.  Eine  aut- 
fallende Dimension,  wie  sie  bei  anderen  Araceen  an  den 
Wasserspalten  der  Blätter  zu  verzeichnen  ist,  fällt  hier  nicht 
auf  (Fig.  2). 

Betrachten  wir  nun  den  Querschnitt  (Fig.  Ij.  Die  Leitungs- 
bahnen der  das  lockere,  maschige  Mittelgewebe  durchziehenden 
Gefäßbündel  vereinigen  sich  im  Parenchym  zu  Hauptästen,  die 
ihre  Ausläufer  bis  wenige  Zellen  unterhalb,  oft  direkt  bis  zur 
Atem-,  respektive  Wasserhöhle  der  einzelnen  Wasserspalte 
senden  (Fig.  1,  //').  Ein  Epithemgewebe  ist  nicht  vorhanden. 
Es  fällt  also  die  Annahme  einer  lokalen  Druckfiltration  fort, 
da  wir  nach  Haberlandt^  meistens  dort  lokal  aktives  Aus- 
pressen von  Flüssigkeit  vor  uns  haben,  wo  ein  Epithem  vor- 
handen. Die  Annahme  einer  einfach  fortgeleiteten  Knollen- 
druckfiltration wurde  durch  den  Versuch  bekräftigt,  daß  ein 
unbeschädigter  Ainorpliopliallns  zirka  3  cui  über  der  Knolle 
unter  Wasser  abgeschnitten  wurde  und  der  Schaft  mit  dem 
Kolben  in  Wasser  stehen  blieb.  Die  Ausscheidung  ging  nur 
noch  kurze  Zeit  in  kleinen  Wasserperlchen  vor  sich  zufolge 
des  noch  im  Blütenschaft  vorhandenen  Überdruckes,  dann 
hörte  sie  auf.  Dagegen  zeigte  die  Schnittfläche  des  Schaft- 
stumpfes eine  reichliche  Ausströmung.  Es  ist  also  anzunehmen, 
daß  die  Betriebskraft  für  die  Ausscheidung  vom  Knollendruck 
geliefert  wird,  der  dann  durch  die  Gefäße  in  dem  maschigen 
Gewebe  vveitergeleitet  wird.  Dieser  Knollendruck  ist  ein  Ana- 
logen des  Wurzeldruckes.  Die  Tatsache,  daß  hier  von  der 
Knolle,  also  von  einem  Stamm,  ein  osmotischer  Druck  ge- 
liefert  wird,    muß   betont  werden,    da  ein  solcher  Druck,    der 

t  Haberlandt  G.,  Anatomisch-physiologische  Unters,  über  d.  trop. 
I.aubhlatt.  Abhandl.  II,   1895.  Sitzungsber.  d.  AUad.  d.  Wiss.  Wien. 


670  L.  Mül   er. 

schließlich  zur  Guttation  führt,  zwar  bei  Wurzeln  etwas 
^gewöhnliches,  bei  einer  Knolle  aber  bisher  meines  \\'issens 
nicht  bekannt  war. 

In  Fällen,  wo  die  Tracheiden-  und  Tracheenenden  nicht 
direkt  bis  zur  Wasserhöhle  reichen,  tritt  wohl  eine  lokale 
Injektion  der  Interzellularen  im  Rereich  der  Hydathoden  ein. 
Die  Spaltöfl'nungen  ihrerseits  sind  nun  die  Stellen  des  ge- 
ringsten Filtrationswiderstandes,  durch  die  der  unter  einem 
bestimmten   Druck  stehende   Saft  ausgepreßt  wird. 

'S.  Um  die  Untersuchungen  über  die  Ausscheidung  am 
Kolbenanhang  von  AmorplwphalJns  zu  vervollständigen,  wurde 
die  ausgeschiedene  Flüssigkeit  mit  folgenden  Resultaten  ana- 
lysiert:^ 

a)  Die  aiil';ingliche  Veiniutung,  dem  Geruch  nach  zu  schließen,  dat.i 
<.'\-entuell  Indul  oder  Skatol  vorlianden  sein  könnten,  ergaben  bei  den 
Reaktionen  -  sowohl  mit  Oxalsäure  wie  mit  Vanillinsalzsäure  und  mit  Para- 
dimethylaminobenzaldehyd  ein  negatives  Resultat.  Es  trat  in  keinem  I'alle 
eine  Färbung  der  mit  der  ausgeschiedenen  Flüssigkeit  getränkten  Filtrier- 
papierstreifen ein.  wogegen  die  Kontrollvcrsuche  mit  sehr  verdünntem  Indol 
eine  rosa,  beziehungsweise  rosa-violette  Färbung  ergaben.  AlicIi  die  Holz- 
rcaktion  auf  Indol  hin  war  vollständig  ergebnislos. 

/')  Bei  der  Prüfung  auf  eventuellen  Zuckergehalt  zeigte  die  Flüssigkeit 
den  Reagenzien  gegenüber  ein  gleiches  Verhalten  wie  Kon  troll  versuche  mit 
einer  sehr  verdünnten  Zuckerlösung.  Die  Molisch-Reaktionen  mit  a-Naphtol, 
beziehungsweise  Thymol -h  konzentrieite  H., .S0|  im  Überschuß  zeigten  einen 
schwachen  Vertauf.  Die  Senft'sche  Zuckerprobe  mit  salzsaurem  Phenylhytirazin 
in  Glyzerin -+- Xatriumacetat  in  Glyzerin  (beide  im  Verhältnis  1:  10)  verlief 
schwach.  I-"s  trat  Gelbfärbung  ein   und  Osazonkr3-stalle  fielen  in  Spuren   aus. 

c)  Die  Ausliauchung  von  Trimethylamin,  wie  sie  Wicke-*  füi-  die 
Blüten  von  CJieiiopodiuiii  Viilvaria  und  Cralaex'ii^  Oxyacautha  konstatierte, 
wurde  auch  hier  nachgewiesen.  Beim  X'erreiben  des  Saftes  oder  eines 
Stückchens  vom  Appendi.x  zwischen  den  Fingern  tritt  deutlich  der  Geruch 
nach  Häringslakc  auf.  Ein  mit  verdünnter  Salzsäure  benetzter  Glasstab,  den 
man  in  die  Nähe  des  Kulbenanhanges  bringt,  erzeugt  Bildung  von  leichten 
Nebeln.  Ebenso  entstehen  leise  Wölkchen,  wenn  man  einer  in  einer  kleinen 
Schale  gesammelten  Menge  der  sezernierenden  Flüssigkeit  Salzsäure  nähert. 
Weiteiliin  wuide  das  .'\min    nachgewiesen    dadui'ch,    daß  Tropfen   des  Saftes 


1   Die    nachstehenden    Ergebnisse    verdanke    ich    der    freundlichen    Mit- 
liilfe   des   Herin  Assistenten  Dr.  G.  Klein. 

-  iMolisch   H.,   Mikrochemie  der  Pflanzen,   .lena.  Fischer,    1918. 
3  Wicke  W.,   Bot.  Zeitg..   1862,  p.  393. 


llydathudcn   bei   Aiacecn.  671 

über  Platinclilorid  verdampften,  nachdem  vorlier  das  Tiimetliylamin  durch 
l\alilaui;e  entbimden  wurde.  Ks  zeigten  sich  die  charakteristischen  Ammn- 
niunichloroplatinatkrystalle ;  daneben  traten  noch  Salpetei'kr\'stalle  als  l^hom- 
hen  und   l'risnien  auf. 

Die  Flüssigkeit  an  sich  ist  hyahn,  wasserhell  und  von  fadem  Ge- 
schmack. In  verschlossenen  Gefiißen  aufbewahrt,  trübt  sie  sich  und  laßt 
zarte  Flocken   zu   Boden  fallen. 

Fine  größere  Quantität  der  mittels  feiner  Pipetten  aufgesammelten 
Flüssigkeit  wurde  aUmählich  verdampfen  gelassen.  Der  Rückstand  zeigte  bei 
mikroskopischer  Betrachtung  zwei  charakteristische  Kr3'stallformen :  einmal 
unregelmäßig  strahlige  Büschel  und  zweitens  oktaederähnliche  Krystalle  oder 
Würfel.  Beide  sind  löslich  in  Wasser;  besonders  die  Würfel  und  Oktaeder 
sind  stark  hygroskopisch.  Die  Büschel  sind  unlöslich  in  Alkohol.  .Sowohl  die 
Flüssigkeit  wie  deren  Rückstand  zeigen  mit  Diphenylamin-Schwefelsäure  Blau- 
färbung. 

Es  sind  dies  besonders  die  Nitrat-Krystalle,  die  unter  Lösung  sich  blau 
färben.  Die  Büschel  schmelzen  dabei  nur  langsam  ab.  Noch  nach  Monaten  zeigten 
die  Krystalle  bei  erneutem  \'ersuch  die  gleiche  i^eaktion.  Mit  Neßler's  Reagens 
trat   bei   Prüfung  auf  Ammoniak    die  charakteristische   Gelb  Braunfärbung  ein. 

Die  chemische  Untersuchung  führte  iilso  dazu,  in  dem 
Saft  sehr  wenig  Zucker,  ein  Amin,  w'ahrscheinlich  Trimethyl- 
amin,  und  ein  Nitrat  zu  konstatieren. 

II.    Die  Saftausscheidung  an  den  Blattspitzen  von  Araceen. 

Die  Tatsache,  daß  die  Araceen  wohl  mit  zu  den  Pflanzen 
gehören,  die  die  Erscheinung  der  Guttation  in  auffallender 
Weise  auch  schon  ohne  Experiment  in  der  freien  Natur 
zeigen,  macht  es  verständlich,  daß  bei  einzelnen  Typen  schon 
verhältnismäßig  früh  die  Wasserausscheidung  beobachtet  und 
beschrieben  wurde.  Meines  Wissens  wurde  zunächst  von 
Habenicht^  die  Saftausscheidung  bei  Calla  aethiopica  er- 
kannt; ihm  folgten  die  Beobachtungen  von  Schmidt-  bei 
Colocasia  anüqnontui,  die  dann  später  von  Duchartre-^  und 


1  Habenicht  L.,  Flora,    1823,  II.  Bd.,  Nr.  34,  p.  529— 536. 

-  Schmidt,  Beobachtungen  über  die  Ausscheidung  von  Flüssigkeit 
aus  der  Spitze  der  Blätter  von   Anim   Culoaisia.    Linnaea,    1831,  p.  65. 

■'  Duchartre,  Recherches  physiul.  anat.  et  organog.  sin-  la  Colocase 
des  Anciens  {Colocasia  antiqiionnn  Schott. i.  Annal.  d.  sciences  nat.,  IV.  scr, 
bot.,  T.  XU,    1859,  p.  232—279. 


(372  L.  Müller, 

Molisch  ^  eingehend  behandelt  wurden.  Es  schließen  sich 
dann  an  die  Abhandlung  von  Gärtner-  über  CaJIa  (rr  Richar- 
dia)  ütihiopica  und  von  Mettenius"'  über  Artim  peJtatutn, 
De  la  Rue^  führt  Calla  aethiopica  und  Caladiimi  odormn, 
Rosanofr^  Remiisafiü  vivipara  an.  Es  folgen  dann  spezielle 
Arbeiten  oder  Anführungen  über  liquide  Sekretion  bei  Ara- 
ceen  von  van  Tieghem/'  Ramey,''  Dalitzsch,^  \^olkens,^ 
Unger,^"  Spanjer'^  und  Gentner.^- 

Die  bisher  beobachteten  Fälle  von  auffallender  Guttation 
in  der  Familie  der  Araceen  legten  den  Gedanken  nahe,  daß 
diese  Erscheinung  hier  sehr  verbreitet  sein  dürfte  und  daß 
möglicherweise  mit  der  hohen  Vollendung  dieser  Erscheinung 
auch  besondere  Einrichtungen  Hand  in  Hand  gehen. 

Aufgabe  dieses  Abschnittes  soll  es  nun  sein,  die  bis- 
herigen Untersuchungen  durch  neue  zu  ergänzen  und  den 
Satz  zu  begründen,  daß  die  Ausscheidung  von  Saft  wohl  bei 
allen  Araceen  vorkommt  und  daß  Hand  in  Hand  damit  mehr 
minder  differenzierte,  eigene  Organe  dazu  vorhanden  sein 
müssen. 


1  .Moli'sch  H.,  Das  Hervoi'springen  von  Wassertropfen  aus  der  Spitze 
von  Cvlocu.siü  iiynifJuiefolüi  Kth.  {Cnlihliiiiii  nyiiiflijcfnliinn  lunt.).  15er.  d. 
dtsch.  bot.  Ges.,    1903,  p.  381. 

2  Gärtner.  Flora,    1842,   I.  Beiblatt. 

•'•   Mettenius,   Filices  horti   Lipsiensis.  p.  9 — 10,    1856. 

I   De   la  Rue   E.,  Bot.  Zeitg..    1866.   p.  317. 

'•>   Kosanoft".   ISot.  Zeitg-.,    1869,   Xr.  52,   p.  882. 

'■'  Ramey,  Sur  la  secretion  aqiieuse  d'un  .Kmurphophalliis.  Bnli.  de  la 
Soc.   Linneenne   de  Paris.    1874. 

"'  \'an  Tieghem,  Recherches  sur  la  struetui-e  des  Aroidees.  .Annal. 
d.  Sciences  nat..   5«  ser..   T.  VI,  p.  139  (1866). 

•**  Dalitz seh  M.,  Beiträge  zur  ]\enntnis  der  Blattanatnmie  der  Aroi- 
deen.  Hot.  Zentralhlatt,    1886,   I.  Bd.,   XXV. 

■'  \'olkens    G.,     (Iber   Wasserausscheidung    in    liquider    Form    an    den 
Blättern  höherer  Pnanzen.  Jahrb.  d.  k.  bot.  Gartens.  Berlin,  1883,  Bd.  U,  p.  160. 
1"  ünger  Fr.,   Beitr.  z.   I^hysiol.   d.  Pfl.,    Über  die  Allgemeinheit  wässe- 
riger Ausscheidung  und   deren   Bedeutung  für  das   Leben   der  Pfl.   Beitr.  d.  k. 
Akad.  d.  Wiss..   math.  u.  nat.  Kl.,    Bd.  XXV.   p.  441. 

J^   Spanjer  O..   Untersuchungen   über  die  Wasserapparate    der  Gefäßpfl. 
liot.  Ztg.,    1898. 

1-   Gentner     (i..     Über    die    X'orläuferspitze     der     Monokotylen.     Flora. 
Ergzgsbd.,    1905. 


Hs'datlioden   bei  Araceen.  bio 

Die  Ausscheidung  findet,  wie  auch  bei  anderen  guttie- 
renden  Pflanzen,  vornehmlich  an  jungen,  noch  lebhaft  wach- 
senden Blättern  statt.  Sobald  das  Blatt  ausgewachsen  ist,  hört 
die  liquide  Sekretion  häufig  unter  Eintrocknen  der  Spitze  all- 
mählich oder  ganz  auf.  Dieser  Tatsache  zufolge  gelangten 
auch  nur  junge  Blätter  zur  Untersuchung.  Die  Blattspitzen 
wurden  meist  mit  Chloralhydrat  oder  Eau  de  Javelle  be- 
handelt, um  sie  aufzuhellen.  Vorher  wurden  sie  durch  Alkohol 
schnell  getötet,  da  hierdurch  nach  Lloyd  ^  die  vorhandene 
Weite  der  Spaltöffnungen,  respektive  Wasserspalten  erhalten 
bleiben  soll.  Es  mag  erwähnt  werden,  dal.!  Raphiden  und 
Drusen  von  Calciumoxalat  in  besonders  starkem  Maße  vor- 
kommen. Oft  in  recht  charakteristischer  Anordnung,  z.  B.  nur 
am  Rand,  oder  nur  über  den  Leitungsbahnen. 

Die  zu  behandelnden  Objekte,  die  die  liquide  Sekretion 
in  der  Natur  nicht  zeigten,  bei  denen  aber  der  anatomische 
Bau  auf  sekretorische  Funktion  schließen  ließ,  wurden  im 
Experiment  beobachtet,  worunter  die  künstliche  Schaffung  eines 
mit  Wasserdampf  gesättigten  Raumes  verstanden  sein  soll. 

Nach  Beendigung  meiner  Untersuchungen  kam  ich  zu 
dem  Schluß,  daß  sich  die  von  mir  beobachteten  Pflanzen 
ihrem  anatomischen  Bau  nach  in  drei  Gruppen  teilen  lassen, 
von  denen  die  erste  den  einfachsten  Typ  darstellt.  Da  die 
meisten  beobachteten  Spezies,  die  dieser  Gruppe  unter- 
zuordnen wären,  den  Philodendren  angehören,  so  faßte  ich 
sie  unter  dem  Namen  >-T3''pus  Philodc'iidroii-  zusammen;  aus 
ähnlichen  Gründen  ergab  .sich  dann  auch  Typus  A/ocusicK 
und  >  Typus  Colocasia  üiitiqnoniiii'<.  Zu  erwähnen  wäre  noch,, 
daß  aus  der  Unmöglichkeit  der  Beschaffung  aller  bekannten 
Araceen  es  sich  von  selbst  ergibt,  daß  durch  die  Aufstellung  der 
angeführten  Typen  diese  nicht  als  die  allein  möglichen  anzu- 
sehen sind;  sie  sollen  nur  der  besseren  Übersicht  vorliegender 
Abhandlung  dienen.  Was  die  Nomenklatur  anbetrifft,  so  habe 
ich  mich  unter  \'ergleich  mit  Engler-  an  die  in  den  Gärten 
angegebenen  Bezeichnungen  gehalten. 


1  Lloyd,  Physiologie  of  .Slomata,   Washington,    190S. 

2  Engler    .\.    in    Engler-Prantl,     Die    natürlichen    Pflanzenfamilien. 
Leipzig,   1889. 


u/4 


L.    Müller. 


1.   Typus  Philodt'iidron  (Tabelle  I). 


Die  hier  eingereihten  Pflanzen  zeigen  in  der  Regel  tbl- 
i^enden  anatomischen  Bau  der  Blattspitze:  Es  ist  meist  nur 
das  äußerste  Ende  des  Blattes,  welches  die  Ausscheidung 
zeigt.  Hier  gilt  der  von  de  Bary  aufgestellte  Satz  betreffend 
die  Wasserspalten,  daß  »je  größer  ihre  Zahl  an  einer  Stelle 
ist,  desto  geringer  ist  durchschnittlich  sowohl  ihre  absolute 
Größe  als  auch  die  Größendifferenz  zwischen  ihnen  und  den 
Luftspalten«.  Die  Blattspitze  ist  kapuzen- 
förmig  zusammengelegt  und  in  ihrem 
oberen  Teil  zu  einem  Hütchen  ver- 
wachsen. Die  morphologische  Blatt- 
unterseite der  Spitze  wird  dadurch  zur 
Oberseite  und  es  ist  vor  allem  diese 
.Spitze,  die  mit  zahlreichen  als  Hydat- 
hoden  funktionierenden  Spaltöffnungen 
besetzt  ist.  Die  in  der  Blattlamina  ver- 
laufenden drei  Hauptleitungsbahnen,  von 
denen  eine  in  der  Mitte,  die  beiden 
anderen  am  Rande  hinlaufen  und  die 
mehr  minder  untereinander  anastomo- 
sieren,  vereinigen  sich  an  der  Basis  der  Kapuze  und  senden 
ihre  meist  pinselförmig  ausstrahlenden  Tracheiden  bis  in  die 
äußerste  Spitze.  Der  Gefäßteil  ist  stärker  ausgebildet  als  der 
Siebteil  und  die  Spiralverdickungen  verlaufen  sehr  eng. 
Meistens  enden  die  einzelnen  Tracheiden  dicht  unterhalb  der 
Atemhöhle,  respektive  VVasserhöhle  der  einzelnen  Hj'dathode. 
Diese  weichen  \on  den  normalen  Spaltöffnungen  durch  ihre 
größere  Öffnungsweite  und  häufig  durch  die  Unbeweglichkeit 
ihrer  Schließzellen  ab.  In  Fällen,  wo  die  Tracheiden  eine  oder 
mehrere  Zellschichten  unterhalb  der  Wasserhöhle  enden,  wird 
die  Verbindung  durch  Interzellularen  hergestellt.  Es  tritt  dann 
wohl  eine  lokale  Injektion  der  Interzellularen  bei  der  sekre- 
torischen Funktion  ein;  so  wird  die  Flüssigkeit  durch  den 
Knoilendruck  weitergeleitet,  bis  sie  durch  die  Hydathoden 
nach  außen  gelangt.  Meist  .  finden  sich  oberseits  auf  der 
Lamina    dicht    unter    der    Kapuze    noch    Spaltöffnungen    mit 


Textfig.  1. 


Hydatlmdeii   bei  Aiiiceen.  btO 

erweitertem  Porus  und  es   ist  anzunehmen,    daß    sie    mit    an 
der  Ausscheidung  beteiligt  sind  (Fig.  3). 

Ob\vt)hI  icl)  ihre  Funlaioti  aus  .Mangel  an  Material  nicht  ermitteln 
konnte,  so  mögen  doch  hier  die  an  der  Unterseite  der  Blätter  von  Lasia 
naileaLi  auf  den  Nerven  erster  und  zweiter  Ordnung  auftretenden  haar- 
stachelähnlichen  Organe  Erwähnung  finden,  die  alle  oben  an  der  Spitze  eine 
kleine,  fein  gebaute  stüpselartige  Zelle  (Fig.  4  und  5,  st)  zeigen;  in  die 
Organe  führt  kein  Leitbündel  hinein.  Da  Lasia  fakultativ  Wasserpflanze  ist, 
so  läge  die  .Annahme  nahe,  daß  diese  Gebilde  absorbierende  oder  sezernie- 
rende  Funktion   haben. 

Bekanntlich  zeigt  die  Blattspreite  von  Monstera  deliciosa 
lochartige  Perforationen,  die  oft  so  weit  zum  Rande  vor- 
schreiten, daß  die  einzelnen  Teile  nur  noch  am  Rand  mit 
feinen  Verbindungsstellen  zusammenhängen.  Die  Entwicklung 
der  sekundären  Fingerung  geht  schon  vor  sich,  während  das 
junge  Blatt  noch  vollkommen  dütenförmig  eingerollt  ist:  schon 
jetzt  kann  man  eine  bedeutende  Sekretion  beobachten.  Bei 
dem  allmählichen  Entrollen  gewährt  das  Blatt  einen  zierlichen 
Anblick.  Es  hängt  nämlich  an  jeder  der  dünnen  fadenförmigen 
Verbindungsstellen  ein  Tropfen,  so  wie  an  der  Spitze.  Die 
Untersuchung  führte  mich  zu  dem  Schluß,  daß  der  Saft, 
dessen  Strömung  besonders  bei  jungen  Blättern  eine  sehr 
lebhafte  ist,  sich  hier  an  den  dünnen  Verbindungsstellen  staut, 
da  durch  sie  ein  großer  Teil  der  Leitungsbahnen  verbunden 
hindurchgeht,  um  im  nächsten  Abschnitt  wieder  zu  divergieren. 
Den  sich  an  den  Verbindungsstellen  oberseits  befindlichen 
Spaltöffnungen  wird  nun  die  Funktion  von  Wasserspalten 
aufgenötigt.  Ihr  Porus  ist  weit  kreisrund  geöffnet,  oft  mit 
einer  starken  Zerrung  in  die  Breite.  Abzweigungen  von  dem 
durch  die  Verbindungsstelle  weiterlaufenden  Randnerv  diver- 
gieren gegen  die  Wasserspalten,  durch  die  dann  die  tropfbar- 
flüssige Ausscheidung  erfo}gt.  Früher  oder  später  zerreißen 
die  feinen  Übergänge  oder  sie  vertrocknen  ebenso  wie  die 
Spitze,  wenn  das  Blatt  ausgewachsen  ist,  und  mithin  erlischt 
auch  die  Sekretion. 

Für  Raphidophora  dccursiva  gelten  ähnliche  \'erhältnisse 
w\e  die  bei  Monstern  beschriebenen. 

Sitzb.  il.  mathem.-nnturw.  KL,  Abt.  [,  128.  BJ.  47 


•  )76  I..   .Müller. 

2.  T^'pus  Alocüsia  (Tabelle  II). 

Von  den  untersuchten  Pflanzen  sollen  hauptsächlich  die- 
jenigen hier  einbezogen  werden,  bei  denen  vor  allem  im  Bau 
der  einzelnen  Wasserspalte  schon  eine  bedeutende  Abweichung 
von  der  normalen  Spaltöffnung  sich  zeigt,  die  meist  in  einer 
mehr  minder  bedeutenden  Vergrößerung  der  einzelnen  Hydat- 
hode  besteht,  parallel  zur  Verringerung  der  Zahl,  in  Um- 
kehrung des  angeführten  de  Bary'schen  Satzes.  In  vielem 
stimmen  die  Blattspitzen  mit  denen  unter  Typus  1  beschrie- 
benen überein,  sei  es  nun,  daß  die  Spitze  kapuzenförmig  ist 
oder  die  Lamina  glatt  in  die  Spitze  ausläuft.  Bei  den  meisten 
hierhergehörigen  Pflanzen  finden  sich  wohlfunktionierende 
Wasserspalten  am  Rand.  Den  Pori  der  Wasserspalten  ent- 
wachsen häufig  Pilzhyphen  oder  es  finden  sich  Xostoc-Kolo- 
nien  darin,  die  hier  eine  geeignete  Wohnstätte  finden.  Von 
den  hier  anzuführenden  Pflanzen  zeigte  Alocasia  indica  die 
Ausscheidung  am  charakteristischesten. 

3.  Typus  Colocasid  aiiiiqiionun. 

Leider  war  es  nicht  möglich  durch  die  augenblickliche 
Schwierigkeit  der  Materialbeschaffung,  eine  größere  Zahl  von 
Beispielen  für  diesen  Typ  zu  finden. 

Die  Beobachtungen,  die  ich  an  Colocasia  iUitiqtioniin 
mit  seinen  Riesenwasserspalten  machen  konnte,  stimmen  mit 
den  Ergebnissen  der  Arbeiten  von  Duchartre^  und  Molisch- 
überein,  so  daß  es  überflüssig  erscheint,  Bau  und  Art  der 
Funktion  hier  nochmals  zu  beschreiben. 

Dagegen  zeigte  es  sich,  daß  Ariopsis  in  vielem  große 
Ähnlichkeit  mit  Colocasia  autiquonun  aufweist,  nur  daß  sie 
das  von  Molisch  für  Colocasia  beschriebene  Phänomen  des 
Hervorschleuderns  von  Wassertropfen  an  den  jungen,  sich 
dütenförmig  entrollenden  Blättern  nicht  zeigte;  es  war  nur 
ein  sehr  schnelles,  manchmal  auch  ruckweises  Austreten  und 


1  Duchartre,    Annales    d.   sciences    nat..    1\'.   scr.   bot..    T.  XII,    1859. 
p.  232—279. 

2  Molisch  H.,  Ber.  d.  dtscli.  h..t.  (les.,    1903,  p.  381. 


Hydathdden  bei  Aiacecn.  677 

Abfallen  der  Safttröpfchen  zu  beobachten,  besonders  am 
frühen  Morgen  und  gegen  Abend.  Immerhin  müßten  die  aus- 
geschiedenen Mengen  an  Flüssigkeit  wundernehmen,  da  wir 
es  hier  nicht  wie  bei  Colocasia  antiqnornm  mit  relativ  großen 
Blättern  zu  tun  haben,  sondern  die  Blättchen  sind  klein, 
wenigstens  an  den  von  mir  beobachteten  Gewächshausexem- 
plaren, 6  cm  lang  und  3  bis  4  cm  breit.  Die  Epidermiszellen 
sind  papillös  vorgestülpt.  Die  VVasserspalten  liegen  etwas  ein- 
gesenkt und  ihre  Größe  erreicht  manchmal  die  der  Hydathoden 
von  Colocasia  aiitiqnorum.  Die  Pori  der  Wasserspalten  sind 
häufig  besiedelt  von  A^o.9/oc-Kolonien  und  Pilzhyphen.  Die  an 
der  Spitze  stark  papillös  vorgewölbten  Epidermiszellen  gleichen 
sich  immer  mehr  aus,  um  schließlich  in  die  Zellen  der  Lamina 
mit  glatter  Oberfläche  überzugehen.  Die  Hydathoden  finden 
sich  nur  in  dem  Teil  der  Blattspitze,  dessen  Epidermiszellen 
papillös  sind.  Offenbar  stehen  die  Papillen  in  Beziehung  zu 
der  Funktion  der  Wasserspalten  insofern,  als  sie  dazu  bei- 
tragen, eine  rasche  kapillare  Verteilung  der  Flüssigkeit  herbei- 
zuführen und  so  die  Transpiration  des  Wassers  zu  fördern. 
Auch  am  Blattrand  treten  kleine  Tröpfchen  aus;  es  finden 
sich  hier  Wasserspalten  außerhalb  der  Randnerven.  Zwischen 
den  Wasserspalten  (Fig.  8,  w)  und  den  Spaltöffnungen  der 
Lamina  sind  die  Unterschiede  ganz  bedeutende.  Allmähliche 
Übergänge,  wie  sie  Rosanoff^  für  Richardia  vivipara  kon- 
statierte, stellen  die  Verbindung  zwischen  beiden  Extremen  her. 
Die  Blattspitze  von  Steudnera  Griffithi,  bei  der  sich  auch 
eine  bedeutende  Sekretion  beobachten  ließ,  zeigt  folgenden, 
von  den  bisher  beschriebenen  stark  abweichenden  anatomi- 
schen Bau.  Die  äußerste  Spitze  bildet  ein  Hütchen,  dann 
gehen  die  beiden  zusammengeneigten  Ränder  auseinander, 
um  nach  einem  viereckigen  Spalt,  dessen  Ecken  etwas  ab- 
gerundet sind,  wieder  zusammenzuneigen  bis  zur  engen  Be- 
rührung der  papillösen  Ränder;  dann  weichen  sie  abermals 
auseinander  und  verlaufen  in  den  Rand.  Die  Epidermiszellen, 
die  auf  der  eigentlichen  Blattlamina  mehr  minder  polygonal 
gebaut    sind,    zeigen,   je   mehr  sie  sich   den  Klappen    nähern, 


1  Rosanoff,  Bot.  Zeitg..    18()9.  Xr.  52,  p.  8S2. 


()78 


Müller, 


einen  in  die  Breite  gestreckten  Bau,  um  dann  allmählich 
ihre  Oberfläche  vorzuziehen.  Das  Querschnittsbild  zeigt,  daß, 
während  die  äußere  Epidermis  der  Spitze,  d.  h.  die  Zellen 
der  morphologischen  Unterseite,  nur  ein- 
fach papillös  vorgezogen  ist  (Fig.  9,  c/), 
die  Zellen  der  Oberseite,  also  im  Innern 
des  Täschchens,  besonders  im  mittleren 
Teil,  sozusagen  weitbauchige  Fläsch- 
chen  mit  kurz  aufgesetztem  Hals  bilden 
(Fig.  9,  /).  Die  Hydathoden  kommen 
nun  nicht,  wie  z.  B.  bei  Colocasia,  deren 
Epidermiszellen  auch  Papillen  bilden,  in 
der  für  diese  Pflanze  charakteristischen 
Lage  vor,  sondern  man  findet  sie  auf 
dem  nach  oben  geschlagenen  Rande, 
d.  h.  auf  der  morphologischen  Unter- 
seite. Es  läge  die  Annahme  nahe,  daß. 
wenn  große  Mengen  von  Flüssigkeit 
ausgeschieden  werden,  diese  teilweise 
in  das  Täschchen  hineingelangen.  Die 
dort  befindlichen  Papillen  dienen  dann 
wohl  wie  bei  Ariopsis  dazu,  die  aus- 
geschiedene Flüssigkeit  schneller  verdampfen  zu  lassen,  indem 
sie  durch  die  kapillare  Verteilung  eine  größere  Oberfläche 
schaffen. 


Textfig.  2 


III.  Hydathoden  und  Blattdimorphismus  bei  Pothos  gracilis. 

Die  Heterophyllie,  die  ich  bei  Pothos  gracilis  (=  An- 
thtiriimi  gracile  nach  Engler)  an  Exemplaren,  die  sich  in 
den  Rothschild-Gärten  in  Wien  fanden,  feststellte,  äußert  sich 
in  folgendem:  Die  Pflanze  klettert  mittels  feiner  Würzelchen, 
die  sich  an  der  Unterseite  der  Ästchen,  und  zwar  immer  in 
der  nächsten  Nähe  der  Basis  der  Blätter  finden,  auf  feuchten, 
schleimigen  Substraten  an  Mauern  und  Holzstämmen  empor. 
Der  Schleim  besteht  nebenbei  aus  Cyanophyceen,  wie  CJiroo- 
coccus  und  Gloeocapsa.  Neben  diesen  bewurzelten  Ästchen 
finden  sich  solche,  die  keine  Haftorgane  zeigen;  bei  diesen 
sind    auf   der  Blattunterseite    kleine   Gruben    ausgebildet,    auf 


Hydathoden   bei  Araceen. 


679 


die  weiter  unten  näher  eingegangen  werden  soll.  Eine  seit- 
liche oder  räumliche  Trennung  im  Auftreten  der  beiden  Blatt- 
iirten  ließ  sich  nicht  feststellen.  Beide  Arten  sprossen  gleich- 
zeitig im  Frühjahr  unter  Warmhausbedingungen.  Oft  findet 
man  Seitenästchen,  die  an  ihrem  unteren  Teil  Blätter  und 
Würzelchen  tragen,  und  oben  Blätter  mit  Grübchen  auf- 
weisen; ebenso  häufig  tritt  das  umgekehrte  ein.  Auch  treten 
nicht  immer  nur  da  Blätter  und  Würzelchen  auf,  wo  sich 
Gelegenheit  zum  Befestigen  und  zum  Klettern  findet,  sondern 
letztere  können  ebenso  wie  die  mit  den  Grübchen  frei  hängen. 
Es  scheint  also,  daß  die  Pflanze  beide  Blattarten  in  gleicher 
Masse  unabhängig  von  äußeren  Faktoren  zu  erzeugen  vermag. 
Betrachten  wir  nun  zunächst  die  .Ästchen  mit  Blättern 
und  Würzelchen:  Im  jugendlichen  Zustand  sind  die  Blätter 
rosa-grünlich;  allmählich  nehmen  sie 
eine  dunklere  Farbe  an  und  im  aus- 
gewachsenen Zustand  ist  die  Ähnlich- 
keit mit  den  ganz  jungen  Blättern  nur 
noch  eine  relative.  Die  ausgewachsenen 
Blätter  zeigen  häufig  die  Eigentümlich- 
keit, ihren  Rand  zur  Unterseite  um- 
zubiegen und  in  der  so  entstandenen 
Falte  die  kleinen  Haftwurzeln  zu  bergen, 
wenn  sie  keine  Gelegenheit  haben,  sich 
zu  befestigen,  wahrscheinlich  um  sie 
vor  dem  Austrocknen  zu  schützen  und 
für  die  eventuelle  Möglichkeit  des  Klet- 

terns  frisch  zu  behalten.  Die  kleinsten  Blätter,  die  ich  fand, 
bei  denen  schon  alles  ausgebildet  war,  zeigten  eine  Größe 
von  \/.3  cm.  Die  größten  und  ältesten  Blätter  an  den  Ästchen 
mit  Würzelchen  waren  zirka  2  cm  groß.  Sowohl  an  dieser 
Blattart  wie  auch  an  der  später  zu  behandelnden  mit  Grüb- 
chen finden  sich  am  Rand  kleine  Höckerchen  oder  W^ärzchen. 
Zum  eventuellen  X'ergleich  ließen  sich  die  Randhydathoden 
hei  Lobelia  heranziehen,  auf  dieTswett^  zuerst  aufmerksam 


Textfitr.  3. 


1  Tswett,    Recherches    anutomiques    sur    les  hydathodes   des  Lubelia- 
.Lcs.    Nciuveau   type  de   stomates  aquiferes.    Rev.   gen.  d.  Bot.,  T.    19  (1907). 


1)80  L.   Müller. 

machte,  nur  daß  sich  bei  Poilios  keine  besonderen  W'asser- 
spalten  an  den  Wärzchen  finden.  Schon  bei  ganz  jungen 
Blättern  zählte  ich  bis  18,  bei  ausgewachsenen  bis  30  solcher 
Organe.  Der  Hauptnerv  des  Blattes  verläuft  in  der  Mitte.  Er 
verzweigt  sich  in  viele  Seitennerven,  die  ihrerseits  wieder 
sich  auflösen  und  anastomosieren,  um  schließlich  ihre  Aus- 
läufer mehr  minder  parallel  zueinander,  unter  Verbreiterung 
durch  Anlagerung  von  Tracheiden,  gegen  die  Randhöckerchen 
zu  senden.  Hier  lösen  sie  sich  vor  den  Zellen  der  Höckerchen 
noch  fächer-  oder  pinselförmig  auf.  Die  Höckerchen,  obwohl 
auch  von  oben  sichtbar,  liegen  der  Unterseite  zugekehrt.  Sie 
sind  alle  von  gleicher  Größe,  nur  das  an  der  Spitze,  das  in 
einer  kleinen  Einbuchtung  liegt,  übertrifft  die  an  den  Rändern. 
In  der  Jugend  sind  die  Zellen  hyalin.  Der  dem  Blatt  zugekehrte 
Teil  ist  von  einer  Scheide  umgeben.  Die  Zellen  der  kleinen 
Warze  sind  unregelmäßig  und  schließen  lückenlos  aneinander 
(Fig.  10).  Frühzeitig  tritt  eine  Bräunung  des  Organs  ein;  es 
erleidet  dann  entweder  einen  gummösen  Zerfall  oder  es  fällt 
als  Ganzes  aus  seiner  Scheide  heraus.  Die  Zellen  sind  ver- 
dickt und  geben,  abgesehen  von  der  Epidermis,  die  typischen 
Holzreaktionen  mit  Phloroglucin  und  Salzsäure  oder  mit  Anilin- 
sulfat, so  daß  in  dem  Blatt  die  Höckerchen  und  die  Leitungs- 
bahnen charakteristisch  rot,    respektive  goldgelb  hervortreten. 

Dem  anatomischen  Bau  nach  zu  schließen,  sind  die 
Höckerchen  als  Hj^dathoden  oder  allgemeiner  als  ausschei- 
dende Organe  anzusprechen;  es  ist  mir  jedoch  nie  gelungen, 
eine  liquide  Ausscheidung  festzustellen.  Immerhin  wäre  an- 
zunehmen, daß  die  Organe  eine  bedeutende  Rolle  in  der 
Jugend  des  Blattes  spielen. 

Was  nun  die  zweite  Blattart  anbetrifft,  so  unterscheidet 
sie  sich  vor  allem  dadurch  von  der  besprochenen,  daß  sie 
mehr  in  die  Länge  gestreckt  ist  gegenüber  dem  oval  runden 
Aussehen  der  Blätter  an  den  Astchen  mit  den  Würzelchen. 
Wie  schon  angeführt,  kommen  auch  hier  die  Randhöckerchen 
in  gleichem  Maße  vor.  Charakteristisch  für  diese  Blattart 
jedoch  sind  die  kleinen  Gruben,  die  sich  an  der  Blattunter- 
seite finden  (Fig.  11).  Sie  liegen  meist  außerhalb  der  Ana- 
stomosen, die  zwischen  den  Leitungsbahnen  zweiter  Ordnung 


Hydathodoii   bei  Araceen.  l'^^  1 

am  Rand  vedaufen.  Diese  Anordnung  ist  besonders  bei  älteren 
Blättern  schon  mit  freiem  Auge  sichtbar.  Die  Grübchen  liegen 
dann  in  einem  Bogen  parallel  zum  Blattrand.  Manchmal  kann 
auch  der  Fall  eintreten,  daß  sie  innerhalb  der  Anastomosen 
liegen.  Ihre  Zahl  schwankt  zwischen  sieben  und  neun.  Es 
findet  keine  Vermehrung  der  Zahl  statt  wie  bei  den  Rand- 
höckerchen,  sondern  die  Grübchen  werden  mit  zunehmendem 
Alter  größer.  Auf  der  Blattoberseite  treten  sie  dann  als  kleine 
Erhöhungen  hervor.  Beim  Anschauen  mit  unbewaffnetem  Auge 
erwecken  die  Grübchen  den  Eindruck,  als  hätte  man  mit  einer 
.stumpfen  Nadel  in  das  Blatt  hineingestochen,  wobei  die  Nadel 
schräg  geneigt  sein  müßte,  so  daß  ein  kleiner  Sackgang  ent- 
steht. \^on  oben  betrachtet,  wären  die  Organe  zu  vergleichen 
mit  den  Wassergruben,  wie  sie  Potonie  ^  für  Polypoditim 
vulgare  angibt,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  letztere  in 
Beziehung  zu  den  Leitungsbahnen  stehen  und  sozusagen  als 
H\'dathoden  ohne  Wasserspalten  funktionieren,  während  bei 
den  Gruben  von  Pothos  keine  solche  Beziehung  festzustellen 
war.  Die  Grübchen  sind  oben  umgeben  von  mehreren  Reihen 
gestreckter  Zellen.  Schaut  man  in  die  Tiefe,  so  sieht  man  nur 
dünnwandige,  dicht  anschließende  kleine  Epidermiszellen.  Bei 
den  älteren  Organen  findet  man  an  Stelle  der  Epidermiszellen 
ein  Korkgewebe,  das  mit  konzentrierter  Kalilauge  deutlich  die 
Korkreaktion  zeigt.  Dieses  dient  wahrscheinlich  als  chemisch- 
mechanisches Schutzmittel.  Charakteristischer  als  die  Flächen- 
ansicht ist  ein  Querschnitt.  Macht  man  einen  Querschnitt  vor 
dem  Sackgang,  so  ist  die  Grube  offen  nach  außen  (Fig.  12,  b)\ 
führt  man  dagegen  den  Schnitt  weiter  innen  durch  den  Sack- 
gang, so  findet  man  das  Grübchen  von  mehreren  Zellreihen 
überdacht  (Flg.  \2a).  Das  Grübchengewebe  selbst  besteht 
aus  vier  Schichten: 

1.  Epidermis  oder,  im  älteren  Stadium,  Kork  (Fig.  \'l,  e): 

2.  eine  fünf-  bis  siebenreihige  Schicht  kleiner,  verholzter 
Zellen  (Fig.  12,  v); 

3.  eine  Schicht  dünnwandiger,  polygonaler  Zellen  (Fig.  \2,p)\ 

4.  Parenchymscheide  (Fig.  12,  s). 


1  Engler-Prantl,   U,  Pteridophyteii,  p.  67. 


682  L.  Müller, 

Or£,'ane,  die  man  dem  Querschnitt  nach  anatomisch  zum 
Vergleich  heranziehen  könnte,  wären  die  von  Hannig^  be- 
schriebenen sogenannten  Staubgrübchen  an  den  Stämmen  und 
Blattstielen  der  Cyatheaceen  und  Marattiaceen,  deren  Bedeutung 
auch  noch  unbekannt  ist.  Potonie  hält  sie  für  Schutzorgane 
des  darunterliegenden  Gewebes,  Kleb  ahn  für  Durchlüftungs- 
organe (=  Lentizellen).  Diese  und  andere  Möglichkeiten  ständen 
auch  für  die  Auffassung  der  Grübchen  bei  Pothos  offen.  Nur 
ist  es  nicht  gelungen,  hinter  die  Natur  dieser  Organe  zu 
kommen.  Versuche,  die  ich  machte,  um  die  Grübchen  auf 
ihren  Lentizellencharakter  hin  zu  prüfen,  waren  erfolglos,, 
ebenso  verlief  das  Hindurchpressen  von  Flüssigkeit  ergebnis- 
los. Es  wäre  noch  an  die  Möglichkeit  zu  denken,  daß  Potlms^ 
gracilis  aerophil  ist  und  die  kleinen  Gruben  eventuell  in  der 
Heimat  dieser  Aracee  als  Milbendomatien  funktionieren,  ob- 
zwar  ich  in  der  diesbezüglichen  Literatur,  besonders  bei 
Lundström,-  keine  ähnlichen  Organe  an  anderen  Pflanzen 
finden  konnte.  Es  lassen  sich  hier  also  nur  Wahrscheinlich- 
keiten aufstellen  und  erst  eine  Untersuchung  in  der  Heimtit 
dieser  Pflanze  könnte  antworten  auf  diese  Frage,  die  ich 
somit  offen  lassen  muß. 

C.  Zusammenfassung. 

1.  AinorpliophaJIns  Rivieri  scheidei  zur  Zeit  der  Anthese 
am  Appendix  durch  Spaltöffnungen,  die  die  Funktion  von 
Wasserspalten  übernommen  haben,  Saft  aus.  Der  ganze 
Apparat  erscheint  infolge  der  Guttation  wie  mit  Wassertropfen 
bespritzt.  Der  Druck,  mit  dem  die  Tropfen  ausgepreßt  werden, 
rührt  von  dem  osmotischen  Druck  der  Knolle  her,  ist  also 
kein  Wurzel-,  sondern  ein  Stammdruck.  Der  ausgeschiedene 
Saft    enthält    sehr    w-enig    Zucker,    ein    Amin    und   ein   Nitrat. 

2.  Die  an  den  Spitzen  der  Araceenblätter  befindlichen 
Hydathoden  zeigen  die  Guttation  oft  in  hoher  \'ollendung 
und    lassen     sich,    soweit    untersucht,    aufsteigend    auf    drei 


1  Hannig  E..  Bot.  Zeitg.,   1898. 

-  Lundström  A.  N.,    Pflanzenhiolog.   Studien,    1.   u.   2.,  Upsala,    1SS7. 


Hydathoden  bei  Araceen.  b83 

Typen  zurückführen:  PliUodeiidron-,  Alocasia-  und  Colocasia- 
Tvpus. 

d)  Die  nach  >T3^pus  FIiilodeiiJroU'<  gebauten  Blattspitzen 
zeigen  Wasserspalten  an  ihrer  Spitze,  die  nur  wenig; 
von  normalen  Spaltöffnungen  abweichen,  dementsprechend 
ist  die  Anzahl  eine  große. 

b)  Die  dem  >^ Typus  Alocasia«  angehörigen  und  im  ana- 
tomischen Bau  mehr  minder  übereinstimmenden  Blatt- 
spitzen weisen  wenig  Wasserspalten,  dafür  aber  relativ- 
große  auf. 

c)  Die  höchste  Vollendung  im  Bau  finden  wir  bei  Colocasia 
aiitiquoruin,  Ariopsis  und  St  endner  a. 

3.  PotJios  gracilis  weist  Heterophyllie  auf.  An  demselben 
Stamm  finden  sich  grübchenlose  Blätter,  die  in  der  nächsten 
Nähe  ihrer  Basis  Würzelchen  tragen,  und  solche  mit 
Grübchen,  aber  ohne  Würzelchen.  Die  Funktion  der  Grübchen 
konnte  nicht  ermittelt  werden.  Bei  beiden  Blattarten  finden 
sich  am  Rande  kleine  Höckerchen,  die  ihrem  anatomischen 
Bau  nach  als  Ausscheidungsorgane  anzusprechen  sein  dürften. 

Auch  an  dieser  Stelle  möge  es  mir  erlaubt  sein,  meinem 
hochverehrten  Lehrer  Herrn  Hofrat  Prof.  Dr.  Hans  Molisch 
meinen  wärmsten  Dank  auszusprechen  für  die  Führung  und 
dauernde  Anregung,  die  er  mir  bei  vorliegender  Arbeit  zuteil 
werden  ließ.  Auch  Herrn  Prof.  Dr.  0.  Richter  und  Herrn 
Assistenten  Dr.  Klein  möchte  ich  hiermit  nochmals  danken 
für  das  Interesse,  das  sie  dem  Werden  meiner  Arbeit  ent- 
gegengebracht haben. 


684 


L.  Müller, 


1.  Typus  Pliiloddudroii 


Pflanze 


Bemerkung 
zur  Blattform 


Blattspitze 


Kapuze 


glatt 
aus- 
laufend 


Philodendron  ctispida- 
tniii 


Philodendron    aspcra- 
tuni 


Philodendron  ovaluni  . 
>  ehgans  . 

>•  scandens 

»  eximiitni 

»  pednttiin 


Philodendron    giorio- 
siim 

Philodendron      penta- 
phyllnni 

Calla  aethiopica 

»      palustris 

Epipreiniiin    niirabilis 
Polhos  celatocaitlis  . .  . 

»       atirens 

Anihurium       grandi- 
folitiin 

AniJiuriiiin    Veitchii  .  . 


2  herzförmig 

abgerundete 

Blattbasen 


Fünffingerig 


Blatt- 
dimorphismus 


4-  lang  aus- 
gezogen 

-H  lang  aus- 
gezogen 

-f-  lang  aus- 
gezogen 

+-  lang  aus- 
gezogen 

-h  lang  aus- 
gezogen 

-f-  lang  aus- 
gezogen 

4-  lang  aus- 
gezogen 

■j-  nicht  aus- 
gezogen 

f-  sehr  lange 
ausgezogen 


-f-   direkt    ab- 
stehend von 
der  Lamina 


-  lang  aus- 
gezogen 

-  lang  aus- 
srezogen 


Hvdathuden  bei  Araceen. 


685 


(Tabelle  I). 


spalten 


Lage 


Aus- 
schei- 
dung 
frei  im 
Warm- 
haus 


Aus- 
schei- 
dung 
unter 
Sturz 


Wasserspalten 
am  Rand 


Anmerkungen 


Nur  auf  der  Kapuze 


Aümählicher  Über- 
gang zur  Lamina 


Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Nur  auf  der  Kapuze 


Nur  auf  der  Kapuze 
(häutig  in  Zwilling) 


Nur  auf  der  Kapuze 


^- 


An  den  herz- 
förmig  ab- 
gerundeten 
Blattbasen 


Fig.  3.  iv  =  Wasser- 
spalte 


Habenicht  (1.   c.) 
beobachtete  auch 
Ausscheidung  an 
der  Spathaspitze 


(=  Scindapstts  spec. 
Species  ab  auctori- 
bus  descriptae  ad 
genus  Pothos  non 

pertinentes:  Engl.) 


686 


L.  Müller, 


Pflanze 


Bemerkung 
zur  Blattform 


Blattspitze 


Kapuze 


glatt 
aus- 
laufend 


Wasser- 
Zahl 
auf  der 
ganzen 
Spitze 


Anihiirinm      crisialli- 
niiiii 

AntJiiiriuin  radicans . . 

rc^-ah  ..  .. 

A  nth  II  rill  in      Schcrzc- 
riiiniiin    

Schisinatoglotlis     neo- 
X^uiniensis 

Seh istiuitogloliis  rebel- 
liniini 

Seh isinato^i^'lottis  spe c . 

Spiigutünin  albei 

»  spec 

Spii,i;'oniiiin     diirituin- 
lunaiuin 

Lasia  aeiilcata 

Munstcm  dcliciosti  . , . 

Raphidophora     deeiir- 
siva 

Saiiroinatiiin  peltaiitin 

AuwrphophalUts      Ri- 
viei'i 

.4»'««/   »uieitliiliiiii .  .  . . 
>        Hiilieuin 


Abgerundete 
untere  Blatt- 
zipfel 

Abgerundete 
untere  Blatt- 
zipfel 

3  Blattspitzen, 
1  obere,  2  untere 


Lochartige 
Perforationen 
bis  sekundäre 

Fingerung 

Sekundäre 
Fingerung 

Fußförmig 
zerschnitten 

Fußförmig 

zerschnitten 


lang  aus- 
gezogen 

lang  aus- 
srezoiien 


lang  aus- 
gezoijen 


-f-  sehr  lang 
ausgezogen 


-h  sehr  lang 
ausgezogen 

-h  lang  aus- 
gezogen 


-  lang  aus- 
gezogen 

-  lang  aus- 
gezogen 


kopfig 

-t- 
kopfig 


30 
30 


30 


25 


30 


40 


40 


je  40 
50 

40 


45 
35 


35 
20 


20 


Hvdathoden  hei  Araceen. 


HS  7 


spalten 


Läse 


Aus- 
schei- 
dung 
frei  im 
Warm- 
haus 


Aus- 
schei- 
dung 
unter 
Sturz 


Wasserspalten 
am  Rand 


Anmerkuntjen 


Nur  auf  der  Kapuze 


Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Nur  auf  der  Kapuze 

Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Allmählicher  Über- 
gans; zur  Lamina 


Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Nur  auf  der  Kapuze 


Nur  an  der  Spitze, 

wo  die  Epidermis 

nicht  mehr 

papillüs 

Nur  am  Kopf 


17  an  den 

herzförmig 

abgerundeten 

Blattbasen 


Drüsen  auf  der  Blatt- 
ober- und  Unterseite 
(vgl.  Gentner  G., 
Flora,  Er^zgsbd.1905) 


Betreffs  der 

Organe  auf  der 

Unterseite  siehe 

Text 


Siehe  Text 
Jedes  Endchen  des 
einen  großen  Blattes 
zeigt  Ausscheidung 
in  zierlicher  charak- 
teristischer Weise 


688 


L.  Müller, 


2.  Typus  Alocasia 


Pflanze 


Bemerkung 
zur  Blattform 


Blattspitze 


Kapuze 


glatt 
aus- 
laufend 


Wasser- 


Zahl 
auf  der 
ganzen 
Soitze 


Stenospertnaiion     pa- 
payanum 


Dieffenhachia  spec. 


Dieffenhachia       Fotir- 
nieri 


Aglaonema       ohlongi- 
foliunt 

Aglaonema        inaraii- 
thaefolitini 


Aglaonema  cosiaia  . 


Caladiunt  spec.  (Rasse 
Coypel) 


Caladium  spec.  (Rasse 
Triomphe) 


Caladium  spec.  (Rasse 
Rothschild) 


Caladium  spec.  (Rasse 
Duchartre) 


Caladium  spec.  (Rasse 
Lindemannii) 


-f-  bis  2  cm 
ausgezogen 


-4-  Ränder 
neigen  nur 
zusammen, 

ohne  zu 
verwachsen 

-4-  ausgezogen, 

alle  Caladien- 

blattspitzen 

lange  frisch 


30 


30 


30 

30 
30 


20 

5—10 
23 

20 


Hj'dathoden  bei  Araceen. 


689 


(Tabelle  II). 


spalten 


-Ige 


Aus- 
schei- 
dung 
frei  im 
Warm- 
haus 


Aus- 
schei- 
dung 
unter 
Sturz 


Wasserspalten 
am  Rand 


Anmerkunsren 


Nur  an  der  Spitze 


Alhnählicher  Über- 
gang zur  Lamina 


Alhnälilicher  Über- 
gang zur  Lamina 


Alhnählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 


Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 


Allmählicher  Über- 
gang zui   Lamina 


Nur  an  der  Spitze 

Nur  an  der  Spitze 

Allmählicher  Über- 
gang zur  Lamina 


(+) 


in  einer  Reihe 

über  den 
Gefäßbündeln 


Absterben  der  Spitze 

von  der  Stelle  an,  wo 

die  Leitungsbahnen 

zusammenlaufen 

Ausscheidung  beob- 
achtet, als  das  Blatt 
noch   in  der  Sproß- 
anlage ein- 
geschlossen war 

Dreifacher  Gürtel 
von  Nebenzellen. 
Spitze  häufig  von 
Pilzhyphen  um- 
sponnen 


Oberseits  gewellte 
Epidermiszellen 


Der  äußersten  Spitze 

sitzt  noch  eine 

Wasserspalte  auf 


Wasserspalte  noch 

auf  der  äußersten 

Spitze 

Wasserspalte  noch 

auf  der  äußersten 

Spitze 


690 


L.  Müller, 


Pflanze 


Bemerkung 
zur  Blattform 


Blattspitze 


Kapuze 


glatt 
aus- 
laufend 


Wassei- 


Caladiuin  spec.  (Rasse 
Duchesse  de  Mon- 
tenart) 

CaladiitDi  spec.  (Rasse 
James  Laing) 

Caladiinn  Jmslalitiii  .  . 

Xaniltosotiia    

Spathicarpa  sagitti- 
folia 

AlocasiiX  indica 


iiiacrarrhizii 


Sandraeana 


»  Pulzaesi . .  . . 

Zantedeschia    (=  Ri- 
chnrdia) 


Cnlcasia  scandens 


Weiß-hellgrün 
panach. 

Weißlich-grün 


-+-  sehr  lang 

ausgezogen  in 

ein  glashelles 

Hütchen 


-+-  nur 
Zusammen- 
neigen, kein 
Verwachsen 


Hvdathodcn  bei  Araceen. 


()9l 


■spalleii 


Laqe 


Aus- 
schei- 
dung 
frei  im 
Warm- 
haus 


Aus- 
schei- 
dung 
unter 
Sturz 


Wasserspalten 
am  Rand 


Aninei'kunöen 


Alhnählicher  Über- 
ganij  zur  Lamina 

Aihnähliclier  Über- 
gang zur  Lamina 

Alhnählicher  Über- 
gang zur  Lamina 

Xur  über  und  unter 
der  Basis  der  Kapuze 

Allmählicher  Über- 
gang zur  ],amina 

Xur  an  der  Spitze 


Xur  auf  der  eigent- 
lichen  Kapuze 
Wasserhöhle 
bedeutend  groß 


Xur  an  der  Spitze, 
oft  Zwillings-  und 
Drillingswasser- 
spalten mit  ge- 
meinsamer 
Wasserhühle 


Xur  an  der  Spitze 

Spaltüftnimgen  bis 

hinauf,   aber  nicht 

funktionierend 


(+) 


(+) 


(-i-) 


-4-  Ver- 
schlei- 
mung 


Gefäßbündelenden 
nicht  bis  zur  Spitze 

Spathaspit/.e   zeigt 

ähnliches  Verhalten 

wie  Blattspitze 

Das  Habitusbild  der 

Wasseispalte    zeigt 

große  Ähnlichkeit 

mit  den  Riesen- 

hydathoden  von 

Coloc.  auf. 

Das  letzte  Ende  der 
Spitze  ist  glasheli 
und  vertrocknet, 
bald   ohne  Wasser- 
spalten und  t)hne 
GeHiße 

Pilzhyphen  aus  dem 
Spalt  der  Hydathode 

Epidermis  mit 
Tüpfelung  (Fig.  6) 


Wasserhöhle  von 
bedeutender  Dimen- 
sion (Fig.  7) 

Statt  Ausscheidung 

durch  Wasserspalten 

durch  Schleim- 

papillen,  wie  sie 

Gentner  (1.  c.) 

ähnlich  für  Acorus 

CjIcj  Ullis 

beschrieben  hat 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  1,128.  Bd. 


48 


692  L.  -Müller.  Hvdath<iden  bei  Araceen. 


Fig. 

2. 

Fig. 

3. 

iMg. 

4. 

Fig. 

5. 

Fig. 

6. 

Figurenerklärung. 

Fig.  1.      AinorphophaUns  Rivieri:    Wasserspalte  =  ;r    im    Querschnitt.    /;■  = 

Tracheiden.  335  :  1. 

Ainorphophalhts  Rivieri:  Wasserspalte  =  iv  von  oben.  335  :  1. 

Philodendron  ciispidatuin:  Wasserspalte  =  iv.  Flächenansicht.  540  :  I. 

Lasia  acuhala:  hydathodenähnliches  Organ  der  Blattunterseite,  si  = 

stöpselartige  Zelle,  n  =  Nerv   1.  Ordnung.  60  :  1. 

Dasselbe  stark  vergrößert.  220  :  1. 

Alocasia  inacrorrhiza:    Wasserspalte  iv   mit   hervorkommenden   ViV/.- 

hyphen  //.  335  :  1. 
Fig.  7.      Zantedeschia  spec:    Wasserspalte  iv  im   Querschnitt,    ;/7;  =  Wasser- 
höhle. 220  :  1. 
Fig.  8.      Ariopsis    sp.:    Wasserspalte    ir,    etwas    eingesenkt    mit    papillösea 

Nachbarzellen.  Flächenansicht.  220  :  1. 
Fig.  9.      Sleiidnera    Gnffdhi:    Querschnitt    durch    die    Blattspitze    (schemat.), 

Textfigur  2.  60  :  1. 
Fig.  10.    Pothos   gracilis:    Randhöckerchen    im     Querschnitt,    c  =  Epidermis,. 

/■  =  Innenzellen,  5-  :=  Scheide,  tr  =^  anschließende  Tracheiden.  335  :  1 . 
Fig.  11.    Polhos  giacilis:  Grübchen  von  oben.  335  :  1. 
Fig.  12.   Pothos  gracilis:  Querschnitt  durch  das  Grübchen.  75  :  1. 

0  =  Oberseite,     n  =  Unterseite     des    Blattee,     g  =  Gefäße,     gr  = 

Grübchen,    e  =  Epidermis,    respektive   Kork,    v  =  verholzte    Zellen,. 

p  =  polygonale  Zellen,  5  ^  Scheide. 

h  =  Querschnitt  vor  dem  Sackgang  des  Grübchens. 

a  =  Querschnitt  durch  den  Sackgang  des  Grübchens. 


L.  Müller:  Hydathoden  bei  Araceen. 


Taf.  I. 


Fig.  6.  335  :  1  Fig.  7.  220  :  1 

Sitzungsberichte    der  Akad.   d.  Wiss.,    math.-naturw.   Klasse,   Abt.   I,    128.   Bd.,    1919. 


L.  Müller:  H\'dathoden  bei  Araceen. 


Taf.  IT 


Fig.  10.  335:1  Fig.  12.  60:1 

Sitzungsberichte    der  Akad.   d.  Wiss.,    math.-naturw.  Klasse.   Abt.   I,    128.  Bd.,    1919. 


693 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Hypocreaceen 

(II.  MitteilungM 

\'on 

Josef  Weese 

(Mit   1  Tafell 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am   10.  Juli  1919) 

29.  Über  die  Gattung  Hyalocrea  H.  et  P.  Syd. 

Die  Hypocreaceengattung  Hyalocrea  wurde  im  Jahre  1917 
von  Hans  und  Paul  Sydow  mit  folgender  Diagnose  be- 
gründet: »Perithecia  superficialia,  subiculo  mucedineo  insi- 
dentia,  globulosa,  pallida,  pilosa.  Asci  octospori,  paraphysibus 
genuinis  nullis.  Sporae  hyalinae,  transverse  pluriseptatae«. 
Die  Grundart  und  der  einzige  Vertreter  dieser  neuen,  von  den 
.Autoren  zu  den  Nectriaceen  gestellten  Gattung  ist  die  von 
C.  F.  Baker  im  Juli  1916  auf  den  Philippinen  (Mt.  Makaling, 
Prov^  Laguna)  auf  der  Oberfläche  von  Strömen  von  Catacauma 
El  Hier  i  Sydow  an  Blättern  von  Ficns  minahassae  Miqii. 
gefundene  Hyalocrea  epimvces  S3^d.,  von  der  ich  ein  Original- 
exemplar aus  dem  Herbarium  H.  Sydow  untersuchen  konnte. 

Nach  diesem  Urstück  zeigt  Hyalocrea  epimvces  Syd. 
eiberflächliche,  in  kleinen  Gruppen  nahe  beieinander  auftretende, 
trocken  weißliche  oder  ganz  licht  fleischfarbene,  feucht  glas- 
helle und  durschscheinende,  ungemein  weichfleischige,  kugelige 
oder  fast  kugelige,  100  bis  200  ;x  breite,  weißbezottete  Gehäuse, 
die  auf  einem  aus  ziemlich  dicht  verflochtenen,  hyalinen, 
glatten,    derbwandigen,    ziemlich    steifen,    deutlich    septierten, 


1    I.  -Mitteilung    siehe  diese   Sitzungsberichte,    mathem.-naturw.    Klasse. 
Abt.  I,   125.  Bd.,    1916.  p.  460  bis  575,   3  Taf.  und   15Textfig. 


I>04  J.  Weese, 

verzweigten,  stellenweise  etwas  knotig  verdickten,  beiläutlg 
4  [x  breiten  Hyphen  gebildeten,  sich  auf  dem  Catacaiinta- 
Stroma  dahinziehenden  Subikulum  aufruhen.  Die  Fruchtkörper- 
wandung ist  zirka  8  bis  12;j.  dick  und  wird  aus  deutlich 
parenchymatischen,  mäßig  zartwandigen,  bei  der  Flächen- 
betrachtung polygonal  erscheinenden  Zellen  gebildet,  die  in 
ein  bis  drei  Lagen  auftreten  und  an  den  Flanken  und  an  dem 
Grunde  der  Fruchtkörper  viel  deutlicher  zu  unterscheiden 
und  schärfer  begrenzt  sind  als  wie  in  der  Gegend  des 
Scheitels,  wo  sie  etwas  zu  verschleimen  scheinen.  Die  Frucht- 
körper  sind  oben  und  seitlich  mit  hyalinen,  steifen,  häufig 
schwach  wellig  gebogenen,  dickwandigen  bis  fa.st  lumenlosen, 
glatten,  stumpf  endigenden,  bis  250  ;x  langen  Borsten  besetzt, 
die  entweder  einzeln  auftreten  oder  sich,  in  größerer  Zahl 
zusammengedreht,  zu  kegelförmigen  Zotten  vereinigen.  Von 
der  unteren  Seitenfläche  und  der  Basis  ziehen  radialst rahlig 
die  Hyphen  weg,  die  das  Subikulum  bilden.  Ostiolum  läßt  sich 
keines  beobachten:  doch  konnte  ich  am  Scheitel  der  Fruch't- 
körper  eine  schwer  sichtbare,  gewöhnlich  beiläufig  50  bis  90  jj. 
breite,  kreisförmige  Öffnung  sicher  feststellen.  Der  Rand  dieser 
großen  runden  Öffnung  ist  bei  genauer  Betrachtung  meist 
ganz  deutlich  zu  sehen,  wenn  auch  hier  die  die  Wandung  auf- 
bauenden Zellen  meist  etwas  die  Tendenz  zur  \'erschleimung 
aufweisen.  Die  Aszi  treten  gewöhnlich  nur  in  der  Zahl  4  bis 
10  auf,  wobei  aber  auch  nicht  alle  reife  Sporen  enthalten. 
Die  Schläuche  sind  beiläufig  eiförmig  bis  länglich  eiförmig, 
ungestielt  oder  nur  mit  einem  ganz  kurzen  Fuß  versehen, 
oben  stark  verdickt,  seitlich  und  unten  mäßig  verdickt,  acht- 
sporig, 80  bis  120  [i.  lang,  35  bis  55  ;j.  breit.  Die  Sporen  sind 
länglich  eiförmig,  beidendig  breit  abgerundet,  oben  etwas 
breiter  wie  unten,  hyalin,  glatt,  mäßig  derbwandig,  anfangs 
zweizeilig,  dann  vierzellig  mit  längeren  Mittelzellen  und 
kürzeren  Kappenzellen,  manchmal  mit  gekörneltem  Zellinhalt 
versehen,  30  bis  40  \i.  lang,  10  bis  16  ;j.  breit  und  gerade  oder 
schief  zwei-  bis  dreireihig  oder  unregelmäßig  im  Askus  an- 
geordnet. Manchmal  hat  man  den  Eindruck,  als  ob  die  Sporen 
in  die  einzelnen  Zellen  zerfallen  würden,  da  die  Sporenaußen- 
wund  zuweilen  etwas  undeutlich  wird.    Deutliche  Paraphysen 


Zur   Kenntnis  der  H\'pocreaceen.  ()JO 

waren  nicht  zu  sehen,  doch  treten  zwischen  den  Schläuchen 
kurz  fi^denförmige.  gewundene,  ganz  verschleimte,  manchmal 
wie  netzig  verbunden  erscheinende  Gebilde  auf,  die  auch  den 
Raum  über  den  Schläuchen  bis  zur  Öffnung  ausfüllen.  (Fig.  10 
bis   13  auf  beigefügter  Tafel.) 

Wie  nun  aus  der  \-orangehenden  Beschreibung  deutlich 
hervorgeht,  stellt  Hyalocrca  cpiiuyccs  dem  Bau  nach  einen 
höchst  eigenartigen  Pilz  dar.  H.  u.  P.  Sydow  betrachten 
zwar  Hyülocrcd  nur  als  eine  epiphytische,  oberflächlich 
wachsende  ( 'ii/<>in\iria,  doch  erscheint  es  mir  nach  dem 
Mangel  eines  echten  Ostiolimis,  nach  der  Ausbildung  der 
eigentümlichen,  gn^ßen  kreisförmigen  Öffnung  am  Scheitel  und 
nach  der  Entwicklung  einer  so  gelingen  Anzahl  von  Schläuchen 
trotz  der  lichten  Farbe  und  der  weichfleischigen  Beschaffenheit 
der  Gehäuse  nicht  gut  möglich,  diese  Gattung  bei  den  Nectria- 
ceen,  beziehungsweise  bei  den  Hypocreaceen  in  ihrer  heutigen 
Begrenzung  unterzubringen.  Die  große  runde  Öffnung  der 
Fruchtkörper  erscheint  mir  als  der  Hauptunterschied  gegen- 
über den  echten  Hypocreaceen,  die  alle  ein  mehr  oder  weniger 
deutliches  Ostiolum  und  einen  mit  Periphysen  ausgestatteten 
Mündungskanal  aufweisen. 

Sollte  nun  die  Gehäuseöffnung  von  HyaloLVL'a  Syd.  durch 
Verschleimung  und  Auflösung  der  Zellen  des  Fruchtkörper- 
scheitels entstanden  sein,  so  wäre  dieses  Merkmal  morpho- 
logisch und  systematisch  außerordentlich  wertvoll  und  charakte- 
ristisch und  die  Gattung  müßte  als  der  Typus  einer  eigenen 
neuen,  mit  den  Hypocreaceen  \erwandten  und  von  diesen 
ableitbaren,  kleinen  Familie  aufgefaßt  werden,  die  als  die  der 
Hyalocreaceen  zu  bezeichnen  wäre.  An  dem  mir  zur  Ver- 
fügung stehenden  beschränkten  Untersuchungsmaterial  war 
es  mir  jedoch  leider  nicht  möglich,  entsprechend  eingehende 
Studien  über  die  Entwicklung  der  Scheitelöffnung  vorzunehmen 
und  dadurch  diese  Frage  einer  endgültigen  einwandfreien 
Lösung  zuzuführen.  Bisher  gelang  es  mir  aber  trotz  eifrigsten 
Bemühens  bei  meinen  ausgedehnten  Untersuchungen  nicht, 
innerhalb  des  kreisförmigen,  zarten  und  nicht  gerade  leicht 
sichtbaren  Randes  der  Scheiteir)ffnung  Reste  von  verschlei- 
menden,  parenchymatischen   Perithezienzellen  zu  beobachten. 


()96  J.  Weese. 

die  Schlüsse  auf  die  Entstehung  dieser  eigenartigen  Öffnung 
ermöglichen  würden.  An  der  besagten  Stelle  fand  ich  immer 
nur  jene  kurz  fadenförmigen  verschleimenden  Gebilde,  die 
zwischen  und  über  den  Schläuchen  auftreten  und  die  ich 
bereits    in  der  Beschreibung  zu    erwähnen  Gelegenheit    hatte. 

Ausdrücklich  muß  ich  aber  hier  noch  bemerken,  daß  sich 
die  genaue  mikroskopische  Untersuchung  von  Hyalocrea 
epimyces  infolge  der  wasserhellen  Beschaffenheit  und  der 
geringen  Größe  der  Gehäuse  zu  einer  ziemlich  schwierigen, 
mühevollen  und  anstrengenden  gestaltet. 

Nach  den  bisher  festgestellten  Eigenschaften  paßt  nun 
die  Gattung  HyaJocrea  weder  zu  den  echten  Hypocreaceen, 
noch  zu  den  Perisporiaceen,  noch  zu  den  Englerulaceen.  Über 
die  Entstehung  der  Scheitelöffnung  konnte  bis  jetzt  nichts 
Positives  konstatiert  werden,  das  die  Aufstellung  einer  eigenen 
neuen  Familie  begründet  und  notwendig  erscheinen  ließe.  Und 
so  dürfte  es  nach  dem  bisherigen  Stand  unserer  Kenntnisse 
nicht  ganz  unangemessen  sein,  Hyalocrea  S^'d.  vorläufig  als 
einen  eigenartigen  kleinen  Diskomyzeten,  als  eine  eigentümliche 
Trichopezizee  aufzufassen.  Frisch  angefeuchtete  Gehäuse  dieser 
Pilzgattung  erscheinen  auch  in  der  Tat  bei  der  Betrachtung 
mit  einer  starken  Lupe  manchmal  ganz  t3'pisch  diskomvzeten- 
artig.  Über  die  endgültige  Stellung  unseres  interessanten 
Pilzes  im  S3^stem  der  Pilze  werden  aber  jedenfalls  erst  Unter- 
suchungen an  reichlicherem  Material  und  an  verwandten 
Formen  sichere  Entscheidung  bringen  können. 

Nach  dem  Auftreten  von  zottenförmigen  Anhängseln  an 
den  Gehäusen  zQiiiX  Hyalocrea  eine  gewisse  äußere  Ähnlichkeit 
mit  einzelnen  Vertretern  der  Gattung  Nectria  Fr.  [z.  B.  Unter- 
gattung Ziiiniuriiiamiia  Sacc.  (Sylloge  fungor.,  XV'II.,  1905. 
p.  787),  dann  Nectria  sitffulta  Berk.  et  Gurt.  (Journ.  Linn. 
Society,  X,  1868,  Nr.  733;  über  die  S3'nonyme  siehe  Weese 
in  Ztschr.  f.  Gärungsphys.  u.  Myk.,  IV.,  1914,  p.  102  bis  109), 
A'.  doJicIiospora  Penz.  et  Sacc.  (Malpighia  XL,  1897,  p.  513; 
etc.],  dann  mit  einzelnen  von  Calouectria  de  Not.  und  allen- 
falls mit//////j'./  Starb.(Bih.  sv!  Akad.  Handl.,  25. Bd.,  1899,  III.  Abt- 
Nr.  1,  p.  30).  Doch  handelt  es  sich  hier  durchwegs  um  Pilze, 
die  mit  Hyalocrea  S\'d.    nicht    verwechselt    werden    können. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocreacoen.  ')9< 

Gleichzeitig  mit  Hyalocvea  haben  H.  u.  P.  Sydow  die 
neue  Gattung  Epinectria  S^'d.  begründet  (Ann.  Myc,  XV'., 
1917,  p.  215).  Epinectria  Syd.  soll  eine  Hvalocrea  mit  zwei- 
zeiligen Sporen  darstellen.  Ob  die  beiden  Gattungen  morpho- 
logisch übereinstimmen,  vermag  ich  begreiflicherweise  ohne 
Untersuchung  von  Originalmaterial  des  Gattungstypus  (Epi- 
nectria meliolae  Syd.  auf  Meliola-MyzeWum  parasitierend) 
auf  Grund  der  bloßen  Beschreibung  nicht  zu  entscheiden. 

30.  Über  die  Gattung  Botryosphaeria  Ges.  et  de  Not. 

V.  Cesati  und  G.  de  Notar is  haben  im  Jahre  1863  in 
■•-Schema  di  classificazione  degli  vSferiacei  italici  aschigeri«^ 
die  Askomyzetengattung  Botryosphaeria  begründet  und  geben 
\on  dieser  folgende  Diagnose: 

»Pyrenia  stromate  pulviniformi,  vel  disciformi  vel  elongato 
instrata,  in  acervos  nudos  stipata,  inferiori  parte  simul  con- 
crescentia,  subcoriacea,  cellulis  minutis  rotundatis,  saepe 
caesiis  stratosis  contexta,  in  vertice  semper  libero  osculo 
minutissimo  hiantia.  Asci  clavati,  tenues,  8-spori.  Sporidia 
ovoidea,  oblongave,  hyalina,  plus  minus\-e  distincte  4-locularia. 

In  iisdem  acervis  pyrenia  interdum  inveniuntur  spermati- 
fera,  aliaque  stylosporea.  Itidem  haud  raro  in  inferiori  pyre- 
niorum  parte  concrescente  vel  stromate  obruta,  eorum  cortex 
exterior  evanescit.< 

Als  Vertreter  dieser  neuen  Gattung  führen  die  beiden 
Autoren  lö  Arten  an,  und  zwar  Botryosphaeria pnlicaris  (Fries) 
Ces.  et  de  Not.  (Syn.:  Gibbera  pnticaris  Fries  in  Summa 
\eget.  Scand.,  1849,  p.  402,  Sphacria  pnlicaris  Fv.  in  Kunze 
u.  Schmidt,  Myk.  Hefte  IL,  1823,  p.  37  und  Fries,  Syst.  II, 
1823,  p.  417).  B.  syconophila  Ces.  et  de  Not.  (sub  SpJtaeria 
in  de  Notaris,  Microm.  ital.,  VI,  1853,  p.  6),  B.  polycocca 
(Mont.)  Ces.  et  de  Not.  (sub  Sphaeria  Montagne  in  litt.). 
B.moricola  Ces.  et  de  Not.  (Erbar.  Crittog.  ital..  1861,  Nr.  541), 
B.  advena  Ces.  et  de  Not.  (sub.  Dothidea  advena  Ces.  in 
Erbar.  Critt.  ital.,  Nr.  495),  B.  Dothidea  (Moug.)  Ces.  et  de  Not. 


1  Commentario  della    societa    crittogamologica    italiana,    Geimva   1863. 
Nr.  4.  p.  211    bis  213  (p.  87   bis  39  des   Separatabdruckes). 


B98  J.  Weese. 

(sLib  Sphaeria  Dothidea  Mougeot  in  Fries,  Syst.  II,  1.S23, 
p.  420),  B.  rhhomatnni  Ces.  et  de  Not.  (sub  Sphaeria  rhiza- 
nuüiiin  Ccsati  in  Rabenhorst,  Herb,  mycol.  I.,  1854,  Xr.  1S39), 
B.  popnUtia  (Pers.)  Ces.  et  de  Not.  (sub  Sphaeria  in  Persoon, 
Observ.  mycol.,  IL,  1799,  p.  67,  Tab.  V,  Fig.  10),  B.jnglaiulis 
(Mont.)  Ces.  et  de  Not.  (sub  Dothidea  in  Montagne,  PI.  cell., 
Cent.  VIII.,  1859,  p.  126),  weiters  Sphaeria  DitJeauiariie 
.Schmidt  (in  Mykol.  Hefte,  I.,  1817,  p.  62;  Fries,  Syst.  II, 
p.  421),  Sph.  polita  Fries  (Syst.  II,  1823,  p.  426;  sub  Pyr»sf<>iiui 
politiun  Fries  in  Summa  veget.  Scand.,  1849,  p.  395).  Sph. 
rhagadiola  Fries  in  Herb.  Guepin,  Sph.  tuorbosa  Schwein, 
(in  Schweinitz,  .Synops.  Fung.  Carol.  sup.,  1822,  n.  134;  Fries, 
Syst.  II,  p.  417),  Sph.  agglomerata  Pers.  (Fries,  Elench.  II, 
1828,  p.  83)  und  Gibhera  oppilata  Fries  (Summa  veg.  Sc, 
1849,  p.  402,   sub  Sphaeria  in  Fries,  Scler.  n.  399). 

.•\us  der  voranstehenden  Liste  geht  nun  ganz  deutlich 
hervor,  daß  Cesati  und  de  Notaris  in  ihrer  Gattung  Botryo- 
sphaeria  ganz  \erschiedenartige  Pilze  zusammenfaßten,  und 
zwar  solche,  die  zu  den  Hypocreales  gehören,  solche,  die  zu 
den  Dothideales  zu  stellen  wären,  weiters  solche,  die  zu  den 
Sphaeriales  zu  rechnen  sind,  und  sogar  solche,  die  nur  als 
Fungi  imperfecti  bezeichnet  werden  können.  Eine  derartige 
Gattung,  die  so  systematisch  ungleichartiges  enthält,  kann 
selbstverständlich  auf  die  Dauer  nicht  aufrechterhalten  werden, 
sondern  muß  in  natürliche  Gruppen  zerlegt  werden. 

Von  dieser  Erkenntnis  geleitet,  hat  auch  bereits  im  Jahre 
1877  P.  .\.  Saccardo  in  einer  Notiz  zu  Bofryo.^phaej-ia  adveiia 
Ces.  et  de  Not.  (in  Michelia,  I.,  p.  42  bis  4.3)  eine  Zerlegung 
der  Gattung  Botryosphaeria  vorgenommen.  Saccardo  unter- 
scheidet: I.  Botryosphaeria:  perithecii  conte.xtu  rigidulo,  fiili- 
gineo-atro;  sporidiis  ex  ovato  rhomboideis  hyalinis  continuis 
mum  matura  septata  fiant,  iterum  dubito);  II.  Giberella  n.  g.: 
perithecii  contextu  molliusculo  amoene  cyaneo  \'el  \iolaceo; 
sporidiis  ex  ovoideo  fusoideis,  3-pluriseptatis,  subhyalinis; 
III.  Lisea  n.  g. :  peritheciis  praecedentis;  sporidiis  didymis,  sub- 
hyalinis. Giberella  und  Lisea  stellte  er  zu  den  Hypocreaceen 
und  die  neu  umgrenzte  Gattung  Bolryosphaeriii  fügte  er  bei 
den  Sphaeriaceen  ein. 


Zur   K'cnntnis  der  Hypoci-eacccn.  t)U'> 

Die  (irundart  der  Gattung  Hotryosphaeria  Sacc.  ist 
B.  Bcrt'Uiicridua  de  Not.,  die  von  Giberella  Sacc.  (später 
schreibt  Saccardo  (libbere/la)  (!.  pnlicaris  (Fr.)  Sacc.  und 
die  von  Lisea  Sacc.  L.  iiemorosa  Sacc.  Theissen  und  Sydow 
(Annales  Mycologici,  13.  Bd.,  1915,  p.  661)  betrachten  als  den 
'IVpus  der  Gattung  Botryosphaeria  im  Sinne  Saccardo's 
B.Oneratittn  (Schwein.)  Sacc.  (SphaeriaOiieratinn  Schwein, 
in  Syn.  Fung.  Carol.,  1822,  Nr.  125,  p.  40).  Als  Grundlage  für 
diese  Angabe  diente  ihnen  die  Sylloge  Fungorum,  durch  die 
man  aber  bei  Feststellung  der  Grundart  einer  Gattung  —  die 
beiden  Verfasser  haben  ja  selbst  darauf  wirkungsvoll  auf- 
merksam gemacht  • —  häufig  gründlich  irregeführt  werden  kann. 
In  der  Sylloge  Fungorum,  I.  Bd.,  p.  456,  ist  ja  B.  Oiierciiiini 
(Schw.)  Sacc.  als  erste  Art  angeführt,  aber  an  jener  oben- 
zitierten und  allein  maßgebenden  Stelle,  an  der  die  erste  Auf- 
stellung der  Gattung  in  dem  neuen  Umfange  erfolgte,  wird 
B.  Bereugeriana  zuerst  genannt  und  B.  Onercnnm  gar  nicht 
erwähnt.^ 

Der  T^^pus  der  alten  Gattung  Botryospliaeria  Ges.  et 
de  Not.  ist  aber  weder  B.  Bereugeriana  noch  B.  Quereiiiiiu, 
sondern  B.  pnliearis  (Fr.)  Ges.  et  de  Not.  Und  gerade  diesen 
Pilz  hat  Saccardo  zum  Typus  seiner  neuen  Gattung  Gibbe- 
rella  gewählt.  Die  Grundart  der  Gattung  Botryospliaeria  Ges. 
et  de  Not.  ist  auf  diese  Weise  aus  dieser  Gattung  vollständig 
ausgeschieden  worden.  Daraus  geht  wohl  deutlich  genug 
hervor,  daß  man  sich  mit  diesem  gänzlich  ungerechtfertigten 
Vorgang  Saccardo's  bei  Zerlegung  der  Gattung  Botryo- 
sphaeria Ces.  et  de  Not.  unter  keinen  Umständen  einver- 
standen erklären  kann.  Die  Neubegrenzung  der  Gattungen 
hätte  eben  so  durchgeführt  werden  sollen,  daß  die  daraus 
hervorgegangene,  schärfer  charakterisierte  und  natürlicher 
umgrenzte  Gattung  Botryospliaeria  sich  möglichst  mit  dem 
durch  die  alte  Diagnose  und  durch  die  Eigenschaften  der 
ersten  Art  beiläufig  gegebenen  Gattungsumriß  deckt  und  daß 


1  V.  Höh  11  el  hat  daher  mit  Recht  im  Fragment  311  (diese  Sitzungsber., 
Wien.  1009,  mathem.  naturw.  Kl.,  118.  Bd.,  p.  842)  als  Grundart  der  Gattung 
Botryosj.^haeiia  im  Sinne  Saccardo's  B.  Bcrciti^criaiia  angeführt,  woran 
Theissen   und  Svdow    luigerechtfertigter  Weise  Anstoß  genommen  haben. 


700  J.  Weese. 

dabei  die  Grundart  der  alten  tiattung  auch  bei  der    neueren, 
emendierten  und  gleichbenannten  erhalten  bleibt. 

Die  Gattung  Botryospliacria  Ges.  et  de  Not.  enthält  der 
Hauptsache  nach  zwei  ganz  verschiedene  Gruppen  von  Pilzen, 
und  zwar  hypocreaceenartige  und  sphaeriaceenartige.  Und  wenn 
ich  Botryospliacria  piilicaris  (Fr.)  Ges.  et  de  Not.,  also  eine 
Hypocreacee  als  Typus  betrachte,  so  leitet  mich  dabei  nicht 
allein  der  manchem  zu  engherzig  und  kleinlich  erscheinende 
Gesichtspunkt,  daß  gerade  diese  Art  in  der  Liste  der  auf- 
gezählten 15  BotryospJiaeria-Spez\QS  an  erster  Stelle,  steht, 
sondern  vor  allem  der  Gedanke,  daß  gerade  dieser  Pilz  (als 
Repräsentant  der  Hj'pocreaceengruppe  der  Gattung)  nach  den 
Angaben  der  Gattungsbeschreibung  betreffend  die  häutig  blau- 
graue Färbung  der  Fruchtkörper  und  die  mehr  oder  weniger 
ausgesprochene  Vierzelligkeit  der  Schlauchsporen  in  dem 
durch  die  Originaldiagnose  gegebenen  Rahmen  noch  am  besten 
paßt.  Eindeutig  ist  ja  die  Gattungsdiagnose  von  Cesati  und 
de  Notaris  keineswegs,  aber  so  unbestimmt  ist  sie  doch  nicht, 
daß  man  nicht  erkennen  könnte,  daß  ihr  die  von  Saccardo 
in  seiner  Gattung  GibbereUa  zusammengefaßten  Pilze  unter 
den  15  aufgezählten  Botryosphaeria  noch  am  meisten  ent 
sprechen.  Die  von  Saccardo  nun  als  Botryosphaeria  bezeich- 
neten Formen  stimmen  ja  schon  wegen  ihrer  einzelligen 
Sporen  nicht  zu  der  Gc\ttungsbeschreibung.  De  Notaris  scheint 
das  übrigens  auch  etwas  empfunden  zu  haben,  da  er  bald 
nach  Aufstellung  der  Gattung  Botryosphaeria  Ges.  et  de  Not. 
in  seinen  >Sferiacei  Italici«  (Centuria  I.,  Fase.  2.  Genova,  1863, 
p.  82)  zur  Begründung  der  Gattungszugehörigkeit  der  Arten  mit 
einzelligen  Sporen  der  Vermutung  Ausdruck  gibt,  daß  diese 
noch  unreif  seien,  da  sie  ja  im  reifen  Zustand  eigentlich  zwei- 
oder  vierzellig  sein  müßten.  Wenn  also  diese  Vermutung 
nicht  richtig  ist  —  und  das  ist  ja  nach  unseren  heutigen 
Erfahrungen  der  Fall  — ,  so  haben  schon  einzig  und  allein 
aus  diesem  Grund  (abgesehen  von  dem  durch  die  Beschaffen- 
heit der  Fruchtkörper  gegebenen  und  noch  wichtigeren)  diese 
mit  einzelligen  Sporen  versehenen  Arten,  also  die,  die 
Saccardo  als  typische  Botryosphacria-Spözies  ansieht,  nach 
der    durch    die    Originaldiagnose  gegebenen  Umgrenzung  gar 


Zur  Kenntnis   Jor  Hypucreaceen.  /Ol 

nichts  mehr  in  dieser  Gattung  zu  tun.  Ein  beachtenswerter 
Umstand  scheint  mir  auch  der  zu  sein,  daß  bei  Autzählung 
der  zu  Botryosphafiia  Ges.  et  de  Not.  gehörigen  Arten  die 
beiden  Autoren  nur  bei  zwei  Arten  (bei  B.  pulicaris  [Fr.]  iind 
B.  polycocca  Mont.)  nähere  Angaben  machen,  und  zwar  über 
die  BeschafTenheit  der  Sporen.  Und  gerade  diese  beiden 
auf  diese  Weise  hervorgehobenen  Arten  haben  vierzellige 
Sporen.  Zu  diesen  Erwägungen  kommt  aber  noch  die  —  und 
diese  erscheint  mir  am  schwerwiegendsten  — ,  daß  de  Notaris 
in  seinem  vorher  genannten  Werke  auch  ausdrücklich  darauf 
hinweist,  daß  zwischen  Boiryosphacriu  und  Xectria  eine  Art 
Parallelismus  bestehe.  Ich  glaube,  daß  daraus  wohl  ganz 
besonders  einwandfrei  hervorgehe,  daß  die  beiden  Forscher  bei 
Aufstellung  der  Gattung  vor  allem  hypocreaceenartige  Pilze  im 
Auge  hatten,  dann  aber  unglückseligervveise  auch  Pilze  dazu- 
stellten,  die  ihrer  Natur  nach  gar  nicht  in  dieses  Genus 
gehören,  und  daß  ich  mit  vollem  Recht  und  aus  guten  Gründen 
Ciibhcid  pidicaris  Fries  als  Gattungst3'pus  betrachte. 

Zur  Unterstützung  meiner  Ansicht  führe  ich  auch  noch 
hier  an,  daß  G.  v.  Niessl  bereits  im  Jahre  1872  in  einer  durch 
ihre  Gründlichkeit  herzerfreuenden  und  Saccardo  auch  wohl- 
bekannten Arbeit^  bereits  acht  Bofiyospluwriu-Avten  aufzählt, 
die  alle  eine  »große  Übereinstimmung«  dadurch  zeigen,  daß  sie 
»Perithezien  mit  zarter  schlaffer  Substanz,  welche  im  durch- 
fallenden Lichte  melir  oder  weniger  rein  blau  bis  amethyst- 
farben  erscheint'^',  und  daß  sie  -ferner  oblonge  bis  spindel- 
förmige, fast  hyaline,  nur  (mit  Ausnahme  von  BotiyospJiacfia 
litis,  die  zweizeilige  Sporen  hat)  dreimal  septierte  oder  vier- 
fücherige  Schlauchsporen  aufweisen^<  und  >  endlich  Konidien 
besitzen,  welche  dem  Typus  der  früheren  Gattungen  Fusarium 
und  Selenosporitiui  entsprechen  .  Wir  ersehen  daraus,  daß 
auch  V.  Niessl  nur  die  Formen,  die  nach  Saccardo  heute 
als  Gibbcrclla  zu  bezeiclmen  wären,  als  Botryospluieria  auf- 
faßt. Und  an  diesem  Standpunkt  hat  genannter  F'orscher  trotz 
des  großen  P^influsses,  den  Saccardo's  Schriften  auf  die 
systematische  Mykologie  ausgeübt  haben,  mit  Recht  bis  zum 


i   Beitrag-    zur  Kenntnis  der  Pilze.    (X'erhanJ.l.   naturf.  Ver.  Biünn,     ]S72, 
p.  193  bis  198.) 


702  J.  Weese. 

heutigen  Tag  festgehalten.  Niessl  hat  uns  also  (u"enn  er  auch 
in  dieser  Arbeit  nicht  ausdrücklich  sagt,  daß  einzelne  von 
Cesati  und  de  Notaris  in  ihre  Gattung  gestellten  Arten 
nicht  dorthin  gehören)  schon  damals  eine  ganz  natürliche 
Umgrenzung  und  Auffassung  der  Gattung  Botryosphaeria 
Ces.  et  de  Not.  gegeben  und  umso  unbegreiflicher  erscheint  es 
uns,  daß  Saccardo  sechs  Jahre  später  die  bereits  sonnenklare 
Sachlage  durch  seine  ganz  unrichtige  Zerlegung  der  Gattung 
Botryosphaeria  Ces.  et  de  Not.  wieder  in  das  Gegenteil  ver- 
wandelte und  den  heutigen  unhaltbaren  Zustand  herbeiführte. 
Theissen  und  Sj'dow^  vertreten  auch  die  Ansicht,  daß 
Saccardo  bei  der  Aufteilung  der  Gattung  Botryosphaeria 
nicht  richtig  vorgegangen  sei,  erklären  aber,  daß  eine  »sklavische 
Befolgung  der  Prioritätsregeln  in  diesem  Falle  zu  einem 
Absurdum,  zu  vollständig  unannehmbaren  Folgerungen  führt«, 
und  daß  man  praktisch  >^die  von  Saccardo  einmal  geschaffene 
Botryiisphaeria-Lage  annehmen  müsse*.  Zu  dieser  letzten 
Ansicht  kann  ich  mich  durchaus  nicht  bekennen.  Die  Schwierig- 
keiten und  Unannehmlichkeiten  einer  Umbenennung  erscheinen 
mir  gering  gegenüber  dem  dadurch  erwachsenden  Gewinn 
an  Sicherheit  in  der  Gattungsbegrenzung  und  Namensgebung. 
An  Stelle  des  Namens  Gibberella  Sacc.  tritt  ganz  einfach 
Botryosphaeria  Ces.  et  de  Not.  char.  emend.  v.  Niessl  et  ' 
Weese  als  Bezeichnung  für  die  durch  die  Saccardo' sehe 
Gihberella-Diagnose  zusammengefaßte  Gattung  und  für  Botryo- 
sphaeria Sacc.  ist  ein  anderer  Namen  zu  wählen.  Diese 
zweite  Notwendigkeit  dürfte  wahrscheinlich  Theissen  und 
Sydow  abgehalten  haben,  einen  entscheidenden  Schritt  zu 
tun.  Doch  auch  diese  bietet  keine  Schwierigkeiten,  sondern 
im  Gegenteil  die  Möglichkeit,  einen  weiteren  F'ehler  Saccardo's  • 
bei  Zerlegung  der  Gattung  Botryosphaeria  Ces.  et  de  Not. 
zu  beseitigen.  Mit  Botryosphaeria  im  Sinne  Saccardo's  deckt: 
sich  nämlich  Melaiiops  Nitschke  in  Fuckel,  Symbolae  Myco- 
jogicae,  1869,  p.  225,  vollständig,  wie  ich  bereits  in  einer 
anderen  Arbeit  (Ber.  d.  Deutsch.  Botan.  Gesellsch.,  37.  Bd., 
1919,    p.  83    bis    96)    ausführlicher    nachweisen    konnte.    Der 

1  Theissen  und   .Syiiow,   Die   Ikdhidcaks  (Annales  Mycologici,    1017. 
13. Bd.,  p.661)  und Sj-nopiische  Tafeln  (Annal.-Mycnl.jgici,  191;'),  15.Bd..  p.395.) 


Zur  K'enntnis   dcv  IlypDOi'caceen.  /  Oo 

Typus  der  Galtuno-  Mclaiiops  Nke.  ist  Melanops  Titlasua 
Nke.  (=  Dotliic/Ld  uicJauops  Tul.).  Diese  Art  ist  durch 
Tulasne  (Ann.  scienc.  nat.,  IV.  ser.,  \'..  ISöO,  p.  IK),  und 
Selecta  fung.  carp..  IL,  1863,  p.  73  bis  75,  tab.  X)  so  genau 
beschrieben  und  so  herrlich  abgebildet  worden,  daß  man  über  die 
Eigenschaften  der  Haupt-  als  auch  der  Nebenfruchtform  dieses 
Pilzes  und  somit  der  Gattung  Melanops  Nke.  vollständig  im 
Ivlaren  sein  kann.  Mit  Mdauops  Nke.  ist  die  von  Saccardo 
(Sylloge  fung.  IL,  1883,  p.  231)  angeführte  Gattung  Melanops 
Tulasne  emend.  Saccardo,  deren  Typus  Melanops  mirabilis 
Fuck.  (Symb.  mycoL,  18(59,  p.  225)  sein  soll,  nicht  identisch, 
wobei  ich  noch  gleich  bemerken  will,  daß  Tulasne  eine 
derartig  benannte  Gattimg  gar  nicht  aufgestellt  hat  und 
Saccardo's    Angaben    lediglich    auf    einem    Irrtum    beruhen. 

Da  die  Gattung  Melanops  Nke.  ( 18()9)  gegenüber  Bohyo- 
sphaeria  Sacc.  (1877)  die  Priorität  genießt,  so  sind  nun  alle 
bisherigen  echten  Bofryosphaeria-Avien  im  Sinne  Saccardo's 
in  Melanops-Spezies  umzubenennen.  Und  damit  erscheint  auch 
die  durch  Saccardo  seinerzeit  herbeigeführte  Verwirrung 
in  der  Bofiyosphaeria-Fvage  endgültig  beseitigt. 

Mit  Melanops  Nke.  fällt  auch  die  Gattung  Tlmenieniu 
Rehm  (Thuemen,  Mycotheca  univers.,  1878,  Nr.  971)  voll- 
ständig zusammen.  Clements  (Genera  of  fungi,  Minneapolis, 
1909,  p.  28)  zieht  mit  Botiyosphaeria  Saccardo  die  Gattungen 
GibeUia  Sacc.  (Mise.  Myc,  IL,  p.  12,  Syll.  IX,  p.  <)08)  und 
Coutinia  d'Almeida  et  de  Camara  (Rivista  agron.  de  Lisboa, 
1903,  n.  12,  p.  293,  tab.  XIV)  zusammen.  Gibbelia  Sacc. 
(Grundart:  G.  dothideoides  Sacc.  et  Berl.)  könnte  möglicher- 
weise nach  Höhnel  (siehe  auch  diese  Sitzungsber.,  121.  Bd., 
1912,  p.  386)  mit  Mazzantia  Montagne  (Sylloge  gener.  spec. 
plantar,  cryptog.,  1856,  p.  245)  verwandt  sein.  (Zu  dieser  Frage 
siehe  auch  Theissen  und  Sydow  in  Annal.  Myc,  XIIL, 
1915,  p.  185,  und  Höhnel  in  Ann.  Myc,  XVI,  1918,  p.  109 
bis  1  12.)  Unter  Coutinia  (Typus:  C.  Agares  d'Alm.  et  da  Cam.) 
vermutet  Höhnel  (diese  Sitzungsber.,  121.  Bd..  1912,  p.  386) 
eine  großsporige  Pliysalospora  Niessl.  Daraus  ist  wohl  zu 
entnehmen,  daß  erst  die  Untersuchung  von  Originalmaterial 
endgültige    Klarheit    über    die    systematische    Stellung    dieser 


704  J.  Wcesc, 

beiden  von  Clements  zu  Boiryosphaeria  Sacc.  (=:=  MeJauops 
Nke.)  gezogenen  Gattungen  bringen  kann. 

Bezüglich  Boiryosphaeria  Ces.  et  de  Not.  sensu  Niessl 
et  Weese  will  ich  noch  bemerken,  daß  ich  mit  Rücksicht 
auf  die  auffallende  Gleichheit  der  Nebenfruchtformen  und  der 
Schlauchfruchtkörper  in  diese  Gattung  gern  auch  die  Formen 
mit  zweizeiligen  Sporen  gezogen  hätte,  die  jetzt  in  Lisea 
Sacc.  zusammengefaßt  werden.  Eine  generische  Trennung 
von  Lisea  und  Botrvosp/iaeria  Ces.  et  de  Not.  erscheint  mir 
gleich  Niessl  und  Winter  (Pilze,  II.,  p.  104)  bei  der  nahen 
Verwandtschaft  der  hierhergehörigen  Pilze  nicht  gerechtfertigt, 
zumal  Saccardo  selbst  bei  der  Typusart  von  Lisea  bei 
L.  iiemorosa  Sacc.  neben  tj^pischen  zweizeiligen  Sporen  auch 
vierzellige  fand  und  es  bei  BotryospJiaeria-{Gibberella-)Ai'ten 
nach  meinen  Beobachtungen  häufig  vorkommt,  daß  ein  Groß- 
teil der  Sporen  zweizeilig  ist  und  nur  die  gut  ausgereiften 
drei  Querwände  aufweisen.  Da  wir  aber  bei  der  Familie  der 
Hypocreaceen  von  einem  natürlichen  System  auf  Grund  des 
Baues  der  Perithezien  und  des  Nukleus  und  auf  Grund  der 
Nebenfruchtformen  derzeit  noch  ziemlich  entfernt  sind  und 
die  zu  einer  künstlichen,  rein  schematischen  Gruppierung 
recht  bequeme  sporologische  Einteilung  noch  eine  Hauptrolle 
spielt,  so  habe  ich  vorläufig  Lisea  als  eigene  Gattung  noch 
bestehen  lassen,  trotzdem  es  auch  im  Sinne  von  de  Notaris 
und  Niessl  gewesen  wäre,  die  mit  zweizeiligen  Sporen  ausge- 
zeichneten Arten  zu  BofryospJiaeria  Ces.  et  de  Not. ^  zu  ziehen. 

Eine  Lisea  mit  einzelligen  Sporen  stellt  die  Gattung 
Lisiella  Cooke  (Grevillea,  XVT,  1887,  p.  5  als  Untergattung; 
Saccardo,  Syll.  Fung.,  IX.,  p.  945)  dar.  Der  Typus  dieser 
Gattung  ist  Lisiella  Passißorae  Cke.  et  Massee  (auf  Passi- 
//onz-Stengeln,  Australien).  Nach  Lindau  (Engler-Prantl, 
Natürl.  Pflanzenfam.,  I.  T.,  1.  Abtlg.,  1897,  p.  355)  wäre  dieser 
Pilz  dahin  zu  untersuchen,  ob  die  Sporen  im  reifen  Zustande 


1  Als  Nebenfruchtformen  von  Botiyospluuria  Ces.  et  de  Not.  nach 
meiner  Auffassung  kommen  Fiisafiiiin-Arien  und  als  Pj'knidenfrüchte  Cyai:o- 
phomellü  Höhn.  (Hedwigia,  1918,  p.  156),  Cvanochita  Hohn.  (Fragm.  907, 
XVit.  Mttlg.,  1015)  und  Siagonosiroina  Die  dicke  (K'ryptog.  Flora  v.  Branden- 
burg,  IX.,   Pilze   VIl,    1914,   p.  561)  in   Betracht. 


Zur  Kenntnis  der   Hj'pdoreaceen.  ''ü-') 

doch  nicht  zweizeilig  seien,  da  in  diesem  Fall  diese  Gattung 
wieder  eingezogen  werden  müßte. 

\'on  Boivyosphaeria  Ces.  et  de  Not.  (=  Gibbet-ella  Sacc.) 
soll  FU'ogibberella  Sacc.  (Add.  Syll.,  1886,  p.  217)  bloß  durch 
die  mauerförmigen  Sporen  verschieden  sein.  Die  Grundart 
dieser  Gattung  ist  die  an  Früchten  von  Calamus  fasciculatiis 
in  Ostindien  gefundene  Gibberella  caJauüa  Cooke  (Grevillea, 
XIII,   1884,  p.  8). 

Mit  Botryosphaeria  zeigt  aber  trotz  einer  gewissen  Über- 
einstimmung in  der  Farbe  CyanocephaJinm  Zukal  (Ost.  Botan. 
Zeitschr.,  1893,  p.  244,  Taf.  XII.,  Fig.  1  bis  8)  sicher  gar  keine 
verwandtschaftlichen  Beziehungen,  denn  die  Grundart  der 
letztgenannten,  auch  zu  den  Hypocreaceen  gerechneten  Gattung 
Cyanoct'phalhmt  murorum  Zuk.  (an  feuchten,  moosigen  Mauern 
in  Kärnten),  die  anscheinend  bisher  nicht  wiedergefunden 
wurde,  steht  unstreitig  der  Gattung  Thelocarpon  Nylander 
(1854)  sehr  nahe.  Mit  Rücksicht  darauf,  daß  die  Sporen  von 
Thelocarpon  Nyl.  manchmal  auch  wie  zweizeilig  erscheinen, 
betrachte  ich  es  sogar  als  nicht  gänzlich  ausgeschlossen,  daß 
die  beiden  Gattungen  nur  so  wenig  voneinander  verschieden 
sind,  daß  die  Aufrechterhaltung  der  Gattung  CyanocephaJinm 
Zuk.  gar  nicht  notwendig  sei.  Leider  ist  von  Cyanocephalinni 
ninroniin  Zuk.  weder  Originalmaterial  noch  ein  Original- 
präparat mehr  aufzutreiben,  so  daß  man  über  die  sj^stematische 
Stellung  dieses  Pilzes  bis  zu  seiner  VViederauffindung  durch 
eigene  Beobachtungen  nichts  feststellen  kann. 

Zukal  hat  die  innigen  Beziehungen  zwischen  (yano- 
cepha/iitm  und  Thelocarpon  wohl  erkannt  und  dadurch  zum 
Ausdruck  gebracht,  daß  er  beide  in  eine  eigene  Familie  stellte, 
die  er  Thelocarpeae  nannte  und  zwischen  die  Hypocreaceen 
und  die  Sordarieen  einreihte. 

Überblicken  wir  nun  nach  diesen  Nebenbemerkungen  noch 
einmal  die  eingangs  mitgeteilte  Liste  der  von  Cesati  und 
de  Notaris  aufgestellten  15  Bot ryospliaeria- Arten  und  stellen 
wir  diese  Spezies  nach  dem  gegenwärtigen  Stande  unseres 
Wissens  zusammen,  so  gehören  Botryosphaeria pitlicaris  (Fr.), 
}B.  polycocca  (Mont.),  B.  moricoJa  Ges.  et  de  Not.  und 
}B.  agglouterata  (Pers.)  Ges.  et  de  Not.  (die  zweite  und  die 


'()() 


.1.  Wces; 


vierte    Art    sind    leider    nicht    vollkommen    bekannt)    noch    zu 
Botrvosphaeria     in    der   jetzigen    Auffassung,    ß.   sycouopliila 
Ces.    et  de  Not.    und    //.  culvcua    Ces.  et  de  Not.    sind    bei 
MeJanops   Nke.    einzureihen,    B.  Dothidea  (Moug.)   ist    Cata- 
Ldiiuia  Dothidea  (Moug.)  Höhn.  (Ber. Deutsche  Botan.  Gesellsch., 
IV)  18,  p.  812),  B.  popnlliia  (Pers.~)  \si  Ciyptospliaeria  popidiita 
(Pers.)Sacc.  (Syil.  Fung.,  I.,  1882,  p.  183),  B.  Jiio]aiidis  (Mont.) 
ist    AmevodoiJiis    Juglaudis    (Mont.)    Theissen    et    Sydovv 
(Annal.  Mycok,    1915,  p.  296),  B.  DnJcaniarac  ist  Cncurbitayiu 
Didcaiuarac  (Kunze  et  Schmidt)  Fries  (Summa  Veg.  Scand., 
1849,  p.  391),  B.  niorbosü  (Schwein.)  ist  Dibofryoii  uiorbosttw 
(Schwein.)  Theiss.  et  Syd.    (Annal.  Myc<.l.,    1915.,    p.  663), 
B.  polifd    ist    nur    ein  Konidienpilz,    und    zwar  Rliabdosporu 
polilii  (Fr.)  Sacc.  (Syll.  Fung.,  III..   1884,  p.  589j,   B.  oppilafa 
(Fr.)  ist  ebenfalls  nur  eine  Nebenfruchtform,  und  zwar  Heuder- 
sonia  oppilafa  (Fr.)  Curr.)  {SpJiaer.,  Nr.  330,    Fig.  114;  Syn.: 
Sfagonospora oppilata  (Fr.)  Sacc.  in  Sylloge  Fung.,  III.,  p.  449), 
B.  rJiagadioIa  (Fr.)    scheint   nirgends  beschrieben    worden  zu 
sein  und  Sphaeria  rhizoniatnui  Ces.  ist  ein  noch  ganz  zweifel- 
hafter Pilz,  da  es  Traverso,  der  Originalmaterial   untersuchte, 
nicht    gelang,    Schläuche    zu    linden.    Vorläufig    wurde    letzt- 
angeführter Pilz  von  genanntem  Autor  bei  Botn'osfdiac'ria  Sacc. 
belassen.    (Flora  Ital.  Ciyptog.,  \'ol.  IL,    tasc.  2,   1907,  p.  414). 
Nun    zum    Schluß    gebe    ich    noch    ein    Verzeichnis    der 
bisher  beschriebenen  Bofiyosphücria-i GibbcrellaJ- Arten,   ohne 
aber  dabei  auf  Vollständigkeit  Anspruch  zu  ei heben: 
Boiryosphaeria  pnJicaris  (Fr.)  Ces.   et  de  Not.  (Fries,  Syst. 
Myc.  IL,   1823,  p.  317).  (Synon3mi:   (\iIonectria  Relnniana 
W.  Kirschst.    (Verhandl.    Bot.    Ver.    Prov.    Brandenburg, 
1906,  p.  59;  nach  Höhnel  in  diesen  Sitzungsber.,  121.  Bd., 
1912,  p.  380.) 
B.  moricola  Ces.  et  de  Not.  (Sferiac.  Ital.,  18(33,  p.  83,  tab.  91). 
Nach  LLöhnel  (Ann.  Myc.  XV,  1917,  p.  378)  ist  m(')glicher- 
weise    DotJüdea    decoJoraus    Fries.    (Elench.  IL,    1828, 
p.  1 22)  derselbe  Pilz. 
r>.    baccata     (Wallr.)     Niessl     (VVallrolh,     Flora     Cryptog. 
Germaniae,    IL,   1833,    p.  838,    sub   Sphaeria;    Niessl    in 
Verhandl.  naturf.  Ver.  Brunn,    1872,  p.  194). 


Zur  Kenntnis  J.er  H3'pi>creaccen.  '^'' 

B.  /hitwi  (Wallr.)  Xiess!  (W'allr.,  I.  c.  sab  Sphacriu;  Niessl, 
1.  c). 

B.  accrvülis  (y\or\g)  Niessl  rMoiigeot  in  Fries,  Elench.,  II., 
1828,  p.  88  SLib  Splnien'a;  Niessl,  1.  c.)  Wollenweber, 
Fusaria  autogr.  delin.,  191H,  bezeichnet  Bohyosphaerici 
ahiici>la  Niessl  ad  int.  als  Synonym  von  (jibbereUa 
accrvülis  (Moug.)  Wollenw.  non  Sacc.  NachWollen- 
weber's  Zeichnung  wäre  dieser  Pilz  eine  Lisea  Sacc, 
da  er  die  Sporen  zweizeilig  abbildet.  Die  Untersuchung 
eines  Originalexemplars  aus  dem  Herbarium  Hofrat  Niess'l 
ergab  dasselbe  Resultat. 

B.  cyauogcua  (Desm.)  Niessl.  (Desm.  in  Annal.  sc.  nat.  X., 
1848,  p.  852,  sub  Splntcriu;  Niessl,  I.  c,  p.  I<t7.)  Syn.: 
Gibherella  Saiibinefii  (Mont. )  f.  acciiuiu  Feltg.  (Nach- 
trag, III.,  ]9();-5,  p.  ;)()8;  nach  Höhnel  in  diesen  Sitzungs- 
ber.,    115.  Bd.,   1906,  p.  111)4). 

B.  Sil  tibi  lulii  (Mont.)  Niessl.  (Montagne  in  Flore  d'Algerie, 
184H.  p.  479  .sub  Gibbera;  Niessl,  I.e.,  p.  195).  Syn: 
B.  dispersa  de  Not.  (Sfer.  ital.,  IStio,  p.  84 1  und  Gibbcrella 
iritiii  F.  Henn.  (Hedwigia,  1902,  p.  801)  nach  Wollen- 
weber. Saccardo  (Bull.  Soc.  R.  de  Botan.  de  Belgique, 
81.  Bd.,  18V>2,  p.  280)  führt  auch  Xectria  Meloti_^eiiac 
Roumeguere  (Fg.  gall.  exs.,  Nr  1645)  als  Synon3'm  an. 

B.  Evoiiyuii  (Fuck.^)  Niessl.  (Fuckel,  Symb.  mvc,  1869, 
p.  II') 7.  t.  IV.,  Fig.  9;  Niessl,  1.  c,  p.  194.) 

B.  cyucii  I  So  lim.)  Weese  (So  11  mann,  in  Bot.  Ztg.,  21.  Bd., 
18()8,  p.  198,  sub  Sphaeriu;  sub  Gibbcrella  W<^llenweber 
Fus.  autogr.  delin.   19 IH). 

/)'.  Mapaiiiae  (Schweinitz)  Weese  (Spliaeria  Mapaiiiae 
Schwein,  in  Berkeley  et  Curtis,  Exotic  Fungi  from 
the  Schwein,  herb,  in  Journ.  Acad.  Nat.  Sei.  Philadelphia, 
new.  ser.,  IL,  1858,  p.  290,  t.  XXV.,  Fig.  15;  sub  Gibberella 
in  Saccardo,  Syll.  IL,   1888,  p.  556). 

B.  diro-rufa  <  Pa  sser.)  Wse.  (Passerini,  Diagn.  funghi  nuovi, 
III.,    1888,  p.  48  sub    Gibberella). 

Sitzb.  ü.  inatliein.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,   l'JS.  ]',d.  49 


708 


•J.  Weese. 


j).  i//iiur(>sp(n\>ii/es  iSpeg.)  W'se.   (Spet;a/,zi  ni   in  Anal.   Soc. 

("ientif.    ari>entina,     1.S88,    sub    Zitkulia;     sub    GibbcrclUi 

V.  Höhnel,  diese  Sitzungsber.,  mathem.-naturw.  Kl.,    ]',>()'.), 

Abt.  ],  p.  1  KiÖK 
/)'.  uialvciccannii  (Trab.)  W.se.  (l'^oumeguere,    Fg.  gall.  exs_ 

Nr.  40(n.  Revue  mycolog.,  IX.,   1887,  p.  106). 
H.  Trichosfoini    (Roll.)    Wse.    (Bull.  Soc.  Myc,   1801,    p.  211. 

t.  XIV.,  Fig.  3  .sub   Gibherella). 
]^.  Lagerlielniii  (Rehm)  Wse.  (Hedvvigia,  189ö,  p.  [!'>•' I  ■'^'-ib  G.). 
B.  Sücchari  (Speg.)  Wse.  (Rev.  Agr.  y  Veter.  La  Plata,   189(3, 

p.  237  sub   (;.). 
B.  eyauospora  (Bomm.  et  Rouss.)  W'se.  (Bull.  Soc.  bot.  Belg.. 

1896,  p,  150  sub   G.) 
B.effiisa  (Rehm)  Wse.  (Hedvvigia,   1896,  p.  [32]  sub   G:) 
B.  tropica] is    (Rehm)    Wse.    (Hedwigia,    1898,    p.  104,    t.   s, 

Fig.  10,  sub   G.). 
■  B.  cantareieusis  (P.  Henn.)   Wse.    (Hedwigia,    1004,    p.   205, 

sub  G). 
H.parasHiea  (Rick.)  Wse.  (Broteria,  V.,   1006,  p.  41,  sub  6'.). 
It  riKHloilcuilricnlü    (Rehm)    Wse.    (Annal.    Myc,    V.,     1007, 

p.  543  sub   G.). 
B.  Briosiaihi    (Turconi  et  Maffei)  Wse.    (Atti  Ist.  di  Pavia, 

XV.,   1912.  p.  148). 
B.   jitniperi    (Wollen vv.)    Wse.    (Desmaz.    in    Ann.    sc.    nat, 

3.  ser.,  X.,    1848,  p.  35   sub    var.;    Wolle nweber,  Fusar. 

autogr.  delin.,   1916). 
B.  subiropica    (Wolle nvv.)    Wse.    (Rehm    in  .Ann.  myc,    IX., 

1911,  p.  63,  sub  var.;  Wollenw.  1.  c). 
/)'.  helerochrouia  (Wollenw.)  Vi^^se.  (Wolle nweber,  Annales 

M^^cologici,   1017,  p.  52  .sub   Gibberella). 


Zweifelhafte  Arten: 


H.  po/veoeea  (Mont.)  Ces.  et  de  Xot.  (Schema  Sferiac,   1863,. 

p.  2! 2). 

/-/.  fieiiia  (Cooke  et  Harkn.)  Wse.  (Grevillea,  IX.,  1881,  p.  87). 
h.?cieairisaia  (Preuss)  (Preuss  in  Linnaea,  26.,  1853,  p.  715). 
B.?  agglouierata  (Fries)  Ces.  et  de  Xot.  (F'ries,  Elenchus  II,. 

1828,  p.  83). 


Zur  Kenntnis  der  Ilyprocreaceen.  '''^. ' 

31.  Über  die  Gattung  Deban^ella  v.  Höhn. 

Hoirat  Prof.  Dr.  F.  Höhnel  hat  im  Mai  1903  am  Dachs- 
bauberg in  der  Pfalzau  (Wiener  Wald)  eine  Hypocreacee 
gefunden,  die  mit  vierzelligen,  hyalinen  Sporen  ausgestattet 
ist  und  die  sich  dadurch  auszeichnet,  daß  sie  in  den  leeren 
Perithezienhöhlen  von  Valsci  scabrosa  (Bull.)  auftritt.  Nach 
genauer  Untersuchung  hat  sodann  Höhnel  seinen  Pilz  als 
den  Typus  einer  neuen  Hypocreaceengattung  beschrieben, 
die  er  seinem  berühmten  Lehrer  Anton  de  Bary  zu  Ehren 
DebaiycJla  v.  Höhn,  nannte  (Mycolog.  Fragmente,  I\'.  Forts. 
in  Annal.  Mycolog.,  IL,   1904,  p.  274). 

Nach  den  mikroskopischen  Präparaten  aus  dem  Herbarium 
Prof.  Höhnel's  zeigt  die  Grundart  der  Gattung  DeharycIUi 
liyaliiui  V.  H.  hyaline  bis  schwach  gelbliche,  weichfleischige 
oder  weichhäutige,  längHch  eiförmige,  200  bis  240  [>.  hohe, 
140  bis  170  ;a  breite  Perithezien,  die  oben  einen  zirka  50  bis 
70  ]x  langen  und  40  bis  50  \>.  breiten,  zart  parallelfaserig  ge- 
bauten, vom  Mündungskanal  durchbohrten  Hals  tragen.  Die 
Perithezienwandung  ist  zirka  15  \i.  breit  und  wird  aus  unge- 
fähr 5  Lagen  stark  zusammengepreßter,  in  der  Hauptausdehnung 
parallel  zur  Oberfläche  bis  beiläufig  7  [k  großer,  höchst  un- 
deutlicher Zellen  gebildet.  Die  Gehäuse  scheinen  bis  auf 
einige  wegziehende  zarte,  hyaline  Hyphen  kahl  zu  sein. 
Der  Mündungskanal  scheint  nach  meinen  Beobachtungen  an 
den  allerdings  nicht  mehr  deutlichen  Glyzerinpräparaten  mit 
Periphysen  ausgestattet  zu  sein.  Nach  Höhnel  sollen  die 
Perithezien  einzeln  in  die  Perithezienhöhlen  der  obengenannten 
Sphaeriacee  eingesenkt  sein  und  mit  dem  Schnabel  kaum 
hervorragen.  Die  Schläuche  sind  zartwandig,  zylindrisch,  oben 
abgerundet,  unten  kurzgestielt,  achtsporig,  130  bis  160  ;j.  lang, 
10  bis  12  ;j.  breit  und  treten  ziemlich  zahlreich  auf.  Die  Sporen 
sind  hyalin,  glatt^  zartwandig,  spindelförmig,  gerade  oder  wenig, 
zuweilen  auch  etwas  ungleichseitig  gekrümmt,  beidendig  in 
abgerundete,  aber  ziemHch  schmale  .Spitzen  ausgehend,  durch 
drei  deutliche  Querwände  vierzellig,  mit  je  einem  ültropfen 
in  jeder  Zelle,  18  bis  26  \).  lang,  5^/2  bis  7  \).  breit,  schief 
einreihig  im  Askus  angeordnet.  Paraphysen  konnte   ich  nicht 


710  J.  Weese. 

mehr  beobacluen,  doch  sollen  nach  Höhnel  dünnfädige,  bald 
verschleimende  vorhanden  gewesen  sein  (Fig.  ö). 

Im  Jahre  1906  hat  dann  Höhnel  eine  zweite  DcbciryeUu- 
Art  beschrieben,  die  er  in  einer  alten,  völlig  leeren,  halbver- 
rotteten, von  J.  Feltgen  in  Luxemburg  (Kockelscheuer)  auf 
Ulmenrinde  gesammelten  Eiitypa  schmarotzend  fand  und  die 
er  Deharyella  vexans  v.  Höhn,  (diese  .Sitzungsber.,  115.  Bd., 
Abt.  I,   190G,  p.  1253)  nannte. 

Nach  dem  1  l()hne]'schen  Originalpräparat  zeigt  Dduirvc'Ila 
vexans  Höhn,  blaßgelbliche,  weichfleischige,  fast  wachsartige. 
kugelige,  zirka  850  bis  400  ;x  breite,  mit  einem  zirka  \/.,  /;/;;/ 
langen,  nach  oben  sich  verschmälernden  Hals  versehene  Peri- 
thezien,  die  in  dem  Stroma  oder  in  den  Perithezien  einer  Eiitvpa 
ganz  eingesenkt  sind  und  vielleicht  mit  dem  Halse  etwas  hervor- 
ragen. Die  Perithezienwandung  wird  aus  ganz  undeutlichen, 
verquollenen  Zellen  gebildet,  bei  denen  bei  der  Flächen - 
betrachtung  zirka  2  bis  3  ;i.  breite  Lumina  nieist  nur 
an  einzelnen  Stellen  andeutungsweise  noch  etwas  beobachtet 
werden  können.  Über  die  Dicke  dieser  (in  den  mir  zur  \'erfügung 
stehenden  Präparaten)  fast  strukturlos  erscheinenden  Wandung 
kann  ich  nichts  aussagen.  Die  vSchläuche  sind  zartwandig, 
zylindrisch,  oben  abgerundet,  unten  mit  einem  kürzeren  oder 
längeren  zugespitzten  Stiel  versehen,  achtspDrig,  70  bis  100  [k 
lang,  (t  bis  7  7.,  \i  breit  und  treten  ziemlich  zahlreich  in  den 
Gehäusen  auf.  Die  Sporen  sind  hyalin,  glatt,  zartwandig, 
eliipsoidisch,  beidendig  ziemlich  breit  abgerundet,  häufig  etwas 
ungleichseitig,  ganz  schwach  sichelförmig  gekrümmt,  zuerst 
einzellig,  dann  zwei-  und  dreizellig  und  schließlich  vierzellig, 
mit  2  bis  4  Öltropfen  versehen,  10  bis  16  «a  lang,  4  bis  6  ;j. 
breit  (Fig.  6).  Die  zarten  Paraphysen  sollen  rasch  verschleimen. 

Leiten  wir  nun  von  diesen  beiden  Arten  die  Gattungs- 
eigenschaften von  Deharyella  v.  Höhn,  ab,  so  kommen  wir  zu 
dem  Ergebnis,  daß  diese  Gattung  lichtgefärbte,  weichfleischige, 
undeutlich-kleinzellige,  in  Pilzperithezien  eingesenkte,  mit 
einem  kürzeren  oder  einem  längeren  Hals  versehene,  mit 
Paraphysen  ausgestattete  Nectriaceen  umfaßt,  die  durch  hyaline, 
vierzellige  Sporen  ausgezeichnet  sind.  Deharyella  ist  also  eine 
mit    einem    mehr    oder    weniger    langen    Hals    versehene,    in 


Zur   l\(.-niitnis   der  I  lypncrcaccen.  tll 

;:nderen  Pilzen  schmarotzende  und  durch  diese  eigenartige 
Lebensweise  morphologisch  etwas  \eranderte  Calouedria  de 
Notaris  (Comm.  Critt.  Ital.,  IL,  l<S(i7,  p.  477).  Wenn  auch  die 
Ansicht,  daß  es  genügt  hätte,  für  die  beiden  beschriebenen  Pilze 
nur  eine  neue  Sektion  von  CaUmccina  zu  bilden,  xielleiclit 
nicht  ganz  ohne  jede  Berechtigung  sei,  so  erscheint  es  mir 
doch  ganz  angezeigt,  für  diese  eigentümlichen  hinenschmarotzer 
mit  Rücksicht  auf  ihr  so  charakteristisches  Auftreten  und  ihre 
damit  unstreitig  zusammenhängende  weiche  Beschaffenheit  der 
Perithezien  und  mit  Rücksicht  auf  das  häufige  Vorhandensein 
eines  Halses  oder  Schnabels  eine  eigene  Anpassungsgattung 
zu  schaffen,  zumal  es  auch  aus  praktischen  Gründen  nicht 
recht  anginge,  diese  Formen  in  die  Gattung  Calouciiria  7a\ 
stellen,  die  ja  nur  oberflächlich  auftretende  Pilze  umfaßt  und 
bei  der  niemand  nach  der  heutigen  Umgrenzung  bei  Bestim- 
mungen auch  in  anderen  Pilzen  auftretende  Arten  vermuten 
würde.  Gegen  die  Einreihung  der  Dcbarvel/ü -Arten  bei 
'  'csaUella  Saccardo  CMichelia,  IL,  p.  250)  mit  Ccsotiella  ciiistrci- 
lis  Sacc.  et  Speg.  als  Typus  spricht  wieder  die  Saccardo'- 
sche  Gattungsdiagnose,  die  die  Perithezien  eigens  als  »im 
Holze  eingesenkt«  charakterisiert,  so  daß  eigentlich  die  Auf- 
stellung einer  eigenen  Gattung  eine  ganz  glückliche  Lösung 
dieser  Frage  ist. 

Clements  (Genera  of  Fungi,  Alinneapolis,  1900,  p.  4(.)> 
bezeichnet  Dcbaryclla  Höhn.  ('Saccardo,  Syll.  Fung.,  XVII., 
p.  809)  als  Synonym  von  Paranectria  Sacc.  Da  nun  J\ira- 
iiecfria  Sacc.(Michelia  L,  1878,  p.31  7)  nach  derOriginaldiagnose 
vierzellige  hyaline  Sporen  hat,  die  beidendig  eine  Zilie  auf- 
weisen und  bei  be'den  Arten  der  Gattung  Dcbaryella  Höhn, 
von  solchen  Anhängseln  keine  Spur  ist,  so  ist  die  Zusammen- 
ziehung der  Höhnel'schen  Gattung  mit  der  von  Saccardo  voll- 
ständig ungerechtfertigt. 

Saccardo  bezeichnet  zuerst  als  Typus  seiner  Gattung 
Parauectna  die  Sphaeria  aj-yiiiis  Grev.  ('auf  dem  Thallus  von 
Ephche  lanata  (L.)  Wainio,  Schottland),  scheint  sich  dabei 
aber  nicht  nach  Greville,  Scottish  cryptogamic  flora,  1826, 
tab.  186,  sondern  nach  Desmazieres  (Notices  sur  les  plantes 
cryptog.    de  France.    XXIII.,    1855,  p.  (>)    gerichtet   zu    haben. 


712  J.  Weese, 

da  Greville  die  Sporen  als  einzellig,  seltener  als  zweizeilig 
oder  dreizellig  abbildet.  Später  hat  dann  Saccardo  (Syll. 
Fung.  II.,  1888,  p.  500)  seinen  Irrtum  eingesehen  und  den 
Grevilleschen  Pilz  nach  Cooke  (Grevillea,  VIII.,  p.  9)  zu 
Nectria  gestellt.  Als  Typus  der  Gattung  Paraneciria  k(>mmt 
also  nur  Paranectria  affinis  (Desmazieres)  Saccardo  in  Be- 
tracht, ein  Pilz,  der  möglicherweise  eine  gewisse  Verwandtschaft 
mit  Cilioinyces  oropensis  (Cesati)  Höhnel  (Botan.  Ztg.,  XV.. 
1857,  p.  406;  Rabenhorst-Klotschii,  Herb,  vivum  mycol, 
Edit.  IL,  n.  524  u.  Erbar.  Crittog.  ital.,  Nr,  540  sub  Nectria: 
sub  Ciliomyces  siehe  Höhnel  in  diesen  Sitzungsber.,  115.  Bd., 
1.  Abt.,  1906,  p.  672,  Fig.  2)  zeigt.  Wenn  das  von  Desmazieres 
untersuchte  Exemplar  nicht  ganz  reif  gewesen  sein  sollte,^ 
so  wäre  es  mir,  da  bei  Cilioinyces  oropensis  anfänglich  auch 
nur  bis  drei  Querwände  auftreten,  sogar  sehr  wahrscheinlich, 
daß  Paranectria  afjinis  (Desmazieres)  Sacc.  mit  dem  letzt- 
genannten Pilze  vollständig  zusammenfällt.  Pleonectria  apjwu- 
dicHlüta  Vouaux  (Bulletin  de  la  Societe  mycol.  de  France, 
XX VIII.,  1912,  fasc.  2,  p.  17)  ist  nach  meinen  Untersuchungen 
von  Originalexemplaren  aus  dem  Herbarium  Vouaux  mit 
Ciliomyces  oropensis  (Ges.)  Höhn,  sicher  identisch  (siehe 
Zentralbl.  f.  Bakt.,  II.  Abt.,  42.  Bd.,  1914,  p.  603)  und  bei 
Pleonectria  liclienicola  (Grouan)  Saccardo  (Crouan,  Florule 
de  Finistere,  Paris,  1867,  p.  256  sub  Nectria;  sub  Pleoueclria 
Saccardo  in  Michelia,  I,  1878,  p.  325)  erscheint  mir  dies  nur 
wenig  zweifelhaft. 

Wenn  auch  die  Typusart  von  Paranectria  Sacc.  morpho- 
logisch nicht  ganz  klar  gestellt  ist,  so  ist  doch  die  Gattung 
durch    die    Gattungsdiagnose    vollständig    eindeutig    bestimmt 

1  Nach  den  Dai-legungen  vun  Desma/.  i  ltcs  (Vir.gt-troisicme  notice 
sur  les  plaiUes  cryptogames,  recemment  decouvertes  eii  France  in  Ann.  sc. 
nat.,  I\'.  scr.,  \'.,  1855,  p.  128),  der  die  Vierzelligkeit  der  .Sporen,  wie  er 
ausdrücklich  sagt,  nur  schwer  sehen  konnte,  erscheint  es  inii-  ziemlich  sichci', 
daß  sein  von  Roussel  in  Fontainehleau  auf  EpJui\-  laihila  i=^  E.  piibcsceiis) 
gesainmeller  Pilz  nicht  gut  ausgereift  war.  Übei'  das  X'ei'lüiltnis  des  Desnia- 
zieres'schen  Pilzes  zu  Splmcria  afßitis  Orev..  die  nach  Bornets  Unter- 
suchungen an  authentischem  Material  (Ann.  sc.  nat.  111.  ser.,  IS.  Bd.,  1852. 
p.  165)  vierzeliige  blaßgelbe  Sporen  aufweisen  snU,  k<')nnte  nur  die  Nachunter- 
suchung guten  Originalniaterials  vollständige   Klarheit  bringen. 


Zur  Kenntnis  der  llypncrcaceen.  '  '  •' 

und  ein  Zusammenfallen  von  DeburyelLt  Höhn,  mit  diesem 
Genus  erscheint  vollständig  ausgeschlossen.  Auch  würde  eine 
allfällige  Feststellung,  daß  bei  Paraucctria  iif/iuis  (Desm.) 
Sacc.  mauerförmige  Sporen  vorkommen,  keine  Änderung  in 
den  bisherigen  Gattungsbegrenzungen  verursachen,  da  bei 
J^üvaiiectria  jetzt  schon  sehr  viele  Spezies  beschrieben  sind, 
die  vollständig  der  Gattungsdiagnose  entsprechen. 

Biologisch  sich  wie  die  beiden  Debaiyella-Avten  ver- 
haltende Hypocreaceen  sind  derzeit  schon  eine  Anzahl  bekannt. 
So  z.  B.  Passcriniila  cüiidiihi  Sacc.  (Nova  ascomj^cetum 
.genera  in  Grevillea,  IV.,  1875,  p.  2*2;  Atti  Soc.  Veneto-Trentina, 
I\'.,  fasc.  I.,  1875,  p.  122),  welcher  Pilz  im  Stroma  oder  in  den 
Perithezien  von  Fenestella  vestlta  (Fr.)  und  Wilsarici  insltiva 
Ces.  et  de  Not.  auftritt  und  einen  langen  zylindrischen,  weit 
vorragenden  Hals,  zweizeilige  braune  Sporen  und  Paraphrasen 
aufweist.  Fasserinula  Sacc.  ist  somit  eine  Dcbaiyclla  Höhn, 
analoge  Hypocreaceengattung  mit  zweizeiligen  braunen  Sporen, 
■also  eine  mit  einem  Hals  versehene,  in  Pyrenomyzetenperi- 
thezien  eingesenkte  LctcnJrcicd  Sacc.  (Michelia,  IL,  1880, 
p.  7o). 

Andere  bezüglich  des  Auftretens  mit  DcbiiiyclLi  H()hn. 
übereinstimmende  Hypocreaceen  sind  noch  Charonectriu  bi- 
parasifica  Höhnel  (Mykologische  Fragmente,  1.  JNIittlg.  in 
Annal.  Mycologici,  L,  l<.)0o,  p.  ol)5)  in  Valsa  flavoviyeus  lebend, 
imgeschnäbelt  und  zweizeilige,  hyaline  vSporen  aufweisend, 
dann  Hypoucctrui  biparasitica  H(')hn.  (Annal.  Mycologici,  XV'I., 
H>18,  p.  3G~)  mit  einzelligen,  hyalinen  Sporen  und  in  Lepto- 
sphacrid  i/oIioIoiJcs  (Auersw.)  schmarotzend  und  weiters 
noch  (.'tüoiiCLtria  JuihuisiLie  A.Möller  (Phycomyceten  und 
Ascomyceten,  Jena,  1*.H)1,  p.  liXi  u.  21'7)  in  Perithezien  von 
Balausid  ycdiiddiis  A.  Möller  (1.  c,  p.  105_)  auftretend  und 
braune,  vierzellige  Sporen  aufweisend. 

Clidroneclrid  bipdrasitica  Höhn.,  welchen  Pilz  Höhnel 
im  Urwald  am  Kubany  (Böhmerwald)  im  Juni  1003  gefunden 
hat,  habe  ich  später,  da  Charoiicctria  Saccardo  (Michelia, 
IL,  1880,  p.  72)  sich  nach  meinen  Feststellungen  mit  XeclricUa 
Nitschke  (Fuckel,  Symbolae  Mycologicae,  18G9,  p.  175), 
aber  nicht  mit  Ä'etiricHa  Saccardo  (Michelia,  L,   1877,  p.  51) 


714  J.  Weese. 

deckt,  mit  Rücksicht  auf  das  nicht  obertlächliche  Auftreten  zu 
XectrieUa  Nke.  im  Sinne  Fuckel's  gestellt  (Annal.  Atycol., 
XII.,   1914,  p.  152). 

Hvponeclria  biparasUica  Höhn,  wurde  in  Rehm,  As- 
comycetes  Nr.  152:-5  als  Phoiuatospora  ovalis  (Passerini) 
Sa  CG.  ausgegeben,  hat  aber  nach  HöhneTs  Feststellungen 
mit  diesem  nun  als  Mycosficta  ovalis  (F^ass.)  Höhn.  (Ann. 
Myc,  XVI,  1918,  p.  36)  zu  bezeichnenden  Pilz  nichts  zu  tun, 
sondern  stellt  einen  Innenschmarotzer  von  Leptospliaeria 
ihliolmclcs  dar.  Da  es  Höhne!  zweckmäßig  erscheint,  die  in 
Perithezien  oder  P\'kniden  schmarotzenden  einfachen  von 
den  freilebenden  zu  unterscheiden,  hat  er  für  Hypoueciria 
biparasUica  die  Untergattung  Cryptonectriopsis  und  für  Ncc- 
trielhi  InpavasHica  (Hr)hn.)  Weese  die  .Sektion  ( 'lyptoiuxiriella 
aufgestellt.  Wenn  man  aber  Dcbaryella  v.  Höhn,  als  selb- 
ständige Gattung  auffaßt,  so  erscheint  es  mir  ganz  folge- 
richtig, Cryptonectriopsis  und  Cryptonectricila  nicht  bloß  als 
Untergattungen  zu  bezeichnen,  sondern  zu  selbständigen  Gat- 
tungen zu  erheben. 

Von  denselben  Gesichtspunkten  ließ  sich  eigentlich  auch 
Hofrat  Hr)hnel  leiten,  wenn  er  vor  kurzem  für  die  ('atoucctria 
Balausiac  A.  Moll.,  die  MC)!  1er  im  Mai  l.S9'2  in  Brasilien 
gesammelt  hatte,  die  neue  Gattung  Wecsea  v.  Höhn,  begrün- 
dete, die  somit  in  Perithezien  oder  Pykniden  schmarotzende 
Nectriaceen  mit  vierzelligen,  braunen  Sporen  umfaßt.  ]\'cesea 
Balausiac  (Moll.)  v.  Hr)hn.  hat  kleine  rundliche,  höchstens 
150  [J,  hohe  Gehäuse,  die  dem  oberen  Drittel  der  entleerten 
Perithezien  von  Balausia  rcdudans  Moll,  genau  eingefügt 
sind  und  deren  Wand  seitlich  mit  der  des  Balausia-Fevi- 
theziums  verschmilzt  und  nur  unten,  wo  sie  an  den  leeren 
Raum  grenzt,  diese  \-ol!kommener  entwickelt  hat. 

Obwohl  es  nahe  läge,  die  durch  die  gleiche  Lebensweise 
sich  auszeichnenden  und  im  Bau  der  Perithezien  dadurcli 
ziemlich  übereinstimmenden  Xectriaceen  in  eine  eigene  Gruppe 
zusammenzufassen,  will  ich  doch  davon  absehen,  da  diese 
Gruppe  wohl  keine  phylogenetisch  einheitliche  ist  und  lediglich 
auf  Parallelerscheinungen  in  verschiedenen  Entwickiungsreihen 
beruhen  dürfte. 


Zur  Kenntnis  der   Hypncrtaceen. 


■ir> 


Vnd  nun  zum  Schluß  eine  kurze  Übersicht  über  die  in 
Perithezien  oder  Pvkniden  eingesenkt  auftretenden,  geschnä- 
belten und  ungeschnäbelten  Nectriaceen: 

Sporen  einzellig,  hyalin...    (JrvpfojiCiiriopsis  (HiUin.)  Weese 

(1919) 

\C.  hip\ii\Tsilica  (Höhn.)  Weese]. 

hyalin  .    ('ryp/oiicctriella   (Höhn.)    Weese 
(1919) 

[C.  hipaiasilicii  (H  ö h  n  .)  We  e  s  e]  >■ 

braun  .  Passer iiinla  .Sacc.  (1875) 

[P.  candidd   S  a  c  c .] 


Sporen  zweizeilig, 


Speeren  vierzellig 
(oder  drei-  und 
mehrzellig) 


hyalin  .  DebaryeUa  Höhn.  (1904) 
[D.  liyaliua  Höhn.] 
[D.   vexiiiis  Höhn.] 

braun  .    Vl'cesca  Höhn.  (1919). 

[11'.  Balansiac  (.Müll.)  Höhn.] 


32.  Über  Sphaeria  epichloe  Kunze. 

Sphaeriii  epichloe  Kze.  wurde  von  We  igelt  auf  Gras- 
blättern in  Surinam  (Guayana)  im  .Tahre  1827  gesammelt. 
Kunze  hat  dann  auf  Exsikkatenetiketten  —  wenigstens  mir 
liegt  eine  solche  gedruckte  vor  —  folgende  Beschreibung  des 
Pilzes  gegeben:  »Sphaeria  (epiphylla  hypogena)  oblonga, 
gemella,  subconfluens,  depressa,  rugosa,  atra;  peritheciis 
ovalibus,  ostiolo  papillato,  demum  pertuso«.  Wann  diese  Ver- 
öffentlichung erfolgte,  konnte  ich  leider  nicht  feststellen. 

P.  S.  Saccardo  hat  sodann  im  Jahre  1892  diesen  Pilz 
mit  Fragezeichen  zu  Botryosphaeria  Sacc.  gestellt  (»Fungilli 
aliquot  Herbarii  Regii  Bruxellensis«  in  Bull.  Soc.  Roy.  de 
Botan.  de  Belg.,  31.  Bd.,  p.  227).  Mit  Rücksicht  auf  das  Fehlen 
der  Schläuche  war  Saccardo  auch  geneigt,  den  Kunze' sehen 
Pilz  zu  DoUiioveUa  zu  geben.  F.  Theissen  hat  Botryospliaeria 
? epichloe  (Kze.)  Sacc.  in    seiner  interessanten    »Studie    über 


1  Möglicherweise  gehört  auch  Xcctria  lasiodcniia  Ellis  (Anier.  Naturalist., 
ISS;^,  p.  194)  hierher.  Doch  ist  zu  dieser  Entscheidung  die  Untersuchung 
guten  Originalmaterials  noch  notwendig  (siehe  meine  Ausführungen  in  der 
1.  .Mitteilung  dieser  Arbeit  in  diesen  Sitzungsber.,  l^.'i.  Bd.,  Abt.  1,  1916. 
p.  47  8  ff.). 


716  J.  Weese. 

Boiiyosphacrid«  (Annales  Mycologici,  XIV,  191(3,  p.  331 )  unter 
den  auszuschließenden  unreifen  Arten  angeführt.  Die  Angabe, 
daß  unser  Pilz  auf  Geranienblättern  gefunden  wurde,  beruht 
wohl  nur  auf  einem  Versehen. 

Bei  meinen  Untersuchungen  über  die  Gattungen  Mi'laimps 
Nke.  und  Tlnienwnia  Rehm  (Ber.  Deutsche  Botan.  Gesell- 
schaft. 37.  Bd.,  1919,  p.  96)  hatte  ich  Gelegenheit,  ein  Original- 
exemplar von  Sphaeria  epichloe  Kunze  zu  untersuchen,  das 
mir  deutlich  zeigte,  daß  dieser  Pilz  mit  Melaiiops  Xke. 
{■=:  Boiryospluuriü  Sacc.)  gar  nichts  zu  tun  hat.  Nach  diesem 
Urstück  zeigt  er  längliche,  dunkelbraunschwärzliche  bis  fast 
schwarze,  auf  der  Epidermis  von  Stengeln  und  Blättern  auf- 
sitzende und  das  Substrat  manchmal  teilweise  umfassende 
Stromata,  die  bei  meinem  allerdings  recht  spärlichen  Unter- 
suchungsmaterial eine  Länge  bis  zu  6  mm,  eine  Breite  von 
2  bis  3  mm  und  eine  Dicke  bis  fast  V2  ^^*'^  erreichen.  Diese 
Stromata  zerfallen  durch  unregelmäßige  Einschnitte  in  eine 
Anzahl  meist  aber  durch  dünneres  steriles  Stromagewebe  unten 
in  \'erbindung  bleibende  Partien,  die,  mit  der  Lupe  genauer 
betrachtet,  etwas  warzig,  schwach  längshöckerig  oder  körnelig, 
beziehungsweise  infolge  der  kurzen,  wenig  gewundenen  \'er- 
tiefungen  an  der  Oberfläche  schwach  längsrinnig  oder  längs- 
streifig erscheinen.  Das  außen  dunkelgefärbte  Stroma  ist  im 
Innern  ganz  licht  und  zeigt  eine  ausgesprochen  weichfleischige 
Beschaffenheit.  In  dem  Stroma  sind  ziemlich  dichtstehende, 
schmal-  und  länglicheiförmige,  weichfleischige,  240  bis  -100  |j. 
hohe,  100  bis  150  |x  breite,  meist  eine  deutliche,  etwas  her- 
vorragende, bis  90  [X  hohe  Mündungspapille  aufweisende  Peri- 
thezien  so  dicht  eingesenkt,  daß  unter  den  Gehäusen  nur 
mehr  eine  20  bis  60  [a  dicke  Stromadecke  der  Substratepi- 
dermis  aufruht.  Die  Perithezien  stehen  nicht  immer  gleich 
dicht;  manchmal  grenzen  die  Wänd.e  benachbarter  Gehäuse 
unmittelbar  aneinander  und  manchmal  liegt  Stromagewebe 
bis  zu  einer  Gehäusebreite  zwischen  ihnen.  Die  Perithezien- 
wände  sind  nur  10  bis  13  ;j,  breit  und  aus  einer  Anzahl 
Lagen  außerordentlich  nachgedrückter,  in  Medianschnitten  gar 
kein  Lumen  zeigender,  wellig  verbogener,  mäßig  derbwandiger, 
hyaliner  oder  schwach  gelblicher,  länglicher  Zellen  bestehend, 


Zur  Kenniiiis  der  Hypncreacceii.  (  1  / 

die  an  der  Gehäusebasis  ohne  Jede  Grenze  sofort  in  die 
mehr  rundlichen,  ungefähr  4  u.  großen,  derbwandigen  Zellen 
des  Stramabasisgewebes  übergehen.  Die  Mündungspapille  wird 
aus  etwas  gebogenen,  beiläufig  senkrecht  gegen  die  Oberfläche 
gerichteten,  außen  dunkler  gefärbten,  3  bis  4  |x  breiten  Hyphen 
gebildet,  die  innen  und  weiter  unten  rundlich-klemzellig  und 
licht  erscheinen.  Der  Mi^indungskanal  ist  gut  sichtbar  und  ist 
mit  recht  deutlichen,  kurzen  Periphysen  ausgestattet.  Das 
außen  etwas  höckerige  Stromagewebe  wird  an  der  Oberfläche 
aus  länglich -ellipsoidischen,  mäßig  zartwandigen,  bis  zirka 
1<S  a  großen,  dunklen  Zellen  gebildet,  die  dann  gegen  innen 
allmählich  kleiner  und  lichter  werden  und  nach  unten  in  das 
noch  kleinzelligere,  aber  etwas  derbwandigere  Gewebe  der 
Stromagrunddecke  übergehen.  Die  Zellen  des  inneren,  lichten 
und  zartwandigen  Stromateiles  sind  häufig  seitlich  etwas 
zusammengepreßt  und  weisen  dann  in  der  Längsrichtung 
wellenförmige  Verbiegungen  auf.  Der  periphere  untere  Teil 
des  Hauptstromas  verschmälert  sich  meist  kurz  keilförmig 
nach  außen  und  zieht  noch  eine  kurze  Strecke  auf  der 
Epidermis  des  Substrates  dahin.  Die  zahlreich  auftretenden 
Schläuche  sind  langzylindrisch,  etwas  gebogen,  zartwandig,  oben 
mit  zirka  .'-JV'.,  ;j,  langer,  beiläufig  halbkugeliger  Schleimkappe 
versehen,  gegen  unten  etwas  verschmälert,  ungestielt  oder 
kaum  gestielt,  1  70  bis  260  \>.  lang,  4  bis  5  |j.  breit.  Die  Sporen 
sind  hyalin,  glatt,  fadenförmig,  etwas  gebogen,  mit  zahlreichen 
Querwänden  versehen,  zirka  1  |j-  breit  und  wahrscheinlich 
beiläufig  die  Länge  der  Aszi  aufweisend.  Ein  Zerfallen  der 
Sporen  in  die  einzelnen  Zellen  konnte  ich  nicht  feststellen; 
Paraphysen  vermochte  ich  auch  nicht  zu  beobachten  (F'ig.  7 
bis  D). 

Wie  ntm  aus  der  vorliegenden  Beschreibung  deutlich 
hervorgeht,  ist  SpJiaeria  epichloc  Kunze  durchaus  keine 
Botryosplicwrid  im  Sinne  vSaccardo's,  sondern  eine  Clavici- 
pitee.  Kunze  hatte  also  mit  dem  Speziesnamen  seiner 
Sphaeiia  die  systematische  Stellung  derselben  ganz  richtig" 
angedeutet. 

Die  Zuteilung  der  Spluwrid  epichloc  zu  einer  bestimmten 
Glavicipiteengattung      str)ßt     allerdings     bei     der     unsicheren 


7  IS  .1.  Weese, 

Abgrenzung  der  verschiedenen  Genera  dieser  Gruppe  auf  ziem- 
liche Schwierigkeiten.  Doch  ist  es  mir  ohne  jeden  Zweifel, 
daß  nach  der  vonAtkinson  von  Dothiclüoc  Aik.  gegebenen 
Beschreibung  (Journ.  of  Mj-cology,  XI.,  19U5,  p.  258)  der  von 
W'eigelt  gesammelte  Pilz  am  besten  in  diese  Gattung  paßt. 
Der  T3'pus  der  (ruttung  hniliichlnc  Atk.  ist  DofhicJiloc  atra- 
nientofia  (Berkeley  et  Curtis)  Atk.  (Journ.  Linn.  Soc,  X., 
1869,  p.  ?ü7  sub  Hypocrca;  Grevillea,  IV.,  1876,  p.  lOö  sub 
Dothidea  iifraiiu'ufan'a  Berk.  et  Curt.;  Michelia,  I.,  1878, 
p.  328  sub  HypocrcUa).  Nach  der  von  Atkinson  von  Dof/ii- 
iiiloe  afi'cimeiiiosa  gegebenen  Abbildung  ist  Sphaeria  epicJiloe 
Kunze  davon  unmöglich  zu  unterscheiden  und  ich  bin  fest 
überzeugt,  daß  diese  beiden  Pilze  vollständig  zusammenfallen. 
Da  ich  leider  nicht  feststellen  kann,  ob  die  SpJuicria  cpichloe 
Kunze  als  ordnungsmäßig  veröffentlicht  betrachtet  werden 
kann,  verm£ig  ich  derzeit  nicht  zu  entscheiden,  welcher  von 
beiden  Pilzen  die  Priorität  genießt.  Da  mir  bei  meinem  ünter- 
suchungsmaterial  eine  alte  gedruckte  Etikette  mit  der  Original- 
diagnose vorliegt  und  der  Autor  von  Sphaeria  Lpic/t/oc  schon 
gestorben  war,  als  Hypocrea  atramenlosa  B.  et  C.  begründet 
wurde,  so  bin  ich  geneigt,  vorläufig  dem  Kunze' sehen  Pilz 
die  Priorität  zuzuerkennen. 

Zu  der  Gattung  Ddiliicliloi'  Atk.  geh('>rt  außer  DotliichJoc 
epiclilnc  (.Kunze)  Wse.  noch  Z).  .4/'/.s7/c/t/t' Atkinson  (Journ. 
of  Myc,  1905,  p.  261)  und  nach  H(>hnel  (diese  Sitzungsber., 
119.  Bd.,  1910,  p.  935)  auch  Ophiodothis  Henniuosiaiia  A.  M()ll. 
(Phyc.  u.  Ascomyc,   1907,  p.  188,  Taf.  V.,  Fig.  70). 

Saccardo  läßt  die  Gattung /)'»////(.■// /ru- Atk.  nicht  gelten, 
ebenso  betrachtet  sie  Möller  (1.  c.)  nur  als  ein  Synonym  von 
Ophiodothis  Sacc.  (Syll,  IL,  1883,  p.  652).  Der  Typus  der 
Gattung  Ophiodothis  ist  O.  vorax  (Berk.  et  Curt.)  .Sacc. 
und  diese  Art  besteht  nach  Atkinson,  der  die  ( )riginal- 
exemplare  aus  dem  Herbarium  Kew  untersuchte,  aus  drei 
Arten,  die  in  zwei  Gattungen,  und  zwar  BaUiusid  Speg. 
(1880)  und  Dofhichlni-  Atk.  gehören.  Die  ( rattung  Opliiodotliis 
Sacc.  fällt  also  nach  Atkinson  mit  Bulüiisia  Speg.  zusammen. 

Atkinson  betrachtet  Doiliichloc  als  einen  Cbergani: 
von    den   .Sphaeriales    zu    den    Dothideales.    Meiner    Meinung 


Zur  K'entitnis  dcf  H_vpocrcaccen.  /IJ 

nach  läßt  sich  aber  mit  Rücksicht  auf  die  vveichfleischige 
Beschaffenheit  des  Stromas  und  der  (lehäuse,  die  ziemlich 
deutlich  gegenüber  dem  Stromagewebe  abgegrenzte  Peri- 
thezienwandung,  das  deutlich  entwickelte  Ostii)lum  sowie 
den  mit  Periphysen  ausgestatteten  Mündungskanal  und 
weiters  mit  Rücksicht  darauf,  daß  die  dunkle  Färbung  an 
der  Außenseite  eigentlich  mehr  dunkelbraun  wie  schwarz  ist, 
die  Gattung  DothichJoc  ganz  gut  als  epidermal  wachsende, 
dunkle  ( 'lavicipitee  betrachten. 

i'ber  die  Berechtigung  und  die  Abgrenzung  der  einzelnen 
Clavicipiteengattungen  werden  aber  noch  eingehende  Scudien 
auf  Grund  reichhaltigen  Materials  notwendig  sein. 

33.  Über  Sphaerostilbe  sanguinea  Fuckel. 

Von  diesem  Pilz,  der  in  FuckeL  Symbolae  Mycologicae, 
;i.  Nachtr.,  LSZÖ,  p.  22  beschrieben  wurde,  konnte  ich  ein  auf 
faulender  Rinde  gefällter  alter  Weidenbäume  im  Winter  in 
Altrhein  bei  Hattenheim  (Rheingau)  von  Fuckel  gesammeltes 
und  in  Fungi  rhen.,  Nr.  2655  ausgegebenes  Urstück  unter- 
suchen. Auf  Grund  dieser  Untersuchung  konnte  ich  feststellen, 
daß  dieser  schöne  Kernpilz  mit  seinen  warzigen,  mit  einer 
deutlich  abgegrenzten  Mündimgsscheibe  \-ersehenen,  in  der 
Jugend  Zinnober-  oder  seltener  orangeroten,  später  blutroten 
und  rotbraunenGehäusen  \-ollständig  der  Ncctriit  W'nillotiaiut 
Roumeguere  et  Saccardo  (Michelia  II..  ISSl.  p.  325) 
gleicht,  welche  Xcctria-Avl  ich  in  der  l.Ahtteilung  vorliegender 
Arbeit  (siehe  diese  Sitzungsber.,  125.  Bd.,  191H,  p.  546  bis  555) 
bereits  beschrieben  und  abgebildet  habe.  Sowohl  in  der  Form, 
in  der  Gr<')ße  und  im  feineren  Aufbau  der  Perithezien  als 
auch  in  der  Größe  und  Form  der  Schläuche  und  Sporen 
zeigt  sich  eine  derartige  Übereinstimmung,  daß  eine  Unter- 
scheidung dieser  beiden  Pilze  gänzlich  ausgeschlossen  erscheint. 
Die  Gehäuse  von  Sphaerostilbe  saniiuinea  Fe  kl.  sind  wohl 
vielfach  etwas  kleiner  und  auch  häufig  etwas  weniger  warzig 
als  .wie  bei  der  Neetria  W'itillotiaiid  Roum.  et  Sacc,  doch 
besagt  dieser  geringe  Unterschied  gar  nichts,  da  es  sich  in 
diesem  Falle  bei  dem  erstgenannten  Pilze  um  jüngere,  weniger 
gut    entwickelte     Exemplare    handelt,     während    die     älteren 


/20  •  J.  Weese, 

Gehäuse  von  beiden  Pilzen  vollständig  übereinstimmen.  Soi^ar 
die  feinwarzige  Beschaffenheit  der  Sporen,  die  bei  N.  ]'eiiil}o- 
fiaiia  manchmal  zu  beobachten  ist,  fand  ich  bei  Spli.  saugitinca 
wieder.  Für  mich  ist  es  daher  vollständig  sicher,  daß  diese 
beiden  Pilze  miteinander  identisch  sind. 

Fuckel  hat  seinen  Pilz  infolge  des  dabei  auftretenden 
deutlich  kegelförmigen  Konidienpilzes  in  die  Gattung  Sphacro- 
stilhc  gestellt.  Saccardo  hat  den  Konidienpilz  Atraciiutu 
caudiihilum  .Sacc.  (Syll.  Fung.,  II.,  1.S83,  p.  512)  genannt.  Der 
anfangs  weiße,  später  gelbliche  oder  lichtbraune  Konidienpilz 
erscheint  tatsächlich  häuhg  in  Form  von  unregelmäßigen, 
manchmal  spitzen,  bis  4  ///;//  liehen  Höckern,  häufig  aber  in 
zusammengeflossenen  Krusten.  Die  auf  verzweigten  Trägern 
aufruhenden  Konidien  sind  glatt,  hyalin,  z^^lindrisch,  schwach  ■ 
sichelförmig  gekrümmt,  am  Scheitel  meist  ziemlich  breit  abge- 
rundet, häufig  mit  5  oder  4,  seltener  mit  3  oder  6  Querwänden 
versehen,  45  bis  SO  |j.  lang,  öVo  bis  6V2  V'  breit.  Die  Zuteilung 
des  Fuckel' sehen  Pilzes  zu  Spliacrostilhe  Tul.  auf  Grund 
des  häufig  etwas  vertikal  xerlängerten  Konidienpilzes 
erschiene  daher  nach  der  bisherigen  Auffassung  der  genannten 
Gattung  gerechtfertigt.  Untersucht  man  aber  die  säulenförmigen 
Bildungen  des  K<^nidienpilzes  in  Längsschnitten  etwas  genauer, 
so  kommt  man  zu  dem  Ergebnis,  daß  die  Hcjcker  nicht, 
wie  es  scheint,  aus  parallel  gelagerten,  dicht  septierten 
Hyphen,  sondern  lediglich  aus  miteinander  verklebten,  regel- 
mäßig orientierten  Konidien  bestehen,  die  am  Grunde  des 
Höckers  abgeschnürt  wurden.  Wir  haben  es  also  hier  nicht 
mit  einem  Afi'iic/iiini,  sondern  mit  einem  Fiisariiiiu  zu  tun, 
das  manchmal  etwas  an  Microcera  Desm.  erinnert.  Nach 
meinen  Beobachtimgen  scheinen  auch  eiföniiige  oder  ellip- 
soidische  oder  kugelige,  einseitig  oder  manchmal  beidseitig  « 
kurz  gerade  abgeschnittene,  mäßig  derbwandige,  hyaline  bis 
schwach  gelbbräunliche,  anfangs  glatte,  später  deutlich  zart 
warzige,  (3  bis  9Vo  [->-  lange,  ö  bis  7^/.,  \i.  beiläufig  breite 
Chlam3^dosporen  \orzukommen,  die  an  den  Enden  der  Konidien 
einzeln  oder  in  Ketten  bis  zu  drei  Stück  aufsitzen.  Ob  diese 
Chlamydosporen  auch  interkalar  entstehe.n  —  pleurogenc 
konnte    ich    beobachten    —   und  nicht    nur    bei   den  Konidien 


Zur   k't'iininis  der  Hypooreaceen.  /21 

Auftreten,  konnte  ich  leider  bei  dem  so  spärlich  mir  zur  \'er- 
fügun,!,'    stehenden    alten    Untersuchungsmaterial    nicht    mehr 
feststellen.    Über    die    Zugehörigkeit    des    nun    geschilderten 
Konidienpilzes,  der  vielleicht  ganz  gut  in  die  Gattung  Cylinclro- 
Liiypon  Wollen weber  (Ph\^topathology,  III.,  1913,  p.  225),  und 
zwar    in     die     Sektion     Chlainydospora    Wollenw.    (Annales 
Mycologici,  XV.,  1017,  p.  .")())  paßt,  zu  der  Sphacrosiilhe  san- 
Xiiinca  Fe  kl.  liegen  zwai'  keine  experimentellen  Beweise  vor, 
doch  erscheint  mir  diese  wohl   ganz    sicher,    da   ja    die    Peri- 
the/.ien  des  Pilzes  sehr  häufig  direkt  dem  Konidienpilz  aufsitzen. 
Nach  den  Feststellungen  über  die  systematische  Stellung 
des  Konidienpilzes    ist  es    nun  wohl    außer  Zw'eifel,    daß  der 
Fuckel'sche  Pilz    wohl    auch   nach  der  bisherigen  Auffassung 
nicht  als  Spluicroslilhc  Tul.,  sondern  nur  als  Nectria  Fr.  be- 
trachtet werden  könne.   Da  aber  in  der  Gattung  Nectria  eine 
Nectria  sanguinea  (Bolt.)  Fr.  (Bolton,  Hist.  Fung.  Halif.,  III.. 
1789,  p.  121   sub  Sphaeria;    Fries,   .S.  Veg.  Scand..  IL,    1849, 
p.388)  bereits  seit  langem  bekannt  ist,  so  muß  die  Spli.  saiigninea 
Fckl.  nun  als  Nectria  Veuitlotiaua  Koum.  et  Sacc.  bezeichnet 
werden.    Ein    Konidienpilz    der    echten    A".    \'eiiill(itiaua    von 
Roumeguere  und  .Saccardo  war  bisher  noch  nicht  bekannt. 
Eine  Zuteilung  der  Sphaerostilbe  saiigiiinea  zur  Gattung 
Hvpoinyces  Tul.,  wie  sie  W'ollen weber  (Ph^'topathology,  III., 
19K5,  p.  204  u.  ff.)  bei  Formen  mit  terminalen  Chlamydosporen 
vornehmen  will,  erscheint  mir  nach  der  Morpholt^gie  und  dem 
Auftreten    der  Hauptfruchtform    ebenso    wie    bei    der  Nectria 
uianuuoiclea  Phill.  et  Plmvr.    var.    Rubi    (Osterw.)   Weese 
(Osterwalder  in  Ber.  Deutsch.  Bot.  Ge.sellsch.,  29.  Bd.,   1911, 
p.  61  1,  sub  Nectria  Rubi  Ostw.;  Weese  in  Ztschr.  f.  Gärungs- 
phys.,  I.,   1912,  p.  126  bis   132)  wohl  nicht  geeignet. 

Die  von  Fuckel  bei  seiner  Beschreibung  \'on  Spfmero- 
stillH'  saugniuea  erwähnten  merkwürdigen,  an  der  Basis  der 
Perithezien  dahinkriechenden,  auffallend  breiten,  ziemlich 
derbwandigen,  manchmal  knorrig  erscheinenden,  septierten 
roteri  Hyphen  habe  ich  sowohl  bei  diesem  Pilz  als  auch  bei 
dem  Originalexemplar  von  Nectria  J'eiiillotiana  beobachten 
können,  was  wohl  auch  als  ein  untrüglicher  Beweis  für  die 
Artgleichheit   der  beiden  Pilze  aufgefaßt    werden    könne.    Daß 


722  J.  Weese. 

diese  eigenartigen,  bis  28  a  breiten  Hj^phen,  deren  Lumen 
liäutig  der  Länge  nach  von  schmäleren  Pilzfäden  durchwachsen 
wird,  XU  den  genannten  Pilzen  wirklich  dazugehören,  habe 
ich  an  Längsschnitten  durch  die  Gehäuse  und  das  kleine 
Stroma  ziemlich  unzweifelhaft  feststellen  können,  da  sie  häufig 
mit  dem  gewöhnlich  kleinzelligeren  Stromagewebe  vollständig 
\ervvachsen  sind. 

Die  Neciria  Vfiüllotiaiui  Roum.  et  Sacc.  scheint  ziem- 
lich selten  zu  sein.  Meines  Wissens  ist  sie  bisher  nur  von 
J.  Therry  auf  Rinde  von  Gleditschia  triacanthos  in  Lyon, 
dann  \'on  Fuckel  auf  5a//;v-Rinde  im  Rheingau  und  weiters 
\"«>n  J.  A.  Bäumler  auf  .4/;«/s-Rinde  bei  Preßburg  ( 188;:J)  ge- 
funden worden.  Letztgenannter  Pilz  wurde  unrichtigerweise 
(Österr.  Bot.  Ztschr.,  1884,  p.  221)  als  Neciria  discophora  Mont. 
bestimmt,  ist  aber  von  diesem  Pilze,  über  den  ich  schon  früher 
berichtete  (Zeitschr.  f.  Gärungsphys.,  1\\,  1914,  p.  114  bis  12n, 
xiuf  Grund  der  Untersuchung  von  Originalmaterial  sicher  ver- 
schieden. 

34.  Über  Sphaerostilbe  coccophila  Tul. 

Nach  authentischen  Exemplaren,  die  als  Xcctria  cpi- 
sphaeria  in  Erbar.  Crittog.  Ital.,  Ser.  I.,  Nr.  539  und  in  Raben- 
horst, Fungi  europaei,  fasc.  III  (1860),  Nr.  262  (auf  Lanriis- 
Rinde,  .Boboli« -Garten  in  Florenz,  Mai  1860;  leg.  Caldesi) 
und  als  SpJuwrost übe  coccophila  Tulasne  (Selecta  Fung.  Carp., 
I.,  18(il,  p.  130,  und  III.,  1865,  p.  105)  in  Erb.  Crittog.  Ital., 
^  Ser.  11,  Xr.  542  ausgegeben  worden  sind,  zeigt  dieser  Pilz 
dicht  herdenweise  oder  in  kleinen  Gruppen  bis  beiläufig  zu 
sechs  Stück  auf  Schildläusen  oder  am  Rande  von  solchen 
auftretende  scharlachrote  bis  dunkelblutrote,  ungemein  weich- 
tleischige.  manchm.al  fast  wachsartig  durchscheinende,  birn- 
förmige  oder  zitronenförmige,  oben  mit  einem  meist  breiten 
und  tlachen  Mündungskegel  versehene,  200  bis  320  |j.  hohe, 
100  bis  290  [x  breite,  bald  ganz  unregelmäßig  zusammenfallende, 
kahle  Perithezien,  die  auf  einem  blassen,  niedrigen,  aus  3  bis 
10  \i  beiläufiq;  großen,  mäßig  zartwandigen,  parenchymatischen 
Zellen  bestehenden  Stroma  auftreten.  Die  Gehäusewandung 
ist    in    Medianlängsschnitten    in    der    halben    Höhe    ungefähr 


Zur  Kenntnis  der  Hypdcreaceen.  723 

24  bis  30  [X  dick  und  wird  aus  ungemein  flachen,  in  der  Längen- 
ausdehnung 3  bis  16  jx  großen  Zellen  gebildet,  deren  Wand- 
dicke außen  so  groß  oder  fast  größer  als  die  Breite  des 
Lumens  ist,  aber  gegen  innen  abnimmt.  An  der  Gehäuse- 
basis erscheinen  die  Wandzellen  etwas  großlumiger,  derb- 
wandig  und  von  ellipsoidischer  Gestalt.  Der  Mündungskegel 
wird  aus  senkrecht  gegen  die  Oberfläche  ziehenden,  dick- 
wandigen, weichfleischigen,  manchmal  fast  wachsartig  erschei- 
nenden, knorrigen,  schmallumigen,  gegen  außen  sich  ganz 
wenig  erweiternden,  5  bis  10  u.  breiten,  länglichen  Zellen  auf- 
gebaut, die  gegen  die  Gehäusebasis  an  der  Außenseite  mehr 
rundlich  und  gegen  den  Nukleus  mehr  flach  werden.  Bei  der 
Betrachtung  von  zerdrückten  Perithezien  sind  die  Außenzellen 
ziemlich  deutlich  zu  sehen,  schwanken  in  der  Längenaus- 
dehnung zwischen  5  und  16  [x.  in  der  Breite  zwischen  5  und 
8  (j.,  sind  oft  rundlich,  aber  auch  unregelmäßig  länglich  oder 
polyedrisch,  zeigen  oben  gewöhnlich  verhältnismäßig  dickere 
Wandungen  und  schmälere  Lumina  als  unten  und  lassen  durch 
die  Verschiedenartigkeit  ihres  Umrisses  und  ihrer  Hauptaus- 
dehnungsrichtung die  Gehäuse  fast  etwas  schollig  erscheinen. 
Der  Mündungskanal,  der  zu  dem  deutlichen,  kleinen,  von  radial 
gelagerten  zarten,  gegen  innen  etwas  lichter  werdenden  Fasern 
umgebenen  Ostiolum  führt,  ist  mit  dicht  stehenden,  zarten 
Periphysen  ausgekleidet.  Bei  Einwirkung  von  Kalilauge  werden 
die  Perithezien  blauviolett  gefärbt.  Die  zahlreich  auftretenden 
Schläuche  sind  zylindrisch  oder  fast  zj^indrisch,  mit  deutlichem, 
kurzem  und  etwas  verschmälertem  Stiel,  oben  breit  und  flach 
abgerundet  oder  fast  gerade  abgeschnitten,  achtsporig,  80  bis 
110  jx  lang,  6  bis  8  [x  breit.  Die  Sporen  sind  glatt,  hyalin,  selten 
ganz  schwach  gelblich,  ellipsoidisch,  seltener  eiförmig,  beid- 
endig  abgerundet,  an  den  Längsseiten  meist  nicht  ganz  gleich- 
seilig  gekrümmt,  zartwandig,  durch  eine  deutliche  Querwand 
zweizeilig,  ursprünglich  wahrscheinlich  in  jeder  Zelle  mit  einem 
Öltropfen  versehen,  gerade  oder  schief  einreihig  im  Askus 
angeordnet,  10  bis  15  [x  (im  Mittel  12  [x)  lang  und  5  bis  6  [j. 
breit.  Paraphysen  anscheinend  fädig,  aber  bald  verschleimend. 
Der  Konidienpilz  von  Sphaerostilhe  coccophila  Tul.  ist 
nach    Tulasne     die     Microcera     coccophila     Desmazieres 

Sitzb.  d.  mathem.-natunv.  KL,  Abt.  I,  128.  Bd.  50 


724  J.  Weese, 

(Annal.  sciences  nat.,  1848,  3.  Ser.,  X.,  p.  3ä9;  Exs.:  Plantes 
cryptog.  de  France,  fasc.  XXXV.,  No.  1750;  fasc.  XXVII  [1848], 
No.  1350,  Erb.  critt.  ital.,  No.  543  und  Rabenhorst.  Fungi 
europaei,  No.  269).  Nach  W ollen w eher  (Fusaria  autogr. 
delin.,  1916,  Taf.  346  bis  347)  soll  Microcera  coccopliila  mit 
Actractiuin  pallens  Nees  (1818)  zusammenfallen,  für  welchen 
Pilz  der  genannte  Forscher  nun  den  Namen  Fusarium  pallens 
(Nees)  Link  (1824)  gebraucht.  Hofrat  Höhne!  hat  nun  auf 
Grund  einer  genauen  und  mühevollen  Untersuchung  von 
Originalmaterial  vor  kurzem  festgestellt,  daß  die  Microcera 
coccopliila  weder  ein  Fusarium  noch  ein  Atractriuui  dar- 
stelle, sondern  ein  nectrioider  Pyknidenpilz  sei,  der  zu  den 
Patelloidea-epatellatae  gehöre.  Nach  Höhnel's  Darlegungen 
besitzt  die  Microcera  coccopliila  ein  flaches,  kleinzellig-paren- 
chymatisches,  blasses  Stroma,  das  sich  hauptsächlich  unter 
den  Schildläusen  entwickelt  und  nach  dem  Abfallen  derselben 
frei  zu  Tage  liegt.  Die  zirka  400  bis  450  \i.  breiten,  schalen- 
förmigen Pykniden  entstehen  meist  am  Rande  der  Strömen 
und  sitzen  entweder  unmittelbar  auf  oder  sind  verschieden, 
langgestielt.  Die  Pj^kniden  sind  an  der  Basis  mikroplekten- 
chymatisch  und  mit  einem  zirka  40  [j.  dicken  Exzipulum  aus 
dicht  parallel  verwachsenen,  nicht  deutlich  septierten,  etwa 
400  |i,  langen,  geraden,  2  bis  2-5  [j,  breiten  Hyphen  versehen. 
Die  Fruchtscheibe  ist  an  der  Basis  mit  dicht  parallelstehenden, 
bis  100  [X  langen,  1'5  bis  2  \i.  dicken  einfachen  Trägern 
besetzt,  die  an  der  Spitze  die  Konidien  tragen,  welch  letztere 
in  der  Gestalt  wohl  den  Fusarium-Komdxen  gleichen,  aber 
sich  doch  durch  den  reichlichen,  viel  Öltrr)pfchen  aufweisenden 
Inhalt  von  solchen  unterscheiden  sollen. 

Nach  Höhnel's  ausführlich  noch  nicht  veröffentlicliten 
Untersuchungen  hat  also  die  Gattung  Microcera  Desm.  (1848), 
deren  Grundart  der  Konidienpilz  von  Spliaerosfilbe  coccopliila 
Tul.  ist,  ihre  volle  Berechtigung.  Wenn  die  Angabe  Wollen- 
web er' s,  daß  Atractiuui  pallens  Nees  und  Microcera  cocco- 
pliila Desm.  artgleich  seien,  richtig  ist,  dann  müßte  letzt- 
genannter Pilz  nun  Microcera  pallens  (Nees)  Höhn,  genannt 
werden. 


Zur  Kenntnis  der  Hyp'^creaceen.  725 

Mit  Rücksicht  auf  die  Nebenfruchtform  und  mit  Rück- 
sicht darauf,  daß  Corallomyces  hrachyspovus  Penz.  et  Sacc. 
(Icon.  Fung.  Javan.,  1904,  Taf.  XXXVII,  Fig.  1),  CoraUomyces 
anrantiicola  (Berk.  et  Br.)  Höhn.  (Journ.  Linn.  Soc,  1873, 
XIV.,  p.  117  sub  Nectria;  Höhnel,  diese  Sitzungsber.,  1912, 
121.  Bd.,  p.  352)  und  Corallomyces  laeticolor  (Berk.  et  Curt.) 
Höhnel,  (Journ.  Linn.  Soc,  1868,  X.,  p.  377  sub  Nectria; 
Höhnel,  1.  c,  p.  363)  Microcera- Arten  als  Nebenfruchtformen 
haben,  wäre  eigentlich  Sphaerostilbe  coccophila  Tul.,  welcher 
Pilz  bisher  auf  Schildläusen  auf  Rinde  von  Salix,  Fraxiiiits 
excelsior  und  von  Laurus  gefunden  wurde,  in  die  Gattung 
Corallomyces  Berk.  et  Curt.  (Journ.  Acad.  nat.  hist.  science, 
Philadelphia,  1854,  II.  Bd.,  p.  269)  zu  stellen.  Da  nun  aber  der 
Typus  der  Gattung  Corallomyces  Berk.  et  Curt.,  und  zwar 
Corallomyces  elegans  Berk,  et  Curt.,  Corallodendron  Jungh. 
(1838)  als  Konidienfrucht  hat  und  bei  erstgenannter  Gattung  in 
ihrem  heutigen  Umfang  nach  Höhnel  auch  Thysatiopyxis Q)- 
artige  Nebenfruchtformen  (wie  z.B.  bei  Corallomyces  herolinensis 
[P.  Henn.])  neben  HypocreoJenäron  P.  Henn.  (1897)  (z.  B.  bei 
(-.  sanguiiieus  [P.  Henn.]  Höhn.)  und  Microcera  Desm.  (1848) 
konstatiert  wurden,  so  wäre  eigentlich  die  Gattung  Corallo- 
myces nur  eine  Zusammenfassung  von  Pilzen,  die  nur  in  mehr 
äußerlichen  Merkmalen  und  nicht  in  der  sj^stematischen 
Stellung  ihrer  Nebenfruchtformen  übereinstimmen.  Um  nun 
trotz  der  Übereinstimmung  der  Gattungsvertreter  in  den  Haupt- 
fruchtformen zu  phylogenetisch  einheitlichen  Gruppen  zu 
kommen,  wäre  folgerichtig  eine  Zerlegung  des  genannten 
Genus  auf  Grund  der  Nebenfruchtformen  in  fünf  verschiedene, 
kleinere  Gattungen  notwendig.  Da  nun  aber  nach  dem  allge- 
meinen Bau  der  Perithezien  und  nach  der  Beschaffenheit  der 
Sporen  Corallomyces  vollständig  mit  Nectria  Fries  (Summa 
Veget.  Scand.,  II.,  1849,  p.  387),  beziehungsweise  Letendraea 
Saccardo  (Michelia,  IL,  1880,  p.  73)  =  Machridella  Seaver 
(Mycologia,  I.,  1909,  p.  195)  =  Pliaeonectria  Saccardo  (Sylloge 
Fung.,  XXII.,  1913,  p.  485;  als  Untergattung  in  Syll.,  XL, 
1895,  p.  359)^  und  auch  mit  Sphaerostilbe  Tulasne  (Carp.  III., 

1  Über  diese  Synonymie   siehe  meine  .Arbeit   im  Zentralbl.    f.  Bakterio- 
logie.  2.  Abt.,  42.  Bd,    1914,  p.  587  bis  593. 


726  J.  Weese, 

1865,  p.  103)  übereinstimmt,  so  müßten  auch  diese  Gattungen 
nach  den  Nebenfruchtformen  in  entsprechende,  kleinere  Genera 
geteilt  werden.  Bei  der  großen  Gattung  Nectria  Fries  sind 
derzeit  aber  die  Nebenfruchtformen  größtenteils  nicht  bekannt 
und  bei  der  Bestimmung  einer  Nectria  hat  man  nur  in  ver- 
hältnismäßig recht  seltenen  Phallen  Gelegenheit,  die  Konidien-  j 
fruchtform  zu  beobachten  und  zu  verwerten;  es  erscheint 
mir  daher  schon  aus  rein  praktischen  Gründen  eine  nach 
diesen  Gesichtspunkten  durchgeführte  Zerlegung  der  Gattung 
Nectria  Fr.,  deren  T^'pus  Nectria  ocliracea  (Greville)  Fries 
(Fries,  Elenchus  fungorum,  IL,  1828,  p.  79;  Summa  veget. 
Scand.,  IL,  1849,  p.  387)  nach  meinen  Untersuchungen 
(Zentralbl.  f.  Bakt.,  2.  Abt.,  42.  Bd.,  1914,  p.  604)  mit  Nectria 
ciimaharina  (Tode)  Fr.  (Tode.  Fungi  Mecklenburg.,  IL,  1791, 
p.  9,  sub  Sphaeria;  Fries,  Summa  veg.  Scand.,  IL,  p.  388) 
zusammenfällt  und  somit  eine  TuherciiJaria  Tode  (1790) 
als  Nebenfruchtform  hat,  bei  dem  derzeitigen  Stande  unserer 
Kenntnisse  wohl  nicht  recht  angängig.  Meiner  Ansicht  nach 
dürfte  es  daher  derzeit  am  zweckentsprechendsten  sein, 
Sphaerostilhe  coccopkila  TuL,  welchen  Pilz  jeder  nach  der 
Hauptfruchtform  nur  als  Nectria  bestimmen  könne,  vorläufig 
bis  zur  Neuumgrenzung  der  Nectriaceengattungen,  die  ja  bis 
jetzt  keine  phylogenetisch  einheitliche  Gruppen  darstellen,  bei 
Nectria  Fries  einzuteilen. 

Höhnel  findet  es  für  angezeigt,  die  beiden  Gattungen 
Corallomyces  Berk.  et  Gurt,  und  Corallomycetella  P.  Henn., 
welch  letztere  von  P.  LIennings  (Hedwigia,  1904.  43.  Bd., 
p.  245)  für  Corallomyces  Heinsensii  P.  Henn.  (Eng  1er,  Bot. 
Jahrb.  f.  Syst.,  1897,  23.  Bd.,  p.  538)  aufgestellt  wurde,  voll- 
ständig aufzulassen  und  ihre  Arten  bei  Letendraea  Sacc. 
und  Nectria  Fries  unterzubringen.  Corallomycetella  P.  Henn. 
unterscheidet  sich  von  Corallomyces  Bk.  et  Ct.  durch  die 
hyalinen  Sporen,  denn  die  Grundart  von  letztgenannter  Gattung 
Corallomyces  elegans  Bk.  et  Gurt.  (1854)  soll  nach 
P.  Hennings  braune  Sporen  aufweisen. 

Sphaerostilhe  coccopkila  Tul.  ist  in  Erb.  Crittog.  Ital., 
Ser.  L,  Nr.  539  (1861)  unter  dem  unrichtigen  Namen  Nectria 
episphaeria    (Tode)   Fr.    ausgegeben    worden.    Eine    gewisse 


Zur  Kenntnis  der  Hj'pocreaceen.  '^i 

äußere  Ähnlichkeit  zwischen  den  beiden  Pilzen  ist,  abgesehen 
von  der  verschiedenen  Unterlage,  unstreitig  zu  bemerken, 
doch  wird  auf  Grund  der  Perithezienstruktur,  die  bei  Nectria 
sanguinea  (Bolt.)  Fr.  (1789)  [=  .V.  epispliaeria  (Tode)  Fr., 
1791]  mehr  undeutlich-kleinzellig  ist,  und  meist  auch  aut 
Grund  der  Sporengröße  eine  Unterscheidung  der  beiden  Pilze 
ganz  gut  durchgeführt  werden  können. 

Fred  J.  Seaver  (Mycologia  I,  1909,  p.  180)  bezeichnet 
Nectria  suhcoccinea  Sacc.  et  Ellis  (Michelia,  IL,  1882,  p.  570) 
als  Synonym  von  Sphaerostilbe  coccophila  (Desm.)  Tul.  und 
zieht  mit  Fragezeichen  auch  Nectria  anrantiicola  Berk.  et  Er. 
(Journ.  Linnean  Society,  XIV.,  1875,  p.  117)  und  Nectria 
aglaeotheJe  Berk.  et  Gurt.  (Grevillea,  IV.,  1875,  p.  45),  die 
beide  auf  Schildläusen  auftreten,  zu  dieser  Art. 

Von  Nectria  suhcoccinea  Sacc.  et  Ell.  konnte  ich  leider 
nur  ein  spärliches  in  Ellis,  North  American  Fungi,  Nr.  1333 
ausgegebenes,  authentisches,  unreifes  Exemplar  untersuchen. 
Doch  zeigte  mir  schon  die  Untersuchung  dieses  allerdings 
nicht  sehr  günstigen  Stückes,  daß  der  obengenannte  Pilz  von 
Nectria  coccophila  (Tul.)  mikroskopisch  sicher  verschieden 
sei,  wenn  auch  äußerlich  durchaus  kein  sonderlich  auffallender 
Unterschied  zwischen  beiden  zu  konstatieren  ist.  Die  auf 
einem  deutlichen,  lichten,  kleinzellig-parenchymatischen  Stroma 
einzeln  oder  in  kleinen  Gruppen  auftretenden,  häutig  auch 
etwas  zusammenfallenden,  breit  eiförmigen,  licht  zinnoberroten 
Perithezien  von  Nectria  suhcoccinea  Sacc.  et  Ell.^  sind  etwas 
steiffleischiger  als  wie  bei  A''.  coccophila  (Tul.)  und  zeigen  die 
in  der  halben  Höhe  zirka  35  bis  50  \i  dicke  Gehäusewand 
—  die  eiförmigen  Gehäuse  schwanken  in  der  Gesamtbreite 
ungefähr  zwischen  200  und  300  jx  —  aus  beiläufig  5  bis 
7  Lagen  dickwandiger,  breit  ellipsoidischer,  parenchymatischer, 
zwischen  6  und  15  [x  in  der  Hauptausdehnung  schwankender 
Zellen  zusammengesetzt.  Im  Gehäuseaufbau  ist,  wenn  auch 
die  Angaben  über  die  Zellgrößen  dies  nicht  erkennen  lassen, 
gegenüber    der    Nectria    coccophila     ein     ziemlich     deutlicher 


1   In  der  Originaldiagnose  werden   die  Perithezien    unrichtigerweise  als. 
nicht  zusammenfallend  bezeichnet. 


/  28  J.  We  ese, 

Unterschied  festzustellen,  da  bei  N.  stihcocchiea  die  VVand- 
zellen  in  Gehäusemedianlängsschnitten  immer  ein  deutlich 
breit-elliptisches  Lumen  aufweisen,  also  mehr  parenchymatisch 
erscheinen  und  da  weiters  einzelne  peripher  gelagerte  Zellen 
manchmal  in  Form  ein-  bis  mehrzelliger,  dickwandiger,  stumpf 
endigender,  an  den  Querwänden  eingeschnürter,  kurzer,  blasen- 
förmiger  Anhängsel,  beziehungsweise  häufiger  zylindrischer, 
steifer  Borsten  über  die  Oberfläche  hervorragen  und  diese 
dann  bei  der  Flächenbetrachtung  schollig  oder  vielmehr  borstig 
erscheinen  lassen,  was  aber  nicht  immer  ganz  leicht  zu  beob- 
achten ist.  Auf  Grund  dieser  charakteristischen  Oberflächen- 
beschaffenheit kann  aber  Nectria  stibcoccinea  sicher  von 
Sphaerostilbe  coccophila  unterschieden  werden.  Sporen  konnte 
ich  zwar  bei  Nectria  snhcoccinea  nur  wenige  beobachten, 
aber  diese  zeigten  größere  Länge  und  Breite  als  wie  die  von 
dem  Tulasne' sehen  Pilz,  so  daß  auch  durch  diese  Eigen- 
tümlichkeit das  Auseinanderhalten  der  beiden  Pilze  erleichtert 
wird.  Die  Nebenfruchtform  von  N.  suhcoccinea  konnte  ich 
nicht  untersuchen,  doch  vermute  ich  aus  Seaver's  Beschrei- 
bung, daß  sie  eine  Microcera  Desm.  oder  ein  Fusarium  Link, 
darstellen  wird. 

Von  Nectria  snhcoccinea  Sacc.  et  Ell.  ist  mikroskopisch 
Nectria  CoUetiae  Rehm  (Hedwigia,  1898,  p.  192,  Taf.  \'III.. 
Fig.  13)  nicht  zu  unterscheiden,  wie  ich  an  einem  Original- 
exemplar des  ebengenannten  Pilzes  aus  dem  Herbarium  Rehm 
konstatieren  konnte.  Rehm  gibt  zwar  an,  daß  sein  von  Ule 
im  April  1891  in  Brasilien  (Serra  Geral)  gesammelter  Pilz  auf 
Blättern  von  Colletia  vorkommt,  jedoch  tritt  der  Pilz  unmittel- 
bar auf  Schildläusen  auf,  die  den  stark  abgeplatteten  Zweig- 
dornen und  den  Blättern  von  Colletia  aufsitzen.  Die  Neben- 
fruchtform \'on  Nectria  Colletiae  habe  ich  bis  auf  einige 
wenige  Konidien  nicht  beobachten  können.  Sollte  diese  mit 
der  von  A''.  subcoccinea  übereinstimmen,  was  mir  sehr  wahr- 
scheinlich erscheint,  so  wäre  A^.  Colletiae  als  selbständige 
Art  zu  streichen. 

Als  der  A".  subcoccinea  ziemlich  nahestehend  muß  auch 
Nectria  coccormn  Spegazzini  (»Fungi  Puiggari«,  Pugillus  I. 
in  Bolet.    de    la  Acad.   nacion.    de  Ciencias    de   Cordoba,  XL. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocreaccen.  '  -''•- 

/ 

1889,  n.  234)  bezeichnet  werden.  Leider  habe  ich  von  letzt- 
genanntem Pilze  nur  wenige  überreife  Perithezien  untersuchen 
können,  die  als  Microccra  coccophila  Desm.  in  Roumeguere, 
Fungi  gallici  exsiccati  Nr.  8547  (auf  Schildläusen  auf  einem 
Pilocarpns-'QXsiii  [fälschlich  als  Myrtaceenblatt  bezeichnet], 
Paraguay,  Sept.  1883,  leg.  J.  Balansa,  Nr.  4046)  ausgegeben 
worden  waren,  so  daß  ich  über  die  Beziehungen  der  beiden  Pilze 
nicht  ganz  ins  klare  kommen  konnte.  Die  Perithezienstruktur 
von  N.  coccormn  Speg.  weicht  jedoch  von  der  von  A^.  stih- 
coccinea  durch  den  Aufbau  der  Wandung  aus  mehr  offenen, 
mäßig  derbvvandigen  Zellen  etwas  ab  und  die  Sporen  scheinen 
auch  deutlich  verschieden  zu  sein,  so  daß  es  mir  ziemlich 
unwahrscheinlich  ist,  daß  diese  beiden  Pilze  zusammenfallen. 
Endgültiges  läßt  sich  natürlich  nach  dem  spärlichen  Material, 
das  mir  von  beiden  Pilzen  zur  Verfügung  stand,  nichts  aus- 
sagen. Möglicherweise  bestehen  zwischen  Nectria  subcoccineu 
Sacc.  et  Ell.  und  Nectria  coccogena  Speg.  (Fungi  Puiggari, 
1889,  n.  289)  engere  Beziehungen. 

Die  Konidienfruchtform  von  Nectria  coccormn  Speg.  ist 
nach  Wollenweber  (Fusaria  autogr.  delin.,  Berlin,  1916, 
Taf  169  und  Annales  mycologici,  1917,  15.  Bd.,  p.  14)  nicht 
Microcera  coccophila  Desm.,  wie  Spegazzini  annahm, 
sondern  Fnsarinni  aciiminatuni  Ell.  et  Everh.  emend. 
Wolle nw.  Höhnen,  der  den  Spegazzini' sehen  Pilz  unter- 
suchte, bezeichnete  ihn  jüngst  wieder  als  Microcera  und 
benannte  ihn  in  der  Vortiussetzung,  daß  Wollen  web  er's 
Angaben  richtig  sind,  als  Microcera  acnininata  (Ell.  et  Ev.  — 
Wollenw.)  Höhn.  Bezüglich  derNebenfruchtform  von  Nectria 
coccogena  vermutet  Höhnel,  daß  sie  vielleicht  auch  eine 
Microcera  Desm.  sei,  ebenso  wie  die  von  Corallomyces 
brachysporiis  Penz.  et  Sacc.  (1901)  (Icon.  F'ung.  Javan.,  1904, 
Taf.  XXXVII,  Fig.  1),  Corallomyces  laeticolor  (Bevk.  et  Cur t.) 
Höhn.  (Journ.  Linnean.  Society,  1868,  X.,  p.  377,  sub  Nectria; 
Höhnel  in  diesen  Sitzungsber.,  121.  Bd.,  1912,  p.  363)  und 
Corallomyces  atiraiitiicola  (Berk.  et  Broome)  Höhn.  (Journ. 
Linnean  Soc,  XIV.,  1873,  p.  117,  sub  Nectria;  Höhnel,  a.  a.  O., 


1  Nach  noch  nicht  veröffentlichten  Mitteilungen. 


730  J.  Weese, 

p.  352).  Mit  letztgenanntem  Pilz  könnte  möglicherweise  Nectria 
snhcoccinea  Sacc.  et  Ell.  zusammenfallen,  doch  lassen  sich 
darüber  nur  Vermutungen  anstellen,  da  das  Originalexemplar 
von  Nectria  anrautiicola  Berk.  et  Br.  (auf  Schildläusen  auf 
Zweigen  von  Citrus  atirantinui,  Ceylon)  nur  Jugendzustände 
des  Pilzes  zeigt.  ^  Die  Angaben  über  die  Form  und  Größe 
der  Sporen  von  der  eben  angeführten  Nectria-Avi  würden  auch 
für  die  Richtigkeit  der  bereits  von  Seaver  geäußerten  Ver- 
mutung sprechen,  wozu  allerdings  nochmals  bemerkt  werden 
muß,  daß  Seaver  dabei  auch  unrichtigerweise  Nectria  sub- 
coccinea  mit  Sphaerostilbe  coccophila  identifizierte. 

J.  Rick  hat  im  Jahre  1905  in  Sao  Leopoldo  (Rio  Grande 
do  Sul,  Südbrasiiien)  auf  Schildläusen,  die  auf  trockenen 
Zweigen  von  Citrus  anrantiiun  auftreten,  einen  Pilz  gefunden,, 
den  H.  Rehm  als  Nectria  coccidophtora  A.  Zimmermann 
var.  anrautiicola  Berk.  et  C.  bestimmte  (Theißen,  Hj^po- 
creaceen  von  Rio  Grande  do  Sul,  Südbrasilien  in  Annal. 
Mycol.,  IX.,  1911,  p.  51).  Der  Pilz  stimmt  mikroskopisch  ganz 
gut  zu  Nectria  subcoccinea,  doch  weisen  die  lebhaft  hellroten, 
unregelmäßig  zusammengesunkenen  Perithezien  eine  Breite 
bis  zu  400  [X  auf  und  zeigen  meist  eine  etwas  dunklere 
Mündungspapille.  Mit  Nectria  coccidophtora  A.  Zimmermann 
(Zentralbl.  f.  Bakt.,  II.  Abt.,  VII.  Bd.,  1901,  p.  872,  Fig.  1; 
Saccardo,  Syll.  Fung.,  XVII,  1905,  p.  784),  welcher  Pilz  auf 
Schildläusen  auf  Cbffea  arabica  und  auf  Citrus  sp.  (im  zweiten 
Fall  zusammen  mit  Oplüonectria  coccicola  A.  Zimm.)  in 
Buitenzorg  gefunden  wurde,  zeigt  der  brasilianische  Pilz 
ebensoviel  Übereinstimmung  wie  mit  N.  subcoccinea  Sacc. 
et  EH.,  so  daß  es  nach  der  Beschreibung  sehr  gut  möglich 
sei,  daß  die  von  A.  Zimmermann  beschriebene  Art  mit  der 
letztgenannten  A''t?c/r/a- Spezies  zusammenfalle.  Daß  Nectria 
coccidophtora  mit  Nectria  aurautiicoJa  Berk.  et  Br.  nahe 
verwandt  ist,  hat  auch  Zimmermann  erkannt,  doch  sind 
die  Unterschiede,  die  er  zwischen  diesen  beiden  Pilzen  bezüg- 
lich der  Konidien  und  der  Gehäusefarbe  anführt,  nicht  solcher 


1  Wahrscheinlich  hängt  auch  die  Orangefarbe  der  Perithezien  mit  deren 
Jugend  zusammen,  denn  ich  konnte  bei  vielen  roten  Nectria- AviQn  beob- 
achten, daß  sie  im  unentwickelten  Zustande  diese  Farbe  aufweisen. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocreaceen.  7Si 

Art,  daß  ein  Zusammenfallen  der  beiden  Arten  gänzlich  aus- 
geschlossen wäre.  Jedenfalls  ist  aber  der  Rehm'sche  Vorgang, 
die  früher  von  Berkeley  u.  Broome  beschriebene  Nectria 
anrantiicola  als  Varietät  der  28  Jahre  später  publizierten' 
Nectria  coccidophtora  A.  Zimm.  aufzufassen,  vollständig  unan- 
nehmbar, da  ja  nur  die  gerade  entgegengesetzte  Ansicht  über 
die  systematischen  Beziehungen  dieser  beiden  Pilze  der  Priorität 
der  Nectria  anrantiicola  B.  et  Br.  Rechnung    tragen    würde. 

Fred  J.  Seaver  vermutet,  daß  mit  Sphaerostilbe  cocco- 
pliila  Tul.  auch  Nectria  agJaeothele  Berk.  et  Curt.  (North 
Americ.  Fungi,  1875,  n.  814)  zusammenfalle.  Nach  der  knappen 
Originaldiagnose  und  der  Angabe  über  das  Vorkommen  ist 
es  sehr  wahrscheinlich,  daß  die  letztgenannte  Nectria-Axi 
mit  einem  der  früher  behandelten  Pilze  artgleich  sein  wird, 
doch  ohne  Untersuchung  von  Originalmaterial  läßt  sich  in 
dieser  Frage  keine  endgültige  Sicherheit  erlangen. 

In  Nordamerika  hat  man  seit  über  zwei  Jahrzehnten 
der  angeblichen  Sphaerostilbe  coccophila  im  Interesse  des 
Pflanzenschutzes  große  Aufmerksamkeit  zugewendet,  da  man 
diesen  Pilz  auf  mehr  als  15  verschiedenen  Schildlausarten 
konstatieren  konnte,  die  durch  diesen  Parasiten  in  ungemein 
großer  Anzahl  abgetötet  wurden.  Rolfs  (Garden  and  Frörest,  X., 
1897,  p.  '217  bis  218)  hat  als  erster  auf  diese  wertvolle  schildlaus- 
tötende  Wirkung  der  Sphaerostilbe  aufmerksam  gemacht  und 
hat  sich  dann  zum  Teil  gemeinsam  mit  Fawcett  (Rolfs  in 
Florida,  Agric.  Exp.  Stat.,  Bull.  41,  1898;  Rolfs  and  Fawcett, 
1.  c,  Bull.  94,  1908)  mit  der  Biologie  dieses  Schildlaus- 
schmarotzers näher  beschäftigt.  Welchen  Pilz  sie  bei  ihren 
Studien  aber  vor  sich  hatten,  das  läßt  sich  leider  trotz  der 
beigegebenen  Abbildungen  weder  diesen  Arbeiten  noch  einer 
anderen  von  Fawcett  (Fungi  parasitic  upon  Aleyrodes  Citri. 
University  of  the  State  of  Florida.  Special  Studies  N.  1,  Juni 
1908,  p.  25  bis  34)  entnehmen.  Aus  Seaver's  Angaben  (Myco- 
logia,  I.,  1909,  p.  180)  schließe  ich  aber,  daß  die  Nectria 
snbcoccinea  Sacc.  et  Ell.  (?A^.  anrantiicola  Berk.  et  Br.) 
und  nicht  die  Sphaerostilbe  coccophila  Tul.  der  Gegenstand 
ihrer  Untersuchungen  war. 


/32  J.  Weese. 

35.  Über  Sphaerostilbe  nitida  Berk.  et  Curt. 

Ein  Originalexemplar  dieses  Pilzes  (Fungi  Cubenses 
Wrightiani,  Nr.  762,  an  Orchideenstengeln  auf  Kuba)  zeigt 
nur  eine  licht  rotbräunliche  Stilbella- artige  Nebenfruchtform, 
die  auf  einem  beiläufig  1  ;;/;//  hohen  und  40  [x  breiten,  aus 
ganz  verklebten,  undeutlichen,  verschleimten  Hyphen  be- 
stehenden Stielchen  ein  kugeliges,  im  Durchmesser  300  [j. 
breites  Schleimköpfchen  trägt,  Konidien  waren  leider  nicht 
zu  beobachten. 

Da  jede  Spur  einer  Askusfruchtform  bei  dem  Urstück 
fehlt  und  Berkeley  und  Curtis  (Journ.  of  Linnean  Society, 
X.,  1868,  p.  3)  seinerzeit  auch  keine  Perithezien  feststellen 
und  beschreiben  konnten,  so  ist  der  Pilz  als  Sphaerostilbe- 
Art  jedenfalls  zu  streichen.  Dasselbe  gilt  auch  von  Sphaero- 
stilbe lateritia  Berk.  et  Curt.  (Fungi  Cubensis,  Nr.  764),  von 
welcher  Art  die  Autoren  ebenfalls  keine  Beschreibung  der 
Gehäuse  gegeben  haben.  Als  Nebenfruchtform  des  letzt- 
genannten Pilzes  wird  von  Berkeley  und  Curtis  Stilbum 
lateritiuni  Berkeley  (Hooker,  Journ.  of  Botanj^,  1843,  p.  642) 
angeführt. 

36.  Über  Sphaerostilbe  rosea  Kalchbr. 

Von  diesem  Pilz  war  bisher  nur  die  in  die  Gattung 
Stilbella  Lindau  gehörige  Konidienfruchtform  bekannt.  Wenn 
trotzdem  der  Pilz  von  C.  Kalchbrenner  und  M.  C.  Cooke 
(»South  African  fungi«  in  Grevillea,  IX.,  1880,  p.  26)  unter 
dem  Namen  Sphaerostilbe  rosea  Kalchbr.^  beschrieben  worden 
ist,  so  geschah  dies  lediglich  auf  Grund  von  vagen  Ver- 
mutungen, die  sich  auf  den  Habitus  des  Pilzes  gründeten. 
P.  A.  Saccardo  (Syll.  Fung.,  IL,  1883,  p.  516)  hat  daher  mit 
Recht  diese  angebliche  Spliaerostilbe-Spezies  zu  den  zweifel- 
haften Arten  gestellt. 

Im  Herbarium  G.  Winter  (Botanisches  Museum,  Berlin) 
fand    ich    nun    Originalexemplare    von    Sphaerostilbe    rosea 


1  In  der  Abhandlung,  in  der  dieser  Pilz  begründet  ist,  ist  im  Gegen- 
satz zu  Sacctirdo's  Angabe  (Syll.  II.,  p.  516)  nur  Kalchbrenner  als  Autor 
angeführt,  während  in  derselben  Arbeit  bei  anderen  Pilzen  eigens  Kalch- 
brenner u.  Cooke  als  Autoren  genannt  sind. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocreuccen.  '  06 

Kalchbr.  (auf  Rinde  von  Acacia  horridu,  Afrika;  leg.  Prof. 
Mac  Owan,  Nr.  1118)  vor,  die  geeignet  erscheinen,  die  syste- 
matische Stellung  unseres  Pilzes  endgültig  aufzuklären.  Die 
erwähnten  Exemplare  zeigen  nämlich  nicht  nur  die  Stilbella, 
sondern  auch  die  Perithezien  der  dazugehörenden  Schlauch- 
fruchtform, deren  Untersuchung  mich  nun  in  die  Lage  ver- 
setzt, folgende  Beschreibung  des  Pilzes  zu  geben. 

Die  Perithezien  sind  kugelig,  fast  kugelig  oder  breit 
eiförmig,  300  bis  450  [x  breit,  scharlachrot,  blutrot  oder  häufig 
dunkelrotbraun  gefärbt,  fest  fleischig,  zuweilen  auch  etwas 
zusammensinkend,  deutlich  grobwarzig,  mit  einer  ziemlich 
gut  sichtbaren,  häufig  etwas  dunkler  gefärbten,  kleinen  Mün- 
dungspapille  versehen  und  treten  dicht  rasig  auf  ebenso  wie 
die  Gehäuse  gefärbten,  aus  der  Rinde  hervorbrechenden, 
breitstielartigen,  oben  häufig  einfach  gegabelten,  unten  mit- 
einander verwachsenen  Stromateilen  auf.  Bei  meinem  allerdings 
spärlichen  Untersuchungsmaterial  fand  ich  die  Gehäuse  meist 
entweder  einzeln  kurz  gestielt  oder  zu  zweien  auf  einem 
Stiel  aufsitzend,  so  daß  der  Pilz  etwas  an  Covallomyces 
erinnerte.  Die  Perithezienwandung  ist  ungefähr  60  bis  85  [x 
breit  und  wird  außen  aus  derbwandigen,  parenchymatischen, 
kugeligen  oder  breitellipsoidischen,  in  der  Hauptausdehnung 
zwischen  8  und  22  jx  schwankenden  Zellen  gebildet,  die  dann 
in  der  innersten  Schichte  etwas  zarter,  mehr  fiach  und  lang- 
gestreckt erscheinen.  iMerkwürdig  ist,  daß  nach  den  äußersten 
4  bis  6  Lagen  von  offenen,  derbwandigen  Zellen  ungefähr  ein 
bis  drei  Zeil-Lagen  zuerst  ganz  licht  und  zartwandig  und 
dann  schließlich  aufgelöst  werden,  so  daß  zwischen  der 
äußeren,  aus  mehr  kugeligen  Zellen»  bestehenden  Schichte 
und  zwischen  der  aus  flachen  Zellen  gebildeten  Innenschichte 
ein  manchmal  fast  das  ganze  Perithezium  umgebender,  8  bis 
15  |x  beiläufig  breiter  Hohlraum  klafft,  der  sich  zuweilen  an 
der  Gehäusebasis  in  Fortsetzung  der  Seitenwandrichtung 
auch  etwas  in  dem  Stromastiel  feststellen  läßt.  Auf  der  Ge- 
häusewandaußenschichte  sitzen  die  aus  den  gleichen  Zellen 
wie  diese  bestehenden  flach  halbkugelförmigen  oder  tlach 
kegelförmigen  Warzen  auf,  die  die  Rauheiten  der  Perithezien 
verursachen.  Die  warzige  Beschaffenheit  der  Gehäuse  ist  aber 


734  J.  Weese, 

nicht  an  allen  Perithezien  in  gleich  deutlicher  Weise  zu  beob- 
achten. Das  Stromagewebe  ist  oben  meist  deutlich  paren- 
ch^'matisch  und  großzellig,  gegen  unten  und  gegen  die  Stellen, 
von  denen  die  Stiele  der  Konidienfruchtform  weggehen,  wird 
es  aber  bedeutend  kleinzelliger  und  knorrig  plektenchymatisch. 
Das  von  radialgelagerten,  mäßig  derben  Fasern  und  einer 
Anzahl  konzentrischer  Lagen  aus  kleinen,  dickwandigen  Zellen 
umgebene  Ostiolum  ist  auf  der  kleinen  Mündungspapille 
deutlich  zu  beobachten.  Der  Mündungskanal  ist  mit  Periphysen 
ausgekleidet,  die  allerdings  gegen  innen  zu  einer  hyalinen, 
strukturlosen  Masse  zu  verschleimen  scheinen.  Bei  Einwirkung 
von  Kalilauge  werden  die  Perithezien  rasch  blauviolett 
verfärbt.  Die  Aszi  sind,  soweit  ich  sie  noch  beobachten 
konnte,  zartwandig,  keulenförmig,  mit  einem  kurzen,  sich  wenig 
verschmälernden  Fuß  versehen,  oben  abgerundet,  achtsporig, 
SO  bis  110  [X  lang,  16  bis  26  [jl  breit.  Die  Sporen  sind  hyalin, 
manchmal  einen  ganz  zarten  Stich  ins  Gelbliche  zeigend, 
glatt,  länglich  ellipsoidisch  oder  zylindrisch,  beidendig  abge- 
rundet, zuweilen  aber  an  dem  einen  Ende  etwas  breiter  als 
an  dem  anderen,  gewöhnlich  gerade,  aber  manchmal  ganz 
schwach  gekrümmt,  mit  meist  bis  sieben,  zuweilen  aber  bis 
neun  Querwänden  und  einer  Anzahl  gerader  oder  etwas 
schiefer  kurzer  Längswände  ausgestattet,  an  den  Querwänden 
meist  nicht,  aber  manchmal  doch  ganz  wenig  eingeschnürt, 
20  bis  36  |x  lang,  8  bis  11  jjl  breit,  oben  gerade  zweireihig 
oder  schief  einreihig  im  Askus  angeordnet.  Paraphj'sen  habe 
ich  nicht  beobachten  können,  doch  dürften  solche  vorhanden 
gewesen  und  bald  verschleimt  sein. 

Der  Konidienpilz  i§t  eine  Siilbella  Lind,  mit  einem  rot- 
braunen, bis  3  mm  hohen,  derbwandigen,  aus  zirka  3  bis  4  «x 
dicken  Hyphen  gebildeten,  zirka  V^  ^'^'"  breiten  Stiel  und 
einem  lichtockerfarbenen  oder  fleischfarbenen,  wahrscheinlich 
urprünglich  rosa  gefärbten,  bis  0*7  nun  breiten  Schleim- 
köpfchen. Die  Konidien  sind  hyalin,  glatt,  einzellig  und  zirka 
5  bis  6  jx  lang  und  2Y2  bis  3  [jl  breit.  Die  Konidienpilze 
wachsen  zwischen  den  Gehäusen  aus  dem  Perithezienrasen 
hervor. 


Zur  Kenntnis  der  Hypncreaceen.  ^35 

Wie  nun  aus  der  Beschreibung  der  Haupt-  und  Neben- 
fruchtform  des  vorliegenden  Pilzes  hervorgeht,  gehört  dieser 
■nicht  in  die  Gattung  Sphaerostilbe  Tul.,  sondern  infolge  der 
mauerförmig  geteilten  Sporen  zu  Megalonectria  Spegazzini 
(Fungi  Argent.,  Pug.  IV.,  1881,  n.  211),  welche  Gattung  von 
Pleout'ctria  Sacc.  (Fungi  Veneti  novi  v.  crit.,  V.,  1876,  p.  178) 
so  abweicht  wie  Sphaerostilbe  Tul.  von  Nectria  Fr. 

Der  Typus  der  Gattung  Megalonectria  Speg.  ist  die 
Megalonectria  pseiidotrichia  (Schwein.)  Speg.  mit  Stilhnin 
^iniiabarinmn  Mont.  als  Nebenfrucht.  Von  dieser  Megalonectria 
ist  unser  Kai chb  renn  er' sehe  Pilz  verschieden,  aber  zu  einer 
anderen  Megalonectria  zeigt  er  deutliche  Beziehungen,  und 
zwar  zu  der  Megalonectria  caespitosa  Speg.  (Fungi  Puiggariani, 
Pug.  I.,  1889,  n.  310),  von  der  ich  ein  Originalexemplar  aus 
dem  Herbarium  Puiggari  untersuchen  konnte.  Megalo- 
nectria caespiiosa  Speg.  hat  zwar  nicht  ganz  so  warzige 
Perithezien  wie  Sphaerostilbe  rosea  und  dann  fallen  die 
Gehäuse  bei  dem  Spegazzini'schen  Pilz  sehr  bald  etwas  zu- 
sammen, so  daß  man  im  ersten  Augenblick  die  beiden  Pilze 
für  sehr  stark  verschieden  ansehen  könnte.  Vergleicht  man 
aber  Medianlängsschnitte  durch  die  Perithezien  beider  Pilze 
mit  dem  Mikroskop,  so  sieht  man,  daß  der  feinere  Aufbau 
der  Perithezien  und  des  Stromas  der  gleiche  ist  und  daß  auch 
in  den  Sporen  und  in  den  Schläuchen  kein  durchgreifender 
Unterschied  zwischen  beiden  Pilzen  gefunden  werden  kann. 
In  der  Beschaffenheit  der  Gehäusewandung  scheint  zwar  ein 
Unterschied  darin  zu  bestehen,  daß  bei  Megalonectria  caespi- 
iosa im  Längsschnitt  der  trennende  Spalt  zwischen  Gehäuse- 
außenwand  und  -innenwand,  wie  er  bei  Sphaerostilbe  rosea 
auftritt,  nicht  zu  sehen  ist;  beobachtet  man  aber  genauer, 
dann  kann  man  auch  bei  dem  Spegazzini'schen  Pilz  den  Beginn 
des  gleichen  Spaltungs-  beziehungsweise  Auflösungsprozesses 
konstatieren  wie  bei  dem  südafrikanischen  Pilze.  Auch  lassen 
sich  an  einzelnen  Gehäusen  von  Megalonectria  caespitosa  die 
gleichen  Warzenbildungen  nachweisen  wie  bei  der  früher 
behandelten  angeblichen  Sphaerostilbe.  Spegazzini  gibt  zwar 
die  Sporen  von  seinem  Pilz  ganz  wenig  größer  (30  bis  40  ^  10  (x) 
an,  als  wie  ich  sie  für  Sphaerostilbe  rosea  feststellen  konnte, 


736  J.  Weese, 

doch  liegt  weder  in  der  Größe  noch  in  der  Zahl  der  Querwände 
ein  Unterscheidungsmerkmal  vor,  wenn  auch  im  Mittel  die 
Sporen  vom  erstgenannten  Pilz  unstreitig  etwas  besser  entwickelt 
sind  als  bei  dem  zweiten.  Bei  derartig  großsporigen  Pilzen 
kommen  bekanntlich  immer  Schwankungen  in  der  Sporen- 
größe vor.  Obwohl  ich  die  Konidien  der  Nebenfruchtform  von 
Megalonectria  caespitosa  nicht  beobachten  konnte,  so  ist  es 
mir  bei  der  auffallenden  Übereinstimmung  der  Hauptfrucht- 
formen ohne  jeden  Zweifel,  daß  die  beiden  besprochenen 
Pilze  zusammenfallen,  beziehungsweise  mikroskopisch  nicht 
zu  unterscheiden  sind.  Da  nun  Megalonectria  caepitosa  Speg. 
(1889)  später  aufgestellt  wurde  wie  Sphaerostilbe  rosea 
Kalchbr.  (1880),  so  würde  der  erste  Pilz  als  Synonym  zu 
streichen  und  die  Sphaerostilbe  in  Megalonectria  umzubenennen 
sein.  Von  dem  Kalchb  renn  er- Pilz  wurde  aber  nur  die  Neben- 
fruchtform beschrieben  und  über  die  Hauptfruchtform  wurde 
gar  keine  Angabe  gemacht,  somit  besteht  nur  der  Spegaz- 
zini'sche  Pilz  nomenklatorisch  zurecht  und  Sphaerostilbe  rosea 
ist  als  nomen  nudum  zu  streichen.  Dafür  wäre  allenfalls 
Stilbunt  fnsco-ciuuabarimmi  Speg.,  der  Konidienpilz  von 
Megalonectria  caespitosa  Speg.,  in  Stilbella  rosea  (Kalchbr.i 
umzubenennen. 

Was  die  Berechtigung  der  Gattung  Megalonectria  Speg. 
anbelangt,  so  gilt  hier  bezüglich  Pleonectria  dasselbe,  was  ich 
von  Sphaerostilbe  gegenüber  Nectria  ausgesagt  habe.  In  dem 
gleichen  Verhältnis  wie  Megalonectria  zu  Pleonectria,  steht 
auch  Stilbonectria  Karst,  zu   Calonectria  de  Not. 

Soweit  man  einen  Pilz  nach  der  Beschreibung  beurteilen 
kann,  so  scheint  mir  Megalonectria  verrucosa  A.  Möller 
(Phycom.  u.  Ascomyc,  1901,  p.  137,  Taf.  IV,  Fig.  55)  ein  mit 
Megalonectria  caespitosa  Speg.  nahe  verwandter  Pilz  zu  sein. 
Da  nach  den  Diagnosen  die  beiden  Pilze  kaum  auseinander- 
gehalten werden  können,  erscheint  es  mir  nicht  unwahr- 
scheinlich, daß  sie  vollständig  zusammenfallen.  Endgültige 
Sicherheit  in  dieser  Frage  könnte  allerdings  nur  die  Unter- 
suchung von  Originalmaterial  von  Megalonectria  verrucosa 
Moll,  (auf  trockenen  Zweigen  im  Velhatal  bei  Blumenau  in 
Brasilien  im  Juni   1902  gesammelt)  bringen. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocrcacecn.  '''J/ 

Fred  J.  Seaver  (Mycologia,  I.,  1909,  p.  181)  hiit  Me^i^alo- 
nectria  caespitosa  Speg.  mit  Unrecht  zu  den  zweifelhaften 
Pilzen  gestellt. 

38.  Über  Hyponectria  jucunda  (Mont.)  Weese. 

J.  F.  Cam.  Montagne  hat  im  Jahre  1846  in  »Exploration 
scientifique  de  l'Algerie,  Botanique,  Cryptogames«  (Paris  er- 
schienen 1849,  p.  477),  unter  Sphaeria  jucunda  Mont.  einen 
von  Durieu  de  Maisonneuve  auf  faulenden,  abgefallenen 
Zweigen  von  Cactus  Opuntia  in  Algier  gesammelten  Pilz 
beschrieben,  den  er  dann  später  zu  Nectria  Fr.  stellte  (Sylloge 
generum  specier.  plant,  cryptog.,  1856,  p.  225).  Saccardo 
(Michelia,  I.,  1878,  p.  278)  reihte  sodann  diesen  Pilz  wegen 
der  einzelligen  Sporen  in  seine  Gattung  Nectviella  Sacc. 
(Mich.,  I.,  1877,  p.  51)  ein.  Nectviella  Sacc.  deckt  sich  nicht 
mit  der  früher  aufgestellten  und  von  mir  schärfer  charakte- 
risierten Nectriella  Nitschke  sensu  Fuckel  (Symbolae 
Mycologicae,  1869,  p.  175)',  sondern  mit  der  jetzt  gültigen 
Gattung    Pseudonectria    Seaver    (Mycologia,   I.,    1909,  p.  45). 

Die  Untersuchung  eines  Originalexemplares  von  Sphaeria 
jucunda  Mont.  zeigte  mir  nun,  daß  der  Pilz  eingesenkte 
Perithezien  besitzt  und  somit  in  die  Gattung  Hyponectria  Sacc. 
(Michelia,  I.,  1878,  p.  250)  zu  stellen  sei.  Ich  habe  daher 
bereits  1910  in  einer  vorläufigen  Mitteilung  (Ann.  Myc,  VIII., 
p.  464  bis  468)  diesen  Pilz  als  Hyponectria  jucunda  (Mont.) 
Weese  bezeichnet. 

Nach  der  Beschreibung  erweist  sich  Hyponectria  Cacti 
(Ellis  et  Everhart)  Seaver  (Journ.  of  Mycology,  VIII.,  1902, 
p.  66;  Mycologia,  I.,  1909,  p.  20j  als  mit  Hyponectria  jucunda 
(Mont.)  Weese  vollständig  identisch.  Erstgenannter  Pilz  wird 
somit  als  selbständige  Hyponectria-Avt  zu  streichen  sein. 

37.  Über  Calostilbe  longiasca  (Möller)  Saccardo. 

Alfred  Möller  hat  im  Dezember  1892  auf  morschen 
Rindenstückchen  bei  Blumenau  in  Brasilien  einen  Pilz  gefunden. 


1  Näheres  über  Nectriella  Nke.  siehe  meine  Arbeit  »Beitrag  zur  Kennt- 
nis der  Gattung  Nectriella  Nke.«  in  Ann.  Myc,  XTI.,   1914,  p.    128  bis   157. 


738  J.  Weese, 

den  er  unter  dem  Namen  Sphaerostilbe  longiascns  Mo  eil.  in 
seinen  »Phycomyceten  und  Ascomyceten«  (Schimper,  Botan. 
Mittig.  aus  den  Tropen,  IX.  Heft,  1901,  p.  122,  Taf.  II,  Fig.  36) 
beschrieb. 

Nach  einem  Originalexemplar,  das  ich  aus  dem  Berliner 
Botanischen  Museum  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte,  zeigt 
dieser  schöne  Pilz  oberflächliche,  in  bis  5  mm  und  darüber 
großen,  dichten  Rasen  auftretende,  schmal  birnförmige  oder 
eiförmige,  oben  meist  kegelförmig  zugespitzte,  beiläufig  500 
bis  1000  [X  hohe,  320  bis  500  [x  breite,  pergament-  oder  leder- 
artige, rotbraune  bis  blutrote  Perithezien,  die  bis  auf  das  obere 
Drittel  oder  \'iertel  bei  der  mikroskopischen  Betrachtung  licht 
grünlichgelb,  später  gelblich\vei(3  oder  gelblichgrau  dicht  be- 
stäubt erscheinen,  da  nur  die  oberste  Partie  um  die  meist 
dunklere  und  häufig  etwas  glänzende  Mündungspapille  frei 
von  jenen  zarten,  2  bis  3  mm  breiten,  feinwarzigen,  grünlich- 
gelben, wellig  gebogenen  Härchen  ist,  die  diesen  eigenartigen 
pulverartigen  Überzug  auf  den  Gehäusen  und  häufig  auch 
auf  dem  Stroma  bilden,  in  \velch  letzterem  Falle  sie  dann 
häufig  \-erzweigt  sind  und  auch  größere  Länge  aufweisen. 
Das  Stroma,  auf  dem  die  Perithezien  auftreten,  bricht  aus  der 
Rinde  hervor  und  läßt  sich  wohl  nicht  einfach  als  »polster- 
förmig«,  wie  es  Möller  nennt,  bezeichnen,  da  der  aus  dem 
Rindengewebe  hervorbrechende  Stromateil  meist  relativ  schmal 
ist,  sich  dann  über  der  vSubstratoberfiäche  oder  auf  derselben 
verbreitet  und  an  kurzen  einfachen  zylindrischen  Stroma- 
ästen  die  Perithezien  trägt,  so  daß  diese  an  Längsschnitten 
meist  etwas  gestielt  erscheinen  und  ziemlich  stark  an 
Corallomyces  erinnern.  Das  Stroma  wird  aus  mäßig  derb- 
wandigen,  parenchymatischen,  bis  60  [x  großen  Zellen  aufgebaut, 
die  von  innen  nach  außen  kleiner  und  dunkler  gefärbt  werden, 
so  daß  das  Stroma  mit  einer  deutlichen  Rinde  versehen  ist. 
auf  der  dann  dieselben  wellig  gebogenen,  warzigen,  gold- 
gelben oder  grünlichgelben,  meist  kugelig  endigenden  Hyphen 
ziemlich  dicht  aufsitzen,  die  in  geringerer  Länge  die  Haar- 
bekleidung des  unteren  und  mittleren  Teiles  der  Gehäuse- 
außenwand bilden.  Manchmal  scheinen  auch  diese  Haare  die 
zuweilen  zu  beobachtenden  napfförmigen  Vertiefungen  zwischen 


Zur  KcMinmis   der  Hypoci-oaceen.  '  o^^ 

den  mit  Perithezien  versehenen  StR)niastielen  in  Form  eines 
lockeren,  zarten  Hyphengetlechtes  auszufüllen,  wobei  aber  die 
nicht  mehr  selii-  deutlich  zu  unterscheidenden  Einzelhyphen 
«gegenüber  den  ursprünglichen,  charakteristischen  Haarbildungen 
meist  schon  sehr  stark  verändert  erscheinen.  Die  pergament- 
artige Gehäusewandung  besteht  in  der  halben  Perithezienhöhe 
außen  aus  einer  zirka  2ö  bis  30  [i  dicken,  rot  oder  rotbraun 
gefärbten  Schichte,  die  aus  dicht  verflochtenen,  hauptsächlich 
senkrecht  gegen  die  Oberfläche  gerichteten,  knorrigen,  dick- 
wandigen, zirka  5  u-  breiten  Hyphen  besteht,  die  nur  ganz 
kleine,  rundliche  oder  längliche,  meist  nur  bis  2  [x  breite  Lumina 
und  keine  deutliche  zellige  Struktur  entstehen  lassen.  Die 
innerste  Schichte  der  Ciehäusewand  ist  zirka  5  bis  8  »j.  dick 
und  besteht  aus  3  bis  4  Lagen  ganz  flachgedrückter,  fast 
hyaliner,  derbvvandiger  Zellen,  die  häufig  so  innig  miteinander 
verkleben,  daß  der  zellige  Aufbau  oft  nur  schwer  zu  kon- 
statieren ist.  Die  überaus  charakteristische  Außenschicht  der 
Perithezienwand,  die  bei  Betrachtung  zerdrückter  Gehäuse 
diese  undeutlich  kleinzellig  erscheinen  läßt  und  wie  bei 
Nectria  Jiiainuwidea  Phill.  et  Plowr.  (Grevillea,  III.,  1875.. 
p.  12t)j  und  deren  verwandten  Arten  (siehe  meine  diesbezüg- 
lichen Ausführungen  in  Zeitschr.  f.  Gärungsphys.,  allg.  techn. 
u.  landvv.  Mykologie,  1.  Bd.,  1912,  p.  126;  III.,  1913,  p.  215; 
Zentralb!,  f.  Bakt.,  II.  Abtlg.,  42.  Bd.,  1914,  p.  605,  und  diese 
Sitzungstaer.,  mathem.-naturw,  KL,  Abt.  1,  125.  Bd.,  p.  551) 
die  eigentümliche  pergamentartige  Beschaffenheit  derselben 
bedingt,  geht  unmittelbar  in  die  Rindenschichte  des  Stromas 
über,  so  daß  die  Gehäusebasis  mit  Ausnahme  der  fast 
hyalinen  <uier  lichter  gefärbten,  aus  zusammengepreßten  Zelten 
bestehenden  Innenschicht  hauptsächlich  aus  den  großen,  mehr 
zartwandigen,  parenchymatischen  Zellen  des  Stromas  gebildet 
wird.  Die  für  die  meisten  roten  Nectriaceen  recht  kennzeich- 
nende blauviolette  Verfärbung  der  Perithezien  bei  Einwirkung 
von  Kalilauge  auf  dieselben  ist  bei  dem  vorliegenden  Pilze 
bei  lichteren  Exemplaren  gar  nicht  und  bei  dunkleren  nicht 
sehr  deutlich  zu  beobachten.  Das  auf  der  Mündungspapille 
auftretende,  zart  radialfaserige,  deutliche  Ostiolum  wird  von 
einer  Anzahl  konzentrisch  gelagerter,    ungemein  kleiner  Zellen 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  VIS.  Bd.  T)! 


/40  .1.  Weese. 

umgeben.  Die  Schläuche  sind  keulenförmig,  ungemein  zart- 
wandig,  oben  abgerundet,  mit  einem  häufig  ziemlich  kolla- 
bierenden, auffallend  langen  Stiele  versehen,  achtsporig, 
200  bis  300  [x  lang,  20  bis  30  [x  breit.  Die  Sporen  sind  spindel- 
f()rmig,  gerade  oder  ganz  wenig  gekrümmt,  beidendig  abge- 
rundet, mäßig  derbwandig,  an  den  beiden  Enden  häufig  etwas 
dickwandiger,  durch  eine  deutliche  Querwand,  an  der  die 
Sporen  nicht  oder  nur  ganz  wenig  eingeschnürt  erscheinen, 
in  zwei  Zellen  (mit  in  eine  Anzahl  unregelmäßiger  Partien 
zerüillenem  Plasmainhalt)  geteilt,  anfangs  hyalin,  dann  gelbbraun^ 
mit  5  bis  6  schwach  gekrümmten,  zarten  Längsstreifen  ver- 
sehen, 30  bis  48  [i.  lang,  9  bis  1 1  \).  breit,  schief  einreihig 
oder  fast  gerade  oder  schief  zweireihig  im  Askus  angeordnet. 
Paraphysen  sind  nicht  mehr  deutlich  zu  beobachten;  sie 
scheinen  vor  dem  Verschleimen  fädig  gewesen  zu  sein. 

Der  zu  Sphaerostilbe  lojigiasciis  Moll,  dazu  gehörige 
Konidienpilz  tritt  z\\'ischen  und  neben  den  Perithezien  auf 
und  besteht  aus  einem  0"  3  bis  0'(Sntm  breiten,  bis  7  mm  holien 
Stiel,  der  unten  rot  gefärbt  ist  und  gegen  oben  lichter  wird, 
und  dem  darauf  sitzenden,  ellipsoidischen  oder  kugeligen 
Schleimköpfchen  von  rotbrauner  Farbe  und  einem  Durchmesser 
bis  zu  1  'd  nun.  Die  Konidien,  die  auf  langen  Trägern  entstehen, 
zwischen  denen  zahlreiche  sterile,  I  bis  l^/,  |j.  breite,  hyaline 
Fäden  auftreten,  sind  ellipsoidisch  und  vierzellig;  die  mittleren 
zwei  Zellen  sind  braungefärbt,  derbwandig  und  größei"  als  die 
zarteren,  hyalinen,  kalottenartigen  Kappenzellen.  Die  Länge 
der  Konidien  schwankt  zu'ischen  44  und  50  [i,  die  Breite 
zwischen   15  und    17   [j,. 

Sphaerostilbe  lougiascus  unterscheidet  sich  von  den  ge- 
wöhnlichen Sphaerostilbe -Arten  durch  die  braun  werdenden 
Sporen.  Saccardo  und  Sydow  haben  daher  für  die>en  Pilz 
eine  neue  Gattung  begründet,  die  sie  Calostilbe  .Sacc.  et  Syd. 
('Sylloge  Fungorum,  XVI.,  1902,  p.  591)  nannten.  Diese  stellt 
also  eine  Leteiutraea  Sacc.  {zziMaebriJella  Seaver)  mit  ver- 
tikal verlängertem  Konidienapparat  dar. 

Für  den  Konidienpilz  von  (\ilostilbe  longiasca  Moll,  hat 
Höhnel  in  neuester  Zeit  die  neue  Formgattung  Calostilbella 
V.  Höhnel  begründet  und  die  Grundart  Calostilbella  Calostilbe 


Zur   Kenntnis  der  Hj'pocre.iceen.  '-tl 

V.  Höhn,  genannt.  CalostilbeUu  reihte  genannter  Forscher  bei 
den  Hyalostilbeen  ein.  Mit  ArUirosporiiiiu  Sacc.  hat  der 
genannte  Konidienpilz  nichts  zu  tun,  denn  diese  Gattung  kann 
nach  Höhnel  (diese  Sitzungsber.,  125.  Bd.,  1916.  p.  121) 
von  Atractium  Link  wohl  nicht  unterschieden  werden. 

A.  Mo  eller  ist  es  bei  Aufstellung  seiner  Sphaerostilbe 
longiasciis  ganz  klar  gewesen,  daß  sein  Pilz  wohl  nicht  ganz 
in  die  Gattung  Sphaerostilbe  Tul.  nach  der  von  Tulasne 
gegebenen  Gattungsdiagnose  passe.  Die  Behaarung  der 
Perithezien,  die  Langstieligkeit  der  Schläuche  und  die  braune 
Färbung  der  Sporen  entsprachen  eigentlich  nicht  der  bis- 
herigen Gattungsbegrenzung,  aber  dessenungeachtet  beließ 
Möller  seinen  Pilz  bei  Sphaerostilbe  und  schlug  nur  vor, 
die  Diagnose  dieses  Genus  mit  Rücksicht  auf  die  von  ihm 
gefundene  Art  entsprechend  zu  erweitern.  Seine  Sphaerostilbe 
longiasciis  erschien  ihm  aber  auch  ein  »neuer  Anhalt  für 
die  Vermutung  der  nahen  \'erwandschaft«  von  Sphaerostilbe 
mit  Nectria,  da  seinen  Beobachtungen  nach  bei  dieser 
Gattung  vielfach  dieselbe  Färbung  und  auch  Streifung  der 
Sporenmembran  vorkomme  wie  bei  seiner  brasilianischen 
Sphaerostilbe. 

Nach  der  Schlauchfruchtform  ist  nun  Sphaerostilbe  Tul. 
mit  Nectria  Fr.  nicht  nur  nahe  verwandt,  sondern  vollständig 
gleich  und  nur  in  der  äußeren  Form  des  Konidienapparates 
ist  ein  auffallenderer,  aber  auch  nur  mehr  äußerlicher  Unter- 
schied. Nectria  zeigt  ganz  verschiedenartige  Nebenfrucht- 
formen  und  wollte  man  nach  diesen  die  Gattung  einteilen, 
so  müßte  man  die  Gattung  in  eine  größere  Anzahl  kleinerer 
Gattungen  zerlegen,  mit  denen  man  aber  derzeit  praktisch 
nichts  anfangen  könnte,  da  man  bei  Bestimmung  einer  Nectria 
selten  die  dazugehörige  Nebenfruchtform  zur  Verfügung  hat. 
!^ei  der  Gattung  Sphaerostilbe  Tul.  und  bei  Corallomyces 
Berk.  et  Gurt.,  beziehungsweise  Corallomycetella  P.  Henn. 
linden  wir  nun  auch  sehr  verschiedene  Nebenfruchtformen 
(wie  z.  B.  Atractium  Lk.,  Stilbella  Lind.,  Microcera  Desm. 
Corallodeudron  Jung  h., Hypocreodendron  P.  H  e  n  n.,  Calostilbella 
etc.),  die  alle  nur  eine  gewisse  äußerliche  Übereinstimmung 
bezüglich  ihrer  nach  oben  verlängerten  Gestalt  aufweisen  und 


742  .1.  Weese, 

morphologisch  und  systematisch  meist  durchaus  nichts  gleich- 
artiges darstellen.  Da  nun  die  Schlauchfruchtkörper  der  drei 
obengenannten  Hypocreaceengattungen  vollständig  mit  denen 
von  Nectria  Fr.  übereinstimmen  und  man  bei  der  Aufstellung 
von  Gattungen  aus  praktischen  Gri^inden  vor  allem  von  den 
Eigenschaften  der  Hauptfruchtform  ausgehen  müsse,  so  er- 
scheint es  mir  bei  dem  derzeitigen  Stande  unserer  Kentnisse 
am  besten,  die  drei  genannten  Gattungen  von  Nectria  Fr. 
vorläufig  nicht  zu  trennen,  zumal  all  die  aufgezählten 
Gattungen  durchaus  keine  phylogenetisch  einheitlichen  Gruppen 
darstellen.  Meiner  Meinung  nach  muß  zur  Aufstellung 
stammesgeschichtlich  möglichst  einheitlicher  Gruppen  vor 
allem  von  dem  Bau  der  Perithezien  und  des  Nukleus  aus- 
gegangen und  nebenbei  der  Bau  der  Nebenfruchtform  ent- 
sprechend berücksichtigt  werden.  Die  Nebenfruchtform  aber 
vor  allem  als  entscheidenden  Faktor  zur  Gruppenbildung 
heranzuziehen,  erscheint  mir  aus  systematischen  und-  aus 
praktischen  Gründen  nicht  gerechtfertigt.  Und  so  halte  ich  es 
bis  zu  einer  Neueinteilung  und  Zerlegung  der  Gattung  Nectria 
für  angezeigt,  die  hyalinsporigen  Spliaerostilbt-  und  Corallo- 
mycetella -Arten  zu  Nectria  Fr.  zu  stellen  und  die  braun- 
sporigen i'orallomyces-  und  Calostilhc-Spezxes  bei  Letendraea 
Sacc.  (Macbriü'ella  Seav.)  einzuteilen,  wobei  ich  sogleich 
bemerke,  daß  ich  die  Gattung  Letendraea  Sacc.  durchaus 
als  keine  phylogenetisch  einheitliche  Gruppe  betrachte,  die 
bei  einer  Neueinteilung  der  Gattung  Nectria  in  dem  alten 
Umfange  wird  aufrechterhalten  werden  können. 

Nach  dem  Bau  der  Perithezienwandung  gehört  Letendraea 
lougiasca  (Moll.)  Weese  in  den  bereits  oben  erwähnten 
Verwandtenkreis  der  Nectria  mauuuoidae  Phill.  et  Plowr. 
Die  Langstieligkeit  der  Schläuche  scheint  eine  Anpassungs- 
erscheinung an  die  auffallend  große  Höhe  der  relativ  schmalen 
Gehäuse  zu  sein.  Durch  das  auf  den  Perithezien  sich  vor- 
findende Haarkleid,  das  aber  nicht  bei  allen  Gehäusen  in 
allen  Entwicklungsstadien  im  gleichen  Maße  ausgebildet  ist, 
unterscheidet  sich  allerdings  der  Möller'sche  Pilz  wieder 
etwas  von  dem  vorher  genannten  \'erwandtenkreis.  Nach  der 
Form    der    Gehäuse    zeigt    Letendraea    lonp'iasca    auch    eine 


Zur  Kenntnis  der  Hypocreaceen.  74o 

große  Ahnliclikeit  mit  Leteiulraea  itiadcirensis  (P.  Henn.) 
Weese,  doch  weist  letztgenannter  Pilz  unbehaarte,  deut- 
lich großzellige  Perithezien  auf.  Leteiulraea  longiasca 
wurde  1901  auch  von  Uie  auf  vermoderter  Cariea  Papaya 
neben  CoraUoniyces  Caricae  P.  Henn.  in  Brasilien  (Jurna, 
Cactweira,  Estado  de  Amazonas)  gefunden,  (tlerb.  Brasil., 
Nr.  2822.) 

39.  Über  Pleonectria  Ribis  (Rabenh.)  Karsten. 

In  P.  A.  Saccardo's  Sylloge  Fungorum,  II.  Bd.,  p.  480, 
wird  als  zweite  Art  der  Gattung  Nectria  Fries  Nectria  Ribis 
(Tode)  Rabenh.  genannt;  in  den  meisten  mykologischen 
Handbüchern  wird  Nectria  Ribis  als  anscheinend  altbekannter 
Pilz  angeführt,  in  den  meisten  Pilzherbarien  linden  sich 
Exemplare  vor,  die  als  Nectria  Ribis  bestimmt  und  eingereiht 
wurden,  und  trotzdem  ist  bisher  für  den  Mykologen  dieser 
Pilz  in  ein  gewisses  undurchdringliches  Dunkel  gehüllt 
gewesen,  das  eigentlich  jede  sichere  und  befriedigende  Be- 
stimmung unmöglich  machte.  Auf  Grund  der  Untersuchung 
von  Oudemans,  Fungi  Neerlandici  exsiccati  Nr.  168  war  es 
mir  zwar  seinerzeit  gelungen,  festzustellen,  daß  Nectria  Ribis 
im  Sinne  Oudemans  Nectria  cinnabaritia  (Tode)  Fr.  sei 
(siehe  Zentralbl.  f.  Bakt,  II.  Abt.,  42.  Bd.,  1914,  p.  605),  aber 
damit  war  durchaus  noch  nicht  klargestellt  worden,  was 
denn  Rabenhorst  unter  diesem  Namen  für  einen  Pilz  ver- 
stand. Von  Saccardo  und  von  Oudemans  wird  allerdings 
Rabenhorst,  Fungi  europaei  Nr.  264  als  hierhergehöriges 
Exsikkat  angeführt;  da  aber  Winter  (Pilze,  II.,  1887,  p.  111) 
feststellte,  daß  Nectria  Ribis  in  der  ebengenannten  Pilz- 
sammlung weder  unter  dieser,  noch  unter  einer  anderen 
Nummer  ausgegeben  worden  sei,  mußte  ich  die  Anführung 
Rabenhorst's  als  zweiten  Autor  für  eine  irrtümliche  halten 
und  in  Übereinstimmung  mit  Winter  C.  A.  Oudemans  als 
denjenigen  betrachten,  der  die  Sphaeria  Ribis  Tode  (Fungi 
Mecklenburg,  IL,  1791,  p.  31,  tab.  NU,  f.  103:  Fries,  Syst.  myc, 
IL,  p.  413)  zu  Nectria  Fr.  gestellt  hatte. 


.744  J.   Weese, 

Die  Untersuchung  von  Raben  hörst,  Fg.  europ.  Nr.  247, 
unter  welcher  Nummer  ich  später  zu  meiner  größten  Über- 
raschung Nectria  Ribis  (Tode)  Fr.  tatsächlich  ausgegeben 
fand,  zeigte  mir  jedoch,  daß  Winter's  Angabe  teilweise  auf 
einem  Irrtum  beruhte  und  daß  dieses  Exsikkat,  das  als 
Originalstück  von  Seiten  des  zweiten  Autors  angesehen 
werden  könne,  geeignet  sei,  Aufklärung  über  den  bisher 
recht  zweifelhaften  Pilz  zu  bringen.  Die  Untersuchung  eben- 
genannten Sammlungsstückes  ergab  sodann,  daß  Nectria  Ribis 
(Tode)  Rabenh.  derselbe  Pilz  sei,  den  P.  A.  Saccardo  1878 
(Michelia  I.,  p.  123)  als  Pleoncctria  Berolinensis  Sacc.  (auf 
abgestorbenen  Zweigen  von  Ribis  aiirenm  (?),  Berliner 
botanischer  Garten,  leg.  P.Magnus)  neu  beschrieben  hatte.  Hätte 
Saccardo  die  seinerzeitige  Angabe  G.  v.  Niessls  über  die 
Sporen  von  Nectria  Ribis  (Vorarbeiten  zu  einer  KryptogamenO. 
V.  Mähr.  u.  Üsterr.  Schlesien,  IL,  in  Verhandig.  naturf.  Ver. 
Brunn,  1865,  p.  171)^  beachtet,  so  wäre  die  ganze  \''er- 
wirrung,  die  bisher  bezüglich  der  N.  Ribis  infolge  der  Auf- 
stellung der  Pleoncctria  Berolinensis  herrschte,  vollständig 
vermieden  worden,  denn  er  hätte  einsehen  müssen,  daß  seine 
Ansicht  bezüglich  der  Verschiedenheit  der  Pleoncctria  Bero- 
linensis von  Nectria  Ribis  Rabenh.  (siehe  Michelia,  L,  p.  324, 
Syjloge  Fung.,  II.,  p.  480)  eine  ganz  irrtümliche  sei. 

Üb  Tode  unter  seiner  Sphaeria  Ribis  denselben  Pil/, 
verstand,  den  Rabenhorst  als  Nectria  Ribis  (Tode)  Rabenh. 
bezeichnete,  läßt  sich  allerdings  derzeit  ohne  entsprechendes 
Originalmaterial  nicht  beantworten.  Nach  Todes  Abbildung 
von  Sphaeria  Ribis  in  Fungi  Mecklenburg.,  IL,  1791,  Tab.  XII, 
hätte  dieser  Pilz  länglich  eiförmige,  glatte,  mit  einer  kleinen 
halbkugelförmigen  Papille  versehene  Perithezien,  die  auf  einem 
hervorbrechenden,  polsterförmigen  .Stroma  von  einander  etwas 
getrennt  auftreten.  Da  das  so  charakteristische  napfförmige 
Zusammenfallen  der  Gehäuse,  wie  es  bei  Pleoncctria 
Berolinensis  beobachtet  werden  kann,  bei  den  Abbildungen 
von  Sphaeria  Ribis  Tode    nicht    angedeutet    ist    und    in  der 


1  Niessl  .sagt  hier  ausdrücklich  »sporidiis  celluloso-septatis«. 
Niessl'sche  Originale  von  Ncchiii  Ribis  habe  ich  eine  .\nzahl  untersuchen 
können. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocieaceen.  <  45 

Oni;inaIbeschreihung  nichts  über  die  Fruktifikation  des  Pilzes 
ausgesagt  wird,  so  ist  es  mir  nicht  über  alle  Zweifel  erhaben, 
ob  Rabenhorst  denselben  Pilz  als  Nectria  Ribis  (Tode) 
Rabenh.  bezeichnete,  den  Tode  seinerzeit  vor  Augen  hatte. 
Deshalb  bezeichne  ich  unsern  auf  Ribis  auftretenden  Pilz  mit 
den  mauerf(")rmigen  Sporen  vorsichtshalber  als  PJeonectria 
Ribis  (Rabenh.)  Karst.,  denn  Karsten  war  der  erste,  der 
•den  Pilz  zu  Pleouectria  Sacc.  stellte.^ 

Die  .Vtv/r/^-Spezies,  die  Saccardo  (Syll.  IL,  p.  480)  als 
angebliche  Xeciria  Ribis  (Tode)  Rabenh.  beschreibt,  scheint 
derselbe  Pilz  zu  sein,  den  Oudemans  ausgab,  also  nichts 
anderes  als  Xectna  cinnabarina  (Tode)  Fr. 

Fred  J.  Seaver  (Mycologia,  I.,  1909,  p.  205)  hat  Pleo- 
uectria Berolinensis  Sacc.  =  PI.  Ribis  (Rabenh.)  Karst, 
in  die  Gattung  Tliyrouectria  Sacc.  gestellt,  da  er  diese 
Gattung  als  mit  Pteonectria  Sacc.  (Fungi  Veneti  novi  vel 
critici,  Ser.  V,  1876,  p.  178)  zusammenfallend  betrachtet,  was 
aber  noch  an  einem  Originalexemplar  von  Thyronectria 
patavina  Sacc.  (Fungi  Veneti,  Ser.  IV,  1875,  p.  23)  nach- 
zuprüfen wäre. 

Nach  der  bisher  so  völlig  ungeklärten  Sachlage  be- 
treffend der  Nectria  Ribis  ist  es  wohl  nicht  verwunderlich, 
wenn  sich  die  bisherige  Konfusion  in  dieser  Frage  auch  in 
den  Exsikkatenwerken  etwas  wiederspiegelt.  So  ist  z.  B. 
Nectria  Ribis  in  Rehm,  Ascomycetes  Nr.  635b,  in  \'ize, 
iMicro-Fungi  Brittanici  Nr.  153,  in  Saccardo,  Mycotheca 
Italica  Nr.  493,  in  Sydovv,  Mycotheca  Marchica  Nr.  1251. 
in  Oudemans,  Fungi  Neerlandici  exsiccati  Nr.  168,  in 
.Sydow.     Mycotheca     germanica    Nr.    389    und     in     Briosi 


1  Karsten,  Sj-mbolae  ad  m3'coIügiam  Fennicam,  fasc.  VI  (Meddel.  of 
soc.  pro  fauna  et  flora  fenn.,  V.,  1880,  p.  42).  Ich  konnte  ein  von 
P.  A.  Karsten  in  Mustiala  im  Oktober  1867  auf  einem  entrindeten  Zweig 
gesammeltes  und  von  ihm  als  Pleouectria  Ribis  (Niessl)  Sacc.  bestimmtes 
Exemplar  aus  dem  Herbarium  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Niessl  untersuchen, 
das  mit  Plcvncclria  Berolinensis  Sacc.  gut  übereinstimmte.  Auffallend  an 
diesem  Stück  war  das  meist  einzelne  Auftreten  und  die  häufige  grüne  Be- 
stäubung der  Perithezien.  Doch  kommt  es  bei  Nectriaceen,  die  auf  Rinde 
dicht  rasig  auftreten,  häufig  vor,  daß  sie  bei  Auftreten  auf  bloßem  Holze 
";anz  einzeln  und  zerstreut  stehen. 


746  J.  Weese, 

e  Cavara,  Funghi  parassitti  delle  plante  coltivate  et  utili  Xr.  2h> 
nichts  anderes  als  Nectria  ciniiahariua  (Tode)  Fr.,  während 
hingegen  Dav.  Griffiths,  West  American  Fungi  Nr.  195, 
Kryptogamae  exsiccatae  Nr.  820,  Rabenhorst,  Fungi  europaei 
Nr.  247,  Jaczewski,  Komarov,  Tranzschel,  Fungi  Rossiae 
Exs.  Nr.  81,  Ellis,  North  American  Fungi  Nr.  470,  Vestergren, 
Micromycetes  rariores  selecti  Nr.  925,  Rabenhorst-Winter, 
Fungi  europaei  Nr.  3650  und  Sydovv,  Mj^cotheca  germanica 
Nr.  896  Pleoneciria  Berolinensis  und  somit  nach  meinen 
Feststellungen  PI.  Rihis  (Rabenh.)  Karst,  darstellen. 

Die  Entwicklung  von  Mikro-  und  Makrokonidien  bei 
PL  Ribis  hat  Jos.  Fuchs  auf  Grund  von  Kulturversuchen 
festgestellt.  (Arb.  K.  Biolog.  Anst.  f.  Land-  u.  Forstwirtsch. 
Dahlem,   1913,  p.  324  bis  332,  Taf.  II.) 

40.  Über  Pleonectria  lutescens  Arnold. 

F.  Arnold  hat  im  September  1892  auf  dem  Thallus  von 
SoJorina  saccata  (L.)  auf  dem  Kreuzberg  bei  Vilseck  (Ober- 
pfalz, Bayern)  eine  Nectriacee  gefunden,  die  H.  Rehm 
(Hedwigia,  1883,  Nr.  3  u.  4,  p.  11  des  Sep,  Abdr.)  unter  dem 
Namen  Nech'ia  (Pleonectria)  Iitfescens  Arnold  beschrieb. 
Von  diesem  Pilz  konnte  ich  Originalexemplare  untersuchen^ 
die  in  Arnold,  Lichenes  exs.  Nr.  963  und  in  Rehm,  Ascomy- 
cetes  Nr.  681   ausgegeben  sind. 

Nach  diesen  Urstücken  zeigt  der  Pilz  einzeln  oder  zer- 
streut herdenvveise  auftretende,  in  den  Thallus  von  SoJorina 
saccata  eingesenkte  und  nur  mit  dem  Scheitel  hervorbrechende, 
weichfleischige  bis  fast  häutige,  länglich  eiförmige,  birn-  oder 
zitronenförmige,  oben  mit  einer  meist  etwas  dunkleren,  deut- 
lich abgegrenzten,  nach  oben  etwas  schwach  kegelförmig 
gewölbten,  120  bis  140  p  breiten  Mündungsscheibe  versehene, 
260  bis  320  [i  hohe,  200  bis  250  u.  breite,  kahle,  trocken 
ganz  dunkelrote  oder  schwärzlichrote,  im  feuchten  Zustand 
blutrote  Perithezien,  die  in  der  Mitte  der  Mündungsscheihe  das 
deutlich  sichtbare  Ostiolum  zeigen.  Die  Perithezienwandung 
ist  in  der  halben  Höhe  der  Gehäuse  in  Medianlängsschnitten 
zirka  30  »x  dick,  wovon  zirka  7  ;j,  auf  die  hyaline,  aus 
zusammengepreßten  Zellen  gebildete  Innenwand  und  der  Rest 


Zur  Kenntnis   der  Hj'pocreaceen.  74/ 

auf  die  rotgefärbte,  aus  drei  bis  vier  Lagen  ziemlich  derb- 
wandiger,  rundlicher  oder  ellipsoidischer,  nach  der  Haupt- 
ausdehnung zwischen  4  und  8  |jl  schwankender  Zellen  be- 
stehende Außenwand  entfallen.  An  der  Basis  sind  die  die 
Wandung  aufbauenden  Zellen  bedeutend  größer  (bis  bei- 
läufig 20  \x  breit)  als  an  den  Seiten  der  Gehäuse,  was  besonders 
bei  Betrachtung  von  zerdrückten  Perithezien  zu  beobachten 
ist.  Bei  Einwirkung  von  Kalilauge  nehmen  die  roten  Gehäuse 
eine  blauviolette  Färbung  an.  Der  Mündungskanal,  der  den 
(aus  senkrecht  zur  Oberfläche  gerichteten,  derbwandigen,  zirka 
4  [i.  breiten,  abgerundet  endigenden  Hyphen  bestehenden) 
oberen  Teil  des  Gehäuses,  beziehungsweise  der  Mündungs- 
scheibe durchzieht,  ist  mit  dicht  stehenden,  steifen,  deutlichen 
Periphj^sen  ausgestattet.  Die  Schläuche  sind  zartwandig,  zylin- 
drisch, oben  mit  einer  kurzen,  etwas  verschmälerten,  abge- 
rundeten, meist  etwas  verdickten  Spitze  versehen,  unten  in 
einen  deutlichen,  allmählich  schmäler  werdenden  Stiel  aus- 
gehend, zahlreich  im  Perithezium  auftretend,  meist  zwei  Sporen, 
zuweilen  aber  auch  drei  bis  fünf  Sporen  enthaltend,  85  bis 
120  [j.  lang,  8  bis  10  |a  breit.  Die  Sporen  sind  anfangs  hyalin 
und  glatt,  später  werden  sie  braungefärbt  und  deutlich 
warzig;  sie  wechseln  außerordentlich  in  Größe  und  Form. 
Meist  sind  sie  zj^lindrisch,  gerade  oder  ganz  schwach 
gekrümmt,  beidendig  abgerundet,  mehrzellig  und  mit  ver- 
schieden langen,  meist  verschieden  schief  gerichteten,  seltener 
quergestellten  Wänden  versehen  und  bei  den  Septen  deutlich 
eingeschnürt;  manchmal  sind  sie  an  dem  einen  Ende 
bedeutend  breiter  als  an  dem  anderen  und  manchmal  sind  sie 
nur  breitelliptisch  und  zweizeilig,  in  welch  letzterem  P'alle  sie 
dann  häufig  zirka  8  bis  11  u,  lang,  6Vo  bis  SYg  1^  breit  sind. 
Die  meisten  Sporen  zeigen  in  ihren  Zellen  ein  bis  zwei  Öl- 
tropfen,  sie  erreichen  eine  Länge  bis  zu  60  (i,  und  eine 
Breite  von  8  bis  1 1  (x.  Paraphysen  scheinen  vorhanden  zu 
sein;  sie  sollen  verzweigt  und  gegliedert  sein,  doch  ver- 
schleimen dieselben  bald.  (F^ig.   1   bis  4.) 

Wie  nun  aus  der  vorangehenden  Beschreibung  hervor- 
geht, ist  dieser  Pilz  durch  die  geringe  Anzahl  der  Sporen  und 
durch   deren   eigentümlich  wechselnde  Form  und  Größe  aus- 


■/  48  J.  \Ve  e  s  e , 

gezeichnet.  Rehm  hat  den  Pilz  auf  Grund  der  Sporen  in  die 
Gattung  Pleoneciria  gestellt.  Da  nun  aber  die  Sporen  trotz 
der  schiefen  Wände  und  der  Querwände  nicht  als  echte 
mauerförmige  bezeichnet  werden  können,  so  hat  der  Pilz 
auch  bei  Pleonectria,  welche  Gattung  übrigens  nur  oberfläch- 
liche Formen  umfaßt,  keine  richtige  Stellung.  Die  Sporen 
sind  so  eigenartig,  daß  für  diese  Form  eine  eigene  Gattung 
aufgestellt  werden  muß.  Ich  nenne  diese  mit  Rücksicht  auf  das 
eingesenkte  Auftreten  der  Gehäuse  Xenonectriella  nov.  gen. 
Was  nun  die  Begründung,  Begrenzung  und  die  Ab- 
leitung der  neuen  Gattung  anbelangt,  so  gibt  uns  das  Studium 
der  Entwicklung  der  Sporen  interessante  Fingerzeige.  Be- 
trachten wir  nämlich  die  Sporen  im  Jugendzustande,  so 
sehen  wir  ganz  deutlich,  daß  die  größeren  mehrzelligen 
Sporen  aus  zartwandigen,  hyalinen,  parallel  oder  schiet 
aneinandergelagerten,  zweizeiligen,  breitelliptischcn  .Sporen 
bestellen.  Häutig  sind  auch  einzelne  selbständige  kleine 
ellipsoidische  Sporen  neben  großen  zusammengesetzten  zu 
beobachten.  Während  anfangs  die  Einzelsporen  bei  den  zu- 
sammengesetzten noch  ganz  deutlich  in  ihrer  Einzelbegrenzung 
zu  erkennen  .sind,  verwachsen  später  diese  Einzelsporen  so 
innig  miteinander,  daß  die  schief  oder  quergestellten  Wände 
nur  wenig  gekrümmt  oder  fast  gerade  sind  und  wir  dann 
ein  vollständig  einheitliches,  braun  gefärbtes,  deutlich  warziges, 
mit  einer  gemeinsamen  derbwandigen  Außenwand  versehenes 
Gebilde  vor  uns  haben,  an  dem  man  nicht  so  ohne  weiteres 
(wie  es  ja  aus  den  Darlegungen  von  Rehm  hervorgeht,  der 
über  die  Ursache  der  eigentümlichen  .Sporenbildimg  ebenso 
wie  Arnold  und  Winter  [Pilze,  11.^  p.  108]  nicht  ins  Klare  kam) 
erkennen  kann,  wie  es  ent.standen  ist.  Betrachtet  man  aber  diese 
Sporen,  nachdem  man  die  Entwicklung.sgeschichte  derselben 
kennen  lernte,  so  kann  man  meist,  trotz  der  vollständigen 
Verwachsung  der  Bauelemente,  bei  reifen  .Sporen  ohne  sonder- 
liche Mühe  feststellen,  aus  wievielen  Einzelsporen  diese  gebildet 
wurden.  Die  meisten  großen  Sporen  sind  aus  vier  oder  fünf 
Sporen  entstanden,  doch  kommen  auch  solche  mit  zwei  bis 
drei  und  auch  solche  mit  sechs  bis  acht  Einzelsporen  vor. 
Daher  die  große  \^ariabilität  in  Größe  und  Form. 


Zur  Kenntnis  der  Hypocieaceen.  749 

Xenoiiectriella  Weese  nov.  gen.  Diagn.:  Perithecia  sim- 
plicia,  SLibimmersa,  contextu  molli  nectriaceo.  Asci  paraphysati, 
plerumque  2-spori,  interdum  3  bis  5-spori.  Sporidia  elliptica 
V.  oblonga,  initio  didyma  dein  pseudo-pluriseptato-muriformia, 
hyalina  v.  fusca,  verrucosa. 

Xenoiiectriella  Weese  ist  also  eine  Nectriella  Nke. 
sensu  Fuck.  (Symb.  Mycol.,  1869,  p.  175),  bei  der  die  ursprüng- 
lich zweizeiligen  Sporen  in  verschiedener  Zahl  vollständig 
miteinander  verwachsen  und  dann  braune,  warzige,  mehrzellig 
erscheinende  große  Sporen  bilden.  Xenoiiectriella  ist  somit 
eine  morphologisch  scharf  charakterisierte  Nectriaceengattung, 
über  deren  phylogenetische  Ableitung  wir  nach  dem  Dar- 
gelegten vollständig  im  Klaren  sein  können.  Die  Grundart  der 
neuen  Gattung  ist  Xenonectriella  liitescens  (Arn.)  Wse. 

Zum  vSchluß  danke  ich  den  Herren  Hofrat  Prof.  Dr. 
F.  Höhnel  (Wien),  Hofrat  Prof.  Dr.  G.  Niessl- May end ort 
(Wien)  und  H.  Sydow  (Berlin),  sowie  der  Direktion  der 
botanischen  Abteilung  des  Wiener  naturhistorischen  Hof- 
museums und  der  Direktion  des  Botanischen  Museums  in 
Berlin  verbindlichst  für  die  freundliche  Überlassung  von 
Untersuchungsmaterial. 


■50  J.  Weese. 


Tafelerklärung. 


Fig.  1   bis  4.  XciioiicclricUa  hilescens  (Arn.)  Weese. 

Fig.     1.  Medianlängsschnitt  durch  ein  Gehäuse.    100 fache   Vergr. 

Fig.  2.  Schläuche  mit  Sporen.  Der  erste  Schlauch  zeigt  zwei  Sporen,  die 
schon  braun,  aber  noch  glatt  sind  und  die  noch  nicht  vollständig 
miteinander  verschmolzen  sind.  Die  anderen  zwei  Schläuche  zeigen 
die  Sporen  noch  in  einem  etwas  jüngeren  Stadium.  370 fache  Vergr. 

Fig.  3.  Drei  Schläuche  mit  Sporen,  von  denen  der  erste  in  der  Mitte  drei 
Einzelsporen  und  der  mittlere,  hyaline,  unreife,  klumpenartige  Sporen 
aufweist,  die  die  zukünftigen  Septen  nur  ganz  undeutlich  zeigen. 
Der  dritte  Schlauch  zeigt  drei  reife  Sporen.  Die  oberste  Spore  ist 
aus  drei  und  die  mittlere  aus  vier  Einzelsporen  hervorgegangen;  die 
unterste  ist  eine  Einzelspore.  370  fache  Vergr. 

JMg.  4.  Verschiedene  große  Sporen  im  reifen  oder  halbreifen  Zustande. 
470  fache  \'^ergr. 

Fig.    b.  Sporen  von  DebaryeUa  hyalina  Höhn.  500 fache  Vergr. 

Fig.    6.  Sporen  von  Deharyella  vexans  Höhn.  600 fache  Vergr. 

Fig.  7  bis  9.  Doihichloe  cpichloc  (Kunze)  Weese. 
'Vig.     7.  Habitusbild  eines  Stromas  auf  einem  Grasstengel.  Natürl.  Gr. 
Fig.     8.  Stroma  auf  einem  Grasblatt.  Natürl.  Gr. 
Fig.     0.  Längsschnitt  durch  das  .Stroma  und  die  Perithezien.     38  fache  Vergr. 

Fig.  10  bis   13.  Hyalocvea  cpiiiiycea  Syd. 

Fig.  10.  Bild  eines  Gehäuses  von  oben  betrachtet.  In  der  Mitte  die  große 
kreisförmige  Öffnung.  Die  hier  sternförmig  angeordneten  Haarzotten 
treten  meist  nicht  so  regelmäßig  auf.  60  fache  Vergr. 

Fig.  11.  Medianlängsschnitt  durch  einen  Fruchtkörper.   175 fache  Vergr. 

Fig.  12.  Schlauch  mit  Sporen.  200  fache  Vergr. 

Fig.  13.  Zwei  Sporen.  375 fache  Vergr. 


Zur  Kenntnis  der  Hypi^creiiceen. 


"51 


Namenverzeichnis. 


Seite 

Aiihrosporiitm  Sacc 741 

Airadium  Link 720,  741 

Atraciiiim  caiididulinn  Sacc...    720 

—  pallcns  N e  e  s 723 

Balansia  S  p  e  g 718 

—  rediidans  A.  M  ö  11 713 

Botryosphaeria  Ces.  et  de   Not.  697, 

690 

—  Ces.  et  de  Not.  cliar. emend. 
Nie  SS  1  et  Weese 702 

—  Sacc 698,  699 

—  acerralis  (Aloug.  Niessl..    707 

—  ndvcna  Ces.  et  de  Not.  697,698 

—  aJtiicola  Niessl 707 

— •  (T/ro-;-«/^r  (Pass.)  Weese  ..  707 

— ■  haccaia  (Wallr.)  Niessl  ..  706 

—  Berengeriiina  de  Not 699 

—  Briosiiina  (Türe,  et  Maff.) 
Weese 708 

—  cicatrisalij  (Preuss) 708 

—  cyanoffena  (Desm.)  Niessl    707 

—  cyanospora       (Bomm.       et 
Rouss.)  Weese 708 

—  cyuea  (So lim.)  Weese....    707 

—  dimerosporoides     (Speg.) 
Weese 707 

— •  dispersa  d  e  N  o  t 707 

—  Dolhidea    (Moug.)   Ces.    et 

d  e  N  o  t 697 

—  effusa  (Rehm)  Weese  ....    708 

—  ?  epichloe  (Kunze)  Sacc...  715 

—  Evonymi  (Fuck.)  Niessl..  707 

—  ficiitLi  (C  k.  et H  a rk n.) We es e  708 

—  flacca  (Wallr.)   Niessl 707 

- —  heterochroma      (Wo  1 1  e  n  w.) 

Weese 708 


Seite 
Bottyosphcit'riajufflandis  (M  o  n  t.) 

Ces.  et  de  Not 698,706 

—  _;■//  H  iperi  (Wo  11  e  n  w.)  We  e  s  e  708 

—  Lagerheimii  (R  e  h  m)  We  e  s  e    708 

—  malvacearmniT va.h.y<SlQesQ    708 

—  Mapaniae  (Schwein.) 

We ese 707 

—  vtoricolii  Ces.  et  de  Not. ..  .   706 

—  parasiiica  (Rick.)  Weese..    708 

—  polycocca    (Mont.)    Ces.  et 

de  Not 697,701,705,708 

—  poptiUna  (Pers.)  Ces.  et  de 
Not 698,706 

—  pulicaris    (Fries)    Ces.    et 

de  Not 697,699,705,706 

—  Otiercniim    (Schwein.) 

Sacc 699 

—  rhizontaimn  Ces.  et  de 

Not 698 

—  rhododendricola  (Relim) 

We  e  s  e 708 

—  Sacchari  (Speg.)  Weese..    708 

—  SanhiiieiH  (Mont.)   Niessl    707 

—  sycoiiophda  Ces.  et  de  Not.  697, 

706 

—  Trichoslomi  (Roll.)  Weese    708 

—  tropicalis  (Rehm)  Weese. .    708 

Calonedria  de  Not.  .  .  .696,  711.  736 

—  BaJansiae  A.  Moll.  .  .  .    713,  714 

—  Rehmiana  W.  Kirchst 7o6 

Calosiilhc  Sacc.  et  Syd 740 

—  longiasca  (Moll.)  Sacc...    737 

CaJoslilbella  Höhn 740 

Caiaca  u  nui      Doih  idea     (.M  o  u  g.) 

Höhn 706 


752 


J.  Weese , 


Seite 
Charoneclria  Sacc 713 

—  hiparasHica  Höhn 713 

Cesatiella  Sacc 711 

Ciiioinyccs  oropensis  (C  e  s.)  Hö  h  n.  712 

CoraUodeudion  Jungh 725,  741 

Comllomyces  B  e  r  k.  et  C  u  r  t. .  725,  74 1 

—  anrantiicola     (Bk.     et    Br.) 

Höhn.; 725,729 

herolineiisis  P.  Henn 725 

—  byacliysyunis    Penz.    et 

Sacc 725 

—  Caricae  P.  H  e  n  n 743 

—  elegatts  Berk.  etCurt.   725,726 

—  laeticolor    (Berk.  et  Curt.) 
Höhn 725,729 

—  .v<?7:,(,'7;/;;e//.s(P. Henn.) Höhn.  725 
CoraUoinyceteUa  P.  Henn.. .  726,  742 
Coutinia  d'Alm.  et  de  Cam.  ..  703 
Cryplciicctriclhi  (H  ö  h  n.)  We  e  s e      714, 

715 

—  hipannitica  (H  ö  h n.)  We  e  s e     714, 

715 
Ciyploncclriopsis  (H  ö  h  n.) 

We  e  s  e 714,715 

—  hiparasHica  (H  ö  h  n.)  We  e  s  e     714, 

715 
Cryptosphaeria  popiiliita    (Pers.) 

Sacc 706 

CucHrhilaria  DiilctJinanie  (K  z.  et 

Schm.)  Fr 706 

Cyanocephalittm    iiitirontin  Zuk.    7U5 

Cyanochita  Höhn 7ü4 

Cyanoplionidla  Höhn 704 

Cylindrocarpoi:  Wollenw 721 

Debaiyella  hyaliiia  H  ö  h  n. . .    709,  750 

—  vexans  Höhn 709,  750 

Diholryon     iiiorbosiiin     (Schw.) 

Theiß,  et  Syd 706 

Dothichloe  Atk 718 

—  Arislidae  Atk 718 

—  atramenfosa        (Berk.        et 
Curt.)  Atk 718 

Dothidea  adveiia  C  e  s 697 

—  <j/r^;;ze«/(?r/a  Berk.  et  Curt.    718 


Dothidea  decolorans  Fr 706 

—  melanops  Tul 703 

Epinectria  Syd 697 

Fusayitim acumittattttn  Ell.  et  Kv. 

emend.  Wollenw 72i^^i 

Gibbt'iii  oppiiala  Fr 698 

—  pnlicaris  Fr 699 

Gibberella  S&cc 698,702 

—  calamia   Cke * .    705 

—  pulicaris  (Fr.)  Sacc 697 

—  Saubiuetii (M o  n  t.)  f.  accunin 
Feltg 7'i7 

—  iriciti  P.  Henn 7(  »7 

Gibhdia  Sacc 7i  »3 

Hendersonia  oppilata  (F'r.)  Curr.  706 
HyaJocrea  epimyces  H.  et 

P.  Syd 693,  695,  6n6,  7.50 

Hypocrea  alrauientosa  Berk. 

et  Curt.    .  .." 71S 

Hypocreodendron  P.  Henn..    725,741 

Hypoinyces  Tul 721 

Hyponeclvia  bipamsitica    Höhn.    713 

—  Cacii  (Ell.  et  Ev.)  Seav...    737 

—  jucitnda  (Mont.)    Weese..    737 

Ijuhya  Starb 696 


Lclciidraea  Sacc 713,  725,  740 

—  longiasca  (Moll.)  Weese  ..    742 

—  madeirensis  (P.  Henn .)  We  e  s  e  743 

Lisea  Sacc 698,  704 

Lisea  nemorosa  Sacc 699,  704 

Liviella  Co o k e 704 

—  Passißorae  Ck.  et  Mass...    704 


Macbridella  Seav.. 


,725,  740,  742 


Mazzantia  Mont 703 

Megalonecti'ia  Speg 735 

—  caespitosa  Speg 735,  736 

—  psetidotrichia      (Schwein.) 
Speg 735 

—  verrucosa  Möl! 73i'> 


Zur  Kenntnis  der  Hypocreaceen. 


753 


Seite 
Mchinnps  Xke 702,  716 

—  inirabilis  1'  iic  k 703 

—  Tiildsiici  Xke 703 

Microccra  D  e s  m. .  .  720,  724,  725,.  728, 

741 

—  acinniiiiUa      {VA\.      et      Ev. 
Wollenw.)  ITöhn 729 

—  coccophila  Des  in 723,  729 

—  pallats  (Nees)  Höhn 724 

Nedricx  Fr 725,  726,  741,  742 

—  a^hv'clhcle  Berk.  et  Curt.  .  727, 

731 
-  aiirautiicülii   Bk.  etHr.     727,730 

—  ciiiitiibariiia  (Tode)  Fr.    726,  743 

—  coccidoplitora  ."X.  Ziinm 730 

—  —  —    var.    (inraitliicola  B. 

et  C 730 

—  coccogeita  Speg 729 

—  cocconiin  .Speg 728,  729 

CoUeliae  Rehm 728 

—  discophora  M  o  n  t 722 

—  dolüJiospora  Pen7.  et  Sacc.    696 

—  episphacria   (Tode)  Fr.  722,726 

—  jiicHiida  Mon  t 737 

—  lasiodenim  Ell 725 

—  hitesccns  Arn 746 

—  /;/(?/// /«o/V/^Jif  Pili II.  et  Flow r.   739 

—  iiuimiitoidea       Phill.       et 
Flow  r.  var.  Rtibi  (0  s  t  e  r  \v.) 
Weese ~ 721 

—  Mcloiigeime  R  o  ii  m 707 

—  ochracen  (Grev.)  Fr 726 

—  Rihis  (Tode)  Rabenli.  ...    743 

—  Ritbi  Osterw 721 

—  san}{iiiiiea  {^o\i.)  Vt.    .    721,727 

—  siibcocciiteiiSacc.  etEW.  727,728, 

730 
--  siiffnUa  Berk.  et  Curt.  ...    696 

—  Veiiilloiiana    Roum.    et 

.Sacc 719,  721,  722 

Keclriella       N  i  t  s  c  h  k.e        sensu 

Puckel 713,  737 

—  S  a  c  c  a  r  d  o 713 


Seite 
Ophiodiithis  Sacc 718 

—  ror/7.v  (^Berk.  et Curt.)Sacc.    718 

Fanriu'ih'iii  Sacc 711 

—  affinis  (Desm.)  Sacc.  .712,713 
Paxscrinula  Candida  .Sacc.      ...    713 

Phaeoncciria  -Sa  cc 725 

Physalospora  Niessl 703 

Pleogibbcrclla   Sacc 705 

Pleonechia  Sacc 712,  735,  745 

—  appendiciilata  Vouaux....    712 
Pleoitecln'a  Berolinensis  Sacc...    744 

-  lichenicola  (Crouan)  Sacc.    712 

—  Uitcscens  Arn 746 

—  Ribis  (R  a  b  c  n  li .)  K  a  r  s  t.  743,  745. 

746 

Ps<:iid(jiu-c/n\i  Seav 737 

Pyrostoma  pulilniii  Fr 698 

RJiabdospora  polila    (l'"r.)    Sacc.    706 

Sphacria  affin is  Grev 711,712 

—  agglonierata  Fers 69S 

—  Dotlüdca  (iMoug.) 698 

—  Dulcaniarac  Sclimidt 698 

—  epichlo'd  Kunze  .  .    7 1 5,  7 1  (">,  7 1 7 

—  jiictinda  M  o  n  t 737 

—  morbosa  Schwein 698 

—  ptilicaiis  Fr 697 

—  ihagadiola   Fr 698 

--  Ribis  Tode 744 

SpJtaerosfilbc  Tul.    720,  725,  735.  741 

—  coccophila  Tu  1.  722,  725,  727,  731 

—  lalcritia   Berk.   et  Curt 732 

--  longiascus  Moll.  .    738,740,741 

—  nitida  Berk.  et  Curt 732 

—  rosea  Kalchbr 732,  735 

—  sangtiinea  Fuck 719,  721 

Siagonostrouia  Died 704,  706 

SU'lbella  rosca   (Kalchbr.) 

Weese 734,  736 

Slilboneciria   Karst 736 

SiilbiDn  cinnabarinitin  Mont.  ..    735 

—  fusco-cinnabarinimi  .Speg.  .    736 


754 


J.  Weese,   Zur  Kenntnis  der  Hypocreaceen. 


Seite 

Thelocarpon  Nyl 705 

Thyroneciria  Sacc 745 

—  patavina  Sacc 745 

Tubercnlaria  Tode 726 

Thttemenia  Relim 703,  716 

Wcesea  Höhn 714,  715 


Seite 
Weesea,  Balansine  (M  ö  11.)  H ö h n.  714, 

715 

XetionectricUa  \Ve  e  s  e  nov.  gen.    748 
—  Intesccns  {.\rn.)\\tQst  748,749. 

750 
Ziniuiermannia  Sacc 696 


WVcsp,,).,  Zur  Kcnnluis  dci"  HyiuxTfacctMi. 


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^7? 


[(:  2 


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#: 


13 


10 


8 


11 


^utordel.  .  Lith  Ans1.Th.Bannw3rrti,Wi< 

Sit/ani2sberi(htO(L.Vl{afl(LWi.s.s.,iiiHlli.iialur\v.KIasse,l)d.  128.  AbL.1.1919. 


Beobachtungen 

über  die  Endospermentwicklung  von 

Hieracium  aurantiacum 

Von 

Karl  Schnarf 

(Mit  I   Doppehafel) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  27.  November  1919) 

Die  im  allgemeinen  sehr  reichhaltige  Literatur  über  die 
Samenentwicklung  der  Kompositen  weist  in  einer  Hinsicht 
große  Lücken  auf,  nämlich  in  der  Kenntnis  der  Endosperm- 
bildung.  Diese  Tatsache  veranlal.Ue  mich  im  Anschlüsse  an 
meine  Untersuchungen  über  die  Labiaten  und  Planfago,^  in 
denen  dem  Endosperm  und  seiner  Bildung  besondere  Auf- 
merksamkeit gewidmet  worden  war,  den  Kompositen  einige 
Beobachtungen  zu  schenken.  Im  folgenden  wird  nun  über  einige 
Stadien  der  Samenentwicklung  von  Hierachim  aurantiacum 
berichtet  werden. 

Diese  Art  gehört  zu  den  apogamen  Hieracien,  welche 
von  Ostenfeld-  und  Rosenberg-'  unter  Anwendung  cj'to- 
logischer    und    experimenteller  Methoden    in    so    erfolgreicher 


1  Schnarf.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Samenentwicklung  der  Labiaten 
(Denksclir.  Akad.  Wiss.  Wien,  94.  Bd..  1917);  —  Zur  Entwicklungsgeschichte 
von  Plantago  media  (diese  .Sitzungsber.,  Abt.  I.    126.  Bd.,   10.  Heft,    19)7). 

-  Osten feld,  Castration  and  H3'bridization  Experiments  with  some 
species  of  Hievacia  (Bot.  Tidskr..  27.  1906,  p.  225—248;  —  Further  .Studies 
on  the  Apogamy  and  Hvbridization  of  the  Hiemcia  (Zeiischr.  indukt.  .Abst.- 
und  Vererbungslehre,  3,   1910,  p.  241 — 34ü). 

3  Rosenberg,  Cj'tological  studies  on  the  apogamy  in  Bicraciuvi 
(Bot.  Tidskr.,  28,  1907,  p.  143  —  170);  —  Die  Reduktionsteilung  und  ihre 
Degeneration  in  Hieracium  (Svensk.  bot.  Tidski.,   //,    1917,  p.  145 — 2uö). 

Sitzb.  d.  mathem.-naturvv.  Kl.,  Abt.  I,  12S.  3d.  52 


756  K.   Sclmait', 

Weise  untersucht  worden  sind.  Bei  den  upogamen  Hieracien 
stellte  Rosenberg  fest,  daß  aposporische  Embryosäcke,  die 
aus  Nucellarzellen  hervorgehen,  zur  Entwicklung  gelangen. 
Der  ursprüngliche  —  haploide  —  Embryosack  wird  entweder 
in  frühen  Stadien  verdrängt  oder  kommt  gleichzeitig  mit  dem 
aposporischen  in  derselben  Samenanlage  zur  Ausbildung.  Für 
H.  anrautiacnni  im  besonderen  hebt  Rosenberg^  hervor,  daß 
der  Embryosack  aus  einer  Epidermiszelle  des  Nucellus  hervor- 
gehe. Eine  sorgfältige  Untersuchung  zeigte  ihm,  »that  nearly 
always  the  typical  embryo  sac  becomes  quite  crushed  or  often 
cut  off  by  the  aposporic  embryo  sac«.  Mit  einer  gewissen 
Reserve  berichtet  Rosenberg  auch  über  einige  Beobachtungen^ 
aus  denen  hervorgeht,  daß  möglicherweise  noch  eine  andere 
Art  der  Entstehung  eines  diploiden  Embryosackes  bei  dieser 
Art  eine  Rolle  spiele.  Es  werde  nämlich  die  Tetradenteilung 
in  der  Weise  verändert,  daß  bei  der  zweiten  Teilung  keine  • 
Wand  zwischen  den  Tochterkernen  gebildet  wej-de,  worauf 
diese  verschmelzen.  Aus  einer  der  so  entstehenden  diploiden 
Zellen  gehe  möglicherweise  ein  Embryosack  hervor. 

Abgesehen  von  der  zuletzt  erwähnten  Entstehungsweise 
fand  ich  in  meinem  Materiale  -  zahlreiche  jugendliche  Stadien, 
welche  dieselbe  aposporische  Entstehung  von  Embryosäcken 
zeigten,  wie  sie  Ri^senberg  beschrieben  hat.  In  weiter  vor- 
geschrittenen Stadien  beobachtete  ich  einerseits  einfache 
Embryosäcke,  denen  es  im  ausgebildeten  Zustande  nicht  an- 
zusehen ist,  ob  sie  sporogen  oder  aposporisch  entstanden 
sind;  andrerseits  waren  auch  zahlreiche  Samenanlagen  zu 
finden,    in    denen  zwei  Embryosäcke    auftraten.    \'on.   diesen 


1    Bot.  Tidskr.,  2S,    19U7,   p.  158. 

-  Es  stammte  aus  einem  Privatgarteii  in  Iglau,  wo  es  sich  seit  Jahren 
auf  den  Rasenflächen  durch  ausgiebige  Ausläuferbildung  erhält.  Es  handelt 
sich  zweifellos  um  das  häufig  kultivierte  Hieracium  aurantiacuni  dei-  Gärtner, 
das  hier  verwildert  ist.  \'on  dem  wildwachsenden  H.  juranlinctnn  E.  unter- 
scheidet sich  die  Pflanze  durch  starke  Förderung  der  vegetativen  Teile,  ins- 
besondere durch  äußerst  kräftige  Ausläuferbildung.  Zu  entscheiden,  ob  diese 
Eigentümlichkeiten  von  Bastardierung  herrührt  oder  mit  den  Eebensbedin- 
gungen  in  der  Gartenkultur  zusammenhängt,  halte  ich  für  schwer  möglich,  da 
in  unseren  Herbarien  kultivierte  Hieracien  ganz  fehlen  und  sich  auch  die 
.Speziahnrsclier  der  Gattung   mit  diesen  nicht  beschäftigt  zu  haben  scheinen. 


Endoppermentwicklung  von   Hieraciuin   iVtrantiticitin.  i -^  i 

beiden  nahm  fast  immer  einer  den  größeren  Teil  des  zur 
X'erfügung  stehenden  Raumes  ein.  Es  boten  sich  da  ähnUche 
Bilder,  wie  sie  von  Rosenberg  für  H.  ßageUare  gebracht 
wurden.^  Mit  diesem  Autor  stimme  ich  darin  überein,  daß  es 
wohl  fast  immer  ein  aposporischer  Embryosack  ist,  der  über 
den  anderen,  wahrscheinlich  typischen  Embryosack  dominiert. 
Dieser  kleinere  Embryosack  bringt  es  vielfach  nicht  einmal 
bis  zum  achtzelligen  Stadium.  Neben  diesen  Samenanlagen, 
die  entweder  nur  einen  einfachen  Embryosack  enthalten  oder 
in  denen  deren  zwei  auftreten  —  im  letzteren  Falle  wird  im 
folgenden  der  Kürze  wegen  die  Bezeichnung  »zusammen- 
gesetzter Embryosack«  gebraucht — ,  finden  sich  in  meinem 
Materiale  sehr  häufig  solche  Samenanlagen,  deren  Embryosack- 
höhle von  Zellen  eingenommen  wird,  die  überhaupt  keine 
embryosackartige  Anordnung  zeigen.  Da  diese  Fälle  zu 
dem  im  Titel  gegebenen  Thema  keine  Beziehungen  aufweisen, 
mag  hier  folgende  kurze  Beschreibung  genügen. 

Der  Embryosackraum  ist  in  mehrere  —  meist  vier  — 
Etagen  durch  Querwände  geteilt.  In  jeder  befinden  sich 
mehrere  (2  bis  4)  Kerne,  die  in  einer  gemeinsamen  zentralen 
Plasmamasse  eingebettet  liegen.  In  einer  dieser  Kammern 
befindet  sich  eine  abgegrenzte,  seitlich  angewachsene  Zelle, 
die  sehr  oft  durch  ihr  Aussehen  und  die  Verteilung  des  Cyto- 
plasmas  einer  typischen  Eizelle  zum  Verwechseln  ähnlich  ist. 
Die  Entwicklungsgeschichte  eines  solchen  abnormen  Embryo- 
sackes liegt  mir  nicht  vor;  aber  es  ist  wahrscheinlich,  daß  das 
ganze  aus  einer  Tetradenteilung  hervorgegangen  ist,  nach 
welcher  aber  keine  der  vier  Tochterzellen  den  \'orrang  er- 
langt hat.  In  jeder  derselben  sind  Kernteilungen  —  wie  die 
oft  ungleiche  Größe  der  Kerne  vermuten  läßt,  unregelmäßiger 
Art  —  eingetreten  und  in  einer  = —  nach  meinen  Beobachtungen 
jedoch  nie  in  der  mikropylaren  —  wurde  eine  Eizelle  zur  Aus- 
bildung gebracht.  Neben  solchen  extremen  Abnormitäten.,  die 
von  dem  typischen  Embryosacke  so  sehr  abweichen,  kommen 
auch  Abweichungen  geringeren  Grades  vor.  Vor  allem  gibt  es 
zusammengesetzte    Embryosäcke,    die    nicht    nur    zwei, 


1  Rosenber^,  ].  c..  Y\".  XI  .1   und   C. 


/Ö8  K.    Schnarf, 

sondern  drei  Embryosäcke  enthalten,  von  denen  einer  oder 
zwei  durch  die  Konkurrenz  des  »Hauptembryosackesv<  unter- 
drückt werden,  bevor  sie  noch  achtkernig  geworden  sind. 
Solche  dreifach  zusammengesetzte  Embryosäcke  müssen  ent- 
weder dadurch  entstanden  sein,  daß  mehrere  Nucelluszellen 
zu  diplo'iden,  thyllenartig  in  den  Embryosackraum  hinein- 
wachsenden Embryosäcken  ausgewachsen  sind,  oder  dadurch, 
daß  mehrere  Tetradenzellen  gekeimt  sind.  Das  erstere  kommt 
mir  wahrscheinlicher  vor.  Eine  andere,  recht  häufig  zur  Beob- 
achtung gelangende  Unregelmäßigkeit  besteht  darin,  daß  in 
sonst  normal  aussehenden  Embr^^osäcken  Zellen  auftreten, 
die  in  den  achtkernigen  Embryosack  gar  nicht  hinein- 
passen, sozusagen  überschüssig  sind,  und  die  bisweilen  das 
Aussehen  einer  Eizelle  haben.  Bei  dem  vereinzelten  Auf- 
treten dieser  Zellen  ist  es  natürlich  schwer,  die  Entstehung 
einer  solchen  überschüssigen  Eizelle  festzustellen. 

Zur  Charakteristik  m.eines  Materiales  seien  noch  schließ- 
lich die  sehr  häufigen  Fälle  von  Polyembryonie  hervor- 
gehoben. Ich  konnte  zahlreiche  Fälle  beobachten,  wo  neben 
dem  typischen  noch  ein  oder  zwei,  vereinzelt  sogar 
drei  atypische  Embryonen  in  demselben  Embryosacke 
auftraten.  Die  atj^pischen  Embryonen  traten  entvv'eder  in  der 
Nähe  des  Eiapparates  auf  oder  in  der  Mitte  des  Embryo- 
sackes. Über  die  Möglichkeiten,  die  für  ihre  Bildung  in  Betracht 
kommen,  sei  folgendes  bemerkt:  Jedenfalls  kommen  nur  Ele- 
mente des  Embr3''osackes  in  Betracht;  bei  dem  tenui- 
nucellaten  Bau  der  Samenanlage  kommt  ja  der  Nucellus 
überhaupt  nicht  in  Frage  und  ebenso  zeigt  das  Integument, 
das  gegen  den  Embryosack  zu  als  sogenanntes  Tapetum 
ausgebildet  ist,  nirgends  die  Neigung  zur  Bildung  eines 
Adventivembryos.  Dagegen  müssen  wir  sehr  an  die  Möglich- 
keit von  .Synergidenembryonen  denken,  da  in  meinem 
Materiale  relativ  oft  zwei  Embryonen  in  der  Gegend  des  Ei- 
apparates   zu    finden   waren ;^    ferner    an    die,    daß  die  früher 


^  Auch  Murbeck  (Parthenogenese  bei  den  Gattungen  TcViixactim  und 
Hieraciuni,  Bot.  Notiser,  Lund  1904,  p,  294)  berichtet  über  Synergiden- 
embr^-onen  bei  Hieniciiiiii. 


Endospeinieiuwicklung   von   J/icrdi  iiiin  .iiiniiili.ic  um.  (O't 

erw  ahnten  überschüssigen  Eizellen  zu  Embryonen  werden,  dafJ 
auch  Endospermzellen  solche  liefern^  und  daß  eine  Antipode 
zu  einem  Embrj'o  auswächst.-  Dagegen  kann  ich  weder  auf 
Grund  meiner  Beobachtungen  noch  aus  der  Literatur  Belege 
anführen,  daß  zwei  in  derselben  Samenanlage  \ereinigte 
Embr3^osäcke  Embryonen  lieferten. 


Nach  diesen  \'orbemerkungen,  die  die  in  meinem  Materiale 
zu  beobachtenden  Verhältnisse  charakterisieren  sollen,  mögen 
nun  einige  Beobachtungen  über  die  Endospermverhältnisse  an 
der  Hand  tj^pischer  Einzelfälle  besprochen  werden. 

Fig.  1  zeigt  einen  zusammengesetzten  Embryosack.  In 
der  Mikropylargegend  befindet  sich  die  von  zwei  Synergiden 
begleitete  Eizelle.  Die  Unversehrtheit  der  Synergiden 
sowie  die  gänzliche  Abwesenheit  eines  Pollen- 
schlauches zeigen,  daß  die  Endospermbildung  offenbar  un- 
abhängig von  einem  Befruchtungsvorgange  begonnen  hat.  Das 
vorliegende  Endospermstadium  ist  übersichtlich  genug,  um  uns 
einen  hinlänglich  genauen  Einblick  in  die  ersten  Endosperm- 
teilungsschritte  zu  gewähren.  Es  hat  sich  nämlich  zuerst  der 
primäre  Endospermkern  unter  Bildung  einer  Längswand  geteilt. 
In  den  beiden  so  entstandenen  Zellen  haben  sich  die  Kerne 
wiederum  geteilt  unter  Anlage  von  horizontalen  Querwänden, 
deren  Bildung  noch  nicht  ganz  abgeschlossen  ist.  Im  übrigen 
sehen  wir  noch  unter  diesem  Embryosack  einen  zweiten. 
Dieser  zeigt  in  der  Mitte  die  beiden  nahe  beisammenliegenden 
Polkerne  und  am  oberen  Ende  einen  größeren  Kern  mit  zwei 
Kernkörperchen  in  einer  nach  oben  vorspringenden  Aus- 
buchtung und  darunter  zwei  kleinere  Kerne.  Die  letztgenannten 
drei  Kerne,  die  in  einer  zusammenhängenden  Plasmamasse 
liegen  und  nicht  durch  Wände  abgegrenzt  sind,  lassen  sich 
wohl  ungezwungen    als  Eiapparat  deuten.    In    der  Antipoden- 


i  Von  Rosenberg  für  II.  excellcns  angegeben  (^But.  Tidskr.,  2S,  1908, 
p.    160). 

'  Von  Rosenberg  wird  eine  diesbezügliclie  Beibaclitung  an  H. ßagcl- 
larc  berichtet  (1.  c,  p.  163). 


7(30  K.  Schiuiif, 

region  liegen  die  kleinen  Antipoden  des  großen  und  des  kleinen 
Embryosackes  dicht  beisammen.  Eine  größere,  einkernige 
Zelle,  die  sich  ebenfalls  dort  befindet,  läßt  sich  schwer  deuten; 
vielleicht  ist  sie  nur  eine  aus  irgend  einem  Grunde  vergrößerte 
Antipodenzelle  des  größeren  Embryosackes. 

Ähnliche  Verhältnisse  führt  Fig.  2  vor,  die  einen  Quer- 
schnitt durch  einen  Embryosack  in  der  Höhe  der  Eizelle  dar- 
stellt. Der  Vergleich  der  hier  nicht  abgebildeten  folgenden 
Schnitte  zeigte,  daß  hier  ebenfalls  ein  zusammengesetzter 
Embryosack  vorliegt.  Das  Endosperm  besteht  aber  nur  aus 
zwei  Zellen,  die  durch  eine  Längswand  getrennt  sind. 

Während  in  den  bisher  besprochenen  Fällen  die  erste 
Endospermteilung  unter  Bildung  einer  Längs  wand  erfolgte, 
zeigt  die  Fig.  3,  daß  die  zuerst  gebildete  Wand  auch  in  der 
Querrichtung  verlaufen  kann.  Wir  sehen  hier  einen  einfachen 
Embryosack  mit  einem  mehrzelligen  Embryo.  Daß  dieser  ohne 
Befruchtung  entstanden,  zeigt  das  Fehlen  eines  Pollenschlauches 
und  die  Unversehrtheit  der  beiden  Synergiden.  Am  Grunde 
des  Embryosackes  sind  sehr  deutlich  drei  kleine  Antipoden 
nachweisbar.  Die  Bildung  des  Endosperms  kann  nun  offenbar 
nur  in  folgender  Weise  verlaufen  sein:  Der  primäre  Endo- 
spermkern  hat  sich  zunächst  unter  Bildung  einer  Querwand, 
die  in  der  Figur  in  der  Nähe  des  Embryos  liegt,  geteilt.  In 
dem  ober  dieser  Wand  befindlichen  Raum  ging  eine  Zellteilung 
unter  Bildung  einer  Längswand,  in  dem  darunter  liegenden 
eine  solche  unter  Bildung  einer  Querwand  vor  sich.  In  jedei' 
dieser  vier  Zellen  vollzieht  sich  eine  weitere  Zellteilung. 

Die  bisher  besprochenen  Fälle  sind  geeignete  Belege. 
dafür,  daß  das  Endosperm  zellular  angelegt  wird,  daß  aber 
die  Wandbildung  nicht  immer  nach  denselben  Richtungen  ver- 
läuft. Auch  in  anderer  Hinsicht  kann  man  ein  auffallendes 
Variieren  feststellen.  Während  in  den  Fig.  1  und  2  das  Endo- 
sperm der  Bildung  des  Embryos  vorausgeht,  kann  man  in 
anderen  Fällen  beobachten,  daß  der  Embryo  in  den  Anfangs- 
stadien gegenüber  dem  Endosperm  voraus  ist.  Dieses  letztere 
X'erhalten  scheint  bei  Hieracimii  atirantiaann  geradezu  die 
Regel  zu  bilden.  Denn  unter  13  Fällen,  die  ich  beim  Studium 
meiner  Schnittserien  gezeichnet  habe,  finde  ich  nur  drei  Fälle, 


Endospermentwickkiiig   von  Hicracitiin  auiLinliacttut.  /6l 

Avo  das  Endosperm,  gegen  zehn,  wo  der  Embryo  in  den 
ersten  Teilungsstadien  voraus  ist. 

Recht  zahh-eich  sind  diejenigen  Fälle,  wo  sogar  schon 
ein  mehrzelliger  Embryo  zu  finden  ist,  bevor  sich  noch  die 
Polkerne  vereinigt  haben.  Wohl  findet  man  schon  ganz  junge, 
eben  fertig  gewordene  Embryosäcke  mit  sekundärem  Embryo- 
sackkern. Ein  Beispiel  bietet  hierfür  der  in  Fig.  4  in  drei 
Schnitten  dargestellte  Embryosack.  Man  kann  aber  auch  recht 
häufig  Embryosäcke  finden,  in  denen  neben  einem  mehr- 
zelligen Embryo  ein  ungeteilter  primärer  Endospermkern  oder 
sehr  oft  auch  unverschmolzene  Polkerne  liegen.  Ich  begnüge 
mich  da  mit  der  Darstellung  zweier  Beispiele  zur  Beleuchtung 
•des  letzterwähnten  Falles.  Fig.  5  zeigt  drei  benachbarte 
Schnitte  durch  einen  Embryosack,  und  zwar  zeigt  ba  die 
beiden  Synergiden  und  die  beiden  Polkerne;  von  diesen  ist 
der  eine  auch  in  5  ^  nebst  einer  Partie  des  Embryos  zu 
sehen;  dieser  ist  wieder  vollständig  in  5c  zu  finden. 

Daß  in  manchen  Fällen  die  Polkerne  so  keine  Neigung 
2ur  Verschmelzung  zeigen,  dafür  ist  Fig.  6  ein  Beleg.  Der 
zweizeilige  Embryo  ist  von  zwei  unversehrten  Synergiden 
begleitet,  \on  denen  eine  teilweise  in  den  dargestellten  Schnitt 
zu  liegen  icommt.  Die  Polkerne  liegen  zwar  in  einer  zusammen- 
hängenden Plasmamasse,  sind  aber  durch  einen  größeren 
Zwischenraum  voneinander  getrennt.  Daß  es  sich  hier  wirk- 
lich um  Polkerne  handelt  und  nicht  um  die  beim  ersten  Endo- 
spermteilungsschritt  gebildeten  Endospermkerne,  was  man  nach 
dem  Aussehen  der  Kerne  vielleicht  vermuten  könnte,  zeigt 
unwiderleglich  die  Abwesenheit  einer  Trennungswand, 

Die  folgenden  Figuren  führen  Fälle  vor,  wo  sich  die 
Polkerne  teilen,  ohne  sich  vorher  zum  primären  P^ndo- 
spermkerne  vereinigt  zu  haben. 

In  Fig.  7  ist  der  Embrj^o  auf  beiden  Seiten  von  den  sich 
teilenden  Polkernen  begleitet.  Diese  Lage  ist  vielleicht  durch 
den  kleinen  zur  Verfügung  stehenden  Raum  bedingt,  der  da- 
durch eingeschränkt  wird,  daß  sich  eine  große  Zelle  —  wahr- 
scheinlich ein  nicht  ganz  zur  Ausbildung  gelangender  Embryo- 
sack  —  nach  oben  vordrängt. 


762  K.   Schnur  f. 

Anders  sind  die  Raumverhältnisse  in  dem  Embryosacke, 
jder  in  drei  aufeinanderfolgenden  Schnitten  in  Fig.  8  dargestellt 
ist.  8  L  zeigt  den  mehrzelligen  Embryo,  die  beiden  Synergiden 
und  tiefer  unten  den  einen  Polkern  in  Teilung.  Der  zweite 
Folkern  liegt  in  der  Nähe  des  Embryos  und  kommt  in  Fig.  8  t? 
zum  Vorschein.  Die  beiden  sich  teilenden  Polkerne  sind  durch 
zusammenhängende  Plasmastränge  miteinander  verbunden;  eine 
Scheidewand  ist  zwischen  ihnen  nicht  zu  sehen. 

Einen  seltenen  Fall  führt  schließlich  Fig.  9  vor.  In  dem 
dargestellten  Schnitte  liegt  eine  Synergide  — ■  die  zweite, 
ebenfalls  unversehrte  liegt  in  einem  Nachbarschnitte  — ,  der 
etwas  abnorm  gestaltete  Embrj^),  ein  Polkern,  der  ungeteilt 
geblieben  ist,  während  sich  der  andere  eben  geteilt  hat.  Die 
beiden  Kerne,  die  durch  die  letztgenannte  Teilung  entstanden 
sind,  halten  zwischen  sich  an  Plasmafäden  eine  Zellmembran 
ausgespannt,  deren  Bildung  noch  nicht  ganz  abgeschlossen 
ist.  Dieses  Verhalten  der  Polkerne  konnte  ich  nur  an  einem 
einzigen  Embryosack  mit  Sicherheit  feststellen.  Daß  es  sich 
auch  hier  um  selbständig  und  unabhängig  voneinander  vor- 
gehende Polkerne  handelt,  zeigt  die  Abwesenheit  einer  Scheide- 
wand zwischen  ihnen. 


Wenn  wir  im  folgenden  die  oben  beschriebenen  Beob- 
achtungen an  Hieraciiini  anrdnfidcnui  einer  Besprechung 
unterziehen,  so  werden  wir  uns  auf  einige  wenige  Punkte 
beschränken  können,  die  von  größerem  Interesse  sind. 

Vor  allem  müssen  wir  hervorheben,  daß  wir  bei  Hiera- 
ciiim  anrauiiacnui  zellulare  Bildung  des  Endosperms  ge- 
funden haben,  ein  Befund,  der  in  auffälliger  Weise  von  den 
in  der  Literatur  niedergelegten  Berichten  absticht.  Hof- 
meister^ faßt  seine  Beobachtungen  über  die  Endosperm- 
bildung  der  Kompositen  folgenderniaßen  zusammen:  »Die 
Entwicklung  des  Endosperms,  allgemein  durch  freie  Zellbildung, 
beginnt  überall  schon  früh  und   füllt  sehr  zeitig  bei  Calendula 

^  Hofmeister.  Neuere  BeohaclUun.uen  übei- Kmhry>ibildung  der  Phanero- 
gamen  (Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,   I.    KSfiS,   p.  123). 


Endospeinicntwickking  von  Ilici'dcniiii  ,iiiriiitliiU'Uiii.  1 1^-) 

und  Aster  den  Embryosack  mit  geschlossenem  Gewebe  aus, 
während  anderwärts  das  junge  Endosperm  zuerst  in  Schichten 
den  Wänden  des  Sackes  sich  anlegt  und  längere  Zeit  in 
dessen  Mitte  einen  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Raum  frei  läßt." 
Diese  Mitteilung  deutet  wohl  in  ihrem  ersten  Teile  auf  nukle- 
ares Endosperm  hin;  des  weiteren  ist  es  aber  sehr  auffällig, 
daß  Hofmeister  Aster  und  Calendula,  deren  Embr\'osack 
sich  nach  seinen  Beobachtungen  frühzeitig  mit  geschlossenem 
Gewebe  füllt,  den  übrigen  von  ihm  untersuchten  Kompositen 
—  er  scheint  da  wohl  in  erster  Linie  Heliauiliiis  im  Auge  zu 
haben,  deren  Embryologie  ihm  sicher  gut  bekannt  gewesen 
ist,^  —  gegenüberstellt,  wo  er  einen  Plasmabelag  an  der 
Wandung  des  Embryosackes  fand. 

Mottier-  fand  hex  Senecio  aiirea  »several  free  nuclei... 
in  the  cavity  of  the  emhryosac,  when  the  first  wall  is  formed 
in  the  embryo.  Very  soon,  however,  cell  formation  takes  place 
and  the  cavity  of  the  embryosac  is  tilled  with  endosperm.« 
Diese  Angabe  vom  Auftreten  freier  Kerne  im  Embryosack 
stimmt  aber  durchaus  nicht  zu  der  Fig.  27  auf  Taf.  XXVIII, 
wo  offenbar  ein  frühes  Endospermstadium  dargestellt  ist.  Wir 
sehen  da  zwischen  zwei  Endospermkernen  bereits  eine  Wand 
angelegt. 

Klarer  sind  die  Mitteilungen  Land 's-'  über  Erigeron 
pliiladelphiciis:  »After  a  brief  rest  the  definitiv  nucleus  (d.  i.  der 
primäre  Endospermkern)  divides  and  in  the  many  preparations 
examined  the  cell  plate  was  invariably  parallel  to  the  longer 
axis  of  the  sac.  The  endosperm  nuclei,  after  the  last  named 
division,  are  usually  multi-nucleolate.  .  .  In  the  second  division 
of  the  endosperm  nuclei  the  cell  plate  is  usually  at  right 
angles  to  the  long  axis  of  the  sac.  The  two  upper  nuclei 
resulting  from  this  last  division  move  towards  the  micropylar 
end  of  the  sac,  and,  occupying  the  place  made  vacant  by  the 


l  Hofmeister,  Die  Entstehung  des  Embryos  der  Phanerogamen.  Leipzig 
1849. 

'-  Mottier,  On  the  Emhryosac  and  Embrj-o  of  St'mcio  iiiirea  (Bot.  Gaz. 
XVIIl.    1893,  p.  252). 

•'  Land  W.  J.  G.,  Double  fertihzation  in  Compositae  (Bot.  Gaz.  X.\X, 
190U;. 


/  64  K.   Schnaif, 

synergids,  lie  a  little  above  and  close  against  the  egg.  .  .  The 
fertilized  egg  usuallj'  completes  its  first  division  shortly  after 
the  second  division  of  the  endosperm,  the  first  wall  being 
transverse.«  Diese  Beschreibung  zeigt  meines  Erachtens  ganz 
klar,  daß  Land  bei  Erigeron  zellulare  Endospermbildung 
beobachtet  hat,  wobei  die  Lage  der  Wände  genau  so  verläuft, 
wie  sie  in  unserer  Fig.  1   dargestellt  wurde. 

Diejenigen  Autoren,  die  am  entschiedensten  in  neuerer 
Zeit  für  die  systematische  Verwertung  der  Endospermmerkmale 
eingetreten  sind,  nämlich  Samuelsson^  und  Jacobsson- 
Stiasn}',-  rechnen  die  Kompositen  zu  denjenigen  Familien, 
die  nukleares  Endosperm  bilden.  Letztere  scheint  allerdings 
ihr  Urteil  mit  Rücksicht  auf  die  eben  angeführten  Befunde 
Land's  zögernd  auszusprechen. 

Bevor  ich  die  Angaben  bringe,  welche  in  Bild  und  Wort 
Fälle  von  zellularer  Endospermbildung  anführen,  sei  noch 
einiger  bildlicher  Darstellungen  gedacht,  die  für  diese  Ent- 
stehungsart sprechen,  ohne  daß  die  Autoren  darauf  näher 
eingingen,  nämlich:  Antemiaria  dioica  (Juel  in  k.  Svenska 
Vet.  Ak.  Handl.,  33.  1900,  Nr.  5,  p.  18,  Fig.  \\\h),  Hieradnm 
flagellare  (Rosenberg  in  Bot.  Tidsk.,  28,  1908,  p.  161, 
Fig.  XI  .4  und  C). 

Ausführlich  hat  sich  dagegen  Carano  über  die  Endo- 
spermbildung von  Bellis  perennis  geäußert:-^  »Primo  a  divi- 
sersi  e  di  solito  il  nucleo  secondario  e  la  direzione  del  suo 
fuso  e  perpendicolare  all'asse  longitudinale  del  sacco;  alla 
divisione  nucleare  tien  dietro  quella  cellulare  con  formazione 
di  membrana  divisoria.  Le  due  cellule  cosi  prodotte  tornano 
a  dividersi  perpendicolarmente  alla  prima  direzione  ma  nello 
stesso  piano,  e  siccome  la  cavitä  del  sacco  e  ancora  poco 
ampia,  rimane  giä  colmata  da  queste  prime  cellule  del'albume. 


1  Samuelsson  G.,  Studien  über  die  Entwicklungsgeschichte  der  Ijlüten 
einiger  Biconies-Tyi^tn  (Svensk  bot.  Tidskr.,   1913,   7). 

-  Jacobsson-.Stiasn}'  E.,  Versuch  einer  phylogenetischen  Verwertung 
der  Endosperm-  und  Haustorialbildungen  bei  den  .Angiospermen  (diese 
Sitzungsber..    123.  B.,    1914). 

•'  Carano  E.,  Ricerche  sull'embriogenesi  delle  .\steracee  (Annale  di 
Hi)t.,   13,    1915.  p.  2.')9). 


Endospermentuioklung  von  Hicraciuin  aurantiacum.  7dO 

Alla  prima  divisione  del  nucleo  secondario  segue  subito  queila 
dello  zigoto,  come  rilevasi  dalla  fig.  7,  in  cui  esso  la  forma  di 
clava  e  monstra  il  nucleo  in  carikinesi,  mentre  le  due  prime 
cellule  dell'albume,  da  poco  formate,  sono  giä  separate  da 
un'evidente  membrana.«  Die  darin  angeführte  Fig.  7  entspriciit 
völlig  unserer  Fig.  2,  nur  daß  bei  dieser  die  Eizelle  noch  nicht 
in  Teilung  begriffen  ist. 

In  klarer  Weise  spricht  sich  auch  Holmgren  über  die 
von  ihm  untersuchte  Gattung  Eiipatorimn  aus:^  >;Bei  der 
Endospermbildung  werden  Wände  schon  nach  den  ersten 
Teilungen  angelegt  und  das  Endosperm  wächst  dann  durch 
sukzessive  Zellteilungen  heran.« 

Während  sich  in  der  neueren  Literatur  Angaben  über 
zellulare  Endospermbildung  bei  den  Kompositen  immerhin  — 
wenn  auch  in  geringer  Zahl  —  finden,  sind  Beobachtungen, 
die  in  verläßlicher  Weise  eine  nukleare  Endospermbildung 
beweisen  würden,  kaum  bekannt.  Ich  wüßte  da  nur  Dahlia 
coronata  zu  nennen,  von  welcher  Art  Palm  Teile  eines 
plasmatischen  Embryosackwandbelages  mit  freien  Endosperm- 
kernen  in  mehreren  Figuren  darstellt."' 

Ich  möchte  schließlich  noch  eigene  Beobachtungen  an 
Crepis  biennis  anführen.  Bei  dieser  Art  zeigten  mir  eine  An- 
zahl junger  Endospermstadien,  daß  beim  ersten  Teilungsschritt 
eine  Zellteilung  unter  Bildung  einer  Querwand  stattfindet  und 
daß  beim  zweiten  Teilungsschritt  wieder  Querwände  gebildet 
werden. 

Im  großen  und  ganzen  müssen  nun  alle  diese  Befunde 
über  die  Endospermbildung  bei  den  Kompositen  als  äußerst 
spärlich  im  Verhältnis  zur  Größe  dieser  Familie  bezeichnet 
werden.  Immerhin  läßt  sich  das  eine  mit  Bestimmtheit  sagen, 
daß  bei  den  Kompositen  zellulare  Endospermbildung 
nebst  nuklearer  vorkommt.  Bei  folgenden  Unter- 
abteilungen (nach  der  Einteilung  Hoffmann's)  wurde 
zellulares  Endosperm  wenigstens  an  dem  einen  oder 


1  Holmgren  J.,    Apogamie   in  der  Gattung  Eiipiilon'nin    (Svensk  bot. 
Tidskr.,  10,   1916,  p.  268). 

2  Palm  B.,    Studien    über   Konstruktionstypen    und  Entwicklungswege 
des  Embryosackes  der  Angiospermen  (Stockholm   1915),  Eig.  44  und  45. 


766  K.   Sclinaif, 

anderen  Vertreter  festgestellt:  Eiipatoyieae,  Astereae^ 
Imtleae,  Seiitcioiieae  (j),  Calendnleae  (?)  und  Cichorieae\ 
nukleares  Endosperm  wurde  bei  Vertretern  der 
Heliautheac  nachgewiesen;  über  die  übrigen  Unterfamilien 
scheint  diesbezüglich  überhaupt  nichts  bekannt  zu  sein. 

Dieses  Verhalten  der  Kompositen  steht  recht  gut  mit  dem 
im  Einklänge,  was  über  die  Endospermverhältnisse  der  nächst 
verwandten  Familien  bekannt  geworden  ist.  Den  Campa- 
nulaceen  und  Lobeliaceen  scheint  nach  den  Angaben 
Samuelsson's  zellulares  Endosperm  zuzukommen.  Bei  den 
Goodeniaceen  ist  die  Endospermbildung  nicht  bekannt,  doch 
werden  bei  ihnen  Endospermhaustorien  beschrieben,  wie  sie 
bei  zellularem  Endosperm  aufzutreten  pflegen.-  Was  die 
Stylidiaceen  betrifft,  so  verweise  ich  darauf,  daß  die  von 
Burns-*  gemachten  Angaben  von  Jacobsson-Stiasny*  zu 
dem  Schlüsse  verwertet  werden,  daß  für  diese  Familie  »die 
Abstammung  von  Formen  mit  gekammerter  Makrospore«  wahr- 
scheinlich ist.  Hinsichtlich  der  Calj^ceraceen  liegt  die  Unter- 
suchung Dahlgren's  vor,  der  bei  Acicarpha  tribiiloides  die 
zellulare  Entstehung  des  Endosperms  nachgewiesen  hat.^ 

Ein  zweiter  hier  zur  Besprechung  kommender  Punkt  ist 
die  sehr  auffällige  Inkonstanz  in  der  Richtung  des 
ersten  Endospermteilungsschrittes.  Auffallend  deshalb, 
weil  die  er.ste  Teilungswand  des  Endosperms  sonst  nicht  nur 
innerhalb  derselben  Art,  sondern  auch  größerer  systematischer 
Einheiten  immer  in  derselben  Richtung  angelegt  wird.  Dies 
konnte  ich  wenigstens  bei  den  von  mir  untersuchten  Labiaten 
beobachten  und  dieselbe  Erscheinung  ist  auch  Samuelsson'' 
bei  verschiedenen  Familien  mit  zellularer  Endospermbildung 
aufgefallen.  Ich  neige  zu  der  Ansicht,  daß  diese  Inkonstanz 
bei   H.  anrautiacnui    durch    die  X'erschiedenheit    der    Raum- 


^  Samuelsson,  1.  c.  p.  139. 

2  Jacobs son-Stiasny  E.,  1.  c,  p.  82  [r)48J. 

•'*  Bums  G.  P..  Beitrage  zur  Kenntnis  der  Stilidiaceen  (Flora,  87,    l90o). 

4  Jacobsson-Stiasnj'  E.,  1.  c.  p.  82  [548]. 

^  Dahlgren  K.  V.  O.,   Über  die  Embryologie  v<in  Aciciirplui  Irihiiloiiles 
Juss.    (Svensk  bot.  Tidskr.,  9,    1915.   p.  184  ti'i. 

^  Samuelsson,   I.e.,   p.  143  f. 


KiKiospermentwickUiiv^  von  Ilicniciitm  üiny.iitliinunt.  <<)7 

Verhältnisse  bedingt  ist.  Denn  in  den  »einfachen'  Embryo- 
säcken scheint  die  erste  Endospermwund  stets  eine  Quer- 
wand zu  sein.  Längsgerichtete  erste  Wände  fand  ich 
dagegen  nur  in  »zusammengesetzten-  Embryosäcken,  wo 
der  Raum  im  dominierenden  Embryosack  durch  kleinere, 
thyllenartig  in  diesen  vorspringende  Embryosäcke  eingeschränkt 
war.  Die  quergerichtete  erste  Endospermwand  dürfte  demnach 
das  für  unsere  Art  ursprüngliche  Verhalten  vorstellen.  Dafür 
spricht  es  auch,  daß  ich  bei  Cvepis  hienuis  dasselbe  \''erhalten 
beobachten  konnte. 

Eine  weitere  auffallende  Erscheinung,  die  ich  im  früheren 
geschildert  habe,  ist  das  \'er  halten  der  Pol  kerne.  Diese 
verschmelzen  in  manchen  Embryosäcken  sehr  frühzeitig,  wie 
es  der  in  Fig.  4  dargestellte  Embryosack  zeigt,  dessen  Dimen- 
sionen solche  sind,  wie  sie  nur  vor  der  Weiterentwicklung 
der  Eizelle  zu  beobachten  sind.  \^iel  häufiger  fand  ich  aber 
in  meinen  Präparaten  die  V'erschmelzung  der  Polkerne  ver- 
zögert. Neben  mehrzelligen  Embryonen  waren  oft  noch  un- 
verschmolzene  Polkerne  zu  finden;  ja  wir  haben  im  früheren 
gesehen,  daß  zweifellos  bisweilen  die  Polkerne  überhaupt  nicht 
verschmelzen,  sondern  selbständig  in  Teilung  treten. 

Dieses  Verhalten  der  Polkerne  verdient  zunächst  unter 
dem  Gesichtspunkte  Beachtung,  daß  im  allgemeinen  bei  den 
Angiospermen  die  Entwicklung  des  Endosperms  der  des 
Embrj^os  vorauseilt,  was  teleologisch  verständlich  ist.  Bei 
H.  aiiraiitiacuiii  ist  aber  sehr  oft  der  Embryo  voraus.  Im 
Gegensatze  zu  anderen  apogamen  Pflanzen,  deren  diploYde 
Eizellen  eine  Art  Reife  durchmachen  müssen,  bevor  sie  sich 
zu  einer  Teilung  entschließen,  —  eine  Erscheinung,  die  bei 
apogamen  Arten  der  Gattungen  Biiniiaiiuia  und  Balaiiophora 
von  Ernst  festgestellt  wurde,  der  der  Frage  nach  der  Ent- 
\\-icklungserregung  der  Eizellen  apogamer  Pflanzen  besondere 
Beachtung  geschenkt  hat  ^  —  scheint  die  Eizelle  von  Hicraciiini 
sozusagen  sofort  entwicklungsfähig  zu  sein.  Dies  wird 
unmittelbar  aus  der  l^etrachtung    von  Schnitten    durch   uanze 


1  Ernst  A.,   Bastardierung  als   Ursache  der  .Xpogaiiiie   im   Pnanzenreicli 
(Jena   1918),  p.  308. 


768  K.  Schnaif, 

junge  Köpfchen  klar,  in  denen  neben  Früchten  mit  sehr  frühen 
Entwickkingsstadien  des  Embryosackes  sich  solche  finden,  die 
schon  junge  Embryonen  enthalten.  Während  somit  die  Eizellen 
bei  H.  durantiacnm  sogleich  nach  ihrer  Bildung  teilungsfähig 
sind,  sind  die  Polkerne  viel  trägerer  Natur;  sie  zögern 
mit  der  Verschmelzung  und  —  verschmolzen  oder  nicht  ver- 
schmolzen —  entschließen  sie  sich  erst  spät  zur  Teilung.  Es 
fehlt  offenbar  hier  der  Anstoß,  der  die  Endospermbildung 
rechtzeitig  auslöst.  Es  liegt  nahe,  diesen  Anstoß  in  der 
doppelten  Befruchtung  zu  erblicken.  In  diesem  Zusammen- 
hange möge  noch  betont  werden,  daß  die  erwähnte  Ver- 
spätung des  Endosperms  gegenüber  dem  Embryo 
nur  in  frühen  Stadien  zu  beobachten  ist;  schon  in  etwas 
späteren  Stadien  des  Embryos  —  etwa  in  dem  der  16 zelligen 
Embryokugel  —  zeigt  sich,  daß  das  Endosperm  durchaus  die 
anfängliche  Verspätung  eingeholt  hat  und  vollständig  in  der 
Lage  ist,  als  »Nährembryo«   zu  fungieren. 

Das  Verhalten  der  Polkerne  bei  Hievacimn  aurautiacuiu 
steht  ganz  im  Gegensatze  zu  dem  bei  normalgeschlechtlichen 
Kompositen,  für  welche  nach  den  Angaben  der  Literatur  ein 
sehr  frühzeitiges  Verschmelzen  der  Polkerne  —  stets  vor  der 
Befruchtung  —  charakteristisch  zu  sein  scheint;  aus  eigener 
Anschauung  kann  ich  dieses  Verhalten  für  Tnssilago  farfara, 
Senecio  silvatiais  und  Crepis  hiennis  bestätigen.  Bei  den  apo- 
gamen  Angiospermen  ist  ziemlich  allgemein  die  Tendenz  fest- 
zustellen, die  Vereinigung  der  Polkerne  zu  unterdrücken.  In 
dieser  Hinsicht  können  in  erster  Linie  die  von  Treub,  Lots 3^ 
und  Ernst ^  untersuchten  apogamen  BalanopJwra- Arten,  bei 
denen  nur  ein  Polkern  das  Endosperm  bildet,  während  der 
andere  mit  dem  Antipodialapparat  zugrunde  geht,  angeführt 
werden,  wogegen  die  wahrscheinlich  befruchtungsbedürftige 
Rhopalocneinis  plialloides  einen  normalen  primären  Endo- 
spermkern  ausbildet.  Bei  Antennaria  alpina  unterbleibt  eben- 
falls   die  \'ereinigung    der   Polkerne,    die    nach    Juel-    beide 


1  Ernst  A.,  Embiyobildung  bei  Balanophoia.  Flora,  106,  1913,  und  die 
hier  angegebene  Literatur. 

-  Juel,  Vergleichende  Untersuchungen  über  typische  und  partheud- 
genetische  Fortpflanzung  bei  der  Gattung  Antennaria  (K.  Sv.  Vet.  Ak.  Handl., 
33,  1900,  Nr.  5). 


Endcispermemwicklung  von  Hieraciuni  ani-anliacitin.  '*>!* 

selbständig  in  Teilung  treten.  In  anderen  Fällen  apogamcr 
Keimbildung  scheinen  sich  die  Polkerne  jedoch  überhaupt  oder 
wenigstens  nicht  so  strenge  an  diese  Regel  zu  halten,  die 
von  Forsch^  als  Postulat  seiner  Archegontheorie  bezeichnet 
wird,  daß  nämlich  »in  denjenigen  Fällen,  wo  der  Embryo 
parthenogenetisch  entsteht  und  zu  seiner  Ernährung  Endosperm 
braucht,  dieses  Endosperm  von  dem  einen  Polkern  allein 
geliefert  sein  muß<.  So  gibt  Strasburger  für  das  partheno- 
genetische  Elatostema  sessile  an:-  »Die  beiden  Polkerne  ver- 
schmelzen dann  annähernd  in  der  Mitte  des  Embryosackes, 
wobei  sich  sofort  die  Teilung  des  Embryosackkernes  voll- 
zieht.^' 

Bezüglich  der  parthenogenetischen  Alchemillen  sagt  Mur- 
beck,-'^  daß  die  Polkerne  verschmelzen;  er  fügt  jedoch  hinzu: 
»Die  \'erschmelzung  der  Polkerne  bei  den  parthenogenetischen 
Alchemillen  braucht  gar  nicht  den  Verdacht  zu  erregen,  daß 
dieses  Stadium  bei  der  Untersuchung  Juel's  von  Antennaria 
alpina  übersprungen  worden  sei.  Gewisse  Umstände  sprechen 
nämlich  für  die  Möglichkeit,  daß  auch  bei  den  Alchemillen 
die  Verschmelzung  zuweilen  ausbleibt.«  Sonach  dürften  die 
Alchemillen  dasselbe  Verhalten  zeigen,  wie  wir  es  bei  Hiera- 
ciuni anraiiiiacnm  mit  voller  Sicherheit  feststellen  konnten, 
nämlich  daß  die  Polkerne  verschmelzen  können  oder 
nicht.  Man  könnte  vermuten,  daß  das  erstere  Verhalten  viel- 
leicht auf  haploide  Embryosäcke  beschränkt  sei,  deren  Vor- 
kommen nach  den  Kreuzungsversuchen  Ostenfeld's  für  die 
apogamen  Hieracien  nachgewiesen  ist.  Dies  trifft  jedoch 
nicht  zu;  denn  verschmolzene  Polkerne  sind  auch  in  Embrj'O- 
säcken  anzutreffen,  wo  Embryobildung  ohne  Befruchtung  ein- 
getreten ist. 

Dem  verschiedenen  Verhalten  der  Polkerne  muß  auch 
eine    X'erschiedenheit    in    der    Ausbildung    des    Endo- 


-  Forsch  0.,  Versuch  einer  phyl.  Erklärung  des  Emhryosackes  und 
der  doppelten  Befruchtung  der  Angiospermen.   Jena  1907.  p.  30. 

2  .Strasburger  E.,  .Sexuelle  und  apogame  Fortpflanzung  bei  den 
Urticaceen  (Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  47,    1910,  p.  269). 

•'  Alurbeck  Sv.,  Parthenog.  Embryobildung  in  der  Gattung  Alcheinilla 
(Lunds  Univ.  .Arsskr.,  36,    1901,   .^fd.   2,  Nr.  7,  p.  31). 


/  70  K.   ScIiH  arf, 

sperms  entsprechen.  Je  nachdem  die  Polkerne  verschmelzen 
oder  nicht,  muß  aus  ihnen  ein  4 x-  oder  ein  2.v-Endosperm 
in  den  diploTden  Embryosäcken  entstehen.^  Diese  verschieden- 
artige Endospermbildung  ist  aber  von  Interesse  im  Zusammen- 
hange mit  gewissen  Fällen  von  Polyembrj^onie.  Bei  H.  ex- 
^-elleiis  fand  Rosenberg-  oft  zwei  Embryonen  in  demselben 
Sacke.  »The  adventive  embryo  is,  however,  in  this  case  not 
of  the  same  value  as  for  instance  in  the  ordinary  ,Nucellus- 
-sprossungen'  in  several  plants,  but  its  origin  is  an  endosperm 
cell  which  is  shown  in  flg.  X.  B.  It  may  possible  depend  upon 
the  fact  that  the  polar  nuclei  have  not  become  united,  and 
the  one  of  them  is  the  cause  of  the  embryc>  formation.«-  Auch 
ich  konnte,  wie  schon  früher  erwähnt,  bei  H.  anrantiacuiu 
oft  Fälle  von  Polyembryonie  beobachten;  darunter  gab  es 
einzelne  adventive  Embryonen,  welche  wahrscheinlich  wie  die 
von  Rosenberg  auf  das  Endosperm  zurückzuführen  sind. 
Eine  genauere  Untersuchung  dieser  vermutlichen  Endosperm- 
Embryonen,  die  vor  allem  deshalb  von  Interesse  wäre,  weil 
damit  der  einzige  Fall  von  solcher  adventiver  Embryobildung 
aus  dem  Endosperm  festgestellt  wäre,  nachdem  Ernst  den 
Fall  bei  Balauophora  als  irrtümlich  nachgewiesen  hat,  hoffe 
ich  später  an  der  Hand  reicheren  Materiales  vorlegen  zu 
können. 


1  Die  somatische  Chiomosomenzahl  von  Hicmciniii  aunintiaciiut 
2a'=:?G;  in  den  Pollenmutterzellen  wurde  .i  i=  44  bis  22  beobachtet 
(Rosenberg,  Die  Reduktionsteilung  und  ilire  Degeneration  in  I/ierciciinii. 
Svensk.  bot.  Tidskr.,   Jl,    1917). 

-'  Rosenberg,  1.  c,  p.  162. 


Endospermentwicklung  von  Hicraciuui  aurnuliacuin.  77 1 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Fig.  1    und  Fig.  5    wurden    mit  Leitz   Objektiv  8,    die  übrigen    mit  Leitz 

hom.  Imm.  1/^2  ^    unter  Anwendung    des    Leitz'schen    Zeichenokulars    2 

entworfen.  Die  Zahlen  in  Klammern  geben  die  absoluten  Vergrößerungen 

der  reproduzierten  Zeichnungen   an. 

1.  Längsschnitt  durch  einen  zusammengesetzten  Embryosack.  Oben  un- 
geteilte Eizelle  und  zweiter  Endospermteilungsschnitt.  Die  Figui  ist  aus 
mehreren  Schnitten  kombiniert  (235). 

2.  Querschnitt  durch  einen  Embryosack  mit  zweizeiligem  Endosperm  und 
ungeteilter  Eizelle.  Integumenttapetum  zugrundegehend  (318). 

3.  Längsschnitt  durch  einen  Embryosack  mit  jungem  Embryo  und  mehr- 
zelligem Endosperm  (318). 

4.  a,  b,  c.  Schnittserie  durch  einen  fertigen,  aber  noch  sehr  kleinen 
Embryosack  mit  sekundärem  Embryosackkern  (365). 

5.  a,  b,  c.  Schnittserie  durch  einen  einfachen  Embryosack  mit  jungem 
Embryo  und  Polkernen  (235). 

6.  Längsschnitt  durch  einen  Embrj'osack  mit  zweizeiligem  Embryo  und 
Polkernen  (380). 

7.  Oberer  Teil  eines  Längsschnittes  durch  einen  Embr3'osack  mit  jungem 
Embryo  und  sich  teilenden  Polkernen    (375). 

8.  a,  b,  c.  Längsschnittserie  durch  einen  Embryosack  mit  jungem  Embryo 
und  sich  teilenden  Polkernen  (318). 

9.  Längsschnitt  durch  einen  Embryosack  mit  mehrzelligem  P^mbryo,  einem 
ruhenden  und  einem  sich  teilenden   Polkern  (318). 


Sitzb.  d.  mathem.-naturvv.  Kl.,  Abt.  I,  128.  Bd. 


K.  Schnarf:  EndospermentwickUing  \on  Hieracintn  aitranüaatm. 


Sitzungsberichte  der  Alw-id.  d.  Wiss.,  matli.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,   128.  Bd.,   1919. 


Akademie   der  N)(/issenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


,  Abteilung  I 

Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


i 
128.  Band.    1.  Heft 


(Mit   1   Doppeltat'el) 


Wien,  1919 

Aus  der  Staatsdruckerei 
In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akii\lomie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des   1.  Heftes  des  128.  Bandes,  Abteilung  I  der  Sitzungs- 
berichte der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse: 

Seite 
Perusek  M.,  Über  Manganspeicherung  in  den   Membranen  von  Wasser- 
pflanzen. (Mit  1  Doppeltafel.)  [Preis:   2K  50  h] :^ 

Furlani  J.,  Über  den  Einfluß  der  Bestrahlung  auf  Bacferium  pyocyaneum 

(Gessard,  Flügge)  und  seine  Pigmente.  [Preis:  3K  50  h]    .    .       25 


Die-Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden  vier 
gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  dei 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere   sowie   aus  jenem  der  theoretischen  Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  eia  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in 
besonderen  Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt/16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird,  wie  bisher,  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  maüiematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzu-  ■ 
vom   11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  dei 

mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu 

nehmenden  Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäft  • 

Ordnung  nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
v,-erden. 

Zusatz.  \'orlräge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nichts 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welclie  zwar  die^  Ergebnisse  der  Untersuchung'  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akidemie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Vorausset2ungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz;  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  fiff  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in^  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  aucli  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlicheh  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulüssig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  be 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  ^zulässig, 
sohjdld  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  Von  der  Klasse  angenojnmenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  ^werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache^^  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unvcri^jiderten  Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt. 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


128.  Band.    2.  und  3.  Heft 


(Mit  5  Tafeln  und  22  Textfiguren) 


Wien,  1919 

Aus  der  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des   2.  und  3.  Heftes    des    128.  Bandfes,   Abteilung  I    der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse : 

Seife 
Bukowski  G.  v.,  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Conchylienfauna  des  marinen 
Aquitanien  von  Davas  in  Karien  (Kleinasien).  Zweiter  Teil.    (Mit 

1  Tafel.)  [Preis:   2  K] 95 

Priesner  H.,    Zur  Thysanopteren-Fauna  Albaniens.  (Mit  5  Texttiguren.) 

[Preis :   2  K] 115 

Furlani  J.,  Beobachtungen  über  die  Beziehungen  zwischen  der  Intensität 
der  chemischen  Strahlung  und  der  Luftbewegung.  (Mit  8  Text- 
figuren.) [Preis:  3  K] 145 

Grobben  K.,  Über  die  Muskulatur  des  Vorderkopfes  der  Stomatopoden 
und  die  systematische  Stellung  dieser  Malakostrakengruppe.  (Mit 

2  Tafeln  und  4  Textfiguren.)  [Preis:  4  K] 185 

Marchet  A.,  Der  Gabbro-Amphibolitzug  von  Rehberg  im  niederöster- 
reichischen Waldviertel.  (Mit  2  Tafeln   und   5  Textfiguren.)   [Preis: 

6  K  5U  h] 215 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden  vier 
gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werd-en  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere   sowie   aus  jenem  der  theoretischen  Medizin, 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in 
besonderen  Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  fürChemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt  16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird,  wie  bisher,  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom   11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu 
nehmenden  Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt.  « 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihie  Einwilligung  gibt. 


Akademie    der   Wissenschaften    in    Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen  ^ 


128.  Band.    4.  Heft 


Wien,  1919 

»         österreichische  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätshuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt  . 

des  4.  Heftes  des  128.  Bandes,  Abteilung  I  der  Sitzungs- 
berichte der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse: 

Seite- 
Fritsch  K.,    Blütenbiologische   Untersuchungen  an  einigen  Pflanzen  der 

Ostalpen  [Preis:   2  K  ,10  h] 295 

Handel-Mazzetti  H.,    Vorläufige    Übersicht    über    die   Vegetationsstufen 

und  -formationen  von  Kweitschou  und  Hunan  [Preis:  1  K  50  h]  331 
Tschermak  G.,  Der  Vesuvian  in  chemischer  Beziehung  [Preis:   2  K]     .    .    351 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden  vier 
gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  IIa.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem  der  theoretischen  Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in 
besonderen  Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  fürChemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  hei;aus- 
gegeben.  Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt  16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird,  wie  bisher,  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom    11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu- 
nehmenden Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  \yelche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärt:- 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  > Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -natui-wissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt. 


AkademCe   der   Wissenschaften    in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


128.  Band.    5.  und  (1  Heft 


(Mil    1  Tufcln   iioJ   A   Textfigur rii) 


Wien,  1919 

Östeneichiscbe  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchbändler 
Bucbbändler  der  Akademie  der  Wissenschaftea 


Inhalt 

des   5.  und  ö.  Heftes    des    128.  Bandes,    Abteilung  I    der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse : 


Seile 

Sperlich  A.,  Die  l-'ähiykeit  dei-  l.inieperluiltiing  ( phylelische  Potenz»,  ein 
aut'  tue  NachUiimnienschaft  vnn  Saisonpllanzen  mit  festem  Khytli- 
nuis  ungleicliniäßig  iihergeliendei- I'"aktor.  (Mit  4  l'al'eln  uikI  4 'l'ext- 

tiguren.)    | Preis:   28  K|  HTU 

—  Über  den  Kintluß  des  Oiiellungszeitpunjites.  von  Treibmitteln 
und  des  Lichtes  auf  die  SamenUeimung  von  Alfc/nro/ofkus 
hirsulus   All.;    ( ■liarakleri-iiL'fuiit'    der  Samenruhe   IPi'eis:    7  Kl    .     .     47i 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere   sowie  aus  jenem  der  theoretischen  Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder^ 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  > Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt  16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathemAtisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihisr  Sitzuiia; 
vom    11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Ucstimmungen,  betrettend  die  VerörtentHchung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu 
nehmenden  Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufg-^nommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreiohung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sünderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welclie  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  w>inn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
gen(.«:nmen  sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissensdiaftliclien  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröfl'entlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
eist  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  .Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Sciinften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentfich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  milgeteili 
wurde  und  daü  die  .Abhandlung  als  > Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung<  bezeichnet  wird,  zuläs.sig, 
sobald  der  Verfasser  die  Ver.ständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplai- 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand 
lung  an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemi-^chen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröft'entlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  andei>vveitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahl! 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  /.um  unveiänderten  Abdruck   ihie  Einwilligung  gibt. 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


128.  Band.  .7.  und  8.  Heft 


(Mit  1  Tafel  und   1  Textfigur) 


Wien,  1919 

österreichische  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Alcademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  7.  und  8.  Heftes   des    128.  Bandes,    Abteilung  I  der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse: 


Seite 
Greger  J.,  Untersuchungen  über  die  Lichtbrechung  einiger  Harze  [Preis: 

7   K] .' 503 

Krasser  F.,  Ein  neuer  Typus  einer  männhchen  Williamsonia-BecherhliUe 

aus    der    alpinen    Trias.     (Mit   1   Tafel  und   1  Textfigur.)    [Preis: 

35=8^    .4.K.-.0  k]: 525 

Höhnel  F.,    Fragmente  zur  Mykologie  (XXIII.  Mitteilung,  Nr.   1154  bis 

1188)  [Preis:   14  K] •.     535 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem   der   theoretischen   Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  L,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt   16K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage_  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom   11.  März   1915  folgendes  beschlossen; 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu-. 
nehmenden  Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Oi-ten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, Avelches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  dev  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  \yurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentHcht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihie  Einwilligung  gibt. 


Akademie    der   Wissenschaften    in    Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


128.  Band.    9.  und  10.  Heft 


(Mit  6  Tafeln  und  5  Textfiguren) 


Wien,  1919 

österreichische  Staatsdruckerei 
In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  9.  und  10.  Heftes    des    128.  Bandes,   Abteilung  I  der 
Sitzungsberichte  der  mathematiscli-naturwissenschaftlichen 

Klasse : 

Seite 
Marchet    A.,     Zwillings-     und     Lageverzerrung    beim    Staurolith.     (Mit 

2  Textfiguren  und  2  Tafeln)  [Preis:    12  Kj 029 

Müller    L.,    Über    Hydathoden    bei    Araxeen.    (Mit    3   Textfiguren    und 

2  Tafeln.)   [Preis :   8  K] 065 

Weese  J.,    Beiträge    zur   Kenntnis    der  H3'pocreaceen.    (II.  Mitteilung.) 

(Mit   1  Tafel.)  [Preis:    16  K  80  h] 693 

Schnarf  K.,  Beobachtungen  über  die  Endospermentwicklung  von  Ilicva- 

ciitni  aurantiacttm.  (Mit   1   Tafel.)  [Preis;  7  K   10  li] 755 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krj^stallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Alechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem   der  theoretischen    Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Univ^ersitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt   16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  -des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzuna 
vom    11.  .März    1915  folgendes  beschlossen; 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu- 
nehmenden Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufcenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angeselien,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
'gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von. 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

.\nzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
^''      .Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  .Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
den.selben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  ».Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  .Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  V^on  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  .Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathemaiisch-natur- 
wissenschaftliche  Klasse  zum  unveränderten  .Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt 


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