Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
128. Band
Jahrgang 1919 - Heft 1 bis 10
(Mit 17 Tafeln und 32 TcMfiguren)
Wien, 1919
Aus der Staatsdruckerei
lii Kommission bei Alfred Holder
Univcrsiläishuehlliindicr
Buchhändler der AkHdcmic der >K'issensch«ficn
in
Inhalt
Seite
Bukowski G. v., Beitrag zur Kenntnis der Conchylienfauna des marinen
Aquitanien von Davas in Karien (Kieinasien). Zweiter Teil. (Mit
1 Tafel.) [Preis : 2 K] 95
Fritsch K., Blütenbiologische Untersuchungen an einigen Pflanzen der
Ostalpen [Preis: 2 K 50 h] 295
Furlani J., Über den Einfluß der Bestrahlung auf Bacterinin pyocyanenm
(Gessard, Flügge) und seine Pigmente. [Preis: 3 K 50 h] . . 25
■ — Beobachtungen über die Beziehungen zwischen der Intensität
der chemischen Strahlung und der Luftbewegung. (Mit 8 Text-
figuren.) [Preis: 3 K] 145
Greger J., Untersuchungen über die Lichtbrechung einiger Harze [Preis :
7 K] 503
Grobben K., Über die Muskulatur des Vorderkopfes der Stomatopoden
und die systematische Stellung dieser Malakostrakengruppe. (Mit
2 Tafeln und 4 Textfiguren.) [Preis: 4 K] 185
Handel-Mazzetti H., Vorläufige Übersicht über die Vegetationsstufen
und -formationen von Kweitschou und Hunan [Preis: 1 K 50 h] 331
Höhnel F., Fragmente zur Mykologie (XXIII. Mitteilung, Nr. 1154 bis
1188) [Preis: 14 K] 535
Krasser F., Ein neuer Typus einer männlichen W////V?w\o«/rt-Becherblüte
aus der aipinen Trias. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur,) [Preis:
20 K] 525
Marchet A., Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg im niederöster-
reichischen Waldviertel. (Mit 2 Tafeln und 5 Textfiguren.) [Preis :
6 K 50 h] 215
— Zwillings- und Lageverzerrung beim Staurolith. (Mit 2 Tafehi
und 2 Textfiguren.) [Preis ; 12 K] 629
Müller L., Über Hydathoden bei Araceen. (Mit 2 Tafeln und 3 Text-
figuren.) [Preis: 8 I\] 665
Perusek M., Über Manganspeicherung in den Membranen von Wasser-
pflanzen. (Mit 1 Doppeltafel.) [Preis: 2 K 50 h] 3
Priesner H., Zur Thysanopteren-Fauna Albaniens. (Mit 5 Textfiguren.)
[Preis: 2 K] 115
Schnarf K., Beobachtungen über die Endospermentwicklung von Hiera-
citiiii aurantiaciuii. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 7 K 10 h] 755
A o^v^7^
IV
Seite
Sperlich A., Die Fähigkeit der Linienerhaltung (phj'letische Potenz), ein
auf die Nachkommenschaft von Saisonpflanzen mit festem Rhyth-
mus ungleichmäßig übergehender Faktor. (Mit 4 Tafeln und 4 Text-
figuren.) [Preis : 28 K] 379
— Über den Einfluß des Quellungszeitpunktes, von Treibmitteln
und des Lichtes auf die Samenkeimung von Aledorolophus
hirsnlus All.; Charakterisierung der Samenruhe [Preis: 7 K] . . 477
Tschermak G,, Der Vesuvian in chemischer Beziehung [Preis: 2 K] . . 351
Weese J., Beiträge zur Kenntnis der Hypocreaceen. (IL Mitteilung.)
(Mit 1 Tafel.) [Preis: 16 K 80 h] 693
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
128. Band. 1. Heft
über Manganspeicherung in den
Membranen von Wasserpflanzen
Von
Milena Perusek
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität Wien
Nr. 129 der zweiten Folge
(Mit 1 Doppeltafel)
(Vorgelegt in der Sitzung am 13, März 1919)
I. Einleitung.
Durch die Untersuchungen von Molisch ist gezeigt
worden, daß manche Wasserpflanzen imstande sind, Mangan
— gleichwie Eisen — bei Lichtzutritt in ganz charakteristi-
scher Weise in der Membran zu speichern, wobei die experi-
mentell gestützte Auffassung von Molisch dahingeht, daß die
Speicherung des Mangans in Form von Manganoxj^d (vgl.
Molisch, III, p. 1428) wahrscheinlich eine Folge der Kohlen-
säureassimilation darstellt (Molisch, III, p. 1434).
Herr Hofrat Molisch hatte die Liebenswürdigkeit, mich
aufzufordern, seine Arbeit über die Manganspeicherung bei
Wasserpflanzen (Molisch, III) zu erweitern und die von ihm
gewonnenen Resultate durch Ergänzung mit neuen Erfahrungen
auf eine breitere Versuchsbasis zu stellen.
Es sei mir gestattet, gleich an dieser Stelle meinem hoch-
verehrten Lehrer, Herrn Hofrat Prof. Dr. Hans Molisch, für
die dauernde Führung und Förderung meiner Arbeit, sowie
Herrn Prof. Dr. Oswald Richter für die zahlreichen Anregungen
meinen wärmsten Dank auszusprechen.
4 M. Peru;:;ek,
IL Allgemeine Bedingungen für die Manganspeieherung.
Als Ausgangspunkt meiner Untersuchung diente ein von
Molisch zum ersten Male gemachter Versuch: Man löst ein
beliebiges Mangansalz (vgl. Molisch, III, p. 1432) in gewöhn-
lichem Leitungswasser und füllt damit ein mittelgroßes Glas-
gefäß. In die Lösung wird nun eine Wasserpflanze, z. B.
Elodea canadensis gebracht und das Gefäß an ein direkt be-
lichtetes Fenster gestellt. Nach kürzerer oder längerer Zeit
bemerkt man schon mit freiem. Auge, daß sich die Blättchen
allmählich braun zu färben beginnen, bis sie schließlich
dunkelbraun werden. Unter dem Mikroskop zeigt die Flächen-
ansicht des Blattes eigentümliclie braune, ovale Flecke an den
einzelnen Zellen; der Querschnitt lehrt uns, daß die Braun-
färbung nur in den äußeren Zellwänden der Epidermis auf-
tritt. Nach Behandlung mit verdünnter Salzsäure verschwinden
die braunen Flecke vollständig und durch eine chemische
Untersuchung kann man sich überzeugen, daß diese lokale
Membranfärbung von einer Manganverbindung herrührt.
Nur gewisse Wasserpflanzen sind befähigt, Mangan in
den Zellwänden einzulagern; neben dieser spezifischen Fähig-
keit der Manganspeieherung kommen für das Gelingen des
Versuches noch verschiedene andere Momente in Betracht.
a) Belichtungsverhältnisse.
Wie Molisch durch Versuche festgestellt hat, erfolgt die
Manganoxydabscheidung nur bei Lichtzutritt. Aber auch
in schwachem diffusen Lichte bleibt sie oft ganz aus
(Molisch, III, p. 1433). So verweilten z. B. Lemiia trisidca,
L. minor, Foiitinalis, die im Februar in eine 0' 05-prozentige
MnSO^- Lösung gelegt worden waren, mehrere Wochen in der
Lösung, ohne sich zu färben und starben schließlich ab. -Bei
Elodea und Stratiotes hingegen, welche überhaupt eine reich-
Hchere Manganoxydausscheidung zeigen, erschien die Braun-
färbung etwa nach 3 Wochen. Im Juni, bei günstigen Belich-
tungs- und Temperaturverhältnissen, erfolgte die Abscheldung
auch bei den erst.oenannten Pflanzen in kurzer Zeil.
Manganspeicherung in Wasserpflanzen. 5
In direktem Sonnenlichte zeigt sich die Braunfärbung
infolge der Manganoxydabscheidung oft schon nach wenigen
Stunden. So färbten sich die Blätter eines jE/o^^^- Sprosses
im Mai nach 2Y., Stunden sehr deutlich braun.
Die Wirkung , des Lichtreizes auf die Manganoxyd-
abscheidung ist ganz lokal. Ein Blatt von Stratiotes wurde
mittels eines Streifens schwarzer Wachsleinwand an einen
Objektträger befestigt und in einer Mangansalzlösung dem
direkten Sonnenlichte ausgesetzt. Die nicht belichtete Stelle
des Blattes unter dem Streifen blieb vollständig ungefärbt,
während das übrige Blatt schon tiefbraun war, und zwar war
die Abgrenzung der beiden Partien ganz scharf.
Je intensiver die Belichtung, desto schneller und reich-
licher erfolgt die Manganoxydspeicherung in der Epidermis.
So zeigt auch wahrscheinlich aus diesem Grunde die meist
stärker belichtete Oberseite der Blätter ^ sofern diese beider-
seits Mangan speichern — in der Regel eine intensivere
Braunfärbung als die Unterseite.
b) Konzentration der Versuchslösung.
Die Mangansalze sind jedenfalls in stärkerer Konzentration
den Pflanzen schädlich. Die verschiedenen Pflanzen zeigen in
dieser Beziehung eine verschiedene Empfindlichkeit. Potamo-
geton Ittcens z. B. geht in einer 0-05-prozentigen MnSO^^-Lösung
schon nach wenigen Tagen zugrunde, Ceratophylhim nach
längerer Zeit, und zwar ohne sich zu färben. Am günstigsten
haben sich Konzentrationen von ungefähr O'Ol bis 0-03%,
MnCl, oder MnSO^ in Leitungswasser erwiesen. (Wo nichts
Besonderes erwähnt wird, wurde als Versuchslösung immer die
Lösung eines Mangansalzes in Leitungswasser verwendet.)
Manche Pflanzen vertragen ziemlich hohe Konzentrationen, wie
Elodea canadensis, die in einer einprozentigen MnSO^^-Lösung
bei einem bestimmten Versuch noch nach 10 T-cigen lebte; bei
einem anderen Versuche waren Elodea wie auch Stratiotes
in einer 0-05-prozentigen MnClg-Lösung nach 3 Monaten noch
am Leben. Die meisten Pflanzen jedoch gehen auch in
schwächeren Lösungen nach einigen Wochen zugrunde.
6
M. Perusek,
c) Die Manganoxydabscheidung ist eine Lebenserscheinung.
(Molisch, III, p. 1432).
Die wichtigste Bedingung ist, daß man mit lebenden
Pflanzen experimentiert; denn tote Pflanzen sowie auch einzelne
tote Zellen zeigen nie die charakteristische Erscheinung.
Versuch: Sprosse von Elodea, Ranunculus aquatilis,
Poiamogeton pectinatiis u. a. wurden auf verschiedene Weise
getötet (1. durch Austrocknenlassen, 2. durch heißes Wasser,
3. durch Alkohol) und in eine 0 • 05-prozentige MnClg-Lösung
gebracht. In keinem Pralle trat eine Manganoxydabscheidung ein.
Zu den Versuchen eignen sich nur gesunde, kräftige
Pflanzen. Vergleichende Versuche mit kräftigen, im Freien
gewachsenen und mit geschwächten Elodea-S'pvossen aus dem
Aquarium zeigten, daß die Braunfärbung bei diesen viel lang-
samer erfolgt und nicht dieselbe Intensität erreicht als bei
jenen. Viele Zellen blieben überhaupt ungefärbt, obwohl sie
lebten.
Versuchs-
dauer
1 Tag.
2 Tage
7 Tage
1"/,, MnCL,
IT, P^
c
3
3
3-4
0-10/q MnClo
:ni P-
O-OlO/'o MnC
Skala: 1 kaum merklich, — 5 intensiv gefärbt.
O
III. Verbreitung der Fähigkeit bei Wasserpflanzen,
Mangan in den IVIembranen zu speiehern.
Zunächst war eine möglichst große Anzahl von Wasser-
pflanzen auf ihre Fähigkeit der Manganspeicherung hin zu
prüfen. Dabei stellte es sich heraus, daß diese den typischen
Manganspeicherung in WasserpHanzen. 7
submersen Pflanzen fast allgemein zukommt (eine Aus-
nahme bildet z. B. Ufriciilaria).
Bei Wasserpflanzen mit polymorphen Blättern zeigen
ebenfalls die submersen Blätter fast durchwegs Mangan-
einlagerung (eine Ausnahme bildet Cabomba), bei Schwimm-
blättern erfolgt sie in der Regel nur in der unteren Epi-
dermis (bei Hydrocharis auch in der oberen). Die aus-
gewachsenen Luftblätter (die sich am Fundorte außerhalb
des Wassers befanden) zeigen gewöhnlich keine Abscheidung
oder nur in ganz geringem Maße, wohl aber in jugendlichem
Stadium, solange sie noch untergetaucht sind. Gedacht ist
hier hauptsächlich an Alisma und Sagittaria.
Es sei hier betont, daß die Pflanzen bei den Versuchen
stets mit allen ihren Teilen in der Mangansalzlösung unter-
getaucht gehalten wurden, ganz gleichgültig, ob Wssser- oder
Landpflanzen, und ob sie in der Natur submers, teilweise
oder ganz außerhalb des Wassers aufgefunden wurden.
Bei den amphibischen Pflanzen und den Schwimm-
pflanzen ist die Fähigkeit, Mangan zu speichern, nicht so
verbreitet wie bei den typischen submersen Wasserpflanzen,
auch erfolgt die Abscheidung weniger energisch als bei diesen.
Unter den Sumpfpflanzen, den Pflanzen, die in sumpfigem
Boden wurzeln und mit den oberirdischen Organen gewöhn-
lich in die Luft ragen, ist diese Fähigkeit schon fast gar
nicht zu finden. Die einzige Ausnahme bildet unter den ge-
prüften Pflanzen Btttoimts umbellatus, bei dem die charakte-
ristische Erscheinung auftritt. Bei einigen Sumpfpflanzen
erscheint die Braunfärbung nur auf einzelne Zellen oder Zell-
gruppen beschränkt, die äußerst spärlich und unregelmäßig
über die Blattfläche zerstreut sind, so bei Veronica beccabunga
und V. anagallis; die meisten Sumpfflanzen jedoch zeigen
keine Manganspeicherung.
Unter der Annahme, die Manganeinlagerung sei eine Folge
der Kohlensäureassimilation, ließe sich diese progressiv abneh-
mende Fähigkeit der Manganabscheidung von den typischen
submersen Wasser- zu den Landpflanzen folgendermaßen
erklären: Die submersen Wasserpflanzen sind nur an die
direkte Kohlensäureaufnahme durch die Epidermis angewiesen^
8 M. Perusek,
welche infolge der dünnen Kutikula, die auch ganz fehlen
kann, ermöglicht wird. Ebenso wie die typischen submersen
Wasserpflanzen verhalten sich die submersen Blätter v-on
Wasserpflanzen mit polymorphen Blättern. Daß die schwer
benetzbare Oberseite der Schwimmblätter keine Manganoxyd-
abscheidung zeigt, wäre \'erständlich, da die Kohlensäure so
gut wie nicht durch die Epidermis eintreten kann, sondern
deren Aufnahme durch Spaltöffnungen besorgt wird. Dasselbe
ist auch bei den Blättern der Landpflanzen der Fall, die eihe
normal ausgebildete Kutikula besitzen.
Unter den untersuchten Pflanzen ließ sich bei folgenden
keine Tvlanganspeicherung nachweisen : Iso'etes Malinvernia-
nimi, Sparganium simplex, Scirpns lactistris, Nuphar luteum,
Nymphaea sp., Cahomha sp. (submerse Blätter), Bacopa Mon-
niera, Amlmlia sp., Myriophyllum proserpüiacoides, Hippuris
vulgaris, Utricularia vulgaris, Callitriche sp., Ludwigia
palustris, Lysimachia numinularia, Polygonimi amphibium,
Galitim. palustre, Myosotis scorpioides u. a.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht der mangan-
speichernden Pflanzen in bezug auf die Topographie der
Manganeinlagerung. Myriophyllum, Elodea, Vallisneria und
Rammaüus aquatilis wurden schon von Moli seh angeführt,
die übrigen haben sich nach meinen Untersuchungen als
manganspeichernd erwiesen.
Der Ort der Manganeinlagerung ist für die einzelnen
Pflanzen charakteristisch.
a) Bei Pflanzen, bei denen Mayr (I) Hydropoten nach-
gewiesen hat, stimmt die Lage der durch Manganoxyd braun-
gefärbten Stellen mit der Lage der Hydropoten überein. Diese
färben sich in einer Fuchsinlösung rot (Mayr, I, p. 282
und 353); dieselben Stellen zeigen in einer Mangansalzlösung
Braunfärbung, so bei Ceratophyllum demersum, Potamogeton
natans, Rammculus aquatilis, R. divaricatus, Sagittaria sagitti-
folia, Alisma plantago, A. gramineum, Myriophyllum spicatum.
Da die Hydropoten besondere Organe darstellen, die zur Auf-
nahme der Nahrung, also auch der Kohlensäure, befähigt sind,
spricht die erwähnte Tatsache neben anderen für die Annahme,
Manganspeicherung in Wasserpflanzen. 9
daß die ManganoxydeinlagerLing mit der Kohlensäureassimila-
tion zusammenhängt (vgl. Fig. 7 bis 9).
h) Aber auch bei manchen Pflanzen, bei denen keine
Hydropoten nachgewiesen sind (z. B. Elodea, siehe Tabelle),
bleibt die Manganabscheidung auf bestimmte Zellkomplexe
beschränkt. Allerdings kommt es vor, daß sich bei Elodea die
anfänglich ungefärbt bleibenden Zellreihen über den Nerven
bei langer Versuchsdauer schließlich auch schwach zu färben
beginnen, doch bleibt immer noch ein deutlicher Unterschied
gegenüber dem übrigen Blatt bestehen. Der Stengel bleibt
stets ungefärbt, wie das auch bei anderen Pflanzen der Fall
ist (Ramiiiaihis aquatilis, R. dinaricatits u. a.). Bei einigen
Pflanzen färben sich die Zellen über den Blattnerven nur
etwas langsamer und schwächer als die Umgebung (so bei
Potarnogcton crispus, P. perfoliatn^, P. hicens). Bei den ge-
nannten Pflanzen bemerkt man an den Blättern inselweise die
Zellen schwächer oder gar nicht gefärbt. Die Abgrenzung ist
zwar nicht scharf, doch scheint diese Differenzierung nicht
zufällig zu sein, da dieselbe auch bei der Färbung mit Fuchsin
eintritt.
Einen besonderen Fall bilden die Raphidenzellen bei
Lemna trisitJca und L. minor, die, sich von den übrigen
Zellen abhebend, keine Manganeinlagerung zeigen.
c) Wo. in der Ta.belle nichts Besonderes erwähnt wurde,
zeigen alle Epidermiszellen des betreffenden Organs Mangan-
oxydabscheidung oder besitzen wenigstens die Fähigkeit dazu.
Es kommt oft vor, daß sich nicht alle Zellen gleichmäßig
färben; bei einigen Zellen oder Zellkomplexen erfolgt die Ab-
scheidung wahrscheinlich aus inneren Gründen langsamer
oder gar nicht. In vielen Fällen jedoch dürfte die Ursache in
den Belichtungsverhältnissen liegen.
Die Abscheidung erfolgt bei verschiedenen Pflanzen unter
gleichen Urnständen verschieden rasch und intensiv. Chara
z. B. wird schon in kurzer Zeit ganz schwarz vom abge-
schiedenen Manganoxyd, ebenso die Hydropoten an den Band-
blättern und Schwimmblattstielen von Sagittaria sagittifolia,
während bei anderen Pflanzen, wie bei Hydrocharis, die Ab-
scheidung nur langsam vor sich geht.
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Manganspeiclierung in Wasserpflanzen. • 1 3
Diese Unterschiede dürften mit der verschiedenen Assimila-
tionsgeschwindigl^eit der Pflanzen im Zusammenhange stehen.
d) Die Einlagerung des Manganoxyds tritt fast ausnahms-
los nur in der äußeren Epidermiswand auf, selten auch
in den zu dieser senkrecht stehenden Zellwänden. Bei Lemna
speichert die obere Wand der Epidermiszellen mit welliger
Kontur kein Manganoxyd, wohl aber die darunterliegenden
Membranen und die Seitenwände (Fig. 3). Die viereckigen
Epidermiszellen hingegen zeigen die Manganeinlagerung in
den oberen Zellwänden. Bei Chara wird in sämtlichen Zell-
wänden Manganoxyd abgeschieden (Fig. 4).
e) Der gefärbte Teil der Zellwand ist nicht immer von
gleicher Form. Oft sind seine Konturen parallel denen der
Zellwand und er ist voo einer schmäleren oder breiteren un-
gefärbten Zone umgeben (Fig. 6). Er kann auch elliptisch, rund
oder biskuitförmig (Fig. 1 a) und von verschiedener Größe im
Verhältnis zur Zellwand sein. Nicht selten treten daneben an
den Membranen Zapfenbildungen auf, die ebenfalls Mangan-
oxyd einlagern (Fig. 1), manchmal erscheinen auch diese
allein (Molisch, III, p. 1428). Zuweilen färbt sich die ganze
Epidermis gleichmäßig, entweder gleich von Anfang an (stets
bei Riccia), oder es verwischen sich nach längerer Zeit die
anfangs gebildeten Figuren. Oft jedoch bleiben diese noch nach
Wochen scharf abgegrenzt erhalten. Im allgemeinen sind diese
Figuren nicht charakteristisch für die einzelnen Pflanzen, es
können verschiedenartige auf demselben Blatt zugleich auf-
treten. Manchmal geht die Färbung von den Rändern der Zell-
wand aus. Selten sind die braunen Flecke ohne Beziehung
zu den einzelnen Zellen strichweise über das Blatt angeordnet
(so an den Luftblättern von Alisma plantago).
Sehr auffallend ist die regelmäßige Querstreifung bei den
Rindenzellen von Chara (Fig. 5). Es ist interessant, daß die
in den Interzellularräumen eingelagerten Kalkcarbonatkrystalle
derart aneinandergefügt sind, daß bei der Flächenansicht der
Rindenzellen hellere und dunklere miteinander abwechselnde
Partien erscheinen, und infolgedessen eine ähnliche Quer-
streifung zustande kommt wie infolge der Manganeinlagerung
in der Membran.
14 M. Perusek,
f) Wenn die Pflanze sehr lang in der Mangansalzlösung
verweilt, werden zuweilen ganze Krusten einer braunen,
körnigen Masse auf der Blattoberfläche abgeschieden. Diese
Erscheinung wurde bei Elodea beobachtet. Zuerst erfolgte die
Abscheidung an den Stellen, wo auch die Zellwand das
Manganoxyd einlagerte, später auch gegen den Rand zu. Doch
war die Abscheidung in der Mitte viel reichlicher, so daß die
abgehobene Kruste gleichsam ein Abbild des braungefärbten
Blattes zeigte, indem auf der Fläche dunklere Flecke, ent-
sprechend den einzelnen Zellen, zu erkennen waren.
Auf der Oberfläche der Wasserpflanzen, die sich in
Mangansalzlösungen befanden, waren oft große Mengen von
Eisenbakterien, die statt Eisen Mangan speicherten, zu
beobachten. Ebenso fielen die Fußzellen mancher epiphytischer
Algen auf, welche nicht selten vom abgeschiedenen Mangan-
oxyd ganz schwarz erschienen (v^gl. Molisch, I, p. 71, und
IV, p. 50).
IV. Besonderheiten in der Manganspeieherung.
a) Verhalten des Spaltöffnungsapparats.
Bei manganspeichernden Pflanzen, die Spaltöff"nungen
besitzen, fallen die Zellen des Spaltöffnungsapparats durch ihr
besonderes Verhalten unter den übrigen Zellen auf: Die
Schließzellen bleiben stets ungefärbt, in der Regel auch
die den Schließzellen parallelen Nebenzellen (Fig. 2); manch-
mal zeigen die quergestellten benachbarten Zellen ebenfalls
keine Manganspeicherung. Zuweilen kommt es auch vor, daß
die Nebenzellen nur schwächer gefärbt sind als die Umgebung.
Die erwähnte Erscheinung ist ein neuerlicher Beleg für
die besondere Stellung des Spaltöffnungsapparats, auf die
schon öfters hingewiesen wurde (vgl. Leitgeb, I, p. 131;
Molisch, II, p. 30; Kindermann, I; Kluyver, I, p. 1148;
Molisch, VI, p. 480). Die Ursache für das auffallende Ver-
halten der Spaltöffnungen bei manganspeichernden Pflanzen
könnte in der Membran oder — was wahrscheinlicher ist —
im besondern Chemismus dieser Zellen liegen (vgl. Hamorak, I).
Manganspeicherungin Wasserpflanzen. 15
b) Verhalten der Zellen in der Umgebung von toten Stellen.'
Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß sich Zellen, die
an tote Stellen angrenzen, in der Regel gar nicht oder wenigstens
schwächer färben als die übrigen. An den Stengeln von
Pofamogeton acntifoUns wurden oft einzelne Zellen mit zer-
störtem Inhalt beobachtet; die Zellen, die unmittelbar an solche
Zellen grenzten, blieben vollkommen ungefärbt, obwohl sie
lebten, wie durch Plasmolyse nachgewiesen wurde, während
die nächsten Zellen schon tiefbraun gefärbt waren.
Durch Verwundung wurden künstlich solche tote Stellen
erzeugt. Elodea-BVäXiQv wurden durch Nadelstiche, durch das
Berühren mit einer glühenden Nadelspitze und durch Ab-
schneiden der Blattenden verwundet, die Sprosse 4 Tage in
Leitungswasser und nachher in eine MnSO^-Lösung gebracht.
Bei kleinen Wundstellen trat der Unterschied zwischen den
angrenzenden ungefärbten Zellen, die alle starke Protoplasma-
Strömung zeigten, und den übrigen intensiv gefärbten Zellen
deutlich hervor (Eig. 6). Auch an größeren Wundstellen war
das in der Regel zu beobachten. Bei den großen Brandwunden
war die Abgrenzung nicht so deutlich; oft blieben mehrere
Zellreihen ungefärbt oder die Zellen der Umgebung waren
schwächer gefärbt oder zeigten nur Zäpfchenbildung. In der
Nähe der Brandwunden war stets die Tendenz zur Zäpfchen-
bildung zu beobachten.
Bei den kleinen Wunden begannen sich nach längerer
Zeit, etwa einer Woche bei günstigen Belichtungsverhältnissen,
auch die anfänglich ungefärbten Zonen zu färben, während
sie bei den größeren noch nach 14 Tagen unverändert blieben.
Nach 3 Wochen waren alle, auch die die großen Wundstellen
umgebenden Zellen intensiv gefärbt, wenn auch nicht so stark
wie die übrigen.
Um sich zu überzeugen, ob die Dauer der Ausheilung
einen Einfluß auf die Färbung der an die Wundstelle an-
grenzenden Zellen habe, wurden ElodeaS'pvossQ sofort nach
der Verwundung in die Mangansalzlösung gebracht; sie zeigten
dieselbe Erscheinung wie solche, die 4 bis 9 Tage im Leitungs-
wasser der Ausheilung überlassen wurden, woraus hervorgeht,
16 M. Perusek,
daß die Dauer derselben keinerlei Bedeutung für die Mangan -
speicherung jener Zellen hat.
V. Einige Versuche betreffend die Frage der Mangan-
speieherung als Folge der Kohlensäureassimilation.
a) Wie schon erwähnt, erfolgt die Manganeinlagerung in
den Membranen der Wasserpflanzen nur im Lichte, und zwar
wie Molisch (III, p. 1434) durch Versuche festgestellt hat, in
der roten Hälfte des Spektrums rascher und intensiver als in
der blauen. Dieser Umstand legt den Gedanken nahe, daß die
Einlagerung mit der Kohlensäureassimilation im Zusammen-
hange steht. Versuche mit Kohlensäureabschluß führten nicht
zur Lösung dieser Frage, da die Pflanze die bei der Atmung
abgegebene Kohlensäure zur Assimilation verwenden kann
(Molisch, III,' p. 1434).
Folgender Versuch mit vollständigem Luftabschluß
führte ebenfalls nicht zum erwünschten Resultat: 3 Elodea-
Sprosse wurden auf eine Stunde in abgekochtes Wasser
gebracht, damit beim Einlegen in die Versuchslösung kein
lufthaltiges Wasser an den Blättern haften bliebe. Sodann
wurde je ein Sproß in eine Eprouvette gebracht und dem
direkten Sonnenlichte ausgesetzt. Von den 8 Eprouvetten
wurden vier mit einer 0' 1-prozentigen MnClg-Lösung in ab-
gekochtem und filtriertem Leitungswasser gefüllt und mit Öl
überschichtet, die anderen vier mit einer ebensolchen Lösung
in nicht abgekochtem Leitungswasser. Nach Ablauf von 1, 2,
3 und 8 Stunden wurden die Blättchen je eines Sprosses aus
der Lösung mit Luftabschluß, beziehungsweise aus der Kontroll-
lösung unter das Mikroskop gebracht. Es zeigte sich, daß sich
die Blättchen trotz des Luftabschlusses färben. Aber auch diese
Tatsache würde der oben erwähnten Annahme nicht wider-
sprechen, da die Pflanze den Sauerstoff aus den Interzellular-
räumen v^ratmen kann, und die auf diesem Wege, beziehungs-
weise durch die intramolekulare Atmung gebildete Kohlensäure
wieder die Assimilation ermöglicht. Auffallend war bei dem
Versuche, daß die Sprosse in den Lösungen mit Luftabschluß
sogar eine stärkere Manganeinlagerung aufwiesen als die
Kontrollpflanzen.
Manganspeicherung in Wasserpflanzen. 17
Dieser Unterschied konnte vielleicht von der Verschieden-
heit der Individuen herrühren. Deshalb wurde der Versuch
wiederholt. Zehn möglichst ähnliche, gesunde Sprosse wurden
auf 2 Stunden in abgekochtes Leitungswasser gelegt, dann
je fünf in eine abgekochte MnCl.^-Lösung mit Luftabschluß,
beziehungsweise in eine nicht abgekochte, und dem direkten
Sonnenlichte ausgesetzt. Nach 3 Stunden wurden die Blättchen
der einzelnen Individuen bezüglich ihrer Manganoxydspeiche-
rung verglichen. Der Vergleich ergab, daß tatsächlich die
Braunfärbung bei den 5 Sprossen aus den Lösungen mit Luft-
abschluß durchschnittlich deutlich intensiver war als bei den
übrigen, eine Tatsache, die ich mir allerdings nicht ohne
weiteres erklären kann.
b) Bekanntlich sind viele Wasserpflanzen imstande, dem
Calcium- und Alkalicarbonat die Kohlensäure zu ent-
nehmen, wobei die Carbonate ausgeschieden werden, und
zwar soll die Kohlensäureentnahme aus den Bicarbonaten
sogar eine sehr wichtige Rolle bei der Kohlen.säureassimilation
der Wasserpflanzen spielen (Angelstein, I, p. 16 des Sonder-
abdruckes). Das ausgeschiedene Alkali könnte nun die Ursache
für die Fällung und Einlagerung des Mangans in Mangansalz-
lösungen sein (vgl. Moli seh, III, p. 1436).
Es wurde eine ganze Reihe von Wasserpflanzen auf ihre
Fähigkeit hin, das Wasser alkalisch zu machen, geprüft.
Dazu wurden natürlich nur solche Versuchsgefäße verwendet,
in denen das Wasser keine aus dem Glase herrührende Alkale-
szenz zeigte, wobei als Indikator Phenolphtalein diente (vgl.
Molisch, V, p, 969). Nach Moli seh bewirken folgende Pflanzen
Alkaleszenz des Wassers: Potamogeton htcens, P. nataiis,
P. perfoliatus, P. crispiis, Ceratopliylliim demersiim, Stratiotes
aloides, Myriophylliim verticillatniu, ValUsneria spiralis, Elodea
canadensis, Ramincnhis aqnatilis, Riccia flnitans und Chara
sp. Unter den geprüften Pflanzen wurde das Wasser außerdem
bei folgenden alkalisch: Potamogeton pcctiuatus, P. deiistis,
P. acutifolms, Myriophyllwn spicatimi, Najas major, Hydrilla
verticülata, Ranunciilns divaricatus, Sagittatia sagittifolia,
Alisma plantago (Bandblätter), Alisnia gramiiienm, Lcmna
trisulca, L. minor, Foutiiialis antipyretica.
Sitzb. d. mathem.-naturw. KI., Abt. I, 12s. Bd. 2
18 M. Perusek,
Außer bei den von Moli seh angeführten Pflanzen (Hydro-
charis inorsns ranae, Utricularia sp., Polygomint amphibium,
Veronica beccahtmga, Lemna polyrrhkä) ließ sich keine
Alkaleszenz des Wassers nachweisen bei: Callitriche sp.,
Alisma plantago (Luftblätter), Vercmica anagalUs, Galinni
pahistrc, MyosoHs scorpioides, Lysiniacliia nnuimnlaria, Spar-
ganium simplex, Biitonius nnihellatits.
Im allgemeinen sind es dieselben Pflanzen, welche das
Wasser alkalisch machen und in Mangansalzlösungen Mangan-
oxyd speichern. Ausnahmen bilden Butomus und Hydrocharis,
die zwar Manganox\'d ausscheiden, aber keine Alkaleszenz
des Wassers bewirken. Das könnte man so erkläi-en, daß die
erwähnten Pflanzen sehr langsam die Kohlensäure duich die
Epidermis aufnehmen, wodurch nur wenig Alkalicarbonat aus-
geschieden wird und dieses in kurzer Zeit wieder in Bicarbonat
übergeführt werden kann. Übereinstimmend damit färbt sich
Hydrocharis erst nach längerem Verweilen in der Mangan-
salzlösung, manchmal nach einigen Wochen, oft auch gar
nicht. Pflanzen, die sich — wie Elodea oder Potamogeton —
in kurzer Zeit auf der ganzen Oberfläche färben, bewirken
alle starke Alkaleszenz des Wassers.
c) Folgender Versuch sollte zur Klärung der Frage bei-
tragen, ob die Manganspeicherung nur von der Kohlensäure-
aufnahme oder speziell von der Zerlegung der Alkalibicarbonate
abhängig ist: Elodea -Sprosse wurden in destilliertes Wasser
gebracht, durch welches Kohlensäure durchgeleitet wurde, um
das an den Blättchen haftende CaCOg zu lösen; dann wurden
die Pflanzen mit destilliertem Wasser gewaschen und teils in
eine 0-05-prozentige MnSOj^-Lösung in destilliertem Wasser,
in welche kurze Zeit Kohlensäure eingeleitet wurde, gebracht,
teils in eine solche in Leitungswasser, und die Gefäße in
direktes Sonnenlicht gestellt. Im Leitungswasser zeigte sich
die Bräunung sehr bald, während die Pflanzen im destillieiten
Wasser, obwohl lebend, auch nach einer Woche keine Färbung
aufwiesen. Der Grund konnte darin liegen, daß sich die Pflanze
in einer ihr schädlichen Lösung befand und dadurch geschwächt
wurde, und nicht in der Abwesenheit des Alkalibicarbonats.
Manganspeicherung in Wasserpflanzen.
19
Deshalb wurde eine Nährlösung (0-0250/o KNO3 + 0-025V,,
KCl in destilliertem Wasser), der 0-057o MnSO^ und NaHCOg
zugesetzt wurde, verwendet.
NaHCOg-
Zusatz
Mn SO^-l-Nährlösang
I I i
Spur 0-010/q O-OSOq I O-SO/q
Mn SOj
Leitungs-
wasser
Beginn der
Versuche
5. Juli
8. Juli
12. Juli
Skala: 1 kaum merkliche, 5 sehr intensive Braunfärbung
In der Nährlösung ohne Bicarbonatzusatz färbte sich die
Pflanze so gut wie gar nicht (nur 3 Blättchen zeigten eine
sehr geringe Ausscheidung). In den Lösungen, den NaHCO.^
zugesetzt wurde, war die Ausscheidung viel reichlicher als im
Leitungswasser. Besonders intensiv war die Färbung in der
Lösung mit 0*01% Bicarbonatzusatz. Die betreffende Pflanze
assimilierte so kräftig, daß am Morgen des 6. Juli (die Pflanzen
waren am Abend des 5. Juli in die Lösungen gebracht worden),
noch bev^or sie vom direkten Sonnenlichte getroffen wurde,
mit großer Geschwindigkeit Gasbläschen von der Verwundungs-
stelle des Stengels aufstiegen, während bei den übrigen Sproß-
stücken hievon nichts zu bemerken war. Daß die Sprosse mit
reichlicherem Zusatz von NaHCOg weniger intensiv assimi-
lierten, ist darauf zurückzuführen, daß infolge der größeren
Menge des Bicarbonats ein Teil zur Fällung des Mangans in
der Lösung^verwendet wurde, andrerseits ist bei den betref-
fenden Lösungen wohl auch das Optimum der Konzentration
überschritten worden (Angel stein, I, p. 15 des Sonderabdr.)".
Der Sproß, der auffallend intensiver assimilierte als die
übrigen, zeigte auch in sehr kurzer Zeit eine unverhälnismäßig
reichlichere Manganoxydabscheidung, woraus man wohl mit
20 M. Perusek,
einiger Wahrscheinlichkeit schließen dürfte, daß diese parallel
mit der Assimilation einhergeht.
VI. Zusammenfassung.
Die von Molisch entdeckte, im Lichte eintretende Mangan-
oxydspeicherung in der Epidermis submerser Wasserpflanzen
wurde weiter verfolgt und führte zu folgenden Ergebnissen:
1. In Übereinstimmung mit Molisch erfolgt die Mangan-
einlagerung nur an lebenden Objekten.
2. Die Fähigkeit, Mangan in der Zellwand zu speichern,
findet sich fast allgemein bei den typischen submersen Wasser-
pflanzen; seltener und in geringerem Maße tritt die Mangan-
speicherung bei amphibischen und bei Schwimmpflanzen auf
und fehlt fast vollständig bei Landpflanzen.
3. Bei zu starker, der Pflanze schädlicher Mangansalz-
konzentration oder wenn die Individuen stark geschwächt
sind, bleibt die Manganoxydabscheidung bei sonst mangan-
speichernden Pflanzen oft ganz aus.
4. Der Ort der Manganspeicherung ist für die einzelnen
Pflanzen charakteristisch. Bei Pflanzen mit Hydropoten sind
es diese, welche Manganoxyd in den Membranen einlagern.
5. Bei manganspeichernden Pflanzen mit Spaltöffnungen
zeigen die Schließzellen, in der Regel auch die Nebenzellen»
keine Manganoxydeinlagerung.
6. Die an eine verletzte Stelle angrenzenden Zellen unter-
scheiden sich von den übrigen dadurch, daß sie sich anfangs
überhaupt nicht, später aber schwächer als die Umgebung
infolge der Manganoxydspeicherung färben.
7. Die Form des gefärbten Teiles der Zellwand ist in
der Regel für die einzelnen Pflanzen nicht charakteristisch;
eine Ausnahme bildet die regelmäßige Querstreifung der
Rindenzellen bei Ohara.
8. Die Manganspeicherung erfolgt meist nur in der
äußeren Epidermismembran; nur ausnahmsweise kommt sie
auch ^ in den Seitenwänden der Epidermiszellen oder in den
Zellwänden der subepidermalen Zellschichte vor.
9. Wasserpflanzen, die in größerer Menge Manganoxyd
speichern, bewirken durchwegs Alkaleszenz des Wassers.
Manganspeicherung in Wasserpflanzen. ^1
10. In einer Lösung des Mangansalzes in destilliertem
Wasser, auch bei Zusatz von neutralen Salzen, zeigen die
Pflanzen keine Manganspeicherung, wohl aber in der erwähnten
Lösung mit Alkalibicarbonatzusatz.
11. Die unter 1, 2, 4, 9 und 10 angeführten Tatsachen
stimmen — neben der von Moli seh betonten Abhängigkeit
der- Manganspeicherung vom Lichte — mit der Annahme
überein, daß diese eine Folge der Kohlensäureassimilation
darstellen dürfte.
Literatur.
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Biologie der Pflanzen, Bd. 10, 1911.
Hamorak N., 1. Beiträge zur Mikrochemie des Spaltöffnungs-
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Inst, zu Tübingen, II. Bd.
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der Salpetersäureassimilation und der Manganabscheidung
in der Pflanze. Diese Sitzungsber., Abt. I, 121. Bd., 1912.
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Schließzellen gegen schädliche Einflüsse. Diese Sitzungs-
ber., Abt. I, 111. Bd., 1902.
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Sitzungsber., Abt. I, 120. Bd., 1911.
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22 M. Perusek.
Molisch H., I. Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen.
Jena 1892.
— II. Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena
1897.
— III, Über lokale Membranfärbung durch Manganverbin-
dungen bei einigen Wasserpflanzen. Diese Sitzungsber.,
118. Bd., 1909.
— IV. Die Eisenbakterien. Jena 1910.
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grüne Wasserpflanzen. Diese Sitzungsber., Abt. I, Bd. 119,
1910.
— VI. Beiträge zur Mikrochemie der Pflanze. Berichte der
Deutschen Bot. Ges., XXXVI. Jahrg., Heft 8, 1918.
Pringsheim N., I. Über die Entstehung der Kalkinkrustationen
an Süßwasserptlanzen. Pringsheim's Jahrb., Bd. 19, II
Manganspeicherung in Wasseiptlanzen. 2o
Erklärung der Abbildungen.
Die Figuren 1, 2, 3, 4, 6, 7 und 9 etwa 290-fach, Fig. 5 und 8 etwa 90-facii
vergrößert.
Fig. 1 a. Flächenschnitt eines Blattes von Stratiotes aloides, nach längerem
Verweilen in einer 0" 05-prozentigen Mn SO4- Lösung ; neben der
charakteristischen Manganspeicherung in der Membran tritt Zapfen-
bildung {z) auf.
Fig. 1 b. Querschnitt desselben; Manganeinlagerung in der oberen Epidermis-
wand, eine Zelle zeigt die erwähnte Zapfenbildung {z).
Fig. 2. Unterseite eines Schwimmblattes von Potautogeton natans, nach drei-
tägigem Verweilen in einer 0" 01-prozentigen MnClo-Lösung. Die
Schließzellen und die ihnen parallelen Nebenzellen zeigen keine
Manganeinlagerung, wodurch sie sich scharf von, der Umgebung
abheben.
Fig. 3. Querschnitt durch einen Sproß von' LeiiiHii irisulcci, die sich 5 Tage
in einer 0" 025-prozentigen Mn Cl^-Lösung befand. Die Mangan-
speicherung tritt nicht in der äußeren Epidermiswand, sondern in
den Seitenwänden sowie in den inneren Membranen auf.
Fig. 4. Querschnitt durch ein Thallusstück von Cham sp. aus einer 0' 01-
prozentigen MnClo-Lösung ; die Manganeinlagerung ist ni^ht auf die
äußere Oberhautwand beschränkt; sie nimmt wohl ihren Ausgang in
dieser und schreitet dünn gegen das Innere vor.
Fig. 5. Flächenansicht eines solchen; die Rindenzellen zeigen die charakte-
ristische Querstreifung.
Fig. 6. Flächenansicht eines Blattes von Elodea caimdensis, das durch eine
Nadelspitze verwundet und auf 3 Tage in eine 0" 05-prozentige
MnCl.>-Lösung gebracht wurde; die an die verletzte Stelle an-
grenzenden Zellen zeigen keine Manganox3'dabscheidung.
Fig. 7. Eine Hydropote von der Unterseite eines Schwimmblattes von
Saifitlaiia sagiltifolia, nach 13-tägigem Verweilen in einer 0' 025-
prozentigen MnClo-Lösung; die Zellen der H3'dropote lagern Mangan-
oxyd ein, während sich die Umgebung nicht färbt.
Fig. 8. Lange Hydropote (vgl. Mayr, I, p. 284) von der Unterseite eines
Bandblattes von SagHtaria sagittifoUa. Die Hj'dropoten = die Zellen
■ über den Nerven, wiesen in einer 0-025-prozentigen MnCU-Lösung
nach 3 Tagen sehr reichliche Manganoxjrdabscheidung auf, die
i.ibrigen Zellen dagegen keine.
Fig. 9. Querschnitt durch den Stengel von Myriophyllum spicatuiii, aus
einer 0' 025-prozentigen MnCi^-Lösung; nur die äußere Epidermis-
wand der Hydropote zeigt Manganoxydeinlagerung (vgl. Mayr, I,
p. 329).
PeruSek: Manganspeicherun.^ in Wasserpflanzen.
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Klasse. Abt. I. 128. Pu).. 1910.
25
Über den Einfluß der Bestrahlung auf
Bacterium pyocyaneiim (Gessard,
Flügge) und seine Pigmente
Von
Prof. Dr. Johannes Furlani
(Staatsgymnasium in Wien VII.)
Aus dem Institut für Pathologische Histologie und Bakteriologie der
Universität Wien. Vorstand Prof. Dr. Oskar Stoerk.
(Vorgelegt in der Sitzung am 6. Februar 1919)
1. Die Pigmente der Bakterien fluoreszens liquefaziens und
Pyocyaneus und ihre Bildung.
Es liegen eine Reihe von Arbeiten über die Pigmente
der Pyocyanetis-ßuoreszens- Gruppe vor, so von Babes,
Boland, Charrin, D'Arsonval, Ernst, Fordos, Gessard,
Jakowski, Krause, Ledderhose, Mühsam und Schimmel-
busch, Noesske, Thumm, Wasserzug, Kurt Wolf. Auf
Grund meiner eigenen Beobachtungen muß ich mich jenen
Autoren anschließen, die zwei Gruppen von Farbstoffen unter-
scheiden; den Ausführungen Thumm's und denjenigen
K. Wolfs kann ich, wie sich im Laufe des Folgenden zeigen
wird, in manchen Punkten nicht beipflichten. B. ßuoreszens-
liqiiefazievis bildet einen wasser- und alkohollöslichen, chloro-
formunlöslichen, im durchfallenden Lichte gelben Farbstoff
mit größerer Fluoreszenz. Durch Zusatz von Säuren wie
auch durch längeres Stehen an der Luft oxydiert dieser
Farbstoff, wobei er eine olivbraune Farbe annimmt. Beschleu-
nigt wird dieser Oxydationsvorgang an der Luft bei höherem
Luftdruck oder beim Durcho-ang durch ein Berkefeld-Porzellan-
26 J. Furlani,
filter. Stets verliert dabei der Farbstoff die Fluoreszenz. Um-
gekehrt wird, durch Zusatz von Alkali zum Lösungsmittel
die Fluoreszenz erhöht, wodurch die Lösung leuchtend grün
erscheint; im durchfallenden Lichte bleibt die Farbe jedoch
unverändert gelb. Das Spektrum des B. fliioreszens, beob-
achtet im Mikrospektroskop Zeiß, bei einer Schichtdicke von
10 mm, zeigte außer einer totalen Endabsorption am roten
Ende bis 690 und darauffolgender rascher Abnahme der Ab-
sorption eine stärkere Zunahme derselben zwischen (310 und
580, die hier jäh aufhört. Die totale Endabsorption am
violetten Ende reicht bis 430, von da an nimmt sie bis 520
ab, um hier zu verschwinden.
Außer diesem Farbstoff enthält der Pyocyaneiis noch einen
chloroformlöslichen Farbstoff, der aus jüngeren Kulturen in
blaugrüner Farbe in Lösung geht: das Pyocyanin der
Autoren. Dieses Pyocyanin macht durch sein Vorkommen die
wesentliche Unterscheidung des B. pyocyaiieiim vom B. fliw-
reszensltquefaciens aus. Dieser Farbstoff, aus wässeriger Lösung
leicht in rhombischen Krystallen erhältlich, zuerst von Fordos
1860 isoliert und benannt, hat nach Ledd erbose die Formel
Cj^Hj^N.jO und ist eine dem Anthracen verwandte aroma-
tische Verbindung. Das Pyocj^anin geht aus einer Leukobase
durch Oxydation dieser in alkalischer Lösung hervor. Die
Reduktion gelingt durch Schwefelwasserstoff, aber auch durch
Natriumamalgam. Umgekehrt oxydiert sich die Base rasch
durch Einleiten von Sauerstoff zum blauen Farbstoffe. Wird
der wässerigen Lösung Salzsäure zugesetzt, so geht die blaue
Farbe in rot über.
Die totale Endabsorption sah ich am roten Ende des
Spektrums bis 660, dann nimmt sie bis 600 ab, wo sie sich
wieder bis 590 verstärkt. Am violetten Ende erscheint die
Strahlung bis 430 stärker geschwächt; sie nimmt von hier
rasch ab, um bei 490 ganz zu verschwinden.
Das Pyocyanin pflegt man aus einer Bouillonkultur derart
zu gewinnen, daß man in dieselbe Chloroform eingießt und
das Röhrchen sofort energisch schüttelt. Gießt mandas Chloro-
form jedoch langsam ein und vermeidet ein zu heftiges
Schütteln, so tritt nicht der blaugrüne Farbstoff ins Chloroform
Einfluß der Bestrahlung auf Bactcriuiii pyocyaneum. 27
ein, sondern das Chloroform nimmt zuerst eine zarte, himbeer-
rote Farbe an, dann tritt in der Grenzschicht gegen die
Bouillon hin die bekannte Pyocyaninfärbung ein, die sich
allmählich nach unten hin ins Chloroform ausbreitet, wodurch
die Rosafärbung verdeckt wird. Gießt man, bevor letztere
Mengung eintritt, den oben befindlichen Fliissigkeitsanteil
mit dem in der Bouillon enthaltenen gelbgrünen Fluoreszin
und dem in der Grenzzone befindlichen blauen Pigment
ab, so hat man die rascher lösliche Komponente des chloro-
formlöslichen Pigmentanteiles von der schwerer löslichen
blauen getrennt. Diese beiden zusammen geben das P^^ocyanin
der Autoren, das ich Rohpyocyanin nennen will.
Aus dem Rohpyocyanin konnte ich durch Ausschütteln
mit konzentrierter Salzsäure wieder seine beiden Komponenten
trennen: 1. In die Salzsäure tritt ein rubinroter Farbstoff über,
der, mit Lauge alkalisiert, ultramarinblau wird, das reine Pyo-
cyanin. Von Chloroform wird es in gleicher Farbe wieder
aufgenommen und zeigt dann auch nach längerer Zeit (1- bis
6 Wochen) keine Farbenänderung — im Gegensatz zur Roh-
lösung, die allmählich eine gelbgrüne Farbe annimmt. 2. Nach
dem Ausschütteln der Rohlösung mit Salzsäure ist im Chloro-
form das himbeerfarbene Pigment verblieben, das von Lauge
in rotbrauner Farbe übernommen wird. Dieses Pigment, das
Pyoerythrin, ist wohl identisch mit dem von Beyerink, in
Pyocyaninkulturen aus Gartenerde gezogen, beobachteten
Farbstoff. In Schwefelsäure geht es in grüne Farbe über.
Auch Eisessig färbt es grün; Ammoniak restituiert wieder die
Himbeerfarbe. In manchen Pyocyaninstämmen sind kaum
Spuren dieses Pigments vorhanden. Darum, und weil es im
Lichte seine Farbe äußerst rasch in nußbraun ändert, um
schließlich unter Bildung eines dunklen Niederschlages zer-
stört zu werden, wurde es ganz übersehen. Auch ist es in
älteren Kulturen bereits zerstört. Beim Cassin'schen Bazillus,
mit dem auch Conor gearbeitet hat, wird nur das Erythrin
gebildet. Wird die Rohpyocj^aninlösung in Chloroform zuerst
mit Alkali behandelt, so geht in dieses das Pyoerythrin über,
das Chloroform bleibt durch das Reinpyoc^'anin ultramarin-
blau gefärbt. Es ändert sich also durch die Änderung der
28 J. Furlani,
Reihenfolge der chemischen Zusätze zu der Rohlösung nichts
hinsichtlich der Komponenten derselben. Werden die zuletzt
angeführten Oxydationsprodukte des Chromogens, Pyocyanin
und Pyoerythrin nicht getrennt, so bilden sie die weiteren,
von Fordos, Boland u. a. beschriebenen gelben bis braunen
Oxydationsprodukte; dies gilt sowohl für Lösungen als auch
für Krystalle. Wird eine Rohpyocyaninlösung in Chloroform
aus einer erst einen Tag alten Kultur, mit verdünnter Salz-
säure (1 : 3 nach Boland) behandelt, so geht das ganze
Rohpyoc3'anin in die Säure über und das Chloroform bleibt
farblos; ist die Kultur, aus der extrahiert wurde, bereits einige
Tage alt oder läßt man die Rohpj'ocyaninlösung erst einige
Tage stehen, so bleibt nach der Behandlung mit verdünnter
Salzsäure im Chloroform ein gelber Rest, bläulich fluores-
zierend, später ohne Fluoreszenz; es ist dies die Pyo-
xanthose der Autoren. Die Bildung dieses Farbstoffes nimmt
im Rohpyocyanin mit der Zeit immer mehr zu. Lösungen und
Krystalle des P3^ocyanins verändern ihre Farbe bekanntlich
aus blaugrün in gelbgrün.
Die Pyoxanthose kann mit Schwefelsäure aus dem Chloro-
form' in Orangefarbe ausgeschüttelt werden. Diese P\^o-
xanthose geht aus dem Rohpyocyanin hervor, indem bei der
Zunahme der Xanthose eine Abnahme des Cj^^anins eintritt.
Diese Abnahme geht so weit, daß sich aus Kulturen, die
einige Wochen alt sind und ebenso aus Lösungen des Farb-
stoffes kein Cyanin mehr ausschütteln läßt, wohl aber ist die
Xanthose vorhanden. Während dieses Umwandlungsprozesses
haben Kulturen und Lösungen eine Verfärbung ins Braune
erlitten. Die Rohp\^ocyaninlösung in Chloroform, die aus gelb-
grün in gelb übergegangen ist, entfärbt sich schließlich nach
6 bis 8 Wochen ganz, wobei ein Niederschlag gebildet wird.
Behandelt man alte, bereits ganz rotbraun gewordene Kulturen
mit Chloroform, so geht bekanntlich nichts vom Farbstoffe
mehr in Lösung. Es ist also auch die Xanthose verschwunden.
Das Endprodukt dieses Oxydationsprozesses des ursprüng-
lichen Chromogens, ist ein braunroter, stabiler Farbstoff, der
allmählich entstanden jst, wie Boland beschreibt, in Alkali
oder Wasser löslich ist und den ich Pyophaein nennen will.
Einfluß der Bestrahhing auf Barleriiiiii pyocyaiieiim. 29
Oxydation und Reduktion des Rohpyocyanins konnte ich
auch durch Elektrolyse beobachten. Ich habe zu diesem
Zwecke den Inhalt eines Bouillon- oder Peptonwasserröhrchens
mit Pyocyaneus beziehungsweise Fluoreszenskultur, dann
bloß die Flüssigkeit nach Abzentrifugieren der Bakterien,
schließlich Wasserlösungen von Cyanin, beziehungsweise
Fluoreszin in eine V - Röhre gegossen und einen schwachen
elektrischen Strom durchgeleitet. Da die Ergebnisse bei den
verschiedenen Versuchsanordnungen die gleichen waren, so
kann es sich hierbei — wie aus dem Folgenden hervorgeht —
nur um Veränderungen der Farbstoffe selbst gehandelt haben.
Wurde die Flüssigkeit in der V - Röhre beiderseits mit
Paraffinöl überschichtet, so zeigte das Pyocyanin folgende
Farbenveränderungen: Sofort nach Schließung des Stromes
trat am Sauerstoffpol eine rubinrote Verfärbung ein, die in
rotbraun, braun, gelbbraun überging, bis die Flüssigkeit voll-
kommen entfärbt war; dafür sammelte sich ein Niederschlag
in der neutralen Zone an. Die Zeit, die bis zur völligen Ent-
färbung nötig war, hing von der ursprünglichen Tiefe der
Färbung der Lösung, also von der vorhandenen Pyocj^anin-
menge ab und schwankte zwischen 30 Minuten und 2 Stunden.
Wir sehen am Sauerstoffpol die durch den freiwer-
denden Sauerstoff gebildeten Oxydationsprodukte
des Pyocyanins in rascherer Folge als in Kulturen
oder Lösungen entstehen. Umgekehrt tritt am Wasser-
stoffpol durch den naszierenden W^asserstoff eine
Reduktion des Pyocyanins zu seiner Leukobase ein.
Wird die Lösung nicht mit Paraffinöl gegen die Atmosphäre
abgeschlossen, so tritt einerseits am 0-Pol eine viel raschere,
andrerseits am H-Pol eine bedeutend verzögerte Entfärbung
ein, ein Beweis für die große Sauerstoffempfindlichkeit unseres
Farbstoffes.
Das Pyocyanin verhält sich also wie Atmungs-
pigmente, die Sauerstoff leicht aufnehmen, aber auch
leicht wieder abgeben.
Die Behandlung einer FluoreszinlösLing in der gleichen
Weise ergab :
30 J. Furhmi,
Am Saiierstoffpol Verfärbung in Braun bei Ver-
schwinden der Fluoreszenz, dann Ausbleichung bis
auf die neutrale Zone, die eine bräunliche Farbe behielt;
die farblos gewordene Lösung zeigte eine Zeit lang ein
Irisieren. Am Wasserstoffpol trat eine starke .Steigerung
der grünen Fluoreszenz ein, so daß die Flüssigkeit
geradezu grünleuchtend erschien.
Es entspricht also auch das Verhalten des Baderio-
fliioreszins einerseits dem in Salzsäure, andrerseits dem in
Ammoniak. Die in Kulturen von Fluoreszens liqnefaziens
beobachtete Zunahme der Fluoreszenz bis zu einem Maximum
ist also auf eine Zunahme der basischen Reaktion im Kultur-
medium durch Produktion von Ammoniak zurückzuführen.
Wurde eine Lösung, die Fluoreszin und Pyocyanin
enthält, also die Bouillon von einer Pyocyanens-KuVi\iv der
Elektrolyse unterworfen, so war das Ergebnis folgendes: Am
Sauerstoffpol trat eine Braunfärbung — beide Pigmente bilden
ja braune Oxydationsprodukte — , dann Aufhellung ein; so-
dann zeigte die Flüssigkeit nur mehr das Irisieren des Fluo-
reszins, die neutrale Zone blieb gelb. Am Wasserstoffpol trat
ein rasches Verblassen zufolge der Pyocyaninreduktion ein,
wobei aber eine Zunahme der Fluoreszenz analog dem
Fluoreszin verhalten, die zu erwarten war, ausblieb.
Hinsichtlich der Lebensbedingungen unserer beiden Bak-
terien wird angegeben, daß im Nährsubstrat Phosphor, Magne-
sium und Sulfat nötig seien, die Farbstoffbildung trete bei
Gegenwart von Ammoniak und Luftsauerstoff ein. Ich habe
Pyocyanetis und Fhioreszens in Agarröhrchen im Dunkeln
kultiviert, die einerseits mit Paraffin abgeschlossen wurden,
also eine gewisse Menge von Luft enthielten, andrerseits
wurden Kulturen mit Paraffinöl überschichtet, das zuvor aus-
gekocht worden war; diese Kulturen waren also vom Zutritt
der Luft, abgesehen von Luftbläschen, die zwischen Öl und
Agar haften blieben, abgeschlossen. Bei beiden Arten des
Abschlusses wurden Spuren von Fluoreszin gebildet; das
Wachstum hörte auf dem Schrägagar nach wenigen Tagen
auf. Die Pyocyaninproduktion war in beiden Fällen eine ver-
schiedene. Wurden die Röhrchen mit Paraffinabschluß, die
Kinfluü der Hestrahlung auf Biictcrniui pyncytVieuiit. 31
nur eine ganz geringe Fluoreszenz zeigten, nach 3 bis
4 Monaten geöffnet, so ti'at sehr bald (nach zirka Yg Srunde
sichtbar) ein lebhaftes Ergrünen der Oberfläche des Agars
ein, das dann in immer tiefere Schichten fortschritt. Wurden
die Röhrchen mit Paraftin(')labschluß geöffnet, so wurde ein
Ergrünen erst mit dem in allen Röhrchen nach Öffnung
neuerlich einsetzenden Bakterienvvachstum sichtbar, also erst
nach 1 bis 2 Tagen. Im er-ten Falle war also unter Einfluß
der geringen, eingeschlossenen Menge \'on »Reizsauerstoff«
das Chromogen gebildet worden, daß sich sofort nach Zutritt
einer genügenden Menge von Luftsauerstoff zu P3^ocyanin
0X3"dierte, im zweiten Falle konnte bei Abwesenheit von
Sauerstoff die Cyanobase nicht gebildet werden.
Wir haben zwisclien der Bildung des Chromogens und
des durch Oxydation daraus hervorgehenden P'arbstoffes zu
unterscheiden. Die Menge der Chromogenproduktion ist bei
verschiedenen Stämmen eine verschiedene. Durch Erwärmung
der Kultur auf 57 bis 58° wird sie bekanntlich vermindert
beziehungsweise verhindert.
Wesentlich beeinflußt wird sie durch den herrschenden
Dampfdiuck in der Atmosphäre. — Neelsen hat beobachtet,
daß die BildLing des blauen Pigments der Erreger der Blau-
färbung der Milch durch schwüle Witterung, warmen Regen,
S- und SW Winde begünstigt werde, kühles Wetter dagegen
sie hemme und sogar unterdrücke. — Pyocyaiieus-Agar-
plattenkulturen zeigten im absolut feuchten Raum eine gelb-
grüne Fluoreszenz, währeiui die Kontrollkulturen schön chrom-
grün waren; die Extrakte aus den ersteren zeigten nur eine
geringe Spur von Pyocyanin, auch trat kein rasches Ergrünen
bei Entnahme aus der feuchten Kammer ein, das hätte
erfolgen müssen, falls das Chromogen \orhanden gewesen
wäre. Kulturen von Fluoressens dagegen zeigten keine Unter-
drückung der Fluoreszinbildung im feuchten Raum. Als im
Juni 1917 nach einer langen Schönwetterperiode die F^euchtig-
keit vor einem eintretenden Regenwetter rasch zunahm,
gaben plötzlich die Pyocyaneiis-S\.ämme, die vorher stets
schön chromgrüne Kulturen geliefert hatten, solche, die nahezu
kein Pyocyanin, wohl aber Fluoreszin bildeten. Nach neuer-
o2j J. Furlani,
lichem Eintritt trockenen Wetters ergaben die von den P3'0-
cyaninschwachen Kulturen abgeimpften Platten und Schräg-
agaraussaaten wieder chromgrüne Färbung.
Die Wirkung strahlender und oszillierender Energie auf
die Farbstoffabscheidung des Pyocyaneus beobachteten
Jakowski, D'Arsonval und Charrin. Ersterer fand, daß die
Pigmentbildung in Dunkelkulturen rascher als in Lichtkul-
turen vor sich gehe; letztere konnten eine Abschwächung
der Farbstoffausscheidung und Vermehrungsintensität durch
starke elektrische Ströme mit großer Schwingungszahl fest-
stellen. Krause konnte zeigen, daß innerhalb eines Solenoids
die grasgrüne Farbe der Pyocj^aneuskulturen ins gelbliche
überging.
Zur Ergänzung und Erweiterung dieser in der Literatur
bekanntgewordenen Versuche stellte ich mir die Aufgabe, die
Einwirkung der Strahlung im allgemeinen auf die Bildung
der beiden Pigmente, des Fluoreszins und des Pyocyanins,
zu ermitteln und festzustellen, ob sich ein Unterschied hin-
sichtlich der Wirkung diffuser und paralleler Strahlung einer-
seits, andrerseits ein Unterschied in der Wirkung der Strahlung
von verschiedener Wellenlänge zeige.
2. Die Wirkung diffuser Strahlung auf die FarbstofPproduktion
von Fluoreszens-liquefaziens-Pyocyaneus.
Die Versuche wurden nach 20 stündiger Bebrütung im
Thermostaten bei 37 °C im diffusen Lichte des Laboratoriums
vorgenommen. Die Messung der Lichtintensität nach dem
V. Wiesner'schen Verfahren erfolgte mit dem Handinsolator.
Verglichen wurden die erreichten Schwärzungen des photo-
graphischen Papiers mit dem Farbentone 2-53, bei dem ich
mein Auge seinerzeit, anläßlich eigener photometrischer Unter-
suchungen,^ bei geringeren Lichtintensitäten als am empfind-
lichsten für Schwärzungsunterschiede befunden hatte.
1 Siehe hierüber meine Abhandlung: »Das Lichtklima im österreichischen
Küstenlande«. Denkschr. d. Akad. d. Wiss.. mathcm.-natiirw. I\l.. Wien.
191(5, 03. 1kl.
Einfluß der Bestrahlung auf Bactcriinii pvocranetttii. 33
Der Vergleich der hier sowie auch in den weiteren Ver-
suchen produzierten Farbstoffmengen erfolgte durch kolori-
metrische Bestimmungen; anfänglich auf dem von Boland
eingeschlagenen Wege, später jedoch auf dem einfacheren
und eine genauere Schätzung zulassenden der Elektrolyse
der Pigmente. Wie oben auseinandergesetzt wurde, wird das
Pyocj'-anin beim Durchgang eines sehr schwachen Stromes
allmählich zur Leukobase reduziert. Die Zeit bis zu diesem
Farbloswerden der Lösung ist eine um so größere, je mehr
Farbstoff durch den gleichstarken Strom reduziert werden
soll. Verwendet man jedesmal gleiche Mengen des Lösungs-
mittels für das Pigment, so lassen sich die Zeiten, die not-
wendig sind, damit der Elektrolyt vom Wasserstoffpol bis zur
neutralen Zone farblos erscheine, in den einzelnen Versuchen
vergleichen und so die relativen Größen der Pigmentbildung
leicht und viel genauer angeben als durch den Vergleich der
jeweiligen Farbstofflösungen mit einer stets wieder frisch
herzustellenden Normalfarbstofflösung. In der gleichen Weise
lassen sich die Pyophaein- und Fluoreszinmengen durch Ver-
gleich der zu ihrer Zerstörung am Sauerstoffpol notwendigen
Zeiten abschätzen. — Die Impfung der verschieden hierzu
verwendeten Nährböden erfolgte durch die Verteilung gleicher
Mengen (z= 1 Öse) einer stark verdünnten Bakterienaufschwem-
mung in physiologischer Kochsalzlösung.
Es ergibt sich im allgemeinen aus diesen Versuchen:
Die Pyocyaninausscheidung erscheint im diffusen
Lichte gegen die im Dunkeln vermindert, die Fluo-
reszinproduktion etwas gefördert, desgleichen ist die
Bildung der Oxydationsprodukte des Pyocyanins, vor
allem des Pyophaeins, im diffusen Lichte gefördert.
Bei Luftabschluß wird im Dunkeln die Fluoreszin-
sowie die Pyocyaninproduktion gehemmt. Spuren von
Pigment, vor allem Fluoreszin in den Kulturen, sind auf Luft-
bläschen in der Kulturflüssigkeit zurückzuführen. Im Pepton -
Wasser, wo keine Fluoreszinproduktion statthat, wird unter
Einfluß des Lichtes bei Luftabschluß Pyocyanin produziert,
während in Bouillon unter denselben Bedingungen nur die
Cyanobase auftritt.
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 128. Bd. 3
34
J. Furlani,
Tabelle 1 A.
Plattenkulturen im diffusen Lichte.
Versuchs-
anordnung
Versuchs-
dauer
Licht-
inten-
sität
Resultat
0-004
Fluoreszin
Von Stamm I Pyo-
cyancits ein Schräg-
agarröhrchen
beimpft, dann mit
Paraffin abgeschlos-
sen. Von diesen
tUioreszierenden
Röhrchen nach
3 Wochen Agar-
platten beschielet.
Diese zeigten bei ;
20 Stunden
Fluoreszin, Spur von
Pyocyanin
0-004
Fluoresziri, wenig Pyocyanin
44 Stunden
Fluoreszin und Pyocyanin
deutlich
8 Tage
0-004
Mehr Pyophaein
10 Tage
Weniger Pyophaein
Desgleichen Agar-
platten mit
Bouillonzusatz.
Diese zeigten bei:
0-004
36 Stunden
Raschere Pigmentbildung,
Zinnobergrün, Fluoreszin,
wenig Pyocyanin
Raschere Pigmentbildung,
Chromgrün, Fluoreszin und
Pyocyanin deutlich
4 Tage
0-004
Desgleichen
Bouillonkulturen.
Diese zeigten bei:
Starke Trübung der Flüssig-
keit, grüne Zone unter Häut-
chen, Spur Pyocyanin
2 Tage
Starke Trübung der Flüssig-
keit, grüne Zone unter Häut-
chen, Pyocyanin deutlich
Desgleichen
Bouillon -fLeitungs-
wasser zu gleichen
Teilen besät.
Es zeigte sich :
8 Tage
0-004
Fluoreszin, mehr Pyocyanin
8 Tage
Mehr Fluoreszin, weniger
Pyocyanin
Einfluß der Bestrahlung auf Baflerium pyocyaneunt.
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Versuchs-
anordnung
Versuclis-
dauer
Licht-
inten-
sität
Resultat
Von Stamm II Fvo-
cyaneiis schön
chromgrün, Agar-
platten besät.
Es zeigte sich :
20 Stunden
Von Stamm II
Bouillonröhrchen-
kulturen; der Inhalt
nach 16 Tagen
(Oberfläche gras-
grün) in Schalen
umgegossen :
2 Tage
4 Tage
0-007
6 Tage
Tage
16 Tacre
1 Tag
1 Tag
0-007
0-007
Schwach fluoieszierend:
kein Pyocyanin
Schwach grasgrün; Pyo-
cyanin vorhanden
Schwach grasgrün; Fluo-
rcszin reichlich, Pyocyanin
wenig
Chromgrün ; Fluorcszin und
Pyocyanin reichlich vor-
handen
Chromgrün
0-007
Chromgrün
0-008
0-008
0 - 008
Grünbraun ; Pyophacin
deutlich
Chromgrün; Pyophacin in
Spuren
Rotbraun
Beginnende Bräunung
Pyophacin deutlich
Rotbraun; Pyocyanin nur
noch in Spuren
Rotbraun; Pyocyanin noch
reichlich vorhanden
Bildung eines dunklen
Niederschlages. Im Röhrchen
erst nach 2 Monaten
Desgleichen
36
J. F u r 1 a n i ,
Versuchs-
anordnung
Versuchs-
dauer
Licht-
inten-
sität
Resultat
\' ün Stamm III Pyo-
cyaneus grasgrün,
Agarplatten besät.
Es zeigte sich :
20 Stunden
2 Tage
4 Tage
6 Tage
8 Tage
10 Tage
12 Tage
0-013
Wenig Fluoreszin, kein
Pj^ocyanin
0-013
0-014
0-014
0-016
0-016
0-017
Fluoreszin und Pyocyanin
vorhanden •
Hellgrün; Spur von Pj'o-
cyanin
Intensiv grasgrün ; etwa
4 fache Menge Pyocj'anin
des Lichtversuches
Grasgrün; beide Pigmente
deutlich
Chromgrün ; Pyocyanin-
menge 5 fache des Licht-
versuches
Chromgrün mit Stich ins
Braune ; Pyophaein deutlich
Chromgrün; Pyophaein
weniger als im Lichtversuch
Dunkelbraun; Pyophaein-
menge 3 fache des Dunkel-
versuches
Grünbraun. Pyophaein vor-
handen
Schwarzbraun. Pj^ophaein-
menge 5 fache des Dunkel-
versuches
Braungrün. Pyophaein
reichlich
Schwarzbraun. Geringe
Spuren von Pyocyanin
Braun. Pyocyanin noch
reichlich vorhanden
Eiiilluü der Ijcstralilung auf Bacteritun pyocyaneuin.
37
Tabelle ] B.
Röhrchenkulturen im diffusen Lichte.
Versuchs-
anordnung
Versuchs-
dauer
Licht-
inten-
sität
Resultat
Von Stamm II
Bouillonröhrchen
beimpft.
Diese zeigten :
Desgleichen
Peptonwassei-röhr-
chen beimpft.
Diese zeigten :
7 Tage
0-004
14 Tage
0-004
Zone unter dem Häut-
chen ergrünt ; sonst
gleichmäßig gelb mit
grüner Fluoreszenz,
Spur von P\-ocyanin
b : Gleichmäßig gelb mit
grüner Fluoreszenz ;
kein Pj'ocyanin, wohl
aber nach Sauerstoff-
durchgang
c : Gl eichmäßig grünbraun
keine Pyocyaninproduk-
tion nach Sauerstoff-
durchtritt
d: Oberes Drittel ergrünt.
Pyocyanin 2 mal soviel
als in a. Fluoreszin
dagegen weniger
e: Minimales Wachstum.
Spur von Fluoreszenz
/: Etwas gewachsen ; keine
Pigmentierung
a : Wenig Pyocyanin
b : Mehr Pyocj'anin als in
.7. (1.-5: 1)
c: Pyoxanthose und Pyo-
phaein vorhanden
d: Pyocyanin wie in b
e: Geringes Wachstum,
keine Pigmentierung
/: Desgleichen
38
J. Furlani,
Versuchs-
anordnung
Versuchs-
dauer
Licht-
inten-
sität
Resultat
Von Stamm 11
beimpfte Bouillon-
röhrchen, die nach
3 Wochen Dunkel-
kultur im obersten
Drittel ergrünt, im
Brutofen auf 24
Stunden gebracht
intensiv bis auf den
Boden ergrünen.
Diese zeigten dann
nach:
Von Stamm III
beimpfte Röhrchen
mit Bouillon + aqua
UstilMa (1 : 10)
ergaben :
Von Stamm III
beimpfte Bouillon +
Quellwasserröhr
chen (1:10) durch
Auskochen sterili-
siert ergaben :
1 Tas
1 Monat
1 Ta£
1 Monat
10 Tage
10 Tage
0-007
0-007
0-014
0-014
/' : Gelb mit grüner Fluo-
reszenz, geringe Spur
von Pyocyanin
h : Gelb mit grüner Fluo-
reszenz, keinP3'oc3'anin,
wohl aber nach Sauer-
stoffdurchgang
c: Grünbraun, Spur von
Pj'ocj^anin, Pyophaein
c: Rotbraun, kein Pyocya-
nin, Pyophaein deutlich
a: Schwach ergrünt, wenig
Pj'ocyanin, nach 20 Ta-
gen gleich viel Cyanin
wie in h.
h: Stärker ergrünt, mehr
Pyocyanin, kein Pyo-
phaein
c: Grünbraun, kein Cj^a-
nin, wohl aber Phaein
a: Tief chromgrün, Fluo-
reszin in Spuren, C3^anin
reichlich
b: Zinnobergrün, Fluores-
zin wenig, Cyanin wenig
c: Schwach gelbgrün lluo-
reszierend. Fluoreszin
wenig, kein Cyanin
Einfluß der Bestrahlung auf Baclcritnii pvocyaneiim.
39
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Versuchs-
anordnung
Versuchs-
dauer
Licht-
inten-
sität
Resultat
Von Stamm IX
Pyocyaneiis chrom-
grün beimpfte
Peptonwasserröhr-
chen ergaben :
4\V<)chen
()-Ul8
a: Mäßige Trübung, grau-
grün, Cyanin und Pha-
ein vorhanden
h: Geringe Trübung,
schwach blaugrün, nur
Cyanin vorhanden
c: Starke Trübung und
Sedimentierung, gelb,
Xanthose und Phaein
vorhanden
e: Minimale Trübung,
keine Pigmentierung
/': Starke Trübung, keine
Pigmentierung
a : Lichtkultur bei Luftzutritt.
b: Lichtkultur bei Paraffinölabschluß.
c: Lichtkultur bei Terpentinölabschluß.
d: Dunkelkultur bei Luftzutritt.
e: Dunkelkultur bei Paraffinölabschluß.
/: Dunkelkultur bei Terpentinölabschluß.
40 J. Fuilani,
Es erfolgt also unter Einfluß der Strahlung auch
bei Sauerstoffabschluß eine Bildung des Chromo-
gens, in Peptonwasser wird dasselbe zum Pigment
oxydiert. Der hierzu notwendige Sauerstoff wird wohl durch
Abspaltung aus einer Säure, etwa der für den Pyocyaneus
nachgewiesenen Ami-dobernsteinsäure gewonnen. Wird als
Abschlußmittel an Stelle von Paraffin Terpentmöl genommen,
so wird durch das darin enthaltene Ozon das Cyanin zum
Phaein 0X3^diert.
3. Die Wirkung der Bestrahlung mit der Uviol- und mit
der Quarzlampe, insbesondere hinsichtlich der Farbstoff-
abscheidung.
Im allgemeinen wurden diese Versuche folgendermaßen
durchgeführt: Die Nährböden, die bei diesen Arbeiten zur
Verwendung kamen, wurden stets gleichmäßig mit 2 Tropfen
einer stark verdünnten Bakterienaufschwemmung beschickt.
Zur Aufschwemmung war ph^'siologische Kochsalzlösung,
destilliertes Wasser oder verdünnte Bouillon stets mit gleichem
Resultate verwendet worden. Als Nährboden wurden, da die
Ergebnisse auf verschiedenen Nährböden wie in den im vor-
hergehenden besprochenen Versuchen die gleichen waren,
nur anfänglich festflüssige Medien, später nur mehr Agar
verwendet. — Es hat ja übrigens auch Ward gefunden, daß
es sich bei der Wirkung der Strahlung auf Bakterienkulturen,
nicht um eine Wirkung auf den Nährboden handle, sondern
daß das Licht, wie auch Bovie neuerdings feststellte, direkt
auf die Zelle und nicht durch Bildung von Toxinen im Medium
wirke. Die Wirkung der Höhensonne und der Quarzlampe
war im wesentlichen die gleiche. Die Bestrahlung der besäten
Platten erfolgte in hchtdichten Blechkassetten, in deren Deckel
sich je zwei Fenster zum Lichteinlaß befanden, die nach der
Bestrahlung sofort wieder durch eine verschiebbare Blech-
platte verschlossen werden konnten. Hinter den Fenstern
konnten auf der Unterseite des Deckels die festen oder die
Kuvetten mit den flüssigen Filtern angebracht werden. Nach
der Bestrahlung kamen die Kulturen auf 20 Stunden in den
Einfluß der Bestralikmg auf Bacleriiiin py^cyanciiui. 41
Brutofen von 37° C, um dann bei der Lufttemperatur des
Laboratoriums von 15 bis 20° C zu verbleiben. Außer, solchen
frisch besäten Platten kamen auch bereits gut gewachsene
und pigmentierte, ferner solche, die besät und dann gleich
bebrütet worden waren, zur Bestrahlung. Als feste Filter
fanden »Jenaer Gläser« der Firma Schott mit X 620-ultrarot
und X 523-ultrablau als flüssige aqua destillata, konzentrierte
Lösungen von Alaun, Kalibichromat, Kupferchlorid, Kupferoxyd-
ammoniak, Eosin, ferner Petroleum von 10 ?*ffw Schichtendicke
Verwendung.
Die verwendete künstliche Höhensonne war eine Lampe
von 220 Volt, die Quarzlampe eine solche von 110 Volt. Die
Strahlungsintensitäten betrugen in der Entfernung der Prä-
parate von 50 an 0*633 B. E. beziehungsweise 0*425 B. E.
Das Wirkungsquantum {h) der Bestrahlung entsprach also
dem der totalen Lichtintensität für Wien etwa des Monats
April, 12 Uhr. Um die Wirkung der durch die Bestrahlung
bewirkten Erwärmung der Präparate festzustellen wurden
Parallelversuche angestellt, bei welchen der eine Teil der
Platten während der Bestrahlung unter Wasserkühlung ge-
halten wurde.
Das Kulturmedium wies nach beendeter Bestrahlung bei
den gekühlten Platten eine Temperatur von 15 bis 20° C,
bei den ungekühlten von 40 bis 45° C auf. Bei letzteren trat
die Wirkung der Bestrahlung rascher ein als bei den gekühlten,
sonst änderte sich an den hier zu besprechenden Wirkungen
nichts.
Die Angaben über die Zeitdauer der Bestrahlung be-
ziehen sich in der folgenden Tabelle auf die Versuche ohne
Wasserkühlung, da diese bei den späteren \'ersuchen fort-
gelassen wurde, und bei Behandlung mit der Höhensonne.
Wo Abweichungen vom hier geschilderten Versuchsverfahren
statthatten, wurden sie in der »Versuchsanordnung« der
Tabelle angegeben.
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J. Furlani,
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Einfluß der Bestrahlung auf Backriuni pyocyaneum.
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Wenig gewachsen, bestrahlte Zone farb-
los, nur im Bereiche der Randstrahlen
zinnobergrün fluoreszierend
Fast farblos gewachsen, geringe Menge
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reszin stärker oxydiert als im vorher-
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Nr. 26
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Schwächer als im Rot gewachsen; gelb-
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Gut gewachsen; chromgrün
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Kalibichromat
Kontrolle
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56 J. F'urlani,
Die Ergebnisse dieser Versuche lassen sich folgender-
maßen zusammenfassen: Bei Bestrahlungen ohne Filter zeigt
sich eine Schädigung des Bakterienrasens im verminderten
Wachstum der unter dem Fenster gelegenen, direkt be-
strahlten Fläche schon bei einer Bestrahlungsdauer von nur
4 Minuten. Eine Sterilisierung der Fläche ergibt sich
bei der lOfachen Bestrahlungsdauer in 40 Minuten.
Durch Ausschaltung von Strahlungsbezirken in den Licht-
filtern wird die Lichthemmung entsprechend gemindert. In
dieser Hinsicht waren, die Versuche Nr. 25 am instruktivsten.
Das Wachstum hinter dem Alaunfilter, das die gesamten
»farbigen« Strahlen durchläßt, ist gegenüber dem hinter den
andern Filtern am geringsten. Daß kurze schwache
Bestrahlungen mit einem engen Spektralbezirke die
gerade gegenteilige Wirkung haben, scheint mir aus
den Versuchsergebnissen (Nr. 25 und 26) bei Ver-
wendung des Kupferchlorids und des Blaufilters
hervorzugehen. Bei einer Bestrahlungsdauer von
10 Minuten waren diese Platten am stärksten be-
wachsen; wurde die Expositionszeit verlängert, so verblieb
nur dem von der geringeren Strahlenmenge getroffene Rand-
anteil des Rasens fortschreitende Wachstumstendenz, während
im Zentrum sich allmählich die Lichthemmung einstellte.
Diese Hemmung nimmt für das kurzwellige Licht
viel rascher als für das langwellige zu, wie die Ver-
suche in Nr. 27 gegenüber denen von Nr. 26 zeigen, weil
eben die verwendeten Lichtquellen reich an kurzwel-
liger Strahlung sind. Die Abscheidung von Fluo-
reszin wird im allgemeinen durch langwelliges Licht,
die des Cyanins, durch kurzwelliges hauptsächlich
gefördert. Dieser Reiz für die Pigmentabsonderung läßt sich
nur vor Bebrütung der Platte ausüben. Ist die Bestrahlung
zu intensiv — wie die Versuche ohne Verwendung eines
Filters zeigen — oder zu lang andauernd, so tritt eine raschere
Oxydation unserer Pigmente ein, die sich durch eine gelb-
grüne bis gelbe Färbung bei Mangel von Fluoreszenz einer-
seits (Oxydation des Fluoreszins), andrerseits durch Bildung
von Xanthose oder Phaein äußert. In dieser Hinsicht sind die
Kinlluß der BestruliLunt^' ;uif Biicleriiiiii pyocytuwuiii. o7
Versuche Nr. 20, 21 und 22 von Interesse. Während die
Bestrahlungsdauer von 55 Minuten das vorhin besprochene
Resultat, Förderung der Pluoreszinproduktion im schwachen
langwelligen (besonders schön hinter dem Eosinfilter) und der
Cyaninproduktion im stärkeren, kurzwelligen Lichte zeigt, ist
bei einer Bestrahlung von mehr als 1 Stunde eine Hemmung
der Pigmentierung durch rasche Oxydation der Farbstoffe zu
beobachten, die sich als eine Verfärbung in Gelb dem Auge
zu erkennen gibt. Das Fiuoreszin ist mißfarbig gelb, zeigt
keine Fluoreszenz. Xanthose ist reichlich vorhanden. Diese
u. a. von Gaillard beobachtete Pigmentzerstörung bei
Bakterien durch Strahlung ist also auf eine weit-
gehende Ox3^dation des Farbstoffes zurückzuführen
und entspricht der Ausbleichung in unseren Ver-
suchen mit Hilfe der Elektrolyse. Die pigmentzerstö-
rende Wirkung der Strahlung zeigt sich bei unseren Bakterien
am deutlichsten bei einer Bestrahlung von 1 Stunde 30 Minuten
hinter dem Kupferoxydammoniakfilter, wo die Fläche unter dem
F'enster farblos erscheint. — Die Versuche mit Kulturen von
pigmentschwachen Stämmen zeigen ein dem geschilderten
entsprechendes Verhalten. Eine Steigerung der Fluoreszin-
produktion ließ sich in 10 aufeinanderfolgenden Generationen
nicht erblich fixieren. Wurden von Platten, auf denen durch
Lichtreiz eine Erhöhung der Fluoreszinproduktion erzielt
worden war, neue abgeimpft und diese im t)unl<,eln gezogen,
so trat stets wieder eine Verminderung der Fluoreszinproduk-
tion und Ausscheidung von Pyocyanin ein, das in den be-
strahlten Kulturen verschwunden war. Eine Überführung
des Pyocyaneus -T ypus in den des Fliwreszens liqiiefaciens
gelang also nicht.
Daß die Wachstumshemmung bei Bestrahlung, wie sie
sich unmittelbar unter dem Fenster der Kassetten in manchen
obiger Versuche zeigt, in erster Linie auf eine Überhöhung
der Atmung zurückzuführen ist, zeigen die Versuche, in
denen die Kultur mit Paraffinöl abgeschlossen wurde; hier
war die Agarplatte gleichmäßig bewachsen. — Pigmentbildung
trat erst nach Tagen und sehr gering auf. — Wurde
jedoch der Kultur durch Terpentinöl Ozon zugeführt, so trat
58 J. Furlani,
Atmungstod ein, die Platte war steril. Die folgenden Versuche
im Sonnenlichte werden zeigen, daß zu dieser Schädigung
bei Bestrahlung noch eine spezifische Wirkung des Lichtes
hinzutreten kann.
4. Die Einwirkung der Bestrahlung mit Sonnenlicht und
die Wirkung des ausgeschiedenen P*yocyanins.
Die Röhrchen und Plattenkulturen wurden im Freien im
Monate Juni der Sonnenbestrahlung ausgesetzt bei andauernd
günstiger Witterung {Ss-^Bi—i)- Um festzustellen, ob die
hierdurch bedingte Erwärmung der Präparate die Ergebnisse
qualitativ ändere, wurden in einzelnen Versuchen mit Platten-
kulturen die Kästchen in Eiswasser gestellt. Diese Beeinflussung
trat nicht ein; die Erwärmung bewirkte nur eine Beschleu-
nigung der Ergebnisse. Bei den Plattenkulturen wurde auch
hier die Bestrahlung durch Öffnung der Fenster vorgenommen,
während die Röhrchen aus dem diffusen Lichte hinter der
Mattscheibe des Laboratoriumfensters, ins Sonnenlicht gebracht
wurden.
Diese Ergebnisse zeigen keinen wesentlichen Unterschied
zwischen den Befunden bei Einwirkung des Sonnenlichtes
allein, dieses Lichtes zusammen mit diffusem Licht und
schließlich bloß des diffusen Lichtes. Entsprechend der
größeren Intensität der Sonnenstrahlung erscheint die Fluo-
reszinbildun^ gefördert, die Cyaninbildung ist anfänglich
geringer. Später tritt aber eine auffallende Vermehrung der
Cyaninausscheidung ein, so daß nach 4 bis 6 Wochen die
Bouillonkulturen bis zum Boden des Röhrchens tief ergrünt
sind. Durch Vergleich mit den Dunkelkulturen zeigte
sich nun, daß nicht etwa weniger Chro mögen im
Lichte produziert wird, was sich durch Einleiten von
Sauerstoff nachweisen ließ, sondern daß anfänglich
die Oxydation der Cyanobase zum Cyanin im Lichte
und besonders im Sonnenlichte eine geringere ist
als in den Dunkelkulturen. Das später eintretende starke
Ergrünen der Bouillon wird nicht durch eine stärkere
Pigmentproduktion, sondern durch eine stärkere Ox3^dation
der Base verursacht.
Einfluß der Bestrahlung auf Inictcriuin pyucyiuicuiii.
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Resultat
Starke Trübung; grasgrüne Zone an der
Oberfläche, sonstgelbgrün fluoreszierend ;
Fluoreszin und Cyanin vorhanden
Mäßige Trübung; schwach gelbgrün
fluoreszierend; Fluoreszin vorhanden,
Cyanin erst nach Sauerstoffeinleitung
Starke Trübung; grünbraun ohne Fluo-
reszenz ; Fluoreszin oxydiert, kein '
Cyanin nach Sauerstoffdurchtritt
Starke Trübung; im oberen Drittel gras-
grüne Wolken, Fluoreszin und Cyanin
vorhanden
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1. Starke Trübung; oberstes Drittel der
Flüssigkeit, schön grasgrün, sonst
gelbgrün fluoreszierend, Fluoreszin
und Cyanin vorhanden
2. Mäßige Trübung; gelhgrün fluores-
zierend, Fluoreszin vorhanden. Cyanin
nach Sauerstoffeinleitung
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Einfluß der Rcstrahlung auf Bnc/en'iiiit pyocyanetim.
Tabelle ?> B.
63
Röhrchenkulturen im diffusen Tageslichte, die täglich
30 Minuten der Sonnenbestrahlung ausgesetzt waren.
(Mittlere Intensität des diffusen Lichtes = 0-048 des Sonnenlichtes = 0- 526.)
Versuchs-
nummer
Versuchs-
anordnung
Resultat
35
Vom Stamm III
Pyocyaneiis
grasgrün
beimpfte Bouillon-
röhrchen ergaben
nach 20 Stunden
Bebrütung;
Nach 7 Tagen minimale grüne Zone unter
dem Häutchen; nach 15 Tagen starke
Trübung; nach 21 Tagen oberstes Drittel
ergrünt; nach 28 Tagen bis zum Boden
ergrünt; nach 6 Wochen tief chromgrün,
Fluoreszin zu dieser Zeit reichlich und
gut fluoreszierend, Cyanin, Xanthose und
Phaein vorhanden. Agarplattenausstrich
geringes Wachstum
Nach 7 Tagen Trübung viel geringer als
in a\ nach 15 Tagen stärker geworden,
irisierend ; nach 28 Tagen intensive gelbe
Färbung; nach 6 Wochen weitere Zu-
nahme der Trübung. Ergrünen nach Ein-
leitung von Sauerstoff, also infolge Oxy-
dation der Zyanoleukobase
Nach 7 Tagen deutliche grüne Schichte
unter dem Häutchen, Trübung geringer
als in a; nach 15 Tagen stark ergrünt;
oberstes Drittel nach 21 Tagen ergrünt;
nach 6 Wochen nur Boden keine Grün-
färbung. Fluoreszin vorhanden, intensives
Ergrünen nach Einleiten von Sauerstoff
infolge Zunahme des Cyanins, Xanthose
und Phaein in geringer Menge, weniger
als in a
Nach 7 Tagen minimales Wachstum, kein
Häutchen, keine Pigmentabsonderung;
nach 15 Tagen farblos; nach 28 Tagen
gelbe Färbung; sehr geringe Trübung
auch noch nach 6 Wochen. Geringe Menge
von Fluoreszin, Cyanin nicht nachweisbar
64
J. Furlani,
Versuchs-
nummer
Versuchs-
anordnuns;
Resultat
36
Desgleichen
Peptonwasser-
rohrchen
ergaben :
37
Von Stamm IX
Pyocyaneus
chromgrün
beimpfte Bouilion-
röhrchen ergaben
nach 20 Stunden
Bebrütune-;
Nach 7 Tagen geringe Trübung, zart
blaugrün; nach 15 Tagen grün mit bräun-
licher Verfärbung. Cyanin, Xanthose,
Phaein vorhanden; nach 21 bis 28 Tagen
Zunahme des braunen Farbentones, Trü-
bung minimal, desgleichen Wachstum auf
Agarplatte
Nach 7 Tagen geringe Trübung Vv'ie in a.
Deutliche blaugrüne Färbung nach 21
Tagen; nach 6 Wochen Xanjhose nach-
weisbar; nach 2 Monaten olivgrün, Phaein
neben Cj'^ania und Xanthose vorhanden
Nach 7 Tagen za'rt blaugrün; auch nach
15 Tagen noch wenig getrübt; nach
21 Tagen intensiv blaugrün; nach
6 Wochen unverändert, starkes Sediment,
Cj'anin und Xanthose vorhanden
Nach 15 Tagen farblos, irisierend, sehr
schwach getrübt; nach 6 Wochen farblos,
minimale Trübung und minimales Sediment
a : Nach 4 Wochen starke Trübung bis zum
Boden ergrünt. Alle Pigmente vorhanden.
Agarplattenausstrich steril
Nach 4 Wochen Trübung geringer als
in a, gelbe Färbung mit schwacher grüner
Fluoreszenz. Fluoreszin in Spuren, Cyano-
base vorhanden
Nach 4 Wochen starke Trübung, keine
Pigmentabscheidung. Von dieser Kultur
nach 2 Monaten Aussaat auf Agarplatte
wächst gut mit Pigmentabsonderung
Nach 4 Wochen oberstes Drittel ergrünt,
starke Trübung. Alle Pigmente vorhanden
e: Nach 4 Wochen keine Pigmentabson-
derung, schwache Trübung
f: Wie in e.
Einfluß der Bestnihlung auf Bactcritiiu pyocyancuiii.
65
V'ersuchs-
nummer
Versuclis-
anordnung
Resultat
38
Desgleichen
Peptonwasser-
röhrchen
ergaben :
Nach 4 Wochen gut getrübt, blaugrün
jedoch verfärbt. Cyanin und seine Oxy-
dationsproduktc vorhanden
b : Nach 4 Weichen gleich getrübt wie ^7,
intensiv blaugrün, mehr Cyanin als in a,
jedoch Xanthosc nur in Spuren
c : Nach 4 Vv'ochen geringe Trübung, jedoch
starke Sedimentierung, Spur von Gelb-
färbung. Xanthose vorhanden
Nach 4 Wochen wenig getrübt, intensiv
blaugrün. Cyanin vorhanden, Xanthose
in Spuren
e : Nach 4 Wochen wenig getrübt, keine
Pigmentabsonderung
/": Nach 4 Wochen wenig getrübt, stärkere
Sedimentierung. Spur \'on Gelbfärbung
durch Xanthose
a : Lichtkultur bei Luftzutritt.
/' : Lichtkultur bei Paraffinülabschluß.
c : Lichtkultur bei Luftabschluß mit Terpentinöl
d : Dunkelkultur bei Luftzutritt.
e : Dunkelkultur bei Paraffinölabschluß.
./ ; Dunkelkultur bei Terpentinöhibschluß.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Ki., Abt. I, 12.^. i5d.
66 J. Furlani,
Wurde in dieser Phase aus einer solchen Kultur ab-
geimpft, so zeigte sich geringes Wachstum, in einem Falle
blieb die Platte steril. Es tritt also die Oxydation des
Chromogens in verstärl<tem Maße zu einer Zeit auf,
wo Wachstum und Lebenstätigkeit der Kultur ver-
mindert sind, wohl eine Folge der Bestrahlung. Diese
Tatsache stimmt mit der von Noesske gemachten Beob-
achtung überein, daß eine durch Kochen abgetötete Pyo-
cyaneus-Kultur stark ergrünt. Da eine so abgetötete Kultur
blaugrün bleibt, so schließt N oesske daraus, daß mit größter
Wahrscheinlichkeit in den lebenden Pyocyaiteus-Kultuven die
Keime selber die Reduktion des Cyanins zur Leukobase duich
Absorption des in denselben locker gebundenen Sauerstoffes
vornehmen. Seine Behauptung, daß bei der florideslen Keim-
entwicklung die C3^aninbildung anscheinend am meisten
gehemmt oder ganz sistiert werde, ist jedoch dahin zu ändern
und zu ergänzen, daß hier das Chromogen in größter Menge
ausgeschieden, aber auch sein Oxyd am stäiksten reduziert
wird, also am wenigsten Cyanin in Erscheinung tritt, in
Bouillonkulturen. — Ein ganz anderes Verhalten zeigen die
Kulturen im Peptonwasser. Wie schon die Versuche im
diffusen Lichte ergaben, erfolgt hier keine Reduktion des
Cyanins, das auch im Sonnenlichte unabhängig vom Sauerstoff
der Lufc entsteht. Ein Unterschied zwischen den Ergebnissen
im Sonnenlichte bei Luftzutritt und bei Luftabschluß zeigt
sich im Verhalten des Cyanins, indem dasselbe im ersteren
Falle sich rasch weiter oxydiert, was bei Luftabschluß nicht
der Fall ist.
Ich prüfte nun, ob das Fehlen des Fluoreszins in der
Peptonwasserkultur vielleicht im Zusammenhang stünde mit
dem Ausbleiben der Cyaninreduktion, indem ich der Kultur
Fluoreszinlösung zusetzte; dies war nicht der Fall. Wohl tritt
aber diese Reduktion ein, sobald einer lebenden Peptonkultur
Bouillon zugesetzt wird oder wenn einer lebenden Bouillon-
kultur eine durch Kochen abgetötete blaue Peptonkultur oder
eine Zyaninlösung zugesetzt wird. Es erscheint somit
erwiesen, daß es sich bei der Red.uktion des Pyo-
cyanins um einen Lebensvorgang des Bakteriums, um
Einfluß der Bestrahlung auf Bacierinni pyocyanettnt. 67
Sauerstoffgewinnung handelt, welcher Vorgang im
Peptonwasser entweder auf ein Minimum beschränkt
ist oder es wird der durch die Bestrahlung abgespal-
tene Sauerstoff überhaupt nicht verwendet. Darum
erfolgt bei Luftzutritt im Sonnenlichte eine rasche Weiter-
oxydation des Cyanins. Werden bei Luftzutritt gewachsene
grüne Bouillonkulturen von Pyocymteus mit Paraffinöl über-
schichtet, so zeigt sich bereits nach etwa einer halben
Stunde vom Boden des Röhrchens beginnend ein Erbleichen
der Flüssigkeit, das nach obenhin fortschreitet, bis dieselbe
in Gänze eine gelbgrün fluoreszierende Farbe angenommen hat.
Durch Einleiten von Sauerstoff wird die grüne Farbe wieder
regeneriert. Es ist dies ein Beweis dafür, daß in der
Bouillonkultur der vom Pigment gebundene Sauer-
stoff nach Entzug des Luftsauerstoffes aufgebraucht
worden ist und daß dem vom Pigment locker gebun-
denen Sauerstoff die gleiche Verwendung zukommt
wie dem Luftsauerstoffe. Werden dagegen blaue Pepton-
kulturen von Pyocyanetts mit Paraffinöl überschichtet, so tritt
keine Farbenänderung in der Flüssigkeit ein. Der vom
Pigment in der Peptonkultur gebundene Sauerstoff
hat keine weitere Bedeutung. Wir haben also im
Pyocyanin ein Pigment vor uns, das je nach dem
Kulturmedium entweder ein bedeutungsloses bakte-
rielles Ausscheidungsprodukt ist oder aber sich so
verhält wie Atmungspigmente, die Sauerstoff leicht
an sich ketten, aber auch leicht wieder abgeben. —
Die Reduktion des Cyanins erfolgt aber nicht nur in von der
atmosphärischen Luft abgeschlossenen Kulturen. Frische, gut
wachsende Bouillonkulturen ohne Ölabschluß sind bekanntlich
nur an der Oberfläche von schön grüner Farbe, es ist also
nur in den mit der Luft unmittelbar in Berührung stehenden
Flüssigkeitsschichten Cyanin vorhanden, während die tieferen
erst nach Schütteln oder Einleiten von Sauerstoff ergrünen,
um nach einiger Zeit wieder das gelbgrüne Aussehen des
Fluoreszins anzunehmen; mit dem Altern der Kultur breitet
sich dann die grüne Farbe von der Oberfläche nach immer
tieferen Schichten der Flüssigkeit aus. Es hat also nicht
68 J. Furlani,
nur bei Luftabschluß, sondern überhaupt in Bouillon
das Pyocyanin die Aufgabe, von der Oberfläche der
Flüssigkeit Sauerstoff nach tieferen Schichten der
Flüssigkeit zu leiten, wo sonst nur wenig Sauer-
stoff zur Verfügung stünde und die aerobe Atmung
der hier schwebenden Bakterien zu fördern. Daß die
Atmung tatsächlich eine Förderung erfährt, das scheint mir
insbesondere aus später noch zu besprechenden Versuchen
hervorzugehen.
Ray Lankaster hat gefunden, daß Spirograpliis Spal-
latizani einen Farbstoff besitzt, der in Bindung mit Sauerstoff
smaragdgrün (Chlorocruorin), ohne Sauerstoff rot (Erythro-
cruorin) erscheint und daß es des Schwefelammoniums oder
der Stokes'schen Lösung bedarf, um ihm das O zu entziehen,
um also einen den lebenden Geweben gleichen Effekt zu
erzielen, während dies mit V^assersioff oder Kohlendioxyd
nicht gelingt. Kruke nberg fand bei Sipmtctilus nndns, wo
die Gewebeatmung eine geringere ist als bei jenem Röhren-
wurme, daß das Hämoerythrin Griffith's schon nach längerem
Einleiten von Kohlendioxyd seines Sauerstoffes verlustig wird.
Bei Mollusken und im Krabbenblute fanden Fredericq und
Griffith ein Pigment, das mit Sauerstoff himmelblau, durch
Kohlendioxyd oder Schwefelwasserstoff aber entfärbt wird,
das Hämocyanin. Pfeffer und Ewart weisen für bekannte
Farbstoffbakterien die Fähigkeit nach, Sauerstoff locker zu
binden und an einen sauerstofffreien Raum abzugeben. Als
verhältnismäßig viel Sauerstoff speichernd werden Bacteritim
cimabarettm, Micrococcns agilis, Stapltylococcns citreus,
Bacillus janthiniis angeführt. Bei Diplococcus roseus, Sarcina
rosea und lutea ist diese Fähigkeit schwächer ausgebildet.
Diese Bakterien gaben, in die Gaskammer gebracht, nach
Einleitung von Wasserstoff Sauerstoff ab, was durch Engel-
mann's Sauerstoffbakterienmethode nachgewiesen wurde.
Außer dem Bacteritmi cyanogenes, Micrococcns prodigiosus,
Spirillnni rubrum wird auch dem Pyocyanens, da durch
molekularen Wasserstoff keine Pigmentreduktion erfolgt, die
Fähigkeit der lockeren Bindung abgesprochen.
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Einfluß der Bestrahlung auf Baclcriiiin pyocyaneum. 79
Nun haben aber die Untersuchungen Ray-Lankaster's,
Fredericq's, Griffith's u. a., sowie die ausgedehnten Studien
Krukenberg's, die nicht zur Genüge berücksichtigt erscheinen,
gezeigt, daß es auch im Tierreiche Atmungspigmente gibt,
die nicht durch molekularen Wasserstoff reduziert werden
können. Es kann der Umstand, ob eine Reduktion des sauer-
stofführenden Pigments durch Wasserstoff möglich ist oder
nicht, unmöglich als Maßstab dafür genommen werden, ob
ein Organismus imstande ist, aus einem Pigment den Sauer-
stoff zu nehmen oder nicht; dies würde ja besagen, daß der
lebenden Zelle keine kräftigeren Reduktionsmittel zur Ver-
fügung stehen als der molekulare Wasserstoff. Die Bedeutung
eines sauerstoftuhrenden Pigments hängt von der Energie
der Atmung, d. h. von den dem Organismus zur Verfügung
stehenden Reduktionsmitteln ab. Bekanntlich gelingt die
Reduktion unseres Pigments, des Pyocyanins, mit dem
Wasserstoff in statu nascendi oder mit Schwefelwasserstoff.
Ein Pigment kommt als Sauerstoffüberträger wohl dann in
Betracht, wenn es, durch einen lebenden Organismus zur
Base reduziert, neuerlich befähigt ist, Sauerstoff zu binden,
und sich dieser Wechsel von Oxydation und Reduktion
durch längere Zeit wiederholen läßt. Autoxydation allein
berechtigt freilich nicht zur Annahme einer lockeren Bindung.
— Pfeffer selbst gibt ja an, daß es Pigmente gibt, die
Sauerstoff lockerer, andere, die ihn weniger locker binden.
Auch in der Arbeit Shibata's über die lockere Bindung des
Sauerstoffes durch Bakterien erscheint die Reduktion des
Pigments durch Wasserstoff als Kriterium für eine solche
Bindung angenommen. Dem Pyocyanens wird wieder die
Fähigkeit der lockeren Sauerstoffbindung abgesprochen.
Außer der vorhin genannten Literatur über im Tierreicfie
vorkommende Atmungspigmente erscheint hier auch die
mittlerweile erschienene, oben angeführte Arbeit Nösske's
nicht berücksichtigt. Shibata sagt in seiner Arbeit, daß es
für die Funktion gleichgültig sei, ob das Pigment als Sekret
außerhalb der Bakterienzelle oder in derselben sich finde, da
auch bei niederen Tieren der Farbstoff in der Blutflüssigkeit,
also extrazellulär gegenüber den konsumierenden Zellen sich
80 J. i'iirlani,
vorfinde. Diese Auflassung bezüglicli der Funl<tion der
Pigmente niederer Tiere steht im Widerspruche zu seinem
Kriterium der lockeren Sauerstoffbindung durch die Wasser-
stoffreduktion, da in solchem Sinne diese Atmungspigmente
von Wirbellosen, wie aus den obigen Erörterungen hervor-
geht, nicht als solche aufgefaßt werden könnten.
Zur Sterilisierung von Agarplattenkulturen mit
Sonnenlicht reichte eine Expositionszeit \'on
25 Minuten bei einer Lichtintensität von OwOO
(Versuchsnummer 44) aus. Pansini hätte allerdings eine
Sterilisation seiner Pyocyaneits-Kultuven erst in einer Stunde
erzielt, jedoch macht er keine Angaben über die Lichtinten-
sität bei seinen Versuchen. Bei Verwendung von Filtern
wurde die Sterilisation in Blau bei einer Expo-
sitionszeit von 1 Stunde 40 Minuten, Lichtintensität
=: 0'650, in Rot in 2 Stunden 30 Minten erreicht
(Versuch snumm er 39). Wie bei der Bestralilung mit künst-
lichen Lichtquellen wird durch Abfilterung von Strahlungs-
bezirken nach kurzen Bestrahlungen die Farbstoff-
ausscheidung erhöht, und zwar erscheint unter
Einfluß der schwächer brechbaren Strahlen die Fluo-
reszin-, unter Einfluß der stärker brechbaren die
Zyaninbildung erhöht.
Diese Erhöhung der Fluoreszinabscheidung, durch den
Reiz langwelliger Strahlung veranlaßt, hat wohl in der
höheren Erwärmung durch diese ihren Grund. Im Brutofen
bei 37° C gewachsene Kulturen zeigen das gleiche Verhalten.
Da wir wissen, daß durch die Erwärmung die Atmung erhöht
wird, andrerseits bei Sauerstoffabschluß die Fluoreszin-
produktion gehemmt wird, so haben wir wohl in diesem
Farbstoffe ein Stoffwechselprodukt zu sehen, das mit der
aeroben Atmung im Zusainmenhange steht. In der kurzwel-
ligen Strahlung finden andrerseits die optimalen Lebensbedin-
gungen rascher ihre obige Grenze. Während also nach einem
gleich lange einwirkenden Reiz mit langwelliger Strahlung
noch eine reichlichere Reduktion der Cyanobase erfolgt, also
weniger Cyanin vorhanden ist, hat sie bei kurzwelliger
Strahlung bereits eine Hemmung erfahren, es wird n~iehr
Eiüfluß der Bestrahlung auf Bacleriiim pyocyanetiin. 81
Cj^anin ausgeschieden. — Auch pigmentschvvache Stämme
(Versuch 45) zeigen diese Erscheinung. Die von einem
solchen Stamme gezogene Kultur ist gegen Bestrahlung
empfindlicher, sie wird rascher geschädigt, als die von einem
reichlich Pigment absondernden Stamme erhaltene (Versuch 45).
Bereits gut gewachsene Kulturen, die dann erst
bestrahlt wurden, sind weniger empfindlich für die
Belichtung als frische Aussaaten. Kulturen mit grünem,
Sauerstoff abgabefähigen Pigment wurden in 40 Minuten
Bestrahlung stärker geschädigt als solche mit oxydiertem,
gebräuntem Pigment; die von diesen Platten neuerdings
angelegten Kulturen wuchsen im letzteren Falle besser als
im ersteren (Versuche 4(3 und 47).
Gaillard fand, daß die Lichtwirkung bei Luftzutritt
stärker ist als ohne denselben. Auch in unseren Kulturen war
das Wachstum bei Luftabschluß ein geringeres als bei Luft-
zutritt (Versuch 45). Nach längerer Bestrahlung (2 Stunden)
trat auch bei Ausschluß aerober Atmung Sterilisation ein
(Versuch 39).
Die Versuche mit künstlichen Lichtquellen und im
Sonnenlichte zeigen übereinstimmende allgemeine Ergebnisse,
die mir geeignet erscheinen, die herrschenden Unstimmig-
keiten in der Beurteilung der Lichtwirkung auf Bakterien zu
bereinen. Down es und Blunt hatten gefunden, daß die
bakterizide Wirkung der blauen Strahlen eine größere ist als
die der roten, und Bovie formulierte neuerdings das Gesetz,
daß die zerstörende Wirkung des Lichtes zunimmt, wenn die
Wellenlänge abnimmt. Andrerseits fand K. v. Wiesner, daß
die langwelligen Strahlen den kurzwelligen an desinfizie-
render Kraft überlegen sind und die maximale Wirkung der
für unser Auge unsichtbaren Bezirke den ersteren zukomme.
Da nun die Strahlung verschiedener Wellenlänge nicht
qualitativ, sondern nur quantitativ verschieden ist, so kann
auch ihre Wirkung auf die materiellen Punkte nur von
quantitativer Verschiedenheit sein, was ja auch mit der
Planck und Einstein'schen Quantenhypothese in Überein-
stimmung steht; es muß also das von Bovie empirisch
gefundene Gesetz gelten. Enlspiechend der kürzeren
t-ilzb. d. m:ithem.-natur\v. Kl., Abt. I, 128. Bd. 6
82 J. Furlani,
Schwingungsdauer der kurzwelligen Strahlung erleidet die
Zelle durch dieselbe mehr elektromagnetische Oszillationen
in der gleichen Bestrahlungszeit, als wenn sie durch lang-
wellige Strahlung getroffen wird. Es wird also der gleiche
Effekt durch kurzwellige Strahlung in kürzerer Zeit
erzielt werden als durch langwellige, wodurch es
kommt, daß bei gleicher Bestrahlungsdauer dem kurz-
welligen und langwelligen Lichte von den meisten
Physiologen qualitativ verschiedene Wirkungen zu-
geschrieben werden konnten. Mit diesen Erwägungen
stimmen die Ergebnisse meiner Bestrahlungsversuche überein.
Bei einer Bestrahlungsdauer von 15 Minuten er-
scheint das Wachstum der Pyocyaneiis-Kultuven hinter
dem Blaufilter gegenüber den Dunkelkulturen ge-
fördert; das Wachstum hinter dem Rotfilter ist
gleich stark wie in den Dunkelkulturen (Versuche 49,
52). Mit der Verlängerung der Bestrahlungsdauer ändert
sich dieses Verhalten. Bei einer Bestrahlungsdauer von
30 Minuten erscheint das Wachstum der Kulturen
hinter dem Blaufiiter gehemmt, das der Kulturen
hinter dem Rotfilter gegenüber den Dunkelkulturen
gefördert (Versuche 44, 45, 48). Blaauw, E. V^ogt und
jüngstens Sierp haben durch Versuche mit Phycomyces,
Aveiia sativa, Lepidüim sativum nachgewiesen, daß die
Wachstumskurve der Pflanze durch den Lichtreiz eine Ver-
änderung erfährt. Sierp findet, daß die Sachs'sche »große
Periode« des Wachstums durch Lichtwirkung eine Abänderung
in dem Sinne erfährt, daß eine anfängliche Steigerung, dann
aber eine Herabdrückung, ein früheres Eintreten des Maximums
und eine frühere Beendigung des Wachstums, also der Zell-
teilung, statthat. Diese Abweichung ist um so größer, je größer
die wirkende Lichtintensität ist. Unsere Versuche zeigen, daß
eine Photowachstumsreaktion auch für Bakterien statthat. Die
Photoreaktion, zuerst Förderung und dann Hemmung der
Zellteilung, wird um so rascher eintreten, je größer das
auf die Bakterienzelle einwirkende Strahlungsquantum h.v
(wobei h die universelle Konstante z= Wirkungsquantum
Planck's, v die Frequenz bezeichnet) in der Zeiteinheit ist.
Einfluß der Besfralilung auf Bacleriuui pvocyaneum. 83
Daß durch diese Gesetzmäßigkeit sämtliche mit der Zell-
teilung zusammenhängenden Stoffwechselvorgänge beein-
flußt werden, ist wohl klar. Diesen Erwägungen entsprechend
muß in der Strahlung hoher Frequenz (blau), wegen
des ihr innewohnenden hohen Quantums h.v die
wachstumsfördernde Wirkung des Lichtes rascher
eintreten als in der Strahlung geringerer Frequenz
(rot); ebenso tritt aber auch die darauffolgende
Wachstumshemmung in der kurzwelligen Strahlung
früher ein als in der langwelligen (Versuche 53, 54
und 55).
Diese Betrachtungsweise erscheint mir geeignet, die
obengenannten Unstimmigkeiten über die Wirkung von ver-
schiedenfarbigem Licht zu beseitigen und drückt wohl ein
allgemeines Gesetz der Wirkung von verschiedenfarbigem
Lichte auf die Lebensvorgänge aus: Verschiedenfarbiges
Licht, das sind elektromagnetische Schwingungen
von quantitativer Verschiedenheit, rufen physio-
logische Reaktionen von quantitativer Verschieden-
heit hervor. In verschiedenfarbigem Lichte erscheinen
in gleichen Zeiten verschiedene Phasen desselben
Reaktionsvorganges des Organismus; es kann so der
Eindruck einer qualitativ verschiedenen Wirkung erweckt
werden.
5. Über die Reduktion des Pyocyanins durch andere sauer-
stoffverbrauchende Bakterien und über die Erhöhung des
Gaswechsels durch dieses Pigm»nt.
Für die Feststellung, daß das Pyocyanin als Sauerstoff-
überträger in Betracht komme, erschien mir einerseits die
Prüfung der Frage von Wert, ob das Pigment auch durch
andere aerobe Bakterien reduziert werde; andrerseits, ob der
Verbrauch von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxyd
bei seiner Anwesenheit erhöht würden. Mühsam und
Schimmelbusch haben darauf hingewiesen, daß die Sym-
biose des Pyocyaneus mit verschiedenen anderen Mikro-
organismen die Pigmentproduktion zu beeinflussen vermag.
84 J. Furlaiii,
So verliere unser Bakterium in Mfschkulturen mit Staphylo-
kokken, Tetragoniis, Anthrax, Aspergillus ßiinigatus, Oidium
lacteimt das Vermögen der Farbstoffproduktion ganz oder
nahezu ganz. Ich habe wässerige Pyocyaninlösung Staphylo-
kokkenkulturen {Staph. albus) oder Streptokokkenkulturen in
Bouillon zugefügt oder aber die mit Cyanin versetzte Bouillon
mit solchen Bakterien besät. Die Kulturen wurden durch das
Cyanin nicht geschädigt, sondern wuchsen gut. In manchen
Kulturen zeigte sich bereits nach der 24stündigen Bebrütung
bei 37 °C, in anderen, nachdem sie erst noch mehrere Tage
bei Zimmertemperatur belassen v»urden, ein Verschwinden der
grünen Farbe der Flüssigkeit, bis auf eine grüne Zone an
der Oberfläche bei Luftzutritt; bei Luftabschluß fehlte auch
diese. Durch Einleiten von Sauerstoff wurde die grüne Farbe
wieder hergestellt, ein Beweis, daß das Cyanin zur Base
reduziert worden war. Doch stellte ich auch Staphylokokken-
und Streptokokkenstämme fest, von denen das Cyanin nicht
oder nur in geringem Maße reduziert wurde. Es verhielten
sich also Stämme von Staphylokokken und Strepto-
kokken dem Pyocyanin gegenüber genau so wie der
produzierende Organismus, das Bacterium pyocyaneum
selbst, d. h. sie reduzierten das Pigment zur Leuko-
base. So ist die von Mühsam und Schimmelbusch als
Verlust der Farbstoffproduktion beschriebene Beobachtung
wohl zu erklären als Reduktion des vom Pyocyanetis aus-
geschiedenen Cyanins durch die symbiontischen Bakterien.
Um zu ermitteln, ob die Cyaninreduktion durch Bak-
terien eine Bedeutung für die Atmung der Bakterienzelle habe,
untersuchte ich, ob der Gaswechsel der viel Pigment produ-
zierenden Pyocyanei ein größerer sei als der pigmentschwacher
und der von Fluoreszens liqiiefaziens. Daß damit kein zwin-
gender Beweis für die Bedeutung des Pyocyanins als
Atmungspigment erbracht wird, ist mir ja klar; ein solcher
ist überhaupt nicht zu erbringen. Doch ist die Wahrschein-
lichkeit immerhin groß, daß, wenn bei Gegenwart einer
größeren Menge eines vom Organismus reduzierten Pigments
der Atmungsgaswechsel ein größerer ist als bei Anwesenheit
einer geringeren Menge oder beim Fehlen dieses Pigments
RinflLiß der ßestrahlung auf ßiic/cri/iin pyocyaiieiiin. bo
in einem sehr nahe verwandten Organismus, dem Pigmente
eine respiratorische Bedeutung zukomme.
Die einschlägigen Versuche wurden in folgender Weise
durchgeführt: Als Kulturgefäß wurden Hesse'sche Kölbchen
verwendet, die, mit einem eingeschliftenen Glasstopfen ver-
schlossen, zwei Röhrchen trugen, die durch einen Glashahn
gesperrt waren. Über dem Glasstopfen befand sich zum
sicheren Abschluß eine Quecksilberschicht.- In die Kölbchen
wurden 100 cni^ Bouillon eingefüllt, die ini ersten Falle mit
5 rw' einer Pi'O0w/^?/5-Aufschwemmung vom Stamme IX,
im zweiten einer solchen vom Stamme IV (pigmentschwach),
im dritten mit einer Fluor eszeiis - knischwemmung vom
Stamme VI besät waren. Die Glashähne wurden nun ge-
schlossen. Die Kölbchen kamen durch 20 Stunden in den
Brutofen bei 37° C und wurden dann bei 18 bis 20° C Luft-
temperatur im diffusen Lichte gehalten. Täglich wurden nun
den Versuchen mit der Hempel'schen Gasbürette, die unter
Quecksilber gefüllt v/urde, gleiche Mengen Gas (20 bis 30 cw^)
entnommen und das Gas in die Kali-, dann in die Phosphor-
pipette übergetrieben. Nach der Gasentnahme wurden die
Hähne geöffnet, so daß ein Gasausgleich mit der atmo-
sphärischen Luft erfolgte. Die Ablesungen erfolgten bei 20° C.
— Wie die folgende Tabelle zeigt, ist in den Parallelkulturen
der Sauerstoffverbrauch und die Kohlendioxydabgabe in den
ersten 6 Tagen im wesentlichen gleich, erst dann tritt mit
dem Wachsen der ausgeschiedenen Pyocyaninmenge
ein stärkerer Gaswechsel des farbstoffkräftigen Pyo-
cyanetis-S)\.Q.mmQS ein. Auch die Untersuchungen K. Wolfs
zeigen einen größeren Gaswechsel des Pyocyatieiis gegenüber
dem Flnoreszens in den letzten Beobachtungstagen. Überein-
stimmend mit seinen und H esse's Befunden zeigt auch die
Tabelle, daß mehr Sauerstoff aufgenommen als Kohlendioxyd
abgegeben wird.
Auffallend ist auch in den Beobachtungen Wolfs, die
wohl durch die größere Atmung bedingte, im Vergleich zum
Verhalten des Flnoreszens erhöhte Ammoniakproduktion nach
14 bis 28 Tagen des Pyocyanens, ein Umstand, der wohl für
meine Auffassung von der Bedeutung des Cyanins spricht.
86
J. ?"uilani,
Tabelle 4.
Sauerstoffverbrauch und Kohlendioxydabgabe auf loo crn^
Luft von Bakterien.
Versuchsdauer
Fluoreszens liqiie-
faziens
Oo
COo
Pyocyaneus, schön
chromgrün
O..
CO.,
Pyocyaneus,
pigmentschwach
Oo
CO.,
1 Tag
2 Tage
3 Tage
4 Tage
5 Tage
6 Tage
7 Tage
8 Tage
9 Tage
10 Tage
1 1 Tage
12 Tage
13 Tage
14 Tage
2-4
6-2
10
10-1
12-3
10-2
10-5
9-3
8-8
7-4
1-9
2-6
2-4
6
3
6
3
7
9
6-8
6
3
5
5
4
7
4
2
3
6
3-9
1-6
6-2
9
16-3
12-5
14
14-5
18-2
18
17-6
18- 5
18-2
2-9
8-3
9-1
12
12-2
12-4
14-1
15-3
14-7
14-4
15-2
15
0-5
4-5
7-5
6-5
8-2
10-
7-6
8-2
6-4
6-6
5-7
6-8
0-6
4-9
6-3
6-7
8-5
7-9
8-6
6-4
6-6
5-1
4-9
4-8
5-3
Einfluß der Bestrahlung auf Bac/erium pyocyaiieiim. 87
Es wäre von Wert, die Größe des Sauerstoffbindungs-
vermögens unseres Zyanins quantitativ zu ermitteln; dieses
Exkretionsprodukt scheint ja einen Fingerzeig zu geben, wie
die Sauerstoffüberträger entstanden sein könnten. Für die
Wertung seiner biologischen Bedeutung sind aber zunächst
die Fragen maßgebend, ob es Sauerstoff bindet und ob es
von der lebenden Baklerienzellc wieder reduziert wird — •
beide F>agen sind bejahend zu beantworten.
Während die Fluoreszentes als Bewohner von Boden und
Wasser harmlose Saprophyten sind, kann der Pyocyaneus
außerdem zum Erreger von Krankheitsprozessen werden.
Wenn er auch anaerob leben kann, so ist eine floride Ent-
wicklung nur bei Sauerstoffanwesenheit möglich. Es ist nun
sicher von Bedeutung, daß das Zj^anin in Pyocyanetis-K\\.e-
rungen in der reduzierten Form vorhanden ist, also Sauerstoff
dem Bakterium in den Eiter zuführt. Andrerseits hat ja
Jakowski gefunden, daß die neuen, durch den tierischen
Organismus durchgeführten Generationen intensiver Pyocyanin
bilden als die zur Impfung benutzen. Die Möglichkeit, sich
durch die Ausscheidung des Cyanins auch einem lebenden,
almenden Gewebe gegenüber im gleichen Räume den nötigen
Sauerstoff sichern zu können, ist gewiß einer der Faktoren,
die es dem Pyocyaneus zum Unterschied-e von den Fluores-
zentes ermöglichen, seinen Lebenshaushalt zu beeinflussen,
also unter Umständen der Pathogenität seine Besiedlungs-
möglichkeit zu vergrößern.
Zusammenfassung der Ergebnisse.
1. Das Pyocyanin kann außer durch Schwefelwasserstoff
oder Natriumamalgam auch durch den elektrischen Strom am
Wasserstoffpol zur Leukobase reduziert werden; am Sauer-
stoffpol wird es zum stabilen Pyophaein oxydiert und
schließlich auch dieses Pigment durch den Strom zerstört.
Das Bactcriofluoreszni zeigt am Wasserstoffpol eine
starke Steigerung seiner grünen Fluoreszenz, am Sauerstoff-
pol Verfärbung in Braun bei Verschwinden der Fluoreszenz
und schließlich Ausbleichung.
88 J. Furlani,
2. Die Pyocyaninabscheidung ist bei geringen Lichtinten-
sitäten im diffusen Lichte und bei Anwesenheit von Luft-
sauerstoff geringer als im Dunkeln ; die Fluoreszinbildung
sowie die Oxydation des Cyanins zum Phaein wird unter
diesen Bedingungen gefördert. Von Bouillonkulturen wird im
Lichte und bei Luftabschluß die Cyanobase produziert, von
Peptonwasserkulturen die Base aber auch zum blauen
Pigmente oxydiert. Im Dunkeln werden bei Luftabschluß keine
Pigmente produziert.
3. Das Wachstum von frischgesäten Pyocyaneus-Kulturen
wird durch kurze Bestrahlungen mit künstlichen Lichtquellen
(Quarzlampe oder Höhensonne) sowie mit Sonnenlicht bei '
Durchlaß eines engen Strahlungsbezirkes (Verwendung von i
flüssigen Lichtfiltern oder solchen von Jenaer Glas) gefördert. |
Mit dieser Wachstumsförderung durch schwache Bestrahlung ■
(bei einer Intensität von 0'635 B. E. und Blaufilter bis zu
10 Minuten Belichtungsdauer) geht eine erhöhte Reduktion
des Cyanins parallel, wodurch eine verringerte Cyanin-
abscheidung bei geringer Belichtung in Erscheinung tritt.
Längere Bestrahlungen rufen die bekannten Wachstumshem- j
mungen hervor. Mit Abnahme des Wachstums tritt als Hern- i
mungserscheinung eine geringere Cyaninreduktion ein, wodurch
eine größere Menge dieses Pigments, am raschesten unter
Einfluß kürzwelliger Strahlung, zur Abscheidung kommt. Die
Fluoreszinproduktion erscheint durch langwellige Strahlung
gefördert. Der Verlust der Pigmentbildung durch lange
Bestrahlung beruht auf einer raschen Oxydation der Farb-
stoffe. Eine Sterilisierung von Agarplattenkulturen wurde mit
der U-Lampe bei einer Strahlungsintensität von 0'635 B. E.
in 40 Minuten, mit Sonnenlicht bei /=: 0*700 B. E. in |
25 Minuten, hinter dem Blaufilter von Jenaer Glas bei
Jrr 0-650 in 1 Stunde 40 Minuten, hinter dem Rotfilter von
Jenaer Glas bei 7= 0-650 in 2 Stunden 30 Minuten erzielt.
Gut entwickelte Kulturen sind gegen Bestrahlung weniger
empfindlich als frische Aussaaten.
4. Die Wirkung von verschiedenfarbigem Lichte auf die
Bakterienzelle ist eine quantitativ verschiedene. Der Effekt
der kurzwelligen Strahlung von größerem Wirkungsquantum
Einfluß der Bestrahlung auf Baderimn pyocyaneuHi. 89
ist in kürzerer Zeit derselbe wie der der langwelligen
Strahlung von geringerem Wirkungsquantum in längerer Zeit.
Es erscheinen in verschiedenfarbigem Lichte in gleichen
Zeiten verschiedene Phasen desselben Reaktionsvorganges
des Organismus. Diese Gesetzmäßigkeit zeigen Wachstum
und Pigmentabsonderung des Pyocyanens.
5. Die Reduktion des Cyanins ist in Bouillonkulturen ein
Lebensvorgang zur Gewinnung von Atmungssauerstoff. Das
Pigment ist hier ein Sauerstoffvehikel zum Transport nach
tieferen Flüssigkeitsschichten, es verhält sich also wie die*
Atmungspigmente. Pyocyaneiis-SiämvaQ mit kräftiger Pigment-
produktion zeigen • mit der Zunahme der ausgeschiedenen
Cyaninmenge eine Erhöhung des Atmungsgaswechsels. Im
Peptonwasser ist das Cyanin ein bedeutungsloses Aus-
scheidungsprodukt.
6. Das Pyocyanin wird auch von anderen Bakterien
reduziert. Beobachtet wurde die Reduktion mit Stapliylococciis
albus und Streptococcus pyogenes.
Diese Untersuchungen wurden zum größten Teile im
Universitätsinstitute für pathologische Histologie und Bakte-
riologie in Wien durchgeführt. Für ihre Förderung, insbeson-
dere auch durch die Ermöglichung der Benutzung der Hilfs-
mittel dieses Instituts, bin ich dem V^orstande, Herrn Prof.
Dr. O. Stoerk, sowie dem Assistenten Herrn Dozenten
Dr. Th. Bauer, zu größtem Danke verpflichtet. Desgleichen
habe ich Herrn Prof. Dr. Ehrmann und Herrn Dozenten
Dr. Kyrie für die gütige Erlaubnis der Benutzung von
Quarzlampe und Höhensonne meinen besten Dank abzustatten.
Wien, Ostern 1918.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd.
00 J. Fuiiani,
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Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
128. Band. 2. und 3. Heft
Beitrag zur Kenntnis der Conchylienfauna
des marinen Aquitanien von Davas in
Karien (Kleinasien)
Zweiter Teil
Von
Gejza V. Bukowski
(Mit I Tafei)
(Vorgelegt in der Sitzung am 13. März 1919)
In dem zweiten Teil dieser Arbeit, der sich an die Be-
schreibung der Melongena Laiiici Bast, und an die daran
geknüpften Vergleiche^ anreiht, sollten ursprünglich sämtlicliC
aus dem Aquitanien von Davas sich in meiner Kollektion
befindenden Potami des- Arien einer eingehenden Betrachtung
unterzogen werden. Verschiedene in neuester Zeit hinzugetretene
Umstände haben jedoch eine Änderung des Planes bewirkt.
Vor allem muß gesagt werden, daß die Untersuchung des
ganzen in Rede stehenden Materials heute noch nicht völlig
■abgeschlossen erscheint. Andrerseits wieder ist es sehr fraglich
geworden, ob ich in der Lage sein werde, die betreffenden
Studien in den nächsten Monaten fortzusetzen und sie in
einer allen Anforderungen entsprechenden Weise zu beenden.
Ich fühle mich infolgedessen bewogen, meiner früheren Absicht
entgegen, eine Teilung der in Betracht kommenden Erör-
terungen vorzunehmen und die bisher erzielten Ergebnisse
gesondert, schon jetzt zur Veröffentlichung zu bringen. So
gelangt daselbst nur ungefähr die Hälfte der mir vorliegen-
den Potamid es- Arien zur Besprechung.
1 Siehe diese Sitzungsberichte, 125. Band, 1916, p. .353—369.
*,H) G. V. Biikowski,
Wir werden ans im nachstehenden zunächst mit den
beiden für das südfranzösische Aquitanien und Burdigalien
sehr charakteristischen Species Potamides subcorrngatiis
d'Orb. und Pofanijcles sjtbclavaiitlaius d'Orb. beschäftigen und
dann zwei neue Varietäten von Potamides uiargariiacens
Brocchi näher ins Auge fassen. Die Vorführung der rest-
Hchen Arten, welche alle dem Formenkreise des Potamides
j'ictns De fr. angehören, bleibt einem späteren Zeitpunkt vor-
behalten.
Über die letztgenannte Gruppe möchte ich bloß bemerken,
daß die bei Davas vertretenen Species und Varietäten sämtlich
auch im südfranzösischen Aquitanien und Burdigalien vor-
kommen. Die kleinasiatischen Exemplare, welche sich auf
drei Arten, darunter den Tn'pus des Potamides pictus Defr.
mit zwei Varietäten verteilen, stimmen mit Stücken derselben
drei Formen von Merignac, Saucats und St. Paul de Dax,
die sich, als Cerithium pictum Bast, bezeichnet, im natur-
historischen Hofmuseum in Wien finden, in allen Merkmalen
sehr gut überein.
Wenn wir die bis jetzt besprochenen oder erwähnten
l'ormen unserer Fauna überblicken, so läßt sich deutlich er-
kennen, daß die uns beschäftigenden aquitanischen Bildungen
Nordkariens und jene Südfrankreichs außerordentlich große
imd auffallende Analogien in bezug auf F'ornien\-ergesell-
schaftung bieten. Es gilt dies übrigens, wie ich vorgreifend
beifügen will, in fast gleich hohem Grade auch von den
liier noch nicht angeführten Conchylien der besagten Auf-
sammlung.
Angesichts der großen Entfernung, welche die genannten
Gebiete voneinander in westöstlicher Richtung trennt, dürfte
nun diese Tatsache eine nicht geringe Bedeutung haben für
die Gewinnung einer richtigen Vorstellung über die Art
und Weise, wie die gerade um die Wende \on Oügocän
und Miocän einsetzende Einwanderung der Senegalfauna
in die Mediterranregion der Thetj's erfolgte und wie sich
hier die Verdrängung der alttertiären Fauna durch dieselbe
vollzog.
Aquitaiüen von I).;vas. •'<
Potamides (Terebralia) subcorrugatus d'Orbigny
'i'af. I, Fi.i^. 1 bis 6.
\'on den zahlreichen Exemplaren de? Poiauiidcs siihcoi-
rugafiis d'Orb./ welche die uns beschäftigende Kollektion
aufweist, erreicht nicht ein einzii;'es bedeutendere Dimensionen,
Die Länt>e des Gehäuses übersteigt hier niemals 21 mm. Es
entsprechen mithin sämtliche mir vorliegenden Stücke solchen
des südtVanzüsischevi Xeogengebietes, die L. \'ignal als \'ar,
ii/iiiiiiui bezeichnet. -
Ebenso wie diese Abart wurde bekanntlich von dem
genannten Forscher bei Potamides snbcorrngains d'Orb. auch
noch eine Var. major von dem mittelgroßen Typus abgeschieden.
Da jedoch irgendwelche Abweichungen in bezug auf Skulptur
und andere Merkmale nicht angegeben werden und sich die
Unterscheidung beider Abarten ausschließlich auf Größenver-
hältnisse zu stützen scheint, so habe ich in der Überzeugung,
daß als Grundlage für die Aufstellung von Varietäten die Größe
des Gehäuses allein unzureichend sei. es vorgezogen, von
der Anwendung der durch Vignal vorgeschlagenen Bezeichnung
Umgang zu nehmen.
Was andrerseits die von Grateloup angeführte Var.
Burdigalina Grat, anbelangt,^ welche sich \-om Typus dadurch
unterscheiden soll, daß sie im ganzen nur einen einzigen
starken, auf dem letzten Umgang gegenüber der Mündung
auftretenden Ouerwulst besitzt, so hat L. Vignal in seiner
vorhin zitierten Arbeit auf die Unmöglichkeit der Aufrecht-
haltung dieser Abtrennung aufmerksam gemacht, indem er
gezeigt hat, daß die besagte Eigenschaft allen von ihm unter-
suchten Individuen aus dem Gironde-Becken zukommt. Daran
anknüpfend will ich nun gleich nachdrücklich betonen, daß
1 A. d'Orbignj', Prodrome de paleontolugie stratigraphique universelle.
Paris, Vol. 3. 1852, p. 80, Nr. 1468.
2 L. Vignal, Cerithiidae du tertiaire superieur du departement de la
Gironde. iJourn. de Conchj'I., Paris, vol. 58, -i. ser., tome 12, 1910, p. 180.
pl. 9, fig. 39.
3 Grateloup, Conchyliologie fossile des terrains tertiaires du bassin
de I'Adour. Atlas. Bordeaux, 1840, pl. 48, fig. 2.
V)8 G. V. Bukowski.
die kleinasiatischen Stücke bezüglich des eben erwähnten
Merkmals durchweg mit den von L. Vignal beschriebenen
übereinstimmen.
Im nachfolgenden mag nun eine kurze Charakteristik dieser
Art Platz greifen. Zunächst muß aber hervorgehoben werden,
daß dieselbe lediglich auf den aus der Umgebung von Davas
stammenden Exemplaren basiert und im Hinblick darauf, daß
in meinem Material gewisse Merkmale wegen des unvollstän-
digen Erhaltungszustandes gar nicht zur Beobachtung gelangen,
keine erschöpfende sei.
Das kegelig-turmförmige, am hinteren Ende in eine
ziemlich scharfe Spitze auslaufende Gehäuse besteht aus elf
durch tiefe Nähte x'oneinander getrennten Windungen, von
welchen nur die drei obersten und die letzte eine etwas deut-
licher ausgeprägte Wölbung zeigen, während die übrigen fast
eben erscheinen. Eine Unbeständigkeit macht sich dabei in-
sofern bemerkbar, als das Ausmaß der Wölbung des letzten
Umgangs innerhalb gewisser enger Grenzen schwankt und
als es einerseits Indi\'iduen gibt, bei welchen die Mehrzahl
der Windungen geradezu als eben bezeichnet werden kann,
andrerseits Vvieder häufig Exemplare angetroffen werden, deren
Windungen sämtlich eine besonders an den Ouerfalten wahr-
nehmbare, allerdings sehr schwache Konvexität aufweisen.
Die Schalenverzierung bilden Spiralreifen und Ouerfalten.
Es gilt das \"on allen W^indungen mit Ausnahme der ersten
embryonalen-, die jeglicher Skulptur entbehrt.
Von den Längsreifen zählt man, wenn man \'on dem
feinen fadenförmigen Spiralleistchen absieht, das sich ganz
zuunterst unmittelbar an der Naht zieht und niemals fehlt,
stets nur vier. Dieselben sind mehr oder minder gleich stark
entwickelt, oben immer abgeflacht und auf den Ouerfalten
etwas verdickt, wodurch der Eindruck herx'orgerufen wird,
daß daselbst längsgestreckte Anschwellungen auftreten. Die
Breite der Rinnen, welche die Spiralreifen voneinander scheiden,
\\echselt einigermaßen nach den Indi\'iduen. Zumeist stellen
s^ich diese Rinnen als ungemein schmal dar und erreichen sie
überhaupt nur ganz ausnahmsweise die Breite der Spiralleisten.
Nahezu als Regel kann es ferner gelten, daß die zwischen
Aqi;itanien von Davas. i)0
dem untersten und dem nächstfolgenden Längskiel liegende
Rinne etwas breiter ist als die anderen. Nicht unerwähnt
mag schließlich noch bleiben der nicht selten zur Beobachtung
gelangende schwachwellige Verlauf der Längsskulptur, der
namentlich an den z\\-ei obersten Spiralreifen manchmal stärker
auffällt.
Auf der Grundfläche sehen wir drei in weiteren Abständen
als sonst verteilte, gegen die Mündung zu breiter werdende
Längsreifen verlaufen, denen sich hinter dem vordersten noch
ein schwächeres, zuweilen sehr zartes, fadenähnliches Leistclien
beigesellt.
Die kräftigen Ouerfalten beschreiben im großen und ganzen
einen übei'aus flachen Bögen. Bei vielen hidividuen erscheint
ihre Krümmung auf den oberen Umgängen sogar derart schwach
ausgeprägt, daß zu ihrer Wahrnehmung die größte Aufmerk-
samkeit gehört, hl bezug auf die Breite der Querfalten und
der sie trennenden Kanäle herrscht keine Konstanz. Hierin
bieten die einzelnen Exemplare manchmal schon aui den ersten
Blick erkennbare Unterschiede dar, und damit hängt es auch
zusammen, daß die Zahl der auf einen Umgang entfallenden
-Querfalten nicht immer die gleiche bleibt. So schwankt die-
selbe zum Beispiel auf der vorletzten Windung zwischen 1 1
und 13, wobei allerdings hervorgehoben werden muß, daß
bei den meisten Stücken, die auch in anderer Hinsicht als
T^'pus dieser Spezies gelten können, liier 12 Querfalten aus-
gebildet sind.
Bestimmten, stets \'orhandenen, besonderen Eigentüm-
lichkeiten in der Skulptur begegnen wir auf dem letzten Um-
gang. Derselbe weist zunächst gegenüber der Mündung einen
sehr starken Wulst auf, der sich, wie gleich zu Anfang
gesagt wurde, als der einzige auf dem ganzen Gehäuse dar-
stellt, denn die unregelmäßig auf den übrigen Windungen
verstreuten, von den gewöhnlichen durch größere Breite ab-
weichenden Querfalten, welche bereits L. Vignal (1. c.) an
den südfranzösischen Exemplaren richtig beurteilt hat, verdienen
deshalb, weil sie in der Regel nicht stärker erhöht sind als
die anderen, kaum die Bezeichnung von Wülsten. Daß es .sich
aber bei diesen breiteren Ouerfalten tatsächlich um stehen-
100 G. V. Hukowski,
gebliebene Alundvvülste handelt, geht daraus klar hervor, daß"
unter ihnen auf der Innenseite der dort \erdickten Schale
geradeso wie bei dem eigentlichen Wulst des letzten Um-
ganges zwei zimieist gleich große Zähne auftreten. Eine
weitere Eigentümlichkeit der Schlußwindung äußert sich darin,,
daß hier die Ouerfalten sowohl vor als auch hinter dem
Willst schwächer werden imd enger aneinander gereiht sind,
wodurch sich ihre relative Zahl als größer erweist.
Die Mündung hat sich leider bei keinem Exemplar meiner
Kollektion erhalten. An einigen Stücken läßt sich nur konsta-
tieren, daß die fest anliegende Innenlippe dünn, beziehungs-
weise gar nicht schwielig verdickt ist. Die auf. der gedrehten
Spindel in der Mitte verlaufende Falte erscheint durchgehends
sehr kräftig entwickelt. Im \'ergleich mit ihr stellt sich die
zweite Falte, welche sich weiter oben auf der Mündungs\\'and
hinzieht, immer als etwas minder stark dar.
Was das Aussehen der Mündung, vor allem des Mund-
saumes betrifft, so kann hier nur auf die in erster Linie zu
berücksichtigenden besten Abbildungen dieser Spezies in den
Arbeiten von L, Vignal^ und M. Co ss mann- verwiesen
werden. Mit diesen Abbildtmgen herrscht, wie man sieht, in
allen Merkmalen, deren Beobachtung der Erhaltungszustand
unserer Exemplare gestattet, \'olle Übereinstimmung und sie
sind es auch allein, auf die sich meine Bestimmung stützt.
Ein Vergleichsmaterial stand mir nicht zur X'erfügung.
Es erübrigt schließlich zu erwähnen, daß die Zahl der
mir von Davas vorliegenden Stücke 120 beträgt.
Bevor wir uns aber der Betrachtung der nächstfolgenden
Spezies zuwenden, möchte ich noch einige Bemerkungen über
die zwei von Grateloup als V^arietäten des Pofamides sub-
corrugains d'Orb. {= P. corrngatns GvRteloup und Basterot,,
non P. corrngatns Brongniart) bezeichneten und abgebildeten
Formen beifügen.
1 L. Vignal, Cerithiidae du tcitiaire supericur du departemcnt. de la
Gironde. (Journ. de Conchyl., Paiis, 4. ser., tome 12, Vol. 5«, IIUU, p. 180,
pl. 9, fig. 37—39.)
~ M. Cossmann, Essais de paleoconchologie compaiee. Paris; livr.
7, 1906, p. 125, pl. 10, fig. 21—22.
Aquit;inien von Davas. 101
\'on der einen Abart, der Vnr. BiirJii(alimi Grat.^ ist schon
eingangs die Rede gewesen. Sie spielt eine ziemlich große
Rolle in den Erörterungen der verwandtschaftlichen X'erhält-
nisse verschiedener Foimen ans der daselbst in Betracht
kommenden Gruppe. Während L. Vignal (1. c, p. 181), wie
bereits gesagt wurde, ihre Abtrennung \-om Typus des Pofa-
niides siibcorriigatiis für unstatthaft erklärt, stellt R. Hoernes-
dieselbe in die Nähe des \on ihm aus Steiermark beschrie-
benen Potamidcs DoUfnssi R. Hoern. und gibt er sogar die
Möglichkeit zu, daß beide miteinander identisch sind. Der
d'Orbigny'sche Name •'SubcorrugatuS':< darf nach der Ansicht
des letztgenannten Forschers im vorliegenden Falle keine An-
wendung finden. F. Sacco" wieder vergleicht die Var. BiirJi-
gaJiiui mit Potuniides mvnrcgalcnsis Sacco aus dem Hel\-elien
und Tortonien Piemonts, eines sehr nahen Verwandten des
P. hideiitatus Defr., an den sie durch verschiedene Charaktere
stark erinnern soll. Die Meinungen über die Stellung der in
Rede stehenden Form gehen mithin sehr weit auseinander.
In besagter Hinsicht wird eine endgültige Entscheidung wohl
so lange nicht erfolgen können, bis nicht die ganz imzurei-
chende Zeichnung in dem Atlas Grateloup's durch eine
neue, gute Abbildung des Originals ersetzt ist, und im Hin-
blick darauf halte ich auch \'orderhand alle diesbezüglichen
Auseinandersetzungen für überflüssig.
Die zweite Abart, \'ar. inhcrcidosd Graf^ \'on welclier
die Diagnose *anfractibus ultimis tuberculato-spinosis« gegeben
wird, ist im Atlas Grateloup's durch eine Abbildung dar-
gestellt, die für eine sichere Bestimmung völlig ungeeignet er-
scheint. Es darf d iher nur als eine Vermutung von mir aufgefaßt
\verden, wenn ich sage, daß ich sie für eines der zahlreichen
1 Grateloup, Concln-liologie fossile des terrains tertiaires du bassin
de r Ad cur. Atlas. Bordeaux, 1840; Supplement, pl. 3 (48), fig. 2.
- R. Hoern es, Neue Cerithicn aus der Formengruppe der Clava hiden-
tiila (Defr.) Grat, von Oisnitz in Mittelsteicrmark etc. (Diese Sitzungsber.,
Bd. 11 u. Abt. 1, 1901, p. 322— 323.
3 F. Sacco, I moUuschi dei terreni terziarii de! Piemonte e della I.i-
guria. Torino, parte 17, 1895, p. 55.
■i Grateloup, 1. c., Supplement, pl. 3 (48), fig. 8.
102 G. V. Bukowski.
Übergangsglieder zwischen Potauiides snbcovnigi.üus d'Orb.
und Potauiides snhclavainlatns d'Orb. halte, mit denen wir
uns gleich im Nachstehenden eingehender beschäftigen werden.
Auf eine weitläufige Erörterung der verwandtschaftlichen
\'erhältnisse will ich mich diesmal nicht einlassen. Nur ein
Ergebnis der Vergleiche soll hier kurz berührt werden, nämhch
das, daß mit Potaniides snhcorrngains d"Orb. unter anderen
auch der durch V. Hilber aus dem Miocän Mittelsteiermarks
beschriebene Potauiides perrugatus Hilb.^ gewisse schon auf
den ersten BHck auffallende Analogien aufweist. Die Ähnlichkeit
en'cicht jedoch keineswegs ein so großes Ausmaß, als man
nach der Darstellung durch Hilber zu glauben versucht wäre.
Den von Hilber angeführten Unterschieden könnten noch
einige andere hinzugefügt werden. Die Trennung der beiden
genannten Arten dürfte sich also in allen Fällen leicht durch-
führen lassen.
Potamides (Terebralia) subclavatulatus d'Orbigny
Taf. I. Fig. 7 — 11.
Noch bis vor kurzem war man bei der Bestimmung des
Potauiides siibclavattUatiis d'Orb.,- wenn man nicht zufällig
über südfranzösische Stücke für den Vergleich verfügte, auf
eine einzige Abbildung angewiesen, auf die in dem Atlas
Grateloup's enthaltene Zeichnung,^ welche, was die zweck-
entsprechende Wiedergabe der Merkmale betrifft, viel zu
wünschen übrig lassen dürfte und die überdies bloß von einer
ganz kurzen ungenügenden Charakteristik begleitet ist.
Erst im Jahre 1910 hat dann L. Vignal eine zweite
Abbildung dieser Art in schöner Lichtdruckausführung nach
einem Exemplar aus dem Gironde-Becken gegeben.** Diese
1 \'. Hilber, Neue Conchylien aus den mittelsteirischcn Mediterran-
schichten. Diese Sitzungsb.. Bd. 79, Abt. 1, 1879, p. 443. Taf. 4, Fig. 9 und Kr
- A. d'Orbigny, Prodrome de palcontologie stratigraphique universelle.
Paris, Vol. 3, 1852, p. 81, Nr. 1486.
2 Grateloup, Conchyliologie fossile des terrains tertiaires du bassin
de l'Adour. Atlas. Bordeaux, 1840, pl. 17 (1), fig. 17.
4 L. Vignal, Cerithiidae du tertiaire superieur du departemcnt de la Gi-
ronde. (Journ. de Conchyl., Paris, 4. ser., tome 12, Vol. 58, p. 181, pl. 0,
tig. 40.)
Aquitanien von Davas. 103
\V3icht jedoch, wie der Vergleich lehrt, von jener im Atlas
Grateloup's, welche wir als die den Typus darstellende
betrachten müssen, in mancher Beziehung ganz erheblich ab.
Das ihr zu Grunde liegende .Sti^ick ist meiner Meinung nach
nichts anderes, als eines von den vielen Übergangsgliedern,
die von Potamidcs subcorrugatiis d'Orb. zu Potamides snh-
cJavatidatus d'Orb. hinüberführen. Es scheint sich dabei um
ein Exemplar zu handeln, das nicht weit von der Mitte
zwischen den beiden genannten Spezies steht und dem, wie
ich vorgreifend bemerken will, unsere in Fig. 10 und Fig. 11
abgebildeten Individuen in der Kntwicklungsreihe sehr nahe
kommen.
L. Vignal betont in seiner vorhin zitierten Arbeit mit
großem Nachdruck, daß es zwar leicht sei, typische Stücke
des Potamides snhclavaiidatns d'Orb. und Potamides stibcor-
rtigatns d'Orb. voneinander zu unterscheiden, daß es aber
schwer fällt, die Trennung \'orzunehmen, sobald man .Stücke
vor sich hat, deren obere Windungen in der \'erzierung
jenen des Potamides siibcorrngatiis d'Orb. gleichen, untere
dagegen die Charaktere d^is Potaiuides snbclavatidatits d'Orh.
zur Schau tragen. Hiermit erscheint also klar ausgedrückt,
daß im. südfranzösischen Jungtertiär die beiden in Rede
stehenden Arten durch Übergänge miteinander x'erbunden sind.
Im Aquitanien von Davas tritt uns dieser allmähliche
Übergang mit gi^oßer Deutlichkeit entgegen. Das von mir auf-
gesammelte Material enthält aber leider nur solche Übergangs-
glieder, deren extreme Formen in der sich \'on Potamides
siibcornigatiis d'Orb. zu Potamides snbcJavatulatiis d'Orb.
vollziehenden Umbildung ungefähr bis zur Mitte reichen. Der
Typus der zuletzt erwähnten Spezies findet sich in meiner
Kollektion nicht vor.
Wir wollen nun im nachstehenden einzelne Stadien der
besagten in der gleichen Richtung stetig fortschreitenden Um-
änderung, soweit dieselben in der vorliegenden Suite zui"
Beobachtung gelangen, einer ganz kurzen Betrachtung unter-
ziehen.
Fig. 7 und Fig. 8 stellen zwei Exemplare dar, bei welchen
nur der letzte und der vorletzte Umgang eine gegenüber
1()4 (i. V. Bukowski,
dem Poii-iniidcs snbcorriigatus d'Orb. bis /.ii einem gewissen
Grad abweichende (iesialt und Skulptur zeigen, während alle
übrigen Windungen gar keinen Unterschied bieten. Auf dem
vorletzten Umgang, der im Gegensatz zu den vorhergellenden
deutlich gewölbt erscheint, beginnt der zweite Spiralreifen,
von oben gerechnet, stärker hervorzutreten. Er wird bei \\-eiterem
.Schalenwachstum immer kräftiger und damit im Zusammen-
hang entwickelt sich dann auf dem letzten Umgang nach und
nach auch eine seinem V'erlaufe entsprechende ziemlich
scharfe Kante, welche die eckig gewordene Außenwand der
Schlußwindung in eine schmale, von der Naht unter mäßig
starker Neigung abdachende, bloß den obersten Spiralreifery
tragende Fläche imd einen größeren, zur Basis abfallenden
Abschnitt teilt. Ein dornenähnliches \'orspringen des Kielreifens
an den Kreuzungsstellen mit den Ouerfalten ist eine Erschei-
nung, die ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf. Die beiden
untersten Längsreifen beh;ilten in diesem Stadium noch bis
an das Ende des Gehäuses ihr gewöhnliches Aussehen.
Zur Veranschaulichung eines weiteren, dem Pofainidesr
snbclavatulatus d'Orb. sich mehr nähernden Entwicklungs-
stadiums dienen die Abbildungen Fig. 9a und 9b. Man sieht^
daß bei diesem Individuum die geschilderten Veränderungen
schon auf dem dritten Umgang, von vorn gerechnet, ihren
Anfang nehmen und zum Schluß die der zuvor beschriebenen
Exemplare an Scliärfe übertreffen. Hier läßt sich auch bereits
die Beobachtung machen, daß auf dem letzten Umgang die
zwei untersten Spiralreifen ungleich stark werden und daß
sich zwischen sie mitunter ein zartes, fadenförmiges Längs-
leistchen einschiebt.
Eine noch bedeutend größere Annäherung in der ange-
gebenen Richtung zeigen dann die beiden Stücke, welche in
Fig. 10 und Fig. 11 zur Anschauung gebracht wurden. Hier
setzt die Ausbildung der bezeichnenden Artmerkmale schon
um einen Umgang früher ein. Die vorderen Windungen weisen
dabei bereits eine sehr scharf ausgeprägte stufenförmig ab-
gesetzte Gestalt der Außenwand auf und die durch den Kiel-
reifen an 'den Querfalten erzeugten Dornen treten daselbst
viel kräftiger hervor als bei den bis jetzt beschiiebenen
Aquitanicn v<m l);iv;is. 105
.Exemplaren. Auf der Schlußwindung, zuweilen übrigens auch
schon auf dem \"orletzten Umgang macht sicli zwischen den
zwei unterhalb der Kante liegenden Spiralreifen in bezug aut
Stärke ein größerer Unterschied bemerkbar und außer dem
fadenähnlichen Längsleistchen, das in dem sie trennenden
Kanal x'erläuft, zieht sich manchmal ein zweites ganz gleiches
Leistchen auch noch zwischen dem obersten Längsreifen und
dem Kiel.
Die Bestimmung der 44 Stücke meiner Sammlung, welche
sich auf die drei eben behandelten Übergangsformen verteilen,
als Potamidt's subchivatiilaUis d'Orb. erfolgte auf Grund der
Tatsache, daß diejenigen von ihnen, die dem zuletzt betrachteten
Ausbildungsstadium angehören, mit der Abbildung dieser
Spezies in dem Aufsatze L. Vignal's (1. c.) in sämtlichen
Charakteren sehr gut übereinstimmen. Die Anwendung des
besagten Artnamens auf alle, selbst auf die näher dem Pota-
mides stibcorrugaliLs d'Orb. stehenden Übergang.sglieder halte
ich hiei^bei deshalb für gerechtfertigt, weil die allen zukom-
mende kantige Form der untei-en Windungen oder wenigstens
■der Schlußwindung sowie die sich bis zur Dornenentwicklung
steigernde Anschwellung des verstärkten Kielreifens an den
KreuzLingsstellen mit den Ouerfalten ungemein auffällige Eigen-
schaften bilden, die dem Potainides snbcornigatns d'Orb. völlig-
fremd sind und die für die Trennung beider Arten selbst in
den Anfängen der Umänderung ein so au.sgezeichnetes Mittel
abgeben, daß sich die Ziehung der Grenze bei der Benennung
in der Aufeinanderfolge der Übergänge unmittelbar hintei- dem
Potainides siibcornigatns d'Orb. empfiehlt
Ferner möchte icli noch mit einigen Worten auf die schon
eingangs flüchtig berührten, dui-chaus nicht geringen Unter-
schiede zurückkommen, welclie zwischen der Abbildung dieser
Spezies bei L. \'ign;il imd der bei Grateloup zutage treten.
Von einer Aufzählung derselben kann aber oirneweiters abge-
sehen werden, da der \'ergleich der Abbildungen genügt, um
die wichtigsten von ihnen sofort wahrzunehmen.
Es ist nur sehr zu bedauern, daß L. \'ignal über die besagten
Abweichungen keine Aufklärung gegeben hat. Infolgedessen
wie auch ^^•egen des Manii-els einer genaueren Beschreibunq;
106 fr. V. Biikowski,
bleibt uns vorderhand nichts anderes übrig, als die sich
hier bemerkbar machenden Unterschiede einesteils der Unzu-
länglichkeit der von Grateloup gegebenen Zeichnung zuzu-
schreiben, andernteils wieder, wie ich es tun zu müssen glaubte,
d£irauf zurückzuführen, daß die Abbildung in der Arbeit
Vignal's nicht den Typus sondern eine nicht weit von der
Mitte zwischen Potamides siihclavatnlatiis d'Orb. und Pota-
mides sttbcorrugatiis d'Orh. stehende Übergangsform darstellt.
Vor allem muß betont werden, daß bei dem T3'pus des
Potamides snbdavatuJatns d'Orb. alle Windungen mit Aus-
nahme der embryonalen so gestaltet und verziert sein dürften,
wie bei unseren Stücken nur die jüngsten Umgänge. Grateloup
bezeichnet ihn als einen \'er\vandten des Potamides crislains
Lam. (Desh.) aus dem Pariser Grobkalk ^ und die Abbildung,
die er \'on ihm gibt, erinnert tatsächlich ziemlich stark an
diese eozäne Form. Da letztere jedoch zu der Sektion Po'it-
mides sensu stricto gehört,"^ während sich unsere Art durch
das Vorhandensein einer sehr kräftigen medianen Falte auf
der. Spindel als eine Terebralia erweist, so kann hier
wohl \'on einer sehr nahen Verwandtschaft kaum die Rede
sein.
Wir sehen, daß sich an Potamides snbclauatntatns d'Orb.
verschiedene Fragen knüpfen, die ihrer Lösung noch harren,
und wir können nur hoffen, daß die \'on M. Cossmann und
A. Peyrot in Angriff genommene und seit dem Jahre 190^»
in Fortsetzungen erscheinende Publikation über die jungter-
tiäre Conchylienfauna der Aquitaine^ diesbezüglich bald die
\olle Klarheit bringen wird.
Endlich ist noch nachzutragen, daß ebenso wie die xor-
hin beschriebene Art auch diese in meiner Sammlung nur
durch kleine Exemplare \"ertreten ist, unter denen sich keines
findet, dessen Gehäuselänge 20 nun übersteigen würde.
1 G. P. Deshaj^es, Description des coquillcs fossiles des enviions de
Paris. Paris, 1824—1837, tome 2, p. 420, pl. 60, fig. 10—11.
- M. Cossmann, Essais de paleoconchologie comparec. Paris, livr. 7,
1906, p. 105.
'^ M. Cossmann et A. Peyrot, Conchologie neogenique de l'Aquitaine.
(Actes d. 1. soc. Linn. de Bordeaux, 1909 und fulgende.)
Aquitanien von Davas. 10/
Potamides (Tympanotomus) margaritaceus Brocchi
Taf. I, Fig. 12—1.-).
Wie bei den beiden zuvor beschriebenen Arten fällt
auch bei dieser ganz besonders die geringe Größe der klein-
asiatischen Stücke auf, und zwar bei letzterer um so mehr
als wir gewöhnt sind zu sehen, daß sich dieselbe in anderen
Gebieten zumeist durch relativ bedeutende Dimensionen aus-
zeichnet, welche sich weit von jenen unserer hidividuen
entfernen. Die Kollektion \on Davas birgt kein einziges
Exemplar, dessen Länge mehr als 22 uim betragen würde.
Potamides inargaritaceiis Bx'occhi ist hier durch zwei
Varietäten vertreten, die ich als neu zu bezeichnen gezwungen
war, weil sie, wenn wir auch die Kleinheit nicht beilick-
sichtigen, mit keiner von den zahlreichen in der Literatur
angeführten Abarten dieser Spezies \'ollkommen übereinstimmen.
Eine vi>n ihnen, die Vav. tahauj, bietet in gewissen Merk-
malen sogar so bedeutende Unterschiede dar, daß ich eine
Zeit lang überlegt habe, ob es nicht zweckmäßiger wäre, sie
als eine neue Art aufzufassen, der man einen Platz zwischen
Potamides mat'garttaeens Brocchi und Potamides (Pfyclio-
potaniides) papaveracens Bast, anzuweisen hätte. Da aber
zwischen ihr und der zweiten, von mir -'Carica< benannten
\'arietät, über deren Zugehörigkeit zu der ersterwähnten
Form nicht der geringste Zweifel obwaket, ein Übergang
stattfindet, entschloß ich mich den hier zum Ausdrucke ge-
langten Standpunkt einzunehmen.
Var. tabana n. var.
Fig. 12—13.
Das kegelig-turmförmige, oben sehr spitz zulautende
Gehäuse setzt sich aus 13 ebenen, durch tiefe Nähte xon-
einander getrennten Windungen zusammen.
Als Verzierung finden sich auf jedem Umgang zunächst
drei mit kräftigen Knötchen besetzte, nicht besonders stark
aufragende Hauptspiralreifen, \on welchen der mittlere immer
schwächer beziehungsweise schmäler als die beiden anderen
erscheint und infolgedessen auch kleinere, in die Länge ge-
streckte Knötchen trägt, während auf dem oberen und dem
JOS G. V. ßukowski.
unteren Haiiplkiel im Gegensatz da/.ii größere, xorwiegend
rar de Körner auftreten. Dabei wäre noch zu bemerken, daß
auf dem letzten Umgang die Körner des obersten Reifens
jene des unteren an Größe etwas übertreffen. Die Anordnung
der Knötchen, deren man auf jedem \"on den jüngeren Um-
gängen 20 bis 25 in einer Reihe zählt, ist insofern eine
ziemlicli gleichmäßige, als die Zahl, die Dichte und die gegen-
seitige Stellung derselben im Laufe des Schalenwachstums
keinem starken, namentlich keinem so großen Wechsel unter-
liegen, wie bei der zweiten Varietät meiner Sammlung, der
var. carica.
Zu den drei Hauptkielen gesellt sich dann am vorderen
Rand der Windungen unmittelbar an der Naht noch ein sehr
zartes fadenförmiges Spiralleistchen, das in entsprecliend dünne,
langgestreckte Knötchen zerfällt. Ein ebenso feiner fadenför-
miger Spiralstreifen kommt endlicli auf dem letzten Umgang in
dem tiefen Kanal zwischen dem obersten und dem mittleren
Hauptstreifen zur Ausbildung.
Die Körnelung entsteht durch leicht gekilimmte Anwachs-
falten, die aber in den Furchen nur sehr schwach hervortreten.
Besonders in der obersten Furche, welche stets tiefer ist als
die zweite, sind diese bogigen Querfalten kaum angedeutet
und nicht leicht erkennbar.
Die flache Basis der Schlußwindung, auf welcher sich
die Anwachsstreifung besonders schön ausgeprägt zeigt, zieren
vier Spiralreifen. Von denselben sind die drei unteren in
gleichem Ausmaß schwach entwickelt, ziemlich dünn und
weisen nur Spuren einer durch die Anwachsstreifen erzeugten
Kerbung auf. Der oberste Reifen ist dagegen stark erhaben,
\iel breiter als die \orgenannten und erscheint kräftig gekörnelt.
Über die Mündung kann, da dieselbe bei keinem Exemplar
unversehrt geblieben ist, bloß gesagt werden, daß der linke
Alundrand die stets mit einer kräftigen Falte versehene
Spindel als starke Lamelle bedeckt. Reste alter Mundränder
auf dem Gewinde kamen nicht zur Beobachtung.
\'ar. tahaua scheint im Aquitanien von Davas nicht sehr
häufig vorzukommen. Meine Ausbeute beläuft sich hier bloß
auf 18 Stücke.-
I
Aquitanieii von Oavas. 1'*^^
Die Frage, an welche Form sich die in Rede stehende
A'arietät am nächsten anschließt, laßt sich nicht leicht beant-
worten. Im Hinblick darauf, daß mir die wichtigsten für die
Bildung eines diesbezüglichen Urteils \'or allem in Betracht
Ix'ommenden Formen bloß von Abbildungen bekannt sind,
will ich auch im folgenden von eingehenderen \'ergleichen
absehen und beschränke ich mich auf einige kurze Bemerkungen.
Unter den bisher beschi'iebenen \'arietäten des Potamides
}iuii\i^driliiceiis Brocchi bietet meinem Dafürlialten nach T'i/r.
siiupIicKir VignaU noch die meisten Anklänge an unsere
Abart. Sie zeigt daneben aber auch nicht unbedeutende
L'nterschiede, \'on denen sich die wesentlichsten, nach der
zitierten Abbildung zu urteilen, darin äußern düi-ften, daß bei
ihr die Körner aller drei Hauptspiralreifen annähernd gleich
groß sind und enger aneinander gedrängt stehen imd daß
auf dem letzten Umgang keine Einschiebung eines faden-
fcu'migen Spiralleistchens in der obersten Furche stattlindet.
In vielen Charakteren sehr ähnlich scheint ferner der
gleichfalls im Gironde-Becken vorkommende Potamides (Tym-
panotoimis) souensis\\gn£\.V^ zu sein. Wenn wir uns an die
Abbildung und die Beschreibung in dei- Arbeit \'ignals halten,
gelangen wir zu der Erkenntnis, daß diese Ähnlichkeit besonders
in der Schalenskulptur eine auffällige ist. Im übrigen besteht
jedoch ein scharfer Gegensatz darin, daß bei Pofauiides
sonensis \'ignal die Spindelfalte durchweg fehlt, während sie
bei unserer Form, wie wir gesehen haben, immer vorh;inden
ist. Ob außerdem niclit auch die der südfranz()sisclien Art
eigentümlichen Merkmale, die geringe Dicke und die schwache
Entwicklung des äußeren Mimdsaumes einen Unterschied dar-
stellen, läßt sich wegen der sehr starken Beschädigung des
letzten Teiles der Schlußwindung an allen unseren Stücken
nicht entscheiden.
Eine dritte Form, die bei der Ermittlung der \erwundt-
scliaftlichen \'erhältnisse x'ielleicht nocli mehr als die beiden
1 L. Vignal, Cerithiidae du lertiaire supcrieur du departement de la
liironde. (Journ. de Conclij'l., Paris. 1910. 4. sä-., tomo 12. X'nl. .18. p. ] (59,
pl. 8, fig. 25.)
- L. Vignal, 1. c, p. 107. pl. S, fijr. 24.
Sitzb. d. matheni.-naturw. KL, Abt. I, 12s. Bd. 9
110 G. V. Bukowski,
zuvor erwähnten ins Gewicht fällt, ist PotaiiiiJes (Tyuipano-
tonius) Pedemontamis Sacco^ aus dem Helvetien Italiens,
den man bei etwas weiterer Fassun.q- des Artbegriffes als
eine A'arietät des Potamides margaritaceiis Brocchi be-
zeichnen könnte. Neben manchen großen Analogien in der
X'erzierung der Schale ergeben sich aus dem Vergleich
unserer Stücke mit den zitierten Abbildungen dieser Art
immerhin auch einige Abweichungen, die hier nicht ungenannt
bleiben sollen. Bei Potamides Pedemonfaniis Sacco scheinen
die Knötchen der Hauptspiralreifen, von denen der zweite
und der dritte als fast gleich stark geschildert werden, zahl-
reicher und nicht rund sondern - quergestreckt zu sein und
die Anwachsfalten dürften in den die Kiele trennenden Furchen
schwächer hervortreten. Die Abbildungen größerer Exemplare
lassen außerdem Andeutungen eines treppenförmigen Absitzens
der jüngeren Windungen erkennen, v\'as bei \'ar. tahana nie-
mals zutrifft.
Wie Potamides Pedemontamis Sacco erinnert auch \'ar.
tahana durch ihre Skulptur einigermaßen an Potamides /Pfy-
clwpotamides) papaveracens Bast.- Besonders hervorzuheben
wäre daselbst neben dem ähnlichen Aussehen und der ähn-
lichen Anordnung der Knötchen auf den Längskielen, daß
die Zahl der Körner, die auf eine Reihe eines Umganges
entfallen, die gleiche ist und daß die Basis eine nahezu gleiche
Verzierung trägt. In anderen Merkmalen wieder, so zum
Beispiel in der sehr verlängert turmf<)rmigen Gestalt des
Gehäuses, das nebstbei aus zahlreicheren Windungen besteht.
1 F. Sacco, Sopra alcuni Potamides del bacino terziario del Piemonte.
i'BulI. della soc. malacol. ital., Pisa, 1888, vol. 13. p. 106, tav. 7, fig. 22-
28.) und F. Sacco, I molluschi dei terreni ler/.iarii del Piemonte e della
Liguria. Torino, 1895, parte 17, pag. 48, tav. 3, fig. 19.
- Vgl. vor allem: M. Hoernes, Die fossilen Mollusken des Tertiär-
beckens von Wien. (Abb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, Wien, Bd. 3, 1850,
S. 403, Taf. 42, Fig. 8) und F. X. Schaffer, Das Miocän von Eggenburg.
(Ibid., Bd. 22, Heft 2, 1912, p. 156, Taf. 52, Fig. 8.) — Diese Abbildungen
stellen zwar nach der Auffassung von F. Sacco und F. X. Seh äffe r nicht
den Typus, sondern eine >'Var. Gniinieiisis Sacco« benannte Abart des
Potamides papaveraceits Bast, vor, eignen sich aber für den Vergleich viel
besser als die Zeichnung im Atlas Grateloup's.
Aquitanien von Davas. 1 1 1
treten bei Potamides papaveraceiis Bast., wie schon seine
Zugehörigkeit zu einer anderen Sektion beweist, so bedeu-
tende Unterschiede hervor, daß mir deren weitere Erörterung-
überflüssig erscheint.
Var. carica n. var.
Fig. 14-15.
Für diese \'arietät ist besonders charakteristisch der sich
im Laufe des Schalenwachstums mehrmals vollziehende Wechsel
der \^erzierung. Von den 13 ebenen, durch tiefe Nähte von-
einander geschiedenen, etwas treppenartig abgesetzten Um-
gängen, welche das konisch-turmförmige Gehäuse bilden,
zeigen die zehn obersten, die Embryonalwindung ausgenommen,
eine ziemlich gleiche Skulptur. Dieselbe läßt sich kurz folgen-
dermaßen skizzieren:
Ganz unten, unmittelbar an der Naht verläuft zunächst
ein zartes fadenförmiges in langgestreckte Knötchen zerteiltes
SpiraUeistchen. Von den drei Hauptspiralreifen, welche dann
darüber an den Seiten folgen, sind der obere und der untere
gleich kräftig entwickelt und mit 15— 17 gleich großen runden
oder quadratischen, stark erhabenen Körnern besetzt. Der
mittiere Hauptkiel ersclieint dagegen immer sehr schwach und
stellt sich öfter sogar nur als ein ungemein zartes fadenähn-
liches Leistchen dar. Die 15—17 Knötchen, die er trägt, sind
auch dementsprechend schmal und in die Länge gezogen.
Außerdem wäre noch zu erwähnen, daß man daselbst zwar
einer schön ausgeprägten Anwachsstreifung begegnet, daß aber
die Ouerfalten in den Furchen kaum merklich hervortreten.
Auf dem elften Umgang sieht die Verzierung insofern etwas
anders aus, als hier die Körner des obersten Hauptkiels jene
des unteren an Größe übertreffen. Bei einem Teil der Indivi-
duen weist überdies der mittlere Hauptreifen eine abweichende
Beschaffenheit auf. Die Zahl seiner Knötchen wächst bis zu
24 an. Sie sind sehr klein, vorwiegend rund imd stehen, da
die Entfernungen zwischen ihnen bedeutenden Schwankungen
unterliegen, bald nahe aneinander gruppiert, bald weit aus-
einander.
I I - (i. V. Bukowski,
Die auffallendste Ändenini;- der Skiilpttir erfolgt aber erst
auf dem vorletzten Umgang. Ihr Beginn knüpft sich an das
Auftreten eines besonders kräftigen, zum Schluß der elften
\Vindung stehengebliebenen alten Mundrandes. Zuerst sei die
starke unvermittelte A'ermehrung der Knötchen angeführt,
^velche auf allen drei Hauptkielen mehr (uier weniger dicht
aneinander gedrängt erscheinen und deren Zalil in einer Reihe
bei manchen Stücken bis auf 34 steigen kann. Auf dem
obersten Reifen hat man es mit viereckigen, quergestreckten,
auf den beiden anderen Hauptkielen hingegen mit rundlichen
Knötchen zu tun. Ein weiteres Merkmal, das sowohl den vor-
letzten als auch den letzten Umgang von den übrigen unter-
scheidet, ist die Einschaltung je eines äußerst zarten faden-
förmigen Längsleistchens in den zwei breiten Furchen, welche
die Hauptreifen voneinander trennen. Als bezeichnend für
diese zwei Windungen bleibt dann nur noch übrig anzugeben,
daß hier die bogig gekrümmten Querfalten im Zusammenhang
mit <.\ei^ wohl ausgeprägten An\\'achsstreifen verhältnismäßig
stark entwick'elt inid auch in den Rinnen sehr deutlich wahr-
nelimbar sind.
\\'as endlicli die Schlußwindimg anbelangt, so \\-eicht die
Skulptur derselben von jener des vorhergehenden Umganges
dadurch wesentlich ;ib, daß der oberste Reifen mit relativ
sehr groben, weiter als sonst voneinander entfernten und in-
folgedessen minder zahlreichen Knoten, die gegen die Mündung
zu fast stachelartig aufragen, besetzt ist, während die anderen
Kiele ihr früheres Aussehen beibehalten.
Die ( ri-imdfläche dieser Varietät bietet in jeder Beziehung,
v\"enn N\ir von dem Hinzutreten eines fünften Spiralreifens
absehen, große Analogien mit der Basis der var. tahaua dar. Das-
selbe gilt auch vom Innenrand der Mündung und von der
Spindelfalte. Wie der rechte Mundrand beschaffen war, ent-
zieht sich dagegen der Beurteilung, weil er in keinem einzigen
Falle erhalten geblieben ist.
\''ar. Carica findet sich im Aquitanien von Davas nicht
häufig vor. Meine Kollektion enthält nur sieben Exemplare,
die ohne Bedenken als dieser Abart angehörig ange.sprochen
werden können.
Aqiiitunien \oii l)a\us. 1 i • >
Die Erniittlunt;- ihrer \-er\vandtschaftlichen \'erh;iUnisse
dürfte keine besonders großen Schwierigkeiten bereiten. Meine)-
Ansicht nach wird man kaum tehlgehen, wenn man ihr einen
Platz in der Nähe der var. calcarata Grat., jener Abart des
Potamides (Tympaiiotointtsj margaritaccus Brocchi einräumt,
die von F. Sacco,^ wie man ja weiß, als eine besondere,
vollwertige, zufolge der Unbeständigkeit gewisser Charaktere
sogar selbst wieder in mehrere \'arietäten zerfallende Spezies
aufgefaßt wird.
1 Vgl. V. Sacco, I molluschi dei terreni tcrziarii dei Piemnnte e' della
l.iguria. Torino, parte 17, 1S95, p. 47 — 48.
1 14 G. V. Bukowski, Aquitanien von Davas.
Tafelerklärung.
Fig. 1. Poiainidcs (Terchralia) siihcornigatus d'Orb. Ein kleines Exemplar,
bei welchem der letzte Umgang fehlt, in dreifacher Vergrößerung. Die
erste embr3fonale und auch die übrigen Windungen sind verhältnis-
mäßig gut erhalten.
Fig. 2 und 3. Pulamicics (Tcrebralia) suhcornigaliis d! Ovh. 7.\\e\ mittelgroße
Exemplare mit normaler \'ermehrung der Querfalten auf dem letzten
Umgang in zweifacher Vergrößerung.
Fig. 4. Potamides (Terchralia) subcorriigahis d'Orb. Eines der größten Exem-
plare der Kollektion in zweifacher Vergrößerung. Der letzte Umgang
fehlt ganz.
l"ig. 5. Potamides (Terchralia) siibcorriigatiis d'Orb. YAn mittelgroßes Stück,
das im Gegensatz zu den normal ausgebildeten Individuen eine
stärkere Vermehrung der Querfalten auf dem letzten Umgang aufweist,
in zweifacher Vergrößerung.
l'ig. 6. Pofaiiiides (Tcrebralia) sithcorrngaltis d'Orb. Ein mittelgroßes Exem-
plar, bei dem die auf dem letzten Umgang besonders stark vermehrten
Querfalten schwächer, beziehungsweise dünner als sonst erscheinen,
in zweifacher Vergrößerung.
l'ig. 7 und 8. Potamides (Terchralia) siihciavatitlatiis d'Ovh. Zwei Exemplare
aus der Reihe der Übergangsglieder zwischen Potamides siibcorriigatiis
d'Orb. und Potamides siibclavatiilatiis d'Orh., die dem Potamides
siihcornigaiiis d'Orb. noch sehr nahe stehen, in zweifacher Ver-
größerung.
l"ig. 9. Potamides (Tcrebralia) siibclavaltitaliis d'Orb. Ein Individuum, das
einem etwas weiter entfernten Umbildungsstadium in der Richtung von
Potamides suhcornigatiis d'Orb. zu Potamides stibclavatulatus d'Orb.
als die in Fig. 7 und 8 abgebildeten Stücke angehört, in zweifacher
Vergrößerung.
iMg. 10 und 11. Potamides (Tcrebralia) siibclavaliitatits d'Orb. Zwei Exem-
plare, die unter den Übergangsformen zwischen Potamides snbcorru-
gatiis d'Orb. und Potamides siibclavatulatns d'Orb. ungefähr die
Mittelstellung einnehmen, in zweifacher Vergrößerung.
l-'ig. 12. Potamides (Tympanotomns) margaritacetis Brocchi, var. tabatia
n. var. Das größte Exemplar der Kollektion in zweifacher \'ergröße-
rung.
Fig. 1.'^. Potamides (Tympanotoinus) margaritaceus Brocchi, var. tabana
n. var. Ein mittelgroßes Stück in zweifacher Vergrößerung.
Fig. 14 und 1."). Potamides (Tympanotomns) inargarilacetis Brocchi, var.
carica n. var. Die zwei größten Exemplare der Kollektion in zwei-
facher Vergrößerung.
G. V. Bukowski: Aquitanien von Davas
1 ÜÜ a 2 b
a 5 b
a 3 b fliii
Vi
Vi 2/l
de), Karl Reittchläger. Wifti.
15
2/, 2/l
Lichtdruck v Max JaHe, Wie«.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 128, Abt. I, 1919.
115
Zur Thysanopteren-Fauna Albaniens
Von
Dr. H. Priesner
(Mit 5 Textfigurent
(Vorgelegt in der Sitzung am 13. März 1919»
Mein Aufenthalt in Albanien im Spätsommer und Herbst
1918 gab mir Gelegenheit, die Thysanopteren-Fauna dieses
interessanten Landes kennen zu lernen.
Leider war die Jahreszeit, die ich antraf, zum Sammeln
gerade die ungünstigste; nur wenige Pflanzenarten haben
noch geblüht, und die Benutzung des Käfersiebes war infolge
der großen Dürre, die lange Zeit anhielt, nur an einigen
^venigen Stellen, knapp an den Ufern der Bache und Flüsse,
■ergiebig. Aus demselben Grunde war auch das Durchsieben
von Rasenstücken von geringem Erfolge begleitet.
Das Ergebnis meiner Sammeltätigkeit, zugleich mit dem
sehr interessanten Resultate der Albanien-Ausbeute Karny's
der Jahre 1917 und 1918 soll in folgendem zusammengefaßt
Averden.
Für das Zustandekommen dieser Zusammenstellung und
die Reichhaltigkeit derselben bin ich meinem Freunde
Dr. H. Karny in Wien, dessen reiche Sammlung und
Bücherei mir bei der Bearbeitung der albanischen Thripse
zur Verfügung stand, zu Dank verpflichtet, ebenso schulde
ich Dank meinem Freunde Fachlehrer L. Mader in Wien,
der mich mit Material unterstützte und mit mir auf den
anstrengenden Touren Freud und Leid teilte.
Unter den 46 vorgefundenen Arten befanden sich einige
Formen, die bisher nicht bekannt waren; es sind dies:
1U3 H. Priesner,
MchiUi>IJ!ri]is fiisciis VRv.jnilliclior m., AcoIotJiripsfdSL'uilns
var. colhiris m., Odontoflirips \i\\\ lucr/cf/oniilis m., P/iyso/Iirijis
Frici var. cruccicoIJis m., Bciliothrips Jispcir var. ns/iihitiis m.,
Haploflirips sfiificcs var. trifolii m., Trichotluips ripicola m.,
Plüocothrips bispinosiis m., IJophloeothrips glahcf m. und
Liothrips Diuiipfi var. niicros m.
Für den mediterranen Charakter der Fauna scheinen
mir folgende Arten bezeichnend zu sein:
Aeolofhrips var. cvllaris m., Heliotlirips IhiciuorrliniduUs
Bouche, PIiysoiJirij\s iiuuuhtlns Karnv, Pliysothrips Frici
Uzel mit \av. Ivthri Karny und var. discolor Karny,
Bacillotlirips longiccj^s Reut., PseitdoaypfotJin'ps uicridiO'
iuili:> m. und Liotlirips Dampf / Karn}^
Was die einzehien Pflanzen anlangt, auf denen die
Phj^sapoden vorgefunden wurden, sei hervorgehoben, daft
auf Scirpiis L. spec. sich BaJiotlirips dispdr Hai. aufhielt.
Salix L. beherbergte auf ihren Blättern Pliysotlirips
Sclüllei m. (sehr zahlreich!;, außerdem Pliysotlirips lüuii-
foliornui Hai. und T/iiips sa/icariiis Uzel.
Auf Tainarix gallica L. fand sich an verschiedenen
Orten außerordentlich häutig Liotlirips Dampfi Karny^
seltener waren Haplotirrips acnleaiiis Fabr., Chiroflirips
nianicattis Hai id., Pliysoihrips Frici Uzel und Tlirips tabacf
Lindem.
Auf Platamis-W^Siii traf ich Haploflirips phyllophiliis
Priesn. Auf Oiierciis lanugiiiosa Thuill. fand ich Liotlirips
var. p}-ageusis Uzel und vermutlich auf der genannten
Pflanze oder auf PaJinriis anstralis Gärtn. Dcudrothrips
Degeeri Uz. und Haplothrips acidcaitis F.
Auf Pliragiiiites L. und Oryza L. war stets Haplothrips
acidcatns Fabr. anzutreffen.
Durch Klebenbleiben an den drüsig behaarten Blättern
von Xicotiaiia L. fanden zahlreiche Thripse den Tod. Auf
diese Weise fand ich Acolotlirips fasciatns L., Heliotlirips
liaeiiiorrlioidiilis Bouche, Fraukliiiiella robust lI Uzel (?i und
Liotlirips Dainpjl Karny.
Die Fruchtzäpfchen von Himinliis htpnlus L. dienten
Physotlirips Frici Uzel, Tlirips tabaci Lind, und Haplo-
Zur 'rii3-sanoptei'en-F;iuna Albaniens. 1 1 i
//irips iU'iiICiitiis Fabv. zum Aufenthaltsort, besonders zahl-
reicli fand sich in diesen Tlirips obsoletiis Uzel, der bislier
nur auf dieser Pflanze mit Sicherheit nachgewiesen ist.
Die diversen Blüten beherbergten folgende Arten :^
Liliacee (gen.?, spec.?): * Tlirips major Uzel.
Spartiiim L. : ^Odoiüothrips ulicis Hai., PJiysotlirips
iiiiiiiihitiis Karny.
Passiflora L. : Tlirips palustris Reut.
Lyfhrnm sdUcuria L.: * Frankliniella iiiloiisa Tryb.,
Tlirips iabaci Lind., Aeoloflirips fasciatus L.
Piinica granahmi L. : Tlirips major var. adiistiis Uz.
Critlimiini marilimum L. : * Tlirips tahaci Lind.
Daiicns carota L. : * Tlirips tahaci Lind., Aeoloflirips
Var. collaris Pries.
Vif ex agriiis castus L.: * Tlirips tabaci Lind., Pliysoflirips
Frici Uzel, Aeolothrips fasciatus L., Aeoloflirips \"ar. adiisfns
Uz., Aeoloflirips var. collaris Pries., Tlirips pliysapns L..
Pliysofhrips atratus Hai., Franldiniella intousa Tryb., Haplo-
thrips distingiiendiis Uz., Haplothrips acnleatns Fabr.
Labia fe (? "^pec): * Tlirips tabaci Lind.
Scabiosa L. : * Haplothrips distinguendus Uz., Tlirips
tabaci Lind., Pliysotlirips atratus Hai., Physotlifips aniiii-
lalus Karny, Tlirips pliysapns L., Aeolothrips fasciatus L.
Aster L. : Tlirips tabaci Lind., Haplothrips juncoriint
Bgn. Q).
Achillea millefoliunt L.: * Tlirips tabaci Lind., Haplo-
thrips statices (Hai.) Uz.
Matricaria L. : * Haplothrips statices (Hai.) Uz.
Echinops L. : Pliysofhrips Frici Uz., Haplothrips distin-
guendus Uz.
Carduus L. und Carlina corymbosa L. : * Tlirips pliy-
sapns L., ^Physothrips Frici Uz., * Haplothrips tritici Kouvd.^
1 Die in großer Zahl in den betreffenden Bliiten vorgefundenen Spezies
sind mit einem ' versehen, die übrigen sind nach dem Grade der HiLufig--
keit geordnet.
1 1<S H. Priesner,
Thrips tahaci Lind., FranklinieUa inionsa Tryb., Aeolot/irips
fasciatus L., Physothrips airatiis Hai.
Scoh' Ullis liispanicns L.: * Thrips physapus L., * Physo-
thrips Frici Uz., FranUiniella pallida Uz., Thrips tahaci
Lind., FranklinieUa intonsa Tryb., Haphjthrips tritici Kourd.,
P/iysofhrips atratns Hai.
Den Rasen be^vohnten:^ Sericotlirips stapliylinns Hai.,
AptinotJirips \'ar. connaticornis Uz., Anaphothrips obscnrus
Hui id., FranklinieUa tennicornis Uz., Thrips nigropilosus Uz.,
Thrips tahaci Lind., Thrips major Uz., Cryptothrips Icarns
Uz., Cryptotlirips hicolor Heeg., Psendocryptotitrips meridio-
nalis Pries., HaphAhrips aciilcatns Fabr.
Im Laubgesiebe und im Angeschwemmten der
Bäche und Flüsse waren: Sericotlirips staphylinns Hai.,
Liniothrips denticornis Hai., Cliirotlirips manicattis var.
adiistns Uz., Apfinothrips var. connaticornis Uz., Physothrips
Frici Uz., Phys. Frici var. discoloi- Karn}^ Tlirips tahaci
Lind., Cryptothrips Icarns Uzel, Psendocryptotitrips nicri-
äionalis Priesn., Haplothrips acnleatns Fabr., Haplothrips
distinguendns Uz.
Unter Ölbaumrinde waren: Physothrips Frici Uz. und
var. lythri Karny, Haplothrips distinguendns Uzel und var.
ülpestris Pries., beide sehr zahlreich;- unter Platanenrinde:
Dendrotlirips saltatrix Uzel.
Das nachfolgende Verzeichnis enthält die einzelnen
Arten systematisch geordnet, nebst Angabe der Fundorte und
Anzahl der gesammelten Tiere,^ ferner die Beschreibungen
der neuen und einioer wenio; bekannter Formen.
1 Aufzählung in systematischer Reihenfolge.
- Zu diesem Vorkommen der beiden Arten möchte ich bemerken, daß
man den Aufenthalt dieser typischen Blütenbewohner unter Rinden während
der trockenen und blütenarmen Jahreszeit als ».Sommerschlaf« auffassen
könnte.
3 Wo nicht besonders angegeben, sind die betreffenden Exemplares,
von mir gesammelt.
Zur Thysanopteren-Fauna Albaniens. 119
Subordo Terehyantia.
Familie AeolofJu'fpidae.
Genus JlelaiiotJu'i'j^s Hai.
1 a. Melanothrips fuscus Sulz. Elbas an, 20. IV. 18,
2 9? geketschert (Karny). Fieri, 18. IV. 18, 2 9 9, 2 c^^^
geketschert (Karny).
1 b. Melanothrips fuscus var. pallidior m. nov. Von der
t3'pischen Form nur durch die hellen, schwach grau ge-
trübten, vorderen Abdominalsegmente verschieden. Elbas an,
20. IV. 18, 2 9 9 geketschert (Karnyl
Genus AeolofJirfjJS Hai.
2a. Aeolothrips fasciatus L. Biza, 22. VII. 18, 2 9 9
geketschert (Karny). Ruskuli, 24. IX. 18, 1 9 tot an
Nicotiana -Blatt klebend. Elbasan, 27. \'I. 1>^, 8 9 9 (Karny);
29. VI. 18, 1 9 (Karny); 30, VI. 18, 4 99 geketschert
(Karny); VII. 18, 1 9 (Karny); 25. VIII. 18, 3 99 in Blüten
von Vitex cigiiiis cdsfiis L.; 24. \'11I. 18 in Scabiosa-Blüte;
25. VIII. 18, 6 99 in Blüten von Lythnuii; 25. VIII. 18,
2 99 am Ufer des .Skumbi geketschert; 28. VIII. 18, 2 99
geketschert; 28. VIII. 18, 1 9 trans. var. collaris m. in Blüten
von Daiiais carota L.; 13. IX. 18, 1 9 in 6V/r6/////.s^- Blüte;
15. IX. 18, 1 9 am Skumbi- Ufer geketschert.
2b. Aeolothrips fasciatus var. adustus Uzel. Elbasan.
23. VIII. 18, 1 9 in Blüten von VHcx ügniis castus L.
2 c. Aeolothrips fasciatus var. collaris m. nov.
Diese Form unterscheidet sich von der typischen wahr-
scheinlich nur durch die Färbung. 9 : Kopf, Abdomen, Mittel-
und Hintertibien, Mittel- und Hintertarsen und die Binden
auf den Flügeln schwarzbraun, Mittel- und Hinterschenkel
und Pterothorax hell graubraun, Prothorax und \'orderbeine
hellgelb, ersterer hinten in der Mitte mit einer graubraunen
>Makel. Manchmal auch der Pterothorax gelb und die ersten
l-IO H. Priesner,
Abdominalsegmcnie br;ain, die Mittel- und Hinterschenke?
hell gelblich. An den Fühlern das erste Glied braun, das
zweite heller, besonders an der Spitze, das dritte weiß, an
der äußersten Spitze plüizlich dunkel, die übrigen (Glieder
schwarz.
o': Oberseite des Kopfes, eine Makel am Prothorax und
Oberseite des Pterothor;ix, die Mittel- und Hintertibien, dann
die Mittel- und Hintei'tarsen, ferner die letzten zwei Ab-
dominalsegmente, die Binden auf den Flügeln und die Fühler
vom vierten Glied ab braun oder schwarzbraun, die übrigen
Körperteile mit Ausnahme der schwrirzen Augen gelb.
Biza, 22. VIIl. IS, (> 9?, 2 cTcf geketschert (Karnyj.
Portes, 0. MII. IS, :-; 5? auf niederen Pflanzen (Karny).
Elbasan, 21. VI. IS, 1 ? geketschert (Karny); 27. VI. 18,
7 ?9, 1 r/ (Karnyi: yO. VI.. 18, 1 9, 1 -/ geketschert
(Karny); 23. \11I. IS, 1 :" in Blüten von ]'itcx agiius castus L.;
25. VIII. 18, 1 ? am Ufer des Skumbi geketschert; 18. IX. 18,
1 9 in Blüten.
3. Aeolothrips nobilis Pries. Medua, 25. IV. 18, 1 9
geketschert (Karn\M.
Familie Thi'ipidae.
Genus Chh'Othrlps Hai id.
4c/. Chirothrips manicatus Halid. Medua, 28. IX. 18^
1 9 geketschert. Elbasan. 27. VI. 18, 1 9 (Karny); 30. VI. 18,
3 9 9, 1 cT geketschert ('Karny); 25. VIII. 18, 2 9 9, 12 d^cT
am Skumbi-üfer geketschert. Elbasan-Susica, 14. IX. 18,
1 9 auf Sumpfwiese geketschert.
4 h. Chirothrips manicatus \ar. adu.stus Uz. Elbasan,
MII. 18, 3 9 9 im Gesiebe am Rande eines Reisfeldes:
25. Vlll. 18, 1 9 am Skumbi-Ufer geketschert; 31. VIII. 18,
1 9 auf Tauiarix gallica L.; 15. IX. 18, 1 9 auf Tamarix
gallica L. Elbasan-Susica, 14. IX. 18, 2 99 auf Sumpf-
wiese geketschert.
Zur 'rhysaniirte!'iji~.-F;ui!i.u Albaniens. 121
Genus Limothi'ijis Hai id.
ö. Limothrips denticornis Hai. Elbas an, .'>. IX. 18, 1 ?
im Gesiebe.
Genus SericofJirips Hai id.
(i. Sericothrips staphylinus Halid. Medua, 'J<S. IX. 18^
1 9 f. brachypt. geketschert. Manuiras, :;. Vlll. JS, IV
f. macropt. in Eichenwald geketschert (Karny). Elbasan,
27. VI. 18. 3 9 9, 1 cf' f. macropt. (Karny): 28. \'Iir. 18, 1 9
1 o'" f. macropt. geketschert; IX. 18, 1 ? f. brachypt. im Gesiebe
am Bachufer; IX. 18, 2 9 9 f. brach3''pt. im Gesiebe am Rande
eines vSumpfes (Mader); 9. IX. 18, 3 9 9 f. macropt. gekei-
schert; IS, IX. 18, 1 9 f. macropt. geketschert. Fieri, 28. I\'. 18.
1 9 f. macropt. geketschert (Karnyi.
Genus DemJrotJirips Uzel.
7. Dendrothrips Degeeri Uzel. Elbasan-Susica,
14. IX. 18, 1 9 (var. sehr licht), auf Fiilinrus australis Gärt,
oder Ouercus laniigiiiosa Thuill.
8. Dendrothrips saltatrix Uzel. Elbasan-Susica,
18. IX. 18, 1 9 unter Rinde von Phifaiins L.
Genus Heliothrfps Halid.
9. Heliothrips haemorrhoidalis Bouche. Ruskuli,
24. IX. 18, 1 9 tot an Xicot/üua-Blutt klebend.
Genus AptinotJirips Halid.
10. Aptinothrips rufus Ginel. var. connaticornis Uz,
Elbasan, 21. VI 18, 1 9 geketschert (Karny); VIII. 18,
2 9 9 im Gesiebe am Rande eines Reisfeldes; IX. 18, 20 9 9
im Gesiebe am Rande eines Sumpfes; 5. IX. 18, 7 9 9 im
Gesiebe.
Genus Anaphofhrfps Uzel.
11. Anaphothrips obscurus Halid. Elbasan, 25. Vill. 18,
1 9 f. brachypt. am Ufer des Skumbi geketschert; 28. VIII. 18,
122 H. Priesner,
1 ? f. macropt. am Ufer des Skumbi im Rasen; 3. IX. 18,
1 9 f. macropt. im Rasen; 5. IX. 18, 2 9 9 f. brachj^pt. im
Gesiebe. Elbasan-Susica, 18. IX. 18, 1 9 f. brachypt, 1 9
f. macropt. auf Sumpfwiese geketschert.
Genus Odontothrlps Halid.
12. Odontothrips ulicis Halid. var. meridionalis nov.^
Durazzo, 18. V. 17, 2 9 9 in Blüten von Spartium L. (Karny):
27. V. 17, 13 9 9,7 cTo^ in Blüten von Sparfiimi L. (Karny).
Genus Physotlirlps Karn}^
13^7. Physothrips atratus Halid. Elbasan, 27. VI. 18,
2 99 (Kam 3"); 23. VIII. 18, 1 9 in Blüten von Vitex agnns
castus L.; 24. VIII. 18, 1 9, 2 o-J' in Blüten von Scalnosa L.;
3. IX. 18, 1 9 in Blüten von Scolymiis lüspanicus L.;
5. IX. 18, 1 9 auf Blatt von Cnairbifa L.; 13. IX. 18, 2 99
in Blüten; 13. IX. 18, 1 9 in Blüten von CcivcJuus L. oder
(Saiiiiia coryinbosa L.
13 &. Phj'sothrips atratus var. adustus Uzel. Elbasan.
23. VIII. 18, 1 9 in Blüten von Vitex agiius castus L.
14. Physothrips annulatus Karny. Durazzo, 27. Y. 17.
1 9 in Blüten von Spartium L. (Karny). Elbasan, 24. \'III. l'^.
2 9 9 in Blüten von Scabiosa L.
17) a. Physothrips ulmifoliorum Halid. Elbasan,
16. IX. 18, 1 9 geketscliert.
1 \'on ulicis Hai. durch rudimentären Zahn an den \'oiderschienen
und ganz dunkles 4. Fühlerglied verschieden und vielleicht .Species.
- Physothrips ulmifoliorum var. obscurus Uzel bezieht sich ver-
mutlich teilweise auf Phj^sothrips Schillei Pries. 9- Ptiys. nlniifolioniin
Hai. ist von PJiys. Schillei Pries., wie ich neuerdings vermute, spezifisch
verschieden. Auch Physopus var. annitlicontis Uzel ist von ulinifoliuniin
(Hai.) Uzel spezifisch verschieden. Fraglich ist, ob annuliconüs Uzel mit
Schillei artgleich ist oder nicht. Beide Arten zeigen, so scheint es, dieselbe
Fühlerbildung und sind vorläufig nur durch die Färbung voneinander
zu trennen. Die Fundplätze der beiden letztgenannten Formen sind ver-
schieden. Ph. Schillei k"mmt stets auf Sträuchern vor (Salix, Bciiila, Caryliis),
i
Zur Thysanoptoren-Fauna Albaniens. 1 28
15 b. Phj'sothrips ulmifol. var. Salicis Reut, und \ar.
obscurus Uzel- Elbas an, 14. IX. 18, Anzahl 9 9 auf
Sdlix L.
16. Physothrips Schillei Pries. Elbasan, 15. IX. 18,
auf Weiden am Ufer des Skumbi; 1(3. IX. 18, Anzahl 9 9,
3 c^cf geketschert am Skumbi-Ufer; 18. IX. 18, 3 99
geketschert. Elbasan-Susica, 14. IX. 18, Anzahl 9 9,5 oi"
auf Salix.
\7 a. Physothrips Frici Uzel.i Medua, 28. IX. 18, 1 9 in
Fruchtzapfen von Hniiiuliis liipiilus L. Bazar-Sjak, 14. IX. 17,
1 9 (Karny). Elbasan-Susica, 18. IX. 18, 1 d" auf Sumpf-
wiese geketschert; 14. IX. 18, 1 9 geketschert. Elbasan, 30. \'1. 18,
7 99 geket.schert (Karny); 23. VIII. 18, 4 9 9, 1 o^ in
Blüten von Vitcx agniis casius; 25. MII.- 18, 1 9, 1 o'" am
Ufer des Skumbi geketschert; 31. MII. 18, 1 9 von Tüiudrix
gallica L. geketschert; IX. 18, 1 9 geketschert; 3. IX. 18,
26 9 9 in Blüten von Scolynins hispunicus L.; 13. IX. 18,
Anzahl 9 9 und cTo"' in diversen Blüten; 13. IX. 18, große
Zahl 9 9, 2 cTcf in Blüten von Cur Jims L. und Cdiiinci
coryuibosa L.; 15. IX. 18, 2 9 9 von Tu mar ix geketschert;
18. IX. 18, 1 9 in Blüten von Echinops L.; 18. IX. 18,
4 99 geketschert; 19. IX. 18, 27 9 9 unter Rinde von
Ph. annitliconüs fand ich bis jetzt stets nur im Rasen oder dui-ch
Ketschern aufwiesen. Erst die Entdeckung des q" von ivintilicornis
würde uns zeigen, ob wir es hier mit zwei verschiedenen Arten oder nur
mit Farbenformen einer und derselben Art zu tun haben.
Die drei genannten I'ormen können folgend getrennt werden:
1" Fühler länger, das sechste Fühlerglied so lang oder seltener etwas
kürzer als das dritte Glied; Fühler bei ausgefärbten Exemplaren gänzlich
dunkel graubraun oder die mittleren GHeder hell und grau geringelt.
2" Körperfarbe dunkelbraun, Fühler graubraun, das sechste Fühler-
glied des (-/' ungewöhnlich stark verlängert Schillei Pries.
2' Körperfarbe hellgelb, einzelne Stellen am Körper grau getrübt, die
mittleren Fühlerglieder gelb, grau geringelt. (^ unbekannt, .anntilicornis Uz.
1' Fühler kürzei', das sechste Fühlerglied stets etwas länger als das
dritte Glied ; das dritte und vierte Fühlergiied heller als die übrigen, gelb-
lich, das vierte mitunter gegen die Spitze- dunkler. Sechstes Fühlergiied des
cf normal gebaut uliiiifolioniin Hai.
1 := I-'ii/Jirifs daliitaiicü Karny.
124 H. Priesncr,
OJcci ciimjHiCLi L.: 'j!0. IX. IS, 3 ? ? unter Rinde von Olca
(Mader).
1 7 /\ Physothrips Frici \"ai". croceicollis m. nov. Kopf
und Abdomen j',raubraun, "l'horax safrangelb. Beine gelb,
Flügel nur sehr schwach getrübt. Mamuras, \-\. \'1II. 18, 1 9
im Eichenwald geketschert (Karnyi. Elbasan, ö. IX. 18.,
1 ? im Gesiebe (Mader).
1 7 c\ Physothrips Frici \ar. discolor Kivvny {-uz Eiührips
discolnr Karny). Elbasan, \?k IX. 18, l: ? ? in Blüten;
2:'). \\\\. 18, 2 ? 9 in Blüten von Mtcx ii^'nus i\is/iis L.
17 t/. Physothrips Frici var. lythri Karny (zzi Eulhrips
lytliri Karnyi. Elbasan, o. IX. 18, 1.'^ o":' in Blüten von
Scvlyiiiiis hispüiiicus E.; IL IX. 18, 1 9, 1 cf geketschert:
lo. IX. 18, einige 9 9, Aiizahl cT :: in Blüten von CdrJiiiis L.
und Ciirliihi coryiuhosa E.; IM. IX. 18, 1 9, Anzahl od in
Blüten: 17). IX. 18, 1 9 am Ufer des Skumbi geketschert:
\'d. IX. 18, 1 9 geketschert; 10. IX. 18, 1 9 unter Rinde
\"on Olca ciii'ojhic'c! E.
Genus JFrankliniella Karny.
18. Frankliniella robusta Uzel (?;. Ruskuli, 24. IX. 18,
1 9 stark defekt, tot an Nicotiana-'Q\eii\. klebend.
19. Frankliniella tenuicornis Uzel. Elbasan, 28. MII. 18,
3 9 9 im Rasen; Anfang IX. 18, 1 9 im Gesiebe am Rande
eines Sumpfes (Mader); 10. IX. 18, 1 9 am Skumbi -Ufer
geketschert. Elbasan-Susica, 14. IX. 18, 1 9 auf Sumpf-
wiese geketschert.
20 t/. Frankliniella intonsa Trybom. Skutari, 14. I\'. 18,
1 9 angeflogen (Kam}'). Medua, 28. IX. 18, 1 9 ge-
ketschert. Sukshi, 23. VII. 18, 3 99 geketschert (Karny;.
Elbasan, 23. VIII. 18, 1 9, 1 -f in Blüten von Vif ex agniis
castii> L.; 28. VIII. 18, 2 9 9 geketschert; 3. IX. 18, 1 9 in
Blüten von Scolynins hisjuiiiiciis L.; 9. IX. 18, 1 9 ge-
ketschert; 13. EX. 18, 7) 9 9 in Blüten; 13. IX. 18, 2 9 9 m
Blüten \-on Carduus oder Cürlliiü coryiiihosu; 14. IX. 18,
3 9 9 auf Sumpfwiese geketschert.
Zur TIiysaniipteren-i'"aiinii Albaniens. 125
20b. Frankliniella intonsa \ar. adusta Uzcl. Elbasan,
2"). VIII. 1(S, Anzahl 9 9 in Blüten von Lvflinini salicaria L.;
'^. IX. 18, 1 9 in Blüten von Scolvnnis /ns/niniats L.
21. Frankliniella pallida Uzel. Elbasan, H. IX. 18,
4 9 9, einige cJ'o in Blüten von Scolyniiis hispüuiciis L.
Genus Thrips L.
22 ü. Thrips physapus L. Elbasan, '2:5. VIII. 18, 4 99
in Blüten von VHcx a^i^iiiis cusfiis L.; 24. \'I11. 18, 2 9 9 in
Blüten von SciibiosLi L.; 'A. IX. 18, 91 9 9 in Blüten von
SLolymus hispanicus L.: 0. IX. 18, 1 9 geketschert; 13. IX. 18,
Anzahl 9 9, 1 (^ in Blüten; i:^,. IX. 18, große Zahl 9 9, 1 c^
in Blüten von Cardiiiis L. und Carlina Loryuihi)sa L.;
18. IX. 18, 1 9 geketschert.
22 h. Thrips physapus var. flavescens Pries, cf El-
basan, 8. IX. 18, 43 Exemplare in Blüten von Sl-oIviiius
lüspanictis L.; 13. IX. 18, große Zahl in Blüten von CarJims
und Caiiiiui coiynibosa L.
22 c. Thrips physapus var. adustus Uzel. Elbasan
3. IX. 18, 3 9 9 in Blüten von Sfolvniiis liispanicus L.;
13. IX. 18, 3 9 9 in Blüten; 13. IX. 18, Anzahl 9 9 in
Blüten \-on Cardtuis und (\irlina coryiubosa L.
2'6 a. Thrips tabaci Lindem. Medua, 28. IX. 18, 2 9 9
in Blüten von <)-ifIiii!!ini inarifininni L.; 28. IX. 18, 5 9 9
in Fruchtzäpfchen von HiniiiiJus iupiihis L. Mamuras,
3. VIII. 18, 1 9 in Eichenwald geketschert (Karnyj. Stobrdo,
28. VIII. 18, 1 9 in .4s-/c^/--BIüten. Sasso bianco, 7. VUl. 18,
9 9 9, 3 (^(^ in Blüten fKarny). Elbasan, \4II. 18, 1 9
im Gesiebe am Rande eines Reisfeldes; 23. MII. 18, große
Zahl 9 9 in Blüten von Vit ex agmis castus L.; 24. VIII. 18,
20 9 9, 2 Jo" in Blüten von Scabiosu L.; 20.^11. 18,
Anzahl 9 9 in Blüten von Lyttinnn salicaiia L. ; 25. \41I. 18,
einige 9 9 am Skumbi-Ufer geketschert; 28. VIII. 18, 1 9
im Rasen; 28. Alll. 18, große Zahl 9 9 in Blüten von Daiicus
carota L.; 28. \4I1. 18, große Zahl 9 9 in Blüten von AchilJea
inillefolium L.; IX. 18, (\ 9 9 in Labiatt'ii-müicn; 3. IX. 18,
4 9 9 in Blüten von Scotyiiins Itispauicus L.; 5. IX. 18, 1 9
Sitzb. d. malhem.-naturw. Kl., Abt. I, 12«. Bd. 10
126 H. Priesner,
im Gesiebe; 13. IX. 18, einige 9 9 in Blüten von Carduiis
und Cüiiina coryuibosa L.; 13. IX. 18, große Zahl 9 9 in
diversen Blüten; 15. IX. 18, 4 9 9 auf Tamarix; 16. IX. 18,
1 9 geketschert; 18. IX. 18, 2 9 9 geketschert. El bas an-
Susi ca, 14. IX. 18, 2 9 9 auf Sumpfwiese geketschert.
Fieri, 18. IV. 18, 1 9 geketschert (Karny).
23 b. Thrips tabaci var. pullus Uzel. Sukshi, 23. VII. 18,
geketschert (Kam}').
24a. Thrips major Uzel. Ferruk. 24. X. 17, 20 99
in Blüten einer Liliacee. Elbasan, 13. IX. 18, 2 9 9 in
Blüten.
24 b. Thrips major Uzel var. mit stark getrübten Flügeln
und dunkleren Beinen (? = meledensis Karny). Ferruk,
24. X. 17, einige 9 9 in Blüten einer Liliacee. Elbasan,
3. IX. 18, 1 9 im Rasen. Fieri, 18. I\; 18, 2 99 ge-
ketschert.
24 c\ Thrips major Uz. var., ganz licht. Durazzo,
10. \'{. 17, 1 9 in Blüte von Piiiiica gniuatiim L. (Karn\').
25. Thrips viminalis Uzei.i Elbasan, 28. VIII. 18, 1 9
geketschert; 14. IX. 18, 2 9 9 auf Sumpfwiese geketschert;
15. IX. 18, 1 9 auf Salix L.
26. Thrips palustris Reut. Skutari, 26. V. 18, 1 9 in
Blüte won Passiflora (Karny). Ochrida, 13. \4II. 18, 1 9 am
Sumpfe (Karny).
27. Thrips obsoletus Uzel.
9: Körperfarbe gelb oder sattgelb bis orangegelb, Kopf
oft vor den Augen und im Nacken, ferner Prothorax und
Pterothorax auf der Scheibe, dann die Dorsalsegmente des
Abdomens oftmals grau getrübt oder mit grauen Zeichnungen.
1 Die Cotypen von Tlirips salicariiis Uzel und T. riminiilis Uzel,
welche sich im Wiener naturhistorischen Museum befinden, vermag ich
voneinander nicht zu unterscheiden. Bei den albanischen Exemplaren ist
der Kopf wohl deutlich, aber nur sehr wenig breiter als lang und das
fünfte Fühlerglied legt sich mit ziemlich breiter Fläche an das sechste an.
Die Flügel sind gleichmäßig dunkel getrübt. Das (f zeigt auf dem dritten
bis sechsten Ventralsegment je eine elliptische, das siebente eine rundliche,
lichte Vertiefung. Diese auf Weiden auch in Österreich vorkommende. .-\rt
ist von major Uzel sicher spezifisch verschieden.
1
Zur ■riiysanoptcrcn-Fauna Albaniens. 127
Außenseite der Schenkel und Schienen ebenfalls oft grau
getrübt. Augen sclivvarz und rot pigmentiert, Stirnaugen hell-
rot oder orangerot pigmentiert.
An den Fühlern das erste und dritte Glied ganz hell;
das erste nur bei sehr dunklen Exemplaren, das ganze
zweite und die Spitze des vierten Gliedes mehr oder weniger
stark grau getrübt, die distale Hälfte des fünften Gliedes
stets stark getrübt, das sechste und siebente Glied schwärz-
lich, das sechste an der Basis grau durchscheinend.
Flügel gelblich oder ganz hell, die \-orderen mit drei,
oft nur zwei Borsten an der distalen Hälfte der Außenader.
Die Borsten auf dem Körper sehr licht.
Kopf breiter als lang, an den Seiten leicht gewölbt, nach
hinten nicht verengt. An den F'ühlern das dritte Glied das
längste, das zweite und. vierte Glied last gleich lang, das
fünfte länger als das siebente. Stylus länger als bei Thrips
flavHs .Sehr. .
Prothorax viel breiter als der Kopf, nach x'orn \-erengt.
Pterothorax ziemlich mächtig, Abdomen mäßig breit.
Körpermaße: Fühler, 1. Glied 0-OlG bis 0-019 luni
lang, 0-024 mw breit; 2. Glied 0-035///;« lang, 0-024 //////.
breit; 3. Glied 0-046 itmi lang, 0*019 mm breit; 4. Glied
0-038 ////// lang, 0-019;/«// breit; 5. Glied O'O'l mm lang,
0-019«//// breit; 6. Glied 0-048 ww lang, 0-018«//// breit;
7. Glied 0-019////// lang, 0-008 mm breit. Kopf 0-102 m///
lang, 0-136 m/// breit. Prothorax 0-128 ////// lang, 0-179//////
breit. Pterothorax 0-238 w/m lang, 0-23////// breit. Abdomen
0-68 7«m lang, 0-238 mm breit.
Gesamtlänge 1 mm,.
■S". Hellgelb, Rücken oft sehr schwach getrübt, die ersten
vier Fühlerglieder hell, das fünfte an der Spitzhälfte, das
sechste und siebente ganz dunkel, das sechste an der Basis
meist hell. Kleiner als das 9.
Thrips obsoletus ist von Tlirips flaviis Sehr, durch die
hellen Borsten am Körper, von dessen yiw. flavosetosus Pries.
durch dunklere Flügel, kürzere Fühler (kürzere mittlere
Glieder), aber längeres letztes Glied und die Fühlerfärbung
spezifisch verschieden. Ich habe eine große Zahl (gegen
128 H. Priesner,
1">00 Exemplare!! untersucht und die angegebenen Merkmale
konstant gefunden. Von Uzel war obsolefiis als \'arietät von
Thrips ßavtis Seh. aufgefaßt worden, genannter Autor kon-
l'undierte ohsoleUis mit der hellborstigen y7c/r//.s-Form.
Im männlichen Geschlecht ist ßaviis von obsoletiis durch
das plötzlich getrübte letzte Drittel des fünften Fühlergliedes
(bei ohsoleUis ist die Endhälfte getrübt), ferner durch kürzere
Fühler gut zu unterscheiden.
iMedua, 28. IX. 18, 81 9 9, 61 <^z in den Frucht-
zäpfchen von Humnlns lupnliis L.^
28. Thrips nigropilosus Uzel. Elbas an, 5. IX. 18, 2 9 9
forma macropt. im Gesiebe.
Genus BaUofhHp^ Uzel.
29 ü. Baliothrips dispar Halid {=. Bagnallia agnessae
Bagn.). Elbasan-Susica, 14. IX. 18, 5 9, 1 cT auf
Scirpus L.; 16. IX. 18, 4 9 9 geketschert. Elbasan, 18. IX. 18,
12 9 9, 2 cfcT am Ufer des Skumbi auf Scirpus L.
29 h. Baliothrips dispar var. ustulatus m. nov. Körper-
farbe graubraun, Abdomen hellgrau, die zwei letzten Abdominal-
segmente dunkel; an den Beinen die Schienen an der Spitz-
hälfte hellgelb, sonst wie die typische Form gefärbt. Elbasan-
Susica, 18. IX. 18, 1 9 auf Scirpus L.
Subordo TiihuUfera,
' . Familie JPhloeotJiripidae.
Genus Jiacillothrips Buffa.
30. Bacillothrips longiceps O. M. Reut. (?) Das einzige
erbeutete Exemplar ist wegen der Körperform und des leicht 1
nach innen gekrümmten, röhrenförmigen Fortsatzes des
sechsten Segmentes des cf sicher in das Genus Bacillothrips
1 Auch bei Linz in Obeiösterre ich fand ich TJirips ohsolettts \] z&\
in ungehenren Mengen in Hopfenzapfchen.
Zur Thysaiiopteren-Fauna Albaniens. 129
Buffa zu stellen und mit B. üiiLiiris Biiffa sehr nahe ver-
wandt, vielleicht sogar identisch, e-- -cheint mir aber auch
die Beschreibuni;- des Reuter'schen Mc^^alothrips loiigiccps^
gut auf dieses Tier zu passen, weshalb ich das einzige
albanische Exemplar vorläuhg als B. lougiceps Reut, be-
zeichne und eine kurze Beschreibung desselben folgen lasse.
cT: Körperfarbe schwarz, äußerste Basis der Schenkel
und äußerste Spitze der Schienen schmal bräunlich, Tarsen
gelbbraun. Fühler schwarz, das zweite Glied an der Spitze
bräunlich, das di^itte Glied gelb, das vierte gelb» im Spitzen-
drittel dunkel, das fünfte Glied nur ;m der Basis bräunlicli,
sonst dunkel, die folgenden Glieder schwarz.
Das erste Fühlerglied langgestreckt, etwas länger als
das zweite, dieses birnenförmig, das dritte sehr lang, das
längste im ganzen Fühler, anfangs schmal, parallel, gegen die
Spitze keulig verbreitert, das vierte um zirka ein Drittel
kürzer als das dritte, das fünfte etwas kürzer als das vierte,
beide zusammengenommen jedoch etwas länger als das
dritte, die folgenden Glieder abnehmend kürzer, das achte
schmal und lang, länger als das vorhergehende.
Körper sehr schmal und langgestreckt. Kopf zirka
dreimal so lang als breit, hinter den Augen verengt, dann
nach hinten wieder erweitert, hinter den Augen mit der
normalen, .starren, kleinen Postokularborste, die Kopfseiten
dahinter jederseits mit fünf bis sechs kleinen Bör.stchen.
Prothorax und Pterothorax einander gleich breit,
Prothorax um nicht ganz die Hälfte kürzer als der Kopf,
Pterothorax quadratisch. Flügel fehlen.
Abdomen lang und schmal, das sech.ste Segment seit-
lich jederseits mit einem röhrenförmigen Anhang, der an der
Spitze nach abwärts und innen gekrümmt ist und (wenn die
Segmente eingezogen sind) das Körnchen am Hinterrande
des siebenten Segmentes nicht ganz erreicht. Am achten
Segment befindet sich ebenfalls jederseits ein kleines Höcker-
chen am Seitenrande. Das neunte Segment ventralseits
1 Pst sehr wahrscheinlich gleichfalls dem Genus Bacillolhi-ips B. hei-
zuziehen.
1 30 H. Priesner,
scluippenförmig verlängert; Tubus kurz, nur halb so lang als
der Kopf, nach hinten verengt, dann wieder leicht verbreitert,
gegen die Spitze jedoch abermals verengt.
Körpermaße: Fühler, I.Glied 0' 068 //////- lang; 2. Glied
0"OGm«/ lang; 8. Glied ()-'l'6nnn lang; 4. Glied 0-145 fm;/
lang; 5. Glied 0' 119 ;;/;;/ lang; 0. Glied 0-085 //r/w lang;
7. Glied 0-051 ;// 7// lang; 8. Glied 0-06 Q) mm lang. Kopf
0-68 7// w lang, 0-221 ///;//. breit. Prothorax 0-23 bis 0-2d mm
lang, 0-43 mm breit, Pterothorax zirka 0-43 mm lang, 0*43 mm
breit. Abdomen 1-96 ///7/; lang, am vierten Segment 0-476 /«w^,
am siebenten Segment 0-306 •;//;7/ breit. Tubus 0-34 7/«/^ lang,
an der Spitze 0-06 77/77^ breit.
Gesamtlänge (im geschrumpften Zustande): 3'4 mm.
Elbasan, 4. IX. 18, 1 cT zwischen den Halmen einer
Gramiiiee.
Genus Crifptothvips Uzel.
31. Cryptothrips Icarus Uzel f. aptera. Elbas an.
IX. 18, 1 cf im Gesiebe; 5. IX. 18, 1 ?, 1 ^ im Gesiebe;
15. IX. 18, 1 cT im Gesiebe.
32. Cryptothrips bicolor Heeger. Elbas an, 5. IX. 18,
1 cT im Gesiebe.
Genus Pseudocyyptothrljjs Priesn.
33. Pseudocrj'ptothrips meridionalis Priesn. Elbas an,
IX. 18, 1 9 im Gesiebe am Ufer eines Baches; 1. IX. 18,
2 9 9 im Geniste am Ufer eines Baches; 5. IX. 18, 1 9 im
Gesiebe.
Genus MaplothripH Serv.
34 c/. Haplothrips statices Halid. Elbasan, 1. VI. 18,
einige Exemplare in Blüten von CJwmomilla L. (Karny);
VI. 18, ] d- (Karny); 30. VI. 18, in Anzahl geketschert
(Karny).
34 b. Haplothrips statices var. trifolii m. nov. Diese
Form imterscheidet sicli von statices Hai. durch kleinere
Gestalt und ganz helle Flügel. \'on HapJolJirips jnncornm
Bagn. ist sie durch längeren Tubus sofort zu unterscheiden,
Zur Thysanripteren-Fauna Albaniens. lol
von den übrigen Arten durch die rudimentären Postokular-
borsten. .Sie findet sich in Österreich häufig in Blüten von
Trifoliuni prafcnse L. Elbasan, 30. VI. 18, geketschert
(Karny); 28. MII. 18, 1 9 und 4 Larven in Blüten von
AclnlJea luillefoliiun L. Durazzo, 18. V. 17, geketschert
(Karny).
3ö. Haplothrips juncorum Bagn. (?) Stobrdo, 28. MK. 18,
1 9 in .4.s^/<;^r-Blüte (Karny).
36 a. Haplothrips distinguendus Uzel. Mamuras,
10. IX. 18, 1 9 angeflogen (Karny). Ruskuli, 24. IX. 18,
1 9 am Strande geketschert. Elbasan, 24. VIII. 18, große
Zahl 9 9 und cTö" in Blüten von Scabiosa L.; 31. VIII. 18,
auf Tu um rix gaUica; 9. IX. 18, 1 9 geketschert (Mader);
13. IX. 18, 1 Exemplar und 1 Larve in Blüten; 18. IX. 18,
1 o in Echinnps-B>\ü\.Q\ 18. IX. 18, 2 9 9 im Gesiebe am
Rande eines Reisfeldes; 19. IX. 18, Anzahl 9 9 und cTcf
unter Rinde von OIca curopaea L. (darunter einige cfcf var.
crassipes Pries.).
30/'. Haplothrips distinguendus var. alpestris Priesn.
Elbasan, 18. IX. 18, 1 9 geketschert; 19. IX. 18, einige
Exemplare unter Rinde von Oka eiiropaea L.
37. Haplothrips phyllophilus Priesn.
Diese vielleicht zu Hiudsiaua Karny gehörige Spezies
habe icli bisher noch nicht genauer beschrieben.
Körperfarbe ('infolge des außerordentlich reichlichen
Hypodermalpigmentes) rotbraun bis schvvärzlichbraun. Die
hartchitinigen Teile des Körpers sind braun oder schwarz-
braun, ähnlich wie bei H. aciilcatns F'abr. gefärbt. Fühler
hellgelb, in der Regel nur das erste und zweite (dieses an
der Spitze hell) Glied und sechste bis achte Glied braun, oft
aber das fünfte Glied hellgrau getrübt, in seltenen Fällen
(kleine cfcT!) sämtliche Fühlerglieder wenigstens oberseits
hellgrau getrübt. Beine braun, Vorderschienen gegen die
Spitze gelb, alle Tarsen und die äußerste Spitze der Mittel-
und Hinterschienen gelblich, manchmal aber die Mittel- und
Hintertarsen ganz leicht, grau getrübt. Die Borsten an den
Hinterecken des Prothorax und die Postokularborsten sind
braun, an der äußersten Spitze jedoch ganz hell.
132 H. I'iiesner.
Kopf ziemlich lani;-, an den Seiten i^ieichmäßii;" gerundet,
hinten leicht verengt, tini n-12 mehr lang als breit, Postokular-
borsten lang und deutlicli, Mundkegel breit gerundot.
An den P'ühlern das erste Glied kui'z, das zweite und
dritte Glied imgefähr gleich lang, das dritte an der Basis sehr
dünn, das vierte meist etwas länger und deutlich breiter als
das dritte und fast so breit als das zweite, das fünfte so
lang wie das vierte, die folgenden Glieder abnehmend
kürzer.
Prothorax deutlich breiter als der Kopf, an seinen
Vorderecken imd in der r^litte des Seitenrandes mit je einer
starren, mäßig langen, dunklen Borste, an seinen Hinterecken
mit je zwei langen Borsten; diese Borsten sind an der
Spitze meist abgestutzt.
Pterothorax kaum breiter als der Prothorax; Flügel
in der Mitte sohlenförmig verengt, ganz klar, am Hinterrande
des Vorderflügels sind acht bis elf Fransen eingeschaltet.
Abdomen normal gebaut. Das zweite bis siebente Abdominal-
segment mit je zwei Paaren Flügelsperrdornen. Die Seiten-
borsten am Abdomen spitzig und dunkel. Tubus sehr kurz,
um 0"4(j kürzer als der Kopf.
Körpermaße (typisches Exemplar): Fühler, 1. Glied
0-024 inm lang, 0-029/;//« breit; 2. Glied 0'043 ////// lang,
0-027 mm breit; 3. Glied 0-043 bis 0-046 ////// lang, 0-022 iniir
breit; 4. Glied 0-04G bis 0-049////// lang, 0-026////// breit;
5. Glied 0-049 mm lang, 0-024////// breit; 6. Glied 0-041 //////
lang, 0-022 mm breit; 7. Glied 0-038////// lang, 0-019 //////
breit; 8. Glied 0-026 ////// lang, 0-012 ////// breit. Kopf 0-187 ;////;
lang, O'l&Z mm breit. Prothorax Ol 19 ////// lang, 0-238//////
breit. Pterothorax 0-289////// lang, 0-2öö iiiui breit. Abdomen
0-68;///// lang, 0-272 mm breit. Tubus 0 102 bis 0-119//////
lang, an der Basis O-Oöl bis 0-06 //////, an der Spitze
0 • 034 mm breit.
Gesamtlänge 1-2 bis \-v>niui.
Durch den kurzen Tubus mit Haplothrips iicnleiitns Fahv.,
ohscnripcmiis Bagn. und jiiiuonuu Bagn. verwandt, unter-
scheidet sich phyUopJiiliis von aciilcatiis F. durch die in der
Ahtte fast stets hellen Fühler, die dunklen, an der Spitze fast
Zur 'IMiysaiKipteien-Faunn Albaniens. 133
stets abgestutzten Prothoraxborsten, von obsciin'pennis Bai;n.
durch die abgestutzten Borsten und die glashellen Flügel,
ferner die FWhlerbildung und von Jiniconnn Bagn. durch die
langen Postokular- und Prothoracalborsten.
Die Spezies findet sich fast ausschließlich auf Blättern
der Laubbäume, besonders Fagns, Ouercits und Platanus,
Die T^'pen stammen aus Steiermark ('Umgebung Graz,
V. 1914).
In Albanien fand ich diese Art in Elbasan, 24. VIII. 18
(1 9) auf P/.?/./;///.s--Blatt.
38. Haplothrips tritici Kourd. Baldrin-Sumpf, 8. VIII. 18^
1 9 (?) auf Tum Li rix (Karn^^). Elbasan, 3. IX. 18, 3 Stück
in Blüten \^on Scolymus hispaniciis L ; 13. IX. 18, 2'2 Stück
in Blüten von Carduus L.; 27. VI. 18 (Karnyj.
31>. Haplothrips aculeatus Fabr. Medua, 22. IX. 18^
1 Exemplar in Fruchtzäpfchen von Huuitdus lupuhis L.;
28. IX. 18, 3 9 9, 1 cf geketschert. Ruskuli, 10. IX. 17,
2 9 9, \ -:!' auf einer schilfartigen Grauiinet' am Strande
(Karnyj; 24. IX. 18, 3 9 9, 3 d'o" am Strande geketschert-
Biza, 22. A'll. 18, 1 Stück geketschert (Kam}'). Mamura.s,
3. \'1II. 18, in Eichenwald geketschert (Karny). Rogozina,
21. IX. 18, 3 Exemplare auf Tamarix. Elbasan, 29. VI. 18,
1 cf (Karny); 30. VI. 18, 4 Stück geketschert (Kam}');
\'III. l'^, am Ufer des Skumbi am Rande eines Reisfeldes
gesiebt; \'1II. 18, 1 Stück am Ufer des Skumbi geketschert;
23. MIl. 18, 1 cT in Blüten von Vitex aguus castus L. ;
25. VIII. 18, in großer Zahl am Skumbi -Ufer geketschert;
• 28. VIII. 18, 4 Exemplare im Rasen: 28. VIII. 18 geketschert;
IX. 18, 1 cf im Gesiebe am Ufer eines Baches; Anfang IX. 18.
5 Exemplare im Gesiebe am Rande emes Sumpfes; 15. IX. 18,
3 9 9 am Ufer des Skumbi auf Tauiarix L.; 15. IX. 18,
4 Exemplare geketschert; 18. IX. 18, 3 Exemplare auf
Paliurus australis Gärt, und Oucrcus laniigiuosa Thuill.
Elbas an-Susica, 14. IX. 18, 1 Stück auf Sumpfwiese
geketschert; 18. IX. 18, große Anzahl und 2 Larven auf
Oryza L. Po rtica- Sumpf bei Fieri, 18. IV. 18 geketschert
(Kam 3').
134 H. P,ie~:
Genus TricJiofhn'jfs Uzel.
40. Trichothrips ripicola m. nov. spec.
9: Körperfarbe dunkelbraun (Kopf und Prothorax die
dunkelsten Partien), an den P'ühlern die beiden ersten Glieder
dunkelbraun, das zweite gegen die Spitze licht, das dritte
Glied gelb, die Spitzhälfte leicht grau getrübt, das vierte und
fünfte Glied grau, die übrigen Glieder schwärzlichbraun.
.Schenkel braun, die vorderen am dunkelsten, an der Spitze
etwas heller, \'orderschienen gelblich, die Ränder braun
getrübt, Mittel- und Hinterschienen lichtbraun, gegen die
Spitze gelb, sämtliche Tarsen gelb.
Fig. 1.
Kopf von Trichoihrips ripicola Pries. Vergr. 130fach.
Kopf (Fig. 1) um 0'2 mehr lang als breit, seine Seiten
leicht gerundet, nach vorn und hinten schwach verengt, Post-
okularborsten gut entwickelt, an der Spitze geknöpft. Ocellen
vorhanden, jedoch schwach entwickelt. Mundkegel breit
gerundet, zirka die Mitte des Prosternums erreichend. An den'
Fühlern das erste Glied kurz, an der Basis so breit wie das
zweite, aber kürzer als dieses, das zweite und dritte Glied
ungefähr gleich lang, das zweite Glied birnförmig, das dritte
Glied kegelförmig (seine Seiten geradlinig), an der Spitze
fast abgestutzt erscheinend, das vierte so breit wie das zweite
und ganz wenig länger als das dritte, das fünfte kürzer und
schmäler als das vorhergehende, das sechste ebenso, das
siebente Glied so lang wie das fünfte, das achte zugespitzt,
mit dem siebenten ein Ganzes bildend.
I
Zur Thysannptercn-Fauna Albaniens. l30
Prothorax kürzer als der Kopf, in der Nähe der Vorder-
ecken mit einer, in der Nähe der Hinterecken mit je zwei
mäßig king-en, hellen, gekeulten Borsten. Vorderschenkel ver-
dickt, \'ordertarsen mit einem schwachen Zähnchen bewehrt.
Pterothorax so breit wie der Prothorax, Flügel voll-
kommen fehlend.
Abdomen ziemlich schmal, das erste und zweite Segment
jederseits am Hinterrande mit einer, das dritte bis achte
Segment mit zwei hellen, gekeulten Borsten jederseits, das
neunte Segment mit einem Paar mäßig langen, hellen
gekeulten Borsten und einem Paar sehr langen, hellen und
einfachen Borsten besetzt. Schwache Flügelsperrdornen finden
sich am dritten bis sechsten Segment. Tubus sehr kurz,
konisch, um 0*4 kürzer als der Kopf, nicht ganz doppelt so
lang als an der Basis breit.
Körpermaße: Fühler, 1. Glied ü-0'24 uiiii lang, 0-029 nun
breit; 2. Glied 0-039 bis 0-041 ;;/;// lang, 0-028 bis 0-029 //////
breit; 3. Glied 0-038 bis 0-039 ww lang, 0-027 mm breit;
4. Glied 0-043////« lang, 0-027 bis 0-029 mm breit; S.Glied
0-039 bis 0-041 mm lang, 0-024 bis 0-026 mm breit;
6. Glied 0-038;///// lang, 0-022 ////// breit; 7. Glied 0-038 /////?
lang, 0-019 bis 0-02 w/// breit; S.Glied 0-023 bis 0-0247/////
lang, 0-012////// breit. Kopf 0-178 /;//// lang, 0-149 «////. breit.
Prothorax 0-127 ////// lang, 0-2817///// breit. Pterothorax
0-238////// lang, 0-272 mm breit. Abdomen zirka 0-6S mm
lang, 0-289////// breit. Tubus O'l bis 0-102 mm lang, an der
Basis 0-07)7 min, an der Spitze 0-034////// breit.
Gesamtlänge 1-2 mm.
Durch die Körperfarbe und die gezähnten Vordertarsen
mit Tricliofhrips iilmi Fabr. und y//// Fabr. verwandt, unter-
scheidet sich die neue Art von den genannten, mir unbe-
kannten Arten durch die Fühlerfärbung und Fühlerform und
die bedeutend geringere Körpergröße.
Elbasan, 15. IX. 18, 1 9 forma aptera am Skumbi-
Ufer ^eketschert.
13H H. Priesner,
Genus Pltloeothrips Hai id.
41. Phloeothrips bidens Bagn. (?) \'orra, Sommer 191.S,
1 ? auf Gebüsch (Karny).
42. Phloeothrips bispinosus m. nov. spec.
cT : Körperfarbe dunkeli^raubraun, das rote Hj'podermal-
pigment durchscheinend, an den Fühlern das erste und zweite
Glied schwarzbraun, das dritte Glied an der Basis imd Spitze
gelb, das vierte, fünfte und sechste graubraun, an der Wurzel
gelb, das siebente und achte Glied ganz dunkel. Beine grau-
braun, \'orderschienen gegen die Spitze gelblich, \'ordertarsen
gelblich, Mittel- und Hintertarsen grau mit einem Stich ins
Gelbliche. Flügel gla.shell, Vorderflügel mit einem sehr un-
deutlichen grauen Längswisch (nicht so stark getrübt wne bei
bideiis Bagn.)
Kopf um 0-'24 mehr lang als breit, an den Seiten leicht
gewölbt, hinten deutlich eingeschnürt, an den Seiten sehr
spärlich mit kleinen Wärzchen besetzt, welche kleine Borsten
tragen, von denen die hinterste sehr kräftig entwickelt ist,
wie dies sonst bei keiner der bekannten Arten der Fall ist
(Fig. 2). Postokularborsten sehr klein und schwer sichtbar
(bei bidens Bagn. lang und deutlich!). Fühler ähnlich geformt
wie bei bidens Bagn., nur ist das dritte Glied an der hmen-
seite nicht ausgebuchtet (Fig. 2).
Prothorax an den Hinterecken mit kurzen, starren
Borsten besetzt, außerdem jederseits mit zwei langen, glas-
hellen gekeulten Borsten; innerhalb des Seitenrandes vor der
Mitte mit einer sehr langen, gebogenen, glashellen Borste
jederseits, die am Ende ein Knöpfchen trägt. Vorderschenkel
verdickt, am Innenrande \'or der Spitze ohne Zahn, auch die
Schienen sind ungezähnt, der \'ordertarsus trägt jedoch einen
sehr kräftigen Zahn.
Pterothorax breiter als lang, Flügel in der Ahtte gleich
breit, fast ungetrübt, \-or der Spitze des hinenrandes mit
zwölf eingeschalteten Fransen.
Die Flügelsperrdornen am Abdomen ziemlich kurz. Tubus
um 0"38 kürzer als der Kopf, mehr als doppelt so lang als
an der Basis breit.
Zur 'riiy>ancipteren-l'"aun;i Albaniuns.
18:
Körpermaße: Fühler, 1. Glied 0-()84/7n// lang, 0'03(S
bis 0-041 nun breit; 2. Glied OM).")? bis 0-0Ö9 -m/?/- lanq-,
0-019 mm breit; 3. Glied 0-078 bis 0-084 inm lang, 0-088
bis 0-041 tum breit; 4. Glied 0-081 vini lang-, 0-041 mm
breit; 5. Glied 0*068 w/wi lang, 0-082 mm breit; 6. Glied
0-059 mm lang, 0-028 mm breit; 7. Glied 0-046 bis 0-049 mm
lang, 0-023 bis ()• 024 ////// breit; 8. Glied 0-028 mm lang,
0-015 bis 0-016/7//;/. breit. Kopf 0-289 ////// lang, 0*246 //////
breit. Prothorax 0-187 7w;// lang, 0-357///;// breit. Pterothorax
Fig. 2.
Kopf von Pliloeoilirips bispiiiosiis Pries. Vergr. 130 fach.
0-391 ;///// lang, 0-442///;;/ breit. Abdomen 0-79////;/ lang,
0-408;///;/ breit (erstes Segment). Tubus 0-179 mm lang, an
der Basis 0*068 mm breit. Länge der Flügel 1-07 mm]
Breite der Flügel 0-077 ;/z///. Länge der paarigen dornförmigen
Borste am Kopf 0*022 bis 0*024 /////z.
Gesamtlänge: 1-66/7////.
Die neue Art unterscheidet sich von PIiI. bidens Bagn.,
mit dem .sie nahe verwandt zu sein scheint, durch die ein-
fachen Vorderbeine des cf, durch die beiden kräftigen Dörn-
chen an den Kopfseiten, durch das nicht ausgebuchtete dritte
138 H. Priesner,
Fühlerglied, durch das Fehlen deutlicher Postokularborsten
und durch fast ungetrübte Flügel, von Phloeothrips obscnri-
cornis Reut, und Phl. parvus Uz. durch die Färbung der
Fühler und Beine; von den amerikanischen Arten käme dieser
neuen Art nur Pfil. niaciilatus Hood. nahe, der sich durch
die Körperfarbe sofort unterscheiden läßt.
Ruskuli, 23. IX. 18, 1 cf am Strande geketsche'rt.
43. Phloeothrips nodicornis Reut. (=: Acantliothrips
nodicornis Reut.) Paprijali, 8. V'III. 18, 1 9 angeflogen
(Karny).
Genus Llopldoeothrt ps nov.
Fühler achtgliedrig. Ocellen vorhanden. Kopf länger als
der Prothorax, Borsten am Körper gekeult. Kopfseiten ohne
Warzen. Augen mäßig groß. Rüssel sehr scharf zugespitzt,
bis zum Hinterrande des Prostemums reichend, Seiten konkav,
Oberlippe scharfspitzig. Beine kräftig, mäßig lang, Vorder-
schenkel (wenigstens beim cf) stark verdickt, Vordertarsen
gezähnt. Flügel gleich breit. Neuntes Segment des Abdomens
beim cf schuppenförmig vorgezogen. Tubus kürzer als der
Kopf.
Der Gattung Phloeoflirips am nächsten stehend, unter-
scheidet sie sich hauptsächlich durch die glatten Wangen;
\'on Liothrips Uzel ist die neue Gattung durch die kurzen
Beine und Fühler und von Zygothrips Uzel durch die in der
Mitte nicht verengten Flügel verschieden.
44. Liophloeothrips glaber nov. spec.
cT: Körperfarbe braunschwarz, Fühler braunschwarz,
die Spitze des zweiten Gliedes, das dritte bis sechste Glied
hellgelb, das fünfte an der Spitze undeutlich, das sechste
deutlich getrübt. \"orderschienen gelb, an der Basis und am
Außenrande bis zur Mitte braun, Mittel- und Hintertibien
dunkelbraun, an der Spitze scharf abgegrenzt gelb. Sämtliche
Tarsen gelb.
Kopf länger als breit, ähnlich wie bei Huplothrips
acuJeaUis geformt, Postokularborsten deutlich, dunkel, wie bei
Plüoeothrips geknöpft. Mundkegel sehr spitzig, den Hinterrand
Zur Tliysani>pterea-Fuuiia Albaniens. 139
des Prosternums erreichend.^ Augen mäßig groß. An den
Fi^iiilern das erste Glied fa.st quadratisch, das zweite Glied
bedeutend länger, birnfürmig, das dritte Glied langgestreckt
kegelförmig, so lang wie das vierte und das fünfte, das
sechste Glied kürzer als das fünfte, das siebente kürzer als
dieses, das achte klein, auch an der Basis schmäler als das
A'orhergehende, scharf zugespitzt.
Prothorax sehr breit, in der Nähe der Vorderecken mit
einer kurzen, dunklen, geknöpften Borste, am Vorderrande
jederseits mit einer kleineren, in der Glitte des Seitenrandes
mit einer ebensolchen Borste, in der Nähe der Hinterecken
mit jederseits zwei ziemlich kurzen, gekeulten Borsten, die
gleichfalls grau getrübt sind.
Pterothorax ziemlich mächtig, Flügel ziemlich hell,
gleich breit, mit \ermutlich sechs bis sieben eingeschalteten
Fransen.
Von den Beinen sind die Vorderschenkel stark \'er-
dickt, unbewaffnet, die \\:)rdertarsen mit einem sehr kräftigen
Zahne bewehrt.
Abdomen etwas schmäler als der Pterothorax, Flügel-
sperrdornen nicht besonders kräftig (wegen der dunklen
Körperfarbe im Präparat undeutlich sichtbar). Zweites bis
neuntes Abdominalsegment mit jederseits zwei gekeulten,
mäßig langen Borsten, die gegen die Spitze des Abdomens
länger werden, das neunte Segment außerdem mit ein Paar
langen spitzigen Borsten. Neuntes Segment auf der Ventral-
seite schuppenförmig verlängert. Tubus um 0-24 kürzer als
der Kopf.
Körpermaße: Fühler, 1. Glied Q- 027 min lang, 0*026
bis 0-027 iiiiit breit; 2. Glied 0-043 mm lang, 0-027 mm
breit; 3. Glied 0-051 mm lang, 0*024 mm breit; 4. Glied
0-051 mm lang, 0-027 mm breit; 5. Glied 0-051 mm lang,
0-024 bis 0-027 mm breit; 6. Glied 0-046 bis 0-047 mm
lang, 0-024 mm breit; 7. Glied 0-039 bis 0-04 mm lang,
0-02 mm breit; 8. Glied 0-022 bis 0-023 wm lang, 0-011 mm
1 Die .Mundteile konnte ich bei dem in »Canada« eingeschlossenen
Exemplar nicht mehr untersuchen.
140 II. I'riesner,
breit. Kopf ()'179 ////// lang, 0'15:j mm breit. Prothorax 0 '18 //////
lang, ()■ 272 iinu breit. Pterothorax ()-'289 7«/// lang, ()-y>2Hiiiiii
breit. Abdomen 0' 714 ;///;/ lang, 0-31 uini breit. Tubus
O'l'.M) mm lang, an der Basi.s 0*06, an der Spitze 0 -048 //////
breit.
Gesamtlänge 1-3///;//.
Medua. 29. IX. 18, 1 -^ von Gebüsch {Oncrais Hex L.})
geklopft.
Ich habe lange gezögert, auf Grund eines einzigen
Exemplars ein neues Genus aufzustellen. Da jedoch das
Tier völlig ausgefärbt und tadellos erhalten ist und außerdem
durch die vermutliche \'ermittlung zwischen den beiden
Genera Plilocothrips und Lioflirips eine wichtige Stellung
im System einzunehmen scheint, habe ich mich zu seiner
Benennung und Beschreibung entschlossen.
Genus IilotJirips Uzel.
45. Liothrips setinodis \"ar. pragensis Uzel. Mamuras
3. VIII. 18, einige Exemplare in Eichenwald geketschert
(Karny). \'orra, Sommer 1918 auf Gebüsch (Karnyj. El-
basan (?), VIII. 1918 auf Onercns lannginosa T hui 11. (Diese
Stücke sind mir verloren gegangen.)
46. Liothrips Dampfi Karny.
Da ich diese von Karny entdeckte Art in großer Zahl
und in verschiedenen Größen auffand, gebe ich eine genaue
Beschreibung derselben.
Körperfarbe schwarz, die Bindehäute braun, Beine
samt Tarsen rein schwarz, Borsten am Körper dunkel. An
den Fühlern das erste Glied schwarz, das zweite an der
Basis und innen schwarz, außen und an der Spitze braun,
das dritte Glied gelb, das vierte Glied gelb, an der Spitze
schwach braun getrübt, das fünfte gelb, die Spitzhälfte braun,
das sechste dunkelbraun, nur ganz an der Basis licht, das
siebente und achte Glied dunkelbraun. vSeltener ist auch das
dritte Glied an der Spitze ganz schwach getrübt. Flügel hell,
ungetrübt.
I
Zur Tliysanopteren-l'"aun;i Albaniens.
141
Kleine, braun gefärbte Exemplare nenne ich var. micros
m. nov.
Kopf (Fig. 3) um 0-4 mehr lang als breit, seine Seiten
parallel, nur ganz hinten undeutlich verengt. Postokular-
borsten sehr klein, kaum wahrnehmbar. Fühler ver-
hältnismäßig kurz, das erste Glied kürzer als das zweite,
etwas breiter (an der Basis) als lang, das dritte, das längste
F ig.
Kopf und Prothorax von Liothrips Ihiinpfi Karny. Vergr. zirka 160t"ach.
im Fühler, viel länger als das zweite und ungefähr so lang
wie die beiden ersten zusammengenommen, die folgenden
Glieder abnehmend kürzer, das letzte Glied zirka halb so
lang als das dritte. Mundkegel in der Anlage spitzig, an der
Spitze schwach abgestutzt, die Oberlippe scharfspitzig. -^
Prothorax (Fig. 3) quer trapezförmig, die Borsten auf
demselben verhältnismäßig kurz, an der Spitze abgestutzt.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd. 1 1
142 H. Priesner,
Pterothorax mächtig, breiter als der Prothorax. Flügel
ziemlich breit, gleich breit, vollkommen klar, die \'''orderflügel
mit sieben bis zwölf eingeschalteten Fransen, an der Basis
des Vorderrandes, wo die drei starren, schwarzen Borsten
stehen, nur mitunter leicht gelblich getrübt.
Beine schlank, bei beiden Geschlechtern vollkommen
unbewehrt.
Abdomen normal gebaut, die Borsten am Hinterrande
der Tergite ziemlich kräftig und scharfspitzig. Tubus kurz
konisch (Fig. 4), um 0*4 bis 0'5 kürzer als der Kopf,
ungefähr doppelt so lang als an der Basis breit.
Fig. 4.
Neuntes und zehntes AbJominulsegment (Dorsalansicht) v<>n Liotlirips
Dainpfi Karny. Vergr. zirka 1 CO fach.
Larve (Fig. 5): Gelb; Kopf, zwei \'iereckige Flecken auf
dem Prothorax, Fühler, Beine und die zwei letzten Abdominal-
segmente braun, die Borsten am Körper und ein rundlicher
Fleck an der Basis jeder Borste ebenfalls braun. Borsten am
Körper mäßig lang, an der Spitze stets mit einem kleinen
Knöpfchen, mit Ausnahme der zwei langen, gekrümmten Haare
an der Abdomenspitze. Fühler siebengiiedrig. Länge der zwei
aufgefundenen Exemplare zirka 1-4 7/////.
Körpermaße (d. Imago): Fühler, 1. Glied 0-029 bis
0-041 ww lang, 0*032 bis 0-043 ;//m breit; 2. Glied 0-043
bis 0-054 i«m lang, 0-029 bis 0-032 /;/w breit; 3. Glied
Zur Thysanopteren-Faunti Albaniens.
143
f-jr— j— i; -^
Fie. 5.
Larve von Lioihrips Dainpfi Karny. Vergr. zirka 100 fach.
144 H. Priesner, Zur Tliysanopteren-Fauna Albaniens.
0-076 bis 0-10 ««»lang, 0-026 bis 0-029 w/// breit; 4. Glied
0-059 bis 0-081 imii lang, 0-028 bis 0-032 77//;/ breit; 5. Glied
0-051 bis 0-076 mm lang, 0-027 bis 0-029 mm breit; 6. Glied
0-051 bis 0-068 7;7W lang, 0*027 bis 0-029 min breit; 7. Glied
0-046 bis 0-OM mm lang, 0-024 bis 0-027 mm breit; 8. Glied
0-026 bis 0-032 ww lang, 0-015 bis 0-018 w;» breit. Kopf
0-213 bis 0-323 77777? lang, 0-162 bis 0-221 7777;? breit. Augen
()-06 bis 0-09 77/77/ lang. Prothorax 0-085 bis 0-136 77/77/ lang,
0-255 bis 0-397/77// breit. Pterothorax 0-221 bis 0'4087;/7//
lang, 0-323 bis 0-476 mm breit. Abdonien 0-816 bis 0-952 mm
lang, 0-34 bis 0*595 w/// breit. Flügel 0-765 bis 1-02 7/777/
lang, 0-068 bis 0-111 7///;/ breit. Tubus 0-145 bis 0-196 mm
lang, an der Basis 0-068 bis 0-094/7/77/ breit.
Gesamtlänge 1-7 bis 2 mm.
Baldrin-Sumpf, 8. VIII. 18, in Anzahl aut Tamarix L.
(Karny). Ruskuli, 23. und 24. IX. 18, 40 Exemplare auf
Tamarix gallica L. geketschert. Portes, 6. VIII. 18, Anzahl
auf Tamarix (Karny). Alessio, 2. VIII. 18, 1 9 auf Tamarix
(Mader). Rogozina, 21. IX. 18, 10 Exemplare und 2 Larven
auf Tamarix gallica L. Elbasan, Sommer 1918 auf Tamarix
(Mader).
145
Beobachtungen über die Beziehungen
zwischen der Intensität der chemischen
Strahlung und der Luftbewegung
Von
Prof. Dr. Johannes Furlani in "Wien
(Mit 8 Textfiguren)
Ausgeführt mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien
(Vorgelegt in der Sitzung am 20. März 1919)
1. Vorbemerkung.
Bei meinen Untersuchungen über das »Lichtklima im
österreichischen Küstenlande« ^ konnte ich Beziehungen zwi-
schen der Strahlungsenergie und den anderen meteorologischen
Faktoren feststellen. Ich fand in Übereinstimmung mit früheren
Beobachtern, daß mit der Zunahme der Luftwärme die che-
mische Intensität der Strahlung wachse, die thermische ab-
nehme; chemische und thermische Intensitäten nehmen mit
der Abnahme des Luftdruckes zu. Hinsichtlich der Beziehungen
der Strahlungsintensität zur Windrichtung ergab sich eine
Zunahme der chemischen Intensität beim warmen, feuchten
Scirocco, eine Abnahme bei der kalten, trockenen Bora gegen-
über windstillen Tagen. Seit Roscoe's- Untersuchungen
wissen wir, daß mit Zunahme der Luftfeuchtigkeit sowohl die
schwächer brechbare als auch die chemisch wirksame Strah-
lung zunehmen.
1 J. Furlani. Das Lichtidima im üsteiTcichischen Küstenlande (Denk-
schiiften der Wiener Akad. d. Wiss., mathem.-naturw. KL, 93, 1916).
2 Roscoe, On the chemical intensit}' uf total daylight at Kew and
Pard (Phil. Trans. lS67j.
] 46 J. Furlani,
Nach Barkow^ stehen die Größe der Richtungs- und
GeschwindigkeitsampHtuden von Böen in Beziehung zur Tages-
zeit, Bewölkung, Strahking und der vertikalen Temperatur-
verteilung.
Ich habe in der Zeit von Ende Juli bis Mitte September
der Jahre 19J5 bis 1918 photoklimatische Untersuchungen in
einem weiteren Umkreise von Innsbruck vorgenommen, mit
dem Ziele, festzustehen, ob sich auch im Alpengebiete Be-
ziehungen zwischen Strahlungsintensität einerseits, • Luft-
bewegung und Luftfeuchtigkeit andrerseits, feststellen ließen.
Vor allem schien mir die Beantwortung der Frage von
Interesse, ob die atmosphärischen Zustände bei Föhnwetter,
die durch v. Hann,'- Pernter, Maurer, v. Ficker u. a.
charakterisiert worden sind, in gleichem Sinne die Strahlungs-
verhältnisse beeinflussen, wie ich es beim Scirocco im adria-
tischen Gebiete gefunden hatte. Dieser ist bekanntlich der SE
der rechten, vorderen Seite der Barometerdepression; der Süd-
föhn auf der Nordseite der Alpen wird nach v. Hann^ durch
die im Westen und Nordwesten vorüberziehenden atlantischen
Barometerdepressionen verursacht. Nach v. Hann und Hagen-
bach^ ist die Luft bei Föhn optisch besonders homogen.
Ich wählte als Beobachtungsorte Heilig-Kreuz bei Hall i. T.
auf der linken Innterrasse (500 ;;/ Seehöhe), auf der gegen-
überliegenden Stufe des rechten Innufers die Umgebung von
Rinn (950/»); in der Nordkette die Bettelwürfe über Hall
(2500 m) und wieder auf dem jenseitigen Innufer in der Zentral-
kctte den Patscherkofel (2200/;^). Entfernter vom Inntale lagen
folgende Beobachtungsorte: das Hochalmkreuz im Karwendel
(2200 ni), die Umgebung von Fulpmes im Stubaital (950 in),
im Oberbergtale, das ins Stubai mündet, die Franz Sennhütte
1 Seeliger, Die Struktur des Windes (Die Natunvissenschaften, V,
li)17).
'- J. V. Hann, Föhnstudien zu Bludenz. Met. Zeitschr., 1882, XVII. —
l'ernter, Dauer und Eigenschaften des Föhns in Innsbruck; Diese Sitzungs-
ber., 10-i, 1895. — Maurer, Langjährige Aufzeichnungen des Föhns; Z. f.
Met., 1909. — V. Ficker, Innsbrucker F'öhnstudien; Denkschriften der Wiener
-Akad eie, 7S, 19u5, und .S"5. 191U.
•' J. V. Hann, Lehrbuch der Meteorologie; Leipzig 1915.
Chemische Strahlunt^ und f.ufthewegung. 14/
(2200 ;;;) und die von hier erreichbaren Stubaier Ferner, der
Alpeiner und der Lisenser Ferner (3000 «?).
Die chemischen Intensitäten wurden wieder nach der
V. Wiesner'schen Methode,^ die thermische Strahlung mit dem
Vakuumthermometer bestimmt.
Die auf dem Silbernitratpapier erzielten Schwärzungen
wurden mit den Skalentönen 2-63 und 5-53 verglichen. Die
Luftwärme wurde mit dem Schleuderthermometer, die relative
Feuchtigkeit mit dem Haarhygrometer gemessen. Bei den
Beobachtungen im Sommer 1918 kam auch ein Fuess'sches
Schalenanemometer zur Bestimmung der Windgeschwindig-
keiten in Verwendung.
Zeichenschlüssel für die gebrauchten Abkürzungen:
Sf^ — S^ fGrad der Sonnenbedeckung).
^0 — -^10 (Grad der Bewölkung).
f J (Gesamtstärke der chemischen Strahlung in Bunsen-
Einheiten).
dL (Chemische Intensität des Himmelslichtes).
SL (Chemische Intensität der Sonnenstrahlung).
Zx3 (Chemische Intensität des Himmelslichtes, berechnet
aus den Messungsergebnissen im gleichseitigen
Zj^linder = Zenitdrittel des Himmelslichtes X3).
T° (Tem.peratur, beobachtet am Vakuumthermometer).
t° (Lufttemperatur, beobachtet am Schleuderthermo-
meter).
T — f° (Größe der Wärmestrahlung als Differenz von T — t).
1 Der Umstand, daß bei einer photometrisch nachweisbaren »Licht-
A-ermehrung« sich mitunter bei Bewülicung eine Verminderung bei photo-
chemischer Methode zeigt, ist nicht der Ausdruck der Minderwertigkeit dieser
Methode gegenüber der ersteren, wie H. Sierp in einer jüngst erschienenen
Abhandlung (Über die Lichtquellen etc.; Biol. Centr., 38, 1918) meint, son-
dern der eines Naturgesetzes (Wien'sches Verschiebungsgesetz), demzufolge
mit sinkender Temperatur sich das Energiemaximum im Spektrum vom Ultra-
violett gegen Ultrarot verschiebt. Diese Sierp'sche Beobachtung erklärt sich
dadurch, daß die photometrische Methode hauptsächlich im Gelb des Spek-
trums, die photochemische dagegen im Blau miüt.
148
J. F u r 1 a n i ,
rF (Relative Feuchtigkeit in Prozenten, beobachtet am
Haarhygrometer).
W (Windrichtung; Windgeschwindigkeit in ;u'"''\ beob-
achtet am Anemometerj.
2. Die Strahlungsintensitäten an den verschiedenen
Beobachtungsorten.
Da es mir leider bisher nicht vergönnt war, über das
ganze Jahr fortlaufende Untersuchungen über das Lichtklima
im Gebiete durchzuführen und die Lichtsummen zu berechnen,
die besonders von biologischem hiteresse wären, so muß ich
mich darauf beschränken, vergleichende Daten über die Strah-
lungsverhältnisse an den Beobachtungsorten (Fig. 1) in der
Zeit zwischen dem 20. Juli und 10. September zur Orientie-
rung mitzuteilen, bevor ich an die Behandlung meines eigent-
lichen Themas schreite.
Tabelle 1.
Mittlere Strahlungsintensitäten für den Monat August in Hall.
h
.S'
B
T
/
T—i
8h
3
3
31-5°
15-ö°
16°
9
3
o
36
18
18
10
4
2
39
18
21
11
4
0
45
19
26
12
4
0
46
21
25
13
4
3
47
22
25
14
3
3
47-5
23
24-5
15
3
4
44
23
21
16
3
4
42
21-5
20-5
tJ
d L
S L
0-418
0-634
0-702
0-997
1-299
1-296
1 ■ 000
0-866
0 • 694
0-232
0-251
0-302
0-439
0-455
0-463
0 - 450
0-432
0-392
0-186 I
U-283
0-400
0 - 598
0-844
0 - 833
11-550
0-434
0-302
Die in Tabelle 1 zusammengestellten Werte der Strahlungs-
intensitäten in Hall stellen Mittel aus den Beobachtungen an
Schönwettertagen der 4 Jahre bei 5^^-^, >S(,--, dar. Die che-
mische Wirkung der Sonnenstrahlung entspricht der
\' o n mir im K a r s t e an der nördlichen A d r i a in der
Chemische Strahlunt^ und I.uftbewegung.
149
gleichen Seehöhe von 500 tu beobachteten, dagegen
ist die chemische Strahlung des Himmelslichtes im
Gebiete in gleichen Seehühen eine geringere als über
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1-000
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0-500
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Fig. 1.
Vergleich der Intensitäten von dL (1), SL (llj und tj (III) an den ver-
schiedenen Beobachtungsorten: i/ ^ Hall, 7? ^ Rinn, i^ :^ Fulpmes,
5':^ Franz Sennhütte, /C^ Hochalmkreuz, P= Patscherkofel, B= liettel-
■\vurfe, .1 = Alpeiner und Lisenser Ferner.
demKarste, so daß auch die chemische Wirkung der
Gesamtstrahlung über dem Inntale sich zu der über
dem nördlichen Karste verhält wie 1-29; 1-56. Es ist
150 J. Furlani,
daher begreiflich, daß, während im Karste d .L z=z S.L bei
55° bis 60° Sonnenhöhe wird, im Inntale im Sommer Gleich-
heit von Sonnen- und Himmelsstrahlung bereits bei 35° Sonnen-
höhe erreicht wird, was den Befunden Schwab's^ für Krems-
münster entspricht.
Die Kurven in Fig. 1 zeigen im allgemeinen ein Ansteigen
von tJ und S L, eine Abnahme von dL mit Zunahme der
Seehöhe. Andrerseits fällt aber eine Depression von tJ und
SL über dem Hochalmkreuz und den Bettelwürfen auf; beide
Standorte liegen" in den nördlichen Kalkalpen. dL zeigt in
diesem Gebiete eine raschere Abnahme mit Zunahme der See-
höhe gegenüber dem Verhalten in den südlicher gelegenen
Bergen.
Merkwürdigerweise ist d L im Inntale etwas kleiner
als im höher gelegenen Stubaitale. Vielleicht hängt diese
größere Leuchtkraft des Stubaier Himmels mit der größeren
Nähe der Ferner und den von diesen aufsteigenden Wasser-
dampfmassen zusammen. Hierfür scheint mir auch der Umstand
zu sprechen, daß im Stubai mit der Zunahme der Sonnenhöhe
S L weniger wächst als im Inntale (siehe die Tabellen 2 und 7),
während umgekehrt die Tageskurven von d L im Stubai eine
größere Krümmung zeigen als im Inntale (vgl. Fig. 2 und 7).
Samec- hat auf Ballonfahrten in einer Höhe von 450 7//
für dL um 12'' bei 61° Sonnenhöhe einen Wert von 0*453
gefunden; dieser wird in Hall bereits bei tieferem Sonnen-
stande, im Mittel 55°, erreicht. In 2000 ;// beobachtete er 0*385,
in 2500 w =0*379, in 3000//^ =0*376. Meine Messungen
im Gebiete ergeben in 2000 m = 0*400 bis 0*450, in 2500 m
= 0*36.
Diese Zahl nähert sich also dem Samec'schen Werte für
2500 m ; auf 3000 ;;/ fällt dann die Intensität stärker als nach
den Samec'schen Beobachtungen. Viel höher liegen seine Werte
der Sonnenstrahlung. Er fand in 2000 7W SL= 1*514, in
2500;// = 1*534, in 3000;» = 1*711. Meine Beobachtungen
1 Schwab, Das photochemische Klima von Kremsmünster (Denk-
schriften der Akad. der Wiss. in Wien, 74, 1904).
~ Samec, Zur Kenntnis der Lichtintensitäten in großen Seehöhen
(diese Sitzungsber., 116, Abt. I, 1907); (ebenda, 1908).
Chemische Strahlung und Luftbewegung-. iol
•ergaben im Mittel 0-95, beziehungsweise 0-96, beziehungs-
weise 1"08; freilich entsprechen die Samec'schen Zahlen einer
größeren Sonnenhöhe, wie oben erwähnt wurde, und einem
Maitage. Für /J fand Samec in 2000 7;^ = 1-899, in 2500 m
— 1-913, in 3000;// — 2-087.
Die Mittelwerte meiner Beobachtungen betragen in 2000
bis 2500;/;= 1-31 bis 1-40, in 3000 m =r 1-43. Sie sind
also bedeutend geringer und würden wohl auch für gleiche
Sonnenhöhen die Samec'schen Werte nicht erreichen.
Die höchsten chemischen Intensitäten im Gebiete wurden
begreiflicherweise auf dem Alpeiner und auf dem Lisenser
Ferner gemessen. tJ betrug bei einer Sonnenhöhe von 54°
"bis 55-8°, 1-842 bis 1-884; dann folgte der Patscherkofel
mit 1-779 bei 54-2° Sonnenhöhe. SL betrug im ersten Falle
1-052 bis 1-094, im letzteren 0-956.
Auf dem Kucelj im Ternowaner Walde ^ fand ich auf
bloß 1240 m bei einer Sonnenhöhe von 56-8° für tJ — 2-028
bis 2-163, für SL~ 1-093 bis 1-483. Es hat also die
chemische Intensität der Sonnenstrahlung im Gebiete
der Nordalpen, die, wie oben gesagt wurde, in tieferen
Lagen der ini Karste beobachteten entspricht, mit der
Zunahme der Seehöhe eine geringere Zunahme als
im Karste.
Wohl hängt diese Erscheinung mit der gleichmäßigeren
Erwärmung und folglich homogeneren Beschaffenheit der Luft
über dem Karstplateau, wo größere Massenerhebungen und
Vergietscherungen fehlen, zusammen. So hat auch Schroetter-
auf den Kanaren bereits in einer Höhe von 2200 in einen
Wert von /J=2-24 gefunden.
Die folgenden Werte der thermischen Strahlung stellen
Mittel aus den Beobachtungen 11'' bis 13'^ dar.
Es zeigt sich im allgemeinen ein Ansteigen von T — t
mit der Zunahme der Seehöhe. Die Schwankungen
sind besonders in großer .Seehöhe (Alpeiner — Lisenser
1 Autor, 1. c.
2 V. Schroetter, Der gegenwärtige Stand der Heliotherapie der Tuberku-
lose (Berlin, Charlottenburg 1912).
oli
J. Fuilani,
Ferner) zufolge der größeren Schwankungen des
Wasserdampfgelialtes der Atmosphäre größere.
Beobachtungsort
Sonnen-
strahlung . I 25 'ü'
26-5'
26°
30'
28-5° 22°
Ibis 34-
Die gegen das Inntal geringere Wärmestrahlung im Stubai-
tale scheint mir auch ein Beweis dafür, daß die obgenannte
größere Intensität von d L im .Stubai von dem größeren Wasser-
dampfgehalt der Atmosphäre abhängt. \'ergHchen mit den T — t-
Werten im Rarste sind die im nordalpinen Gebiete etwas
größer. So fand ich über dem Kucelj bei den oben genannten
Beobachtungen für T — /•=::24-(3°, während über dem Inntale
sich bereits in der Höhe von Rinn (950 ///) ein Wert von
26 '5° bei gleicher Sonnenhöhe (55°) ergab. Vergleicht man
das Verhalten von chemischer und thermischer Strahlung in
unserem Gebiete, so zeigt sich eine Verschiebung des Energie-
maximums im Spektrum gegen das ultrarote Ende hin gegen-
über dem Karstgebiete.
Es ist also der Strahlungseffekt (im Sinne
Planck's) in den südlichen Bergen ein größerer als
bei gleicher See- und Sonnenhöhe im nordalpinen
Gebiete.
Mit Rücksicht auf die von mir entwickelte Anschauung^
über die Wirkung der Strahlung auf die lebende Zelle er-
scheint es nun verständlich, daß die untere Grenze der Xex-
breitung alpiner Pflanzen im inneralpinen Gebiete gegenüber
den südlichen Vorbergen hinaufLierückt erscheint. Die Wirkung
1 Furlani, Der Einlluß der Bestrahlung auf Biicteriinn pyocyciiicuut
und seine Pigmente (diese Sitzungsber., .\bt. I, 1919).
Cliemisclie Strahlung und lAiftbewegung. lOo
■der größeren Luftwärme hier wird durch die größere Wärme-
strahlung auf dem höher gelegenen Standorte dort ausgeglichen
und das zum Gedeihen nötige Minimum an chemischem
Strahlungseffekt wird auf dem Karste in tieferer Lage erreicht.
Rhododendren steigen in den südlichen Vorbergen der Alpen
bis auf 500 /// und tiefer herab, das Edelweiß im Ternowaner
Walde auf 900 ///, während ich es im Stubaier Gebiete nicht
unter 2200 ///. fand.
3. Die Beziehungen zwischen Strahlung und Luftbewegung.
Es kann dem zur Verfügung stehenden Raum entsprechend
von dem in vier Sommern gesammelten Materiale für jeden
Beobachtungsort nur je eine der gleichsinnigen Beobachtungs-
reihen aus der gleichen Zeit zwischen Anfang August und
Anfang September hier zur Darstellung kommen.
.4. In Heilig Kreuz bei Hall; zu Tabelle 2, a, b und c;
Fig. 2.
Nach vorangegangenem Regenwetter trat am 28. August
1918, gegen 8'' Aufheiterung ein, der Wind kam aus NE, um
später gegen E zu drehen. Um diese Zeit herrschte im Inntale
noch starker Dunst, der gegen 10'' verschwand. Auch die
folgenden Tage brachten schönes, antizyklonales Wetter. Am
31. August sind die Lufttemperaturen im Steigen gegenüber
dem ^'ortage. Gegen 14'' setzt eine sanfte Strömung aus S
mit 30/;/'""' ein, die aber bald wieder aufhört. Der Barometer
steht noch auf 11-9; am folgenden 1. September fällt er auf
11 -3. An diesem Tage herrscht im Inntale warm-trockenes
Wetter. In Hall bricht der Föhn gegen 14'' durch, Cirrostrati
erscheinen, am Abend tragen die Berge der Nordkette Föhn-
hauben. Der Barometer fällt zum 2. September auf 8*9. An
diesem Tage setzt gegen 10'' der Regen ein.
Die .Strahlungsintensitäten des 28. und 29. sind einander
im wesentlichen entsprechende. Eine Änderung tritt am 30. um
die Mittagszeit ein, indem wir sehen, daß die t J- und S L-
Werte am Nachmittage größere sind als an den Vortagen.
Diese Änderung der Strahlungsverhältnisse durch
154 J. Furlani,
Vergrößerung der Sonnenstrahlung geht also den
anderen meteorologischen Verhältnissen voraus, die
den Eintritt des Vorstadiums des Föhns ^ erst am
folgenden Tage angeben. Erst an diesem Tage zeigen
Erwärmung der Luft und Südströmung den Abfluß der kalten
Bodenluft aus dem Inntale an.
Eine weitere Änderung der chemischen Strahlung zeigt
dann wieder der 1. September. Der Föhn tritt ins stationäre
Stadium. 1 An diesem Tage tritt mit der Kondensation
des atmosphärischen Wasserdampfes in hohen Luft-
schichten eine Vergrößerung von JL gegenüber den
antizyklonalen \'erhältnissen ein. Es bleiben aber auch
die 5 L- Werte deutlich größer als die des 28. August. Auch
die Beobachtungen an den anderen Orten werden zeigen, daß
mit dem Eintritt von Föhnwetter die chemische
Strahlung steigt. Dieser Umstand einer erhöhten Strahlungs-
wirkung (Strahlungsdruck) wird bei der Erklärung der bio-
logischen Föhnphänomene (Einwirkung auf Nervensystem und
Zirkulationsapparat) berücksichtigt werden müssen. Das Ver-
hältnis SL : dL steigt am Vormittage des 28. August von 1 'SS
auf 2*05, um am Nachmittag auf 1"89 zu fallen. Am 1. Sep-
tember beträgt es am Vormittage bloß 1 • 20 bis 1 • 68, am
Nachmittage sinkt es auf 1 • 40.
Es zeigen also auch diese Zahlen die Zunahme
der Zerstreuung der Sonnenstrahlung im stationären
Föhnstadium an. Mit der Kondensation des atmo-
sphärischen Wasserdampfes in diesem Stadium geht
aber auch eine Abnahme der thermischen Strahlung
einher, wie die T — /-Werte des L September beweisen. Das
Maximum, das, wie am 28, August, auch am 1. September
auf 11'' fällt, beträgt an diesem Tage 25°, gegen 30- 7°
des 28.
Der Vergleich der Tageskurven von tJ des 28. August
und des 1. September zeigt einen am letzteren Tage gleich-
mäßigeren Verlauf, Es fällt auf, daß die bei den Depressionen
des 28., von denen die erste auf lO*" 30, die zweite auf 14''
1 V. Ficker, Innsbrucker Föhnstudien; 1. c.
Chemische Strahl una- und Luflbewcguns;
155
mit ihrem Tiefpunkt fällt, mit dem Einsetzen stärkerer Luft-
bewegung zusammenfallen, welcher Umstand dafür zu sprechen
scheint, daß der aus dem Landinnern wehende NE bis E eine
I ; / am 28. August, III 5' L am 28. August, V d L am 28. August
II t J am 1. Sept., IV 5 Z, am 30. August, VI <^ Z am 1. Sept.
1918 in Hall.
Verdunkelung der Atmosphäre durch Staubmassen verursacht
habe. Es zeigen also diese Beobachtungen, daß die beiden von
Kicker unterschiedenen Stadien der Föhnwetterlage auch in
den Strahlungsverhältnissen ihren Ausdruck finden: Eine Ver-
156
J. Furlani,
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Silzb. d. mathem -naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd.
12
158 J. Furlani,
mehrung der chemischen Energie der Sonnenstrahlung im
Vorstadium gegenüber den x'orhergehenden antizyklonalen
Verhältnissen; eine Vermehrung der Leuchtkraft der Atmo-
sphäre und eine Verminderung der thermischen Strahlung
beim Eintrittt des stationären Stadiums. Treten nach dem Föhn-
wetter wieder antizyklonale Verhältnisse durch Einbruch kalter
Luft aus dem Norden ein, so beobachtet man wieder geringere
chemische und größere thermische Strahlung. In den über
1000 in gelegenen Beobachtungsstationen gelang die Unter-
scheidung zwischen dem Vorstadium und stationärem Föhn
nicht immer, oft wurden hier Erhöhung der Sonnen- und
Himmelsstrahlung gleichzeitig wahrgenommen.
B. In Rinn bei Hall; zu Tabelle 3, a, b und c; Fig. 3.
Von der Föhnperiode vom I. bis 8. August habe ich zur
Darstellung gebracht den 1. August, an welchem Tage nach
14'' der SE einsetzt, den 8., an welchem Tage der Föhn durch
den Einbruch kalter Luft aus NNW bis N sein Ende findet,,
und den folgenden 9. mit ruhigem, schönem Wetter. Wir finden
die höchsten Werte von tJ am 1. bei eintretendem Föhn-
wetter, die geringsten am 8. beim Eintritt antizyklonaler Ver-
hältnisse, in der Mitte liegen die Werte des windstillen 9. Die
SL-Werte zeigen bereits am 31. Juli eine geringe Steigerung
gegenüber dem Vortage und sind dann am 1. August bis 13''
bedeutend größer gegenüber den beiden anderen zur Dai--
stellung gebrachten Tagen. Am Nachmittage erfolgte um die
Zeit des Einsetzens des SE ein starkes Fallen. Am 9. ist SL
wieder größer als beim antizyklonalen Wetter des 8. Das Ver-
halten am 1. spricht dafür, daß die Steigerung von SL
vor dem Eintritt von Föhnwetter auf ein Ausströmen
von Luftmassen zurückzuführen sei, indem sich hier
zeigt, daß nach der Intensitätssteigerung eine Luft-
zufuhr aus SE folgt.
Eine Abnahme der vertikalen Mächtigkeit der kalten In-
versionsschichte muß ja die Luft homogener gestalten. Es ist
dies im Stadium I des Föhns von Ficker.
Die Werte von dL werden am Föhntage mit Ein-
tritt des zweiten Stadiums Ficker's durchwegs höher
Chemische Strahlung und Luftbewegung.
159
als an den beiden anderen Tagen, aber auch beim NW
des 8. erhebt sich dL am Nachmittage entschieden über die
\
Fig. 3.
//am 1. August 1915
//am S.August 1915 /in Rinn.
// am 9. August 1915 j
\:.
Werte des folgenden, ruhigen Tages. Sehr deutlich zeigt die
Beziehungen der Strahlungsverhältnisse zur Wetterlage auch
das Verhältnis von SL.dL. Es entspricht den Beobachtungen
160
J. Furlan i,
Tabelle 3.
Beobachtungen in Rinn.
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42-5
18
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0-917
47
22
3
3
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583
0-161
50
24
4
4
0
844
0
551
0-291
47-5
23-5
4
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685
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532
0-150
46-8
24
4
1
0-574
0-374
0-200
43
23
23°
24-5
29
26
25
26
24
22-8
20
SE
h) 8. August 1915
81'
2—3
5
0
400
0-206
0-194
24°
16-5°
7-5°
x\N\V
9
4
1
0
521
0
281
0
240
39
18-8
20-2
>
9 30
3
4
0
588
0
334
0
254
42
14-5
27-5
»
10
3—4
2
0
800
0
339
0
461
46
16
30
NW
11
4
—
1
100
0
321
0
779
46-5
16
30-5
—
12
4
3
1
300
0
456
0
844
51-5
20-8
30-7
x\NW
13
3
1
0
985
0
470
0
515
46
20-2
25-8
N
14
3—4
4—5
0
755
0
467
0
288
50
20-7
29-3
—
15
3
1
0
680
0
498
0
182
45-5
20
25-5
—
16
4
1
0-608
0-304
0-304
35-5
18-2
17-3
NE
c) 9. August 1915
8''
8 45
9 45
10 30
11 15
12
13
14 30
15
16
4
0
498
0
204
0
294
40°
18°
22°
3—4
1
0
697
0
249
0
448
43
18-4
24-6
3
4
0
871
0
348
0
523
43
17-8
25-2
4
3
1
100
0
394
0
706
48
22
26
4
3
1
315
0
435
0
880
51
23
28
4
3
1
315
0
329
0
980
51-5
26
25-5
4
1
1
034
0
292
1
042
51
25-5
25-5
3
1
0
717
0
343
0
374
46-5
27
19-5
3
1
0
683
0
456
0
227
45-5
25
20-5
4
o
0
498
0
164
0
334
44
25
19
Chemische Strahlung und I.uftbewegung. 161
am jenseitigen Innufer, daf3 am Fühntage das diffuse Licht im
Verhältnisse zum Sonnenlichte größer ist als an dem Schön-
wetterA^ortage und -Tage.
Die Verhältniszahlen von SL.dL ergaben am I.August:
Ein Ansteigen von 0"94 auf 1"41 am \'ormittage, am Nach-
mittage ein Sinken auf 0-27, das Minimum der drei Beob-
achtungstage.
Der 8. August zeigt bei fortgeschrittener Aufheiterung
die größten Schwankungen des Verhältnisses. Die extremen
Werte betragen: 0*76, 2-42, 0-36. Am windstillen 9. August
betrugen die Werte: 1-50, 3-57, 0-49. Es erreicht also
SL:dL an diesem Tage seine höchsten Werte und sein
Maximum.
Die Beobachtungen von T~t zeigen hier keine deutlichen
Beziehungen zur Luftbewegung; wohl sind, wenn man die
Maxima der Stundenintervalle von den starken Schwankungen
am 8. August in Betracht zieht, wie ich es in der Tabelle 3
getan habe, diese Zahlen größer als die der anderen Tage.
(\ Auf dem Patsche rkofel; zu Tabelle 4, cz und Z'; Fig. 4.
Am Morgen des 27. August 1916 herrschte eine leise
NNW-Strömung, die dann gegen W drehte und abflaute. Tags-
über traten nur zeitweilig kleine Cumuli auf, am Abend er-
schienen nach Rot grüne Dämmerungsfarben, was für die Rein-
heit des Himmels gegen W spricht. Das Wetter änderte sich
am 28. August, indem zu' Mittag eine sanfte SW-Brise auf-
sprang, am Nachmittage bewölkte sich der am Vormittage
noch wolkenlose Himmel mit Girren und dann mit Strati. Der
folgende 29. ist ein Föhntag mit Hauben an den Bergen am
Abend. Am Morgen des 31. kommt es zum Regen. /Jund SL
zeigen ein den Ergebnissen im hintale entsprechendes Ver-
halten, also eine Erhöhung am Föhn-Vortage. Der Verlauf der
t/L-Kurve ist an diesem Tage ein gleichmäßigerer als am
Vortage. Auffallend ist das Emporschnellen zwischen 12''
und 13'' zur Zeit der SW-Brise und der Bildung von Girren.
Zu dieser Zeit Vv'ächst auch / J erheblich.
Vorstadium und stationäres Stadium des Föhns sind hier
nicht deutlich ausgeprägt. Wohl aber deutet das ebengenannte
162 J. Furlani,
Tabelle 4.
Beobachtungen auf dem Patscherkofel.
h
■S
B
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CiL
SL
T
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T^t
W
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27. August 1910
8''
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0
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12°
24-5°
NNW
9
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2
0
500
0-277
0
223
38
12
26
»
10
4
0
0
583
0 • 1 50
0
433
41-7
14-5
27-2
NW
10
30
4
--
0
604
0-155
0
449
43-5
15
28-5
—
11
4
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0
795
0-203
0
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45-5
15
30-5
—
11
30
4
—
0
854
0-251
0
603
46
14
32
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12
4
—
1
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0-476
0
746
47
15-5
31-5
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13
4
1
1
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0
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16
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0-425
0
723
46-8
16-8
30
—
14
4
—
1
014
0-360
0
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44
15-5
28-5
—
15
4
0
0
633
0-259
0
374
43-5
15-5
28
—
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4
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0
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0
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14
2G-6
—
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28. August 1916
8li
4
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13°
25°
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—
10
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0
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35
18-5
16-5
CO
Chemisclie Strahlunir und Lut'thewci'un"-.
16b
Emporschnellen von d L den Eintritt von Kondensation in der
Atmosphäre durch auf der Luvseite aufsteigende Luftmassen,
die die SW-Strömung zur Folge haben, an. Das Verhältnis
von SL:dL steigt am 27. von 0-44 auf 2 40 und fällt dann
<auf 1'81. Am 28. ist es am Vormittage 0-33, also kleiner
als am Vortage, in Übereinstimmung mit den übrigen Beob-
achtungen über das \''erhalten der Sonnenstrahlung vor Eintritt
von Föhnwetter; jedoch tritt zu Mittag eine Änderung ein, in-
dem das Verhältnis auf 2-56 steigt, um auch am Nachmittag
mit dem Werte von 2-29 den 27. zu übertreffen.
I: d L am 27. August 1916
II: ci L am 28. Au^u;-
ist 1916 \^
ist 1916 /
auf dem Patscherkofel.
Mit der Zunahme der chemischen Strahlung in der Föhn-
lage ist hier deutlich eine Abnahme der Wärmestrahlung zu
beobachten, die schon im Maximum um 11^40 mit 29° gegen
32° um 11'' 30 des Vortages, noch deutlicher aber in den
T — ^-Werten des Nachmittags in Erscheinung tritt.
D. Auf den Bettel würfen; zu Tabelle 5, a und b; Fig. 5.
Während am 8. August noch antizj'-klonale Verhältnisse
herrschten, setzt um die Mittagszeit am 9. August der SE
ein; am folgenden 10. August kommt es um 5'' zum Regen.
64
Die Intensitäten von tJ sind am 9. gegenüber dem Vortage
bedeutend erhöht. Es fällt das langsame Absinken der / J-\\'erte
an beiden Nachmittagen auf. Der Vormittag des 9. ist noch
durch starke Intensität von SL charakterisiert, gehört also
noch zum Vorstadium. Mit dem Einsetzen des SE tritt dann
eine enorme Zerstreuung der Sonnenstrahlung ein. Während,.
wie die Kurven zeigen, die Intensität von dL in die Höhe
I: SL am 19. .-^ueust "1 ,. , v, ., , ■ r
° V aul den ßettelwurfen.
II: dL am 19. August \
schnellt, sinkt ebenso rasch der Wert \'on S L. Es ist dies
wohl der Eintritt des stationären Stadiums. Wie oben erwähnt,
sind die Stadien in größeren Seehöhen schwerer zu trennen.
Dieses »Aufflammen des Himmels« am Nachmit-
tage des 9. August ist unter meinen, seit deni Jahre
1909 fortgehenden photometrischen Bestimmungen,
die wohl an die 100.000 heranreichen, eine Erschei-
nung von einzig dastehender Intensität.
Cliomischc Strulilung und l.ufthewcgung.
165
Bemerkenswert ist noch, daß sie zwei Maxima aufweist;
um 13'' = 0-936 und um 15'^=: 0-954. Es sind dies Werte
\-on d L, die für eine Seehöhe von 2500 7// als enorme be-
zeichnet werden müssen.
• Tabelle 5.
Beobachtungen auf den Bettelwürfen.
// ciL
SL
T—t
W
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0-561
0 - 744
0-8S7
0-848
0-735
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44
45-5
43
41
39
10°
11 -5
13-5
15-5
15
14-5
14
26°
28
31
30
28
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b) 9. Au
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0 • 680
0-252
0-428
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1 QO
24°
4
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0 • 908
0-412
0 ■ 496
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1 3 • 5
25
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—
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0-438
0-964
44
16
28
3
2
1 • 456
0 - 560
0-896
43 • 5
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25-5
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1-489
0-936
0-553
44-5
18-5
26
4
4
1 •33()
0-835
0-501
44
19
25
4
3
1-336
0-954
0-382
40
1 6 • 5
23-5
9''
10
11
12
13
14
15
SE
Das Verhältnis SL : dL ergibt am 8. August ein Ansteigen
von 1-60 auf 3*31, dann ein Sinken auf 2-50; am 9. August
ein Ansteigen von 1-20 auf 1-70, dann ein Fallen auf 1-40.
So wie in den absoluten Werten von dL, zeigt sich
also auch im Verhältnis zur Sonnenstrahlung die
starke Zunahme der Zerstreuung der Strahlung bei
166 J. l'uiiani,
Eintritt der SE-Strömung, also dem Eintritt des sta-
tionären Föhnstadiums.
Die T — ^-Werte zeigen auch hier, daß der höheren
Lufttemperatur und der stärkeren chemischen Strah-
lungsenergie eine geringere thermische entspricht.
Die Maxima fallen wieder auf die Vormittage mit 31°,
beziehungsweise 28°.
E. Auf dem Ho chalm kreuz; zu Tabelle 6, a und h; Fig. 6.
Es folgen nun die Ergebnisse der Beobachtungen nörd-
lich der Bettelwürfe im Karwendelgebiete. Nach Regenwetter
folgt am 14. August Aufheiterung. Am 15. August 1918
und 16. August vormittags ist die NW- bis W- Richtung des
Windes die vorherrschende. Um die Mittagszeit änderte sich
am 16. das Wetter. Der Wind dreht nach SW und am Nach-
mittage kommt es zu starker Cumulibildung in NW. Der
Himmel nimmt eine weißblaue Farbe an, am Abend liegt in N
eine dunkle Stratusdecke. Der folgende Tag (17. August) bringt
wechselnde Bewölkung, aus SW^ ziehend, am Nachmittage
folgen kurze, lokale Strichregen.
Die tj- und SL-Werte sind am Vormittage des 16. größer
als die entsprechenden Werte des Vortages, während die
Änderung der Windrichtung erst zu Mittag und das Fallen
des Barometers am Nachmittage eintritt.
Die c/L-Werte sind am Nachmittage des 16. nach Ein-
tritt des SW jedoch kleiner als beim Westwetter des Vortages,
während sie am A^ormittage des 16. noch gleich bis größer
gewesen sind.
Diese Erscheinung hat wohl in der Verminderung der
Luftfeuchtigkeit ihren Grund, die zufolge des Eintrittes der
warmen Luftströmung zunächst erfolgte. Beobachtungen von
rF wurden allerdings im Sommer 1916 nicht vorgenommen.
Wie aber die /-Werte zeigen, tritt am 16. eine Erwärmung
der Luft gegenüber dem 15. ein. Durch den aufsteigenden
warmen Luftstrom aus SW wird die Atmosphäre für
die Sonnenstrahlung durchlässiger. Dies geht auch aus
dem Umstände hervor, daß das Verhältnis von SL:dL zu
Mittag am 16. größer wird als am Vortage, 2-51 gegen Ml
Chemische Strahlung: und Luftbe\veG:uni
167
und auch am Nachmittage größer bleibt, 1*49 gegen 1-20,
während es am Vormittage des 16. =1 • 60 gegen 1 '90 des Vor-
tages betrug.
Sehr deutlich treten in den Kurven die großen Schwan-
kungen der chemischen Intensitäten am Tage nach erfolgter
'WOO
1000
SOG
12" 13''
Fig. 6.
SL am 15. August 191S
&L am 16. August 1918
dL am 15. August 1918
dL am 16. August 1918
dem FIochahnl<reuz.
Aufheiterung hervor, während sie am folgenden Tage bei
[Herannahen einer neuen Depression viel gleichmäßiger ver-
llaufen. An diesem Tage sind aber auch die Amplituden der
[Windgeschwindigkeiten geringere als am Vortage und deutet
dieses Ergebnis auf die oben genannten Befunde Barkow's
hin. Die großen Depressionen von SL am 15. um 12*^
und W^ fallen mit größeren Schwankungen der Wind-
geschwindigkeit zusammen und beweisen, daß es sich
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hierbei um atmosphärische Vorgänge handelt. Solche »peri-
^odic or spasmodic Variations« nach Dines verdanken
aber ihre Entstehung dem Vorüberziehen von Teil-
depressionen des Luftdruckes und sind für die
Wetterlage charakteristisch, mithin auch unsere De-
pression der Sonnenstrahlung.
Auch der Vergleich der Intensitäten des Schattenlichtes
aus der Beobachtung des gesamten Himmelslichtes dL mit
den aus den Beobachtungen im gleichseitigen Zylinder des
zenitalen Himmelsdrittels berechneten Intensitäten des Himmels-
lichtes Zx3 ist von Interesse.
Nach Jensen^ steigt die Flächenhelligkeit des Zenits
mit zunehmender Sonnenhöhe. Hiermit in Übereinstimmung
sind die ZX3-Werte bis gegen Mittag etwas geringer als die
iiL-Werte, dann werden sie größer, um 15'' haben wir wieder
Gleichheit, hierauf stellt sich das Verhältnis des Vormittags
ein. Es ist nun die Mittagsdifferenz der ZX3- und
i/L-Werte am 16. erheblich großer als am Vortage. In
dieser Hinsicht sind auch in der Engg, einem Talkessel im
Karwendel (1200w) gemachte Beobachtungen von Bedeutung.
Am 11. August 1918 bei NW und Aufheiterung betrugen die
c^L-Werte, beziehungsweise die von ZX3:
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dL 0-066 0-110 0-164 0-219
ZX3 0-057 0-099 0-111 0-144
Dagegen am 13. August 1918 bei Westwind und heran-
nahendem Regen:
ßii 40 7I' 7'' 30
dL 0-088 0-094 0-066
ZX3 0-093 0-111 0-093
Es ist also am ersten Tage bei Aufheiterung die
Zenitstrahlung, dem Befunde Jensen's entsprechend,
am Vormittage geringer als die tieferer Himmelsteile,
1 Busch und Jensen, Tatsachen und Theorien der atmosphärischen
Polarisation. Hamburg 1911.
Chemische Strahlung- und Lut'tbewcgung. j / 1
während am zweiten Tage vor dem Eintritt von
Regenwetter die Zenitstrahlung bereits am Morgen
größer ist.
Mit diesem Ergebnis steht die obige Beobachtung auf
dem Hochalmkreuz, daß die Differenz (ZXS) — dL am 16.
größer ist als am 15., in Übereinstimmung; bei der zur Kon-
densation des atmosphärischen Wasserdampfes führenden
Wetterlage des 16. ist die Zenithstrahlung gegenüber dem
Vortage eine größere.
Nach Wiener^ erfolgt die Zerstreuung des Sonnenlichtes
in kleineren Sonnenabständen bis 90°, hauptsächlich durch
Brechung und Reflexion der Sonnenstrahlen an Eiskrystallen
und Wassertropfen gegenüber der Diffusion an kleinsten
Teilchen im Rayleigh'schen Sinne,- in größerer Sonnenent-
fernung. Da nun die Strahlung des Zenits zur Zeit der
Sonnennähe, a.lso zu einer Zeit, wo die Zerstreuung des Sonnen-
lichtes hauptsächlich durch die einfache F'resnel'sche Brechung
und Reflexion erfolgt, am größten ist, so muß wiederum eine
Erhöhung der Zenitstrahlung auf eine Vermehrung
der Kondensationsprodukte zurückgeführt werden.
Daraus kann gefolgert werden, daß von unseren beiden
Beobachtungstagen ani 16. das Zenit an Kondensationspro-
dukten reicher war als am 15., wie schon oben angedeutet
wurde. Die Vergrößerung der relativen Feuchtigkeit am 16.
stimmt mit dieser Anschauung überein. Es wird die Hellig-
keit des Zenits durch eine Vermehrung der Konden-
sationsprodukte vergrößert, wodurch auch die Ge-
samtstrahlung des Himmels d L erhöht wird. Die Farbe
des Himmels ändert sich von blau in weißblau. Die folgenden
Beobachtungen in Fulpmes und auf den Stubaier Fernern
sprechen auch für diese Anschauung. Die also die Erhöhung
von dL bedingende Größenzunahme der W'asserpartikelchen,
1 Wiener, Über die Helliglvcit des klaren Himmels etc. Nova acta der
Kais. Leop. CaroL d. Akad. d. Nalurf., Bd, 73, 1, 1900.
2 Lord Kayleigh, On the light from the sky, its polarisation and
colour (Phil. Mag. 41, 1871). — On the transmission of light through an
Atmospherc containing small particles, by Lord Rayleigh. 1879.
172 J. Furlani.
die vordem kleiner als die Wellenlängen des Lichtes waren,
wird nach Raj'leigh^ durch elektrische Vorgänge verursacht.
Der gesteigerten chemischen Strahlung am 16. entspricht
eine verringerte thermische mit einem Maximum von 29" 5°
gegen 26-7° des Vortages.
F. In F\ilpmes; zu Tabelle 7, a, b und c\ Fig. 7.
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, waren der 20. und
21. August 1918 trockene, heiße Hochsommertage, auf die noch
bis zum 24. August schönes Wetter folgte. In diese Zwischen-
zeit bis zum 2.'). fallen die später folgenden Beobachtungen
auf den Stubaier Fernern. Am 24. trat ein S — SE ein, gegen
16'' folgte ein heftiges Gewitter, der 25. war regnerisch, darauf
am 26. Aufheiterung bei andauerndem Föhn. Um 18'' folgte
wieder ein Gewitterregen. Das schlechte Wetter hielt auch an
den folgenden Tagen an.
Es erscheint mir von Interesse, das Beobachtungsmaterial
aus der Schönwetterperiode mit den typischen antizyklonalen
\'erhältnissen (Tabelle 7, a und h) einerseits und das aus der
Schlechtwetterperiode des stationären Stadiums bei vorüber-
gehender, föhniger Aufheiterung (Tabelle 7, c) andrerseits vor-
zubringen. Das Ergebnis, daß am 26., der zwischen zwei
Regentagen liegt, die Intensitäten von t J, SL und dL trotz
der größeren Bewölkung größer sind als an den Schönwetter-
tagen, dem 20. und 21., zeigt, daß der P'öhnwetterlage
unter allen Umständen eine höhere Intensität der
chemischen Strahlung entspricht.
Auch in diesem Falle ist der Verlauf der Föhnkurven
von tJ und d L ein gleichmäßigerer als der der Schönvvetter-
kurven.
Größer als bei den vorher besprochenen Beobachtungen
ist hier der Unterschied zwischen den ^L-Werten der Kurven I
und II, was mit Rücksicht darauf, daß der 26. zwischen zwei
Regentagen liegt und somit die Menge größerer Wassertröpf-
chen eine große gewesen sein wird, verständlich erscheint.
1 Pernter- Exner, Meteorologische Optik. Wien und Leipzig 1902.
Lord Rayleigh, Proceedings Roy. Societ\% 1879, und Phil. Mag., 1899.
Chemische Strahlung und Luftbewegun^
173
Dafür spricht auch der Vergleich der ZX3-Werte. Diese sind
am 26. gegenüber dem 20. und 21. durchwegs größer. Der
aus der Zenitstrahlung 12'^ berechnete Wert des dif-
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I. dL am 20. August 1918
II. dL am 26. August 1918
III. // am 20. August 1918
IV. // am 26. August 1918
in Fulpmes.
fusen Lichtes ist am 26. mehr als doppelt so groß
gegenüber dem 21. (0-693 gegen 0-325). Die relative
Feuchtigkeit ist am 26. bedeutend größer als an den Schön-
vvettertagen, 60 bis 66 7^ g^g^ry 33-8 bis hZ^j^.
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. 1, 128. Bd. 13
174
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Die Verhältniszahlen von SL:dL betragen für den 2l>.
1-30 bis 1-52 bis 1-32; für den 21.: 1-26 bis 1-55 bis 1-53:
für den 26. 0-83 bis 1-44 bis 0-40. Die großen Schwankungen
am letzten Tage erklären sich durch die stark wechselnde
Bewölkung, so daß einerseits das Maximum der drei Tage
am 26. um 10^' mit 1"60, andrerseits das Minimum mit 0*40
um 14'' erreicht wird. Es ist aber die Verhältniszahl, wie aus
den obigen Durchschnittswerten ersichtlich ist, im allgemeinen
an diesem Tage kleiner als an den Schönwettertagen.
Die Maxima von T — / werden auch hier wieder am Vor-
mittage, nach ll'\ erreicht und sind an den Schönwettertagen
größer: 27*5° und 28-5° — als am Föhntage : 25-5°.
G. Bei der P'ranz Sennhütte.
Hier wurden in den Sommern 1915, 1916 und 1918 Beob-
achtungen gemacht. An den Beobachtungstagen der Jahre 191.')
und 1916 herrschte gleichgestimmtes Wetter, so daß die Re-
sultate keinen Aufschluß über die gestellten Fragen ergaben.
Die Resultate des Jahres 1918 stimmen mit den Ergebnissen
an den obigen Beobachtungsorten überein und zeigen eine
Erhöhung der chemischen Strahlung bei Föhn gegen-
über der Schönwetterlage. Die Größen der Wärme-
strahlung stimmen mit den entsprechenden Werten
auf dem Hochalmkreuz gut überein.
Eine Beobachtung aus dem Oberbergtale möchte ich hier
vorbringen, weil sie außer der Beziehung zwischen Strahlungs-
intensität und Windrichtung auch den Einfluß der Verglelsche-
rung auf die Strahlung zeigt.
Am 22. August 1918 hörte gegen 17'' der Ostwind auf
und es trat jetzt ein vom Alpeiner Ferner ins Oberbergtal
niedergehender Luftstrom ein, wodurch die Luftfeuchtigkeit
von 34% auf 497o '"^sch stieg. Indem der Himmel eine weiß-
lichere Farbe annahm, trat zu dieser Zeit trotz der vor-
geschrittenen Nachmittagsstunde eine Erhöhung von dL ein,
indem es von 0-213 auf 0-250 stieg. Es zeigt sich auch hier
wieder, daß durch eine Kondensation des Wasser-
dampfes der Atmosphäre die Leuchtkraft des Himmels
zunimmt.
Chemische Strahlung und l.ufthewegung. 1 t 7
H. Auf dem Alpeiner und auf dem Lisenser Ferner;
zu den Tabellen 8 .4 und 8 B\ Fig. 8.
Der auf dem Alpeiner zugebrachte 23. August 1918 und
der auf dem Lisenser zugebrachte 24. August 1918 zeigen den
Unterschied der lichtklimatischen Verhältnisse bei NW, be-
ziehungsweise SE über Gletschern. Auffallend ist am F'öhntage
die große Erhöhung von tJ in der Zeit zwischen 10'' 30 und
13'' 30 trotz starker Bewölkung und Sonnenbedeckung (S^^.^,
B-^q). Diese Erhöhung ist, wie die bezüglichen Kurven zeigen.
auf die Vermehrung von JL zurückzuführen. Dieser letzteren
entspricht wieder der große Unterschied in der Luftfeuchtig-
keit an den beiden Beobachtungstagen. Doch ändert sich bei
S^Bf), wie die Kurve vom 23. beweist, auch in dieser vSeehöhe
der Wert von ciL im Verlaufe dieses Tages nur wenig. Andrer-
seits ist das Maximum am Föhntage um 13'' bei S^B^ =r 0"921,
das ist 2' 67-mal so groß als das beim NW des Vortages bei
5^2?^=: 0-345.
Vergleichen wir die JL- und die ZX3-Werte am 23. bei
antizyklonalen Verhältnissen, so fällt die größere Differenz zur
Mittagszeit (0-069 bis 0-107), gegenüber tiefer gelegenen
Beobachtungsstationen auf. Der Umstand, daß also der
Unterschied der Leuchtkraft der Atmosphäre im Zenit
und der peripheren Teile des Himmelsgewölbes in
größerer Seehöhe ein größerer ist als in tieferen
Lagen und außerdem dort größeren Schwankungen
unterliegt, spricht dafür, daß das Himmelslicht in
höheren Lagen mehr durch die Fresnel'sche Brechung
und Reflexion zustande kommt gegenüber der Niede-
rung, wo die Rayleigh'sche Diffusion eine größere
Rolle spielt.
Diese Erscheinung ist im Hinblick auf die in der Atmo-
sphäre nach unten hin zunehmende Trübung begreiflich. Die
Intensität von ZX3 unterliegt am Föhntage zufolge der wech-
selnden Himmelsbedeckung großen Schwankungen, doch ist,
in Übereinstimmung mit den Ergebnissen in der Engg, vor
Eintritt von Regen, dieselbe am Morgen auch hier über dem
Lisenser Ferner größer als die von d L.
178
J. Fuilani ,
I. //am 23. August 1918 auf dem Alpeiner Ferner.
II. // am 24. August 1918 auf dem Lisenser Ferner.
III. ^Z. am 23. August 1918 auf dem Alpeiner Ferner.
IV. dL am 24. August 1918 auf dem Lisenser Ferner.
Chemisclie Strahlung und Luftbewegung.
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Clicmisclic Strahlung und lAit'thcwcyung. ] cS 1
Daß SL am Föhntage, wo schon um 8'' an den Bergen
in N und K die Föhnhauhen hingen, großen Schwankungen
bei der wechselnden Sonnenbedeckung unterliegt, ist begreif-
lich, sein Maximum 1-0Ö2 liegt aber doch nicht erheblich
tiefer als am Vortage, wo es 1-07Ö betrug.
In den Verhältniszahlen SL:dL zeigt sich die am Föhn-
tage zu Mittag steigende Kondensation des atmosphärischen
Wasserdampfes, die am Nachmittage zum Gewitterregen ftihrt.
Die Zahlenwerte betragen 1-00 bis 0'85 bis 0-91 gegen '2-28
bis 3-01 bis 2-54 des Vortages.
Merkwürdig ist das Verhalten der Wärmestrahlung. Am
Föhntage ist sie, entsprechend den früheren Ergebnissen, gegen
den Vortag geringer in der Zeit bis 1 P' (18'8° gegen 24°);
beträgt aber dann in der Zeit bis 13'' =: 24-5° gegen 23°
und bis 15'' = 21-5° gegen 16"2° des Vortages. T — t über-
steigt sonach zur Zeit der Gewitterbildung den Wert
des Schönwettertages erheblich.
Um diese Zeit war ein Sinken der Cumulonimbi bemerk-
bar. Es ist nach F. M. Exner^ kaum zweifelhaft, daß im Wege
der Strahlung ein Einfluß der unteren auf die oberen Schichten
der Atmosphäre stattfindet. Die Zunahme des Wasserdampfes
führt zu höheren Temperaturen in der Tiefe, zu tieferen in
der Stratosphäre, wodurch die Stratosphäre am tiefsten über
Zyklonen liegt. Nun dürften aber nach v. Hann- die in hohen
Atmosphärenschichten sonst stets vorhandenen feinen Eis-
nadeln über Gebieten herabsinkender Luftbewegung fehlen,
wodurch die Atmosphäre in hohen Lagen besonders diatherman
wird. Die obige Zunahme der Wärmestrahlung zur Zeit des
Absinkens der Wolkenmassen könnte so erklärt werden.
Nach Cornu^ ist der Grad der Polarisation des Himmels-
lichtes charakteristisch für die Wetterlage. Eine Änderung
desselben verkündet eine Änderung des meteorologischen
Zustandes der Atmosphäre früher als andere Anzeichen hiefür
vorhanden sind. Mit zunehmender Kondensation des atmo-
1 F. M. Exner, Dynamische Meteorologie. Leipzig 1916.
- J. V. Hann, Lehrbuch der Meteorologie. Leipzig 1915.
3 Cornu, Sur le photopolarimetre considere comme iiistrument mete-
orologique (Mein, du L'ungres niet. Internat.), Paris 1889.
] 82 J. f\i rlani,
sphärischen Wasserdampfes nimmt die Größe der Polarisation
ab. Nun nimmt nach unseren Beobachtungen mit dieser Kon-
densation die Intensität des diffusen Lichtes zu. Es erscheinen
also die Abnahme der Polarisation und die Zunahme der
chemischen Strahlung durch die gleichen Vorgänge bedingt.
Durch die Zunahme der Größe der Kondensationsprodukte
über die Größen der Wellenlängen wird die Diffusion der
Strahlung und somit die Polarisation vermindert, andrerseits
nimmt die chemische Strahlung zu. Auch dieser Umstand
spricht für die Anschauung, daß die Zunahme der chemischen
Strahlung durch eine Zunahme der einfachen Brechung und
Reflexion der Strahlen an den vergrößerten Wassertröpfchen
oder Eiskryställchen bedingt sei. Ein zwingender Beweis kann
jedoch erst durch den Nachweis gesetzmäßiger Beziehungen
zwischen Polarisationsgröße und Strahlungsintensität des
Himmelslichtes erbracht werden, ob mit der Abnahme der
ersteren die Zunahme der letzteren parallel läuft.
Meine Beobachtungen haben den Wert der einfach zu
handhabenden photographischen Methode der Strahlungsmes-
sung für die Wettervorhersage aufgezeigt.
4. Zusammenfassung der Ergebnisse.
1. Die chemische Intensität der Sonnenstrahlung ist im
Hochsommer im Gebiete der Nordalpen der Intensität im
nördlichen Karste an der Adria in der gleichen Seehöhe von
500 m gleich. Mit Zunahme der Seehöhe nimmt sie dort
langsamer zu als über dem Karste. Die chemische Intensität
der diffusen Strahlung ist im Hochsommer über den Nord-
alpen geringer, daher ist auch die chemische Intensität der
Gesamtstrahlung geringer als über dem Karste. Die Wärme-
strahlung ist im Monat August in der gleichen Seehöhe über
den Nordalpen etwas größer als über dem Karste. Es erscheint
somit das Energiemaximum des Spektrums im nordalpinen
Gebiete gegenüber dem Karste gegen das ultrarote Ende
\'erschoben.
2. Es ist in Übereinstimmung mit den Beobachtungen
an der nördlichen Adria die chemische Wirkung der Gesamt-
Chemisclie Strahlung und Luftbewegung. 18.S
Strahlung im Hochsommer bei SE- bis SW-Winden eine
größere, bei NW- bis NE-Winden eine geringere als bei Wind-
stille. Die chemische Wirkung des diffusen Lichtes ist bei
SE- bis NW-Winden gegenüber anderen Wetterlagen erhöht.
Bei Kondensation des atmosphärischen Wasserdampfes nimmt
die Sonnenstrahlung im Verhältnis zur diffusen Strahlung ab.
Die chemische Intensität der Sonnenstrahlung erreicht bei
warmen, südlichen Winden und bei Windstille die höchsten
Werte. Der Erhöhung der Lufttemperatur bei gleichzeitiger
Steigerung der chemischen Intensitäten, entspricht eine Ver-
minderung der thermischen Intensität der Strahlung. Jedoch
wurde bei der Bildung eines Gewitters über dem Lisenser
Ferner eine starke Steigerung der thermischen Strahlung beob-
achtet.
3. In Seehöhen von 500 bis 3000 w ist der Eintritt von
Föhnwetter im Hochsommer durch eine Erhöhung der chemi-
schen Intensität der Strahlung gekennzeichnet. Es zeigt eine
Erhöhung der Intensität der Sonnenstrahlung das Ausfließen
der kalten Bodenluft aus dem Inntale im Vorstadium des Föhns
an, indem die Höhe der Inversionsschichte sich vermindert. Bei
Eintritt der Kondensation des atmosphärischen Wasserdampfes
im stationären Föhnstadium erfolgt eine Vermehrung der Leucht-
kraft des Himmels und eine Abnahme der thermischen Strahlung.
4. Während bei antizyklonalem Wetter die Zenitstrahlung
am Morgen und Abend geringer, zu Mittag größer ist als die
tiefer gelegener Himmelsteile, zeigten Beobachtungen in See-
höhen über 1000 m, daß durch die Kondensation des atmo-
sphärischen Wasserdampfes schon bei niederen Sonnenhöhen
die Zenitstrahlung die tieferer Himmelsteile übertreffen kann.
5. Die Tageskurven der chemischen Intensitäten der
Strahlung zeigen bei Eintritt einer Depression einen gleich-
mäßigeren Verlauf als bei antizyklonaler Witterung.
185
Über die Muskulatur des Vorderkopfes
der Stomatopoden und die systematische
Stellung dieser Malakostrakengruppe
Von
Prof. Karl Grobben (Wien)
w. M. Akad. Wiss.
<Mit 4 Textflguren und 2 Tafeln)
(Vorgelegt in der Sitzung am 3. April 1919)
Meine Untersucliungen über die Muskulatur des bevyeg-
lichen Vorderkopfes der Macrura Natantia (15) unter den
Dekapoden veranlaßten eine Untersuchung in gleicher Hin-
sicht am beweglich abgesetzten Vorderkopfe der Stomato-
poden. Sie führte mich auch zu einer neuerlichen Erörterung
der systematischen Stellung und verwandtschaftlichen Be-
ziehungen dieser Malakostraken, bezüglich welcher ich schon
bei früherer Gelegenheit (14) in Kürze meine Ansicht dar-
legte.
1. Der Vorderkopf und seine Muskulatur.
Bei den Stomatopoden ist der Vorderkopf im Vergleiche
2u jenem der Macrura Natantia sehr lang und deutlich von
dem folgenden Kopfabschnitte beweglich abgesetzt. Es war
daher zu erwarten, daß sich hier die gleichen Muskeln, die
von mir bei den Macrura Natantia beschrieben wurden, vor-
finden werden.
Als Untersuchungsmaterial lagen Alima-Larven und das
erste Squillastadium von Squilla sowie entwickelte Tiere und
zwar in konserviertem Zustande vor, Ihrer Durchsichtigkeit
186 K. Grobben,
halber dienten zuvörderst .4//w<.;- Larven und das erste
Sqmlla-Sta.d\um der Untersuchung.
Am Vorderkopfe (sinciput) von SqniUa ist ein basaler
hinterer Teil (Antennulensegment der Autoren) und ein vorderer
Abschnitt ('Augensegment der Autoren) zu unterscheiden, die
gelenkig gegeneinander abgesetzt sind (Fig. 1, 2, 4 Vo, Vä).
Ersterer trägt an seinen vorderen lateralen Ecken die ersten
Antennen (.4'), letzterer am Vorderende die beiden Stiel-
augen (O), die mittels eines medianen Verbindungsstückes (J)
gleichfalls gelenkig dem Vorderabschnitte des Vorderkopfes
ansitzen. Dorsal wird der Vorderkopf bei der .4///;za-Larve
von dem langen Rostralstachel der Schale überragt, bei dem
Squillastadium jedoch bloß im Mittelteile seines basalen
Abschnittes bis fast zur \'ordergrenze von der bei der Gattung
SqniUa nur kurzen dreieckigen Rostralplatte (R) überdeckt.
Was die Muskulatur betrifft, so sind a) die Muskeln zu
unterscheiden, welche der Bewegung des \^orderkopfes am
Hinterkopfe dienen, b) die im Vorderkopf selbst gelegenen
Muskeln zur Bewegung seiner Abschnitte und Anhänge.
a) Muskeln zwischen Vorderkopf und Hinterkopf.
Hier ist zunächst ein paariger kurzer Muskel (Fig. 1 und
3 JS) anzuführen, der hinter der Basis der Rostralplatte (bei
der .4///7/a-Larve [Fig. 4] hinter dem Ursprung des Rostral-
stachels) an der Dorsalwand der Schale, beziehungsweise
des Hinterkopfes entspringt und von hier in schräg nach
vorn und ventralwärts gerichtetem \'erlaufe zur dorsalen
Einlenkungsstelle des Vorderkopfes zieht. Die beiderseitigen
Muskeln sind durch die zwischen ihnen durchtretende Arteria
cephalica (Ac) getrennt und verlaufen ein wenig nach vorn
und außen divergierend. Dieser Muskel (Fig. 1 E) ist der von
mir als Musculus levator sincipitis bezeichnete Muskel,
homolog jenem der Macrura Natantia. Er wurde nebenbei
von Claus (6, p. 7) angegeben.
Ihm wirkt jederseits ein Muskel entgegen, der sich an
der ventralen Einlenkung des Vorderkopfes innen von der
Basis der 2. Antenne mittels langer Sehne ansetzt (Fig. 1,2,35).
X'ordcrkopfimiskulatur der Stomatopoden. IH/
Dieser Muskel reicht nach hinten bis in die Mandibelgegend
und inseriert sich an der Seitenwand des Hinterkopfes. Seine
Seline liegt, wie Fig. 3 am besten zeigt, v-entral; von ihrer
dorsalen Seite gehen die Muskelfasern aus, die schräg nach
hinten und dorsal verlaufen und sich in einer Linie von den
dorsal entspringenden Muskeln der 2. Antenne an bis in die
Mandibelgegend am Hinterkopfe inserieren. Dieser Muskel
zieht den Vorderkopf nach der Ventralseite und entspricht
dem von mir als Musculus depressor sincipitis be-
schriebenen Muskel der Macrura Natantia.
Es ist außerdem noch ein zweiter paariger Muskel
(Fig. l,4Atf') vorhanden, der gleichfalls als Depressor des
Vorderkopfes funktioniert und den ich als Musculus attractor
sincipitis bezeichnen will. Er entspringt an der Dorsalwand
des Hinterkopfes (Fig. 3) dicht außerhalb des M. levator
sincipitis und zieht xentralwärts zum Hinterende des \'order-
kopfes. Die Muskeln beider Seiten konvergieren in ihrem
V^erlaufe medianwärts gegen eine unpaare gemeinsame
apodematische Sehne, welche in der Mitte der ventralen Ein-
lenkungsstelle des Vorderkopfes ihren Ursprung hat (Fig. 2
und Fig. 4J).
In seinem Verlaufe stimmt dieser Muskel mit dem von
Parker und Rieh (23) bei Pdlimu iis cdtvardsii als superior
coxal muscle, von \V. Schmidt (24j bei Pofainobius astacus
als M. ocuH basalis posterior bezeichneten Muskel überein.
Insbesondere bei Potaniohiiis sind aber Form und Ausbildung
dieses Muskels Sqnilla gegenüber verschieden,- indem bei
Potamobins der Muskel selbst kurz und schwach bleibt und
sowohl ventral mittels einer (ebenso bei Paliniirtis) unpaaren
langen Sehne als auch dorsal durch \'ermiltlung einer kurzen
Sehne inseriert ist. Er besitzt bei Potamobins auch nicht die
Bedeutung eines Attractors des Vorderkopfes, da letzterer
hier nicht beweglich abgesetzt, sondern mit dem Hinterkopfe
fest vereinigt ist. Der Musculus oculi basalis posterior befindet
sich bei Potamobins sowohl als bei Palintirns in Verbindung
mit dem Musculus oculi basalis anterior Schmidt (depressor
of the interophthalmic sclerite Parker und Rieh), der sich an
die ventrale unpaare Sehne des M. oculi basalis posterior
188 K. Grobben,
einerseits, andrerseits an den dorsomedianen proximalen Rand
des die beiden Stielaugen verbindenden Chitinringes ansetzt.
Ich halte den M. attractor sincipitis von Sqitilhi für
homolog mit dem M. oculi basalis posterior von Pofamobins,
beziehungsweise dem superior coxal muscle von Paliiuinis.'^
Bei SqiiiUa ist dieser Muskel stärker, besitzt eine von
Potaiiiobiiis verschiedene Ausbildung und läßt eine \'erbindung
zu dem vorderen basalen Augenmuskel vermissen. Auf letzt-
genannten Umstand wird später noch zurückzukommen sein.
Die ursprüngliche funktionelle Bedeutung des M. attractor
sincipitis tritt uns bei Squilla entgegen. Bei Palimirns und
Potarnohiiis fungiert er als Tensor des M. oculi basalis
anterior. Schmidt ist diesbezüglich ziemlich gleicher Ansicht,
wenn er angibt, daß bei Potaniobiiis der M. oculi basalis
posterior die Sehne des vorderen basalen Augenmuskels vom
Cerebralganglion wegzieht, dieses dadurch vor einem Druck
bei Kontraktion des vorderen basalen Augenmuskels schützt
und zugleich die Wirkung des vorderen basalen Augen-
muskels verstärkt. Parker und Rieh betrachten den homo-
logen superior coxal muscle als zur 2. Antenne gehörig, der
aber jetzt funktionslos ist, wahrscheinlich ursprünglich dazu
diente, das bei Palinnrns mit dem Panzer fest verwachsene
Grundglied (coxopodit) der 2. Antenne nach außen zu
drehen.
In topischer Hinsicht ist der M. attractor sinci-
pitis von Bedeutung, indem seine ventrale Insertion
die ventrale Hintergrenze des \'orderkopfes be-
zeichnet, die somit auch im Falle fester Vereinigung des
Vorderkopfes mit dem Hinterkopfe durch die ventrale
Insertion der Sehne des homologen M. oculi basalis posterior
bei Potamobiits, des superior coxal muscle bei Palinurus
genau erkennbar wird.
1 Damit erscheint die in meiner Abhandlung über den Schalen-
schließmuskel der dekapoden Krustazeen (15, p. 16) aufgeworfene Frage,
ob etwa der M. oculi basalis posterior von Potauiobius auf den M. levator
sincipitis der Macrura Nalantia zurückzuführen ist, deren Beantwortung ich
damals dahingestellt sein ließ, verneint.
X'orderkopfmuslviilatiir der Sloinatopo^len. 189
bl Die im Vorderkopfe j»ele.i?enen Muskeln.
Hier sind zunächst drei Muskeln anzuführen, die der
Bewegung des Augenabschnittes dienen und zwar zwei
dorsale und ein \'entraler.
Die beiden dorsalen Muskeln (Fig. 1 Loe,Loi) entspringen
nebeneinander an der Dorsalwand des Basalteiles des Vorder-
kopfes etwa in dessen halber Länge in der Gegend, die sich
in der Flucht der Seitenwand des Augenabschnittes befindet,
und ziehen sich überkreuzend zur hinteren dorsolateralen
Ecke des Augenabschnittes. Der dorsal überkreuzende Muskel
hat schräg von außen nach innen gerichteten Verlauf, während
der lateralwärts verlaufende Muskel ventral von ersterem zu
seiner vorderen Insertionsstelle zieht. Funktionell handelt es
sich um Heber des Augenabschnittes und ich will sie daher
als Musculus levator segmenti oculorum externus
und internus bezeichnen.
Als Antagonist fungiert ein ventraler Muskel des Vorder-
kopfes, der Musculus depressor segmenti oculorum
(Fig. '2, 3, 4, Dso). Er entspringt etwa in halber Länge der
ventralen Wand des Basalteiles des Vorderkopfes und zieht
als breites Band, in der Mittellinie mit dem der anderen
Seite sich berührend, zum ventralen Hinterrand des Augen-
segmentes.
Bei Fotamohiits fehlen die drei zuletzt genannten Muskeln,
was mit der unbe^\■eglichen Vereinigung von V'orderkopf und
Cephalothorax im Zusammenhange steht.
\'on der im V'orderkopf gelegenen, zur Bewegung der
Basis der Stielaugen dienenden Muskulatur ist zunächst ein
langes schlankes Muskelpaar zu nennen, das am dorsalen
Hinterrande des \'orderkopfes entspringt und zu der Basis
der Stielaugen zieht (Fig. 1, 3, 4 Oba). Der dorsale (hintere)
Ansatz dieser zwei Muskeln schließt sich fast der vorderen
Insertion des M. levator sincipitis an. Von da divergieren die
^luskeln beider Seiten gegen jene Stelle der Augenbasis, an
welcher die Stiele der Seitenaugen eingelenkt sind.
Ich stehe nicht an, dieses Muskelpaar dem M. oculi
basalis anterior von Polauiobius gleichzusetzen. Es weicht
Sitzb. d. matliem.-naturw. KL, Abt. I, 12S. Bd. 14
190 K. G robben.
allerdings bei SqniUa rücksichtlich seiner hinteren Inserliorr
und in seinem gegen vorn stark nach außen divergierenden
Verlaufe von dem als homolog bezeichneten Muskel bei
Potamöbiiis ab. Sein divergierender Verlauf hängt wohl mit
der starken Breitenentwicklung des gemeinsamen Basalstückes
der Stielaugen zusammen und muß aus diesem Umstände
verstanden werden. Seine hintere' Insertion differiert dagegen
wesentlich von den bei P<>Lniiobhis beobachteten \'erhält-
nissen.
Zunächst möchte ich im Hinblick auf die bei SqnilLi
sich findenden Verhältnisse eine kleine Änderung in der
Beschreibung der hinteren Insertion dieses Muskels von
Potamobins, wie sie Schmidt gibt, entsprechend der von
Parker und Rieh (23) gegebenen Beschreibung dieser Muskel
bei Piilinunts, vorangehen lassen. Nach Schmidt's Dar-
stellung (24, p. 197) entspringt der IM. oculi basalis anterior
»median an dem voi'deren Ende des Epistomas zwischen
den Coxalgliedern der 2. Antenne mit einer langen, unpaaren
Sehne«, derselben unpaaren Sehne, die dann zum M. oculi
basalis posterior sich fortsetzt. Parker und Rieh dagegen
rechnen die mittlere unpaare Sehne (median coxal ligament>
ihrem superior coxal muscle (=: m. ocu'i basalis posterior
Schmidt) zu und lassen den depressor of ihe interophthalmic
sclerite (=: m. oculi basalis anterior Schmidt) sich an dieses
Ligament ansetzen.
Die Richtigkeit letzterer Darstellung ergibt sich aus dem
zweifellos ursprünglicheren X'erhalten bei Sqiiillu, wo die
unpaare Sehne, mit \\'eicher bei Potaniobins der M. oculi
basalis anterior zusammenhängt, nicht zu diesem, sondern
zu dem M. attractor sincipitis (=: M. oculi basalis posterioi")
gehört. Daraus folgt, daß die Verbindung des M. oculi basalis
anterior mit der unpaaren vSehne bei P>.ilniurns und Potuinobius
ein sekundäres Verhältnis vorstellt, das seine Erklärung wieder
in der Rückbildung des Vorderkopfes und dessen fester Ver-
bindung mit dem Hinterkopfe finden würde.
Es entsteht nun die Frage, ob die hier ausgesprochene
Auffassung auch näher begründet ist und ob weiter gezeigt
werden kann, in welcher Weise die Verbindung des M. oculi
\'(irJcrk(>primiskulatur der Stomatopodcn. ' l'M
basalis anterior zur medianen Sehne als sekundär aus den
Verhältnissen bei Sqnilhi ableitbar ist.
Die Begründung scheint mir in dem \'orhandensein einer
von Lücken durchbrochenen Bandverbindung gegeben, die
von der dorsalen Einlenkungsstelle des Vorderkopfes schräg
nach hinten zu seinem ventralen Einlenkungsrande hinter
dem Cerebralganglion verläuft (Fig. 2, 3, 4 Ls). Ich will dieses
Band IJgdinentiun siiicipitis benennen. Die dorsale Insertion
dieses paarigen Bandes liegt in dichtem Anschluß an die
hintere Insertion des M. oculi basalis anterior. X'entrahvärts
vereinigen sich beide Ligamente zu einem Bande, das sich
vor der Sehne des M. attractor sincipitis (M. oculi basalis
posterior; an die Ventralwand des X'orderkopfes ansetzt
(Fig. '1 Ls).
Um die bei PoLiuiobins bestehenden veränderten \'er-
hältnisse zu verstehen, ist die Verkürzung, beziehungsweise
X'ereinigung des \'orderkopfes mit dem Hinterkopf zu berück-
sichtigen. Dabei ist der M. oculi basalis anterior schwächer
und kürzer geworden. Denken wir uns diesen Muskel mittels
seines nunmehr bei der X'erkürzung des Vorderkopfes ventral
gerichteten Hinterendes mit dem dorsoventralen Ligamente
und dieses mit der ventralen Sehne des bei PoLiiiiob/iis
gleichfalls reduzierten AI. attractor sincipitis (M. oculi basalis
posterior) in X'erbindung getreten, so resultierte ein X'erhältnis,
wie es bei Potainohiiis besteht. Vielleicht ist bei Po/iiniohiiis
das dünne sehnige Band, welches jederseits von der Stelle,
wo die vorderen Basalmuskeln des Auges mit der unpaaren
Sehne sich verbinden, lateralwärts zieht und sich lateral an
dem in die Augen führenden Ausschnitte ansetzt, dem dorsalen
Teile des Ligamentum sincipitis homolog (vergl. Schmidt 24,
p. 199 und Fig. 12).
Der M. oculi basalis anterior dreht das gemeinsame
Basalstück der Stielaugen dorsalwärts.
Er wird in dieser Funktion unterstützt .von einem kurzen
Muskel (Fig. 1 Obl), der an der ventralen Seitenecke des
Augensegmentes entspringt und dorsalwärts zum Basalstück
der Stielaugen verläuft, wo er sich lateral vom M. oculi
basalis anterior ansetzt. Ich will ihn als Musculus oculi
1*.)2 X. Grubben,
basalis lateralis bezeiciinen. Ich finde bei J'otiiiiiobiiis
keinen homologen Muskel vor.
Dem M. oculi basalis anterior wirkt ein kurzes breites
Muskelpaar (Fig. 2, 4 Dp) an der \'entralseile entgegen. Es
entspringt an der \'entralvvand des Augensegmentes etwa in
der Höhe des Ursprunges der Augenstiele und zieht in
\-entrodorsalem Verlaufe gegen die Mittellinie konvergierend
zur hinteren ventralen Einlenkungsstelle des medianen Augen-
stielträgers. Dieser Muskel soll als Musculus depressor
oculorum basalis bezeichnet werden. Nach der Arbeit von
Schmidt scheint er bei Pofamnlnit<; zu fehlen.
\'on Muskeln, die der Bewegung der 1. Antenne, am
\'orderkopfe dienen und im Basalabschnitte (Antennulen-
segment) des \'orderkopfes gelegen sind, finden sich zwei
vor. Erstens ein an der Dorsalwand des basalen \'orderkopf-
abschnittes lateral vom M. levator segmenti oculorum externus
entspringender Muskel (Fig. 1 Sca. d), der sich verschmälernd
in etwas lateralwärts gerichtetem Verlaufe zum dorsolateralen
Teile der Einlenkungsstelle des Basalgliedes der 1. Antenne
zieht. Zweitens ein ventraler Muskel (Fig. 2, Sca. v), welcher
in den Seiten des Basalteiles des Vorderkopfes gelegen ist;
er entspringt an der Ventralwand dieses Vorderkopfabschnittes
und verläuft sich verschmälernd nach vorn zur ventrolateralen
Einlenkungsstelle der 1. Antenne.
Beide Muskeln bewegen die 1. Antenne, nach der vorderen
Insertion zu schließen, lateralwärts, der dorsale zugleich etwas
nach der Dorsalseite, der ventrale nach der \'entralseite.
Nach seinen Insertionen möchte ich diese Muskeln als
Musculus sincipito-antennalis dorsalis und ventralis
bezeichnen.
Wenn wir nach einem entsprechenden Muskel bei
Potamohins suchen, so finden wir ihn in dem von Schmidt
als M. promotor I. Antennae bezeichneten Muskel. Nach der
von diesem Autor- gegebenen Beschreibung entspringt dieser
Muskel beim Flußkrebs »an der lateralen Ecke des dreieckigen
Ausschnittes, der die Verbindung des Körperinnern mit dem
Innern der 1. Antenne herstellt. Hier entspringt er dorsal
wie ventral und heftet sich mit seinen kurzen dünnen Fasern
\'ordcrk'iprmi_islaihui.ir der StLniatop 'den. l"\^i>
dorsolateral an dem proximalen Rande, des ersten Gliedes an.
Er bewegt die 1. Antenne in der . Sagittalebene-'.
Was seine hintere Ursprungssielle SquilLi gegenüber an
dem Rahmen, in welchem die 1. Antenne eingelenkt ist, an-
belangt, so ergibt sich diese aus der Reduktion und \'ereinigung
des X'orderkopfes mit dem Hinterkopfe.
Betreftend den M. promotor I. Antennae selbst, scheint
CS, daß in diesem Muskel \"on Potuuiobiiis ein Homoiogon
beider genannter .S"c//////c/-MuskeIn zu suchen ist, die jedoch
Sqiiilhi gegenüber bei Potaiuobins lateral vereint wären. Für
diese Auffassung erscheint allerdings bloß die Angabe
Schmidt's von Bedeutung, daß der -M. promotor I. Antennae
bei PoUiuiobiits in der lateralen Ecke des Kopfrahmens einen
dorsalen und ventralen Ursprung hat; die dorsal entspringende
Muskelfasergruppe würde dem dorsalen, die ventral ent-
springende dem ventralen M. sincipito-anlennalis von SqiiilLi
entsprechen.
Es kann jedoch als mindesten.^ ebenso wahrscheinlich
bezeichnet werden, daß der M. promotor I. Antennae nur dem
M. sincipito-antennalis dorsalis von Squilhi homolog ist.
Bei Pciliiiiiriis entspricht der lange dorsoventral \er-
laufende levator of antennule dem M. sincipito-antennalis
dorsalis von Sqiiilla. Sein dors<>ventraler \'erlauf ist bedingt
durch die stark ventrale \'erlagerung der 1. Antenne. Dem
M. sincipito-antennalis ventralis von. Sqnilhi entspricht bei
PdUiiiinis vielleicht der abductor of antennule, während bei
P<itd)H(.)biiis, wie schon aus meiner früheren Bemerkung herxor-
geht, dieser Muskel fehlen dürfte.
2. Die systematische Stellung der Stomatopoden.
hii Anschlüsse an diese Untersuchung möchte ich meine
Ansicht über die verwandtschaftlichen Beziehungen der Stomato-
poden und ihre Stellung im S\'stem ausführlicher darlegen
als ich dies bei früherer Gelegenheit (14) getan habe.
Wohl fast alle Untersucher dieser Krustazeen haben
erkannt, daß die Stomatopoden eine vielfach abweichende und
isolierte Gruppe der Malakostraken bilden. Doch ihre näheren
r:)4 K. Grobben,
P)cziehungen zu den übrigen Malakostraken wurden in ver-
schiedener Weise beurteilt.
Hiixlej' (17, p. 327; ist der Ansicht, daß die Stomato-
poden, die nicht nur von den eigentlichen Podophthalmen,
sondern allen anderen Krustazeen in wichtigen A'erhältnissen
itires Baues abweichen und in eine besondere Gruppe gestellt
werden müssen, zu den Edriophthalmen viele Beziehungen
besitzen.
Dem entgegen werden sie von den übrigen Forschern
wohl mit größerem Rechte als nähere Verwandte der Podoph-
thalmen betrachtet.
Genauer hat zuerst Boas (2, p. 487, 505 bis 568) in
einem Stammbaumschema seine Ansichten über die \'er-
wandtschaftsbeziehungen der Stomatopoden präzisiert. Er hebt
mit Recht hervor, daß diese Formen keine näheren Bezie-
hungen zu anderen Malakostrakenordnungen haben, daß sie
in gewissen Punkten eine sehr primiti\e Stelle unter allen
Malakostraken einnehmen und nur mit den tiefststehenden
Formen unter diesen einige nähere Berührungspunkte besitzen;
»die nächste, immerhin aber sehr entfernte Verwandtschaft
dürften sie zu den Euphausiden zeigen«. In dem Stamm-
baume läßt dementsprechend Boas die Squilliden an dem
von den Phjilopoden (denen er auch Nchulici zurechnet) zu
den Euphausiden führenden Stamme sich abzweigen.
Claus (7, p. 96 und 104) hat in seinem Stammbaum-
schema die Stomatopoden von Urmalakostraken abgeleitet,
von denen er auch die Leptostraken herleitet und damit die
separate Stellung der Stomatopoden zum Ausdruck gebracht.
Ich selbst habe später (14, p. 266) mich dahin ausge-
sprochen, daß der Ursprung der Stomatopoden etwas höher
hinauf zu x'erlegen und zwar erst in Urschizopoden zu
suchen sei, aus denen sich die Stomatopoden als gesondeiter
Seitenzweig entwickelt haben. Zur Begründung habe ich auf
die jüngste Stomatopodenlarve, die sogenannte Eridithoidina
\-er\\iesen, die so vielfache Übereinstimmung mit den Schizo-
poden zeigt. Ich möchte hier insbesondere die Spaltfußform
der Thoraxextremitäten dieser Larxenform herx'orheben, eine
l"\ißform von der Ausbildung, wie sie in der Schizopodenreihe
\'ordcikr,ptniuskuIalur der Stomatnpodon. l'.'ii
ZU tindcn isl. Der separaten Stellung und den ursprünglichen
baulichen Verhältnissen der Stomatopoden einerseits, der
typischen Übereinstimmung mit den pAimalacostraca andrer-
seits, habe ich in dem damals aufgestellten System der
i\hilacostraca dadurch Ausdruck gegeben, daß ich die Stomato-
pc'den als besondere erste Untergruppe der FAimalacostraca
anschließend an die Leptostraca gereiht habe.
In mit dieser Ansicht übereinstimmender Weise hat
Haeckel (IG, p. 651) in seinem Stammbaum der Krustazeen
die Stomatopoda als besonderen Seitenast von Proschizopoda
sich abzweigen lassen, sie jedoch im .S\^stem als Ordnung
•den Thoracostraca eingereiht.
In neuerer Zeit spricht sich Ca 1 man (3, p. löG und
4, p. 331) dahin aus, daß das genauere verwandtschaftliclie
Verhältnis der Stomatopoden zu den anderen Ordnungen der
jS'Ialakostraken mangels verbindender Glieder keineswegs klar
sei und erachtet es am wahrscheinlichsten, daß die Stomato-
poden einen seitlichen Ausläufer vom Hauptstamm der
Malakostraken bilden.
Giesbrecht (11, p. 231) endlich läßt in seinem .Schema
•der phyletischen Differenzierung der Krustazeentypen die
-Stomatopoden aus gemeinsamer Wurzel mit Protothora-
costraken, Protarthrostraken und Anomostraken aus jüngeren
l^rotomalacostraken her\"orgehen.
Meine frühere Auffassung halte ich auch jetzt noch für
riclitig und könnte sie nur dahin modifizieren, daß ich für
die hypothetische gemeinsame Stammform von Stomatopoden
und Schizopoden statt der (von Claus herrührenden) Be-
zeichnung Urschizopoden die Bezeichnimg Proteumala-
•costraca setze.
Bei der \ergleichenden Untersuchung des Stomatopoden
ergeben sich 1. gemeinsame Charaktere mit den Eumala-
costraca, 2. gemeinsame ererbte (ursprüngliche) Charaktere mit
den Leptostraca, 3. spezielle ihnen eigentümliche Charaktere.
Die mit den Eumalacostraca gemeinsamen Charaktere,
welche die Zugehörigkeit der Stomatopoden mit Thora-
kostraken, Anomostraken und Arthrostraken zu der Eumala-
kostrakengruppe begründen, sind die gleiche Zahl der
IUI) K. (.robben,
Abdominalsegmente, die Ausbildung des Telsons und die
gemeinsame Grundform der Thoraxgliedmaßen anzuführen.
Als mit Leptostraken gemeinsame, von ihnen ererbte,
ursprüngliche Charaktere der Stomatopoden, die im besonderen
bei dieser Untersuchung aufgezeigt werden sollen, ergeben
sich die Ausbildung eines relativ großen, gelenkig abgesetzten
Vorderkopfes mit den übrigen Eumalakostraken gegenüber
reicherer Muskulatur, die gelenkig abgesetzte Rostralplatte,
die lateralwärts gekehrte Richtung der 2. Antenne, vielleicht
auch die eigentümliche Entwicklung der 2. Maxille, endlich
die Form der Spermien. Im inneren Bau ist als ursprünglich
die Form des Herzens anzusehen, das als sogenanntes viel-
kammeriges Rückengefäß vom Thorax durch das ganze
Abdomen reicht.
Als den Stomatopoden eigentümlich sind anzuführen die
dorsoventrale Abplattung des Körpers, die Kleinheit der Schale,
die mächtige Verbreiterung des Abdomens, die Umbildung der
fünf \orderen Thoraxfüße zu fangfußartigen Maxillarfüßen,
der Besitz von Iviemen an den Abdominalfüßen sowie die
Abgliederung eines Augenabschnittes am Vorderkopfe.
Es \-erdient zunächst hervorgehoben zu werden, daß
unter den Eumalacostraka in keiner Gruppe dei- Vorderkopf
so stark entwickelt, zweigliedrig und in gleicher Weise
beweglich abgesetzt ist wie bei den Stomatopoden; wo er
sonst noch bei Eumalakostraken beweglich abgegliedert er-
scheint, wie bei den Schizopoda und Decapoda Macrura
Natantia, ist er doch viel kürzer und es scheinen ihm eine
Anzahl von Muskeln zu fehlen, die bei Sqiiilhi vorhanden
sind. Hingegen schließen sich die Stomatopoden diesbezüglich
gut an die Leptostraken an, deren ansehnlich großer Vorder-
kopf sehr beweglich ist und eine noch reiche Muskulatur
enthält.
Die Übereinstimmung zwischen Vorderkopf der Stomato-
poden und Leptostraken läßt sich noch weiter verfolgen. Bei
Xebalia erhebt sich die Dorsalwand des Vorderkopfes, wie
Claus genauer beschreibt, über der hisertionsstelle der
L Antenne zu einem nach den Seiten dachförmig vorspringenden,
die Basis der Stielaugen überwölbenden Höcker, der in zwei
X'nrdci'kopfnniskuuitur der Stoniatopitdcn.
107
Stirnstaclicln ausläuft. Claus bezeichnet die Stirnstacheln als
•>Rostralstacheln« und sieht den in diese zwei Stacheln aus-
laufenden Kopfhöcker als eine den Rostralfortsätzen am Panzer
zahlreicher Malakostraken entsprechende Bildung (8, p. 39).
Diesen von Claus gemachten Vergleich halte ich nicht
für zutreffend, da sich die den Vorderkopf überdeckende
beweglich eingelenkte Rostralplatte als dem Rostrum der
Eumalakostrakenschale homolog erweist.
Dagegen ist bei Stomatopoden am Augenabschnitte des
Vorderkopfes jederseits ein nach vorn und laterodorsal
gerichteter flügelfcn-miger Fortsatz vorhanden, der hinter den
Stielaugen entspringt (Textfig. 1, PJ). Diese zwei Fortsätze
Textfig. 1.
Vorderkopf mit Rostralplatte von GonoJactyliis. unter letzterer die Processus
dorsales {Pd) sichtbar. .Schwache Vergrößerung.
sind von Giesbrecht als Processus dorsales bezeichnet
worden. Sie entsprechen ihrer Lage nach den Stirnstacheln
am Vorderkopfhöcker von NchaJia und ich halte sie dem-
nach für Homoioga dieser letzteren. Auf ihnen liegt gleichwie
bei Nehalia die Rostralplatte mancher Stomatopoden auf, so
bei Psciulosqifilhi, bei Gouodaciyliis, wo der hier vorhandene
Stachel der Rostralplatte mit einer ventral vorspringenden
Kante zwischen den Processus dorsales gleitet (Textfig. 1),
was gleicherweise für den Mittelstachel an der Rostralplatte
von Profosqiiilhi gilt.
lll.S K. Grobben,
Eine zweite Eigentümlichkeit der Stomatopoden, auf die
ich bei fiühcrer Gelegenheit besonders hingewiesen habe und
die nicht genügend gewürdigt wurde, liegt in dem Besitze
einer gelenkig mit dem Vorderrande des Cephalothoraxschildes
verbundenen Rostralplatte. Ich habe bereits damals bemerkt,
daß dieselbe an die Kopfklappe von Xcluilici erinnert, mit
der »sie wahrscheinlich auch homolog ist. Soweit dies aus
den bisher vorliegenden Beobachtungen erschlossen werden
kann, wird ihre Entstehung durch Abgiiederung vom Vorder-
rande des Cephalothoraxschildes anzunehmen sein, wie ja
auch bei XelniJia die Kopfklappe in dieser Weise entsteht.
Die Ausbildung der Ro.stralplatte der Stomatopoden hängt
mit der Abgiiederung des Vorderkopfes, welcher die Augen
und ersten Antennen trägt, zusammen, hiimerhin möchte ich
sie als Erbstück der Kebalia betrachten, welches sich mit
einer Eigentümlichkeit der Kopfbildung erhalten oder aber
atavistisch wieder entwickelt hat" 04, p. 266). Dagegen war
Claus ('8, p. 130) der Ansicht, daß die beweglich abgesetzte
Kopfklappe von XchaJia und der palaeozoischen C erat io-
cariden in keiner anderen bekannten Krustazeengruppe
wiederkehrt. Ich habe auch schon damals anschließend darauf
hingewiesen, daß das Homologon der Kopfklappe von Xehaliü
in dem Rostrum der Schale der Eumalakostraken zu
suchen ist.
Übereinstimmend mit dieser Auffassung heißt es auch
in der Charakteristik der Stomatopoden bei Bigelow (1,
p. 490): »The rostrum in the adult is separated bv a moyable
Joint from the carapace«.
Erst jetzt ist mir bei Verfolgung der Literatur über
Rhyiicliociuctcs bekannt geworden, daß schon Milne Edwards
(21, p. 166) in seiner kleinen Mitteilung betreffend die Be-
schreibung der durch einen gelenkig abgesetzten Rostral-
stachel ausgezeichneten Gaineele Rhyjicliocinctes auf die
Homologie der -Rostralplatte der Stomatopoden mit dem
Rostrum der Dekapoden hingewiesen hat. Die bezügliche
Stelle lautet: »II nous semble, par consequent, evident
que la plaque frontale des Squilles doit etre consideree
•comme le representant du rostre des Decapodes«.
Vnrderkopfmuskulatur dof Stoinatopodcr.. H^9
Diese Homologisierung halte ich auch heute für richtig.
Die Anlage der Kopfklappe bei dem Embryo \-on Nehalid
zeigt ein Bild, welches vollständig an ein Schalenrostrum
erinnert (vergl. Metschnikoff [20], Fig. 17 und 18). Bei
PaydiicbtiUa Jongipes ist die Rostralklappe auch in einen
Stachel ausgezogen. Und was die Stomatopoden betrifft, so
konnte schon aus den damals vorliegenden Beobachtungen
über ihre Entwicklung (vergl. (Jlaus, 5) geschlossen werden,
daß ihre Rostralplatte durch Abgiiederung des Rostrums der
Larvenschale entsteht. Nun kann noch auf die Angabe
Giesbrecht's (10, p. 126) verwiesen werden, nach welcher
bei dem ersten litoralen Stadium von Sqtiilhi (erstes Squilla-
stadium) der als Rostrum bezeichnete vordere Medianstachel
der Alimalarve durch die beweglich mit dem Schilde ver-
bundene Platte ersetzt wird.
P^ür die Homologie der Rostralklappe der Leptostraken
mit der Rostralplatte der Stomatopoden und dem Rostrum
der Alimalarve und der Thorakostraken vermag ich nun auch
aus eigenen Beobachtungen das \'erhalten der Vorderkopf-
muskulatur heranzuziehen. Der Musculus levator sincipitis
von Xchiilici wiederholt sich bei der Alimalarve. Hier ent-
springt ei- an der Dorsalwand hinter der Basis des Schalen-
rostrums: bei dem Übergange dieser Larvenform in das erste
Squillastadium liegt diese Insertion hinter der Einlenkungs-
stelle der Rostralplatte wie bei Xehjliu; der vor dieser
Insertion gelegene Teil der Schale, das Rostrum, ist nunmehr
zur gelenkig abgesetzten Rostralplatte geworden. Auch bei
den Decapoda Macrura Natantia entspringt der M. levator
sincipitis dorsal dicht liinter dem l'rspi'unge des Rostrums
der Schale.
Ebensowenig erfolgt die Hebung und Senkung der
beweglich eingelenkten Kopfplatte der Stomatopoden wie jener
\on Xebalia durch besondere Muskeln, sondern indirekt durch
Hebung und Senkung des Vorderkopfes.
Was die Größe der Rostralplatte bei Stomatopoden be-
trifft, so bedeckt sie bei PsciiJosqiiiüa den \'orderkopf voll-
ständig bis über die Processus dorsales, bei Gonodactylus,
Protosquilla bloß bis vor oder hinler die Processus dorsales; bei
2O0 K. G robben,
Squilla ist sie kürzer und erreicht nicht die Processus dorsales,
auch liegt ihre \ entrale Einlenkungsstelle am Vordei-kopf median
weiter nach xorn als die dorsale, so daß die Platte nicht
so frei beweglich ist wie z. B. bei GouodactyJns, sondern,
wie es Giesbrecht darstellt, mit ihrem mittleren hinteren
Teile der Unterfläche mit dem \'orderkopre verwachsen er-
scheint. Auch der Rostralstachel ist bei manchen Formen
{PsciiiiosqitiUa ccrisii. ProtosqiiiUu, LysiosqiüUa, Gonodaclyhis)
(Textfig. 1) als mehr oder minder langer kräftiger Stachel
\orhanden. Bei ProtosquilUi besitzt die K<>'stralp!atte außerdem
zwei seitliche Stacheln.
Im V^ergleiche zu der Rostral klappe der Leptostraken
zeigt die Rostralplatte der Stomatopoden eine \'erkleinerung,
wie eine solche übrigens auch in ersterer Gruppe bei
Nehalinpsis ivpica zu finden ist. In gleicher Weise weist die
Schale der Stomatopoden eine Verkleinerung gegenüber den
Leptostraken auf. Daß die Kleinheit der Schale bei Stomato-
poden eine sekundäre ist, ergibt sich auch aus dem Zurück-
bleiben der Schale im Wachstum, das xon der Larx'enzeit
zur Geschlechtsform verfolgt werden kann. Während die
vSchale bei den Lar\-en noch den ganzen Thorax, in manchen,
Fällen noch den \'orderabschnitt des Abdomens überdeckt,,
läßt sie bei der Geschlechtsform die drei Thorakalsegmente
und sogar die letzten Maxillarfußsegmente unbedeckt, woraus
wohl geschlossen werden kann, daß die Stammformen der
Stomatopoden eine mindestens den Thorax überdeckende
Schale besessen haben.
Die ' Kleinheit der Stomatopodenschale erscheint als
spezielle Eigentümlichkeit, die mit der mächtigen Entwicklung
des Abdomens im Zusammenhange steht.
Die gelenkig abgesetzte Rostralplatte der Stomato-
poden halte ich für ein Erbstück von den Leptostraken.
In meiner früheren diesbezüglichen Publikation (14, p. 266)
ließ ich diese Frage offen.
Die gelenkige Abgliederung des Rostralstachels vom
Rückenpanzer wiederholt sich unter den Eumalacostraca in
der Gruppe der Decapoda Macrura Natantia bei den Gattungen
Rlivuchocinetes und rdutonins. Hier handelt es sich aber
\'orderUnpt"nuiskulatLir ..ler Stüiiiatiipiidi.n. 2()1
lim eine Bildung, die kaum mehi- als Erbstück der Lepto-
straken beurteilt werden kann, sondern als innerhalb der
Macrura Natantia selbständig entstandene Bildung anzusehen
ist. Der abgegliederte Rostralstachel besitzt wenigstens bei
Rliyuchociiietes, den ich selbst untersuchen konnte {Pantomiis
kenne ich nicht), auch nicht die Form einer den (hier redu-
zierten) Vorderkopf deckenden Platte, sondern die Gestalt
eines schwertförmigen gezähnten Kieles wie sonst bei den
]Shicrura Natantia.
Das gelenkig abgesetzte Rostrum von Rliyucliociuetcs
fypiis gestattet, wie schon der erste Beschreiber dieser
Garneele H. Milne Edwards (21) angibt, eine fast senkrechte
Aufrichtung desselben nach der Dorsalseite, während es im
gesenkten Zustande zwischen die ersten Antennen nach
vorn ragt.
Immerhin bietet die Abgliederung des Rostralstachels bei
den genannten Garneelen aus dem Grunde Interesse, weil in
ihr die \(»n mir vertretene Auffassung der Rostralklappe bei
Stomatopoden und Lept(^straken als abgegliedertes Rostrum
eine gewisse Stütze findet.
Es sei hier noch die Frage gestreift, wie die gelenkig
abgesetzte Rostralklappe der Leptostraken zu beurteilen sei,
ob dieselbe dem Rostrum der Eumalacostraca gegenüber
einen ursprünglicheren Charakter \orstellt.
Ich halte dafür, daß, gleichwohl die Leptostraca
den Eumalacostraca gegenüber im wesentlichen einen
ursprünglicheren Formentypus repräsentieren, in
ihrer gelenkig abgegliederten Rostralklappe jedoch
ein sekundärer Charakter vorliegt, dem das unbe-
wegliche Rostrum in der Stammesgeschichte voran-
gegangen ist. Die Abgliederung des Rostrums hat sich erst
im Zusammenhange mit der gelenkigen Absetzung des
^'orderkopfes ausgebildet.
Als weiteren einem primären \'erhalten entsprechenden
Charakter der Stomatopoden erachte ich die Richtung der
2. Antenne und ihrer im Hinterkopfe gelegenen Muskulatur
(vergl. Fig. 1, 3, MA"). Die 2. Antenne ist nämlich lateral
hinter dem \'orderkopf eingelenkt und \entrolateral gerichtet.
202 K. Giobben.
Die am Kopf inserierten, zur Bewegung der ganzen Antenne
dienenden Muskeln, haben dorsoventralen, zufolge der dorso-'
\entralen Abplattung des Körpers latero\-entralen \'erlauf.
Solches Verhalten findet sich auch bei Nehalia. Auch hier
ist die 2. Antenne hinter dem Vorderkopfe, nicht, wie Claus
(8, p. 39) angibt, am X'orderkopfe inseriert und ist ventral-
wärts gerichtet. Diese Richtung der 2. Antenne ist, wenn
man die mit wohlentwickelter 2. Antenne ausgestatteten
Euphyllopoden, wie die Limnadiiden vei'gleichsweise heran-
zieht, die ursprüngliche Richtung der 2. Antenne. In allen
diesen Fällen haben die zur Bewegung dieser Antenne als
Ganzes dienenden, am Kopfe entspringenden Muskel dorso-
\entralen Verlauf.
Wenn damit die diesbezüglichen Verhältnisse bei den in
der genetischen Reihe der Eumalacostraca sich zunächst an-
schließenden Thorakostraken verglichen werden, so zeigt sich,,
daß bei diesen die 1. Antenne näher an die 2. Antenne
herangerückt erscheint und letztere nunmehr parallel mit
ersterer nach \orn gerichtet ist; dementsprechend nimmt bei
den höher spezialisierten Malakostraken die im Kopfe ent-
springende Muskulatur der 2. Antenne niehr oder minder
eine Verlaufsrichtung \on hinten nach \orn. Diese Änderung
in der Lagebeziehung der 2. Antenne hängt mit der V^er-
kürzung, beziehungsweise \^ereinigung des Vorderkopfes mit
dem Hinterkopfe zusammen. Und zwar ist mfolge der \'er-
kürzung und der dieser in der Stammesreihe folgenden
\"ereinigung des \'orderkopfes mit dem Hinterkopfe die
1. Antenne nach hinten und innen zwischen die 2. Antennen
zurückgerückt und damit die 2. Antenne näher an die Spitze
des Kopfes gelangt.
Mit der erwähnten Verkürzung und weiteren \'ereinigung
des Vorderkopfes mit dem Hinterkopfe hängt bei den Thora-
kostraken auch die zuerst von Mi Ine Edwards hervor-
gehobene Sternalbeuge (Kopfbeuge) zusammen, d. h. die gegen
die Richtung der Hauptachse des Körpers in rechtem Winkel
nach aufwärts gerichtete Lage des Augensegmentes und der
Antennensegmente. Diese Sternalbeuge fehlt den Stomatopoden^
worauf Huxley {\7, p. 326) besonders hingewiesen hat.
Vorderkuptniuskulatur der StomatdpMdcn.
2v):;
Die Stomatopoden zeigen somit in der Lage und Richtung
der 2. Antenne ein \'erlialten, das sich mehr an die Lepto-
straken anschließt.
Sehr eigentümlich und abweichend ist die 2. Maxille
der Stomatopoden gestaltet (Textfig. 3) und bietet Schwierig-
keiten in der Deutung der Teile. Nach Boas (2, p. 501) ist
die 2. Maxille der Squilliden \iergliedrig, die zwei ersten
Textfig. 2.
Zweite Maxille von Nehalla qeußi-dvi.
Schwache Verarößeruno-.
Zweite Maxille von (iviiOi-Lidyliis.
Schwache Vera;rüßeiunff.
Glieder sind jedc^ch nicht scharf geschieden. Dem Grund-
gliede gehören die zwei ersten basalen Laden, dem zweiten
Gliede nur eine Innenlade an; an dieses schließt sich ein
zweigliedriger Palpus (Endopodit) und ein rudimentärer Exo-
podit an. Boas verweist schließlich darauf, daß die 2. Maxille
der Squilliden mit jener von Thysanoptis trotz aller \'er-
schiedenheit keine i?erine;e Ähnlichkeit besitzt. Nach ("laus
204 K. Grobben,
(7, p. 21) dage,L;en trüg: das Basdlstück der 2. Maxille bei
Stomatopoden iSquillu) nur einen Ladenfortsatz, das 2. Grund-
glied zwei Ladenfortsätze. Auf diese beiden Grundglieder
folgt der zweigliedrige Endopodit mit fächerartig entwickelten
Außenlappen, unter denen ein kleiner dritter fächerartiger
Außenlappen an der Außenseite des zweiten Stammgliedes
folgt, der aber nicht als reduzierter Exopodit gedeutet werden
kann; ein solcher fehlt, wie sich auch aus dem \'erhalten
der 2. Maxille in den Larvenstadien ergibt. Desgleichen gibt
Giesbrecht für das 1. Glied der 2. Maxille einen Laden,
für das 2. Glied zwei Laden an.^ Diesen Angaben von (^"laus
und Giesbrecht Isann ich auf Grund eigener Beobachtung
beitreten.
Mindestens ebensogut als mit der 2. Maxille von
Euphausiiden läßt sich die eigenartige Ausbildung der
2, Maxille der Stomatopoden mit der 2. Maxille von Nehalia
in Beziehung bringen. Bei dieser Form ist die 2. Maxille
(Textfig. 2) wie bei Stomatopoden \iergliedrig; dem 1. Grund-
gliede (Stammgliede) gehören zwei Innenladen, dem 2. nur
eine Innenlade an. Der Endopodit ist wie bei Stomatopoden
zweigliedrig, diesen gegenüber jedoch von mehr gestreckter
Gestalt, während er bei Euphausiiden bloß eingliedrig ist.
Außerdem ist an der 2. Maxille von Ncbalid ein Exopodit
\orhanden, der, wie schon erwähnt wurde, der Stomatopoden-
maxille fehlt.
Wie sehr übrigens die spezielle Gestaltung der 2. Maxille
bei den verschiedenen Leptostrakengattungen differiert, zeigt
insbesondere die stark gedrungene Form dieser Mundglied-
maße bei Nebaliopsis. Bei dieser Gattung ist der Exopodit
weitgehend verkümmert, auch weist der Endopodit keine
Zweigliederung auf, was nach Thiele (25) in gleicher Weise
für NehalielJa aiitarctica und Parünehalia longipes zutrifft.
1 Bezüglich der 2. .Maxille sei noch bemerkt, daß Giesbrecht die
Angabe macht, die Maxillardrüse münde an der Hinterwand des zweiten
Gliedes aus. Diese Angabe ist nicht zutreffend. Die Ausmündung dieser
Drüse findet sich sonst stets am Grundgliede. Gleiches ist auch bei den
.Stomatopoden der Fall; und zwar liegt die Mündung der Maxillardrüse an
einer Papille am oberen Kande des Grundgliedes ^vergl. Textfig. 3. Rp).
Voiderkopfimiskiilatui- der Stoinatopodeii. 205
Gegenüber der Zweigiiedrigkeit des Endopoditen bei
Xchalia ist der Mangel dieser Gliederung auf Reduktion
zurückzuführen.
Auch die Form der Stomatopodenspermien, deren eigen-
artige Gestalt und Ähnlichkeit nur mit jenen von Euphausiiden
und Phyllopoden von Boas, welcher Nebalia den Phyllopoden
zurechnet, bereits herv(»rgehoben wurde, kann als Stütze für
die verwandtschaftliche Beziehung zwischen Stomatopoden
lind Leptostraken angeführt werden. Es ist ja eine bekannte
Tatsache, wie sehr die Form der Spermien verschieden ist
und wie sich in ihrer speziellen Gestaltung vielfach die V^er-
wandtschaftsverhältnisse der Tiere ausgeprägt finden, hn
tiesonderen für die dckapoden Crustaceen wurde dies von
mir (13) aufgezeigt.
Die zuerst von mir (12) beschriebenen Spermien von
Squilhi sind kugelig, ohne weitere Fortsätze. Die gleiche
Form besitzen sie bei den Leptostraken, während sie bei
den etwa noch zum Vergleiche heranzuziehenden Euphausiiden
oval gestaltet sind. Die Spermien der Sqnilla stimmen somit
am meisten mit jenen von Xchalia überein.
Endlich ist im inneren Bau ein urspilingiicher Charakter
•der Stomatopoden in der Ausbildung des Zentralorgans des
Kreislaufes gegeben. Dieses beginnt in der Maxillarregion
mit einem herzartig erweiterten Abschnitte und reicht als
sogenanntes gekammertes Rückengefäß bis in das 5. Abdominal-
segment. Unter allen Malakostraken besitzt es die ursprüng-
lichste Form. Nicht einmal bei den Lept(^straken zeigt das
Herz eine so primitive Form, wenngleich das Leptostraken-
herz verglichen mit dem Herzen der übrigen Malakostraken
— die Stomatopoden natürlich ausgeschlossen — ursprüng-
lichere Verhältnisse aufweist. Diese sind bei dem Nebalia-
herzen gegeben in der Ausdehnung des Herzens von der
Maxillarregion bis in das 4. Abd<iminalsegment und in dem
\'orhandensein von sieben Spaltenpaaren, die der vorderen
Herzhälfte angehören und von denen das letzte im 6. Thorakal-
segmente gelegene sich durch besondere Größe auszeichnet.
Wenn mit demselben das ähnlich gestaltete Herz der
Mysiden unter d^n Schizopoden verglichen worden ist, so
Sitzb. d. niafhem.-n.iturw. KL, Abt. I, V2>^ HJ.. 1')
2(H) K. G robben,
zeigt sich der Unterschied, daß dieses bloß bis höchstens
(Siriellü) in den Anfang des S.^Thorakalsegmentes sich
erstreckt und nur zwei Ostienpaare besitzt, die in der Region
des 2. und 3. Thorakalsegmentes ihre Lage haben. Es handelt
sich im Mysidenherzen demnach bloß um eine äußerlich
ähnliche Herzform, die kaum direkt von der spezifischen
Form des Herzens der Leptostraken abgeleitet werden kann.
Somit steht das Herz der Stomatopoden in seiner
Ursprünglichkeit dem Leptostrakenherzen am nächsten. Dabei
erweist sich aber das Leptostrakenherz keineswegs als das
ursprünglichere, sondern als bereits spezialisiert, während das
Herz der Stomatopoden die primitiveren Zustände zeigte
womit auch Giesbrecht's Ansicht übereinstimmt (11, p. 234
und 235).
Daß die Stomatopoden ursprüngliche Malakostraken
repräsentieren, wurde auch \ on Bi^as, Claus, Haeckel
erkannt und es entspricht dem auch die Ansicht Calman's.
Was in \orliegenden Erörterungen eingehender dargelegt
werden sollte, ist die \ielfach nahe Beziehung, welche
zwischen Stomatopoden und Leptostraken besteht, uiTd
die besondere Stellung, welche die Stomatopoden unter den
Eumalacostraca einnehmen. Bezüglich ihres V'erwandtschafts-
xerhältnisses und ihrer wahrscheinlichen Abstammung von
ehemaligen Proteumalacostraca (früher als Urschizopoden
bezeichnet) bin ich dabei zu dem gleichen Resultate gelangt
wie in meiner früheren diesbezüglichen Abhandlung.
Ein folgendes Stammbaumschema, in welchem nur die
großen Gruppen der Malacostraca berücksichtigt sind, soll
diese Auffassung übersichtlich wiedergeben (Siehe p. 207).
Dieses Stammbaumschema unterscheidet sich von dem
zuletzt von Giesbrecht (11, p. 231 u. ff.) aufgestellten, soweit
es die Malakostraken betrifft, in zwei Punkten, und das ist
in der Ableitung der Stomatopoden und der Anomostraken.
Giesbrecht läßt die Stomatopoden sich als gesonderten Ast
aus einer gemeinsamen Wurzel mit Protothorakostraken,.
.Anomostraken sowie Protarthrostraken aus jüngeren Proto-
malakostraken hervorgehen, während er von älteren Proto-
malakostraken die Leptostraken abstammen läßt. Dem von
Vorderkopfmuskulatur der Stcjmatopoclen.
207
mir aufgestellten Stammbaumschema gegenüber erscheint die
Abzweigung der Stomatopoden somit etwas höher hinauf
verlegt. Immerhin kommt auch in dem Stammbaumschema
("liesbrecht's die gesonderte Stellung der Stomatopoden zum
Ausdruck.
Was die Anomostraken betrifft, so läßt sie Giesbrecht
als besonderen Ast aus gemeinsamer Wurzel mit den übrigen
früher genannten Malakostrakenreihen aus Protomalakostraken
entstehen. Nach meinem Stammbaumschema hingegen gehören
\
UrmcJaksstraJ; en
(ArchimaJacosiraca)
Textfig. 4.
Anomostraca und Arthrostraca einem gemeinsamen Seiten-
zweige an, welcher von der zu den Thoracostraca führenden
Stammreihe herzuleiten ist, zu welcher Anomostraca und
-Arthrostraca meiner Ansicht nach in engerer verwandtschaft-
licher Beziehung stehen.
Die palaeontologische Urkunde gibt über die Abstammung
der Stomatopoden keinerlei Aufschluß. Die ältesten Stomato-
podenreste sind aus dem Karbon bekannt, falls das von
Woodward (26) als Necroscilla Wilsoni beschriebene Krusta-
zeenabdomen einem Stomatopoden angehört, was nicht fest-
2().S K. Grobben,
steht und auch von W" od ward nur als vermutliche Ansicht
hingestellt wird, zu der er hinneigt. Aus dem Karbon werden
auch die ältesten fossilen Schizopoden angegeben. Zwischen-
formen sind bis jetzt nicht aufgedeckt worden. Zwar wird
in der englischen Ausgabe (29) des Lehrbuches der Palaeon-
tologie von Zittel Pygoccphalns mit einiger Wahrscheinlich-
keit als Schizopode angeführt, mit dem Zusätze »PygocephnJns
also exhibits many Stomatopod features«. Es sieht danach
so aus, als ob in Pygocephahis eine Zwischenform zwischen
Schizopoden und Stomatopoden vorläge.
Die Ansicht, daß Pygocephahis Stomatopodencharaktere
zeige, geht wohl auf Huxlej' zurück. Nach Huxley (18.
p. 368) ist der von ihm beschriebene Pygocephahis Coopcvi
eine podophthalme Krustazeenform und aller Wahrscheinlich-
keit nach näher mit Mysis als mit irgend einer anderen
existierenden podophthalmen Krustazeenform verwandt. Dann
aber hebt Huxley hervor, daß das Abdomen, Telson und
die Schwanzfüße von Pygocephahis stärker und breiter als
bei Mysis seien und zieht zum Vergleiche das Abdomen von
Gonodactyhis, einem Stomatopoden, heran. Er schließt bezüglich
Pygocephahis mit dem Satze: »At any rate we shall be quite
safe in assigning to it a position among either the lower
Decapoda or the Stomapoda.«
Dana (9) betrachtet Pygocephahis als Schizopoden und
nach Zittel (27) scheint dieser Krebs die charakteristischen
Merkmale der macruren Dekapoden zu besitzen; Zittel
ordnet Pygocephahis bei den Penaeiden ein, fügt aber bei,
daß die palaeozoischen Macruren eine sichere Bestimmung
nicht gestatten und nur möglicherweise zu den Penaeiden
gehören. Packard ('22) bezeichnet Pygocephahis als zweifel-
hafte Form und bezieht sicli dabei auf die \on ihm ange-
führten Huxley'schen Angaben. Nach Broili (28) gehört
Pygocephahis wahrscheinlich zu den Schizopoden.
Auf Grund der von Huxley gegebenen Figuren und
Beschreibungen (18, 19) ist meines Erachtens nach Pygoce-
phahis als Schizopode zu betrachten. Stomatopoden-
charaktere sind an PygoccpJialns nicht zu erkennen.
Wirdcrkopfnuiskulauir der SK".!Tial<.poden. 20'*
Für die Zuordnung \-on Fxi^'Ot.\'pruii::s zu den Schizopctden
spricht die Angabe, daß sieben Thrraxextremitäten und
Exopoditen an den Thoraxfüßen erkennbar sind. Das Abdomen
und die Schwanztlosse besitzen allerdings eine Breite, die
wir bei heute lebenden Schizopoden in der Weise nicht
finden. Doch ist nicht zu übersehen, daß ausgestorbene
.Schizopodent^'pen nicht durchwegs vird in der heutigen Lebe-
welt existierenden übereinstimmen werden. In der Erscheinung
von Pygocephalus fallen Merkmale der macruren Dekapoden
auf. wie Zittel richtig erkannte. Es erinnern der breite
Cephalothorax, das breite Abdomen wnd die breite Schwanz-
flosse an die Verhältnisse, wie sie bei den Macrura Reptantia
bestehen. In PygocepJiahis handelt es sich somit vielleicht
um eine den Macrura Natantia n;-hestehende, somit der
Euphausiacea-Reihe zuzurechnende Schizopodenform, die aber
wahrscheinlich eine Lebensweise ahnßch jener der rezenten
Macrura Reptantia und einiger Macrura Natantia hatte.
Literaturverzeichnis.
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zoologie) neubearb. von F. Broili. I. Abteiig., 3. Aufl.,
München und Berlin 1910, p. 557.
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edit. by Ch. R. Eastman. Vol. I, London 1900, p. 659.
212 K. G robben.
Allgemeine Buchstabenbezeichnung.
.'1' erste Antenne.
.1" zweite Antenne.
.!(■ .A.rleria cephalica.
Atl -Musculus attractor sincipitis.
B Musculus depressor sincipitis.
C Cerebralganglion.
Cc Schiundkommissur.
Dp Musculus depressor oculorum basalis.
Dso Musculus depressor segmenti oculorum.
E Musculus levator sincipitis.
Ex Exopodit.
J/p vordere Hepatopankreasschläuclic.
/ ventraler Ursprung der Seline des Musculus attractor sincipitis,
Loe Musculus levator segmenti oculorum externus.
Loi Musculus levator segmenti oculorum internus.
Ls Ligamentum sincipitis.
MA' die basalen Muskeln im Grundgliede der 1. Antenne.
MA" Muskeln zur 2. Antenne.
Md Mandibel.
Mx erste .Maxille.
N Naupliusauge.
O Stielauge.
Oh Oberlippe.
Ot>a Musculus oculi basalis anterior.
Obl Musculus oculi basalis lateralis.
Pd Processus dorsales des vorderen Abschnittes des Vorderkopfes.
A' Rostralplatte (beziehungsweise Rostrum bei der Alimalarve).
Rp Papille mit der Ausmündung der Maxillardrüse.
Scu.d. Musculus sincipito-antennalis dorsalis.
Sca.v. Musculus sincipito-antennalis ventralis.
7" gemeinsame Basis der Stielaugen.
Va hinterer Abschnitt des Vorderkopfes (Antennularsegment).
Vo vorderer Abschnitt des Vorderkopfes (^.\ugensegment).
\'oi"dcrkorfmn-^kuiaiur der Stomatoroden. 213
Tafel erklärung.
Tafel I.
Fig. 1. Der Kopfabschnitt des ersten Squi Ilastadiums in der Dorsal-
ansieht, mit der Muskulatur des Vorderkopfes und der im Kopfe
inserierten Muskeln der 2. Antenne. Die Muskulatur ist zum Teil
nur einseitig dargestellt. Von der 1. und 2. Antenne sind bloß die
basalen Abschnitte dargestellt. Vergr. etwa 38/1.
Fig. 2. Der Kopfabschnitt des in Fig. 1 abgebildeten 1. Squillastadiums in
der Ventralansicht mit der Muskulatur des Vorderkopfes und der im
Grundgliede der 1. Antenne gelegenen basalen Muskulatur. Die
verschiedenen Teile letzterer sind" größtenteils nur einseitig einge-
zeichnet. Sonst wie in Fig. 1. Vergr. etwa 3S 1.
Tafel II.
Fig. 3. Kopfabschnitt einer erwachsenen SquilLi nuiiitis median durch-
schnitten nach Entfernung des Darmes, um die Muskulatur des
Vorderkopfes zur Ansicht zu bringen. Vergr. 2* 5.1.
Fig. 4. Längsschnitt durch den Vorderkopf einer Aliiita-L&vve, aus in der
Medianebene und neben dieser geführten Schnitten kombiniertes
Bild. Vergr. 73 T.
I
Grobben K.: Vorderkopfmuskulatur der Stomatopoden.
Taf. I
Z
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd., 1919.
Grobben K.: Vorderkopfmuskulatur der Stomatopoden.
Taf. II
An MA"
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd., 1919.
15
Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg
im niederösterreichischen Waldviertel
Von
Arthur Marchet
(Mit ö Textfiguren und 2 Tafi In)
(Vorgelegt in der Sitzung am 23. Jänner 1919)
Einleitung.
l
W' Wenn mtm von Krems das Tal des gleichnamigen Flusses
^ aufwärts wandert, gelangt man nach etwa einer halben Stunde
bei der Lederfabrik an eine Stelle, wo sich das Tal verengt.
Hier findet sich eine ziemlich mächtige Bank von schwärzlich-
grünem Amphibolit, die sich weit nach Norden bis östlich
von Gars verfolgen läßt. Die ersten Angaben über das Auf-
treten dieses Gesteins finden sich bei J. Czjzek.^ Durch die
Untersuchungen von F. Becke- wurde nachgewiesen, daß
man im Waldviertel mehrere Amphibolittypen unterscheiden
muß. Der »normale Amphibolit« sowie der »Smaragditgabbro«
der beiden Arbeiten sind Gesteine, die dem Rehberger Gabbro-
Amphibolitzug angehören. Eine kurze Beschreibung des
Gesteins, sowie eine Kartierung desselben ist dann in dem
1 J. Czjzek: Geologische Karte der l.'mgebungen von Krems und vom
Manhartsberg. Beilage zu Bd. 7 der Sitzber. d. mathem.-naturw. Kl. d. Akad.
d. Wiss. in Wien, 1853.
2 Fi Becke: Die krystallinen Schiefer des niederösterreichischen Wald-
viertels. Sitzber. d. Akad. d. WMss. in Wien, 84. Bd., 1881, I. Abt., p. 551
bis 555.
Die Gneisformation des niederösterreichischen Waldviertels. Ts che rm ak's
Min. Petr. Mitt., IV, 1882, p. 233 bis 322 und 300 bis 305.
216 A. Miirchet,
von der Wr. Mineral. Gesellschaft zur 85. \'ersammlung-
deutscher Naturforsc'ner und Ärzte herau.sgegebenen Hefte
»Das niederösterreichische Waid\'iertel>< ' enthalten.
Hofrat Backe gab dann später- einige Verbesserungen
und Ergänzungen der geolog.-petrogr. Karte dieses Heftes
an, die zum Teil auch den Gabbro-Amphibolit betreffen. Hier
vväre noch hinzuzufügen, daß das Gestein östlich von Ober-
Plank nur eine dem Schiefergneis aufgelagerte Schuppe bildet.
Man trilTt daher in größerer Höhe wieder auf den Schiefer-
gneis des Liegenden. Wie aus der beigefügten Kartenskizze
(Taf. 1) ersichtlich ist. findet man die Fortsetzung des Zuges
im Kamptal etwa -'/^ hn südöstlich von der Mündung des
Doppelbachgrabens. •'•
Das Material zu der vorliegenden Arbeit stammt zum
Teil' von Herrn Hofrät Becke, der die große Freundlichkeit
hatte, es mir zur Untersuchung zu überlassen, zum Teil
wurde es von mir bei Begehungen des Gebietes aufgesammelt.
.4. Cicologischer Teil.
Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg gehört der molda-
nubischen Zone nach F. V.. Suess* an und hat wie deren-
übrige Gesteine den Charakter eines in größerer Erdtiefe
gebildeten krystallinen Schiefers im Gegensatz zu den Gesteinen
der moravischen Zone.
Was die Lagerungsverhältnisse anbelangt, so findet sich
der Amphibolit konkordant dem Schiefergneis eingelagert, vor>
dem er sich im südlichen Teil, vom Kremstal bis etwa zum
Klopfertberg, scharf trennen läßt, während im Norden der
1 F. Becke, A. Himmelbauer, F. Reinhold und R. Görgey: Das
niedcrosteneichische Waldviertel. Tschermak's Min.-Petr. Mitt., XXXII, p. 201,
223 (1914).
- F. H ecke: Zur Karte des niederösterreichischen Waldvicrtels.
Tschermak-s Min.-Petr. Mitt.. XXXIII. p. 354 (1915).
•' Für die Zeichnung der Skizze wurden auch die Originalaufnahmen
von llofrat Dr. F. Becke und Dr. A. Himmelbauer zu Hilfe genommen.
• F. E. Suess: Die -Moravischen Fenster und ihre Beziehungen zum
Grundgebirge des Hohen llesenkes. Denkschr. der Akad. d. Wiss. in Wien,
math.-natuiw. Kl., 7S, 1912, p. 541 bis 632.
Der Ciahbr-o-Ampliibolitzug \oii Kthherg. 217
Schietergneis häufig durch Anreicherung von Hornblende in
den Amphibolit überzugehen scheint. Hier findet auch mehr-
fach VVechsellagerung zwischen Amphibolit und Schiefergneis
statt. Im südlichen Teil konnte nur in dem Graben, der vi)n
Kehberg nördlich dem Goldberg gegen Gneixendorf hinauf-
führt, eine Einschaltung von Schiefergneis im Amphibolit
festgestellt werden. Sowohl im Hangenden als auch im
Liegenden wird der Gabbro- Amphibolit von Serpentinvorkommen
begleitet. Am Südhang eines Seitengrabens östlich von Reh-
berg ist die Kontaktstelle der beiden Gesteine aufgeschlossen
Profil Fig. 1). Hier tritt zwischen Amphibolit und Serpentin
eine, durch vStoffaustausch entwickelte, gewölbte Lage von
g-'f s V v
.v
/■• /iOOO
Fig. 1.
w
Prcifil aus einem Seitengraben (istlich von Kehberg.
L = Lüß, h = Strahlsteinschiefer,
.V = Schiefergneis. >S" = Serpentin,
(7, = plattiger-dünnflaseriger Amphibolit, p = Pegmatitgang.
.fo= grobflaseriger Amphibolit, ,^.9 = Gneisglimmerscliiefer.
zirka ^/^ ui mächtigem Strahlsteinschiefer auf. Wie in dem
Profil angedeutet, sind am Südhang des Grabens nur die
Gesteine im Liegenden des Amphibolits aufgeschlossen. Auf
Gneisglimmerschiefer folgt eine rund 50 m mächtige Lage
von Schiefergneis, der parallel zur Schieferung von einem
Pegmatitgang durchsetzt wird. Darüber liegt Serpentin, der
gegen den Amphibolit von dem oben erwähnten stark zer-
setzten und steil einfallenden .Strahlsteinschiefer begrenzt wird.
Auf diesen folgt der unterste Teil des Amphibolitlagers in
ziemlich dünnflaseriger Ausbildung mit körnigen Partien von
Uralitgabbro. Das Hangende ist an der Nordseite des Grabens
zu beobachten. Zuerst folgt grobflaseriger Amphibolit, der
dann, wie später geschildert wird, immer mehr gegen
218 A. Marchet,
Amphibolit von dünnplattiger Textur zurücktritt und schließ-
lich gelangt man in den Schiefergneis des Hangenden. Der
Amphibolit besitzt hier im Hangenden des Serpentins eine
abweichende Lagerung. Das Streichen ist gegen NNW ge-
richtet, das Fallen beträgt etwa 50° gegen WSW. Die normale
Lagerung in dieser Gegend ist hingegen nördliches Streichen
bei einem Einfallen unter 30° gegen West. Südwestlich von
Stratzing verschwindet der Amphibolitzug unter der Löß-
masse, welche das Kremsfeld bildet, um in zirka 47., Inn
Entfernung in den nördlichen Seitengräben des Sirnitzbaches
wieder an den Tag zu treten. Von hier läßt sich das Gestein
bis an die Straße Langenlois — Schiltern verfolgen, wo dann
wieder eine Unterbrechung staltfindet. Das Streichen ist in
lieüKB. Rpilh Oiv
S a .V ^/,v ^v
H" 1:23.000 0
Fig. 2.
Profil Reithberg-Reithgraben.
L = Löß, ■ d = Amphibolit,
.V = Schiefergneis, .V = Serpentin,
^iis = Glimmerschiefer, qu = Ouarzit.
diesem Abschnitt mehr gegen Ost gerichtet und schwankt
zwischen NNO und ONO. Das stärkste Ausbiegen gegen
Osten beobachtet man am Dürnitzbüchel mit einem Streichen
N 67° O und Fallen 22° NNW.
Die Fortsetzung des Gesteinszuges trifft man dann etv/a
1 km. östlich von der Straße nach Schiltern in einem Seiten-
graben des Reithtales. An den Ostabhängen des Reithberges
im Liegenden von Serpentin (Profil Fig. 2), dann an den
Westabhängen des Schmalz- und Klopfertberges trifft man
den .Amphibolit immer wieder an. Das Streichen schwankt
hier zwischen NNW und N. Auch der Fallwinkel ist nicht
konstant, er beträgt am Schmalzberg 20°, am Klopfertberg
(im Hangenden von größeren Serpentinmassen!) hingegen 40°
gegen West. Nördlich vom Klopfertberg wird das Gestein
Der Gabbro-Amphibolitzug von Rchberg-. 219
feinkörniger, häufig treten Einschaltungen von Schiefergneis,
westlich von Gottsdorf auch \-on Marmor auf.
Das folgende Profil soll die Lagerungsverhältnisse östlich
vom Seebingberg veranschaulichen. Unter dem grobschuppigen,
biotitreichen Schiefergneis, der den Gipfel zusammensetzt,
folgt zunächst ein feinkörniger, feldspatreicher Granitgneis,
der eine fast 2 liui lange Linse vom Nordabhang des
Sßebingberges bis zu dem gegen den Stiefernbach abfallen-
den Rand des Plateaus von Thürneustift bildet. Das Gestein
nimmt gegen die Tiefe, wie auch im Profil angedeutet ist,
rasch an Mächtigkeit ab, so daß man es in dem tief ein-
geschnittenen Tal des Stiefernbaches nicht mehr antrifft.
Wohl im. Zusammenhang mit diesem Granitgneis stehen aber
Profil Seebingberg —Kamptal.
L = Löß, /// = Marmor,
;_/,v = Glimmerschiefer. a = Amphibolit,
5 = Schiefergneis, ,;• = Granitgneis.
die zahlreichen Adern von Pegmatit und Aplit, die im Stiefern-
tal zu beobachten sind. Unter dem Granitgneis liegt dann
Amphibolit und zwar anfänglich in einer Ausbildung, die an
den •Pfefferkorn«-Amphibolit von Schiltern erinnert. Weiter
im Liegenden trifft man braunen, quarzitischen Schiefergneis
abwechselnd mit plattigem, feinkörnigen Amphibolit (im Profil
schematisiert). Auch eine Lage von Marmor ist in dem
Amphibolit weiter östlich enthalten. Der Bahneinschnitt im
Kamptal ist schon im Schiefergneis des Liegenden angelegt.
Unter diesem folgt, wie Grundaushebungen bei Gottsdorf
gezeigt haben, Glimmerschiefer.
Zwischen Stieferntal und Plank schwankt das Streichen
des Amphibolits zwischen NNW und NNO bei einem normalen
220 A. Märchen.
Einfallen unter 30" gegen \Ve>:. Noch weiter nördlich biegt
dann das Streichen immer mehr gegen Ost. so daß man bei
den Preisen, die "• ^ hu südöstlich von der Mündung des
Üoppelbaches an der Kaniptalstraße anstehen, ein Streichen
nach NO beobachten kann. Der Fallwinkel ist sehr hoch und
beträgt bei 80° XVV. Ähnlich i-t die Lagerung auch bei
Maiersch (Str.: N 37° 0 und F.: O't' NW). Diese abweichende
Lagerung hängt damit zusammen, daß die krj'stallinen Schiefer
hier ein Satteljoch bilden, wie Hofrat Becke schon in seiner
Waldviertelarbeit ^ betonte. Jene Amphibolite, die im Süden
des Dorfes Maiersch an der Straße nach Plank anstehend
getroffen werden, sind in inniger Wechsellagerung mit Schiefer-
gneisen verknüpft, mit denen sie auch durch Übergänge
verbunden erscheinen.
B. Petrographischer TeiL
Der petrographische Charakter des Gabbro-Amphibolites
ist, besonders im südlichen Teil, ein ziemlich wechselnder.
In der Umgebung von Rehberg sind mehrere Aufschlüsse
vorhanden, die dies deutlich zeigen. Man findet hier in der
Mitte des Lagers Gesteine mit typisch flaseriger Textur; sie
treten in Form von Linsen auf, die von ebenplattigem Amphi-
bolit umflossen werden.
Gegen das Hangende und Liegende zu werden diese
Linsen immer seltener, sie erscheinen schmäler und lang-
gezogener, bis schließlich bloß ein Amphibolit mit eben-
plattiger Textur vorliegt (siehe Fig. l.p. 217). An der Grenze
gegen den Schiefergneis finden sich dann manchmal Varie-
täten, die durch ihren abweichenden Mineralbestand auffallen,
da Granat und Quarz oder Epidot und Quarz als Gemeng-
teile auftreten (siehe Fig. 4). Stoffaustausch mit dem Neben-
gestein (Schiefergneis) hat wohl ihre Entstehung verursacht.
Zu erwähnen wäre hier auch das Auftreten von Varietäten
mit deutlicher Lagentextur. Plagioklasreiche, licht gefärbte
Lagen wechseln mit amphibolreichen, dunklen Lagen ab, was
1 L. c. p. 396.
Der Gabbio- Am phibolitzug von Rehbei'g
221
■dem Gestein ein gebändertes Aussehen verleiht. In den lichten
Lagen kann man an Stelle der Hornblende dann manchmal
hellgefärbten Diopsid beobachten. Von großem Interesse ist
ein Gestein, das bei der Lederfabrik im untersten Kremstal
im Hangenden des normalen, ebenplattigen Amphibolits
anstehend gefunden wurde und neben monoklinem Amphibol
in größerer Menge auch rhombischen Amphibol enthält (Fig. 4).
Es ist bisher der einzige Vertreter derartiger Gesteine im
niederösterreichischen Waldviertel. Seine Entstehung ist aut
Fig. 4.
Aufschluß bei der Lederfabrik im Kremstal.
JL = Löß, ^,?' = Aplitgang,
vS" = Schotter, a^^ =^ normaler ebenplattiger Amphibolit,
.9 = Schiefergneis wechsellagernd a., = Anthophyllit- Amphibolit,
mit Amphibolit, . a^ = Epidot- und granatführender
Amphibolit.
eine etwas abweichende Zusammensetzung des ursprüng-
lichen Gesteins zurückzuführen. Es möge nun eine eingehendere
Beschreibung der einzelnen Varietäten folgen.
1. Flaseriger Gabbro-Amphibolit.
Im südlichen Teil des Amphibolitzuges bis in die Gegend
des Stiefernbaches finden sich typische Vertreter dieses Ge-
steins. Es ist mittel- bis grobkörnig und besitzt eine schwärz-
lich grüne Farbe. Der »Smaragditgabbro«, den F. Becke in
seiner Waldviertelarbeit ^ beschreibt, gehört hierher. Mit freiem
Auge kann man in dem Gestein als Hauptgemengteile 1 bis
3 an lange, faserig struierte Hornblenden und einzelne größere
Plagioklaskörner mit Zwillingsstreifung auf den Spaltflächen
1 L. c. p. 36i).
Sitzb. d. matbem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd.
16
222 A. Marchet,
erkennen. Die großen, knotenartig aus dem Gestein hervor-
ragenden Amphibole zeigen sehr häufig die Trennungsflächen
des Diallages, aus dem sie, wie die mikroskopische Unter-
suchung beweist, hervorgegangen sind. An den Enden lösen
sie sich in Büschel von kleinen Stengeln auf. Neben diesen
großen Amphibolen bemerkt man mit freiem Auge schon
kleine Säulchen von dunkelgrüner Hornblende, die in manchen
Proben regellos, manchmal aber mehr oder minder parallel
gelagert erscheinen.
Ähnlich ist auch das Auftreten der Plagioklase. Außer
den großen Individuen finden sich in wechselnder Menge
ziemdich feinkörnige Aggregate von Plagioklas, die in geringer
Menge kleine Hornblendesäulchen enthalten. Diese >'grano-
blastischen« Gemenge bilden wie die kleinen Säulchen von
Amphibol oft langgestreckte Kornflasern, die bald in ganz-
dünnen, bald wieder in dickeren, sich mannigfach verzwei-
genden Lagen zwischen die grobkörnigen Gemengteile ein-
dringen und sie umhüllen. Durch Zurücktreten dieser Korn-
fiasern entstehen Varietäten, die die Struktur eines Gabbros
noch sehr gut erhalten zeigen. Recht ähnliche Erscheinungen
beschrieb J.Lehmann an den Flasergabbros des sächsischen
Granulitgebirges, ^ wenn auch bei diesen Gesteinen kata-
klastische Phänomene viel stärker hervortreten.
Unter dem Mikroskop läßt sich erkennen, daß neben
Plagioklas und Amphibol noch monokliner Pyroxen auftritt
und zwar in zwei Generationen. Einmal findet sich Pyroxen
als Kern in den großen, faserig struierten Hornblenden, die
mit ihm parallel verwachsen erscheinen. Es liegen also, wie
Hofrat F. Becke schon in seiner Waldviertelarbeit- vermutet
hatte, jene homoaxen Pseudomorphosen von Amphibol nach
Pyroxen vor, die mit dem Namen Uralit bezeichnet werden.
Außer den Kernen von Pyroxen in den Uraliten trifft man
dann monokiinen Pyroxen noch als »typomorphen« Gemeng-
teil in Form kleiner Körner. Als Nebengemengteile finden sich
1 J. Lehmann, Untersuchungen über die Entstehung der altkrystallineii
Schiefergesteine. Bonn, 1884.
2 L. c. p. 360.
Der Gabbio- Amphibolitzug von Rehberg. 223
in dem Gestein dann noch Titanit, Erz und Apatit. Pathogene
Neubildungen sind Calcit und Epidot. Durcli Skapolithgehalt
zeichnen sich Gesteinsproben aus, die vom Dürnitzbüchel
stammen.
Charakteristik der einzelnen Gemengteile.
Plägioklas.
Die schon mit freiem Auge unterscheidbaren zwei
Generationen von Plägioklas zeigen auch im Dünnschliff
deutliche Unterschiede. Die großen Plagioklase sind reich an
Einschlüssen von Amphibol, Pyroxen und Apatit und er-
scheinen meist getrübt. Es sind Relikte des ursprünglichen
Gabbros. Das geht auch aus folgendem hervor: In manchen
hidividuen kann man komplizierte Zwillingsbildungen nach
Albit-, Periklin- und Karlsbadergesetz erkennen. Die bei der
Metamorphose entstandenen Plagioklase zeigen hingegen keine
Neigung zu komplizierten Zwillingsbildungen. Auch läßt sich
in den relikten Plagioklasen öfters die normale Zonenstruktur,
die für die Plagioklase der Erstarrungsgesteine typisch ist,
beobachten, indem der Kern anorthitreicher erscheint als die
Hülle.
Die Unterschiede im Anorthitgehalt sind hier allerdings
nicht so groß, als es gewöhnlich bei Erstarrungsgesteinen
der Fall .ist. Es fehlen basische Rekurrenzen, auch erscheinen,
die Grenzen zwischen Kern und Hülle nicht scharf, sondern
verwaschen. Dies läßt schließen, daß diese Plagioklase durch
jene Prozesse, welche die Bildung des krystallinen Schiefers
hervorriefen, doch auch beeinflußt wurden. Recht häufig kann
man an den relikten Plagioklasen Spuren von Kataklase wahr-
nehmen. Die Zwillingslamellen erscheinen' dann gebogen oder
geknickt, die Individuen löschen nicht gleichmäßig, sondern
fleckig ausj die Homogenität des Korns ist also gestört.
Buchtartig dringen dann Aggregate jener kleinen Plagioklase
in die relikten Feldspate ein, welche die zweite Generation
darstellen. Man trifft so alle Übergänge von ungestörten
Gabbroplagioklasen bis zu solchen, die sich bereits größten-
teils in ein granoblastisches Gemenge von kleinen neu-
i
'-24 A. Marchet,
gebildeten Plagioklaskörnein aufgelöst haben. Diese jüngeren
Plagioklase bilden Kornflasern, in deren Mitte die relikten
Plagioklase liegen. Häufig läßt sich an ihnen beobachten, daß
ihre Dimensionen gegen den Rand der Flasern hin abnehmen.
Die Größe der einzelnen Körner wird auch um so geringer,
je schmäler und längergestreckt die P'lasern sind. Schon aus
dem Vorigen geht hervor, daß diese zweite Plagioklas-
generation bei der Verschieferung des Gesteins entstanden ist.
Es sind »typomorphe« Gemengteile des Amphibolits. Auch
die einfacheren Zwillingsbildungen (Fehlen des Karlsbader-
gesetzes) und die öfters nachweisbare inverse Zonenstruktur
sprechen hierfür. Die Zonen sind bei gleicher Schnittlage
bald schärfer begrenzt, bald gehen sie ganz allmählich in ein-
ander über. Manchmal treten ähnlich den basischen Rekurrenzen
der Erstarrungsgestein-Plagioklase, hier sauere Rekurrenzen
auf, indem der albitreichere Kern zuerst von einer anorthit-
reicheren Hülle umschlossen wird, auf die wieder eine
sauerere Schichte folgt, die schließlich nach außen in eine
anorthitreichste Hülle übergeht. Eine Erscheinung wäre hier
noch zu erwähnen, die bei den granoblasti sehen Plagioklasen
manchmal zu beobachten ist. Die Körner enthalten ziemlich
scharf begrenzte, unregelmäßig gestaltete Kerne, die durch
höhere Lichtbrechung und andere Lage der Auslöschung aus-
gezeichnet sind. Eine Anreicherung von Einschlüssen ist in
diesen anorlhitreicheren Kernen hie und da zu sehen. Schein-
bar tritt also eine normale Zonenstruktur auf, die sich aber
von der normalen Zonenstruktur der Erstarrungsgestein-
Plagioklase dadurch unterscheidet, daß die Begrenzung dieser
Kerne ganz unregelmäßig ist, und daß manchmal auch
mehrere solcher Kerne in einem Korn vorhanden sind. Es
liegen also wohl Relikte der ursprünglichen Gabbroplagioklase
vor, die bei der Umkrystallisierung bis auf diese kleinen
Reste verarbeitet wurden (Taf. II, Fig. 4).
Der Gabhro-Ampliiboiitzug von Kchber
225
Die beiden Plagioklasgenerationen unterscheiden sich nach
in ihrer Zusammensetzung. Es geht dies aus den folgenden
Tabellen 1 hervor. (K. = Kern, H. =: Hülle).
Relikter Plagioklas.
Maseriger i . -,, , r.
t -u it i J_ ^I und P
^ i(a gegen M)
von r " ° '
%An
Auslüschungsschiefe
im Doppelzwilling
nach Xlbit- und o/oAn2
Karlsbadergesetz
(a' gegen M)
-Lr
(«'gegen M)
O/o An
Rehberg
Dürnitz-
büchel
Reithberi
K 30°
H 25-5'
K 26-5"
H 21-5°
30-
30-&°— 35
29°— 35-5°
K G5
H 43
K 45-50
H 35
56
36—63
54—65
Individuum 1 :
K 28°, H 25° K 59
Individuum 2':
K24-5°, H23° H 55
Individuum 1 :
30°— 34-5°
Individuum 2':
19°— 22°
56—64
23-5'
50=
52'
Der optische Charakter erscheint in Übereinstimmung mit
den obigen Beobachtungen immer positiv. Die Zusammen-
setzung des relikten Plagioklases ist also die eines Labradors,
der gegen den Rand zu manchmal in Andesin übergeht.
1 Zur Bestimmung wurden größtenteils die Tabellen von Hofrat Becke
(Zur Physiographie der Gemengteile der krystallinen Schiefer, Denkschr. d.
math.-naturw. Kl. d. Akad. d. Wiss. in Wien, 75, III. Teil) verwendet. Bei
den typomurphen Plagioklasen wurden in einigen Fällen (Schnitte _|_ zu einer
opt. Axe) die Diagramme von Michel Levy (Les feldspatb.s en plaque
mince 2eme fasc, PI. XIV, XV; Paris 1896) benutzt.
2 Nach unveröffentlichten empirischen Kurven von Hofrat F. Becke.
226
A. Marchet,
Typomorpher Plagioklas.
Flaseriger Gabbro-Amphibolit von Rehberg.
(a gegen M) ^
J_ M u. P
(y' gegen P)
o/o An
21-5°
35
29°
43
K 24°
H 21°
K 38
H 35
K29-5°
H 27°
K45
H38
23-5°
38
—
—
25-5°
43
—
—
17-5°
32
—
—
23°
37
—
—
_L «
(a' gegen M ;
'' ,-, An
I opt. Achse A
(AE: P)
0,0 An
K 21°
H 23-5'
K 35
H 38
24°
40
39
(..'sie'nP) '^oAn
_J_ opt. Achse A
(AE-.M)
o/o An
10° 40
65°
38
Der optische Charakter ist je nach der Zusammensetzung
entweder neutral oder positiv mit großem Winkel der
optischen Achsen.
Der Gabbro-Amphibolitzug von Kehben
227
Fla seriger Gabbro-Amphibolit vom Dürnitzbüchel.
±Mu. P ,,, ,
(u gegen M) \ '"
J_ M u. P
(t' gegen P)
OnAn
Winkel der Achsen-
ebenen im Ab-
Zwilling
o/o An
25-5°
K 26-5'
H 36°
K 26-5°
H 32°
K 25°
H 34 '5°
K 26°
Hl 30°
H.. 23°
o 35°
43
K 48
H 65
K 48
H 58
K 41
H 62
K 45
Hl 55
Ho 37
H.^ 63
K 29°
H 33-5'
K43
H 55
56'
/ - p, o/o An
(Y' gegen P) \ '^
Winkel der Achsen-
ebenen im Periklin-
Zwilling
K 36°
H 42°
K 55
H 60
55'
Der optische Charakter ist positiv.
% An
48
Fiaseriger Gabbro-Amphibolit vom Reithberg.
±M u. P
(«' gegen M)
% An
_L opt. Achse B , .
(AE-.M) I 0^"
I opt. Achse B
(A E : P)
o/o An
39°
78
56°
70
38°
75
6-5'
70
Der optische Charakter ist bald positiv (Labrador) bald
negativ (Bytownit). Damit steht im Einklang, daß eine
Bestimmung des mittleren Brechungsexponenten den Wert
1'56 ergab, was einem Anorthitgehalt von etwa 550/^^ An
entspricht.
Die tj^pomorphen Plagioklase unterscheiden sich von den
relikten Plagioklasen durch die großen Schwankungen in
'228 A. Marchet,
ihrer Zusammensetzung an verschiedenen Lokalitäten. In
Rehberg beobachtet man Andesin mit etwa 40% An, am
Dürnitzbüchel finden sich Labradore von mittlerem Anorthit-
gehalt, am Reithberg steigt der Anorthitgehalt bis zu dem
eines saueren Bytownits von 75% An. Interessant ist, daß
jene Varietäten, welche anorthitreicheren Plagioklas enthalten,
auch t3'pomorphen, neugebildeten Diopsid in größerer Menge
führen.
Amphibol.
Für den flaserigen Gabbro-Amphibolit ist das Auftreten
jener knotenartig aus dem Gestein hervorragenden großen
Uralite sehr charakteristisch, in deren Kern man manchmal
noch Reste \on Pyroxen findet (Taf. II, Fig. 1 und 2). Die
Verwachsung ist eine parallele, da die Lage der c- und
ö-Achsen in beiden iMineralen die gleiche ist. Ein Schnitt,
bei dem der Pyroxenkern parallel der optischen AE getroffen
ist, zeigt auch die Hornblende in gleicher Weise durch-
schnitten. Die Spaltrisse nach dem Prisma sind in solchen
Schnitten in beiden Mineralen parallel, die Mittellinien y
weichen in demselben Sinn von der c-Achse ab. In Schnitten
die im Pyroxenkern den Austritt der optischen Achse .4
zeigen, kann man in wenig verschiedener Lage auch die
optische Achse .4 der Hornblende beobachten. Krj^stallo-
graphische Begrenzung ist bloß in der Prismenzone ange-
deutet, während die Enden zerfasert erscheinen. Wenn der
Pyroxenkern verzwillingt ist (Zw. Eb. = 100), so ist auch
der Uralit nach dem gleichen Gesetz verzwillingt. Manchmal
kann man Zonenstruktur bei diesen Hornblenden beob-
achten, indem der Rand schwächere Doppelbrechung und
stärkere Eigenfärbung zeigt. Die Hülle ist also ejsenreicher.
Ein Unterschied in der Auslöschungsschiefe ist ebensowenig
wie eine Verschiedenheit des Winkels der optischen Achsen
in den beiden Zonen nachzuweisen. Die eisenreichere Außen-
zone der Uralite mag zum Teil durch Umwandlung des
ursprünglichen Titaneisens in Titanit entstanden sein, indem
das freigewordene Eisen von dem Amphibol aufgenommen
wurde. Man kann nämlich verfolgen, daß in der Umgebung
Der Gabbro-Amphibolilzug von Rehberg.
229
von Titanitkörnern die Hornblende tiefer gefärbt ist als sonst.
Nicht in allen Proben sind die Uralite so gut erhalten, daß
die ganzen Krystalle gleichmäßig auslöschen. Auch hier
kann man Erscheinungen der Kataklase verfolgen. Die
Uralite erschemen verbogen und aufgelöst in nicht mehr
genau parallele Amphibolstengel. Stellenweise dringt dann
auch Plagioklas ein, wodurch Andeutungen von Siebstruktur
entstehen.
Bei einer derartigen Ausbildung kann man dann meist
keine Spuren des ursprünglichen Pyroxens mehr erkennen.
Interessant ist das massenhafte Auftreten von Titanit in Form
feiner Einschlüsse in den gut erhaltenen Uraliten und ihren
Pyroxenkernen. Er hat seine Bildung wohl dem Ti- und Ca-
Gehalt des ursprünglichen Gabbrodiallages zu verdanken.
Häufig findet man größere und kleinere Stengel von Amphibol,
die die Uralite regellos durchsetzen. Auch neugebildete
Körner von Diopsid kann man manchmal in den Uraliten
regellos eingesprengt erkennen. Die optischen Eigen-
schaften des Uralites sind folgende:
AE I I 010; CY = 13V/; V-« im Kern 0-027, am Rand 0-025
2 Va =: 70° (der Schnitt zeigte a und A)
Optischer Charakter negativ.
Dispersion der opt. Achsen:
Achse A im Kern [j :> v um a (schwach i,
» » in der Hülle p > t; um oc (ziemlich stark),
» B [j :>- V um a (schwach).
Pleochroismus nach der internationalen Farbenskala von
!adde bei einer Dicke von 0-025 «/m:
Kern: a = 36 gelbgrüngrau v,
|i r= 37 grün grau /,
Y zzz 38 blaugrüngrau r,
Hülle: a z= 36 gelbgrüngrau u,
ß :::r 37 grüngrau r,
Y = 38 blaugrüngrau p.
Das Absorptionsschema ist demnach: y > ß >- a.
230 A. Marchet,
Neben den großen Uraliten finden sich in dem flaserigen
Amphibolit auch kleine nach der Prismenzone gestreckte
Säulchen von Amphibol. Je besser die Uralite erhalten sind,
desto mehr treten jene in ihrer Menge zurück. Auffallend ist
die Verschiedenheit in der Größe, je nachdem diese Amphibole
einzeln innerhalb der Plagioklasflasern auftreten, oder selbst
zu Kornflasern angereichert sind. Im ersteren Falle ist ihre
Größe gering, im zweiten Falle erreichen sie hingegen Längen
von 1 bis 3 inni. Krystallographische Begrenzung ist nur nach
dem Spaltprisma vorhanden. Die Zusammensetzung ist augen-
scheinlich in den verschiedenen Vorkommen Schwankungen
ausgesetzt. Dies deutet sich schon durch die verschiedene
Intensität der Färbung in gleich orientierten Schnitten an.
Man kann dabei die Beobachtung machen, daß solche Gesteins-
proben, die reicher an Hornblende sind, eine blassere Färbung
derselben zeigen. Es findet da also eine Anreicherung der
schwerer schmelzbaren, magnesiahältigen Komponenten statt.
Ähnliche Erscheinungen beschrieb F.-Becke an krystallinen
Schiefern aus den Zentralalpen. ^ Die phj^sikalischen Eigen-
schaften schwanken demgemäß etwas.
Eine blaß gefärbte Varietät vom Dürnitzbüchel ergab:
AE il 010; CY= 15 bis 15-5°; 7 — ^ = 0-027
2 F„ im Mittel 85° (da die Bestimmung aus der Hyperbel-
krümmung erfolgte, ist die Fehlergrenze hier recht bedeutend).
Spaltblättchen nach dem Prisma ergaben eine Aus-
löschungsschiefe von 13°. Mittels der Immersionsmethode
wurden an diesen die Brechungsexponenten bestimmt:
'/= 1-656, a'=i 1-641.
Dispersion der opt. Achsen:
Achse Ä: nicht bestimmbar,
» B: (j :> V um a (schwach).
1 F. Becke: Chemische Anal\-sen von krystallinen Gesteinen aus
der Zentralkette der Ostalpen. Denkschr. d. math.-naturvv. Kl. d. Akad. d.
Wiss. in Wien, 75, p. 215 11. t".
Der Gabbro-Amphibülitzug von Rchberg. 23 1
Pleochroismus bei einer Dicke von 0-027 mm:
rj. =: 36 gelbgrüngrau u,
ß =r 37 grüngrau r,
Y =: 38 blaugrüngrau ;'.
Absorptionsscliema: y ^ ß >- a.
Spezifisches Gewicht (nach der Suspensionsmethodp
bestimmt) 5 = 3* 15.
Eine stärlcer gefärbte Varietät von Rehberg zeigte:
c^{— 18°; Y-^- = 0-023,
2 Fa 70° bis 80°.
Dispersion der opt. Achsen:
Achse .4: p r> v um a (schwach),
" ^: p:>t^ um a (deutlich).
Pleochroismus bei einer Dicke von O'OZh mm:
a r^ 36 gelbgrüngrau /,
ß =: 37 grüngrau q,
Y =r 38 blaugrüngrau o.
Absorptionsschema: y >* ß >- ^••
Spezifisches Gewicht (wie oben bestimmt) =: 3 • 185.
Die blaß gefärbten Amphibole stehen ersichtlich dem
Aktinolith nahe, die dunkleren, eisenreicheren zeichnen sich
durch höheres spezifisches Gewicht, größere Auslöschungs-
schiefe auf 010, geringere Doppelbrechung und etwas kleineren
Winkel der optischen Achsen aus und stellen eine an
Tremolitsilikat reiche, gemeine, grüne Hornblende dar. Die
Dispersion der Achsen ist bei diesen etwas stärker. Bei keiner
der beiden Varietäten konnte eine Dispersion der Mittellinien
beobachtet werden. Ebenso wie bei den Uraliten kann man
auch bei diesen Amphibolen die Wahrnehmung machen, daß
in der Umgebung von Titanit die Färbung intensiver ist.
Pyroxen.
Als Kern in den Uraliten tritt, wie schon oben envähnt,
manchmal noch monokliner Pyroxen auf. Durch seine Färb-
232 A. Marchet,
•
losigkeit, höhere Licht- und Doppelbrechung und größere
Auslöschungsschiefe ist er leicht unterscheidbar. Er erscheint
immer von Einschlüssen erfüllt, die hauptsächlich aus Titanit
bestehen. Dieses Vorkommen des Titanits erweist, daß diese
Pyroxenreste nicht den ursprünglichen Pyroxen des Gabbros
darstellen, sondern auch schon Umwandlungsprodukte des-
selben sind. Im Verlauf der Metamorphose hat sich das Titan
des Gabbro-Diallages in Verbindung mit CaO und SiO., als
Titanit ausgeschieden. CaO und SiO., sind wohl bei der
Uralitisierung freige worden.
Krystallographische Begrenzung ist bei diesen Pyroxenen
keine mehr wahrzunehmen, da die Amphibolsubstanz längs
Spaltrissen und unregelmäßigen Sprüngen in den Pyroxen
eindringt, so daß dieser in einzelne Fetzen aufgelöst erscheint.
Ab und zu trifft man Zwillingsbildungen an, die dann auch
der umhüllende Amphibol besitzt. Sie folgen dem Gesetze
Zwillingsebene die Ouerfläche (100).
Die optischen Eigenschaften des relikten Pyroxens sind
folgende:
.4£|i010; cY=:40° bis 41°; y -a = 0-029-0-030
2 V'i — 58°.i
Mit Hilfe der bekannten optischen Orientierung des um-
hüllenden Uralites läßt sich der Achsenwinkel des Pyroxens
folgendermaßen berechnen :
Der Winkel zwischen Achse A des Pyroxens und Achse .4
des Amphibols wurde zu 4-5° bestimmt. Dabei liegt die
Achse A des Pyroxens zwischen der Achse A der Horn-
blende und a. Die Auslöschungsschiefen c; der beiden Minerale
sowie der Winkel der optischen Achsen des Uralites
(2 V'( = 180° -70° = 110°)
sind bekannt.
1 Die Bestimmung wurde an einem Schnitt vorgenommen, der die
Mittellinie y und hart am Rande des Gesichtsfeldes eine optische Achse
zeigte. Infolge dieser ungünstigen Lage der Achse ist die Messung nicht
genau.
Der Gabbro-Amphibolitzug von Roliberg.
233
Pj'roxcn
Amphibul
c-i
Vy
Winkel zwischen Achse .4 und c
Vy
2 V'(
41°
-
68
•5°-h4-5°
=
73°
7
3°
-41° =
= 31
)°
64°
13-5°
55°
68-5°
Der halbe AchsenwMnkel wurde mit 29° gemessen, die
Berechnung ergibt 32°. Die Differenz von 3° ist bei der
ungünstigen Lage des Schnittes, der zur Messung diente, als
innerhalb der Fehlergrenze liegend zu betrachten.
Dispersion der optischen Achsen:
Achse .4: ,o > v um y (deutlich;,
>■ B: (j :>- V um y (schwach;.
Mittelliniendispersion ist nicht zu beobachten. Nach
diesen optischen Eigenschaften hat der relikte Pyroxen die
Zusammensetzung eines Diopsids.
In wechselnder Menge trifft man im tlaserigen Amphibolit
i^uch kleine, einschlußfreie Körner von neugebildetem Pyroxen
\&n, bald als Einsprengunge innerhalb der Uralite und Plagio-
Iklase, bald in den Kornflasern, welche die typomorphen
jPlagioklase und die kleinen Amphibole bilden. Eine seltene
Art des Auftretens dieses Pyroxens, die Hofrat F. Becke
[schon in seiner Arbeit, die Gneisformation des nieder-
[österreichischen Waldviertels, erwähnt,^ ist die in mikro-
)egmatitischer Verwachsung mit Plagioklas. Die wurmförmig
'gekrümmten und gleich orientierten Stengel von Pyroxen
Uind nur in den typomorphen Plagioklasen anzutreffen,
[während die relikten Plagioklase zwar auch ab und zu
Pyroxen einschließen, doch in viel geringerer Menge und
[als unorientierte Körner.
1 L. c. p. 364.
234
A. M a r c h e t ,
Von Interesse ist das Auftreten des Pyroxens in einem
Streckungshof (Fig. 5). Ein größerer Uralitkrystall, der im
Innern noch Reste von Pyroxen zeigt, hat der einseitigen
Pressung (stress), durch welche die Umkr3^stanisation ver-
ursacht wurde, Widerstand geleistet. Die Folge davon war
eine Druckentlastung zu beiden Seiten des Krystalls. Hier
finden sich nun große, frisch aussehende Körner von Pyroxen^
Fig. 5.
Uralit mit seinem Strecivungshof. Zu beiden Seiten neugebildeter Pyroxen.
Vergr. 7 fach.
zum Teil in gleicher Orientierung wie die Pyroxenreste im
Uralit. Die Umwandlung des Pyroxens in Amphibol wird
durch Pressung begünstigt. Wo wie in den Winkeln des
Streckungshofes eine Druckentlastung stattfindet, entsteht
nicht Amphibol, sondern es wird Pyroxen gebildet, der, wie
in vorliegendem Fall, zum Teil mit dem Uralit parallel ver-
wächst. Durch das viel geringere Auftreten von Titanit-
einschlüssen unterscheidet er sich von dem Pyroxenkern des
Uralites. Neben dem Pyroxen findet sich in dem Streckungs-
hof noch invers struierter Plagioklas sowie große Titanit-
körner. Umhüllt wird dieser Streckungshof lidartig von einem
Amphibolsaum, auf diesen folgt ein Kranz von Plagioklas,
dann wieder ein solcher von Amphibol. Dabei passen sich
diese Säume nach außen immer mehr einer ziemlich deut-
lichen Schieferung des Gesteins an (Taf. II, Fig. 2).
Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg. 235
Schon erwähnt wurde, daß die Menge des neugebildeten
Pyroxens augenscheinlich in Zusammenhang mit dem Anorthit-
gehalt des typomorphen Plagioklases steht, da jene Proben
die kalkreicheren Feldspat enthalten, auch reicher an Pyroxen
sind, der gegenüber dem Amphibol ja auch durch höheren
Kalkgehalt ausgezeichnet ist.
Da der Pyroxen wie der anorthitreiche Plagioklas zu
den typomorphen Gemengteilen jener krystallinen Schiefer
gehört, die in der unteren Tiefenstufe gebildet wurden,^ so
ist das Auftreten von neugebildeten Pyroxen auch in dieser
Hinsicht von Interesse.
Einer krystallographischen Begrenzung entbehrt der neu-
gebildete Pyroxen vollkommen. Es sind rundlich begrenzte
Körner, die farblos oder ganz schwach grünlich gefärbt sind.
Pleochroismus ist nicht wahrzunehmen. Die Spaltbarkeit nach
(110) ist deutlich, daneben treten auch Risse auf, die einer
Trennung nach der Quer- und der Längsfläche entsprechen.
Der optische Charakter ist positiv.
.4£|!010; c'( = 4r- 'i — rj. — 0-029.
Auffallend gering ist der Winkel der optischen Achsen
2V'(=:z47-5° bis 53°. Achsendispersion:
Achse A: p >» f um 7 (deutlich),
» B: [j > V um 7 (sehr schwach).
Mittelliniendispersion wurde nicht beobachtet. Auch der
neugebildete Pyroxen gehört somit der Diopsidreihe an.
^. Titanit und Titaneisen.
^H Titanit ist in dem Gestein sehr verbreitet, meist in
- Anhäufungen von kleinen Körnern, die schmale Kornflasern
bilden, in deren Mitte ab und zu schwarzes, opakes Erz
auftritt, aus dem der Titanit hervorgegangen ist. Manchmal
sind diese Kornflasern zu langen Perlschnur ähnlichen Reihen
ausgequetscht. Seltener findet man größere, rundlich begrenzte
1 F. Decke: Über Mineralbestand und Struktur der krystallinischen
Schiefer. Denkschr. d. math.-naturw. Kl. d. Akad. d. Wiss. in Wien, 75,
1903, p. 33.
236 A. Marchet,
Titanitkörner. Das massenhafte Auftreten des Titanits als
Einschluß in den reükten Pyroxenen und in den Uraliten,
dessen Entstehung eine andere ist, wurde schon oben erwähnt.
Charakterisiert ist der Titanit durch seine hohe Licht- und
Doppelbrechung, deren Charakter positiv ist, den kleinen
Winkel der optischen Achsen, die eine starke Dispersion
fj >- V um Y erkennen lassen.
Das Erz, welches in den Kornfiasern manchmal auftritt,
zeigt metallischen Glanz. Krystallographische Begrenzung i.st
keine vorhanden. Der Titanit greift buchtartig in das Erz ein,
so daß dieses gelappte Umrisse erhält. Diese Erscheinung
erweist, daß Titaneisen vorliegt. Das bei der Umwandlung
frei werdende Eisen ist in den Amphibol gewandert, der zur
Titanitbildung nötige Kalk mag zum Teil aus dem Anorthit-
gehalt der Plagioklase stammen, zum Teil aber auch bei
der Uralitbildung frei geworden sein. Die Umwandlung in
Titanit ist hier keine Pseudomorphose, da die Form der
Titaneisenkürner nicht gewahrt blieb.
Apatit.
Er ist in dem Amphibolit recht selten. Man findet ihn
ab und zu in kleinen Säulchen als Einschluß in den Plagio-
klasen. Farblosigkeit, sehr geringe Doppelbrechung und
negativer Charakter der Hauptzone charakterisieren das
Mineral.
Skapolith.
In Gesteinsproben vom Dürnitzbüchel finden sich nest-
artige, granoblastische Aggregate von Skapolith, die durch
ihre starke Doppelbrechung auffallen. Das Mineral erscheint
frei von Einschlüssen. Eine krystallographische Begrenzung
fehlt den Körnern. Die Grenze zwischen Plagioklas und
Skapolith ist meist unscharf, da beide Minerale ganz fein
ineinander greifen. Häufig kann man bemerken, daß im
Plagioklas längs der Grenze gegen Skapolith kleine Körner
von Calcit angehäuft sind. Innerhalb der Skapolithnester
treten Körner von farblosem P3n-oxen und von Plagioklas auf.
Die Zusammensetzung des Plagioklases (55 bis 60% A") ist
Der Gabbro-Anipliiholit/.uy vnn Rehlierg.
237
iniuThalb und außerhalb der Skapolithnester die gleiche.
\'erschieden ist jedoch die Zwillingsbildung. Innerhalb der
Skapolithnester beobachtet man selten Zwillingslamellierung
und wenn Lamellen überhaupt vorhanden sind, so findet man
sie meist nur am Rande des Korns, wo sie rasch auskeilen.
Der vorliegende Skapolith zeigt folgende optische Eigen-
schaften: Gerade Auslöschung, negativer Charakter der Doppel-
.brechung. Y^a=:0'032, in einem anderen Schliff 0-036.
)ie Lichtbrechung übersteigt die des Piagioklases von 55 bis
60 7o Anorthit.
Nach dem Diagramm von Sundius^ schwankt somit
der Gehalt an Chlormarialith zwischen 10 und 20%. Aus der
i^anzen Art des Auftretens läßt sich erkennen, daß der
Skapolith durch Umkr3^stallisation aus Plagioklas entstanden
ist, also eine neuere Bildung darstellt.
Calcit.
In den relikten, sowie zwischen den granoblastischen
Plagioklasen ist manchmal als Zersetzungsprodukt Calcit
anzutreffen. Auch in die großen Uralite dringt das Mineral
längs Spaltrissen ein. Deutliche Zwillingslamellierung nach
(0lT2) ist fast immer zu erkennen. In den Plagioklasen, aus
denen er hervorgeht, sind die Formen des Calcits unregel-
mäßig lapp^'g und mannigfach verzweigt, während er in den
Uraliten nur als Ausfüllung von Sprüngen auftritt.
Epidöt.
In nicht mehr ganz frischen Partien des Gesteins findet
^sich, ebenfalls als pathogene Neubildung, hie und da Epidot.
)urch hohe Lichtbrechung und übernormale Interferenzfarben
[ist er leicht kenntlich. Wo er auftritt, erscheinen die Plagio-
tklase meist stark getrübt und zersetzt.
1 N. Sundius: Geologie des Kirunagebicts. IV. Beitrage zur Geologie
fides südlichen Teils des Kirunagebietes. Upsala, 1915. — VergleiclTC auch
p'L. M. Borg ström: Die chemische Zusammensetzung der Skapolithe, Zeitschr.
[f. lüyst., 54, 1915, p. 238 und A. Himmelbauer; Zur Kenntnis der
skapolithgruppe. Sitzber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Kl., 119,
[Abt. I, 1910, p. 115.
Sity.b. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 128. Bd.
17
238 A. .Marchet,
Der Epidot ist farblos durchsichtig, die Begrenzung der
Körner ganz unregelmäßig. In Schnitten parallel der optischen
Achsenebene beträgt die Auslöschungsschiefe (y : M) 25°, somit
ist der Winkel cy. gleich — V2° O"^ stumpfen <^ ß).
Y-a für blaues Licht (X = 0-48 ;xj = 0-014,
Y — a für rotes Licht (a = 0-64 »x) = 0- 010,
2 V ist nahe 90°. Der optische Charakter ist positiv. Die
Dispersion der optischen Achsen ist sehr stark [j <: r um -;.
Die optischen Eigenschaften erweisen, daß ein Klinozoisit
von ungefähr 6 Mol. Vo Eisenepidot vorliegt.^
Struktur des flaserigen Amphibolits.
Je nachdem die relikten Gemengteile stärker oder schwächer
hervortreten, ist die Struktur des Gesteins eine verschiedene.
In dem ersteren Falle ist die ursprüngliche hvpidiomorph-
körnige Gabbrostruktur noch erkennbar und durch krystallo-
blastische Neubildungen nur leicht verdeckt. Man hat ein
ausgezeichnetes Beispiel für die Palimpseststruk tur Seder-
holms vor sich. Nach der Nomenklatur von Hofrat Becke-
wäre diese .Struktur als blastograni ti sehe zu bezeichnen.
Die Textur ist bei solchen Varietäten massig bis grobflaserig.
In dem zweiten Fall treten die kr\'stalloblastischen Neu-
bildungen stärker hervor. Man findet dann in einem feiner-
körnigen Grundgewebe in größerer oder geringerer Zahl augen-
artig große Uralite, seltener große relikte Plagioklase. Die
Struktur ist krystalloblastisch mit pseudoporphyrischen Re-
likten. Die Flasertextur nähert sich dann immer mehr einer
schiefrigen Textur. Solche V^arietäten sind es, die Erschei-
nungen von Kataklase bei den Uraliten und relikten Plagio-
klasen erkennen lassen.
1 AI. Goldschlag: Über die optischen Eigenschaften der Epidote.
Tschermak's Min. Petr. Mitt., 34, p. 23 (1917).
2 V. Becke: Über Mineralbestand und .Struktur der krystallinisclien
Schiefer. Denkschr. d. math.-naturw. Kl. d. Akad. d. Wiss. in Wien. 7.^,
I. Teil, p. 48 (1903).
I
Der Gabbni-Amphib'tlitzug von Rehberg. 289
Spezifisches Gewicht.
Bei einigen mögliclist frisclien Proben wurde das spezi-
fische Gewicht mit der hydrostatischen Wage bestimmt.
Folgende Zahlen ^vurden gefunden:
Dünnflaserige Varietät mit wenig Relikten: S = 2*96
Flaserige Varietät/ reich an femischen Gemengteilen: o =: 2*992
Grobflaserige Varietät mit Palimpseststruktur:
reich an Plagioklas o = 2*90
reich an femischen Gemengteilen o = 2'97
Der flaserige Amphibolit ist also durch ein hohes spezi-
fisches Gewicht ausgezeichnet, das mit jenem der Gabbros
übereinstimmt.
k
2. Normaler ebenplattiger Gabbro-Amphibolit.
Wie schon oben erwähnt, finden sich die Linsen von
aserigem Amphibolit umgeben von schiefrigen Varietäten
hur im südlichen Teil des Gesteinszuges in der Mitte des
Lagers. Im Hangenden und Liegenden trifft man ausschließlich
ebenplattigen Amphibolit mit schiefriger Textur an. Dunkle,
schwärzlichgrüne Farbe zeichnet das scharfkantig brechende
Gestein im südlichen Teil aus. Weiter im Norden bei Plank
ist die Färbuhg meist eine lichtere, da das Gestein reicher
an salischen Gemengteilen wird. Die Struktur ist krystallo-
blastisch, Relikte fehlen oder treten wenigstens sehr zurück.
Nur ab und zu kann man im Süden in jenen Partien, die
mehr gegen die Alitte des Lagers zu liegen, noch Uralite
oder relikte Labradore beobachten. Bei reichlicherem Gehalt
an salischen Gemengteilen wird das Gestein feinkörniger,
seine Struktur nähert sich der granoblastischen. Häufig findet
man eine deutliche Anordnung .der Hornblenden nach einer
bestimmten Streckungsrichtung durch Parallelstellung der
c-Achsen. Manchmal wechseln hornblendereiche, dunkle Lagen
mit hornblendearmen lichteren Lagen ab, wodurch das Gestein
1 FJieses Gestein wurde analysiert fp. 259. Analyse l).
1' 10 A. .Marchct,
parallel gebändert erscheint. Auch hier sind die Amphibole
.in den hornblendereichen Lagen lichter gefärbt und größer.^
Mit dem wechselnden Gehalt des Gesteins an Plagioklas
schwankt natürlich das spezifische Gewicht, bleibt dabei aber
dem des flaserigen Amphibolits sehr ähnlich
Plagioklasreicher Amphibolit, Maiersch: & = 2-89,
Normaler Amphibolit, Lederfabrik, Kremstal: orr2-92,
Normaler Amphibolit, Rehberg: o=:2'95,
3 = 2- 97,
» » » 0 :=: 2 ■ 98,
Sehr amphib(ylreicher Amphibolit, Maiersch: 6 = 3*09.
Der Mineralbestand des normalen Gesteins ist, wenn
i"nan von dem Fehlen der Relikte absieht, ziemlich derselbe
wie der des flaserigen Amphibolites. Manche Vorkommnisse,
besonders im Norden des Zuges, sind durch Auftreten von
Quarz als Gesteinsgemengteil ausgezeichnet. Derartige Ge-
steine erscheinen immer feinkörnig.
Charakteristik der einzelnen Gemengteile.
Plagioklas.
Mehr oder minder gleichmäßig im Gestein verteilt, bildet
er kleine unregelmäßige Körner, die häufig Zwillingsbildungen
nach Albit- oder Periklingesetz oder nach beiden zugleich
zeigen. In manchen Lagen erscheint er stark angereichert,
wobei die Struktur des Gesteins feinkörniger und grano-
blastisch wird. Ziemlich häufig ist inverse Zonenstruktur zu
beobachten, der Unterschied zwischen Kern und Hülle ist
aber meist recht gering. Die Zusammensetzung des Minerales
schwankt zwischen saurem Andesin und Labrador. Die
folgende Übersicht führt die einzelnen Beobachtungen an.
1 Vergl. F. Becke: Denkschr. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. 75,
p. 215 f. und 223, 1912.
Der Gabbrn-AniphiboIitzuL^- von Rehberg.
Lederfabi'ik, Kremsttil:
241
_L M und /'
(ot' gegen M)
0/,, An
20°
34
K 13°
H 19°
34-5° 34-5'=
<«' gegen P)
41"
K 29
H 33
62
«/oAn
66
Opt. Charakter Ij negativ
positiv
Rehber«;-, gr. Steinbruch:
_L M und P
(«' gegen M)
K 34°
H 36°
32°
30°
32°
32°
K
H
h
29°
32-5°
15-5°
J- Y
(a' gegen P)
oo
32
% An
K Gl
H66
CS
üö
58
58
' 54
[59
31 j
o/o An
Opt. Charakter
positiv
negativ
Winkel d. AE
im Periklin-
zwilling
G3°
63°
61
Winkel d.
.1 /: im
Albit-
zwilling
54-5°
55°
0/,j An
Gl
%
An
57
56
Plank, Kamptal:
J_ «
(V' gegen P)
O/o An
Opt. Charakter
Winkel d..li:
im Periklin-
zwilling
23
o/o An
3U=
Im X'ergleich
mit lu und E
V. Quarz
"',.An
a. < O) a. <; E
ß < E I ß ^ ü>
22—30
negativ
Kamptal, ^l^hn südöstlich von der Mündung des
Doppelbaches:
Winkel der .1£
im Albitzwilling
o/o An
Opt, Charakter
K 17'
H25"
K 26
H 28
K 23=
H 17'
K 28
H 26
Im Vergleich
mit (o und E
von Quarz
^,0 A'i
22—30
negativ
'J42
A. Marchet.
_L M und P
ia.' gegen M)
ö'n An
17-5'
32
Maiersch:
{u gegen 3/)
0 .. An
K 17°
H 11-5'
K 31
H 28
15'
30
Winkel der
AE im Peri-
klinzwilling
f^n An
42'
32
Amphibol.
Der ebenplattige Amphibolit enthält selten und nur in
jenen Partien, die in der Nähe der Linsen vom flaserigen
Amphibolit liegen, große Uralite. Ihr ungleichmäßiges Aus-
löschen zeigt die Auflösung in nicht parallel gelagerte
Amphibolstengel an. Häufig findet man so reichlich Plagioklas
eingesprengt, daß Siebstruktur entsteht.
Die Hauptmasse der femischen Gemengteile bilden nach
der c-Achse meist gestreckte Säulchen von Amphibol, wie sie
ähnlich auch in dem flaserigen Amphibolit auftreten. Be-
grenzung durch das Spaltprisma kann man häufig beobachten.
Bei größerem Reichtum an Plagioklas oder Quarz nimmt die
Hornblende lappige^ gehackte Formen an. Ab und zu kann
man Zonarstruktur an der verschiedenen Stärke der Doppel-
brechung in den Amphibolen erkennen. Immer ist dann der
Kern stärker doppelbrechend, also reicher an Strahlstein-
silikat. Je nach der Zusammensetzung schwanken die opti-
schen Eigenschaften des Minerals. In jenem Gestein, dessen
Analyse auf p. 259 angeführt ist, ergab die optische Unter-
suchung des Amphibols Folgendes.
.-I^I'OIO: rY=14-5°'; Y-a = 0-023.
Optischer Charakter negativ; 2 T' sehr groß;
Dispersion der optischen Achsen:.
Achse .4 0 > v um a (sehr schwach),
» /) 0 > r um a (deutlich).
Pleochroismus bei einer Dicke von Ü-034 77/;;/:
7. = 31 neutralgrau /,
ß ^ 37 grüngrau r,
Y =r 38 blaugrüngrau q,
Absorptionsschema: y >- [^ >- ^•-
\
Der Gabbro-Amphil-olitzui;- von I^chberg. 243
Größerer Eisengehalt deutet sich durch intensivere Färbung
i^epaart mit stärkerem Pleochroismus an. Solche Amphibole
zeigen dann auch einen kleineren Winkel der optischen
Achsen und eine deutlichere Dispersion derselben. Doppel-
brechung und Auslöschungsschiefe auf 010 (c;) sind kleiner
bei höherem Eisengehalt. Der optische Charakter bleibt aber
immer negativ.
Pyroxen.
Relikte I\vroxene fehlen in dem Gestein völlig, hingegen
tritt so wie in dem flaserigen Amphibolit manchmal typo-
morpher P^n-oxen in kleinen, farblosen bis schwach grünlich
gefärbten Körnern auf, denen jede krystallographische Be-
grenzung fehlt. In Lagen, die reich sind an Plagioklas, findet
sich manchmal Pyroxen in größerer Menge und vertritt hier
zum Teil die Hornblende. So wie diese erscheint er in
solchen Fällen intensiver gefärbt. In den optischen Eigen-
schaften ist kein Unterschied zwischen den typomorphen
Pvroxenen des flaserigen und des ebenplattigen Amphibolits
zu bemerken. Es liegt auch hier ein Pjn'oxen der Diopsid-
reihe vor.
Quarz.
In plagioklasreichen und ziemlich feinkörnigen Gesteins-
varietäten kann man manchmal neben Plagioklas auch Quarz
als farblosen Gemengteil erkennen. In einzelnen, dünnen
Lagen erscheint er ab und zu stärker angereichert. Bei der
Ledeifabrik in Kremstal, besonders aber in der Gegend von
Plank treten solche Amphibolite auf.
Die Quarzkörner zeigen unregelmäßige, rundliche Formen
und treten in ihrer Größe gegen die Plagioklase meist zurück.
Häufig trifft man Einschlüsse in dem Mineral an. Amphibol,
selten auch idiomorphe Säulchen von Apatit, dann Flüssig-
keiten und Gase kann man als solche beobachten. Undulöse
Auslöschung ist ziemlich selten und macht sich nur in jenen
Lagen stärker bemerkbar, wo der Quarz angereichert er-
scheint und eine etwas bedeutendere Größe erreicht.
244 A. .Marchct.
Glimmer,
Von Interesse ist das Auftreten von Biotit in solchen»
Amphibolitvorkommen, welche stark pegmatitisch und aplitisch
durchadert sind. Von F. Reinhold^ wurde diese Erscheinung-
beschrieben. Er führt sie auf eine Einwirkung der aplitischen
und pegmatitisch en Injektionen auf die im Kontakt stehenden
Amphibolite zurück. Derartigen \'erhältnissen begegnet man
z. H. bei dem Amphibolitvorkommen im Kamptal zirka 74 km
südöstlich von der Mündung des Doppelbaches. Die deutlich
erkennbaren, parallel der Schieferung liegenden l^egmatit- und
Aplitadern sind immer von einer sehr biotitreichen Amphibolit-
zone begleitet. Der Biotit zeigt sehr starken Pleochroismus
mit Y zzr 33 Braun / und a = 7 Gelb r bei einer Dicke von
0*039 //////. Parallele Verwachsung mit Amphibol ist selten.
Meist dringt der Biotit zwischen die einzelnen Amphibol-
stengel ein und umhüllt diese. Infolge seiner der Schieferung
ziemlich parallelen Lage läßt sich das Gestein sehr leicht in
dünne Platten spalten.
Außer den deutlichen Injektionen ist an derselben
Lokalität noch eine stärkere Bänderung des Gesteins zu
beobachten, die dadurch entsteht, daß lagenweise die femi-
schen Gemengteile sehr zurücktreten. Auch hier tritt Biotit
auf VV^oUte man diese Bänderung auch auf Injektionen
zurückführen, so müßte man zweierlei Injektionen unter-
scheiden, jüngere, die durch ihre Struktur noch deutlich
erkennbar sind und ältere, nur durch Zurücktreten der femi-
schen Gemengteile ausgezeichnet, die ohne strukturelle Unter-
schiede innig mit dem Nebengestein verbunden erscheinen
und vor oder spätestens während der Verschieferung injiziert
wurden. Ebensogut ist aber diese Bänderung auch auf eine
ursprüngliche Wechsellagerung zurückzuführen. Welcher Ent-
stehung also hier der Biotit ist, kann nicht entschieden
werden.
1 F. Reinhold: Pegmatit- und Aplitadern aus den Liegendschiefern
des Gföhler Zentralgneises im niederösterreichischen Waldviei'tel. Tschermak's
Min. Petr. Mitt., 29, p. 43 (1910).
Der Gabbro-AmphibuIil/.ug von Rehberg. 24o
Nebengemengteile.
In sehr wechselnder Menge trifft man in dem normalen
Amphibolit schwarzes, metallglänzendes Erz an. Die Aus-
bildung der Körner ist eine \-erschiedene; bald findet man
Krystallform (Oktaeder) angedeutet, bald erscheint die Be-
grenzung ganz unregelmäßig. Aus Gesteinspulver lassen sich
manchmal Erzkörner mittels eines Magneten isolieren. Dies
und die oktaedrische Form beweisen, daß Magnetit vorh'egt.
Andere Erzkörner sind nicht magnetisch, es fehlt ihnen
deutliche Krystallform. Wie Hofrat F. Becke nachwies^ wird
dieses Mineral durch Salzsäure nur schwer angegriffen und
enthält eine erhebliche Menge von Titansäure. Diese Erz-
körner sind also Titan eisen. Wie bei dem flaserigen
Amphibolit kann man manchmal Anhäufungen von Titanit-
.körnern um Titaneisen wahrnehmen. In einem Schliffe einer
[.Gesteinsprobe von Rehberg ließ sich beobachten, daß auf
las Titaneisen erst eine schmale Zone von verschieden
gelagerten Körnern von Rutil folgt, die dann von einer
Schichte von Titanitkörnern umhüllt wird. Häufig findet man
Titanit in einzelnen rundlichen Körnern im Gestein verstreut.
In manchen, meist titaneisenreichen \'arietäten fehlt Titanit
völlig.
Kiese treten in dem Gestein spärlich auf. Meist sind es
kleine Körner von P3M-it, die häufig von Magnetit umwachsen
erscheinen. Krystallformen sind selten zu beobachten, doch
ließ sich in einer Probe aus Rehberg eine Kombination von
Pentagondodekaeder und Würfel erkennen. Neben Pyrit ist
in noch geringerer Menge ab und zu auch Magnetkies in
kleinen, unregelmäßigen Körnern anzutreffen, der sich durch
seinen Magnetismus und die Löslichkeit in Salzsäure von
Pyrit unterscheiden läßt.
Neubildungen.
So wie in dem flaserigen Amphibolit trifft man auch in
dem ebenplattigen Gestein Calcit als pathogene Neubildung
1 F. Becke: Die Gneistbrmation des niederösterreichisclien Wald-
viertels. Tscliermak's .Min. Petr. Mitt., 4, p. 308 (1SS2).
246 A. Marchet
zwischen den Plagioklasen an. Auch ein farbloses Mineral
der Glimmergruppe ist als Umwandlungsprodukt der Plagio-
klase manchmal zu beobachten. Es fällt durch seine hohe
Doppelbrechung (7 — 7.=: 0-032) auf, erscheint optisch ein-
achsig und löscht in Schnitten parallel zur optischen Achse
gerade aus, wobei 7. senkrecht zu den Spaltrissen nach 001
liegt. Der Brechungsexponent 7 ist höher als 1-564 (mittlerer
Brechungsexponent des Labradors von 65 "/o -■^n)? 'y- hingegen
niedriger. Von F. Reinhold ^ wurde bereits die Umwandlung
von Biotit in ein Chloritmineral erwähnt. Gleichzeitig mit
dieser Umwandlung bildet sich aus dem Titangehalt des
Biotits Titanit, der in kleinen, gelblichen Körnern in den Spalt-
rissen des Chlorits auftritt.
3. Anthophyllil-Amphibolit.
Bei der Lederfabrik im Kremstal ist innerhalb des normalen,
ebenplattigen Amphibolits eine etwa 2 /// mächtige langge-
streckte Linse eines graugrünen Amphibolits aufgeschlossen,
zu dessen Hauptgemengteilen rhombischer Amphibol gehört.
Die vStruktur des Gesteins ist krystalloblastisch, die Textur
eine schiefrige, w^obei durch annähernde Parallelstellung der
Anthoph3^11itstengel eine Streckungsrichtung angedeutet wird.
Neben Anthoph^^llit enthält das Gestein dann noch reichlich
sauren Plagiokias, in sehr wechselnder Menge findet sich
monokliner Amphibol. Nebengemengteile sind Magneteisen und
Magnetkies. Sehr häufig erscheint der Anthophyllit in Chlorit
umgewandelt, so daß in stärker angegriffenen Proben keine
Spur des Anthophyllits mehr vorhanden ist. Aus Chlorit
bestehen auch die hellgrünen Überzüge, die auf Kluft- und
Schieferungsflächen hervortreten. Eine Neubildung sind auch
die zahlreichen, feinen Quarzadern, die das Gestein senkrecht
zur Schieferung durchsetzen. Schon aus dieser Mineral-
gesellschaft kann man auf einen geringen Gehalt des Gesteins
an CaO schließen, was durch die chemische Analyse bestätigt
1 F. Reinhold: Pegmatit- und Aplitadern aus den Liegendschiefem
des (iföhler Zentralgneises im niederösterreichischen Waldviertcl. Tschermak's
-Min. Petr. .Mitt., 2li, p. I03 (191<i;.
I
Der Gabbro-Amphibolitzug- von Relibei'g. 247
wird. ^ Unter den Tiefengesteinen der Gabbroreihe entspricht
dieser chemischen Zusammensetzung am ehesten ein Norit,
so daß die Annahme berechtigt erscheint, daß der Antho-
phyllit-Amphibolit aus einer noritartigen Fazies der ursprüng-
lichen Gabbromasse liervorgegangen ist. Das spezifische
Gewicht des Gesteins ist verhältnismäßig niedrig: 2* 70. Der
Reichtum an Plagioklas, die Neubildungen von Chlorit und
die zahlreichen Ouarzadern äußern hier ihren Einfluß.
Charakteri.stik der einzelnen Gemengteile.
Plagioklas.
Die einzelnen Plagioklaskörner haben eine gleichmäßig
geringe Größe und zeigen ganz unregelmäßige Formen ohne
jeder krj'stallographischen Begrenzung. Sie bilden ein grano-
blastisches Aggregat, in dem Stengel von Anthophjdlit ein-
l, gebettet liegen. Zonarstruktur ist nicht zu bemerken. Ver-
zwilligung kommt sowohl nach dem Albit- als auch nach
dem Periklingesetz vor, doch ist es selten der Fall, daß
beide Arten der Zwillingsbildung in einem Korn zu beob-
achten sind.
Der optische Charakter ist positiv.
Im Schnitt _L M und F beträgt die Auslöschung
(a' gegen M): — 8° entsprechend 13% An.
Der Winkel der optischen Achsenebenen wurde bestimmt:
im AlbitzWilling zu 12i/.,° (15V/'/oAn),
im Periklinzwilling zu ij\',° (141'.,% An).
Der Winkel der ungleichen optischen Achsen beträgt:
im Albitzwilling (A : B^) 8° 40' (löVoVo^n)^
im Periklinzwilling (A : Bz) 4° 20' ri5%An).
Die Brechungsexponenten des Plagioklases sind niedriger
als die des Quarzes (0 bis 10 7o -"^n,'-
1 Siehe Anah'se auf p. 209.
248 A. Marchet,
Alle diese optischen Eigenschaften weisen darauf hin.
daß Oligoklas-Albi t vorliegt mit einem Anorthitgehalt von 13
bis 167,,.
Anthophyllit.
Derselbe bildet nach der c-Achse gestreckte, stengelige
oder blätterige hndividuen, die bloß in der Prismenzone kry-
stallographisch begrenzt erscheinen und durch die gerade
Auslöschung kenntlich sind. Wie schon erwähnt, findet man
sehr häufig Umwandlung in Chlorit. Manchmal sieht man
schmale Lamellen von monoklinem Amphibol parallel den
Spaltrissen nach dem Prisma eingeschaltet; die c-Achse beider
Mineralien ist also gemeinsam. Querabsonderung gegen die
c-Achse kann man häufig beobachten.
Der optische Charakter ist positiv, der Winkel der
optischen Achsen groß. Die Dispersion derselben ist sehr
schwach p <. v um •;. Die Schwingungsrichtung -; liegt parallel
den Spaltrissen nach dem Prisma, fällt also mit der {:-Achse
zusammen. Die Doppelbrechung y — a beträgt 0*01 7.
Pleochroismus bei einer Dicke von 0*023 //////:
7. := 7 gelb V,
ß = 31 neutralgrau r,
7 =: 38 blaugrüngrau q.
Absorptionsschema: y ^ ß > a.
Spaltblättchen nach dem Prisma zeigen gerade Aus-
löschung mit y' parallel den Spaltrissen und geben ein
monosymmetrisches Interferenzbild mit seitlichem Austritt der
Mittellinie a (der antidrome Mittelbalken geht durch den
Mittelpunkt des Gesichtsfeldes).
Monokliner Amphibol.
Gegenüber dem Anthophyllit tritt monokliner Amphibol
in der Menge zurück. Seine Formen sind dieselben wie die
des Anthophyllits, nur sind die einzelnen Stengel viel kleiner.
Durch höhere Doppelbrechung und schiefe Auslöschung ist
der monokline Amphibol leicht von dem rhombischen zu
unterscheiden. Die Färbung ist ganz blaß, der Pleochroismus
Der Gabbfii-Ampliiboluzug von Reliberg. 240
daher sehr schwach. Es liegt also jedenfalls eine recht eisen-
arme Hornblende vor. In Übereinstimmung damit ist auch
der große Winkel der optischen Achsen.
Magnetkies, Magnetit und Titaneisen.
In dem Gestein finden sich zahlreiche feinere und gröbere,
opake Körner. Die letzteren erweisen sich als Magnetkies,
der häufig mit Magnetit in der Weise verwachsen erscheint,
daß der Magnetkies den Kern, der Magnetit die Hülle bildet.
Sehr verbreitet ist die Umwandlung beider in tief rotbraun
durchscheinenden Hämatit. Die feineren Körner zeigen manch-
mal Oktaederform und bestehen aus Magnetit. Durch Auf-
lösen in Salzsäure kann man erkennen, daß der Magnetit
von parallel den Oktaederflächen angeordneten Lamellen von
Titaneisen durchsetzt ist, die von Salzsäure nicht angegriffen
werden.
Neubildungen.
Als Umwandlungsprodukt des Anthophyllits tritt sehr
häufig ein Chloritmineral auf, das auch feine Klüfte im
Gestein ausfüllt. Der monokline Amphibol ist gegen die
Chloritisierung widerstandsfähiger, erscheint in stark zersetzten
Partien aber auch angegriffen. Daß bei der Bildung des
Chlorits auch Plagioklassubstanz verbraucht wird, erweist das
häufige, lappige Eindringen des Chlorits in den Feldspat, der
dann getrübt und von Einschlüssen erfüllt erscheint. Die
Doppelbrechung des Minerals ist sehr gering. Dunkle, ab-
normale Interferenzfarben (ledergelb) sind manchmal zu beob-
achten. Der optische Charakter ist positiv, der Winkel der
optischen Achsen nahezu 0 Grad. Sehr deutlich ist der Pleo-
chroismus, wobei der Schwingung a' hellgrüne, der Schwingung^'
sehr blaß gelbe Farbentöne entsprechen.
Ebenfalls als Neubildung finden sich dünne Adern von
Quarz in dem Gestein. Ihre Entstehung mag mit der Chloriti-
sierung zusammenhängen, da bei dieser Kieselsäure frei wird.
Der Quarz bildet langgestreckte, ziemlich große Individuen,
die die Ader in ihrer ganzen Breite erfüllen und unresrel-
250 A. Marchet,
mäßig aneinander grenzen. Irgendeine gesetzmäßige Lagerung
des Quarzes kann nicht beobachtet werden. Häufig sind
Flüssigkeits- und Gaseinschlüsse in dem Mineral. Kataklastische
Phänomene fehlen vollkommen. Dies und dann der Umstand,
daß man im Quarz Chlorit in jener Ausbildung eingeschlossen
findet, die den Geldrollen ähnelt, beweisen das geringe Alter
dieser Adern. Um so merkwürdiger ist die Beobachtung, daß
häufig in den Quarz feine Nadeln von monoklinem Amphibol,
aber auch von Anthophyllit, oft zu Büscheln vereint, ein-
dringen, die sich als Fortwachsungen aus dem angrenzenden
Gestein erweisen.
4. Epidot- und granatführende Amphibolite.
An der Grenze des Amphibolitlagers gegen den Schiefer-
gneis trifft man bei der Lederfabrik im Kremstal und östlich
von Thürneustift Amphibolite an, die einen von den vorigen
Varietäten abweichenden Mineralbestand besitzen. Dunkle,
granatführende und lichtgrüne, epidotreiche Amphibolite treten
hier auf. Bald wechseln die beiden in ganz dünnen Lagen
miteinander ab, bald bilden sie Bänke von größerer Mächtig-
keit. Immer ist auch Quarz in den Gesteinen vorhanden.
Interessant ist, daß der Plagioklas stets durch sehr hohen
Anorthitgehalt ausgezeichnet ist.
In den epidothältigen Lagen tritt Amphibol sowie Plagio-
klas gegenüber dem Epidot meist stark zurück. Dies äußert
sich auch in dem hohen spezifischen Gewicht des Gesteins,
das dem des Epidots nahekommt. Eine vorherrschend aus
Epidot bestehende Probe ergab .s^i=3'205. Die Amphibole
haben geringe Größe und erscheinen dunkelgefärbt mit starkem
Trichroismus, sie sind also reich an Eisen. In den granat-
führenden Partien ist die Hornblende hingegen meist ange-
reichert und hat dann etwas blassere Farben, die einzelnen
Individuen besitzen eine bedeutendere Größe. ]Man kann also
auch hier die Regel verfolgen, daß in Lagen, die reicher sind
an femischen Gemengteilen, die Amphibole einen geringeren
Eisengehalt besitzen. Das spezifische Gewicht des granat-
hältigen Amphibolits stimmt überein mit dem von hörn-
Der Gabbrd-. Vmphibülitzug von Rehbeig.
251
blendereichem, normalem Amphibolit. An einem Gestein aus
dem Steinbruch bei der Lederfabrik wurde .9 = 3 "05 bestimmt.
Neben den erwähnten Mineralen findet sich dann in
beiden Arten hie und da auch diopsidischer Pyroxen. Nicht
selten tritt Biotit in dünnen Zwischenlagen auf den Schie-
ferungsflächen auf. Als Nebengemengteile beobachtet man
wieder Titanit, Erze und Kies.
tWie der normale Amphibolit und der Anthophyllit-
Amphibolit sind auch diese Gesteine typische Beispiele für
Krystallisationsschieferung, die durch die mehr oder minder
parallele Lagerung der Amphibole deutlich hervortritt. Die
Struktur der granathältigen Lagen ist häufig porphyroblastisch,
da die Granatkörner an Größe die übrigen Gemengteile über-
treffen. Die epidotführenden Lagen sind durch geringere Korn-
größe ausgezeichnet, alle Gemengteile haben ungefähr gleiche
Dimensionen. Die Struktur wird granoblastisch (Taf. II, Fig. 3).
Charakteristik der einzelnen Gemens^teile.
Plagioklas.
Sowohl in dem epidothältigcn, als auch in dem granat-
führenden Amphibolit ist der Plagioklasgehalt meist recht
gering. Die Bildung des Epidots auf Kosten des Plagioklases
und der femische Charakter der granathältigen Partien sind
die Ursache. Zwillingsbildungen nach Periklin- oder Albit-
gesetz sind ziemlich häufig, besonders erstere. Es wurde
schon erwähnt, daß der .Anorthitgehalt immer sehr hoch ist.
Die folgenden Beobachtungen sollen dies beweisen:
Optischer Charakter negativ,
Brechungsexponent a >» s des Quarzes.
B y t o w n i t - A n o r t h i t .
Schnitt J_ opt. Achse .4:
AE:P 66-5° 73°
73° 66°
69°
'J,0 An
88
95
96
95
88
90
252 A. Murchet,
Schnitt _L V, v! gegen /-*: — 58°, dies entspricht 84 "/o An.
Schnitt _L .1/ und I\ a' gegen M\ 41 7-2°, somit 87% An.
Die Größe der Plagioklaskörner ist gering. Sie zeigen
unregelmäßige, abgerundete Formen. Häufig greifen sie bucht-
artig in die übrigen Gemengteile ein. Als Zersetzungsprodukte
des Minerals treten Calcit und farbloser Glimmer wie im
normalen Amphibolit in Form unregelmäßig gestalteter Ein-
schlüsse auf.
Amphibol.
Die Amphibule sind in diesen Grenzpartien des Amphiboht-
zuges recht intensiv gefärbt. Die Formen der einzelnen
Individuen sind die gleichen wie in dem normalen Gestein.
Je reichlicher sie auftreten, desto bedeutendere Größe erreichen
sie und desto mehr zeigen sie Neigung zu krystallographischer
Begrenzung durch das Spaltprismti. Zonarstruktur ist an der
verschieden starken Doppelbrechung auch hier manchmal zu
erkennen. Der Kern erscheint dann immer stärker doppel-
brechend, also reicher an Stahlsteinsilikat. Mit der chemischen
Zusammensetzung schwanken natürlich aucli die physikalischen
Eigenschaften des Minerals.
An Amphibol aus einer granatführenden Lage wurde
beobachtet:
AE II 010; c'[— 14°; 7 — ar= 0-024,
Optischer Charakter negativ; 2V groß.
Dispersion der optischen Achsen:
Achse A\ p >- 1' um a (schwach),
» B: p > V um 7. (stark).
In Spaltblättchen nach dem Prisma wurden die Brechungs-
exponenten nach der Immersionsmethode bestimmt: 7'= 1-670,
a'=: 1-652. Pleochroismus bei einer Dicke von 0' 032 min:
a = 36 gelbgrüngrau ti,
ß r= 37 grüngrau p,
Y r= 38 blaugrüngrau 0,
Absorptionsschema: y ^ ß > a.
Der (labhro-AmpIübolitzu^- vnn Rehberg. 2o3
Spezifisches Gewicht ("nach der Schwebemelhode):
Eine eisenreichere X'arietät aus einer epidotreichen Lage
zeigte :
.4£:|!010; CY=i:V5°; -.'-a = 0-02'2.
Optischer Charakter negativ; 2 F zirka 60° (Bestimmung
nach der Hyperbelkrümmung;.
Dispersion der optischen Achsen:
Achse A: [j >- f um a (stark),
» B: [j r> V um 7. (schwach).
Brechungsexponenten in Spaltblättchen nach dem Prisma:
i — 1-672, ^! - 1 -658.
Pleochroismus bei einer Dicke von 0-026 7//7/;:
7. = 36 gelbgrün grau /,
ß =r 36 gelbgrüngrau /,
Y ■=. 38 blaugrüngrau ;/,
Absorptionsschema- 7 > ß ^> %
Spezifisches (iewicht = 3-21.
Aus diesen Beobachtungen läßt sich deutUch erkennen,
laß größerer Eisengehalt eine Verminderung der Doppel-
*brechung, des Achsenvvinkels und der Auslöschungsschiefe
auf 010, eine Erhöhung des spezifischen Gewichtes und
ferner der Brechungsexponenten in Spaltblättchen nach dem
Visma zur Folge hat. Eisenärmere Amphibole haben die
ichse B, eisenreichere die Achse A stärker dispergiert.
Pyroxen.
In einzelnen Lagen sowohl der epidotführenden als auch
tder granatführenden Amphibolite tritt in gleicher Weise wie im
[normalen Gestein diopsidischer Pyroxen als Nebengemeng-
peil auf. Häufig erscheint er schwach grünlich gefärbt. Pleo-
:hroismus ist nicht zu beobachten. Daß der Pyroxen früher
gebildet wurde als der Epidot, kann man daran erkennen,
Sitzb. d. niathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd. 18
254 A. Marchet,
daß bei der Epidotbildung auch l^yroxen angegriffen wird.
Die Pyroxenkörner erscheinen dann getrübt.
Epidot.
In den epidothältigen Amphiboliten erscheinen Plagioklas
und Hornblende mehr oder minder stark durch Epidot ver-
drängt. Daß diese Bildung jüngeren Datums ist, kann man
daran erkennen, daß sowohl Plagioklas als auch Amphibol
und eventuell Pyroxen kein frisches Aussehen besitzen. Der
Epidot dringt längs Rissen und buchtartig in die genannten
Minerale ein. Diese Erscheinungen erweisen, daß der Epidot
sich auf Kosten des Piagioklases und der Hornblende manch-
mal auch des Pjn-oxens bildete. Als Nebenprodukte bei dieser
Epidotisierung scheinen auch Quarz und Calcit zu entstehen,
da diese den Epidotlagen niemals fehlen.
Die Begrenzung der einzelnen Epidotkörner ist meist
eine unregelmäßige. Sie bilden ein granoblastisches Aggregat.
Wenn krystallographische Begrenzung auftritt, so ist es die
Fläche der vollkommenen Spaltbarkeit M (001), eine bei den
Gemengteilen der kr\-stallinen Schiefer sehr häufige Er-
scheinung. Ab und zu findet man einfache Zwillinge nach
(100). Häufig ist Zonarstruktur zu beobachten; immer ist der
Kern dann stärker doppelbrechend, also reicher an Eisen-
epidot.
Die optischen Eigenschaften sind nur geringen Schwan-
kungen ausgesetzt, die durch größeren oder geringeren Eisen-
gehalt hervorgerufen werden. Im Dünnschliff erscheint das
Mineral fast farblos mit einem Stich in gelblichgrau. Pleo-
chroismus ist nicht zu beobachten. Die Ebene der optischen
Achsen liegt parallel der Symmetrieebene. Achsenbilder zeigen
daher immer die Achsenebene normal auf die Spaltrisse. Der
Charakter der Doppelbrechung ist negativ. Die Auslöschungs-
schiefe Cd. beträgt 1 bis 1^4° im spitzen Winkel ß.
Y— a für rotes Licht (X = 0-625 (a) = 0*024,
Y — a für blaues Licht (X = 0 • 445 u.) = 0 • 030.
In einem anderen Schliff wurde gemessen:-
v-a für weißes Licht = 0-028.
Der Gabbi-u-Aniphibolitzug von Rehberg. 2oo
Der Winkel der optischen Achsen ist groß.
Die Dispersion der optischen Achsen ist deutlich und
zwar :
Achse A: rj -< v um a,
» B: [j :^ V um a.
Alle diese optischen Eigenschaften lassen übereinstimmend
erkennen, daß ein Epidot von etwa 20 Mol. % Eisenepidot
vorliegt. ^
Granat.
Auf angewitterten Schichtflächen des granatführenden
Amphibolits tritt der Granat deutlich hervor. Die Körner
haben eine rosenrote Farbe und erreichen eine Größe bis
zu y., cm. An derartigen größeren Krystallen kann man mit
freiem Auge manchmal Rhombendodekaederform erkennen.
Im DünnschlilT haben diese Porphyroblasten eine blaßrötliche
Färbung und erscheinen vollkommen isotrop. Spaltrisse nach
(110) sind in den Krystallen selten zu erkennen, dagegen
wird das Mineral häufig von parallelen Rissen durchsetzt,
die in verschiedenen Körnern desselben Schliffes die gleiche
f.age haben und ungefähr senkt echt auf die Schieferung des
Gesteins stehen. Dazu kommt noch ein zweites System
kürzeixr Risse, welche die vorigen unter imgefähr 90°
schneiden. Diese Erscheinung ist wohl durch mechanische
Beanspruchung des Gesteins entstanden.
Die Granatkörner sind in dem Gestein nicht regellos
verteilt, sondern erscheinen in Lagen angereichert, die parallel
der Schieferung liegen. Auch in feinerkörnigem, amphibol-
tärmeren Gestein tritt manchmal Granat auf. Er bildet dann
faber keine größeren Krystalle, sondern findet sich in An-
;häufungen von unregelmäßigen, kleinen Körnern.
Als Einschlüsse im Granat beobachtet man Amphibol,
'Plagioklas, schwarzes Erz und Quarz. Amphibol ragt manch-
■ mal auch spießartig in den Granat hinein und zeigt dann
1 M. Goldschlag: Über die optischen Eigenschaften der Epidote.
Tschermak's Min. Petr. Mitt.. 34, p. J!3 (1917,).
'J56 A. Marclict,
hier Krystaüform. Irgend eine Regel in der Lagerung des
Amphibols im Granat ist nicht nachzuweisen. Es Hegt also
eine mikropoikilitische \'er\vachsung der beiden Minerale vor.
Umwandlung des Granats in Chlorit und Plagioklas ist
öfters zu sehen. Chlorit und Plagioklas dringen dabei längs
Rissen in den Granat ein. Die optischen Eigenschaften der
beiden Minerale — stark abnormale Interferenzfarben, sehr
kleiner Achsenwinkel und geringe Doppelbrechung beim Chlorit,
fast gerade Auslöschung in Schnitten JLy und negativerCharakter
der Doppelbrechung beim Plagioklas — deuten auf Pennin
und basischen Oligoklas als Umwandlungsprodukte des
(iranats.
Quarz.
Die epidothältigen Amphibolitlagen enthalten immer Quarz.
Er kann so reichlich vorhanden sein, daß er unter den
farblosen Gemengteilen vorherrscht und Plagioklas sehr stark
zurücktritt. Auch in den granatführenden Amphiboliten tritt
das Mineral häufig auf. Man kann dann immer eine Xer-
fcinerung des Korns solcher Lagen beobachten. Die Form
der Quarzkörner ist eine rundliche, häufig erscheinen sie
parallel der Schieferung gestreckt. Oft findet man sie in der
Schieferungsebene zu längeren Reihen angeordnet, so daß
die einzelnen Körner wie die Glieder einer Kette aufeinander
folgen. Bei größeren Körnern kann man manchmal an ihrer
undulösen Auslöschung Spuren von Kataklase erkennen.
Biotit.
Das Auftreten von Biotit in dünnen Lagen zwischen den
Schieferungsfiächen wurde bereits erwähnt. Bald erscheint er
bloß als feiner Überzug auf dem Gestein, bald bildet er auch
etwas dickere Lagen von schuppiger Struktur. In das Gesteins-
gewebe tritt das Mineral nicht ein. Daraus geht hervor, daß
CS sich hier um spätere Bildungen handelt, die durch Stofl'-
zufulir aus dem Nebengestein entstanden. Die Größe der
einzelnen Biotitblättchen ist gering. Die Farbe ist dunkel-
braun. Sehr stark ist der Pleochroismus mit y dunkelbraun
Der Gabbro-Amphiboützug von Rehberg.
9n7
lind 7. hellgelb. Der optische Charakter des Minerals ist
negativ. In Spaltblättchen beobachtet man den Austritt der
optischen Achse. Wenn das Interferenzbild zweiachsig mir
sehr kleinem 2 V erscheint, so sieht man die Farbenringe
gestört, was durch Zwillingsbildung hervorgerufen sein dürfte.
Nebengemengteile.
Auch in diesen Amphibolitvarietäten finden sich Titanit,
Erze und Kies in geringen Mengen als Xebengemengteile.
Titanit tritt in kleinen, elliptischen Körnern auf, die manch-
mal reihenweise angeordnet erscheinen. Als Einschluß beob-
achtet man in den Titanitkörnern -häutig ein schwarzes,
opakes Erz, das ganz unregelmäßige, lappige Formen zeigt
und wohl Titaneisen vorstellt. Krystallographische Begren-
zung durch das Oktaeder zeichnet häufig kleine Individuen
\'on Magnetit aus, die spärlich in diesen Gesteinen auf-
treten. Die Kiese sind durch Pyrit vertreten, der sich in
^^•inzigen Krystallen oder unregelmäßigen Körnchen vorfindet.
(\ Chemischer Teil.
Bei den chemischen Analysen wurde den Methoden von
Dittrich^ und von Hillebrand- gefolgt. Die Bestimmung
der Alkalien erfolgte nach Lav\rence Smith (Chlorammon-
Calciumcarbonat-Aufschluß), die des Wassers nach Brush-
Penfield. Die Kohlensäure wurde direkt durch Auffangen
des mit Salzsäure ausgetriebenen Gases in gewogenen
Absorptionsröhren bestimmt. Die Bestimmung des Eisenoxyduls
wurde nach der von Dittrich vervollkommneten Pebal-
Doelter'schen Methode^ ausgeführt. Zur Berechnung der
Analyse wurden die Atomgewichte vom Jahre 1916 ver-
wendet.
^ Dittrich M.: .Anleitung zur Gestcinsanalyse. Leipzig, 1905.
- Hillebrand W. F. - Wilke - Dürturt : Analyse der Silikat- und
Karbonatgesteine. 2. Aulh, Leipzig, Engelmann, 1910.
y Dittrich .M. und Leonhard A.: Über die Bestimmung des lüscn-
oxyduls in Silikatgesteinen. Zeitschr. f. anorg. Chemie, 1011.
258 • A. Marchet,
Drei Gesteinsproben aus dem Amphibolitzug wurden der
Analyse unterworfen. Die Zahlen unter 1 beziehen sich auf
eine flaserige \'arietät mit deutlicher Rehktstruktur aus
dem großen Steinbruch bei Rehberg. Der Plagioklas hat eine
mittlere Zusammensetzung von 40% An. Die optischen Eigen-
schaften des Amphibols sind auf p. 229 und 231, die des
lYi'Oxens p. 232 und 235 angeführt. Außerdem findet sich noch
Titanit und etwas Calcit in dem Gestein. Die relikten Plagio-
klase erscheinen manchmal etwas getrübt (Kaolinbildung).
Die Analyse 2 gibt die Zusammensetzung einer eben-
plattigen Varietät von dem gleichen Fundort. Das Gestein
besteht hauptsächlich aus Plagioklas (im Mittel 60% An),
Amphibol (optische Eigenschaften siehe p. 242; und etwas
t3^pomorpheni Pyroxen. Dazu kommen noch in geringer Menge
Titanit, Calcit und Kiese (zum größten Teil Pyrit, nur selten
Magnetkies).
Unter 3 ist eine .Analyse des An thophyllit-Amphibolits
von dem alten Steinbruch bei der Lederfabrik im Kremstal
angegeben. Auf die Verwendung völlig frischen Materials
mußte, wie der hohe Wassergehalt zeigt, verzichtet werden,
da der Anthophyllit immer zum Teil in Chlorit umgewandelt
ei scheint. Plagioklas (13 bis 16 7u -^"),' Anthophyllit (optische
Eigenschaften siehe p. 248), monokliner Amphibol, Chlorit,
Quarz, Titaneisen, Magnetit und Magnetkies sind die Gemeng-
teile des Gesteins.
E!ine ältere, von Hofrat F. Becke^ ausgeführte Analyse
einer grobflaserigen \'arietät vom Dürnitzbüchel ist unter
4 angeführt. Basischer Plagioklas und Reichtum an dunklen
(".cmengteilen zeichnet dieses Gestein aus.
1 F. ]5eckc: Die Gncisfurmation des niederöstcrrcichischen Waldviertels.
Tschermaiv's .Min. Petr. .\iitt., 4, 1881, p. 364.
Die Analyse ist auch in der Arbeit: Das niederösterreichische Wald-
viertel, von F. Becke, A. H i nimelbauer, F. Keinliold und R. Görgey
(Tschermak's Min. Pelr. Miit., 32, 1013, p. 238, .Vnalyse 11) abgedruckt,
jedoch ist bei der Zahl für FeO ein Druckfehler unterlaufen.
Der Gabbro-Amphibolitzug von l^ehhen
259
G
ewichtsprozente i
Molekular
quotienten X
10000
Mlkqu.
XI 000
1 2
3
4
■ 1 ^
3
4
SiO,,
40 • 42
50-73
7)4 • 1 7
48-09
8195
8412
8983
812
TiÖ,
1-4.")
0-43
0-63
—
181
54
79
—
Alo 0;.
14- 20
1 6 - 80
1 6 ■ Co
10-92
1 39U
1650
1624
166
^'^■20,
2-97
1-58
3 • 00
0-81
186
99
231
5
l'"e 0
7-14
5-61
8-27.
5 - 56
994
780
1148
77
MnO
0-24
Spur
0-07
—
34
—
1 1
—
y\irO
7-6n
8 • GO
6-76
10-76
1884
2149
1676
267
CaO
12-87)
13 ■27)
2 • 7.3
1 () • 69
2292
2363
451
298
N;i.O
2-85
2-40
3 • 7) 1
1-44
460
387
566
23
KoO
-
0-I9
0-28
() - 1 7)
<)-16
20
30
16
2
H.O
1 • 04
1-14
■4-ti3
1-16
577
G32
2237
—
C 0.
0-42
()• 17.
—
—
9Ö
34
~
—
P.'0,
Spur
0-02
(J-02
—
—
—
—
—
s
—
0 • 03
0-oG
100-47
102-49
—
8
17
Summe
100-37
K ) 1 • 1 4
Spez. Gew. .
2-902
2-971
2-70
—
Aus den Molekularquotienten läßt sich der Mineralbestand
annähernd berechnen. Bei dem flaserigen Amphibolit
{Anal. 1) wurde hiebei folgendermaßen vorgegangen. Calcit
und Titanit sind durch die Mengen an CO., und TiO.^
bestimmt. Der Gehalt des Gesteins an Kaolin (Trübung der
relikten Plagioklase) wurde im Dünnschliff auf zirka 1 Vol. %
geschätzt. Die Zusammensetzung des Plagioklases AbgAn^
ergibt sich aus der optischen Untersuchung. Infolge ' des
, Mangels an SiO., sind nicht alle Alkalien für den Feldspat
in Abzug zu bringen, sondern es muß eine kieselsäure-
ürmere Alkaliverbindung Na., H.^AUSi., O^., im Amphibol
imgenommen werden. Dieses Silikat legt Morozewicz der
Berechnung der von ihm analysierten Hornblende aus dem
Anorthosit-Amphibolit vonSenftenberg im niederösterreichischen
^ Die Zahlen beziehen sich auf" (bei 110°) getrocknete Substanz.
260 A. Marchet,
Waldviertel zugrunde J Die Menge an Plagioklas ist nun da-
durch gegeben, daß nach Abzug von Calcit, Titanit, Kaolin
und Plagioklas der Rest an SiO^, äquivalent der Summe der
restlichen CaO, RO und Na._,0 + H._,0 sein muß, die im Amphibol
und im Pyroxen enthalten sind. Bezeichnet ah den Alkali-
gehalt des Albits (Na.^0 AUO3 ßSiOg), an die Atomgruppe CaO
des Anorthits (2 CaO 2 A1,0, 4 SiO,), so gelten also die
Gleichungen:
8195-181-78-6^z&-4^7// =
= 994 + 34+1884 + 2292- 95- 181 -2. /// + 2 (460 + 2()-./Z^>
ab _?>
an 2
Daraus folgt ab — ?>SA, au = 256. Der Rest an Al.,0,,
sowie Fe., O3 werden als Alumosilikat der Hornblende
(CaO 2 RO R., 0.5 3 SiO.,) verrechnet. Nach Abzug der ent-
sprechenden Molekularquotienten bleibt noch ein Rest von
R 0, CaO und Si O., der auf das S t r a h 1 s t e i n s i 1 i k a t
CaO 3 RO 4 SiO., und das Diopsidsilikat CaO RO 2 SiO.,
verteilt werden muß. Wenn x die Kalkmenge im Strahlstein-
silikat und y die Kalkmenge im Diopsid bedeuten, so kann
man folgende Gleichungen' aufstellen:
4.r+2j'r= 3Ö69 (Rest an SiO.,),
X + ji' = 1055 (Rest an CaO).
Somit X r= 479 • 5, y =z 575 ■ 5.
Im Strahlstein- und im Diopsidsilikat wurde dann das
Verhältnis von (FeO + MnO) : MgO gleich 1:2 gesetzt. Der
Rest an FeO, MnO und MgO bildet dann die RO des
Amphibol-Alumosilikates. MnO wurde in den drei Silikaten
so verteilt, daß Amphibol und Pyroxen ungefähr die gleiche
1 J. Moroze wi cz: Resultate der chemischen Untersuchung des
Dioritgestcins aus dem niederösterreichischen Waldvierte! nebst Bemerkungen
über die chemische Untersuchung von Sihlvatgesteinen im Allgemeinen.
Verh. Min. Ges. St. Petersburg, 40, 1902, p. 113. Russ. (Ref. v. Doss im
N. Jahrb. f. Min. etc., 1903, II, p. -367—).
Der Gabbro-Amphibolitzug vnn Rehberg. 2()1
gewichtsprozentische Menge enthalten. Bei dieser Art der
Verrechnung bleiben schließlich 0-73% HoO unberücksichtigt.
Aus den so verteilten M(ilekularquotienten erhält man
J.urch Multiplikation mit den entsprechenden Molekular-
gewichten den Mineralbestand des Gesteins in Gewichts-
prozenten (/7y. Diese Zahlen durch die entsprechenden spezifischen
Gewichte(5y dividiert, geben dann auf lOOberechnetdenMineral-
hestand in Volumsprozenten, der bei richtigem Gang der
Berechnung dem Mengenverhältnis der Minerale im Dünn-
schliff nicht widersprechen darf. Wenn man die Summe
77
der Gewichtsprozente durch die Summe der Quotienten - -
dividiert, erhält man das aus dem Mineralbestand abgeleitete
spezifische Gewicht des Gesteins. Der Vergleich mit dem
direkt bestimmten spezifischen Gewicht gibt dann eine er-
wünschte Kontrolle für die Richtigkeit der Berechnung.
In ganz ähnlicher Weise wurde auch der Mineralbestand
des plattigen Amphibolits (Anal. 2) abgeleitet. Der Gehalt
an Calcit, Titanit und Pjn'it ist durch CO.,, TiO., und S
-gegeben. Ähnlich wie bei der flaserigen Varietät ist die
Menge an Plagioklas (Ab^Ang) durch folgende Gleichungen
gegeben :
L= 78ö-4 + 2149-^236:^- 34-54^2. /» + 2 (387-+-30— c/^i
ab 2
_ ^ . Somit ab = 332, an = 498.
ein 3
Wie bei dem flaserigen Amphibolit wurde auch der Gehalt
Amphibol und Pyroxen berechnet. Die Menge an
Strahlsteinsilikat und an Pyroxen ist durch die beiden folgen-
den Gleichungen bestimmt:
4.r + 2ji' =z 3451 (Re.st an SiO.,),
X -h y = 1028 (Rest an Ca 6).
Daraus folgt x = 697 • 5 und y = 330 • 5.
In beiden Silikaten wird FeO : MgO gleich 1 ; 3 ange-
nommen. Der Rest an FeO und MgO bildet die RO des
2()2 A. Marchet,
Amphibol-Alumosilikates. Auch hei dieser Berechnung bleibt
ein Überschuß an Wasser ('0-99"/,,) unberücksichtigt.
Es wurde auch versucht, den Mineralbestand des Antho-
phyllit-Amphibolits (Anal. 3) zu berechnen. Der Gehalt
des Gesteins an Chlorit bringt mit sich, daß man sich hier
mit einer rohen Annäherung begnügen muß. Die Menge an
Magnetkies und Titaneisen ist durch die Molekular-
quotienten für S und TiO., bestimmt. Magnetit wurde so
viel in Rechnung gestellt, daß der Erzgehalt des Gesteins,
wie der Dünnschliff ergibt, l'SVol. ^^/^ beträgt. Sämtliche
Alkalien wurden in dem Plagioklas von der Zusammen-
setzung Ab-jAn, verrechnet. Der Restbestand an Oxyden ver-
teilt sich nun auf monoklinen und rhombischen Amphibol,
Chlorit und Quarz. Da der Rest an Tonerde sehr groß ist,
so muß der Ai.jO.j-Gehalt der drei erstgenannten Minerale
hoch sein. Das reichlich vorhandene Wasser zwingt zu der
Annahme, daß sowohl Amphibol als Anthophyllit auch ziemlich
viel Wasser enthalten. Die Menge an Amphibol ist durch
den Rest an CaO bestimmt. Der Wassergehalt wurde als
H^Si^O^o derart verrechnet, daß das Mineral zirka 3 '5% H, 0
besitzt; die Menge an Alumosilikat CaO RO 2 R,0, 2 SiO,
wurde so groß angenommen, daß die Hornblende ungefähr
20''/f) AI., O., enthält. Daß das Mineral ziemlich arm an Fe^ O.,
sein muß, geht aus seiner blassen Färbung hervor. Etwas
mehr als doppelt so groß als die Menge der Hornblende
wurde die des AnthophjMlits angenommen. Die Menge an
H,Si^Oj._, wurde für zirka 3-5Vo H.,0, die an 2 RO 2R.,0, 2SiO._,
für zirka 187^ A1,0., und IV^Fe^Og berechnet. Das Resultat
der chemischen Analyse zwingt also dazu, für den rhombischen
Amphibol den hohen Tonerdegehait des Gedrit anzunehmen.
Der Rest an R.2O., wurde als Amesitsilikat, die dann noch
übrigbleibende Menge an RO als .Serpentinsilikat desChlorits
verrechnet. Da im Chlorit keine Ausscheidung von Magnet-
eisen zu beobachten ist, \\-urde das Verhältnis zwischen FeO
und MgO im monoklinen und im rhombischen Amphibol
sowie im Chlorit gleich angenDmmen. Nach Abzug der
Bestandteile aller bisher genannten Minerale bleibt noch SiO._,
und H.,0 übrig. SiO.^ kommt als Quarz zur Verrechnung,
ft
Der Gabbrn-Amphibdlitzug von Rehbei-g. 2bo
während der Rest an Wasser vernachlässigt wird. Das aus
dem xMineralbestand abgeleitete spezifische Gewicht stimmt
mit dem am Handstück bestimmten annähernd überein.
In den folgenden drei Tabellen ist der Mineralbestand,
wie ihn die Berechnung ergibt, angeführt. Die angewendeten
Abkürzungen bedeuten: Amph. = Amphibol, Anth. = Antho-
phyllit, Cal. = Calcit, Chi. = Chlorit, Dps. = diopsidischer
Pyroxen, Um. z=z Titaneisen, Kaol. = Kaolin, Mgk. r= Magnet-
kies, Mgt. = Magnetit, Plag. z=z Plagioklas, Pyr. = Pyrit,
Qu. =: Quarz, Tit. = Titanit.
Es wurde auch der Versuch gemacht, aus den Molekular-
quotienten des flaserigen Amphibolits den Mineralbestand des
ursprünglichen Gabbros zu berechnen (siehe p. 272). Hierbei
wurde der Wasser- und Kohlensäuregehalt des Amphibolits ver-
nachläs.sigt. TiO., ist als Titaneisen verrechnet, die Menge an
Plagioklas durch die vorhandene Tonerde gegeben. Aus
Na., () und K.>0 ergibt sich der Gehalt des Feldspats an
Albit- und Örthoklassubstanz. Nach dieser Art der Berechnung
besitzt der Plagioklas ungefähr 49 ^/^ Anorthit. Um nun mit
dem Rest an SiO., auszukommen, muß neben Pyroxen auch
Olivin als Gemengteil angenommen werden.
Der Gehalt des Pyroxens an Diopsidsilikat CaORO 2 SiO,
ist durch den Rest an Kalk gegeben, die Menge an
FeOFe., O., SiO., wurde derart angenommen, daß das Mineral
ungefähr 2" ^ Fe., O., enthält. Der noch verbleibende Rest an
SiO., wurde als Olivin (2 ROSiO.^) verrechnet, wobei das
Verhältnis FeO : MgO = 1:4 gesetzt wurde. Der Rest an
Magnesia ist in den RO des Diopsidsilikates enthalten, ebenso
die gesamte Menge an MnO. Um genügend FeO einsetzen
zu können, daß die Summe RO gleich CaO wird, ist es
nötig anzunehmen, daß in dem Gabbro mehr EisenoxN'dul
und weniger Eisenoxyd vorhanden war, als der flaserige
Amphibolit besitzt. Für je ein überzähliges FeO muß V2 ^^2^$
abgezogen werden. Der Rest an Fe., 0,5 wurde schließlich als
Magnetit verrechnet, indem ein Drittel davon durch Multi-
plikation mit 2 in FeO umgerechnet wurde.
Daß in dem Amphibolit keine Spuren von Olivin zu
finden sind, ist kein Grund anzunehmen, daß ursprünglich
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Olivin nicht vorhanden war. Wie auch SchHfie des Olivin-
gabbros bei Langenlois zeigen, ist der OHvin gegen Um-
wandlung am wenigsten widerstandsfähig. Bevor noch der
Pyroxen völlig uralitisiert ist, hat sich der Olivin schon
gänzlich in ein Aggregat von Amphibol umgewandelt. Durch
die Krystallisationsschieferung werden dann alle Spuren des
Olivins verwischt. Die Umwandlung des Olivins läßt sich
durch folgende Volumsgleichung darstellen:
Olivin + Anorthitsubstanz =1: Hornblende
Mol. Vol. Mol. Vol
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Die Bildung der Hornblende aus Anorthit und Olivin
bringt eine Verringerung des Molekularvolums mit sich, was
mit dem Volumsgesetz für die Gemengteile der krystallinen
Schiefer übereinstimmt.
Das aus dem Mineralbestand berechnete spezifische
Gewicht des ursprünglichen Gabbros (2-99) ist dem des
ilaserigen Amphibolits gleich. Man kann hier also keinen
Einfluß des Volumgesetzes feststellen. Die Volumverminderung
bei der Bildung von Amphibol auf Kosten von Olivin und
Anorthitsubstanz wird wettgemacht durch die Amphibolbildung
auf Kosten des Pyroxens. Allerdings ist zu berücksichtigen,
daß bei der Amphibolbildung die Elemente des Wassers auf-
genommen wurden, das bei der Volumberechnung au(3er
Betracht bleibt.
Eine Berechnung der Projektionswerte a^, '■'q^/o ergibt
für Uq die Zahl 2-29. Nach den Kurven für die spezifischen
Gewichte der Tiefengesteine ^ würde nach Hofrat F. Becke
einem Gabbro von dieser Zusammensetzung ein spezifisches
Gewicht 2-97 entsprechen. Der hohe Eisengehalt des Gesteins
äußert hier seinen Einfluß.
1 F. Becke: Chemische Anah'sen von krystallinen Gesteinen aus der
Zentralkette der Ostalpen. Denkschr. d. math.-naturw. Kl. d. Akad. d. Wiss.
in Wien, 75, IV. Teil, p. 213 (1012).
Der Gabbro-Alnplubolitzug von Rehberg. 2/1
Vergleicht man den errechneten Mineralbestand des
Gabbros mit dem des flaserigen Amphibolits, so fällt vor
allem die starke Abnahme des Plagioklasgehaltes im Amphibolit
auf, die mehr auf Kosten des Anorthits als des Albits
geschieht. Die Bildung der Hornblende aus Olivin und aus
Pyroxen, die des Titanits aus Titaneisen bedingen eine teil-
weise Aufzehrung des Plagioklases. Die Durchschnittzusammen-
setzung des Plagioklases im unveränderten Gabbros (49% An)"
ist merklich anorthitreicher als die des neugebildeten typo-
morphen Plagioklases im Amphibolit (SS'V'o An) und fällt inner-
halb der Grenzen die an den Plagioklasrelikten durch optische
Untersuchung festgestellt wurden (45 — 59^0 An). Das Mittel ist
etwas höher als der berechnete Durchschnitt, da nur die innersten
Kerne der Gabbroplagioklase als Relikte erhalten sind.
Einen ausgezeichneten Einblick in die chemische Zu-
sammensetzung der Gesteine gewährt die von Hofrat F. Becke
vorgeschlagene Dreiecksprojektion der Gesteinsanalysen, aus-
gehend von den Molekularquotienlen.^ In dem untersten
Dreieck kommt die gesamte Analyse zur Darstellung, wobei
der Endpunkt a^ die Molekülgruppe R^AlOg, der Eckpunkt t;,
die Molekülgruppe CaAl^O^ und der Eckpunkt /, die Molekül-
gruppe R^Og repräsentiert. Der Gehalt an SiO,, -f-TiO., wird
über der Abszisse a^ in Molekularprozenten angegeben. In
dem nächsten Dreieck ist das Verhältnis der Mengen von
CaAlgO^, NaAlOg, KAIO.3 ersichtlich, welches bei den normalen
Erstarrungsgesteinen dem Verhältnis der Feldspatsubstanzen
An, Ab, Cr entspricht.
Die beiden obersten Dreiecke geben schließlich das
Verhältnis der in F des Osann'schen Dreiecks zusammen-
gefaßten GxjMe an. Ist die Molekularzahl für Tonerde kleiner
als die Summe Alkalien + Kalk, so ist das Verhältnis FeCaMg
dargestellt. Bleibt ein Tonerderest, so wird im obersten
Dreieck das Verhältnis Fe AI Mg ins Bild gebracht. Die Lage
des Analysenpunktes in dem einen oder anderen Dreieck
gibt wertvolle Anhaltspunkte für die Zusammensetzung der
dunklen Gemengteile.
1 Zum Teile publiziert in: F. Becke: Chemische Analj'sen von
krystallinen Gesteinen aus der Zenlralkette der Ostalpen, I. c. p. GO.
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2-17
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3-06
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1-1
3-2
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7-4
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2-30
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Zum Vergleich mit den Gesteinen des Rehberger Am-
phibolitZLiges wurden dann noch folgende Analysen und
Mittelwerte der Massengesteine nach Daly berechnet und in
die Projektion (Taf. I) eingetragen:
5. Olivingabbro, Loisberg bei Langenlois. Tschermak's
Min. Petr. Mitt., 1, p. 369, 1878, 5 = 3-017.
(1 Zoisit-Amphibolit, Loisberg. F. Becke: Die Gneis-
formation des niederösterreichischen Waldviertels. Tscher-
mak's Min. Petr. Mitt., 4, p. 312, 1882.
7. Diallag-Amphibolit, Straße Steineck-St. Leonhardt.
R. Grengg: Der Diallag-Amphibolit des mittleren Kamp-
tales. Tschermak's Min. Petr. Mitt, 29, p. 34, 1910,
5 = 3-18.
8. Amphibolit (Schilterner Typus), Kammegg. R. Görgey:
Chemische Analysen von Waldviertel-Gesteinen. Tscher-
mak's Min. Petr. Mitt., 32, p. 242, Analyse VI, 1914,
5 = 3-09.
Der Gabbro-Ampliibdlitzug von Rehberg. 275
9. Granat -Amphibolit, Rosenburg. R. Görgey: 1. c,
Analyse VII, 5= 3-18.
1 0. A n o r t h 0 s i t- A m p h i b o 1 i t, S e n f t e n b e r g. J. M o r o z e w i c z :
Resultate der chemischen Untersuchung des Diorit-
gesteins aus dem niederösterreichischen Waldviertel.
Verh. Min. Ges. St. Petersburg, 40, p. 113, 1902,
.s- = 2 • 884.
1 1. Anorthosit-Amphibolit, Frauengraben bei Eis am.
R. Görgey: 1. c, p. 238, Analyse 7. ^
12. Anorthosit - Amphibolit, Senftenberg. F. Becke:
Die Gneisformation des niederösterreichischen W'ald-
viertels. Tschermak's Min. Petr. Mitt., 4, p. 248, 1882.
13. Biotit- Amphibolit (Kata-Hornblendeplagioklasgneis),
Dum stein. U. Gruben mann: Die krystallinen Schiefer.
Berlin 1910, p. 190, Analyse 5. .s = 2-91.2
14. Eklogit, Alten bürg. Tschermak's Min. Petr. Mitt, 1,
p. 368, 1878. -s = 3-25.
15. Strahlsteinfels, Felling. Tschermak's Min. Mitt., 1874,
p. 243. .9 = 2 • 99.
16. Gangdiabas, Ottenschlag. Tschermak's Min. Mitt.,
1877, p. 278.
17. Gabbromittel. Daly: Average chemical compositions
of igneous-rock types. Proc. of the Amer. Ac. of Arts
and Sciences, Vol. 45, Jänner 1910, Nr. 39.
18. Gabbromittel mit Ausnahme der Olivingabbros,
1. c, Nr. 46.
19. Mittel der Olivingabbros, 1. c, Nr. 47.
20. Amphibolit, Schaueregg. H. Mohr: Geologie der
Wechselbahn. Denkschr. d. math.-naturvv. Kl. d. Akad.
d. Wiss. in Wien, 82, p. 337, 1913.
21. Grün schief er. Große Klause. H. Mohr: 1. c, p. 334.
22. Diabas, Krumbach. P. Richards: Die Umgebung von
Aspang am Wechsel. Jahrb. d. Geol. Reichsanstalt, 67,
p. 314, 1911.
23. Grün schiefer, südlich Aspang. P. Richards, 1. c, p.320.
1 Im Original ist als Summe 100 "73 angegeben.
- Im Original ist als Summe 99 '77 angegeben.
276
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24. Norit, Les Prinaux. Lacroix. Bull. serv. carte geol.
France 67, 1899. Siehe auch: Osann A., Beiträge zur
chemischen Petrographie, II. Teil, Stuttgart 1905. Nr. 567.
5 = 2-84.
25. Norit, Les Prinaux. Lacroix, 1. c, Osann A., 1. c
Nr. 568. 5 = 2-86.
26. Norit, Les Prinaux. Lacroix, 1. c, Osann A,, 1. c,
Nr. 569. 5 = 2 • 88.
27. Gabbro, Des Bois b. Pallet. Lacroix, 1. c, Osann A.,
1. c, Nr. 565. s= 2-95.
28. Gabbro, La Morandiere. Lacroix, 1. c, Osann A.,
1. c, Nr. 5G6. s = 2- 98.
Die Analysen 1 bis 16 stammen von Gesteinen aus dem
Waldviertel, 20 bis 23 von solchen aus dem alpinen
Wechselgebirge. Die fünf letzten Analysen geben die Zu-
sammensetzung von Gabbros und Noriten aus dem Departement
Loire-Inferieure in Nordwest-Frankreich. Im Kern der Masse
tritt dort Gabbro auf, während sich der Norit in den peri-
pheren Teilen findet.
In der Projektion (Taf. I) sind die Gesteine des Reh-
berger Zuges als große, ausgefüllte Kreise, die übrigen
aus dem Wald viertel als leere Kreise eingezeichnet. Kleine,
volle Kreise stellen die von Daly berechneten Mittelwerte
der Gabbros dar. Die Gesteine aus der Umgebung von Aspang
sind durch liegende Kreuze, die Norite und Gabbros von
Loire-Inferieure durch stehende Kreuze gekennzeichnet.
Die Zahlen bei den Projektionspunkten beziehen sich auf die
oben angeführten Analysennummern.
Die Zusammensetzung des flaserigen Amphibolits von
Rehberg (1) und vom Dürnitzbüchel (4) ist von der des
plattigen Amphibolits von Rehberg (2) nicht wesentlich
verschieden. Die beiden Analysen unterscheiden sich nicht
stärker als das Analysen von Proben desselben Gesteins-
körpers zu tun pflegen. Zwei ist reicher an Plagioklas und
daher die Mischung desselben An-reicher, wie es der Erfahrung
entspricht.
Der Gabbro-Aniphibolitzug von Rehberg. 283
Die Unterschiede sind woiil schwerlich durch das Fort-
schreiten der Schieferung zu erklären. In der wesentlichen
Übereinstimmung der beiden Analysen liegt eine Stütze der
Auffassung, daß der plattige Amphibolit eine strukturell
weiter fortgeschrittene Ausbildung des flaserigen sei, beide
aber von Gabbrogesteinen abstammen. Deutlich weicht der
AnthophyUit-Amphibolit (3) von den vorigen ab, der sich
— wie auch die Lage der Punkte in der Gesteinsprojektion
erkennen läßt — durch auffallend geringen Kalk- und höheren
Kieselsäuregehalt unterscheidet. Es ist allerdings zuzugeben,
daß ein Teil dieser chemischen Unterschiede durch den
schlechteren Erhaltungszustand (Chloritbildung!) bedingt ist.
Im Feldspatdreieck zeigt sich, i^ibereinstimmend mit der
optischen Bestimmung, die stark schwankende Zusammen-
setzung der Plagioklase dieser Gesteine an, während der
Gehalt an Orthoklassubstanz bei allen vier ein sehr geringer
ist. Vergleicht man den Anorthitgehalt des theoretischen
Durchschnittsplagioklases, wie ihn die Projektion ergibt, mit
der optisch bestimmten Zusammensetzung des Gesteins-
gemengteiles, so findet man den optisch nachweisbaren
1^ Anorthitgehalt stets etwas niedriger. Die Unterschiede be-
wegen sich aber, wie die folgenden Zahlen zeigen, nur in
mäßigen Grenzen:
12 3 4
7o An theoretisch 50 61 28 75
% An gefunden (im Mittel) 41 55 15 53
Die Bildung des Titanits aus Titaneisen, vor allem aber
der Tonerdegehalt des Amphibols sind die Ursache dieser
Differenzen. Dazu kommt noch bei dem Gestein vom Dürnitz-
büchel (4) das Auftreten von mejonitreichem Skapolith, dessen
Vorkommen den Anorthitgehalt des Plagioklases vermindert
und bei dem AnthophyUit-Amphibolit (3) der Kalkgehalt des
m.onoklinen Amphibols, der in der Projektion nicht zum Aus-
druck kommt, da bei Überschuß an AUO^ sämtliches CaO
als Anorthit verrechnet wird.
Sehr auffällig tritt die Verschiedenheit zwischen dem
AnthophyUit-Amphibolit und den beiden anderen Gesteinen
284 A. Marc he t,
in den zwei obersten Dreiecken in Erscheinung. Während
nämlich die Lage der Projektionspunkte des flaserigen und
des plattigen Amphibolits (1, 2, 4) einen hohen Kalkgehalt
der dunklen Gemengteile anzeigt, der bei anderen verwandten
Gesteinen aus dem Waldviertel kaum erreicht wird, fällt der
Projektionspunkt des Anthophyllit-Amphibolits (3) infolge des
Überschusses an Tonerde in das Dreieck fc, al, mg.
Ganz ähnlich verhalten sich Norite (24, 25, 26) und
Gabbros (27, 28) aus dem Loire-Inferieure zu einander.
Wie der Anthophyllit-Amphibolit gegenüber den beiden anderen
Amphibolitt3'pen sind hier die Norite gegenüber den Gabbros
durch höheren Kieselsäuregehalt, geringeren Kalkgehalt und
durch Tonerdeüberschuß ausgezeichnet. Auch bezüglich des
spezifischen Gewichtes (siehe p. 259 und 282) herrschen
hier ähnliche Verhältnisse. Es liegt daher sehr nahe, anzu-
nehmen, daß der Anthophyllit-Amphibolit aus einer
noritartigen Abart des ursprünglichen Gabbros hervor-
gegangen ist. Freilich muß bemerkt werden, daß die chemische
Zusammensetzung von 3 durch die Chloritbildung etwas ver-
ändert wurde, aber doch wohl nicht in dem Ausmaße, daß
die Beziehungen zu Norit nicht zu Recht bestehen.
Der flaserige und der normale plattige Amphibolit haben,
wie die Projektion zeigt, die Zusammensetzung eines Gabbros.
Sie kommen den Mittelwerten, welche Daly für Gabbro (17),
olivinfreien Gabbro (18) und Olivingabbro (19) angibt, be-
sonders letzteren, recht nahe. Geringerer Gehalt an Orthoklas-
substanz und höherer Kalkgehalt der femischen Gemengteile
in den Amphiboliten spricht sich in den Dreiecken ah, an, or
und fe, mg, ca aus.
In die Projektion sind dann auch einige andere, basische
Gesteine aus dem Waldviertel eingetragen. Schon auf den
ersten Blick kaim man erkennen, daß die Anorthosit-
Amphibolite (10, 11, 12) sich durch ihren hohen Gehalt an
Anorthitsubstanz von den übrigen Gesteinen trennen, da die
Projektionspunkte gegen den Eckpunkt c^ hin abweichen.
Die Plagioklase dieser Amphibolite erscheinen am anorthit-
reichsten von allen angeführten Gesteinen. Bei den besonders
plagioklasreichen T^^pen 11 und 12 ist in dem Dreieck
Der Gabbio-Ainphibolitzug von Rehberg. 28o
fc, mg, ca ein höherer Eisengehalt der femischen Gemeng-
teile angedeutet.
Solche anorthositische Varietäten kommen, . wenngleich
selten, auch im Rehberger Zug vor; z. B. gehören die von Becke
in der Waldviertelarbeit beschriebenen Gesteine westlich von
der Straße Langenlois — Mittelberg hierher (Tschermak's Min.
Petr. Mitt., 4, p. 360 [1881]).
Ähnlich wie die Anorthosit-Amphibolite verhält sich der
Olivingabbro (5) vom Loisberg, von dem eine plagioklas-
reiche Varietät anal^^siert wurde, die sich ebenfalls der
Zusammensetzung der Anorthosite nähert. Die Projektions-
punkte dieses Gesteins weichen daher auch gegen die Eck-
punkte Cq, respektive an hin ab. Die femischen Gemengteile
des Olivingabbros sind durch einen hohen Magnesia- und
geringen Kalkgehalt ausgezeichnet, was durch das Auftreten
des Olivins als Gesteinsgemengteil bedingt wird. Dasselbe
Mineral ist auch die Ursache der geringen Menge an Kiesel-
säure.
Ein Produkt der Metamorphose dieses Gabbros ist der
Zoisit-Amphibolit vom Loisberg (6). Auch er ist durch
geringen Kieselsäuregehalt ausgezeichnet. Von den Gestemen
des Rehberger Amphibolitzuges unterscheidet er sich chemisch
trotz seines abweichenden Mineralbestandes (Auftreten von
Zoisit!) nicht wesentlich.
Von demselben Amphibolitzug im Liegenden des Gföhler-
gneises, dem auch der Anorthosit-Amphibolit von Senftenberg
angehört, stammt noch der analysierte, körnigstreifige
Amphibol it von Kammegg (8). Auch der Crranat-Amphibolit
von Rosenburg (9) läßt sich mit dem genannten Gesteinszug
in Verbindung bringen. Der Biotit-Amphibolit von Dürn-
stein (13) hat eine ähnliche Position aber im Südwesten des
Gföhlergneises. Während die beiden erstgenannten Gesteine
die Zusammensetzung von Gabbtos haben und von dem
Rehberger Gabbro-Amphibolit nicht stark abweichen, bildet
der Biotit-Amphibolit, wie der relativ hohe Gehalt an Alkali-
feldspat erweist, den Übergang zu jenen krystallinen Schiefern,
die sich von Dioriten ableiten lassen. Für alle drei Gesteine
ist der höhere Gehalt an Orthoklassubstanz charakteristisch,
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 128. Bd. 2U
286 A. Marchet,
der sie von den übrigen Amphiboliten unterscheidet. Es geht
dies aus der Lage der Projektionspunkte im Feldspatdreieck
hervor. Die Amphibolite von Kammegg (8) und Rosenburg (9)
sind dann auch durch einen höheren Eisengehalt der dunklen
Gemengteile ausgezeichnet, der sich im Dünnschliff durch
die grünbraune Farbe der Hornblende anzeigt.
Sowohl durch seinen Mineralbestand als auch durch die
chemische Zusammensetzung weicht der t)iallag-Amphibolit
des mittleren Kamptales (7) von den Gesteinen des Rehberger
Amphiholitzuges ab. Wenngleich er auch mit gahbroiden
Massengesteinen verwandt ist, deutet doch die Lage seines
Projektionspunktes im Dreieck fe, iii^^, al eine stark ver-
schiedene Zusammensetzung seiner dunklen Gemengteile an.
Namentlich ist der Tonerdegehalt der femischen Gemengteile
interessant, der sich mineralogisch im Granatgehalt ausprägt.
Vielleicht hängt er mit dem großen Tonerdeüberschuß des
begleitenden Granulits zusammen. Im übrigen stimmt der
geringere Kalkgehalt sehr gut mit dem perthitisch mit Bronzit
verwachsenen P^n-oxen und der Anorthitarmut des Plagio-
klases.
Ziemlich nahe kommt dem Rehberger Amphibolit der
Eklogit von Altenburg (14). Etwas geringerer Kalk- und
höherer Magnesiagehalt zeichnet das Gestein aus, das sich
ebenfalls von einem gabbroiden Magma herleitet.
Zu jenen Randbildungen von Peridotit TOlivinfels), welche
an der Grenze gegen Gneis oder Amphibolit häufig gefunden
werden, gehört der Strahlsteinfels von Felling (15). Das
Gestein ist ein durch Stoffaustausch entwickeltes Produkt
der Metamorphose. Seine Projektionspunkte liegen in dem
Feld der Peridotite. Charakteristisch ist der Mangel an Alkalien
und der Reichtum an Magnesia. Der Gehalt an Kieselsäure
ist so hoch, daß gerade das Sättigungsniveau erreicht wird,
wie die Zusammensetzung des Strahlsteins es verlangt.
Den besprochenen krystallinen Schiefern gehört der Gang-
diabas von Ottenschlag (16) nicht an. Er dürfte der Gang-
gefolgschaft des Rastenberger Granits zukommen. Seine
besonders große Armut an Kieselsäure, der Reichtum an
Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg. 287
Eisen und Magnesium bei geringem Kalkgehalt sind durch
das reichliche Auftreten von Olivin verLU'sacht.
In die Projektion sind dann noch Grünschiefer und
verwandte Gesteine aus der Umgebung von Aspang (20
bis 23) eingezeichnet. In keinem der Dreiecke trennen sie
sich von den Gesteinen aus dem Waldviertel, ^^on dem
flaserigen und dem ebenplattigen Amphibolit des Rehberger-
zuges unterscheiden sie sich bloß durch einen geringeren
Kalkgehalt der dunklen Gemengteile. Die Kieselsäuremenge
ist von der der Waldviertelgesteine auch gar nicht ver-
schieden.
Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin,
daß bei den Aspangergesteinen die Projektion einen viel
höheren Anorthitgehalt des Durchschnittsplagioklases anzeigt,
als die optische Bestimmung ergibt. Während die berechneten
Durchschnittsplagioklase zwischen 47 7o und 66 7o ^^
schwanken, ist die wirkliche Zusammensetzung der Plagio-
klase 07,) bis 20 7o An. Bei den Gesteinen des Waldviertels
kommen hingegen Berechnung und Beobachtung einander
viel näher. Die Waldviertelgesteine gehören der unteren, die
Aspangergesteine aber der oberen Tiefenstufe an, für welche
Albitisierung der Plagioklase charakteristisch ist.
Schlußbetrachtungen.
Petrographische Charakteristik des Rehbergerzuges.
Petrographisch sind die Gesteine des Rehberger Amphibolit-
zuges von anderen Amphiboliten aus dem niederösterreichischen
Waldviertel durch das Hervortreten der Krystallisations-
schieferung unterschieden. Für die flaserigen Varietäten ist
dann der Gehalt an relikten Mineralen sehr charakteristisch.
Rein granoblastische Struktur ist ziemlich selten und be-
schränkt sich auf feinkörnige, plagioklasreiche Varietäten des
normalen, ebenplattigen Amphibolits und auf die epidot-
reichen Lagen an der Grenze gegen den Schiefergneis.
Amphibolreichere Varietäten lassen durch die Parallelstellung
der grünen Hornblendesäulchen nicht selten eine Streckungs-
richtung im Gestein erkennen.
288 A. Marchet,
Vergleich mit anderen Waldviertel-Amphiboliten.
Anders die körnigstreifigen Amphibolite vom Schiltener
Typus. Ihre Struktur ist immer rein granobl astisch. Die
Amphibole besitzen eine mehr bräunliche Farbe und bilden
rundliche, verschieden gelagerte Körner. Wenn Granat aut-
tritt, ist er häufig von einem Kranz von Feldspat umgeben,
eine zentrische Struktur, die dem Rehberger Amphibolit völlig
fremd ist.
Der Amphibolit vom Loisberg, der gut erkennbare Kerne
von Olivinga bbro führt, ist durch das reichliche Auftreten
von typomorphem Zoisit von dem Rehberger Amphibolit
unterschieden, der nur an der Grenze gegen den Schiefergneis
manchmal reichlich Epidot führt.
Durch Mineralbestand und Struktur weicht der von
R. Grengg^ untersuchte Diallag-Ampibolitzug von dem
Rehbergerzug stark ab, Paralleltextur ist in dem Gestein
m,eist recht undeutlich. Dunkelbraune Hornblende, Plagioklas
und lichtgrüner Omphacit mit Diallagstruktur bilden ein
granoblastisches Gemenge, in dem Granat in größeren
Porphyroblasten auftritt. Der Granat bildet häufig eine Art
Strukturzentrum, wenn Amphibol und Plagioklas eine dia-
blastische, radialstruierte Hülle um ihn bilden.
Eine porphyrartige Struktur zeichnet jene Amphibolite
aus, die in der Gegend von Spitz als Begleiter des dortigen
Granodioritgneises- auftreten. In dem deutlich geschieferten,
dunklen Gestein findet man zahlreiche, lichte Augen von
Plagioklas, die bei näherer Untersuchung eine feinkörnige,
granoblastische Struktur zeigen. In ihrem Kern kann man
manchmal noch mehr oder minder gut erhaltenen relikten
Plagioklas erkennen, aus dem sie hervorgegangen sind. Man
könnte vielleicht an eine porphyrische Struktur des Erstarrungs-
gesteines denken, aus welchem sich diese Fleckamphibolite
entwickelt haben.
1 R. Grengg; Der Diallag-Amphibolit des mittleren Kamptalcs. Tschcr-
mak's Min. Petr. Mitt., 29, 1910, p. 1.
2 F. Becke: Granodioritgneis im Waldviertel. Tscliermak's Min. l'etr
Mitt., .V^. 1018. p. 70
Der Gabbro-Amphibolitzug von Kehberg.
289
Außer den erwähnten Amphiboliten finden sich dann im
Waldviertel noch solche, die durch Übergänge innig mit
Schiefergneis verbunden erscheinen, so daß man oft nicht in
der Lage ist anzugeben, wo die Grenze zwischen den beiden
Gesteinen verläuft. Möglicherweise sind diese Amphibolite
nicht von basischen Eruptivgesteinen, sondern von kalk-
reicheren Sedimenten abzuleiten. Durch Stoffaustausch zwischen
den kalkreichen Augitgneisen und den kalkärmeren Gesteinen
der Umgebung sind jene Amphibolite entstanden, die häufig
mantelartig die Augitgneise im »Seyberer Gneis« umhüllen.
Die Kenntnis von diesen letztgenannten Amphibolittypen ist
noch nicht weit vorgeschritten, namentlich fehlen noch
Analysen.
Ursprungsgesteine, Tiefenstufe und systematische Stellung
des Rehbergerzuges.
Sowohl der Mineralbestand und die Reliktstruktur der
flaserigen Varietät, als auch die chemische Zusammensetzung
aller analysierten Gesteine des Rehberger Amphibolitzuges
beweisen, daß dieser aus Tiefengesteinen der Gabbrofamilie
hervorgegangen ist. Ähnlich wie die Anorthosit-Amphibolite
in dem Zug der körnigstreifigen Amphibolite vom Schiltener
Typus einer Nebenreihe angehören, die sich aus Anorthositen
entwickelt hat, liegt der Anthophyllit-Amphibolit auf einem
im Waldviertel bisher unbekannten Seitenzweig des Rehberger
Amphibolits, der die chemische Zusammensetzung von Noriten
besitzt.
Das Auftreten von typomorphen Mineralen, wie Pyroxen
und anorthitreicher Plagioklas, beweist, daß die Bildung des
Gabbro-Amphibolits gleich der der übrigen moldanubischen,
krystallinen Schiefer in der unteren Tiefenstufe F. Beckes^
erfolgte.
In der Systematik von Grubenmann- würden die
Gesteine des Rehberger Amphibolitzuges der IV. Gruppe
■ 1 F. Becke: Über Mincralbestand und Struktur der krystallinischen
Schiefer. Denkschr. d. math.-naturw. Kl. d. Akad. d. Wiss. in Wien, 75,
1903, p. 33.
2 U, Grubenmann: Die kristallinen .Soliiefer, 2. Aufl., Berlin 1910,
290 A. Marchet,
fEklogite und Amphibolite) angehören und Übergangsformen
von der 1. Ordnung (Plagioklasaugitfelse und Eklogite) zur
2. Ordnung (Meso-Amphibolite) darstellen. Prof. Grubenmann
verlegt den Smaragditgabbro des niederösterreichischen Wald-
viertels, eine grobkörnige Varietät des flaserigen Amphibolits,
in die oberste Zone und führt ihn in seiner Systematik unter
den »Gabbroschiefern« im Anhang an die 3. Ordnung der
IV. Gruppe an.^ Dieser Ansicht widerspricht aber das Vor-
kommen der typomorphen Minerale der unteren Tiefenstufe.
Die Spuren von Kataklase, die in dem Gestein besonders in
den relikten Plagioklasen durch Verbiegung und Knickung
der Zwillingslamellen hervortreten, sind allein nicht hinreichend
für die Zuordnung des Gesteins in eine höhere Zone, da so
grobkrystalline Gesteine, wie das vorliegende, augenscheinlich
auch in tieferen Zonen Neigung zu kataklastischen Phänomenen
zeigen.
1 L. c. p. 209.
Mineralogisch-petrographisches Institut der Universität Wien,
Februar 1918.
Der Gabbro-Aniphibolitzug von Rehberg. 291
Tafelerklärung.
Tafel I.
Auftreten und Verbreitung des Gabbro-Amphiboüts von Rehberg. Schiefer-
gneis, Glimmerschiefer, Quarzit und Sedimente wurden in der geologisch-
petrographischen Skizze nicht ausgeschieden.
Gesteinsprojelction nach F. Beclce. Erklärung und Diskussion aut
p. 57 und 60 f. Im untersten Dreieck j,-, Cq f^ ist das Verhältnis folgender
Atomgruppen dargestellt, die sich aus den Molekularzahlen ableiten .
Aq = K AI Oo -}- Na AI Oo, C^ = Ca Al._, O^, Fq = Ca^ O.^ -f- lVIg2 O.^, -t- Fe._, O^,
(bei Überschuß von CaO über den Rest von AI2O3 nach Sättigung " der
Alkalien) oder = AlgOo + MgoOo -+- Fe^Oo (bei Überschuß von AL,0., über
Alkalien -f- Kaik).
Das darunter liegende Bild liefert die' Ordinate: Molekularprozente
SiOo-l-TiOg über der Abscine üq.
Das Dreieck An Ab Or gibt das Verhältnis An = CaAloO^, Ah = NaAlO^,
0;- = KA102.
Das Dreieck ca fe mg enthält die Projektionspunkte der Gesteine mit
Überschuß von CaO nach dem Verhältnis Ca2 02 : Fe2 0o : Mgo02; das Dreieck
al fe mg die Punkte der Gesteine mit Tonerdeüberschuß nach dem Verhältnis
AI2O3 : FcoOo : Mg2 02; beide geben Auskunft über das Verhältnis der in F(,
zusammengefaßten Stoffe.
Die Projektionszahlen stehen in den Tabellen p. 274, 277, 279 und 281
Tafel II.
Fig. 1. Uralit mit Kernen von reliktem Pyroxen (durch Einschlüsse
dunkel gefärbt) und mit Eiiischlüssen von kleineren, neugcbildeten Diopsid-
körnern (p. 228 und 231). Vergr. 7 mal.
Fig.,2. Streckungshof um einen Uralitknoten 'p. 234). Vergr. 7 mal.
Fig. 3. Epidotreiche, lichte Lage im Amphibolit. Die hornblendereicheren
I Lagen besitzen größere Amphibolitindividuen. Deutliche Krystallisalions-
schieferung (p. 251). Vergr. 17 mal.
Fig. 4. Plagioklas mit An-reicherem Ivern von reliktem Gabbro-Plagioklas
(p. 224). Gekreuzte Nikols. Vergr. 40 mal.
rßhet A.: D^'' Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg.
GobelstuTj^ .\t Hadersdorf
Amphibolittug von fiehbert
E„ ..„. ...^„..,."y=. K?::5s^ Gafcftro 1/. / .,
ijJ Amphibotit von iiiSSa j^, Zöbing u Schönberg.
Schiltern. ^^ Marmor
Maßslab 1:100.000
AmphiboUU
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd., I9I9.
I
Marchet, A.2 Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehber^.
Taf. 11.
Liclitdruck v. Max JaHe. Wiei
Sitzungsberichte d. kais. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 128. Abt. 1, 1919.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
128. Band. 4. Heft
21
295
Blütenbiologische Untersuchungen an
einigen Pflanzen der Ostalpen
Von
Dr. Karl Fritsch
(Vorgelegt in der Sitzung am 10. April 1919)
Im Jahre 1881 veröffentlichte Hermann Müller seine
grundlegenden Beobachtungen über die Blütenbiologie der
Alpenpflanzen.^ Er untersuchte mehr als 400 Arten aus der
Alpenflora der Schweiz und des Ortlergebietes in Bezug auf
ihre Bestäubungseinrichtungen und stellte fest, was für
Wk Insektenarten als Besucher ihrer Blüten auftreten. Später haben.
mehrere andere Forscher zahlreiche weitere Beobachtungen:
gemacht, die sich namentlich auf die Tiroler Alpen beziehen.
Hingegen liegen aus dem ganzen Gebiete der weiter östlich
I gelegenen Bergketten nur äußerst wenige einschlägige Unter-
suchungen vor.
Die Akademie der Wissenschaften in Wien bewilligte
mir im Jahre 1913 aus den Erträgnissen des Scholz-Legates
eine Subvention für blütenbiologische .Studien in den Ost-
alpen. Durch den 1914 ausgebrochenen Weltkrieg wurde das
Reisen derart erschwert, daß ich meine Absicht, an irgend
einer hochgelegenen Station längeren Aufenthalt zu nehmen,
aufgab und mich auf einzelne kürzere Ausflüge in das Alpen-
gebiet beschränkte. Auf diesen Ausflügen achtete ich nament-
lich auf solche Alpenpflanzen, über deren Bestäubungs-
verhältnisse in der Literatur keine oder nur spärliche Angaben?
1 H. Müller, Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten und ihn
-Anpassungen an dieselben. Leipzig 1881.
29() K. Fritsch,
ZU linden waren. Außerdem beobachtete ich den Insekten-
besuch auch auf vielen anderen Pflanzenarten.
In der vorUegenden Abhandlung teile ich die Ergebnisse
meiner Untersuchungen von zehn Alpenpflanzen in syste-
matischer Reihenfolge mit. Von diesen sammelte ich neun Arten
im Lande Salzburg und zwar sechs im Anlauftal bei Gastein
und drei im Salzkammergut. Die zehnte Art {Eiyngiiun alpiniuu
L.) untersuchte ich an kultivierten Exemplaren im botanischen
Garten der Universität Graz.
vSoweit ich auf den untersuchten Pflanzenarten Insekten-
besuch feststellen konnte, teile ich die bemerkten Insekten-
arten hier mit. Alle Beobachtungen über Besucher der Blüten
anderer Pflanzenarten, auch jene, die ich auf den erwähnten
Ausflügen an Alpenpflanzen machte, werde ich später
veröffentlichen.
In Bezug auf die Nomenklatur der Insekten habe ich
mich in der Regel nach den \\'erken \'on Staudinger-
Rebel (Lepidopteren), Dalla Torre (Hymenopteren), Hayden,
Reitter und Weise (Coleopteren) und Schiner (Dipteren)
gerichtet und die Autornamen in den meisten Fällen weg-
gelassen. Für die Bestimmung einiger mir zweifelhafter
Insekten habe ich den Herren Kustos A. Handlirsch,
Dr. A. Meixner und Prof. Dr. A. Penecke bestens zu
danken.
Auf der betreffenden Pflanze in größerer Anzahl ange-
troffene Insektenarten sind mit * bezeichnet.
Die Reihenfolge und Nomenklatur der Pflanzenarten
richtet sich nach der zweiten Auflage meiner »Exkursions-
flora für Österreich«.
I. HpHosperma quadrifidum (L.) Rchb.
In dem bekannten >^ Handbuch der Blütenbiologie« von
P. Knuth sind die Carypphj^liaw^een auf den p. 153 bis 2C»4
behandelt. Dort fehlt die Gattung Heliospcrnia ganz, ebenso
auch in den Veröffentlichungen von 11. Müller. Von den
zwei in den Ostalpen so häufigen Arten sammelte ich die
eine oben genannte bei Kreuzstein am Mondsee am 28. August
lilütonbicjlogisclie Untcrsuchuni^eii. 297
1913, um ihre Blüteneinrichtungen zu studieren. Es stellte
sich heraus, daß diese viel Übereinstimmung zeigen mit jenen
zweier habituell sehr ähnlicher Caryophyllaceen , welche
H. Müller^ untersucht hatte, nämlich Silene rupestris L.
und GypsopJiila repeits L. Ich werde daher bei der folgenden
Beschreibung auf den Vergleich mit diesen beiden Arten
besonderes Gewicht legen.
Die Blüten von Hcliospcrma qtiadrifnhmt sind sehr klein
und zart und stehen auf dünnen .Stielen. .Sie fallen nur da-
durch einigermaßen in die Augen, daß die ganze Pflanze ein
rasiges Wachstum hat und daher ziemlich viele Blüten nahe
beieinander stehen. Übrigens ist die Größe der Blüten ver-
änderlich. An dem .Standorte bei Kreuzstein am Ufer des Mond-
sees, wo die Pflanze an der Nordseite des .Schafbergstockes bis
zur Seehöhe von 490 ni herabsteigt, fand ich zwischen den
gewöhnlichen kleinblütigen Exemplaren auch solche mit etwas
größeren Blüten, deren Petalen erheblich breiter waren, wo-
durch sie einigermaßen an das im dortigen Gebiete fehlende
Heliosperma alpestre (Jacq.j Rchb. erinnerten. (Die Blüten
der letztgenannten Art sind allerdings noch beträchtlich
größer.) Bei den erwähnten großblütigen Exemplaren schließen
die Petalen seitlich aneinander, während sie sonst Zwischen-
räum.e zwischen sich lassen. In Bezug auf die Ausbildung
der Sexualorgane fand ich keinen Unterschied zwischen den
kleinblütigen und den relativ großblütigen Stücken der Art.
Übrigens schwankte der Durchmesser der Blüten nur zwischen
6 und 7 1U1U. Eine Form mit beträchtlich größeren Blüten und
noch breiteren Petalen, die zudem durch hellrosenrote Färbung
auffallen, kommt namentlich im Bereiche der Hohen Tauern
nicht selten vor. Sie wurde seinerzeit als Silciic pndibunda
Hoffman nse gg beschrieben. In ihrer Diagnose- wird das
Merkmal »petalis invicem incumbentibus« besonders hervor-
gehoben. Mir liegen besonders instruktive Exemplare dieser
Form vor, welche Dolenz auf der »Kramser Käser im Giittal
bei Heiligenblut, 1900 ///« gesammelt hat. Die Pflanze ist
1 Alpenblumen p. liU bis 194.
2 In i^eic henbach, Flora germanica 6xcursoria. p. 817.
"298 K. Klitsch,
kräftiger und höher als das gewöhnliche Heliospenna quadri-
fuiuni, die Blüten haben einen Durchmesser von ungefähr
1 etil und ihre Kelchzipfel sind schön violettpurpurn gefärbt.
Übrigens ist diese auffallende Form durch Zwischenformen
mit dem Typus der Art verknüpft.^
Heliospenna qiiadrißdnrn gehört zu jenen Silenoideen,
welche durch Ausscheidung eines klebrigen Sekretes an den
oberen Stengelteilen gegen aufkriechende Insekten geschützt
sind. Übrigens ist dieser Schutz bei unserer Art viel schwächer
ausgeprägt als bei den gewöhnlich als Schulbeispiele genannten
Arten von vSilene und Viscaria, ja auch schwächer als bei
dem nahe verwandten Heliospenna alpestre. Bei den von
mir am Mondsee .gesammelten Stücken war die Klebrigkeit
fast ganz unmerklich, während sie an anderen Standorten
oft \"iel deutlicher in Erscheinung tritt. Herbarexemplare aus
dem Brunngraben bei Gußwerk in Obersteiermark (gesammelt
von Klamme rth) zeigen einen schon in der vegetativen
Region aulfallend klebrig-en Stengel. In anderen Fällen ist
auch der Kelch deutlich klebrig, so z. B. bei Stücken, welche
Dolenz am Polinik in der Kreuzeckgruppe in Kärnten in
1900;// Seehöhe sammelte. Andere Formen nähern sich durch
Bekleidung der Stengel oder auch der Blätter und Kelche
mit Drüsen und Wollhaaren dem T^'-pus des Heliospenna
■eriophonan Juratzka. Diese Formen, wie sie z. B. von
Dalla Torre und Sarnthein- als var. villosnm Gelmi und
var. nwnaelwnun (\'is. et Pancic) angeführt werden, be-
dürfen übrigens noch der systematischen Klärung.-' Das in
allen Teilen schmierig-zottige Heliospenna erioplionun selbst
ist jedenfalls vortrefflich gegen aufkriechende Insekten ge-
schützt. Ich glaube nicht, daß es irgend einem kleineren
Insekt gelingen dürfte, bis zu den Blüten hinaufzukriechen!
i Zu diesen Zwischeiiformen scheint auch Heliospenna quadrifidum
'var. rillt larc (Hausni.) Dalla Torre et Sarnth. zu gehören (Fl. von
Tirol, VI.. 2, p. 193).
-' Flora von Tirol, VI., 2, p. 104.
*5 Man vergleiche: Neilreich, Die Vegetationsverhältnisse von Croatien,
-p. 208 und 209; Beck, Flora von Südbosnien, p. 87; -Maly in Glasnik
,Mus. bosn. herceg. XV., p. 561.
Blütenbiologische l'ntei suchungen. 299
"Hingegen hat das typische Heliospenna qiiaJrißJuin meist
nur einige Wimpern an den Rändern der Blätter (gegen den
•etwas verwachsenen Grund zu) und ab und zu zerstreute
Härchen am Stengel, die oft ganz fehlen, an den oben
erwähnten Stücken aus Gußwerk aber an den unteren Inter-
nodien reichlicher auftreten. Als Hindernisse für aufkriechende
Insekten kommen diese Härchen wohl nicht in Betracht.
Erheblich stärker behaart ist Heliosperina alpestre, was damit
;zusammenhängen dürfte, daß diese Art relativ trockenere
Standorte bewohnt. Gypsophila repcns und Silene rupestris
•sind aber ganz kahl (letztere etwas bereift).
Die hellgrünen Kelche haben an ihren abgerundeten
:Zipfeln weiße oder etwas gerötete Hautränder. An dem
^Material vom Mondsee beobachtete ich, daß diese Hautränder
sich nach dem \'erblühen meist ganz violett färben. Auch
•an Herbarexemplaren aus anderen Gebieten (z. B. vom
Luschariberg in Kärnten, gesammelt von Dolenz) konnte ich
dies beobachten, während mir Exemplare aus dem Gebiete
•der Tiroler Dolomiten vorliegen, bei welchen diese Verfärbung
nicht eingetreten war. Daß bei Hcliosperma piidibundiim
'(Hoffgg.) Griseb. meist die ganzen Kelchzipfel violett-
purpurn gefärbt sind, wurde schon oben erwähnt.
Der Speziesname »quadrificlci«, der von Linne über-
nommen ist,^ bezieht sich bekanntlich auf die sehr charak-
teristischen vier Zähne am Rande jedes Petalums. Auch die
Gipfel der Nebenkrone sind vierspaltig und wiederholen so
mgefähr die Gestalt der Petalenplatte. Bei der ähnlichen
yilene rupestris sind die Fetalen durch eine Ausrandung
sweilappig und die Zipfel der Nebenkrone zweispaltig.''^ Da
he Nebenkrone aufgerichtet ist, verlängert sie gewisser-
[maßen die vom Kelch gebildete Röhre und bildet zugleich
;in Hindernis für kleine Insekten, die etwa von den Petalen-
[^platten aus in das hmere der Blüte eindringen wollten. Ein
solches Eindringen von der Seite her wäre daher nur durch
1 Ciictthahis qtiadiißdiis Linne, Species plantarum ed. 1, p. 41,1 mit
1er Diagnose: >Cucubalus caule 6\c\\oiomo, pelalis qnadrifidis<.
- Sehr gut abgebildet bei H. Müller, Alpenblumen, p. 193, Kig. 77.
300 . K. Fritsch.
die schmalen Spalten möglich, welche die Fetalen gewöhnlich
zwischen sich lassen; aber gerade dort stellt sich stets ein
Filament in den Weg!
Die stäubenden Antheren ragen beträchtlich über die
Zipfel der Nebenkrone hervor, über die Platten der Fetalen
natürlich noch mehr, da die letzteren horizontal ausgebreitet
sind. Die Antheren öffnen sich nach innen und zwar zu sehr
ungleicher Zeit, wie das schon für viele andere Carj^o-
phyllaceen bekannt ist. ^ In manchen Fällen sind alle fünf
episepalen Staubblätter gleichzeitig reif, während die fünf
epipetalen noch im Schlünde der Blüte verborgen sind; in
anderen Fällen fand ich nur zwei oder drei der episepalen
Staubblätter reif und die anderen von ungleicher Länge. Der
Vorgang entspricht sehr gut der Abbildung, welche H. Müller
a. a. O. von Silene rtipestris gibt (Fig. 77 Ä). Zuletzt biegen
sich die Filamente etwas nach einwärts, was nach H. Müller
bei Silene rupesiris und Gypsoplnla repens offenbar nicht der
Fall ist.
Die drei Griffel fand ich schon im männlichen Stadium
der Blüte divergierend, aber im Schlünde der Blüte ver-
borgen. Später wachsen sie heran und nehmen im weiblichen
Stadium der Blüte mit ihren einwärts gekrümmten Spitzen
genau die Stelle der Antheren ein (vgl. H, Müller, a. a. O.,
F'ig. 77 C und D für Silene rupesiris). Die Narbenpapillen
sind, wie bei vielen anderen Silenoideen, sehr auffällig
sichtbar.
Die Kleinheit der Blüten des Hcliospcruni qiidJrißduui
und die in der Regel rein weiße Färbung ihrer Fetalen weisen
auf kleine Insekten als Bestäuber hin. H. Müller hat an
Silene riipestris einen Dasytes, sieben Arten von Dipteren,
zwei Hymenopteren und sechs Lepidopteren beobachtet, unter
den letzteren vier Tagfalter. Ähnlich verhält es sich mit
ijypsophila repens, für welche H. Müller 14 Dipterenarten,
zwei Bombusarten und fünf Lepidopteren angibt. Der Besucher-
kreis des Heliospernia qiiadrifidtun dürfte ein ähnlicher sein,
1 Z. B. für Dicinlliiis leitest inus Rchb. (vgl. meine Darstellung in
diesen Sitzungsber., Bd. 122 [1913], p. .'>03 und Tafel I).
I
l^lütcnbioloi^ische rntersucluini^L-n 301
muß aber erst durch weitere Beobachtungen festgestellt
werden. Ich selbst fand am 9. Juli 1905 am Schöckel bei
Graz in den Blüten dieser Pflanze ein dunkel gefärbtes
Aiitliobiiiin (nach dem Habitus wohl ,4. ßorale). Bei Scharf-
ling am Mondsee beobachtete ich als Besucher am 11. August
1914: Tineiden, kleine Dipteren und Thysanopteren. Unter den
Dipteren konnten Enipis Jepioinorion Bezzi 'f und Emjns
pscudomalleola Strobl cT festgestellt werden. Die Thysanopteren
bestimmte mir Herr Dr. H. Priesner (Urfahr) als PJiysotvips
viiliiaiissimiis cT 9 mit dem Bemerken, daß das Männchen
bisher nicht bekannt gewesen sei. Als Bestäuber kommen
die Thysanopteren hier wohl kaum in Betracht.
Es wäre interessant zu untersuchen, ob der Insekten-
besuch bei dem oben erwähnten HeUosperma piidibiinduin
ein reichlicherer ist als bei der gewöhnlichen Form unserer
Art. Die größeren, einander mit den Rändern deckenden
Petalen, die zudem noch hellrosa gefärbt sind, weisen auf
eine etwas höhere blütenbiologische Organisation hin; man
könnte vielleicht mehr Schmetterlinge als Besucher er-
warten.
Nach dem Verblühen vertrocknen die Petalen, ohne ab-
zufallen. Die junge Kapsel ragt nur wenig aus dem Kelche
heraus, so daß sie durch diesen gegen äußere Einflüsse
geschützt ist. Die meisten Blüten liefern gut entwickelte
Kapseln mit zahlreichen Samen.
IL Aconitum tauricum Wulf.
ÄcoiiHnui iidpeUiis L. ist ein altes Schulbeispiel für die
spezielle Anpassung von Blüten an Hummeln.^ Die einzelnen
Formen, in welche diese Linne'sche Sammelart zerfällt, sind
indessen keiner speziellen Untersuchung in blütenbiologischer
Hinsicht unterzogen worden. Am 11. August 1913 hatte ich
Gelegenheit, im Anlauftal bei Gastein am Weg zur Radeck-
alpe in größerer Menge Aconitum tauricum Wulf, zu beob-
achten. Der Blütenbau stimmt selbstverständlich mit dem von
1 Die einschlügige Literatur tindcl man in Knuth's »?1andbuch der
Blütenbiologie« IL, 1, p. 49 ft'. \erzeichni.t und \er\vertet.
■302 K. Fritsch.
Aconitinn uupcUus in allen wesentlichen Punkten überein.
Indessen wäre erst festzustellen, was für eine Form H. Müller^
als »,4. napellus« beschrieben hat! Da seine Abbildung nach
^iner beim Berninahaus in der Schweiz gesammelten Pflanze
hergestellt ist und auch seine Insektenbeobachtungen an
schweizerischen Standorten gemacht wurden, dürften sich
seine Angaben — wenn ich die von Gaj^er- vorgenommene
^Gruppierung annehme — auf Acoiiiiutu compacfiini Rchb.
beziehen, welches ja ebenso wie unser Aconitum tauricnrn
eine Hochalpenform ist und gewissermaßen die letztere Art
in den Schweizer Alpen vertritt.
H. Müller hat die Blüten der Aconitit in- Arten morpho-
logisch nicht richtig beschrieben. Er spricht von vier Kelch-
tilättern, zwei oberen, die zu einem »Helm« verwachsen sind
und zwei unteren freien, sowie von vier Blumenblättern,
•deren oberes Paar zu »Saftmaschinen« umge.staltet sei. Nach
der allgemeinen — auch schon lange vor. H. Müller
üblichen — Auffassung gehören alle fünf petaloiden Organe
«inem Perianth kreis an, den man als Kelch oder als Perigon
bezeichnen kann, je nachdem man die »Honigblätter« als
Kronblätter deutet oder nicht. ^
Ist bei H. Müller sonach nur die Deutung der Blüten-
1eile unrichtig, so stellt Knuth'^ die Tatsachen auf den
Kopfl Schon bei der allgemeinen Charakteristik der Gattung
Aconitum heißt es: »Die großen, blauen, violetten, bunt-
gescheckten oder lebhaft gelben^ Kelchblätter dienen im
Verein mit den kleineren Kronblättern als Anlockungsmittel«.
Wenn hier unter »Anlockungsmitteln« der Schauapparat
-der Blüte gemeint ist, so muß darauf hingewiesen werden,
-daß die Honigblätter von außen gar nicht sichtbar sind, da
sie bekanntlich im Helm verborgen liegen. Knuth meint
1 Alpenblumen, p. 137 bis 139.
2 Vorarbeiten 7ai einer Monographie der europäisclien Acoiii /tun- Avt<:n.
Magyar botanikai lapok 1*909.
•'■ Man vergleiche Prantl in den >XatürI. Pfianzenfamilien-. III., 2,
p. 49 und üO.
■1 Handbuch der Blütenbiologie, IL, 1. p. 49 ff.
iJ Aconiliiiii-Avtcn mit lebhaft gelben Blüten kenne ich nicht I
Ijüitcnbiülogischc rntcrsuchungen. 303
-aber hier unter den »Kronblättern« offenbar überhaupt nicht
■die Honigblätter, sondern wieder die seitlichen Sepalen, wie
H. Müller. Bei der speziellen Besprechung der Aconitum
napcJlns spricht er von einem oberen, großen Kelchblatt
(Helm) und von drei (!) unteren kleineren Kelchblättern,
dann aber noch von »den beiden unteren Kronblättern«, wo-
nach also der Schauapparat aus sechs Blattorganen be-
-stünde! Diese merkwürdige Darstellung scheint durch kritik-
loses, aber auch ungenaues Abschreiben aus H. Müller ent-
-standen zu sein; denn H. Müller spricht gleichfalls von vier
Kelchblättern, aber er nimmt an, daß zwei derselben den
>^Helm« bilden. Solche Fehler in Handbüchern, aus w^elchen
zahlreiche populäre Darstellungen geschöpft werden, sind
sehr bedauerlich!^
Unter den Exemplaren des Aconitum tauricuni, welche
ich im Anlauftal sammelte, befanden sich auch solche, deren
Traubenspindel und Blütenstiele eine deutliche Behaarung
aufwiesen. Ich erwähne das, weil die Kahlheit dieser Teile
gewöhnlich als wichtigster Unterschied gegenüber Aconitum
^lapeUus angeführt wird.'' Es w'iwQ durchaus unnatürlich, die
nebeneinander wachsenden Exemplare, die sonst ganz gleiches
-Aussehen haben, wegen dieses Merkmals verschiedenen Arten
.zuzurechnen. Ich schließe mich in dieser Hinsicht der Auf-
fassung von Gay er'" an. Charakteristisch für Aconitum
■ tauficuni ist jedoch der gedrungene Habitus, der mit der
beträchtlichen Seehöhe, in der diese Art gewöhnlich wächst,
in bestem Einklänge steht. Die Pflanze ist verhältnismäßig
niedrig und der Blütenstand, dessen einzelne Blüten dicht
aneinander grenzen, folgt unmittelbar über dem gleichfalls
dicht angeordneten Blattwerk. Nur an einigen Exemplaren,
•die tiefer unten im Tale standen, fand ich eine mehr lockere,
-an das gewöhnliche Aconitum »napellusi^ erinnernde In-
floreszenz.
1 Als Gegenstück cnvähnc ich die ganz korrekte Darstellung in dein
ibekannten Werke von 0. Kirchner, Blumen und Insekten, p. 250 ft".
- So auch in meiner E.xkursionstlora für Österreich, 2. Aufl., p. 238.
•■ A. a. 0. p 144 ff. — \'gl. auch Hayek, Flora von .Steiermark, I.,
■,p. 424.
804 K. K ritsch,
H. Müller beschreibt die Blütentrauben des Acunitiun
>'nüpclliis« als 100 bis 200 ;;//;/ lang und etwa 20 ;///;/ breit;
bei Aconitiiiii tanriciini fand ich sie meist nur 70 bis 90 ww
lang, dafür aber 35 bis 40 mm breit. Diese Differenz steht
im besten Einklänge mit der oben ausgesprochenen \'er-
mutung, daß sich Müller's Angaben axii Aconiiuni cninpiuiiini
beziehen dürften. Denn dieses hat nach Gayer^ eine schmale^
10 bis 25 cm lange Traube und unterscheidet ■ sich von
Aconitum tcuiriciim unter anderen Merkmalen auch durch
die schmälere Traube. — Am unteren Ende der Infloreszenz
finden sich manchmal kleine Seitenästchen, welche mehrere
kleine Knospen tragen. Diese kommen wahrscheinlich nur
ausnahmsweise zur Entwicklung.
Die Farbe der Blüten ist ein dunkles Blauviolett. H. Müller
nennt sie bei seinem Aconitum napeltus ^tiefblau«, woraus-
ich aber keinen Unterschied konstruieren möchte. Die Honig-
blätter sind ganz violett, nur an der äußersten Basis ihres
stielförmigen Teiles weiß. Die Spitze der »Kapuze« ist fast
schwarz, die aufgebogene Innenfläche weißlich. Das Innere
der »Kapuze« ist aber einfarbig violett und nicht »grünlich«,,
wie nach H. Müller bei Aconitum y>nüpeltus«. Die Filamente
sind dunkelviolett, die Antheren fast schwarz, der Pollen
jedoch gelblichweiß. Die drei grünen Karpiden endigen in.
schwarzblaue Narben.
Die ausgeprägte Proterandrie der Aconitum-Avten war
schon Sprengel- bekannt. Es ist in der Tat für jeden auf-
merksamen Beobachter sehr auffallend, daß am Anfange der
Anthese immer einige der Pollen darbietenden Antheren in'
der Mitte der Blüte stehen, während zuletzt die drei Narben
denselben Platz einnehmen. Diesen Vorgang und seine Kon-
sequenzen für die Bestäubung hat H. Müller a. a. O. so-
trefflich geschildert, daß ich nichts hinzuzufügen wüßte.
Daß die legitimen Bestäuber der .4t'o«/Y/a;/-Arten Hummeln
sind, ist schon lange bekannt. Es sei hier namentlich auf
1 A. a. 0., p. ir>3 und l.")4.
- Das entdeckte Geheimnis, p. 279.
IJlütenbiologische Untersuchungen. 30o
<lie bekannte Abhandlung von Kronfeld^ hingewiesen, in
Avelcher ungefähr ein Dutzend von Bombns-Arten als »eutrope«
Besucher der Aconitiun-Blüten verzeichnet werden, allerdings
auch solche, die, wie z. B. Bonibiis uiastrncatns, den Honig
durch Anbeißen des Perianthiums zu gewinnen pflegen. Am
11. August lftl3 traf ich im Anlauftale nur eine ßi^nibiis-
Art auf Acoiiifuin iauricnni saugend, diese aber in großer
Anzahl: Boinbns uiendax ^. Sonst waren in den Blüten
noch zu finden: Fonuica fnsca y, verschiedene Dipteren
(darunter Museiden und zwei Bibio pomonac 9), endlich an
manchen Stellen zahh^eiche Exemplare \'on Ant/iopJni,i:iis
alpinns.
Bouibiis lucndax ist schon von mehreren Forschern als
Besucher der Blüten von Aconit um >'napeUtis« (im weiteren
Sinne) beobachtet worden.- Knuth führt ihn in seinem
»systematisch - alphabetischen \'erzeichnis« der >- blumen-
besuchenden Tierarten« irrtümlich als dystropen Besucher
an,-' offenbar deshalb, weil bei Kronfeld das Männchen
dieser Art (nach Hoff er) als »Einbrecher« angeführt wird.
Die Arbeiter des Bouibiis uiendax kriechen aber, wie ich
mich selbst überzeugte, stets in die Blüten hinein, um zu
saugen. Sie können das sehr leicht, weil sie meist nicht
.groß sind.
Ohne an der zweifellos feststehenden Tatsache, daß
Hummeln die normalen Bestäuber der ,-l(.-o;//7/n//-Blüten sind,
rütteln zu wollen, möchte ich nur kurz darauf hinweisen,
daß ohne Zweifel nebenher auch andere Insekten die Be-
stäubung besorgen können, wie z. B. die oben erwähnten
Dipteren, namentlich wenn sie so groß sind, wie Bibio
pouiouüc.
III. Eryngiuni alpinum L.
(ierne hätte ich auch die Blüteneinrichtungen dieser
schönen Pflanze an einem ihrer natürlichen Standorte studiert.
1 L'ber die biologischen Verhältnisse der AconUnin-hKxit. Botan. Jalu'-
büclicr von Engler, Bd. XI, p. 1 bis 20, Tat". I.
- .So von H. Müller, Frej^-G essner, Handlirseh und Hof Ter
(nach Kront'eld a. a. O.").
3 Knuth, Handbuch IL, 2, p. 017.
SOG K. F ritsch.
Da dies aber während der Kriegszeit unmöglich war, unter-
suchte ich im Juni 1915 die im Grazer botanischen Garten
kultivierten Exemplare und beobachtete auch dort die als
Besucher auftretenden Insekten.
Während über Erynginni niarifiinitin L. und über
Eryngiuui caiitpestre L. ausführlichere blütenbiologische Unter-
suchungen vorliegen, wußte Knuth^ über Etyngiiim alpinnm'L.
nur mitzuteilen, daß sich dessen Hüllblätter nach Christ:
mit Sonnenaufgang öffnen und mit Sonnenuntergang schließen..
Hingegen hat Kirchner- im botanischen Garten zu Hohen-
heim Gelegenheit gehabt, die Blüteneinrichtungen von Eryngimu
dlpiniitn zu untersuchen. Die folgenden Zeilen sollen die-
von Kirchner gemachten Mitteilungen in einigen Punkten
ergänzen.
Eiyugiuni ulpiniini ist bekanntlich eine sehr auffällige-
Ptlanze. Die Auffälligkeit wird einerseits durch den hohen
Wuchs, andrerseits aber ganz besonders durch die großen
Hüllblätter bedingt, welche ebenso wie die Stengel mehr oder
weniger stahlblau überlaufen sind. Betrachtet man diese-
HüUblätter näher, so sieht man, daß ihre zahlreichen zer-
schlitzten Blätter sehr dicht angeordnet sind und geradezu,
starren von dornigen Spitzen. Man sollte glauben, daß diese
Hüllblätter ein ganz ausgezeichnetes Schutzmittel der Blüten
gegen aufkriechende Insekten wären. Da aber nun auf den
Blüten zahlreiche Ameisen herumkriechen — so ist es
wenigstens im botanischen Garten in Graz'^ — so werden-
wenigstens diese durch die Hüllblätter nicht abgehalten,,
die Blüten zu erreichen. Man könnte deshalb die Hüll-
blätter in erster Linie als Schutzmittel der Blütenstände
gegen pflanzenfressende Säugetiere auffassen. Ob die ohne-
dies selbst durch viele Dornspitzen geschützten Blüten ohne
diesen Schutz der Hüllblätter wirklich von Säugetieren ge-
fressen würden, müßte erst experimentell festgestellt werden..
^ Handbuch der Blütenbiologie, II., 1, p. 4C9 bis 472.
- Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde zu Württemberg-
LVII., p. 36 und 37 (1901).
•' Kirchner machte in Hohenheim dieselbe Beobachtung.
Hüitenbiologischc Untersuchungen. 30/
Der Umstand, daß die äußersten, kurzen Zipfel der Hülle
fast vertikal nach abwärts gerichtet sind, spricht wohl mehr
für die Funktion, aufkriechende Tiere, z. B. Schnecken, ab-
zuhalten. Um nicht mißverstanden zu werden, möchte ich
bei dieser Gelegenheit betonen, daß ich keineswegs der
Meinung bin, jede morphologische Eigentümlichkeit eines-
Organismus müßte unbedingt einen speziellen -Zweck«
haben. Gleichwohl bietet das Nachdenken über die Funktionen^
auffallender Gestaltungen viel Interessantes, namentlich aber
Anregung zu experimenteller Prüfung.
Die fünfkantigen Blütenknospen sind von den fünf
gerade vorgestreckten Spitzen der Kelchblätter und von den
frühzeitig entwickelten Griffeln überragt. Kerne r^ beobachtete
diese letztere Eigentümlichkeit bei Ervnginin- Arten und
schloß daraus auf Proterogynie. In der Tat sind aber die
bisher untersuchten Arten der Gattung Eryngiiim in Überein-
stimmung mit den meisten anderen Umbelliferen- ausgeprägt
proterandrisch. Kirchner gibt das a. a. O. auch schoi>
für Eryngium alpiniun an. In Ergänzung seiner Angaben
kann ich die folgenden Beobachtungen mitteilen:
Der scheinbar weibliche Zustand dauert eine Reihe-
von Tagen. Man findet oft Blütenstände, deren sämtliche
Blüten noch geschlossen sind, aber von den Griffeln über-
ragt werden. Dann beginnen die untersten Blüten (ent-
sprechend der Aufblühfolge botry tischer Blütenstände) ihre
Staubblätter herauszustrecken, welche nun sofort die Griffel
überragen. Vorher waren die Filamente, wie überhaupt bei
den Umbelliferen, nach innen eingebogen; ihre grünlichen
Kniee sind schon in jungen Knospen zwischen den Petalerfc.
sichtbar.
Nicht uninteressant sind die Färbungen der Blüten-
teile in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung. An
der Knospe fand ich den verdeckten Teil des Kelches hell-
1 Pflanzenleben, 1. Aufl., II. Bd., p. 310 und 321, 2. Aufl.. II. Bd...
p. 284 und 295. Eine damit in Widerspruch stehende Stelle der 1. Auflage
(II. Bd., p. 277) ist in der 2. Auflage gestrichen.
■-' Man vergleiche Knuth, Handbuch II., 1. p. 400, 461 und 471.
308 K. Fritsch,
grün, den oberen Teil dunkler grün und dabei mehr oder
weniger stahlblau überlaufen. Stahlblau sind insbesondere die
vorragenden Grannenspitzen und die Ränder der Kelchblätter.
Auch die beiden Griffel, welche anfangs weißlichgrün sind,
Jaufen immer mehr und mehr stahlblau an, namentlich gegen
ihre Spitze zu. Die Kronblätter, welche auch zur Zeit des
Aufspringens der Antheren immer noch nach innen einge-
knickt sind, also ihre Knospenlage lange beibehalten, sind
weißlich mit grünem Mittelnerv und nur an der dem Lichte
ausgesetzten Stelle oft etwas stahlblau angelaufen. Die
Filamente laufen nach oben zu mehr oder weniger stahlblau
an, sobald sie sich ausstrecken. Auch die Antheren sind
stahlblau; nach ihrem Aufspringen bilden ihre Wände einen
stahlblauen Rahmen um die sehr reichlichen, gelblichweißen
Pollenmassen. Deutlich ist die Abhängigkeit der Antho-
kyanbildung von der Belichtung zu beobachten, da
stets nur solche Teile, die dem Lichte ausgesetzt sind, die
stahlblaue Färbung aufweisen.
Die mikroskopische Untersuchung der stahlblauen Kelch-
blattränder ergab das interessante Resultat, daß die Zellen
dort einen schvvarzblauen Farbstoff in Form von Körnchen
enthalten. Diese Körnchen sind zu Klumpen oder Gruppen
von verschiedener Gestalt vereinigt. Setzt man dem Präparat
Wasser zu, so lösen sich diese Klumpen auf und die Zellen
■erscheinen dann gleichmäßig violett tingiert. In der Epidermis
■des Stengels und der Hüllblätter fand ich das Anthokyan
überall im Zellsaft gelöst. In den häutigen Kelchblatträndern
findet offenbar ein Austrocknungsprozeß statt, der zum Heraus-
fällen des im Zellsaft löslichen Farbstoffes führt. Ich habe in
■der bekannten Arbeit von Molisch^ »über amorphes und
kiistallisiertes Anthokj^an« nachgesehen, aber dort die Gattung
Eryngiiun nicht erwähnt gefunden.
Die Hüllblätter sind an der Oberseite ganz oder doch
größtenteils stahlblau überlaufen; in letzterem Falle besitzen
sie schmale grüne Streifen zwischen den Nerven. An der
Unterseite der Hüllblätter sind nur die Nerven, der schmale
1 Botan. Zeitung LXIII (lOo.')), p. Uw ff.
Blütenhiologische rntcrsuchungen. SÖV
'Kiuid lind die Domspitzen blau, die dazwischen liegenden
Flächen aber grün. Blaue Nerven und Randdomen linden sich
^uch an den obersten Stengelblättern. Bemerkt sei noch, daß
die Oberseite der Hüllblätter zahlreiche Spaltöfthungen auf-
weist und daß ihre Epidermis sehr schöne, radial aus-
strahlende Kutikularstreifen zeigt.
Der gesamte Aufbau der Blüten ist sehr ähnlich jenem
von Eiyiiginni campestre L., welchen H. Müller* untersucht
hat. Beide Arten haben die auffallend vorstehenden Grannen-
spitzen der Kelchblätter, von welchen schon oben die Rede
war. Bei Eryiigiiim cainpeslrc ragen nach H. Müller »die
ebenfalls starren, steifgrannigen Blütendeckblätter« »noch weiter
hervor«. Bei Eryngiiun alpinuui überragen diese die Kelch-
blätter manchmal überhaupt nicht, jedenfalls aber nur so
wenig, daß sie leicht übersehen werden können. Die Spitzen
und der Mittelnerv der Deckblätter sind stahlblau über-
laufen.
Die Antheren sind versatil, nämlich quer auf die Spitze
des Filamentes gestellt, wie bei Erynginui cainpesfre nach
der oben zitierten Abbildung von H. Müller. Die leichte
Beweglichkeit der Antheren bewirkt, daß das besuchende
Insekt um so sicherer mit Pollen beladen wird. — Die von
H. Müller in Fig. 32, 3 abgebildete »von einem zehnlappigen,
von winzigen anliegenden Borsten rauhen Walle umschlossene
Vertiefung von fünfeckig-rundlichem Umrisse,« welche den
Honig ausscheidet, ist auch bei Eiyugiiiiit aJpiuuiu zu beob-
achten. Jedoch sind die den imterständigen Fruchtknoten
{beziehungsweise ^ das Receptaculum) außen bekleidenden
Schuppen bei Eryngiiun alpimiiii viel spärlicher und weniger
auffällig als bei Eiyngiuin cainpesfre nach den Fig. 32, 1, 2
und 3 bei H. Müller. Die obersten dieser Borsten haben
violette Spitzen, da diese dem Lichte ausgesetzt sind.
Als Besucher der Blüten von Erynginm alpiunni beob-
achtete Kirchner in Hohenheim außer den schon oben
erwähnten Ameisen auch Hummeln. Im botanischen Garten
1 Die Befruchtung der Blumen durch Insekten p. 98 bis 99. Nament-
hch instruktiv ist die dort gegebene Abbildung (Fig. 32).
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd. 22
810 K. Fritsch,
in Graz achtete ich im Sommer 1915 während der i^anzen
Blütezeit der Pflanzen (Mitte Juni bis ges^en Mitte Juli) auf
die sie besuchenden Insekten, ohne eine Hummel unter ihnen
wahrzunehmen. Hingegen war die Honigbiene stets in
Menge vorhanden und saugte eifrig an den einzelnen BRiten
(neben der gewöhnlichen Apis nteUifera auch Apis Jignsficcf).
Ab und zu waren auch kleinere Apiden und Thysanopteren
zu beobachten.
IV. Heracleum austriacum L.
Die Dolden des HeracJcuui sjilioudylinin L. sind als
Tummelplatz aller möglichen Insekten bekannt.^ Hingegen
habe ich in der blütenbiologischen Literatur vergebens nach
irgend einer Angabe über unser subalpines Heracleum
anstriacinn gesucht. Bei K'reuzstein am Mondsee, wo ich,.
wie oben berichtet wurde, am 28. August 1913 Heliosperina
quadrifulinn sammelte, war auch Heracleum austriacnin zu
finden. Ich benutzte die Gelegenheit, mir auch diese Pflanze
in Bezug auf ihre Bestäubungsverhältnisse näher anzusehen.
Die Blütenstände sind jenen des Heracleum splionJylium
ähnlich, jedoch zarter gebaut. Die Farbe der Blüten ist in
den meisten Fällen weiß; manchmal sind nur die rand-
ständigen vergrößerten Petalen, manchmal aber auch alle der
ganzen Dolde mehr oder weniger rosenrot überlaufen. Niemals,
ist aber dieses Rot so intensiv wie bei dem nahe verwandten
Heracleum siifoUum (Scop.) Rchb. der südlichen Kalkalpen,
Sehr bedeutend ist der Unterschied in der Größe der
Blüten, da ja bekanntlich die Randblüten »strahlend« sind..
Der Durchmesser der Blüten schwankt zwischen 8 mui und
\2inin, wobei zu bemerken ist, daß zwischen diesen Extremen
alle Übergänge vorhanden sind. Es sind nämlich nicht nur
an den randständigen, sondern auch an den mittleren Döldchen
die randständigen Blüten ausgesprochen z3'gomorph, und
ferner auch an den randständigen Döldchen die nach innen
1 Die Liste der besuchenden Insekten umfaßt in Knutii's »Handbuch«
vier Druckseiten (IL, 1, p. 496 bis 499), ist aber einer fast unbegrenzten
Erweiterung fähig.
IJliitenhiologisclie Uiitersucliungen. oll
gerichteten Kandblüten erheblich weniger vergrößert als die
äußeren. An den äußeren Randblüten der peripheren Döldchen
ist die Zygomorphie stets sehr auffallend; die nach außen
gerichteten Fetalen werden hier bis zu 10 nun lang. Alle
Fetalen erscheinen, wie bei sämtlichen Arten der Gattung, zwei-
spaltig mit eingeschlagenem Endläppchen. Bei den Randblüten
ist dieses Endläppchen besonders deutlich entwickelt und
immer aus breiter Basis in eine feine, haarföi'mige, einwärts
gekrümmte Spitze ausgezogen. Die großen Fetalen der Rand-
blüten sind sehr tief gespalten, so daß die beiden Abschnitte
eine Länge von 5 bis 7 mm erreichen.
Als Hindernisse für auf kriechende Insekten könnten
allenfalls gedeutet werden: die kurze, borstige Behaarung des
Stengels,^ der Doldenstrahlen, der Blütenstiele und des
Receptaculums; die langen und schmalen, nach unten ge-
richteten Blätter der Hüllchen, zu denen manchmal noch
einzelne der »Hülle« kommen. Die fünf sehr deutlichen, drei-
eckigen Kelchblätter stehen natürlich in den von den Fetalen
freigelassenen Zwischenräumen.
Jedes Döldchen enthält zwittrige und männliche Bluter/
und zwar so verteilt, daß in der Regel die randständigen
Blüten zwittrig, die meisten mittleren männlich sind. Ich habe
in einigen beliebig herausgegriffenen Eällen Zählungen vor-
genommen, welche folgendes Ergebnis lieferten: Dolde I-
Döldchen 1 (randständig): 9^ und ungefähr 20 o" Blüten.
Döldchen 2 (randständig): 10^, 20 0". Döldchen 3 (rand-
ständig): 8^, 22 cf. Döldchen 4 (aus der Mitte;: 1 ^, 12 i'.
Döldchen 5 (aus der Mitte): 5^, 16 cf. Döldchen 6 (aus der
Mittej: 5?^, 14 cf. Dolde II. Döldchen 1 (randständig): 18^^,
10 cf. Döldchen 2 (randständig): 18 8, 16 cT. Döldchen 3-
(randständig): 16 H, 13 cf. Döldchen 4 (aus der Mitte): 89',.
lief. Döldchen 5 (aus der Mitte): 8^, 13 ö''. Döldchen G
(aus der Mitte): II'-], lief. Diese Zählungen wurden, da an
jungen Blüten der Fruchtknoten noch sehr klein und die
Griffel unentwickelt sind, an verblühenden Dolden ausgeführt.
Hierbei kann der l-'ehler unterlaufen sein, daß manchmal
1 Sie ist manchmal sehr schwach!
312 K. Fritscli,
fehlgeschlagene Zwitterblüten als männliche gezählt wurden.
Es ist also die wirkliche Zahl der Zwitterblüten vielleicht
etwas größer gewesen, als oben angegeben ist.
Die Filamente sind, wie sonst bei den Umbelliferen
überhaupt, in der Knospe nach einwärts gebogen und biegen
sich dann — eines nach dem anderen — nacii auswärts.
Zur Zeit der vollen Blüte divergieren sie erheblich. Zu-
letzt legen sie sich horizontal ziu'ück. Die geschlossenen
Antheren sind grün, die geötfneten schwärzlich. Die Pro-
terandrie ist eine annähernd vollkommene; die dixcrgierenden
Griffeläste sind hauptsächlich an solchen Blüten zu sehen,
deren Pelalen schon dem Abfallen nahe sind.
Der Kreis der Blütenbesucher setzt sich, wie bei den
meisten Umbelliferen, aus Vertretern verschiedener Insekten-
ordnungen zusammen. Ich beobachtete:
am 20. August lOOS im Endstal bei Berchtesgaden:
Ar^vniiis Palcs;
am 22. Juli 1010 bei Kreuzstein am Mondsee: Coleoptera:
Auouctulcs fiilvicoUis o', Lcpliira maciüafa; Diptera: Tahaiuis
^'ruecns F. var. dpi'icns Meig. 9, Sv!'j?luis ^i:;hntciiis, Syrj->/i!is
pyrastri 9, Museiden;
am 28. August 1913 bei Kreuzstein am Mondsee:
Hymenoptera: i'orw/VtZ ///5<.-c7 r' , Lcptotliorax iuhenwi F. b' ;
Coleoptera: Diisyfcs plnmlwus, Epin\icci Jc/ircssci, MeJigctlws
üciieiis: Diptera: TacliVilroniia sp., Hcrcostomns sp., Syrphus
haJleatiis o^, Syrphus ciiictus o\ Syi-plnts lapponiciis Zett.,
PoIIcuid citrauiciitLUid 9, Dryincia Jidniala o\ Scdtoplu^d
stcvcordvia 9, *Sdproinyzd iliffoniiis Low, PJmrd crdssicojiiis
Meig., Diloplius vulgaris 0^9, TdcJiistd calcduca Meig.;
Hemiptera: *Lygns pahuJiuus \..\
am 11. AugList 1914 bei Scharfling am Mondsee: Lepi-
doptera: Pieris Rdpdc 9; Hymenoptera: Formiciden,
Ichneumoniden, Allautus arcudius 9; Coleoptera: Dasytcs
jiluuibcus, *Äuoucodcs fulvicoUis 0^9, Lcpturd acihiops 9,
*Lepturd dubia o', Lcpturd iiidculdtd, Lcpturd iiictduura 9,
Leptura rubra cT; Diptera: Liaucalus vircns 9, Oieilosid
vdi'iabilis cT, Melauostoiini lucttiiui o, Syrj^lius bditcdtus,
Syrplius cinctcllus o^, Syrplins ribcsii o, Syrplius vi tri-
Blüteiibiologische Untersuchungen. olo
paniis j, Mclithrcpliis luciilhastri ^, Splicgiini nigra Meig.,
Voliicella peJhiccus cf, Aricia vagaus d^?, Aiülioinyiii sp. cT,
Sciura luorio 9; Hemiptera;
am 20. August 1914 bei St. Gilgen am Abersee:
Hymenoptera: Halictits cilbipcs cf, HaJictus cahratus 9^
Vespa silvcsfn's 8, Formiciden; Coleoptera: Auoucodcs
fnlvicollis 9, Lcptura luaculala, Lcptui-a rubra '; Diptera:
(Jlirysogastcr solstitialis F&.\\ 9, Clicilosia pigra d" ^ . Melaiio-
sfoiiia scaJare F. cf, Erislalis pcrtiiiax cT, HelophUiis florais cf
(saugend), Myohia feiiestraia, Sarcophaga carnaria, Ouesia
sepiilcraJis d, Aricia vagaus 9, Sepsis cyuipsea; Hemiptera:
Calocoris ajfiuis u. a. m.
V. Euphrasia versicolor Kern.
Im Jalire 1888 hielt A. v. Kerner in der zoologisch-
botanischen Gesellschaft in Wien einen Vortrag i^iber die
Bestäubungseinrichtungen der Euphrasieen.^ In diesem Vortrag
beschrieb er ausführlich den Blütenbau von Kuplirasia Rost-
l'oviaua Hayne und Euphrasia minima Schleich. \^on
Euphrasia versicolor Kern, sagt er dort nur, daß sie sich
an Euphrasia Rosflwviaua anschließe. Auch in Wettstein's
»Monographie der Gattung Euplirasia« ist ('p. 31) Euphrasia
versicolor lediglich unter den »Arten mit großen Blüten«
verzeichnet, aber nicht speziell vom blütenbiologischen Stand-
punkt aus beschrieben.
Ich sammelte Euplirasia versicolor am 11. August 1918
im Anlauftale bei Gastein, nahm die frischen Exemplare in
meine Sommerfrische nach Gnigi bei Salzburg mit und
verglich sie am 13. August mit frischen Stücken der Euplirasia
Rosikoviaua, die ich am 12. August bei Barsch nächst
Salzburg gesammelt hatte. Ich fand die für die Bestäubung
wichtigeren Einrichtungen bei beiden Arten vollkommen
gleich, so daß eine nähere Beschreibung überflüssig ist.
Der auffallendste Unterschied zwischen den beiden Arten
ist bekanntlich der, daß Euphrasia Rostkoviaua wenigstens
an den Deckblättern mit Drüsenhaaren besetzt ist, welche
1 Verhandlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien
XXXVIII (1888), Sitzungsber. p. 2 1 , Abhandlungen p. r,63 bis '-60, Tat". XIV.
"j14 K. Fritsch,
bei Eiiphrasia vcrsicolor fehlen. Ich bin der Meinung, daß
dieses Merkmal in blütenbiologischer Hinsicht bedeutungslos
ist.i Die Zähne der Deckblätter sind etwas mehr vorgezogen
als bei Euphrasia Rostkoviana; aber auch dieses Merkmal
steht wohl in keinem Zusammenhang mit der Bestäubung.
Die Färbung der Blumenkrone ist bei beiden Arten
gleich, nur ihre Dimensionen sind bei Euplirasia versicolor
etwas geringer. Der röhrige Teil der Blumenkrone ist anfangs
bei Euphrasia Roslkoviana 4 iuin, hei Euplirasia versicolor
nur 3 nun lang. Die Länge der Unterlippe beträgt bei
Euphrasia Rostkoviana 6 inni, bei Euphrasia versicolor nur
5 nini. So war es wenigstens an den von mir gesammelten
Exemplaren; nach Wettstein- bestünde kein Unterschied
in der Blütengröße zwischen diesen beiden Arten. Der gelbe
Fleck und die violetten Streifen sind bei beiden Arten in
derselben Weise entwickelt. Auch die stärkere violette Tönung
■der Oberlippe vor deni Verblühen haben beide Arten gemein-
sam. Die Filamente sind bei Euplirasia versicolor entweder
alle vier \\q\[^ oder die zwei oberen sind schwarzviolett
überlaufen; bei Euphrasia Rostkoviana fand ich manchmal
alle vier schwarz\iolett gefärbt. Die Antheren sind bei beiden
Arten fast schwarz, deren Anhängsel aber weiß.
Unter den Blüten der Euphrasia versicolor \'on dem
genannten Standorte befand sich auch eine abnorme (neben
zwei normalen an demselben Stengel). Die Unterlippe der
Blumenkrune bestand bei dieser Blüte aus vier (statt drei)
zweiteiligen Zipfeln. Der gelbe Schlundfleck, welcher sonst
auf den mittleren Zipfel beschränkt ist, erstreckte sich über
beide mittleren Zipfel. In allen übrigen Teilen war auch
.diese Blüte normal.
VI. Campanula Scheuchzeri Vill.
Die ausgezeichnete Darstellung, welche H. Müller" von
dem Blütenbau der Gattung Campanula gab, gilt ja der
1 Man vergleiche übci" die mutmaClieJic Funktion der Drüseniiaai-e
Wett stein a. a. O. p. 30 und 31.
2 Monograpliie p. 183 und 209.
i> Alpenhlumen p. 401 und 402.
iJlütciiMolot^ische l'ntcrsuchungcn. olo
Hauptsache nach für alle Arten. Jedoch ist die Überein-
stimmung doch keine so \ollkommene, wie spätere Unter-
suchungen gezeigt haben. Schon Kirchner^ wies darauf hin,
dal.) H. Müller »etwas zu weit« ging, wenn er meinte, es
genüge, nur eine Art ausführlich zu beschreiben. Kirchner
unterscheidet (a. a. O. p. 214 und 215) eine ganze Anzahl
von ('aiiijhniiihi-Typen nach der Gestalt und der Lage der
Blumenkrone, dem Blütenstand usw. Caiiipanuhi Sclicuclr^cri,
über die H. Müller (von der Besucherliste abgesehen) nur
sechs Zeilen geschrieben hatte (a. a. 0. p. 403), bringt
Kirchner mit ihren X'erwandten {Cainpaunla roliinJifoIia,
pusilld, cdcspHosa, caniica) in eine Gruppe, welche durch
den nach abwärts gerichteten, offenen Blüteneingang, traubigen
Blütenstand, glockige Blumenkrone von mittlerer Größe und
geraden Griftel mit drei Narbenästen charakterisiert ist. Auf
die Darstellung von Kirchner stützt sich hauptsächlich
Knuth in seinem »Handbuch der Blütenbiologie <•<.''
Im Jahre 1904 erschien eine interessante Abhandlung
von Kjellman,-' beziehungsweise die Wiedergabe eines
A'ortrages, den der genannte Forscher im Oktober 1903 in
Upsala gehalten hatte. Kjellman hatte Campaiinla persici-
folia, frdc/ic/iiiiii, rapuiiciiloiLlcs und roluudifolia mit Rücksicht
auf die » Pollenexposition '< untersucht und gefunden, daß sie
sich in Bezug auf die X'erteilung der Fegehaare verschieden
verhalten. ( 'aiupautila jicrsicifolia trägt Fegehaare nur an
der Außenseite der Griffeläste, Campamda traclielinin und
rdpuuciihndcs nur am Griffelstamm, Campdiiiild rotnndifoJid
sowohl am Stamm wie an den Ästen. Letzteres A'erhalten
hatte ja schon H. Müller für die verwandte (\iJupduuLi
»pusilld« {:= (\ coclilcdriifolid Lam.) abgebildet.^
1 Kircli ner, Die Blüteneinrichtungen der Campanulaceen. Jahreshefte
des X'ereins für vaterliindische Naturkunde zu W'ürttemberg, LIII. p. 193
bis 228 1897...
^ Band II, Teil 2, p. 4 ff .
•■ Kjellman, Om pollen-expositionen hos ndgra svenska Campanula-
arter. Ijotaniska Xotiser 1904, p. 27 bis 35, (Referate im Botan. Centralblatt,
Band XCVI, p. 290 und im Botan. .Tahresbericht 1904, IL, p. 914).
i Alpenblumen, p. 401, Fig. 102 /A
ol6 K. F ritsch,
Über Caiupauiihi ScJieiicJi^eri ist in blütenbiologischer
Hinsicht meines Wissens außer dem wenigen, was H. Müller
und Kirchner, wie oben erwähnt wurde, mitgeteilt haben,,
nichts weiter bekannt geworden. Ich hatte am 11. August 1913
im Anlauftale bei Gastein Gelegenheit, frisches Material
dieser Art zum Zwecke näherer blütenbiologischer Unter-
suchung einzusammeln. Die Untersuchung ergab, wie ich,
der eingehenden Darstellung ihrer Resultate vorgreifend,
schon jetzt bemerken will, daß sich die Art dem von
Kj eil man beschriebenen Typus der ('auipauitld roiiiudifolia
anschließt, was ja \'on vornherein zu erwarten war.
Der Bau der Blütenknospen von Caiupaiiula Scheuchzeri
weist im allgemeinen jene \'erhältnisse auf, welche Fucskö^
für die Gattung CaiiipuiuiUi überhaupt ausführlich geschildert
hat. Die Knospen sind sehr scharf fünfkantig mit grünen
Kantenspitzen. Nach oben zu treten fünf kurze Zwischen-
kanten auf. Öffnet man eine Knospe gewaltsam, so dringt,
aus den Schnitträndern reichlich Milchsaft hervor, der jeden-
falls als Schutzmittel (z. B. gegen Käfer oder Schnecken) In
Betracht kommt. (An der geöffneten Blüte ist das nicht der
Fall.) Fast das ganze Innere der Knospe wird von den fünf
aufrecht nebeneinanderstehenden, blaß grünlichgelben Antheren
au.sgefüllt, welche den dicken Griffel umgeben. Um diese Zeit
sind die Fegehaare des Griffels besonders auffallend; sie
stehen fast horizontal ab. Der Griffel ist um diese Zeit grün;
sein kahler Basalteil ist in diesem Stadium nur 1 ///;// lang,
so daß der Griffel fast bis zum Grunde mit Fegehaaren
besetzt erscheint. Die drei Griffelschenkel sind aber schon
entwickelt; sie liegen mit ihren Innenseiten aneinander und
sind an ihrer Außenseite gleichfalls — mit Ausnahme der
abstehenden Spitzen — mit Fegehaaren bekleidet.
Die schmalen Kelchzipfel der Canipauula Scheuchzeri
werden meist als »aufrecht« beschrieben.- Bei den von mir
1 Fucsk 6, Viragbiologiai megfigj^elesek & Ciiiiipauiila fajokon. Botanikai
Köziemcnyek, X. p. 108 'nis 124, deutscher Auszug p. (13) bis (18).
- Z. B. in Haj-ek. Flora von Steiermark, 11. p. 433: ^K'elchzipfel. . ..
aufrecht, seltener abstehend.«^
lüütenbioldgisclie Untersucliuiigcn. 31/
gesammelten Stücken waren sie schon sehr frühzeitig ungefähr
horizontal abstehend, dann aber (oft schon an Knospen!)
zurückgebogen, wie bei (^'aiupanuki liiüfolia S c o p. Ihre
Spitzen sind dann nach abwärts und innen gerichtet, so daß
die ganzen Kelchzipfel ziemlich genau einen Halbkreis bilden.
Die Durchsicht reichlichen Herbarmaterials hat mir gezeigt,.
da(.) diese Herabkrümmung der Kelchzipfel bei Caiupauiihi
Schciu-]i':cri sehr häutig, aber keineswegs immer vorkommt.
Es wird weiter untersucht werden müssen, ob man vielleicht
nach diesem Merkmal Unterarten unterscheiden kann^ oder
ob es direkt von den Außenbedingungen beeinflußt wird. Es-
liegt nahe, die zurückgebogenen Kelchzipfel als Schutzmittel
gegen aufkriechende oder von der unrichtigen Seite an-
fliegende Insekten zu deuten. Jedoch kommen als auf-
kriechende Insekten fast nur kleinere Formen in Betracht
(z. B. Ameisen), die ohne Schwierigkeit zwischen den
Kelchzipfeln zur Blüte gelangen können, und das etwaige
Anbeißen der Blumenkrone von der Seite wird ebensowenig-
behindert. Ich denke also, man sollte in diesem Falle auf
eine derartige Deutung verzichten.
Im Anlauftal wächst Canipannla Scliciiclizcri häulig-
zwischen Cainpaiiula barbafa L., von der sie natürlich durch den
viel dunkleren Farbenton ihrer Blüten sehr auffallend absticht. Da
beide Arten von denselben Hummeln bestäubt werden,- dürfte
dieser Farbenkontrast von Bedeutung sein. Er wird zur Folge
haben, daß die einzelnen /io;//Z'//5-Individuen in der Regel bei
derselben CainpaiinUi-Avt bleiben, wodurch selbstverständlich
die Bestäubung viel sicherer erreicht wird, als wenn die
beiden ('ciiiipaintla- Arten abwechselnd beflogen würden.
Innen ist die Färbung der Korolle etwas heller als außen,,
aber immer noch gesättigt blau. Auch der Griffel ist in der
entwickelten Blüte blau, nur die Innenseite seiner Aste ist
grün. An dem kahlen Basalteile des Griffels tritt die Blau-
1 Z. 13. die von liayek a. a. 0. p. 455 beschriebene C. Scliciiclizcri
Y Vi/Iarsiijiiü, der ausdrücklich »sepahi lanceolato-linearia, erecta< zu-
geschrichen werden.
- \'yl. H. .M Uli er a. a. 0. p. 403 bis 4'.i.-.
518 K. Fritsch,
färbung sehr früh auf, während der von den Fegehaaren
besetzte Teil länger grün bleibt, beziehungsweise durch den
anhaftenden Pollen ein gelblichweißes Aussehen erhält. Erst
nach dem Vertrocknen der Fegehaare tritt auch am oberen
Teile des Griffels die Blaufärbung auf. Die Antheren sind
auch in geöffnetem Zustande blaßgelb; die Filamente glänzen
namentlich an ihren verbreiterten Basalteilen silberweiß.
Der Griffel von Caiiipauuhi Sclicuchzcri bietet ein schönes
Beispiel interkalaren Wachstums.^ Wie schon oben erwähnt
wurde, ist in der Knospe, zu einer Zeit, in der die Fege-
haare des Griffels schon vollkommen entwickelt sind, dessen
kahler Basalteil nur 1 miu lang. Der letztere streckt sich
aber dann rasch bis auf 6 mni Länge. Der ganze Griffel hat
zuletzt eine Länge von 15 inui. Die Fegehaare erstrecken
sich von der Teilungsstelle des Griffels noch ungefähr 5 //////
weit herab. In ähnlicher Weise erreichen auch die Antheren
viel früher ihre normale Länge als die Filamente. Diese
Erscheinungen sind bei den Angiospermen sehr häufig; sie
erstrecken sich auch auf andere Teile der Blüte. So bildet
z. B. Günthart- eine Knospe von Rihes inaluaccnni Sm. ab,
die alle Perianthblätter, Antheren und Griffelschenkel schon
weit entwickelt zeigt, während die »Blütenröhre«, die Filamente
und der Basalteil des Griffels noch unentwickelt sind.
Nach dem Verblühen bleibt die Blumenkrone stehen,
verfärbt sich aber zu einem unscheinbaren l^räunlichweiß und
dreht sich in einem schmalen Sack zusammen, wie bei den
verwandten Arten. Die Kelchzipfel sind jetzt schräg nach
aufwärts gerichtet. — In einem Falle fand ich einen über-
zähligen (sechsten) Kelchzipfel, der tiefer unten aus der Mitte
des Receptaculums entsprang und zwar direkt unter einem
der fünf normalen Kelchzipfel. (Es kann sich auch um ein
an das Receptaculum angewachsenes Hochblatt handeln,
A\^elches aber genau das Aussehen eines Kelchzipfels hat.)
1 Vgl. auch Fucskü a. a. O.
- Berichte der deutschen hdtanischen Gesellschaft, Jalirgang 191ä,
p. 87.
BlütenhiolDgisclic rntersucluingcn. '61 J
Über Blütenbesucher der Cduipunuht ScIicncJizevi sind
•wir schon durch H. Müller (a. a. 0.) unterrichtet. Es sind
vorwiegend Arten der Gattung Bonihiis.
VII. Solidago alpestris W. K.
Die liestäubungsverhältnisse unserer gemeinen SoliJago
rirgii iiiircd L. wurden von mehreren Forschern untersucht,^
während ihre Alpenfurm, Solidago alpestris VV. K., in der mir
zugänglichen blütenbiologischen Literatur nirgends erwähnt
wird. Indessen beziehen sich manche Beobachtungen über
bestäubende Insekten zweifellos auf Solidago alpestris, die
ja häufig von Solidago virga aiirca nicht unterschieden wird.
Dies gilt namentlich von der langen Insektenliste, welche
H. Müller in seinen >^ Alpenblumen« (p. 444 und 445) gibt.
Ich sammelte am 11. August 1913 Solidago alpestris im
Anlauftal bei Gastein und am 13. August 1913 zum Vergleiche
Solidago virga aiirca am Fuße des Kuhberges bei Salzburg.
Die beiden Pflanzen stehen sich so außerordentlich nahe, daß
man die erstere ganz ungezwungen als die Alpenform der
letzteren auffassen kann. Es sind zunächst nur zwei Unter-
schiede auffallend: Die Infloreszenz ist bei Solidago alpestris
vereinfacht und ihre Köpfchen sind in allen ihren 4'eilen
etwas größer. Beide Merkmale erklären sich direkt durch den
alpinen Standort der Pflanze. Übrigens variiert Solidago virga
aitrea in der Ausbildung ihrer Intloreszenz sehr bedeutend.
Die teich verzweigten Formen sind im Habitus der Solidago
alpestris sehr unähnlich; die schwach verzweigten kommen
ihr sehr nahe. Die Farbe der Strahlblüten ist genau dieselb'e;
ihre Zahl fand ich aber bei Solidago virga aiirea nur zwischen
5 und 8, bei Solidago alpestris jedoch zwischen 8 und 1 1
schwankend. Hingegen ist die Zahl der Scheibenblüten un-
gefähr dieselbe; sie schwankte bei den mir damals vor-
gelegenen Exemplaren der Solidago virga aurea zwischen
1- und 19, bei jenen der Solidago alj^estris zwischen 11
und 25. Die Länge der Hülle des blühenden Köpfchens
1 Vgl. KiiLith, Handbuch IL, 1, p. 501.
320 K. l" ritsch,
beträgt bei Solidago virga aitrca (3 //////, bei SoIiJago alpcstris:
7 /;////; ihr Durchmesser bei ersterer 3 //////, bei letzterer
4 mm. Die Länge des abstehenden Teiles der Strahlblüten
(der > Zunge«) fand ich bei Solidago virga aiirea zwischen
5 und 8 ////// schwankend, während sie bei Solidago alpesiiis
stets 7 bis 8 mm betrug. Der Durchmesser der »Scheibe«
betrug bei Solidago virga aiirea 5 bis 7 //////, bei Solidago
alpcsti-is aber 7 bis 10 //////.
Die Spitzen der Hüllschuppen stehen bei Solidago virga
aiirca nur wenig ab, während sie bei Solidago alpcstrisr
länger vorgezogen und namentlich an den Knospen ent-
schieden zurückgebogcn sind. Man könnte letzteren Bau als-
Schutzmittel gegen aufkriechende Insekten auffassen, das ber
den viel zahlreicheren Köpfchen der Solidago virga aiirea
^veniger nötig wäre — ich glaube aber nicht daran!
Ein Unterschied in der Färbung der Antheren, der mir
auffiel, hat sich bei Durchsicht anderer Köpfchen nicht als
konstant erwiesen. Ich fand nämlich bei Solidago virga aurca
fünf auffallende braunviolette Streifen an den Kanten der
Antherenröhre, die bei Solidago alpcstris meist \iel schwächer
ausgeprägt sind, so daß die Antherenröhre bei ihr oft ganz
gelb erscheint. Letzteres kommt aber auch bei Solidago virga
anrea und ersteres bei Solidago alpcsfris vor.
Bestäubungsverhältnisse und Besucherkreis sind bei beiden
Formen wohl nicht wesentlich verschieden. Ich selbst beob-
achtete auf Solidago virga aiirea an verschiedenen Stand-
orten zahlreiche Insekten, wie ich an anderer Stelle mitteilen
werde, an Solidago alpesiris jedoch nur auf der Schafberg-
spitze im Salzkammergut am 15. August 1905 Bombii^
terresfer -^ .
VIIL Senecio cacaliaster Lam.
Im Anlauftal bei Gastein wächst massenhaft Seuecio-
Fuelisii Gmel., der ja auch sonst in den Ostalpen sehr ver-
breitet und überall häufig ist. Dazwischen kommt dort, aber
viel seltener, der typische vScnecio cacaliasler voi", welcher
durch das Fehlen der Strahlblütcn und durch die blaßgelbe
l5lütenhii)l()L^isclic L'ntersucluinf^en. 321
Farbe der Köpfchen^ sofort auffällt. Außerdem sind ver-
schiedene Zwischenformen, die vielleicht hybriden Ursprunges
5iind, dort zu linden: Formen mit Strahlblüten von blaßgeiber
Ivirbe, welche den Eindruck eines Sciiecio Lüculiastcr mit
Strahlblüten machen, dann aber auch Pllanzen mit goldgelben
Köpfchen ohne Strahlblüten, welche man entweder als gold-
gelbe Spielart des Senecio tacaliastcr oder als strahlblüten-
lose Exemplare des Senecio Fuclisii auffassen könnte.'^ Da
die betreffende Exkursion blütenbiologischen Zwecken ge-
widmet war, habe ich diese interessanten \'()rkommnisse nur
notiert und nicht näher untersucht. Dagegen habe ich den
t^'pi sehen Senecio cacaliaster in Bezug auf seine Bestäubungs-
^"erhältnisse untersucht; nur auf ihn bezieht sich die folgende
Darstellung.
Die blaßgelbe Blütenfarbe bewirkt, daß — wenigstens für
das menschliche Auge — die Blütenstände des Senecio
cücüliüsfer erheblich weniger auffällig sind als jene des
daneben wachsenden Senecio FncJisii. Das Fehlen der Strahl-
blüten kommt hiebei natürlich auch in Betracht, aber es ist
nicht ausschlaggebend, da ja zahlreiche Köpfchen dicht
nebeneinander stehen, wie das H. Müller^ für »Senecio
Jieniorensis L.« vortrefflich beschrieben hat. Übrigens duften
die Blüten ziemlich stark, aber nicht gerade angenehm.
Als Hindernisse für auf kriechende Insekten könnten
gedeutet werden: 1. die laubblattartigen Hochblätter, welche
die Köpfchengruppen umgeben; 2. die borsllich - linealen
Schuppen der »Außenhülle« jedes Köpfchens, welche zum
Teil auf die Köpfchenstiele herabgerückt sind und mit ihren
einwärts gekrümmten Spitzen oft die ganze Hülle (niemals
aber das blühende Köpfchen selbst) überragen; 3. insbesondere
die dichte drüsig-flaumige Behaarung, welche die Köpfchen-
stiele, die eben erwähnten Schuppen der Außenhülle und die
Hüilschuppen selbst bekleidet. An diesen für den typischen
1 Wieder ein Beispiel des häufigen Farbcnkontrastes durcheinander
"Wachsender Arten derselben Gattung!
- Vgl. auch Houy, Flora de France, Vlil, p. 324 und 325.
3 Alpenhlumen, p. 440.
■V22 K. Fritsch,
Senecio caculiastcr charakteristischen Drüsenhaaren fand ich-
\iel Pollen kleben, was ich ohne Kommentar berichte.
Die Schuppen der Außenhülle und die Hüllschuppen
selbst sind hellgrün; letztere haben schwärzliche Spitzen.^
Die Hülle ist ungefähr 7 luiii lang und wird von den Blüten
(einschheßlich der Sexualorgane) um weitere 7 ;///;/ über-
ragt. Die Blumenkrone ist gelblichweiß und hebt sich von
dem weißlichen Pappus, der schon zur Zeit der Blüte gut
entwickelt ist, gar nicht ab. Dagegen ist die Antherenröhre
gelbbraun mit dunkelbraunen Kanten. Der Pollen ist goldgelb,
der Griffel weißlich mit zitronengelben Schenkeln.
Die Zahl der Blüten eines Köpfchens beträgt am
häufigsten 12, seltener 11 oder 18. Jedoch wären bedeutend
mehr Zählungen notwendig, als ich vornahm, um die
Variationsgrenzen der Blütenzahl festzustellen. Das Aufblühen
erfolgt gesetzmäßig von außen nach innen. Der männliche
Zustand des Köpfchens dauert nur sehr kurze Zeit, da die
zwei (nicht selten auch drei!) Griffeläste sehr bald ausein-
andertreten. In dieser Beziehung verhält sich die Art ebenso
wie Senecio doronicum L.^ Sehr oft findet man die diver-
gierenden Griffeläste noch mit Pollen bedeckt, auch an ihren
Spitzen.
Ich fand auch Exemplare, welche wegen der Blütenfarbe
und des Fehlens der Strahlblüten den Eindruck des t3'pischen
Senecio cacaliaster machten, an welchen aber die drüsig-
flaumige Behaarung der Köpfchenstiele und Hüllschuppen
fast ganz fehlte und die Zahl der Blüten eines Köpfchens
fast ausnahmslos 15 betrug. Wahrscheinlich waren auch diese
hybride Abkömmlinge der beiden dort durcheinanderwachsen-
den Arten Senecio cacaliaster und Senecio Fnchsii. Mit Rück-
sicht auf diese und die schon oben erwähnten Zwischen-
formen, die verschiedene Merkmalskombinationen aufweisen,
wäre eine experimentelle Untersuchung darüber, ob diese
Bastarde nach den Mendel'schen Gesetzen spalten, interessant.
1 An ganz jungen Köpfchen sind diese Spitzen sclnvarzviolett und über
den Blutenknospen zusammenneigend.
- Nach H. Müller, Alpenblumen p. 439.
Blütenhioloo-iscbc l'ntersuchuntien.
9,'>:^
Als Blütenbesuclier beobachtete ich am 11. August 1913
im Anlauftale bei Gastein einen Schmetterling {Larcutia
Moutdiiata 9), Formiciden und folgende Arten von Dipteren:
Rliamphouiyia culicina o^ * Empis historlac 'S o ^ Eiiipis
ijiravipcs cf 9, Syrplnis biilfcdfus S, Bibio pomoiiae d'-
IX. Carduus viridis Kern.
H. Müller beschreibt in seinen »Alpenblumen« (p. 418
bis 422) ausführlich die Bestäubungsverhältnisse von »Ccirduiis
dcfloratus L.« und fügt eine Liste von mehr als 100 Insekten
bei, die er auf dessen Köpfchen als Besucher beobachtete.
Kerner^ trennte von dieser Art Cardutis viridis und Carduus
rliaeticns ab, welche heute allgemein, wenn auch von manchen
Autoren nur als Unterarten oder »Varietäten« anerkannt,
werden. H. Müller hat diese Formen begreiflicherweise nicht
auseinander gehalten. Da die wichtigsten Unterschiede zwischen
ihnen in den vegetativen Organen liegen, so kann aus der
ausführlichen Beschreibung H. Müller's nicht mit voller
Sicherheit darauf geschlossen werden, welche Form ihm vor-
gelegen ist. Nur die Worte: »dessen Hülle durch stachelige,
schräg abstehende Blätter gegen das Aufkriechen nutzloser
Gäste einigermaßen geschützt ist« passen am besten auf
Carduus rhaeticus Kern., der ja auch in dem von H. Müller
besuchten Gebiete vorherrschen dürfte. Hievon abgesehen,.
paßt seine Beschreibung nahezu wörtlich auch auf Carduus
viridis Kern., den ich zum Zwecke blütenbiologischer Unter-
suchung bei Scharfling am Mondsee am 11. August 1914
sammelte. Ich lasse daher in der nachfolgenden Schilderung
alles weg, was schon von H. Müller festgestellt wurde.
Bekanntlich ist es für Carduus viridis charakteristisch^
daß die Hüllschuppen des Köpfchens verhältnismäßig weich
und krautig sind, sowie daß ihre Spitzen lang vorgezogen
sind. Diese abstehenden Spitzen wachsen noch während der
Anthese. Ich fand sie an jungen Köpfchen, deren Blüten-
knospen die Hülle noch gar nicht überragten, 3 bis 4 mm
1 Schedae ad tloram exsiccatam Austro-Hungaricam I., p. 72 bis 77.
^24 K'. !• ritsch.
lang, an Köpfchen im männlichen Stadium etwas mehr als
5 /;////, im weiblichen Stadium aber 6 bis 7 luiu lang; an
verblühenden Köpfchen hatten sie eine Länge von 7 bis 9 ;//;//.
Außerdem variiert die Länge der Hüllschuppen bei ver-
schiedenen Köpfchen; ferner sind an jedem Köpfchen die
mittleren flüllschuppen länger als die übrigen. Bei allen
anderen Arten dieses V'erwandtschaftskreises sind die Hüll-
schuppen relativ kürzer und steifer.
An ganz jungen Köpfchenknospen schließen die nach
einwärts gebogenen Spitzen der innersten Hüllschuppen der-
art zusammen, daß die Blütenknospen vollständig \"erdeckt
werden. Bald aber strecken sie sich fast ganz gerade, so daß
die Blütenknospen sichtbar werden. Dieses sehr charakteristische
Entwicklungsstadium, in welchem das Köpfchen ungefähr
13;»;// lang ist, möchte ich genauer beschreiben. Bei flüchtiger
Betrachtung eines solchen Köpfchens hat man zunächst den
Eindruck, als ob die Blütenknospen etwa uni 3 ;;/;;/ über die
Hüllschuppen hinausragen würden. In Wirklichkeit sind erstere
kürzer als die innersten Hüllschuppen, so daß sie nur von
oben sichtbar sind. Die Täuschung wird dadurch herxor-
gerufen, daß die gerade vorgestreckten Spitzen der innersten
Hüllschuppen rötlich gefärbt sind, wodurch sie sich von den
durchwegs grünen mittleren und äußeren Hüllschuppen auf-
fallend abheben. Die letzteren haben schon um diese Zeit
abstehende Spitzen von (wie oben bemerkt; 3 bis 4 ;/////
Länge; sie sind durch sehr schwache und zerstreut spinn-
webige Behaarung miteinander verbunden, ^ außerdem am
Rande kurz gewimpert und in eine zwar nur Y2 ''"'^ lange
und außerordentlich feine, aber doch etwas stechende vSpitze
ausgezogen. Diese Spitzen sind bei den äußeren und mittleren
Hüllschuppen grünlich oder fast farblos, bei den obersten
der abstehenden Hüllschuppen aber purpurviolett. Die gerade
vorgestreckten, ja mit den Spitzen auch jetzt noch etwas
einwärts gebogenen innersten Hüllschuppen sind in ihren
unteren, von den anderen Hüllschuppen bedeckten Teilen
' r)ie spinnwebige Behaarung findet .sicli auch bei den verwandten Arten,
aber in sehr wechselnder .Stärke.
Blütonbiologische Untersuchungen. o2o
3iellgrün mit weißlichem Rande, im oberen, freien Teile in
•der Mitte grünlicli-weißlich, am Rande aber lebhaft purpur-
violett, wodurch die oben erwähnte rötliche Gesamtfärbung
und die Blütenähnlichkeit zustande kommt. Die Blutenknospen
:selbst kann man um diese Zeit ohne Entfernung der HüU-
■schuppen, wie schon bemerkt, nur von oben sehen. Sie
•erscheinen da als fünfstrahl ige Sterne, da die Blumenkrone
in der Knospenlage zwischen den fünf Zipfeln eingefaltet ist.
-Zwischen den Blumenkronen sieht man überall die Spitzen
der fast blattartig verbreiterten, am Rande fein und kurz
.gewimperten Pappusborsten etwas herxorragen. Sie sind rein
weiß, während die ^veißliche Blumenkrone schon einen
rschwachen Stich ins Rötliche aufweist.
Ein weiter entwickeltes, 18 mm langes, aber noch nicht
-aufgeblühtes Köpfchen weist folgenden Bau auf: Die ab-
-Stehenden Spitzen der grünen Hüllschuppen sind schon 5 //////
lang. Die Blütenknospen haben jetzt durchschnittlich dieselbe
länge wie die innersten Hüllschuppen. Die Blumenkrone hat,
■soweit sie dem Lichte ausgesetzt ist, bereits ihre charak-
teristische Färbung. Die obere Fläche des Köpfchens ist jetz
•deutlich konkav, da die äußeren Blüten etwas längere
Blumenkronen haben als die inneren. Auch jetzt ragen noch .
■die Spitzen des Pappus überall etwas heraus, aber nur ganz
■wenig. Die den Blüten anliegenden Spitzen der innersten
Hüllschuppen sind nun ganz purpurviolett gefärbt; sie sind
j4.im eine schwache Nuance mehr rot gegenüber den (relativ!)
>mehr ins blauviolette neigenden Blumenkronen.
Die blühenden Köpfchen hat H. Müller a. a. O. genau
!i>eschrieben. Die von ihm angegebenen Maße stimmen genau.
-Nur die »Glöckchen« der Blumenkrone fand ich kürzer,
Ijnämlich nur wenig mehr als 3 min lang und an einer Seite
f'bis zu 2 j}im Länge geschlitzt. Vielleicht ist dieser Unter-
schied darauf zurückzuführen, daß H. Müller eine andere
-Form des vielgestaltigen »Carduus defloratus L.« vorlag, wie
.-schon oben bemerkt wurde.
Die Aufblühfolge folgt genau dem bei botrj^tischen
; Jnfloreszenzen geltenden Gesetz. In den meisten Köpfchen
-findet man gleichzeitig die äußersten Blüten im weiblichen,
Sitzb. d. mathem.-natunv. Kl. Abt. I, 128. Bd. 23
326 K. Fritsch,
die mittleren im männlichen Stadium, während innen uocYb
Knospen stehen, die von den ihnen benachbarten 'männlichen«
Blüten sehr bedeutend überragt werden. Die Streckung der
Blumenkrone erfolgt jedenfalls sehr rasch, da die Knospen«
alle die gleiche Länge haben. Die Längendifferenz zwischen
den Knospen und den im männlichen Stadium stehenden
Blüten beträgt, wenn man die Antherenröhre dazurechnet,.
ungefähr 1 cm\ Die »weiblichen« Blüten sind dann noch um
einige Millimeter länger. Auch an den blühenden Köpfchen'
sind die Pappusstrahlen überall zwischen den Blüten sichtbar,.
jedoch sind sie viel kürzer als die Blumenkronen, Die
Antherenröhren heben sich durch dunkel-blauviolette Färbung
von den viel helleren Blumenkronen auffallend ab. Hingegen
hat der Griffel ungefähr dieselbe Färbung wie die Blumen-
krone. An der Spitze der im männlichen Stadium befindlichen
Blüten stehen immer ganze Ballen bläulichweiß gefärbten
Pollens. Die Griffelschenkel divergieren an den im weiblichen
Stadium befindlichen Blüten nur an den äußersten Spitzen
(vgl. die Abbildung bei H. Müller a. a. O., Fig. 164,4).
Auffallend ist die starke Einwärtskrümmung der Griffel im
weiblichen Stadium. Sie ist bei den äußersten Blüten des
Köpfchens am stärksten, bei den innersten am schwächsten.
Hingegen bleiben die Antherenröhren fast ganz gerade. Beim
Verblühen erfolgt ein Zusammenziehen des Köpfchens und.
ein rasches Wachstum des Pappus.
Mit vielen anderen distelartigen Kompositen hat auch
die Artengruppe des Carduus defloratus L. die Eigentümlich-
keit gemein, daß die Köpfchenstiele mit einem spinnwebig-
wolligen Überzug bekleidet sind. An einem der von mir am
angegebenen Orte gesammelten Exemplare des Carduus viridis
fand ich eine geflügelte Blattlaus zwischen diesen Wollhaaren,
die den Eindruck machte, als sei sie dort angeklebt oder
durch Verstrickung zwischen den Haaren hängen geblieben.
Diese vereinzelte Beobachtung beweist natürlich gar nichts;
jedoch wäre es nicht uninteressant, die Funktion dieser Haare
einmal näher zu untersuchen.
Es erübrigt noch die Nennung aller Insektenarten, die
ich in den Jahren 1904 bis 1914 an verschiedenen Standorten,
I
IjlLUenbicjIogische Untersuchungen. 32/
•
auf den Köpfchen des Qirc/uns viridis als Besuclier beob-
achtet habe. Es sind die folgenden:
Marquartstein (Bayern), am 11. August 1904: Ai\:^yuuis
Paphia cT, Erehia Medea 9 ; Boinbns agroriiiu, PsifJiynts
qitadritolor cf; Antlioniyia sp.
Untersbei-g bei Hallthurn (Bayern), am 29. August 1904:
Bombus agrontm cT 9 .
Gaisberg bei Salzburg, am 20. Juli 1905: Lepidoptera^
Ayg)'nnis Aglaja, Agrotis OcelUna Hb., Fynmsta sp.-
Hymenoptera: Bombus agrorum ^, Bombus coufusns cf,.
Bombus lapidaritis ^ , Bombus Latreillelns cf , Bombus
mastrncatus " > Bombus pratorum cf ^ , Psithyrus qiiadri-
color cfj Psithyrus vestalis cT; Coleoptera: Cvyptocephalus
sericeus (grün); Diptera: Volucella plumata.
Sonntagshorn bei Unken (Salzburg), am 9. August 1905:
Lepidoptera: Argynnis Pules, * Agrotis Cuprea Hb., Agrotis
Ocellina Hb., Plusia Gamma; Hymenoptera: Bombus
Latreillelns d''^, Bombus mastrncatus ^ , Bombus miicidus 3 „
Bambus icrrcster 9.
Schaf bergspitze (Sal/kammergut;, am 15. August 1905:;
Parnassius Apollo; Antlioniyia sp. 9.
Schart ling am Mondsee (Salzkammergut) am 20. August.
1905: Bombus sorocnsis fp .
Roßfeld bei Hallein (Salzburg), am 23. August 1906::
Bombus soroensis ^ ; Empis palparis Egg.
St. Gilgen (Salzburg), am 23. Juli 1907: Lepidoptera:
*Erebia Ligca; Hymenoptera: Bombus agrorum ^, Bombus
hortorum ^ , Bombus pratorum cf , Psithyrus quadricolor
var. citrinns Seh miede kn. cf.
Gesäuse (Steiermark), am 12. Juni 1908: Lepidoptera:
Pamphila Palacmou; Coleoptera: Autliobinm longipcnuL\
Dasytes plnmbens, Oedemera tristis 9, Leptura rubra o.
Hieflau (Steiermark), am 13. Juli 1910: Hymenoptera:
Apis mellifera 3, Bombus pratorum cf, Tarpa ccphalotes;
Coleopter«: *Anthobium longipenne, * Dasytes plumbens,.
Oedemera flavescens 9, Oedemera virescens 9; Diptera:
Syrphus ribesi 9, Volucella pellucens, Eristalis sp., Aricia
vagans cT; Hemiptera: Calocoris affiuis (auch Larven).
32<S K. Fritsch,
Königssee (Bayern), am 29. August lOK): Erisfalis
iciuix cT.
Brenner (Tirol), am 28. Juli 1913: Pyrausia AlpinuJis;
Bonihiis clcrliLiuielliis H , '^Bombiis ponioriun var. elegans '^ ;
Lepiiira nielaniira " ; AiüJwinyia sp. 9.
Scharfling am Mondsee, am 11. August 1914: Apis
lucllifcrü 9 (saugend), Bombiis sp. fj .
Mozartsteig bei St. Gilgen, am 20. August 1914: *Halictus
ülhipcs o (zu mehreren in einem Blütenköpfchen, tief zwischen
die Blüten eingebohrt).
Gaisberg bei Salzburg, am 25. August 1914: Lepidoptera:
Agrotis Ciiprcü Hb. d' (saugend); Hymenoptera: Apis
iiiellifera 'S (sRUgend), Boinbns agrormn <^ , Boinbiis praioriuu
^ , Bouibiis soroensis cf , Bonibns terrester c^ (saugend),
Psithynis cauipcstris cf, Psitliyrns qiiadricolor o^, Psithynis
rnpesfris cT; Diptera (Eristalis fciiax u. a.); Hemiptera:
Cülocoris afjinis.
X. Leontodon pyrenaicus Gouan.
Bei den ligulifloren Kompositen herrscht große Ein-
förmigkeit der Blüteneinrichtungen. H. Müller hat daher in
seinen »Alpenblumen« nur einige derselben beschrieben
{Mnlgediiiui aJpiiniut, Crepis anrea, Laciiica pcfcnnis, Hypo-
choevis miiflora); von den anderen Arten gab er nur Besucher-
listen. Die Lc< ml odou- Arien unterschied er überhaupt nicht
weiter, sondern zählte die Besucher von »Leontodon (Itaslilis,
pyrcuaciis u. a.)« gemeinsam auf (p. 466, ff.).
Bei meinem schon wiederholt erwähnten Besuche des
Anlauftales bei Gastein am 11. August 1913 hatte ich auch
Gelegenheit, Leontodon pyrenaicus Gouan zu beobachten.
Seine schön goldgelben Köpfchen haben eine merklich dunklere
Färbung als jene der Artengruppe des Leontodon hispidiis L.
In seiner Gesellschaft wächst im Anlauftale die habituell
ähnliche Crepis anrea (L.) Cass., jedoch ans^cheinend viel
spärlicher (oder nur früher blühend?). Bekanntlich sind die
Köpfchen der genannten C'i-epis noch dunkler, fast feuerrot,
so daß sie sich von jenen des Leontodon auffallend abheben.
Hlütenbiologische Untersuchungen. 329
Es wäre interessant, festzustellen, ob die bestäubenden
Insekten diese beiden habituell so ähnlichen Arten zu unter-
scheiden vermögen oder ob sie beide wahllos gleichmäljig
besuchen. Ich hatte damals zu derartigen Beobachtungen
keine Zeit; ich stellte nur zwei Besucher des Lcoiitodoii
pyrcnuiciis fest: Ant/wbiiiiii cilpiunui Heer und Bibio
ponionuc.
Der Schaft der Lcoiilodon pyrcuaiciis ist nach oben zu
mehr oder weniger (manchmal ziemlich stark) verdickt und
hohl, so daß das Köpfchen von ihm fast gar nicht abgesetzt
erscheint. Dieser Eindruck wird erhöht durch die am oberen
Teile des Schaftes stehenden Schuppen, welche gegen das
Köpfchen zu mehr genähert sind und so allmählich in die
Hüllschuppen des Köpfchens übergehen. Der untere Teil des
Schaftes ist erheblich dünner, ausgefüllt und kahl, der obere
spärlich mit kurzen hellen oder teilweise dunklen Haaren
besetzt. Viel stärker ist die Behaarung der Hüllschuppen,
die der Hauptsache nach aus schwarzen Borsten besteht, die
nach oben abstehen. Da die Hüllschuppen selbst — nament-
lich gegen die Spitze zu — dunkelgrün sind, so erscheint
die ganze Hülle schwärzlich. Um so auffallender heben sich
von ihr die goldgelben Blüten ab.
Der Durchmesser des geöffneten Köpfchens beträgt un-
gefähr 3 cm. Alle von oben sichtbaren Blütenteile sind \ on
derselben goldgelben Farbe; nur die Antheren sind orange.
Der weißliche Pappus ist schon zur Zeit der Blüte stark
entwickelt und reicht bis über die Basis der Antheren herauf.
Der Tubus der Korolle ist außen mit hellen Borsten spärlich
besetzt. Die äußersten Spitzen der Korolle sind geschwärzt,
was besonders bei den Knospen in der Mitte des Kr>pfchens
auffällt. Da in den Knospen die fünf Zipfel der Korolle zu
einem fünflappigen vStern zusammengelegt sind, macht die
in der Knospenlage befindliche KoroUe den Eindruck, als ob
sie nicht zungenförmig, sondern röhrig wäre. Der von oben
sichtbare fünflappige Stern ist schwärzlich. Die Bedeutung
dieser Schwärzung dürfte eine ähnliche sein, wie sie Hayek
für die ebenfalls bei dieser Art und vielen anderen Kom-
positen der Alpen vorkommenden Schwärzung derHüllschuppen
'S''M) K. Fritsch, Blütenbiologische Untersuchungen.
annimmt.^ Der Fruchtknoten hat dieselbe weißliche Färbung
wie der Pappus; nur der » Nektarkragen -< - ist etwas gelblich.
Entsprechend der Aufblühfolge des Köpfchens und der
für alle Kompositen charakteristischen Proterandrie macht
jedes Köpfchen drei Entwicklungsstadien durch:
1. Die Randblüten sind geöffnet und befinden sich im
männlichen Stadium. Die mittleren Blüten sind noch im
Knospenstadium. Insekten, welche solche Köpfchen besuchen,
können daher wohl Pollen mitnehmen, aber keine Bestäubung
bewirken, da die Köpfchen funktionell rein männlich sind.
2. Bei voller Blüte sind die Randblüten in das weibliche
Stadium übergegangen. Ihre etwas über 4 nmi lange Antheren-
röhre wird jetzt um 2 mm von dem Griffel (ohne Einrechnung
seiner Schenkel) überragt. Die mittleren Blüten sind gleich-
falls geöffnet, aber alle im männlichen Stadium. Bei ihnen
überragt der ganze Griffel (einschließlich der fast 2 nini
langen noch geschlossenen Schenkel) die Antherenröhre zu-
letzt um 3^/^mni, anfangs natürlich weniger. In diesem
Stadium verhält sich das Köpfchen funktionell gerade-
so wie ein Astereen- oder Anthemideen-Köpfchen mit
weiblichen Randblüten und zwittrigen Scheiben-
blüten. Ein Insekt, welches vom Rande des Köpfchens aus
die Ausbeutung beginnt, stößt zuerst an die empfängnis-
fähigen Narben und ladet dort den von anderen Köpfchen
mitgebrachten Pollen ab. Dann erst kommt es mit den Pollen-
mengen der mittleren Blüten in Berührung und wird so
neuerlich mit Pollen bedeckt. Es wird durch diese Einrichtung
ebenso wie in zahllosen anderen Fällen die Xenogamie
gegenüber der Geitonogamie (die daneben natürlich auch
vorkommt) bevorzugt.
3. Später sind alle Blüten des Köpfchens in das weibliche
Stadium übergegangen. Das Köpfchen ist nun der Hauptsache nach
rein weiblich, da nur sehr spärliche Pollenreste vorhanden sind.
Diese zuletzt gegebene Darstellung gilt natürlich auch
für die meisten anderen ligulifloren Kompositen, wenn von
den Maßangaben abgesehen wird.
1 Vgl. Osten-, botan. Zeitschrift 1900, p. 383 bis 38.1.
2 Vgl. H. Müller, Die Befruchtung der Blumen durch Insekten, p. 40."».
•)0 1
.7)0 1
I
Vorläufige Übersicht über die
Vegetationsstufen und -Formationen von
Kweitschou und Hunan
Von
Dr. Heinrich Handel-Mazzetti
(Vorgelegt in der Sitzung am 12. Juni 1919)
Die Bestimmung der Formationszugeiiörigkeit und der
vertikalen sowie horizontalen Verbreitung von gegen 400 Leit-
pflanzen bildet die Grundlage der vorliegenden Darstellung.
Auch hier liegen vielfach noch keine S3'Stematischen Be-
stimmungen vor, sondern manche Gattungsnamen mußten,
ob sicher oder unsicher, zur Veranschaulichung der Vegetations-
formen angeführt werden.
Nach dem, was ich auf einer zweimonatlichen, verhältnis-
mäßig geradlinigen Durchreise durch die Provinz Kweitschou
(Loping — Hwangtsauba — Kweiyang — Sandjio— Liping) sehen
konnte, reicht das hier als »Kweitschou und Hunan« bezeich-
nete Vegetationsgebiet noch in die Provinz Yünnan bis
Loping. Es dürfte auch einen Teil der Provinz Kwanghsi um-
fassen. Nach Wilson's Kollektionen gehört West-Hupe und
wohl auch Ost-Setschwan ebenfalls dazu, sonst nach Kollek-
tionen aus Kuling auch Tjiangsi und vielleicht überhaupt
.ganz Ostchina in mittleren Breiten.
Auf die — die schmale Grenzzone natürlich ausgenommen
— sehr geringen Ähnlichkeiten mit den Vegetationsgebieten
■der Provinz Yünnan werde ich bei Besprechung einzelner
Formationen Bezug nehmen. Selbst die nicht sehr weit davon
in ganz analoger Lage befindlichen Buschwälder an der Yünnan-
Bahn im Tale des Pata-ho haben trotz ihres ähnlichen Äußeren,
:i?)2 H. Handel- Maz/etti,
soviel ich sehen konnte, eine ganz andere Zusammensetzung^
woran wohl das trockenere Klima des mittleren und östlichen
Yünnan schuld ist.
Die von gleichen Vegetationsformationen eingenommenen
Höhenstufen steigen von dem etwas nördlicher und tiefer
gelegenen, gegen die kalten Nordwinde nicht geschützten
Hunan durch das etwas südlichere, höher gelegene, aber
besser geschützte Kweitschou bis Yünnan um öOO /;/ Höhe an..
I. Subtropische Stufe.
Die Ebenen und Hügelländer des mittleren und südlichen
Hunan und die tiefsten Teile der Flußschluchten im gebirgigen
Südwesten dieser Provinz und im angrenzenden südöstlichen
Kweitschou von 25 bis gegen öOO m Höhe, in den Fluß-
schluchten des hochgelegenen westlichen Kweitschou bis-
1000 m Höhe umfassend.
Tschangscha (2diii) hat ziemlich ausgesprochene Trocken-
zeit im Spätsommer und Herbst, Regenzeit im Winter und
Frühjahr, viel Nebel und Wind, Schnee nur wenige Tage-
hindurch, Minimaltemperatur — O", Maximum um 40°, dies
mitunter längere Zeit hindurch. Als niedrigste relative Luft-
feuchtigkeit beobachtete ich in dieser Zeit in Yungtschou 30%-
In Wukang (360;;/) soll etwas mehr Schnee liegen. Die Fluß-
schluchten um Süning und Dsingdschou und am Tu-djiang
unter Sandjio sind sicher viel feuchter, während jene des
Hwadjiau-ho zwischen Nganschun und Hsintscheng wieder
sehr trocken ist. Dort beobachtete ich in 840/;/ Höhe 27'V,),
relativer Luftfeuchtigkeit an einem guten windigen Abend in
der Regenzeit.
Merkwürdig ist die geringe Abhängigkeit der For-
mationen vom Gestein, nur bei wenigen Waldtypen läßt sieb
eine solche konstatieren.
l.Piiiiis Massoi! ii{ iid-\\'i[\de\- ohne wesentliche andere
Beimischung sind selten, aber in der Gegend von Hsinhwa.
und Bautjing (Paoking) doch sicher auch natürlich, noch
seltener reine Ciinuiughamia laiiLCoIafci-W äldchen. Dagegen
verleihen der Landschaft ein anmutiges Aussehen die vielen
Vegetationsstufen von KweitschDu und Munan. o8ii
J'iiiiis Müssonlaiia- Ciiniüiiiiliamia laiLceolüta -Thea
o/t'/yt'/-t/-PfIanzungen mit Grassteppenunterwuchs. Die
Tlica im November-Dezember in Blüte. Weiters als Sträucher
dann oft Hex coniuta und Gardcuia florida; schlingend
LvgOiliuiH sp.
2. Skleroph^'Uen- und Föhrenwald. (30 bis 800 ;//,
besonders auf dem Volu-schan bei Tschangscha, dem Dungtai-
schan bei Hsianghsiang und anderen Sandsteingebirgen der
Gegend. Blütezeit im Frühjahr und teilweise Spätherbst.
Immergrüne Hartlaubbäume und Sträucher, 5 bis 15 in hoch:
Casta-nopsis sclcrophylla u. a., Lithocarpiis ,!^labra und sp.
div.. Hclicia sp., SympJocos sp. di\^, Eiirya Japouica, Hex
purpurca und sp. div., PJiotiuia scrrulata, Eiigcuia luicro-
pliyllii, Rhododeuciri'H Siiusii, Piiiiis Müssoiiiaiia. Wenige
sommergrüne kleinblättrige li^d-z/ro/z/sp., T't7t"(7//////7//sp.,5/iTa.rsp.,
Vibiinmiu sp. Kleine immergrüne Sträucher: Loropetalnur
Sinense, Damiuicauilins Indiens (auch Veg. Yün., I) III 2 statt
Eiiphorbitict'cJ gen.), Dapline sp., Ardisia crispa (auch \'eg. Yün.
Dill 2), Leptodcnnis nervosa. Wenige Lianen: Sniilax. Kräuter-
unterwuchs soviel wie fehlend.
3. Föhre n-E i c h e n-L / ^ uidci iu h a r-Wä 1 d e r. Um Tschang-
scha nur als spärliche Reste, einige der Bestandteile, besonders
Liqiüdanduir, gallerieartig um die Schluchten im letzten Wald-
typus, typisch und üppig ausgebildet auf dem Dschau-schar»
bei Hsiangtan, unter Hsikwangschan und gegen Wukang.
Meist bis auf Liqtüdanihar nicht sehr hochwüchsig, zum
großen Teil sommergrün, Blüte im Frühjahr (um April). Pinusr
Massoniana, Qnercus aJicna, Qu. Mongolica, Lithocarpiis sp.,
Platycaiya sfrobilacea, Populus adcnopodal^, Carpinus sp.^^
Celtis sp., Cladrastis sp.?^ Liqnidambar Foriuosana, Cinna-
inoimim Camphora (selten), Lifsea pnngens, Aleurites Fordii^
Piriis Callcryaua, Diospyros sp., Lignstniiu hicidiun. Para-
sitisch Lorantlius sp. Sträucherunterwuchs manchmal reichlich:
Loropetalinn Siuense, Bcir:oiii sp. div., TJica sp., Rhaiunns sp.,
Elaeagniis sp., Maesa sp., Ardisia sp., Rhododendron Sinisiiy
Gardcnia florida, Leptodennis nervosa. Lianen: Akebia sp.,,
1 L'm 400 ///.
H34 H. Handel-. Mazzetti.
Wisteria sp. div. Arnndiiuiria sp. auch im Anschluß selbständig.
■Gräser aus der Steppe und: Miscanthns sp., Poa sp., LophatJienini
sp.; einige Carex sp.; Kräuter besonders an feuchten Stellen
wie am Yolu-schan: Zingihev sp., Cliloranthus sp., Polvgomini
sp., CoryJalis sp., AJitga sp., Mazus sp., Liliaceac div., Arisacina
sp., Avthraxon ciliare. Einige Farne. Bloße Erde mit unan-
sehnlichen Moosen meist reichlich bedeckt: Pogoiiatuin sp.,
Lcncohvyum sp., Stereodon ciipressiformis, Nardia sp, div.
An Felsen darin Gesueracea gen., Saxifraga sarmentosa,
HymenvphyUum sp. und mehrere Moose (?rliiinm sp., Seniato-
phyllacea gen.), auch die Baumstämme reichlich Moose tragend.
4. Liquidamhar Forniosana-Ciiinaniomiim Cani-
p li or a^-\Nä.\dchQn. Hochwüchsige Bäume (bis 25 in) meist auf
aus der kultivierten Ebene auttauchenden flachen Hügeln durch
die ganze Stufe oft gemeinsam mit ebenso ansehnlichen, teils
sommer-, teils immergrünen, teilweise im Sommer blühenden:
Piniis Massoniaua, Carpiniis Handelii-, LitJiocarpns glahra
und sp., Onerais aliena, Celtis sp., Litsea pnitgens, Photinia
scrrnJata und sp. div., Koelreutevia sp.,, Rutacea gen.-, Acer
irifidniii, Symplocos sp., AcaiitJiopanax ricinifolia, Camptotheca
iicuiiüiiiitii, Piitosponun sp., Fraxinus sp.. Hex macrocarpa'',
Diospyros sp., Xylosnia raceniosum, Ligustrtim lucidum. Lianen:
Vitis sp., Apocynacea gen., Rosa sp., Ficns sp. hie und da
bis in die Wipfel der höchsten Bäume kletternd. Unterwuchs
ist sehr dürftig.
Die nutzbaren Pflanzen aus den beiden vorstehenden
Formationen setzen die meist von Anindinaria bestandenen
Erdwällen umschlossenen Wäldchen um die im Lande zer-
streuten Bauernhöfe zusammen. Sie sind ebenfalls hochwüchsig
und jedenfalls älter als die nach 1. erwähnten Kulturen. Es
gehören dazu noch: Eriobotrya Japonica, Paulonniia sp.,
Mclia Azederacli (auch Veg. Yün. B I 1 statt Cainiriimialbimi),
Trachycarpus sp., dann Bamhnsa Beccheyana''
5. Ciipressiisfunebris-Wcüder finden sich nur auf Kalk
in der Gegend zwischen Bautjing, Wukang und Hsinhwa in
} Dieses um Wukan.t;; und westlich über 300 »i durch eine andere
ähnliche Art vertreten.
2 Von 250 VI aufwärts.
\''egctati()nsstut'en von k'weitscliou und Hunan. ooO
'oOO bis 400 in Höhe. Mitunter ist Piniis Massouiaiia beige-
mischt und Buschunterwuchs zu verzeichnen, mitunter sind
sie ganz rein, wozu allerdings menschliche Pflege mitgeholfen
haben dürfte.
0. Popiilns a d cito p () da'-: -Hcüne um Lengschuidjiang bei
Hsinhwa, 200 w, auf Sandstein in ziemlicher Ausdehnung.
7. Schluchtwälder sind auf wenige Punkte mit \er-
schiedenen edaphischen Verhältnissen beschränkt und in drei
verschiedenen Typen vertreten:
In Südwest-Hunan in der Gegend von Dsingdschou
besonders beim Dorfe Moschi, weniger schön bei Schidjia-
ping östlich von Süning, an beiden Stellen auf chloritischem
Schiefer in zirka 400 in Höhe, hoher, sehr dichter Wald aus
( 'astauopsis sp., Celtis'>p., Helicia sp., Lanracea gen., Hibisais sp.,
Acer Davidi, A. obloiigiini, Alauginiu Faberi und Chincnsc
(dieses auch Veg. Yün. jB I 8 statt Stercnliacea gen.), Ptcro-
styrax corymbosa, Elaeocarpns sp., Fraxiniis sp. und mehreren
mir unbekannten Bäumen zusammengesetzt. Besonders
Sträucher und Farne (u. a. Athyriiiui ninbrosiini) bilden den
l'nterwuchs, an feuchten Felsen darin findet sich Saxifraga
sannentosa, Begonia sp., ein winziges, ausgedehnte Polster
bildendes Hymenophyllnui (wie in 3.), ebenso Glyphoiuitriiiui sp.
imd andere Moose.
In Südost-Kweitschou in der Schlucht des Tu-djiang
zwischen Sandjio und Gudschou auf Grauwacke in 800 bis
400 m Höhe, beinahe einen Grad südlicher und gegen Süden
weniger abgeschlossen, ist er viel reicher und hat einzelne
an tropische Verhältnisse erinnernde Einschläge, wie die in
besonders schattigen Rissen wilde Mnsa, Rliaphidopliora sp.
(wie in Veg. Yün. A I und Dil als Pothos), Xanfhosoiua sp.
(wie dort .4 I als Colocasia), das epiphytische Asplenium (wie
dort .4 I und auch D I 1). An solchen Stellen findet sich die
um die Dörfer kultivierte Ficns infectoria auch wild, eine
Trachycaipus sp., die mir leider nicht zugänglich war, scheint
auch von der sonst \'erbreiteten x'erschieden zu sein. Von
sonstigen Bäumen kann ich anführen: MaJlotus sp., AilantJnis sp.,
MeJinsjua sp., (lerodendron sp., von Sträuchern und Lianen:
Miissacndü sp. div. und Apocynacca gen., während viele andere
y>'j() 11. Handel-M;izzetti.
der Bestimmung harren. Große Farne sind reichlich, darunter
klimmend Gleiclienia linearis} und GJ. ^i^kuicii.
Im westlichen Kweitschou in der Schlucht des"
Hvvadjiau-ho und ober der Brücke Baling-tjiau in 580 bis
950 in Höhe erinnert der Schluchtvvald mehr an jenen in
Yünnan (siehe dort i? I 8), wenngleich er tloristisch verschieden
ist. So gehören dazu als Bäume Dalhergia? sp., Ficns sp.^
Mallotus sp. (wie in der letzten Formation), als Sträucher:
Lci^timinosa gen., CaUicarpa sp., als Lianen Asclepiadacea gen.,,
Apocynaceae gen. div., dann ein AraliaLcen-Kä.\\mchen Cdas-
selbe wie in Yünnan .4 I?) zwischen Hochgräsern.
An Savannenwald erinnern nur einzelne Reste in der
Schlucht des Hwadjiau-ho in 600 bis 1100 w, deren Nord-
hang diese \'egetation ehedem bedeckt haben dürfte, bevor
sie gerodet wurde und nur der Steppenunterwuchs übrig-
blieb. PhyUautlins Euiblica (auch in Yünnan B l 1) und
Oroxyluin Imficum (auch dort B I 1 a) lassen Schlüsse darauf
zu, während z. B. eine Psoralca} sp., eine Malvacea gen. mit
holzigem Rhizom und eine Orchidacca gen. dieser Steppe
eigen sind.
8. Banihnsa Becchcyana^-^esilxnde in Hunan wie in
der folgenden Stufe, rein oder mit Pinus Massoniana, in
größerer Ausdehnung nicht unter 200 iti beobachtet.
9. Auen könnte man die Baumeinfassung der Flüsse und
Bäche gerade noch nennen, obwohl sie nur auf schotterigem,
schlecht kultivierbarem Grund nicht breiter als eine Baum-
reihe ist. Salix Babylouica u. a., Alntis sp., Uhniis parvifolia,
Ptcrocatya stenoptera, Diospyros sp., Oleacea gen., Adiua
racemosa als Bäume, Hihiscns sp., Speranskia sp., CaUicarpa sp.»
Adiua rubclla als Sträucher, oft viel Lycoris radiata, Salvia sp.
und von Gräsern EviantJins sp. div., Phraginitcs sp., Andro-
pogon sp. sind charakteristisch.
Beihohem Wasserstande untergetauchte Ufergebüsche
sah ich besonders am Tu-djiang, wo der Höhenunterschied
zwischen Niederwasser und Hochstandsmarke bis zu 7 in
beträgt, und am Tsi-djiang. Sie bestehen aus zirka 2 m hohen
biegsamen Sträuchern; Salix sp., Ficns sp. div., Bnxns Har-
landii, Eugenia sp., Lauraceae div., Elaeaguus sp., Cornns
V'esetationsstut'eii von Kweitschou uiul Hunan. o3^
jHiuciiwrvis, Adiua sp. Die vorletzte und ein anderer Busch
bildet solche Formation noch am Idse-ho an der Grenze von
Yünnan und die eben erwähnte, in dieser Zone wurzelnde
Pterocarya sfenoptera steigt dort bis 1650 m an. Auf den
meist überfluteten Klippen in den Flüssen selbst findet sich
■eine Poa sp. massenhaft, ebenso eine CoJleniacca gen. und
-eine andere weiße Flechte.
11. Buschwald hat sich besonders in felsigem Terrain
■erhalten. Außer oft strauchartig wachsenden oder durch fort-
währendes Abhacken niedrig gehaltenen Hex piirpurea, Qnercns
Mongolica und glandiiHferu, Platycarva sirohilacea finden
sich von wirklichen Sträuchern besonders: t'astauca SeguiuiL
Xoropefaliuii Sinensc, AhcJia Chiiieiisis, Bcrheris Cavalieri'i,
Prunus sp., Spiraea sp., Etirya Japoiiica, Berchemia sp.,
X,agevsfroeinia ludica, Rhododendron Sinisii, Siiiense?, Pieris
sp., Vitex Negnndo, Vümrnnm sp. div.,, Gardenia ßorida, dann
\iel Rosa laevigaia und nicht überall Banhinia sp. und Vitis
pentagona klimmend, GJeicIienia linearis und eine kleine
Arnndinaria sp., Beleuieanda Sinensis, Lycoris radiata, Epi-
niedinni sp., Poteniilla sp., Nepeta sp., Tencriuni sp., Vero-
nica sp., Clirysantheninni sp. da und dort als Kräuter.
Bemerkenswert ist ein Rliododendron S im s ii-G QbiXs ch
an einem etwas feuchten Hange (Latent) unweit des Flusses
ober Tschangscha wegen des Unterwuchses schwellender
Polster von Leucobrynin sp.
Hecken finden sich meist in bewässertem Lande imd
-enthalten demgemäß üppigere Sträucher, wie: Ulmiis parvi-
Jolia, R/ianinns utilis, Rhamnaeea gen., Evonynius sp., Xantlio-
xylon sp. div., Elacagnus sp., Bnddleya sp., kletternden Riibiis
sp. div., Rosa Gentiliana?,inidtißoraxav. Caihayensis, mstaria
Sinensis und Hnninlus Japoniens, mit bestacheltem Stengel
klimmend Polygonnm sp., \'on Kräutern Corydalis sp. div.,
T/wIicfruui sp., Glechoma sp., Lahiatae gen. div.. Myosofis sp.,
Carex sp. und wenige Gräser.
12. Grassteppe. Besonders im mittleren Hunan durch
■die ganze Stufe. Blütezeit der Gräser und einiger Stauden
und Halbsträucher im Spätsommer, im Frühjahr ziemlich
Teiche Kräuterblüte. Sehr gleichmäßiger, bis zu 70 cm hoher,
3:^8 H. Handel-Miizzetti.
meist dichter Grasvvuchs intravaginaler Arten: Aiithistiria :^p_
(auch in Yün. i? II 4 statt Avenea gen.?), Andropogon Narchts\.
A. brcvifoJiits, A. annnlatns, Arundinella sp., PoJlinia sp. diw
X'ereinzelte Halbsträucher und niedrige Sträucher: Sniilax sp...
Glocliidioii sp., Lcspcdeza sp., Lai^crstroeniia Indica, Daphne
Genkiva, Caryopteris sp., Symplocos paniailata, Crataegus
cimeafa, Rtilms corchorifolins, Rosa laevigata, microcarpa.^
Desmodinml sp.. Hex cormita, Vitcx Xcgnndi). Abclia CJiinensis,
Leptodennis nervosa. Im Frühjahr blühende Kräuter: Viola
Patrinü, Oxalis sp., Scutellaria ^p., Trixago': sp., Wahlenher gia
gracilis, Giiaphalium sp. und auf humösere Plätzchen
beschränkt Carex sp., Liizula sp., Liliacea gen., Rnmex Accfosa,.
Theshun sp., Senecio (sect. Cineraria) sp. Herbstblütige Kräuter
und Stauden, auch besonders an offeneren Stellen: Oshcckia sp.,
Satiircia sp., Aspcriila sp., Patriuia sp., Solidago sp.. Aster
saligniis't, dort auch Pteridiiun aqitilimiiii, Glcichcnia linearis
(oft massenweise, auch in \'eg. Vün. 7) II 4) und kriechend
Lygodittni sp. Stereodon sp. und auf ganz entblößter Erde
Campylopns sp. und Rhaconiitrinnil sp., lockere Rasen bildend.
Im südlichen Hunan wird die Steppe oft außerordentlich
mager und niedrig, nur eine kleine Iniperata ist zu bemerken.
Eine Stelle unter Yungtschou sieht sich sogar wüstenartig
an, ganz kleine sanft zerfurchte rote Sandmergel- und Kalk-
hügel tragen nur vereinzelte Zwergexemplare eines sonst
häufigen Strauches, sind aber sonst gänzlich kahl und nur
an ihrem Fuße bildet ein ganz niedriger Andropogou Rasen-
flecke.
1 3. H o c h g r a s f 1 u r e n. Am Tu-djiang auf Sand Erianthns sp.
große Bestände, in den Blättern 2 ^U ni hoch, in den Rispen.
viel höher, dazwischen ein niederliegend -wurzelnder Farn.
Sonst oft Phragniites sp. div., Andropogou sp.
14. Sandflur einiger im Frühjahr blühender Kräuter im
Bette des Hsiang-djiang: Polygomini sp. div.. Cardamine sp.,.
Sisymhrinm sp., Myosotis sp.
15. Beinahe ganzjährig grüner Rasen faßt Gräben und
Teiche ein und besteht aus Poa annua, Eragrostis sp. di\-.,
Glyeeria sp., Bromns sp., Polypogon Monspeliensis, Molinia sp.,
Cyperns sp. div., Seirpus sp. div. und trägt \-on Kräutern Po/r-
l
Ve.netationsslut'eii voi: Kweitschou und lliman. o39-
,i,'o/////// sp.. Rannnciiliis sp., Roripa sp., Cardainiiie sp., Sanninis
CJüucnsis, Sccium sp. div., Viola 2 sp., Jiissiaea sp., Lysi-
luachia sp., ScitteJlaria sp. div., Mazns sp., Lobclia sp. div.,
Solidai^o sp., //«//t/ sp., Artemisia sp., Taraxacum Mongolicimi.
16. Wasservegetation. Prächtig ist die schwimmende
Flora der Teiche und Tümpel, größtenteils im Spätsommer
blühend: Ntipliar sp., Nymphaea sp. (beide selten), Neluiiibo nii-
cifera, Etiryaleferox, Jnssiaeasp., Trapa sp. div., Villarsia sp. div.,.
Ambnlia sessilißora, Utriciilaria sp. div., TrapdJa Sinensis,
Potamogeton sp. div., Lenma sp. div., Elodea Canadensis,
Hydrocharis sp., Marsilia, Salvinia, Acolla. In Reisfeldern:
Glyceria sp., Alopccuriis sp. (auch Yün. B I 9), Cy peius sp.,.
Isolepis setaeea, Eriocaiilon sp., Ottelia sp., Sagittaria sp.
und die Hydropterides.
Reis und Zizania aqiiatica, deren junge Sprosse gegessen
werden, dann Colocasia esculenta und C. sp. sind im Wasser
kultiviert, auf trockenerem sandigen Boden Kauliang (Andro-
pogon Sorghtmi). Tliea Sinensis, Gossypium herbacenm, Brassicti
Rapa, verschiedene Gemüse, Dioscorea Batatas u. a., Basellu
alba, stellenweise auch Saccharuni ofßcinarnni.
II. Warmtemperierte Stufe.
In Hunan und dem östlichen Kweitschou 500 bis 1420///,^
im mittleren Kweitschou Anschluß nach unten nicht gesehen,
im westlichen 1000 bis 1800 w.^ Klima wohl ähnlich jenem
derselben Stufe in Yünnan, wenige zusammenhängende Beob-
achtungen liegen vor, die Niederschläge sollen viel regel-
mäßiger verteilt sein und keine so ausgesprochene Trockenzeit
herrschen wie dort, was sich in der Vegetation im Mangel
der Steppe ausdrückt. Regen in Kweitschou meist von SE.
In Kweiyang (1070 m) beobachtete ich anfangs Juli als
höchste Temperatur 31 °, als geringste relative Feuchtigkeit 43%,
in Hunan in 600 m Höhe in Hsikwangschan bei Hsinhwa
im September als geringste Luftfeuchtigkeit 25 %, dort herrscht
viel Nebel, noch mehr in höheren Lagen auf dem Yün-schan
1 Dies die höchsten Punkte der von mir besuchten Strecke, sie brauclien
daher nicht sclion an der klimatischen oberen Grenze der Stufe zu hegen.
:-)4() H. Handel-.Maz/.etti.
bei Wukang, wo in 1190 in Höhe \-on 74 Tagen der Sornnfier- .
monate nur 18 regenfreie zu zählen waren. Das Hygrometer
sank dort nur bis auf 46 ^o^ das Thermometermaximum ist
-:^0°, Regen auch dort meist von S.
a) Untere Stufe.
Bis 1180 /y/ in Hunan, nach W ansteigend, bis 180O ///
im westlichen Kweitschou.
1. Piiiiis Massolliana -Wälder kommen auf ver-
schiedenen Gesteinen in Hunan und in Kweitschou bis west-
lich von Kweiyang bis 1300 in vor, doch sind sie ohne
Avesentliche andere Beimischungen selten.
2. Cniinin^'hainia lanccolata-Cuprcssus fnnehris-
Wäldchen hie . und da im südwestlichen Kweitschou und
■dem angrenzenden Yünnan, 1000—1800^«, in Yünnan noch
mit Piuns Sinensis und P. Armani//.
Nur im westlichen Kweitschou finden sich noch Pinns
Siuensis-Wälder auf verschiedenem Substrat von 1200 iii
aufwärts. Ob meine letzte Notiz östlich von Dinghsiau bei
Hwangtsauba wirklich das östlichste Vorkommen bezeichnet,
lasse ich dahingestellt, denn es ist natürlich viel leichter,
■das erste Vorkommen einer Pflanze zu bemerken und zu
verzeichnen als das letzte. Als bei Tschingdschen westlich
von Kweiyang zum erstenmal P. Massoniana auftrat, notierte
ich, daß schon lange keine Föhre zu sehen war. Kettelcria
Davidiana geht in Yünnan bis knapp an die Grenze von
Kweitschou bis 1500 /// herab.
Pinus Sin cnsis-Almis Nepalensis'i-'W s.\d in bezeich-
nender Weise, aber geringer Ausdehnung auf erdreichem Kalk-
boden zwischen Djiangdi und Hwangtsauba an der Yünnan-
Grenze in 1300 bis über 1600/// Höhe. Darin viel Dalhcroja':
sp. als Liane und einiges andere.
3. Ciinninglianiia l a nceoIata-Pinns Massoniana-
Liquidaniba r Forniosana-V/äldei'. Im östlichen Kweitschou
auf Sandstein in derselben Verbreitung wie Pinns Massoniana
als der nächst deren Wald (1) magerste Waldtypus. Dazu
da und dort Cinnanioninni sp. und Qiicrcns sp. (sommergrün,
Vet;etationsstut"en von Kweitschou und Hunan. -Hl
wie in Vünnan B II 2), als Sträucher Tliea olcifcra. ('Icthra sp.
u. a., Liane Lycopodiuiu vohihilc]
4. Üppige Mischwälder in Kweitschou in derselben
Verbreitunc!;, doch in Hunan ebensoviel auch auf Kalk. Je
nach der Feuchtigkeit i^ippiger und mehr aus Laubbäumen
oder dürftiger und mehr aus Koniferen bestehend. Teils
Sommer-, teils immergrün. Blütezeit Frühjahr. Zu den oben
genannten Bäumen noch: Taxus C'Jüucusis'^, PsciuloJarix sp.-,
Populus adcnopoJa?, Castanea sp., Qiicrcns Mou^olicci, Litho-
carpiis sp. div. (meist wenig), Carpiiius sp.. Platycarya strobi-
lacca, Engelhardtia? sp., Myrica rubra, Aphananihc aspcra.
AJciii'ifes Fordii, Malloitis sp.. Ciimaninjiiuni Cassia und /". sp..
Bcrrjoiu sp. und andere Laiiraccac. Ccrastis sp., Sorbits sp.,
Pliotiiiia sp. div., Acer obJoiignm, Ailanfhiis sp.. Aiiacardiaceae
und Rntaccac div., Ritus vcrnicißiia,'-^ Ettscapliis Japoriica,
Coriiiis capitaia und ('. sp.. Clcilira Fargcsii u. v. a.; Sträucher:
Malloitis sp. div., Hydraiigea .sp. diw, Dicliroa fcbrifiiga,
Kerria Japoiiica, Prunus sp., Thca olcifcra, Melastoma-
lacea gen.^, Xaiitlioxylou sp. div.. Araliaccac gen. div., Ehretia
niacrophylla, Rhododendron sp. div. (wenig), Styrax sp., Dier-
villia Japan ica (stellenweise); Lianen: Sargcntodoxa cuncata,
Actinidia sp. div., Schizandra Henry/ u. a., Rnbus sp. div.,
Legimiinosae gen. div., Ainpelidaceac gen. div., Jasniiniini sp.
div., Mussaeiida sp. div.; Bamhusa Beecheyanar, viele Farne
wie Dryopteris sp. div., Blechnniu .sp., Woodwardia sp.,
spreizklimmende Farne: Gleich enia linearis? und Gl. glauca
(auch \'eg. Yün. Dil, dort auch Dipteris sp.!). Kräuterunter-
wuchs meist unbedeutend, auch der Moosunterwuchs gering,
in Steinritzen in den Waldbächlein, halb überflutet, findet
sich öfter Acorus graiiiineiis.
Carya Cafhaycnsis, die 1912 in Tschedjiang entdeckt
•wurde, bildet im Grenzgebiet \on Hunan und Kweitschou
an den Talhängen dichte Bestände alter Bäume in 400 bis
700 /;/ (einzeln auch 900 ///) Höhe, die sicher künstlichen
1 Nur zwischen Gudschou und Liping.
- Nur um Hsikwangschan bei Hsinhwa bis 800 iii.
' Nur im .südwestlichen Hunan.
Sitzh. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, V2S. Bd. 24
342 H. Handel-Mazzetti,
Ursprunges sind, doch scheint der Baum hie und da auch
wild zu sein und zur Formation der Mischwälder zu gehören.
5. Subxerophiler Laubwald ist in 700 (im Westen 1100)
bis gegen 1700 in Seehöhe auf den 50 — 100 in hohen
steilen Hügeln und Kegelbergen, welche der Kalk in Kvveitschou
bildet, als ursprüngliche Vegetation stehen geblieben, da alle-
ebenen Fleckchen kultiviert sind. Er bildet ein recht gleich-
mäßiges, ziemlich hellgrünes Laubdach in zirka 8 m, selten
größerer Höhe und ist vorwiegend sommiergrün. Bäume:
Qiicrciis sp. (wie in 3), Qti. phillyreoides^, Lithocarpns sp.-
Castaneas'p}, Carpinus Fargesiana^, C. Turczaninown-, Plaiy-
caria strohüacea, Celtis sp., Eriohotiya Japonica, Pliotinia-
sp. div., Itea ilicifolia, Alhizzia sp., Dalhergial sp., Cercis sp.,.
Sapindus Mukorossi, Cinnamomnm sp., Evonymus sp.*,,
Celastracea gen., Pistacia sp., Ailanthtis sp., Anacardiaceae div.
Fivniiaiiia pJatanifolia , Acanthopanax ricinifolia, Fraxinus sp.,
Ligustrum Jncidnm, Catalpa Dnclonxii, Paulorvnia sp.,.
Adina sp., Trachycarpus sp. (viel niedriger als die übrigen
Bäume); Sträucher: Phothiia sp. div., Thea Sinensis-, Xantho-
xylon sp., Loropetalnm Sinense^, Pittospormn sp., Ligustrum
sp. div., Schoepfia sp., HeUwingia sp.; Lianen und spreiz-
klimmende Sträucher: Mallotns Philippine iisis, Legwminosae
gen. div., Xanthoxylon sp. div. etc.; Kräuterunterwuchs sehr
arm, dürfte erst in späterer Jahreszeit zur Entwicklung kommen.
Moose reichlich: Psendoleskea sp., Anomodon sp., Leucodon sp.,.
auch hie und da Neckeraceae gen. von den Baumästen
hängend.
Einzelne seiner Bestandteile, besonders Celtis, Eriobotrya,,
Firmiania, Acanthopanax, Catalpa Dnclonxii, dann Cat. ovata,
Pauloivuia, Trachycarpns werden auch um die Dörfer der-
selben Gegend kultiviert.
6. Ombrophiler Laubhochwald kalkfreien Gesteins in
Südwest-Hunan, vielleicht auch Ost-Kweitschou, 850 — 1180///..
Der prachtvolle, als Tempelwald geschonte, 5 bis 0 knr
1 Diese nur auf einem isolierten Kalkhügel bei Dodjie zwischen Duyün
und Badschai in nur 700 m Höhe, dem tiefsten Vorkommen der Formation.
~ Diese erst von Kweiyang östlich, also nicht über 1200 ;/«, Tltcci nur-
stellenweise, noch seltener auf Sandstein.
Vegetationsstufcn von Kweitschoii und Hunan. o-tS
umfassende Wald auf Tonschiefer an der Nordwestseite des
Vün-schan bei Wukang ist der Typus dieser Waldart. Der ver-
hältnismäßig isolierte, 1420 m erreichende Berg fängt — wie
andere hohe Ketten, die denselben Wald zu tragen scheinen,
ich aber aus Zeitmangel leider nicht besteigen konnte — die
hochstreichenden Regenwolken auf, daher die große F'euchtig-
keit, welche diesen Wald begünstigt. Hochwüchsiger (± 20 ;//),
dichter, zum größeren Teile sommergrüner Bestand, an den-
steilsten Hängen ebenso üppig wie um die Bäche, um welche
sich aber einige der Charakterbäume gruppieren. Wuchs,
Lianenreichtum, der epiphytische Strauch und der Kräuter-
unterwuchs erinnern an die hygrophilen Mischwälder des
nordostbirmanisch - westyünnanesischen Hochgebirgsgebietes,
Bäume: Litliocarpns sp. div., Pterocarya PaJmvtis'^, Jiig'lansr
regia} ^, Morus iip., Celtissp., Zelkotva serrata, Tetraceutrou sp.,
Michclia sp., Manglietia Fordiana, Magnolia denudata?,
DapJiniphyllum sp., Sapiiim Japonicnm, Cinnamomnin Cassia,
Osmanthiis sp., Lindera sp., Phoehe Sheareri u. sp., Syni-
plocos sp. div., Photinia sp. div., Cerasns sp., Prumis Sect..
Padns 2 sp., Alhizzia Jidibrissin, Scliima sp. (aufch Veg. Yün.
zu 5 II 5 und D III 2), Aescidus Wilsonii^, Euscaphis Japonica^
Houenia diiJcis, Acer Davidii und vier andere (auch Sect.
TrifoJiata), Rntaceae gen. div., Thea sp., 'Hex pednncnJosa,.
Alanginm sp., Araliacea gen., Cornns capitata u. sp., Vacci-
niiiin sp., Diospyros sp., Clerodendron sp.,' Emmenopterys
Henry i u. v. a. Lianen in Menge und oft von gigantischen
Dimensionen: Ficns sp., Sargentodoxa cnneata, Actinidia
ptirpurea u. sp. div., Kadsiira peUigera, Magnoliacea gen.^
Clematis sp. div., Schizophragma integrifoliimt, Ruhns iiiali-
folins?, Dalhergia Dycriana, Piieraria hirsutn, Vitis pentagona^
Ampelopsis sp. div., Cayratia sp. u. a. Anipelidaceae,.
Bercheniia sp., Jasniiunm lanceolarium, Apocynaceae gen. div.,
Trichosantlics sp., Pacderia sp. (auch Veg. Yün. D \l \, statt
Solanacea gen.). Sträucher besonders an offeneren Stellen
und gegen die Ränder: Ficns sp., Monis sp. (mitunter spreiz-
klimmend), Mahonia sp., Sarcococca sp., Dichroa febrifnga,.
Hydrangea sp. div., Rnhns sp. div., Ncillia sp., Kerria Japonica,.
^ Um die Jüichc.
344 H. HandcI-.MK/.zetti,
Rliauuuis 2 sp., Rhus sp., Alangiiiiu sp., Painix DeJaviiyi,
Araliacca gen.. Siyrax sp., ( 'allicarpa sp., Prcmna sp., P/7o-
stegia vibnriioidcs, Vibiiriinin sp., Samhucns Sieholdiatia?,
S. Wightiaiia?. Epiphytischer Strauch: Sorbits sp., dieselbe
oder eine ganz ähnliche Art (5. caloneura?), auch krummholz-
artig an Felsen. 2 kleine Arimdinaria sp. Schattenkräuter:
Ziugibcr sp., Pohf^onainm sp., Liliaceae div., Elatostemivui sp.
(auch V'eg. Yün. D III 2), Dorstcnia sp., Polyi>oniifn sp. div'.,
Tliafklnim^p.. ( \irJaw int; sp., Eoinecon sp., Inipatien.^ sp. div.,
(lirysosplcniuui sp. div., McIa.'<tomacea gen., UmbeUiferae div.,
Ly.siinacJiia Klattiana u. sp., Gesneracea gen., Mechania
itrticifoUa?, Schattengräser: Hoplismemis sp., lilymiis sp.,
(h'peraceü gen., viele, meist mittelgroße Farne. Hoch-
stauden, an lichteren Stellen sich zu üppigen Fluren
gruppierend: Lilium giganieimi? Polygonaimn sp., T'^/;/-
bcUiferae div.. Plectranthus sp., AcaMthacea gen., Scnccio
sp., Eiipaioriuin sp. An beschatteten Preisen: Hymeiio-
phyllmu sp. div., (lesueraceae div., Epiphyten: Polypodium
sp. div., i'cicrach sp., Lysionoius sp., viele Moose an den
Bäumen, mitunter Barbclla und andere Neckeraceac in langen
Zotten hängend, viele an Felsen und weniger auf dem Erd-
boden. Auf Felsplatten in Bächlein .4cc>rM6' gramincns.
7. 7)'^/ //e /'f/,va Bcecheyan aP-B e s tän d e, 10 w hoch, bedecken
in großer Ausdehnung die Talhänge von Südwest-Hunan bis zu
1100 /// Höhe, hie und da überragt von den Kronen einzelner
der unter 4. angeführten Bäume. Der Bambus ist dort sicher
auch einheimisch und seine unduldsame Natur dürfte die
künstliche Auslese bei der Erzielung so reiner Bestände, wie
man sie oft sieht, unterstützt haben.
S. Gesträuche bedecken manchmal ansehnliche Strecken
und verdienen sicher eine weitere Unterteilung, die ich aber
mangels vollständiger Bestimmungen noch nicht geben kann,
Corylopsls sp., SiachyiirM.'^ sp., Monis acidosa. Boehmeria
iiivea, Ouercus glandulifera. (\>rylus heterophylla \, Gloclii-
dioii sp., Mallotiis sp. di\-. (M. PhiUppmensis auch Spreiz-
klimm er), Cotiavia Sinica. Xandina dornest ica, Myrsine Afri-
cctna\ (auch zu A'eg. Yün. BW V). Deiif-Aa sp., D'ichroa febvifiigü .
1 Nur in Kweitschou.
\'egct:itionsstufen \'on Kweitschuu und Huiiiin. '•\4o
H\\Iraiii>L'a sp. div., (,'rafacgHs sp. div.. Hosu taevii^ata'^, iiiicro-
Ciifpa, Spiraca Japoiiica, Pyracantha crcnuhita, Rithiis sp. div.,
Syniplocos panicnlata , Indigofera sp.. Thca Sinensis, Grewia sp.,
BcrcJiemia sp. div., XanthoxyJoii sp. div., Rhns Javaiiica ii. sp.,
Celastrtis angulahts, TorriceUia sp., Araliacea gen., Acantho-
paiiax sp. div. (Spreizidimmer), Hclhvingia sp., RliodoJein/roii
ovatnni u. sp., Vaccinium DoniaiiiiHi, Picris sp., BudJIeya
Davidii, SfyraxRp., Clerodcndroii sp., Preinua sp., ( 'allicarpa sp.,
Louicera sp., Viburnmn sp. div., Leptodermis nervosa; Lianen:
Dioscorea sp. div., Sargentodoxa cimeata, Schixandra spheuau-
thera u. sp., Actinidia sp., Dalbevgia Dyeriana. Vitis, Cayratiau.
Ampelidaceae d\\\, Baiihinia sp., Celastnts sp.. Momordica
Cocliiiichiuensis-, Asclepiadaceae div., Louicera sp. Kräuter:
Tricyrtis sp., Lycoris aurea, Honttnynia cordata, i'hJoraiitluis
sp., Macleaya cordata, Genista sp. Triunifetta sp., Salria sp.,
Sirobilanfhes sp. div., Scrophidaria sp., Artcmisia sp. div.,
Enpatorium sp., Senecio sp. (Spreizkiimmer). (Iräser; >/:.v-
canthits sp., (^alamagrostis sp.. Broniits sp.; Gleichen ia linearis
und sonst einzelne Farne, Arundiuaria 2 sp., die eine be-
sonders an Steiliiängen, die andere in kiesigen Talsohlen in
Kweitschou eigene Bestünde.
Thea oleifera ist in reihenvveiser Anordnung kultiviert
und charakterisiert so zwischen dem unter 3. behandelten
Wald besonders in Südvvest-Hunan auf weite Strecken die
Gegend. r/;t'a Sinensis wird noch bei Nganschun kultiviert
und kommt auch hie und da wild vor.
9. Buschsteppe besonders um Hsikvvangschan in Hunan
auf Kalk und Sandstein bis 900 m Höhe als Übergang von
der subtropischen Grassteppe zur folgenden Formation. Gras-
wuchs wie in der ersteren, doch etwas höher, Sträucher viel
vorherrschender als dort, doch fehlen von jenen: Smilax,
Lagerstrocniia, Daphne (renkiva, Hex cormita. Von frühjahr-
blütigen Kräutern dazu: Orchidacea gen., Lithosperviism 2 sp.,
Pedicularis sp., Androsace sp., von herbstblütigen: Anemone
Japomca,Aconitnin sp., Dianihnssp., Sangnisorba sp., Cassia sp.,
Hypericum sp., Linnm sp., Pencedannni sp., Platycodon sp..
1 Im westlichen Kweitschou statt dieser R. Roxbiirghii.
2 Nur am Vü-Schan in 6äO bis 700 /// Hühe.
346 H. Handcl-Mazzetti,
Dipsacns sp., Anaphalis sp., Aster scaber, Ceniaurea? sp.
(1 V2 m hoch).
Als Ausläufer yünnanesischer Formationen findet sich
noch in Yünnan, aber innerhalb unseres Florengebietes in
hoher Lage (1700 m) hie und da noch eine Grassteppe aus
Andropogon DeJavayi (auch Veg. Yün. B II 4).
10. Buschwiese. Durch die ganze Stufe als Leitformation,
deren Anklänge an die Pieridium-W\ese des nordostbirmanisch-
westyünnanesischen Gebietes (siehe dort, D II 2) nicht zu
verkennen sind. Die Sträucher überhöhen die Gräser kaum,
alles ist unter 1 m hoch, nur die Birke, anscheinend dieselbe
Art wie am Djiou-djiang (1. c, D I 1), kommt oft als Bäumchen
vor. Blütezeit den ganzen- Sommer hindurch. Leitpflanzen sind
die folgenden: Gräser und Grasartige: u. a. Imperata sp.,
Poa sp., Festnca sp., Bronius sp., Dactylis glomerata, (stellen-
weise auch Hochgräser wie Eriantlius? sp.), Scleria 2 sp., Fim-
bristylis? sp.; Sträucher: Castanea Segiiinii, Betnla lummifera,
Salix sp., Hypericum Hookerianuin, Indigofera sp. div., Les-
pedezaformosa, Desmodinm sp. div.; perenne Kräuter: Anemone
riviilaris im Westen und Japonica im Osten, Sanguisorba sp.,
Osbeckia crinita, Lysimachia sp. div., Pedicularis sp., Vale-
riana sp., Patrinia sp., Platycodon sp., Adenophora sp., Senecio
Jacobaea ?, Aster scaber, Lilium Brownii, Iris sp., Orchidaceae
gen. div.; Farne: Dryopteris TJielypteris?, Pteridium aquilinnm,
Osninnda sp.
11. Mesophile Wiesen sind in geringerer Ausdehnung
besonders um Nganping in Kweitschou vorhanden, die Gräser
waren noch nicht entwickelt, doch charakterisierten die Mengen
von Daticus Carola und Lotus coriiictilatus die Formation
hinreichend. Dazu gehören auch die kräuterreichen Hänge
um den Tempel Gwanyingo auf dem Vün-schan, denen Gräser
allerdings fast fehlen und welche tragen: Pilea sp. div.,
Hoiittnynia cordata (auch Veg. Yün. CI 4 u. Z) II 5), Geunt sp.,
Epilobinm sp., Hypericum sp., Umbelliferae div., Solanum
Dulcamara, CaJystegia sp. etc. Rliynchoslegiuni sp. bildet den
Moosuntergrund, an Abrissen finden sich reichlich 2 Selagi-
nella sp. Reisfeldraine, wie I 15, dazu Coniposita gen. und
Sonclms sp.
Vegetatioasstufen von Kweitschou und Hunan. 34/
V2. Heide wiese. Hie und da durch die ganze Stufe,
besonders in Kweitschou. Die durchwegs niedrigen Gräser
Konnte ich, abgesehen von einem Ischaemum, ihrer mangel-
haften Entwicl^lung halber leider nicht konstatieren. Kräuter:
Fotentilla sp., MeJastoniacea gen. (rasenbildend mit holzigem
Rhizom), Brimella vulgaris, Nepeta sp., Ovigamun sp., Aspe-
nila sp., Erigeron sp., Cirsium sp., Burmannia sp., Belemcanda
Sinensis, Orchidaceae gen. div. ; Farne: Lygoditim sp. (nieder-
liegend), Gleiclienia linearis; Sträuchlein: Ficns sp. (kriechend),
Leptodennis nervosa; Entodon sp. bildet den moosigen
■Untergrund.
13. Felsenflora ist artenarm, aber oft individuenreich:
Nephrolepis sp.; sukkulente Kräuter: Pilea sp. div., Sednin sp.,
Oesneraceae gen. div., und sehr lokal als Strauch Apocynacea gen.
und der Spalierstrauch Scliizophragma integrifolitim var. minus;
kletternd Vitis sp.; Moose meist reichlich: Psendoleskea? sp.,
Anomodon sp., Leucodon sp. und, so trocken die Formation
aussieht, so quellen doch nach jedem Regen sofort große
Nostoc in allen Grübchen auf.
14. Wiesenmoore haben geringe Ausdehnung um 650
bis WöO m Höhe, aber sehr bezeichnende Zusammensetzung.
Yon Gräsern ist ein kleines Militim sp. massenhaft, Cyperaceen
sind reichlich vertreten, hie und da Rliynchospora sp. und
Cladium Mariscus; Viola sp., Hypericum sp., Oenanthe sp..
Alisma sp., Spiranthes sp., Utricularia sp. und manchmal
eine große Typlia sp. in Beständen.
15. Moorbrüche fand ich nur an einzelnen Stellen der
Gräben auf dem Rücken zwischen Tjiaulou und Hsintscheng
im südwestlichen Kweitschou um 1600 m Höhe. Darin kommt
Sphagmim sp. und Lebermoose vor, Strnthiopteris sp. bildet
Bülten, Jiincns effnstis, Scirpns sp. und Pliragmites communis
sind häufig. Anschließende eigentümliche braune flachkegelige
überronnene Sinterablagerungen im kohleführenden Sandstein
sind mit einer Nardia sp. und Vaucheria -Fölsievchen über-
deckt, die Ränder mit Polytriclium sp. bestanden, während
ein großes Pteridiimi sp. das angrenzende Gesträuch einfaßt.
16. Im Wasser ist Alismatacea gen. und Ottelia sp.
besonders in Reisfeldern zu verzeichnen, ebenso und in
348 }]. Handel-.Mazzetti,
schlammigen (iräben Ociuiutlic sp. und Cryptotiicnia Japonica
an und in Gießenden Wässern in Kvveitschou massenweise
(laclium Marisciis und zwischen Gudschou und Liping ein
braunblütiges (yiuiULhum? sp.. welches, zur Hälfte unter-
getaucht, grüne Inseln in einem Bache bildet. An Ufern
findet man als Spalier Salix sp.. Alhizrjia sp., Friixiniis sp.,.
in der östlichen Hälfte des Gebietes außerdem als Strauch
Adiua sp.
h) Obere Stufe.
1180—1420 in (der Vün-schan-Gipfel) bildet wohl den
Übergang zu einer temperierten Stufe, die in größere Höhen
fallen würde, als das Land erreicht. Aus dem in der Einleitung
angegebenen Grunde ist es nicht zu wundern, daß diese
F'ormation in Kvveitschou nicht beobachtet wurde, da sie dort
erst über den höchsten — oder doch \on mir besuchten
höchsten — Gebirgen zu liegen käme, t'ber das Klima kann
ich nichts Näheres sagen, es liegt dort im Winter natürlich
mehr Schnee als tiefer.
1. Cup uliferenwald als oberer Teil des unter .4 6
geschilderten Waldes. Etwas weniger hochwüchsig, darin viel
Stangenholz, zum großen Teile immergrün. LitJwcarpns sp..
Oiierciis myrsinefoUa, glaiicu, Caslanopsis sp., ( 'asfaneu Hcnryi
u. sp., Fügtis longipeiiohüa, Flaivcarya strolv'hiceu, Actino-
daplmc sp., Idcsia polycarpa, ('inuaiiwuniin (\issia, Lindera
sp. div., LUsea elongatu, Symplocos caitdaia, Itea ilicifolia?,
Meliosma sp. (auch Yün. CHI /' 1), Sorbits sp., Piriis sp.,.
AJbizräa Jiüibrissin, Tiliu sp.. Fitfosponnii sp., Ficris sp..
Cletlira F'argcsii, Rhododendron 2 sp., \'ciccinnini Japonicnni
lA sp., Vibnrmun 2 sp.; Lianen: Sdii-uiudra Henry}, Tri-
pterygiiim ForresHi; vSaprophyt; Monat i-opa .sp.. viele Hutpilze;
an bemoosten Felsen darin: Liparis Makinoana'.\ Woodsia sp.
In feuchteren Gräben Gesträuche aus: FJeeaisneu sp. (auch
Veg. Yün. zu B II 5), Diervillia Jüpouiea. Hanuinielis mollis,
darunter Hochgekräute, besonders aus: Actaea sp., Uni-
bellifera gen., Stachys sp. und Labiatae div., Scnecio sp.
.(i/i,>7//ar/c?-ähnliche), Centanrea sp. Mitunter freie Dschungel
aus kleinen Arnndiiiaria 2 .sp. (wie a 0), durchschlungen
VegetaticMissliifcn von Kweitschou und Hunan. o40
mit Arislolochia sp., Stepliania sp,, Cuciirhitaceac gen. sp. div.,
an den Rändern Arfeuiisia sp.. Fordiophyton? sp.
2. Busch wiese (wie a 10), dazu Agrosfis teniiis, Iscliae-
uiiitn sp., Runiex Acetosa, Salvüi sp., Cliiiopoditnii sp., Picris
sp.. Erigcrou sp., Lactiica sp., Enpatorinin sp., besonders in
Senkungen Hochgräser {Eriantliiis?) reichlich, dazwischen
Boclmwria iiivea.
Tschan "scha, im P\'bruar 19U).^
1 Da diese .Mitteilung erst nach meiner lüickkelir nach Wien gedruckt
Avird, kann ich mehrere Bestimmungen einfügen — auch solche, welche ich
von Arnold Arboretum (Boston, U. S. A.) erhielt — und können die ohne
\'orbehalt angeführten Speziesnamen gleichzeitig für Standortsangaben gelten,
loh benütze auch die Gelegenheit, zu meiner »Vorläufigen Übersicht über
die Yegetationsstufen und -formationen von Yünnan und Südwest-Setschuan«
und den Ergänzungen dazu (Sitzgsanz. Akad., 6. Juli 1916 und 22. November
1917 und Österr. bot. Zeitschr.. LXVf, p. 196 bis 211 [1916]), LXVII, p. 111
bis 112 und 174 bis 176 [1918], zitiert »Veg. Yün«) einige diesbezügliche
Berichtigungen anzubringen.
351
Der Vesuvian in chemischer Beziehung
Von
Gustav Tschermak
w. M. Akad.
(Vorgelegt in der Sitzung am 10. Juli 1919)
Das Mischungsgesetz der Vesuviane zu erkennen, ist
bisher nicht gelungen, weil die Analysen zu keinen kon-
stanten Verhältnissen führten. Die von Berzelius und von
Magnus wahrgenommene Ähnlichkeit der Zusammensetzung
mit jener des Granats, insbesondere des Grossulars, ist zwar
nicht zu leugnen, doch macht sich ein Mehrgehalt an Silicium
lind Calcium bemerklich und es zeigt sich ein größeres
Schwanken der Verhältnisse, als es bei anderen .Silikaten
beobachtet wird. Der von Rammeisberg und von Scheerer
entdeckte Wassergehalt scheidet aber den Vesuvian von der
Granatgruppe, während das Verhalten beim Erhitzen, wobei
sich ein Aufschwellen und Ausstoßen von Wasserdampf be-
'merklich macht, eine gewisse Ähnlichkeit mit Zeolithen an-
deutet.
Daß die Vesuviane isomorphe Mischungen darstellen, ist
wohl sicher, jedoch gelten hier außer den für wasserfreie
Silikate vielfach bestätigten Vertretungen innerhalb der Oxyde
von gleichem Typus auch solche, die in der Reihe der Zeo-
lithe beobachtet werden.
Seit vierzig Jahren wurde von mir wiederholt der Ver-
such gemacht, dem hier herrschenden Mischungsgesetze auf
die Spur zu kommen, doch hielt ich es anfänglich für mög-
lich, die Zusammensetzung des Vesuvians durch eine all-
gemeine Formel darzustellen und die Abweichungen der Ana-
lysen durch Beobachtungsfehler zu erklären. Der erste Versuch
■■)02 ij. Tschcrrnuk,
in dieser Richtung wird durch die Verhältnisse Si,^,Alj.Caj.,Hj^04..
angedeutet, welche in der ersten Auflage meines Lehrbuches
der Mineralogie 1884 als für den \^esuvian geltend angeführt
wurden. Auf die Abweichung mancher Analysen war dabei
keine Rücksicht genommen. Diese führte Rammeisberg,
Weibull, Sjögren dazu, für den Vesuvian mehrere Formeln
aufzustellen, doch ist in diesen das \'erhältnis Si^^Alg eben-
falls als annähernd entsprechend zu erkennen. Eine befriedi-
gende Übereinstimmung der so berechneten Zahlen mit den
Daten der Analysen war jedoch nicht erreicht.
Ein neuer Versuch, der Lösung der hier gestellten Auf-
gabe näherzukommen, mußte nach den bisherigen Erfahrungen
zur Annahme komplizierter \'erbindungen führen. Als der
geeignetste Weg schien mir jener zu sein, der von der Berech-
nung einiger Analysen ausging, die sich als besonders ver-
trauenswürdig erwiesen.
Ala und Monzoni.
Unter allen mir zu Gebote stehenden Vorkommen des
\'esuvians boten sich Krystalie von Ala, die sich durch eine
vollkommene Klarheit und ideale Reinheit auszeichneten, als
besonders geeignetes Material dar, welches über die Zu-
sammensetzung Aufschluß geben konnte. Diese übergab ich
vor dem Jahre 1880 meinem nun verewigten Freunde E. Ludwig
zur Analyse, deren Resultat unter 1 1) angeführt wird. Ein
ebenfalls vollkommen reines Material \om Monzoni \vurde
von E. Ludwig und A. Renard mit dem Ergebnis unter 10)
untersucht. Vv'^enn die Zahlen für TiO,, FcgOo und Fe O mit
jenen für SiO.,, A1,,0.. und Mg O vereinigt werden, so sind
die Verhältnisse:
Si
AI
Ca
Mg
H
für 10)
6-254
3-647
6-476
0 • 822
2-376
>. 11)
6-218
3 • 694
6 • 536
0 • 803
3 • 208
Die Zahlen für Ca-t-Mg sind doppelt so groß als jene
für AI:
10) 3-647 : 7-298 q = 3-649
11) 3-694 : 7-399 q = 3-678
Der Vesuvian in cheinisclier Beziehung. 353
Wird von der Summe AI 4- Ca + Mg ein Drittel genommen,
so ergeben sich die l^eträge q als wahrscheinlich genauere
Werte von AI. Nach Division der zuerst angeführten Verhält-
nisse durch q ergeben sich für die beiden Analysen die Zahlen:
.Si AI Ca-f-Mg H
10) 1-714:1 :'> :0-65]
11) 1-691 : 1-(H)4 : 1 • 995 : 0-S72
Für Wasserstoff" ist die kleinere Zahl anzunehmen, weil
nach der von Ludwig befolgten Sipöcz'schen Methode die
Wasserbestimmung etwas zu groß ausfällt. Das Verhältnis
Si : AI betreffend ist zu bemerken, daß 17:10 das wahr-
scheinlichste ist» weil die benachbarten Werte teils zu stark
von dem gefundenen Verhältnis abweichen, teils auf ungerade
Wahlen für AI führen:
1-666 = 10 : 6
1 • 692 ::= 22 : 1 3
1-700 = 17 : 10
1-714 == 12 : 7
1-727 = 19 : 11
1-733 = 26 : 15
1 • 750 n: 7 : 4
Demnach wären die Verhältnisse 17 : 10 : 20 : 6 als den
beiden Analj'sen am besten entsprechend zu betrachten.
\Verden dieselben in der W-'eise reduziert, daß auch für
MgO + FeO die äquivalente Menge Ca eingesetzt und alles
auf die gefundene Analysensumme gebracht wird, so ergeben
sich die folgenden Zahlen:
Alu
Monzoni
Ala .Si,-Alio^a.,„H
Si 0., . .
. . 37-81
37-64
37 - 80
Aiod, .
. . 18-69
18-95
18-85
Cao'. .
. . 41 -04
41-32
41 -36
H.,0 . .
.. 2-14
2-90
1 • 99
99-68
100-81
100
-f-0-01
-0^
•16
-0-16
+0'
■10
-0-32
- 0-
■04
+0-15
+0-
91
354
G. Tscliermak ,
Die Übereinstimmung der Beobachtung und der Rechnung-
ist eine vollkommene, nur in der Zahl für H^O in Ala ergibt
sich eine größere Differenz. Nach dem vorher Gesagten scheint
hier der Überschuß von der angewandten Methode herzurühren
und dadurch auch der Überschuß der Analysensumme bewirkt
zu sein.
Die Oxyde Mg O und Fe O dürften nicht zur Gänze das
Ca O vertretend anzunehmen sein, sondern zum Teil in einem
bestimmten Verhältnis zu den übrigen Oxyden stehen. Es
wäre zu entscheiden, welcher der geringste Betrag ist, mit
welchem diese Oxyde auftreten. Aus dem Vergleich der später
anzuführenden Analysen der ähnlich zusammengesetzten \'esu-
viane kann mit großer Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden,
daß dieses Minimum von Mg O + Fe O ungefähr ein Zehnte!
der Summe Ca+MgO + FeO beträgt, wonach für solche
Vorkommen die speziellere Formel
zu gelten hätte. Die entsprechende Berechnung stellt sich
wie folgt:
Monzoni
Ala .Sij
;Al,oCa,3Mo
Si 0.,
. 38-31
38-13
38 - 25
Al,03-
. 18-94
19-19
19-06
CaO.
.36-89
37-26
37-66
MgO
. 3-37
3-29
3-01
H^O.
.2-17
2-94
2-02
+ 0-06
-0-12
-0-77
+0-36
+ 0-15
Ala
-0-12
+ 0-13
— U-40
+0-28
+ 0-92
99-68 100-81
100
Die Rechnung stimmt mit den Beobachtungen befriedigend
überein. Der Betrag der gefundenen Oxyde Mg 0 ist etwas
größer als der von der Rechnung geforderte und dem-
entsprechend der Betrag von Ca O etwas kleiner, woran-
man schließen darf, daß ein kleiner Teil des MgO an
Stelle von CaO tritt. Bezüglich des H.^O gilt das früher
Gesagte.
Der Vesuvian in chemischer Beziehung. 355
Somit kann die Formel Si^^ Alj^Ca^gNIgoHgO^., als der
getreue Ausdruck der Zusammensetzung beider Vesuviane
betrachtet werden.^
Gliederung der Vesuvianverbindung.
Bei dem Mangel jeder experimentellen Grundlage bezüg-
lich einer Synthese dieser Verbindung bleibt jeder Versuch,
den Aufbau derselben aus einfacheren Komponenten zu er-
gründen, darauf beschränkt, aus den übrigen Erfahrungen und
aus Analogien Schlüsse zu ziehen.
Die Ähnlichkeit mit Granat, insbesondere mit Grossular,
ist eine weitgehende, sowohl hinsichtlich der äußeren physi-
kalischen Eigenschaften als auch bezüglich der prozentischen
Zusammensetzung und der Zerlegungsprodukte beim Schmelzen.
Das oft beobachtete Zusammenvorkommen von Vesuvian und
Granat in der Art, als ob die beiden aus derselben Lösung
entstanden wären, macht es wahrscheinlich, daß der Vesuvian
zum Teil aus derselben Grundsubstanz besteht. Eine fernere
leitende Idee geht aus der Erfahrung hervor, daß nicht wenigen
der tetragonalen holoedrischen Krystalle eine solche Zusammen-
setzung zukommt, daß ihre Formel eine Gliederung nach dem
Prinzip 4 A : B gestattet, wobei im ersten Gliede die Anord-
nung der Atome in den äquatorialen Ebenen, im zweiten
jene in den axialen Richtungen angezeigt erscheint.-
Im vorliegenden Falle führen diese Betrachtungen zu
einer Gruppierung von folgender Art:
S\,,A\,^Csi,^Mg,H,0,, = 4Si3AUCa30,.,.Si5Al2Ca6Mg2H60.,4.
Das erste Glied wäre Granatsubstanz. Das zweite Glied
in einfachen Verbindungen aufzulösen, kann gelingen auf
Grund der Erfahrung, daß der Vesuvian oft von Orthochloriten,
1 Zu bemerken wäre noch, daß von Wherry und Chapin (Zeitschr.
f. Kryst., 48 [1911], 126) tür Monzoni 0-54fVo B2O3. fi-"' Ala O-ISO/^^ und
von Vogel für Ala 0-36 0/^ KoO und 0*29 0,3 NaoO angegeben wurden. Es
bleibt aber fraglich, ob das Material dieser Bestimmungen mit dem von
Ludwig und Renard untersuchten identisch war. Auf die berechneten Ver-
hältnisse haben diese Bestimmungen keinen Einfluß.
2 Tschermak's Mineralog. u. petrogr. Mitt., 22 (1903), 393.
356 G. Tschermak,
insbesondere von Klinochlor oder Pernin, auch von Serpentin,
begleitet ist und bisweilen in Klinochlor verwandelt erscheint.^
Die Zusammensetzung der Orthochlorite aus Amesitsubstanz
SiAl.,Mg.,H^Og =: At und Serpentinsubstanz SioMg^H^Og rr Sp
^ibt einen Fingerzeig, wie jenes zweite Glied, von dem die
Chloritbildung auszugehen scheint, aufzufassen sei:
Sij Al.Ca, Mg. HßO,^ = 2. Si,Ca, H,0, + Si AI, Mg, H.Og .
Die einzelnen Gruppen sind solche, die auch für sich
auftreten können. Sie waren als durch Nebenvalenzen ver-
bunden zu denken, ein Fall, der auch bei anderen salzartigen
Verbindungen eintritt wie beim Polyhalit
2 Ca SO^ . Mg SO^ . K, SO^ . 2 H,0.
Die Granatsubstanz überwiegt bei weitem, dem Gewichte
nach mit 67*^/^ gegenüber 33*'/„, welche auf die beiden übrigen
Silikate entfallen.
Die übrigen Analysen.
Ungefähr ein Drittel der hier benutzten Analysen stimmt
in den Verhältnissen der Oxyde mit den vorgenannten genau
oder annähernd überein, die anderen ergeben einen höheren
oder geringeren Siliciumgehalt. Im folgenden sind zuerst die
aus den Daten jeder Analyse berechneten Atomzahlen an-
geführt in der Art, daß die meistens geringen Beträge von
Ti O, zu jenen für Si O.^ gezogen, die Beträge für FcO^ und
BgOo zu jenen für Al.^O., gerechnet, ferner die aus Fe O und
Mn O erhaltenen Zahlen mit jenen für Mg 0, endlich die
Zahlen für K.,0 mit jenen für Na.,0 vereinigt erscheinen.
Si AI Ca Mg H Na ■ F
1 a. Matterhorn:
6-419 3-494 6-285 0-697 3-008 0-342
1 b. Matterhorn:
6-301 3-520 6-278 0-700 3-008 0-432
1 Blum, Pseudomorpliosen, 4. Nachtrag, p. 82, 86.
Der \'esuvi;in in chemischer lieziehunj
öOt
Si AI Ca Mg
ü. Almunge:
6-308 3-932 6-005 0-499
3. Friigart:
6-519 3-717 6-238 0-848
4. Göpfersg.:
6-248 3-653 5-910 0-986
5. Sandford:
(i-217 3-486 6-035 1-008
'3. Cziklowa:
6-286 3-693 6-311 0-686
7. Susatal:
()-212 3-710 6-417 0-489
8. Silver Peak:
6-185 3-839 6-243 0-590
<3. Ala:
6-216 3-718 6-126 0-969
10. Monzoni:
6-254 3-647 6-476 0-822
11. Ala:
6-218 3-693 6-536 0-803
12. Parker Seh.
6-038 3-628 5-923 1-062
13. Telemarken:
6-307 3-8(30 6-481 0-795
14. Eck:
6-134 3-596 6-237 1-261
15. Arendal:
6-140 3-672 6-330 1-001
16. Canzacoli:
6-018 3-674 6-422 0-841
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 12!S. lid.
H Na F
2-331 0-305
0-611 0-040 0-911
2-575 0-247 0-686
1-388 0-622 1-010
3-000 0-118
3-774
1-843 0-040 0-463
3-175 0-170 0-334
2-376
3-208
4-163 0-148 0-19U
0-744 0-077 0-905
1-277 0-434 0-695
1-088 0-202 0-732
3-785 0-487
25
öOb G. T s c h e r m a k ,
Si AI Ca .Mg H Xa i-
17. Paringu:
6-002 8-653 6-115 1-184 3-197
18. Arendal:
5-879 3-857 6-066 1-396 3-486
19. Vesuv:
6-568 2-75'2 6-342 1-079 2-957 0-395
20. Zerrnatt:
6-367 3-471 6-319 0-766 3-086 0-198
21. Haslau:
6-301 3-467 6-272 1-014 0-982 0-455 0-85^
22. Tennberget:
6-263 3-533 6-252 1-020 0-085 0-419 0-905
23. Ecker:
6 245 3-453 6-386 0-964 0-966 0-299 0-710.
24. Vesuv:
6-224 3-489 6-330 0-998 2-187 0 297 0-884
25. Vaticha:
6-156 3-500 6-460 0-974 3-475 0-084 0-242
26. Vesuv:
6-132 3-642 6-362 1-027 1-462 ... 0-570
27. Cziklovva:
6-151 3-618 6-521 1-063 2-897 0-167
28. Concepcion:
6-067 3-527 6-492 1-053 3-186 0-127
29. Ecker:
6-039 2-975 6-838 0-957 0-988
30. Harstigen:
5-867 3-013 6-096 1-767 1-621 0-248 1-047
31. Wilui:
6-134 3-469 6-387 1-729 1-488 0-145 0-116
Der \'csLi\-ian in chemischer I5ezieluing-. 3.)^.''
Literaturnachweis: P. Jannasch, Zeitschn f. Krvst., 10
(1885), 112; E. Ludvvii^- und A. Renard, ebenda, 11 (1880;^
111; J.H.Vogel, 17 (1890), 215; G. Lindström, 10 (1890).
430; G. Nordenskiöld, 20 (1892), 375; A. Stenberg, 20
(1892), 373; M. Weibull, 25 (1896), 1; R. iMauzelius, 28
(1897), 507; P. Weingarten und P. Jannasch, 29 (1898),
298, und 30 (1899), 646; G. Murgoci, 36 (1902), 655;
G. Steiger, 38 (1904), 680 und 47 (1910), 583, und U. S.
Geol. Survey Bull., 419 (1910), 271; VV. Seyfarth, Geogn..
Jahreshefte, 21, München (1908), 97; A. Cossa, Zeitschr. f,
Kryst., 45 (1908), 143; M. Di tt rieh, ebenda, 51 (1913), 540;.
R. Mauzelius, Zentralbl. f. Min., 1915, 203.
Nicht benutzte Analysen: hi der von Jan nasch be-
sorgten, in Dölter's Handbuch der Mineralchemie, Bd. 2, ent-
haltenen Zusammenstellung von Vesuviananalysen sind ältere
und neuere Bestimmungen unter Nr. 1 bis 78 aufgeführt, von
denen die- folgenden hier nicht berechnet wurden, a) Ana-
lysen nach alter Methode: 1 bis 11, 14 bis 29, 31, 34, 48,
t]8, 75, 76, 77; b) minder zuverlässige: 35, 46, 54, 55, 56;.
iV unvollständige: 49, 50, 71, 79 bis 82; d) solche an derben.
Vorkommen: 52, 73; e) mit vorher angeführten, bis auf den
Wassergehalt identischen Anal^'sen: 41 bis 44 und 63. Be-
züglich der Auswahl der Beobachtungen kann ich auf die
von mir schon früher^ entwickelten Grundsätze verweisen-
Die Verhältnisse der Atomzahlen.
Bei der Berechnung der Vesuviane \ on Ala und Monzoni
hat sich ein bestimmtes Verhältnis von AI : Ca-hMg ergeben,
das fast genau 1 : 2 ist. Bei den übrigen Anal3'sen zeigt sich
annähernd oder genau dasselbe, daher der Versuch angezeigt
ist, wie in jenem Falle auch im folgenden ein Drittel der
Summe AI + Ca -f- Mg als Grundwert anzunehmen, um ver-
gleichbare Verbindungsverhältnisse zu gewinnen. Wegen der
\'ariabi!ität von Ca : Mg erscheint es ratsam, die Atomzahlen
dieser beiden zu vereinigen und den Quotienten unter R
1 Diese Sitzuns-sber., Abt. \, 127 (1918), 192.
3()0
G. ']" s c h c f m a k ,
anzuführen. Die einwertigen Elemente H, Na, F l<önnen vor-
läufig nur in summa unter H' in Rechnung genommen werden,
weil jetzt noch jeder Anhaltspunkt für die Ermittlung der ent-
sprechenden Verbindungen fehlt.
Bei der Zusammenstellung der so erhaltenen Zahlen
macht sich ein Unterschied bemerkbar, indem AI entweder
gleich oder gi^ößer als 10 erscheint oder aber kleiner als
dieser Betrag.
AI ^ 10, R ^ 20
t
)i
AI
R
H'
1.
18
18
10-03
19-97
9
19
Matterhorn, Wein-
garten
2.
18
13
1 1 • 30
18-70
6
70
Almunge, Mauzelius
18
10
10-31
19-68
4
33
Frugart, Lindström
4.
17
77
10-39
19-61
9
98
Göpfersgrün, Sej'farth
ö.
17
71
9 • 93
20-07
8
63
Sandford, Vogel
6.
17
64
10-36
1 9 - 04
8
75
Cziklowa, Weibull
^ .
17
.55
10- -18
1 9 - 52
10
66
Susatal, Cossa
8.
17
35
10-17
19-83
5
17
Silver Peak, Steiger
9.
17
25
10-32
19-69
9
21
Ala, \''ogel
10.
17
14
10-00
20-00
6
51
Monzoni, Renard
11.
16
91
10-04
19-96
8
72
Ala, Ludwig
12.
17
07
10-25
19-74
12
47
Franklin Furnace,
Steiger
13.
17
07
10-45
19-55
4
54
Telemarken, Lind-
ström
14.
16
98
9 - 95
20-05
6
66
Eck, Vogel
15.
16
74
10-01
19-99
5
51
Arendal, Vogel
16.
16
51
10-08
19-92
9
13
Canzacoli, Vogel
17.
16
44
10 -OD
20 • 00
8
76
Paringu, Murgoci
18.
15
58
10-22
19-78
9
24
Arendal, N o r d e n s k i ö 1 d
19. 19-37 8-12
20.
21.
18-10
17-58
9-86
9 • 68
AI -<]0, R
21-88
20-14
20
8-77 Vesuv, braun, Wein-
garten
9-34 Zermatt, Vogel
6-39 Haslau, Vogel
Der \'esuvi;in in cheinisclicr licziehuiiü-.
361
22.
23.
24.
25.
IG-
2G.
1(3-
27.
IG-
28.
IG-
29.
16-
30.
16--
31.
15-
Si
1 7 - 40
17-34
17-26
-89
•87
-47
-44
•26
-■18
AI R
9-81 20-19
9-59 20-41
9-68 20-33
9-60
9 • 90
9 ■ 69
V) • 56
8-01
8-31
8 • 98
20 • 40
20-10
20-30
20-44
20-99
21-69
21-05
II'
3-91 Tennberge t, WeibuU
5-36 Ecker, Vogel
*.)-33 Vesuv, gebl., Wein-
garten
9*53 Vaticha, Maiizelius
5-52 Vesuv, Jan na seh
8-21 Cziklowa, Vo g e 1
8-98 Concepcion, Dittrich
5-45 Ecker, Stenberg
8-04 Harstigen, Mauzelius
3-83 Wilui, Weingarten
Aus dieser Übersicht ist zu erkennen, daß der relative
Gehalt an Si und AI um das zuerst gefundene \'erhältnis
Sij-Alj^ schu'ankt, der Betrag für H' keinen Zusammenhang
mit diesem Verhältnis wahrnehmen läßt. Letzteres wird er-
klärlich dadurch, daß die VVasserbestimmung nach verschie-
denen Methoden ausgeführt wurde, ferner daß sowohl durch
die mikroskopischen Wassereinschlüsse als durch die be-
ginnende Zersetzung der Wassergehalt gegenüber dem nor-
malen und ursprünglichen vergrößert erscheint. Das ver-
hältnismäßig kleine \'erbindungsge\vicht H.,0 vergrößert bei
der Berechnung den Beobachtungsfehler ganz erheblich. Die
Bestimmung der Alkalien und des F fehlt in mehreren Ana-
lysen, daher H' hier wahrscheinlich nicht die richtige Zahl
darstellt. Auf den Betrag von H', der eine provisorische Zu-
sammenfassung von H, Na, F bietet, kann demnach kein
besonderes Gewicht gelegt werden. Wird ein statistisches
Verfahren angewandt, so ergibt sich als Mittel der angeführten
Analysen für H' ungefähr die ungerade Zahl 7. Ich habe mit
Rücksicht auf das vorher Gesagte die Zahl 6 angenommen.
Isomorphe Substitutionen.
Mehrere Analysen deuten darauf, daß im Vesu\'ian bei
gleichbleibender äußerer Form eine .Substitution von Si ROo
durch Al.,0., eintreten kann:
o()2 G. T.scliermak,
Si
AI
R
H'
18.
l.-)-6
10-2
19-8
9-2
29.
16-3
8 • 0
21-0
5-5
ebenso in
1.
18-2
10
20
9-2
19.
19-4
8-1
21-9
8-8
Diese Art der Substitution gleicht jener ini Orthochlorit,
welcher eine isomorphe Mischung darstellt von:
Si Mg O. . Si Mg, H^Oß Serpentinsilikat
A1.,0„ . Si Mg., H,Op Amesitsilikat
Auch der Aluminiumaugit als isomorphe Mischung zweier
Silikate liefert ein Beispiel:
SiCaOg.SiMgO,, Diopsid
Al.,0.., . Si Mg O,, Hypothetisches Silikat
Substitutionen solcher Art mögen weiterhin als chlori-
tische bezeichnet werden. Die Zahl der Sauerstoffatome wird
hier nicht geändert.
Eine andere gleichzeitig eintretende Erscheinung besteht
in der Steigerung des Siliciumgehaltes ohne Veränderung der
übrigen Verhältnisse, wie solche in einer größeren Zahl der
Vesuxiananal^^sen zutage tritt, z. B.
Si
AI
R
H'
6.
17-6
10-4
19-6
8-7
18.
15-6
]()-2
19-8
9-2
.auch in folgenden:
3.
18-1
1 0 • 3
19-7
4-3
10.
17-1
1 0-1)
20-0
6-5
17.
16-4
10-0
20-0
8-7
Diese Zunahme von Si O., kann als eine Substitution von
Kieselsäuren wie Si., H.,0, oder Si R,0., gegen H.,0 aufgefaßt
Der \'esuvian in chemischer Beziehunar.
8(33
A\-erden. Sie ist von derselben Art wie jene in Zeolithen,^
wofür als Beispiele:
Im Analcim Si^AloNaoH^Oj^^, im Chabasit Si^Al,CaH,.,Ojg
Si^Al,Na,Hpj^, SigALCaHjoOjß
Diese Art der Substitution soll als die zeolithische
bezeichnet werden. Bei dieser ändert sich die Zahl der
Sauerstoffatome.
Die angeführten Analysen zeigen, daß die Zusammen-
setzung der Vesuviane von mittlerem Si-Gehalte der
Formel Sij- Al^fiR^oHgO-^ entspricht. In den übrigen
schwankt der Si- Gehalt zwischen Sijg und Si,^, der
Al-Gehalt zwischen Al^ und Al^.,, der Gehalt an zwei-
wertigen Oxyden zwischen 21 und 19, wobei der
.gesamte Betrag für Aluminium und dem doppelten
Betrag für R immer ^ .lO.
Komponenten der Vesuviane.
Die Analysen der Vesuviane von Ala und Monzoni führten
auf das Verhältnis Sij_ Alj^Rg^HgO-.,, welchem die unter 6.
angeführte nahesteht. Andere Analysen geben benachbarte
A'^erhältnisse an:
Si AI
6. 17-6 10-4
18. 15-6 10-2
29. 16-3 8-1
2. 18-1 11-3
R
H'
19-6
8-7
19-8
9-2
21-0
5-5
18-7
6-7
Die Analyse 18. unterscheidet sich von 6. durch den
Gehalt an Si zufolge zeolithischer Substitution und deutet
auf das Bestehen des Verhältnisses Sij. Alj^RgoHgOgg. Aus
letzterem leitet sich gemäß einer chloritischen Substitution
die Analyse 29. ab und diese leitet auf SijgAIgRgiHgOeg.
Durch den Mehrgehalt von SL^O^ würde sich aus den zuerst
angeführten Analysen das Verhältnis Si^g AljoR.^^O^ß ableiten und
1 Diese Sitzungsber., Abt. I, 127 (1918), 58 und 67.
•')64 G. Tschermak,
durch die chloritische Substitution einerseits Si.,f,ALR.,,H,.0-,. ,
andrerseits das Verhältnis Si,8Alj2R_^gHg07ß, welchem die Ana-
lyse 2. sich nähert. Als Verhältnisse, die der Berechnung der
Analysen zugrunde gelegt werden können, erscheinen dem-
nach die folgenden:
A. Si,oAl3 R,iHeO,,
B. SijgAljoR^^oHßO-ß
C. SijsAlj.^RjgHgO^e
D. Si,,Al3 R,,H,0,.3
E. Si,-,Alj,R2oH,0„8
Das zuerst angeführte Verhältnis Si,- A1j„R.,qO,.0-., er-
scheint jetzt als Alittel von zweien, nämlich ^/„(C + D) und
ist demnach für die Berechnung der Analysen nicht erforder-
lich. Ebenso ist das Verhältnis B als ^/.-.(A + Cj entbehrlich,
für die später anzuführende Berechnung aber bequem.
Die vier Formeln A, (\ D und E würden genügen, unT
alle beobachteten Verhältnisse abzuleiten, jedoch schließt dies
nicht aus, daß auch andere Formeln gefunden werden, die
dazu tauglich wären. Jenen vier kommt aber die größere
Wahrscheinlichkeit zu, weil sie die einfachsten Beziehungen
darbieten. Es ist daher anzunehmen, daß dieselben bestimmte-
Verbindungen angeben, deren Mischung im Vesuvian vorliegt.
Berechnung der einzelnen Analysen.
Aus den zuvor genannten vier Verhältnissen lassen sich
die hier benutzten Anal3'sen genau oder mit geringen Ab-
weichungen berechnen. Anfangs hatte ich fünf Verbindungen
angenommen und die Rechnung dementsprechend durch-
geführt. Im nachstehenden sind die so erhaltenen Ergebnisse-
angeführt, um die Mühe einer neuerlichen Umstellung zu
ersparen.
a. Si.,oAl8 R.2iHgO,,
ß. SijgAljoRgoHßO^g
Si,8Al,.3R,gHgO,g
Si,,Al3 R.,,H,0,3
Der N'csuvian in chemischer BczieliunE
.■■)(35
In allen diesen Verbindungen ist die Summe AI -f- 2 R =r 50.
Dies kann für jede einzelne Analj^se nicht zutreffen, weit
anfänglich AI : R =: 1 : 2 angenommen wurde, was nur an-
nähernd gilt, und weil durch die V^erdopplung des Betrages R
mit Rücksicht auf die zukommenden Beobachtungsfehler die
Abweichung der Rechnung von dem Befunde stark vergrößert
wird. Bei Anwendung der statistischen Methode können die
Fehler sich ziemlich ausgleichen. In der Tat ergibt das Mittel
der angeführten Analysen für AI + 2 R den Betrag 50-1. Bei
der nachfolgenden Berechnung kommen manche der minder
genauen Beobachtungen besser weg, als sie es verdienen^
weil überall die Zahl der Variablen vier bis sechs beträgt,^
also die Rechnung den Anal^^sen leichter angepaßt werden
kann.
Die Berechnung der Faktoren a, fi, y, o, £ folgt den
Gleichungen Si = 20 a + 1 9 ß -+- 1 8 v + 1 6 o + 1 5 £ usw. Die
Summe a + p + Y + o + s ist 1 oder nahezu 1. Im nach-
stehenden ist ausnahmsweise der lOOfache Betrac angeführt.
Al^ 10, R^20
3.
4.
c
i
AI
R
H'
18
18
10-03
19-97
9-11
Matterhörn, VVe i n g a r t e n
IS
2
10-0
20 • 0
6-0
j3 = 80, £ = 20
18
13
1 1 - 30
18-70
6 - 70
Almunge, Mauzelius
18
02
11-20
19-00
5-90
7 = 83-2, arr 15-2
18
10
10-31
19-68
4-33
Frugart, Lind ström
18
10
10-30
19-51
6-04
ß = 63-8, sr= 24-6,
7=12-2
17
i t
10-39
19-61
9 - 98
Göpfersgrün, Seyfarth
17
24
10-48
19-76
6-00
ß = 38, s = 38, 7 = 24-
17
71
9 - 93
20-07
8-63
Sandford, Vogel
17
i
10-0
20-0
6-0
ß = 07-5, £ = 32-5
17
64
10-36
19-64
8-75
Cziklowa, Weibull
17
04
10-31
19-56
6-00
0 — .-;9 - — 9ß - — 21
17
•55
10-48
19-52
10-66
Susatal, Cossa
17
• 5( i
10 --IS
19-51
6 - 00
ß = 40, 7 = 29, £ = 24
G. 'I'schennak,
c
i
AI
R
H'
8.
17-
35
10-17
19-83
6-58
Silver Peak, Steiger
17-
10
10-20
19-90
6-00
ß = 45, 3 = 45, Y = 10
0.
17-
25
10-32
19-69
9-28
Aia, Vogel
17
33
10-38
19-81
6-00
^ = 44, £=:37, 'i = l{)
10.
17
14
10-00
20-00
6-51
Monzoni, Renard
17
0
10-0
20-0
6-0
ß = 50, £ == 50
11.
1(3
91
10-04
19-96
8-72
Ala, Ludwig
17
0
10-0
20-0
6-0
ß = 50, 3 = 50
12.
17
07
10-25
19-74
12-47
Parker-Schacht, Steiger
17
11
10-25
19-80
6-0
ßn:45-3, £ = 42-2,
Yr=14
13.
17
07
10-45
19-55
4-54
Telemarken, Li n d st r ö m
17
•06
10-47
19-53
5-94
ß = 35, £ = 37, Y = 27
14.
16
98
9-95
20-05
0-66
Egg, Vogel
17
10
20
6
ß = 50, 2 — 50
15.
16-74
10-01
19-99
5-51
Arendal, Vogel
16-74
10-00
20-00
6-00
£ = 56 - 5, ß = 43-5
16.
16-51
10-08
19-92
9-13
Canzacoli, Vogel
16-52
10-0
20-0
6-0
£ = 62, ß = 38
17.
16-44
10-00
20-00
8-76
Paringu, Murgoci
16-44
10
20
6
£ = 64, ß = 36
18.
15-58
10-22
19-78
9 - 24
Arendal, Nordenskiöld
15-99
10-26
19-86
6-00
£= 73-3, ß = 13-5,
Y= 13-2
19.
19-37
8-12
21-88
8-77
VesLiN', braun, Weing.
19-06
8-26
21-69
6 - 20
a. = 63 • 3, 0 = 40
20.
18-10
9-86
20-14
9-34
Zermatt, Vogel
18-04
9-84
20-08
6 • 00
ß = 74, 3 = 18, 0 = 8
21.
17-58
V) • 68
20-33
6-39
Haslau, Vogel
17-55
9-62
20-19
6 - 00
ß = 59, s = 22, 0 = 19
22.
17-40
9-81
20- 19
3-91
Tennberget, Weibull
17
•40
9-80
20 • 20
6-00
ß=43-5, £ = 44-9,
Der N'esuvian in clicinisoher lieziehung.
3()/
Si
AI
R
H'
'2'S.
1 7 • 34
9-59
20-41
5-36
1 7 • 2-i
9 - 52
20-24
6-00
1>4.
17-26
9-68
20 • 33
9-33
17-24
9 • 70
20 ■ 24
6-00
25.
16-89
9-60
20 • 40
9 • 53
16 -S5
9-58
20-46
6-06
26.
16-87
9-90
20-10
5-52
16-87
9 ■ 90
20-10
6 • 00
27.
16-47
9-69
20-30
8-21
16-45
9 - 60
20-38
6-00
28.
16-44
9-56
20-44
8-98
16-45
9-60
20-38
6-00
29.
16-26
8-01
20-99
5-45
16
8
21
6
30.
16-18
8-31
21 -69
8-04
16-40
8-32
21-34
6-12
11. 15-88 8-98 21-05 3-83
15-98 9-00 21-00 6-12
Ecker, \'ogel
ß = 50, s = 26, 0 = 24
Vesuv, gelblich, Weing.
ß = 50, 3 r= 30, 0 = 20
\'t\ticha, Mauzelius
3 = 39, ß = 36, 0 = 26
Vesuv, Jan na seh
3 = 49-7, ß = 44-5,
0 = 6
Cziklowa, Vogel
3 = 49, ß = 31, 0 = 20
Concepcion, Dittrich
s = 49, ß = 31, 0 = 20
Ecker, Stenberg
0 = 100
Harstigen, Mauzelius
0 = 94, ß = 4, 3 = 4
Wilui, Weing. u. Jan-
nasch
0 = 60, 3 = 40, a = 2
Prozentische Berechnung.
Daß die Ergebnisse der Analysen mit der Berechnung
■nach den aufgestellten Formeln harmonieren, zeigt sich am
deutlichsten, wenn erstere mit den prozentischen theoreti-
schen Zahlen verglichen werden. Es wird genügen, wenn im
folgenden einige Analysen, welche weiter auseinanderliegenden
Verhältnissen entsprechen, herangezogen werden. Die Ana-
h'sen 10. und 11. für Ala und Monzoni samt deren Berech-
nung sind schon früher angeführt worden. Bezüglich der
Reduktion der Analj^^sen gilt das vorher Gesagte. Zuerst
mögen die aus den fünf Formeln
3,68
G. Tschermak,
C — SijgAljgRjgHßO-ß, D r= SijgAlg R^^Hj-O,;.,»
E = SiigAlioR^oHgOßs
berechneten Prozente aufgezählt werden:
SiO, .
AI263 .
Ca O . .
H,0
.1
42-37
14-36
41-37
1 • 90
B
40-45
18-04
39 • 60
1-91
c
38 • 52
21-76
37 - 80
1-92
D
37-04
15-69
45-20
2-07
E
34-91
19-72
43-28
2-09
2. Almunge, Mauzelius.
SiO,.
AI2O3
CaO.
H,0.
An. reduz.
, 38-93
, 20-57
38-21
2-15
her.
38 - 90
21-02
38-16
1-92
03
•45
05
^ 10, C 90 Vo
Den Alkalien, zusammen
0 - 99 ^/^ , entsprechende
Menge Ca O eingesetzt
99-86 100
6. Cziklowa, Weibull.
Die Anatyse gibt den geringsten Mg-Gehalt an.
Derse
Ibe Mg-frei
ber.
Die An. mit Mg ber.
Si 0, . . .
. 38-19
38-49
- 30
38-62 39-03 -41
A1203 . .
. 18-98
19-29
-31
19-19 19-62 -43
CaO...
. 39-76
40-25
-49
36-28 36-68 -40
MgO ..
—
—
— ■
2-81 2-66 15-
U^O ...
. 2-70
99 - 63
1-97
100
73
2-73 2-01 72
99-63 100
B 51,
C 21, E
28 7o
B' 50, C 15, E' 357^
10. Monzoni, 11. Ala, Renard und Ludwig. .Schon vorher
in anderer Form berechnet.
Si O2 . .
. 37-81
37-64
37-80
Ol
-16
B 52-2
A1A--
. . 18-69
18-95
18-85
-16
10
E 47-8
CaO ..
. . 41-04
41-32
41-36
-32
-04
H2O...
.. 2-14
2-90
1-99
15
91
99-68 100-81 100
Der Vesuvian in chemischer Beziehung. 36'. •
18. Arendal, Nordenskiöld.
C 15, £ 85
Der 1-98 entsprechende
Betrag von BgO« mit
AljOg vereinigt
Si 0., . .
. . 35 • 57
35 - 45
12
A1._,0., .
. . 19-77
20-03
-26
■Ca 0 . .
. . 41-98
42-46
-48
HoO . . ,
.. 3-15
2-06
1-09
100-47 100
19. Vesuv, braun, Weing.
Si 0. . .
. . 40 • 29
AW, .
.. 14-30
CaO..
. . 43-46
H,0 . .
.. 2-73
100-78
40-08 21 ,4 57, D 43
14-93 —63 Der 4-28 entsprechende
43-02 44 Betrag von Ti O^ mit
1*97 7() Si Oo vereinigt
100
27. Cziklowa, Vogel, 28. Concepcion, Dittrich.
Si Oo . . .
, . 30 • 84
36-67
36-59
25
08
B 24
AlgO, . .
, . 18-37
18-07
18-67
-30
-60
D 16
CaO...
, . 42-71
42-77
42-70
Ol
07
E 60
H,0 . . .
. . 2-59
2-88
2-04
55
84
100-51 100-39 100
29. Ecicer, Stenberg.
Si 0., . .
. . 37-18
37-04
14
1) 100
Al,0.. .
.. 15-51
15-69
-18
Fluor l-977„ als HO be
CaO..
. . 44-62
45-20
-58
rechnet
H.,0 . .
. . 1-87
2-07
-28
99-18 100
30. Harstigen, Mauzelius.
Si 0, 36 ■ 36
AUO., ... 15-82
CaO 45-99
H,0 .... _2-i7
100-64 100
37-04
-68
D 100
15-69
13
Fluor l-99 7o als HO be
45 • 20
79
rechnet
2-07
40
'AJO Cj. Tsch eiinak,
ol. Wilui, Weing. und Jan nasch.
SiOo..
. . :u3 • 25
36 • 1 9
06
AUO, .
.. 17-:57
1 7 • 30
07
CaO..
. . 45-00
44-43
57
H,0 . .
. . 1-42
2-08
-G(\
100-04
100
D 60, E 40
Boroxyd 2-81 o/o entspre-
chendes A1.>0., mit letz-
terem vereinigt
Bei der prozentischen Berechnung ergeben sich demnach
durchwegs Differenzen der Beobachtung und der Rechnung,
welche die möglichen Fehler der einzelnen Bestimmungen der
Analyse nicht überschreiten, wonach auch hier eine Bestäti-
gung der vorher genannten Annahmen zu erkennen ist.
Wahrscheinliche Struktur der vier Verbindungen.
Im Vesuvian darf als konstantes Glied Granatsubstanz
SioAl.jRoO^o = Gr angenommen werden, welche von Silikaten
von viererlei Zusammensetzung begleitet ist:
A. Si,„Al,R,,H,0,, = 4 Gr.SisR,H,0,, =
= 4 Gr . 2 Si, R, HoO, . Si^ R. HoOj.,
C. Si,,Al,,Rj,H,0,, = 4 Gr.Si,Al^R,HeO.,, =
= 4Gr.2SiAl,R,0,.Si^R3H,Oj._,.
D. Si„Al3R,,H,0,3 = 4Gr.Si,R,H,0,, =
:= 4 Gr . 2 Si R. H,Og . Si., R. H.,0,^.
E. Si,,Al,,H,0,3 = 4Gr.Si3Al,R,H60,, =
= 4 Gr . 2 Si R, H.,0, . Si AI, K H.,0,
Die letzteren Silikate können durch bestimmte Zeichen
zusammengefaßt werden: Si.,R3H.20 = S', Si Al^R^HoO^, = A\
SiR^H.fi^ — E\ S\^R^H.p^, — T'. Dann gewinnen die vier
A'erbindungen die Gestalten:
A — 4 Gr. 2 5'. r
C= 4Gv.'2A'.T'
D — 4Gv.2E'.S'
E— AGx.'lE'.A'
Der N'esuviaa in cheniisclicr Beziehung. ö(\
S' entspricht dem ersten Anhjairid des Serpentinsilikates
Si., MgoH^Oj, und A' dem ersten Anhydrid des Amesitsilikates
Si AKjAig., H4O;, , die Verbindung E' wäre das siHciumärmere
Derivat von S' in der Zusammensetzung analog dem Hemi-
morphit SiZn., H.,0- und T' ist analog dem Talksilikat
Si4^Mg3H20i2 zusammengesetzt. Demnach wäre die Formel
für sämtliche hier berechnete Vesuviane
4 Gr . a (2 S'+ T') . 7 (2 A' -{- T') .o{'2E'-h S') + £ (2 E'+A') .
Dieselbe kann auch wie folgt geschrieben werden:
4Gr.(2a + 3).S^(2Y + s).4^(a^-Y)^^(o + 2j2£^
Hier gibt das zweite und dritte Glied die Zusammen-
setzung einer dem Orthochlorit analogen Mischung an, während
das dritte und vierte ein Hj^drosilikat von wechselnder Zu-
sammensetzung andeutet. Da von den Faktoren a, y, 0, z
gewöhnlich zwei bis drei =r 0 sind, so gestaltet sich im
einzelnen Falle die Formel nicht so kompliziert als es anfäng-
lich scheint.
In bezug aai die Strul^Ttur der einzelnen Gruppen mag
hier bemerkt \\'erden, daß nach meinen Beobachtungen an
der aus Grossular entstehenden Kieselsäure/ welcher die
Zusammensetzung SioHj^O.^ zukommt, für den Grossular,
wenn O durch einen Strich — bezeichnet wird, die Struktur:
AI - Ca - Si — Si - Si - Ca - AI
II
Ca
angenommen wurde. Man könnte aber auch eine Addition
von Aluminat und Silikat für möglich halten:
Ca =: Si = Si = Si =: Ca
AI - Ca - AI
In beiden Fällen hat der Bau einen monosjmimetrischen
Charakter.
i Diese .Sitzungsber., 10.'». Abt. I (1906), 233.
o / _ G. T s c h e r m a k ,
Bezüglich der übrigen Gruppen ist zu bemerken, daß der
Vesuvian beim Zersetzen mit Salzsäure entweder bloß unlös-
liche Kieselsäure oder außer dieser einen kleinen Teil \on
löslicher Kieselsäure liefert, wie letzteres bei der Zersetzung
des \''esuvians von Cziklowa beobachtet wurde. Nach der
vorher angestellten Berechnung enthielte dieser eine unter-
geordnete Menge von der Gruppe E', die für sich die lös-
liche Orthokieselsäure geben würde. Die übrigen Gruppen
können Metakieselsäure oder eine höher zusammengesetzte
Kieselsäure von dem gleichen Wassergehalt liefern. Dem ent-
spricht die wahrscheinliche Struktur:
S' A'
H-R-Si Si-R-H H-Mg-Al-Al — Mg--H
R Si
T' E'
H — R-Si-Si-Si-R — H H-R-Si — R-H
11 • li
R .. R
Auch die wahrscheinliche Struktur dieser Verbindungen
zeigt einen mono.symmetrischen Charakter.
Beziehungen der chemischen Zusammensetzung zu einzelnen
physikalischen Eigenschaften.
Im vorigen wurde gezeigt, daß die aus den Analj^sen
abgeleiteten Formeln eine Gliederung nach dem Schema
A A : B gestatten, wie dies bei vielen holoedrisch tetragonalen
Verbindungen eintritt. Versucht man sich von der räumlichen
Anordnung der Atome im ^'esuviankrystall ein Bild zu ge-
stalten, so \\ürde das erste Glied 4 Gr eine tetrasymmetrische
Gruppierung nach Ebenen parallel 001 angeben, wobei den
einzelnen der \icr Komponenten Si, Al,Ca..Ojo jedem für sich
eine monos^mimetrische Anordnung zukäme. Dies entspricht
einer holoedrisch-tetragonalen Krystallform. Das zweite Glied
Der Vesuviun in chemischer Beziehung. 3/3
der allgemeinen Formel besteht aus monosymmetrischen Kom-
ponenten und auch die gesamte Gruppe folgt dem Typus
'2 A : B, dem eine monosymmetrische Anordnung entspricht.
Wie man sich die Zufügung dieser Gruppe an die vor-
genannte tetras^^mmetrische zu denken habe, ist schwer zu
sagen. Entweder kann sie mit ihrer Symmetrieachse parallel
der Hauptachse des Systems gestellt sein oder auch wiederum
parallel der Endfläche. In beiden Fällen bekäme der Krystal!
außer dem tetrasymmetrischen einen zum Teil monosymmetri-
schen Bau.
Eine untergeordnete Monosymmetrie macht sich in der
Tat an den Formen der Vesuviankrystalle öfter bemerkbar.
Die von Zepharovich publizierten Krj^stallbilder/ welche
nach der Natur gezeichnet sind, geben an Krystallen vom
Vesuv, der Mussa-Alpe und von Zermatt Flächen der Formen
^ = (113), ferner s = (211) und ^ =: (833) sowohl bezüglich
ihrer Größe als ihrer Verteilung oft in monosymmetrischer
Anordnung an, ebenso an Krystallen von Zermatt bezüglich
der Flächen o = (101) und iv (711), die hier nur mit der
Hälfte der Flächenzahl ausgebildet erscheinen.
Daß Platten von Vesuviankrystallen gewöhnlich eine deut-
liche Zweiachsigkeit wahrnehmen lassen, ist von Breithaupt
Madelung, Descloizeaux und anderen Beobachtern kon-
statiert w^orden und es bleibt zu wünschen, daß die Orien-
tierung der Achsenebene an Krystallen, die obige mono-
symmetrische Flächenverteilung zeigen, ermittelt würde.
Eine an den Krystallen öfter wahrgenommene fremdartige
Erscheinung ist die Schaligkeit derselben, wobei eine Zuwachs-
schichte oder mehrere solche fehlen oder zu fehlen scheinen.
Bisweilen ist nun die äußerste Zuwachsschicht erhalten, die
einen Balg darstellt, welcher durch fremde Stoffe ausgefüllt
wird. Oft sind die Zwischenräume der Schichten durch andere
Minerale ersetzt. Die Schaligkeit kann dadurch her\'orgerufen
sein, daß Zwischenschichten bloß aus einem feinen Netz von
Vesuvian bestehen, in welchem fremdes Material eingebettet
ist. Wenn aber die Schaligkeit durch Zersetzung oder Auf-
1 Diese Sitzungsber., 49 (1864), 6.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd. 26
374 G. Tschermak,
lösurtg von Vesuviansubstanz hervorgerufen ist, so kann dies
damit erklärt werden, daß ursprünglich, also beim Wachsen
des Krystalls, abwechselnd siliciumreichere Schichten, die
widerstandsfähiger sind, und siliciumärmere abgesetzt wurden.
Zu den letzteren würden solche gehören, die viel von den
Verbindungen SijgAlgCagiHgOg^ und Si^jAl^oCa^oHgOß ent-
halten, da beide die Komponente £' = Si Ca^ HgOg^ enthalten,
die als ein Orthosilikat viel leichter zersetzbar ist als die
übrigen Komponenten.
Übersicht.
Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildeten die von
E. Ludwig und A. Renard ausgeführten Analysen der Vesu-
viane von Ala und Monzoni mit dem Verhältnis Bij^AljoCag^HgO,,.
Andere Analysen ergaben einen größeren oder geringeren Ge-
halt an Silicium und auch ein Schwanken der übrigen Zahlen.
Sämtliche ausgewählte Analysen lassen sich als isomorphe
Mischungen betrachten, in welchen die Gruppen Si^g AlgCa^gO^^g =
= 4Gr, ferner Si,R„H,Og — S', dann SiAUR^HgOg = A', auch
Si^RgHgOja = ^' und SiRgHgOgZ^E' unterschieden werden
können. Die einzelnen der bezeichneten Silikate sind bekannten
Verbindungen aus der Chlorit- und Serpentinreihe analog,
jedoch von geringerem Wassergehalt. Für alle Vesuviane gilt
die Formel
4 Gr. aCZ S' + T' ).-; (2 A'+r').o (2 E'+S').B (2 E'+A'),
wo a-i- Y-h 0 -f- s = 1. Gewöhnlich sind zwei bis drei dieser
Faktoren = 0, wodurch die Formel sich vereinfacht. Für die
zuerst angeführten Vesuviane ist 7 = 72 und 8 =: Yg. Die
Granatsubstanz Gr überwiegt bei weitem, ihr Gewicht beträgt
ungefähr das Doppelte der übrigen Silikate.
Die aus der Formel berechneten Werte zeigen eine be-
friedigende Übereinstimmung mit den aus den Analysen ab-
geleiteten Verhältnissen, dasselbe zeigt sich bei der prozenti-
schen Berechnung.
Für das erste Glied 4 Gr läßt sich eine tetrasymmetrischc
Anordnung der Atome nach Ebenen parallel der Endfläche
Der Vesuvian in chemischer Beziehung. o7o
annehmen, während die begleitenden Verbindungen einen
monosymmetrischen Charakter zeigen. Die Ausbildung der
Krystalle und das optische Verhalten deuten ebenfalls auf
eine untergeordnete Monosymmetrie des Krystallbaues.
Die am Vesuvian öfter beobachtete Schaligkeit der Kry-
stalle läßt sich durch die chemisch verschiedene Zusammen-
setzung der Anwachsschichten erklären.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie des
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
128. Band. 5. und 6. Heft
I
379
Die Fähigkeit der Linienerhaltung (phyletische
Potenz), ein auf die Nachkommenschaft von
Saisonpflanzen mit festem Rhythmus ungleich-
mäßig übergehender Faktor
Auf Grund von Untersuchungen über die Keimungs-
energie, Rhythmik und Variabilität in reinen Linien
von Alectorolophus hirsutus All.
Von
Adolf Speriich
Aus dem Botanischen Institute der Universität Innsbruck.
Mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften aus den Erträgnissen
der Erbschaft Strohmeyer.
(Mit 4 Textfiguren und 4 Tafeln)
(Vorgelegt in der Sitzung am 15. Mai 1919)
Die Samenkeimung hat in den letzten Jahren naohhaltii^
und weitgehend die botanische Forschimg beschäftigt. Weder
die rein physiologischen Fragen nach der Rolle, die äußere
Faktoren bei dem Keimungsvorgange spielen, insbesondere
nach der viel erörterten Bedeutung des Lichtes, noch oeko-
logische Fragen, wie sie vor allem und neuerlich wieder
von W. KinzeP zur Beleuchtung \ erblüftender Keimung.s-
' W. Kinzel, Lichtkeimunj^. Erläuterungen und Ergänzungen. Her. d.
D. B. G. 27. 1909. p. 540 und 541. llber die Keimung einiger Bauni-
und Gehölzsamen. Naturw. Zeitschr. f. Forst- und Landwirtsch. /.'>', 1915,
p. 129 ff. und 157 bis 159; 14, 1916. p. 450, 453, 456 und 465. - Teleoiogie
der Wirkungen von Frost, Dunkelheit und l.icht auf die Keimung der Samen.
Ber. d. D. B. G. .35, 1917, p. 5S1 ff.
380 A. Speilich.
Verhältnisse von Pflanzen verschiedenen Standorts behandelt
wurden, können als restlos gelöst gelten und so dürfte der
ganze ' Komplex von Problemen, die sich an den ersten
Schritt knüpfen, der das jugendliche hidividuum aus dem
Ruhestadiumi in das aktive Leben führt, die Forschung noch
lange zu vielseitiger Arbeit anregen. Durch Untersuchungen von
de Vries und Renner^ hat neuerdings auch die Keimungs-
unfähigkeit von Samen und deren Häufigkeit, die bisher
eine mehr nebensächliche Sache geblieben, für die \'ererbungs-
forschung große Bedeutung erlangt, indem. in solche Samen mit
zwingender Notwendigkeit geforderte Anlagenkombinationen
verlegt werden, die nicht lebensfähig sind.-
Das Vorhandensein eines festen, freiwilligen Ruhe-
zustandes, aus dem Samen gewisser Arten nur zu ganz
bestimmten Zeiten des Jahres heraustreten, schafl't öfter
betonte^ Berührungspunkte mit der Krage der Periodizität
im Pflanzenreiche, zu welcher Versuchsergebnisse mit Samen
allerdings bisher wenig Tatsächliches beigetragen haben. '^ Und
gerade durch Keimverzug und Keimungsunfähigkeit, denen
die Gärtnerei und Landwirtschaft für die Kulturpflanzen
praktisch zu begegnen sucht, offenbart sich am aufdringlich-
sten die große Mannigfaltigkeit im \'erhalten des Samen-
materials einer bestimmten Art einem bestimmten äußeren
Faktor gegenüber ' und um so deutlicher, je peinlicher die
^ H. de Vries. Gute, harte und leere Samen von Ocnoiherci. Zeitschr.
t. ind. Abst.- und N'crerbl. 16. 1916. 0. Renner, Befruchtung und Embryu-
bildung bei Ocnotlwia LniudJ-ck/tiiui und einigen verwandten .Arten. Flora.
J07, H'14. Die tauben Samen der Oenotheren. i'er. d. D. l!. ('■.,
M. 1916.
- Ö. Renner. \'ersuche über die gametische Konstitution der Oeno-
theren. Zeitschr. f. ind'. Abst.- u.' Vererb]. IS. 1917. p. 145: Taube Samen
haben genotj'pische Pjedeutung. , ,^
-' W. Johannsen. Kuheperioden. Huudwürlerb. d. Xaturwissensch..
.lena 1918, 6', p. TjIS. (i. Lakon, ('ber den ihythmisehen Wechsel von
Wachstum und Ruhe bei den Pflanzen. Biolog. Zentralbl. 33. 19\<>. p. 46.7.
I In dieser Hinsicht ist eigentlich bisher nur Heinricher's Nachweis,
daß die Mistcisamcn keine feste Ruhe haben, bedcutungsvoU. • E. Hein.richcr.
Über den Mangel einer durch innere Bedhiguiigen bewirkten Ruhe.periodt
tci den Samen der Mistel {Visciiin tilbniii L.\ Sitzungsber. der Wiener .Akad.
d. Wiss. math.-naturw. Kl.. 125. .Abt. 1. 19u;.
l'älii^kcit der l.iiiicncrhaHung. 0(S 1
X'ersuchsanordnung irgendwelche F'ehlerquellen auszuschließen
bemüht ist. \'or den individuellen Verschiedenheiten hat die
Keimungsforschung bisher gewöhnlich haltgemacht; eine ein-
gehende Berücksichtigung der hierbei in Betracht zu ziehenden
Beeinflussung der Mutterpflanze und des werdenden und
reifenden Samens verdanken wir u. a. Lehmann.^
Zu den Pflanzen, bei denen die Wirksamkeit veränderbarer
äußerer Faktoren auf die Keimung infolge der großen inneren
\'erschiedenheit des Samenmaterials ganz undurchsichtig wird,
gehören die in ihrer Lebensweise auf Grund langjähriger
Kultur von Heinrich er weitgehend aufgeklärten grünen
Schmarotzer aus der Gruppe der Rhinanthoideen. Bekannt-
lich schafft hier nur die Aussaat einer großen Zahl von
Samen zu bestimmter Zeit sichere Gewähr, lebensfähige
Keimlinge zu eiiialten. - Das Keimprozent ist ungemein
wechselnd; sehr oft trotz peinlichster Auswahl kläglich, manch-
mal befriedigend, nie voll. Was über die Keimung bisher
sicher feststeht, ist größtenteils Ergebnis Heinrichers,'"' mit
dem Samen \on Alcctorolophus und einiger \'erwandten hat
sich zudem Rostrup^' und besonders Kinzeh' beschäftigt.
Für Alcctorolophus — die andei-en Vertreter weichen hierx'on
bald mehr bald weniger ab — kann als feststehend gelten;
Die Keimlinge erscheinen nie im Jahre der Reife, sondern
frühestens im darauffolgenden Frühjahre, die Samen keimen
zum Teil im ei-sten, zum Teil im zweiten, vereinzelt auch
erst im dritten Jahre nach erlangter Reife, und zwar stets
' E. Lehmann, Cher die neeinflussung der KeimLing liehtempfindliehei-
Samen dureh die Temperatur. Zeitschr. f. Bot. 4. 1012, p. 473 bis 470.
- E. H ein i"ie h e i-. Hie .-\ufzuelit imd K'ultur der parasitisehcn Samen-
ptlanzen. Jena 1910.
■• E. He inrieh er. Die grünen lialhsehmarotzer 1. (hlnntilcs, Enphrasui
und Or/lninl/ia. Jahrb. f. wiss. Hot. 3J. 1897, p. 11 S und 119: II. Euphnisui,
A/c'c/orn/nphiis und Od^ntitcs. Ebenda ."2. 1H9S. p. 414: III. Bavisrhia und
Tnzzia. Ebenda 36. 1001. p. t>GS und H88 IT. : V. Meliiinpyniiii. Ebenda 46,
1000. p. 270 IT.
' O. Rostrup. Aarsberetning tVa Dansl^ Froekuntroll. 1 893 bis 190iJ;
Original nicht eingesehen, zitiert nach iCinzel.
■' W. Kinzel, Frost imd Lieht als beeintlussende Kräfte bei der Samen-
keimung. Stuttgart 19] 3, p. OS und 09. Tabelle XVI.
3cS2 A. Speilicli,
und ausschließlich zur selben Periode im F'rühhng, die
Notwendigkeit eines von einem Wirte ausgehenden Reizes
besteht nicht. Nach KinzeP sollen die Samen von Alccto-
rolopJins überdies P'rostkeimer sein, die keimungsfördernde
Wirkung des Frostes soll sich dui-ch das Licht ersetzen
lassen.
Vor Jahren hat auch mich die Keimung der grünen
Rhinanthoideen beschäftigt, und zwar mit Rücksicht auf die
Frage, wie weit und ob ein vom Wirte ausgehender Reiz
keimungsfördernd wirke.- Hierbei war der Gedanke richtung-
gebend, es könnte sich innerhalb des Vervvandtschaftskreises
mit seiner durch Heinricher' aufgedeckten Reihe zu-
nehmender parasitischer Prägung wie bezüglich der Ernährung
so auch rücksichtlich der Keimung vorbereitende Stufen zu
dem durch diesen Forscher bekannt gewordenen Verhalten
der holoparasitischen Lathraea'^ auffinden lassen, das sie
mit Tozzia,'^ dem physiologischen Binde-Hede zu den gri^inen
Verwandten, teilt. Damals konnte ich mit a'ler Deutlichkeit
erfahren, daß die Beantwortung dieser wie jeder anderen
Teilfrage an dem Samenmaterial der Rhinanthoideen solange
scheitern muß, als nicht gewisse Zusammenhänge der inneren
Beschaffenheit einigermaßen geklärt sind.
Mit diesem Ziele, Klärung der inneren X'erhältnisse des
Materials, setzten im Jahre 1912 die \'ersuche ein, die, bis
heute fortgesetzt und noch nicht völlig abgeschlossen, in den
folgenden Zeilen soweit veröffentlicht werden, als sich aus
ihnen neue Gesichtspunkte haben gewinnen lassen. Die
1 W. Kinzcl, a. a. 0. und Erläuterungen und Ergänzungen. Xatui-\\ .
Zeitsclir. für Forst- und Landwirtsch. 13, 191."), p. 462.
- A. Sperlich, Ist bei grünen Rhinanthaceen ein von einem ptlanz-
lichen Organismus ausgehender äußerer Keiniungsreiz nachweisbar? Ber.
d. 1). B. G. 26a, 1908.
•' Eine zusammenfassende Darstellung des Autors hierübL-r: »Zur
Physiologie der schmarotzenden Rhinantheen, besonders dei" halbparasitischen«
findet sich in der Zeitschrift die Naturwissenschaften, 5, 1917. p. 113.
i E. Hein rieh er. Die Keimung nm Lalhniea. Ber. d. D. B. G. 12,
1894, p. (^117ff. I. — N'otiz über die Keimung \'on Liührnea Sqiiaiiiaria L.
Ebenda 16, 1898, p. 2.
'-' E. Heinrichei, Die grünen Halbschmarotzer, 111. p. 690.
l'';iliigkeit der Linieneihaltimg. ooo
Versuche mußten auf eine Art beschränkt bleiben, sollten sie
übersehbar bleiben. Ganz von selbst jedoch drängten sich
im Verlaufe der Untersuchungen \erschiedene, zum Teil
schon eingangs erwähnte Fragen auf, so Lichtwirkung,
Periodizität, Variabilität, Entstehung des Saisontypus.
Auch diese Fragen sollen Berücksichtigung finden, soweit
sie ungezwungen mit den \'ersuchsergebnissen zusammen-
hängen und durch diese beleuchtet werden.
Vorversuche und Fragestellung.
L'ber eine große Anzahl von Versuchen, die entscheiden .sollten, oh
zwischen bestimmten Verhältnissen der stimenliefernden Mutterpflanze, der
Entstehung und Reite des Samens und der Keimkrat't irgendwelche Bezie-
hungen bestehen, braucht nur ganz allgemein gesprochen zu werden, da
jedes Eingehen mit Rücksicht auf die durchwegs negativen oder nicht
en tscli eid e n den Resultate sich erübrigt. Es sei bloß mitgeteilt, von
welcb.en (lesiehtspunkten aus die Versuche dureiigeführt wurden.
An erster Stelle wurde an die Ahhiingigkeit der Keimkrat't vom
Ernährungszustände der Mutterpllanze gedacht. Über die große mor-
phologische Plastizität der grünen l^hinanthoideen. insbesondere gewisser
Alcclin-olnphiis- und MelLiinpyniiii - Arien sind wir durch llcinricher's
Arbeiten gut unterrichtet. Diuch Variation der Ernährung, die sich durch
isolierte Zucht des Schmarotzers an ergiebigen Nährpllanzen, durch Dicht-
saat unter Beigabe bescheidener Wirte, duix-h Dichtsaat ohne W'irt, durch
Kultur auf mageren Boden, durch die manchmal gelingende Aufzucht ohne
Wirt, durch N'eränderung der außerordentlich wichtigen Beliclitung sehr
maimigfaltig verwirklichen läßt, gelang es bekanntlich He in rieh er, die
weitgehende Veränderlichkeit der Schmarotzer bis zu unscheinbaren Zwergen
und bis zu Riesenformen zu zeigen, i Es lag nahe, auch an eine ent-
sprechende Beeintlussung der Keimkraft des solch verschiedenen Individuen
entstammenden Saatgutes zu denken. Wohl waren vielfach Nachkommen
gut ernährter Stammptlanzen, wie nicht anders möglich, Altersgenossen
ungünstiger Herkunft voraus, wohl ergaben Kümmerlinge größtenteils wiedei
eine verzwergte Nachkommenschaft, aber ein streng gleich gerichtetes und
1 Vgl. hiezu insbesondere; Die grünen Halbschm. IV. Nachträge zu
Euphrashi, Oiioiililes und Aleclurolvphiis. Jahrb. f. wiss. Bot. 37, 1902,
p. 287 fl".. Taf. IV und \' und i^ie grünen Halbschm. \'. Me/ampyrum,
a. a. O., p. 3r>3, Taf. IX bis XII. Die weitgehende Variabilität auf Grund
\'erscbiedener Ernährung bei A/eciorulophus subalpiniis Stern, demonstrieren
prächtige Zusammenstellungen in unserer Institutssammlung, die noch nicht
bildlich dargestellt und veröffentlicht wurden.
384 A. Sperlich,
einiaclies Vcrliäluiis /.wischen dem Ernührungszusiand der Muttef, dei Keim-
kraft des Samens und der Lehensenergie des Keimlings besteht nicht
Hezügüch der Keimkraft wird sehr oft ein Resultat erzielt, welches da-
(iegenteil zu beweisen scheint: Die reiche Ernte eines Riesen liefert ein weit
kleineres Keimprozent als die bescheidene Ernte cinei" kleineren Stamni-
pflanze.
Ebenso unsicher blieben die Resultate bezüglich des Zusannnenhanges
zwischen Keimkraft imd iiußerer Beschaffenheit des Samens. Imuc
auffällige Polymorphie des Samens oder der Frucht, wie sie bei vielen
Pflanzen vorkommt und zu entsprechenden Untersuchungen übei- Differenzen
bei der Keimung und Keimüngsentwicklung Veranlassung gegeben hat,
besteht bekanntlich in dieser Familie nicht, l Samen mit mangelhaft ent-
wickeltem Embr\-i) oder embryolose Samen, wie sie Renner bei den
kritischen Oenotheren aufgedeckt hat, kommen nach meinen genauen Unter-
suchungen bei Aleclorolnphiis nicht vor.- Samen aus beschädigten Kapseln
und mit irgendwelchen Mängeln behaftete odei- durch die — besondei's in
gequollenem Zustande — sehr auffällige Schwärzung 3 als tot gekenn-
zeichnete Samen blieben stets von allem .Anfange an außer Hetracht.
1 \'gl. hierzu II. Becker, Über die Keimung verschiedenartiger Flüchte
und Samen bei derselben Spezies. Beihefte zum Bot. Centralbl. 2i>. I. Abt.,
1913 und H. Baar, Zur .\natomie und Keimungsphysiologie heteromorpher
Samen von Cheiinputliuiii .ilhuin und Mriplcx nitcns, .Sitzungsbei'. d. Wiener
.Akad. d. Wiss., mathem.-natiu-w. Kl. 122. .Abt. 1, 1913 und die in diesen
Arbeiten zitierte ältere Literatiu-.
- Auch .Samen mit Embiyonen, die erst durch nachträgliches Wachsuuii
innerhalb des Samens die endgültige Größe erreichen und hierdin-ch in der
Keimung gegenüber normalen Samen verzögert würden, waren nicht auf-
findbar. Diesem Umstände ist nach (>. Lakon (Zui- .\natomie und K'eimungs-
physiologie der Eschensamen. Natui'w. Zeitschr. f. Forst- inid Landwirlsch.
'9. 1911, p. 'iSö) der einjährige KeimverzLig der heimischen Eschensamen
zuzuschreiben. Nach Untersuchungen von Marie l'^indeis (Über das
Wachstum des Embryos im ausgesäeten .Samen vor der Keimung. Sitzungsber.
d. Wiener Akad. d. Wiss., mathem.-naturw. Kl. 126. .\ht. I. ]9i7i kommt
dies intraseminale Wachstum des Embryos übrigens ziemlich häufig voi-.
•^ Sie rührt wohl von der Zersetzung des bei Rhinanthoideen häufigen
Chromogens her (fl. Mo lisch. Das \'orkommcn und der Nachweis des
Indicans in der Pflanze nebst Beobachtungen über ein neues Chromogen.
Sitzungsber. d. Wiener .\kad. d. Wiss., mathcm.-natuiw. Kl. 102. .Vht. 1.
1893), das nach Volkart (Untersuchungen über den Parasitismus der
Fedicularis-Avlen, Züricher Inauguraldissertation 1899. p. 40) mit dem
Glykosid Rhinanthin (Ludwig) identisch ist. Siehe auch H. Moli seh,
Mikrochemie der Pflanze, Jena 1913, p. 217.
I-"äIiigkoit der l.inicnerlKilUini;. tkS.i
Den l'eineren Ikui der A/ecioro/opJinsSamen darf ich als bekannt voraus-
•-elzeii I und will nur bemerken, daß die zumeist braune, manchmal grünlieh-
t;raue ^eHügelte Sa mensclial e in keiner Weise die Keimung der Samen
■/AI beeinllussen vermag, da die Schale durch das längere i.iegen im Bi>den
gewöhnlich mehr iidev weniger zersetzt wird und zur Zeit der Keimung
das Endosperni nur locker umgibt oder überhaupt nicht mehr vor-
handen ist.-
Nach dem Voi-hergehenden sind iiußere Unterschiede zwischen den
einzelnen Samen nur bezüglich der (IriJße möglich und man erhält sie,
vom lirnährungs/Aistande der Mutterpflanze abgesehen, durch abgestufte
Bestäubung, wobei durch Reduktion der befruchteten Samenanlagen auf
einige wenige selbst he\ kleinen Individuen sehr ansehnliche Samengrößen
erreicht werden. Eine Förderung der Keimkraft wird indes dadurch nicht
immer gewimnen, eine allgemein gültige Regel für den Zusammen-
hang zwischen Same ngr/i Lie und Keimung gibt es nicht.
Ebensowenig hat auf das Keimprozent und, wie ich gleichzeitig
bemerken will, auf den Zeitpunkt der Keimung der Zustand, der Reife
einen Eintluti.'J Ich entnahm die Samen aus der noch V()lliu' i;eschk)ssencn
1 Siehe C. O. Itarz , Landwirtschaftliche Samenkunde. Berlin 188,").
II, p. 969.
- Hierdurch erübrigt sich nuch späterhin ein Eingehen auf die Unter-
suchungsergebnisse G. Gassncr's mit entspelzten und bespelzten Samen
von Ch/iiris (Beiträge zur Frage der l.ichtkeimung. Zeitschr. f. Bot. 7,
19irV).
Den eigentlichen Schutz des Endosperms der Außenwelt gegenüber
übernimmt auch bei Mcclorolophiis, so wie es von Heinricher für Lathrtiea,
Tozziii und Melainpyniin festgestellt wurde, die äußerste Zellage des Endo-
sperms, besonders deren stark verdickte Außenwand. Sie ist noch nach
vollständiger Erschöpfung des Nährgewebes als straffes, fest zusammen-
hängendes Häutchen zu linden, dessen sich schwächliche Keimlinge gar
nicht entledigen können. Die Bedeutungslosigkeit der eigentlichen Testa für
den Samenschutz erhellt am besten aus der Tatsache, daß ich Samen, die
im ersten .lahre nach der Reife nicht gekeimt hatten, stets der nunmehr
leicht abhebbaren Samenschale beraubte, und durch die weiteren .lahre in
diesem Zustande ohne Schaden belassen konnte.
Die lockere, mit einem tlügelförmigen Saum veränderlicher Breite
versehene Samenschale ist demnach lediglich Flugapparat und dient der
Pflanze somit zum gleichen Zwecke wie die nährstoffreichen Integumentreste
am reifen Samen von MeLuiipyruiii: der Verbreitung; dort durch den Witid,
hier durch .\meiscn (vgl. Heinricher, Die grünen Halbschm. V., p. 274
bis 279 .
•' Auf die Abhängigkeit der Keunung vom Reilezustand des Samens
ist mehrfach hingewiesen worden: Im allgemeinen vgl. G. Lakon, Die neuen
Forschungsergebnisse auf dem Gebiete der Samenkeimung. Die Naturwissen-
•SJ^) A. Spcrlich.
i^rünen Kapsel, bei Beginn der offnun.n' und im Stadium der Volli-eit'e. oline
irgendwelche Beeinflussung feststellen zu können.
Völlig belanglos ist es. oh die .Samen durch Selbstbestäubung
oder durch l'^rem d bestäub u ng entstehen, da bezüglich de- Keimprozentes
bald diese jene, bald wieder jene diese übertrafen.
Mit [Rücksicht auf Gewohnheiten der Praxis und gewisse Erfuhrungen
entsprechender Untersuchungen, wie sie beispielsweise in umfassender Weise
Becl<er durchgeführt hat, i wurde aucli auf die Stellung der Kapsel an
der Pflanze Bedacht genommen und Samen aus unteren, mittleren, oberen
Xodicn, Samen der Hauptachse mit solchen der Seitenachsen bezüglich des
Keimprozents verglichen. Auch diese Statistik läßt, obgleich es an gewissen
Unterschieden nicht mangelt, eine allgemein gültige Schlußfassung nicht zu.
.Schließlich wurde in Anlehnimg an den das Ti-eiben von J-Jaum-
knospen regelnden Schnitt versucht, ob das Entfernen von reifenden
Kapseln einen Einfluß auf das Keimprozent der Samen in den \-erbleiben-
den l'"rüchten ausübt. Auch diese Versuche fielen sehr verschiedenartig aus
und krankten, wie alle früheren, an dem .Mangel gleichwertiger Ver-
gleichsobjekte.
So festigten die neu gewonnenen Erfahrungen meine schon sehr früh
gefaßte Meinung, daß bei Alcriorolophiis selbst innerhalb einer kleinen
Population — die Pflanzen oder Samen wurden stets vom gleichen Stand-
orte, einer gegen Südwest geneigten Wiese an einem Hügel im Norden
Innsbrucks, genommen — bezüglich der Samenkeimung ein einheitlicher
Genot3'pus- nicht vorhanden ist. Daraus ergab sich die Notwendigkeit
zu versuchen, ob sich nicht durch Zucht reiner Linien aus der Pop>ulation
Typen gewinnen ließen, die sich ilicksichtlich der Samenkeimung gleich-
artig verhalten.^' Hierbei wurde zunächst die bekannte, einleitend mitgeteilte
Schäften 2. 1914, p. 9üG ff., bezüglich der Lichtwii'kung mit Kücksicht auf
Keife und Nachreife die Arbeiten von Heinri che r, Kin zel , Lehman n u.a.
(Sammelreferate hierüber von E. Lehmann in Zeitschr. f. Bot. 1, 1909,
p. 122, 5, 1913, p. 365, 7, 1910, p. btjO und Jahresbericht der Vereinigung
für angewandte Bot. 1910. p. 248;. über Vorruhe. Mittelruhe und Nachruhe
bei Samen W. .lohannscn, Ruheperioden. Handwörterbuch der Naturwiss.
6\ 1913, p. 018.
1 H. Becker, a. a. O.. p. 133 bezüglich des Keimungsrhythmus der
Früchte von Taraxacinn ofßcinale; es hat sich auch hier keine allgemein
gültige Regel feststellen lassen, vgl. p. 13(1.
- W. Johannsen, Elemente der exakten Erblichkeitslehre. 2. Aufl.,
Jena 1913.
•'• Der Gedanke, daß lücksichtlich der K'eimung — bescjuders was ihre
Abhängigkeit von äußeren Faktoren anbelangt — verschiedene Rassen
innerhalb der Arten aufgedeckt werden könnten, findet sieh mittlerweile
mehrfach ausgesprochen: so weist W. Kinzel (Frost und Licht usw. p. 149)
darauf hin. es könnten bei periodisch keimenden Pllanzen wie AqnilegiLi.
!'"[ihigkeit der l.inicMorluiItiing. 08/
l\cimuni;spciii)di/.ita'. aU unbeeinflußbaies Kfbgut angenommen und nicht
weiter in Betracht gezogen, die Frage demnach also gestellt: gibt es eine
l-'oi'm der Pnanze. deren Samen durchwegs im 1 . Jahre nach der Reife
keimen, eine zweite l'^orm. deren Samen im /.weiten Jahre keimen und sind
aus diesen Formen durch Bastardierung die verschiedenen Keimungstypen
dai-stellbar oder gibt os Formen mit erblich konstantem, durch eine
l-"iequen/,kur\'e bestimmtei- Gestalt gekennzeichnetem Verhältnisse
zwischen tVüiikeimenden. spiitkeimenden und nichtkeimenden .Samen und
ändert sich dies X'erhiiltnis gesetzmäßig je nach den IVpen. aus denen sich
das Individuum oder die Population zusammensetzt.
Wie wir aus dem Folgenden sehen werden, ti-ifft keine der hier dar-
gelegten Möglichkeiten zu; die .\nnahmen führten aber als Arbeitshypothesen
zur Anwendung dei" Reinzucht von Linien und damit zui- Aufdeckung der
im Titel der Arbeit ausgedrückten Abhängigkeit hei den zunächst äußerst
verworren erscheinenden Keimungsverhältnissen von AlCLivrolnpliiis.
i'ber die (Gewinnung und Zucht der i-einen Linien aus der am H..
lo.. 21. und .30. Juni 1912 erfolgten Rohernte sei nur bemerkt, daß mit
der größten .Sorgfalt gearbeitet wurde. Hierbei wurde ich in bester Weise
Von meiner Frau unterstützt, der auch an dieser Stelle mein Dank gebührt.
Herrn Hofrat Heinricher danke ich für die Überlassung von Gartengrund
und Gartenmaterial zum Aufbaue von Kulturhäuschen, der Akademie der
Wissenschaften in Wien 'iüv die in munitizenter Weise bewilligten
Mittel.
Rliiiiiiti/hiis hirsiilii^. f'hylciiiiui gelingen, die einzelnen »Trujips« rein zu
züchten. Lehmann spricht über das mögliche \'orhandensein verschiedener
Linien rücksichtlicli der Bedeutung des Lichtes bei der Keimung (Über die
Beeinflussung der Keimung lichtempfindlicher Samen, a. a. O., p. 473) auf
(irund eigener Krfalirungen und unter Hinweis auf die sonderbaren Ergeb-
nisse Raciborski's mit Tabaksamen (('her die Keimung der Tabaksamen.
Bull, de l'inst. bot. de Buitenzorg 1900, No. VLi.
388 A. Sperlich,
I. Teil.
Die Verschiedenheit der Individuen einer Population
rüeksiehtlich der Keimkraft und Linienerhaltung
(phyletisehen Potenz).
1. Die durch Selbstbefruchtung gewonnenen Linien und
deren Keimungsverhältnisse in den aufeinanderfolgenden
Generationen.
Um dem Leser den Einblick in die gewonnenen Ergeb-
nisse zu erleichtern, habe ich aus den zahlreichen Einzel-
protokollen eine Übersichtstabelle zusammengestellt, die von
der Ernte 1912 bis zur Keimung 1916 reicht. Es ließ sich
dies durchführen, da die \'ersuchsreihen in ihrer (länze
innerhalb dieses Zeitraumes vollkommen gleichmäßig be-
handelt wurden und in der Darstellung das gesamte, durch
Autoselektion sich erhaltende Material zum Ausdruck kommt.
Die Tabelle gliedert das Material in vier Gruppen nach den
x'ier, ungefähr eine Woche voneinander abstehenden Tagen
der Ereilandernte 1912. Hierdurch wird eigentlich der
durch das Studium der J a h r e s s t a t i s t i k der einzelnen
Linien allmählich sich entwickelnden Erkenntnis
vorgegriffen und jenes Moment gleich in den Vorder-
grund gestellt, das sich erst im Laufe der mehr-
jährigen Untersuchung als ausschlaggebend erwiesen
hat. Wird auch derart die Gepflogenheit bei der Darstellung
von Experimentaluntersuchungen durchbrochen, so fand sich
anders keine Möglichkeit, über die Masse von Einzelprotokollen
hinweg rasch eine Einsicht zu vermitteln.
Es seien also zunächst die nötigen Erläuterungen zum
Verständnisse der Tabelle I gegeben, worauf die Besprechung
weiterer Tabellen, die das Keimungsverhältnis spezialisierter
wiedergeben, folgen soll.
Das Keimungsergebnis 1918 der Freilandernte ist, wenn
man in Berücksichtigung zieht, daß nur äußerlich tadelloses
Saatgut schöner Mutterpflanzen zur Anwendung kam, ein
klägliches. In ganz besonderer Weise gilt dies für Gruppe II,
III und \y. Erscheinen bezüglich der Keimung diese drei
Fähigkeit der Linienerhaltung. .xS*,)
Gruppen ziemlich gleichartig und in einem gewissen Gegen-
satze zur ersten Gruppe, so läßt uns die Betrachtung der
Individuen, die 1913 schließlich die volle Samenreife erreichten,
ein anderes \'erhältnis der einzelnen Gruppen erkennen. \\)n
den Keimlingen der Gruppe I erreichte ungefähr das Drittel,
in Gruppe II die Hälfte, in Gruppe III nur das Fünftel, in
Gruppe W nur das Viertel der Keimpflanzen die Samenreife.
Der Unterschied zwischen I und II erklärt sich ungezwungen
aus der größeren Dichte des Standes — in I 125 Keimlinge
auf demselben Areale wie in II 36 Keimlinge - wodurch
der Konkurrenzkampf erschwert wird. Die \erschiedenen
äußeren Bedingungen offenbaren sich hier zudem in der
durchschnittlichen Größe der lndi\ iduen, die durch das Mittel
der auf ein Individuum entfallenden reifen Samen ausgedrückt
ist (l'J- 6 gegenüber 45- 1). Ganz anders liegt aber die Sache,
wenn man die unter annähernd gleichen Bedingungen er-
wachsenen Pflanzen in II mit III und I\' vergleicht. Hier
erreichen nur ein \'iertel, beziehungsweise Fünftel, dort von
ungefähr gleichviel Keimlingen mehr als die Hälfte die Samen-
reife. Bezüglich der Größe sind die Individuen allerdings
so ziemlich untereinander gleich.^
Mit Rücksicht auf die gleichen äußeren Bedingungen
kann es sich nur um einen in der inneren Konstitution
liegenden Unterschied der in Frage kommenden Gruppen
handeln, einen Unterschied, der übrigens auch zwischen I
und II nicht verborgen bleibt, wenn man darauf achtet, daß
in I trotz des ungünstigen dichten Standes von 125 Keim-
lingen doch noch ein Drittel, in II mit \iel günstigeren Ent-
wicklungsbedingungen von 36 Keimlingen nur etwas mehr
als die Hälfte zu samenreifen Individuen heranwuchs. Be-
merkenswert ist schließlich die zeitlich stets weiter zurück-
liegende Ernte in den einzelnen Gruppen, wodurch der
ursprüngliche zeitliche Abstand der vier Freilandsernten des
Vorjahres unbeeinflußt zum Ausdruck kommt.
1 Die relativ geringe Samenproduktion in Gruppe IV möge zunächst
nicht in Betracht gezogen werden, da infplge der Unmöglichkeit, alle Blüten
rechtzeitig zu bestäuben, mehrfacii Autogamie vorliegt, mit der eine
Reduktion in der Erzeugung reifer .Samen verbunden ist.
::5VH)
A. Sperlich,
Tabelle
Zusammenfassende Darstellung der Versuchsreihen
1912
Datum der ]'"reilandernte
und des Anbaues
Gruppe I
Ernte : 6. VI.
Anbau: 18. VH.
Keimzahl und -pro/.ent
1913
bei guter
Kmahruna
Zahl der Individuen, die reife
Samen lieferten
Von 332 Samen:
125 = 37-60',3
42 = 33-ßOQ der Keimlinge
Durchschnittliche Zahl der
äußerlich \ ollwcitigen
Samen eines Individuums;
Erntedatum
Nachkeimungen im Früh-
jahr 1914
Keimzahl und -prozent
F.,
1914
bei
bescheidener
Ernährung
und dichtem
Stande
Zahl der Individuen, die reife
Samen lieferten
19 -ti; lu. VI. bis 23. VI.
Von 825 Samen:
383 = 46 •40/,,
27 = y'Jfj der Keimlinge
Durchschnittliche Zahl der
äußerlich vollwertigen
Samen eines Individuums ;
Erntedatum
11 ; 21. VI. bis 5. VII.
Keimzahl und -prozent der zweiten Freiland-
ernte 1913: die Gruppen nach dem Ernte-
datum
Keimzahl und -prozent
19 IT)
bei guter
Ernährung
und dichtem
Stande
^4
1916
bei guter
Ernährung
Zahl der Individuen, die reife
Samen lieferten
Durchschnittliche Zahl der
äußerlicii vollwertigen
Samen eines Individuums;
Erntedatum
Keimzahl und -prozent
Zahl der belas.senen Individuen
Von 166 Samen :
94= 56-60/(j, Ernte S. VI.
Von 28 1 Samen :
190 = 67- 60',,
89 =: 46 • 80.0 der Keimlinge
10; 12. VI. bis 21. V
Von 751 Samen:
507 = 67-50/,,
106
l'"ähigkeit der Liiiienerluiltung-.
:'Ä)\
I.
von der Ernte 1912 bis zur Keimung 1916.
Gruppe II.
Ernte: 13. VI.
Anbau: 19. VII.
Gruppe HI.
Ernte: 21. VI.
Anbau: 22. VII.
Gruppe IV.
Ernte : 30. VI.
Anbau: 23. VII.
Von 322 Samen
36= II •20',
Von 395 .Samen :
54 = 13-70,0
Von 379 Samen :
54= 14- 20',
20 = 55-50/0 der
Keimlinge
11 =20-40/0 der
Keimlinge
14 = 25- 90/,, der
Keimlinge
45- 1 : 11. VI. bis 29. VI.
51-8; 20. VI. bis 1. VII.
36-1: 23. VI. bis 13. VII.
Von 903 Samen
r)83 = ti4-fio'
Von 570 .Samen:
335 = 5S-70/„
Von 506 Samen :
333 = 65-80/,,
31 =5-30/,, der
Keimlinge
22 = 6-60/,^ der
Keimlinge
16 = 4-80 (^ der
Keimlinge
K-ti; 21. VI. bis 13. VII.
12-9; 28. VI. bis 12. VII.
9-7; 1. VII. bis 17. Vll
Von 265 Samen :
188 = 710/0,
Ernte: 16. VI.
Von 488 Samen :
299 = 61-30/^^,
Ernte: 23. VI.
Von 186 Samen;
117 = 62-90'o,
Ernte: 30. VI.
Von 267 .Samen :
167 = 65-90/,,
Von 284 Samen:
204= 71-80/o
Von 155 Samen:
66 = 42-60/^
69 = 41- 30/,, der
Keimlinge
,4 = 26 -5 0/0 der
Keimlinge
5 = 7-60o der
Keimlinge
13-5: 16. VI. bis 26. V
13; 17. VI. bis I. VII.
8; 20. VI. bis 4. Vll.
Von 599 Samen ;
430 = 71 -80/0
Von 483 Samen ;
249 = 51-50/,^
Von 23 Samen ;
4= I7-40/0
90
Alle Keimlinge gehen ein.
31)2 A. Speiiich,
Im Frühjahr 1914 hat sich das allgemeine Keimprozent
durchaus gehoben, besonders auffällig in Gruppe II, III und
IV, etwas weniger in Gruppe I. Diese auffällige Besserung
der Keimung bleibt zunächst ungeklärt. Die erste Vermutung.
durch Selbstbefruchtung lebenskräftiger Individuen den Weg
zur Heranzucht keimkräftiger Linien gefunden zu haben,
mußte sehr bald zurückgestellt werden, denn die zum Zwecke
des Vergleiches aus dem Freilande im Jahre 1913 an
xerschiedenen Tagen geernteten Samen zeigten, wie die
Tabelle ersichtlich macht, eine vollkommen gleichwertige
Erhöhung des Keimprozents gegenüber der F'reilandernte
des Vorjahres. Sehr klein hingegen ist die gleichfalls ' in der
Tabelle ausgewiesene Zahl \'on Nachkeimern der ersten
Freilandernte (1912), ein Beweis, daß die überwiegende Mehr-
zahl der dazumal geernteten Samen trotz ihrer äußerlichen
Unversehrtheit keimungsunfähig waren oder Keimlinge zeitig-
ten, die bald eingingen und das Tageslicht nicht erreichen
konnten.
Bei sehr schlechter Ernährung — die Grasnarbe wurde
absichtlich in allen Gefäßen sehr mager angelegt und der
Stand der Pflanzen war mit Rücksicht auf die große Zahl
von Keimlingen überall ein dichter — erwuchs /\,. Wie wir
der Tabelle entnehmen, ging die Mehrzahl der Keimlinge ein,
nur wenige kräftige Individuen konnten sich in bescheidenen
Maßen bis zur Erreichung der .Samenreife behaupten. Ihre
Zahl und Größe war in allen vier Gruppen ziemlich gleich,
die Zahl in I\' etwas herabgesetzt. Konstant hielt sich der
zeitliche Abstand der .Samenreife, was in den Erntedaten
zum Ausdruck kommt. Die allgemeine \'erspätung der Ernte
um ungefähr 10 Tage gegenüber dem Vorjahre erklärt sich
aus der im allgemeinen auf die Entwicklung retardierend
wirkenden schlechten Ernährung.
Mit großer .Spannung konnte im folgenden Jahre das
Keimungsergebnis erwartet werden: fürs erste mit Rücksicht
auf die starke selektive und formative Einwirkung .der mangel-
haften Ernährung, fürs zweite infolge der (Heichmäßigkeit
so ziemlich aller i'Vhidividuen in sämtlichen Linien. Das
Keimungsei'gebnis 1915 war ein V()llig unerwartetes. Wir
l''äliigl<cii der Linienerlialtung. •>Jo
-entnehmen der Tabelle, daß sich in allen Gruppen bis auf
lY das Keimprozent entweder gegenüber dem \'orjahre
gehoben hat oder auf der Höhe des Vorjahres geblieben
ist. Aus den Einzelprotokollen, von denen drei in tabellarischer
Form später folgen, geht zudem hervor, daß da und dort
zum ersten Male bei dieser Pflanzenart eine 100"/,, Keimung
festgestellt werden konnte. Aus all dem geht bis jetzt mit
Sicherheit bloß hervor, daß die Herabsetzung der Ernährung
.auf die Keimkraft der Samen keinen schädigenden Einfluß
ausübt; etwas Positix'es hingegen läßt sich noch nicht ab-
leiten.
/•"■., wuchs bei reichlicher Wirtentwicklung, jedoch, ent-
i^prechend der guten Keimung, in dichtem Stande. Der
Konkurrenzkampf war ein starker und äußerte sich sehr
bald in der Reduktion der Individuenzahl. Hierbei wird nun
neuerlich ein mit Rücksicht auf die äußerliche Gleichartigkeit
von /•"., aller Linien um so bemerkenswerter Unterschied in
• den vier Gruppen sehr auffällig. Wir sehen die Reduktion
in I und II annähernd gleich, in II etwas weitergehend, ganz
bedeutend stärker aber in III und noch mehr in IV, wo von
&^ Keimlingen schließlich nur fünf Individuen, d. i. "'ß^o
zur Samenreife gelangten. Die Verschiedenheit der inneren
Konstitution, die durch die Entstehung und Entwicklung
\"on Fj in den vier Gruppen schon angedeutet worden war,
die in F.^ verschwunden schien und sich erst im Keim-
prozent der Fo-Samen von Gruppe lY wieder etwas äußerte,
tritt hier in aller Deutlichkeit zutage. Die fünf Pflänzchen
von IV unterschieden sich nunmehr auch äußerlich durch
ihre Kleinheit trotz ihres isolierten Standes an ausgiebigen
"Wirten,^ die dem Parasiten bei besserer innerer Konstitution
die Möglichkeit prächtigster Entfaltung geboten hätten. Die
Pflanzen in I, II und III waren äußerlich ziemlich gleich-
wertig, der Abstand der Erntezeit in den einzelnen Gruppen
1 Durch entsprechend wiederholten .Schnitt der zentralen Grasnarbe
in den Gefäßen wurde eine durchaus günstige Belichtung sämtlicher
Alec/i'rolophi!S-Pf[a.nzen erzielt. Über die nachteilige Wirkung beschattenden
Wirte auf das Wachstum des Schmarotzers vgl. Heinriclier. Die grünen
Halbschmarotzer IV, Taf. V. 11g. 9.
Sitzb d.. mathem.-iiaturw. Ki., .Abt. I, 12-:^. Bd. -S
394 A. Sperlich,
blieb erhalten, der allgemein besseren Ernährung entsprechend
rückte die Blühreife und damit die Ernte wieder etwas v<»r.
Im nächsten Frühjahr mußte es sich zeigen, ob die durch
die Individuenreduktion im Kampfe um die Scholle zum
Ausdruck gelangte innere Verschiedenheit der Linien bei den
einzelnen Gruppen auch im Keimprozent ersichtlich wird.
Die Tabelle gibt hierüber noch Aufschluß. Besonders möchte
ich auf das gegenüber 1 und II stark zurückbleibende Keim-
prozent von in hinweisen, dessen F..- Individuen sich äußer-
lich von F.^ in I und II durch nichts unterschieden. Wir
erinnern uns, daß das gleiche Verhalten im Vorjahre bei
den Samen der Gruppe JV zu verzeichnen war, die 1916
also in 1\ vollständig ausstarb. Hiermit schließt
Tabelle 1.
Die weitere Entwicklung der sich in F^ erhaltenden
Linien der ersten drei Gruppen läßt sich in der bisherigen
Weise nicht übersichtlich darstellen, da die Kultur 1916^
bald nachdem sich die bessere oder schlechtere Wachstums-
tendenz der einzelnen Individuen geoffenbart hatte, durch
mich einer Selektion unterw<M-fen wurde, mithin, nicht mehr
der natürlichen gleichmäßigen Auslese unterworfen, auch
nicht in gleichmäßig zusammenfassenden Zahlen ihren rich-
tigen Ausdruck hnden konnte. Zu dem Eingriff, der darin
bestand, von Keimlingen aus gleichem Nodium oder gleicher
Kapsel nur je ein, manchmal zwei, und zwar die kräftigsten
Individuen zu belassen und diesen hiermit die Möglichkeit
weitgehendster Ausbildung zu schaffen, leitete mich folgende
Überlegung:
/•".j hatte sowohl bezüglich ihrer Entstehung (Keimung
1915) und besonders ihrer ^Entwicklung als auch bezüglich
der Keimkraft ihrer Samen (Keimung 1916) gezeigt, daß
Gruppe 1 und II zweifellos kräftigere Linien enthält als III
und die mit F^ völlig aus.sterbende Gruppe IV. Innerhalb I
und II hatte sich das Keimprozent nunmehr schon durch
zwei Generationen sehr hoch gehalten, Individuen mit Voll-
keimung ihrer Samen waren häufig zu verzeichnen, ist die
Keimkraft wirklich ein erbliches iMerkmal. das sich innerhalb
Fähif,'l<eit der l-inieiierlialtunc. oO;)
der einzelnen Linien konstant erhält, so müssen durch die
bislierit;e Zucht die Linien soweit gereinigt sein, daß sich
auch bei Auswahl einzelner Individuen aus der erwach-
senden Nachkommenschaft diese Konstanz weiterhin erhält.
Bei der Auswahl wurden vorzüglich Linien der Gruppe I
und II in Betracht gezogen, die sich in F.-, und F„ durch
hohe Keimzahlen ausgezeichnet hatten, und zum Vergleiche
auch einige Linien von III weitergezüchtet. Die weitere Unter-
suchung S(^llte ergeben, ob durch Bastardierung von Individueii
aus keimkräftigen Linien, die in 1 und II entstanden zu sein
schienen, mit Individuen aus Linien mit schlechter Keimung,
wie sie in III vorlagen, gesetzmäfSige Änderungen des Keim-
prozents in der Nachkommenschaft erzielbar seien. Hiermit
hätte dann erst die bei Inangriffnahme des Problems auf-
gestellte Hypothese ihre Bestätigung erreicht.
Da es jetzt darauf ankam, nicht nur, wie bisher, über
die Zahl der im ersten Frühjahre nach der Reife erwachsen-
den Keimlinge orientiert zu sein, vielmehr eine genaue Über-
sicht über die Zahl der Frühkeimer, der Spätkeimer und,
wenn der Ausdruck gestattet ist, der Nichtkeimer unter den
Samen eines Individuums zu gewinnen, wurde mit ganz
geringen Ausnahmen, die als Vergleichsmaterial wie bisher
im Spätsommer in Erde kamen, das gesamte Saatgut der
in Betracht kommenden Individuen von F^ zunächst in Petri-
schalen auf Sand ausgelegt. F^ erwuchs, den vortrefflichen
Lebensbedingungen — isolierter Stand bei kräftigen Wirten —
entsprechend, durchaus zu schönen, oft mehrfach verzweigten
Individuen, die bei sorgsamer Pflege eine derart große Menge
von Samen lieferten, daß schon aus rein technischen (iründen
eine völlige Unterbringung in entsprechende Gefäße mit Erde
nicht in Betracht kommen konnte. Freilich nur in Gruppe I
und II. In Gruppe 111 hingegen machte sich schon während
der Entwicklung von F^ trotz der günstigen äußeren Be-
dingungen eine starke Reduktion in der Zahl der Pflanzen
bemerkbar, wozu bei der Ernte noch die Beobachtung kam,
daß viele der schönsten Individuen trotz sorgsamer Be-
stäubung keine oder bloß minderwertige Samen entwickelt
hatten.
)"59(;i A. Spcrlich,
Die Verfolgung der Samenkeimung von l'\ in den Sciialen,
die sich vom Winter 1916 — 1917 bis in das Frühjahr 1918
erstreckte, lieferte neuerdings den Beweis von der ver-
schiedenen inneren Konstitution der einzelnen Gruppen, die
schon bisher bald mehr bald weniger zum Ausdruck gelangt
war. Zur Darstellung dieser Keimungsverhältnisse mögen die
nun folgenden Tabellen II, III und IV dienen. Jede Tabelle
gibt in übersichtlicher Weise die gesamte, bis 1915 durch
Autoselektion und 1916 durch meinen Eingriff erhaltene
Nachkommenschaft je einer Kapsel des Ausgangsmaterials,
d. i. der Freilandernte 1912 wieder, und zwar Tabelle 11 die
Deszendenz einer Kapsel der ersten Ernte (6. Juni 1912»
also von Gruppe I der eben behandelten Tabelle I (p. ;S90u. 391),
Tabelle 111 einer ivapsel der zweiten Ernte (13. Juni 1912) —
also von Gruppe II — imd Tabelle IV einer Kapsel der
dritten Ernte (21. Juni 1912) — also von Gruppe 111. Die
Nachkommenschaft der \ierten Ernte (30. Juni 1912)
— Gruppe IV — kommt, da ausgestorben, nicht mehr in
Betracht. In gleicher Weise ließe sich aus meinen umfang-
reichen Protokollen auch die Gesamtdeszendenz jeder anderen
Kapsel der drei Ausgangsernten darstellen. Da sich aber
innerhalb der einzelnen Gruppen der Sachverhalt nicht
A\-esentlich ändert, das, was die hier veröffentlichten Zahlen
sagen, bei den anderen Kapseln einer Gruppe sich mit belang-
losen Varianten nur wiederholte, glaubte ich von der Wieder-
gabe aller dieser Tabellen absehen zu können. ■^
Zunächst mögen die Daten, die sich auf die schon
behandelten Generationen F^, f., und F.. beziehen, außer
Betracht bleiben und bloß die Keimungsverhältnisse von F^,
bei der wir oben unsere Auseinandersetzung unterbrachen,
in den drei Tabellen verglichen werden. Zum Verständnisse
der Darstellung sei zuvor noch bemerkt: Jede Zeile entspricht
einem Individuum, die am Kopfe jeder Zeile stehenden Buch-
staben beziehen sich auf die vorhergehenden Generationen
F.^, 7'",, /-'j und erläutern den Stammbaum, die folgenden
Zeichen zeigen den Grad der Verzweigung an (kein Zeichen
rr: unverzweigt, >', =r ein Seitenastpaar, X X = zwei Seiten-
astpaare usw., '< . =: die Seitenäste sind wieder verzweigt^
Fähigkeit der Linieneihaltung. •">'*<
X . . zwei Seitenastpaare zweiter Ordnung usw.), die weiter
folgende Bezeichnung 1,2, 3.... V gibt die Zahl der Nodien
mit fruchtbaren Blüten am Hauptstamm an, die folgende
Zahl die Zahl der geernteten einwandfreien Samen dieser
Hauptstammnodien — Samen aus Seitenastblüten blieben
bei diesen Versuchen unbeachtet: von den nach dem
Doppelpunkt stehenden, durch Bindestriche getrennten drei
Zahlen bedeutet die erste das Prozent der Frühkeimer,
die zweite das Prozent der Spätkeimer, die dritte das
Prozent der Nichtkeimer, d. i. von Samen, die im \'er-
Jaufe der Beobachtung bald früher, bald später abstarben.'
Beim \'ergleiche der Keimungsergebnisse von F^ in den
drei erhaltenen Gruppen fällt vor allem auf, daß sie sich
untereinander ganz wesentlich unterscheiden. Das \'er-
schiedene Verhalten der Gruppen, dem wir Jahr für Jahr
begegneten, wird jetzt besonders aufdringlich vor allem, weil
dank der kräftigen Ausbildung der F^-Individuen, deren Samen-
produktion gehoben und damit eine \iel breitere Vergieichs-
basis geschaffen wurde und weil die Beobachtung in den
stets zugänglichen Schalen eine einwandfreie Registrierung
der drei Samentj'pen: F'rüh-, Spät-, Nichtkeimer gestattete.
Wenn wir zunächst bezüglich dieses Punktes die drei Gruppen,
jede als Ganzes, betrachten, so sehen wir, daß Gruppe III
(in Tabelle I\' an einem Stammbaume gezeigt) trotz der
prächtigen Entwicklung einzelner ihrer /'^-Individuen über-
haupt keine keimfähigen Samen erzeugt hat. Es sei gleich
hier bemerkt, daß die Samen gerade dieser Individuen
von einer Größe und Gleichmäßigkeit waren, wie sie
bisher weder im F r e i 1 a n d e noch in meinen Kult u r e n
je gesehen wurden. Sie starben nichtsdestoweniger alle
1 Beispiel: i^'.i, XXX • -, •' i^. 33:0—66 — 33 will- besagen : Das
Individuum der bezeichneten Abstammung hatte drei Seitenzweigpaare, die
ihrerseits bis zu zwei Paaren von Zweigen zweiter Ordnung trugen, ent-
wickelte am Hauptstamm sechs Xodien mit fruchtbaren Kapseln, die 33
einwandfreie Samen entliielten. Hiervon keimte im ersten Jahre nach der
Reife keiner, später 66",, und 33^;i| starben ohne zu keimen ab. Diese
Darstellung ist im Bereiche der früheren Generationen (Fj, F.,, F-^) unmöglich,
da in diesen Jahren der Anbau direkt in Erde erfolgle. mithin lediglich das
Prozent der Frühkeimer feststellbar war.
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404 . A. Speiiicl).
ohne Ausnahme, zumeist sehr bald nach erlangter Reife ab.
Die Gruppe hat hiermit dasselbe Schicksal erreicht wie im
Vorjahre Gruppe I\': sie existiert nicht mehr. Nur erfolgt
das Aussterben größtenteils zu einem anderen Zeitpunkte
der individuellen Entwicklung als bei IV'. Wir erinnern uns.
daß sich hier das Aussterben vorzüglich durch die Reduktion
der erwachsenden Keimpflanzen in F.. geoftenbarf hatte,
während in Gruppe III F^ eine noch immer ansehnliche Zahl
kräftiger Individuen zur vollen Samenreife führen konnte
und die schwindende Lebensfähigkeit der Gruppe erst bei
den Samen von F^, also bei der ruhenden /•), in Erscheinung
tritt. Angekündigt erscheint indes der nahende \'erfall in
beiden Gruppen gleich: durch die Herabsetzung der
Keimkraft der jeweilig vorhergehenden Generation.
Bei Betrachtung der Keimergebnisse in Gruppe 1
(Tabelle II) und Gruppe II (Tabelle IIl) fällt uns neben dem
Auftreten von Nichtkeimern — stärker bei II als bei I -
vor allem auf, daß sich die erhaltene Nachkommenschaft
von I vorzüglich durch Frühkeimer imit bis zu lOO^'/jj
Keimung), die von II vorzüglich durch Spätkeimer charak-
terisiert. Wäre die Beobachtung des Keimergebnisses nicht
in den Schalen erfolgt, sondern wie bisher ausschließlich im
Frühjahr an den erdgefülhen Gefäßen, so wäre diese Unter-
scheidung unmöglich und für Gruppe II nur eine ähnliche
Herabsetzung des allgemeinen Keimprozents zu verzeichnen
gewesen, wie im Vorjahre für Gruppe III und vor zwei
Jahren für (iruppe IV. Was sich aber damit ankündigt, ist
aus dem \'orhergehenden bekannt: der beginnende Verfall
der Linie. Diesem erlag, wie die weitere \'erfolgung der
Nachkommenschaft in dieser Gruppe gezeigt hat, die Mehr-
zahl sehr bald. Insbesondere erreichen von Individuen aus
spät keimenden Samen nur ganz wenige selbst die Samen-
reife, die meisten sterben im Laufe der Entwicklung ab,
hiervon sehr viele bald nach der Keimung, noch ehe sie ans
Tageslicht gelangt sind. Wir werden an Beispielen später
noch sehen, wie klein die Erhaltungsmöglichkeit von Linien
ist, die sich von spätkeimenden Samen ableiten und wie
wenig keimfähige Samen von solchen Individuen produziert
Kaiiigkeil der IJnienerliallung. 4(>0
werden. Die 'Zunahme von spätkeimenden Samen ist
somit nicht anders als die Steigerung in der Pro-
duktion überhaupt nicht keimender Samen ein An-
zeichen, daß die betreffenden Mutterpflanzen einer
Linie angehören, die nicht mehr lebensfähig ist und
früher oder später aussterben wird.
Mit aller Deutlichkeit geht aus der Verfolgung der seit
Utl2 durch Selbstbefruchtung gezogenen Linien hervor, daß
von einer konstanten Keimkraft in einer Linie als erblichem
Merkmale keine Rede sein kann, die ursprünglich gefaßte
Meinung somit irrig war. Selbst in Gruppe I, die sich noch
heute, da dies niedergeschrieben wird, in kräftigen \er-
mehrungsfähigen Linien erhalten hat, traten, wie wir Tabelle II
entnehmen, unter der Deszendenz keim kräftiger Individuen
in h\ deutlich geschwächte Pflanzen auf, was sich in den
folgenden Jahren bis heute wiederholt hat.
Der verschiedene Grad der Schwächung innerhalb
(iruppe II und II! äußert sich aber nicht nur durch die
verschiedene Keimkraft, beziehungsweise durch die \er-
schiedene innere Beschaffenheit des äußerlich einwandfreien,
zur Vollreife gelangten Samenmaterials, sondern auch durch
weitere Momente: Wir bemerken, daß in Tabelle IV, die
einen typischen Vertreter von Gruppe III darstellt, bei h\
die Bemerkung > geht ein<' und »ohne Samen« viel häutiger
vorkommt als in Tabelle III, die den Typus für (iruppe II
zeichnet. Die Bemerkung »geht ein« will besagen, daß zur
Zeit der Krnte das betreffende Individuum nicht mehr vor»-
handen war; »ohne Samen« will heißen, daß die betreffende
Pflanze zwar noch prächtig geblüht, aber keine Samen zu-
stande gebracht • hat. Bedenkt man, daß es sich hier um
Pflanzen handelt, die, wie erinnerlich, unter den denkbar
besten äußeren Bedingungen erwuchsen, so wird der Unter-
schied in der inneren Beschaffenheit der betreffenden Linien
besonders deutlich.
Wir verfolgen nunmehr die in den Tabellen II, III und I\'
verzeichneten uad entsprechend charakterisierten Individuen
von h\, die bisher als Gruppenvertreter miteinander ver-
glichen wurden., m ihrer Aszendenz bis zur Freilandernte lt>12
4U3 A. Sp eil ich.
oder eigentlich bis zu den völlig bekannten Ausgangs-
individuen von /-'i, die ihrerseits in jeder der (iruppen je
einer Kapsel eines nicht näher gekannten Individuums der
Freilandpopulation 1912 entstammen. Wir untersuchen, ob
sich rücksichtlich der Verteilung von Linien verschiedener
Erhaltung^ innerhalb der Gesamtdeszendenz einer Freiland-
kapsel 1912 und dem Linienausgangspunkte irgendwelche
Beziehungen ergeben. Da fällt schon bei Betrachtung der
äußeren Form der Tabellen III und IV auf, daß Linien, die
sich aus Samen von Seitenachsen der Fj-Stammpflanze
herleiten, sehr bald zurückgehen und aussterben. h\ aus
Gruppe 111 (Tabelle W) ist im vorliegenden Beispiele durch
ein Individuum mit zwei Seitenachsenpaaren vertreten, wobei
die eine Seitenachse jedes Paares eine schlechtere Nach-
kommenschaft liefert als die andere, das untere Paar jedoch
im ganzen eine schlechtere als das obere. Die Deszendenz
der ersten Seitenachse des unteren Paares existiert schon
in /''., nicht mehr. Wir erinnern uns, daß die Entwicklung
der Seitenzweige am Hauptstamme von Alectoroloplius basi-
petal fortschreitet und die Seitenzweige allgemein dem
Hauptstamme nachhinken. So ergibt sich schon aus dieser
nur oberflächlichen Betrachtung der zwei Stammbäume das-
selbe, was sich aus der Betrachtung der (iesamtkultur mit
ihren vier Gruppen ergeben hatte: Je später ein Individuum
entsteht, desto schwächer ist seine Deszendenz, um-
so früher müssen die ihm entstammenden Linien zu-
grunde gehen.
Ebendasselbe ergibt sich bei der ins einzelne gehenden
Verfolgung der Deszendenz des akropetal sich entwickelnden
Hauptstammes. Wir wählen hierzu den Hauptstamm von h\
in Tabelle 111. In F.^ erhielten sich durch Autoselektion bei
schlechten Ernährungsbedingungen von den 109 Keimlingen
aus 1 1 Nodien nur 6 Pflanzen {A bis F) und zwar, was aus
der Tabelle nicht ersehen werden kann, aus der unteren
' Die sicii sowohl in lier verschiedenen Keimkraft der Samen ;iis
:uich darin äußert, wie weit diu erwachsenden Keimpflanzen lebens- und t'ort-
pflanzuni^sfiiliis sind.
Fälligkeit der r,inienerhaltung. 4<)7
Hälfte der Achse. In F.^ entwickelten sich daraus fast alle
Keimlinge zu kleinen samenreifen Pflanzen. Die unbedeutende
Reduktion betrifft — man beachte die den /'>Nodien ent-
sprechende Gruppierung der F.j-Individuen aus der Deszendenz
von D mit zwei Nodien und von F mit vier Nodien —
durchaus die oberen Nodien: von D erhielten sich in F^
aus dem unteren Nodiuni vier Pflanzen, aus dem oberen drei;
von F aus dem 1. und 2. Nodium je vier Pflanzen, aus dem
'S. Nodium nur drei, aus dem 4. Nodium erhält sich nichts.
Noch autfälliger wird die Sache in F^ bei Berücksichtigung
der Keimkraft der Samen: Früh keimer finden sich - bei
einem Individuum sogar bis zu 87"/„ — nur noch bei den
Nachkommen von A bis F in größerer Zahl, die Nachkommen-
schaft von F enthält nur mehr ein Individuum mit früh-
keimenden Samen (12%). Dafür lesen wir in der Nach-
kommenschaft von F öfter »geht ein«, was bei A, B, C, D
und E niemals vorkommt, ebenso erscheint die Bemerkung
»ohne Samen« bei einer größeren Anzahl \on Individuen
als in der Nachkommenschaft der anderen Stammpflanzen.
Einige Einbuße an Übersichtlichkeit erleidet die Dar-
stellung durch die Tatsache, daß sich die Deszendenz
eines und desselben Nodiums und, wie ich gleich bei-
fügen will, sogar einer und derselben Kapsel nicht
gleichwertig verhält. So kommt es, daß innerhalb einer
Gruppe, die durch den auf F^ hinweisenden Buchstaben
{A bis F) gekennzeichnet ist, Individuen verschiedener
Lebensenergie und Keimkraft nebeneinander stehen. Am auf-
fälligsten wird diese Tatsache bei den einer Kapsel der
Freilandernte 1912 entstammenden vier f'^ -Individuen aus
Gruppe I (Tabelle \\), von denen in F^ nur noch eines
(Ind. C) durch vollkräftige Exemplare vertreten ist. Es
wiederholt sich somit innerhalb der Nachkommen-
schaft des Nodiums odet" der Kapsel das, was sich
innerhalb der Deszendenz des Individuums, bezie-
hungsweise der Individuengruppe gleichzeitiger Frei-
landernte abspielt: ein beständiges Auftreten von
Individuen, die eine bestimmte Schwächung erfahren,
welctie die weitere Nachkommenschaft früher oder
40,S A. Sperlich, ■.
Später (je nach dem Grade der Schwächung) dem
sicheren Untergange entgeg-enführt. Während aber der
Entstehungszeitpunkt für die Mutterpflanze und für die
einzelne Kapsel an der Stammpflanze mit Sicherheit als
Faktor erkannt werden konnte, der für die Erhaltung der
Deszendenz in der Zukunft ausschlaggebend ist, entzieht
sich der innerhalb einer Kapsei wirksame Zusammenhang
zunächst der Beurteilung vollkommen und wir werden in
einem späteren Abschnitte erfahren, nach welchei" Richtung
ein solcher Zusammenhang gesucht werden könnte.
Wir erinnern uns, daß Vorversuche, von denen einleitend
gesprochen wurde, die durch mehrjährige Reinzucht von
Linien gewonnene Erkenntnis vom Zusammenhange der
Keimkraft der Samen — als eines Ausdruckes der Lebens-
energie des hidividuums — mit dem Orte, beziehungsweise
dem Zeitpunkte seiner Entstehung n i c h t gebracht haben.
Warum sie diese Erkenntnis unmöglich schaffen konnten,
sei noch kurz erörtert. Es ist Tatsache, daß die in der Herab-
setzung der Keimkraft sich äußernde Schwächung einer
Pflanze nicht mit morphologisch erkennbaren Anzeichen der
.Schwächung parallel läuft. Im Gegenteil. Wie f"^ in Tabelle
III und W zeigt, können Individuen, die soweit geschwächt
sind, daß sie keine lebensfähige Nachkommenschaft mehr
zu erzeugen vermögen, unter günstigen äußeren Bedin-
gungen geradezu luxurierend wachsen, ja selbst .Samen zur
Reife bringen, die das gewöhnliche Maß überschi'eiten. Eine
Freilandpopulation besteht nun den Bedingungen entsprechend,
die den einzelnen Pflanzen zukommen und die auf kleinstem
Räume gerade ilicksichtiich der Ernährung für den Pai-asiten
sehr \-erschieden sein können, aus Individuen \"erschiedenster
Lebensenergie oder, wie man sich allgemein ausdrückt, ver-
schiedenster innerer Konstitution. Zwei äußerlich gleich gut
entwickelte Individuen müssen ' durchaus nicht gleicher Kon-
stitution sein, sind es auch meist nicht. Dai^um ist es reiner
Zufall, wie die Vergleichsvverte bei der Prüfung eines be-
stimmten Faktors ausfallen. Die Keimkraft eines vollkrät'tigen
Individuums ist noch in den Seitenachsen eine hohe, ein
äußciiich gleichwertiges, seiner Abstammung nach jedoch
l'iilHLikcit der l.iiiionerlKiltuni^. 409
geschwächtes Individuum desselben Standortes zeigt schon
in unteren Nodien der Hauptachse sehi* bescheidene Keim-
prozente.
Die Frage nach der Ursache der großen individuellen
\'erschiedenheit des Alectoroloplms und seiner Samen hatte
diese Untersuchung xeranlaßt; wir suchten sie ursprünglich
in der \'ermischung von Typen, die eine bestimmte, erblich
konstante Keimkraft besitzen, deren Isolierung eine durch
Jahre durchgeführte Reinzucht bringen sollte. Die Ergebnisse
haben zwar diese Annahme nicht bestätigt, der eingeschlagene
W'eg führte aber, wenn auch nach einer ganz anderen
Richtung, doch zur Beantwortung der Frage.
2. Die Wirkung der Einschränkung in der Samenproduktion
auf die Keimkraft der Samen und auf die Erhaltung der
daraus erwachsenden Linien.
Eine Einschränkung in der Samenproduktion kann aus
inneren Ursachen erfolgen oder durch äußere Umstände
ei-zwungen sein. Unmittelbar ist an Individuen im Freilande
diese Unterscheidung ausgeschlossen. Anders bei den Pflanzen
unserer Versuche. Hier sehen wir aus den Tabellen des
\orangehenden Abschnittes ganz klar, \v\e die Herabsetzung
in der Samenproduktion, sei es durch Unfruchtbarkeit von
Nodien äußerlich schöner Pflanzen, sei es durch Herab-
setzung des individuellen Maßes, nicht anders als die
Reduktion der Keimkraft entwickelter Samen Anzeichen ver-
schiedener Grade von Schwächung des Individuums oder der
betreffenden Linie sind. Ein geschwächtes Individuum wird,
wie nach dem \'orhergehenden nicht anders erwartet werden
kann, wenn es überhaupt noch keimfähige Samen produziert,
unter diesen ein sehr niederes Keimprozent aufweisen. Etwas
ganz anderes hingegen ist es, wenn Angehörige xollkräftiger
Linien, wie solche innerhalb der Gruppe 1 unserer Kultur
zweifellos \ orliegen, durch gewisse Eingriffe daran verhindert
werden, die ihnen überhaupt mögliche .SamenzahP y.v
■• Durchschnittlich bringt eine Kapsel /-ehn Samen zur Eiitw'ickJung.
Daraus ergibt sicii für eine unverzweigte i'flanze mittlerer Größe mit .etwa
Mtzb. d. mathem. -natura. Kl., Abt. I, 128. Ba. 29
410 A. Sperlich,
CFzeugen. Dies kann erreicht werden durch Herabsetzung
des allgemeinen individuellen Maßes bei schlechter Ernährung,,
durch Entfernung von Blüten oder durch mangelhafte Be-
stäubung, wie sie beispielsweise als Folge \on Autogamie
die Regel ist.
Den ersten der eben genannten Eingriffe erlitt, wie-
erinnerlich, die Gesamtkultur in F.,, etwas wenigei' weitgehend
in F.^ (vgl. Tabelle 1 auf p. 390 u. 391). Der Erfolg war ein ganz,
unerwarteter. Die kleinen Exemplare aller vier Gruppen in
/g und die etwas stärkeren Individuen der ersten drei
Gruppen in F.,^ wiesen ein Keimprozent auf, wie es bei
Sammlung im Freilande überhaupt niemals erreichbar wäre.
Individuen mit \olier erstjähriger Keimung, eine in freier
Natur noch nie beobachtete Erscheinung, traten sehr häufig
auf und konnten mich dadurch zunächst bei der Meinung
erhalten, auf dem Wege zur Reinzucht einer vollkeimenden
Rasse zu sein. Heute können wir auf Grund der Erkenntnis,
die im vorhergehenden Abschnitte dargelegt wurde, sagen,
daß die verblüffende Erhöhung des Keimprozentes in sämt-
lichen Gruppen nicht nur eine Folge der alles Schwächliche
ausmerzenden .Autoselektion, sondern auch die Folge der
Reduktion des individuellen Maßes und damit d e i-
Samenproduktion war. Wir können weiter sagen, daß
manche Linie, insbesondere aus der Nachkommenschaft der
späten Ernten des Jahres 1912 sich überhaupt nur deshalb
etwas länger halten konnte, weil durch die Autoselektion
nur das Beste der Generation am Leben blieb und dies in
erzwungen bescheidenen Grenzen. Die Gegenprobe boten
die Verhältnisse, unter denen F^ im Jahre 1916 erwuchs.
Die Erweiterung des individuellen Maßes bis zu mehrfacher
Verzweigung hatte, wie die Tabellen 11, fll und I\' zeigen.
zehn fruchtbaren Nodieii schon eine Produktion von 200 Samen ; bis weit
über tausend steigt die Zahl bei reichverzweigten Individuen. .\m Stand-
orte der Freilandstanimpllanzen meiner Versuche sind E.xemplare mit fünf
.Seitenachsenpaaren nicht selten. Sie stehen an Büschen von Ononis fodens
All. (Form 0. austriaca Beck.) auf nassem Boden und unterscheiden sich
in der Tracht ganz wesentlich von den meist wenig verzweigten Genossen
der angrenxenJen trockenen Wiese.
Fähii;I<c'it der l.inicncihaiUing. 411
sofort eine Reduktion der Keimkraft und. wie ich hinzu-
Kigen will, eine Herabsetzung der individuellen Lebens-
energie der diesen Samen erwachsenden 7^ -Generation (1917)
zur Folge. Selbst bei Gruppe I (vgl. Tabelle II), die, der
frühesten Ernte 1912 entstammend, die kräftigsten Linien
enthält, mehrt sich in F, die Zahl der geschwächten
Individuen, Vollkeimung tritt ausschließlich bei unverzweigten
Exemplaren auf ('vgl. Tabelle 11; h\ von Ind. (' : Ca-q^
und .^J.
Die weiteren Eingriffe, die zur Verminderung der Samen-
produktion des Individuums führen sollten, wurden aus-
schließlich an y^),-Pflanzen der kräftigen Gruppe I im Jahre
1917 durchgeführt und hatten kein anderes Ergebnis. Die im
Winter 1917-1918 und bis Mai 1918 geprüfte Keimung
erreichte ihr höchstes Maß dort, wo während der Vegetations-
periode die Zahl der Blüten oder die Bestäubung reduziert
worden war.
Mit Rücksicht auf den im vorhergehenden Abschnitte
festgestellten Zusammenhang zwischen der Keimkraft des
Samens, beziehungsweise der Lebensdauer der daraus er-
wachsenden Nachkommenschaft und dem Zeitpunkte seiner
Entstehung, der am Individuum durch den Rang des Nodiums
gekennzeichnet ist, sind Versuche von Interesse, wodurch
eine Verschiebung des gewöhnlichen Verhältnisses erzielt
wurde. Solche Versuche können nur mit Pflanzen annähernd
gleicher innerer Verfassung, wie sie mir in der durch ö Jahre
geprüften reinen Nachkommenschaft vorlagen, eindeutig aus-
fallen. Entfernt man bei dem einen von zwei annähernd
gleichwertigen, größeren Individuen die Blüten an den Nodien
der unteren Hälfte, läßt sie unbestäubt verwelken oder
reduziert man ihre Bestäubung, so wird das Keimprozent der
oberen Nodien, selbst des letzten, das sich gewöhnlich
durch zurückbleibende Kapseln kennzeichnet, deutlich, hin
und wieder sogar bis zur Vollkeimung erhöht, während die
unbeeinflußten Pflanzen das bekannte umgekehrte Verhalten
zeigen: unten Vollkeimung oder befriedigende Keim.ung, oben
kleines Keimprozent oder keine Keimung. Ein Beispiel, das
sich auf die Umkehrung des \on früher her bekaiinten Ver-
412
A. Sperlich.
hältnisses zwischen der Hauptachse und den Seiten-
achsen bezieht, sei hier angeführt.
Es handelt sich wieder um zwei hidix iduen aus Gruppe I
(Nachkommenschaft der frühesten Freilandernte im Jahre
1912).
Ind. Nr. 13 1917).
Ind. Xr. 71 (1(117).
Jedes mit einem Seitenzweigpaare, 13 zeigt den Ansatz zu einem
zweiten Paare, das sich jedoch nicht weiterentwickelt; am Hauptstamm beide
zehn blühende N'odien. Erste Blüte bei 13 am S.Juni, bei 71 am 7. Juni, i
I Blüten der Hauptachse mit A u s-
R I ü t e Ti d e r H a u p t a c h s e n I) 1- m a i , , r> i •• ^ j i »
'^ na hmeder Blutendessech Step.
bestäubt. \- j ■ - i » u »■• uv
A o d 1 u m s nicht b e '^ t a u b t
Keimung (geprüft in der Keimperiode 1917— 191Si
Mauptspn.ß: LNud.,")
2. .- 12
3. •■ 16
4. \r,
;").: => ■ 4
8. 1
iL 7
10. unfruchtbar
12
16
17
4
3
Seitenachse .1:. 1. » 5
3.
4
6. »
r.7
nicht
entwickelt
nicht bestäubt
8 : .s
, nicht bestäubt
unfruchtbar
4 : 4
8 ; 7
9 : 6
4 : 4
4 : 4
^ Die verhältnismäßig späte Blühreife erklärt sich aus den unge-
wöhnlichen klimatischen Verhältnissen des Frühlings 1917. Der lange Nach-
winter ' gestattete das Ei^scheinen der meisten Keimpflänzchen ' über dem
Boden -erst mit -Mitte April. Am Freilandsstandorte beobachtete ich- den
ersten Keimling am 24. März.
Fiiliigl^eit der Linienerhaltiiiig.
4i:i
Seitenachse /)': l.Xod.
4.
: unfrLichtbar
I nicht
f entwickelt
S. » j
y uiitVuchtba
8 : 8
9 : 9
4 : 4
2 : 0
Summe. . S2 : 74 (:90'J,„) 60 : .14 (90 '»y)
Die Keimkraft der Samen ist bei beiden Pflanzen die-
selbe, obwohl die Samen von 13 größtenteils der Haupt-
achse, die Samen von 71 größtenteils den Seitenzweigen
entstammen. Die Wirkung der fruchtbaren und besonders in
den mittleren Nodien sehr ertragreichen Kapseln des Haupt-
stammes von 18 auf seine Seitenachsen wird durch den
X'ergieich mit der Entwicklung und Leistung der Seiten-
achsen von 71 sehr augenfällig.
Freilich erreicht 71, absolut genommen, nicht die Samen-
zahl von 13. Und in dieser Beziehung sind, wie ich bei
vollkräftigen Individuen deutlich feststellen konnte, die Nodien
verschiedenen Ranges nie ganz gleichwertig. Dies gilt nicht
nur für die Seitenachsen gegenüber der Hauptachse, sondern
auch für die einzelnen Nodien jeder Achse. In der Regel
liefern bei äußerlich gleicher und entwicklungsgemäß fort-
schreitender Bestäubung das erste Nodium oder die ersten
zwei und die obersten Nodien niemals den Samenreichtum
der mittleren, was auch an 13 deutlich bemerkbar ist. Es
hängt dies jedenfalls damit zusammen, daß schon die Blüten
nicht gleichwertig sind. Äußerlich drückt sich dies häufig
durch die reduzierte Gestalt und durch die relativ geringere
Pollenmenge aus. Die ersten und letzten Blüten der Achse
sind zudem nicht selten entwicklungsunfähig und verharren
auf dem Stadium einer sich weiter nicht vergrößernden,
etwa stecknadelkopfgroßen Axillarknospe. ^ Inwieweit diese
1 Wird auch diese nicht ausgebildet, so treten bei verzweigten
Individuen an der Hauptachse die sogenannten Interkalarblättor in Er-
scheinung, d. h. Blatter ohne Achselblüte, die zwischen der obersten Ver-
zweigung und dem terminalen Blütenstande liegen.
414 A. Sperlich.
Ungleichvvertigkeit, die zweifellos mit der Änderunt; der
inneren Konstitution während des Individiiallehens^ zusammen-
hängt, sich durch äußere Eingriffe beeinflussen läl.lt. müßte
zum Gegenstande einer eigenen Untersucliung gemacht
werden. .Soviel ich an meinem Material nebenbei bemerken
konnte, spielt das Licht bei den untersten Nodien eine
wesentliche Rolle. -
Von diesem Unterschiede, dessen völlige Aufklärung wir
uns zunächst versagen müssen, abgesehen, zeigen alle durch-
geführten Versuche eindeutig denselben Zusammenhang. Bei
nicht völlig fbis zur Unfruchtbarkeit) geschwächten Individuen
hat eine Reduktion der Samenerzeugung — gleichviel, auf
welche Weise erreicht — eine Erhöhung der Keimkraft zur
Folge. Diese kann bei vollkräftigen Individuen bis zur \'oll-
keimung gesteigert \\'erden. Jedem Individuum kommt somit
nur ein bestimmtes Maß kemifähiger Samen zu; werden
über dieses Maß hinaus Samen erzeugt, so keimen sie spät
oder gar nicht. Hierbei spielt der Rang der Kapsel, wie wir
eben sahen, erst in zweiter Linie eine Rolle. Wenn für
gew()hnlich Nachkommen aus höheren Nodien oder \-(>n
Seitenachsen sowohl hinsichtlich der Keimkraft als auch hin-
sichtlich der individuellen und phyletischen Lebensdauer zurück-
stehen, so hängt dies damit zusammen, daß bei entwicklungs-
gemäßer Bestäubung und Befruchtung der Blüten das gegebene
Maß sich in den ersten Früchten erschöpft. Es geht weiter
hervor, daß erstjährige Vollkeimung immer nur bei
Individuen zu erwarten ist, die 1. selbst einer fi'ühen
Ernte entstammen und deren Aszendenz Jahr für
Jahr aus frühen Nodien erwuchs, die aber überdies
2. ein bestimmtes Maß in ihrer Indi\idualen twicklung
nicht überschreite n. "'
1 Bei der praktischen Samenwabl der Kulturpllanzen wird die Mitte
des Fruchtstaiides (Kolben, Ährei schon längst bevorzugt.
- Über den Kinfluß des T.ichtes auf die Keimung der Samen aus diesen
Nodien später.
■' Über einen I'all allgemein erhöhter K'eimkrafl bei sonst vorwiegend
sterilen Pflanzen von Venniicci üfui^i^üiJ/is berichtet schon Kinzel (Licht-
keimung, Ber. d. D. B. G. 27, 1909. p. ,')87). ohne darauf näher einzugehen.
Kiihigl'Ceit der I.iiiiunerlialtung. 415
Wie erinnerlich, hatte ich durch Vorversuche ermittehi
wollen, ob die Kntfernung ^•on Kapseln eine Erhöhung der
Keimkraft der verbleibenden Samen zur F'olge hat. Die
betreffenden \'ersuche konnten, abgesehen von der damals
noch mangelnden Einsicht in die verschiedene innere Be-
schaffenheit der Einzelindividuen, schon deshalb zu keinem
■befriedigenden Resultate führen, weil der Eingriff zu einem
Zeitpunkt erfolgte, da er nicht mehr wirksam ist. Die Ent-
fernung schwellender Kapseln hat auf die Keimkraft
der xerbleibe.iden Samen gar keinen Einfluß. Damit
steht fest, daß die bedeutenden stofflichen \'orgänge beim
Wachstum und bei der Reife des Samens vo.t einem genauer
nicht feststehenden Zeitpimkte nach der Befruchtung an für
den ( irad der Keimfähigkeit nicht ausschlaggebend sind,
das Schicksal des Samens sich vielmehr spätestens
bei der Befruchtung selbst oder etwas nachher ent-
scheidet.
3. Die Deszendenz spät keimender Samen.
Bisher haben wir uns bei allen \'ersuchen ausschließlich
mit Individuen beschäftigt, die erstjährig keimenden Samen
erwacnsen waren. Wir erkannten aus der vergleichenden
Betrachtung der Keimergebnisse von h\ in den Tabellen 11
bis IV (p. 3'i8 bis 408), daß der Keimx'erzug, das ist bei unserer
Ptlanze mit ihrer festen unabänderlichen Keimperiode die
Keimimg im zweiten oder erst im dritten Jahre nach erlangter
Reife, nicht anders als die Keimunfähigkeit ein Zeichen der
Schwächimg des Samenträgers oder seiner Aszendenz ist.
Ist dies richtig, so kann ein Spätkeimer und dessen Deszendenz
niemals Keimverhältnisse eines Frühkeimers aufweisen, muß
vielmehr schon selbst oder aber sicher in seiner nächsten
Nachkommenschaft zugrunde gehen. Schon anläßlich der
Besprechung der eben herangezogenen Tabellen machte ich
auf die Tatsache aufmerksam, daß zweijährig keimende
Samen größtenteils Keimlinge liefern, die sehr bald nach der
Keimung absterben und nur selten überhaupt ans Tageslicht
gelangen. Zudem ist bei länger ruhenden Samen der Keimungs-
416 A. Speilich,
Vorgang selbst häufig ein ganz abnorniciler: stau des
VVürzelchens durchbrechen zunäclist die Kotyled(MTen nach
völliger Erschöpfung des Nährgevvebes die Hülle, die Streckung
bleibt auf den Hypokotyl beschränkt, die Hauptvvurzel stirbt
gleich ab. Vereinzelt können indes auch Spätkeimer noch
prächtig 'gedeihen und es bei günstigen äußeren Bedingungen
zu stattlichen Pflanzen mit reicher Samenproduktiün bringen.
Das Keimprozent dieser Samen ist aber dann stets ein
klägliches, die Nachkommenschaft nicht .lebenskräftig. Solche
Spätkeimer mit luxurierender Individualentwicklung zeigen
aufs deutlichste die schon früher betonte Tatsache, dal.! sich
die phjdetische Schwächung im Individuum selbst durchaus
nicht zu offenbaren bi'aucht, vielmehr alle jene Teilprozesse
im Plasma, die der vegetativen Sphäre angehören, noch recht
kräftig und unbehelligt an der Arbeit sein können. Und
darin liegt die Haupt Ursache für die verworrenen
Keim Verhältnisse einer Rohernte in freier Natur.
Es seien zur Erläuterung zwei Stammbäume von Spät-
keim ern beigefügt.
.4.
Vier Kapseln der 3. Freilandernte 1912 ,21. Juni): 30 Samen.'
Hieraus im Frühjahr 1913; 2 Keimlinge, - gehen ein,
1914: 3 ■> -- daraus entwickeln sich
bei günstigen äußeren Bedingungen zwei schöne Pflanzen mit je einem
Seitenzweigpaare; die Hauptachse mit zehn blühenden Xodien.
Ind. Xr. XV /'
liefert 3-1 Samen aus ,") Xodien.
Ind. Xr. Wa (1914)
liefert 37 .Samen aus 7 Xodien.
Seitenachsen ohne Samen.
Keimung 1917): 37 : 24 ; :!4 : 17
Es entwickeln sich 11 Pflanzen, i 7 Pflanzen.
hiervon 10 samenliefernd. ! sameniieternd
Gesamternte: 59 Samen i 7 Samen
Keimung 1916: 59 : 0 2 7:0-
1^ Die Kapseln stammen von der unteren Hiilfte eines Haupt sprosses
Die schlechte Keimung der Samen und die Beschaffenheit der Xachkommen-
schaft zeigt an, wie geschwächt das Individuum des Freilandes trotz seiner
äußerlich guten Entwicklung schon war.
2 Wenn von den Samen des Jahres 1914 nicht einzelne nnch lehensfähigc
Spätkeimer waren, was nicht untersucht wurde, so sind die Linien ausgestorben.
Von den Samen des Jahres 1915 starben die meisten im ersten Jahre, der
Rest im zweiten Jahre nach der Reife, und zwar stets vor der Keimung ab.
''iiliij^keit der l.inicnerliallung. "tW
B.
Aus der Xaclikommeii.scliaft des lU. Nodiums einer kräftigen Freiland-
ptlanze 1913 mit drei Seitenzweigpaaren, dessen Samenkeimung 1914 noch
keine Schwächung verriet. Hrnte : 4. Juli.
F (^1915) Ind. Nr. 278 am Hauptstamme zehn blühende Nodien, zwei
Seitenzweigpaare) liefert 48 Samen aus fünf Nodien; die obere Hälfte des
Ilauptsprosses und die Seitenachsen erzeugen keine Samen.
Keim Uli- 1916 < erstjährige Keimung): l.N: 1:0; 2. N: 15 : 4;
:?. X : 13 : •); 4. X: 19 : .">. Kein Keimling erreicht die Samenreife.
Keimung 1917 (zweitjährige Keimung): 1. X: ü; 2. N: lä : 1 ;
3. X: 13:3; 4. X : 19:3. Daraus entwickeln sich vier Pflanzen, hiervon
erreiciien die Samenreife:
Ind. Xr. 441 und Ind. Xr. 444,
am llauptsproß sechs blühende ' zwergiges, unverzweigtes Exemplar,
Nodien, zwei reich blühende Seiten- ' mit drei blühenden Nodien.
zweigpaare.
Krnte: vom Hauptsproß 75 Samen. 14 Samen
von den Seitenaehsen 84
Keimung 191S
77) : :iG, 84 : (» . j 14 : 14
Sämtliche Keimpflanzen gehen ein.
Aus den vor.stehenden Zu-sammenstellungen geht die
geringe Erhaltungsmöglichkeit von Spätkeimern und deren
Nachkommen hervor; sie zeigen überdies, wie in vereinzelten
Fällen (Ind. Nr. XVa und b, Ind. Nr. 441) innerhalb der
Grenzen des Individuums noch eine kräftige Lebens-
entfaltung, allerdings nur bei optimalen äußeren Bedingungen,
möglich ist, gleichsam ein letztes Aufflackern vor dem sicheren
Untergange der Linie.
Durch günstige äußere Bedingungen, insbesondere durch
kräftige Ernährung, läßt sich, wie wir eben sahen, bei ein-
zelnen Exemplaren aus einer im ganzen geschwächten Linie
noch eine schöne Individualentwicklung erzielen, eine Er-
höhung der Erhaltungsfähigkeit indessen über das individuelle
Maß hinaus ist hierdurch nicht oder mindestens nicht sehr
weitgehend möglich. Es lag die Frage nahe, ob dies erreicht
werden könnte, wenn derart kräftig entwickelte Spätkeimer
4I(S A. Spei-lich,
mit dem Pollen vollwertiger Frühkeimer belegt würden. Da,
wie wir aus dem vorhergehenden Abschnitte wissen, die
Entscheidung über Keimkraft und weitere Schicksale eines
Samens spätestens bei der Befruchtung oder nur etwas
später, jedenfalls aber vor der sichtlichen Schwellung des
Fruchtknotens fällt, sollte hierdurch festgestellt werden, ob
die Befruchtung selbst an der durch die Aszendenz gegebenen
Konstitution des Individuums noch etwas zu ändern imstande
ist oder nicht. Dasselbe Ziel wäre in negativer Richtung
durch Bestäubung eines vollwertigen Frühkeimers mit dem
Staube eines Spätkeimers denkbar. Nun hat aber die Aus-
führung entsprechender Versuche auf breiter Basis die
Schwierigkeit, daß gleichzeitig eine größere Anzahl von Spät-
keimern annähernd gleich guter Entwicklung niemals zur
Verfügung steht. Solche Pflanzen sind eben, wie aus dem
früheren hervorgeht, in der Gesamtkultur eines Jahres ver-
einzelte Erscheinungen. Die betreffenden A'ersuche mußten
daher zur Gewinnung von Vergleichswerten derart durch-
geführt werden, daß von den Blüten eines Späti>:eimers die
Hälfte mit Pollen eines bestimmten kräftigen Frühkeimers,
die andere Hälfte mit eigenem Pollen belegt wurde. Völlig
einwandfrei sind diese \'ersuche mit Rücksicht auf die
bekannte Ungleichwertigkeit von Kapseln verschiedenen Ranges
freilich nicht. Das Ergebnis sowohl dieser Kreuzungen als
auch der Umk^hrung, deren Ausführung im Materiale keine
Grenzen gezogen sind, war durchaus eindeutig: soweit bisher
festgestellt werden konnte, ändert der Pollen einer Pflanze
von anderer innerer Verfassung an der Keimkraft eines
Individuums nichts, weder im positi\'en noch im negativen
Sinne. ^
Das folgende Beispiel, das sich auf das schon oben
herangezogene Ind. Nr. 441 Ü917) bezieht, wirkt deshalb
besonders überzeugend, weil die Blüten der im allgemeinen
bevorzugten unteren Nodien mit dem Pollen eines Früh-
1 Mit liiücksicht auf die Bedeutung dieser l'iage, auf die ich im
theoretischen Teile noch zurückkommen werde, sind jedoch erneute Versuche
mit einer größeren Zahl von Spätkeimern unbedingt notwendig.
Fähigkeit dcv i.inienerlKiilung. 41 J
keimers, die Blüten der allgemein benachteiligten oberen
Xodien mit eigenem Pollen belegt wurden und trotzdem an
Keimkraft die unteren übertrafen.
Mit Pnllcn des Frühkeimc rs am Kl. .] u n i
bestäubte Blüten: 2. Nod. (1 BUite) Einte 12 Samen. Keimung 1918 : 1
3.
M i t eige n e m Pollen
bestäubte Blüten: 4.
6.
(! Blüte»
11
(2 Blüten,) »
13
(2 Blüten) >
14
(2 Blüteni •
l(i
(1 Blutet
9
13
Summe: 75 Samen, Keimung 1918
i>ie Keimlinge entwickelten '-ich bekanntlicli durchwegs schlecht.
Wenn man beachtet, daß die Samenernte der unteren
Nodien, wovon jede.s nur eine Blüte zur Entwicklung
brachte, sich nahezu auf der Höhe der oberen Nodien mit
Je zwei Blüten hält, so ist ohneweiters klar, daß der Pollen
des gewühlten Frühkeimers sehr wirksam war, es demnach
an der Bestäubung selbst gewiß nicht gefehlt hat.
Es sei schließlich noch die Frage kurz erörtert, ob es
Samen gibt, die freiwillig erst im dritten Jahre nach der
Reife keimen. Daß die Samen von Aledorolophus noch im
dritten Jahre nach der Reife ihre Keimkraft bewahren, ist
bekannt;* fraglich erscheint es aber, ob seit der Reife kon-
tinuierlicli unter normalen Keimungsbedingungen gehaltene
Samen erst nach einer freiwilligen Ruhe von über zwei
Jahren sich innerhalb der feststehenden Periode zur Keimung
anschicken und ob Keimlinge aus solchen Samen noch
lebensfähig sind. Obwohl ich die erste Frage nicht rundweg
verneinen möchte, so kann ich doch sagen, daß mir unter
den vielen tausend Samen kaum ein Same mit einer frei-
willigen Ruhe von über zwei Jahren untergekommen ist.
X'erpaßt ein Same, der noch im zweiten Jahre nach der
Reife lebt auch das zweite Frühjahr, so stirbt er spätestens
im Sommer oder im Herbste ab. Ausgeschlossen jedoch
scheint mir nach aller Erfahrung mit Spätkeimern die Lebens-
^ Vgl. Heinricher, Die grünen Halbschmarotzer II. p. 413 und 414.
420
A. S p e r 1 i c h ,
oder gar Fortpflanzungsfähigkeit von Individuen, die solchen
Samen noch erwachsen sollten.
Anders verhält sich die Sache bei Samen, die eine Zeit
lang gezwungen ruhten. Erfolgt der Anbau beispielsweise
nicht im Jahre der Reife, sondern erst im nächsten Jahre zu
. einer Zeit, da die erste Keimperiode schon abgelaufen ist,
so ist es begreiflicherweise möglich, daß Spätkeim er erst
im dritten Jahre nach der Reife erscheinen. Erfolgt aber der
Anbau erst nach Ablauf von zwei Keimperioden, so können
auch die Frühkeimer nicht eher als im dritten Jahre nach
der Reife erwartet werden.
Die Keimfähigkeit der Samen hält sich auch bei
erzwungener Ruhe, wie sie sich durch trockene Aufbewahrung
ergibt, nicht gleich lange; es kommt vielmehr auch in dieser
Hinsicht darauf an, in welcher Verfassung sich das samen-
tragende Individuum befand. Je geschwächter dieses, um so
kurzlebiger im allgemeinen seine Samen. Die folgenden
Beispiele zeigen das Schicksal von Samenproben der Ernte
1915, die von Individuen bekannter innerer \'erfassung
stammen und zur Prüfung der Erhaltung der Keimkraft bei
erzwungener Ruhe erst nach Ablauf von zwei Keimperioden
(d. i. 1915 16 und 1916/17) am 28. Mai 1917 angebaut
wurden.
.4. Von keimkräftiuen Indix'iouen:
I , X, Gleich bei der
Ind. Nr. ,. ,, ,, ,
/tqtr\ ' Samen yiiellung als
^ ^ ^^' ' tot befunden
Im Keimbett
vor der
Keimung
abgestorben
Keimlinge in
der Keim-
periode
1017-1918
251
262
16
3
0
0
1
1
I
3
6
4
Fälligkeit der Linienei'liallunn. 421
B. Von geschwächten Individuen:
„,.,,., Im Keimbett Keunlmi^e
, , ^, , Gleich bei der , . , ^
Ind. Nr. ,-. ,-w n , vor der m der
/inir\ Samen Quellung als ., . ,. . . ,
(1915) .^ . f °j Keimung Keimpenode
abgestorben 1917—1918
252 a 6
252 /' 14
Es ist ohnevveiters verständlich, daß bei dieser Sachlage
Angaben in der Literatur möglich sind, die besagen, daß die
Samen von Alectorolopliiis ein längeres Trockenliegen nicht
vertragen. Bekommt der Experimentator zufällig in freier
Natur größtenteils Individuen von der \'erfassung der Gruppe B
in die Hände, so ist diese Beurteilung unvermeidlich.^
4. Die Ungleichwertigkeit der Samen einer Kapsel oder
eines Nodiums.
Herabsetzung der Samenkeimkraft, die sich durch Keim-
verzug und Keimungsunfähigkeit äußert, lernten wir im Vor-
hergehenden als Grade der Schwächung eines Individuums
kennen, das dessenungeachtet, rein äußerlich betrachtet, noch
die volle Entfaltungsmöglichkeit seiner vitalen Potenzen be-
sitzen kann, wie sie sich vorzüglich durch ein auf kräftiger
Ernährung beruhendes Wachstum, durch Produktion zahl-
reicher Blüten und von reservestoffreichen Samen offenbaren.
Erst in der Nachkommenschaft solcher Individuen gesellt sich
bald bei den Kindern, bald bei Enkeln oder noch später eine
offenkundige Herabsetzung der individuellen Entwicklungs-
möglichkeit hinzu, die entweder durch das Absterben nach
der Keimung und in der rein vegetativen Periode oder durch
die mangelhafte Entwicklung der Makro- und Mikrosporen
1 So beispielsweise bei M. L. G a u t i e r, Sur le parasitisme du
Mdampynim pratense (Revue generale de Bötanique, 20, 1908) ; bezüglich
Rhinonthus richtiggestellt durch' Heinricher (Die grünen Halbschrnarotzer
V, p. 282 bis 283).
422 A. Sperlich,
oder aber durch ein allgemeines Zurückbleiben in allen Maßen
trotz günstiger äußerer Bedingungen, also durch ausge-
sprochenen Nanismus, in Erscheinung tritt. Die Ausprägung
der genannten Schwächungsgrade ist abhängig vom Zeit-
punkte der Entstehung des Individuums und seiner Vor-
fahren oder, was auf dasselbe hinausläuft, von der Rang-
ordnung der betreffenden samenliefernden Fruchtkapseln. Die
Ausprägung und deren A b h ä n g i g k e i t w i r d um s o a u f-
fälliger, je mehr die Fähigkeit der Erzeugung lebens-
kräftiger Linien — hierfür wähle ich den Ausdruck
phyletische Potenz - hinter der Entwicklungsfähigkeit
des Individuums, den im Rahmen des E i n z e 1 1 e b e n s
sich offenbarenden Potenzen, zurückbleibt oder je
weiter die Differenz zwischen innerer Verfassung
und äußeren Maßen klafft.
Während sich die Abhängigkeit der phyletischen Potenz
bestimmter Individuen von dem Zeitpunkte ihrer Ent-
stehung mit aller Gewißheit aus den kultivierten reinen
Linien ableiten ließ, stößt, wie schon einmal hervorgehoben
(p. 407 u. 408), die Tatsache, daß sich die einzelnen Samen einer
und derselben Kapsel oder deren Nachkommen verschieden
N'erhalten, daß unter Umständen einzelne Samen eines älteren
Nodiums sich minderwertiger zeigen als Samen eines jüngeren,
zunächst auf Erklärungsschwierigkeiten. Auch diese Unter-
schiede werden um so auffälliger, je weiter die innere
Schwächung des Individuums gediehen; sie treten bei stark
geschwächten schon bei der Keimung ihrer Samen, bei
weniger geschwächten erst in deren unmittelbarer oder späterer
Nachkommenschaft in Erscheinung. So wurde beispielsweise
(siehe Tabelle II auf p. 398 u. 399) der Unterschied zwischen den
vier i-'j-lndividuen, die derselben Kapsel der ersten Freiland-
ernte 1912 erwuchsen, erst in F^ recht auffällig, nachdem
sich allerdings schon in F.. Anzeichen von Differenzen
bemerkbar gemacht hatten. Es seien im folgenden zunächst
zur Vervollständigung des Bildes Fälle, bei denen die ver-
schiedene innere Verfassung der Samen einer Kapsel schon
bei diesen selbst und ein Fall, bei dem sie an der weiteren
Entwicklung der Keimlinge zum Ausdruck kommt, vorgeführt.
I"ähif<keit der Linienerhaltung. 423
Keimungsbeginn der Samen eines Individuums aus kräftiger Linie
(nach wöchentlicher Beobachtung in der Keimperiode 1917 IHi.
Ind. Nr. 28;") (1917\ unverzweigt, mit neun blühenden Nodien, 1. Blüte am
8. Juni, Selbstbestäubung entvvicklungsgemäß.
1. Nnd. '1 Blüte I 3 Samen;!
es keimen am 11. Jänner: 1, am 18. Jänner: 1 , zusammen 2
2. Nod. (2 Blüten) 10 Samen; es keimen
am 31. Dezember: 2, am 11. Jänner: 5, am 18. Jänner: 2, » 0
3. Nod. (2 Blüten) 1 1 Samen ; es keimen
am 18. Dezember: 1, am 11. Jänner: .">, am 18. Jänner: 4, > lU
4. Nod. (2 Blüten' 12 Samen; es keimen am 31. Dezember: 3,
am 11. Jänner.: 7. am 18. Jänner: 1, am 25. Jänner: 1, > 12
5. Nod. (2 Blüten) 9 Samen; es keimen
am 31. Dezember: 2, am 11. Jänner: 7, » 9
6. Nod. (1 Blüte) 3 Samen; es keimen
am 31. Dezember: 1, am 11. Jänner: 2, > 3
7. bis 9. Nod. die Blüten sind unfruchtbar.
Von • 48 Samen keimten 45
Keimungsbeginn der Samen eines Individuums aus einer geschwächten
Seitenlinie. 2
Ind. Nr. 134 (1917). unverzvveigt, mit sieben blühenden Nodien, 1. 'ilüte am
12. Juni, Selbstbestäubung entwicklungsgemäß.
1. Nod. (1 Blüte) Pollen unwirksam
2. Nod. (1 Blutet 2 Samen; es keimen
am 11. Jänner: 1, am 2."). Jänner: 1, zusammen 2
3. Nod. (1 Blüte) 4 Samen; es ktimen
am 31. Dezember: 2, am 25. Jänner: 1, am 1. Februar: 1, » 4
4. Nod. (1 Blüte) 3 Samen; es keimen
am 25. Jänner: 1, am 1. Februar: 1, am 10. März: 1, > 3
5. Nod. (1 Blüte) 8 Samen; es keimen
am 11. Jänner: 2, am 18. Jänner: 3, am 25. Jänner: 3, > 8
6. Nod. (1 Blüte) 8 Samen; es keimen am 31. Dezember: 1,
am 18. Jänner: 3, am 25. Jänner; 1. am 1. Februar: 1,
am 8. Februar: 1, > 7
7. Nod. (1 Blüte') Pollen unwirksam
Von 25 Samen keimten 24
1 Die Blüte des I . Nodiums ist sehr geschwächt, vgl. die Auseinander-
setzung auf p. 413.
'•^ Die Außenbedingungen waren sowohl für die Entwicklung der
Mutterpflanze als auch für die Keimung der Samen dieselben.
424 A. Sperlich,
Ein bei Erdkultur nicht wahrnehmbarer Unterschied der
Samen bezieht sich auf das Datum ihres Keimungs-
beginnes innerhalb einer Keimperiode, hi dieser Beziehung
zeigen sich Samen \'olll-cräftiger hidixiduen ziemlich gleich-
wertig, während Samen geschwächter Individuen oft weit
auseinandergehen, auch wenn sie derselben i\apsel ent-
stammen. So im voranstehenden Beispiele.
Obwohl in beiden Eällen das Keimprozent ungefähr das-
selbe ist, zeigt sich die Schwächung des Ind. Nr. 134 gegen-
über 285 am späteren Keimungsbeginn xieler Samen und
besonders am weiten Auseinanderliegen der .Keimungsdaten
(man beachte das 4. und 6. Nodium) der Samen einer
Kapsel ganz offenkundig. Auch in dieser Beziehung läßt sich
indes durch Herabsetzung der Samenproduktion Wandel
schaffen genau so, wie es rücksichtlich der Erhöhung des
allgemeinen Keimprozentes in einem früheren Abschnitte
besprochen wurde.
Ind. Nr. 73 (1917) gehört der weiteren Verwandtschaft
\'(m 134 an, ist wie dieses unverzweigt, öffnet die ei'ste
Blüte am 12. Juni und hat gleichfalls sieben blühende Nodien,
von denen jedoch Nodium 3 bis 7 der in Entwicklung be-
griffenen Blüten beraubt wurde. Das Ergebnis dieses Ein-
griffes rücksichtlich der Samenkeimung ist folgendes:
1. Nod. (2 Blüten) 7 Samen: es keimen am 27. November: 6,
am 31. Dezember: 1,
2. Nod. (1 Blüte) 3 Samen: es keimen am 1<S. Dezember: 3.
Mit dem 27. November ist das früheste Keimungsdatum
dieser \'ersuche erreicht. ^ Die Erhöhung der Keimkraft, die
sich hier durcii Erhöhung der Keimungsgeschwindigkeit
offenbart, ist augenfällig.
Verspätet keimende Individuen bleiben in ihrer ganzen
Entwicklung zurück; so erscheinen hin und wieder zwischen
vollblühenden Exemplaren einer Kapseldeszendenz sogar noch
im Mai verspätete Nachzügler über der Erde.
Die innere \'erschiedenheit der Samen einer Kapsel muß
sich aber nicht gleich bei der Keimung (offenbaren, sondern
1 Von abnorm frühen Koimungen \v\yd später die .Rede sein
l'iihij^koit dci- I.inicncrlialtung. 425
tritt iit't erst während der Entwicklung dei- Keimpflanzen in
Erscheinung. Auch hierfür ein l^eispiel;
Von den 10 Samen des 11. Nodiums von Ind. Nr. 159
{1917) kräftiger Aszendenz keimten 8 am 31. Dezember 191 7.
1 am 4. Jänner 1918, 1 Same in dieser Periode überhaupt
nicht. 7 Keimlinge vom 31. Dezember wurden sofort nach
der Revision aus der Keimschale in einen entsprechend vor-
bereiteten Topf mit zentraler Grasnarbe verpflanzt, was mit
vielen anderen keimenden Samen anderer Herkunft, die uns
hier nicht weiter beschäftigen sollen, in gleichet Weise
geschah. Die Töpfe kamen ins ungeheizte und größtenteils
frostfreie Südxersuchshaus des Institutes, wo sich die Pflanzen,
vor direkter Sonnenbestrahlung geschützt, bis zur Samenreife
entwickelten. \'on diesen sieben gleichen Bedingungen aus-
gesetzten Keimlingen annähernd gleichen Keimungsbeginnes
erschienen 4 am 12. Februar 1918, 1 am 24. Februar und
2 sogar erst am 10. März über der Erde. Die weitere ver-
schiedene Entwicklung ist aus Fig. 1, Tafel 1 ersichtlich,
die eine am 31. März erfolgte photogi'aphische Aufnahme
Aviedergibt. Hierzu sei beiläufig noch folgendes bemerkt;
Jeder Beschauer der Kultur, der die Vorgeschichte der
Pflanzen und die Tatsache nicht kennt, daß es sich um
Geschwister handelt, wird xxrsucht sein, die \erschiedene
Entwicklung ausschließlich auf die verschiedene Ernährung
der Parasiten zurückzuführen. Die weitgehende Abhängigkeit
der morphologischen Ausbildung dieser Pflanzen vom (irade
der Ernährung ist ja aus Heinricher's umfangreichen Ver-
suchen allgemein bekannt. In der Tat haben von den sieben
Pflanzen nur fünf den Wirt ei-faßt, die zwei kleinsten nicht:
aber nicht, weil ihnen etwa durch die Konkuri'enz der
Geschwister die Möglichkeit hierzu genommen wurde, sondern
weil sie^ den Wirt infolge ihrer geschwächten inneren \^ei"-
fassung nicht auszunützen vermochten. Um diesen Tat-
bestand zu bekräftigen, habe ich die am gleichen Tage auf-
genommenen Kulturen Fig. 2, Tafel I und Fig. 3, Tafel tl
beigefügt. W'ir sehen in F'ig. 2 vier auf annähernd gleicher
Stufe wie die zwei kleinen Pflänzchen von Fig. 1 .stehende
Individuen anderer Herkunft, hier ohne Konkurrenz rnit
Sitzb. d. mathijin.-natur'.v. KL, Abt. I, 128. Bd. '■!>'
42() A. Speiljch,
kräftigeren Genossen bei gleich guter Entwicklung des Wirtes.
Diese erscheinen gegenüber jenen übrigens noch geschwächter,,
wenn man bedenkt, daß sie die Überlebenden von sieben
Keimlingen sind und nur ihrer zwei zur Blüte kamen. Ebenso^
zeigt Fig. 3 die verschiedene Entwicklung zweier Geschwister
ohne Kampf um den nährenden Wirt.
Der Vollständigkeit halber soll noch das weitere Schicksal
der sieben Geschwister in Fig. 1 kurz verzeichnet werden.
1 erblühte am 25. April, II am 3. Mai, III am 5. Mai, i\' am
8. Mai (V wurde entfernt), VI am 23. Mai und VII am
25. Mai. ^ I lieferte 45 Samen aus 5 Nodien, II 18 Samen
aus 2 Nodien, III 12 Samen aus 2 Nodien, IV 7 Samen
aus 2 Nodien, VI 3 Samen aus 1 Kapsel, VII 3 vSamen aus
2 Nodien.
Gilt für die innere Verschiedenheit der Samen einer
Kapsel oder eines Nodiums, bei denen sich, wie wir eben
sahen, die Verhältnisse des Individuums oder einer Individuen-
gruppe im Kleinen wiederholen, auch der Zusammenhang
mit dem Zeitpunkt der Entstehung wie für das Samen-
material des ganzen Individuums oder der ganzen Gruppe- —
Denkbar ist der Zusammenhang immerhin. Wir können an-
nehmen, daß von den Pollenschläuchen nicht alle gleichzeitig
ihr Ziel erreichen, wobei individuelle Verschiedenheiten eine
ebenso große Rolle spielen könnten wie die Tatsache, daß-
der Weg zu den einzelnen Samenknospen ein \erschieden
langer ist. Sind ja oft, rein äußerlich betrachtet, die der
Griffelbasis genäherten Samen größer, also besser ernährt als
die tiefer liegenden. Damit wäre aber noch nicht aufgeklärt,
warum Samen höherer Nodien, für die im allgemeinen eine
spätere Entstehung anzunehmen ist, oft innerlich kräftiger
sind als Samen tiefei-er Nodien. Einen Ausweg böte die
Annahme, daß der im unteren Nodium wirksame Pollen teil-
weise später Schläuche trieb, die Schläuche träger wuchsen
und dementsprechend langsamer ihr Ziel erreichten als die
1 Also genau um ciiiL-n .Monat gegenüber dem kräftigsten Naclilo>nniien
verspätet.
l'"ahigl<eit der Liniciieilialtuiii;. 42/
Schläuche des meist in einem Zeitabstande von 24 Stunden
auf die Narben des höheren Nodiums gebrachten Staubes;
hierbei könnte zudem die Länge des Griffels, die im Zeit-
punkte der Pollenkeimung nicht bei allen Bliiten dieselbe ist,
eine gewisse Rolle spielen. Bei diesen Gedankengängen ist
durchaus vorausgesetzt, daß jedem Individuum ein
bestimmtes Maß phyle tischer Potenz zu eigen ist,
das sich in den e r s t e n t vv i c k e 1 1 e n N a c h k o m m e n
größtenteils ei-schöpft und an die späteren immer
sparsamer verteilt wird. Der positive Effekt, der durch
die Herabsetzung der Samenproduktion, sei es durch Reduktion
in der Entwicklung des Individuums, sei es durch irgend-
welche Verhinderung an stärkerer Samenbildung bei großen
Exemplaren, ausnahmslos erzielbar ist, die korrelati\'e Ver-
schiebbarkeit der inneren Verfassung bei Samen tieferer
und höherer Nodien, bei Samen der Haupt- und Neben-
achsen bilden die tatsächliche Grundlage für diese Voraus-
setzung, die sich auch ri^icksichtlich der relativen VVert-
bestimmung von Samen eines bestimmten Nodiums, wie der
oben mitgeteilte Versuch mit Ind. Nr. 73 gegenüber 11^)4 zeigt,
bewährt hat. Andrerseits darf nicht außeracht bleiben, daß, wie
erinnerlich — vgl. den auf p. 412 u. 41:') mitgeteilten \'ersuch — ■
die Leistung \on Nodien verschiedenen Ranges doch nicht
\-oll kommen wechselseitig ersetzbar ist. Bei größeren
Individuen sind das unterste Nodiimi oder die zwei imtei-sten
und die Gipfelnodien der Hauptachse, die Nodien der Seiten-
achsen zvveifellos in jeder Hinsicht schwächer. Deswegen
dürfte es das Richtige sein, innerhalb des bestimmten
Individualmaßes ph3'-letischer Potenz, das mit bekannten Ein-
schränkungen am Individuum nach oben und unten \er-
schiebbar ist, zwar vom Indixidualmaße abhängige, aber doch
untereinander verschiedene Nodialmaße anzunehmen, in
welchen die während der Entwicklung des Individuums sich
ändernden inneren Zustände zum Ausdruck kommen. So wird
es ohneweiters verständlich, daß Samen eines höheren, also
zeitlich späteren Nodiums wertvoller ausfallen können, als
einzelne Samen tieferer, also zeitlich früherer Nodien. An
einem Beispiel sei dies nochmals erläutert:
42S
A. Sperl ich ,
Ind. Xr. 350 (11*17) ist eine große Pflanze aus geschwächter Linie;
zwei Seitenzweigpaare, am Hauptsproß zehn blühende Nodien, erste Blüte
am 17. Juni, letzte Blüte am 10. JuH. Die Seitenachsen lieferten ^'2 Samen.
die — di'ei ausgenommen — vor der Keimung abstarben.
Xod. Blüten Bestaubt am ; Samen
',s keimten
Zu-
sam-
men
10.
Ui. Juni mit
Pollen des
1. Xod.
\ '1\. Jimi mit
. l'ollen des
! 2. Nod.
... JLmi r
l'ollen d
4. Nod.
i| 20. Juni mit
j. Pollen des
) 0. Xod.
|j 29. Juni mit
\y Pollen des
i) Iti. Nod.
0
3
0
0
3
11
13
0
am 31. Dezember: 1; am
1 1. Jänner: 2
am 31. Dezember: 3; am
1 1. Jänner: 3 ' 6
I
am IS. Jänner: 3 i 3
am IS. Dezember; 4; am
31. Dezember: 3; am i
1 1 . Jänner: 3 ; am 2Ö. j
Jänner: 1 ! 1 1
am 31. Dezembei': 2; am |
1 1. Jänner: 4; am 1 S, '
Jänner: 1 ; am 2.". Jan- ,
ner: 1 : am8. Februar: 1 ' 9
am 31. Dezember: ö; am I
1 1 . Jänner; ■') : am 18.
Jänner: 3 13
starben vor derKeimung ab.'
Die Blüten der ersten zwei Nodien sind im allgemeinen sehwach, inr
Pollen ist wenig wirksam. dei- Pollen des 4. Xodiums ist gut. das ö. Xodiun.
abei- jedenfalls in den Samenanlagen noch schwach, im 0. Xodium erreicht
das Individuum die Fähigkeit stärkerer .Samenproduktion, seine Samen
zeigen, soweit sich dies aus der Keimkraft erschließen läßt — streng:
bewiesen würde es erst in der weiteren Xachkommenschaft — , auch dii-
stärkste phjietische Potenz. In dieser Beziehung zeigen sich die gleich-
zeitig bestäubten Blüten des^ 7. Xodiums bedeutend schwächer, wie wir
annehmen, infolge der stärkeren Inanspruchnahme des verfügbaren Maße>
durch das vorhergehende Nodium. Das drei Tage nachher mit Pollen de^
liräftigen 0. Xodiums sehr wirksam bestäubte R. Xodium erweist sich wieder
keimkräftiger, erschöpft aber zugleicli das gesamte 1 nd i vid ual maß
phyle tisch er Potenz; denn weder die schönen Blüten des l»'. Xodiums
J
I-"ähiL;-koit der Linicnei-Iuiltunü,-. 429
— das 9. ist wieder im allgemeinen seliwäcliei- — noch die zwölf Blüten
.;n den zwei Scitenaolisenpaafen liefern lebensfähige Samen.
Eingehende \'ersuche müßten die genaueren Beziehungen
zwischen dem Individualmaß und den Nodialmal.ien erst auf-
decken. Ich denke mir solche ausführbar, indem die Blüten nicht
entwicklungsgemäß \\'ie bisher zumeist, sondern in ver-
schiedenster, auch in umgekehrter Folge, Gruppen von Nodien
\-erschiedenen Ranges gleichzeitig, die Blüten eines Nodiums
zu verschiedenen Zeiten bestäubt und indem zwischen den
Bestäubungen Pausen verschiedener Dauer eingeschaltet
werden. Da die Blüten ziemlich langlebig sind — nach
meinen Beobachtungen halten sich die Blüten je nach dem
Wetter ](^ bis 18 Tage — sind solche Versuche innerhalb
gewisser Grenzen möglich, wobei die Hauptschwierigkeit die
\'erljinderung von Autogamie und die Erhaltung annähernd
gleicher äußerer \'erhältnisse bilden dürfte.
II. Teil.
Der Keimungsrhythmus von Alectorolophus hirsutiis und
über Versuche, ihn zu beeinflussen.
Der normale Entwicklungsgang der Pflanze. Einfluß der
Temperatur auf die Keimung.
Im X'orhergehenden wurden Untersuchungen mitgeteilt,
die sich zum Ziele gesetzt hatten, die hi'»chst unregelmäßigen
Keimungserfolge roher Aussaaten dei- Pllanze aufzuklären. Sie
führten zur Erkenntnis, daß der häutige Keimverzug über
ein Jahr und die noch häufigere Keimungsunfähigkeit mor-
phologisch und stofflich einwandfreier Samen mit der
äußerlich, besonders in den \"egetati\"en Funktionen zunächst
nicht erkennbaren Schwächung der Individuen in ihrer
phyletischen Potenz zusamme ihänge, mit welchem Aus-
drucke die Fähigkeit des Individuums bezeichnet sei, sich
in den zukünftigen Generationen lebens- und fortpflanzungs-
fähig zu erhalten. Ganz unberücksichtigt blieb bei diesen
Untersuchungen die Furage des Keimungsrhythmus. Es ist
eine bekannte Tatsache, daß die Samen \on Aleciovoloplms
430 A. Sperlich.
sowie vieler anderer Pflanzen ^ nur zu einer bestimmten Zeit
des Jahres nach einer bestimmten Ruhepefiode keimen, zu
einer Zeit, die auch von den Nachzüglern im folgenden Jahre
streng eingehalten wird. Versuche, diese Rhythmik zu stören
und hierdurch Einblick in die Abhängigkeitsverhältnisse der
Keimung von äußeren Faktoren zu gewinnen, wurden bisher
nur von Heinricher nebenbei ausgeführt.'- Sie hatten keinen
Erfolg. Über eigene Versuche in dieser Richtung, die neben
den im Vorhergehenden mitgeteilten einhergingen, sei hier
und in einer folgenden Abhandlung berichtet. Auch sie führten
bisher nicht zu irgendwelcher Änderung der Ruheperiode, \er-
schafften mir aber einen genaueren Einblick in die Keimungs-
rh3''thmik und gewisse Keimungsbedingungen und brachten zu-
dem Beziehungen zu dem Probleme des vorhergehenden Ab-
schnittes.
Die normale Entwicklung der Ptlanze und ihrer Samen ist in unserem
Klima die folgende: Die Blüte beginnt anfangs Mai, erreicht zwischen dem
20. und 31. Mai ihren Höhepunkt und erstreckt sich bis Ende Juli.-"' .\n
der späten Blüte beteiligen sich Nachzügler infolge innerer Schwächung.
vorzüglich aber .Seitenachsen 1. und 2. Ordnung vegetativ kräftiger hidividuen.
Die einzelne Blüte kann sich in unbefruchtetem Zustande, wie schon einmal
erwähnt, 10 bis 13 Tage halten. Ist Bestäubung erfolgt, so machen sich
am Griffel schon nach 24 Stunden X'eränderungen bemerkbiu% die Corolle zeigt
nach 2 Tagen Erscheinungen der Postfloration. Nach weiteren 2 Tagen wird
die Schwellung des Fruchtknotens deutlich. Das Offnen der Kapsel beginnt
mit ziemlicher Konstanz 22 Tage nach der Bestäubung. Auf den Verlauf
der Öffnung und der Loslosung der Samen von der Placenta hat Temperatur
und Feuchtigkeit einen begreiflichen Einfluß. Die Reife der ersten Früchte
tritt anfangs Juni ein, der Großteil reift zwischen Ki. und 20. Juni, in
stark abfallender Zahl können Kapseln bis .Mitte August geerntet werden.
Die früheste Keimung der Samen ist Ende November desselben
Jahres, i die höchste Zahl wird anfangs Jänner erreicht; hierauf fällt die
^ Näheres hierüber in W. Kinzel's Buch Frost und Licht.
■-' In -Die grünen Halbschmarotzer V.« .Alehimpyniiii berichtet
Hein rieh er auf p. 285, Fußnote 1 vim beiläufigen Versuchen mit Samen
von AI. sttlmlphuis, die sich zum Ziele gesetzt hatten, durch Einwirkung
von Frost die Samen vorzeitig — also noch im Jahie der Keife — zur
Keimung zu bringen.
■■ In Getreideäckern des 15ühmerwaldes traf ich den Parasiten noch
Mitte August blühend an.
l Das auf Grund von Versuchen in Erde m.itgeteüte Resultat Hei-nrichers
(Die grünen Halhschmarotzer 11, p. 414 -Die Keimzeit für Alec/on>!opJiii^
Fälligkeit der I.inicnerlialtung. -+.'> L
Zahl rasch, Nachkeimungen sind bis in den April hinein möglich. Nach
erfolgter positiv gei »tropischer Streckung des Hypokotyls konzentriert sich
zunächst das ganze Wachstum auf die Wurzel. Wie an Kulturen im feuchten
Haumc und in erdgefüllten Gefäßen mit Glaswänden beobachtet werden
konnte, strebt die Hauptwurzel, nur wenig durch tiefe, dem Gefrierpunkte
nahe Temperaturgrade im Wachstum verzögert, in die Tiefe und verzweigt
sich reichlich, so daß das Wurzelsystem noch vor dem Hervorbrechen der
Plumula aus dem Boden als ausgestaltet gelten kann; Haustorien werden
indes nicht gebildet. Im Stadium rein imterirdischen Wachstums ist die
Pflanze, den klimatischen Verhältnissen entsprechend, sehr frostbeständig.
Die Bildung von Bodeneis, Eiskristalle an den Wurzeln im feuchten Räume
werden von Individuen guter Konstitution ohne Schaden ertragen. Anders ver-
halten sich Schwächlinge, wovon bei anderer Gelegenheit gesprochen werden
wii'd. Der Zeitpunkt der negativ geotropischen Streckung des Hypokotyls, die im
X'erhäitnis zum bisherigen, durch Fi'ost unterbi'ochenen Wachstum ziemlich
plötzlich erfolgt und hierdurch den Keimling rasch ans Tageslicht schafft,
ist vor allem vom Charakter des Frühlings abhängig. Unter günstigen Ver-
hältnissen, wie sie beispielsweise 1916 herrschten, erschienen die ersten
Keimpflanzen schon Mitte Februar; die Erdtemperatur betrug zu dieser Zeit
unter dem Einflüsse der klaren l'öhntage -f-6°. Das frostreiche Frühjahr des
folgenden Jahres verzögerte die Streckung um einen ganzen Monat; im
Fi-eilande wurden die ersten Keimlinge am 24. März, in meinen Kulturen
am 27. .März gesehen. Die größte Zahl der Keimlinge erscheint durch-
schnittlich Beobachtungen von 1913 bis 1918 zwischen 1. und 15. März,
also ungefähr 2 Monate nach der Keimung. Nachzügler können bis zum
Mai festgestellt werden. Es folgt nun eine ungefähr einen Monat — also
durchschnittlich bis Mitte April — andauernde Periode, während welcher
die Pflanze autotroph lebt.i Die Sproßknospe entfaltet sich, neue Blätter
werden entwickelt, alles bleibt aber relativ klein und dicht beisammen. Die
Sachlage ändert sich sodann mit einem Male; die Blätter vergrößern sich
zusehend^, die .Streckung der Achse setzt ein : Die Pflanze hat mit ihren
Haustorien Wirtwurzeln erfaßt und steht offenbar unter dem Einflüsse ihres
Druckes. .\uf Grund dieser, oft schon innerhalb 24 Stunden, wenigstens in
ihren Anfängen, an den Pflänzchen beobachtbaren Veränderung scheint die
Entwicklung der Haustorien ziemlich rasch und an mehreren Wurzeln gleich-
zeitig vnr sich zu gehen. Direkte Beobachtungen dieses Vorganges fehlen
uns mich. Nach Ablauf eines weiteren Monates — Mitte Mai — ist die
Pflanze blühreif.
isl zusammenfallend mit dem Frühlingsanfang« bezieht sich demnach niclit
auf die eigentliche Keimung, sondern auf das Hervorbrechen Jer Plumula
aus dem Boden.
•■ Also wesentlich anders als gewisse, gerade in der ersten Jugend
anscheinend schon sehr anspruchsvolle Mi'/diiipyniiii- Arten. \'gl. Heinricher
:Die grünen Halbschmarotzer V. p. 372.
4o2 A. Speilich,
Überblicken wir nun den geschilderten Lebensgang^
unserer hapaxanthischen Art, so nehmen wir im \'erlaufe
des Jahres zwei ungleiche Ruheperioden wahr: Die eine
von der Loslösung der Samen bis zur Keimung im Spätherbste
oder Winter, durchschnittlich ö Monate andauernd, deren
Charakter uns noch beschäftigen wird; die zweite irgendwann
während des unterirdischen Lebens im Winter und \'or-
friihling. Diese ist durch Frost erzwungen und kann jederzeit
mit dem Steigen der Temperatur Unterbrechungen erfahren.
Dal.) dem so ist, ergibt sich nicht nur aus den oben mit-
geteilten Daten des Erscheinens der Pflänzchen über der
Erde, sondern zudem aus Kulturversuchen im frost-
freien Kalthause. Hier erschienen die ersten Ptlänzchen
schon anfangs Februar (eiste Beobachtung am L Februar),
benötigten also bei ununterbrochenem Wachstum zur Voll-
endung des Wurzelapparates seit der Keimung (anfangs
Jännerj nicht ganz einen Monat. Dem gegenüber den Frei-
!ands\'erhältnissen \\"eit höheren Temperaturmittel entsprechend
verlief auch die weitere Entwicklung der Pflanzen etwas
rascher. Im Kaltb.ause blühte Alcctorolophits hirsiitus schon
um den '12. April, gegenüber dem F'reilande ein \'orsprung
eines Monats. Die Samen wurden dementsprechend zwischen
16. und 25. Mai reif.
F.ine eingehendere Betrachtung sei noch der Keimung
gewidmet. Ihre Beobachtung erfolgte in Petrischalen, die
mit gereinigtem, aber nicht sterilem Flußsand gefüllt
waren, zum Teil auch bei nebenlaufenden \'ersiichen
in erdgefüllten Gefäßen mit Glaswand — den bekannten
Apparaten zur \'erfolgung des Wurzelwachstums. Um die
äußeren Faktoren möglichst konstant und für alle .Samen
gleichmäßig zu erhalten, kamen die Samen unmittelbar nach
der jeweiligen Ernte ins Keimbett, das für alle Schalen mit
gleich feuchtem Sande hergestellt wurde und auch in der
Folgezeit überall gleich feucht erhalten wurde. Die Schalen
gelangten hierauf in Dunkel kästen des Zimmers Oir kon-
stante Temperatur, wo sie bis in den P'rühsommer des
folgenden Jahres oder nach Bedarf noch länger verblieben.
Leider gestatteten die durch den Krieg geschaffenen \'er-
- l'iihigkcit der Linicnerhaltung. 4. >.>
fiältnisse die Heizung des Zimmers nicht, so daß eine voll-
kommen gleiche Temperatur durch die ganze Beobachtungs-
zeit nicht erzielt werden konnte. Immerhin herrschte gerade
während der Keimperiode im Winter eine ziemlich gleich-
mäßige Temperatur (H bis 8°i und andere Versuche zeigten,
daß die während der wärmeren Jahreszeit in den Dunkel-
kasten herrschende Teniperatur, die 15° selbst im Hoch-
sommer nicht überschritt, kein Hindernis für das Keimen der
AledorolopJnisScimen ist. Die Lage des Zimmers — nord-
seitig und größtenteils unter dem Erdboden — verhindert
Temperaturschwankungen während des Tages fast vollkommen.
Abfall und Zunahme innerhalb der angegebenen Grenzen
verlaufen demnacli ganz allmählich durch Wochen und
Monate und kommen keinesfalls als Keimungsreize in Betracht.
Im folgenden seien die Keimungen einer Versuchsreihe
des Jahres 1917/1918 auf Grund wöchentlicher Kontrolle
mitgeteilt. Es handelt sich um Samen ausgewählter Individuen
bekannter Aszendenz, die bis zum 16. Juli geerntet wurden.
Was nach diesem Zeitpunkte reifte — einzelne Gipfelkapseln
und späte Kapseln von Seitenachsen — erwies sich trotz
tadellosen Aussehens als stark geschwächt. Von 903, bis
zum 16. Juli geernteten Samen keimten 712, also 78- 8%;
von den nach dem 16. Juli gewonnenen 418 Samen bloß 45,
also 10-8'",,; nur 16 Samen hielten sich bis zum näch.sten
Jahre lebend, 357 starben ab.
\'on den 71- KeimungeMi erfolgten:
Bis zum 21. Jänner 69
» 28. » 26
> » 4. Februar 11
s. . 11. » 4
» 18. > 2
» - 25. " 1
5. März 1
Am 7. April ein Nachzügler.
Auf ein rechtwinkliges Koordinaten-sj^stem bezogen, geben
die Keimzahlen die in nachstehender Fig. 1 dargestellte Kurve.
!jis zum
2~
No\"ember . .
. . . 1
,.
4.
Dezemhei- . .
... S I
>
11.
2
IS.
...64
»
31.
-
. . .124
.
7
-länner
. . . 24i1
,
14.
. . . 149
1 Es sind stets die neu hin z uko mmende n Keimungen angegeben.
484
A. Spe rl i c 1)
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vr
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31 ^ Jit
4-
, _ _ IS. Ji_ il. JIS. AS
y 3° h'x 5^'' W 5' Sr 5" T
Fig. 1.
Frequenzkurve der Samenkeimung während der Keimperiode des Alccloro-
iopfnis Jtirsifliis; auT Grund der ausgewählten Individuen. Unter dem Datum
die Temperatur des Versuchsraumes.
Fälligkeit der l.inienerhaltung. 4'")i)
Sie gibt nicht nur den Charakter der Keimungsverhältnisse
bei gleichbleibenden Außenbedingungen, ^ sondern auch den
inneren Wert des Materials wieder. Wenn wir vom Anfang
und vom Ende zunächst absehen, kann die Kurxe als streng
^symmetrisch gelten. In dieser Form kann sie jedoch
nur auf Grund ausgewählter Individuen erscheinen
und die Wandlungen, die sie bei Darstellung der Keim-
\"erhältnisse irgendeiner P'reilandpopulation erfahren müßte,
sind auf Grund der Darlegung im vorhergehenden Abschnitte
ohneweiters feststellbar. Zunächst wäre die Kurve, den
kleineren Keimzahlen entsprechend, in jedem Falle viel
weniger steil und niemals symmetriscli. Der absteigende Ast
fiele gegenüber dem aufsteigenden allmählicher ab und
erstreckte sich viel weiter gegen das Frühjahr als Ausdruck
der größeren Zahl später Keimungen, die, wie bekannt, mit
dem Vorhandensein vieler innerlich geschwächter Individuen
der Population zusammenhängt.
Die Keimungskurve aufeinanderfolgender (iene-
lationen kann nicht konstant sein. Annähernd konstant
wäre sie dann denkbar, wenn im Freilande in aufeinander-
folgenden Jahren der Gesamtkomplex äußerer Faktoren, der
an anderer Stelle eine eingehendere Besprechung erfahren
wird, in gleicher Richtung selektiv wirkte. Ganz
ausgeschlossen hingegen ist die Konstanz der Kurve bei
reinen Linien, die nach unseren Erfahrungen Jahr für Jahr
geschwächte Seitenlinien abgeben, was sich in einer zu-
nehmenden \'erflachung der Kurve und Ausdehnung ihres
rechten Astes offenbaren müßte. Die Kurve in Fig. 1 ist
daher nur bei alljährlicher Auswahl des Frühesten \om
Besten, durch peinliche Selektion erzielbar und hat dem-
nach mit den der Form nach gleichen, die erbliche
K'on stanz der X'ariationsweite in reinen Linien dar-
stellenden Kurven keinen Zusammenhang. Es ist klar,
daß man bei einer noch besser geglückten Selektion der
Symmetrie näher kommen könnte als in unserer Darstellung.
^ Die leider nicht vernieidhare allmähliche Ab- und Zunahme der
Temperatur innerhalb der oben mitgeteilten Grenzen ist aus der unter jedem
Datum verzeichneten Gradzahl ersichtlich.
.4o6 A. Speilicli,
Noch etwas über den Anfang der Kurve. Wir sehen hier
gleichsam einen kleinen Vorgipfel. Ein bestimmter be-
scheidener Prozentsatz von vSamen erweist sich hierdurch
gegenüber dem Gros als besonders keimkräftig. Womit dies
zusammenhängt, vermag ich nicht anzugeben, da die Daten
über die Herkunft dieser Samen in meinen Aufzeichnungen
keine Gesetzmäßigkeit erkennen lassen. Mit Rücksicht auf
X'erhältnisse bei verwandten Gattungen ist die .Sache gleich-
wohl bemerkenswert. Wie bekannt, ^ können schon im
Herbste beispielsweise Keimlinge von Meiaiiipvruiii im Freien
angetroffen werden. Wir sehen, daß dies auch bei Alectoro-
lophus noch möglich ist, wenn es die klimatischen Verhält-
nisse im Dezember gestatten. Nach den \'ersuchen im Kalt-
hause benötigt AlectoroJophns, wenn das Wachstum durch
Frost nicht unterbrochen wird, zur Vollendung seiner unter-
irdischen Entwicklung nicht ganz einen Monat und so müßten
demnach bei einem schönen, lang andauernden Spätherbste
gegen Weihnachten einzelne Keimpflanzen zu finden sein,
die allerdings den Jäi:nerfrösten nicht gewachsen wären.
Wie schon bemerkt, war es nicht möglich, die Temperatur-
verhältnisse im Versuchsraum die ganze Lebenszeit des
Samens hindurch konstant zu erhalten. Aus den Angaben,
die, in Fig. 1 unter dem jeweiligen Keimungsdatum zu rinden
sind, sehen wir zwar, daß gerade während der Periode der
Keimung annähernde Konstanz herrschte, ja sogar \iUlige
Konstanz (3°j zur Zeit der stärksten Keimung, es steht
jedoch noch die Frage offen, ob der Beginn der Keimung
mit der allmählichen Abnahme der Temperatur zusammen-
hänge, die strenge Periodizität also eine Folge des Temperatur-
wechsels sei. Zur Beantwortung dieser Frage verblieb kein
anderes Mittel als Versuche, die Temperaturgrenzen, inner-
halb welcher überhaupt Keimung möglich ist, zu bestimmen.
Zunächst sei bemerkt, daß bei einer Temperatur von 15°,
der höchsten, die im Räume überhaupt herrschte, Keimung
erfolgt, hierin demnach kein Hindernis für eine sommerliche
Keimung zu erblicken ist. Bei Versuchen mit später Aussaar
1 Heinricher, Die grijnen Halbschmaiützer \',
Fiiliigkeit der Linienerlialtung. 4.m
(April), die in einer folgenden Arbeit behandelt werden, und
zwar mit Samen, die sich seit der Ernte im temperierten
Arbeitszimmer befanden, erfolgten Keimungen noch im Monat
Mai, da der \'ersuchsraum in allmählicher Temperatur-
zunahme 15° erreicht hatte, eine Temperatur, die mit gering-
fügigen Schwankungen bis Mitte September erhalten blieb.
Aber auch während der normalen winterlichen Keimperiode
wurden im Kalthause bei einer mittleren Temperatur von
U>° der inneren \'erfassung des Materials entsprechende
Keimungen erzielt. Es ist somit eine Beeinflussung der Keim-
periode durch die Temperaturabnahme innerhalb der Grenzen,
wie sie der X'ersuchsraum geb(Uen, kaum in Betracht zu
ziehen.
X'ersuche, den Samen vi}n Alcctovoloplius während seiner
winterlichen Keimperiode im Zimmer bei einer mittleren Tem-
peratur von 18". im Waimhause (Farnquartier) bei einer
mittleren Temperatur von 22° oder gar im Vermehrungshause
bei einer mittleren Temperatur \"on 27 "ö" zur Keimung zu
bringen, scheiterten indes, selbst bei gutem Materiale. Ein
Beispiel: Von 86 Samen gleichwertiger Nodien zweier Individuen
guter Aszendenz wurden ,in drei Gefäßen mit Gartenerde je
zwölf Samen angebaut. Ein Gefäß kam ins Arbeitszimmer,
eines ins Warmhaus, eines ins Kalthaus. Nur hier erschienen
Keimlinge, und zwar vom 1. bis 27. Februar. Die Unter-
suchung der Erde ergab beim Zimmerversuch 9 gute, o ab-
gestorbene Samen, beim Warmhausversuch 7 gute, o ab-
gestorbene Samen. Nach allem dürfte die obere Temperatur-
grenze für die Keimung der AlecforolophnsSamen zwischen
1.')° und 18° liegen.
Etwas genauer konnte das Minimum ermittelt werden.
Dies liegt um 0°. In den Petrischalen, die ' während des
Winters 1916/1917 im ungeheizten Nordversuchshause unter-
gebracht waren, keimten die Samen bei Temperaturen zwischen
0° und 3° ganz regelmäßig; am 22. Jänner begann eine
strenge Frostperiode, die Temperatur des Hauses schwankte
zwischen — 5° und — 1°; in den Schalen bildete sich Elis.
Wie mit einem Schlage setzte die Keimung aus, um erst
am 7. Februar, da im Hause Temperaturen zwischen — 2°
4o.S A. Sperlicli.
und +2° herrschten und das Eis in den Schalen auttaute,
aUmählich wieder zu beginnen.
Es wird nach Wiederkehr geordneter X'erhältnisse not-
wendig sein, mit besseren Methoden die Kardinalpunkte für
die Keimung zu bestimmen, wobei auf Grund der Möglich-
keit, mit Material sehr weitgehend übereinstimmender innerer
Verfassung zu arbeiten, einwandfreie Resultate zu erwarten
sind. Für die uns hier interessierende Frage genügen indessen
die bisherigen Ergebnisse. Sie haben gezeigt, daß innerhalb
der im Räume der Hauptversuche herrschenden Temperatur-
grenzen (3° bis 15°) Keimung jederzeit erfolgen könnte,
wenn die Samen ihren inneren \'erhältnissen nach
jederzeit keimungsfähig wären. Die für die Nachkommen
von Individuen ungeschwächter phyletischer Potenz, die
durchwegs im Herbste und Winter nach einer ungefähr 5 bis
(3 Monate andauernden Ruhe zur Keimung schreiten, näher
geschilderte Periode gilt auch für die geschwächten Spät-
keimer des folgenden Jahres.
Aus den eben mitgeteilten Versuchen ergibt sich-
schließlich, daß zwei, besonders in letzter Zeit \iel besprochene
Faktoren bei der Keimung von Aleciovolophns nicht m
Betracht kommen: Licht und Frost. Das — beim heran-
gezogenen Beispiele — für unsere Pflanze gewiß sehr gute
Keimungsergebnis von 78-8"/(, wurde ohne Mitwirkung
des Lichtes und Frostes erreicht. Diese Feststellung
ist notwendig, da Kinzei^ den Schmarotzer als P'rostkeimer
bezeichnet und auf Grund seiner Erfahrungen dem Lichte
eine frostersetzende Wirkung zuschreibt. Generell stimmt die^-
gewiß nicht; inwieweit eine Keimungsförderung dui'ch Frost
oder Licht an Samen roher Freilandsernten zur Beobachtung
gelangen kann, wird an anderer Stelle besprochen werden.
Bemerkung.
Die Versuche über den Einfluß des Quellung^zeitpunktes, ülter
den Einfluß \on Treibmitteln und des Lichtes und die sicli daran
knüpfenden iheoretischen Erörterungen über den Charakter der
Samenruhe unserer Pflanze werden in einer folgenden .Abhandlung inii-
1 \'gl. die -Angabe im einleitenden Kapitel der .Arbeit.
Fähigkeit der Linienerhaltung. 4.')it
geteilt. Hier seien zum Verständnisse gewisser Hinweise in den folgenden
Kapiteln die hauptsächlichsten Ergebnisse kurz verzeichnet;
1. Vom Reifemonat Juni bis November ist der Zeitpunkt des Anbaues
von keinem Einfluß auf den Zeitpunkt der Keimung; von Dezember ab
setzt die Keimung ziemlich gesetzmäßig einen Monat nach dem Anbau
(Liegezeit) ein. Die Keimfähigkeit erhält sich durch zwei Monate (Dezember,
Jännen auf der Höhe und klingt rasch gegen den April ab; darüber hinaus
wird der keimfähige Zustand erst wieder im Spätherbste erreicht.
2. Weder Licht noch Warmbad oder Ätherisierung haben auf den
strengen Keimungsrliythmus der Samen einen Einfluß. Ätherisierung zur Zeit
der Keimfähigkeit wirkt phyletiscli selektiv.
3. Geschwächte Samen (Nachkommen von Individuen oder aus
Nodien kleiner pliyletischer Potenz; werden durch das Licht in der
Keimung auffallend gefördert. Das Licht ist ausschließlich in der
Periode vor Krreichung der Keimfähigkeit wirksam, wobei sich seine Ein-
wirkung auf den letzten Abschnitt dieser Periode Oktober) beschränken
kann.
4. Die ungefähr fünf Monate andauernde Sommerruhe der Samen
wird als spezifisch bezeichnet: Sie ist ein erbliches, zum Charakter der
Pflanze gehöriges Merkmal. Die von äußeren Faktoren weitgehend unab-
hängig erkannte Samenruhe und die Einschränkung der Art in ihrer Voll-
kraft auf früh angelegte Keime der frühesten Individuen begründen gemein-
sam den Saisoncharakter der im übrigen außerordentlich anpassungsfähigen
Pnanze.
III. Teil.
Über Abweichungen von der normalen Gestaltung* und
vom festen Keimungsrhythmus.
I3ie in Jen folgenden Kapiteln zur Behandlung gelangenden Bildungs-
abweichungen schließen alle halle aus. deren Zusammenhang mit
dem Grade der Ernährung im weitesten Sinne des Wortes offen-
kundig ist. Daß die ungemein plastischen Arten der grünen Rhinanthoideen
besonders rücksichtlich der Wuchsform, der Beblätterung und der \'er-
zweigung in hohem Maße von der Ernährung abhängig sind, derart, daß
die zur Artdiagnose herangezogenen Merkmale, die sich auf diese mor-
phologischen Verhältnisse beziehen, strenge genommen sicher nicht in
allen Fällen hierzu geeignet sind, geht aus Heinricher's bekannten
Studien über diesen Gegenstand hervor, i Dem hier dargelegten und in
reichem Maße bildlich dargestellten Material läßt sich Neues kaum hinzu-
fügen. Anders liegt die Sache für Abweichungen, die sich als von der
1 E. Heinricher, Die grünen Halbschmarotzer II, p. 434ff., IV', p. 2S7ff.,
V, p. 3,5;?; hierzu die polemische Schrift: Kritisches zur Systematik der Gattung
Alednrnlnphiis. .lahrh. f. wiss. Bot. 38, 1903, p. H67.
440 A. Sperlich,
Ernährung völlig oder mindestens weitgehend unabhängig erwiesen haben.
Nur von diesen, also nicht von fluktuierender oder individueller Variabilität
oder, wie heute auch gesagt wird, von Modifikationen ist im folgenden
die Rede.
1. AlectorolophüS hirsutus ist am Standorte der Freiland-
ernten heterozygotisch.
Zum ersten Male fielen mir 1915 in meinen Kulturen
Pflanzen auf, deren Corolle von dev typischen Form des
,4. hirsutus abwich. Statt der mehr geraden Oberlippe und
der eng anschließenden Unterlippe wiesen diese Indixiduen
eine sich aufwärts krümmende Oberlippe und eine abstehende
Unterlippe, statt des normalen Oeistoleiniis ~ den Anoectolcinns-
Typus der Krone auf. Die Erscheinung gelangte in zwei Gefäßen
zur Beobachtung, die in den Fig. 4 (Taf. II) und 5 (Taf. III) abge-
bildet sind. Je ein Exemplar, dessen Beblätterungsanonialie
uns später beschäftigen soll, ist zudem in Fig. 4 /' und öt
in natürlicher Größe wiedergegeben. In Fig. 4 handelt es
sich um die /"„-Generation der in Tabelle I auf p. 31)0 u. 391
zusammenfassend wiedergegebenen Linien aus der Rohernte
1912, in Fig. ä, Taf. III, um die T'VGeneration von Linien
aus der Rohernte 1913. Jene wurden in ihrer Nachkommen-
schaft nicht weiter verfolgt, diese bewahrten ausnahmslos,
wie gleich näher gezeigt werden wird, in den folgenden
Jahren den angenommenen Corollentypus.
Ein zweites Mal traten AnocLioleuins-lndWlduen neu im
Jahre 1917 auf: Ein Individuum von F,^ aus der Nachkommen-
schaft derselben Freilandpflanze 1912, die den Samen für die
V^orfahren der in Fig. 4, Taf. 11 dargestellten Pflanzen
geliefert hatte, ein zweites Individuum von F-^ aus der Nach-
kommenschaft einer anderen Freilandpflanze aus Samen
gleichzeitiger Ernte und ein drittes Individuum aus der
Nachkommenschaft einer dritten Freilandpflanze aus gleich-
zeitig geerntetem .Samen, aber, da es sich um einen Nach-
keimer mit zweijähriger Samenruhe handelt, nicht /-^, sondern
noch F^ angeh(>rig. Dieses lieferte, seiner Keimung ent-
sprechend, keine lebensfähige Nachkommenschaft, jene hielten
sich in /' (1918J konstant und sollen kurz als A und B
l-'ahi.i^keit der l.inienerlialUing. 441
bezeichnet werden. Meine, von 191.') angefangen, alljährlicii
vorszenommene gründliche Durchsuchung des Freilandstand-
ortcs nach ^47;ot't'/o/^^i///5-Individuen verlief jedesmal ergebnis-
los: auch sonst traf ich bqi Wanderungen in der nächsten
und weiteren Umgebung der Stadt im Freien einen often-
rachigen AI. hirsiitiis niemals.
Das Erscheinen des Anoectolemustypus erklärt sich auf
(irund der nachstehenden Stammbäume ganz einfach, (lenaue
Zählungen an einem reicheren Material wurden, da dem
Hauptarbeitsplane nicht entsprechend, allerdings nicht durch-
geführt, hätten aber auch nach den Erfahrungen, die im
ersten Abschnitte der Arbeit dargelegt wurden, kaum ein
eindeutiges Ergebnis gehabt. Ein solches wäre nur dann
zu erwarten, wenn die Verteilung der Gameten mit den
\'erschiedenen Anlagen oder Anlagenkomplexen über die
Regionen \erschiedener phyletischer Potenz an einem Indivi-
duum und bei den Nachkommen, die, wie wir wissen, nie
\ollkommen gleicher Lebensfähigkeit sind, durchaus gleich-
mäßig wäre, was nicht feststeht. Obwohl auch die Kreuzung
Aiioecioleniits+C/eisfoIetims bisher nicht ausgeführt wurde,
erscheint nach dem Vorliegenden das Folgende kaum
zweifelhaft:
Ein Teil der .4/. ///r.s7////.s-Pflanzen unseres Standortes
sind Monohybriden und zwar heierozygotisch rücksichtlich
der Anlage oder des Anlagenkomplexes füi- die Gestaltung
der CoroUe. Das Merkmal 'Offener Rachen ■< {Aiioectolciuns-
T\^pus) ist rezessiv gegenüber dem dominierenden Merkmal
geschlossener Rachen« (CIcistoh-inns-Ty pus). Daher kann
Anocctolemtis nur bei Selbstbestäubung entstehen und ist gleich
bei seinei" Entstehung homozygotisch. Das Kreuzungsergebnis
zweier Anoectolenius im 8. Stammbaum (p. 442) ist für diese
Auffassung von wesentlicher Bedeutung. Die Freilandpopulation
ist zwar uniform, enthält aber neben reinen Oeistolennts
zweifellos auch Cleistoletniis mit der Anlage für Anoectoleuins.
Da in freier Natur, wie ich am Standorte mit seinem reichen
Insektenleben immer wieder zu beobachten Gelegenheit hatte,
Kreuzbestäubung Regel ist und Selbstbestäubung nur aus-
nahmsweise vorkommen dürfte, wird die Tatsache, daß
Sitzb. d. mathem.-r.aturw. Kl., Abt. I, 128. l'>d. -^1
442
A. Sperlich,
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l'^llhiickcit der I.iniciierlialtLiii.i;..
443
Anocctolcunis in unserer Umoebiiny- bisher nicht gefunden
wurde, leicht verständlich.
Die weitere Frage ist, woher die Anlage für offenen
Rachen bei dem AI. hivsutns unseres Standortes stammt.
Zunächst ist festzustellen, daß die Anoectolcmiis-Fovm des
AI. hirsutus nichts Neues ist, sondern zuerst von A. Chabert
B.
.1. nie Coi'ollent'orm des Cli'is/uleiiui.s-'l'ypus (.1. Iiiisiiliis).
B. Die ("orollenform des AHoeclolemus-Typu^ (.1. Farrhiju'i).
Nach Individuen de.s .lahres 1918; dreimal vergrößert.
im Jahre 1899 und dann von J. v. Sterneck im Jahre 1901
beschrieben wurde :^ Es ist AI. (RhinanUiiis) Facchüiii.
Freilich stimmt die von den genannten Autoren gegebene
Diagnose nur rücksichtlich der Blüte durchwegs mit den
Individuen meiner Kultur überein. Das ist aber auch die
Hauptsache nach Chabert's eigenen Worten: »Rh. Facchinii
1 A. Chabert, Etüde sur le genre Rhinanthus. Ikill. de I'Herbier
Boi.ssier, 7, 1S99. p. ä<)6. — J. v. Sterneck, Monographie der Gattiing-
Alectumliiplnis. Abb. der zool.-bot. Gesellsch. in Wien. /, 1901, p. 38.
444 A. Sperlich,
ressemble ä un petit RJi. AlectorolopJius \ ^ liirsntiis), qui
auvrait la levre inferieure dejetee et la gorge ouverte.^^ Um
den Unterschied der Korollenbildung deutlich zum Ausdruck
zu bringen, wurden in vorstehender Fig. 2 die Blüten des
AI. liirsutns und des AI. Facchinii nach Exemplaren meiner
Kulturen vom Jahre 1918 wiedergegeben. Größe, Beblätterung
und \'erz\veigung der Pflanze erwies sich hingegen neuerlich
sehr \om Ernährungsgrade abhängig. Der auf diese Dinge
sich beziehende Teil der f^iagnose i paßt zwar auf die in
den Fig. 4 (Taf. II) und ö (Taf. III) dargestellten Individuen
recht gut, in der weiteren Nachkommenschaft fanden sich in-
dessen, der besseren Ernährung entsprechend, auch größere Exem-
plare mit reichblütigen Seitpnzweigen (siehe 3. Stammbaum).
Fi^h- die \'erhältnisse unseres Standortes ist es nun sehr
bemei-kenswert, daß Chabert den AI. Facclüiüi nur aus
Tirol kannte und daß auch Sterneck über die X'erbreitung
der Pflanze angibt, daß sie nur in Südtirol relativ häuHg ist»
sonst aber nur sporadisch vorkommt. Wir können uns vor-
stellen, daß AI. Facchinii in Tirol in früheren Zeiten einen
nach Norden weit ausgedehnteren \'erbreitungsbezirk hatte -
als heute, da das Ortlergebiet und Enneberg die Nordgrenze
darstellen,'' im weit verbreiteten AI. liirsutns schließlich auf-
ging und heute nur mehr in den Monohybriden des liirsutns
versteckt enthalten ist. Die Tatsache, daß die offenrachige
Form nur in abgeschlossenen Lokalitäten auftritt und nie
unter 1200 7;z hinabreicht, -^ stimmt mit dem rezessiven
Charakter der Anlage für Anoectolenius sehr gut zusammen.
Freilich wird durch die Feststellung des hybriden
Charakters von AI. hirsntus-\nd\v\dMQn unserer Umgebung
Stern eck's ^'■orstellung über die Entstehung der Anoectoleitms-
Form als junge, in prähistorischer Zeit in Anpassung an
1 Simplex vel i'arissime ramis duobus abiiili\-is instruclus (_Chabert).
- I'uiidorte werden auch aus dem .Salzburgischen — also einem weit
nördlicheren Gebiete — angegeben.
^ K. W. V. Dalla Torre und L. Graf v. .Sarnlhein, Flora ■ der
gefürsteten Grafschaft Tirol, des Landes Vorarlberg und des Fürstentimis
Liechtenstein, Innsbruck 1912, VL, 3. Teil. p. 307.
^ Vgl. V. -Stcrneck, a. a. O.
l'iiliit^Ucit der Linieiierhaitiini;. 44r)
höhere Lagen von .4/, hirsntns sich ableitende Lokal form ^
einigermaßen beeinträchtigt. Denn der festgestellten Tatsache
Kechnung tragend, müßten wir viel eher an eine spätestens
gleichzeitige Existenz des AnocctiUeiniis- und des Cleistoleimis-
Typus von .4/. hirsntns und an eine ursprünglich viel aus-
gedehntere Verbreitung jenes denken. AI. FciLchitüi wäre
demnach an seinen unzusammenhängenden alpinen Stand-
orten nicht eine junge, in Anpassung an diese .Standorte
entstandene Lokalform des älteren ,4/. liirsntns, sondern vi'^1-
mehr ein Relikt aus Zeiten ausgedehnterer \'erbreitung, das
sich nur dort halten konnte, \\-ohin der im allgemeinen zwar
kräftigere, aber im Höhencharakter des Klimas seine An-
passungsgrenze lindende AI. liirsntns nicht vordringen konnte.
Eine dankenswerte, pflanzengeographisch wertvolle Aufgabe
wäi-e es, AI. liirsntns auch an anderen Standorten auf seinen
hybriden Charakter bezüglich der Corollenform, die im Bereiche
der Gattung eine so große systematische Bedeutung hat, zu
prüfen. Es erscheint nach den Erfahrungen an unserem
Standorte, der dem nördlichen Talhange mit seiner inter-
essanten Durchmischung arktotertiärer, alpiner und medi-
terraner Elemente angehört, nicht ausgeschlossen, daß eine
vergleichende I^rüfung des heute sO ausgedehnten .4/. liirsntns
auf seine Bastardnatur wertvolle Aufschlüsse über die Wurzeln
des Clcistott-iin{s-Typus liefern könnte.
2. Über teratologische Erscheinungen und ihre Ursache.
Obwohl im P'reilande bei wiederholter Durchsuchung
niL'mals eine Gestaltungsanomalie angetroffen wurde, konnte
das Auftreten teratologischer Fälle in meinen Kulturen nicht
befremden, da gerade aus der Familie der Scrophnlariaceae
imd in dieser auch bei der Gattung Alectoroloplins eine
reiche Zahl von Abweichungen bekannt sind und mehrfach
beschrieben wurden.- L'ber d.ie Ursachen dieser Anomalien
1 V. Stcriicck. a. a. O.. p. 134 und 'lafel IV.
- V14I. (). renzig. Pnaii/centeratolooie II., Genua 1804, p. LM7. Eine
Ziisaninieiistellun,^ der bekanntesten .\nomalien findet sieli in Penzii^-
Camus, .-\nomaiies du RJihujiiltiiis Alecloroloptuts (Feuille d^s jeunes
naturalistes, 21, 1885); diese kleine .VIonogi-aphie war mii- nicht zi:gangiieli.
44f) A. Sperlich.
ist man bisher völlic^ im unklaren, wenn auch zumeist
Ernährungsänderungen und für gewisse Fälle mechanische
Verhältnisse dafür verantwortlich gemacht wurden. Auch die
Frage nach der \'ererbbarkeit der Abweichungen erfuhr bis-
her keine allseits befriedigende L()sung, wohl deshalb, weil
das Wesen derselben kaum in allen Fällen dasselbe sein
dürfte. Am eingehendsten hat sich mit dieser Frage zweifellos
de Vries beschäftigt, der sich auf Grund großer Erfahrung
für die Vererbbarkeit ausgesprochen hat. Nach de Vries
handelt es sich in den meisten Fällen, da an Individuen eines
bestimmten Stammbaums Anomalien bemerkbar wurden, ent-
weder um Halbrassen mit einem relativ kleinen Prozentsatz
anomaler Individuen oder um Mittelrassen, bei denen die
Zahl dieser Individuen annähernd 50% beträgt. ^ Diese Pralle
gehören nach de \'ries nicht dem Gebiete der hetero-
genetischen \'ariation oder Mutation, sondern der mit der
Ernährung im innigsten Zusammenhange stehenden tlak-
tuierenden Variabilität an. >• Endlich <', so schreibt de \'ries,-
- hängt es von äußeren Einflüssen und namentlich von Er-
nährungsbedingungen ab, ob in bestimniten Exemplaren die
Monstrosität auftreten wird oder nicht. Und diese letztere
Tatsache scheint mir ohneweiters geeignet, das latente Vor-
handensein und somit auch die Erblichkeit im latenten
Zustande zu beweisen.« Kreuzungsversuche mit reingezüchteten
trikotylen Halb- und Mittelrassen und mit synkotylen Rassen
ergaben nach de \'ries die Befolgung der MendeKschen
Gesetze. ■'
Über die Frage der \'ererbbarkeit von Monstrositäten
gestatten meine Erfahrungen ihrer ganzen Artung nach kein
Urteil, wohl aber sind sie in der Lage, wenigstens für die
in Betracht kommenden Fälle zu zeigen, daß die Erschei-
nung der Anonialie in keinem direkten Zusamnien-
hang mit der Ernährung steht, und, indem sie die von
de Vries aufgeworfene, aber nicht beantwortete Frage,-''
J H. de Vries, Die .Miilatiniistlieorie 1. Leipzig; lili.il, p. 427 und 42S.
- A. a. O., p. -.VAT.
■'■ Die Mulalionstiieoiie II., i.eipzi.n lO^K^ p. :5i)<,i und 345.
^ A. ii. O., p. 2S9.
Fälligkeil der I.inicjierlialtimg. 447
welche Samen einer P'rucht aberrante Keimlinge bekommen,
oder allgemeiner gesprochen: wann sind Anomalien über-
haupt in einer bestimmten Nachkommenschaft mit Sicherheit
zu erwarten, einigermaßen befriedigend lösen, das ganze
Problem in anderem Lichte erscheinen zu lassen. Im folgenden
>eien die beobachteten Anomalien, in Auswahl unter Angabe
des Zeitpunktes ihrer Entstehung, der Aszendenz und De-
szendenz mitgeteilt, wobei ich mit den Anomalien der Be-
hlätterung beginne und die Anomalien der Blüte daran an-
schließe.
Zum ersten Male kamen Monstrositäten im Jahre 1915,
und zwar sowohl in F.^ der Deszendenz der Rohernte 1912
.als auch in F., der Rohernte 1913 zur Beobachtung. Es
handelte sich zunächst um Trikotylie,^ die, wie de \'ries
mitteilt und mehrfach abbildet, sehr häutig mit Alteration der
Blattstellung verbunden ist.- Zwei Fälle sind in Fig. 4 (Taf. II)
und ö (Taf. III) abgebildet und seien etwas näher besprochen.
Das in Fig. 4/^ dargestellte Individuum mit konstant
dreizähligen Blattwirteln entstammt als einziges seiner Form
einer durch schlechte Keimung in 7% und noch mehr in
/•".j charakterisierten Seitenlinie einer im allgemeinen keim-
kräftigen Stammpflanze aus der frühesten Rohernte des Jahres
1912. Seine durch Selbstbestäubung entstandenen, äußerlich
einwandfreien Samen keimten sehr schlecht (5 : 1), die aus
dem einzigen lebensfähigen Samen erwachsende Pflanze war
normal, entwickelte sich bei guter Ernährung üppig — sie
uug sogar ein blühendes Seitenachsenpaar - die ziemlich
reichlich entwickelten Samen starben jedoch bald nach- der
Reife ab. \'ollkommen das gleiche Schicksal hatte die Nach-
kommenschaft der normal beblätterten Geschwister, gleich-
gültig, ob sie dem Anoectolemiis- oder dem Cleisiolenms-
Typus angehörten.
Das in Fig. 5 (Taf. III) dargestellte Individuum, dessen Be-
blätterung, wie Fig. 6/' gut überschauen läßt, aus der wirteligen
1 niese Anomalie ist bei Scrophulaiiaceen anscheinend sehr häutig;
vgl. auch W. Kinzei. Frost und IJcht, p. 155.
- Die Mutationstlieorie II., p. 228 ff., Fig. 37. 38 und 44 (MeUunpyrum
jiritlensej.
448 A. S perl ich.
Stellung allmählich in Spiralstellung übergeht, womit schließlich
Zwangsdrehungen verknüpft sind, entstammt, ebenfalls als
einziges dieser P'orm, einer schon in der Stammptlanze der
Röhernte 191;^) geschwächt erscheinenden Linie. Seine
Samen, die sich durch Selbstbestäubung entwickelt hatten^
keimten mittelmäßig (11 : 7). Die erwachsenden, ausnahmslos
normal beblätterten Pflanzen waren trotz gleicher und durch-
aus vortrefflicher P>rnährungsbedingungen untereinander
sehr verschieden. Ein lndi\"iduum starb schon als Keimling
ab, von den sechs anderen ging eines vor der Ofl'nung der
ersten Blütenknospe zugrunde, vier brachten es in \er-
zwergter Form zu Blüte und Frucht, eines, aus der zweiten
Kapsel der Mutterpflanze stammend, entwickelte sich zu einer
kräftigen Pflanze mit zwei i'eichlich blühenden Seitenachsen-
paaren. Die Samen des gesamten Nachwuchses erwiesen sich
sehr bald nach der Reife als tot.
Diesen zwei Beispielen könnte eine stattKche Reihe bei-
gefügt werden. Ihre Geschichte ist immer dieselbe: Wo und
wann immer trikotyle (zweimal u^aren es synkotyle) Keim-
linge si-ch zeigten, waren sie Abkömmlinge von Seiten-
linien, die sich entweder schon in der Aszendenz als
geschwächt e !• u' i e s e n hatten oder deren S c h w ä c h u n g
im geringen ]\eimprozent eben hervortrat. Viele dieser
Keimlinge starben sehr bald nach der Keimung ab; wenn
sie zu Pflanzen, zumeist mit aberranter, und zwar in
unglaublich mannigfaltiger Weise variierender Blatt-
stellung heranwuchsen, so waren sie selbst oder ihre nächste
Nachkommenschaft unfähig, lebenskräftige Samen oder über-
haupt Samen zu entwickeln. Es sei noch festgestellt, daß
diese Anomalien in fast allen Linien, die auf die Rohernten
der Jahre 191 2 und 1918 zurückgehen, Jahr für Jahr wieder-
holt auftraten und immer nur dann, wenn die Herabsetzung
des Keimprozentes oder die in irgendeinem Zeitpunkte des
individuellen Lebens zutage tretende mangelhafte Entwicklung
der Keimpflanzen die weitgehende Schwächung einer Linie
ankündigte. Ist de Viües' Auffassung von der Existenz
erblicher Halbrassen richtig, so gehören sämtliche Pflanzen
des Standortes meiner Rohernten solchen Halbrassen mit
Fäliii^keit der I.inienerhaltung. 449
semilatenter Anlage zu aberranter Beblätterung — Poly- und
Synkotylie, im Gefolge Pol^^phyilie der ' Wirtel, Chorise,
Adhäsion oder Diremption (Displacement) der Blätter, häufig
mit Zwangsdrehung der Achse verbunden — an. Eines aber
steht fest: Die Überwindung der Latenz ist nicht dem
Eingriffe eines Ernährungsfaktors zuzuschreiben, die
Anomalien treten vielmehr genau so, wie es im 1. Ab-
schnitte der Arbeit für Keimverzug und Keimungsunfähigkeit
nachgewiesen werden konnte, bei Schwächung der
phyletischen Potenz und ausschließlich nur in diesem
Falle in Erscheinung.^
Allerdings wird die Vorstellung von der Existenz kon-
stanter Halbrassen dadurch erschwert, daß sich die Be-
blätterungsanomalien in der Nachkommenschaft einer und
derselben Linie in so mannigfaltiger Weise äußern; sie
wird es noch mehr, wenn man bedenkt, daß die nunmehr
zur Sprache kommenden Blütenanomalien gleichfalls unter
denselben Begleitumständen an denselben Linien zur
Beobachtung gelangten.
Nicht selten zeigten einzelne Blüten geschwächter
Individuen eine Vermehrung der Karpelle von zwei auf
drei. Die aus solchen Kapseln stammenden Samen keimten
zum geringsten Teile und lieferten durchwegs Pflanzen, die,
wenn überhaupt Samen zur Entwicklung gebracht werden
konnten, ausschließlich lebensunfähige Samen erzeugten.
Sehr auffallend und in ihrer Tracht höchst befremdend
waren Individuen, deren Blüten entweder durchwegs oder im
^ .So dürften sich vielleicht auch die von de Vries in § 29 (Mutations
theorie I., p. (544 ff.): »Die Wahl der .Samen bei der Selektion« besprochenen
Fälle erklären la.s.sen, die der Autor zur .Vnrejjung für weitere Forschung
mitteilt, ohne hierüiier zu entscheiden. I)ei- Schlußsatz de N'iMes' (a. a. ().,
p. 648): Jedenfalls steht es im allgemeinen fest, daß die einzelnen Samen
einer Pflanze, je nach dem t)rte ihrer Entstehung inid je nach ihrer (iröße
und ihrem Gewichte zu Exemplaren von sehr verschiedener individueller
Kraft werden können und daß, den früher besprochenen Regeln entsprechend,
bei stark variablen .Sorten damit nicht selten eine geringere oder vollere
Entfaltung des Sortenmerkmals zusammengeht-, wäre nach meinen Ver-
suchen alsi) zu ergänzen: je nach der Zahl der Samen und der
verfügbaren phyletischen Potenz.
4M 1
A. Sperlic!
oberen Teile der Spica Adesmie der Oberlippe aul'wiesen.
Zum ersten Male erschienen solche lndi\"iduen 191'j, in I'\
der Deszendenz von Clruppe II der in Tabelle I (p. 390 u. 391)
zusammengefaßten Linien. Eine i^tlanze, i^iit ernährt, mit
einem blühenden Seitenachsenpaar, trug durchwegs ab-
normale Blüten, die vollkommen steril blieben; eine zweite,
mit zwei nicht blühenden Seitenachsenpaai-en. entwickelte
erst vom 7. Nodium der Hauptachse an . Blüten mit Obei -
lippenadesmie. Dies Individuum lieferte zwar Samen, sie
starben jedoch sehr bald nach der Reife ab. 1917 und
19] 8 wiederholte sich die Erscheinung bei Abkömmlingen
anderer Stammptlanzen der Kohernten 1912 und 1913. Auch
FiK- 3.
I-Slüte mit Adesinie dei' Obeiiippe; di-eimal vei-.L;r()ßei-t.
\n diesen, gegenüber den Blattanomalien sehr seltenen Fällen —
es handelte sich nur um ein oder zwei Ptlanzcn — betraf es
Angehörige stark geschwächter Seitenlinien, die selbst keine
lebensfähige Nachkommenschaft mehr erzeugen konnten. 1917
war bei einem Individuum nur die letzte Blüte der jüngsten
Seitenachse abnormal. Diese ist in Fig. 3 abgebildet.^
Die nur einmal, und zwar 1918, knapp vor dem
völligen Aussterben einer schwachen Seitenlinie aus der
Nachkommenschaft der frühesten Rohernte von 1912 — dem-
nach in 1\. — beobachtete \'ermehrung des Androeceunis
möge den Abschluß bilden. Es handelt sich um ein kleines
1 Ursprünglich hatte ich die .Absicht, das priichti^e große Exemplar
mit einheitlich abnormalen Hlüten des .lahres HU(i phntugraphisch fest-
zuhalten. Das Voi'haben mußte leidei- imausgeführt bleiben, ila ich gerade
zur Zeit des schönsten Flors plötzlich von Innsbruck abberufen wurde.
Nach meiner Rückkehr war die l'Hanze verblüht.
hi\L;keit Jei- Unieiioilialtuiii
451
Pflänzchen mit zwe/ Blüten, das gleich seinen zwei kümmern-
den Geschwistern — die übrigen waren schon als Keimlinge
abgestorben — nicht mehr die Fähigkeit besaß, die Blüten
völlig zu entfalten. In Plg. 4 ist eine dieser in Anthese
begriftenen Blüten wiedergegeben. Wir sehen neben den vier
normalen Staubgefäßen ein vollkommen gleichwertig ent-
wickeltes, median gelegenes fünftes. Da es ein vorderes ist,
entspricht die Blüte dem Crrundplane der Scrophulariaceen
nicht. Zu den gerade bei dieser Familie häufigen Atavismen
ist der Fall demnach nicht zu zählen.' Daß bei Scrophu-
Viii. 4.
.Streckiniicsunfaliitie Blutenknospe mit C'neriippenadesmie und ühei'/,aliiijA(;in
vorderem Staubgefäß; sechsmal \'er-gn';ßert.
lariaceen nicht selten statt des geforderten hinteren .Stamen
ein vorderes gebildet werden kann, ist bekannt, doch
ivommen für unseren Fall die mechanischen Erklärungen
Penzig's,- Abort des Mittellappens der Unterlippe oder seit-
liche Spaltung dieses Lappens, wie aus der Figur deutlich zu
ersehen ist, nicht in Betracht.
' Vgl. E. Heinriche!-. Xeiie Beiträge zur Pflanzenteratdlogie und
Blütenmorphologie, 3. Studien an Blüten einiger Scrophulariaceen. Ostern
b(,tan. Zeitschr. 1894. p. 12 ff.
- Pflanzenteratologie IL, p. 186.
452 A. Sperlich,
3. Nanismus und Albinismus.
Die im \'orhergehenden besprochenen, ihrer Aszendenz
nach wohl bekannten Fälle von Anomalien haben uns gezeigt,
worin die Ursache ihrer Entstehung zu suchen ist. Aus-
nahmslos traten sie in meinen Versuchsreihen, unbeeinflußt
von der Ernährung, dann auf, wenn geringes Keimvermögen,
Keimverzug, das baldige Absterben von Keimlingen, die Un-
fähigkeit zur Erzeugung von Samen überhaupt oder von
lebensfähigen Samen als äußerlich erkennbare Merkmale der
inneren Schwächung der \'orfahren, der Beeinträchtigung
ihrer phyletischen Potenz, zutage traten. Die P>age, wann
sind Abnormitäten in der Nachkommenschaft normaler In-
dividuen zu erwarten, kann demnach wenigstens für die
Pflanzen unseres Standortes mit aller Bestimmtheit so
beantwortet werden: immer dann, wenn für die direkten
oder späteren Nachkommen das in einer bestimmten Stamm-
pflanze zur Verfügung stehende Maß phyletischer Potenz
nicht mehr ausreicht; früher, wenn die Stammpflanze selbst
entweder im ganzen oder mindestens in einzelnen Nodien
schon eine gewisse Schwächung erreicht hatte; später, wenn
die Stammpflanze zwar noch im Vollbesitze phyletischer
Potenz war, aber durch allzureiche Samenproduktion einen
großen Teil ihrer Nachkommen in dieser Hinsicht benach-
teiligte. Ungeklärt bleibt allerdings noch, bis zu welchem
Grade die Schwächung gediehen sein muß, um ganz allgemein
die genannten Merkmale in Erscheinung treten zu' lassen,
und, ob für die einzelnen Typffen der Anomalie ganz bestimmte
gesetzliche Grade der Schwächung verantwortlich zu machen
sind.
Den im vorhergehenden Kapitel beschriebenen, sichtbaren
Begleiterscheinungen von Generation zu Generation abnehmen-
der phyletischer Potenz füge ich noch eine Form hinzu, die
deswegen unser ganz besonderes Interesse beansprucht, weil
sie aus verschiedenen Verwandtschaftskreisen Gegenstand
der Untersuchung war, auch unter den de Vries^schen
Mutanten der Ocnollicva Laiuarckiana zu finden ist und
Fähigkeit Jcf I.inienerluiltunL;. 4or)
hier in der Reihe der sogenannten Verlustmutanten eine
ganz eigentümliche Stellung einnimmt: die Zwergform. ^
\'erzwergte Individuen treten bei unserer Pflanze ohne
Rücksicht auf ihre innere Verfassung auf Grund schlechter
Ernährung sehr häufig auf.- Ja es kann im Gegenteil aus
der Tatsache, daß an minder leistungsfähigen Wirten und
selbst vollkommen autotroph gewisse Individuen einer
Population in bescheidenen Grenzen morphologischer Ge-
staltung ihren Lehenszyklus vollenden, mit Recht geschlossen
werden, daß uns hierbei Pflanzen ganz besonders hoher
Lehenskraft vorliegen. Diese Art des Zwergwuchses inter-
essiert uns hier nicht. Uns beschäftigen hier Zwergformen,
•die als Nachkommen normaler Individuen bei denkbar gün-
stigsten Außenbedingungen auftreten und durch die Unfähig-
keit, diese Außenbedingungen richtig auszunutzen, eben
beweisen, daß ihre ganze innere Verfassung eine andere
geworden ist. Sie zeigten sich in meinen Kulturen alljährlich
und immer im Zusammenhange mit der Schwächung
der phyletischen Potenz der Linie. Im 4. Kapitel des
I. Teiles der Arbeit ging von solchen Individuen schon die
Rede und ich verweise auf die dort zur Abbildung gelangten
Fälle (Fig. 1, 2 und 3 auf Taf. I und 11). Die große Mehrzahl dieser
Zwerge geht baid nach der. Ausbildung einiger Laubblatt-
paare oder spätestens nach oder schon während der Blüten-
entwicklung ein. Vereinzelt gelangen aber die Pflänzchen
sogar zur Entwicklung keimfähiger kleiner Samen, deren
Keimprozent allerdings ein sehr geringes ist; sie sind mit
Rücksicht auf ihre Nachkommenschaft und die dadurch
sich offenbarende Vererbbarkeit des Zwergwuchses einer
näheren Beachtung wert.
\'or allem geht aus der Möglichkeit einer, wenn auch
stark reduzierten Fortpflanzung hervor, daß die durch unsere
\'ersuche bekannt gewordenen Grade innerer Schwächung
1 Sie beruht nacii de Vries im (legeiisatze zu den bisher besprochenen
Fällen von Anomalie, die der lUiktuierenden Variabilität angehören, auf
heterogenetischer Variation, ist als<i ein echter Mutant.
•-' Die i'o'^sneration meiner Versuche bestand zumeist aus beschei-
denen, vielfach ,zvvergigen Individuen.
r
454 A. Sperlich.
um eine weitere Stufe \ermehrt werden müssen, die darin
besteht, daß vereinzelte Samen doch noch wenigstens auf
die Dauer einiger Generationen Keimfähigkeit bewahren. Wir
können uns dies ungezwungen so vorstellen, daß innerhalb
der engen Grenzen des Zwergwuchses der fördernde Ein-
fluß geringer Samenproduktion auf den inneren Wert des
einzelnen Samens in positivem Sinne einwirkt, wodurch
zwischen den individuellen Maßen und dem Gehalt phyletischer
Potenz vorübergehend eine gewisse Harmonie hergestellt
erscheint, die sich, wie aus allen Zuchtversuchen hervorgeht,
bei normalen Individuen vielleicht überhaupt nicht vorfindet.
So können sich Zwerge durch einige Generationen in
einzelnen, besonders bevorzugten Nachkommen — V'oll-
keimung ist stets ausgeschlossen — des Konkurrenzkampfes
der freien Natur, dem sie nicht gewachsen sind, enthoben,
konstant erhalten. Die Linie, die sich bei meinen Versuchen
am längsten, nämlich durch vier Generationen halten konnte,
sei dargestellt.
Aus dem vorletzten Nodium einer Freilandpflanze
mittlerer Größe vom Jahre 1912, die im allgemeinen Samen
sehr niederen Keimprozentes geliefert hatte, keimten im
folgenden Jahre von 15 Samen 8. Nur drei Keimlinge hier-
von erwuchsen zu blühenden Pflanzen; sie blieben zwergig.
Die Samenproduktion und -keimung dieser drei Zwerge war
die folgende:
a) lö Samen, hiervon koiniten 1'J14
h) \2 > > • iyi4
D 24 > > '■ im 4
12,
17
/' und (■ lieferten im Jahre 1914 keine erwachsenen Nachkommen, die
Keimlinge starben größtenteils sehr frühzeitig ab. Von den 12 Keimpflanzen
des Individuums a brachten es nur drei zu Blüte uiil Frucht, sie ent-
stammen dem untersten Nodium von if.
Samenprodukti.m und Keimung 1915:
£7, ) 1 Same; keimungsunfähig,
ij^) '-^ Samen: keimungsunfähig,
fl.5) 9 Samen: es keimten H.
Es hatte sich sumit die phyletische Polen/, auf diesen einen Nach-
kommen ia:,) geradezu konzentriert. Von seinen acht Keimpflanzen brachten
Fäiiii^kcit dei' Liiiienerhaltiinfi'. 4oo
es wieder nur drei zu Ulüte und l'ruclit. Sie bewahrten ti-otz bester iiußerer
Bedingungen getreulieh den Zwergwuchs.
Samenproduktioii und Keimung 1916:
,/;. I) 6 Samen: es keimten 6,
L>-.1\) 1") Samen: es keimten 9,
.r-. 111) 17 Samen: es keimten 14.
Weder die Keimlinge von 1 noch die \'on II erwuchsen
zu fruchtbaren Individuen. Die meisten gingen bald nach
Öffnung der ersten Blüte ein. Von der Nachkommenschaft
des III brachte es eine einzige Pflanze zur Bildung reifer
Samen, von denen keiner mehr zu keimen vermochte. Die
Zwerglinie war hiermit, nachdem sie sich durch vier Jahre
in vereinzelten Individuen halten konnte, endgültig aus-
gestorben. Kreuzungsversuche wurden nicht durchgeführt.
Wenn wir auf Grund der vorliegenden Erfahrungen die
Geschichte der Ocnotlicra iiaiiclla,^ einer aus Ocn. La-
marckiana und bestimmten Mutanten, zudem aus (Jen.
hiciiiiis alljährlich erhaltbaren Form, aufmerksam verfolgen,
so sind gewisse Momente auftindbar, welche die Annahme
nicht unberechtigt erscheinen lassen, daß an der Flntstehung
der z^^' ergigen Nachtkerzen ähnliche Umstände zu-
mindest mitbeteiligt sind wie bei AJcctorolophits
hirsuius, aus dessen Kultur wir die Zwergform als einen
Ausdruck der in vielfacher Weise sich offcnbai^enden
Schwächung einer Nachkommenschaft erkannt haben; ja es
erscheint nicht imbegründet, einen ähnlichen inneren Zu-
sammenhang überall dort wenigstens zu suchen, wo es sich
um die Bartlett'sche Massenmutation handelt wie im Falle
der im Freien nicht erhaltungsfähigen, also zweifellos weit-
gehend geschwächten Mutante Ocliracea aus Oen. grandi-
flora.'-
Wie unsere Versuchspflanze zeichnet sich auch Oeno-
tbera durch reiche Samen Produktion aus, wodurch eine
1 Die Mutationstheorie !., p. 165 ff.
- H. de Vries. Phylogenetische und gruppenweise Artbildung. Flora,
11. und 12.. 191K (Festschrift Stahl), p. 222.
4r)() A. Spcrlicli.
harmonische Verteilung der Lebensfähigkeit auf alle Nach-
kommen nach den Erfahrungen mit Alecforolopluis in Frage
gestellt wird. Die bekannte Tatsache, daß ein Großteil der
0(.'/;o///t,'r(;?-Samen, auf deren Entstehungsart und -zeit bisher
kaum geachtet wurde, nur unter Anwendung von Druck zur
Keimung zu bringen ist und, daß sehr viele Samen verspätet
oder überhaupt nicht keimen,^ deutet wohl darauf hin, daß
die bei Alectoroloplins erkannten Zusammenhänge auch hier
bestehen dürften. Hierbei seien jene Samen nicht berück-
sichtigt, die erstmalig Rennei" als un\'ollkommen entwickelt
erkannt hat und die nach dem genannten Forscher als Aus-
druck lebensunfähiger Kombinationen von Anlagen große
genotypische Bedeutung haben.- Auch an die wenigstens für
gewisse Fälle als erblich konstant festgestellte Samentaubheit,
nach de \'ries als Folge eines in gewissen Anlagen-
kombinationen zur Wirkung kommenden letalen Faktors/'
denke ich nicht. Vielmehr erinnern nur die oben angedeuteten
Fälle von Keimverzug und -unwilügkeit selir an die ent-
sprechenden Verhältnisse von Ah'ctorolopliiis, bei welchem
bekanntlich morphologische Anomalien des Samens über-
haupt nicht zui- Beobachtung gelangt sind. Von den Samen
der Oeii. UiUiella im Besonderen sagt de \'ries selbst, daß
sie schwächer scheinen als die der Art.'^ Xanella neigt bei
einjähriger Kultur — worauf die bessere Entwicklung als
zweijährige Pflanze eigentlich beruht, bleibt zunächst fraglich -
wie die Alccforoloplms-Zwcrge zu unvollkommener Blüten-
entwicklung: Ihre Knospen bleiben stecken, Pollen wird nicht
entwickelt, die Narben öffnen sich nicht. ^ Sie entsteht all-
jährlich immer und immer wieder nicht nur aus der .Stamm-
art, sondern auch aus deren Mutanten, denen sie in den
übrigen Merkmalen dann gleicht. Parallelmutation wurde die
1 fl. de \'ries, Ühci' künstliche Besehleunii^ung der Wasseraiitnahnie
durch Druck. Hiolo.t;. Zentralb!., .V5, 191.'. p. 168 fr.
- Siehe Einleitung, Fußnote 2, p. 2.
'■'• Ph3'logenetische inid gruppenweise .Ailbildiuig, p. 223 und Halb-
inutanten und Zwillingsbastarde. Ber. d. ]). H. G. 35, 1017, p. 1 2<S IT.
1 Die .Mutationstheorie l., p. l.Sl!.
•^' A. a. (».. p. 2R7, Fig. 80.
Fäliiii;kcit der l.iniencrhaltun^. 4n7
Erscheinung von Stomps genannt.^ Man erhält sie meist
bei Aussaat \-on Samen in großer Zahl. Kreuzungsversuche
mit Xanclla geben, von dem aus Gigas erhaltenen Zwerge,
dessen Bastarde bei rezessivem Charakter des Zvvergmerkmales
rein mendeln,- abgesehen, höchst verwickelte und noch nicht
geklärte Ergebnisse.^ Dies alles scheint mir dafür zu sprechen,
dato die Ursachen der Entstehung von Nanella, deren Kon-
stanz durch mehrere Generationen uns nach dem angeführten
Beispiel aus den .4/t'c7oro/o/'//'//.'^-Kulturen kaum mehr be-
fremden kann, wenigstens in vielen Fällen ähnliche sein
dürften wie für die Zwergformen des Halbschmarotzers, daß
sie dann zu erwarten ist, wenn Individuen mit herab-
gesetzter phyletisch er Potenz zu allzureicher Samen-
produktion schreiten. So, deute ich de Vries" Angabe,
daß die Zahl der Zwerge in einer Nachkommenschaft dann
gesteigert werden kann, wenn sehr kräftige Individuen — also
Individuen großer Dimensionierung mit reicher Blütenzahl,
die. wie wir wissen, innerlich weitgehend geschwächt sein
können - zur Kreuzung herangezogen werden.'^ Der An-
gabe, daß Xanella keineswegs ein Miniaturbild der La-
inai'ckiaiia ist, sondern Unterschiede nach verschiedenen
Richtungen zeigt,-' möchte ich keine allzugroße Bedeutung
beimessen, da es recht wohl \-erständlich ist, daß bei
Schwächung des ganzen innerlichen Ausgestaltungsvorganges
gewisse morphologische Ausprägungen der Stammart unter-
bleiben; so fand ich beispielsweise bei meinen Alectoroloplm^-
Zwergen die Brakteen zumeist fast vollkommen laubblatt-
ähnlich, die Zähnung der kleinen, schmalen Laubblätter
gegenüber der Normalform stark reduziert.*'
^ Phyloj^enetische und ,m-upptMi\veise Arthildunt;-. p. 212.
- H. deVi'ies, Ofinifhcni i^'iijir.s luiiiel/ii, u Mendelian mutant. Hotanicul
(.azctte '/'Ol, UM 5, p. 387.
•■ ViJ-l. (). Renner. X'ersuche über die gametische Konstitution der
Oemitheren. a. a. (>.. p. 260 ff. avy/^A:^,
i'H. de \'i-ies. Über ampliikline l^astarde. Bcr. d. L). ß. (i. .'O'. liil.l.
p. 4C.r,.
■ \',l;1. de \'ries, Die Atutationstheorie I., p. 25;").
'■• In diesem Zusammenhange sei noch eines jüngst von Goabdl
hescliricbenen Zwerges von Sd/via pnilensis (S. pralcnsis f. acaiiiis) gedacht
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 12.s. Bd. 32
458 A. Sperlicli.
Auf jeden Fall wird es aber angezeigt sein, bei Ver-
suchen, die darauf gerichtet sind, die ziemlich verwickelten
Vererbungserscheinungen der Oenothera Lamarckiana und
vieler ihrer Mutanten, zumal solcher retrogressiven Charakters,
gesetzmäßig zu erfassen, auch auf das dargelegte Moment
zu achten. Ob es sich, wie de Vries dies tut, darum handelt,
die Versuchsergebnisse auf Grund der Annahme von Halb-
mutanten und mutierenden Keimzellen zu erklären, oder aber
nach Renner's schönen Untersuchungen den habituell
komplex-hetrozygotischen Charakter der Laniarckiana und
ihrer Mutanten als Erklärung heranzuziehen, immer wird es
gut sein, nebenbei darauf bedacht zu 'sein, daß sich bei
starker Samenproduktion eine gewisse Disharmonie zwischen
der individuellen Entwicklung und der Lebenskraft der Nach-
kommen einstellen kann, die früher oder später auch zu
Gestaltungsanomali en führt. Darum glaube ich, daß das
mit Rücksicht auf die möglichst vollkommene Erkenntnis
eines bestimmten Individuums gewiß berechtigte Bestreben,
sein gesamtes Samenmaterial zur Entwicklung zu bringen.
nicht ganz ohne Bedenken ist. Ich halte es nach meinen
Erfahrungen nicht für unwahrscheinlich, daß die unwilligen
Keimer unter den Samen, die »Trotzer«, wie sie de Vries
nennt, Individuen geschwächter phyletischer Potenz dar-
stellen, in deren Nachkommenschaft sich bald früher bald
später Abweichungen ergeben könnten, die das Bild des
Stammindividuums eher zu trüben denn zu klären imstande
sind. ^
(K. Goebel. Zur Kenntnis der Zv\cigt"arne. Flora. IL und l'J.. Iitl8, Fest-
schrift .Stahl, p. 280), dessen durch SelhstbetVuchtung entstandenen, äußerlich
normalen Teilfriichtchen sich als keiniungsuntüchtig erwiesen und deren
gleichsam steckenbleibenden Blutenstände sehr an die geschwiichte innere
Verfassung der Alcdorolophiis-Tiwevgc erinnern.
1 Schon de Vries war es aufgefallen, daß Pflanzen aus später keimen-
den Samen zu Gestaltsveränderungen neigen: >ßei den mutierenden Arien
liegt die Möglichkeit offenbar vor, daß diese trotzenden Samen mehr Aus-
sicht auf neue Typen bieten als die schnell keimenden.« (Über künstliche
Beschleunigung der Wasseraufnahme durch Druck, a. a. O.. p. 161.) Vgl.
auch O. Renner, Versuche über die gametische K<institution der Oenotlieren,^
p. 171. Fig. 16 und p. 184.
Fälii,i<keit der l.inicnoihaltiing-. 4o9
Die Entstehung der Zwerge von Alccloroloplnis, denen,
da im gleichen Zusammenhange und ohne F^influß von
Ernährungsänderungen entstanden, die im vorhergehenden
Kapitel behandelten teratologischen Fälle angeschlossen werden
können, läßt einen Umstand klar erkennen, der die Bildung
solcher abweichender Formen verursacht: Die Schwächung
der p h 3M e t i s c h e n Potenz durch Disharmonie zwischen
der im Individuum verfügbaren Menge dieser Potenz
und der Zahl seiner Nachlvommen. Leider tragen diese
in ihrem Zusammenhange erkannten Abänderungen nicht
dazu bei, das Problem der Entstehung von neuen lebens-
fähigen Formen zu klären, da sie an Linien auftreten, die
ihrem ganzen Werdegange nach dem sicheren Erlöschen
geweiht sind.
Zum Schlüsse sei noch in Kürze einer Abweichung
gedacht, die sich in meinen Kultui'en alljährlich und immer
im Zusammenhange mit der Herabsetzung phyletischer Potenz
eingestellt hat und gleichfalls Ähnlichkeiten mit gewissen
Mutanten von Oenothei-a aufweist: Die Entstehung ganz
weißer oder doch wenigstens sehr blasser, chlorotisch aus-
sehender Keimpflanzen.^ Sie waren durchwegs entweder ganz
lebensunfähig, so die weißen, oder fortpflanzungsunfähig, so
die blassen, und können daher nicht jenes weitere Interesse
beanspruchen, wie die rücksichtlich ihrer Nachkommenschaft
geprüften und konstant befundenen Zwerge. -
1 O. Rennei- (a. a. O., p. 1.5o) mißt diesen Fnriiicn grüße Beileutimf;
bei: 'Seiir wielitig ist das .\uftreten von langsam wachsenden gelben und
von bakl absterbenden gelblichen oder weißen Keimpflanzen neben den
,niincn
- Die chh)rolischcn Erscheinungen bei grünen i-Iaibsciimarotzein haben
seinerzeit schon Heinricher beschäftigt. Ursprünglicli sah der Forsciie?-
in der Chlorose einen Ausdruck tÜr den (jrad des Parasitismus der be-
treffenden /Xrt: »je unbedingter die parasitische Ernährung zur Vollendung
des Lebenszyklus notwendig ist, um so prägnanter tritt, bei mangelnder
solcher Ernährung, die Erscheinung der Chlorose auf^ (Die grünen Halb-
schmarotzer II., p. 443). Spätere Versuche ließen jedoch erkennen, daß
dieser Zusammenhang nicht immer besteht, daß sich vielmehr das Saatgut
bei einer und derselben Art sehr verschieden verhält (Die grünen Halb-
schmarotzer 1\'., p. 272). Heinricher nimmt an. daß J.ie Samen mit Eis.ei'i
4(i<> A. Spcrlicli.
4. Alteration des festen Keimungsrhythmus.
Der im II. Teile der Arbeit als von äußeren Faktoren
weitgehend unabhängig erkannte und dort näher besprochene
Keimungsrhythmus der Samen von A/cciorolophus erwies
sich — allerdings nur in zwei Fällen unter den Tausenden
geprüfter Samen — derart gestört, daß die Keimung schon
während des Sommers nach einer Ruhe von ungefähr einem
Monate erfolgte. Und auch diese Anomalie zeigte sich in der
Nachkommenschaft einer sowohl durch ihre Aszendenz als
auch durch ihre individuelle Entwicklung als innerlich
sehr geschwächt gekennzeichneten Pflanze und steht zu
irgendwelchen Ernährungseinflüssen in keinerlei Beziehung.
Die Beobachtung ist gerade wegen ihrer Seltenheit beachtens-
wert und scheint mir einen wertvollen Beitrag zur Charak-
terisierung der Sommerreife des Samens als eines zum Erb-
gute der Art gehörigen Merkmals zu liefern, an dem wie an
den konstant vererbbaren, spezifischen morphologischen Merk-
malen durch Schwächung der inneren \'erfassung Änderungen
erfolgen k()nnen.
Das Individuum mit den zwei abnoi^mal keimenden
-Samen gehört einer Linie an, die von der Stammpflanze des
Jahres 1912 an alljährlich durch sehr schlechte Keimung
und reichliches Absterben von Nachkommen gekennzeichnet
ist. Es ist das einzige überlebende Exemplar der Linie im
Jahre 1917 und hat sich aus einem Samen entwickelt, der
erst im zweiten Winter nach erlangter Reife keimte (Spät-
keimer). Die Entwicklung der Pflanze war eine sehr träge,
erst Mitte Juni kam sie zur Blüte. Ihr .Aussehen war
kümmerlich; ziemlich langgestreckt (trotz guter Belichtung)
und unverzweigt, hatte sie selbst keinen Halt und mußte
gestützt werden. In einzelnen Nodien, auf die sich offenbar
die ganze Kraft konzentrierte, wurden ziemlich viel .Samen
entwickelt. Ihre Keimkraft wurde im Dunkeln geprüft.
A'erschieden bedacht sind. Wenn dem so ist (was iceineswegs t'cststeiil),
dann lehren meine N'ersuche, bei ueiciien Samen diese Benachteiligung zu
erwarten ist.
Fiihigkeit >.ic!- l.iniLMici-lialtun.ü:. 4b 1
1. Nüd. 1 l^lüte. 1 Saiiien, keimt am IS. I., Keimlin.u stirbt.
2. Ni)d. 1 iilüte, iJliile bleibt stecken.
A. NoJ. 1 Blüte, 4 Samen, 'A keimen am 11. I. und IS. !.. Keimlin.ne
sterben.
4. NikI. 1 HUite, kein Same.
.'). Nod. 1 Pilüte, 4 Samen. 3 keimten am IS. 1. und 1. IL, Keimlinge
sterben.
("). Xnd. 2 Blüten, 13 Samen, 1 keimt am 17. VIII.. 1 am 5. I., 'i am
)S. 1., 1 am 7. I\'., kein Keimling ist lebensfähig.
7. Xod. 1 Blüte, G Samen. 1 keimt am 17. VIII.. 2 am 11. !.. 2 am
23. I.. kein Keimling ist lebensfähig.
5. Nod. 2 Blüten. 3 Samen, sterben ab.
9. Xod. 1 Blüte, 2 Samen, sterben ab.
10. Xod. 1 Blüte. 4 Samen, sterben ab.
Demnach findet die Linie mit diesem Exemplar, das
uns die seltene Keimungsanomalie brachte, ihr Ende. Von
den oben verzeichneten Nachkommen interessiert uns das
nähere Schicksal der zwei Sommerkeimer. Ich brachte sie
bald nach der Keimung in entsprechend mit Wirtpflanzen
versehene Gefäße, die im Freien zur Aufstellung gelangten.
Die Kot\Medonen erschienen noch im August über der Erde,
ergrünten normal das erste Laubblattpaar entfaltete sich;
hiermit war aber das Wachstum zu Ende. In der ersten
Septemberwoche starben beide Pflänzchen trotz sorgsamster
Fliege ab.i
Mit den Anomalien der äußeren Gestaltung zusammen-
gehalten, die in den vorhergehenden Kapiteln besprochen
wurden und durchwegs in Linien auftraten, die zumeist schon
in der direkten Nachkommenschaft dem Untergange geweiht
waren, gewinnt die Keimungsanomalie zweifellos Bedeutung.
Sie bekräftigt uns in der schon im II. Teile der Arbeit
begründeten Auffassung, daß die normale, fünf Monate
währende feste Ruhe der Alcctorolopliiis-Sumen genau so,
1 In W. Kinzel's Keimungstabellen (Frost und Licht als beeinllussende
Kräfte, Tab. XVI) sind für R/iitiünlhiis hirsitliis im Lichte im August Z^(^,
im Dunkeln im August 1 " ^ und im Oktober 2 u j^, Keimungen verzeichnet.
Die Dunkelkeimlinge waren abnormal, .ledenfalls geht aus dieser Angabe
hervor, daß die besprochene Keimungsanomalie auch häufiger vor-
kommen kann. Die Aszendenz diesei- Keimlinge ist für mich unzweifeüiaft.
4()'_1 A. Sperlicli.
wie bestimmte morphologische Merkmale, zu jenen Äußerungen
der Organisation gehörl, die \on Generation zu Generation
unverändert übei^gehen und die Art als solche charakterisieren,
daß diese Ruhe also als spezifische zu bezeichnen ist.
Theoretische Erörterungen.
Die Verfolgung der Keimungsverhältnisse in reinen Linien
von Alectorolophtis hirsiUns, die den Ausgangspunkt der
vorliegenden Untersuchungen gebildet hatte, brachte uns die
Erkenntnis, daß der Keimverzug und die Keimungsunfähigk'eit
vieler, äußerlich vollkommen erscheinender Samen Anzeichen
der inneren Schwächung der samentragenden Individuen sind,
deren fernere Nachkommenschaft nicht nur diese Erscheinungen
in erhohiem Maße zur Schau trägt, sondern überdies bald
früher, bald später durch Reduktion der äußerlichen Ge-
staltung, durch die Verlangsamung des Wachstums, durch
die Herabsetzung der Blütenbildung bis zu vollkommener
Sterilität sich als minderwertig erweist und schließlich nicht
mehr existenzfähig ist. Der Umstand, daß diese auffälligen
Schwächeerscheinungen nicht immer gleichzeitig mit oder
unmittelbar nach den Keimungsanomalien zur Offenbarung
gelangen, vielmehr gerade schlechte Keimer oft durch einige
Generationen noch zu üppiger individueller Entfaltung
befähigt sind, konnte und mußte zunächst diesen Zusammen-
hang verschleiern.
Aus der Tatsache, daß sich durch Reduktion der Samcn-
bildung der Wert der Gesamtnachkommenschaft erhöhen und.
daß sich der Wert der Samen der einzelnen Nodien am
Individuum innerhalb gewisser Grenzen verschieben läßt,
wurde weiter geschlossen, daß jedem Individuum nur ein
bestimmtes Maß von Linienerhaltung zukommt,, das mit der
äußerlich erkennbaren FertiUtät durchaus nicht zu harmonieren
braucht, das sich im Gegenteil bei alizugroßer Fruchtbarkeit
nur um so eher erschöpft. Um die Fähigkeit, voll-
wertige existenzfähige Linien zu erzeugen, von der
gebräuchlichen, sich auf das Verhalten während des
Individuallebens beziehenden Auffassung der Fort-
pflanzungsfähigkeit deutlich und unzweifelhaft zu
Fälligkeit der LiiiioiieriialUm.i;. 4bo
trennen, prägte ich für jene den Ausdruck phyletische
Potenz.. Das dem einzelnen Individuum zukommende Maß
dieser Potenz ist in jedem Falle abhängig von seiner
Aszendenz und erkennbar erst in der Deszendenz. Das
letztere erschwert die an und für sich denkbare mathematische
Fassung des Begriffes.
Neben der hidividualpotenz wurde die Annahme einer
Nodiaipotenz notwendig, da sich herausgestellt hat, daß
zwar, wie schon erwähnt, innerlialb gewisser Grenzen eine
Verschiebung der Wertigkeit des Samens von der Basis zur
Spitze, von der Hauptachse in die Seitenachsen möglich,
daß aber dennoch eine vollkommen gleichwertige Vikariierung
nicht erzielbar ist. Die phyletische Potenz ist demnach von
der Individualentwickkmg abhängig und erreicht in den
untersten N o d i e n der hi a u p t a c h s e n m i 1 1 e das Maximum.
Vom ersten Nodium oder von den beiden untersten blühen-
den Nodien abgesehen, kommt den ersterzeugten Nach-
kommen der Hauptanteil der verfügbaren phyleti sehen
Potenz des Individuums zu.
Bildlich läßt sich das Verhalten der Nachkommenschaft
und ihrer Linien und weiteren Seitenlinien rücksichtlich der
phyletischen Potenz am besten durch den Vergleich mit den
Erscheinungen bei der Teilung einer Erbmasse und deren
Folgen fassen: Je größer dei^ ererbte Teil eines Gutes oder
X'ermijgens, um so leichler und gewisser ist bei gleichbleiben-
den Bedingungen die Erreichung eines vollwertigen Ertrages;
fortgesetzte Güterzerstückelung führt unter gleicher Voraus-
setzung unabwendbar zum Untergange. Die schematische
Darstellung, Tafel IV, soll die gefundenen Zusammenhänge
in gedrängter Form versinnbildlichen, wobei der Einfachheit
halber nur je drei Nodien, je drei Nachkommen und zwei
(Generationen der Nachkommenschaft eines vollwertigen
Individuums gezeichnet sind. Die Kreise in den Blattachseln
bedeuten fruchtbare Kapseln, die schwarzen Sektoren in
den Kreisen die verfügbare phyletische Potenz. Alles übrige
\ ersteht sich von selbst. Die im Interesse der Übersichtlichkeit
getroffene Vereinfachung entspricht freilich der Wirklichkeit
sehr wenig; vor allem sei nachdrücklich betont, daß alle
4(34 A. Sperlich.
Grade der Schwächung bis zum völligen Untergange viel-
leicht nur bei Massenproduktion von Nachkommenschaft
eines vollkräftigen Ahnen schon innerhalb zweier Generationen
noch möglich sind. Der Vorstellung indes, wie sich die
Weiterexistenz der Art gleichsam auf das Majorats-
recht gründet, während Seitenlinien schließlich \'erschwinden
müssen wie die verdorrenden Aste eines Baumes, möge die
Darstellung dienlich sein.
Es fragt sich nun. was dieser nachgewiesene und
zweifellos quantitativ faßbare Faktor, die ph^^letische Potenz,
deren Schwächung sich äußerlich zunächst nicht beobachten
läßt, eigentlich ist. Von selbst drängt sich vorerst der
Gedanke auf, eine stoffliche Grundlage zu suchen.
Leicht nachweisbare Reservestoffe, deren Reichtum im allge-
meinen von dem Grade der individuellen Ernährung abhängig
ist, kommen hierbei nicht in Betracht. Denn, wenn auch eine
völlige Unabhängigkeit des Faktors von der Ernährung des
Individuums ausgeschlossen erscheint und eine andauernd
kärgliche Ernährung aufeinanderfolgender (ienerationen selbst
Linien bester innerer Verfassung schließlich zum \'erfalie
führen müßte, so ergaben doch andrerseits die \'ersuche
ganz eindeutig, daß ein einfacher und direkter Zusammenhang
zwischen individueller Ernährung und Linienerhaltung nicht
besteht. Es konnte vielmehr gezeigt werden, daß auf der
einen Seite eine bescheidene individuelle Entwicklung bei
innerlich kräftigen Individuen wie jede andere Reduktion der
.Samenbiidung den Wert der einzelnen Nachkommen erh()ht.
daß auf der anderen Seite innerlich geschwächte Individuen
auf Grund kräftiger Ernährung oft knapp \- o r de m v ö lügen
Aussterben ihrer Linie noch zu üppigster Entfaltung
befähigt sind. Samen solcher Individuen zeigen unter dem
Mikroskope keine anderen stofflichen Verhältnisse als die
willigen Keimer und es erscheint sehr wenig wahrscheinlich,
daß eine genaue quantitative Analj'se irgendwelche Unter-
schiede im Eiweiß-, Fett- oder Aschengehalt zwischen diesen
und jenen ergeben könnte.^
1 Es sei auch daran erinnert, daß die Entscheidung über das .SchicksaP
des Samens spätestens bei der Befruchtung oder knapp nachher erfolgt und
Fähit^keit der Linienei-luiltung. 40. >
Der Unterschied kann nur in der feineren Zusammen-
setzung des Plasmas liegen und wir dürfen vielleicht an-
nehmen, daß die enzymatische Ausrüstung nicht in
allen Fällen den Erfordernissen des regelrechten
StoffvN'echsels entspricht. Hierbei genügt es, wenn auch
nur ein unbedingt nötiges Glied in irgend einem stofflichen
System fehlt, nicht oder zu spät aus dem ererbten Substrat
zur Entwicklung gelangt. Die eben erwähnte Tatsache, daß
geschwächte Indi\iduen noch zu üppiger Entfaltung und zur
Produktion nährstoffreicher Samen befähigt sind, die
keimungsunfähig bleiben, deutet darauf hin, daß die
Beeinträchtigung der Katalysatoren im Plasma der Nach-
kommen zunächst die Üissimilationsphase betreffen dürfte,
wodurch eine Herabsetzung der Betriebsenergie unter das
erforderliche Maß und bis zur völligen Betriebseinstellung
zustande käme. Hierfür spricht nun die bemerkenswerte Tat-
sache, daß Samen gerade solcher Individuen noch durcii
das Licht, wenn es in der Zeit zwischen Schnittreife und Keim-
reife zur Einwirkung gelangt, zur Keimung gebracht werden
k(>nnen. Die Wirkung des Lichtes bei der Samenkeimung ist
nicht anders denkbar als katalytisch. Heinricher hat diesen
Gedanken zum erstenmal ganz allgemein ausgesprochen,^
genauer formuliert und, wenn auch nicht restlos begründet,
so doch wesentlich gestützt wurde die Sachlage durch die
Untersuchungen Lehmann's und Ottenwälder's. - In un-
serem Falle erscheint das Licht geradezu als Ersatz
die daraufhin sicli abspielenden V'uryiinge der weiteren Ausgestaltung un>.i.
Füllung mit Reservestoffen keinen EinfluÜ mehr haben. Vgl. die Ausführung
auf p. 41.').
1 »Die fördernde Wirkiuig des Lichtes auf den Keimungsprozeß....
liegt zweifelsohne in chemischen Wirkungen, welche die Reaktivierung der
FJeservestoffe betreffen. ^ E. Heinricher, Ein Fall beschleunigender Wirkung
des Lichtes auf "die Samenkeimung. A'orl. Mitteilung). Ber. d. D. B. G. 17.
1S99. p. 308 und Beeinllussung der .Samenkeimung durch das Licht. Wiesner-
Festschrift. Wien 1908, p. 278.
- E. Lehmann und A. Ottenwiilder, Über kataly tische Wirkung
des Lichtes hei der Keimung iichtemplindhcher Samen, Zeitschr. f. Bot. o,
1913, p. 337 und E. Lehmann, Über katalytische Lichtwirkung bei dei
Samenkeimung. Biochem. Zeitschr. 50, 1913, p. 388.
4()() A. Spcrlich.
für die Benachteiligung des ererbten Substrats in
seiner dissimilatorischen Leistungsfähigkeit und wir
kcmnen uns vorstellen, daß die in der Zeit äußerlicher Samen-
ruhe sich normalerweise selbsttätig entwickelnden erforder-
lichen Katalysatoren — vielleicht ein einziger ganz bestimmter —
hier durch eine arbeitsspeichernde photochemische Reaktion
geschaffen werden. Diese Ersetzbarkeit für den Energiegewinn
fehlender stofflicher Grundlagen durch einstrahlende Energie
zur festgestellten Zeit des Samenlebens kommt aber nicht
nur der dargelegten Hypothese über die Natur der phyletischen
Potenz zugute, sondern läßt uns überdies die in einem
früheren Kapitel als spezifisch charakterisierte Ruhe der
Samen als eine für den Keimling und seine fernere Ent-
wicklung sehr bedeutende und entscheidende Periode
erscheinen. Wie weit diese begünstigende Einwirkung des
Lichtes zur Zeit der Samenruhe in die Zukunft reicht, wurde
noch nicht festgestellt.
Auf die Störung der Dissimilation folgt die Herabsetzung
der assimilatorischen Leistungsfähigkeit und geht weiter mit
ihr Hand in Hand; die ferneren Nachkommen schlechter
Keimer tragen ihre mangelhafte innere \'erfassung ganz
offen zur Schau. Zu den aus früheren Abschnitten bekannten
Erscheinungen der Wachstumsverzögerung, der Verzwergung,
Sterilität der Blüten, Blühunfähigkeit und Chlorose gesellen
sich dann noch die beschriebenen morphologischen
Anomalien. Ihr Zusammenhang mit der Schwächung der
phyletischen Potenz ist, ohne an eine \'erallgemeinerung
zu denken,^ für unseren Fall zweifellos. Wenn die mor-
phologische Ausprägung schließlich und endlich auf einen
bestimmten geregelten Verlauf ineinandergreifender und
gesetzmäßig voneinander abhängender assimilatorischer und
dissimilatorischer Vorgänge zurückzuführen ist, so macht
1 Wesentlich anders muß beispielsweise die ans K. Hanr's Ver-
erbungsversuchen bekannte pelurische Form des Löwenmauls mit /.weifellos
starker phyletischer Potenz entstanden sein. (V,nl. Einiuhrung in die
experimentelle Vererbungslehre. Berlin 1911 und die Behandlung der
Bastardierung durch denselben X'erfasser im Handbuch der Naturwissen-
schaften I., Jena 1912.
Fähigkeit der Linienerhaltung. M)i
die X'orstellung dieses Zusammenhanges auch keine weiteren
Schwierigkeiten. Es braucht hierbei an den Ausfall ganz
speziiischer Stoffe, etwa im Sinne Sachs' gar nicht gedacht
zu werden. Gewisse, innerhalb der Grenzen eines sonst
normalen Individuums zur Beobachtung gelangende Anomalien,
wie beispielsweise die Reduktion in der Zahl der Blütenteile,
Unterdrückung der Carpelle, \'ereinfachimg \'on Blättern an
den letzten Ausgliederungen eines V'egetationspunktes wurden
seit jeher mit der Erschöpfung des plastischen Materials in
Zusammenhang gebracht.^ Setzen wir an Stelle des groben
plastischen Materials die feineren, bisher nur geahnten chemi-
schen Systeme des Piasmas und denken wir uns die Er-
zeugnisse, über das individuelle Maß hinaus, aus einem
und demselben nicht unersch<')pflichen h\'pothetischen Grund-
system geworden, so ist die Art des Zusammenhanges die-
selbe. Dieses Grundsystem muß aber in unserem Ealle, da
seine Erschöpfung erst jenseits der Grenzen des hidividuums
bemerkbar wird, demnach die Keimzelle als Brücke zwischen
den Generationen benützt, auch dem Keimplasma angehören.
So gelangen wir mit zwingender Notwendigkeit zur Vor-
stellung, daß die stofflichen Grundlagen der phy-
le tischen Potenz im Keimplasma zu finden sind und
dieses demnach im Rahmen des Individuums nicht gleich-
wertig sein kann. Ob diese Grundlagen dem eigentlichen
Idioplasma, dessen gleichmäßige Kontinuität und Differen-
zierung die Basis aller theoretischen Verwertung der Ver-
erbungsgesetze darstellen, angehören oder außerhalb desselben
zu denken sind, läßt sich zunächst nicht entscheiden. Hierzu
fehlen vor allem ausreichende Erfahrungen über die Beein-
flussimg der phyletischen Potenz der Nachkommenschaft
durch Kreuzung von Individuen, die in dieser Hinsicht weit-
gehend verschieden sind. Wie erinnerlich (siehe p. 41 7 ff.) ergaben
1 So hat auch Heinricher die /.ahh'eichen, nicht mit Rückschhig.s-
erscheinungen zusammenhängenden Blütenanomalien bei /w /nillicia Lam.
alhii'ui. die zumeist an sehr reicliblüti gen Pflanzen-stücken gegen Ende
der Blütezeit zur Beobachtung gelangten, erklärt. (Versuche über die Ver-
erbung von Rückschlagserscheinungen bei Pflanzen. Jahrb. f. wissensch. But.
24, f892, p. 80.)
4()8 A. Sperlioh,
die bisherigen Erfahrungen keinerlei Andeutung einer Ände-
rungsmöglichkeit durch Hinzuführung von Pollen besserer
oder schlechterer Individuen, ausgedehntere Versuche über
diese gewiß sehr wichtige Frage stehen jedoch noch aus.
Deswegen möchte ich auch die offenkundig mit der Schwächung
der phyletischen Potenz zusammenhängenden morphologischen
Abänderungen, selbst wenn sie, wie im Falle unserer Zwerge,
sich durch die noch möglichen Generationen als erblich
erweisen, nicht zu den eigentlichen Mutationen rechnen,
bei denen Änderungen im Idioplasma selbst angenommen
werden müssen. Da diese von jenen vielfach äußerlich
nicht unterschieden werden können, habe ich in einem der
letzten Kapitel auf die Möglichkeit, vielleicht auch Wahr-
scheinlichkeit aufmerksam gemacht, daß manche der bekannten
Mutationen, zumal die sogenannten \"erlustmiitanten, jenen
angehören.
Die erkannten und dargelegten Zusammenhänge gestatten
schließlich auch die Beantwortung einer die Züchtung hoch-
wertiger Sorten unserer Kulturpflanzen interessierenden Frage
mit einiger Wahrscheinlichkeit. Es ist bekanntlich das Ver-
dienst Johannsen's, in exakter Weise gezeigt zu haben,
worauf die auf Grund fortgesetzter Selektion des Besten
schließlich erreichbare Konstanz einer hochwertigen Kultur-
rasse beruht.^ Gleichzeitig ist aber bekannt, daß jede solche
Rasse nur durch andauernde Zucht vollwertig bleibt, u'ährend
sie, sich selbst überlassen, früher oder später im Werte
zurückgeht. Originalsaat, erster, zweiter Nachbau sind die
üblichen Bezeichnungen der landwirtschaftlichen Praxis. Wenn
nun auch zugegeben sei, daß in vielen Fällen die Entwertung
in der unvermeidlichen Kreuzung der betreffenden Edelrasse
mit gleichzeitig auf benachbarten Feldern angebauten Misch-
rassen ihren Grund hat,-' so halte ich doch die Bemerkung,
1 W. Johannsen, Erblichkeit in Populationen. Jena !908.
'-' Vgl. E. Haur. Die Bedeutung der primitiven Kuhiirrassen und der
wilden Verwandten unserer Kulturpflanzen für die Pflanzenziichtung. Jahrb.
d. deutsch. Landwirtschafts-Cicscllsch. 1914, p. 104.
Fähigkeit der l.inienerlialtung-. 4(1*.)
die Jost anliibiich der Besprechung dieser Dinge in seinen
\'orlesungen macht, ^ nicht für unberechtigt.
Ich halte es für sehr wahrscheinUch, daß die Entwertung
auch bei Ausschluß des Einflusses minderwertiger Sorten,
etwa in einem Gebiete, wo die betreffende Art nur in der
hochgezüchteten Form zum Anbau gelangt, sich einstellen
wird, und daß diese Entwertung dann lediglich dem Um-
stände zuzuschreiben ist, daß die phyletische Potenz eben
nicht gleichmäßig auf alle Nachkommen der Samenträger
verteilt wird.- Auch der in der landwirtschaftlichen Praxis
da und dort übliche Ausdruck, der Same einer Kulturpflanze
sei im eigenen Betriebe »abgebaut*^, und die Notwendigkeit,
in solchen Fällen den Ertrag durch Erwerbung fremden Saat-
outes zu heben, erfahren hiermit eine neue Beleuchtung.
AIcctoroloplius hirsuins ist eine typische Saisonpflanze.
Im Abschnitte, der von seinem Keimungsrhythtnus handelt,
wurde auseinandergesetzt, daß diese Erscheinung vor allem
auf der charakteristischen festen, von äußeren Faktoren an-
scheinend unabhängigen Ruhe der Samen beruht. Sie aliein
könnte jedoch die beschränkte Vegetationsperiode des Schma-
rotzers nicht herbeiführen. Denn es ist einleuchtend, daß
Samen später blühender Nodien, etwa des Gipfels und
noch mehr der Seitenachsen erster und gar zweiter Ordnung
bei zeitlich gleich lange andauernder Ruhe auch später
keimen müßten, wodurch die ganze Entwicklung der Pflanze
um dieselbe Zeitspanne gegen den Sommer verschoben f
würde. Bei Wiederholung in aufeinanderfolgenden Jahren
müßte sich die Vegetationsperiode immer weiter ausdehnen,
vorausgesetzt, daß die geänderten Lichtverhältnisse der zweiten
Jahreshälfte das Gedeihen der Pflanze ermöglichen. Dies
unterliegt aber keinem Zweifel, da Aleciorolopliiis Inrsitlns
als Getreideschmarotzer, zumeist reich \'erzweigt, noch tief
1 3. Autl.. Jena lS^i:i p. 526, Fußnote &n.
- Über die Veränderlichkeit der Keimungskurve in reinen Linien
;!. beispielsweise die Auseinandersetzung auf p. 43.j.
470
A. Spei 1 ich ,
im August blühend und fruchtend angetroffen wird, buich
die früher oder später zum Untergange aller Nach-
kommen spät entstandener Keime führende Ungleich-
mäßigkeit in der \'erteilung der phyletischen Potenz
wird die eben geschilderte und mögliche Ausdehnung
der Vegetationsperiode wirksam unterbunden. So
sehen wir den Saisoncharakter der Pflanze nicht su sehr
durch die Anpassung der einzelnen Schritte in der Entwicklung
des Individuums an die klimatischen \'erhältnisse des Frühlings
unserer Breiten gegeben, sondern durch zwei Momente, die
gewiß nicht sehr naheliegend sind und erst durch vertiettere
Kenntnis der Pflanze erkennbar werden: Die feste, zeitlich
streng gesetzmäßige Samenruhe und die Einschränkung der
Erhaltung der Art in ihrer V'ollkraft auf früh angelegte Keime
der frühesten Individuen.
Es fällt schwer, sich die Ahnen des Alectorolophns
/lirsutns mit Bedachtnahme auf seine reiche Fruchtbarkeit,
die, wie wir gesehen, heute zum großen Teile zwecklos
erscheint, anders vorzustellen als über die ganze, nLir durch
die klimatischen Verhältnisse eingeengte Zeit des Jahres
werdend, blühend Lmd fruchtbringend wie etwa eine ( 'apsclUi
oder Smapis.
Vv'ettstein's Gedanke von der Entstehung zeitlich getrennt
blühender, saisondimorpher P'ormen aus einheitlichem
Ursprung^ ergibt sich somit von einer ganz anderen P^r-
fahrung aus und wird hierdurch wesentlich gestützt. Bevor
indes an eine eingehendere Auswertung des zweifellos vor-
'handenen Zusammenhanges der Zwillingsformen geschritten
werden kann, müssen erst Keimungs- und Entwicklungs-
rhythmik einer ausgesprDchenen Herbstform vollkommen auf-
geklärt sein.
Zusammenfassung.
Die sehr imregeimäßigen imd wechselnden Keimerfolge
bei Aussaaten von Alccforolophtis-Ssimen erklären sich nicht
1 R. V. Wettstein. Der Saison- Dimorphismus als Ausgangspunkt lÜi
die Hildung neuer .Arten im Pflanzenreiche. Rer. d. D. B. O. /,", lRl»f>.
Fähigkeit der Linienerlialtung. 4^1
durch X'ermischung von Linien verschiedener Keimkiaft oder
durch Bastardierung früh- und spätkeimender Rassen. Auch
in reinen Linien bleibt der Keimungserfolg nicht konstant.
Die Zimahme von spätkeimenden .Samen und die
Steigerung in der Produktion von äußerlich zwar vollkommen
einwandfreien, aber keimungsunfähigen Samen, die sich bei
Reinzucht in jeder Deszendenz früher oder später einstellt,
deutet darauf hin, daß die Samenträger, auch wenn sie selbst
noch zu bester Individualentwicklung befähigt sind, nicht
lebensfähigen und dem sicheren Untergange entgegengehenden
Abzweigungen des .Stammbaumes angehören.
In der Nachkommenschaft solcher geschwächter Individuen
gesellt sich in \ erschiedenem Grade die Herabsetzung der
individuellen Entwicklungsmöglichkeit hierzu, die aber
häutig auch schon bei den Geschwistern bemerkbar wird.
.Sie äußert sich durch das Absterben von Keimlingen bald
nach der Keimung, abnormalen Keimvorgang, Chlorose, durch
das Eingehen der Pflanzen vor Erreichung der Blühreife,
durch .SteckenbleilTen \'on Blütenknospen, mangelhafte Ent-
wicklung der Makro- oder Mikrospuren oder beider zugleich,
schließlich durch Verlangsamung des Wachstums und der
Entwicklung imd ein harmonisches Zurückbleiben in allen
Maßen auch bei günstigsten äußeren Bedingungen, also durch
ausgesprochenen Nanismus. Die Samen geschwächter Individuen
sind zudem kurzlebig; sie vertragen, dem Grade der
Schwächimg entsprechend, längeres trockenes Aufbewahren
nicht.
Die Ausprägung der Schwächtmg ist abhängig von der
Rangordnung der Kapsel, aus welcher der .Samen stammt
und von der I'^ruchtbarkeit des Individuums: Je später ein
Individuum entstanden ist, um so schwächer ist seine De-
szendenz, um so früher müssen die ihm entstammenden
Linien zugrundegehen. .Fe fruchtbarer ein Individuum ist, um
so eher wird dieser Zusammenhang bemerkbar.
Bei allen Individuen — die bis zur Unfruchtbarkeit
ge.schvvächten selbstverständlich ausgenommen — hat eine
Reduktion der Samenerzeugung — gleichviel, auf welche
Weise erreicht — eine Erhöhung des Wertes der Deszendenz
472 A. Sperlicli.
zur Folge. Die Entfernung schwellender Kapseln hat jedoch
auf die Keimkraft der verbleibenden Samen keinen Einfluß.
Das Schicksal des Nachkommens entscheidet sich daher
spätestens bei der Befruchtung selbst oder knapp nachher.
Soweit bisher feststellbar, ändert Pollen einer Pflanze \'on
anderer inneren Verfassung an der Keimkraft der Samen
•eines bestimmten Individuums nichts, weder im positiven noch
im negativen Sinne.
Vollkeimung der Samen eines lndi\"iduums im ersten
Frühjahre nach der Reife ist erreichbar. Sie kann erwartet
werden, wenn die Mutterpflanze selbst einer frühen Ernie
■entstammt und ihre Aszendenz Jahr für Jahr aus frühen
Nodien erwuchs, wenn sie jedoch zudem ein bestimmtes Mal.l
individueller Entwicklung nicht überschreitet.
Die Fähigkeit, vollwertige, die Weiterexistenz
der Art verbürgende Nachkommen zu erzeugen, wird
phyletische Potenz genannt. Eine Scheidung vom ge-
bräuchlichen Ausdruck Fortpflanzungsfähigkeit (Fertilität), der
sich auf das Verhalten des Organismus in den Grenzen
seines individuellen Lebens bezieht, war um so notwendiger,
als auch fortpflanzungsfähige Individuen über wenig phyletische
Potenz verfügen können.
Jedem Einzelwesen ]>:ommt ein \-on seiner Aszendenz
.abhängiges und in seiner Deszendenz erkennbares
Maß phyletischer Potenz zu: es ist innerhalb gewisser
Grenzen am Individuum derait verschiebbar, daß bei Unter-
drückung der Fruchtbarkeit älterer Nodien die jüngeren
Nodien phyletisch wertvoller werden. Die Grenzen, die einer
reinen Ersetzbarkeit der Nodien gesteckt sind, erklären sich
durch Änderung in der inneren Verfassung während der
individuellen Entwicklung: Neben dem Individualmaß phyle-
tischer Potenz sind von diesem abhängige, aber tmter sich
verschiedene Nodialmaße anzunehmen. Diese erreichen in den
untersten Nodien der Blütenstandsmitte ihren höchsten Wert.
Die Samen von Alectorolopluis liirsiitiis keimen frühestens
Ende November des Reifejahres, die höchste Zahl keimender
F";i!)igkeit der Linienci-haltung. '^^A
Samen wird anfangs Jännev erreicht; hierauf fällt die Zahl
rasch, verzögerte Keimungen sind bis zum April möglich. Die
Keimungsfrequenz ist bei ausgewählt vollkräftigen Samen
durch eine symmetrische, steil ansteigende und abfallende
Kurve mit hohem Gipfel darstellbar. Sie muß sich, ent-
sprechend der zunehmenden Schwächung der phyletischen
Potenz in aufeinanderfolgenden Generationen mit zunehmender
Bevölkerung, allmählich verflachen und .unregelmäßig werden
lind wird hierdurch ein Beispiel für die Veränderungs-
möglichkeit von Kreqiienzkurven auch in reinen Linien.
Licht und Frost sind für vollwertige Samen des
Schmarotzers zur Keimung unnotwendig. Die Temperatur-
grenzen, innerhalb welcher zur Zeit der Keimfähigkei:
Keimung erfolgt, sind annähernd 0° und 1<S°.
\'om Reifemonat Juni bis November ist der Zeitpunkt
des Anbaus \'on keinem Kinfluß auf den Zeitpunkt der
Keimimg: \-on Dezember ab setzt die Keimimg ziemlich
gesetzmäßig einen Monat nach dem Anbau (Liegezeit) ein.
Die Keimfähigkeit erhält sich durch zwei Monate (Dezember.
Jänner) auf der Höhe und klingt rasch gegen den April ab;
darüber hinaus wird der keimfähige Zustand erst wieder i"m
Spätherbste erreicht.
Weder Licht noch Treibmittel haben auf den strengen
Keimungsrh\'thmus der Alecforoloplitis-Sa.men Einfluß. Ätheri-
sierung zur Zeit der Keimfähigkeit wirkt phyletisch selektiv.
Geschwächte Samen (Nachkommen von Individuen
•oder aus Nodien kleiner phyletischer Potenz) werden durch
das Licht in der Kennung auffallend gefördert. Das Licht.
ist ausschließlich in der Periode vor Erreichung der Keim-
fähigkeit wirksam, wobei sich die Einwirkung auf den letzten
Abschnitt dieser Periode (Oktober) beschränken kann. Oie
Ersetzbarkeit von Mängeln in der inneren Verfassung durch
das Licht, die bisher allerdings nur. für die Keimung fest-,
gestellt wurde, ist für die Frage nach dem Wesen dec-
phyletischen; Potenz bedeutungsvoll. : . ,/
Die ungefähr fünf Monate andauernde Sommerruhe i^r,
Samen wird al> spezifisch bezeichnet: Sie ist ein erbliches,
Sitzb. d. mathe:r..-r.atur\v. K!., Abt. I, las. Cd. 33
474 A. Sperlich,
zum Charakter der Pflanze gehöriges Merkmal. Daneberr
treten in freier Natur nach der Keimung und während des
unterirdischen Lebens durch Frost verursachte, verschieden
lang andauernde und jederzeit aufhebbare Ruheperioden in
Erscheinung. Bei vollkommen frostfreier Kultur wird die
Pflanze um einen Monat früher blühreif.
Die von äußeren Faktoren weitgehend unabhängig erkannte
Samenruhe und die Einschränkung der Art in ihrer Vollkraft
auf früh angelegte Keime der frühesten Individuen begründen
gemeinsam den Saisoncharakter der im übrigen au(3erordenilich
anpassungsfähigen Pflanze.
Die in sämtlichen kultivierten Linien auftretenden Ge-
staltungsanomalien — Tri- oder .Synkotylie, Polyphyllie der
Wirtel, Chorise, Adhäsion und Diremption der Blätter (mit
Zwangsdrehung der Achse verbunden), Vermehrung der
Carpelle und .Stamina, Oberlippenadesmie der Blüte — konnten
als Ausprägungen geschwächter phyletischer Potenz
und von der Ernährung unabhängig erkannt werden.
Damit ist wenigstens für Alectoroloplms die Frage, wann
sind teratologische Erscheinungen in der Nachkommenschaft
normaler Individuen zu erwarten, beantwortet. Im gleichen
Zusammenhange wurden chlorotische Keimpflanzen und
Alterationen des festen Keimungsrhythmus festgestellt.
Die Einschränkung der Fortpflanzung bei Zwergen
schafft die Möglichkeit, daß sich der Zwergwuchs als
Ausprägung geschwächter phyletischer Potenz durch
einige Generationen lebensfähig erhält und derart
als erblich erscheint. Da Zwerge aus phyletisch ge-
schwächter Aszendenz mit Zwergmutanten sehr viel .Ähn-
lichkeit haben und von ihnen äußerlich kaum zu unter-
scheiden sind, wird auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht,
daß manche beschriebene Zwergformen in einer reichen
Nachkommenschaft — vielleicht auch sonstige sogenannte
Verlustmutanten — keine echten Mutanten mit geforderten
Änderungen im Idioplasma seien.
l-";ihii^l<eit der Linioncrlialtunt;-. 4/0
Alcctoroiophiis hirsntiis ist am Standorte det P^reiland-
ernten (Mühlau bei Innsbruck) hetrozygotisch. Er enthält
die offenrachige Form (Anoectoleinns) AI. Facchiuii (Chab.)
Stern. Das Merkmal ist rezessiv. Mit Rücksicht auf die
unzusammenhängende, auf wenige alpine Standorte be-
schränkte Verbreitung der Art wäre vom Standpunkte der
Frage nach der ursprünglichen Ausdehnimg des Anoectoleinns
die Prüfuncf auch an anderen Standorten durchzuführen.
Sperlich A.: Fähigkeit der Linienerhaltun^
Taf. I
Flg. I.
Die Deszendenten einer Kapsel; annähernd gleichzeitige Keimung; nach
ungefähr 3 Monaten, i/.) der nat. Grüße.
Fig. 2.
Deszendenz einer Kapsel; die Überlebenden von 7 Keimlingen; ungefähr
3 Monate nach der Keimung, i/o der nat. Größe.
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, .Abt. I, 128. Bd., 1919.
Sperlieh A.: Fähigkeit der Linienerhaltung.
Taf. 11
Fig. 8.
Deszendenz einer iCapsel; etwas über 2 Monate nach der gleichzeitigen
Keimung. i'.> der nat. Größe.
Fig. 4.
a) Eine Gruppe Individuen mit Blüten des Anoccfohinu s-iy^^w^; rechts ein Individuum
mit dreizähligen Blattwirteln; -j^j der nat. Größe.
h) Das Individuum mit dreizähligen Wirtein in nat. Größe.
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd.. 1919.
Sperlich A.: Fähigkeit der Linienerhaltung.
"Tat". III
Fig. 5.
a) Eine Gruppe Individuen mit Blüten des Anocctoleinns-iy^pus; das längste Exem-
plar mit spiralig gestellten Blättern und Zwangsdrehung im oberen Teile; 2^ der
nat. Größe.
b) Der obere Teil der abnormalen Pflanze in nat. Grüße; die unterste Blüte ist in
Postfloration und täuscht einen geschlossenen Rachen {C!c!sfoleiniis-typu^) vor.
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse. .Abt. 1. 12S. Bd., 1919.
Sperüeh A.: Fähigkeit der Linienerhaltung.
F.
_1^
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En.
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JII.N.
1IL.N.
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'^ "9L^N^ "S^
I.N.
I.N.
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X3|/ \i/
In.
In.
In.
]Ln.
I.N.
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In.
I.N.
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J[.N.
^-C5p^^-<^ ^^
In.
^^
In.
TIn.
\QP^
_A.
NW^ NSJV "<^ v<5Ä-sQ|p^NQj^
\f"
^r
Taf. IV
"^X^p'
Fig. 10.
Schematische Darstellung der Verteilung der phyletischen
Potenz in zwei Generationen der Nachkommenschaft eines
vollwertigen Individuums.
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., mathem.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd., 1919.
I
477
Ober den Einfluß des Quellungszeitpunktes
von Treibmitteln und des Lichtes auf die
Samenkeimung von Alectorolophus hirsuius
All.; Charakterisierung der Samenruhe
Von
Adolf Sperlich
Aus dem Botanischen Institut der Universität Innsbruci\
Mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften aus den Erträgnissen,
der Erbschaft Strohmeyer
(Vorgelegt in der Sitzung am 12. Juni 1919)
In meiner Abhandlung »Die Fähigkeit der Linienerhaltung
(phyletische Potenz), ein auf die Nachkommenschaft von Saison-
pflanzen mit festem Rhythmus ungleichmäßig übergehende)-
Faktoi« habe ich die annähernd fünf Monate andauernde
Somrnerruhe der Samen von Altcforolophus als spezifische Ruhe
charakterisiert und als solche zimi Erbgute der Art gehörig
betrachtet. Da die Versuche und Erwägungen, die mich zu
dieser Auffassung führten, dort nur bezüglich des Tem-
peratureinflusses auf den Keimvorgang mitgeteilt sind, seien
die weiteren Versuche und theoretischen Erörterungen hier
nachgetragen.
Unter den Versuchen erscheinen die über den Einfluß
des Lichtes mit Rücksicht auf die bisher wenig geübte Sorg-
falt hei der .Auswahl des Versuchsmaterials beachtenswert.
1. Einfluß des Quellungszeitpunktes.
Nachdem in der oben genannten Abhandlung besprochene
Versuche gezeigt hatten, daß innerhalb bestimmter Grenzen
(annähernd 0° und lö bis 18°) die Temperatur von keinem
478
A. .Sperlich,
Einfluß auf den periodischen Keimungsverlauf der Alectoro-
loplnis-Samen ist und daß Frost und Licht als notwendige
Faktoren für die Keimung nicht in Betracht kommen, sollten
weitere Versuche zeigen, inwieweit der Zeitpunkt der Keimung
durch den Zeitpunkt der Wasseraufnahme beeinflußt werden
kann. Zu diesem Zwecke wurden je 100 .Samen möglichst
gleichwertiger Herkunft in jedem Monate, vom Reifemonat
Juni angefangen, auf feuchten Sand in Petrischalen ausgesetzt
und in den Dunkelkasten des besprochenen Versuchsraumes
gebracht. Da das Material günstigster Herkunft nur bis zum
Dezember ausreichte, wurde in diesem Monate ein gleich-
laufender Versuch mit schlechterem Material eingeleitet, das
für die Versuche der folgenden Monate \\'eiter zur \"erwendung
kam. Die anschließende Tabelle gibt diese Versuche in über-
sichtlicher Form wieder.
Anbau
Mitte des
Monats
Keim-
prozent
' Mittlere '
, Temperatur
Keimperiode des Raumes Anmerkung
während der
Keimperiode '
Erstes Material i
l
Juni
Juli
August
September . .
Oktober
November . .
Dezember . .
92
86
78
1 00
75
92
80
lO.XII. bis 12.11.
18.XII. . 12.11.
10. XH. '■ 25.1.
4.XII. -> 25.1.
lO.XII. •■ 25.1.
18.X11. . 25.1.
14.1. > 2:ilil.
5
5
5
4-2°
4-2
6
Ein Nachzügler
am 14. V.
Zweites .Material
Dezember . .
Jänner
Februar ....
März
April
Mai
42
?,2
19
5
n
ll.I. bis 27.111.
27.11. » 27.111.
10.1V. » 26. V.
l.l.V. >■ 26. V.
■ 6°
8
i:^
15
Kein N'cisuch
Früheste Keimung
am 27. XI. der
folgenden Keim-
periode.
yuelkingszcilpunivt iiiui Samenkcinuiiii;. 4/9
Den Versuchen entnehmen wir zunächst mit aller Be-
stimmtheit, daß \on Juni bis November der Zeit-
punkt des Anbaues von keinem Einfluß auf den
Zeitpunkt der Keimung ist. Der früheste Keimungs-
beginn beim Septemberanbau hängt offenbar mit der besonderen
Güte gerade dieses Materials zusammen, worauf auch die hier
erreichte Vollkeimimg hindeutet. Das will besagen, daß in der
angegebenen Zeit ein gequollener von einem trockenen Samen
sich innerlich nicht unterscheidet, daß die in dieser Zeit auf
die Erreichung" der Keimfähigkeit hinzielenden Prozesse das
Ouellwasser nicht benötigen.
Anders \erhält sich der Dezemberanbau und die Ver-
suche der folgenden Monate. Hier setzt die Keimung
z i e m 1 i c h g e s e t z m ä 13 ig ungefähr einen Monat
nach dem Anbau ein. Hat also der Samen den Zustand
der Keimfähigkeit erreicht, so bedarf es einer weiteren be-
stimmten Zeit — sie ist, wie wir durch Vergleich der Früh-
lingsmonate ersehen, innerhalb der gegebenen Grenzen von
der Temperatur unabhängig - , bis die Keimung tatsäch-
lich erfolgt.^ In dieser Zeit gehen innere Prozesse vor sich,
zu deren Ablauf das Wasser notwendig ist. Wir kennen ferner
aus den X-^ersuchen genau den Zeitpunkt des Eintrittes der
Keimfähigkeit und die Dauer dieser inneren X^erfassung des
Samens. Der Novemberversuch mit seiner nach Monatsfrist
einsetzenden Keimung zeigt, daß eben im November, also
fünf Monate nach der L o s l ö s u n g \' o n der 1^ f 1 a n z e,
der S a m e keimfähig w i r d , und aus den späteren Ver-
suchen ist zu ersehen, daß dieser Zustand zunächst
' Kür diese Zeit liattc Heinriche:- auf Grund von Keimversuchen mit
der Mistel den Ausdruck »Liegezeit eingeführt (Samenreife luid Samen-
luhe der Mistel [17,st7//// alhiiui I..], Sitzungsber. d. Wienei- Akad. d. Wissensch.,
malh.-naturw. Kl.. 121, 1. .Abt., 1912). .Später erwies sich bekanntlich für die
Mistel (Über den Mangel einer diu-ch innere Bedingungen bewirkten Fiulie-
pei'idde bei lien .Samen der Mistel [Viscniii aUuiiit L.], a. a. O., p. 166) diesei'
Ausdruck als überflüssig. \m Falle MctiorcUiplnis und wohl aller Pllanzen
mit rhythmisch wiederkehrender Keimpenode scheint mir dieser Ausdruck zur
Charakterisierung des oben geschilderten Verhaltens sehr zweckmäßig. Die
Liegezeit, hier ungefähr ein Monat, ist allerdings nur während der Keim-
periode sicher feststellbar.
'480 A. Sperlich,
bis zum Jänner, also annähernd zwei Monate
erhalten bleibt, um sodann allmählicli a u s--
zuklingen. Über den April hinaus erliält sich
kein Sa nie keimfähig. Der Same fällt seinem äußer-
lichen Verhalten nach in den Zustand zurück, den er hei der
Loslösung von- der Mutterpflanze hatte und erreicht, gleich-
viel, ob trocken aufbewahrt oder gequollen im Keimbett
liegend, den keimfähigen Zustand erst wieder im kommenden
November. Ob die in meinen Versuchen mehrfach beobachtete
Tatsache, dafJ solche Samen im folgenden Herbste mit der
Keimung etwas früher einsetzen als Samen, die im gleich-
jährigen Sommer reiften, so zu deuten ist, daß nach Ablauf
der Keimperiode doch nicht \"öllig der innere Zustand der-
zeit nach der Reife erreicht wird, kann heute noch nicht ent-
schieden werden. Vergleichende Versuche über das \'erhalten
zwei- und einjähriger Samen gegen äußere Einflüsse, ins-
besondere gegenüber dem Lichte, von dem später gesprochen
wird, wären vielleicht geeignet, die Frage zu beant\\-orten.
Aus den Ergebnissen der Abhandlung über die Fähigkeit
der Linienerhaltung ging hervor, daß der Keimverzug ein
Anzeichen innerer Schwächung des Individuums oder wenig-
stens eines Teiles seiner Samen ist. Sehen wir \"on den
Samen, die im ersten Jahre ihre Keimfähigkeit überhaupt nicht
erreichen, ab, so äußert sich die Schwächung in der späten,
oft erst im Mai erfolgenden Keimung solcher .Samen. Wie
März- und Aprilaussaaten von Samen geschwächter Indivi-
duen mich lehrten, benötigen auch sie zur Keimung
die a 1 1 g e m ein festgesetzte Zeit \' o n u n g e f ä h r
einem ^ionate. Daraus wird ersichtlich, daß die Schwä-
chung wesentlich jene inneren Vorgänge betrifft, die auch im
ungequollenen Zustande vor sich gehen und die Erreichung
der Keimfähigkeit zum Ziele haben.
Im allgemeinen haben uns die Versuche mit zeitlich vei-
schiedener Aussaat einen klareren Einblick in das Leben des
Samens unserer Pflanze verschafft, insbesondere eine ScheidunL;
innerhalb der Ruhezeit ermöglicht: die Zeit jener inneren \'or-
gänge, die unabhängig vom Quellwasser, ohne Mitwirkimg des
Lichtes und innerhalb der geprüften Grenzen ohne merklichen
Quellungszeitpunkt und Samenkeimung. 481
Einfluß der Temperatur zur Erreichung der Keimfähigkeit
führen, und die ungefähr einen Monat währende Zeit jener
\'orgänge, die innerhalb der Keimperiode unter Mit-
wirkung des Ouelhvassers den Keimling zur Aufnahme des
Wachstums veranlassen. Jene Zeit ist es, die, wenn wir so
sagen dürfen, den inneren Wert des Samens, seine Keim-
kraft — nach unseren Erfahrungen der Ausdruck der phyleti-
schen Potenz — charakterisiert. Sie ist es aber auch, die
neben der längstens fünf Monate währenden Periode der
Keimfähigkeit wie keine andere Lebensphase des Individuums
die Pflanze zur Fr ü h 1 i n g s p flau z e stempelt. Es ist
bemerkenswert, daß die für unsere mehrjährigen Frühlings-
pflanzen charakteristische Sommerruhe im großen und ganzen
mit dieser Zeit zusammenfällt. Der einjährige, in der Aus-
bildung seiner vegetativen Organe ungemein anpassungsfähige
und in seiner Blütezeit weitgehend von äußeren Faktoren
abhängige Aleciovolophus h/rsutus verdankt seine strenge
Rhythmik \or allem dem eigentümlichen und äußeren Ein-
wirkungen gegenüber sehr gleichgültigen Verlaufe des Samen-
lebens.
2. Versuche mit Treibmitteln.
Nach dem Vorhergehenden beruht die Festhaltung einer
bestimmten, jährlich wiederkehrenden Vegetationszeit unserer
einjährigen Pflanze vor allem auf der Ruhezeit ihrer Samen
vom Zeitpunkte der Loslösung bis zum Spätherbste. Es lag
nahe, zu versuchen, ob die Mittel, die zur Abkürzung der
Ruheperiode unserer Holzgevvächse geführt haben und im
bekannten Widerstreite der Meinungen über die Charakteri-
sierung dieser Ruhe vielfach ihrer Wirkung und Bedeutung
nach erörtert wurden, auch im \orliegenden Falle zu einem
Ergebnisse führen. Gearbeitet wurde bisher ausschließlich mit
Äther ^ und dem Warmbade.'' Ein Erfolg war allen Versuchen
versagt. Immerhin gestatteten die Beobachtungen gewisse
1 \\'. Johannsen. Das Atherverfahren beim Frühtreiben. 2. Autl.,
Jena I9ü6.
- H. Moiisch, Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen.
Jena 1909.
4,S2 A. Spcrlich.
Einblicke in die innere Verfassung des Materials und sollen
daher kurz mitgeteilt werden.
Die Ätherversuche wurden derart durchgeführt, daß die Sunien ent-
weder in gequollenem Zustande unter einer 7 / fassenden Glasglocke, die
mit wässerigem Glyzerin auf der Mattscheibe aufgedichtet wurde, oder in
trockenem Zustande in gi'ößeren Pulvergliiscrn mit gut schließendem, ein-
geriebenem Glasstopfen auf verschieden lange Dauer verschieden großen
Athermengen ausgesetzt blieben. Sie kamen hierauf in. sandgefüllte Peti-i-
schalen, wovon stets zwei im Zimmer, zwei im Warmhause und zwei im
Kalthause, bei N'ersuchen während des Sommers zudem zwei im Raimie für
konstante Temperatur (15° annähernd konstant) zur Aufstellung gelangten.
Eine Schale jedes Paares wurde verdunkelt, eine stand unter dem Einflüsse
des diffusen Tageslichtes. Die Dauer der Einwirkung variierte zwischen
2 und 24 Stunden, die Ätherisierung zwischen 'i"2 und 'i"4 ;■' auf l / Luft.
Bei den Versuchen mit gequollenen Simicn wurde eine flache Schale mit
IDO (■;;/■' Wasser, dem Äther imter Berücksichtigung des .Aufsaugungs-
vermögens i in bestimmten .Mengen zugesetzt wurde, unter die (rlocke
gestellt; die .Samen selbst ruhten auf einei- etwa ^._>(/// über dem .Schalen-
rande befindlichen Cilasplatte. Mit [Rücksicht auf den verschiedenen Erfolg
des Ätherisierens zu verschiedenen Zeiten der Ruhe, der Johannsen zur
bekannten Dreiteilung der Periode geführt hat, wurden die X'ersuche vom
Reifemonat Juni angefangen bis zum folgenden Mai monatlich wiederholt.
Das Warmbad variierte der Zeit nach zwischen 3 und 0 Stunden, der
Temperatur nach zwischen 3n imd 4t)''. Hieibei lagen die Samen in Schälchen,
die im Thermostaten untergehi-aclu wurden.
Das Resultat aller Versuche ist folgendes: Schwache und
mittlere Dosierung und kurze und mittlere Dauer der Ein-
wirkung war zu jeder Zeit ohne jeden Einfluß. Die Keim-
erfolge stimmten mit dem Verhalten unbehandelter Samen
\ollkommen überein; die höchste Dosierung hatte bei längster
Dauer zu jedem Zeitpunkte den Tod zur Folge. Das diffuse
Tageslicht blieb wirkungslos, ebenso belanglos blieb es, ob
Äther auf den gequollenen oder trockenen Samen eingewirkt
hatte.
Einige Bemerkungen seien über die Versuche im Dezember
und Jänner beigefügt, der Zeit, da sich, wie wir wi.ssen, die
Samen im Zustande bester Keimfähigkeit befinden, die Periode
1 Vgl. A. Burgerstein, Eortschritte in der Technik des Treibens der
Pflanze. Progressus rei botanicae, 4, 1913, p. 6.
OueIluii!;szeiipiinkt iiiui SaincnkciinuriL;. 48''H
der eigentlichen Ruhe für die große Mehrzahl demnach ab-
gelaufen ist. Zu dieser Zeit haben bei mehrjährigen Gewächsen
Treibmittel bekanntlich entweder gar keine oder die gegen-
teilige Wirkung. Die Samen von Alec/orolophiis \erhalten sich
in dieser Zeit sehr ungleichmäßig; je nach ihrem inneren
Werte entweder vollkommen gleichgültig oder sie zeigen sich
mehr oder weniger gestört, \ielfach derart, daß sie bald früher,
bald später, ohne gekeimt zu haben, absterben. Es tritt unter
der Einwirkung des Treibmittels in dieser Lebensperiode der
Samen eine ähnliche Ausmerzung des Schwächeren ein, wie
wir sie für die jungen Keimlinge bei Frostwirkung seinerzeit
kennen lernten. Ich führe hierzu folgende Beispiele an:
.4. Anbau im Dezember.
\'i>n Ind. Xr. I<iii (li)16) keimten unhehunJelt von 9 Samen: 8, nach
Tstündigef .Uherisierung: i 8.
A'on Ind. Xr. I(i2 (1916) keimten u n h o h ;in i.l eil von 0 Samen: 6, nach
7. stündiger Atherisierung: li.
A'on Ind. Xr. 133 ('1916) keimten unbehandelt von S Samen: 7. nach
7 stündiger Atiieiisierimg: 8.
A'on Ind. Nr. 134 (1916; keimten unbehandelt von 12 Samen: \'l. nach
7 stündiger Atherisierung: 7.
Aon Ind. Nr. Iin (1916) keimten unbehandelt von 1'2 Samen: 7, nach
7 stündiger .Atherisierung: 4.
Von Ind. Xr. M)7 (1916) keimten unbehandelt von 18 Samen: 14, nach
7 stündiger Atherisierung: 2.
\on Ind. Xr. 81 (1916) k'eimten unbehan;lelt von S Samen: 4, nach
7 stündiger Atherisierung: 0.
B. Anbau im Jänner.
Aus einer (^ruppe geschwächter Individuen keimten unbehandelt von
200 Samen: 64, nach 7 stündiger .Atherisierung: 9.
\'on diesen 200 Samen starben vor der Keimung ab ohne .Äthcrbehandlung:
54, mit Atherbehandlung: 127.
Es muß noch hervorgehoben werden, daß zur Ätheri-
sierung nicht etwa Samen anderer Nodien des Individuums
zur Verwendung kamen, vielmehr das Samenmaterial meist
10-4 p- Äther auf 1 / Luft.
4S4 A. Sperlich.
zweier mittlerer Nodien nach gründlicher Durchmischung auf
■die zwei Parallelversuche gleichmäßig verteilt wurde. Die
unglaubliche Mannigfaltigkeit der inneren \'erfassung der
Samen unserer Pflanze tritt durch den geschilderten Eingriff,
insbesondere bei Verfolgung der graduellen Unter-
schiede in den o b e n s t e h e n d e n D e z e m b e r v e r-
suchen, so deutlich hervor, daß man daran denken könnte,
die Ätherisiefung während der winterlichen Keimperiode direkt
als Selektionsmittel zur Gewinnung vollkräftiger Individuen
aus einer rohen Freilandernte anzuwenden.
Das eigentliche Ziel der Versuche, die Änderung, womög-
lich die Verkürzung der Ruhezeit, wurde jedoch nicht erreicht.
Es ist allerdings nach den Erfahrungen mit anderen Objekten
nicht ausgeschlossen, daß ein wirksames Treibverfahren doch
noch gefunden werden könnte,^ aber eines Bedenkens, das
mir auf Grund von gelegentlichen Beobachtungen am Endo-
sperm ätherisierter Samen aufgestiegen, kann ich mich nicht
erwehren. Im Gegensatze zu- den ruhenden Knospen, die eine
in sich geschlossene Einheit sind, haben wir es bei diesen
Samen mit zwei Individualitäten zu tun, dem Keimling und
dem Endosperm. Ein erfolgreiches Mittel müßte beide Teile
in gleicher Richtung beeinflussen oder vor allem auf den
Keimling ein\\'irken und die zweifellos vorhandene Wechsel-
beziehung zwischen dem Keimling und dem Nährgewebe nicht
stören. Dieser Sachverhalt erschwert meine.-- Erachtens die
Erreichung des Zieles wesentlich.
Ausständig sind schließlich noch gleiche \'ersuche mit
zweijährigen Samen, die vielleicht auch etwas zur Beant-
wortung der Frage beitragen könnten, ob der Same nach
Ablauf der winterlichen Periode der Keimfähigkeit innerlich
in den Zustand zurückverfällt, den er zur Zeit der Löslösung
m '
von der Pflanze hatte.
1 .Man denke tm V. Web er 's .Acetylenmethode (Übei- ein neiie.s \'ei-
fahren, PHanzcn zu ti-eiben. Acetylenmethode, Sitzungsber. d. Wiener Aiv.
d. Wissensch., math.-naturw. Kl., 125, Abt. I, 1916), durch die es gehing,
allen bisherigen Treibmitteln trotzende Holzpflanzen, wie die Buche, zum
Treiben zu bringen (Studien über die Kuheperiode dei- Hölzgewüchse,
ebenda).
QuelUingszeitpunkt und Sanienkeimung. 4o;)
3. Der Einfluß des Lichtes.
Wie aus bisherigen Versuchen hervorgeht, ist das Licht
zur Keimung der Samen von AlecloroIopJins nicht notwendig
und die im vorigen Kapitel besprochenen Treibversuche
zeigten, daß es keinesfalls den normalen Verlauf der Keimung
beeinträchtigt; Alectorolophiis ist demnach weder ein Licht-
noch ein D un k e Ikeim er. Bei der an sich großen Be-
deutung des Faktors und den^ das Gegenteil behauptenden
Äußerungen Kinzel's^ sollten eigene Versuche mit Material
möglichst bekannter innerer Verfassung zur Lösung der Frage
beitragen, ob irgendeine Beeinflussung der Samen durch das
Licht möglich ist. Auch hier wurde zunächst an eine Ände-
rung der Ruhezeit, an eine Verlegung der winterlichen Keim-
periode, gedacht. Die Versuche, die im folgenden mitgeteilt
wci-den, hatten zunächst den Charakter \^on Vorversuchen; es
wurde daher weder auf eine quantitative Bestimmung des
Lichtes nach Intensität und Dauer noch auf seine Gleich-
mäßigkeit gesehen. Zu jeder Schale, die im Dunkelkasten des
Zimmers für konstante Temperatur aufgestellt wurde, kam
eine Parallelschale mit vollkommen gleichem Material, die
knapp \-or das nordseitige kleine, nahe dem Erdboden befind-
liche Fenster des Raumes gestellt, dem bescheidenen diffusen
Tageslichte ausgesetzt blieb. Die Temperatur stieg an dieser
Stelle in der warmen Jahreszeit gegen den Mittag um höch-
stens 1 ° gegenüber der Temperatur im Dunkelkasten, in der
kälten Jahreszeit blieb sie an manchen Tagen um ^/._,° dieser
gegenüber zurück. Die Versuche, die vom Reifemonat an-
gefangen bis in den Mai des folgenden Jahres allmonatlich
neu eingeleitet wurden, zeitigten schöne Resultate, freilicl^
nicht nach der ursprünglich erhofften Richtung.
Um möglichst gleichartiges Material für die Parallel-
versuche im Dunkeln und im Lichte zu haben, wurde so
wie bei den Treibversuchen vorgegangen: beiderlei Samen
entstammten also den gleichen Nodien eines bestimmten Indivi-
duums. Die Individuen waren unter vollkommen gleichen
äußeren Bedingungen, im gl ei chen Jahre und am gle i c h e n
1. W.-KinzeJ. Frost und Lieht , als beeinflussende Kräfte bei der Samen-
kcirminK- Stuttgart, 1913. p. 9.8 und 9.9, und Tabelle XVI. ;.
486
A. Speiiich,
Orte herangewachsen, was mit Rücksicht auf die von Kinzel
aufgedeckte Beeinflussung des Samenverhaltens gegenüber
Licht und Frost durch Standortsverhältnisse eigens hervor-
gehoben werden muß.^ Ihre Vorfahren lebten zudem auf dem-
selben Standorte in unserer Umgebung. Alle Samen lagen
bis zum Zeitpunkt des Anbaues trocken und dunkel in einer
Kastenlade meines Zimmei-s.
Ind. Nr.
Licht
Keim-
zahl
k'einiperitjde
Dunkel
Keim-
zahl
Keimperiiide
A. Ernte am 10. Juni 1917; Anbau Mitte Juni li»17.
Durchwegs aus Kapsch^ der zwei untersten Nodien.^
I
12
12
•}
6
.")
3
.)
4
4
12
12
.'.
9
9
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4
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-
t)
4
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H
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17
11)
U
14
14
15
1»
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Summe
14«
135
= 920/,,
in,
10
11),
18,
10.
10.
10.
10.
18.
10.
10.
10.
lo.
18.
18.
.\ll.
Xil.
Xli.
XII.
Xli.
XII.
XII.
Xli.
Xil.
XII.
XII.
XII.
XII.
xil.
XII.
bis 25. I.
25. I.
18. XII.
I i. I.
. 31. XII.
■ 18. XII.
31. XU.
31. XII.
25. I.
31. Xli.
■ 31. XII.
31. XII.
. 25. I.
I I. I.
. II. I.
10. XU. bis 25. I.
12
■)
t)
')
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1)
22
1
10
(>
5
•)
16
4
15
11
12
7
144
4«
= 320/,
12.il. bis 24.
10. XII. » 11.
11.
10. XII. - 31. XII.
18.X1I. » 12.
10. XII. ■■ 31.
31. XII.
m. XII. bis 31.
10. XII.
18. XII. bis 12
18. XII. » 11
11.1. . 25
II.
XII.
XII.
. II.
10. XII. bis 24. II.
1 Die Temperatuningaben blieben in diesen Tabellen weg, da die
betreffenden Angaben auf p. 478 auch für diese Versuchsreihe gelten. Da
es bei diesen Vcr.suchen darauf ankam, das Verhalten der einzelnen
Individuen zu prüfen, muüte die .Samenzahl so genommen werden,
wie sie jedes Individuum bot. Bei ungeraden Zahlen wurde der größere
Teil bald der l^ichtreihe, bald der Dunkelreihe zugewiesen.
1 W. Kinzel. Tcleologic der Wirkungen von Frost. Dunkelheit und
i.icht auf die Keimung der Samen. Ber. d. D. B. G., .'i.i, 1917. p. 581 ff.
Quelliings/.eitpiinkt und Samenkeimuiig.
487
Ind. Nr.
Licht
Keim-
zahl
Keimperiodt
Dunkel
Keim-
zahl
Keimperiode
B. Ernte am 17. Juni 1917; Anbau Mitte Juli 1917.
Durchwegs Kapseln des 3. bis 6. Nodiums.
10
5
4
17
29
27
IS
v^
14
19
i(t
9
.Siunme
63
54
= 860/,
18. XII. bis II. I.
10. XII. ■ 11.1.
18. XII. 12.11.
18. XII. " 25.1.
10. XII. bis 12. II.
6
5
29
1
19
♦>
10
1
64
16
= 250/,
31. XII. bis n. 1.
18. XII.
IS. XII. bis 11. I.
11. I.
18. Xll. bis 1 I. I.
r'. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte August 1917.
Kapsein wie in B.
20
21
.Summe
4
4
36
28
10
s
14
10
64
50
= 780/,
18. Xli. bis 31. Xll.
18. Xll. - 12. II.
31. Xll. » 25. I.
18. Xll. » 12.1.
18. XII. bis 12. II.
4
4
36
2H
10
(i
14
7
64
46
= 700,
18. XII. bis II. I.
31. XII. ■> 25. I.
18. XII. . 25. I.
31. XII. » 25.1.
18. XII. bis 25. I.
D. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte September 191/
Kapseln wie in B.
24
47
45
10. XII. bis 11. 1.
47
41
4. XII. bis 12. 11.
25
15
15
18. XU. . 11. I.
15
11
31. XII. » 25. I.
Summe
62
60
= 970/,
10. XII. bis 11. I.
62
52
= 840/,
4. XII. bis 12. II.
48<S
A. Sperlich.
Ind. Nr.
Licht
Keim-
zuhl
K'eiinpcriode
Dunkel
Keim-
zahl
Ivennperiüde
E. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte Oktober 191/.
Kapseln wie in B.
26
2<S
29
Summe
20
10
18
16
6
.")
20
17
64
-ts
= ^r.o/o
10. Xli. his 11. I. li 20 I 2
31. XIL ;. 12. II. jl 17 j 11
10. XII. .. 11. I. I 7 ' 3
19. XL. » 11. I. I 19- I ■ 4
'.). XL his 12. IL
63 j 20
, ;= 320 ,
18. Xll. his 31. XIL
25. L
31. XIL. his 25. 1.
31. XIL. » 25. I.
IS. Xll. his 25.
F. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte November H»l 7.
Kapseln wie in B.
30
u
39
LS. XII. his
12. IL,
45
42
IS. Xll. his 25. 1.
31
15
15
31. Xll. >■
\2. IL
14
14
18. Xll. » 25.1.
32
6
6
hS. Xll. .
11. 1.
6
6
18. XII. V 31. XIL
Summe
65
60
— 9 '_>();
1& Xll. his
12. IL
•
i
65
62
= 960/,
18. Xll. his 25. 1.
G. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte Dezember 1917:
Kapseln wie in B.
33
18
14
25. I
. his 23. IIL
19
U)
14.
. his 11
V.
34
34
30
25. 1
: 10. IIL
34
26
25.
12
11.
35
13
s
14. 1
. - 24. IL
13
5
14.
25
1.
36
.)
•)
5. II.
5
3
1. 17.
II.
37
10
1
20. 11.
10
1
20. IL
38
7
', 0
--
6
. (>
—
39
8
0
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27. il.
40
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0
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m
5 .5
- •-,50 ,
14. 1
. his 23. IIL
t)«
52
= 520/,
'v]4.
. his 1 1
\'.
Quellungszeitpunkt und Samenkeimung.
489
Ind. Nr.
Licht
Keim-
zahl
Keimperiode
Dunkel
Keim-
zahl
Keimperiode
H. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte Jänner 1918.
Kapseln wie in B.
41
4
4
42
.5
3
43
8
1
44
2.5
9
45
3
1
46
8
0
47
4
()
18
Summe
57
= :^^o,u
27. II. bis 6. III.
27.11. » 17.111.
6. III.
27. II. bis 6. III.
8. HI.
27. II. bis 17. III.
4
3
5
3
(
4
25
4
4
3
7
0
4
5(J
0
17
- 3ü0/,-,
28. II. bis 6. II
27.11. » l.II
27. II. > 28. II
8. III. » 17. 11
3. III. » 8. II
27. II. bis 17. irt.
Im Februar kein Anbau.
/. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte März 1918.
Kapseln wie in B.
48
49
50
51
52
53
54
Summe
18
5
14
5
10
2
9
7
25
5
25
0
6
0
107
24
= 220/o
10. IV. bis 24. IV.
10. IV. » 24. IV.
10. IV. » 24. IV.
10. IV. » 24. IV.
24. IV. . 9. V.
10. IV. bis 9. V.
17
6
13
5
9
1
9
6
24
6
26
0
6
0
104
24
— "^30
24. IV. bis 4. V.
10. IV.
24. IV.
10. IV. bis 14. VU
10. IV. » 24. IV.
10. IV. bis 14. VI.
1 Die späteste Keimung aller meiner Versuche.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd.
34
490
A. Sperlich,
Ind. Nr.
Licht
Keim-
zahl
Keimperiode
i;)unkel
Keim-
zahl
Keimperiode
K. Dasselbe Erntedatum; Anbau Mitte April 1918.
Kapseln wie in B.
55
5
2
56
29
0
57
15
u
58
11
2
59
21
0
4
Summe
81
= 5'^/o
15. V. bis 26. V.
26. V.
15. V. bis 26. V.
5
3
29
0
13
1
10
2
21
78
U
6
= 80;,
15. V. bis 26. V.
26. V.
26. V.
15. V. bis 26. V,
Die Aussaaten im Mai keimten im gleichen Jahre nicht
mehr. Versuche mit zweijährigem Material sind noch aus-
ständig. Sie sind mit Rücksicht auf die Frage, ob der Samen
nach dem Ausklingen der Keimfähigkeit in den Zustand
zurückvertallt, den er bei Loslösung von der Pllanze hatte,
von Bedeutung. Es müßte sich entscheiden, ob das Licht
auch im zweiten Jahre auf gewisse Samen gleichartig ein-
wirkt wie im ersten. Über diese Einwirkung aber sagen die
vorstehenden Versuche folgendes:
Vor allem geht hervor, daß zu bestimmter Zeit —
worüber noch zu sprechen sein wird — , dem Lichte bei
gewissen Individuen zweifellos eine keimungs-
fördernde Wirkung zukommt. Besonders auffällig ist dies
Verhalten bei den Individuen 17, 19, 26 und 29. Die Indivi-
duen der Versuchsgruppe A, bei denen mit Ausnahme von
8, 11, 14 und 15 die keimungsfördernde Lichtvvirkung all-
gemein zur Beobachtung gelangt, sollen fürs erste außer
Betracht bleiben. Ferner steht fest, daß das Licht auf
den Kei m ungs r hy th m US keinen Einfluß hat: wann
Quellunftszeitpunkt und Sanienkeimung. 491
immer auch das Licht zur Einvvirkun^g gelangen möge, eine
Veränderung der Keimperiode ist nicht erzielbar.
Es ergibt sich nun die Frage, was für eine Bewandtnis
es mit den lichtbedürftigen Samen habe. Handelt es sich um
eine besondere physiologische Rasse, über deren Möglichkeit
nicht gerade bei unserer Pflanze, aber im allgemeinen in der
Literatur schon Vermutungen vorliegen?^ Da die Aszendenz
der betreffenden Individuen bekannt ist, die äußeren Lebens-
bedingungen der Pflanzen zudem durch Generationen die-
selben waren, kann diese Frage ohne weiteres verneint
werden Die betreffenden Individuen sind ihrer Abstammung
nach Angehörige innerlich geschwächter, bald früher, bald
später dem Untergange geweihter Linien, wie wir sie in der
Abhandlung über die phyletische Potenz auf Grund mehr-
jähriger Reinzuchtversuche kennen gelernt haben. Damit aber
stimmt auch das Verhalten des Materials der Versuchsgruppe A
gut überein: die hier v^erwendeten Samen gehören durchwegs
den zwei untersten Nodien an, die sich sehr oft selbst
bei innerlich kräftigen Individuen als minderwertig rücksicht-
lich ihrer phyletischen Potenz erweisen. Diese Feststellung
besagt, daß das Licht gewisse Mängel in der
inneren Verfassung des Samens zu ersetzen
imstande ist. Freilich wissen wir noch nicht, wie weit
sich dieser günstige Einfluß erstreckt. Nur die Ermöglichung
der Keimung liegt bisher vor; wie sich ein solcher Keimling
weiter als Pflanze vegetativ und reproduktiv verhält, das
müssen weitere Versuche lehren. Das bisher Festgestellte
liefert zunächst nur einen allerdings ganz unerwarteten Bei-
ti'ag zum Problem der Lichtwirkung auf die Samenkeimung.
Er wird noch wertvoller, wenn wir auf Grund der vorliegenden
Versuche die Zeit bestimmen, während welcher diese Wirkung
von Erfolg begleitet ist.
Die keimungsförJerndc Lichtwirkung ist zum letzten Male
in der Oktoberreihe (E) zu bemerken. Hier zeigt sich sogar
1 Vgl. W. Kin.'^.el, Fiost und Licht usw., p. 149; E. Lehmann, Über
die Beeinflussung der Keimung lichtempfindlicher Samen durch die Tem-
peratur. Zeitschr. f. Bot., 4, 1912, p. 473; iM. v. Raciborski, Über die
Keimung der Tabaksamen, Bull, de l'inst. bot. de Buitenzorg, 1900, Nr. VI.
492 A. Speiiich,
in den Summen der Licht- und Dunkelkeimlinge eine sehr
ansehnliche Spannung. Gerade der Oktoberversuch ist wichtig.
Er besagt, daß zur Förderung der Keimung die Lichtwirkung
durch ungefähr einen Monat genügt und daß hierzu
das gegenüber dem Sommerlichte stark zurückbleibende Licht
der kurzen, im Versuchsjahre durch viel Gewölke getrübten
Herbsttage vollkommen ausreicht. Leider sagt uns die folgende
Novemberreihe (F) nichts. Der Zufall wollte es, daß in dieser
Reihe durchwegs kräftige Individuen zur Anwendung kamen,
die des Lichtes entbehren können. Damals besaß ich eben
die Erkenntnis über die Bedeutung der inneren Verfassung
des Individuums dem Lichte gegenüber noch nicht. Um so
eindeutiger spricht der Dezemberversuch (G). Mittlerweile
waren bei den bisherigen Versuchen kleine Unterschiede in
den Dunkel- und Lichtschalen bemerkbar geworden, was mich
veranlaßte, von jetzt ab — soweit es das verfügbare Samen-
material gestattete — Individuen verschiedener innerer Ver-
fassung gleichmäßig heranzuziehen. Eine fördernde Licht-
wirkung ist im Dezember nicht mehr nachweisbar, sie
bleibt auch in den folgenden Monaten bei allgemein ab-
nehmender Keimfähigkeit trotz zunehmender Lichtmenge voll-
ständig aus. Es zeigt sich demnach, daß das Licht bei
geschwächter innerer Struktur der Samen aus-
schließlich in jener Periode wirksam ist, in der
wie frühere Ve r s u c h e lehrten, unabhängig vom
Quellungs zustande die Prozesse ah 1 au fen, welche
die Erreichung der Keimfähigkeit zum Ziele
haben, also in der Zeit der bisher un beeinfluß-
baren durchschnittlich fünfMonate andauernden
Sommerruhe des AJectoroJophns -Samens. Die Ein-
wirkung kann sich auf den 1 e tzte n Abschnitt dieser Periode
beschränken.
Die mögliche theoretische Auswertung der vorliegenden
Ergebnisse ist in der Abhandlung über die Fähigkeit der
Linienerhaltung am Schlüsse erfolgt; jetzt möchte ich mit
einigen Worten auf Kinzel's allgemeine Angabe über die
keimungsfördernde Lichtvvirkung auf den Samen unserer
Pflanze zurückkommen.
Quellungszeitpunkt und Samenkeimung. 493
Es ist klar, daß sich an einer Rohernte im Freilande
Individuen und Nodien der \'erschiedensten inneren Ver-
fassimg beteili.e^en. Wie erinnerlich, zeijrte beispielsweise mein
Ausgangsmaterial aus dem Freilande im Jahre 1912^ ein
relativ sehr niedriges Keimprozent, enthielt also nach unseren
jetzigen Kenntnissen reichlich geschwächte Samen. Es muß
daher in der Mehrzahl der Fälle — nur besonders günstige
Kombinationen sind ausgenommen — bei Versuchen mit
Freilandsamen unbekannter Aszendenz, eine bald stärker,
bald schwächer ausgeprägte Förderung der Keimung durch
das Licht zu erwarten sein. Ganz in gleicher Weise dürfte
sich die Angabe Kinzel's über die begünstigende Wirkung
des Frostes auf die Samenkeimung erklären lassen. Ich be-
sitze zwar bi-^her noch keinerlei Erfahrungen über den Ein-
fluß dieses Agens auf die Keimung, glaube aber, daß mit
Rücksicht auf Kinzel's Beobachtungen, an deren Genauig-
keit zu z\N'eifeln keine Veranlassung vorliegt, imd auf Grund
der Tatsache, daß vollkräftige Samen der Frostu^rkung nicht
bedürfen, sich von selbst die Annahme ergibt, daß es aber-
mals geschwächte Samen sind, die möglicherweise durch den'
Frost bei der Erzielung ihrer Keimfähigkeit unterstützt werden.
Die hier geschilderten Verhältnisse könnten vielleicht
auch sonst überall dort, wo Ungleichmäßigkeiten im Erfolge
der Lichtwirkung zur Beobachtung gelangten, der Aufklärung
solcher Ungleichmäßigkeiten dienlich sein,'-^ zeigen aber jeden-
1 Vgl. A. Sperlich, Die Fähigkeil der Linienei-haltung (phyletische
Potenz) u.sw., p. 12 u. 13.
2 Beispielsweise bei dem von E. Leb. mann (Über die I^ceinflussung
dei- Keimung lichtempfindlicher Samen durch die Temperatur, a. a. O.,
p. 469 ff.) angefüh.rten Ergebnis mit Vcrhascitiii Thapsns und Epilobium
roseiiin, von dessen erster Ernte die Keimung schon nach 16 Tagen im
Lichte und im Dunkeln im Verhältnisse 88:41 und 98:38, von dessen
zweiter Ernte (zudem von anderem Standorte) die Keimung erst nach
39 Tagen und im Vcrh.ältnissc 98 (I) : 4 (/)) und 101 (Z): 2 (Z)) erfolgte.
Sehr interessant ist in dieser Beziehung ein Versuch des gleichen
Autors (a. a. O., p. 476) mit Verhasciuii thapsifonnc: Es keimten von Samen
aus nur obersten Kapseln 91 (Z.) : 42 (D) und 87 (i) : 57 (D), hingegen aus
meist unteren Kapseln 99 (L) : 88 (D) und 98 (Z) : 85 (Z)). Lehmann erklärt
den auffallenden Unterschied damit, daß die unteren Kapseln sich sicher
494
A. Sperlich,
falls, wie notwendig das Arbeiten mit einem Versuchsmaterial
ist, über dessen innere Verfassung der Experimentator wenig-
stens innerhalb naöglicher Grenzen der Genauigkeit unter-
richtet ist.i
4., Wie ist die Sommerruhe der vSamen von Alectorolophus
hirsutus zu charakterisieren?
Auf Grund der vorliegenden \'ersuche, welche die bisc-
herigen Erfahrungen über den Keimungsrhythmus unserer
Pflanze bestätigen und erweitern, geht hervor, daß die Keimung
auch bei konstant bleibenden Außenbedingungen (Dunkelheit,
Temperatur, Feuchtigkeit und Substrat ■■^) stets erst nach einer
ungefähr fünf Monate andauernden Ruhe erfolgt. Nach Pfeffer's
Definition wäre demnach diese Ruhe als autonom zu be-
zeichnen.^ Wir hätten uns während dieser Zeit innerhalb des
Samens Prozesse vorzustellen, die, weitgehend unabhängig
von äußeren Faktoren, ausschließlich auf Grund der inn.eien
Struktur des Keimlings, vielleicht auch des Endosperms, ihren
einige Wochen länger an der PHanze befanden als die nbcren und unter-
dessen in dem heißen Sommer 1911 der außcroi-dentlich intensix'en Licht-
strahlung ausgesetzt waren, denniach keiner weiteren Be;tralilung im Keim-
bette bedurften.
Ist auf Grund meiner Versuche nicht eher anzunehmen, daß die
zweifellos geschwächteren Samen der obersten Kapseln eben des Lichtes
bedürfen, die unteren vollkräftigen aber nicht?
Zur Erklärung der verschiedenen LiclUcmpfindlichkeit heller und
schwarzer Samen von Chenopodiinii albniii (}l. Raar, Zur Anatomie und
Keimungsphysiologic heteromorpher Samen usw., Sitzungsber. d. Wiener
Akad. d. Wiss., math.-naturw. KL, J22, Abt. 1, 191,3) scheinen mir meinej
Ergebnisse jedoch nicht anwendbar.
1 In dieser Beziehung weitgehend vorsichtig hat A. Ottenwälderj
(Lichtintensität und Substrat bei der Lichtkeimung, Zeitschr. f. Bot., 6, 1914,J
p. 788 und 796) gearbeitet. Vgl. auch E. Lehmann, Lichtkeimungsfragen. j
Eine kritische Studie mit eigenen Experimenten und solchen von A. Otten-
wälder (ebenda, 7, 1915, p. 576).
2 Bezüglich der Temperatur war die Erhaltung völliger Konstanz <
zwar unmöglich; es gestatten die durchgeführten Versuche aber immerhin
diesen Ausspruch. Vgl. Über die Fähigkeit der Linienerhaltung usw., p. 54 ff.
^ W. Pfeffer, Ptlanzenphysiologie, 11, 2. Aufl., Leipzig 1901, p. 161
und 388.
Quellungszeitpunkt und Samenkeimung. 49o
Ablauf nehmen und hierzu die eben festgestellte Zeit be-
nötigen, einem Spiehverk vergleichbar, das sein Stück an
jedem Orte und zu jeder Zeit in annähernd gleicher Weise
wiedergibt, wenn es durch äußere Eingriffe daran nicht ver-
hindert wird. Welcher Art diese Prozesse sind, steht heute
noch nicht fest und bleibe auch unerörtert; nur soviel sei
gesa<^t, da(j hierbei Phasenunterschiede, wie sie Johannsen
für die Knospenruhe des Flieders aufgedeckt hat ^ und wie
sie bei Samen verschiedener Pflanzen, beispielsweise Calen-
ilnla, Siiiap/s, auch ohne besondere Reizmittel durch die ver-
schiedene Keimfähigkeit im grünreifen, gelbreifen und völlig
ausgereiften Zustande zum Ausdruck kommen, nicht bemerk-
bar werden.'' Auch irgendwelche morphologische Ausgestaltung
des Embryos nach Ablösung des Samens oder auch nur ein
langsames intraseminales Wachstum der jungen Pflanze fällt
ganz außer Betra(!ht.'' Vielmehr dürfte es sich um ganz die
gleichen inneren Vorgänge handeln, die wohl allgemein bei
Samen vorkommen und in der landwirtschaftlichen Literatur
durch die zwei Grenzpunkte der Schnittreife und Keim-
reife abgesteckt werden, Vorgänge, die bei den vei'schiedenen
Pflanzen mutmaßlich zu verschiedenem Zeitpunkte einsetzen
und bei willigen Keimern relativ rasch ablaufen, während sie
in unserem Falle so weit ausgedehnt erscheinen, daß der
werdenden imd zur Blüte schreitenden Pflanze die bekömm-
lichsten Außenbedmgungen unserer Breiten sicher gewähr-
leistet sind.
1 Vorrulie, Mittelruhe, Nachiuiic in W. Johannsen, Üus Ätiieiverfahren
beim Frühtreiben.
2 Es sei hier anhr.ngsweise mitgeteilt, daß die t'arbe der Testa der
Alctiorolnphiis-^iimcn sehr versehiec'en sein kann, vom hel'sten Grau über
Grün und Gelb zum dunkelsten Biaun. Ich lial^^e mich sehr l'-emülit, einen
Zusammenhang zwisch.en der Färbung imd ixeimkraft zu finden, aber bisher
vergeblich. Allgemein läiit sicii nur sagen, uali die lebenskräftigsten Indivi-
duen meist Samen tiagcn, deren Schalenfarbe von einem blassen Graugrün
während der i^cife in ein lebhaftes Hellbraun (Semmelbraun) üirergeht. Um
erbliche Rassen handelt es sich gewiß nicht.
■^ \'gl. die Fähigkeit der IJnienerhaltung (phyletische Potenz) usw.,
p. 6.
496 A. Sperlich,
Nun hat aber, wie bekannt, in letzter Zeit die klare und
praktischen Bedürfnissen vollauf entsprechende Definition des
Autonomiebegriffes ^ manche Angriffe erfahren, vorzüglich durch
Klebs, dessen prächtige Versuchsergebnisse mit Algen und
Pilzen, mit den Knospen der Holzgevvächse und in jüngster
Zeit mit Pteridophyten den Forscher zur Auffassung führten,
daß »in der spezifischen Struktur der Pflanzen, in der alle
sichtbaren Eigenschaften der Potenz nach vorhanden sind,
nichts liege, was einen bestimmten Entwicklungsgang not-
wendig verursache«,'^ daß »in letzter Hinsicht die Außenwelt
darüber entscheide, welche von den verschiedenen möglichen
Entwicklungsformen verwirklicht wird.« Die sogenannten
»inneren« Ursachen werden von Klebs in die von der
Außenwelt unbeeinflußbare spezifische Struktur^ und
die in innigstem Zusammenhang mit den Außenfaktoren ver-
änderlichen inneren Bedingungen zerlegt. Jene stellt
gewissermaßen das unantastbare Erbgut des Organismus dar,
dessen klare Erkenntnis durch die mit den Außenfaktoren
stets wechselnde äußere Ausprägung der vorhandenen Potenzen
verschleiert wird. Darum kann auch nach Klebs' Auffassung
jede neuartige Konstellation äußerer Faktoren auch neue,
bisher kaum geahnte Fähigkeiten dieses Erbgutes verwirk-
lichen. Da nun die in Versuchen realisierbare Kombination
von Außenfaktoren, insbesondere bei Berücksichtigung quan-
titativer Abstufungen,^ unerschöpflich ist, auch Außenfaktoren
1 Vgl. hierüber H. Kniep, Über den rln-thmischen Verlauf pnanzlicher
Lebensvorgänge. Die Naturwissenschaften, 3, 1915, Heft 3G — 37.
2 G. Klebs, Probleme der Entwicklung, Biolog. Zentralblatt, 24, 19Ü4'
p. 298.
3 Zum letzten Male hat Klebs zu diesen Fragen Stellung genommen
im Hiülog. Zentralbiatt, 37, 1917, p. 373 ff.: Über das Verhältnis von Wachs-
tum und Ruhe bei den Pflanzen. Vgl. besonders den Abschnitt: Das allgemeine
Problem der Rhj'thmik.
't In dieser Hinsicht ist die Klebs durch Anwendung verschiedener
Lichtintensitätsgrade gelungene Trennung der Entwicklungsstadien der Pro-
thallien von Pleris longifulia, die bei konstantem hohem Licht regelmäßig
aufeinanderfolgen, sehr wertvoll. G. Klebs, Zur Entwicklungsphysiologie der
Farnprothallien L Sitzungsber. der Heidelberger Akademie, math.-natui-w.
Kl., 1916.
Quellungszeitpunkt und Samenkeimung. 497
ZU denken sind, deren Bedeutung für den Organismus bislier
nicht bekannt sind/ so ist es klar, daß auf Grund solcher
Erkenntnis die sichere Beurteilung nicht nur erschwert, sondern
ganz unmöglich wird, ob ein bestimmter Schritt im Ent-
wicklungsgange des Organismus nur so, wie er in Erschei-
nung tritt, und überhaupt nicht anders erfolgen kann, also
ein Teil des unantastbaren Erbgutes ist — oder ob er nicht
doch nur deswegen stets gleichförmig abläuft, weil für den
Umbau innerer Bedingungen ausschlaggebende Außenfaktoren-
kombinationen bisher nicht realisiert wurden. Dies gilt auch
für die heute vollkommen starr erscheinende Sommerruhe
der Samen des Alectorolophus hirsutus.
Es sei jedoch versucht, auf Grund der eigenen Erfahrungen
unter Berücksichtigung der Versuchsmethodik Klebs' zu einem
Schluß zu gelangen, der, weit davon entfernt, als zwingend zu
gelten, immerhin einen gewissen Grad der Wahrscheinlichkeit
beanspruchen darf. Es ist ein großer Vorteil der Klebs'schen
Versuche, daß bei ihnen ausschließlich Faktoren zur An-
wendung kommen, die in der Natur möglich und ohne welche
die Lebensfunktionen überhaupt nicht denkbar sind: Licht,
Wärme, Ernährungsfaktoren. Dies verleiht ihnen zweifellos
gegenüber der für die. Beurteilung bisher nicht oder nicht
ganz faßbarer innerer stofflicher Veränderungen gewiß sehr
wertvollen Anwendung verschiedener, in der Natur nicht reali-
sierter Mittel, wie beispielsweise der Narkotika, für das Problem
eine weit größere Bedeutung. Die Ernährungsfaktoren spielen
nun in unserem Falle allen Erfahrungen nach eine sehr
nebensächliche Rolle. Da der Same nach der Loslösung über-
haupt nichts mehr aufnimmt — und wir erinnern uns, daß
der hierfür allein günstige Zustand der Quellung für den in
1 Die hierzu in der Literatur — so auch bei Klebs — öfter zitierte
Arbeit von Rose Stoppel, Die Abhängigkeit der Schlaf bewegungen von
Phaseolus mnUiflorus von verschiedenen Außenfaktoren (Zeitschr. f. Bot., 8,
1916) will gewisse Bewegungen der Blätter der Pflanze mit periodischen
Änderungen in der elektrischen Leitfähigkeit der Atmosphäre in Zusammen-
hang bringen. Mir scheint die Sache noch nicht derart begründet — und
auch die Verfasserin macht gewisse Vorbehalte — , daß die Darlegungen zur
Stützung theoretischer Ableitungen dienen könnten.
Sitzb. d. mathem.-naturvv. Kl., Abt. I, 12S. Bd. • 35
498 A. Sperlich,
Frage kommenden Zeitabschnitt vollkommen belanglos ist — ,
so kann es sich nur um die Ernährung der Mutterpflanze
handeln. In dieser Beziehung stand mir das verschiedenste
Material zur Verfügung: reichlich belichtete und von der Wirt-
pflanze mit Nährsalzen gut versorgte Individuen, Schatten-
pflanzen, an schwachen Wirten schmarotzende und fast ganz
auf sich selbst angewiesene Pflanzen. ■ Irgendwelche Beein-
flussung der Keimperiode ergab sich nie. Wenn ein Schwäch-
ling, sei es aus Lichtmangel, sei es aus mangelhafter Nähr-
salzzufuhr, überhaupt Samen erzeugt und ein solcher Same
auch keimt, so keimt er eben zur festgesetzten Zeit. Nehmen
wir die Samenerzeugung mit ihrer notwendigen, weil anders
die Weiterexistenz der Art unmöglich machenden Konzentra-
tion plastisch wertvoller Stoffe als Bestandteil des Erbgutes
an — und es wird wohl eine andere Annahme trotz der
habituell auftretenden und experimentell erzielbaren Unter-
drückung des Vorganges mit Rücksicht auf seine eminente
systematische Bedeutung kaum möglich sein — , dann bleibt
den Ernährungsfaktoren kein weiterer Angriffspunkt mehr
übrig. Was in letzter Zeit als keimungsfördernde Substrat-
wirkung bekannt worden ist,^ kann nicht als Gegenargument
verwertet werden. Denn bei diesen Versuchen handelt es sich
stets um Samen, die sich zur Zeit des Eingriffes innerlich im
Zustande der Keimfähigkeit befinden, der bei den Samen
unserer Pflanze erst nach Ablauf von fünf Monaten erreicht
wird. Gerade auf möglichst gleiche innere Verfassung des
Versuchsmaterials wird von den betreffenden Forschern bei
diesen Versuchen mit Recht gesehen. Es ist ja möglich, daß
es einmal gelingt, durch Einwirkung irgendeines Ions die
inneren Prozesse während der sommerlichen Ruhe derart zu
1 Vgl. A. Otten Wälder, ^Lichtintensität und Substrat bei der Licht-
keimung, Zeitschr. f. Bot., 6, 1914, und E. Lehmann, Lichtkeimungsfragen,
eine kritische Studie mit eigenen Experimenten und solchen von A. Otten-
wälder, Zeitschr. f. Bot., 7, 1915; zudem G. Gassner, Über die keimungs-
auslösende Wirkung der Stickstoffsalze auf lichtempfindliche Samen, Jahrb.
f. wissensch. Bot., 55, 1915, p. 259, und: Einige neue Fälle von keimungs-
auslösender Wirkung der Stickstoffverbindungen auf lichtempfindliche Samen
Ber. d. D. B. G., 33, 1915, p. 217.
Quellungszeitpunkt und Samenkeimung. 499
beschleunigen oder zu verzögern, daß eine andere Keimungs-
periode resultiert. So wertvoll ein solches Ergebnis für die
Durchleuchtung dieser Prozesse an sich wäre, so nebensäch-
lich wäre es für unsere Frage, weil diese Einwirkung für die
Vorgänge im Innern, wie mir Vol 1 k e i mungen auf
aschen freiem Filtrier papier unter Anwendung
destillierten Wassers gezeigt haben, ganz und gar
un notwendig ist. Ein üb er flüssiger Faktor spielt aber
bei der Frage nach dem Zusammenhange einer Entwicklungs-
erscheinung mit den Veränderungen der Außenwelt gewiß
keine besondere Rolle, wenn er auch im übrigen nicht selten
geeignet ist, unbekannte Potenzen zu enthüllen.
Das hier Gesagte gilt auch für die Wirkung des Lichtes.
Wir erinnern uns an die im vorangehenden Kapitel behandelten
Versuche, die uns gezeigt haben, wie die keimungsfördernde
Lichtwirkung auf den Alectoroloplms-Samen zu deuten ist und
die gleichfalls nicht imstande waren, an der Keimungs-
periode etwas zu ändern. Auch hier ist jedoch, wie oben für
die lonenwirkung bemerkt wurde, an die Möglichkeit zu
denken, daß Lichl^uantitäten und -qualitäten gefunden werden,
die in die inneren Vorgänge des ruhenden Samens eingreifen
eine Entdeckung, die wiederum weit mehr in anderer Be-
ziehung verwertbar wäre als für unsere Frage. So ist es auch
bezüglich der Temperatur und der, allem Anscheine nach,
wie die Lichtwirkung zu beurteilenden Keimungsförderung
durch Frost.
Nach alledem glaube ich, daß es berechtigt erscheint,
anzunehmen, daß die Sommerruhe der Samen unserer Pflanze
etwas Arteigenes, zum Erbgut des Organismus Gehöriges ist,
daß es berechtigt erscheint, diese Ruhe, da der Ausdruclc
autononv vielleicht nicht mit Unrecht einigen Bedenken be-
gegnet,^ als spezifische Ruhe zu bezeichnen.
Ich erblicke demnach in der Ausd ehnu ng der inneren
Lebensvorgänge des Samens zwischen Schnitt- und Keimreife
auf eine weit längere Zeitperiode als bei der großen Mehrzahl
1 Vgl. G. Klebs, Über das Verhältnis von Wachstum und Ruhe usw.,
a. a. 0., p. 400 ff.
öOO A. Sperlich. Quellungszeitpunkt und Samenkeimung.
der Samen ein erbliches, zum Charakter der Art gehöriges
Merkmal, das unsere Pflanze zu einer typischen Saisonpflanze
stempelt.
Über die Tatsache, daß Samen, die im Reifungsjahre die
Keimfähigkeit, wie wir nunmehr wissen, infolge innerer
Schwächung überhaupt nicht erreichen oder die zur Zeit
der Keimfähigkeit an der Wiederaufnahme des Wachstums
verhindert waren, in folgenden Jahren die Keimperiode streng
einhalten, sei mangels entsprechender Versuche, die geeignet
wären, in diesen Mechanismus einiges Licht zu werfen, nicht
weiter gesprochen.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
128. Band. 7. und 8. Heft
36
503
Untersuchungen über die Lichtbrechung
einiger Harze
V'on
Dr. Justin Greger
(Vorgelegt in der Sitzung am 30. Oktober 1919)
Die Harze, deren warenkundliche Charai<teristilv, abgesehen
von den naturgeschichtlichen Merkmalen, im wesentlichen in
ihren physikalischen Eigenschaften (Unlöslichkeit im Wasser,
vollständige oder teilweise Löslichkeit in gewissen Medien, wie
'/.. B. Äther, Alkohol, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Chloroform,
( "hloralhydrat u. a.) begründet ist, haben vermöge ihrer viel-
seitigen technischen Verwendbarkeit von jeher das Interesse
der wissenschaftlichen Forschung erregt. Vieles wurde auf
diesem Gebiete geleistet, besonders die Chemie der Harze
eingehendst studiert, und doch bilden dieselben auch heute
noch ein weites und dankbares Feld wissenschaftlicher Betäti-
gung — für den Chemiker sowohl als auch für den Botaniker.
Da die Harze bekanntlich die Aufstellung einer eigenen
Gruppe auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung nicht
rechtfertigen, so ist die Beibehaltung des Begriffes »Harze«
nur auf rein äußerliche, zum Teil physikalische Merkmale, wie
schon eingangs erwähnt wurde, und schließlich auf ihre tech-
nische Verwendung begründet, für die Praxis jedenfalls auch
vollkommen gerechtfertigt, hi ihrer überwiegenden Mehrzahl,
wenn nicht durchwegs, sind sie Kolloide. Tschirch^ hat
auf Grund seiner ausgedehnten chemischen Studien eine Ein-
teilung der Harze gegeben, die auf der Analyse der reinen
1 Tschiich (1906), p. 28 u. f.
504 J. Greger,
Harzkörper,^ ohne jedoch die Beimengungen einfach zu
übergehen, hauptsächlich fußt.
In der Praxis unterscheidet man gewöhnlich:
1. Echte Harze,
2. Gummiharze.
3. Balsame;
oder:
1. Gummiharze.
2. Harze und Balsame, welche weder Zimt- noch
Benzoesäure besitzen noch auch durch Zersetzung
liefern, und
3. Harze und Balsame, w'elche diese Säuren besitzen
oder durch Zersetzung liefern.-
Wiesner gibt nach der Bildungsweise eine weitere Ein-
teilung:'^ Das unter normalen Bedingungen entstehende Harz
bezeichnet er als phj^siologisches, das infolge Verwundung
sich bildende und abscheidende als pathologisches Harz.
Eine ähnliche Differenzierung sucht Tschirch"* aufzu-
stellen durch die Unterscheidung eines primären und eines
sekundären Harzflusses: Nach einer Verwundung tritt
zuerst das normal gebildeteJprimäre (nach Wiesner physio-
logische) Harz aus und später als sekundärer Harzfluß
das von Wiesner als »pathologisch« bezeichnete Harz. Da
die Grenze zwischen diesen beiden Harzflüssen woh leine sehr
unsichere ist — (wann setzt der sekundäre Harzfluß ein?) —
so hat diese Einteilung nur einen geringen praktischen Wert.
Wiesner, Bamberger,^ Tschirch''' und viele andere
Forscher haben besonders in den letzten Dezennien das ganze
Gebiet der Harze eingehendst und mit großem Erfolge be-
arbeitet. Wiesner und Tschirch sowie ihre Schüler wendeten
auch der Klärung der rein botanischen Fragen ihr besonderes
1 Tschirch (1906). Unter »Reinharz«; versteht Tschirch »den vor
den begleitenden Beisubstanzen befreiten Harzkörper« (p. 194).
- Wiesner (14), p. 232.
3 Wies n er, 1. c, p. 168.
■1 Tschirch (1906), p. 7 und 1188.
■' L. c.
'■■ L. c.
Lichtbrechung einiger Harze. 505
Augenmerk zu; die Beantwortung einer ganzen Reihe von
Fragen, betreffend die anatomischen und physiologischen
Bedingungen der Harzbildung, wie auch der Systema-
tik (Stammpflanzen), ist vornehmlich ihnen zu danken. Trotz-
dem harren noch viele Punkte der Aufklärung oder eingehender
Studien; es seien nur erwähnt die Harzmetamorphose, Autoxy-
dation, Überwallungsharze, Bestimmung der Stamimpflanzen u. a.
Wenn wir heute noch eine ganze Fvcihe von Harzen
haben, deren Provenienz entweder ganz unbekannt oder doch
sehr zweifelhaft ist, so trägt an dieser Verwirrung die Nomen-
klatur, deren Grundlage zum großen Teile die Landes- oder
Gebietsnamen der Herkunft bilden, vielfach die Schuld; ja
selbst Bezeichnungen, die ganz ausgeschlossen erscheinen,
sind gar nicht so selten; z. B. «ägyptischer oder ostindischer
Kopal«.
Wiesner hat daher berechtigterweise, speziell für die
Kopale, den Vorschlag gemacht, dieselben nach ihren Stamm-
pflanzen zu bezeichnen;^ em Vorschlag, der übrigens meines
Erachtens auch auf andere Harze auszudehnen wäre, wie z. B.
Fichtenharze, Elemi. Naturgemäß kann das nur für S(~)rten
gelten, deren Provenienz einwandfrei geklärt ist. Jedenfalls
würde sowohl die Übersicht über die bekannten Sorten sehr
gewinnen, andrerseits auch die weitere wissenschaftliche For-
schung auf eine breitere Basis gestellt. Allerdings müßte diese
Anregung auch vom Handel aufgegriffen und vor allem die
wissenschaftlichen Institute mit einwandfreiem Material ver-
sehen werden.
Zur Bestimmung von Harzen unbekannter Provenienz
wurden verschiedene Wege eingeschlagen. Vor allem wurde
die chemische Analyse herangezogen, die selbstverständ-
lich zur vollkommen einwandfreien Bestimmung gegenwärtig
fast die einzige Möglichkeit bietet. Daneben wurden aber auch
\'ersuche unternommen, die Dichte,- die Schmelzpunkte,-^
die Lösiichkeit-'^ und, speziell für die Kopalreihe, die
1 Wiesner (14), p. 354.
'-' Tschirch (1906), p. 10; Wiesner (14), p. 330; Bottier (93l.
3 Tschirch (1906), p. 1 1 ; Wiesner (14), p. 332.
•1 Wiesner (14), p. 214; Bottier (93), p. 22.
50() J. Greger,
Härte^ als Diagnostica zur approximativen Bestimmung zu
benützen. Diese Versuche zeigten nun auch, daß eine Unter-
scheidung einzelner Harze auf Grund solcher Eigenschaften
wohl möglich ist; andrerseits traten aber bei verschiedenen
Fc^rschern Differenzen hervor, die möglicherweise aus dem oft
nicht ganz einwandfreien Untersuchungsmateriale zu erklären
sind, besonders wenn es vielleicht ohne genaue Überprüfung
verarbeitet wird; und schließlich ist es nicht von der Hand
zu weisen, daß die angestellten Versuche ohne Berücksichti-
gung der speziellen Eigenschaften der Harze durchgeführt
wurden. Daß z. B. die Ermittlung der Dichten oder der
Schmelzpunkte je nach der Versuchsanordnung und Methode
divergierende Resultate zeitigt, beweisen die Tabellen in
Wiesner's * Rohstoffe « - bezüglich der Kopale.
Auch vereinzelte Lichtbrechungsbestimmungen wur-
den durchgeführt,-^ die jedoch in ihrer überwiegenden Mehrzahl
für die praktische Anwendung kaum einen brauchbaren Anhalts-
punkt liefern, da die zur Ermittlung angewandte Methode nicht
mitgeteilt wird. Es wird später gezeigt werden, welchen Ein-
fluß die Temperatur eines Schmelzflusses auf die Lichtbrechung
nach der Erstarrung hat. Ob diese Tatsache im Zusammen-
hange mit der Verflüchtigung von Beimengungen (ätherischen
Ölen z. B.) oder mit chemischen Vorgängen steht, vermag ich
nicht zu entscheiden. Bei dem speziellen Falle wird noch
darauf zurückgekommen werden.
Jedenfalls ist das eine sicher, daß für exakte Resultate
und für deren weitere praktische Verwertung nicht nur die
genaueste Beobachtung aller Begleitumstände, sondern auch
deren Mitteilung ein unerläßliches Erfordernis bildet.
Die den Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bildende
Ermittlung der Brechungsindices wurde mit der Absicht
unternommen, ob nicht auch auf diesem Wege ein brauch-
bares Hilfsmittel für die Bestimmung von Harzen un-
bekannter Provenienz "ewonnen werden könnte.
1 Wiesner (14), p. 330. — Bottier (93), p. 21.
2 Wiesner (14), p. 330 und 332.
■■• Landolt-Bürnstein (1905), Tabelle 200, p. 635 bis 639. — Beer
(53), Tabelle VI, p. 423 bis 425. — Behrens (190S), Tabelle 41, p. 48, 49.
Lichtbrechung einiger Harze. • oO<
Im speziellen Teile wird darauf noch näher eingegang-en
werden.
Untersuchungsmethode.
Der Versuch, durch die Vergleichsmethode mitteis
des Polarisationsmikroskops die Brechungsindices zu be-
stimmen, scheiterte an dem Umstände, daß in der Mehrzahl
der Vergleichsmedien von bekannter Lichtbrechung die Harze
ganz oder teilweise in Lr)sung gehen. Auch die Prismen-
methode ergab am Fues- Goniometer keine guten Resultate,
da weder das Signal zur Bestimmung des brechenden Winkels
noch auch das Spektrum für die Ablenkung einwandfrei ein-
zustellen waren. Wahrscheinlich entstehen infolge der allmäh-
lichen oder sozusagen zonenweisen Abkühlung Schlieren oder
Spannungsdifferenzen, wodurch die durchgehenden Strahlen
mehrfach gebrochen werden. So wurde schließlich der Versuch
gemacht, mittels des Refraktometers zum Ziele zu gelangen.
Als durch eine Probe sich erwies, daß das Refraktometer bei
der Untersuchung genaue Winkelwerte abzulesen gestattet,
wurden vorerst die Brechungsindices einiger Harze ermittelt,
um zu erfahren, ob überhaupt nennenswerte Unterschiede
welche eine weitere Bearbeitung rechtfertigen konnten, kon-
statierbar sind. Für diesen Zweck wurden Gummigutt, Dammar,
Fichtenharz, Manilaelemi und rotes Acaroid gewählt, also Ver-
treter der drei Gruppen, wie sie Wiesner^ aufgestellt hat.
Die Berechnung ergab Wertdifferenzen von 7/xa =: 1 '54041
bis 1* 60315. Es handelte sich nun um die weitere wichtige
Frage, für alle zu untersuchenden Harze möglichst gleich-
artige Grundbedingungen zu schaffen.
Zu diesem Zwecke wurde vor allem eine Versuchsreihe
gemacht, um zu konstatieren, ob die Verflüchtigung von
Bestandteilen die Lichtbrechung beeinflußt. Da sich dies, wie
später gezeigt werden wird, als sicher erwies, war die Auf-
gabe die, einen Weg zu finden, um die Verflüchtigung von
Beimengungen nach Möglichkeit zu verhindern. Nach mehr-
fachen Proben erwies sich folgende Methode als zureichend:
1 Wiesner (14). p. 232.
V
508 J. Greger.
Das ZU untersuchende Harz wurde mittels eines Messers, so-
fern es nicht schon in einem Bruchstück selbst die Bedingung
bot, mit einer zirka 15 mm- großen, ebenen Fläche versehen
und diese sodann leicht konkav gehöhlt, so daß ein erhöhter
Rand entstand. Sodann wurde das Harz mit dieser Fläche auf
eine geschliffene (am besten dünne) Glasplatte (Deckglas)
gesetzt und vorsichtig erwärmt; bereits vor dem allgemeinen
Eintreten der Schmelztemperatur wird durch den Rand ein
Abschluß gebildet — der Schmelzpunkt wird hier am frühesten
erreicht — und dadurch das Entweichen der flüchtigen Bestand-
teile verhindert. Beginnt nun das Harz auch in dem so ge-
bildeten Hohlräume zu schmelzen, so wird es fest gegen die
Glasplatte angedrückt und das ganze Präparat sich selbst
überlassen. In sehr kurzer Zeit erfolgt die Abkühlung und das
dünne Glas springt in den meisten Fällen von selbst ab. Das
Harz zeigt eine vollkommen gleichmäßig spiegelnde Fläche,
die Grenzkurve im Refraktometer ist scharf.
Nach diesem V^organge wird sich also der Brechungsindex
ungefähr auf den Schmelzpunkt des betreffenden Harzes
beziehen.
Die Besümmung der Brechungsindices wurde mittels
eines Krystallrefraktometers von Zeis^ vorgenommen.
Als Vergleichsflüssigkeit diente Thoulet'sche Lösung-
vom Brechungsexponenten 1-71813, als Lichtquelle Na-
trium licht.
Bei der Zugrundelegung der Grenzwinkel für die Berech-
nung der Brechungsexponenten wurde so vorgegangen, daß
mindestens drei Ablesungen gemacht und daraus das Mittel
gezogen wurde. Größere Differenzen als 3' kamen übrigens
nicht vor; da dadurch aber erst die vierte Dezimale beeinflußt
wird, hatten sie auch vernachlässigt werden können.
1 Beschreibung und Abbildung siehe P. Groth: Physikalische Kr\-stallo-
graphie. 4. Autl. Leipzig 1905, p. 704 bis 709.
- Kaliumquecksilberjodidlösung. Näheres siehe Rosenbusch-Wüifing,
Mikroskopische Physiographie der petrographisch wichtigen Mineralien.
^ Hälfte. .Stuttgart 1904, p. 38, 39.
Lichlbivcliung einiger Harze.
509'
Spezieller Teil.
Die Liehtbreehung'sindiees der untersuchten Harze.
In der Reihenfolge habe ich mich an Wiesner (Rohstoffel) gehalten.
Die Indices beziehen sich auf Na-I.icht, t = 18° C.
I. Gummiharze.
1. Gummigutt 1 -60315
Galbanum und Ammoniak g um mi gaben trotz
wiederholter sorgfältiger Versuche Iveine scharfen Grenz-
kurven.
IL Harze, welche weder Zimt- noch Benzoesäue führen und
diese beiden Körper auch nicht durch Zersetzung liefern.
2. Fichtenharz:
a) Natürliches 1-55184
h) Waldweihrauch 1 - 54868
c) Burgunder Pech 1 - 54868
d) Weißpech (Wasserharz) 1 -55979
3. Elemi:
a) Maniiaelemi 1 - 55872
h) Mexikanisches Elemi 1 • 52554
c) Brasilianisches (Protium-) Elemi 1 -55341
4. Mastix:
a) Bombaymastix 1
h) Chiosmastix
5. Sandarak
6. Dam mar
7. Kopale:
a) Sansibarkopal
Baumkopal
Gegraben unreif
Gegraben reif
b) Mozambiquekopal?
c) Inhambanekopal von Copaifera Gorsldana
53917
55027
54092
54041
• 5546( )
•56011
•57638
•54977
•54378
1 Wiesner (14), p. 232.
510
J. G res; er.
d) Sierra Leonekopal
jung 1
Kieselkopal l
e) Loangokopal 1
f) Angolakopal (rot) 1
g) Benguellakopal (gelb) 1
h) Kamerunkopal 1
i) Kaurikopal
Neuseeland — 1
Neukaledonien — 1
j) Manilakopal
hart 1
weich .■ 1
k) Brasilianischer (südamerikanischer) Kopal
von Hymenaea Courharil 1
von Hymenaea stilbocarpa 1
8. Guajakharz 1
9. Gummilack (Stocklack) 1
54251
55057
54490
54789
54410
53180
53996
54568
53259
54060
52659
54441
61480
54852
III. Harze, weiche Zimt- oder Benzoesäure führen
durch Zersetzung liefern.
10. Benzoe:
Siam — 1
Sumatra — 1
11. Drachenblut 1
12. Xanthorrhoeaharz:
Rotes Acaroidharz 1
Gelbes Acaroidharz? 1
(13.) Olibanum 1
(14.) Harz von Honniirinni ßorihumlnui (Umiri-
harz) 1
oder
54916
53677
67093
66210
65551
53195
53437
Zwecks Überprüfung der Verläßlichkeit der angewandten
Methode wurden einige Kontrollmessungen durchgeführt, und
zwar mit neuen Proben des gleichen Materials. Es ergaben
sich beispielsweise folgende Winkelwerte:
Lichthi-echuii" einieci' Harze.
511
Für rotes Acaroidharz:
1. Messung 61° 32'
61 34
61 33
Kontrolle 61" 35'
61 33
Für Oübanum:
1. Messuno-. .. , 54° 8'
54 10
54 7
Kontrolle 54° 10'
54 7
Auf gleiche Weise wurden noch Sandarak, Gelb-
benguellakopal und Mastix nachgeprüft.
Bei Zusammenziehung der gewonnenen Resultate bietet
sich nun (Indices steigend) folgendes Bild:
Elemiharze 1-52554 bis 1-55872
Kopale 1 -52659 bis 1-57638
O li b a n u m 1-53195
Umiriharz 1-53437
Benzoe 1-53677 bis 1-54916
Mastix 1 -53917 bis 1 -55027
Dam mar 1 -54041
Sandarak 1-54092
Gummilack 1-54852
Fichtenharz 1*54552 bis 1*55979
Gummigutt 1 -60315
Guajakharz 1-61480
Xanthorrhoeaharz 1*65551 bis 1-66210
Drachenblut 1 -67093
Vor allem fällt sofort ins Auge die Gruppe mit den
Brechungsindices 1-60 und höher. Sie hebt sich auf-
fallend gegen die übrige Reihe ab und ist auch durch Indices
ausgezeichnet, welche sich scharf gegeneinander abgrenzen,
also gut charakterisierte Sorten kennzeichnen.
512 J. Greger,
Unter /^xa = 1-530 gehen nur mexikanisches Elemi und
brasilianischer Kopal von Hymenaea Courbaril.
«Xa = 1 '550 bis 1 "öO: Fichtenharze, Chiosmastix, Manila-
und Protiumelemi sowie einige Kopale.
Zwischen 1*530 und 1*550 liegt nun die Mehrzahl der
untersuchten Harze: Kopale, Elemi, Benzoe, Fichtenharze,
Gummilack, Umiriharz, Olibanum, Sandarak, Dammar.
Bei Berücksichtigung der Brechungsindices im Verein mit
den sonstigen charakteristischen Eigenschaften wird es wohl
meist gelingen, auch bei der letzten Gruppe nahe an die Grenze
der richtigen Bestimmung zu gelangen. Auf jeden Fall sind
für die nachfolgende chemische Untersuchung Anhaltspunkte
gewonnen, welche auf spezielle Untersuchungsmethoden hin-
weisen und damit den Kreis der Untersuchungsmöglichkeiten
bedeutend verengern.
Um nun den Einfluß der flüchtigen Beimengungen
auf die Lichtbrechung zu prüfen, wurde folgender Versuch
gemacht: Im Thermostaten wurde Dammar auf 80° C. er-
wärmt und sodann an die Glasplatte angepreßt. Hierauf wurde
von demselben Material in der ^^prouvette ein Teil auf 160°,
der Rest auf 200° erhitzt und auf die (gleichfalls erhitzte)
Glasplatte gegossen. Derselbe Versuch wurde mit Maniia-
elemi vorgenommen, und zwar für die Temperaturen 135°,
150°, 200°. Die Ergebnisse sind folgende:
Für Dammar:
S0° . . . 1 * 545 1 1 X
'".".Differenz 0*00931
160°... 1*53580< :0*01786
/Differenz 0*00855
200° ... 1 * 52725::- •••-
F ü r M a n i 1 a e 1 e m i :
1 35 ° . . . 1 * 54044:;-
'■■.-Differenz 0*00128
150°... 1*53916< ;0* 00624
'.'.■.•■Differenz 0-00496
200° .. . 1 * 53420--" •••■■'
Lichtbrechung- einiger Harze. olo
Berücksichtigt man nun die bei möglichster Vermeidung
von Verfiüchtigungen festgestellten Brechungsindices sowie
die Schmelzpunkte, so ergeben sich folgende Differenzen:
Da m mar:
Brechungsindex beim Schmelzpunkte (zirka 150°). . . 1 -54041
Brechungsindex bei 200° 1 -52725
Differenz. . . 0-01316
M a n i 1 a e 1 e m i :
Brechungsindex bei zirka 120° 1 -55872
Brechungsindex bei 200° 1 -53420
Differenz. .. 0-02452
Da der Gehalt an ätherischen Ölen bei Dammar nur
gering, bei Elemi aber höher ist (b's 30%), ließe sich aus
diesem Versuche ein Schluß darauf ziehen, daß die Anwesen-
heit, beziehungsweise die Verflüchtigung von ätherischen Ölen
den Brechungsindex wenigstens mitbeeinflußt. Ob abör doch
nicht auch andere Ursachen diese Erscheinung hervorrufen,
soll damit keineswegs abgewiesen sein. Sicher ist das eine,
daß der Brechungsindex durch die Temperatur innerhalb
weiter Grenzen verschoben wird.
Nach der den vorliegenden Ermittlungen zugrunde ge-
legten Methode müßte nun zu erwarten sein, daß die
Brechungsindices in Korrelation zum Schmelzpunkt
des betreffenden Harzes stehen, und zwar mehr zu den
unteren Schmelzpunkten, wie sie von Bamberger und Riedel
für die Kopale ermittelt wurden,^ weil auch bei der Her-
stellung der Refraktionsflächen das Entweichen von flüchtigen
Bestandteilen tunlichst verhindert wurde. Die Gegenüber-
stellung zeigt nun auch ganz deutlich diese Bezi-ehungen: Je
höher der Schmelzpunkt, um so höher der Brechungs-
index.
1 Wiesner (14), p. 332 (Originaiuntersuchungen).
5!4
J. Greger,
Brasilianisclier Kopal von Hymc
naea Couibaril
Kamerunkopal
Manilakopal hart
Kaurikopal
Gelbbenguellakopal
Sansibarkopal
115°
110—120
120
115—140
156—158
160—360
1-52659
1-53180
1 • 53259
1-53996-1-54568
1-54410
1-55466—1 -57638
Unterer
Schmelzpunkt
"X.
Brasilianischer Kopal von Hyme-
naca Courbar il
77°
96
103
106—108
111
125
139—158
1 ■ 52659
1-53180
1-53259
1-54410
l-rj3996— 1-54568
1 -54789
1-55466—1 -57638
Manilakopal hart
Gelbbenguellakopal
Kaurikopal
Angolakopal
Sansibarkopal
Dagegen zeigt ein Vergleich mit den Ermittlungen anderer
Autoren nicht die \-olle Übereinstimmung, ein Umstand, der,
wie bereits früher erwähnt, daraus zu erklären ist, daß die
speziellen Eigenschaften der Harze nicht mit der durchaus
notwendigen Sorgfalt in Rücksicht gezogen wurden.
Schmelzpunkt
Siam Benzoe
Sumatra Benzoe
Guajakharz
Brasilianischer Kopal von Hymc-
nacci Courbaril
75°
89—90
95
95
1-54916
1-53677
1 -61480
1 • 52659
Lichtbrechung einiger Harze.
515
Schmelzpunkt
^\a
Mastix
Kanierunkopal
Manilakopal weich
Elemi
Manilakopal hart
Gummilack
Dammar
Kaurikopal
Gelbbenguellakopal
Sierra Leonekopal jung. .
Sierra Leone(Kiesel-)kopa
R^>tangoiakopal
Inhambanekopal
Sansibarkopal
100—120°
1 OS
1 1.".
120
1 35
140
1 50
140—170
170
185
220
245
260
259—265
1-53917— 1-55027
1-52554—1-55341
53180
54060
53259
54852
54041
1-53996-1-54568
54410
54251
55057
54789
54378
1-55466—1-57638
Wir sehen, daß sich hier nicht einmal eine annähernde
Beziehung finden läßt.
Dieselbe Erfahrung wie mit den Schmelzpunkten kann
man auch durch eine Gegenüberstellung zu den von Wiesner^
und Bottier- aufgestellten Härteskalen der Kopale
machen: Mit dem Härtegrad steigt der Brechungsindex.
Beginnend mit dem härtesten Kopal sind die Reihen folgende:
Nach Wiesner:
1 . Sansibarkopal.
'2. Mozambiquekopal.
3. Kieselkopal (Sierra Leone-).
4. Gabonkopal.
ö. Angolakopal.
ü. Benguellakopal.
7. Kauri- und Manilakopal.
5. Südamerikanischer Kopal.
Nach Bottier:
1. Sansibarkopal.
2. Rotangolakopal.
3. Kieselkopal.
4. Gelbbenguellakopal.
5. Kongokopal.
6. Manilakopal.
7. Weißangolakopal.
8. Kaurikopal.
9. Brasilianischer Kopal.
1 Wiesner (14), p. 330.
-' Bottler (93), p. 21.
516
.1. Greg er.
Nach
W i e s n e r
Nach Bottier
Sansibar —
1-55466— 1-57638
Sansibar —
1-55466- 1-57638
Kiesel —
1-55057
Angola —
1-54789
Angola —
1-54789
Kiesel —
1-55057
Benguella —
1-54410
Gelbbenguella
1-54410
Kauri — "4
1-53996—1-54568
Kauri —
1-53996— 1-54568
Manila — j
1-53259
Manila —
1 ■ 53259
Südamerika-
Brasilianischer
nischer —
1-52659 — 1-54441
1-52659-1-54441
Daß die Brechungsexponenten in enger Beziehung zu
jenen Dichten stehen, welche von Meichl und StingP für
die nicht evakuierten Kopale ermittelt wurden, ist aus
der Versuchsanordnung leicht erklärlich. Auch hier zeigt sich
wieder: Je größer das spezifische Gewicht, um so
höher der Brechunq-sindex.
Dichte
vor dem
Evakuieren
*Na
Brasilianischer Kopai
Kaurikopal
Manilakopal
Angolakopal
Sansibarkopal
-018
•050
•062
-064
•067
1-52659—1-54441
1-53996-1-54568
1-53259-1-54060
1-54789
1-55466-1-57038
Dagegen steht die Dichte evakuierter Harze nur in
einem sehr lockeren Zusammenhange mit den Brechungs-
indices:
1 Wiesner (14), p. 329, 330.
icliibrecluing einiger Harze.
517
Dichte
nach dem
Evakuieren
'Na
Sierra Leonekopal, jun
Loangokopal ,
Sansibarkopal
Mozambiquekopal (?) . ,
Kamerunkopal
Angolakopal
Brasihanischer Kopal . .
Kaurikopal ,
Sumatrabenzoe
jManilakopal -
Gummilack ,
Siambenzoe
Gummiguit ,
Guajakharz ,
Drachenblut ,
1 • 060
1-064
1-068
1-069
1 • 080
1-081
1-082
1-115
1-120— 1 -ins
1 -121
1-139
1-150— 1-171
1-20
1 - 22
1-27
1-54251
1 - 54490
1-55466— 1-57638
1-54077
1-53180
1 - 54789
1-52659—1-54441
1-53996- 1-54568
1 - 53677
1-54259
1-54852
1 -54916
1-60315
1-61480
1 - 67093
Ein Vergleich der Brechungsindices mit der von Bottler^
aufgestellten Löslichkeitsskala beweist, daß der Brechungs-
index um so höher ist, je schneller löslich der betref-
fende Kopal. Bottier stellte folgende Reihe auf:
1. Weißangola (am löslichsten), 2. Manilakopal, 3. Kauri-
kopal, 4. Kongokopal, 5. Sierra Leonekopal, 6. Hymenaea-
Kcpal B, 7. Gelbbenguellakopal, 8. Hymenaea-Ko^aX A, 9. Rot-
angola, 10. Weißbenguella, 11. Kieselkopal, 12. Sansibarkopal.
Manila — 1 - 53259— 1 - 54060
Kauri — 1-53996—1-54568
Sierra Leone — 1 -54251
HymcHiiea — B 1 - 54441
Gelbbenguella 1- 54410
Rotangola — I - 54789
Kiesel — 1 - 55057
Sansibar — 1 - 55466— 1 • 57638
'i Bottier (93), p. 22.
Sitzb. d. malhem.-naturw. KL, Abt. I, 128. Bd. 37
518
J. Greger,
Schließlich sei noch eine Übersichtstabelle der physi-
kalischen Eigenschaften von jenen Harzen, welche auf ihre
Lichtbrechung untersucht wurden, zum leichteren Vergleiche
gegeben :
Übersichtstabelle der physikalischen Eigenschaften einiger
Harze.
Erklärung der Abkürzungen: .
B. = Bottler, Bi. = Biltz, Bn. = Brissün. Br. = Brandes,
D. = Dieterich, F. = Flückiger. H. = Hager, J. = Johnstoit,
L. = Linsbauer. Lu.^ Lucanus. M. = Mayr. P. ^PfatT,
Seh. = Schrott er, W. = Wiesner.
Die Bezifferung der Härten bezieht sich auf die Reihenfolge in den von
Wiesner und Bottier aufgestellten Skalen.
Härte
Dichte (W.)
Schmelzpunkt
(W.)
Benennung des Harzes
W. B.
eva-
kuiert
nicht
eva-
kuiert
oberer
unterer
«Na
cd
4)
o
x:
o
c
sS
X
o
N
C
<o
02
'ö
c*
o
<
rotes
•
.
1 -66210
gelbes
•
1 -65.151
Siam
•
1-150
bis
1-171
7
5°
1-54916
Sumatra
1-120
bis
1-154
80°— 90°
1-5:^
Dammar
weich
die K
härte
Koloph
er als
opale,
r als
onium
1-04-1
1-06
1-122
1 -056
-05 (ßi.)
(Lu.)
(Br.)
(Seh.)
150»
1 •.')404l
Drachenblut
•
zirka
1-27
1-67003
1
"
1
Lichtbreclumg einiger Harze.
519
Härte
Dichte (\V.)
1
Schmelzpunkt
(W.)
"Na
eneniiung des Harzes
VV. ! B.
i
nicht
eva-
, . . i eva-
kuiert i , ■ ^
! kuiert
1
oberer | unterer
Brasilianisches
(Protium-) Elemi
Geringer
als
Kokiphoniuni
1
1-018 {Bn.\ .
1-08:? (P.^
1 -055 (Seh.)
120°
1-55341
1 -55872
Manila
Mexikanisches
1-525^4
Natürliche-.
i
1-55184
Überwallungs-
Für Kalo
1-094 (M.)
1-071-1-083
(D.)
phoniiun :
9,)<'_l(jO° (F.)
1 - 54552
Waldweihrauch
1 ■ 54868
Burgunder Pech
1 • 54868
Weißpech
1-07
bis
1-09
1-55979
Gummigutt
zirka
1-20
1-60315
Guajak
1-22
(Bn.)
1-064
95°
(F-)
1 -61480
Angola rot
2
4
1-96?
1-081
1
j 245° (Bn.)
315° (B.)
125°
j
1-54789
Benguella gelb
t)
1-06
1-062
bis
1-081
5 CB.)
170° (Bn.)
180° <^B.)
156° , 106°
bis j bis
158° 198°
1
1-54410
'
•
520
J. Greger,
lung des Harzes
Härte
Dichte (\V.)
Schmelzpunkt
Benen
W.
ß.
, nicht
eva-
1 •* 1 eva-
kuiert , . ,
] kuiert
oberer i unterer
"Na
o
0)
'c
Ca
von Hymenaea
Courharil
8
9
1-07
1 • 082
0 (B.)
1-018
95°
90°
115°
(Bn.-)
(B.)
77°
1-5265
von Hymenaea
stilhocarpa
•
1 - 5444
Inhambane von Copai-
fera Gorshiana
•
•
1
260°
1-5437
Kamerun
wie St
einsalz
1-08
•
108° (Bn.)
110°
bis , 96°
120°
1-5318
rt
Neuseeland
7
8
1 • 04t
r I 1 5
1-064
)6 <;ß.)
1 -050
140°— 179° (Bn.)
150° (B.)
1-6399
Neukaledonien
•
115°
bis
140°
111°
1 • 5456
Loango
•
•
1 • 5449
5
hart
7
6
1-06
1-121
9 (B.)
1 • 062
135°
145°
120°
(Bn.)
(B.)
103°
1-5325
weich
1-111 (B.)
■
11
5°
1 - 5406
Mozambique
2
•
1-069
1 • 5407
c
o
CS
.s
Jung
8
1-06
1-06 *
i (B.)
195° (B.)
185° (Bn.)
1 • 5425
Kiesel-
3
3
1-067 (B.)
1-09
230° (B.)
220°- (Bn.)
1 • 5505'
j
!
!
I.ichthrecliunü- einitier Harze
O -""o^
521
enennunti' des Harzi
Härte
\V. B.
Dichte (W.)
eva-
kuiert
nicht
eva-
kuiert
Schmelzpunkt
(W.l
oberei- unterer
'.Va
Baumkopal
Getfrahen unreif
Gegraben reif
Bomhav
Chios
(Insel Scioi
OHbanum
Sandarak
Zwischen
Uammar und
Sandarak
Stock lack
Umiri von Hoitmirium
floribiiudiiin
Zwischen
Fraueneis und
Steinsalz
r062l (B.)
275° CB.)
259°— 265° (Bn.)
I-0B8
1 -067
169'
340'
bis
360*
139'
158'
1-04 (Seh.)
1-07 (Bn.>
100° (J.)
105°— 120°
(Seh/)
108° (F.)
1-05 (P.)
1-966 (F.)
1-078 bis
1-088 (H.)
1-07 (L.)
1-092 (Bn.)
1-139
135° (F.)
1 • 55466
1-56011
1-57638
1-53917
1 • 55027
1-53195
1 • 54092
1-54852
1 • 53437
522 J. Greger,
Die untersuchten Harze stammen aus der Sammlung der
Lehrkanzel für Botanik. Warenkunde und technische
M i k !• o s k o p i e der Deutschen Technischen H (3 c h s c li u I e
in Prag.
Zum Schlüsse erübrigt mir noch, vor allem dem Vorstand
der genannten Lehrkanzel, Herrn Prof. Dr. Fridolin Krasser,
für die Anlegung zu Harzuntersuchungen, sowie dem Herrn
Privatdozenten Dr. O. Grosspietsch für die mannigfachen
Ratschläge gelegentlich der Vorarbeiten herzlichst zu danken.
Für die Bewilligung zur Benützung der optischen Instru-
mente, besonders des Krystallrefraktometers — es ist das
einzige derartige Instrument in Prag — bin ich Herrn Prof.
Dr. F. Slavik, und für die bereitwillige Unterstützung Herrn
Prof. Dr. B. Jezek zu großem Danke verpflichtet.
Zusammenfassend ergeben sich aus der vorliegen-
den Arbeit folgende Resultate:
L Die Brechungsindices der untersuchten Harze bewegen
sich (annähernd bezogen auf ihre Schmelzpunkte) bei Natrium-
licht und einer Temperatur von 18° C. zwischen L525 und
1-670.
2. Durch die Temperatur und die damit in Zusammen-
hang stehende Verflüchtigung von Beimengungen, vielleicht
auch durch Umlagerungen, wird die Lichtbrechung wesentlich
beeinflußt.
3. Die Brechungsindices stehen in direktem Verhältnis zu
den unter gleichen Bedingungen ermittelten Schmelzpunkten,
Härten, Dichten und der Löslichkeit. ■
4. Die Brechungsexponenten gestatten zum Teil schon an -^
und für sich eine sichere oder annähernde Bestimmung der
betreffenden Harze, andrerseits mit Berücksichtigung der
übrigen bezüglichen physikalischen Eigenschaften. Die Rich-
tungen der chemischen Untersuchung können dadurch auf ^
enge Grenzen beschränkt werden.
i
Lichtbrechung einiger Harze. O^o
Literaturnachweis.
Beer A. ^5:^), Einleitung in die höhere Optik. Braunschweig 1853.
Behrens W. (^08), Tabellen zum Gebrauche bei mikroskopischen Arbeiten.
Leipzig 1908.
Botller M. (93), Über physikalische Eigensciiat'ten der Kopale (Dingler's
polytechnisches Journal, 288). 1893.
Flückiger F. A. (91), Pharmakognosie des Pflanzenreiches. 3. Autl. Berlin
1891.
La ndolt-Börnstcin (05), Physikalisch-chemisclie Tabellen. 3. Autl. Berlin
1905.
Mnlisch H. (13), Mikrochemie der Pflanze. Jena 1913.
Ostwald Wo. (12), Grundriß der Kolloidchemie. Dresden 1912.
Tschirch A. (06), Die Harze und die Harzbehälter mit Einschluß der
Milchsäfte. Leipzig 1906.
Wiesner J. v. (14), Die Rohstoffe des Pflanzenreiches. 1. Bd., 2. Abschnitt:
Harze, von J. Wiesner und M. Bamberger. 3. Aufl. Leipzig und
Berlin 1914. '
525
Ein neuer Tyipus einer männlichen
Williamsonia'EQchQrblüte aus der
alpinen Trias
Vor.
Dr. Fridolin Krasser
(Mit 1 Te.-adg^r und 1 Tafel»
(Vorgo(e!Jt in der Sitzung am 30. Oktober 1919)
Vorwort.
Bei der Durchsteht der schon vor vnelen Jahren von
verschiedenen Beobachtern getegentlich geologischer Begehun-
gen in den Südaipen gesammelten Einzeh'orkommnisse \on
Triaspflanzen, die seither im Museum der Geologischen Reichs-
anstalt in Wien aufbewahrt werden, stieß ich auf eine merk-
würdige Williamsonia.. welche nur in dem einen Exemplar
vorliegt, das Gegenstand dieser Abhandlung ist.
Ich habe diese Blüte Williajtisouia alpina genannt. Sie
ist nur als Ausguß der männHchen Becherblüte erhalten. Das
Ausgußmateriai ist etn feinkörniger, nur in geringem Maße
kalkhaltiger Sandstem. Als Fundort ist St. Cassian in Süd-
tiro! angegeben, aber leider nicht näher bezeichnet der geo-
logische Horizont, in weichem sie aufgefunden worden war.
Um eine scharfe Diagnose zu gewinnen, soll zunächst
der mir vorliegende Ausguß genau beschrieben werden, daran
möge sich die Rekonstruktion und Deutung der Blüte, sowie
eine Vergleichung mit den in. Betracht kommenden bekannten
Williamsonien anschließen
526 F. Kiasj-er,
1.
Beschreibung des Fossiles.
Das vorliegende Fossil ist als der Ausguß des Inneren
einer Becherblüte erhalten. Der Becher erscheint demnach
als Erhebung, ziemlich flach, nur 5 mm hoch. An ihm kann
man zwei Zonen unterscheiden, namhch
1. das Zentralfeld,^ d.i. eine zentrale Zone von :6ww
Radius, welches nichts anderes ist als der Bechergrund über
der Btüteninsertion;
2. die Speichenzone, d. i. eine anschließende periphere
Zone von 5 mm Breite, welche von erhabenen 1 mm breiten
radiären Leisten durchzogen wird, die in die Mittellinie der
Segmente übergehen.
Dann folgt ein Kreis von spindelförmigen Wülsten, weiche
eine auffällige Zone des Fossil'^ bilden, die wir als Zone
3: die Schlundzone (Drüsen.-Lone?) bezeichnen können.
.Sie ist 2 mm breit.
Von der Schlundzone gehen die .Segmente aus. sie
gliedera sich dadurch, daß die freien Enden einen deutlich
sich abhebenden Saum besitzen, in drei Zonen. Es sind
4. der Kelchmund, der durch zarte radiäre Linien, je
eine zwischen den schwach gekielten Segmenten, in 14 Felder
zerfällt und 7 mm Breite hat:
5. die Lappenzone, d. i. die Gesamtheit der freien,
gewölbten, abgerundet- dreieckigen Enden der Segmente, die
einzelnen um 7 mm breit und 8 mm lang; schließlich
6. die Saumzone, welche als breites Band von l'ö mm
die Lappen umsäumt, durch eine Furchenlinie von der
Lappenzone sehr scharf geschieden ist und absteht.
Das Belegstück zeigt noch die Spuren eines Kohie-
belages, nach dessen Beschaffenheit angenommen werden
darf, daß der Körper der Blüte von knorpeliger, keinesfalls
von typisch holziger Beschaffenheit gewesen i.st.
1 Entspricht dem > Becherboden« bei N.nthorsl, Falaobotanische JVljtl.
9, p. 20.
Neuer Typus von WiliiiUnsonia.
.■>27
2.
Rekonstruktion und Deutung der Becherblüte.
Wenn wir nach dem Ausguß, dessen Oberflächenskulptur
den Abklatsch der Innenseite wiedergibt, also das Negativ
derselben repräsentiert, die Blüte, welche ich hiermit William-
sonia alpiiia benenne, rekonstruieren, so ergeben sich die
charakteristischen Merkmale.
Schematisclier (IriiiKirifl Jer Ijeclierblüte von \Villiciins"iiiii alpiiia. um
die Zonentfliedcrung- v.u illustrieren.
Km := Kelclunund. I. = Lappenzone. N = Saumzone, .Vr/// r= SchlunJ-
zone, Sf = Synani^ialfurclic (außen als Rippe), .S'^ = Speichenzone,
Sr= Segment-Trennungslinie, Z= Zentralfeld (Becliergrund).
.Mikrosporophy 1 1 : l'unktiert ein ganzes Mikrosporophyll, längs-
scliratTiert dessen Scgmentteil. querschraffieit dessen I^appea, schwarz
angelegt der Saum.
Z-i-Sf^Schl =^ Hecher im engei-en Sinne.
Die Blüte war zur Zeit ihrer Einbettung jedenfalls un-
gestielt. .Sie wurde sorgfältig aus dem Gestein, einem fein-
körnigen Sandstein, herauspräpariert.
52S
F. K'rasser,
Das Zentralfeld deutet darauf hin, daß sie sich vom
Stamme durch eine Trennungsschichte im Sinne Hugo v. Mohl's
abgelöst hatte.
Über die Außenseite der Blüte, deren Körper, wie bereits
erwähnt wurde, nach der Beschaffenheit der Reste des Kohle-
belages wohl von knorpeliger Beschaffenheit war, können
wir keine ganz zuverlässigen Angaben machen. Die Spuren von
Kohlebelag deuten nach ihrem Aussehen auf eine im wesentlichen
glatte Oberfläche, welche wohl von der Mittellinie der Lappen
aus bis zum Grunde mehr oder weniger deutlich gerippt war.
Da die Blüte 14 Lappen zählt, also einem 141appigen
Becher n41appiges Perianth, Sympetalen Typus einer Angio-
spermenblüte vortäuschend, da aus einem Mikrosporophyll-
wirtel hervorgegangen) darstellt, zeigte sie demnach 14 Rippen.
Dieser Schluß ergibt sich aus dem Vorhandensein kräftiger
Leisten am Ausguß, die sich in der Mediane der Lappen
und darüber hinaus durch den Kelchmund, die Schlundzone in
die .Speichenzone bis zum Zentralfeld hinziehen, im Vereine mit
der nicht holzigen Beschaffenheit der Becherblüte. Den Leisten
des Ausgusses müssen Furchen der Innenseite der Blüte ent-
sprechen und diese bedingen dann die Rippen auf der Außenseite.
Im geöffneten Zustande waren die abgerundet-dreieckigen
Lappen, welche die freien Spitzenteile bis zur Mitte ver-
wachsener Segmente darstellen, sicherlich halb ausgebreitet.
Die Lappenbasen stoßen unmittelbar aufeinander, sind also
nicht durch Buchten getrennt. Die ganzen Segmente, also
auch die Lappen, sind \-on ihrem ürsprungsort über der
Schlundzone aus deutlich gewölbt, nach innen konka\' und
infolge ihrer Wölbung auch durch eine zarte Furche ge-
schieden. Die Lappen sind mit einem ansehnlichen Rand-
saum versehen, der etwas nach außen zurückgebogen ist
und sich scharf von der Randlinie der Lappenwölbung absetzt.
Das Innere der Blüte ist, wie der Ausguß lehrt, charakterisiert
durch die deutliche Gliederung in mehrere Zonen. ^
I
1 Man unterscheidei an den Willianisoitia-hlüien nach dem Vorgang
vi>n Xathorst (Paläohot. Mitt. 9, p. 9) gewöhnlich nur den Becher (der
die untere Partie der Blüte bildet — »die verwaclisenen Teile der Sporo-
phylle ) und die Lappen (die freien Teile der Sporophylle- ).
Neuer Typus von Willianisuiiia. o29
An den Bechergrund reichen die von den Spitzen der
Lappen aus die ganze Innenwand sich hinabziehenden, bereits
erwähnten Furchen. \'on ihnen aus entspringen sowohl auf
den Segmenten als auch auf der Wand Anhangsgebilde. Auf
den Segmenten sind es Synangien, unterhalb derselben ver-
mutlich die sogenannten Rudimente im Sinne von Nathorst.
In der .Schlundzone sind auf jeder .Segmentbreite
beiderseits der Mittelfurchen Einsenkungen fentsprechend den
spindelförmigen Wülsten des Ausgusses) vorhanden, die in
ihrer Gesamtheit einen Kranz bilden. Ihre morphologische
Natur muß bis zur Auffindung eines zur Entscheidung dieser
Frage geeigneteren Materials in Schwebe bleiben. Es kann
sich um Sekreträume oder »innere Drüsen« handeln. Das ist
die wahrscheinlichste Deutung.
Daß die Anhangsgebilde der Mittelfurche als Synangien
und Rudimente anzusprechen sind, ist schon per analogiam
mit den korrespondierenden Anhangsgebilden auf den Mikro-
sporophyllen der Typen Wüliamsonia spectabilis und W.
whitbiensis zu erschließen. Außerdem sind an mehreren
.Stellen die Synangien als nierenförmige, auf ihrer Ober-
fläche trajektorisch querstreifige Gebilde im Abdruck zu
erkennen. Über ihre Anheftungsweise läßt sich keine be-
stimmte Angabe machen, da .sie am Fossil gehäuft und
sichtlich aus der Ordnung gebracht vorliegen. Am wahr-
scheinlichsten ist es, daß sie in der gleichen Weise, wie beim
Typus W. whitbiensis angeordnet sind, also beiderseits der
Mediane. Unterhalb der Segmente, in der Speichenzone, stehen
an einzelnen Stellen Narben (am Ausguß, also auch am
Abdruck); sie können sich nach der Stellung nur auf ab-
gestoßene Synangien oder »Rudimente« beziehen.
Die Mikrosporen sind bislang noch unbekannt.
3.
Vergleichung der Williamsonia alpina mit anderen Arten.
Unter den bisher bekannt gewordenen Wiliiamsonien^
kommen zum Zwecke des Vergleiches nur Williamsonia
' Siehe die im Literaturverzeichnis zitierten Abhandlungen von Xathorst.
K rasser, Pel ourd e und Wieland. In ihnen ist die ühris;e Literatur zu finden.
530 1". Krasser.
spcLiabilis Nath., W. pectcu Leckenby emend. . Nath.,
M'. MtuberciUata Nath. aus dem Dogger von England, sowie
M. Alfredi F. Krasser aus dem imteren Lias von Steierdort
im Banat in Betracht.
Habituell kommen W. s^pectabilis, ivliUbicnsis und pcLfcii
sehr nahe, doch besitzen sie gegenübei- M '. ulpiiui durch-
wegs eingekrümmte Spitzen der Mikrosporophylle, auch sind
die freien Teile der letzteren, die Lappen, durchwegs weitaus
länger, stets ein mehrfaches länger als ihre basale Breite
beträgt. Dasselbe gilt für H'. bititbcraiUiiii und Alfvddi, doch
steht W. Alfredi der alpiiui insoferne näher als die bituber-
cuUifa, als bei der letzteren die Lappen durch ausgerundete
Buchten getrennt sind und nicht wie bei den übrigen am
Lappengrunde unmittelbar aneinanderschließen und sonach
unter spitzem Winkel ausladen. Dazu kommt noch, daß die
von den Autoren gern reproduzierte Restauration Williamson's
seiner >'Carpellary disc«, das ist W. bitubcrLiiUüa Nath.
ungenau ist. insbesondere durch die VVeglassung des charak-
teristischen, auch bei W. Alfredi vorkommenden terminalen
Krallenpaares der Lappen. Es ist nur die photographische
"Wiedergabe von Williamson's Belegstück bei Nath or st
(Paläobotan. Mitt. 9, Taf. 3, Fig. 8) für \'ergleichungen
brauchbar. Zudem finden wir bei den beiden letzteren jenes
eigentümliche große Synangiumpaar an jedem Lappen, das
von Williamson für Samen gehalten wurde. Da auch
letzteres bei W. alpina nicht vorhanden ist, so entfällt der
weitere Vergleich mit diesen Arten.
Der W. alpina eigentümlich sind der nach außen schief
abstehende Randsaum der Lappen, den wir bei keiner
anderen Williamsonia wiederfinden, und die Schlundzone
(Drüsenzone).
Der seichte Becher bringt sie der M'. ivhUbieusis nahe,
bei welcher der Becher allerdings holzartig ist (Nathorst,
Paläobot. Mitt. 9, p. 20). Er ist aber bei dieser Art ebenfalls
scharf abgesetzt. Im Jugendzustande sind die Mikrosporo-
phylle von M". wliitbiensis an der Spitze eingebogen oder
eingerollt. Bei W. alpina können ihrer Kürze halber die
Lappen im Jugendzustande nicht eingerollt sein, sie dürften
Ein neuer Typus vuii Williaiiisoiüa. o31
bloß mehr oder mindei eingekrümmt zusammenneigen, und
es ist der Verschluß der Bliice im Knospenstadium wohl
du!"ch die Saumzone der Lappen hergestellt.
Die Blüte, welche Nathorst als Tj'pus von W. fuhitbiensis
betrachtet, hat, wenn die vSporophylle gerade ausgedehnt liegen,
einen Durchmesser von 8 bis 10 cm (Nathorst, Paläobot.
Mite. 9, p. 9 und Tat', 2. Fig. 5). Die W. alpina zeigt unter
diesen Umständen einen Durchmesser \on etwa 7 cm.
Die Blüte von W. fuhitbiensis besitzt eine gestreifte
Außenseite, bei W. alpina ist sie, wie bereits erörtert wurde,
wohl mehr (^der minder- deutlich gerippt.
Bei W. spectabtiis ist der Becher tief und gestielt, über-
dies die ganze Blüte holzig, der Becher von W. pcctcn
undeutlich abgesetzt, allerduigs dünner als bei TT'. spccUihilis
und auch whitbiensis. Die .s77£'c-/(3^/7/.v-Blüten sind im allgemeinen
größer, die /»er/c'/z- Blüten gleich groß oder kleiner als die
wliifbicusis- Blüten..
Was die Synaiigien aübelangt, so ist zu bemerken,
daß sie bei W. pecten am kleinsten sind. Auch die Synangien
von W. alpina sind sehr klein. Bei' TT', spectabilis finden wir
sie (siehe das Schema bei Nathorst, Mikrosporophylle, p. 7,
Fig. 10) auf der Oberseite der Lappen an kurzen bis sehr
kurzen Fiedern (Synangiumtiedern) beiderseits der Mediane,
bei TT', whitbiensis (ibid. Fig. 11) einzeln in je einer Längs-
reihe von ihrem Ursprung in der Mediane nach links, respek-
tive nach rechts gelegt, angeordnet. Es sind hier gewisser-
maßen die mehrere bis bloß ein Synangium tragenden
Synangiumfiedern von W. spectabilis auf je ein Synangium
reduziert. Bei W. pecten ist ihre Anordnung nicht vollkommen
geklärt, doch waren sie jedenfalls (nach Nathorst, Paläobot.
Mitt. 9, p. 20) in radiale Reihen gestellt. Sie finden sich bei
dieser Art fast bis zum Zentrum des Bechers, wenn auch
verkümmert. Bei den übrigen Arten stehen sie nur auf
den Lappen. Ich habe schon früher (Abschnitt 2) ausgeführt,
daß die Anheftungsw;eise der Synangien von TT', alpina noch
nicht vollkommen klargestellt werden konnte, da sie gehäuft
und sichtlich aus ■ der natürlichen Lage gebracht am Beleg-
stück angetroffen Werden. Es ist möglich, daß in der Mittel-
532 F. Krasser.
partie der Lappen sehr kurze Synangmrnfiedern vorhanden
sind, im allgemeinen dürfte die Anordnung der Synangien
von H'. alpina dem whitbiensis-Typus folgen, doch ist es
nicht ausgeschlossen, daß die »Rudimente« crder sogar
S3mangien hier bis ins Zentralfeld vorkommen.
4.
Die Diagnose der in den vorhergehenden Abschnitten
besprochenen Williamsonia aus der Trias von St. Cassian
gestaltet sich nach diesen Ausführungen folgendermaßen:
Williamsonia alpina n. sp.
Becherblüte mit seichtem, scharf ausgegliedertem Becher
und 14 ziemlich kurzen, abgerundet-dreieckigen, eingesäumten
Lappen.
Lappen ausgebreitet, gewölbt und außen gekielt, innen
mit Mittelfurche, welche sich bis an den Bechergrund fort-
setzt. Auch in der Vernation nicht eingerollt.
Lappensaum nach außen abstehend.
Schlundzone vorhanden, d. h. an der Ausgliederungs-
stelle des Bechers im Innern eine schmale Zone, welche am
Ausguß als ein Kranz von spindelförmigen Wülsten hervor-
tritt.
Über der Schlundzone die verwachsenen Mikrosporo-
phylle bis zu den Lappen durch zarte Linien geschieden
(Kelchmund), darunter bis zum Bechergrund (Zentralfeld) die
Speichenzone, welche nur von den Mittellurchen (Sporophyil-
furchen, Synangialfurchen) durchzogen wird.
-Synangien den Sporophyllfurchen, besonders in der
Lappenzone entspringend, nierenförmig mit trajektorischer
Ouerstreifung.
Geologische Formation: Alpine Trias.
Fundort: St. Cassian in Südtirol.
5.
Übersicht über die wichtigsten Untersuichungsergebnisse.
1. In der alpinen (wahrscheinlich oberen) Trias von
St. Cassian in Südtirol wurde ein neuer Typus einer mann-
Ein neuer Typus von WiUiainsonia. 533
liehen Williamsonia nachgewiesen und als W. alpina nov. sp.
beschrieben.
2. TT', alpina ist auffällig durch reiche Gliederung der
Blüte. Es wurden sechs Zonen darin unterschieden: Saum-
zone, Lappenzone, Kelchmund, Schlundzone (Drüsenzone?),
Speichenzone und Zentralfeld (Bechergrund). Die Blüte ist
eine mehr kelchartige Becherblüte. Saumzone und Schlund-
zone sind ihr eigentümlich und besonders charakteristisch.
3. TT', alpina steht der T-T^. whithiensis habituell und nach
■der Anordnung der Synangien am nächsten.
4. W. alpina repräsentiert gegenwärtig den ältesten
(Trias!) Typus einer männlichen WilHamsonia-^QchevhXüiQ.
Literatur.
Krasser F., Männliche Williamsonien aus dem unteren Lias von Steierdorf
im Banat. (Denkschr. math.-naturw. Kl. Akad. Wissensch. Wien, Bd. 93,
1915).
— Studien über die fertile Region der Cycadophyten aus den Lunzer-
schichten: Mikrosporophylle und männliche Zapfen. (Ibid. Bd. 94, 1917).
Nathorst A. G., Paläobotanische Mitteilungen: 8. Über Williarnsonia,
Wielandiella, CycadocephaUts und WeUrichia. (_Svensk. vetenskapsakad.
Handl., Bd. 45, No. 4, 1909). 9. Neue Beiträge zur Kenntnis der
Williamsonia-müiQn. (Ibid. Bd. 46, No. 4, 1911).
— Die Mikrosporophylle von Williamsonia. (Arkiv för Botanik, Bd. 12,
No. 6, 1912).
Pelourde F., Le progres realisees dans I'etude des Cycadophytes de
l'epoque secondaire. (Progressus rei bot. Bd. 5, Heft 2, 1916).
Wie 1 and R. G., On the Williamsonia tribe. (Americ. Journ. of science,
vol. 33, Dec. 1911).
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. 1, 128. Bd. 38
534 F. Krasser, Ein neuer Typus von Williainsonia.
Tafelerklärung.
Fig. 1: Willianisonia aJpina F. Krasser nov. sp. als Sandsteinausguß
erhalten, zeigt den Abklatsch der Innenseite der Becherblüte als Oberfläche.
Die Mitte der Figur ist das Zentralfeld, der Abklatsch des Becherbodens.
Wegen der Gliederung in' sechs Zonen vergleiche die Textfigur
Besonders charakteristisch treten hervor die Saumzone, die abgerundet-
dreieckigen Lappen mit den Synangialfeldern und die Schlundzone an
der Bechergrenze sowie die Synangien tragenden Medianen der Mikro-
sporophylle (am Ausguß als radiäre Leisten).
Fig. 2: Profilaufnahme zur Demonstration des seichten Bechers.
Fig. 1 und 2 in natürlicher Größe!
Fig. 3: Ungefähr der halbe Ausguß etwa 2'^l.>m&\ vergrößert. Rechts
der verdrückte Teil, in Fig. 1 mit ** bezeichnet. * und ** mit den Pfeilen
in Fig. 1 geben den in Fig. 3 vergrößerten Teil des Ausgusses an. Die
Lappen bei ** (rechts) sind geknickt, einer davon zerquetscht. Links treten
in der Figur die spindehormigen Wülste in der Schlundzone gut hervor.
Fig. 4: Ein Mikrospordphyll mehrfach vergrößert.
I
Krasser, F.: Neuer Typus von Williamsonia.
Fis 2
Fig. 4
Flg. 3 Ci*ftrii(f 0. JDU? 3afff, üBica
Sitzungsberichte d. Akad.d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 12^, Abt. 1, 1Q19
535
Fragmente zur Mykologie
(XXIII. Mitteilung, Nr. 1154 bis 1188)
Von
Prof. Dr. Franz Höhnel
k. ^\. Akad.
(Vorgelegt in der Sitzung am 26. Juni 1919)
1154, Über Cladosterigma fusispora Patouill. und Micro-
cera Clavariella S p e g a z z i n i.
Von Cladosterigma fusispora gab ich in Österr. bot.
Ztschr. 1907, 57. Bd., p. 323 an, daß der als Hyalostilbee
beschriebene Pilz eine Dacryomycetinee ist. Patouillard's
Urstück habe ich nicht gesehen. .Seine Nährpflanze ist an-
geblich eine Myrtacee. Auch das untersuchte, von Noak
1898 im südlichen Brasilien gesammelte Stück sollte auf
Blättern einer Myrtacee sitzen. Allein die nun vorgenommene
Prüfung der Blätter zeigte mir, daß dieselben offenbar von
einer Laurinee herrühren, denn sie besitzen Ölschläuche und
keine Öldrüsen, Daher ist auch die nicht gut entwickelte
Fliyllachora, auf welcher der Pilz schmarotzt, nicht mit
P/z. disiingtienda Rehm verwandt, wie in Ann. mycol. 1907,
V. Bd., p. 352 angegeben ist. Offenbar schmarotzt die
Cladosterigma auf verschiedenen Phyllachora- Arten auf
mehreren Nährpflanzen. Patouillard gibt die Sporen 5 bis
6 {X breit an, ich fand sie jedoch nur 2 bis 3 |x breit.
Ich fand nun, daß der von Balansa in den Plantes
Parag. Nr. 3483 ausgegebene Pilz, der tatsächlich auf Eiigeiiia-
Blättern, also auf einer Myrtacee auftritt und als Microceva
Clavariella von Spegazzini 1891 beschrieben wurde, mit
Cladosterigma fusispora zusammenfällt.
536 F. Höhnel.
Daher hat der Pilz Cladosterigma Clavariella (Speg.)
V. H. zu heißen. Die genauere Untersuchung desselben zeigte
mir nun, daß es sich zweifellos um einen Basidiomyceten
handelt, indessen nicht um eine Dacrj'omycetinee, sondern
um eine eigenartige Clavariee.
Die einfach zylindrischen oder wenig verzweigten, fast
gallertigen, blassen Fruchtkörper sind überall mit einem
dichten Hymenium überzogen. Die dicht parallelstehenden
Basidien sind keulig, nach unten kegelig spitz zulaufend,
oben abgerundet; sie sind meist nur 7 bis 10=:^ 2-5 bis 3 [j.
groß, selten bis \2 ^ ?>-^ \x. Oben zeigen sie meist nur eine
1 bis 2 [X lange Spitze, die manchmal gegabelt ist. Nicht
selten sind aber 2, auch 3 kurze Spitzen vorhanden, die
oben kleinkugelig verdickt sind und offenbar Sterigmen dar-
stellen. Indessen gelang es mir nicht, noch daran sitzende
Sporen zu finden. Im Alter wachsen diese Sterigma oft
unregelmäßig aus. Die zahlreich zu findenden Sporen sind
anfänglich offenbar alle einzellig, keulig-spindelig, oben stumpf-
lich, unten spitz ausgezogen und etwa 8 bis 12^2 bis 3 [x
groß.
Doch findet man auch viele 16 bis 26 ^ 2-5 bis 3 \i
große, ähnlich gestaltete oder oben und unten spitz aus-
gezogene Sporen, die meist 2, selten 3- bis 4-zellig sind.
Diese Sporen halte ich für in Keimung begriffene.
Ob die Gattung Cladosterigma neben den vielen Clavarieen-
Gattungen haltbar ist, wäre noch näher zu prüfen.
Die Fruchtkörper der Cladosterigma sind aus hyalinen
1 [x dicken Hyphen aufgebaut, die im Achsenteile dicht
parallel gelagert sind.
Von diesem Achsenzylinder gehen nach außen zahl-
reiche verzweigte Hyphen ab, die in einer hyalinen zähen
Schleimmasse locker eingelagert sind und an deren Zweig-
enden die Basidien sitzen.
Wollen web er (Fusaria autogr. delin. 1916, Taf. 434;
Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 27) erklärt den Pilz als echte
Microcera D., was aber nicht richtig ist.
Fragmente zur Mykologie. o37
1155. Über die Gattung Langloisula Ellis et Everhart.
Wurde als Hyphomycengattung aufgestellt in Journ. of
Mycology 1889, V. Bd., p. 68, Taf. X, Fig. 1 bis 3 auf Grund
von Langloisula spinosa E. et Ev'. Es heißt zwar in der
Beschreibung, daß die gelben, kugeligen oder eiförmigen
Conidien auf den spitzen Enden von wiederholt sparrig-
gabelig verzweigten Trägern sitzen, allein solche aufsitzende
Conidien werden nicht gezeichnet.
Ich vermute daher, daß der Pilz gar kein Hyphomycet,
sondern ein mit Asterostromella v. H. et Litsch. (Sitzb.
Akad. Wiss. Wien, math.-nat. Klasse, Bd. 116, Abt. I, 1907,
p. 773) verwandte Corticiee ist. Wenn dies richtig ist, was
das mir nicht zugängliche Urstück des Pilzes zeigen wird,
so würde sich die Gattung Langloisula E. et Ev. 1889 von
Asterostromella v. H. et L. nur durch die Gelbfärbung der
Sporen unterscheiden. Die äußerliche Beschaffenheit des
Pilzes spricht nach der Beschreibung ganz dafür, daß der-
selbe eine Corticiee ist. Die Beschreiber desselben sagen
selbst, daß er äußerlich genau einem dünnen gelben Corticiimi
gleicht. Für die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um einen
Basidioinyceten handelt, spricht auch die Form der Sporen.
1156. Über Physospora elegans Morgan.
Aus der Beschreibung und Abbiidung des Pilzes in Journ.
Cincinnati soc. Natur. History 1895, XVIII. Bd., p. 44, Taf. III,
Fig. 23 geht hervor, daß der Pilz ein Basidiomycet ist, und
zwar eine eigentümliche sehr lockere Coniopliora, die Conio-
pliora elegans (Morgan) v. H. genannt werden muß. Die
breiten und kurzen Basidien sind nicht zu einem Hymenium
verwachsen und haben 1 bis 3 meist 2 dicke Sterigmen. Die
kugeligen, ockergelben Sporen sind 16 bis 20 [x groß; das
Hyphengewebe zeigt Zcihlreiche Schnallenbildungen.
1157. Über Ascomycetella punctoidea Rehm und
Capnodiopsis mirabilis P. Henn.
In den Berichten der deutschen botanischen Gesellschaft
1918, 36. Bd., p. 308 habe ich ohne weitere Begründung die
538 F. Höhnel,
Angabe gemacht, daß Capnodiopsis inirahilis ein Alters-
zustand von Asconiycetella pnnctoidea ist. Da die beiden
Pilze scheinbar völlig voneinander verschieden sind, ist es
nötig, dies zu begründen.
Schon in meinen Fragmenten zur Mykologie Nr. 244
(VI. Mitt., 1909) und Nr. 651 (XIII. Mitt., 1911) gab ich an,
daß beide Pilze auf der Unterseite der Blätter von zwei
Miküiiia- Avten wachsen, die sich, wie mir der mikro-
skopische Vergleich zeigte, einander sehr nahe stehen müssen,
da die Haarbildungen derselben einander fast gleichen und sich
fast nur in der Breite der Haare voneinander unterscheiden.
Neben großen Haaren treten bei beiden Arten noch kurze,
zartvvandige, mit einem bräunlich gefärbten Safte erfüllte,
stark bogig zusammengekrümmte Haare auf. Beide obige Pilze
wachsen nur auf diesen Haaren, entweder an der Spitze
oder weiter unten auf der konvexen Seite derselben. Bei der
Mikania, auf der das Capnodiopsis wächst, sind diese Haare
etwa 170 [X lang und 30 [x dick, bei der anderen mit der
Asconiycetella sind sie kleiner und nur 15 [x breit, daher es
den Anschein hat, als wüchse der Pilz direkte auf der
Epidermis, was aber nicht der Fall ist. Wo die Pilze auf
den Haaren sitzen, werden die Zellen derselben von einem
schwarzen, sehr kleinzelligen vStroma ausgefüllt, auf dem
außen der Fruchtkörper sitzt.
Bei dem Exemplare der Asconiycetella pnnctoidea sind
die Fruchtkörper in bester Entwicklung, Schläuche und
Sporen sind reichlich vorhanden, der Pilz ist weichfleischig
und nur in der Mitte der Basis desselben zeigt sich schwarzes
Stromagewebe; die Haarzellen sind noch nicht stark stro-
matisch infiziert.
Hingegen ist das Original von Capnodiopsis mirabilis,
wie man schon mit der Lupe sehen kann, alt und überreif.
Daher findet man, daß das Stromagewebe die Haarzellen
viel stärker ausgefüllt hat und auch die Fruchtkörper sind
durch die Weiterentwicklung des Stromas hart und kohlig
geworden. Die ursprünglich fleischige Schichte, in der die
Schläuche lagen, ist mehr minder stromatisiert, die wenigen
aufzufindenden Schläuche sind leer oder abgestorben und
Fragmente zur Mykologie. i^t'59
nur stellenweise zu sehen. Bei wiederholter genauer Unter-
suchung gelang es mir nicht, auch nur eine Spore zu finden
und auch früher fand ich nur wenige abgestorbene Schläuche
mit eingeschlossenen Sporen. Offenbar sind die meisten
Schläuche infolge der Weiterentwicklung des Stroma oblite-
riert und verschwunden. Daher sind auch die wenigen
gesehenen Sporen kleiner und nur dreizellig, ohne Längs-
wand. Der ganze Pilz ist, wie ich nun erkannte, alt und halb-
morsch und nicht, wie ich früher glaubte, unentwickelt,
sondern überreif.
Schon nach meiner ersten Untersuchung des Pilzes
(Fragm. Nr. 651) erkannte ich, daß Ascomycefella pnnctoidea
offenbar dem Capnodiopsis nahesteht; schon damals hätte
ich erkennen müssen, daß beide derselbe Pilz sind, wenn ich
nicht übersehen hätte, daß Capnodiopsis inirahiJis niclit
unentwickelt ist, wie ich glaubte, sondern ein überreifer Alters-
zustand.
1158. Über die Gattung Perisporium Fries.
Der Name Perisporiiim Fr. erscheint zuerst im Systema
mycol. 1821, I. Bd., p. XLIX. Dann werden in demselben
Werke 1829 im III. Bde, p. 248 15 Arten der Gattung auf-
geführt, die sehr verschiedener Natur sind. Diese Gattung
Perisporiuin Fries 1829 kommt aber nicht weiter in Betracht,
weil Fries 1849 in Summa Veget. scand. p. 404 die Be-
schreibung der Gattung völlig geändert hat und Cor da als
Mitautor nennt. Er beschreibt die Gattung hier ganz nach den
Angaben Corda's in Icon. Fung. 1838, II. Bd., p. 26, Fig. 97
über Perisporium vulgare Cda., welche er auch als sechste
Art anführt und durch schiefen Druck hervorhebt, unter dem
synonymen Namen P. dissemijiatum Fr. Es ist daher kein
Zweifel, daß diese Corda'sche Form die Grundart der Gattung
Perisporiuin Fries-Corda 1849 ist. Die vorher angeführten
fünf Arten sind sehr verschiedener Natur und gehören nicht
in die Gattung.
1. Perisporiuin extiiherans Fr. (Syst. myc. 1823, II. Bd.,
p. 432) ist jedenfalls ein dothidealer Pilz, wahrscheinlichst
eine Carlia Rbh.-Bon.-v. H. (Sphaerella Fr.).
540 F. Höhnel,
2. Perisporiiim hetuUnum (A. et S.) Fr. ist MoUisia
hettüina (A. et S.) Rehm (Ben bayrisch, bot. Ges. 1914,
XIV. Bd., p. 96).
3. Perisporinin Tragopogi (A. et S.) Fr. ist ein kleines
Sclerotium oder eine unreife Sphaeriacee.
4. Perisporiiim alnenm Fr. (Syst. myc. 1829, III. Bd.,
p. 250) ist gewiß derselbe Pilz, den Fuckel (Symb. myc.
1869, p. 97) als Stigmatea alni beschrieben und in den Fung.
rhen. Nr. 1703 ausgegeben hat. In der Syll. Fung. 1882,
I. Bd., p. 496 steht er bei Sphaerella. Die Untersuchung von
Fuckel's Stück zeigte mir, daß derselbe eine zarthäutige,
schwach und blaßbraun beborstete, fast kahle, subcuticulär
sich entwickelnde Coleroa Rbh. ist. Die reifen Sporen sind
grünlich. Der Pilz hat Coleroa alnea (Fr.) v. H. zu heißen.
5. Perisporinin fagineiini Fries (Syst. myc. 1829, III. Bd.,
p. 249) sind nach der Beschreibung sehr kleine, oberflächliche,
eikugelige, glänzende, schwarzbraun-blasse Gebilde, die an
i?/Z7^5-Blattdrüsenhaare erinnern, unbekannter Natur.
Mit der Grundart Perisporinin vulgare Corda ganz nahe
verwandte Formen sind zunächst noch drei weitere bekannt
geworden, die vielleicht zum Teile zusammenfallen und noch
vergleichend geprüft werden müssen. Es sind dies Perisporinin
fnniculatnm Preuss (Linnaea, 1851, 24. Bd., p. 143), gleich
Preussia fnuicnlata Fuckel (Symb. myc. 1869, p. 91), gleich
Fleischhakia laevis Auerswald (Hedwigia 1869, VIII. Bd.,
p. 2), sowie Fleischhakia punctata Auerswald und Prenssia
Kunzei Fuckel (Symb. myc. 1873, II. Ntr., p. 18).
Die beiden Gattungen Preussia Fuck. 1869 und Fleisch-
hakia Auerswald 1869 sind mit Perisporiuin Fries-Corda
1849 synonym. Diese Gattung wurde bisher zu den Peri-
sporieen gestellt, die jedoch keine einheitliche Familie sind,
womit daher eigentlich nur gesagt ist, daß die Fruchtkörper
keine Mündungsöffnung haben.
Neuerdings (Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 448) haben
Theissen und Sydow die Preussia fnuicnlata, Pr. Kuuzei,
sowie die Fleischhakia punctata geprüft und gefunden, daß
bei den beiden letzteren Pilzen die Schläuche als Endglieder
eines verzweigten Hyphenstockes, der am Grunde des
Fragmente zur Mykologie. <341
Gehäuses entspringt, entstehen. Infolgedessen sie die Gattung
Perisporiuin zu den Aspergilleen stellen. Ich konnte nur die
Prcnssia fnnicnlata und Pevisporümi typhanim Sacc. unter-
suchen, was aber ganz ohne Belang ist, denn die echten
Arten der Gattung stehen einander sehr nahe, ja sie sind
vermutlich nur Formen einer Art. In der Tat nimmt Schröter
(Pilze Schlesiens 1S93, IL Bd., p. 250) an, daß Perisporium
Vulgare, fniiiciilatmn und Knnzei derselbe Pilz sind, was ich
auch glaube. Auch P. iypharnm Sacc. wird dazu gehören.
Diese Art wird Perisporium disseniinatnni Fries 1849
(Summa veg. scand., p. 404) zu nennen sein. Vergleicht man
diesen Pilz auf Achsenschnitten mit dem Fruchtkörper irgend
einer Aspergillee, so erkennt man ohneweiters, daß es sich
auch nicht im entferntesten um eine solche handeln kann,
und erscheint mir die Ansicht der Obgenannten völlig un-
verständlich. Schon der Axialschnitt durch einen reifen
Fruchtkörper läßt vermuten, daß es sich um eine viel-
schlauchige Pseudosphaeriee handeln werde, die mit Sporormia
de Not. verwandt sein wird. Schon Auerswald sah
(Hedwigia 1869, VIII. Bd., p. 3), daß seine Fleischhakia- Arten
Sporen haben, die ganz denen von Sporoniiia-Arten ent-
sprechen und stellte daher nur ungern diese Gattung auf.
Nun ist Sporormia in der Tat, wie ich fand, eine Pseudo-
sphaeriaceen-Gattung. Indes der Mangel an Paraphysen, die
Form der Schläuche, die sehr verschieden lang gestielt sind
und daher in mehreren Lagen stehen und anderes, lassen
wieder Zweifel aufkommen. Will man ganz ins klare kommen,
so muß man jüngere Zustände des Pilzes prüfen. Solche
fand ich nun sehr schön in dem in Fautrey, Hb. Crypt. de
la Cöte d'or Nr. 528 unter den Namen Perisporium typharmu
Sacc. F. Phoeiiicis dactyliferae ausgegebenen Stücke. Hier
zeigte sich nun zunächst ganz deutlich, daß die Frucht-
körper nicht, wie überall unrichtigerweise angegeben wird,
ganz oberflächlich stehen; sie entwickeln sich vielmehr unter
der Epidermis und brechen ganz hervor. Auch die auf Stroh
wachsenden Stücke von P. fnnictilatmn Pr. in Krieger,
F. sax. Nr. 426 zeigten mir dasselbe. Auch wenn der Pilz
auf Holz wächst, bricht er zwischen den Fasern hervor.
542 F. Höhnel,
Schon Corda wußte dies, wie aus seiner Fig. 97, 2, Taf. XIII,
hervorgeht.
Die jungen Fruchtkörper haben nun eine bis 80 \l dicke
parenchymatische Membran, die einen rundlichen Raum um-
schließt, der ganz mit dicht verwachsenen, hyalinen, gegen
2 [Abreiten, senkrecht parallelen Hyphen ausgefüllt ist, zwischen
denen die Schläuche sich bilden. Während dem Größerwerden
des Fruchtkörpers entstehen immer mehr und mehr Schläuche.
Die Stiele der erstgebildeten verlängern sich am stärksten,
die der folgenden allmählich weniger stark, so daß die zu-
letzt entstandenen Schläuche nur kurze Stiele haben. Hier-
durch wird der ganze Innenraum der Fruchtkörper mit
Schläuchen ausgefüllt, gewissermaßen schichtenweise. Ebenso
reifen dieselben in demselben Maße später aus, so daß im
Fruchtkörper die Schläuche oben schon ganz reif sind, während
weiter unten dieselben noch ganz unreif sind. Der Nucleus
ist dann oben bereits von den Sporen schwarz, in der Mitte
und unten noch hyalin. Während dieses von oben nach
unten fortschreitenden Ausreifungsvorganges wird das para-
physenartige Gewebe zwischen den Schläuchen fast ganz
aufgelöst, so daß schließlich nur mehr ganz vereinzelte
Hyphen als Scheinparaphysen übrig bleiben.
Man ersieht aus diesen Angaben, daß Perispoviuiu ein
sehr eigenartiger pseudosphaerialer Pilz ist, der sich von
Sporormia nur durch die sehr zahlreichen sehr verschieden
lang gestielten, schichtweise von oben nach unten allmählich
ausreifenden Schläuche, den Mangel von paraphysoiden
Hyphen und die ganz hervorbrechenden Fruchtkörper unter-
scheidet, die sich nicht durch eine kleinere Öffnung in der
Decke, sondern durch Abwurf der letzteren in ihrer vollen
Breite entleeren. Reife ganz offene Fruchtkörper gleichen
daher auffallend einem Scheibenpilz.
1159. Über die Gattung Microthyrium Desmazieres
Ist aufgestellt in Ann. scienc. nat. Bot. 1841, 2. Ser.,
XV. Bd., p. 138, Taf. 14, Fig. 1 mit der Grundart Micro-
thyriiiin microscopicnm Desm., ausgegeben in den PI. crypt.
Fragmente zur Mykologie. ^4o
France 1840, Nr. 1092. In dieser Nummer sind drei Exem-
plare vorhanden, das eine auf Blättern der Edelkastanie, das
zweite auf Buchsbaumblättern und das dritte auf Blättern
von Ouercns Hex.
In der Artbeschreibung heißt es, daß der Pilz auf Rot-
buchen-, Edelkastanien- und Eichenblättern auftritt. Offenbar
handelt es sich um eine Form, die auf dürren Blättern von
Cupuliferen wächst. In der Tat zeigte mir die Untersuchung,
daß der Pilz auf den Buchsbaumblättern eine ganz andere,
eigene Art ist.
Desmazieres ausführliche Beschreibung beruht auf dem
Pilze auf Edelkastanienblättern. Allein mein Exemplar davon
zeigt denselben nur ganz schlecht entwickelt. Indessen konnte
ich mich davon überzeugen, daß das Exemplar auf den
Blättern von Ouercns Hex, das gut entwickelt ist, denselben
Pilz enthält.
Desmazieres sagt, daß Paraphj^sen fehlen und glaubt,
daß die Schläuche oben rosettig unter dem Ostiolum befestigt
sind, ferner gibt er an, daß die Sporen drei wenig deutliche
Querwände haben.
Allein diese Angaben sind falsch. Paraphysen sind vor-
handen, fädig, zwischen den Schläuchen nur selten deutlich,
aber oben ein dickes, hyalines Epithecium bildend. Es ist
bekannt, daß an Quetschpräparaten die Paraphysen oft schein-
bar fehlen, daher viele unrichtige Angaben.
Ferner habe ich mich davon überzeugt, daß die Schläuche
nicht oben, sondern an der dünnen mikroplektenchymatischen
hyalinen Basalschichte sitzen und gegen das Ostiolum hin
kegelig zusammengeneigt sind.
Endlich fand ich, daß die Sporen niemals vierzellig
sind, sondern, wenn gut entwickelt nur zweizeilig, wobei
die obere Zelle um 1 bis 2 {i länger ist als die untere.
Die Thyriothecien sind fast Kreisrund, flach, wenn gut
entwickelt oben mit kleiner Papille, 80 bis 220 {x groß, am
Rande glatt oder etwas uneben, weder gelappt noch gewimpert.
Mikroskopisch beobachtet erscheinen sie schön durchscheinend
dunkelbraun. Das Schildchen zeigt eine rundliche 8 bis 12 [j.
breite Mündung, die oft wenig deutlich, schmal dunkler
o44 F. Höhn ei,
braun beringt ist. Es besteht aus einer 4 bis 5 [x dicken
Lage von streng strahlig gerade verlaufenden, dicht ver-
wachsenen, fast gleichmäßig 3 bis 4-5 [jl breiten, derb-
vvandigen Hyphen, die aus meist quadratischen, gegen den
Rand hin kürzer und rechteckig werdenden Zellen bestehen.
Die am Rande befindlichen Zellen sind kaum breiter, nicht
längsgeteilt und nicht lappig oder wimperig. Die Basalschichte
ist hyalin, dünn und sehr kleinzellig; sie reicht nicht bis
zum Schildchenrande, sondern hat nur etwa drei Fünftel der
Schildbreite. Die zahlreichen Schläuche sind spindelig-keulig,
unten kurzstielig, zarthäutig, oben verschmälert abgerundet
und dickhäutiger, achtsporig und 40 bis 58 ^ 7 bis 10 [j.
groß. Paraphysen vorhanden, langfädig, oben ein dickes
hyalines Epithecium bildend. Jod gibt nirgends Blaufärbung.
Die hyalinen Sporen sind meist gerade, länglich mit stark
verschmälert abgerundeten Enden, plasmareich, zarthäutig,
meist anscheinend einzellig, doch wenn gut entwickelt, mit
einer wenig deutlichen Querwand, etwa 1 jx unter der Mitte.
Die obere Zelle ist oft '0*5 bis l \i breiter als die untere.
Die Sporen erscheinen reif fast stets mit 1 bis 2 Längs-
streifen versehen und sind. 12' 5 bis 14 ^ 2 bis 3 [j. groß
(meist 13 bis 14 « 2 bis 2-5 [x).
Mit diesem Pilze ist nun zweifellos identisch Micvo-
thyriiim Oiiercns Fuckel (Symb. myc. 1869, p. 98) nach
der Beschreibung und der Abbildung auf Taf. III, Fig. 11.
Nur sind die Maßangaben wie bekannt bei Fuckel meist
unrichtig und zu klein.
Hingegen ist der in Syll. Fung. 1883, p. 663 als Micro-
tJiyriimt microscopicum beschriebene Pilz verschieden und
offenbar eine Mischart. Die kleinen (25 bis ?>Q ^ 7 bis 9 (j.)
Schläuche und Sporen (8 bis 10^3 bis 3-5 »x), sowie der
wimperige Schildchenrand zeigen, daß es sich um eine andere
F'orm handelt. Die daselbst aufgestellte Forma macrospora
Sacc. auf Buchsbaumblättern ist eine eigene Art, die nur
sali Btixns wächst und muß Microthyrümt macrosponim (Sacc.)
V. H. genannt werden.
Winter bringt in seinem Pyrenomycetenwerke nur eine
Übertragung aus der Syll. Fungorum und was er (p. 52) als
Fragmente zur Mykologie. o4o
Microthyritim microscopiaint abbildet, ist nicht diese Art,
sondern die Form auf Buchsbaumblättern.
Diese Form, Microthyriinn macrosporiim (Sacc.) \^ H.
wird heute fast allgemein als das echte M. microscopiami
D. angesehen und ist als solche in Krieger, F. sax. Nr. 1965,
Rehm, Ascom. exs. Nr. 1494, Jaap, F. sei. exs. Nr. 610,
Fuckel, F. rhen. Nr. 190 und Roumeg., F. sei. exs. Nr. 6363
ausgegeben.
Dieser Pilz hat zarthäutige bis 200 fj. große Thyriothecien,
die aus ganz dünnwandigen, 4 bis 6 «x breiten Zellen bestehen,
die meist wenig gestreckt sind. Am Rande befindet sich ein
bald schmaler, bald bis 40 [x breiter wimperiger Saum, der
aus nur l'5[x breiten Radialhj'phenenden besteht. Um das
kleine rundliche Ostiolum zeigt sich ein scharf begrenzter
Ring, der aus 3 bis 4 konzentrischen Reihen von dunkel-
braunen, dickwandigen Zellen besteht. Paraphysen vorhanden,
fädig. Schläuche zarthäutig, dickkeulig, 34 ^ 9 }x. Sporen
hyalin keulig-länglich, zweizeilig, untere Zelle kürzer (4 bis
6 [j.) und ohne Öltropfen, obere Zelle länger und etwas
breiter, mit zwei großen Ültröpfchen. Sporengröße 13 bis
18 ^ 3-5 bis 4 ji.
Man ersieht daraus, daß dieser Pilz von M. microscopicuui
D. völlig verschieden ist.
Microthyrinm rnicroscopiciim auf Lorbeerblättern in
Raben h.-W., F. eup. Nr. 2943 und Roumeg., F. gall. exs.
Nr. 2586 ist der Art Desmazieres sehr ähnlich, aber sicher
verschieden. Microiliyriiim Laiiri v. H. hat kein Subiculum
und auf der Blattoberseite gleichmäßig zerstreute bis etwa
220 jj, große Thyriothecien mit einer runden, 12 (x breiten
nicht beringten Öffnung.
Das Schild hat mikroskopisch dieselbe dunkelbraune
Farbe, wie M. microscopiami, aber die Radialreihen der 3 bis
5 jjL breiten quadratischen, meist aber rhomboidischen oder
unregelmäßigen, ziemlich derbwandigen Zellen sind weniger
gerade und meist wenig verbogen. Außen gehen sie in eine
20 bis 30 [X breite braune Randzone über, die kurzwimperig
endet und aus 1*5 bis l-8}x breiten, parallel verwachsenen
Hyphen besteht. Paraphysen fädig, lang. Schläuche keulig,
546 F. Höhnol,
zarthäutig, etwa 40 bis 50 ^i; 8 [x. Sporen zweizeilig stehend,
längHch-spindelig-keulig, hyalin, ungleich (oft undeutlich) zwei-
zeilig, untere Zelle 4 [jl lang, an den Enden verschmälert
abgerundet. Sporen größer, 12 bis 14 « 2-5 bis 3 [i. Öltröpfchen
fehlend.
Microthyrium nticroscopictim auf dürren Blättern von
Raniinciiltis lüigna in Vi 11, F. bavarici Nr. 820 ist nach
dem Original eine ganz unreife Schizothyriee. Die oberflächlich
zerstreut oder in kleinen Gruppen auftretenden, unregelmäßig
rundlichen, mattschwarzen, ganz flachen, mündungslosen 90
bis 200 [X großen Fruchtkörper haben eine einzellschichtige,
olivbraune Decke, die am Rande, in ein hyalines, sehr zartes,
strukturloses Häutchen ausläuft. In der Mitte sind die '6 bis
4 |JL großen Zellen, die eine hyaline Wandung und einen
gleichmäßigen olivbraunen Inhalt zeigen unregelmäßig par-
enchymatisch angeordnet, nach außen zu stehen sie in un-
deutlichen Radialreihen und sind gestreckt, 2 bis 3 ^ 5 bis
lOjJL (einzelne manchmal bis 30 [x lang)..Eine Mündung fehlt
völlig. Bei Druck zerfällt die Deckschichte in unregelmäßige
Stücke. Fruchtschichte ganz unentwickelt. Wahrscheinlich eine
Microthyriella v. H.
Microthyrium microscopicum auf dürren Blättern von
Acacia longifolia in Raben hörst, F. europ. Nr. 1963 ist
ganz ähnlich dem M. Latiri v. H., ist aber weniger gut
entwickelt. Die zerstreut stehenden "Thyriothecien sind un--
regelmäßig rundlich, 140 bis 170 [i groß. Die runde 10 bis
12 [j, große Mündung ist nicht beringt. Die Zellen sind braun,
eckig, 3 bis 4 [X groß, in weniger regelmäßigen Radialreihen
angeordnet, am Rande in einen ganz 'schmalen Wimpersaum
aus 1-5 bis 2 [x breiten kurzen Hyphen übergehend. Sporen
fand ich nur einmal gut entwickelt. Sie sind spindelig
länglich, ohne Öltropfen, 10 bis 12 «2-5 bis 2-7 jx groß,
zweizeilig; die obere Zelle ist etwa 2 jx länger als die
untere.
. Ein Subiculum fehlt völlig. Der Pilz hat Microthyrium
Acaciae v. H. zu heißen.
Microthyrium Angelicae Fauirey et Roumeg. (Rev.
myc: 1892, XIV. Bd., p. 8) soll keine Mündung und eikugelige.
Fragmente zur Mykologie. 04/
Schläuche haben. Mein Exemplar in Roumeg., F. gall. exs.
Nr. 5971 zeigt den Pilz nicht. Gehört kaum in die Gattung.
Microthyrinm Smilacis de Not. ist nach Theissen
und Sydow (Ann. mycol. 1917, XV. Bd., p. 416) die einzige
sichere europäische Myiocopron- Axt Der Pilz gehört aber in
die Gattung Ellisiodothis Th. (Ann. myc. 1914, XII. Bd.,
p. 74, Taf. VI, Fig. 5) und ist von Ellisiodothis Rekmiana
Th. et S. (Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 248) kaum ver-
schieden. Er hat Ellisiodothis Stnilaris (de Not.) v. H. zu
heißen.
Die Grundart Microdothella culmicola Syd. 1914 hat
auch oberflächliche (und nicht subcuticuläre) Schlauchstromata,
ist daher diese Gattung von Ellisiodothis kaum verschieden.
Microthyrinm Idaenm Sacc. et R. (Revue myc. 1883,
V. Bd., p. 238, Taf. 40, Fig. 14). Ich fand am Original in
Roumeg., F. gall. exs. Nr. 2933 nur Spuren von Phoma
cytosporea (Fr.) Starb. (Bih. tili K. Sv. Vet.-Acad. Handl.
1894, Afd. 3, Nr. 2, p.' 47) und reichlich jenen Pilz, den
Desmazieres in den PL crj'pt. France 1857, Nr. 405 als
Melampsora pimctifonnis Mont, ausgab Und den ich als
Melanobasidium pnnctiforme (M.) v. H. näher beschrieb.
Der Pilz ist jedenfalls kein Micfothytitiin, nach den
Sporen vielleicht eine Diaporthee vermengt mit dem Melano-
basidium.
Eine dem Microthyrinm macrosportim (Sacc.) v. H.
nahe verwandte, aber sicher verschiedene Form fand ich im
Frühjahr 1903 bei Jaize in Bosnien auf dürren jungen
Zweigen der Purpurweide.
Microthyrinm Salicis v. H. n. sp. Subiculum fehlend.
Thyriothecien in ziemlich dichten, ausgebreiteten Herden,
kreisrund, dünnhäutig, durchscheinend heilbraun, 80 bis 100 jx
breit, aus radiär stehenden dünnwandigen, meist 3 bis 4 [x
breiten, und 5 bis 6 |x langen Zellen bestehenden H3'phen
gebaut, die am schmalen Rande kurzlappig verzweigt sind,
ohne eine deutliche Wimperung zu bilden. Mündung rundlich,
8 bis 10 |x breit, von 3 bis 4 Reihen von etwas kleineren,
dunkelbraunen quadratischen Zellen umringt. Paraphysen vor-
handen, fädig. Schläuche keulig, oben abgerundet und derb-'
548 F. Hühnel,
wandig, sonst zarthäutig, sitzend, 26 ^ 9 bis 10 [i. Sporen zu
acht, hyalin, zweizeilig, spindelig-länglich mit abgerundeten
Enden, gerade, 9 bis 10 ^ 2-5 [jl groß. Die obere Zelle zeigt
zwei große Öltröpfchen und ist fast doppelt so lang als die
untere.
Ist von M. macrospormn durch die kleineren, klein-
zelligeren, am Rande nicht gewimperten Thyriothecien, die
kleinen Schläuche und Sporen gut verschieden.
Microthyrinm microscopictmi Desm. var. Dryadis Rehm
(Ann. myc. 1904, II. Bd., p. 520), später (Ann. myc. 1909,
VII. Bd., p. 414) Tricliothyrium Dryadis Rehm genannt, ist
in Rehm, Ascom. exs. Nr. 1571 ausgegeben und darnach
Calotliyviiim Dryadis (R.) v. H. zu nennen.
Der schwer sichtbare Pilz hat 60 bis 160 [x breite,
unregelmäßig rundliche ganz oberflächliche, aber doch ziemlich
fest anhaftende Thyriothecien, die in der Mitte eine unregel-
mäßige, meist längliche, 4 bis 5 |i, große Mündung zeigen, im
mittleren Teile fast undurchsichtig sind und aus dunkel-
violettbraunen, verhältnismäßig derbwandigen, 2 bis 2-5 [jl
breiten, radial verlaufenden Hyphen bestehen, die etwas wellig
verbogen und innen kurzzellig, nach außen wenig gestreckt-
zellig sind.
Am helleren, durchscheinenden, etwa 20 [x breiten Rand-
saum sind die Hyphen nur 1*6[a breit, verlaufen parallel
mäandrisch, sind am Ende etwas lappig verzweigt und bilden
eine undeutliche Wimperung. Das manchmal spärliche, meist
aber gut entwickelte Subiculum besteht aus meist wenig und
undeutlich septierten langgliedrigen, durchscheinend schmutzig
violetten, 2 bis 3 p. breiten Hyphen, die wellig-zackig locker
verlaufen und netzig verbunden sind. Hie und da sitzen an
diesen Hyphen kleine lappig verzweigte Zellen, die aber
allmählich in kleine rundliche Membranstücke übergehen, die
aus verbogenen, mäandrisch-verwachsenen Zellen bestehen
und offenbar ganz junge Thyriothecienzustände sind, die nur
stellenweise auftreten. Hyphopodien fehlen daher.
Nicht selten sind kleine, 70 jx große, mit 20 bis 25 [x
großer Öffnung versehene sterile Fruchtkörper, die anscheinend
Fragmente zur Mykologie. o49
keine Pyknothyrien. sondern abnormale, verkümmerte Thyrio-
thecien sind.
Paraphysen deutlich, fädig. Die Schläuche sind erst birn-
förmig und 13 bis 16 i^^ 8 (x groß, zarthäutig, später strecken
sie sich, werden keulig und 20 ^^ 7 oder 25 :=; 5 bis 6 [a groß.
Die anfiuiglich drei-, später zweireihig stehenden Sporen sind
meist länglich-stäbchenförmig, gerade, mit abgerundeten Enden^
vier in einer Reihe stehenden Öltröpfchen und einer Quer-
wand ohne Einschnürung in der Mitte. Sie haben eine etwas
unscharfe, außen schleimige Membran und sind meist 7 bis
7*5 ^ l'öjj. groß, seltener (bei den bestentwickelten, größten
Thyriothecien) 8 bis 9 ^ 2-5{jl groß.
Darnach ist der Pilz ein echtes Calothyriimi.
Microtltyvinm nncroscopiciiui Desmazieres Var. row-
fusum Desm. ist in den PI. crypt. France, 1859, Nr. 696
ausgegeben und beschrieben. Es ist eine eigene Art, die
Microthyrümi confusiim (Desm.) v. H. genannt werden muß.
Die 90 bis 180 [x großen schwarzen, runden, flachen
Thyriothecien haben kein Subiculum und sitzen in Menge
vereinzelt auf der Unterseite der Blätter von Jimiperus
virginiana. Die Mündung ist rundlich und etwa 8 [x breit.
Das Schildchen ist dunkel kastanienbraun, in der Mitte fast
undurchsichtig und auf einer etwa 40 «j, breiten Fläche aus
nur 2 |x breiten, rundlicheckigen Zellen aufgebaut. Nach außen
zu besteht es aus radialstehenden, gestreckten, wellig-
mäandrisch verlaufenden, parallel verzweigten, 1-5 bis 2 {x
breiten Hyphen, die am Rande eine schwache Wimperung
bilden. Der durchscheinende Randsaum ist etwa 20 [x breit.
Basalschichte hyalin. Paraphysen reichlich, fädig. Die Schläuche
sind zylindrisch-keulig, derbwandig, unten kurz knopfig und
30 bis 32 ^ 6 bis 7 ■ 5 [x groß. Die zweireihig stehenden
Sporen sind hyalin, gerade oder wenig gekrümmt, länglich-
zylindrisch, gleich zweizeilig, an den Enden abgerundet und
7*5« l-7|x groß. Doch findet man auch etwas keulige oder
fast spindelförmige, 8 bis 9*5 ^ 2 bis 2*4 |j. große, deren
obere Zelle wenig länger als die untere ist.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd. 39
o50 F. Höhnel,
Microthyriiun Umhelliferartmt v. H. n. sp. An dürren
Stengeln von Doldengewächsen, Selenika in Dalmatien, April
1903. Ges. V. Höhnel.
Thyriothecien zerstreut 200 bis 300 [x breit, unregelmäßig
rundlich, ohne Subiculum, schwarz, etwas glänzend, flach,
obertlächlich. Mündung rundlich, 20 bis 24 [jl weit auf dem
60 [JL breiten opakschwarzen Mittelfelde liegend. Schildchen
schwarzbraun, aus radial verlaufenden, 1-6 bis 2 bis 3 [j.
breiten, derbwandigen, parallel verwachsenen Hyphen be-
stehend, die sich nach außen gabelig verzweigen und dünner
werden. Randzone heller, durchscheinend, Rand etwas lappig,
kaum gewimpert, aber nicht glatt. Querwände spärlich, dünn.
Paraphysen reichlich, fädig. Schläuche zylindrisch - keulig,
unten etwas bauchig, derbwandig, oben abgerundet, kurz-
knopfig gestielt, 34 bis 50 ~ 8 bis 9 [x. Sporen hyalin, gleich
zweizeilig, mäßig derbwandig, an dei' Querwand nicht ein-
geschnürt, an den Enden verschmälert abgerundet, mit
wolkigem Inhalt, gerade, 13 bis 16 =; 3 bis 4, selten bis 18 = 5 jx
groß, länglich, elliptisch.
Microthyrimn Jochromatis Rehm (Hedwigia 1895,34. Bd.,
p. [162]) ist in Rehm, Ascom. exs. Nr. 1123 ausgegeben.
Nach Theissen (Österr. bot. Ztschr. 1912, 62. Bd., p. 279 j
sollen die reifen .Sporen elliptisch und braun sein. Ich finde
aber mit Rehm, daß die 16 -^ 8 jx großen Sporen hyalin und
birnförmig sind. Die obere 8 [x breite Zelle ist fast kugelig
und zeigt oben meist eine kleine Papille, die untere ist
abgerundet, kegelförmig und 6 [x breit. Es ist daher fraglich,
ob die von Theissen gesehenen braunen Sporen zum Pilze
gehören. Derselbe nennt den Pilz Seynesia Jochromaiis CR.)
Th., allein der Pilz entwickelt sich unter der Cuticula und
ist eine echte Leptopeltee, die Leptopeltis Jochromatis CR.)
v. H. genannt werden muß.
Die in dichten kleinen Gruppen stehenden Fruchtkörper
sind rundlich-eckig, verschmelzen öfter zu wenigen und sind
100 bis 220 [X breit und 60 bis 80 |x dick. Die Basalschichte
ist hyalin. Die nur oben entwickelte Decke ist einzellschichtig,
6 bis 8 [X dick. Die Außenwand der Deckenzellen ist dick.
Innen- und Seitenwände dünn. Die Decke besteht aus streng
Fragmente zur Mykologie. o5 1
radiär verwachsenen, 4 bis 8 |i breiten Hyphen, mit derben
Längswänden und dünnen Querwänden, die 4 bis 8 [a weit von-
einander abstehen. Paraphysen fädig, reichHch. Oben reißt die
Decke spaltig-lappig weit auf.
Ein verwandter Pilz ist offenbar Aphysa Rliynchosiae
(K. et C.) Th. et S. (Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 134),
welche aber braune Sporen, keine Paraphysen und eine nicht
radiär gebaute Decke hat.
Microtliyrinm grande Niessl, beschrieben und ausge-
geben in Raben h., F. europ. Nr. 2467, als Seynesia grandis
(N.) Winter in Hedwigia 1885, 24. Bd., p. 107, wurde von
Sydow 1914 in die neue Polystomelleen-Gattung Palaivania
als Grundart gestellt. Die Untersuchung zeigte mir, daß es
wohl möglich ist, daß der Pilz eine Polystomellee ist, der-
selbe ist jedoch sehr leicht ablösbar und in fast allen Einzel-
heiten einer Seynesia so ähnlich, daß ich es für nicht aus-
geschlossen halte, daß derselbe doch nur eine solche, kräftig-
entwickelt, ist, was an reichlicherem Material noch vergleichend
geprüft werden muß.
Microthyriimi Heder ae Feit gen habe ich in Fragm.
Nr. 138, III. Mitt., 1907 nach der Beschreibung iüv Micropeltis
Flageoletii Sacc. 1893 gehalten. Allein dieser Pilz ist eine
Coccodiniee und hat Lhnacinia carniolica (R.) v. H. zu
heißen, da MicropelHs carniolica Rehm 1892 davon nicht
genügend verschieden ist. Feltgen's Pilz hat aus dunkel-
braunen, 1 '5 bis 2 [1 breiten Radialhyphen bestehende Thyrio-
thecien und vierzellige Sporen. Er hat Phragmothyritmi
Hederae (Feltg.) v. H. zu heißen (Fragm. Nr. 725, XIV. Mitt.
1912).
Microthyrinm confertnin Theissen (Ann. myc. 1909,
VII. Bd., p. 352), ausgegeben in Theissen, Dec. fung. brasil.
Nr. 36, ist unrichtig beschrieben und eingereiht. Es ist ein
ausgebreitetes, aus violettbraunen, wellig verlaufenden, sep-
tierten (Glieder 8 bis \2 \k lang), h^^phopodienlosen, 2 bis 3 (x
breiten, schön netzig verbundenen Hyphen bestehendes
Subiculum vorhanden. Die Thyriothecien sind fast undurch-
sichtig, werden beim Kochen mit Kalilauge ziegelrotbraun
und zeigen keine Spur einer Mündung. Sie sind 220 bis 260 [j.
552 F. Höhnel,
breit und nur am 40 bis 70 [j. breiten Randsaume radiär, aus
2 bis 3 [JL breiten Hyphen, die dicht verwachsen sind, auf-
gebaut. Die ganze 120 bis 140 »j. breite Mittelfläche besteht
aus unregelmäßig geformten und angeordneten Parenchj^m-
zellen. In der Mitte sieht man wohl öfter eine etwas hellere,
etwa 30 bis 40 [i breite rundliche Stelle, doch nie ein
Ostiolum. Bei Zerquetschen der mit Kalilauge behandelten
Thyriothecien zerreißen diese nie strahlig-spaltig, sondern in
unregelmäßige Schollen.
Der Pilz verhält sich in dieser Beziehung so wie
ClypeoMla v. H. in Fragm. Nr. 478, X. Mitt., 1910. Im
übrigen verhält er sich so wie Calothyrüun, in welche
Gattung der Pilz später von Theissen versetzt wurde (Ann.
myc. 1917, XV. Bd.. p. 418).
Er stellt aber eine gute eigene Gattung dar, die ich
Calothyriopsis v. H. nenne.
Calothyriopsis v. H. n. G. Wie Caloihyriuni, aber Thyrio-
thecien nur am Rande strahlig gebaut, im ganzen Mittelfelde
unregelmäßig parench3^matisch, ohne Osteolum, durch Zerfall
des Mittelteiles des Schildchens sich öffnend.
Grundart: Calothyi^iopsis conferta (Th.) v. H. (Syn.:
Microthyriiun confertnni Th., Calotliyritim confej'tum Th.).
Asterella olivacea v. H. (Ann. myc. 1905, III. Bd., p. 326)
wurde von Theissen (Österr. bot. Ztschr. 1912, 62. Bd.,
p. 396) als Microthyriuin erklärt. Indessen geht schon aus
meiner Beschreibung hervor, daß der Pilz Microthyriella
olivacea v. H. zu lieißen hat, wie auch die nochmalige Unter-
suchung desselben gezeigt hat.
Microthyriiun mactilans Zopf in Nova Acta Acad. Leop.
Card. 1898, 70. Bd., p. 255 wurde vom Autor sehr genau
beschrieben und gut abgebildet, ist jedoch kein Microthyriuin.
Zopf hat übersehen, daß, wie mir das Original in Arnold,
Liehen, exs. Nr. 1742 zeigte, der Pilz nicht oberflächlich
wächst, sondern ursprünglich unter der Oberfläche des Thallus
eingesenkt ist und erst dann ganz hervorbricht. Das Gehäuse
ist ringsum, also oben und unten gleich entwickelt, schwarz-
braun und einzellschichtig, radiär gebaut, mit einem an-
fänglich rundlichen Ostiolum, das später sich weiter öffnet.
Fragmente zur Mykologie. OO*^
Sporen hyalin, zweizeilig. Paraphysen fehlen nach Zopf
völlig.
Der Pilz ist phacidialer Natur und unterscheidet sich
von Leptopeltella v. H. (Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 3U4 und
Ber. d. deutsch, bot. Ges. 1917, 35. Bd., p. 418) durch das
Wachstum auf Flechten und den Mangel der Paraphysen.
Er stellt eine neue Gattung dar, die wegen des fast ober-
flächlichen Wachstums am besten neben der subcuticulären
Leptopeltella gestellt werden kann.
Lichenopeltella v. H. n. G. Phacidiales. Leptopeltineen.
Wie Leptopeltella, aber Flechten bewohnend, schließlich ganz
oberflächlich werdend. Sporen zweizeilig, hyalin. Paraphysen
fehlend.
Grundart: Liclienopdtella luacnlaus (Zopf) v. H. (Micro-
thyrium maculans Zopf 189S).
Microthyrinm Platani Richon 1889, vom Autor nicht
beschrieben, jedoch von Feltgen (Vorstud. Pilzfl. Luxemburg
1903, Ntr. III, p. 310) wieder gefunden und beschrieben. Die
Untersuchung seiner Exemplare zeigte mir, daß es sich um
eine gute Art der Gattung .handelt. Der Pilz bedeckt in aus-
gebreiteten lockeren Herden die ganzen trockenen Blätter und
Blattstiele der Platane. Die Thyriothecien haben kein Subiculum,
sind 60 bis 100 [x groß, ganz flach, durchscheinend schmutzig
braun, am Rande kurzzackig-lappig, aber nicht gewimpert.
Das 8 bis 10 \h breite rundliche Ostiolum liegt in einem
20 bis 25 [X breiten, schwarzen, opaken Ring. Das Schild ist
streng strahlig gebaut. Die Radialhyphen sind innen breiter
(3 bis 4 \h) und kurzzellig, derbwandiger, nach außen zu
mehrmals gabelig verzweigt, langzelliger und schmäler (1'5
bis 2 ijl). Paraphysen deutlich. Schläuche keulig, zarthäutig,
20 bis 30 is 6 bis 8 ;j., unten kurzstielig verschmälert. Die acht
hyalinen, gleich zweizeiligen spindeligen Sporen sind 7 bis
9 ^ 1 -8 bis 2-5 [X groß und liegen 2- bis 3-reihig im Schlauche.
Ist eine gute eigene Art. Feltgen gibt die Schläuche und
Sporen etwas größer an (40 bis 48^5 bis 7 u., 8 bis 10^:^2-5
bis 3-5 jx).
Microthyrinm ntinutissimum Thümen ist nach dem
Originale in Thümen, Mycoth. univ. Nr. 962 vom Autor
554 F. Höhnel,
falsch beschrieben und von Theissen (Österr. bot. Ztschr.
1912, 62. Bd., p. 218) nicht gefunden und' daher unrichtig
beurteilt worden.
Der auch mit der Lupe kaum sichtbare Pilz kommt
herdenvveise an der Oberseite der Blattränder vor. Die Thyrio-
thecien sind ganz flach rund, am Rande uneben, aber nicht
gewimpert, ohne Subiculum, durchscheinend hellviolett. Die
rundliche, 6 bis 8 [i große Mündung ist von 3 bis 4 Reihen
von 2 bis 3 [X breiten, derbwandigen, dunkler violetten Par-
enchymzellen umgeben, wodurch ein oft wenig ausgeprägter,
24 bis 28 p. breiter Ring entsteht. Das Schild ist streng
strahlig gebaut, besteht aus wenig gestreckten, 2 bis 3 bis 4 [x
breiten Zellen, die gegen den Rand durch Radialteilungen oft
schmäler werden.
Die Sporen sind zylindrisch, gerade, an den Enden ab-
gerundet, mit einigen Öltröpfchen versehen, undeutlich zwei-
zeilig, 9 ^ 2'5 (X groß. Paraphysen jedenfalls vorhanden.
Schläuche aufgelöst.
Microtliyidtiui iliciinmi de Not., in der Syll. Fung. 1883,
II. Bd., p. 660 als Myiocopron, ist nach dem Original in Erb.
critt. ital. Nr. 994 ein eigenartiger, ganz steriler Pilz. Derselbe
sitzt nur blattunterseits (nicht oberseits, wie 1. c. angegeben)
oberflächlich auf der Epidermis und schließt mit seiner dicken
Basalschichte die dichtstehenden Büschelhaare des Blattes
ein. Er bildet schwarze, etwa rauhe, rundliche oder meist
unregelmäßige, flache, 0-25 bis X-bmin große Flecke, die in
großer Zahl das Blatt besetzen. Er ist ein ganz flaches,
110 bis 140 (X dickes Stroma, das aus vier Schichten besteht.
Die 80 bis 120 [x dicke Basalschichte liegt der Epidermis
fest an und besteht aus einem mikroplectenchymatischen
hyalinen oder blassen Gewebe. Darauf liegt nun eine etwa
20 \i. dicke Palissadenschichte, die aus dicht parallel stehenden
hyalinen, einzelligen, geraden, steifen, oben stumpfen 20 ^ 2 \i.
großen Fäden besteht, die gegen den Rand des Pilzes kürzer
werden und schließlich fehlen. Auf dieser Schichte liegt ein
ganz dünnes, durchscheinend braunes Häutchen, das meist
strukturlos ist oder stellenweise undeutliche kleinzellige oder
radiäre Strukturen aufweist. Die Deckschichte endlich ist
Fragmente zur Mykologie. OOi)
() bis 8 [X dick, schwarz, opak, zeigt auch an dünnen Quer-
schnitten keinerlei Struktur, sondern scheint aus dünnen
Schichten zu bestehen. In der Flächenansicht ist dieselbe
jedoch (scheinbar) aus 2 [i großen dunkelbraunen, derbwandigen
rundlichen Zellen, die dicht verwachsen sind, zusammengesetzt.
Diese zwei Deckschichten sind offenbar ein sekretartiges
Ausscheidungsprodukt der Palissadenschichte. Derartige Über-
züge zeigen öfter einen scheinzelligen Bau, der dann aber,
wie auch hier, genau der ausscheidenden Schichte entspricht.
Die in der Beschreibung erwähnten Schläuche und Sporen
waren nicht zu finden.
Microthyrinin Cetrariae Bresadola (Malpighia 1897,
XI. Bd.. p. 62) ist nach dem Originale Lichenopeltella Cetrariae
(Bres.) V. H. zu nennen. Der Pilz sieht ganz Microtliyrinm-
artig aus, ist rundlich, scharf berandet, manchmal schwach
gelappt, wenig durchscheinend, schwarzbraun und etwa 120 (x
breit. Er tritt in dichten Herden auf beiden Thallusseiten auf
Die Fruchtkörper sind flachlinsenförmig, bis über 30 [x dick
und haben oben in der Mitte eine flachkegelige Mündungs-
papille mit der öfter 26 [x breit schwarz beringten, rundlichen
7 bis 8 [j. breiten Mündung. Das Gehäuse ist ringsum ent-
wickelt, einzellschichtig, oben etwa 4 [x, unten 2 [x dick und
oben sowie unten streng radiär aus innen 2 [x breiten, nach
außen bis über 4 (x breiten, aus 3 bis 4 [x langen Zellen be-
stehenden Hyphen aufgebaut. Die untere Hälfte des Gehäuses ist
heller braun, zeigt verschwommene Zellwände und in jeder
Zelle einen olivgrünen, homogenen, 3 [x großen Inhaltskörper.
Paraphysen fehlen. Der Pilz wird schließlich ganz ober-
flächlich aufsitzend, entwickelt sich aber unmittelbar unter
der Thallusoberfläche.
1160. Über die Gattung Meliola Fries.
Diese große Gattung wurde von Theissen und Sydow
in drei Gattungen zerlegt. Die Unterscheidung derselben
beruht nur auf dem Vorhandensein oder Fehlen der Borsten
und Hyphopodien: Meliola Fr. mit Borsten und Hyphopodien,
Meliolina Syd. mit Borsten, ohne Hyphopodien und Irene
Th. et Syd., ohne Borsten, mit Hyphopodien. Es ist klar.
556 F. Höhnel.
daß man auf diesem bequemen, aber schematischen Wege in
der Regel nur künstliche Gattungen ohne besonderen Wert
erhalten kann. Nichtsdestoweniger sind diese drei Gattungen
brauchbar, doch müssen sie anders und genauer beschrieben
werden. Die Genannten gingen von der Voraussetzung aus,
daß die Meliola- Arien alle im allgemeinen gleich gebaut sindj
das ist aber durchaus nicht der Fall. Bei einer Durchsicht
der Arten erkennt man, daß man einige tiefer begründete
natürliche Gruppen unterscheiden kann, die einen größeren
Gattungswert haben als Irene, die sich von MelioJa nur
durch das Fehlen der Borsten unterscheidet.
Ich unterscheide fünf Gattungen, die voneinander durch
mehrere Merkm.ale zu trennen sind.
1. Meliola Fries. Mit Mycel- oder Perithecialborsteii und
Hyphopodien. Schläuche eiförmig, zarthäutig, vergänglich.
2- bis 4-sporig; Sporen zylindrisch-länglich mit breit abge-
rundeten Enden, einfarbig.
Grundart: M. amphitricha Fries.
2. Irene Syd. et Th. Wie Meliola, aber ohne Borsten.
Als Grundart wird Irene inerntis (Kalchbr. et C.) an-
gegeben.
3. Appendicnlella v. H. Wie Meliola, ohne Borsten, Peri-
thecien mit dicken, wurmförmigen Anhängseln. Grund art
Appendicnlella calostroma (Desm.) v. H. (= Meliola sangiiinea
Ell. et Ev. =: M. Puiggarii Speg. = ,1/. rnbicola P. Henn.
= M. manca Ell. et M.\ Weitere Arten: .4. larviformis
(P. Henn.) v. H.; .4. Ecliinus (P. Henn.j; .4. Cornn caprae
(P. H.) V. H.
4. Meliolina Syd. Borsten zahlreich, meist verzweigt.
Schläuche meist 5- bis 8-sporig, Hyphopodien fehlend. Sporen
4-zellig, mit oft kleineren Endzellen. Bisher sicher nur auf
Myrtaceen.
Als Grundart wird Meliolina cladotriclia (Lev.) angegeben.
Allein abgesehen davon, daß nicht sicher feststeht, was -diese
Art ist, da das Urstück derselben nach Bornet (Ann. scienc.
nat, 3. Ser., 16. Bd., 1851, p. 269) zu alt ist. gibt Gaillard,
Monogr. Meliola, Paris 1892, p. 46 ausdrücklich an. daß sie
zweierlei Hyphopodien hat. Auch sind die Schläuche eiförmig,
Fragmente zur Mykologie. O»"^ <■
zweisporio. Die vierzelligen Sporen haben kleinere und
schmälere Endzellen und messen 65 bis 70 ^ 18 bis 22 [x.
Der Pilz, den Winter (Hedvvigia 1885, 24. Bd., p. 25)
als Meliola cladofricJia Lev. beschreibt: Schläuche eibirn-
förmio-, 100 bis 105 « 40 bis 50 ;x, achtsporig; Sporen zylin-
."risch, beidendig breit abgerundet, vierzellig, wenig ein-
geschnürt, 44 bis 52^ 12 bis 14 -j,, ist von Gaillard's Pilz
verschieden und ist fast sicher Meliola mollis Berk. et Br.
z= M. puldierrima Syd. Auch ist zu beachten, daß die Sporen-
bilder bei Gaillard, Taf. IX, Fig. 4 und Bornet, Taf. XXII,
Fig. 15 nicht genügend übereinstimmen. Es steht daher nicht
lest, ivas Meliola cladotricha Lev. ist. Diese Form kann
daher nicht als Grundart aufgestellt werden.
Ich betrachte als Grundart der Gattung Meliolina Syd.^
die Meliolina mollis (Berk. et Br.) v. H. in Fragm. Nr. 524,
X. Mitt., 1910, welche nach den Urstücken vollkommen
gleich ist. M. pidcherrima Sydow (Ann. myc. 1913, XL Bd.^
p. 254). Diese und die Meliolina radians Syd. (Ann. myc.
1914, XII. Bd., p. 553) haben Sporen, die nur wenig ein-
geschnürt und deren vier ^Zellen ziemlich gleich groß sind.
Hingegen hat die Meliolina octospora. Penz. et Sacc. (an
Cooke?) nach meinem Fragm. Nr. 413, IX. Mitt., 1909 sehr
stark eingeschnürte Sporen, deren Endzellen viel kleiner sind
als die fast kugeligen Mittelzellen. Mit diesem Pilze ist offen-
bar gleich Meliolina Yatesii Syd. (Ann. myc. 1917, XV. Bd.,
p. 195). Meliolina arborescens Syd. (Ann. myc. 1913, XI. Bd.,,
p. 256) ist vielleicht auch derselbe Pilz, denn die einzige
widersprechende Angabe, betreffend die 1- bis 2- sporigen
Schläuche, ist zweifelhaft, da diese bereits aufgelöst waren.
Meliolina hapalochaeta Syd. (Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 145>
ist die einzige Art mit un verzweigten Borsten.
Meliolina scheint keine einheitliche Gattung zu sein. Die
einen Arten schließen sich an Meliola an, die anderen an
Leptonieliola v. ,H.
5. Leptonieliola v. H. Mit oder ohne Borsten. Mit Hypho
podien. Schläuche, mit fester nicht vergänglicher Membran,
keulig, achtsporig. Sporen 4- bis 6-zellig, spindelig, mit
kleineren, fast hyalinen Endzellen. Paraphysen sehr zahlreich»
Ö58 F. Höhnel,
deutlich, spitzendig. Manchmal Arthrohotrynm .Sacc. als Neben-
frucht.
Grundart: Lepfouieliola liyalospora (Lev.) v. H., ferner
Leptomeliola qiiercina (Pat.) v. H., L. javensis v. H. n. sp.,
L. aiiomala (Tr. et Earle) v. H. (Syll. Fung. XVII. Bd.,
p. 552).
Zwischen diesen Gattungen gibt es auch Übergangsformen.
Irene merinis (K. et C.) soll nach Gaillard an den Peri-
thecien homförmige, einzellige, dünnwandige blassbraune,
60=;15|i große Anhängsel haben. Offenbar Bildungen wie bei
AppendiculeUa.
Ich habe indes an meinen Stücken davon nichts gesehen.
Jedenfalls werden sie aber manchmal auftreten und ist daher
M. inermis als Grundart von Irene nicht gut gewählt.
Ahnliche Arten mit Neigung zur Bildung von Appen-
diculella-Anhängseln scheinen nach den Beschreibungen auch
Meliola Erythrinae Syd. und Irene papUlifera Syd. (Ann.
myc. 1917, XV. Bd., p. 185 und 194) zu sein.
Meliola snbapoda Syd. (Ann. myc. 1914, XII. Bd., p. 547)
hat nur äußerst spärliche Hyphopodien, die zudem verkümmert
sind, könnte daher auch als Irene gelten, Borsten fehlend.
Meliola rizalensis Syd. (a. a. 0. p. 551) hat nur äußerst
spärliche Borsten, hingegen reichliche Hyphopodien. Ist also
fast eine Irene.
Meliola insignis Gaill. (Monogr. Meliola 1892,. p. 44)
verhält sich ganz ähnlich. Hat Podosporiiun Schw. ais
Nebenfrucht.
Meliola Vibnrni Syd. (Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 193)
wird vom Autor selbst als Mittelform zwischen Meliola und
Irene erklärt.
Nicht in die Gattung gehören: Meliola fnscopnlveracea
Rehm (Hedwigia 1901, 40. Bd., p. 162) hat weder Hypho-
podien noch Borsten und grobwarzige «Sporen sowie nur
60 bis 90 [i, große Perithecien; ferner Meliola? clavalispora
Spegazz. (Bol. Acad. nac. cienc. Cordoba 1889, XI. Bd.,
p. 50U). Hat haarige Perithecien, zylindrische Schläuche,
kugelige einzellige Hyphopodien und keulige fünfzellige Sporen.
Fragmente zur Mykologie. 559
MelioJa clavispora Patouill. ist eine Microthyriacee, Meiio-
laster n. G. in Ber. deutsch, bot. Ges. 1917, XXXV. Bd..
p. \()().
1161. Leptomeliola javensis v. H. n. sp.
Mycelräschen blattoberseits, zahlreich, fest angewachsen,
unregelmäßig rundlich, schwärzlich, allmählich verlaufend,
2 bis 5 uiui breit. Hyphen dunkelbraun, derbwandig, steif,
6 bis 8 [X dick, gerade verlaufend, meist gegenständig, fast
rechtwinkelig verzweigt, mit 20 bis 30 {j. langen Gliedern.
Borsten fehlend. Hyphopodien sehr zahlreich, dichtstehend,
gegen- und wechselständig, zweizeilig, kurzstielig, Kopf kugelig,
18 w 14 |x. ^r//;ro77oJ/?f;;/ - Nebenfrucht im Rasen ziemlich
zahlreich, gleichmäßig verteilt, schwarz, steif 0'9 bis {-"^mni
hoch, unten 60,' oben 40 [x dick, mit länglichem, 80 [x breitem
Köpfchen, das aus fast parallelen Trägern besteht. Conidien
gerade oder wenig gebogen, spindelig, vierzellig, 28 bis
32 5^ 7 [j, groß, durchscheinend braun, untere Zelle fast hyalin,
schmäler und länger als die drei oberen. Perithecien wenig-
zahlreich, kugelig, trocken stark einsinkend, fast glatt, 180 bis
260 [j. groß.
Paraphysen sehr zahlreich, 4 jj, dick, lang, scharf spitz
endigend. Schläuche sehr zahlreich, keulig, oben abgerundet,
unten allmählich stielig verschmälert, festhäutig, nicht ver-
gänglich, achtsporig, 80 ^ 20 bis 24 [i. Sporen zweireihig,
spindelig, mit verschmälert abgerundeten Enden oder etwas
keulig, gerade, vierzellig, Mittelzellen groß, durchscheinend
hellbraun, Endzellen viel kleiner, fast hj^alin, 28 bis 35 ^ 8
bis 10 (x. Jod bläut die Schlauchschichte deutlich.
Auf Blättern einer An(^nacee (Uvaria?) bei Depok, Java
1907 von mir gesammelt.
1162. Acrospermum Adeanum v. H. n. sp.
Perithecien graubräunlich, matt, etwas rauh, vereinzelt,
aufrecht, 500 bis 800 [x hoch, keulig, oben 100 (x breit
abgestutzt; 200 bis 280 [x breit, unten 100 [x dick und kurz-
gestielt. Ostiolum rundlich, klein. Perithecienmembran 32 bis
560 F. Höhnel,
36 [j- dick, innere Schichte etwa 20 [x dick, aus 3 bis 4 Reihen
von dickwandigen, 3 bis 6 [j- breiten, der Länge nach gestreckten
Zellen bestehend, äußere Schichte aus einigen Lagen von
etwas größeren braunen, dünnwandigen, 4 bis 6 >j. breiten,
quergestreckten, 8 bis 16 [x langen Zellen bestehend. Außen
halbkugelige bis kugelige vorstehende 11 [x breite dünnhäutige
Zellen, welche die Rauhigkeit der Perithecien bedingen. Para-
physen zahlreich, lang, wenig verzweigt, 1 bis 1 • 5 [x dick,
nicht verschleimend. Schläuche zahlreich, zylindrisch, oben
abgerundet und nicht verdickt, 470 bis 520 [x lang, 1 1 bis
12 |x breit, derbwandig, meist etwa sechssporig. Jod gibt keine
Blaufärbung derselben. Sporen fädig, sehr lang (über 200 [j.)
septiert, an den Enden abgerundet, 2 bis 2*6 [x breit, hyalin,
Glieder 8 bis 15 |x lang.
Am Grunde der Perithecien hyaline, zarthäutige, 2 bis 4 [x
breite Hyphen, die eine Art von wenig entwickeltem .Subiculum
bilden.
Auf den abgestorbenen Blättern des Laubmooses
Amblysiegiiim variiun, zwischen Mitgenfeld und Brückenau
im Rhöngebirge, Unterfranken, XII., 1915, A. Ade.
Der schwierig sichtbare Pilz vv'urde dem Entdecker von
Rehm als Tuhcnfia Adcana n. sp. bestimmt, allein die
Färbung desselben, der wenn auch sehr kurze Stiel und die
schmalzylindrischen Schläuche weisen denselben in die Gattung
Acrospermnin. Immerhin nähert sich derselbe sehr Tiibeußa
und ist eine bemerkenswerte Übergangsform.
Im Fragmente zur Mykologie Nr. 420, IX. Mitt., 1909
wies ich auf die nahe Verwandtschaft der Gattungen
Ophioncctria, TorrnbicUa, Barya und Acrospermnin mit-
einander hin, während ich in Ann. myc. 1917, XV. Bd., p. 379
angab, daß Acrospennum unzweifelhafte Beziehungen zu den
Sordariaceen aufweist.
Diese beiden Hinweise können nebeneinander als gleich-
berechtigt bestehen, denn es ist sicher, daß die Hypocreaceen
zu den Sordariaceen in Beziehungen stehen, die auch durch
die Gattung Melanospura vermittelt werden, worauf schon
Schröter in Pilze Schlesiens 1894, II. Bd., p. 272 hin-
gewiesen hat.
Fragmente zur Mykologie. o61
Die obengenannten einfachen Hypocreaceen- Gattungen
und noch einige andere mit fadenförmigen Sporen stehen
sich einander sehr nahe. Ihre Abgrenzungen voneinander sind
bisher nur ganz unsichere geblieben, daher die Einreihung
der einzelnen Formen bisher zum großen Teile eine sehr
willkürliche war.
Nach eingehenden Studien kam ich zu folgender Über-
sicht derselben.
I. Perithecien gestielt.
A. Schläuche keutig-z3iindrisch. Paraphysen vorhanden.
Perithecien dunkelfarbig, knorpelig. Sporen breiter,
kurzgliedrig.
JBonihardiastruin andrmim Patouillard.
B. latisponini (Syd.) v. H. (Acrospermtun Sydow).
B. Schläuche streng zylindrisch, oben dünnwandig, Para-
physen vorhanden. Perithecien fleischig- knorpelig.
Sporen schmal.
Acrosperniuni roinjiresstnn Tode.
.4. Roheygc'aninu Dermazieres.
.4. parasiticiun Sydow.
A. ochraceum Sydow.
A. Adeaniim v. H.
II. Perithecien nicht gestielt.
A. Perithecien-Membran parenchymatisch, blau, häutig,
Schläuche zvlindrisch, oben nicht verdickt, Paraphysen
vorhanden.
Ot/anodernta viridiiliim (B. et C.) v. H.
{Acrospermnni B. et C.)
B. Perithecien-Membran nicht blau.
a. Schläuche zylindrisch, oben halbkugelig verdickt.
a. Ohne Paraphysen. Pilzschmarotzer.
Barya pavttssitica Fuckel.
B. agaricicola (Berk.) v. H. (Nectria
Berkeley).
ß. Paraphysen einfachfädig. Tierschmarotzer.
Torruhiella araiiicida Boudier.
T. sericicola v. Höhnel.
562 F. Hohnel,
h. Schläuche keulig, oben nicht verdickt.
a. Paraphysen fehlen.
Ophloiiectria tricJiosjwra (B. et Br.v
Sacc. {Nectria Berk. et Br.).
0. anceps (P. et S.) v. H. (Tubeiißa Penz.
et Sacc).
,3. Paraphysen \'orhanden.
Tubeufia javanica Pen zig et Sac-
cardo.
T. Corona ta Penz. et Sacc.
T. cerea (Berk. et Curt.) v. H. Sphaeria
Berk. et C).
T. cylindrothecia (Seaver) v. H. {Ophio-
nectria Seaver).
Die in diesen Gattungen als erste angeführten Formen
sind die Grundarten und durch den Druck hervorgehoben.
Boinbardiastnun andinuin Pat. (Bull. soc. Mycol. 1893,
IX. Bd., p. 153, Taf IX, P'ig. 2) kenne ich nicht, wird aber
von B. latisporuui, die ich kenne, kaum gattungsverschieden
sein.
Acrospcrniimi Tode wird wegen der auffallend nahen
Verwandtschaft mit Tubeufia P. et S. künftighin zu den
Hypocreaceen zu stellen sein, wie dies schon EUis (Journ.
i)f Mycol. 1887, III. Bd., p. 4) mit Recht tat. Acrosperjuiim
ochraceuin ist eine deutliche Übergangsform zu den unzweifel-
haften Hypocreaceen.
Cyaiiodenna viriduhun (B. et C.) v. H. n. G. ist schon
wie Lisea und GibbereUa durch die schön blaue Färbung
der Perithecien-Membran gut als eigene Gattung bestimmt.
Ophionecfria Sacc. fällt nicht, wie ich früher glaubte
(Fragm. Nr. 757, XIV. Mitt., 1912), mit Tubeufia P. et S. zu-
sammen. Die beiden Gattungen unterscheiden sich durch das
Fehlen, beziehungsweise Vorhandensein von Paraphysen. Daher
mußte Tubeifia anceps P. et Sacc. mit angeblich fehlenden
Paraphysen zu Ophionecfria gestellt werden.
Sphaeria cerea B. et C. galt bisher stets als Ophionecfria,
unterscheidet sich aber von Tubeifia nur durch die niedrigen
Perithecien. Seaver (Mycologia 1909, I. Bd., p. 70) stellt
Fragmente zur Mykologie. 563
daher diese Art ganz richtig mit T. cylindrothecia in eine
und dieselbe Gattung, nur muß diese Tnhenßa und nicht
Ophioiietfria heißen.
Um weiteren Verwirrungen zu entgehen, müssen künftig-
hin die hierher gehörigen Formen nach dem obigen Schema
eingereiht werden.
1163. Über die Gattung Roussoella Saccardo.
Wurde 1888 auf Grund von Roussoella nitidiila Sacc.
et Paol. aufgestellt und als Dothideacee betrachtet.
Nach Theissen und Sydow (Ann. myc. 1915, XIII. Bd.,
p. 185, 428, 598) sind Didymosphaeria striatula Penz. et
Sacc. 1901, Dothidea hystevioides Cesati 1879 bis 1880 und
Phaeodothis gigantochloae Rehm 1914 derselbe Pilz.
Die Genannten erklärten denselben für eine echte
Didymosphaeria. Die Untersuchung des bisher, wie man sieht,
sehr verschieden beurteilten Pilzes zeigte mir, daß derselbe
eine eingewachsene, stromatische Hypocreacee mit Schein-
clypeus ist.
Da er in keine der bisherigen Hypocreaceen-Gattungen
paßt und die Grundart der Gattung Roussoella Sacc. ist,
muß er Roussoella Jiysterioides (Ges.) v. H. genannt werden.
Die vier weiteren bisherigen Arten der Gattung Roussoella
gehören nach Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 185 bis 187, 331
und 491; 1918, XVI. Bd., p. 181 bis 183 in drei Dothideaceen-
Gattungen, daher Roussoella nach der Grundart genommen
werden muß.
Diese, Roussoella hystevioides (Ges.), hat meist längliche,
0'7 bis A mm lange, 0"5 bis 2 mm breite, unten flache, oben
flach gewölbte, 220 [i dicke Stromata, die 1 bis 20 Perithecien,
die ein- bis mehrreihig in einer Schichte liegen, enthalten.
Die farblose, verkieselte Epidermis des Bambusrohres ist
36 jJL dick. Darunter liegt eine 32 ]x dicke Schichte, die aus
meist fünf Lagen von flachen Rindenparenchymzellen besteht
und an welche sich eine mächtige Sclerenchymfaserschichte
anschließt. Die am Rande allmählich dünn werdenden Strömen
des Pilzes liegen meist an der Grenze zwischen dem
564 F. Höhnel,
Parenchym und Sclerenchym, doch schließen sie außen stellen-
weise einige Fasern ein. Sie sind daher etwa 80 [x tief ein-
gewachsen und wölben das über ihnen befindliche Gewebe
ziemlich stark vor.
Die dicht herdenweise stehenden flachen Pusteln, in
welchen die Strömen sitzen, sind matt schwarz, etwas längs-
gestreift und zeigen keine Spur von Mündungsöffnungen
oder Papillen. Es scheint, daß die Entleerung der Sporen
erst nach dem Abwittern und Zerbröckeln der spröden Epi-
dermis und des Parenchyms stattfinden kann. In der Tat
konnte ich an zahlreichen Querschnitten niemals eine Durch-
brechung der Epidermis durch den Pilz sehen. Die in den
Strömen liegenden 160 bis 360 \i. breiten Perithecien sind
meist so hoch als die Strömen dick sind und oben flach,
ohne merkliche Papille. Die 12 bis 15 (x dicken Perithecien-
wände bestehen aus hyalinen, stark zusammengepreßten,
dünnen Fasern, werden oben dünner und lassen hier eine
ganz unscharf begrenzte Stelle frei, durch welche die Ent-
leerung der Perithecien stattfinden kann. Sie stoßen seiUich
meist dicht aneinander, doch bleiben zwischen je zwei Peri-
thecien öfter bis 360 [x breite Zwischenräume übrig, die mit
Stromagewebe ausgefüllt sind. Dieses ist nun ebenfalls aus
hyalinen, senkrecht parallel verwachsenen Fasern gebildet,
die von oben bis zur Basis reichen. Die sehr blaßbräunliche
Färbung, welche das Stromagewebe sowie die Perithecien-
wände öfter zeigen, rührt nicht von den Häuten der Hyphen,
sondern von dem bräunlichen Inhalte derselben her, so daß
der ganze Pilz eigentlich aus hyalinem Gewebe besteht.
Die über den Strömen befindliche Parenchymschichte
erscheint wenigstens stellenweise mehr weniger Clypeus-artig
geschwärzt; diese Schwärzung rührt aber davon her, daß die
Inhalte der Parenchym zellen absterben und dunkelbraun
werden. Man findet zwar auch braune Hyphen, die die
Epidermis senkrecht durchsetzen und etwas ins Parenchym
eindringen; diese rühren aber nicht von der Roussoella,
sondern von einem dünnen schwärzlichen Überzug her, der
die Epidermis außen bedeckt und fremden Ursprungs ist.
Fragmente zur Mykologie. obo
Kocht man Quer- und Flächenschnitte durch die Strömen
mit Kalilauge unter dem Deckglase, so kann man sehen, daß
der ganze Pilz (bis auf die Sporen) aus hyalinem Gewebe
besteht und ein echter Clypeus fehlt.
Die Gattung Ronssoella Sacc. 1888 mit der Grundart
E. hysterioides (Ges.) v. H. ist daher zu den Hypocreaceen
zu stellen.
Solche scheinbar schwarze Hypocreaceen mit einem
Scheinclypeus sind in den Tropen eine häufige Erscheinung;
sie wurden aber bisher nicht erschöpfend untersucht und
daher für Sphaeriaceen oder dothideale Pilze gehalten. Einige
davon habe ich bereits aufgeklärt.
So ist Gnignardia Freycinetiae Rehm nach Ann. myc.
1918, XVI. Bd., p. 59 eine neue Hypocreaceen -Gattung,
Micronectriopsis v. H.
Phyllachora Canarii P. Henn. ist eine mit Polystigma
verwandte Hypocreacee. Ebenso Phyllachora amphidyma
Penz. et Sacc. Ich stelle diese zwei Arten in die neue
Gattung Clypeostigma v. H. Man ersieht daraus, daß oft Pilze,
deren Stellung scheinbar ganz klar ist, doch ganz anderswo
ihren richtigen Platz haben.
1164. Über Phyllachora amphidyma Penz. et Sacc.
In Ann. myc. 1918, XVI. Bd., p. 214 gab ich an, daß
Phyllachora Canarii P. Henn. eine Hypocreacee ist, die bis
auf weiteres als Polystigma Canarii (P. H.) v. H. einzureihen
ist. Ich bemerkte dabei, daß noch mancher andere bisher als
Phyllachoracee beurteilte Pilz zu den Hypocreaceen oder
Sphaeriaceen gehören wird.
Eine solche Form ist nun auch die Phyllachora amphi-
dyma Penz. et Sacc. (kon. Fung. Javan. 1904, p. 36) nach
dem vom Originalstandorte herrührenden Stücke in Rehm,*
Ascom. exs. Nr. 1469. Der Pilz verhält sich genau so, wie
die Phyllachora Canarii.
Die beiderseitigen Scheinclyp^i sind auch von verdickten
Blattnerven begrenzt. An dünnen Schnitten erscheinen sie
vveinrot gefärbt. Es sind deutUche, aus vielen Laigen von
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128. Bd. -iO
566 F. Höhnel,
hyalinen oder vveinrötlichen, stark zusammengepreßten Zellen
bestehende Perithecienmembranen vorhanden. Das Ostiolum ist
etwas eingesenkt. Das hyaline Stromagewebe besteht aus sehr
zarten dicht verflochtenen Hyphen und färbt sich mit Jod
nur stellenweise schwach violett.
Der Pilz hat bis auf weiteres PoJystigma amphidyma
(P. et S.) V. H. zu heißen, könnte jedoch mit der P. Canarii
in eine eigene Hypocreaceen-Gattung, Clypeosiigma v. H.,
gestellt werden, die hauptsächlich durch die kleinen, nur ein
oder wenige Perithecien enthaltenden, beiderseits einen scharf
begrenzten Scheinclypeus aufweisenden Strömen von Po/v5^/^7«a
verschieden wäre.
Mit Leptocrea Sydovv (Ann. myc. 1916, XIV. Bd., p. 87)
hat diese Gattung nichts zu tun.
Leptocrea wird nach der Beschreibung und Abbildung
eine stromatische Stictidee sein, die zunächst mit Pseiuio-
rhytisma Bistortae (Lib.) Juel verwandt ist.
1165. Über die Gattung Melanopsamma.
Die Gattung wurde ursprünglich von Niessl in Verh.
naturf. Ver. Brunn 1876, XIV. Bd., p. 205 aufgestellt. Derselbe
versteht darunter solche Melanommaceen, die zweizeilige
Sporen haben. Nachdem er aber hierbei nicht angibt, ob die
Sporen hyalin oder gefärbt sind, die Gattung auch nicht
beschrieben hat und keine Grundart für dieselbe namhaft
macht, muß Melanopsaimna Niessl 1876 als ein nackter
Name betrachtet werden,
Saccardo (Michelia 1878, I. Bd., p. 347) hat nun die
Gattung Niessl's auf die hyalinsporigen Arten beschränkt
und in dieselbe fünf Arten gestellt, die aber in wenigstens
vier Gattungen gehören, daher die erste von ihm angeführte
Art, Melanopsamuia pomiforuiis (P.) Sacc. als die Grundart
von Melanopsamma Sacc. 1878 betrachtet werden muß.
Die zweite Art, M. horealis Karsten (Mycol. fenn. 1873,
p. 94) ist, wie Karsten selbst sagt, eine noch weiter zu
prüfende Form, deren Perithecien sich mit einem Spalt öffnen
sollen' und die daher vermutlich eine Lophiostomacee ist.
Fragmente zur Mykologie. -^t) <
Die dritte und vierte Art, M. Pustula (Ciirr.) Sacc. und
M. Rliodomphdlos (Berk.) Sacc. sind nicht näher bekannt,
anscheinend verschollene Arten, deren Stellung daher un-
gewiß ist.
Die fünfte Art, Melanopsamma latericollis (Fries) Sacc.
ist nach meinem Fragm. z. Myk. Nr. 159, IV. Mitt., 1907
wahrscheinlich schlecht entwickelte Cevatosphaeria rhenana
(Awld.), wenn Fuckel's Trematosphaeria latericolla (Symb.
myc. 1873, II. Ntr., p. 31) in den F. rhen. derselbe Pilz ist,
den Fries meint.
Was nun Melanopsamma pomiformis (P.) Sacc. anlangt,
so wurde dieser bekannte Pilz bisher stets als echte
Sphaeriacee betrachtet, allein die Untersuchung hat mir gezeigt,
daß derselbe eine echte Nectria ist, mit dunklem Gehäuse.
Die Perithecien desselben entwickeln sich in den äußersten
Schichten abgestorbenen Holzes und brechen ganz hervor.
Sie sind etwa 320 [x breit und 280 [x hoch, unten fast kugelig,
oben meist etwas abgeflacht und daher fast breit urnen-
förmig. Am Scheitel findet sich meist eine kleine, vorstehende
Papille mit der etwa 25 bis 28 (x breiten rundlichen i\Uindung,
die deutliche, strahlig angeordnete Periphysen zeigt und auch
von radiär gebautem Gewebe begrenzt ist. Die etwa 36 bis
40 [X dicke Perithecienmembran ist durchaus nicht braun oder
kohlig, sondern schmutzig weinrot und fleischig-häutig und
leicht schneidbar. Sie besteht aus 10 bis 15 Lagen von derb-
bis dickwandigen, etwas abgeflachten, etwa 6 bis 10 [x großen,
unregelmäßigen, oft gebogenen Zellen (ganz so wie bei vielen
Nectria- Arten), deren Wandung hyalin oder weinrötlich ist.
Sie sind teils leer, teils besitzen sie einen dunkelweinroten,
homogenen Inhalt, der die dunkle Färbung der reifen Peri-
thecien bedingt. In der Mündungspapille ist das Gewebe
senkrecht oder schief parallelfaserig. Die jungen Perithecien,
die noch keine Schläuche zeigen, sind weichfleischig, blaß,
und nehmen allmählich eine weinrötliche Färbung an. Außen
zeigen die Perithecien einen hyalinen, meist anscheinend
strukturlosen dünneren oder dickeren Überzug, wie er bei
vielen Nectria-Avlen vorkommt. Der Nucleus derselben ist
von dem einer Nectria nicht zu unterscheiden. Paraphysen
568 F. Hühnel,
sind reichlich vorhanden, aber wie bei vielen Nectria-Arten
sehr zarthäutig und bald verschleimend und dann wenig
deutlich. Öfter bleiben mehr minder .zahlreiche Schläuche
unentwickelt und stellen dann 3 bis 4 [x breite, inhaltsreiche,
steife, schmal spindelförmige, spitze Fäden dar, die Paraphysen
vortäuschen, was auch bei Nectria-Arten vorkommt. Außen
sitzen auf den Perithecien manchmal steife, spitze hyaline
Borsten in geringer Zahl. Das sind Entwicklungszustände
der Fuckelina albipes (B. et Br.) v. H., von der es feststeht,
daß sie in den Entwicklungskreis der Melanopsanima gehört.
Auch diese hyalinhyphige Nebenfrucht zeigt, daß der Pilz
eine Nectriacee ist.
Ich betrachte daher Melanopsamma Sacc. 1878 als
gleich Nectria Fries 1849.
Auf Grund der Nebenfruchtform die Gattung MeJatio-
psamma aufrecht zu erhalten, erscheint kaum möglich, da die
Nectria-Avten höchst verschiedene Nebenfruchtformen auf-
weisen.
Ein von mir 1908 auf noch hartem abgestorbenen Laub-
holz bei Tjibodas auf Java sehr spärlich gefundener Pilz
weicht von Nectria poniifonnis (P.) v. H. kaum ab. Ich halte
denselben für Nectria nigella Penzig et Sacc. (Icon. Fung.
Javanic. 1904, p. 43, Taf. XXX, Fig. 2), die angeblich auf
abgestorbenen Rinden auf demselben Standorte wächst. Das
untersuchte Urstück davon erwies sich als ganz un-
brauchbar.
Melanopsamma pomiforniis (?) Sacc. var. monosticha
Keissler (Beih. bot. Centralbl. 1912, XXIX. Bd., Abt. II,
p. 400) ist nach dem Urstücke aus dem Wiener Hofmuseum
die 0///r/>//a-Notreifform von Cucnrhitaria siibcaespitosa Otth
1870 (Syll. Fung., XIV. Bd., p. 607) gleich Ctictirhitaria Sorbi
Karst. 1873 (Mycol. fenn. II. T., p. 62) und hat zu heißen
Ciictirbitaria siibcaespitosa Otth Status otthielloideiis.
Die teils einzeln, teils in meist gestreckten Rasen stehen-
den, schwarzen, matten, selten kugeligen, meist kegeligen,
knollenförmigen oder oft ganz unregelmäßigen Fruchtkörper
.sind dothideale Strömen, meist mit einem Lokulus, seltener
2 bis 3 undeutlich voneinander getrennten. Eine Mündung
Fragmente zur Mykologie. o69
fehlt völlig. Die Wandung ist oben oft dick. Ich fand nicht
bloß zweizeilige 20 bis 26^8 bis 10 [i große Sporen, sondern
auch eine elliptische einzellige (17^9[x) und viele 3-, meist
4- zellige bis 25 i:= 10 [x große Sporen. Endlich auch eine noch
hyaline, die eine Längswand aufwies (20 i:^ 8 [x). Die Frucht-
körper stehen nach dem Abwurf der Rinde (scheinbar) ober-
flächlich, sind also der Entstehung nach eingewachsen.
Offenbar denselben Pilz, aber in einem anderen Zustande,
haben Theissen und Sydow (Ann. myc. 1918, XVI. Bd.,
p. 19) vor sich gehabt, mit braunen, einzelligen 11 bis 14^:^5
bis 6 |x großen Sporen und ganz entwickelten Qiciirbitaria-
Sporen.
Die Cncurbiiaria-Arten bilden oft Notreifeformen aus,
worauf ich in Fragm. Nr. 1046, XX. Mitt., 1917 zuerst hin-
gewiesen habe. Die an dieser Stelle besprochene Notreifeform
von Cnciirhitavia protrada Fuckel {= C. acerina Fuck.)
ist offenbar der Pilz, den Rehm Oühia Winteri genannt hat.
Daß die Gattung Cucurbitaria mit den dothidealen Pilzen
nahe Beziehungen hat, habe ich schon seit langem erkannt
und einigemale erwähnt, indessen die Frage noch nicht weiter
verfolgt. Die bei dieser Gelegenheit gefundenen Tatsachen
zeigen nun klar, daß Cucurbitaria eine sichere Dothideacee
ist. Zu einem ähnlichen Ergebnisse kamen a. a. O. auch
Theissen und Sydow.
Es ist kein Zweifel, daß Cucurbitaria Sorbi Karst. 1873
derselbe Pilz ist, den Otth 1870 C. subcaespitosa nannte.
Beide Beschreiber betonen die unregelmäßige Gestalt der
Strömen.
Ich vermute, daß Melanopsamma AmphispJiaeria Sacc.
et Schulz er (Revue myc. 1884, VI. Bd., p. 69) auch eine
ähnliche Notreifform auf Quittenzweigen ist. Sporen manchmal
vierzellig. Siehe Ann. myc. 1911, IX. Bd., p. 81. Die Form
wird daher wohl als Otthiella einzureihen sein.
Ebenso glaube ich, daß Otthia populina Fuckel (Symb.
myc. 1869, p. 170) mit zweizeiligen, blaßbraunen, 12 =: 6 [t
großen Sporen, ausgegeben in den Fg. rhen. Nr. 966, nur
eine Notreifform von Cucurbitaria populina (Bacc. et Av.)
Rehm (Syll. F., XL Bd., p. 348) ist. Denn Rehm (Hedwigia
570 F. Hühnel,
1882, 21. Bd., p. 148) fand in der Nr. 966 nur die Cncnrhitaria,
während Feltgen (Vorst. Pilz-Fl. Luxembg., Ntr. III, p. 276)
auf Pappel eine OttJna popiilina Fuck. genannte Form mit
20 bis 28^10 bis 15[ji großen hell- bis dunkelbraunen
Sporen fand. Sind beides offenbar Notreifzustände der
Cncnrhitaria.
Eine solche P'orm ist offenbar auch Ottliia populina (P.)
Fuck. var. diminnta Karsten (Mycol. fenn. 1873, II. Bd.,
p. 58) mit 10 bis 12 ^ 5 bis 6 (x großen blaßbraunen Sporen.
Melanopsamma Salviae Rehm (Ann. myc. 1911, IX. Bd.,
p. 80) hat nach Fragm. z. Mykol. 1913, XV. Mitt., Nr. 798
Metaspliaeria Salviae (R.) v. H. zu heißen. Doch ist letztere
Gattung noch nicht aufgeklärt.
Melanopsaiuma inendax Sacc. et Roumeg. (Revue myc.
1881, III. Bd., p. 45) beruht auf groben Fehlern und ist ganz
zu streichen, siehe das folgende Fragment Nr. 1166.
Melanopsamma suecica Rehm (Hedwigia 1882, 21. Bd ,
p. 120) ist Amphisphaeria applanata (Fr.) Ces. et de Not.;,
siehe Ann. myc. 1906, IV. Bd., p. 260.
Afelanopsamma Rnhornm (Lib.) Sacc, Libert, Fl. crypt.
Ard. 1837, Nr. 340. Nimmt man die Perithecien als ganz kahl
an, so wäre der Pilz eine Alelanopsammina v. H. Allein
dieselben sind, wie schon Rehm (Hedwigia 1889, 28. Bd.,
p. 357) angab, unten mit langen Borsten spärlich besetzt.
Daher ist derselbe eine Eriosphaeria Sacc. 1875.
Melanopsamma hypoxyloides v. H. (Fragm. z. Myko].,
III. Mitt, 1907, Nr. 119). Die nun wiederholte Prüfung dieser
Art zeigte mir, daß dieselbe ganz gestrichen werden muß.
Die beschriebenen dickwandigen, kohligen Perithecien sind
die eines alten, ganz entleerten Hypoxylon, in welchen ein
Pezizclla-artigev Pilz nistet. Wenn man die Perithecien durch
einige Stunden in Wasser einquillt und dann den scheiben-
förmigen Scheitel derselben abschneidet, so sieht man in
der Höhlung den Discomyceten sitzen. Derselbe ist mehr minder
kugelig, hyalin, außen ganz glatt und glänzend, zeigt oben
eme stumpfrandige, etwas knotige, ziemlich weite Mi^indung.
Man kann ihn leicht herauslösen. Öfter erscheint er seitlich
von einer braunen, aus 2 bis 3 |x breiten parallelen Hyphen
Fragmente zur Mykologie. >?' '
bestehenden dünnen Membran umgeben, welche abei- nicht
mit dem Excipulum verwachsen ist, sich leicht ablöst und
offenbar die innerste 'Lage der alten Perithecienwände ist,
also nicht zum Discomyceten gehört. Dieser ist eine Pezizellee,
kann aber in keine der bestehenden Gattungen eingereiht
werden.
Ich stelle für denselben die neue Gattung Cryptopezia auf.
Cryptopezia n. G. Apothecien kahl, ungestielt, weich-
fleischig, hellfarbig, Hypothecium dick, mikroplectenchymatisch.
Excipulum aus vielen parallelen Lagen von sehr dünnen
Hyphen bestehend. Paraphysen sehr dünn, oben nicht ver-
breitert, sehr zahlreich. Schläuche gestielt, zylindrisch, oben
stark verdickt, mit Jod keine Blaufärbung gebend. Sporen
spindelförmig, ein-, selten zweizeilig, im Schlauche sich
deckend einreihig. In alten Perithecien nistend.
Einzige Art: Cryptopezia mirabilis v. H.
Dies ist meines Wissens der einzige bisher bekannt
gewordene Fall, daß ein Discomycet in alten Perithecien
nistet.
Die Cryptopezia ist unten angewachsen und füllt die
Perithecienhöhlung fast ganz aus, nur oben einen Teil frei-
lassend. Die Sporen habe ich in reichlicher Menge außerhalb
der Schläuche gesehen. Sie haben ein lockerkörniges Plasma
und sind einzellig, nur selten ist eine undeutliche Querwand
zu sehen. Das Hymenium erinnert an das von Stictis, doch
ist der Pilz keine Stictidee, wie ich ursprünglich meinte. Die
Untersuchung desselben ist schwierig und nur auf die oben
angegebene Art kommt man schließlich zu einem sicheren Er-
gebnisse.
Melanopsamnia Kansensis Ell. et Ev. (Syll. Fung., XI. Bd.,
p. 304) ist nach dem Stücke in Ellis a. Everh., Fg. Columh.
Nr. 317 ein unreifer Pilz. Man erkennt, daß die Sporen noch
zwei weitere Querwände zu bilden im Begriffe sind. Ist
vermutlich eine unreife Strickeria. Siehe Ann. myc. 1918,
XVI. Bd., p. 90.
Melanopsainnia mimerosa Fautrey (Revue myc. 1891,
XIII. Bd., p. 76) ist nach dem Urstück in Roumeg., Fg. sei.
572 F. Höhnel,
exs. Nr. 5629 nichts anderes als Winferiua tristis (?). Siehe
Ann. myc. 1918, XVI. Bd., p. 104.
Melanopsawima Petrticciana Cal'desi (Syll. Fg., I. Bd.,
p. 580) ist nach dem Urstück in Rabenh., Fg. europ. Nr. 335
Nectria Petrncciana (Cald.) v. H. zu nennen. Verhält sich
genau so wie M. pontiformis.
Die bis 800 [a großen, wenig abgeflacht kugeligen Peri-
thecien sind eingewachsen und brechen stark hervor. Stroma-
gewebe fehlt. Die fleischige Perithecienmembran ist gegen
100 [Jt, dick und besteht aus dicht verflochtenen, dickwandigen,
2 bis 3 [JL breiten, hyalinen Hyphen. In der äußeren 80 {x
dicken Schichte ist zwischen und in den Hyphen ein lebhaft
rotbrauner Farbstoff eingelagert. Die innere 16 [jl dicke Schichte
ist ganz dicht mikroplectenchymatisch und hyalin. Die sehr
gut entwickelten Paraphysen sind nur 1 [x breit und oben
stark netzig verzweigt. Die Mündung ist flach, rund und ganz
so wie bei vielen Arten der Gattung parallelfaserig gebaut.
Jod gibt keine Blaufärbung. Die Sporen sind stark stachlig-
rauh, so wie bei Cosmospora.
Eine ganz ähnliche Form ist in Roumeg., Fg. gall. e.\s.
Nr. 1193 auf Eichenrinde unter demselben Namen ausgegeben.
Gleicht mikroskopisch ganz derselben, aber die Penthecien
sind etwas kleiner und die sonst gleichen Sporen nur 15 bis
20^8 bis 10 [1 groß (gegen 18 bis 24 ^ 1 1 bis 13). Kann
als Var. mimiscnla v. H. unterschieden werden.
Melanopsamnia catilmcohim R e h m in Rabenh.-
Pazschke, Fg. europ. Nr. 4160, später (Ann. myc. 1911,
IX. Bd., p. 81) von Rehm zu Gihhera gestellt, ist eine
Montagnellee, ganz genau so wie Rosensclieldia gebaut, aber
mit zweizeiligen, hyalinen Sporen. Ist eine neue Gattung,
Didymoddthis v. H., D. caiiUncola (R.) v. H.
Die von W egelin (Mitt. Thurgau natf. Gesellsch. 1894,,
XI. Bd., p. 3) beschriebenen Melanopsamma iimhratilis und
M. sphaerelloides könnten trotz den Beschreibungen ganz
wohl dunkle Nectr^ia- Arien sein, was nur durch die Prüfung
der Urstücke festzustellen wäre.
Allein ich fand 1901 auf Erlenzweigen bei Hüttenberg
in Kärnten einen Pilz, der den beiden Arten Wegelins
Fragmente zur Mykologie. 0/3
offenbar sehr nahe steht und keine Nectria ist. Mein Pilz
hat oberflächlich stehende Perithecien, keulige, 140 ^ 20 [Ji
große Schläuche, in welchen die Sporen lV2-reihig stehen
und schön zweizeilige, ziemlich derbwandige, 25 bis 30 ^ 8
bis 1 1 [JL große, keulig-elliptische, an den Enden verschmälert
abgerundete Sporen, deren untere Zelle wenig schmäler ist
und die an der Querwand nicht eingeschnürt sind. Jod gibt
keine Blaufärbung.
Daher glaube ich, daß auch Wegelin's Pilze keine
AVc'/r/tz-Arten sind. Diese Pilze können nicht zu Zignoella-
Zignaria Sacc. (Syll. Fung. 1883, II. Bd., p. 219) gestellt
werden, denn die Grundart dieser Untergattung Z. Cmnpi-
Silii Sacc. hat, wie ich sah und auch Berlese's Abbildung
(Icon. Fung. 1894, I. Bd., Taf. 87, Fig. 1) zeigt, schließlich
dreizellige Sporen.
Ich stelle für diese Formen mit deutlich und bleibend
zweizeiligen Sporen, oberflächlichen kohligen Perithecien, die
also nach der Gattungsbeschreibung zu Afi?/awo/?5rtwwß Sacc.
gehören würden, indes keine Nectria-Avten sind, die Gattung
Melanopsammina v. H., mit der Grundart: M. carinthiaca
V. H. auf.
1166. Über Melanopsamma mendax Sacc. et Roumeguere.
Melmiopsamma mendax Sacc. et Roumeg. (Revue
mycol. 1881, III. Bd., p. 45, Taf. XIX, Fig. 6) existiert nach
dem Originale in Roumeg., F. gall. exs. Nr. 1585, nicht und
beruht auf groben Fehlern.
Das Original zeigt zwei Pilze. Der eine ist die Sphaeria
Rubornm Libert überreif und mit entleerten Perithecien, der
andere ist Otthia Ruhi v. H. n. sp., nicht ausgereift; die
Autoren haben nun die Schläuche und Sporen der Otthia
der Sphaeria Rubornm zugeschrieben, ihre Beschreibung
bezieht sich daher auf zwei voneinander ganz verschiedene
Pilze. Es ist klar, daß die nur 170 bis 220 [i großen Peri-
thecien der Sphaeria Rubornm nicht 120 bis 210 {x lange
Schläuche enthalten werden. Sphaeria Rnbornm hat am
Grunde der Perithecien, oben zum Teile anfangs hyaline,
574 F. Höhnel,
spindelförmige, einzellige, 14 bis 16 ^ 2 [i große, wenig
gekrümmte Conidien tragende, durchscheinend rotbraune,
septierte, steife, einfache, 100 bis 250 (x lange, unten 5*5 [x,
oben 2" 5 {i dicke Borsten, ist daher jedenfalls keine
Melanopsamma, sondern eine Trichosphaeriacee, die bis auf
weiteres als Eriosphaevia Sacc. (Syll. F. 1882, I. Bd., p. 597)
betrachtet werden muß.
Die beschriebene Conidienform des Pilzes ist vielleicht
die Rul)iis-¥ orm von Acrothechun (Acrothecnla) delicaUilum
Berk. et Br. 1885.
1167. Über die Gattung Julella H. Fahre.
Die Gattung wurde aufgestellt 1880 in Ann. scienc. nat.,
IX. Bd., p. 113 auf Grund von Julella Buxi H. Fab.
Der Pilz hat nach der Beschreibung und Abbildung bei
B erlese, Icon. Fung. 1900, II. Bd., p. 108, Taf. 139, Fig. 1
bleibend eingewachsene, nur 250 [i große, sehr zarthäutige
Perithecien, mit einem deutlichen, schwarzen Clypeus und
zweisporigen Schläuchen. Die großen mauerförmig geteilten
Sporen sind hyalin bis schwach gelblich.
Darnach ist es nicht zweifelhaft, daß es sich um eine
Clypeosphaeriacee handelt, die sich von Peltosphaeria Berlese
1888 wesentlich nur durch die zweisporigen Schläuche unter-
scheidet.
In die Gattung Julella gehört zweifellos auch J. Buxi
Fab. var. Microineriae Sacc. 1881 (Revue myc, III. Bd.,
p. 27), die sich von der Stammart kaum unterscheidet, obwohl
die Nährpflanze (Satureja) eine ganz andere ist.
Die weiteren sieben Formen, die heute in der Gattung
Julella stehen, gehören indessen nicht in dieselbe. Von diesen
konnte ich nur die Julella luzonensis P. Henn. (Hedwigia
1908, 47. Bd., p. 257) untersuchen. Dieser Pilz hat herden-
weise stehende, kugelige, meist 1-4 bis I'Swot große
schwarze Perithecien, die ganz im dicken Periderm ein-
gewachsen sind. Sie sind oben nur mit einer ganz dünnen
Schichte des Peridermgewebes bedeckt und fehlt ein Clypeus
vollständig.
Fragmente zur Mykologie. 57o
Die Perithecien ragen schließlich fast halbkugelig vor,
bleiben aber mit einer dünnen weißlichen Peridermschichte
bis fast zum Scheitel bedeckt, so daß nur dieser mit dem
flachen, scharf schwarz begrenzten runden, etwa 160(1. breiten
Ostiolum frei vorragt. Die Wandung der Perithecien ist oben
etwa 200 bis 230 \i dick, weiter unten nur wenig dünner.
Wie wohl bei den meisten dicken Perithecienwänden, ist auch
hier der Bau dieser nicht ganz einfach. Man kann in der
durchaus nicht kohligen, sondern fest lederigen, leicht schneid-
baren Wandung oben drei scharf geschiedene Schichten unter-
scheiden. Außen ist eine etwa 90 (a dicke SchiclTte vorhanden,
die aus etwa 15 bis 20 [x breiten, unregelmäßigen, stark
flachgepreßten Zellen besteht, die hyaline Wände, aber einen
homogenen dunkelbraunen Inhalt besitzen. Darauf folgt eine
fast ebenso dicke Schichte, die kleinzellig-faserig gebaut ist,
mit braunen Zellwänden. In dieser Schichte liegen anscheinend
in Zwischenzellräumen sehr zahlreiche, unregelmäßig geformte,
bis über 40 [>. große Krystallmassen von Kalkoxalat, die meist
nur durch schmale Gewebsplatten voneinander getrennt sind,
weshalb diese Schichte eine grobnetzige Beschaffenheit an
Schnitten zeigt. Die dritte innerste Schichte ist nur etwa
20 [i dick und besteht aus nur 2 bis 3 |jl großen braunen
Zellen und Hyphen, die dicht verwachsen sind. Diese Schichte
geht oben in die hyalinen Periphysen über, die fest-schleimig
verwachsen und reichlich entwickelt einen Pfropf bilden, der
das Ostiolum lange geschlossen erhält.
Der Nucleus besteht aus sehr zahlreichen, dünnfädigen,
schleimig verbundenen, langen Paraphysen und den keuligen,
mäßig und gleichförmig derbwandigen, sitzenden oder kurz-
und dickgestielten, 250 bis 300 [x langen und 35 bis 48 \x
dicken Schläuchen, die meist ly.^-reihig 3 oder 4 Sporen
enthalten. Die länglich-spindeligen, geraden oder wenig bogig
gekrümmten Sporen haben verschmälert abgerundete Enden,
sind braun, 100 bis 156 i:; 25 bis 30 (x groß und haben 10 bis
über 17 Querwände und einige Längswände.
Aus dieser Beschreibung ist zu ersehen, daß JiUella
luzonensis P. Henn. gewiß keine Jnlella ist. Da die Sporen
keine Schleimhülle haben, ist sie auch keine Pleomassaria.
576 F. Höhnel,
Da die Perithecien stark vorragen, mit dem Scheitel frei
werden und infolge des Baues der Perithecienmembran ist
sie auch keine Karstennla, deren Grundart in gut entwickeltem
Zustande auch oft eine kurze Längswand in den Sporen
aufweist.
Der Pilz stellt demnach eine neue Gattung dar, die ich
Pleamphisphaeria nenne. Seine Stellung ist unsicher. Er mag
bis auf weiteres zu den Amphisphaeriaceen gestellt werden,
doch dürfte er vielleicht dem Baue der Perithecienmembran
nach den Ceratostomeen näher stehen.
Letztere Familie ist eine unnatürliche und künstliche, da
sie nur auf ein nebensächliches Merkmal, dem Schnabel,
gegründet ist.
In Ann. myc. 1918, XVI. Bd., p. 90 habe ich gezeigt,
daß Phomatospora trotz dem fehlenden oder kurzen Schnabel
eine Ceratostomee ist. Nach den Beschreibungen urteilend
halte ich vorläufig auch Julella Zenkeriatia P. Henn. (Engler's
Jahrb. Syst. 1907, 38. Bd., p. 127), J. dadylospora Rehm
(Hedwigia 1901, 40. Bd., p. 110) und /. monosperma (Peck)
Sacc. (Syll. Fung. 1883, II. Bd., p. 289) für Arten der Gattung
Pleamphisphaeria.
Julella leopoläina Rehm (Ann. myc. 1908, VI. Bd.,
p. 319) hat nach der Beschreibung achtsporige Schläuche
und ist, obwohl von einer Schleimhülle der Sporen nicht die
Rede ist, vielleicht eine Pleoniassaria, wenn nicht doch eine
Plea mphisphaeria.
Verwandt mit dieser Art scheint Julella argentina Speg.
(Ann. Mus. nac. Buenos Aires 1898, VI. Bd.. p. 298) zu sein.
Hier werden acht Sporen angelegt, von denen sich aber nur
eine entwickelt, die eine dünne Schleimhülle hat. Die Peri-
thecien sind nur bis O'o min groß. Ist wahrscheinlich eine
Pleoniassaria. Bei diesen beiden Arten brechen die Perithecien
nicht vor.
■ Julella Tulasnei (Crouan) Bert, et Vogl. (Syll. F.
Additam. I— IV, 1886, p. 178; IX., p. 899) auf Moosen
wachsend, ist wahrscheinlich doch nur eine Rosellinia (Sacc.
Syll. F. I., p. 276) mit zweisporigen Schläuchen.
Fragmente zur Mykologie. o77
1168. Über Didymella praeclara Rehm.
Der Pilz ist beschrieben in Ann. myc. 1906, IV. Bd.,
p. 39 und in Krieger, F. saxon. Nr. 1972 ausgegeben.
Der Pilz hat zerstreute unter der Epidermis eingewachsene,
etwas abgeflacht kugelige, etwa 260 [i breite, 200 [x hohe
Perithecien mit flachkegeligem Scheitel, der mit der niedrigen
Mündungspapille wenig vorbricht. Die Mündung ist unregel-
mäßig rundlich, 12 bis 16 [a breit. Die Perithecienmembran
ist 5 bis 10 [JL dick und besteht aus vielen Lagen von sehr
zartwandigen, flachgepreßten Hyphen, ist weich, schmutzig
hellbraun, unregelmäßig plectenchymatisch faserig, bis stellen-
weise deutlicher zellig. Paraphysen sehr zahlreich, zarthäutig,
lang, schleimig verklebt. Die Schläuche sind zarthäutig, keulig-
spindelig, oben zylindrisch vorgezogen, an der 3 [x breiten
stumpfen Spitze fast halbkugelig verdickt. Unter dieser Ver-
dickung färbt sich eine dünne Querplatte mit Jod blau. Sie
sind 66 bis 100 fj. lang und 10 bis 12 [jl breit. Die acht 2- bis
3-reihig stehenden Sporen sind hyalin, gleich zweizeilig,
beidendig spitz spindelförmig, meist etwas verbogen, zart-
wandig mit reichlichem, gleichmäßigem Inhalte ohne Öltropfen
und bis 30 bis 32^5 bis 5-5 jx groß. Der Pilz ist keine
Didymella, welche Gattung wahrscheinlich mit Didytno-
sphaeria, Rehentiscliia, Nodtilosplmeria, Ophiohohis Riess
(non Aul), Entodestniiun Riess, Leptospora Rbh. (non Aut.),
Pleospora eine eigene Familie (Pleosporeen) bildet, was noch
zu erkunden ist.
Didymella praeclara ist vielm.ehr eine Ceriospora Niessl
mit Sporen ohne Cilien. Sie stellt eine eigene Gattung dar,
die ich Lejosphaerella nenne, welche mit Anisostomnla v. H.,
Physosporella v. H., Pemphiditini Mont., Merrilliopeltis P. H.,
Oxydothis P. et S., Ceriospora Niessl, Griphosphaeria v. H.
die Sphaeriaceen-Familie der Physosporelleen bildet.
Physosporelleen v. H. n. Farn.
Sphaeriaceen. Perithecien eingewachsen, mit flachkegeliger
Mündung wenig vorbrechend, meist braun bis blaß, weich-
häutig, selten schwarz, selten ohne deutliche' Mündung.
578 F. Höhnel.
Perithecienmembran aus zarthäutigen Hyphen bestehend, selten
senkrecht parallelfaserig, meist unregelmäßig plectenchymatisch
bis mehr minder deutlich parenchymatisch gebaut. Paraphysen
meist zahlreich (selten spärlich), lang, gesondert fädig oder
schleimig verschmolzen. Schläuche zarthäutig, zjdindrisch bis
keulig-spindelig, oben verschmälert abgestutzt und mehr minder
bis halbkugelig oder kurz zylindrisch verdickt. Jod färbt eine
dünne Querplatte unter der Verdickung blau. Sporen hyalin,
mit homogenem Plasma, einzellig bis mauerförmig geteilt.
Die bisherigen Gattungen der Familie können wie folgt
unterschieden werden.
A. Perithecien stark flachgepreßt, von einem (Schein?-) Clypeus
bedeckt; Sporen lang, beidendig meist lang zugespitzt.
a. Mündung mittelständig.
a. Sporen einzellig: Peinphidium Mont.
ß. Sporen zweizeilig: MerrilUopeltis P. Henn.
h. Mündung am Rande des Clypeus: Oxydothis Penz.
et Sacc.
B. Perithecien wenig abgeflacht kugelig. Ohne deckenden
Clypeus.
a. Perithecienmembran senkrecht parallelfaserig. Schläu-
che zylindrisch; Paraphysen gesondert; Sporen mit
einigen Querwänden und öfter auch einer Längs-
wand: Giyphosphaeria v. H.
b. Perithecienmembran unregelmäßig plectenchymatisch-
faserig bis parenchymatisch. Paraphysen verklebt,
selten fast fehlend.
a. Sporen einzellig.
X Ostiolum oft undeutlich; Perithecien klein:
Anisostomiila v. H.
XX Ostiolum deutlich; Perithecien größer:
Physosporella v. H.
ß. Sporen zweizeilig.
X Sporen mit je einer Endcilie: Ceriospora
Niessl.
XX Sporen ohne Cilien: LejosphaeveUa v. H.
Fragmente zur Mykologie. 579
Die Grundarten dieser Gattungen sind:
Anisostoniiila Cookeaiia (Awld.) v, H. (M. F. CGI).
Ceriospora Dnhyi Niessl (M. F. CCXXIX).
Lejosphaevella praeclara (Rehm) v. H.
Merrilliopeltis Calami P. Henn. (F. z. AI. 694).
Oxydotliis grisea Penz. et Sacc. (M. F. CCX).
Pemphidium nitidtmt Montagne (F. z. M. 694).
Physosporella Fragaviae (Krieg, et Rehm) v. H. (M. F:
CCIII).
Lejosphaerella v. H. n. G.
Sphaeriacee. Perithecien eingewachsen, kugelig, dünn-
braun- und weichhäutig, plectenchymatisch faserig bis un-
deutlich parenchyrnatisch. Ostiolum rundlich, flachkegelig,
wenig vortretend. Paraphysen zahlreich, langfädig, schleimig
verklebt. Schläuche spindelig-keulig, oben zylindrisch vor-
gezogen, abgestutzt und fast halbkugelig verdickt. Jod färbt
oben eine dünne Querplatte blau. Sporen zarthäutig, länglich-
spindelig, zweizeilig.
Grundart: Lejosphaerella praeclara (Rehm) v. H.
Syn.: DidyiiicUa praeclara Rehm 1906.
1169. Über Didymella sambucina Rehm.
Der in Ann. myc. 1907, V. Bd., p. 538 beschriebene Pilz
wächst auf entrindeten Zweigen des Traubenhollunders. Das
Original davon habe ich nicht gesehen, allein es ist mir nicht
zweifelhaft, daß ein von mir 1900 am Stuhleck in den
steirischen Alpen auf d6r gleichen Unterlage gefundener Pilz,
der mit Rehm's Beschreibung gut übereinstimmt, derselbe
Pilz ist.
Der auf dem etwas vergrauten Zweigholz wachsende
Pilz entwickelt sich unter den äußersten Faserschichten und
brechen die Perithecien einzeln, in kurzen Reihen oder kleinen
Gruppen mehr minder, oft fast ganz hervor. Sie sind kugelig,
meist 300 bis 350 [j, groß, mit der etwas vorgezogenen Basis
eingewachsen, glatt oder wenig rauh, kahl. Die Perithecien-
membran ist ringsum 40 bis 48 |jl dick, nur an der ein-
580 F. Hühnel,
gesenkten Basis dünner und besteht aus vielen Lagen von
abgeflachten, dunkelbraunen, 5 bis 8 [jl großen Zellen.
Der Basalteil der Perithecien ist blaß bräunlich. Um die
rundliche, flache, 40 \l breite Mündung ist die Membran auf
50 bis 60 |JL verdickt, wodurch ein ebenso langer Mündungs-
kanal zustande kommt. Dieser ist nun bemerkenswerterweise
innen mit vielen Reihen von schwarzen, oben kürzeren,
unten längeren und bis 30i;2'5[j. großen Borsten aus-
gekleidet, die oben nicht vorstehen. Die untersten dieser
Borsten sitzen an der Innenseite der Perithecienmembran
gegen den Rand hin und krümmen sich in die Mündung
hinein.
Derselbe ist nun keine Didymella, sondern eine sehr
bemerkenswerte Form, die in Bau und Beschaffenheit der
Perithecienmembran genau mit Ceratosphaeria übereinstimmt,
von dieser Gattung aber durch die dünnfädigen Paraphysen,
keuligen Schläuche und den Mangel eines Schnabels stark
abweicht. Überdies sind die Sporen stets zweizeilig und zeigt
sich die von Rehm ganz übersehene Eigentümlichkeit, daß
der Kanal der flachen Mündung dicht mit dünnen, schwarzen,
einzelligen Borsten ausgekleidet ist, die nicht vorstehen.
Scheinbar näher liegt die Verwandtschaft des Pilzes bei den
Amphisphaeriaceen, die allerdings noch näher geprüft werden
müssen. Doch kann der Pilz kaum als eine Amphisphaeria
de Not. mit hyalinen zweizeiligen Sporen betrachtet werden.
Für diese Formen fehlt noch eine Gattung, denn dieselben
wurden bisher in die Gattung Melanopsamma Niessl (Verh.
nat. Ver. Brunn 1876, XIV. Bd., p. 40 Sep.) gestellt. Niessl
hat diese Gattung für solche Melanommen (mit ganz ober-
flächlichen Perithecien) aufgestellt, die zweizeilige gefärbte oder
hyaline Sporen haben. Indessen hat er keine in die Gattung zu
stellende Grundart namhaft gemacht. Saccardo (Michelia
1878, 1. Bd., p. 347) hat diese Gattung ganz im Sinne
Niessl's aufgenommen und führt (so wie in der Syll. Fung.
1882, I. Bd., p. 575) Melanopsamma pomiformis (Pers.) als
Grundart an. Dieser Pilz ist aber nach dem Fragmente Nr. 1 165
in dieser Mitteilung eine Nectria. Daher entfällt die Gattung
Melanopsamma ganz.
Fragmente zur Mj'kologie. Ool
Mehrere Arten dieser bisherigen Gattung, wie M. anaxaea
(Speg.), recessa (C. et P.) und jedenfalls auch M. texensis (C.)
scheinen Ainphisphaeria-Avten mit hyalinen Sporen zu sein
und wurden zum Teile auch als solche ursprünglich be-
schrieben. Für derartige Formen stelle ich die neue Gattung
Amphisphaeriua auf.
Man sieht also, daß der in Rede stehende Pilz nichts
weniger als eine Didymella ist. Es ist kein Zweifel, daß
derselbe auf den entrindeten Zweigen nicht seinen normalen
Standort hat. Normal wird er sich jedenfalls unter dem
Periderm der Rinde entwickeln und durch dasselbe vor-
brechen. Solche abnormale Standortsformen sind sehr schwer
richtig einzureihen und wurde mir die wahre Verwandtschaft
des Pilzes erst klar, als ich mich erinnerte, auf Roßkastanien-
zweigrinde 1916 einen Pilz mit ganz ähnlichen, einge-
schlossenen Mündungskanalborsten gefunden zu haben. Es
ist dies die in Fragm. z. Myk. Nr. 1047, XX. Mitt., 1917
beschriebene Otthiella Aesciili v. H. Da bei dieser Form die
Mündungskanalborsten etwas vorragen, hielt ich sie für
gewöhnliche Peristomialborsten, wie sie z. B. bei Ventnria
auftreten. Das ist aber durchaus nicht der Fall, wie mir die
Durchsicht meiner Präparate zeigte. Auch bei der Otthiella
AesciiU sitzen die hier etwas größeren Borsten nur im
Mündungskanal und die untersten an der Innenseite der
Perithecienmembran am Rande.
Es ist, wie der Vergleich zeigte, kein Zweifel, daß diese
zwei Pilze nahe miteinander verwandt sind und in dieselbe
Gattung gehören. Diese Gattung habe ich bei der Otthiella
Aesculi nicht aufgestellt. Da nun aber eine zweite hierher-
gehörige Form bekannt ist, halte ich es für nötig es zu tun.
Obwohl bei beiden Formen ein deutliches Hypostroma fehlt,
stelle ich dieselben doch zu den Cucurbitarieen, da viele
•dieser auch kein ausgesprochenes Hypostroma aufweisen und
die stark hervorbrechenden Perithecien auf die Curcubitariaceen-
Natur derselben hinweisen.
Ich nenne diese neue Gattung Keissleriella nach dem
bekannten Mykologen Dr. Karl v. K ei ssler, Kustos am
Wiener Hofm.useum.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 128 Bd. 41
582 F. Höhnel,
Keissleriella v. H. n. G.
Cucurbitariaceen. Wie Otthiella, Hypostroma aber kaum
vorhanden. Mündung flach, Mündungskanal mit vielen Reihen
von schwarzen Borsten, die wenig oder nicht vorragen, aus-
gekleidet und deren unterste am Rande der Innenseite der
Perithecienmembran sitzen.
Grundart: Keissleriella Aesculi v. H.
Syn.: Otthiella Aesculi v. H. 1917.
Zweite Art: Keissleriella sambucina (Rehm) v. H.
Syn.: Didytiiclla sainhttcina Rehm 1907.
Noch bemerke ich, daß diese Gattung als Amphi-
sphaeriacee trotz der Ähnlichkeit der Holzform mit einer
solchen nicht aufgefaßt werden kann. Übrigens muß diese
Familie noch näher geprüft werden.
1170. Über Kalmusia Lactucae Rehm.
Der in Annal. myc. 1909, VII. Bd., p. 528 beschriebene
Pilz hat nach dem Urstücke in Rehm, Ascom. exs. Nr. 1865
keine Spur eines Stromas, doch verschmelzen öfter 2 bis 3
Perithccien miteinander. Der Pilz ist nichts anderes als
Leptosphaeria Galioriim Sacc. (non Roberge) in Atti Soc.
Ven.-Trent. sc. nat. Padova 1873, II. Bd., p. 104.
Er stimmt voUkomnien mit den Angaben und Bildern in
Berlese, Icon. Fung. 1894, I. Bd., p. 66, Taf. 52, Fig. 2
und 3 überein und wurde bisher auf Stengeln von Galmm,
Gentiana, Cirsinm, Senecio, Lampsana und Veronica beob-
achtet.
Derselbe ist keine echte Leptosphaeria de Not., sondern
eine Nodtilosphaeria Rbh. und hat N. Galionim (Sacc.)
V. H. f. Lactucae R. zu heißen (siehe Ber. deutsch, bot. Ges.
1918, 36. Bd., p. 135).
1171. Haplovalsaria v. H. n. G.
Sphaeriaceae. Perithecien rundlich, eingesenkt, fleischig-
häutig, schwarz, oben mit hellem Diskus, der von dem
Fragmente zur .MyUoIogie. 58o
zylindrischen Halse durchsetzt ist. Mit Periphysen und steif-
fädigen Paraphysen. Schläuche keulig, lang gestielt, acht-
sporig, ohne Jodfärbung. Sporen mehrreihig, braun, zwei-
zeilig.
Scheint mir mit Valsaria verwandt, aber mit einem
einfrüchtigen Stroma, das nur als Diskus entwickelt ist. Hat
mit Didyniosphaeria und den verwandten Gattungen nichts
zu tun.
Haplovalsaria simplex v. H. n. sp.
Perithecien in dichten Herden, einige Zellschichten unter
der Epidermis eingewachsen, kugelig, 400 bis 450 [x groß,
mit brauner, fleischig-häutiger, 16 bis 20 |j. dicker, aus vielen
Lagen von stark zusammengepreßten dünnwandigen Zellen
bestehender Membran, oben mit einem zylindrischen 80 bis
100 [x dicken, 140 bis 180 [j. langen schwarzen Hals mit
30 bis 40 [X weitem Kanal, der mit kurzen Periphysen aus-
gekleidet ist und einen 200 [x breiten weißlichen, paren-
chymatischen zylindrischen Diskus durchsetzt, aber nicht
vorragt. Ostiolum als schwarzer Punkt auf weißer Scheibe
erscheinend. Nährhyphen im Parenchym reichlich, hyalin.
Paraphysen reichlich, l"6[x dick, steiffädig, einfach, lang,
schleimig verbunden. Schläuche spindelig-keulig, mäßig dünn-
wandig, oben verschmälert abgerundet, kaum verdickt, unten
in einen 1 bis 2 ;x dicken, 30 bis 140 [J. langen Stiel ver-
schmälert, ohne Jodfärbung, 85 bis 190^ 11 bis 12 jx groß.
Sporenführender Teil 50 [x lang. Sporen zu acht, mehrreihig,
dunkelbraun, etwas durchscheinend, länglich, an den Enden
verschmälert abgerundet, zweizeilig, an der Querwand wenig
eingeschnürt, 14 bis 16i=;5"5 bis 6.
An einem Zweig- oder Stengelstück, bei Buitenzorg, Java,
1907 von mir gesammelt.
Ist eine bemerkenswerte Form, die herkömmlich als
Didymosphaeria gelten würde, aber damit nichts zu tun hat.
Der deutliche weiße Diskus ist offenbar ein Stroma, das nur
um den Hals herum entwickelt ist. Die Perithecien wölben
die Epidermis fast halbkugelig vor und erscheint oben der
Diskus mit der schwarzen flachen Mündung.
584 F. Höhnel,
Didyniosphaeria im heutigen Umfange ist eine Misch-
gattung mit Formen mit und ohne Paraphysen und Clypeus,
mit zylindrischen und keuligen Schläuchen mit und ohne
Jodfärbung und sehr verschieden großen. Sporen.
1172. Clypeoporthe n. G. v. H.
Diaportheen. Ohne Stroma und Saumlinie. Perithecien-
membran und Nucleus wie bei Diaporthe. Oben mit Epidermal-
clj^peus, der in der Mitte knopfartig oder kegelig vorbricht
und vom Mündungskanal durchsetzt ist.
Clypeoporthe monocarpa v. H.
l^erithecien einzeln stehend oder zu 2 bis 3 gereiht, tief
eingewachsen, kugelig, 600 bis 700 [j, groß, weich- und dünn-
häutig, mit violettgraubrauner, undeutlich zartzelliger Membran,
oben mit einem kleinen 80 ;x dicken Epidermalclj^peus, der
in der Mitte knopfig oder kegelig verdickt ist und vorbricht.
Knopf 200 [A hoch oder wenn kegelig höher, 360 |i breit.
Mündungskanal 360 [j, lang, 30 ;j. breit. Gewebe des Knopfes
(Kegels) hartknorpelig, dicht ziemlich senkrecht plectenchy-
matisch, aus 2 bis 3 [x breiten dickwandigen Hyphen be-
stehend. Paraphysen fehlend. Schläuche spindelförmig, zart-
häutig, oben verschmälert abgerundet, unten spitz, 60 bis
70 5=; 9 bis 12 [x, ohne Jodreaktion. Sporen zweireihig zu acht,
zylindrisch-spindelförmig mit verschmälert abgerundeten stumpf-
lichen Enden, zarthäutig, mit sehr zarter Querwand, daselbst
nicht eingeschnürt, gerade oder schwach gekrümmt, mit
körnig-wolkigem Inhalte oder vier Plasmatropfen, 20 bis
29 ^ 3 bis 5 [i.
An den Halmen eines größeren Süßgrases, botanischer
Garten Buitenzorg, Java 1907 von mir gesammelt.
Ist eine eigenartige Form, die den Eindruck einer Choro-
statc mit nur einem Perithecium im Stroma macht. Der
Clypeus jedoch und das Fehlen einer Saumlinie zeigen, daß
es sich um eine eigene neue Gattung handelt.
In diese gehört gewiß auch Diaporthe (Etipovthe) Bainhtisae
Patouill. 1897 (Syll. Fg., XIV., 517), welche aber kleinere
Fragmente zur Mykologie. OöO
Perithecien (350 ^ 2öO u.) und größere zylindrische Schläuche
(130^ 10 (x) hat. Hat ClypeoportliL' Bambusae (Pat.) v. H.
zu heißen.
Die fünf noch auf Süßgräsern beschriebenen Diaporthe-
Arten, die alle als Enporthe gelten: D. zeina Speg., Sacchari
Speg., vadicina Ell. et Ev., incongrua E. et Ev. und
Keller inanniana E. et Ev. sind ganz andere Pilze.
Diaporthe Maydis (Berk.) EUis et Everh. (North Ann.
Pyren. 18')2, p. 452) ist ungenügend bekannt, könnte aber
eine Clypeopo^the sein.
1173. Über Sphaeria palustris Berkeley et Broome.
Der 1852 in Ann. Magaz. nat. bist. IX. Ser., II. Bd.,
p. 383 beschriebene, Taf. XII, Fig. 39 abgebildete Pilz ist in
der Syll. Fg. 1882, I. Bd., p. 708 in die Gattung Didymo-
sphaeria gestellt und von Rehm (Ann. myc. 1906, IV. Bd.,
p. 270) zu Massaviopsis Niessl im Sinne Rehm's.
Allein, wie schon Berkeley und Broome angaben,
haben die Sporen an jedem Ende ein hyalines Anhängsel.
Wie mir das Urstück des Pilzes in Rabenhorst, Fg. europ^
Nr. 1936 zeigte, sind die 450 (x großen kugeligen Perithecien
im Blattparenchym eingewachsen und haben eine 16 \x dicke
Membran, die aus mehreren Lagen von stark zusammen-
gepreßten dunkelbraunen, dünnwandigen, etwa 8 p- breiten
Parenchymzellen besteht. Das Ostiolum ist kurz-papillenförmig-
Paraphysen lang, zahlreich, zarthäutig, dünn bis bandförmig^
2 bis 4 ;x breit. Schläuche meist zylindrisch, kurzgestielt,
oben abgerundet und stark verdickt. Jod färbt an der Innen-
seite der Verdickung eine dicke, 4 \x breite Platte stark blau.
Die acht Sporen stehen meist einreihig, selten anderthalbreihig,
sind zweizeilig, schön braun, länglich-spindelig, an der Quer-
wand deutlich eingeschnürt, gerade, an den Enden abgerundet
stumpf und 16 bis 22 ^ 7 jx groß. Sie sind mit einer meist
kaum sichtbaren dünnen Schleimhülle überzogen, die an den
Enden in je einen spitzkegeligen, oft gebogenen, 3 [x breiten,
8 bis 12 [x langen festen Schleimfortsatz ausgezogen ist,
samt welchen sie 40 bis 44 [x lang sind. Demnach ist der
Pilz keine Heptaineria, wie man vermuten könnte, sondern
586 F. Höhnel,
eine neue Gattung, die ich Ceriophora nenne und die bis
auf weiteres als Massariopsis N.-Rehm mit geschwänzten
Sporen beschrieben werden kann.
1174. Über Diatrypeopsis laccata Spegazzini.
Der 1886 beschriebene Pilz, die einzige Art der Gattung,
ist im südlichen Südamerika sehr häufig. Spegazzini hält
ihn für mit Hypoxyloii und Diatrype verwandt und von diesen
Gattungen durch die h^^alinen Sporen geschieden.
Theissen hat in Ann. mycol. 1908, VI. Bd., p. 91 den
Pilz ausführlich behandelt. Er hält ihn für eine nur wenig
abweichende Nnmmiilaria und erklärt ihn für gleich Kuutmn-
laria piinctiilata (B. et Rav.) Sacc. und wahrscheinlich auch
Hypoxylon stygiuni (Lev.) Sacc.
Allein diese seine Angaben sind alle unrichtig. Er hat
gerade die wichtige und wie man leicht feststellen kann,
ganz richtige Angabe Spegazzini 's, daß Paraphysen völlig
fehlen, nicht in Betracht gezogen.
Nun aber haben alle echten Nmnmularia- Arien, ins-
besondere auch die Grundart, A^. nininiiiilarmin (Bull.)
Keissler in Crypt. exs. Vind. Nr. 516, gleich A^. Bnlliardii
Tul., lange fadenförmige, freie oder schleimig verklebte Para-
physen. Dazu kommt noch ein weiterer Umstand. Die
Schläuche der echten Nmnintilaria- Arien sind oben ausnahms-
los nur wenig verdickt und färbt sich mit Jod eine dünnere
oder dickere Querplatte an der Innenseite dieser Verdickung
schön blau. Wenn die Schläuche kleiner sind, wie bei
A^. repanda (Fr.), ist diese blaue Querplatte sehr dünn und
leicht zu übersehen, bei K. nniuuinlqrinni (Bull.), discreta
(Schw.) und rcpandoides Fuck. ist sie ziemlich dick, am
stärksten bei letzterer Art und stets leicht zu sehen.
Die Schläuche der Diatrypeopsis sind hingegen oben
stark, halbkugelig verdickt und färbt sich mit Jod in dieser
Verdickung ein 2-5 bis 2-8 [jl großer kugeliger Teil sehr
auffallend dunkelblau.
Schon diese Tatsachen zeigen, daß es sich nicht um
eine Xiuuiiudaria handeln kann.
Fragmente zur Mykologie. 587
Ntminmlaria pnncHilata (Berk. et Rav.) Sacc. ist bisher
mit Sicherheit nur in Nordamerika und nur auf Eichen-
rinden gefunden worden. Die Strömen verlaufen am Umfange
nicht ganz allmählich, sondern sind gut, oft sogar erhaben
berandet. Die Oberfläche derselben ist zwar glatt, aber nicht
glänzend. Die ganz flachen Mündungen der Perithecien gleichen
kleinen, scharf begrenzten Nadelstichen. Wie mir der Vergleich
der Diatrypeopsis mit den Stücken von Ntmminlaria ptuictiiJata
in Ellis, F. Nova-Caesarensis Nr. 75 und Thümen, Mycoth.
Univ. Nr. 658 zeigte, sind diese Pilze schon äußerlich als
völlig verschieden zu erkennen. Die auffallende Tatsache, daß
die Angaben über die Schläuche und Sporen beider Arten
gut miteinander übereinstimmen, erklärt sich daraus, daß die
A^ pimctulata bisher noch nie gut ausgereift gefunden wurde
und sich die unreifen Schläuche wahrscheinlich aller
A' lunimilaria- Arien ganz ähnlich verhalten, wie die reifen der
Diatrypeopsis. Noch sei bemerkt, daß K. ptmctiilata faden-
förmige Paraphysen hat; siehe Ellis und Everhart, North-
Am. Pyrenomyc. 1892, p. 627.
Was Hypoxylou stygimn (Lev.) Sacc. anlangt, so kenne
ich von dieser Art nur die Beschreibung Leveilles in Ann.
scienc. nat. 1846, 3. S., V. Bd., p. 258. Hier heißt es, daß
die Strömen schwarz, ausgebreitet abgeflacht sind. Daß sie
glänzend sind, wird nicht gesagt. Die Perithecien sollen kugelig
sein und ein papillenförmiges Ostiolum haben, das glänzend
ist und in einer leicht vertieften Kreisfläche sitzt. Die Sporen
sollen einzellig, eiförmig und durchscheinend sein. Sie sind
offenbar gefärbt, wie schon daraus hervorgeht, daß Leveille
den Pilz zwischen zwei sicheren Hypoxylon- Arier\ anführt.
Diese Angaben stimmen durchaus nicht zur Diatrypeopsis,
daher Theissen's \'ermutung, daß Hypoxylon styginiu ein
Synonym derselben ist, gewiß falsch ist.
Um diese drei Punkte zu erledigen, habe ich im vor-
stehenden stillschweigend mit Spegazzini, Berlese (Icon.
Fung. 1902, III. Bd., p. 120, Taf. 162) und Theissen an-
genommen, daß Diatrypeopsis laccata ein im Sinne der
Beschreibung wirklich bestehender einfacher Pilz ist. Das ist
aber nicht der Fall.
588 F. Höhnel,
Diatrypeopsis laccata Speg. ist vielmehr ein bisher, wie
es scheint, stets nur im überreifen und entleerten Zustande
gefundener Pilz, vermutlich eine Ntuninnlaria, in deren leeren
Perithecien ein bis auf weiteres als Sphaeriacee zu betrach-
tender Kernpilz lebt, mit den beschriebenen Schläuchen.
Bricht man ein brauchbares Stück von Diatrypeopsis
quer durch, so bemerkt man an der Querbruchfläche, daß
die meisten Perithecien ganz leer sind. Einzelne Perithecien
werden jedoch ganz von einem sehr zarthäutigen, sack-
förmigen, blassen oder bräunlichen, etwa 500 [x hohen und
340 [X breiten Perithecium ausgefüllt, das oben einen meist
verbogenen bis 300 [j. langen, unten 120 [x, oben 80 (x dicken
Schnabel besitzt, der den Mündungskanal der entleerten
Perithecien der vermutlichen Nummularia ausfüllt. Diese zart-
häutigen Perithecien sind es allein, in welchen sich die
beschriebenen Schläuche befinden, die sie ganz ausfüllen.
Solche in anderen, bereits ganz entleerten, oder noch
lebenden Pykniden oder Perithecien schmarotzende Kernpilze
gibt es mehrere.
So die Passerinnla Candida Sacc. (Syll. F., II. Bd.,
p. 537) in Tliyvidimn und Valsaria; Laaseomyces micro-
scopictis Ruh 1 and in Diplodia (Verh. bot. V. Brandbg. 1900,
41. Bd., p. 83); Nectriella biparasitica (v. H.) Weese (Ann.
myc. 1903, I. Bd., p. 395) in Evitypa ßavovirescens; Didyuio-
sphaeria conoidea Niessl-v. H. in Leptospliaeria Doliohim
(Ann. myc. 1905, III. Bd., p. 551); Didymosphaeria Eutypae
Sureya (Bull. soc. myc. 1911, 27. Bd., p. 220) in Entypa
lata; Debaryella hyalina v. H. (Ann. myc. 1904, II. Bd., p. 274)
in Etitypa scabrosa; Cryptonectriopsis biparasitica v. H. (Ann.
myc. 1918, XVI. Bd., p. 136) in Leptospliaeria doliolioides.
Der in der Diatrypeopsis auftretende .Schmarotzer kann
natürlich auch vollständig fehlen; so in einem von mir 1899
bei Theresiopolis bei Rio gesammelten Stücke.
Der Schmarotzer stellt eine eigene Gattung dar, die ich
zu den Sphaeriaceen stelle, da das Gehäuse oben und der
untere Teil des Schnabels deutlich zart bräunlich paren-
chymatisch gebaut sind.
Fragmente zur Mykologie.
589
Xenothecimn n. G. Sphaeriacee. Gehäuse, alte Perithecien
ausfüllend, dünnwandig, weichhäutig, oben mehr minder lang
geschnäbelt, deutlich braun-parench^-matisch, unten blaß, ohne
deutliche Struktur. Schläuche zahlreich, zylindrisch, sitzend
oder kurzgestielt, sehr zarthäutig oben halbkugelig verdickt,
in der Verdickung eine kugelige, verhältnismäßig große Partie
mit Jod sich auffallend dunkelblau färbend. Sporen zu acht,
einreihig, einzellig, hyalin oder fast so, oft mit zwei Öltropfen,
länglich, sehr lang im Schlauche bleibend, wie es scheint
erst durch Zerfall desselben frei werdend. Paraphysen fehlend.
Grundart: Xenothecium jodophilum v. H.
Die Verwandtschaft des eigenartigen Pilzes ist noch
unklar.
1175, Über die Gattung Graphyllium Clements.
Von dieser 1901 aufgestellten Gattung (Syll. Fung.,
XVI. Bd., p. 1145) kenne ich die Grundart Graphyllhim Chloes
Gl. (1. c, XVII. Bd., p. 913) nicht, es ist aber sicher, daß
Graphyllium dacotense Rehm (Ann. mycol. 1915, XIII. Bd.,
p. 3) der Grundart ganz nahe steht. Da ersteres im Original
in Rehm, Ascom. exs. Nr. 2131 ausgegeben ist, konnte ich
es prüfen.
Graphylliiun wird von Clements (Genera of Fungi 1909,
p. 57) zu den Hysteriaceen gestellt und soll sich von
Hysterograpliium durch die häutigen Fruchtkörper unter-
scheiden, während Rehm wieder eine Verwandtschaft mit
Lophodermmm vermutet.
Die Untersuchung des Originals von Gr. dacotense hat
mir gezeigt, daß dieses nichts anderes als eine sehr stark
in die Länge gestreckte Pleosporee, die weit hervorbricht, ist.
Die Perithecien sind durchaus nicht immer linienförmig,
sondern häufig nur länglich. Auch wenn sie langgestreckt
sind, reißen sie oben nicht mit einem Längsspalt auf, sondern
öffnen sich nur mit einem rundlichen kleinen Ostiolum. An
Ouetschpräparaten sieht man allerdings auch öfter LängsrifTe,
allein diese sind Kunstprodukte. Nie sieht man natürliche
590 F. Höhnel,
Öffniingsrisse. Die Schläuche gleichen vollkommen denen der
echten Pleosporeen- Arten. Paraphysen sind reichlich vorhanden,
stark verschleimend und etwas verworren. Infolge der starken
Streckung der Perithecien stehen die Zellen der 15 bis 30 [x
dicken Membran auf den Längsseiten derselben in senkrecht
parallelen Reihen, die oben in einem etwas heller gefärbten
20 bis 35 [x breiten Längsstreifen zusammentreffen. In diesem
Längsstreifen findet man manchmal ein kleines rundes schlecht
entwickeltes Ostiolum. In der Regel fehlt ein solches jedoch.
Dadurch nähert sich der Pilz den Pseudosphaeriaceen. Da
indes sehr zahlreiche Schläuche und Paraphysen vorhanden
sind, betrachte ich ihn als Sphaeriacee. Die Sporen sind
etwas flachgedrückt. Auf der Schmalseite zeigen sie nur
drei Querwände, zu welchen auf der Breitseite noch eine
Längswand hinzutritt. Daher ist der Pilz eine mehr minder
langgestreckte, stark hervorbrechende Clatlirospora Raben-
horst 1857 (Hedwigia, I. Bd., p. 116), mit wenig entwickeltem
oder fehlendem Ostiolum.
Ob Graphyllmm Chloes eine Form von Clatlirospora
oder Pleospora ist, läßt sich nach der Beschreibung nicht
sagen.
Noch sei bemerkt, daß auch dann, wenn diese Pilze
mit einem Längsspalt aufreißen würden, sie doch weder mit
LopJioderminm noch mit Hysterographiinu verwandt wären,
da diese ganz anders gebaut sind.
1176. Über Dothidea Visci Kalchb rennen
Von diesem Pilze kenne ich nur die kurze Beschreibung
in Hedwigia 1869, VIII. Bd., p. 117. Es ist aber nicht zweifel-
haft, daß ein von \W. Krieger 1876 an dürren Mistelzweigen
bei Königstein a. d. Elbe gefundener Pilz damit identisch ist.
Die Untersuchung desselben zeigte mir nun, daß es eine
Botryosphaeria mit braunen Sporen ist und daher in die
Gattung Phaeobotryon Th. et Syd. (Ann. myc. 1915, XIII. Bd.,
p. 664) gehört.
Phaeobotryon stelle ich so wie Botryosphaeria zu den
Dothideaceen und nicht zu den Pseudosphaeriaceen.
Fragmente zur Mykologie. 591
Die Dothithecien von Phaeobofryon Visci (Kalchbr.) v. H.
bedecken die Mistelzweige ringsum dicht, fast rasig. Sie
stehen einzehi oder zu wenigen mehr minder verschmolzen,
häutig auch in verschieden gerichteten Reihen, sind' kohlig,
rundlich, etwa 400 bis 500 [j, groß.
Sie entwickeln sich der Hauptsache nach in der Epidermis,
sind unten abgerundet, oben flach und mit der dicken
Epidermisaußenwand verwachsen. Diese zerreißt über den
Dothithecien und treten letztere mit dem Scheitel etwas hervor.
Die Wandung der Dothithecien ist oben diskusartig ent-
wickelt und bis 200 (x dick. Dieser Diskus ist von einem
80 [X weiten Kanal ohne eigene Wandung durchsetzt, der
anfänglich mit blassem Parenchym ausgefüllt ist.
Unten und seitlich ist die Wandung 80 bis 120 \i. dick.
Die äußere 40 bis 50 |j. dicke Schichte derselben ist opak,
die innere 40 bis 80 [j. dicke deutlich zellig. Das Gewebe ist
violett-kohlig und besteht aus dünnwandigen, offenen, leeren,
mehr minder deutlich senkrecht gereihten, 8 bis 20 [j. großen
Zellen. Der Dothithecien-Nucleus besteht aus hyalinen, 3 bis
5 [j, breiten, senkrecht parallel verwachsenen Hyphen mit
12 bis 16 [JL großen Gliedern. In diesem Gewebe sind die
zahlreichen bis 240^30 bis 36 [x großen Schläuche, die sich
mit Jod nicht färben, eingelagert. Diese sind zylindrisch-
keulig, oben abgerundet, nicht gestielt und haben eine sehr
gleichmäßig 3 bis 4 \x. dicke Wandung.
Die 5 bis 8 Sporen stehen 1- bis IVo-reihig, sind
schmutzig dunkelviolett, elliptisch bis fast zitronenförmig»
einzellig und 28 bis 36:^ 16 bis 20 [x groß.
Es ist sicher, daß Fuckel's Angabe falsch ist, daß
Ceuthospora Visci (A. et C.) Sollmann eine Nebenfrucht
von Gibheridea Visci Fuck. (Sym'b. mycol. 1869, p. 169) ist,
denn die Untersuchung der Cetithospora zeigte mir, daß sie
dothidealer Natur ist. Die Fruchtkörper derselben entwickeln
sich in der Epidermis und sind oben mit einem etwa 100 [jl
dicken Diskus mit der Epidermisaußenwand verwachsen.
Dieser Diskus ist von einem 60 bis 70 jx weiten Kanal
durchsetzt, der anfänglich mit einem kleinzelligen hyalinen
592 r. Höhne:,
Parenchym ausgefüllt ist. Die Lokulus-Wandung ist unten
und seitlich etwa 25 [jl dick.
Der Pilz ist keine Sphaerioidee, sondern eine dothideale
Nebenfruchtform. Er kann daher nicht als Sphaeropsis im
Sinne der Handbücher aufgefaßt werden.
Wenn man aber die Gattung Sphaeropsis im Sinne von
Saccardo in Michelia 1880, II. Bd., p. 105 nimmt, wo
Sphaeropsis Visci die Grundart der Gattung ist, dann müssen
die übrigen Sphaeropsis- Arien in eine neue Formgattung
gestellt Werden, soweit es einfache Sphaerioideen sind, die
zu Sphaeriaceen als Nebenfrüchte gehören.
Mir ist es nicht zweifelhaft, daß Sphaeropsis Visci (A.
et S.) Sacc. die Nebenfrucht von Phaeohotryon Visci
(Kalchbr.) v. H. ist.
Sphaeropsis Saccardo 1880 (non Syll. Fung.) ist am
nächsten mit DothiorelJa Sacc. verwandt.
Die Gattung Phaeohotryosphaeria Spegazz. 1908 (Syll.
F., XXII. Bd., p. 120) ist vermutlich identisch mit Phaeohotryon
Th. et S. 1915.
1177. Über Otthia Symphoricarpi (Ellis et E verhart).
Dieser Pilz ist der Gegenstand einer bemerkenswerten
Verwirrung. Derselbe wurde zuerst in Proc. Acad. nat. science,
Philadelphia 1890 bis 1891, p. 249 als Plowrighlia symphori-
carpi E. et Ev. beschrieben, dann aber 1892 in Ellis und
Everhart, North-Am. Pyrenomycetes p. 249 zu Otthia
gestellt. Da die Autoren dem Pilze zweizeilige gelbbraune
Sporen zuschreiben, ist kein Zweifel, welchen Pilz sie meinen,
und daß die in Rehm, Ascom. exs. Nr. 2040 als Psendotthia
Symphoricarpi Rehm und in Brenckle, F. dacotenses Nr. 98
als Otthia ausgegebenen Pilze mit dem identisch sind, den
Ellis und Everhart meinen.
Andrerseits ist es aber sicher, daß das von mir nicht
gesehene Originalexemplar in Ellis a. Everhart, N. Am. F.,
Nr. 2374, das als Plovvrightia Symphoricarpi bezeichnet ist,
ein anderer Pilz sein muß, denn dieser Pilz wurde von
Theissen und Sydow (Ann. mycol. 1915, XIII. Bd., p. 327)
Fragmente zur Mykologie. Oc^o
untersucht und für eine echte Valsaria erklärt. Diese Autoren
sagen, daß die Perithecien tief im Stroma eingesenkt sind
und einen sehr langen Periphysen führenden Hals haben. Da
sie die Sporen dieses Pilzes, entsprechend den Angaben von
Ellis und Everhart für braun und zweizeilig hielten, stellten
sie den Pilz zu Valsaria.
Dieser Pilz hat aber vierzellige, bleibend hyaline Sporen
und ist völlig verschieden von jenem, dessen Schläuche und
Sporen Ellis und Everhart 1891 beschrieben. Diese haben
daher zwei auf derselben Nährpflanze (Symphoricarptis
occidetitaJis) auftretende, einander äußerlich nicht ganz un-
ähnliche Pilze für eine und dieselbe Art gehalten. Ihre
Beschreibung ist ein Gemenge der Merkmale beider Pilze.
Daß ihnen dies geschehen sein muß, hat schon Rehm
^Annal. mycol. 1913, XI. Bd., p. 169) bemerkt, ohne indessen
völlige Aufklärung zu bringen. Es ist kein Zweifel, daß der
in Rehm, Ascom. exs, Nr. 1974 als Plowrightia Symplioricarpi
E. et Ev. ausgegebene Pilz mit dem in Ellis a. Everh.,
N. Am. F., Nr. 2374 identisch ist.
Die Untersuchung dieser zwei Pilze ergab folgendes:
1. Der als Pseiidotthia Svtnphoricarpi Rehm beschriebene
xmd ausgegebene Pilz ist eine ausgesprochene Eumonta-
gnellee mit Paraphysen, zweizeiligen braunen Sporen und einem
deutlichen Hypostroma. Er unterscheidet sich von Pyreno-
botrys Th. et S. (Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 179 und 629)
durch das deutliche Hypostroma, von Crotone Th. et Syd.
(1. c, p. 179 und 629) durch die regelmäßig rasigen Dothi-
thecien und das Vorhandensein deutlicher fädiger Paraphysen.
Ich stelle für den Pilz die neue Gattung Dothidotthia
V. H. auf.
Dothidotthia v. H. n. G. Eumontagnellee. Dothithecien
rasig hervorbrechend, einem gut entwickelten aus mehr minder
deutlich senkrecht verlaufenden Hyphen- und Zellsträngen be-
stehenden Hypostroma aufsitzend, rundlich; Ostiolum dothideal,
unregelmäßig. Paraphysen fädig. Schläuche keulig, achtsporig;
-Sporen braun, zweizeilig.
594 F. Höhnel,
Grundart: Dothidotthia Symphoricarpi (Rehm) v. H.
Syn.: Pscudollhia Symphoricarpi Rehm 1913.
Otthia Syinphoricarpi E. et Ev. in Brenckle, F. dakot. Nr. 98.
Das 500 ji dicke Hypostroma besteht aus dünnwandigenr
bis 16 [X großen licht gefärbten, offenen Parenchymzellen und
5 bis 8 [1 breiten Hyphen. Beide bilden senkrecht stehende
Streben, auf denen die fast kugeligen, 300 |x breiten Dothi-
thecien sitzen. In der 200 [i dicken Basalschichte des Hypo-
stromas, das dem Holzkörper aufsitzt, ist das Gewebe locker
schwammig plectenchymatisch, mit mehr horizontal vei'-
laufenden Hyphen und ohne Parenchym. Die Membran der
Dothithecien ist gleichmäßig etwa 30 |jl dick und besteht aus
5 bis 6 Lagen von 8 bis \Q> \h großen Zellen mit schwarzer
Mittellamelle und sehr starker hyaliner Verdickungsschichte.
Das Ostiolum ist klein, unregelmäßig, spaltig-rissig.
2. Der in Rehm, Ascom. exs. Nr. 1974 Plowrightia
SympJioricatyi, in Ann, myc. 1915, XIII. Bd., p. 327 Valsaria
Symphoricarpi (E. et Ev.) Th. et Syd. genannte Pilz hat
bleibend hyaline Sporen. Die kleineren derselben sind zwei-
zeilig, die an Zahl weit überwiegenden größeren, bis 2b ^ ~
bis 9 \x großen Sporen sind vierzellig. Die zwei mittleren
.Zellen sind mit 4 [i viel kürzer als die Endzellen. Die Sporen
sind elliptisch -länglich und liegen in den zylindrischen
Schläuchen einreihig. Die Paraphysen sind sehr zahlreich
und langfädig. Der kürzere oder längere dicke Schnabel der
Perithecien zeigt Periphysen und ist schwarz und derb-
wand ig.
Die Perithecienmembran ist dünn, weich, blaßbraun, an
der Basis unregelmäßig parenchymatisch, aber seitlich mehr
weniger deutlich senkrecht parallelfaserig.
Die Perithecien sitzen in einem länglichen, flachpolstrigen
Stroma. Dieses sitzt unten dem Holzkörper auf und ist hier
oft kaum entwickelt, blaß und weich. Nur oben ist dasselbe
schwarzbraun, aber auch hier wenigstens stellenweise locker
und schwammig.
Man sieht, daß der Pilz eigenartig gebaut ist. Man
könnte ihn in die Gattung Calospora stellen. Allein die
Fragmente zur Mykologie. 595
Gattung Calospora Nitschke (in Fuckel Symb. mycol. 1869,
p. 190) ist niemals beschrieben worden und ihre Grundart
ist eine Diaportlte, wie ich feststellte. Calospora Saccardo
1883 (Syll. Fung., II. Bd., p. 231) hat als Grundart eine
Diaporthe mit deutlich vierzeliigen Sporen.
Daher hat Schröter 1897 in Pilze Schlesiens, IL Bd.,
p. 442 mit Recht den Namen Calospora ganz fallen gelassen
und die Gattung Calosporella aufgestellt. Darunter sind
Diaporthe-Arten mit deutHch vierzeliigen Sporen zu ver-
stehen.
Schröter sagt zwar bei seiner Gattung, daß Paraphysen
vorhanden sind, allein diese Angabe kann sich nur auf die
Pseudoparaphysen beziehen, die bei Diaporthe meist vor-
kommen.
Die Verwandtschaft des in Rede stehenden Pilzes liegt
in der Tat ganz wo anders, nämlich bei der Sphaeria
corticola Fuckel rr Sph. cinerea Fuckel (Symb. myc. 1869,
p. 114). Dieser auffallende Pilz ist im wesentlichen nur durch
den Mangel eines Stromas verschieden. Bei ihm ist die
Perithecienmembran sehr schön senkrecht, dünn parallel-
faserig gebaut. Ich habe für denselben die Gattung Gripho-
sphaeria (Ann. myc. 1918) aufgestellt. Der behandelte Pilz
ist eine stromatische GripJtosphaeria. Ich stelle daher für
denselben die neue Gattung Griphosphaerioma v. H. auf.
Gripliosphaerioma n. G. Sphaeriaceae. Stroma diatrypoid,
hervorbrechend. Perithecien mit Hals. Perithecienmembran
dünn, seitlich mehr minder deutlich senkrecht parallelfaserig
gebaut. Paraphysen fädig, lang. Schläuche achtsporig, zylindrisch.
Sporen einreihig, hyalin, länglich, zweizeilig oder mit einigen
Querwänden. Ist eine stromatische Griphosphaeria.
Grundart: Griphosphaerioma Symphoricarpi (Rehm) v. H.
Syn. : Plowrightia Symphoricarpi Ell. et Ev. N. Ann. F. Nr. 2374.
Plowrightia Symphoricarpi Rehm, Ascom. exs. Nr. 1974.
Valsaria Symphoricarpi (E. et Ev.) Theiss. et Syd.
1915. Der Autorname Ellis et Everhart kann nicht an-
gewendet werden, wie aus dem oben Gesagten hervorgeht.
596 F. Höhnel,
Der in Brenckle, Fg. dakotenses Nr. 100 als Zignoella
Morthieri (Fuck.) Sacc. ausgegebene Pilz ist falsch bestimmt
und ist Griphosphaevioina Symphoricarpi (Rehm) v. H.
(= Plowrightia Symplioricarpi in Ell. et Ev., N. Am. Fg.,
Nr. 2374 und Rehm, Ascom. exs. Nr. 1974).
1178. Über Karschia Araucariae Rehm.
Der Pilz ist in Hedvvigia 1900, 39. Bd., p. 84 beschrieben.
Wie das sichere Stück in Theissen, Dec. Fung. brasil.
Nr. 136 zeigt, wächst derselbe als Schmarotzer auf den
lebenden Nadeln. Schon dieser Umstand hätte zeigen können,
daß es keine Karschia-Avt ist, denn diese treten niemals als
Blattschmarotzer auf. Da Rehm's Beschreibung daher auf
einer nicht näher geprüften falschen Voraussetzung beruht,
ist sie in fast allen ihren Teilen falsch. Die Untersuchung
zeigte mir, daß es sich um eine mit Blasdalea S. et Syd.
verwandte Munkiellee handelt. Bei dieser Gelegenheit seien
auch die äußerlich sehr ähnlichen Gattungen Dielsiella und
Cycloschizon besprochen.
Die Dielsiella Pritzelii habe ich in Fragm. z. Myk. Nr. 634
(Xll. Mitt., 1910) beschrieben. Eine zweite Beschreibung findet
sich in Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 208. In beiden Be-
schreibungen heißt es, daß das Hj^postroma durch die
Epidermis 250 bis 260 [x breit bricht, sich dann auf derselben
ausbreitet und das Schlauchstroma bildet. Allein das Hypo-
stroma bricht nicht breit ganz nach außen durch, sondern
sprengt nur ein 250 bis 300 [x breites rundliches Stück der
Epidermis ab, hebt dieses Stück nur wenig empor und bleibt
oben mit demselben verwachsen. Das Hypostroma ist daher
oben bleibend mit der Epidermis oder wenigstens ihrer
Außenwand verwachsen. Nun dringt das Gewebe des Hypo-
stromas durch den schmalen so entstandenen Ringspalt, sich
nach allen Richtungen strahlig ausbreitend hervor und bildet
auf der Epidermis das ringförmige vSchlauchstroma aus. Es
ist daher nur das letztere ganz oberflächlich, der sterile
Mittelteil bleibt von dem abgesprengten Epidermisstück
bedeckt.
Fragmente zur Mykologie. 597
Im wesentlichen denselben Vorgang habe ich in Fragm.
Nr. 635 für Cydoschizon Brachylaenae (R.) P. H. beschrieben;
nur ist hier das Hypostroma viel schwächer entwickelt,
sprengt nur die Epidermisaußenwand ab, hebt aber diese
viel stärker empor, so daß hier das ringförmige Schlauch-
stroma mit dem kurz säulenförmig emporgewachsenen Teil
des Hypostromas in einer Ebene liegt, während bei Dielsiella
das Schlauchstroma etwas höher zu liegen kommt, als der
hier nur di^inne sterile Mittelteil.
Man sieht, daß sich die zwei Gattungen im Bau und in
der Entwicklung des Stromas ganz gleich verhalten. In der
Tat heißt es, daß sich dieselben nur durch die Färbung der
Sporen voneinander unterscheiden (Ann. myc. 1915, XIII. Bd.,
p. 208). Allein das ist unrichtig, denn es besteht noch ein
Unterschied in den Paraphj'-sen.
Dielsiella hat zahlreiche, auffallende, lange Paraphysen.
Cydoschizon hat aber eigentlich keine. Ich selbst gab an,
daß spärliche vorhanden sind. Nun fand ich aber, daß sie
eigentlich fehlen.
Die Karsdiia Araucariae R. hat meist blattuntcrseits,
oft in kleinen Gruppen stehende, flache, rundliche Strömen,
die am Rand uneben, gekerbt bis schwach gelappt, selten
und nur stellenweise mit hellbraunen dichtstehenden bis 40 ix
langen Wimpern versehen, etwa 400 [a breit, schwarz und
ziemlich glatt sind. Sie sind außen mit einem flachen Ring-
vvulst versehen, in der Mitte genabelt und öfter mit kleiner
Papille. Die Strömen lösen sich leicht ab und sind scheinbar
ganz oberflächlich, allein an Querschnitten sieht man, daß
sie mit einer dünnen hyalinen Schichte überzogen sind, die
offenbar die Cuticula ist, unter der sie entstanden sind. Ein
Hypostroma ist nicht nachzuweisen. Von unten gesehen
zeigen sie in der Mitte einen dunklen Punkt, der in einer
blassen Ringzone liegt, die von dem kreisförmigen Lokulus
herrührt.
Der dunkle Mittelpunkt ist offenbar die Anheftungsstelle.
Offenbar ist das Hypostroma sehr blaß und schwach ent-
wickelt und greift nicht über die Epidermisaußenwand tiefer.
Die Strömen sind in der Mitte 110 jx, über dem ringförmigen
Sitzb. d. mathem.-nalurw. Kl., Abt. 1, 12S. Bd. 42
598 F. Hühnel,
Lokiilus 120 [X dick. Hier ist die kohlige Decke sehr dünn,
außen 16 bis 44 [x dick, opak. Das vom Lokulus ein-
geschlossene Mittelsäulchen ist 70 [x dick und aus sehr
kleinen senkrecht parallel gereihten olivschvvärzlichen, weichen
Zellen aufgebaut. Das ganze Stroma ist strahlig gebaut, am
Rande sind die derbwandigen schwarzen Hyphen etwa 3 [x
breit, in der Basalschichte, die oft fast fehlt, doch auch bis
12 [X dick und bräunlich olivfärbig ist, sind die Hyphen nur
1-5 bis 2 [X dick. Der Lokulus ist 120 bis 140 [x breit, 90 [x
hoch. Paraphysen sehr zahlreich, verbogen-steiffädig, in dicken
Schleim eingebettet, l-7[x dick, oben schwach keulig aut
2 [X \-erbreitert.
Schläuche sitzend, eiförmig, oben bis 10 [x stark verdickt,
60 bis 80 i^ 40 bis 48 [x.
Jod färbt den Nucleus braungelb. In den Schläuchen
färben sich die zweizeiligen Sporen nur blaßbräunlich. Wenn
aber die Strömen alt werden, findet man die nun ganz reifen
Sporen braunschwarz und bis 30^:^ 15 [x groß, also viel größer
-als sie Rehm angibt. Diese alten Strömen sehen ganz anders
aus als die gut entwickelten; sie sind dick scheibenförmig,
mit senkrechten Seitenwänden, so daß man einen ganz
anderen Pilz vor sich zu haben meint. ■
Aus der Beschreibung geht hervor, daß der Pilz im
wesentlichen sich unter der Cuticula entwickelt und daher
eine Munkiellee ist, die sich von Blasdalea fast nur durch
die zweizeiligen Sporen unterscheidet. Nur im Mittelpunkte
scheint ein kaum feststellbares Hypostroma vorhanden zu
sein, das sich aber nur auf die Epidermisaußenwand er-
streckt.
Cycloschizon Brachylaenae weicht schon weiter ab, da sich
hier in den Epidermiszellen ein kleines, aber ganz deutliches
braunes lockeres Hypostroma zeigt, das ein Epidermisaußen-
wandstück aussprengt, das oben mit dem sterilen Mittelteil
des Stromas verwachsen bleibt. Indessen zeigt sich hier, daß
auch das Schlauchstroma öfter mit der Epidermisaußenwand
teilweise oben verwachsen bleibt. Überdies sind hier die
Sporen hyalin und fehlen Paraphysen.
Fragmente zur Mykologie. o99
Noch weiter weicht Diesiella ab, die aber andrerseits
dieselbe Beschaffenheit des Nucleus hat.
Offenbar stellt der Pilz eine neue Gattung dar, die ich
Cycloscliizella nenne.
Cycloschizella v. H. n. G. Munkiellee. Wie Blasdalea;
aber Sporen zweizeilig, Lokulus ununterbrochen ringförmig,
Stroma oben mit der Cuticuia verwachsen. Grundart: Cyclo-
schizella Araticariae (R.) v. H. Syn.: Karschia Arancariae
Rehm 1900. Über Blasdalea S. et Syd. siehe Ann. m}^.
1913, XI. Bd., p. 499; 1915, p. 255; 1917, p. 403.
1179. Über Sphaeria? Himantia Persoon.
Persoon beschreibt den Pilz in Observationes myco-
logicae, II. Bd., 1799, p. 69 mit den Worten »Sphaerulis in
maculam a fibrillulis centrifugis constantem aggregatis.« Er
bezeichnet den Pilz als sehr selten und sagt nur allgemein,
•daß er auf Pflanzenstengeln auftritt. In der erklärenden Be-
schreibung heißt es weiter, daß der Pilz schwärzliche, ver-
schieden große, bis drei Linien breite Flecke bildet, die mit
der Lupe betrachtet aderige Fäden Zeigen, die aus der Mitte
der Flecke nach allen Seiten zur Peripherie laufen. In der
Mitte sieht man schwarze Pusteln.
Man sieht, daß die Beschreibung nichts weniger als gut
zu dem Pilze paßt, den man heute darunter versteht. Nach-
dem aber seit Fries alle Autoren in der noch heute gültigen
Deutung desselben einig sind und insbesondere das von
Desmazieres in PI. crypt. France 1843, Nr. 1342 unter dem
Namen Asteroma Himantia Chev. Fl. paris. ausgegebene
Exemplar zu Persoon's Beschreibung ziemlich stimmt, auch
anzunehmen ist, daß Desmazieres und Fries das Persoon-
sche Original des Pilzes kannten, so schließe ich mich der
bisherigen Ansicht an.
Persoon hat den Pilz später (Mycol. europ. 1822, I. Bd.,
p. 52) nochmals als Actinonema canllncola P. angeführt. Es
ist dies offenbar eine schlechter entwickelte Form des Pilzes,
noch ohne Pusteln: »saltem nullas sphaerulas vidi«. Bei dieser
Form führt Persoon ausdrücklich Umbelliferen-Stengeln als
Substrat an.
600 F. Höhnel,
Im Systema mycol. 1823, II. Bd., p. 559 führt Fries
den Pilz als Dotliidea (Asteroma) Himaiitia an. Er sagt, daß
derselbe auf Umbelliferen-Stengeln gewöhnlich ist und gibt
eine Beschreibung, aus der wohl zu ersehen ist, daß er die
Form meint, die man heute darunter versteht.
In Fries, Summa veget. Scand. 1849, p. 425 wird der
Pilz als zweite Asteroma-Avi angeführt.
Rehm erkannte den Pilz als Ascomyceten (Ber. nat. Ver.
Augsburg 1881, 26. Ber., p. 35) und gab ihn als Ascospora
Himaiitia (Fries) Rehm in Ascom. exs. Nr. 131 aus. Rehm
beschrieb die Sporen als einzellig mit zwei kleinen terminalen
Kernen. Obwohl Winter die Sporen ganz richtig zweizeilig
zeichnete (in Rabh. Kr. Fl., Pilze, II. Bd., p. 335), beschreibt
er sie doch nach Rehm's Angaben unrichtig als einzellig.
Die Gattung Ascospora wurde 1825 von Fries in Syst.
orb. veget. Pars I. PI. homonemae, p. 112 aufgestellt. Hier
erklärt Fries ausdrücklich die Sphaeria Aegopodii P. als
den Typus der Gattung. Diese gehört aber, wie feststeht, zu
Carlia Rbh.-Bon.-v. H. {■= Mycosphaerella Joh. p. p.).
Darnach wäre Ascospora Fries 1825 rr Sphaerella
Fries 1849 = Carlia Rbh.
Allein Summa vegetab. Scand. 1849, p. 425 führt Fries
als erste (Typusart) bei Ascospora die .4. brnnneola Fries
an und die A. Aegopodii (P.) erst als fünfte Art. Die
.4. brnnneola gilt heute als Sphaerella Fr. Ob es eine echte
Sphaerella ist, muß ich dahingestellt lassen, da ich auf den
untersuchten Exsikkaten stets nur eine eigentümliche Plecto-
phoiua-a.Yt\ge Nebenfrucht und keinen Ascomyceten" fand.
Jedenfalls scheint aber Sphaerella brnnneola keine
Dothideacee zu sein.
Man könnte nach dem Gesagten Ascospora Fries ver-
schieden deuten; es wird am besten sein, die Gattung fallen
zu lassen. Sphaeria Himantia kann daher nicht als Ascospora
gelten. Siehe Fragment Nr. 1181.
Diedicke hat (Ann. myc. 1911, IX. Bd., p. 534) eine
Revision der Gattung Asteroma veröffentlicht. Derselbe hat
indessen versäumt, vorher festzustellen, was eigentlich
Asteroma D. C. ist. Das habe ich nun in Fragment Nr. 961.
Fragmente zur Mj-kologie. 601
X\'III. Mitt.. 1916 getan. Darnach ist Asteroma D. C. eine
Leptomelanconiee mit einem wenigstens anfänglich subcuti-
culären tibrillösen Stroma und sehr kleinen Conidien, Gattung
Nr. 350 in meinem neuen System der Fungi imperfecti in
Falck, Mykol. Unters, u. Berichte, I. Bd., III. Heft, p. 301
bis 369). Demnach sind Die dicke's Asteroma-Avten gar
keine solchen. Derselbe hat auch die Asteroina Himantia
studiert und so wie schon Rehm 1881 die Ascomyceten-
natur derselben festgestellt. Er fand, daß Asteroma Ronmegueri
Kze., A. Buplenri S. et R. und A. Oertelii Syd. dieselbe
Art sind und nannte den Pilz MycospliaereUa Hiniautia
(P.) D.
Allein der Pilz ist eine Trabutinee, die genau in die
Gattung Omphalospora Th. et S. (Ann. m3X. 1915, XIII. Bd.,
p. 176 und 361) paßt.
Er muß also Omplialospora Hiutanfia (P.) v. H. genannt
werden. In dem subcuticulären, ausgebreiteten Stroma des
Pilzes kommen auch Pykniden vor. Diese habe ich m
Fragm. Nr. 166 (IV. iMitt., 1907) als Plectophoma Umbelli-
feranuii v. H. beschrieben. Ich habe damals die subcuti-
culären und subepidermalen Strömen noch nicht scharf von-
einander geschieden, denn erst später erkannte ich die
Wichtigkeit dieser Unterscheidung. Daher steht dort »Stromata
unter die Epidermis eingewachsen«, was zu verbessern ist.
Das untersuchte Exemplar ist jünger gewesen und daher
fleischiger und noch nicht kohlig.
Der Typus der Formgattung Plectophoma v. H. ist
PL bacteriosperuia (Pass.), bei welcher Form kein Stroma
zu finden ist. Daher gehört die PI. Uinbelliferaruui nicht m
diese Gattung, sondern muß SticfochoreUa Umbelüferarnni
V. H. genannt werden.
Die Sticfochorella-Avten haben phyllachoroide Stromata
mit Lokuli, deren Inhalt PlectopJiama-ähnWch gebaut ist.
Auch Asteroiua Epilobii Fries ist eine Trabutinee, zu
Enryacliora gehörig.
Die Sphaerella Eryiigii (Wllr.) Fuck. b. Libanotis Fuckel
(Symb. mycol. 1869, p. 105) ist nach Diedicke's Angaben
(1. c, p. 541, Taf. XVIII, Fig. 12) auch mit einem subcuti-
602 F. Höhnel.
culären phyllachoroiden Stroma versehen, in dem neben
StictochorellaLokuVi noch unreife Schlauch-Lokuli auftreten
(s. Fig. 12). Fuckel kannte den Schlauchpilz nur unreif,
allein Diedicke sagt, daß er reife Gehäuse gefunden habe,
die einen Mycosphaerella- artigen Nucleus besaßen, darnach
ist der Pilz eine Eiiryachora, E. Libanotis (Fuck.) v. H.
Da Diedicke bei Sphaerella Eryngii (Fr.) neben unreifen
Perithecien auch Stictochorella-h6k.u]\ fand, muß dieser Pilz
auch eine Eiiryachora sein {E. Eryngii [Fr.] v. H.), denn
Diedicke sagt, daß der Pilz ganz mit der Form auf L/Z^^j-wofe
übereinstimmt.
Bei Euryachora Eryngii scheint übrigens, so viel ich
an alten überreifen Stücken sah, das Stromagewebe nur
schwach entwickelt zu sein.
Noch bemerke ich, daß ich es für möglich halte, daß
auch Pledoplioma hacteriospernia (Pass.) v. H. trotz des
Mangels eines Stromas zu einer unbekannten Phyllachoracee
gehört.
Auch Dothidea Anetlii (Fries) = Sphaeropsis Aiiethi
(P.) Fuckel = Sphaeria Anetlii P. =: Phoma Anethi (P.)
Sacc. ist nach dem Exemplar in Fuckel, F. rhen. Nr. 1011
eine ganz unreife Phyllachoracee, deren wohlentwickelte
Stromata sich aber unter der Epidermis entwickeln und mit
ihr verwachsen sind. Sie enthalten viele eiförmige Schlauch-
lokuli und sehr spärlich Conidienlokuli mit sehr kleinen
stäbchenförmigen Conidien, deren Entstehung nicht zu er-
kennen ist.
Ich zweifle nicht daran, daß auch Sphaeria Cicittae
Lasch (s. Fragm. Nr. 66, II. Mitt., 1906), die ich früher für
eine Placosphaeria hielt und nun als eine Plectophotna
erkannte, zu einer stromaarmen Phyllachoracee gehören
wird.
Ascospora melaena (Fries) wird in Saccardo, Syll.
Fang. 1882, p. 48 als Asterina aufgeführt und wieder p. 513
als Sphaerella, während Niessl (Verhandl. naturf. Ver. Brunn
1876, XIV. Bd., p. 7) den Pilz als Asteroma beschreibt. Der
Pilz hat nach dem Exemplar in Vi 11, F. bav. Nr. 930 ein
phyllachoroides unter der Cuticula eingewachsenes Stroma
Fragmente zur Mykologie. t'Öo
mit ganz unreifen Lokuli. Die Sporen sind nach Niessl's
Angaben in der Form und Größe von denen von Omphalo-
spora Himaiüia (P.) v. H. kaum verschieden. Niessl
beschreibt sie als einzellig und bestreitet Auerswald's
zweifellos ganz richtige Angabe, daß die Sporen unter der
Mitte septiert sind. Der Pilz ist, wie bekannt, ganz nahe mit
Omplialospora Hiniantia verwandt, hat zweifellos ebenso
geteilte Sporen und muß Omplialospora melaeiia (Fries)
V. H. genannt werden.
1180. Über Asteroma Silenes Niessl.
Der Pilz ist beschrieben in Verh. nat. Ver. Brunn 1876,
XIV. Bd., p. 7. In der Syll. Fung. 1882, I., p. 47 heißt er
Aster Ina Silenes (N.) Sacc, im XXII. Bd., p. 71 wird er zu
Ascospora gestellt, wohin ihn zuerst Winter (die Pilze
Deutschlands usw., II. Abt., 1887, p. 341) gebracht hatte.
Da Herr Hofrat von Niessl die Güte hatte, mir den Pilz
zu senden, konnte ich feststellen, daß derselbe eine typische
Omplialospora Th. et S. ist (Ann. myc. 1915, XIII. Bd.,
p. 361), die mit den anderen Arten der Gattung: 0. mclaena
(Fr.) v. H., himantia (P.) v. H., Stellariae (Lib.) und ambiens
(Lib.) nahe verwandt ist.
Der Pilz hat ein ausgebreitetes, subcuticuläres, 16 bis 30 {t
dickes, aus einer bis wenigen Lagen von senkrecht gereihten^
offenen, 7 bis 12 [j. breiten schwarzbraunen Parenchymzellen
bestehendes Trabutineen-Stroma, das nirgends zwischen die
Epidermiszellen eindringt. Die zerstreuten, stellenweise dichter
stehenden Lokuli sind 35 bis 40 [x breit und 25 [j. hoch. Ihre
schwarze Decke ist 12 [x dick und bildet durch Ausbröckeln
ein kleines Ostiolum. Die braune Basis ist flach oder wenig
konkav, nur 4 bis 5 [x dick und drückt die Epidermis nicht
hinab. Deutliche Paraphysen fehlen. Die wenigen Schläuche
sind geballt achtsporig, keulig-eiförmig, unten breiter und
dünnwandig, oben abgerundet-dickwandig, ungestielt und 20
bis 25 ^ 10 bis 12 [x groß. Die hyalinen Sporen sind länglich,
gerade, oft etwas keulig, zweizeilig, 9 bis 11 «3*5 bis 4 [x
groß. Die untere Zelle ist kaum 3 [x hoch, die obere Zelle
enthält einige Öltropfen.
604 F. Höhnel,
Der Pilz hat OmphaJospora Silenes (Niessl) v. H. zu
heißen.
1181. Über Asteroma Epilobii Fries.
Der Pilz wurde von Fries anfänglich im Systema myco-
logicum 1823, II. Bd., p. 559 in die Gattung Dothidea Fries
gestellt, zu der er Asteroina D. C. als Untergattung rechnete.
In Summa vegetab. scandin. 1849, II., p. 425 steht der
Pilz bei Asteroma D. C, wie noch heute. Den Typus dieser
Gattung habe ich im Fragm. Nr. 961 (XVIII. Mitt., 191 G)
genau beschrieben und als Pachystromacee erklärt. Da der-
selbe, Asteroma Phytenmae D. C. jedoch nur von der
Cuticula bedeckte, freie Conidienlager besitzt, habe ich ihn,
trotz des mächtig entwickelten basalen Stromagewebes, in
meinem neuen System der Fungi imperfecti (in Falck, Myco!.
Unt. und Berichte, p. 338) sub Nr. 350 zu den Lepto-
melanconieen v. H. gestellt.
Asteroma Epilobii Fries wurde bisher nur selten reif
gefunden. Die einzige mir bekannte Mitteilung über den reifen
Pilz rührt von Jaczewski her (Bull. soc. myc. France 1896,
XII. Bd., p. 96). Dieser fand, daß der Pilz ein Ascomycet ist,
mit zweizeiligen grünlich hyalinen Sporen und nannte ihn
Ascospora Epilobii (Fr.) Jacz.
Allein der Pilz entspricht keiner der beiden Typen der
Gattung Ascospora Fries. Diese Gattung wurde von Fries
zuerst 1825 in S3^stema Orbis veget., I., p. 112 mit dem
Typus Ascospora Aegopodii (P.) aufgestellt. Dieser Typus ist
eine Carlia Rbh.-Bon.-v. H. = Mycosphaerclla Joh. Dann
erscheint Ascospora wieder in Summ, veget. scand. 1849,
p. 425 mit dem Typus Ascospora brunneola Fr. Dieser Pilz
ist aber nach Jaczewski's Beschreibung (1. c, p. 94) eine
Carlia mit reichlichen, eingewachsenen, die Perithecien um-
gebenden Hyphen.
Demnach wäre Ascospora Fries 1825 bis 1849 = Spliae-
rella Fries = Carlia Rbh.-Bon.-v. H. In der Tat wird
Ascospora heute noch als Schlauchfruchtgattung aufgefaßt.
Allein Fries verstand unter den Ascosporei in Summa veg.
scand. 1849 nur Pilze ohne Schläuche, also Nebenfruchtformen,
Fragmente zur Mykologie. ÖOö
die er an den noch lebenden Pflanzenteilen fand, wo die
zugehörigen Schlauchpilze noch gar nicht aufgetreten waren.
Diese sind zumeist erst lange nach Fries bekannt geworden.
Die Untersuchung zeigte mir, daß es sich bei Ascospora
um jene Nebenfrüchte von Carlia handelt, welche sehr kleine
stäbchenartige Conidien haben und welche heute, soweit sie
richtig eingereiht sind, bei den Gattungen Asteromella Pass.
et Thüm., Plectoplioma v. H. und Stictochorella v. H. stehen.
Demgegenüber ist aber Ascospova Epilobii (Fr.) Jacz.
eine ganz typische Etiryachora. Daher kann Jaczewski's
Benennung des Pilzes nicht aufrechterhalten bleiben, der
Pilz muß nun Enryachora Epilobii (Fr.) v. H. genannt
werden.
Sehr schön ausgereifte, von P. P. Strasser im Mai 1916
am Sonntagsberge in Niederösterreich gesammelte Exemplare
von Asteroma Epilobii Fr. versetzten mich in die Lage, über
den Pilz völlig ins klare zu kommen.
Die von dem Pilze befallenen Stengel von Epilobiiiui
angtistifolium zeigen schwarze, schwach glänzende Flecke,
die oft mehrere Zentimeter lang sind und ringsherum gehen.
Am Rande sind diese Flecke oft netzig durchbrochen oder
dendritisch verzweigt.
Auf den Flecken stehen locker oder dicht zerstreut
glänzende Höcker, die jenen Stellen entsprechen, wo sich
die Ascusfrüchte befinden. Die schwarzen Flecke rühren vom
Stroma her, das sich unter der Cuticula entwickelt, anfänglich
und am Rande der Flecke auch bleibend aus einer einfachen
Lage von dunkelbraunen Hyphen besteht, die parallel flächen-
und bandartig miteinander verwachsen sind, am Rand radiär
verlaufend.
Diese Hyphen sind 4 bis 8 [jl breit und bestehen aus
8 bis 14 [j. langen, mäßig derbwandigen Zellen. Wo das Stroma
dicker wird, etwa bis 20 [x, besteht es aus mehreren Zell-
lagen. An den Stellen, wo sich die Lokuli befinden, wird das
Stroma bis 80 [x dick und besteht hier aus senkrecht gereihten
braunen Zellen.
Doch bleibt das Stromagewebe auch an solchen Stellen
meist dünner und läuft über die Lokuli hinweg, welche dann
606 F. Höhnel,
peritheciumartig entwickelt sind. Diese sind dann etwas
niedergedrückt kugelig, 95 bis 120 [i breit und zeigen eine
dunkelbraune 16 bis 18 [x dicke aus 2 bis 4 Lagen von
offenen 8 bis 10 {). breiten Parenchj'mzellen bestehende
Wandung. In die Epidermis dringt das Stroma auch an den
dicksten Stellen nicht ein.
Die Lokuli öffnen sich oben mit einem kleinen rundlichen
flach-papillenartigen Ostiolum. Paraphysen fehlen. Die wenig
zahlreichen vSchläuche sind ungestielt, keulig, dünnwandig,
achtsporig und etwa 40^ 10 bis 11 [i groß. Die schwach
grünlich-hyalinen Sporen stehen schief einreihig oder zwei-
reihig, sind zweizeilig und meist 12 bis 13 5=; 4-5 bis 6 jx
groß. Sie zeigen einige kleine Öltröpfchen im Inhalt und eine
charakteristische Form. Die untere Zelle ist etwas kleiner
als die obere und unten abgerundet, etwa 4 bis 5 [i hoch.
Die obere Sporenzelle ist etwas breiter, 8 bis 9 [x hoch und
zeigt oben einen kegeligen oder zapfenartigen Fortsatz. Im
ganzen sind die Sporen länglich-spindelig, mit einem spitzen
und einem stumpfen Ende.
Auf denselben Stengeln war auch die bekannte Didy-
niella fenestrans (Duby), und zwar häufig auch unter dem
Etiry achor a-Stroma entwickelt, das dann von den Schnäbeln
der Didymella stachelig- rauh war.
Asterina Epilobii Desm. 1857 wächst auf den Blättern
und ist eine t5''pische Ventiiria, also ein ganz anderer Pilz
als Asteroma Epilobii Fries. Siehe dagegen Rehm in Ann.
myc. 1909, VII. Bd., p. 413.
1182. Über Excipula stromatica Fuckel.
Der in Symbol, mycol. 1869, p. 400 unter obigem Namen
als Dichaenacee beschriebene Pilz wurde von Fuckel 1871
(Symb. myc, I. Ntr., p. 329) als Phacidiacee betrachtet. In
der Syll. Fung. 1889, VIII. Bd., p. 585 erscheint er als
Dermatee in der Gattung Ephelina Sacc; Rehm (Hj^ster.
und Discom. 1887 bis 1896, p. 1244) stellt ihn zu den Hetero-
sphaeriaceen in die Gattung Scleroderris. Bei Boudier
(Hist. et Classif Discomyc. 1907, p. 135) erscheint er wieder
Fragmente zur Mykologie. Ö07
in der Gattung Ephelina, die er zu den Mollisiaceen stellt.
Schließlich betrachtet ihn auch Rehm 1912 (Ben bayr. bot.
Gesellsch., XIII. Bd., p. 184) als Ephelina, die er zu den.
Eupyrenopezizeen stellt.
Die Untersuchung von Fuckel's Originalexemplar in den
Fung. rhen. Nr. 2150 zeigte mir, daß der Pilz eine Dothideacee
ist. Der auf dünnen Stengeln von Silene nutans wachsende
Pilz hat ein ausgebreitetes gut entwickeltes Stroma, in dem
zahlreiche dicht stehende Lokuli sitzen. Das Stroma ist im
wesentlichen zwischen der Epidermis und der darunter-
liegenden Faserschichte eingewachsen, doch wird stellenweise
auch die Epidermis vom Pilzgewebe ausgefüllt. Dasselbe ist
ringsum scharf begrenzt, wo sich Lokuli befinden 70 bis 80 jj-,
sonst nur 16 bis 36 \l dick. Außerdem finden sich auch
Stellen, wo einfache Dothithecien-artige zerstreute Lokuli in
Herden auftreten.
Das Stromagewebe besteht aus rundlichen braunkohligen
4 bis 7 [x großen Zellen, die meist unregelmäßig angeordnet
sind. Die Basalschichte ist etwa 25 [x, die Deckschichte über
den Lokuli 8 bis 18[jl dick.
Die dicht stehenden Lokuli sind scharf voneinander
getrennt, flach, etwa 40 [x hoch, 120^ lang und 50 [x breit.
Sie zeigen keine Spur von einer eigenen Wandung. Para-
physen fehlen völlig. Die parallel stehenden Schläuche sind
stiellos, keulig, unten meist, bauchig, oben bis 6 [x stark
verdickt und etwa 28 - 8 bis 10|x groß. Jod gibt keine Blau-
färbung. Die acht Sporen liegen zweireihig, sind hyalin, zart-
häutig, mit körnig-wolkigem Inhalt, an den Enden abgerundet
verschmälert, länglich-keulig, oben breiter und 7 • 5 bis 9 • 5 i=: 1 • 8
bis 2-5 [X groß. Ich fand nur wenige anscheinend reife Sporen
außerhalb der Schläuche. Dieselben waren einzellig. Die untere
Hälfte der Sporen ist schmäler als die obere. Der Pilz ist
nicht ganz reif und wäre es möglich, daß die Sporen
schließlich zweizeilig werden.
Indessen gibt auch Fuckel an, daß die Sporen länglich-
keulig und einzellig sind. Die Lokuli öffnen sich schließlich
oben meist länglich und ziemlich weit.
608 F. Höhnel,
Der Pilz wird als Scirrhinee aufzufassen sein und wäre
bis auf weiteres CatacamneUa stromatica (Fuck.) v. H. zu
nennen (s. Ann. myc. 1915, p. 177 und 400).
1183. Über Xyloma aquilinum Fries.
Beschrieben in Fries, Observat. mj^col. 1815, I. Bd.,
p. 362. Im Systema mycol. 1823, II. Bd., p. 522 nannte Fries
den Pilz Spliaeria aquüina. C. F. Schumacher nannte ihn
1803 Hysterium aqinlitmm. Rehm stellte denselben anfänglich
zu Hypoderma, dann in seinem Discom^^cetenvverke 1888 zu
Schizothyrhmi. Ebenso Boudier 1907.
Die Untersuchung des Exemplares in T hürnen, Mycoth.
univ. Nr. 73 zeigte mir, daß der Pilz eine Dothideacee ist.
Die kleinen flachen Stromata entwickeln sich im Mittel-
teile ganz in der Epidermis, deren Außenwand abgesprengt
wird und mit der 20 bis 30 [x dicken dunkelbraunen Decke
fest verwachsen ist. Am Rande erscheinen am Querschnitte
häufig 3 bis 4 Epidermiszellen, die teilweise mit braunem
Pilzgewebe erfüllt sind, unzersprengt; da ist dann das Stroma
von der Epidermis bedeckt und mit ihr verwachsen. Da
wird nun die erste Zellschichte unter der Epidermis gesprengt,
so daß sich das Stroma in der Mitte ganz in der Epidermis
und (stellenweise) am Rande in der ersten Parenchymzell-
lage unter ihr befindet. Das Deckengewebe besteht aus 4 bis
5 [JL großen Parenchymzellen, die nach Innen zu ganz all-
mählich fast hyalin werden.
Das Innen- und das Basalgewebe sind sehr blaß bräun-
lich. Ersteres besteht aus 4 bis 6 |x langen, zarthäutigen,
senkrecht gereihten Zellen.
Im Stroma liegen am Querschnitte zwei rundliche, etwa
80 |A große, gut begrenzte Lokuli. Im ganzen sind meist 4 bis
5 Lokuli vorhanden, die sich oben rundlich öffnen. Schläuche
keulig, Paraphysen vorhanden, Sporen hyalin zweizeilig. Der
ganze Pilz hat durchaus nichts kohliges und ist eher fleischig
weich.
Aus diesen Angaben ist zu ersehen, daß der Pilz weder
eine ausgesprochene Placostroma noch eine Endodothella ist
Fragmente zur Mykologie. bü9
(Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 407 und 582). Immerhin scheint
die Typusart Placostronta Pterocavpi (Mass.) Th. et S. ein
sehr ähnlicher Pilz zu sein, daher ich den Pilz als Placostronta
aquilinum (Fr.) v. H. einreihe.
1184. Über die Gattung Rhabdostroma Sydovv.
In Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 420 geben Theissen
und Sydow an, daß Apiospora airuispora (Speg.) Rehm
var. Rotthoelliae Rehm 1914 ein sphaerialer Pilz ist.
- H. u. P. Sydow stellten nun für diesen Pilz die neue
Sphaeriaceen-Gattung Rhabdostroma in Ann. myp. 1916,
XIV. Bd., p. 362 auf. Vergleicht man den Pilz, dessen Original-
exemplar ich untersuchen konnte, mit Apiospora Montagnei
Sacc. in Rabenh. -Winter, F. europ. Nr. 3157, so findet
man, daß sich beide Pilze bis auf die verschiedene Sporen-
größe vollkommen gleichen, daher Rhabdostroma Sydow
=z Apiospora Sacc. ist.
Auch Apiospora Montagnei hat anfänglich ein blasses,
nur oben dunkleres Stroma und Lokuli, die fast perithecien-
artig aussehen. Erst wenn der Pilz ganz reif ist, wird das
Gewebe dunkel.
Theissen und Sydow gaben 1. c, p. 419 an, daß
Apiospora Montagnei einen epidermalen Clypeus besitzt und
keine Paraphysen hat. Diese Angaben sind jedoch falsch. Es
sind sehr zahlreiche, zarthäutige Paraphysen mit vielen Öl-
tröpfchen vorhanden und die Epidermis bleibt vom Slroma
so gut wie vollkommen frei. Dies zeigt sich schon daran,
daß die Stromata von außen gesehen grau und nicht schwarz
sind, wie das der Fall ist, wenn ein epidermaler Clypeus
vorhanden ist. Schwarz erscheinen dieselben erst dann, wenn
die vermorschte Epidermis abgefallen ist.
Die Stromata von Apiospora Montagnei entwickeln sich
2 bis 3 Faserlagen unter der Epidermis. Diese subepidermalen
Sclerenchymfasern sind mit Stromagewebe ausgefüllt; die
inneren derselben werden auch vom Stroma eingeschlossen,
während an der flachen Basis der Strömen keine eingeschlossenen
Gewebselemente der Nährpflanze zu finden sind. Die Epidermis-
610 F. Höhnel,
Zellen über dem Stroma sterben ab, zeigen aber kein Stroma-
gewebe in den Lumina, höchstens, daß ganz kurze Fort-
sätze des Stromas zwischen den Epidermiszellen stellenweise
eindringen. In der Mittellinie des Stromas beginnt die Epidermis
abzubröckeln, wodurch daselbst die Stromaoberfläche frei-
gelegt wird. Hier entsteht nun ein wenig eindringender Riß
im Stroma, durch welchen die flachen Mündungen der Lokuli
frei werden.
Manche Strömen von Apiospora Rotthoelliae (Rehm)
V. H. bilden keine Schlauchlokuli, dafür aber entstehen oben
am noch weichen Stroma an rasig stehenden, schwärzlichen,
meist etwas eingekrümmten, einfachen, einzelligen 14 bis
16^3 bis 4 jj- großen Trägern einzeln endständig, dick linsen-
förmige 20 bis 24 [j. große, 10 bis 12 {x dicke, schwarze
Conidien, die am Rande von der Schmalseite gesehen einen
weißen Spalt zeigen. Diese Conidien sehen ganz so aus, wie
die von Papnlaria sphaerosperma (P.) v. H., nur sind sie
viel größer. Ganz gleich gebaute Conidienformen sind viele
von zahlreichen Süßgräsern als Coniosporhun- und Melan-
conmm-Avten beschrieben worden, mit linsenförmigen Conidien,
deren Größe von 4 bis 30 [x schwankt. Alle diese Formen
gehören nach meinem Fragmente Nr. 990 (XVIII. Mitt., 1916)
in die Tubercularieen-Gattung Papnlaria Fries-v, H.
Die beschriebene zu Agiospora Rotthoelliae (R.) v. H.
gehörige Art mag Papnlaria Rotthoelliae v. H. heißen.
Zu Apiospora Montagnei Sacc. gehört wahrscheinlich
die Papnlaria hysterina (Sacc.) v. H. mit 18 bis 21 [x großen
Conidien.
Zweifellos gehört Papnlaria saccharina (Penz. et Sacc.)
V. H., in Penzig et Saccardo, Icon. Fung. javanic. 1904,
p. 97 als Melanconium, zu Apiospora camptospora Penz. et
Sacc. (1. c, p. 12), da sie beide am selben Tage und Orte
auf Zuckerrohrblättern gesammelt wurden.
Die Papnlaria- Arten gehören offenbar alle zu dothidealen
Pilzen, soweit bisher bekannt zu Arten der Gattungen Apio-
spora und Rhopographns.
Wenn die Angabe Sydow's (Ann. myc. 1916, XIV. Bd.,
p. 362) richtig ist, daß Scirrhiella Speg. den gleichen Bau
Fragmente zur M\-kologie. bll
hat, wie Rhäbäostroma Sj^d., dann muß Scirrliiella ciivvi-
spora Speg. auch eine Scirrhinee sein, trotz der Angabe
Theissen's und Sydow's in Annal. myc. 1915, XIII. Bd.,
p. 180, daß der Pilz eine Sphaeriacee ist. Für die Annahme,
daß der Pilz eine Scirrhinee ist, spricht auch die dort gegebene
Beschreibung, die sehr an Apiospora erinnert. Die Form der
Sporen ist nach Spegazzini's Angaben ganz die von
Apiospora Rottboelliae und A. camptospora, nur sollen die
Sporen einzellig sein.
Ich vermute, daß Spegazzini's Angabe auf nicht ganz
ausgereiften Exemplaren beruht, oder daß er die Querwand
der Sporen übersehen hat. Auch glaube ich, da.Q Melaiiconinm?
bomhycimim Speg. (Syll. F., X. Bd., p. 474) die Papularia-
Nebenfrucht von Scirrkiella curvispora ist, da beide Pilze
auf Bambusrohr wachsen und aus derselben Gegend stammen.
Es ist daher die Frage zu prüfen, ob nicht Scirrliiella Speg.
(1884?) einfach gleich Apiospora Sacc. (1875) ist.
1185. Über Sphaeria Aspidiorum Libert.
Der bekannte Pilz wurde von Niessl in Krieger, F.
saxon. Nr. 240 als Monograplios microsporiis noch einmal
beschrieben (Bubäk in Ber. deutsch, bot. Ges. 1916, 34. Bd.,
p. 324). Saccardo stellte ihn 1891 mit Zweifeln zu Scirrhia
(Syll. Fung., IX. Bd., p. 1040). Theissen und Sydow (Ann.
myc. 1915, XIII. Bd., p. 417) vermuten, daß er eine Didy-
mella ist. Bubäk (1. c, p. 328) erklärte ihn für eine Scirrhia.
Die Untersuchung des Pilzes zeigte mir, daß derselbe
eine ScirrhoäotJiis Th. et S. ist. Das Stroma entwickelt sich
in der Mitte direkte unter der Epidermis, am Rande und an
den beiden spitzen Enden 1 bis 2 Faserlagen unter der
Epidermis. Es besteht ganz aus senkrechten, parallelen Reihen
von dünnwandigen, kurzprismatischen, braunen Parenchym-
zellen, die oben eine dünne, schwarze Decke bilden, welche
mit der Epidermis verwachsen ist. Die Lokuli stehen in einer
Reihe und haben keine Spur einer eigenen Wandung. Die
Mündung derselben ist flach und dothideal. Jod gibt keine
Blaufärbung des Porus der Schlauche. Paraphysen sind vor
banden.
612 F. hühnel,
Von diesem Pilz ist bisher keine Nebenfrucht bekannt
geworden. Ich fand nun bei dem oben angegebenen Exem-
plare, daß öfter in den Stromaten große Conidienlokuli auf-
treten, die oben mit einer 25 [x weiten Mündungspapille sich
öx'fnen und bis über 500 [i lang werden. Diese Lokuli sind
dicht mit einzelligen hyalinen, länglichen oder stäbchenförmigen,
etwa 5 bis 7^1-6 bis 2 [x großen Conidien ausgefüllt, die
ohne merkliche Träger entstehen. Ob sie durch schleimige
Histolyse des Binnengewebes entstehen oder ohne Träger
aus den hyalinen Wandungszellen der Lokuli sprossen, konnte
nicht festgelegt werden.
Diese Nebenfrucht der Scivrhodothis Aspidiorum (Lib.)
V. H. ist offenbar derselbe Pilz, den Bubäk (1. c, p. 299)
als Spliaeriothyrimn filicinmn beschrieben hat, dessen Zu-
gehörigkeit bisher unbekannt war.
Sphaeriothyriwm pvaecastrense (L. Mass.) B. muß auch
zu einem verwandten Pilz gehören.
Es muß noch geprüft werden, ob Scirrlwdothis conßneiis
(Starb.) Th. et S. (Ann. myc. 1915, Xffl. Bd., p. 415) von
Scirrhodothis Aspidiorum (Lib.) v. H. wirklich verschieden ist.
Die in Ann. myc. 1915, XIII. Bd., p. 415 aufgestellte
Gattung Scirrlwdothis Theissen et Sydow wird 1918 in
Ann. myc, XVI. Bd., p. 7 mit Scirrhia Nke. wieder vereinigt.
Dies muß indes noch näher geprüft werden, denn Scirrhia
ist nach meiner Auffassung eine mit Carlia Rbh.-v. H.
(= Sphaerella Fries) nahe verwandte Anpassungsgattung
und es fragt sich, ob dies auch von Scirrhodothis conßuens
(Starb.) gesagt werden kann.
1186. Über Leptothyrium filicinum v. H.
Im Fragmente zur Mykologie Nr. 925, XVII. Mitt., 1915
gab ich an, daß Leptostroma Jilicimtm Fries ein Lepto-
thyrium ist.
Nun hat aber die Untersuchung der Originalexemplare
dieses Pilzes gezeigt, daß derselbe ein Ascomycet ist (Bubäk
in Ber. deutsch, bot. Ges. 1916, 34. Bd., p. 312). Damit stimmt
die auffallende Tatsache überein, daß derselbe eigentlich seit
Fragmente zur Mykologie. 'US
mehr als 70 Jahren nicht wieder gefunden wurde; die wenigen
unter dem Namen Leptosiroma filiciniini Fr. ausgegebenen
Exsikkaten sind alle voneinander verschieden. Offenbar wußte
niemand, was der Pil;: ist, denn daran, daß derselbe ein be-
kannter Ascomycet sein werde, konnte nicht gedacht werden.
Mein Exemplar in Roumeguere, F. sei. gall. Nr. 479
enthält nur Rliopographus Pteridis und die Nr. 3589 derselben
Sammlung einen entleerten Ascomyceten, vielleicht Scirrho-
pliragma regalis Th. et Syd. Mein Exemplar in D. Saccardo,
Mycoth. italica Nr. 975 ist anscheinend ein ganz unreifes
und steriles Cohiuiuotlivrinui.
Nur der in Desmazieres, PI. crypt. France 1839, Nr. 9Vi9
auf Osmunda ausgegebene Pilz ist etwas besonderes, auf
ihn beruht meine Angabe in F"ragm. Nr. 925. Derselbe ent-
spricht sehr gut der Fries'schen Beschreibung und schien mir
daher das echte Leptostroma ßlicinuni Fr. zu sein. Dieser
Pilz scheint seit 1839 nicht wieder beachtet worden zu sein.
Er bildet auf den Blattstielen meist kleinere, doch bis 16 nun
lange und 1 uini bi-eite schwarze Streifen, die auch öfter zu
2 bis 3 mm breiten verschmelzen. Er entwickelt sich streng
in der Epidermis und ist mit der Außenwand derselben fest
verwachsen. Er besteht ganz aus senkrecht parallelstehenden.
4 p. breiten Reihen von kurzen zylindrisch - prismatischen
Zellen.
Die 12 bis 30 ;x dicke Deckschichte ist opak schwarz,
an dünnen Schnitten erkennt man jedoch, daß dieselbe aus
zahlreichen Lagen von dünnwandigen, ganz flachen Tatel-
zellen besteht. Die 40 bis 50 ;j- dicke Mittelschichte besieht
aus hyalinen, etwa 4 bis 5 p. hohen Zellen: die Basalschichie
ist von der Mittelschicht nicht scharf abgegrenzt, bald fast
hyalin, bald braun und bis 12[x dick.
Der Pilz ist jedenfalls eine intraepidermale Dothideacee.
Vergleicht man damit Querschnitte von unreifer Rliopographus
Ptcriäis, so sieht man, daß sich diese zu'ischen der Epidermis
und der darunter liegenden Faserschichte entwickelt, und daß
beide voneinander sicher \'erschieden sind.
Aus dem Umstände, daß Fries in Observat. m3''G. 1815,
I. Bd., p. 197 sagt; In stipitibus Osnmndae regalis etc.«,
Sitzb. d. malhem.-naturw. KL, Abt. I, 128. P.d. -t-^
t314 F. Hölinel,
und im Syst. mj^c. 1828, II. Bd., p. oW, Pteris, Osmnnda und
AspiJinm als Nährpilanzen des Lepiostronia filicinimi an-
führt, geht mit Sicherheit hervor, daß es sich um eine zu
streichende Mischart handelt.
Die Form auf Osmunda wird wohl die oben beschriebene,
reif noch nicht bekannte Scirrhinee in der Desmazieres'schen
Nr. 999 sein.
Die Form auf Pteris wird Rhopographus PteriJis sein,
die äußerlich der auf Osinmiäa sehr ähnlich sieht und in
Nr. 479 der Fungi gallic. in der Tat als Leptostroma ßlicinmn
ausgegeben wurde.
Die Form auf Aspidiiiin ist vielleicht ein Monographns^.
1187. Über Dothidea Prostii Desmazieres.
Der Pilz ist in Ann. scienc. nat. Bot. 1847, H. Ser.,
VIII. Bd., p. 175 beschrieben und in Desmazieres, PI. crypt.
France 1853, Nr. 87 ausgegeben. Derselbe ist jedenfalls
identisch mit Sphaeria Hell ebori Chaill. in Fries, Sj^'st. myc.
1828, II. Bd., p. 512.
Er wird heute als Didyntella Hellebor i (Chaill.) Sacc.
(Syll. F. 1882, I. Bd., p. 553) eingereiht. Er wurde zuerst
näher von Fuckel (Symb. m\x. 1869, p. 112) als Sphaeria
Hellebori Chaill. beschrieben und in den Fung. rhen. Nr. 893
ausgegeben. Doch konnte ich dieses Exemplar nicht unter-
suchen. Er findet sich noch in D. Saccardo, Mycoth. ital.
Nr. 851.
Das Exemplar in Roumeg., F. gall. Nr. 3044 ist un-
brauchbar. Das in der Nr. 3428 ist eine Verniiatlaria. Die
Untersuchung des Originalexemplares von Desmazieres hat
mir gezeigt, daß der Pilz gewiß keine Didyntella ist, sondern
nur als Phyllachorinee aufgefaßt werden kann, wo er eine
neue Gattung darstellt, die ich Haplotheciella nenne, \on
EndodotheUa durch die perithecienähniichen Lokuli, die in
der Epidermis entstehen, verschieden. Auch die Nebenfrucht
dürfte eine andere sein.
Der Pilz entwickelt sich im wesentlichen in der Epidermis
und ist mit der Außenwand derselben fest verwachsen. Das
Fragmente zur Mykologie. ' 615
Stromagewebe ist nur angedeutet durch braune, derbe Hyphen,
die in der Epidermis, meist mit der Außenwand derselben
verwachsen, teils aber auch in einigen Zellschichten unter
derselben verlaufen. Die Lokuli sind zumeist pyknidenartig
entwickelt, mit violettbraunen, länglichen, einzelligen 5 bis
H ^ 2 bis 3 [X großen Conidien. Zwischen diesen Pykniden-
Lokuli stehen meist vereinzelt perithecien-artige Lokuli, welche
Schläuche mit untypischen Paraphysen führen. Diese gehäuse-
artigen Lokuli zweierlei Art stehen in mehr minder dichten
Krusten in der Epidermis, deren Außenwand über jedem
Ostiolum durchbrochen wird.
Nicht selten brechen auch einzelne Conidienlokuli stärker
durch. Die Schlauchlokuli sind fast kugelig, 220 |x breit und
190|x hoch, haben eine kleine, breite Mündungspapille mit
einem rundlichen Ostiolum und eine ringsum fast gleich-
starke 25 [j. dicke Wandung, die aus 4 bis 5 Lagen von
8 bis 10 |x großen, etwas abgeflachten, violettkohligen Par-
enchymzellen besteht. Die keuligen, derbwandigen, kaum
gestielten Schläuche sind etwa 80 « 1 1 ;x groß und enthalten
acht 1- bis 2-reihig angeordnete, hyaline, spindelförmige,
18 bis 22 =; 5 bis 7 [x große Sporen, deren obere Zelle öfter
etwas breiter als die untere ist.
Die viel zahlreicheren Conidienlokuli stehen meist dicht
aneinander, sind durchschnittlich etwas kleiner als die Schlauch-
früchte und haben eine wenig dünnere Wandung. Conidien-
träger wurden nicht gesehen. Der Nucleus der Schlauchlokuli
ist ganz dothideaceen-arfig gebaut. Die Conidiennuclei könnten
formell als zur Formgattung Microsphaevopsis v. H. gehörig
betrachtet werden, müssen aber doch wohl in ein eigenes
Formgenus gestellt werden.
Haplotheciella v. H. n. G.
Stroma nur durch gefärbte Hyphen angedeutet. Schlauch-
lokuli kohlig, peritheciumartig, kugelig, in der Epidermis ein-
gewachsen, mit der Außenwand derselben verwachsen und
diese mit der Mündungspapille durchbohrend. Paraphysen
vorhanden. Schläuche achtsporig. Sporen hyalin gleich-zwei-
zeilig.
618
V. Hcihnel,
Typusart: Haplotheciella Hellebori (Chaillet) \-. H.
Syn. : SpJuicria Hdlchuri Chaillet 1823.
Doth idea Prosta Desma%iei-es 1847.
Didyiiicl/a Hcllchori (Chaill.) Sacc. 1882.
Für die Nebenfrucht stelle ich die Gattung Dofhisphaeropsis
auf, die sich von Microsphaeropsis v. H. (= Coniofhyrinm
Sacc. non Cor da) durch das rasige Eingewachsensein der
P3^knidenartigen Lokuli in der Epidermis, die kaum sicht-
baren Conidienträger und die Zugehörigkeit zu einem dothi-
dealen Pilze unterscheidet.
Dothisphaeropsis v. H. n. G.
Nebenfrucht von Haplotheciella \\ H. J\\'knidenartige
Lokuli kohlig, rasig \'erwachsen, in der Epidermis eingewachsen,
mit durch braune Hyphen angedeutetem Stroma, rundlich, mit
der Epidermisaul.ienwand verwachsen. Ostiolum rundlich.
Conidienträger kaum sichtbar. Conidien klein, einzellig, länglich
oder rundlich, gefärbt.
Typusart: Dothisphaeropsis Hellebori \. H.
Da sich Haplotheciella ganz in der Epidermis entwickelt,
pal.1t die Gattung weder zu den Scirrhineen noch zu den
Phyllachorineen.
1188. Über die Calicieen.
Rehm hat in seinem Discomycetenwerke die Calicieen
zwar aufgenommen, aber nicht eingereiht, sondern nur als
Anhang hinter die Patellariaceen gestellt.
In dem heutigen Systeme der Flechten werden die
Discomyceten-Flechten in drei große Unterreihen eingeteilt,
in die Coniocarpineen, Graphidineen und CN^clocarpineen. Die
Caliciaceen und die Cj'pheliaceen, welche Rehm von den
ersteren nicht abtrennt, stehen bei den (Joniocarpineen und
werden dadurch in einen völligen Gegensatz zu der Masse
der übrigen Discomyceten gebracht. Es fragt sich nun. ob
eine solche Absonderung der Calicieen von den anderen
Discomyceten gerechtfertigt ist.
Fragmente -/aw Mykolo.^ie. (>1 /
Als Hauptmerkmal der Calicieen (und Cvplieliaceen) gilt
der Umstand, daß die Schläuche derselben meist sehr zart-
häutig sind urid bald zerfallen. Infolgedessen werden die
Sporen nicht hinausgeschleudert, bleiben zunächst im Hymenium
liegen und gelangen dann allmählich auf die Oberfläche des-
selben, ein Vorgang, der vielleicht duicli das häufig \'or-
kommende nachträgliche Auswachsen der Paraphysen gef('>rdert
wird. Die Sporen bilden schließlich eine auf der Scheibe
liegende staubartige Masse, die von den langen Paraphysen-
enden durchsetzt, das sogenannte Mazaedium dai-stellt.
Auf Grund dieser Eigentümlichkeit wird nun den Calicieen
eine ganz gesonderte Stellung angewiesen.
Diesem \'(_)rgange kann, ich mich niclnt anschließen.
Zunächst ist da grundsätzlich festzustellen, daß die Mazae-
diumbildung keine morphologische Tatsache, sondern ein
biologischer oder physiologischer Vorgang ist, den man wohl zur
Abgrenzung \on Arten oder Gattungen heranziehen kann,
nicht aber zur ^Aufstellung \'on P'amilie'n oder gar großen
Abteilungen. Wenn man dies tut, gelangt man zli künstlichen
Systemen. Daraus erklärt sich, warum Rehm, der die Familie
der Calicieen annahm, nicht wußte, wo er sie unterbringen,
sollte. In einem auf den Bau begründeten .System, imd ein
solches sollte ja Rehm's System sein, kann natürlich eine
biologisch begründete Familie keinen Anschluß finden.
Ein richtiges, möglichst natürliches S\'stem darf nur auf
morphologischen Tatsachen beruhen.
\'on diesem Gesichtspunkte ausgehend, war es mir klar,
daß die Calicieen-Gattungen im Baue voneinander sehr ver-
schieden sein werden, was die Untersuchung auch bestätigt.
Dazu kommt noch der L'mstand, daß die Mazaedium-
bildung bei den Calicieen durchaus keine durchgreifende
Erscheinung ist.
Bei dem häutigen Calicinin praeccdens sind die .Schl^iuche
verhältnismäßig durchaus nicht zarthäutig und konnte ich
mich \'on dem \'orhandensein eines Mazaediums nici""L über-
zeugen und bei den Stenocybe- Avie,n fehlt, wie schon Rehm
richtig bemerkt, ein solches stets \ollkommen.
618 F. Höhne],
Mit Ausnahme von Coiiiocybe haben alle hierhergehörigen
Gattungen braune bis schwarze Sporen. Wenn dies nicht der
Fall wäre, wäre das Mazaedium wahrscheinlich nie für etwas
besonderes gehalten worden.
Bisher galten die Calicieen für eine sehr natürliche
Familie, ohne nähere \"'erwandtschaft mit anderen. Das ist
aber unrichtig. Schon Calicitiui und Stenocybe schließen sich
sehr gut an Phialea und namentlich Poiilhiui an. Offenbar
waren es die gefärbten Sporen, welche verhinderten, daß
diese Verwandtschaft nicht schon längst erkannt wurde.
Es gibt in der Tat nun auch Sclerotinien mit gefärbten
Sporen {Lamhertella \. H.) und Ciborien {Phaeociboria v. H.).
Dazu kommt noch, daß es eine von Rehm beschriebene
Form gibt, deren ganz nahe Verwandtschaft mit Stenocybe
er völlig übersah und die er in die Galtung Belniioscyplui
einreihte.
Es ist das die Belonioscyplia nielanospora R., für welche
in der Syll. Fung. 1S89, VIII. Bd., p. 496 die Abteilung
Scelobelouinni .Sacc. aufgestellt wurde, die ich 1905 in Anr.
naturhist. Hofm., XX. Bd., zur Gattung erhoben habe. Dieser
Pilz unterscheidet sich von Stenocybe fast nur durch die
keuligen Schläuche und die gelatinös knorpelige Beschaffen-
heit der H3'phen, Man sieht daher, daß einzelne Gattungen
der Calicieen einen ganz natürlichen Anschluß in anderen
Familien haben.
Die Untersuchung der einzelnen Calicieen-Gattungen ergab
folgendes.
1. Calieiopsis stenocyboides (Nyl.) ist nach Rehm gleich
Caticiopsis pinea Peck 1880, die Grundart der Gattung.
Dieser Pilz ist, wie mir die Untersuchung zeigte, kein
Discomycet, sondern eine Coryneliacee, die von Capnodiella
maxima (B. et C.) =1: Sorica Duseni Giess. nicht gattungs-
verschieden ist (Fragm. z. Myk. Nr. 705, XIII. Mitt, 1911).
Daher ist Capnottie/la Sacc. 1882 bis 1905 gleich Hypsotlicca
Ell. et Ev. 1885, gleich Sorica Giessenh. 1904, gleich
Caticiopsis Peck 1880. Letzterer Pilz hat Ccilicii>/Ksis maxima
(B. et C.) V. H. zu heißen.
l-"ragnienlL' zur .\l\'knloL;ie. t)19
'2. Sphinctrina tiiybinuta (P.) ist im wesentlichen parallei-
faserig aus weichen, gelatinös knorpelig dickwandigen Hyphen
aufgebaut und schließt sich gut an Phialea an. Das Excipulum
ist ziemlich dick und vollständig entwickelt.
3. ('yphelium brnuHeohini (Ach.) hat ein gut entwickeltes
dickes Excipulum, das so wie der Stiel aus dünnen, wenig
verdickten parallelen braunen, dicht verwachsenen Hyphen
aufgebaut ist. Das Gewebe ist fest, lederig. Der Pilz findet
seinen besten Anschluß bei Scleroderris und Henriqiiesia, die
einander nahestehen.
;i. Acolinm sessile (P.) hat hervorbrechende, ungestielte,
parenchymatisch gebaute Fruchtkörper. Das sehr dicke Exci-
pulum besteht aus zur Außenfläche senkrecht gereihten Zellen.
Wird seinen Anschluß bei den Cenangieen finden.
ö. ('ali\-inm praecedeus Nylander hat zarte, langgestielte
Fruchtkörper, die streng parallelfaserig aufgebaut sind und
aus weichen, dicken, deutlichen gelatinösen Hyphen bestehen.
Excipulum dünn, Anschluß bei PJüalea.
6. Stenocybc major Nyl. verhält sich ganz ebenso, nur
sind die Hyphen nicht gelatinös. Mazaedium fehlend. Anschluß
bei PIÜLilea.
7. (oniocybc nivea {Hoiim) ist ein hellfarbiger, fleischiger,
im wesentlichen parallelfaseriger Pilz, mit langem Stiel und
rundlichem Köpfchen. Rehm bildet ihn in seinem Discomyceten-
werke als mit gut entwickeltem Excipulum versehen ab.
Allein das ist unrichtig. Coniocybe uivea (H.), von der Conio-
vybe pi/curiforiiiis Rehm 1892 kaum verschieden ist, gehört
zu jenen Pilzen, die bald keine Spur eines Excipulums auf-
weisen, bald ein nur mehr weniger angedeutetes. Wenn der
Pilz gut und üppig entwickelt ist, wie ich an einem Stücke
in Thümen, Herb. myc. oecon. Nr. 626 (als Roesleria
hypogacü Th. et Pass.) sah und wie auch die Stücke in
Sydow, Mycoth. germ. Nr. 131 (als Roesleria pilacriformis
P. H.) zeigen, ist keine Spur eines Excipulums vorhanden
und das Hymenium überzieht die ganze Oberfläche der locker
oder dicht plectenchymatisch gebauten Kugel an der Spitze
der Stiele. Die Hymenialschichte ist dann unten nur durch
eine schmale Ringfurche vom Stiele getrennt. Bei weniger
620
F. Hr.hnel.
Starker Entwicklung ist die Hymenialschichte nur flach-
halbkugeüg und dann wird unten der Raum zwischen dem
Stiele und dem Rande des Hymeniums ganz mit einem
radiärgebauten Gewebe ausgefüllt, das man als steriles Rand-
hymenium oder verkümmertes Excipulum deuten kann. So in
Fink, Lichens of Jowa als Conincybe pullida (P.) Fr. Nun
kommt aber auch \or, wie mir ältere Präparate zeigten, daß
sich an der Spitze des Stieles ein flach schüsseiförmiges,
500 |x breites, ringsum etwas eingebogenes und 80 jj. dickes
Excipulum entwickelt, dessen 15 bis 20 a dicke Innenschichte
aus dünnen Parallelhyphen besteht, während die etwa, 60 [x
dicke Außenschichte aus radiär angeordneten, etwas gelatinös
dickwandigen, 4 a breiten Hyphen gebaut ist, die senkrecht
zur Oberfläche stehen. Auf dieser ganz gut entwickelten, aber
niedrigen Schale sitzt nun das Hymenium, das aber nur in
der Mitte gut ausgebildet und gegen den Excipularrand hin
verkümmert ist.
Daher erklärt sich, warum Coiiiocybe bald zu den Pilzen
mit Excipulum (die Lichenologen und Rehm), bald zu
jenen ohne Gehäuse gestellt (Thümen. Schroeter, Boudier)
wird.
Es ist durch die Untersuchungen von Di tt rieh und
Durand (Ann. myc. 1908, VI. Bd.. p. 389) bekannt, daß sich
letztere aus den ersteren entwickelt haben. Coniocybe ist nun
eine bemerkenswerte Übergangsform.
Die Helvellaceen im Sinne Rehm 's sind eine unnatürliche
Gruppe, in der operculate und inoperculate Discomyceten
enthalten sind. Dieselbe muß aufgelöst und zerlegt werden
und die einzelnen Bestandteile müssen jenen Familien an-
gegliedert werden, aus denen sie sich nachweislich entwickelt
haben. Bei mehreren Gattungen ist ihre wahre Verwandt-
schaft schon bekannt, hei anderen, wie Geoglossuiu, nicht.
Es fragt sich nun, wo die wahre \'erwandtschaft von
Coniocybe liegt. Es gibt nun einen Pilz, der der Coniocybe
fiiveu ganz nahesteht, aber größer ( 1 5 bis 25 //;///- lang und
2 bis 5 mui breit) ist und eine zylindrische oder spateiförmige
Fruchtkeule hat und ganz wie eine einfache kleine Clavaria
aussieht. Es ist das die Xeolecta ßavovirescens Spegazz.
I'"ranniente zur M\'ki)logie. b^l
(Syll. Fung., VIll. Bd., p. 41). Wie aus der Beschreibung des
Pilzes hervorgeht und mir auch die Untersuchung eines
Stückes des Originals zeigte, gleichen sich die Neolecta und
CouioL-yhe uivca in den mikroskopischen Einzelheiten fast
vollkommen, so daß es zweifelhaft sein könnte, ob die beiden
Gattungen nebeneinander bestehen bleiben können.
-Xeoiccta hat auch Paraphj'sen, wenn auch nicht sehr
zahlreiche.
Da bei beiden Pilzen die vSporen ebenso breit wie die
Schläuche sind, müssen sich diese wohl mit einem Deckel
öffnen, was aber bei so schmalen, zarthäutigen Schläuchen
nicht so leicht sichergestellt werden kann. Allein Spegazzini
gibt ausdrücklich an, daß sich bei Xeolecta die Schläuche
mit einem Deckel öffnen.
Daher müssen Coniocybe und Neolecta zu den operculaten
Kupezizeen gestellt werden. Nachdem ich feststellen konnte,
daß sich bei Ncoh-cia die Schläuche mit Jod vorübergehend
blau färben, so könnte sich diese Gattung aus PlicdrieUa
Rehm (non Fuckel) entwickelt haben, während sich Coniocyhe
wahrscheinlich von Piihvü ableiten wird, die parallelfaserig
aufgebaut ist.
622 F. Höhnel,
Namenverzeichnis.
(iJie Nummern 154 bis 188 sind die der Fragmente 1154 bis 1188.)
Acolium sessile (P.) 188. — Acrospermum Adeanum v. H. 162, compressum
Tde. 162, ochraceum Sjrd. 162, parasiticum Syd. 162, Robergeanum Desm,
162. — Acrothecium (Acrothecula) delicatulum B. etBr. 166. — Actinonema
caulincola P. 179. — Amphisphaeria applanata Fr. 165. — Amphisphaerina
V. H. nov. gen. 169. — Anisostomula Cookeana (.A-wld.) v. H. 168. —
Apiospora Sacc. 184. camptospora P. et S. 184, curvispora (Speg.) Rehm
var. Rottboelliae Rehm 184, Montagnei Sacc. 184. Rottboelliae CR.) v. H.
184. — Appendiculella v. H. 160, calostroma (Desm.) v. H. 160. Cornu-
caprae 'P. H.) v. H. 160, Echinus (P. Henn.) 160, larviformis iP. H.) v. H.
160. — Ascomycetella punctoidea Rehm 157. — Ascospora Fr. 17 9,
Aegopodii P. 181, brunneola Fr. 179, 181, Epilobii (Fr.i Jacz. 181,
Himantia (Fr.) R. 179, melaena (Fr.) 179. — Asterella olivacea v. H. 159. —
Asterina Epilobii Desm. 181, Silenes (N.) Sacc. 180. — Asteroma D. C.
179. Bupleuri S. et R. 179, Epilobii Fr. 179. 181. Himantia Chev. 179,
Oerteiii Sj^d. 179, Phyteumae D. C. 181, Roumegueri Kze. 179, Silenes
Nssl. 180. — Barya agaricicola (Berk.) v. H. 162. parassitica Fe kl.
162. — Belonioscypha melanospora R. 188. — Blasdalea S. et Syd. 178.
— Bombardiastrum andinum Pat. 162, latisporum (Syd.) v. H. 162. —
Calicieen 188. • — Caliciopsis maxima (B. et C.'i v. H. 188, pinea Pe clc
188, stenocyboides (Nj^I.) 188. — Calicium praecedens Xyl. 188. —
Calospora Sacc. 177. — Calothyriopsis v. H. n. Gen. 159, conferta (Th.)
V. H. 159. — Calothyrium confertum Th. 159, Dryadis R.) v. H. 159. —
Capnodiella Sacc. 188. — Capnodiopsis mirabilis P. Henn. 157. — Ca rlia ^
Rbh. 179, 181. 185. — Catacaumella stromatica Fckl.) v. H. 182. —
Ceriophora v. H. n. G. 173. — Ceriospora Dubjä Xssl. 168. — Ceutho-
spora Visci (A. et S.) 176. — ■ Cladosterigma Clavariella (Speg.) v. H.
154, fusispora Pat. 154. — Clathrospora Rbh. 175. — Cl3-peoporthe v. H.
n. Gen. 172, Bambusae (Pat.) v. H. 172, monocarpa v. H. 172. — Ciyp eo-
stigma V. H. 163, 164. — Coleroa alnea (Fr.) v. H. 158. — Coniocybe
nivea (Hoffm.) 188, pallida (P.) Fr. 188, pilacriformis Rehm 188. —
Coniophora elegans (Morg.) v. H. 156. — Cryptonectriopsis biparasitica
V. H. 174. — Cryptopezia v. H. n. Gen. 165. mirabilis v. H. 165. —
Cucurbitaria populina (B. et A.) Rehm 165, protracta Fckl. 165, Sorbi
Gast. 165. subcaespitosa Otth. 165. — Cyanoderma viridiilum (B. et C.)
V. H. 162. — Cycloschizella v. H. n. Gen. 178, .\raucariae (R.) v. H. 178.—
Fragmente ?.ur Mykologie. 623
Cycloschizon Hrachylaenae R.) P. H. 178. — Cyphelium brunnenlmn
(Acli.) 188. — Debaryella liyalina v. H. 174. — Diaporthe (Euporthe)
Ramhusae Pat. 172, Maydis Berk.) K. et Ev. 172. — Diatrypeopsis
laccata Speg. 174. — Didymella Helleboii (ChailJ.i .Sacc. 187, piaeclara
Reiim 168, sambucina Rehm 169. — Didymodothis caujincola (R.) v. H.
165. — Didymosphaeria conoidea Nssl.-v. H. 174, Eutypae .S u r. 174.
striatula P. et S. 163. — Dielsiella Pritzeiii 178. — Dothidea Anethi Fr.
179 (Asteroma) Himantia Fi-. 179. hysterioides C'es. 163. Pi-ostii Desm.
187, Visci Kalchbr. 176. ■ — Dothidotthia v. FI. n. Gen. 177, Symphori-
carpi Rehm v. H. 177. — Dothisphaeropsis v. H. ii. (ien. 187, Helleboii
V. H. 187. — Ellisiodothis .Smilacis (de Xot.) v. H. 17)9. — Euryachoru
Epilobii (Fr.) v. Fl. 181, Eryngii (Fr.) v. H. 179. l.ibanotis (Fckl.i v. h'.
179. — Excipula stromatica Fe kl. 182. — Fleischhakia Awld. l.">8. laevis
Awld. 158, punctata .Awld. 158. — Gibberidea \'isci Fckl. 176. —
GraphylHum Chices Cl. 175, dacotense Rehm 175, — Griphosphaerioma
\-. H. n. Gen. 177. .S3'mph()ricarpi Rehmi v. H. 177. — Guignardia
Freycinetiae Rehm 163. — Haplovalsaria v. U. n. Gen. 171, simple.x v. H.
171. — Haplotheciella v. H. n. Gen. 187, Hellebori (Chaill.) v. H. 187. —
Hypoxylon stygium (Lev.) .Sacc. 174. ■ — Hyp.sotheca F. et Ev. is8. —
Hysterium aquilinum 183. — Irene Syd. et Th. 160. inerinis ( K'. et C.i
160, papiliifera Syd. 16o. — Julella argentina Speg. 167. Br..\i Fab. 167,
dactylospora Rehm 167, Leupoldina Rehm 167, luzonensis P. Henn. 167.
mnnosperma (Peck) Sacc. 167. Tulasnei (Cr.) Berl. et \'ogl. 167.
Zenkeriana P. Henn. 167. — ■ Kalmusia Lactucae Rehm 17o. — Karschia
Aiaucariae Rehm 178. — Keissleriella v. H. n. (Jen. 169. Aesculi w H.
169, sambucina (R.) v. H. 169. — Laaseomyces microscopicus Ruhl. 174. —
Lambertella v. H. 188. — Langloisula spinosa E. et Ev. 155. — Lejo-
sphaerella v. H. n. Gen. 168, praeclara (Relimi v. H. 168. — Lepto-
meliola v. H. 160, anomala (Tr. et Karl.) v. H. 1 6o, hyalospora (Lev.)
v. H. 160, javensis v. H. 160, 1(51, quercina (Pat.) v. H. 160. — Leptopelti."^
Jochromatis (R.) v. H. 159. — Leptosphaeria Gaii(MLim Sacc. (non Rob.»
170. — Leptostroma filicinum Fr. 186. — Leptothyrium lilicinum v. H.
186. — Lichenopeltella Cetrariae (Bres.) v. H. 159. maculaiT^ (Znpf v. it.
159. — Limacinia carniolica (R.) v. H. 159. — Melampsora punctitnrmis
Mont. 159. — Melanconium? bambusinum Speg. 184. — Melanopsamma
Amphisphaeria Sacc. et Schulz. 165, anaxaea (Speg.) 169. borealis
Karst. 165, caulincolum Relim 165, hypoxyloides v. H. 165. K'ansensi>
E. et Ev. 165, latericollis (Fr.) Sacc. 165, mendax S. et Rg. 165, lt)6.
numerosa P'autr. 165, Petrucciana Cald. 165, 169, pomiformis (P.) Sacc.
165, 169 vai-. monosticha Keissl. 165. Pustula (Curr.) Sacc. 165, recessa
(C. et P.) 169, Rhodomphalos (B.) Sacc. 165, Ruborum (Lib.i Sacc. 165.
Salviae Rehm 165, spliaerelloides 165, suecica Rehm 165, texensis (C.)
169. umbratilis 165, — Melanopsammina carinthiaca v. H. 165. — Meliola
Fr. 160, amphitricha Fr. 160, cladotricha Lev. 160, ? clavatispora Speg.
160, clavispora Pat. 160, Erythrinae Syd. 160, fusc<ipulveracea Rehm 16ti,
ü24 F. Höhnel,
inermis K. et C. 160, insignis Gaill. 160, rnanca Ell. et M. 160. muliis
B. et Hr. 160, Puiggarii Speg. 160, pulcherrima Syd. 160, rizalensis .Syd.
160, iiibicola P. H. 160, sanguinea E. et Ev. 160, subapoda Syd. 160,
X'iburni Syd. 160. — Meliolina Syd. 160, arborescens Syd. 160, clado-
tricha ((.ev.) 160, liapalochaeta Syd. 160, mollis (B. et Br.» v. H. 160,
octospora P. et S. 160, radians Syd. 160, YatesJi Syd. 160. — Merrillio-
peltis Calami P. H. 168. — Metasphaeria Salviae (R.) v. H. 165. —
Microcera Clavariella Speg. 104. — Microdothella culmicola Sj^d. 159. —
Micronectriopsis v. H. 163. — Micropeltis Flageoletii Sacc. 159. —
Microthyriella nlivacea v. H. 159. — Microthyrium Angelicae F. et Rg.
159, Cetrariae ISres. 159, confertum Theiss. 159. confusum (Desm.) v. H
159, grande Nssl. 159, Hederae Feltg. 159, Idaeum S. et Rg. 159^
ilicinum de Not. 159, Jochiomatis Rehm 159, macrosporum (Sacc v. H.
159, maculans Zopf 159, microscopicum Desm. var. confusum Desm. 159,
vai-. Dryadis Rehm 159, minutissimum Th. 159, Platani Rieh. 159, Salicis
V. H. 159. Smilacis de Not. 159. Umhelliferarum v. H. 159. — MoUisia
betulina (A. et S.") 158. — Monographos microsporus Nssl. 185. —
Mycosphaerella Himantia (P.) D. 179. — Nectria Petrucciana (C.) v. H.
165, pomiformis (P.) v. H. 165. — NectrielJa biparasitica (v. H.) Weese
174. — Neolecte llavovirescens Speg. 188. — Nodulosphaeria Galiorum
(Sacc.) V. H. f. Lactucae R. 170. — Nummmlaria Bulliardi Tul. 174,
discrcta (Schw.i 174. nummularium (Bull.) Keissl. 174, punctulata (B. et R.)
Sacc. 174, i-epanda (Fr.) 174, repandoides Fckl. 174. — Omphalospora
Himantia (P.) v. H. 179, melaena (Fr.) v. H. 179, Silensis (Nssl.) v. H.
180. — Ophionectria anceps (P. et S.) v. H. 162, trichospora (B. et Br.)
Sacc. 162. — Otthia populina Fcki. 165. var. diminuta Karst. 165, Rubi
V. H. 16t), Symphoricarpi E. et Ev. 177. — Otthiella Aesculi v. H. 169. —
Oxydothis grisea P. et S. 168. — Papularia hysterina (Sacc.) v. H. 184,
Rottboelliae v. H. 184. saccharina (P. et S.) v. H. 184. — Passerinula
Candida Sacc. 174. — Pemphidium nitidum Moni. 168. — Perisporium
Fr.-C"da. 158, alneum Fr. 158, betulinum (A. et S.) 158, disseminatum Fr.
158, extuberans Fr. 158, fagineum Fr. 158, funiculatum Preuss 158,
'j'ragopogi (A. et S.~| 158. typharum Sacc. 158, vulgare Cda. 158. —
Phaeobotryon \isci (Ivalchbr.) v. H. 176. — Phaeobotryosphaeria Speg.
176. — Phaeociboria v. H. 188. — Phaeodothis gigantochloae Rehm
163. — Phoma Anethi P.) Sacc. 179. — Phragmothyrium Hederae (Feltg.)
V. H. 159. — Phyllachora amphidyma P. et S. 163, 165. Canarii P. H.
1(')3, 164. — Physospora elegans Murg. 156. — Physosporella Fragariae
(K. et R.) V. FI. 168. — Physosporelleen v. H. 168. — Placostroma
aquilinum (Fr.) v. H. 183, Pterocarpi (Mass.) 183. — Plectophoma bacterio-
sperma Pass. 179, Umbelliferarum v. H. 179. — Pleamphisphaeria v. H.
167. — Plicariella Rehm (non Fckl.) 188. — Plowrightia Symphoricarpi
(E. et Ev.) 177. — Polystigma amphidyma (P. et S.) v. H. 164. — Preussia
Fcki. 158, funiculata Fckl. 158, Kunzei Fckl. 158. — Pseudotthia
Symphoricarpi Rehm 177. — Rhabdostroma Syd. 184. — Roesleria
Fragr^eate zur Mykologie. (52.)
liypogaea Th. et P. 188, piiacriformis P. H. 18S. — Roussoella Sacc.
163, Iiysterioides (Ces.) v. H. 163, nitidula Sacc. et Paol. 163. —
Scirrhiella Speg. 184, curvispora Speg. 184. — Scirrhodothis Aspidioium
(I.ib.^ V. H. 185, confluens Starb. 185. — Seynesia grandis (X.) Wint. 150,
Jochiomatis (R.) Tli. 159. — Sorica Giessenli. 188. — Sphaerella Fr.
17!^', brunneola Fr. 170, Eryngü (Wllr.) f. Libanotis Fe kl. 179. — Sphaeria
Aegopodü P. 179, .A.nethi P. 179, aquilina Fr. 183, Aspidiorum Lib. 185,
Cicutae Lasch 179, cinerea Fe kl. 177, corticola Fe kl. 177, Hellebori
Chaill. 187, ? Himantia Pers. 179. palustris B. et Br. 173. Ruborum Lib.
166. — Sphaeriothyrium filicinum Bub. 185, praecastrense iMass.) 185. —
Sphaeropsis Anethi (P.) Fe kl. 179, X'isci (A. et .S.i 176. — Sphinctrina
turbinata (P.i 188. — Stenocybe major X}'1. 188. — Stictochorella Um-
belliferarum v. H. 179. — Stigmatea alni F"ckl. 138. - Torrubiella
aranicida Boud. 162, sericicola v. H. 162. — Trichothj-rium Dryadis
Rehm 159. — - Tubeufia Adeana Relim 162, anceps P. et S. 162, cerea
(B. et C.) V. H. 162, coronata P. et S. 162, cylindrothecia (Seav.) v. H.
162, javanica P. et .S. 162. — Valsaria S3'^mphoricarpi E. et Fv. 177. —
Xenothecium v. H. n. Gen. 174, jodophilum v. l\. 174. — Xyloma aqLii-
iinum Fr. 183. — Zignoella Mocthieri 'Fckl.) 177.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographle, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
128. Band. 9. und 10. Heft
44
029
Zwillings- und Lageverzerrung
beim Staurolith
Von
Arthur Marchet
(Mit 2 Textfiguren und 2 Tatein)
(Vorgelegt in der Sitzung am 10. Juli 1919)
Gelegentlich einer Ausstellung des Minerals Staurolith in
einer Monatsversammlung der Wiener Mineralogischen Gesell-
schaft wurde von Hofrat F. Beck e und Kustos Dr. R. Koechlin
auf Unterschiede in der Ausbildung der einfachen Krystalle
und der Zwillinge nach (232) und (032) aufmerksam gemacht.'
Diese Unterschiede genauer zu untersuchen, war der Zweck
dieser Arbeit. Im Schlußteil wird dann auch der Versuch
gemacht, die \'erzerrung, welche die Krystalle durch ihre Lage
in dem geschieferten Muttergestein erleiden, zu verfolgen.
Es obliegt mir die angenehme Pflicht, an dieser Stelle
allen den Herren zu danken, die mich bei dieser Unter-
suchung unterstützt haben. Ganz besonders danke ich Herrn
Hofrat Prof. Dr. F. Becke für das Interesse und die Hilfe
bei der Durchführung der Arbeit. Den Herren Hofrat Prof.
Dr. C. Do elter und Kustos Dr. R. Koechlin verdanke ich
die Erlaubnis, die diesen Herren unterstehenden Sammlungen
zu benutzen. Den Herren Regierungsrat Dr. K. Kürschner
und phil. Wilhelm Koppi verdanke ich Untersuchungsmaterial
aus ihren Privatsammlunsfen.
1 .Mitteil. d. Wiener .Miner. Ges., 1917. Nr. 8«X p. 67.
()30 A. Marchct.
Einleitung\
Daß Zwillinge gegenüber den niitxorkommenden, ein-
lachen Krystallen häufig verzerrt erscheinen, ist schon lange
bekannt. In neuerer Zeit waren es besonders die Arbeiiep.
von Becke, Kreutz, Neugebauer und Tertsch, die sich
mit dieser Frage beschäftigten.^ In dem angeführten Referat
F. Becke's aus den P^ortschritten der Mineralogie, Kristallo-
graphie und Petrographie und in der Arbeit von St. Kreutz
sind auch ausführliche \'erzeichnisse der einschlägigen Lite-
ratur enthalten. Ich kann es mir daher ersparen, die bis dahin
erschienene Literatur näher anzuführen und verweise nur noch
besonders auf eine spätere Arbeit von St. Kreutz: Ein-
springende Winkel und Wachstumsgeschvvindigkeit an Calcit-
zwillingen.- K'reutz beschreibt hier das verschiedene Ver-
halten der einspringenden Winkel bei Penetrationszwillingen
nach (100) von Calcit aus Egremont. In jenen einspringenden
Winkeln, welche von der Zwillingsebene durchschnitten werden,
zeigt sich eine bedeutende Zunahme der Wachstimisgeschwin-
digkeit, die bis zur Ausfüllung dieser Winkel führt; eine
Erscheinung, die, wie weiter unten gezeigt werden wird, in
ähnlicher Weise auch bei den Staurolithzwiliingen auftritt.
Um die \^erzerrungserscheinungen genauer zu verfolgen,
geht man von den Zentraldistanzen der Flächen aus. Man
1 F. Becke, Ein Beitrag zur Kenntnis der Krystallfoniien des Dolomit.
Tschermak's Min.-petn»gr. .Mitt., 10. 18S9, p. 13.1. — Zwillingskiystalle
von Orthoklas. Ebenda, 22, 19Ü3. p. 195. — Gipszwillinge von Bochnia.
Mitt. Wiener Alin. Ges., 8. Jänner 1006. Tschermak's Min.-petrogr. Mitt.,
25, p. 214, und 26, 1907, p. 133. — Wheweliit. Ebenda, 26. 1907, p. 409. —
Über Krystalltracht. Verh. Deutscher Naturforscher u. Ärzte. 79. Vers., Dresden
1907, IL T., 1. .\bt., p. 202. — Die Tracht der Krystalle. Schriften d. Ver.
z. Verbr. naturwiss. Kenntnisse, W'ien. 47, p. 391. — Über die Ausbildung
der Zwillingskrystalie. Fortschr. d. Min.. Krist. u. Petr.. 1. 1911, p. 68. —
St. Kreutz. Über die Ausbildung der Krystallform bei Calcitzwülingen.
Dcnkschr. d. Ak. d. Wiss., Wien, math.-nat. Kl., SO, 1906, p. 15. -- F. Neu-
gebauer. Die Krystalltracht von einfachen Krystallen und Karlsbader Zwi'-
lingen des Orthoklases. Tschermak's Min.-petrogr. Mitt., 25, 1906, p. 413. —
H. Tertsch, Kristalltrachten des Zinnsteins. Denkschr. d. Ak. d. Wiss.. Wien,
mat.-nat. KL, S4, lOoS, p. 563.
'-' Tschermak's Min.-petrogr. .\liit.. 2S. 1909, p. 49^'.
Z\vil!ingsver/,eiTung beim Staurolith. bol
hat also die Entfernung dieser Flächen von dem Keimpunkt
des Krystalls zu bestimmen. Weil die einfachen Staurolith-
krystalle und auch die Zwillinge ein Symmetriezentrum be-
sitzen, kann man als Zentraldistanz die Hälfte der Ent-
fernung zwischen Fläche und Gegenfläche annehmen. Da es
bei dieser Untersuchung darauf ankam, \'erzerrungen durch
Unregelmäßigkeiten möglichst auszuschalten, so mußten die
Messungen an mehreren Krystallen zusammengefaßt werden.
Man erreicht das dadurch, daß man das Mittel der redu-
zierten Zentraldistanzen berechnet. Diese erhält man in
der Weise, daß man die Messungszahlen auf die Zentral-
distanz einer Flächenart bezieht, die dann für alle Krystalle
gleich bleibt. In unserem Falle wurde die Höhe der Krystalle,
d. i. die doppelte Zentraldistanz der Fläche (001), gleich 10
gesetzt, also alle anderen Zentraldistanzen des Krystalls durch
ein Zehntel der Höhe dividiert.^ Bei manchen Krystallen fehlen
Flächen, die sonst vorkommen, so z. B. die Endfläche beim
Staurolith von Zöptau. In diesen Fällen wurde die virtuelle
Zentraldistanz bestimmt unter der Annahme, daß die fehlende
Räche die Kante oder Ecke eben berührt, die an ihrer Stelle
..ufrritt.2
Aus den mittleren reduzierten Zentraldistanzen bekommt
man die relativen^ dadurch, daß man jene durch den Radius
einer mit dem Krystall volumgleichen Kugel dividiert. Zu
diesem Zwecke wurden mit den mittleren reduzierten Zentral-
distanzen Krvstallbilder konstruiert ^ und diese zur Bestimmung
1 Einfach das Mittel der gemessenen Zentraldistanzen zu nehmen, geht
aus dem Grunde nicht an, weil dann bei der verschiedenen Größe der Kry-
stalle die Zentraldistanzen der größeren Krystalle von größerem Einfluß auf
das Resultat sind als die der kleineren. Siehe diesbezüglich auch: Tertsch,
1. c. p. .'jGO.
■-' Vgl. H. Gerhart, Über die Veränderungen der Krystalltracht von
Doppelsulfaten durch den Einfluß von Lösungsgenossen. Tschermak 's -Min.-
petrogr. Mitt., 24, 1905, p. 367.
•" Siehe diesbezüglich die zitierten Arbeiten von F. Becke, H. Gerhart,
St. Kreutz. Xeugebauer und H. Tertsch.
' Zu den Konstruktionen wurden die Winkelmessungen von F. Hörner
benutzt: Beiträge zur Kenntnis des Stauroliths, Inauguraldissertation, Heidelberg
1915. — E. A. Wülfing und F. HJirner. Die krystallographischen Konstanten
H32 A. Marchet,
des Volums des abgebildeten Körpers verwendet. Man denkt
sich den Krystall in seine Anwachspyramiden zerlegt, deren
Höhe ist die mittlere reduzierte Zentraldistanz und deren
Grundfläche läßt sich aus der Zeichnung berechnen. Kennt
man die Winkel, unter denen die Flächen gegen die Bildebene
geneigt sind — sie sind in der stereographischen Projektion
als Abstand des Pols der Bildebene von den Flächenpolen
gegeben — , so ist die wahre Größe der Fläche gleich dem
Quotient: Größe der gezeichneten Fläche, dividiert durch den
Kosinus ihres Neigungswinkels gegen die Bildebene. Die
relativen Zentraldistanzen sind ein Maß für die Wachstums-
geschvvindigkeiten in den Richtungen der Flächennormalen
innerhalb eines Krystalls, sie sind aber nicht geeignet, direkt
die einfachen Krystall e mit den Zwillingen zu vergleichen. Die
Ursache davon ist die verschiedene Wachstumsgeschwindigkeit
bei einfachen Krystallen und bei Zwillingen. So wie bei den
Mineralen, die die oben zitierten Arbeiten behandeln, kann
man sich auch beim Staurolith überzeugen, daß die Zwillinge
ein größeres Volum besitzen als die mitvorkommenden, ein-
fachen Krystalle. Jene haben für manche Flächen größere
Wachstumsgeschwindigkeiten. Um also Zwillinge mit ein-
fachen Kr3/-stallen zu vergleichen, muß man für jene die ver-
gleichbaren Zentraldistanzen ^ berechnen.
Diese Berechnung hat natürlich nur dann einen Wert, wenn
man sicher ist, daß die einfachen Krystalle und die Zwillinge tat-
sächlich derselben Generation angehören und wenn solche Kry-
stalle verglichen werden, deren Größe möglichstder Durchschnitts-
größe entspricht. Aus diesem Grunde gebe ich die vergleich-
baren Zentraldistanzen nur bei den Zwillingen vom Monte
Campione und Trausnitzberg bei Zöptau an. Bei den
Fundorten Bretagne und Fannin müßte ich davon abstehen,
da mir von dort nur lose Kr^'stalle zur \''erfügung standen,
die den obigen beiden Forderungen möglicherweise nicht ent-
sprechen. Wenn ich gleichwohl bei den Zwillingen nach (032)
aus der Bretagne die vergleichbaren Zentraldistanzen anführe,
des Stauroliths vom St. Gottluird. Sitzungsher. d. Heidelheiger Ak. d. Wiss.,
mat.-nat. Kl.. Aht. A, 1915, 10. Abhandlung.
1 Siehe auch N'eugebauer, K'reutz, Tortsch, i.e.
ZwillingsN'cr/erruni; beim Staurolith. boo
SU geschieht dies deshalb, weil hier die größere Anzahl von
einfachen Krystallen und Zwillingen, die mir zur Verfügung
standen, immerhin die Wahrscheinlichkeit erhöhen, daß jene
beiden Forderungen so ziemlich erfüllt werden.
Die vergleichbaren Zentraldistanzen erhält man, wenn
man die gemessenen Zentraldistanzen des Zwillings
durch den Radius einer Kugel dividiert, die mit dem
neben dem Zwilling vorkommenden einfachen Krystall
volumsgleich ist oder, was auf dasselbe hinauskommt,
wenn man die relativen Zentraldistanzen des Zwil-
lings mit einem Faktor - multipliziert, wobei R gleich ist
r
dem Radius der mit dem Zwilling, und r gleich ist dem
Radius der mit dem einfachen Krystall volumgleichen Kugel.
In unserem Falle ist aber noch zu berücksichtigen, daß die
Krystallbilder, die zur Volumsberechnung dienten, Vergröße-
rungen auf die Höhe gleich 10 fw darstellen. Die linearen
Vergrößerungen betragen demnach , wenn h gleich ist den
h
mittleren wirklichen Höhen der einfachen Krystalle, respektive
der Zwillinge. Die Werte von R und r bekommt man nun
einfach dadurch, daß man den Radius (j, der mit dem ge-
zeichneten Mittelkrystall \olumgleichen Kugel durch die ent-
sprechende lineare Vergrößerung dixidiert:
R ^=: rj . r rr p • .
10 10
Es wären nun noch einige Worte über die Aufstellung der
Zwillinge und die Bezeichnung ihrer Flächen zu sagen.
Die Zwillinge nach (232) wurden durchu'egs so aufgestellt,
daß die Zwillingsebene die Lage der Fläche 232 hat, die
ZwiUinge nach (032) so, daß sie die Lage der Fläche 032 ein-
nimmt. Aus einem später zu erörternden Grunde (p. 655) haben
die beiden Individuen eines Zwillings niemals gleiche Größe
und Gestalt. Fast immer erscheint das eine Individuum durch
das zweite in zwei nicht in Verbindung stehende Teile geteilt,
die gegeneinander mehr oder minder verschoben erscheinen,
während bei dem zweiten Individuum wenigstens einzelne
634 • A. Marchet.
Flächen der Grundzone (Zone der c-Achse) von oben nach
unten durchlaufen. Dieses weniger \erzerrte Individuum wurde
in die Grundstellung gebracht und als Ind. 1 bezeichnet.
Zeigten, was selten der Fall war, beide Individuen durch-
laufende Flächen, so wurde das weniger verzerrte als Grund-
individuum aufgefaßt. Die Bezeichnung der Flächen wurde so
durchgeführt, daß die Hächensymbole des Zwillingsindividuums
nach einer Drehung von 180° um die Zwillingsachse sich mit
denen des Grundindividuums decken. Durch oben oder unten
den Symbolen beigefügte Striche wird bei jenen Flächen,
welche durch das andere Individuum in zwei Teile geteilt
werden, angedeutet, ob es sich um die Fläche der Ober- oder
die der Unterseite handelt. Das Zwillingsindividuum wird dabei
wieder in die Grundstellung gedreht gedacht. Ob die Flächen
der Grundzone durchlaufen oder unterbrochen sind, erkennt
man in den folgenden Tabellen der Zentraldistanzen dann
daran, daß die beiden Teile dieser Flächen entweder gleiche
oder imgleiche Zentraldistanzen haben.
Zentraldistanzen der einfachen Krystalle
und der Zwillinge.
In den folgenden Tabellen werden angeführt:
1. Die mittleren reduzierten Zentraldistanzen als Red. Zd.;
2. das arithmetische Mittel der Abweichungen zwischen
diesen und den reduzierten Zentraldistanzen der einzelnen
gemessenen Krystalle als Mittl. Fehler;
?K die relativen Zentraldistanzen als Rel. Zd.;
4. bei den Zwillingen nach (232) von Zöptau und Monte
Campione und den Zwillingen nach (032) aus der Bretagne
die vergleichbaren Zentraldistanzen als Vergl. Zd.
Der Radius der mit dem Mittelkrystall (Höhe = 10 cm)
volumgleichen Kugel ist mit ,o bezeichnet, die mittlere wirk-
liehe Höhe der gemessenen Krj'stalle mit //. ist der Faktor
zur Berechnung der vergleichbaren Zentraldistanzen (s. p. 633).
Virtuelle Zentraldistanzen sind durch eckige Klammern [ ]
kenntlich gemacht. Da die Zwillinge zentrisch symmetrisch
sind, so gelten die angeführten Zentraldistanzen auch für die
Zwillingsverzerrung beim Stuurolith.
635
j-aralielen Gegenflächen, wobei zu beachten ist, daß die Gegen-
lläche z. B. von 110' die Fläche IlO^ ist. Die Zentraldistanzen
der Flächen der Oberseite sind also gleich denen der Gegen-
flächen an der Unterseite und umgekehrt.
I. Trausnitzberg bei Zöptau, Mähren.
Einfache Krystalle.
Oul
110
Olu
101
Red. Zd
Mitt!. Fehler
I^el. Zd
[5- 00]
[2-19]
1-11
iJ • 1 7
0-411
1-71
0-33
o-7o
.0 z=z 2 • 282, h = 0- 504 cm.
Anzahl der gemessenen Krystalle 7.
2-85
0-34
1-25
Zwillinge nach (232).
001 lUO' IllO. IllO' IllO. 010' 010, I 101 101
Red. Zd.
Mittl. Fehler
Rel. Zd.
Verel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
[5 • 00]
[4-65]
0 • 00
0-O7
2-05
1-96
0 • 1)9
0-07
[2-01]
[1-87]
[5-99]
[5-57]
0-83
0-79
2-47
2-35
2-05
0-66
0-09
0-23
0-83
0-27
2-47
0-80
2-06
1-04
0-63
0-29
0-05
0-42
0-25
1-04
0-66
0-29
0- 10
1-25
0-75
0-42
0-27
1-25
0-80
3-32
3-45
1-34
1-39
3-99
4-14
2 • 39
1-85
0-96
0-75
2-86
2 "24
1 Die red. Zd. für (lOlJ und (101) wurden konstruktiv aus der
mittleren Flächenbreite von (101) (berechnet für Höhe von Ind. 1 i= 10)
ermittelt. Sie beträgt bei Ind. 1: 4 '46 (mittl. Fehler 0-32), bei Ind. 2:
2-99 (mittl. Fehler 0-24).
,0 = 2- 4SI. // = 1 • 38 an, ^=2- 98.
r
Anzahl der gemessenen Zwillinge 3.
686
A. Marchet,
IL Monte Campione, Kanton Tessin.
Einfache Kiv^stalle.
001
110
( ) 1 u
101
Red. Zd
Mittl. Felller
Rel. Zd.
5-00
0-00
■91
0-71
(»•16
0-41
1-14
0-19
0-66
3-09
0- 13
1 • 80
P == 1 • 7 1 8, // =r 1 • 5 1 cm
Anzahl der gemessenen Krystalle 4.
Zwillinge nach (2 3 2).
001 110' illO, 110' 110, 010'
010. 101 101
Red. Zd.
Mittl. Fehler
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
Rel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
Vera;!. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
5 • 00
4-94
0 • 00
0-51
2-43
2-45
0-73
0-65
1-63
1-61
0-79
0-80
4-12
4-07
2-00
2-02
2-43
1-36
0-73
0-25
0-79
0-44
2-00
1-11
1 • 93
1-11
0-62
0-16
0-63
0-36
1-59
0-91
1-23
0-87
0-16
0-13
0-40
0-28
1-01
0-71
1-23
0-92
0-16
0-26
0-40
0-30
1-01
0-76
4-50
4-11»
1-46
1-33
3-69
3-3
3-07
3 • 04
roo
0-99
2-53
2 • f) 1
1 Die red. Zd. für (101) und (101) wurden konstruktiv aus den
mittleren Flächenbreiten von (101) und (001) (berechnet für Höhe von
Ind. 1 = 10) ermittelt. Diese betragen
bei Ind. 1: (TOl) = 3-81 (mittl. Fehler 1-26),
(001) = 2-24 (mittl. Fehler 1*26),
bei Ind. 2: Joij = 2-08 (mittl. Fehler O'll),
(UUl) = 1-81 (mittl. Fehler <>-03).
rj — 3-073, // = 'l-lWctn,
R
2 • 53.
Anzahl der o-emessenen Zwillinge 3.
ZwillinnsverzeiTuna: beim StiUirolith.
63;
III. Fannin County, Georgia, U. St. A.
Einfache K r }'■ s t a 1 1 e.
w i
1 1 <J
<_) 1 u
IUI
Red. Zd
.Mittl. Fehler . .
5-00
Ü-00
1 "55
u • 1 r.
2-(ii
0-25
3-74
0-22
Rel. Zd.
1 -74
0-54
f. z= 2-869, // =: 3-21 L-IH.
Anzahl der gemessenen Kiystalle 2.
1-30
Zwillinge nach (0 3 2).
uoi
IIU'
110,
UIO'
U 1 0,
tl*-*,
110'
IUI
lOl
Red. Zd.
Mittl. Fehler
hid. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
Rel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
f) • 00
r> ■ 34
0-00
0-41
1-11
ri9
2-66
2-49
0-21
0-21
0-59
0-55
2-66
2-61
0-21
0-21
0-59
3-22
3-47
0 • 50
0 • 38
0-72
0-77
3 • 03
3-35
0-37
0-44
0-68
0-75
rj — 4-487, h = 2-04 cm.
Anzahl der gemessenen Zwillinge 4.
3 • tu
3-79
0-51
0-35
0-81
0-85
638
.A. Marchet,
Z WM 1 1 1 n g e n a c h ('2 3 2).
001 UO'lllO, 110' 110, lolO' lOlO, I 101 i 101
Red. Zd.
Mittl. Fehler
Rel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
5-00
2-83
2-83
2-42
2-30
3-11
3-11
3-85
5 • 34
2-89
2-26
2-63
2-22
2-10
2 • 20
4-34
0-00
0-50
0-50
0 • 34
0-42
U-GO
0-60
0-65
0-73
0-5U
0-86
0-46
0-51
0-40
0-72
1-16
0-60
0-66
0-56
0-53
0-72
0-89
1-24
0-67
o-r)3
0-61
0-51
0-49
0-51
1-01
4-06
4-31
1
0-94
1-00
1 Die red. Zd. für (101) und (101) wurden konstruktiv aus den
mittleren Fiächenbreiten von (TOl) und (001) (bereclmet für Höhe von
Ind. 1 = 10) ermittelt. Diese betragen
bei Ind. 1: (101) = 2-41 (mittl. Fehler 1-48),
(001) = 2-69 (mittl. Fehler 1- 10),
bei Ind. 2: (TOl) = 1-56 (mittl. Feliler 0-72),
(001) = 3-11 (mittl. Fehler 0-87).
.0 =: 4-311, h = 208 c-///.
Anzahl der oremessenen Zwillin^re 13.
IV. Bretagne.
Einfache Kry stalle.
<i01
llo 010 1 101
Red. Zd
.Mittl. Fehler . .
5-00
0-00
2-02
0-21
3-84
0-48
[4-69]
0-19
Rel. Zd
1-37
0-Ö5
1-05
[1-28]
rj :z= 3*650, // = 2'4( Llll.
Anzahl der fremessenen Krvstalle 12.
Zwilliiiysveiv.errunu- beim Staufnlith.
6:^9
Zwillino-e nach (0 3 2;.
001
HO'
HO,
HO,
HO'
010'
010,
101
Red. Zd.
.Mittl. Fehler
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
5 • 00
5-41
O-OO
(»•82
Rel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
Vergi. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
0-96
1-04
1 '22
1-32
3-33
3-
3-03
3-
0-43
(>•
U-45
0-
0-64
0-
0 • äS
()•
0-81
u-
0-74
()•
33
3-80
3-61
43 I 0-72
47
0 ■ 93
3-80
3-77
0-72
0-82
0-73
0-69
0 • 93
(»•88
0-73
0-72
0-93
0-91
44
54
64
79
R
[j = D- 212, // = 2 • 21 cm, -^ = 1- 27.
Anzahl der gemessenen Zwillinge 10.
Zwillinge nach (232).
OUl HO' HO. 1110' IllO, ;010' 010. 101 101
Red. Zd.
Mittl. Fehler
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
5-00
5-06
<)-00
1-11
Rel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
1-02
1 • 04
2-69
2-49
0 • 3H
0-48
0-55
<i-51
2-91
2-93
0-57
0 • 54
0-60
0-60
3-71
3-27
n-37
0-76
0-67
3-71
2-51
0-37
0-72
0-76
0-51
5-14
5-11
1-05
1-05
5-l(
5-3i
1-06
1-09
1 Die red. Zd. für (K»]) und (Tol) wurden konstruktiv aus den
mittleren Breiten dieser Fluchen (berechnet für HiUie von Ind. 1 = 10)
ermittelt. Diese betragen
bei Ind. 1: (lol) = 0-51 imittl. Fehler U-82),
(101) = 0-7O (mittl. Fehler 1-12),
bei Ind. 2: (101) = U-76 (mittl. Fehler 1-22),
(101) = 0-47 (mittl. Fehler 0-57).
Von den fünt gemessenen Zwillingen zeigte nur einer die (101)-
Flächen überhaupt entwickelt, daher ist auch der mittlere Fehler so groß.
p = 4-879, h = 2- 08 c///.
Anzahl der gemessenen Zwillinge 5.
640 A. Marchet,
Die Tracht der einfachen Krystalle.
Die einfaclien Staurolithkiystalle zeigen mehr oder minder
schlanke Säulenform. Bei allen vier untersuchten Fundorten
erscheint die Fläche (010) schmäler als das Prisma (110),
welches immer die kleinste Zentral distanz hat (siehe auch
Taf. I und 11, ?'ig. 1, 3, 6 und 9). Das Querprisma (101) ist am
stärksten bei den Krystallen vom Trausnitzberg entwickelt
(Fig. 1). Seine relative Zentraldistanz beträgt hier bloß 1"25.
Bei den Krystallen von Fannin tritt es schon etwas zurück
(rel. Zd. 1'30), noch mehr dann bei denen vom Mte. Campion e
(rel. Zd. 1"80). Die einfachen Kr^^stalle aus der Bretagne haben
diese Fläche nicht ausgebildet, wenigstens kam mir kein ein-
facher Krystall mit (lOl)-Flächen von diesem Fundort unter.
Je geringer die rel. Zd. der Flächen (110) bei diesen vier Fund-
orten ist, desto größer ist die der Endfläche. Die Krystalle von
Zöptau zeigen bei der starken Ausbildung des Ouerprismas
(101) die Fläche (<>01) überhaupt nicht entwickelt.
Die Tracht der Zwillinge nach (232).
Anders verhalten sich die Flächen bei den Zwillingen
nach (232). Auffallend ist vor allem die Abplattung nach
(010), die in den Zeichnungen (Taf. I und II, Fig. 2, 4, 5, 8
und 11) deutlich erkennbar ist und durch die kleineren rel. Zd.
dieser Flächen auch zahlenmäßig zum Ausdruck kommt. Be-
sonders stark ist dies immer beim Ind. 2 zu erkennen, wo
sich auch die Flächen ein wenig verschieden verhalten, je
nachdem sie der Ober- oder der Unterseite angehören. Meist
ist die rel. Zd. der (010^) des Ind. 2 etwas größer als die der
(010'). [Für die Fläche OTO gilt als Gegennäche die Um-
kehrung: rel. Zd. von (OlO') größer als die \on (OlO/)]. —
Wie aus den Tabellen herxorgeht, macht der Zwilling nach
(232) aus der Bretagne in dieser Beziehung eine Ausnahme,
die aber wohl durch mangelhaftes Untersuchungsmaterial
her\orgerufen ist. — Verschieden ist dann auch das Ver-
halten der Flächen (101) und (lOl). Die rel. Zd. der
(101) sind, besonders bei den Zwillingen vom Trausnitz-
berg und vom Mte. Campione, größer als die der (10 1).
Zwillingsverzerrung heim Staurolitli. (")41
Bei den Zwillingen von Fannin und von der Bretagne läßt
sich das nicht erkennen, da die zum Teil entgegengesetzten
Abweichungen innerhalb der Fehlergrenzen liegen. Für die
Endflächen (001) ist die Abnahme der rel. Zd. bei den Zwil-
lingen im Vergleich zu den einfachen Krj^stallen sehr charak-
teristisch. Von großem Interesse für die Zwillings\-erzerrung
ist schließlich das Verhalten der aufrechten Prismen.^ Zum
Unterschied von den einfachen Krystallen sind die rel. Zd.
der Flächen (110) und (110) verschieden voneinander. Die
rel. Zd. der (110') erscheint immer größer als die entsprechende
der einfachen Krystalle und größer als die der übrigen
aufrechten Prismen des Zwillings auch dann, wenn (110)
durchlauft (bei Ind. 1). Die zweitgrößte Zentraldistanz besitzt
die Fläche (110'), auch sie ist noch größer als die ent-
sprechende des einfachen Krystalls. Die rel. Zd. der Flächen
(110^)'^ und (iTOJ sind meist weit kleiner, nähern sich denen
der einfachen Krystalle oder sind, namentlich im Ind. 2, sogar
noch kleiner als diese.
Aus diesen Angaben geht schon hervor, daß durch die
gesetzmäßigen Verzerrungen die Zwillingsindividuen den rhom-
bischen Habitus der einfachen Krystalle verlieren. Wenn man
die Zentraldislanzen berücksichtigt, bleibt bloß das Symmetrie-
zentrum erhallen und jedes der beiden Zwillingsindividuen
bekommt einen triklin holoedrischen Habitus. Da weiters aus
später zu besprechenden Ursachen die beiden Zwillingsindivi-
duen verschiedene Gestalt haben, so erscheint auch die Zwil-
lingsebene nicht als Symmetrieebene und die dazu senkrechte
Zwillingsachse nicht als zweizählige Deckachse. Es besitzt
also auch der ganze Zwilling nach (232) bloß einen triklin
holoedrischen Habitus.
Um die Verzerrungen bei den Zwillingen zahlenmäßig
verfolgen zu können, sind in der folgenden Tabelle die Quo-
/;
tienten — — angeführt; dabei bezeichnet i) die vergleichbaren
1 Die rel. Zd. dieser Flächen bei dem Zwilling aus der Bretagne folgen
den nachstehenden Ausführungen infolge der Mangelhaftigkeit des Materials
nur teilweise.
- Wenn ÜIO) nicht durchlauft.
(342
A. Marchet,
Zentraldistanzen des Zwillings, d die relativen Zentraldistanzen
des einfachen Krystalls. -— gibt also an, um wievielmal die
VVachstumsgeschwindigkeiten normal zu den betreffenden
Flächen im Zwilling größer sind als im einfachen Krvstall.
D
der Zwillinge nach (2 3 2).
d
001 110' HO, 110' jllO. jOlO' 010, I 101 I 101
Trausnitzber!
-Mte. Campione
Ind. !
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
1-4
1-4
5-0
4-8
4-8
4-9
5-0
1-6
4-8
4-6
4-2
4-6
4-5
3-9
1-7
3-9
o . o
1-7
1-0
1-5
1-1
ri
1-5
1-1
3-2
3-3
2-1
1-9
2-3
1-8
1-4
1-4
Wie man aus der Tabelle sieht, ist die Wachstums-
geschwindigkeit senkrecht zur Fläche (HO') am stärksten]
\ergrößert, etwas weniger die senkrecht zu HTO'); weit ge-
ringer ist diese \''ergrößerung bei den entsprechenden Flächen!
der Unterseite (1 10^; und (110/), sobald (110) nicht wie beim!
Ind. 1 durchlauft. Von den Querprismen zeigt die Normale aufj
(101) eine ziemlich beträchtliche, die auf (TOI) aber eine ziem-
lich geringe Zunahme der Wachstumsgeschwindigkeit. Auch!
die Zunahme bei der Endfläche (001) ist unbeträchtlich. Ami
wenigsten ändert sich die Wachstumsgeschwindigkeit senk--
recht auf (010).
Wie Becke schon in seiner Arbeit über den Dolomit^!
betonte, findet eine Beschleunigung des Wachstums bei den
Zwillingen hauptsächlich längs der Zwillingsgrenze statt, und
zwar in Richtungen, die beiden Individuen eines Zwillings
gemeinsam sind. In einer stereographischen Projektion erkennt]
man diese Richtungen an dem Zusammenfallen von ihnen ent-
sprechenden Zonen beider Indi\iduen.
1 F. Becke. Ein lieitrag zur Kenntnis der Kivstallformen des Dolomit,]
Tschcrmak's Min.-petrogr. Mitt.. 10. 1889. p. Iß-j.
ZwillinüsverzeiTuna- beim Staurolith.
643
In der nachstehenden Projektion (Fig. 1) sind die Flächen
des Zwillings nach (232) eingetragen. Außer den dünn aus-
gezogenen Achsenzonen des Grundindividuums sind als starke
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D
hkl
hkl
h k l
[h k 1]
Fig. 1.
Zwilling nach (232).
Flächen des Staurolithzwillings,
Rhombendedekaeder,
Würfel.
Indizes des Grundindividuums,
Indizes des Zwillingsindividuums,
Indizes eines tesseralen Krystalls,
Achsenzonen des Grundindividumms.
Kantenzonen des Rhombendodekaeders und des Würfels,
wichtige gemeinsame Zonen des Zwillings,
Austrittspunkte der gemeinsamen Zonenachsen,
dazugehöriges Zonenzeichen.
Linien jene gemeinsamen Zonen eingezeichnet, welche von
der Zwillingsebene (232) zu den drei Endflächenpaaren jedes
der beiden Individuen laufen. Es sind dies die einfachsten
Zonen, die von der Zwillingsebene aus gelegt werden können.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 12S. Bd. 'i5
Ü44
A. Marcbet,
ihre Achsen werden daher, wenn man an das Raumgitter des
Krystalls denkt, relativ am reichsten mit Molekeln besetzt sein
und den stärksten Einfluß auf die Zwillingsverzerrung besitzen.
Das einfachste Zonenzeichen als primäre Radialzone [101] hat
die Zone (232) — (101). Die Beschleunigung des Wachstums
in der Richtung der Achse dieser Zone bewirkt vor allem die
starke Vergrößerung der vergleichbaren Zentraldistanzen der-
jenigen Flächen des aufrechten Prismas, die an der Zvvillings-
grenze liegen, d.i. (110') und (110'). Den Flächen (lOlj und
(010) geht diese Wachstumsrichtung parallel, deren Zentral-
distanzen werden durch sie also nicht beeinflußt. Da die
Wirkung der gemeinsamen Richtungen auf die Zentraldistanzen,
wie schon frühere Untersuchungen zeigten, um so mehr sinkt,
je weiter die betreffenden Flächen von der Zwillingsgrenze
entfernt sind, so ist die Zunahme der vergi. Zd. der Fläche
(101) geringer als bei den aufrechten Prismen, trotzdem die
Normale auf 101 einen viel kleineren W^inkel mit der Zonen-
achse einschließt. Deutlich läßt sich aber erkennen, daß (101)
eine größere Zentraldistanz besitzt als die unbeeinflußte (TOl).
Die Fläche (001) liegt von der Zwillingsgrenze noch weiter
ab, wird also noch weniger beeinflußt.
Von viel geringerer Wirkung als die Zone [101] sind die
beiden anderen Zonen (232) — (001) = [320] und (232) — (100) zr
r= [023]. Die Zonenachse von [320] geht parallel der Endfläche
(001) und nahezu parallel dem Prisma (110), während sie das
Wachstum senkrecht zu (110') befördert; sie verursacht also
die Verschiedenheit der Zentraldistanzen von (HO') und (HO').
Auch für die, wenn auch recht geringe Vergrößerung der
Zentraldistanz von (OIOJ gegenüber der von (OlO'j bei dem
Ind. 2 kann diese Achsenzone mit die Ursache sein. Die
gleiche Wirkung hat aber auch die dritte der gemeinsamen,
wichtigen Zonen [023]. Wenn die Zonen [320] und [101]
nicht beiden Individuen gemeinsam wären — hei den Zwil-
lingen nach (032) ist dies der Fall — , so würde die Zonen-
achse von [023] das Wachstum senkrecht zu (llO') und
(llOJ befördern. Dem wirken aber die beiden genannten
Zonen entgegen. [101] befördert das Wachsen senkrecht zu
(110') und (110') stark und in gleicherweise, die Achse von
ZwillinLiSverzcrrung beim Staurulitli. 645
(■32()| aber schließt mit der Normiilen auf (HO) den kleineren
Winkel ein als die Achse von [023] mit der Normalen auf
(110) und ist daher von größerem Einfluß als letztere. Die
Vergrößerung der Zentraldistanzen von (101) und (lOl) be-
wirkt sowohl die Zone [320] als auch die Zone [023], und
zwar bei beiden Flächen in gleichem Maße.
Aus der Projektion (Fig. 1) ist auch ersichtlich, daß die
Flächen des Zwillings ganz oder nahezu mit Flächen eines
tesseralen Krystalls zusammenfallen,^ der so aufgestellt ist,
daß die tz-Achse parallel der a-Achse des Stauroliths bleibt,
die /'- und t'-Achse aber gegen die entsprechenden Achsen
des Stauroliths unter 45° geneigt sind, d. h. daß eine Fläche
des Rhombendodekaeders an die Stelle der Endfläche des
Stauroliths gelangt. Wie man aus der Zeichnung ersieht, nehmen
(001), (010) und die Zwillingsebene (232) — letztere an-
nähernd — die Lage \on Rhombendodekaederflächen, die
Flächen des Querprismas und des aufrechten Prismas die
Lage von Flächen des Ikositetraeders (112), respektive (113)
ein. Die drei wichtigen gemeinsamen Zonen aber fallen nahezu
mit zwei Kantenzonen des Rhombendodekaeders — [101] =:
= [111], [320] =: [111] — und einer tesseralen Achsenzone —
[023] = [010] — zusammen.
Nach allem bisher Gesagten läßt sich bei den Zwillingen
nach (232) also erkennen, daß die Verzerrung durch be-
schleunigtes Wachsen in bestimmten Richtungen hervorgerufen
wird. Diese Richtungen erscheinen als Achsen wichtiger ge-
meinsamer Zonen des Zwillings. Die Wirkung dieser gemein-
samen Richtungen ist um so stärker, je einfacher das Zeichen
der Zone ist, deren Achse die betreffende Richtung darstellt.
Am stärksten werden die Zentraldistanzen dort vergrößert, wo
die Normalen auf die Flächen mit den gemeinsamen Rich-
tungen einen kleineren Winkel einschließen und wo die be-
treffenden Flächen an einer Zwillingsgrenze liegen, die mit
1 Auf Beziehungen zwischen den Winkeln des Stauroliths und denen
des tesseralen Sj'stems wurde schon von C. S. Weiss (Berl. Ak., 1831,
p. 312), Websky (Pogg. .\nn.. 1863, US, p. 255), Mallard (Bull. soc. min.,
Paris. 1884, 7, p. 381) und Cesuro (Bull. soc. min., Paris, 1887, 10, p. 244)
hingewiesen.
646 A. Marchet,
der Zwillingsebene zusammenfällt, also dort, wo diese Rich-
tungen zwischen den Normalen auf die Flächen der beiden
Zwillingsindividuen liegen.^ Die Folge des beschleunigten
Wachstums nach bestimmten Richtungen ist dann auch, daß
die Zwillinge größer sind als die einfachen Kr\'stalle.
Ich möchte hier noch auf das Porträt eines nur einseitig
ausgebildeten Zwillings vom Mte. Campione (Tat. I, Fig. 5)
aufmerksam machen. In dem spitzen einspringenden Winkel
der beiden Individuen, der von der Zwillingsebene getroffen
wird, reagiert das Grundindividuum stark auf die Wirkung
der gemeinsamen Richtungen. — Stärkeres Wachsen der
Prismenflächen und hierdurch Vergrößerung \on (010). —
Im stumpfen einspringenden Winkel, der von der Zwillings-
ebene nicht getroffen wird, ist das Grundindividuum hingegen
ähnlich ausgebildet wie die einfachen Krystalle.
Die Tracht der Zwilling'e nach (032).
Auch bei diesen Zwillingen kann man eine Beeinflussung
der Tracht durch die Zwillingsbildung erkennen, wenngleich
sie nicht so groß ist wie bei den Zwillingen nach (232). Sie
zeigt sich \or allem durch die Verkürzung der relativen
Zentraldistanz von (001), die in gleichem Maße erfolgt wie bei
den Zwillingen nach (232). Die relativen ^entraldistanzen der
Flächen (110) und (HO) erscheinen erhöht. Beim Zwillings-
individuum (Ind. 2) kann man auch beobachten, daß die
Wachstumsgeschwindigkeiten senkrecht auf (110^) und (110')
gleich sind und größer als die senkrecht auf (110'^ und (llO/).
Wenn die Flächen des aufrechten Prismas nicht durchlauten,
so erscheint daher die Kante zwischen (110) und (llO) jeweils
gegen die Zwillingsebene hin verschoben (siehe Taf. I, Fig. 7,
und Taf. II, Fig. 10). Die relativen Zentraldistanzen der Flächen
(101) und (TOl) sind kleiner als bei den einfachen KrN'stallen,
1 Ähnliche Beobachtungen machte St. Kreutz bei Zwillingen von
Calcit (Über die Ausbildung der Kr\-stallform bei Calcitzwillingen. Denkschr.
d. k. Ak. d. Wiss. Wien, math.-nat. KL, SO, 1906, p. 15. — Einspringende
Winkel und Wachstumsgeschwindigkeit an Calcitzwillingen. Tschermak's
Min.-Petr. Mitt., 2S, 19u9, p. 490).
Zwillinüsverzerruiit; beim Staurolitii.
647
was durch die gedrungenere Form der Zwillinge bedingt wird,
und einander gleich.
Wie aus diesen Angaben hervorgeht, verlieren auch die
Zwillinge nach (032) durch die gesetzmäßigen Verzerrungen
den rhombischen Habitus der einfachen Krystalle. Von den
ursprünglichen drei Symmetrieebenen bleibt bloß jene il(lOO)
erhalten, die senkrecht auf der Zwillingsebene steht, von den
drei zweizähligen Deckachsen bloß die tz-Achse, die der
Zwillingsebene parallel geht. Zwillingsebene und Zvvillings-
achse sind bei der Ungleichheit der beiden Individuen keine
Symmetrieelemente des Zwillings. Da durch die gesetzmäßige
Verzerrung das Sj^mmetriezentrum nicht verloren geht, hat
der Zwilling nach (032) den Habitus eines holoedrischen
monoklinen Kr3'stalls.
Um das Verhältnis der Wachstumsgeschvvindigkeiten im
Zwilling und im einfachen Krystall darzustellen, sind in der
folgenden Tabelle die Quotienten — - für die Krystalle aus
^ a '
der Bretagne angeführt {D = vergleichbare Zd. des Zwillings,
d = relative Zd. des einfachen Krystalls).
D
d
- des Zwillings nach (032) -aus der Bretagne.
001
llo,
HO
iTo'
010'
0 1 <•)
lul
101
Ind. 1.
Ind. 2.
0-9
1-0
1-5
1-3
1-5
1-5
0-9
0-8
0-9
0-9
[1-0]
[1-1]
1 Im einfachen Kiystall ist die Zentraldistanz der Flächen des
Quei'prismas virtuell.
Da die Zahlen für die vergleichbaren Zentraldistanzeii
aus dem p. 632 angeführten Grunde nur ziemlich rohe An-
D
näherungswerte sein dürften, so sind die \\ erte von — ,- nur
mit einer gewissen Vorsicht zu gebrauchen. Das Verhältnis
der Zahlen zueinander ist richtig, die absoluten Werte der
648 A. Marchet.
Zahlen erscheinen aber zu niedrig, da es den bisherigen
Erfahrungen widersprechen würde, daß die Wachstums-
geschwindigkeiten im Zwilling zum Teil kleiner sind (— -<:1
. u
als im einfachen Krystall. Mit Sicherheit geht aus diesen
Zahlen aber hervor, daß die größte Beschleunigung des
Wachstums senkrecht zu den Flächen des Zwillings bei (110)
und (110) eintritt. Sind diese Flächen in zwei nicht zu-
sammenhängende Teile getrennt fbei Ind. 2), so wachsen
(110^) und (ITO') rascher vorwärts. Wie schon oben erwähnt,
sind das jene Teile, die an der Zwillingsebene liegen. Die
Flächen (101) und (101) verhalten sich gleich und scheinen
eine, wenn auch wohl geringe Vergrößerung der Wachstums-
geschwindigkeit in der Richtung ihrer Normalen zu erleiden.
Dabei ist zu bemerken, daß schon bei den einfachen Krystallen
aus der Bretagne (Taf. II, Fig. 9) diese Wachstumsgeschwindig-
keit so groß ist, daß die Flächen gar nicht zur Ausbildung
gelangen. Bei den übrigen Flächen des Zwillings ist keine
wesentliche Änderung ihrer Zentraldistanzen zu beobachten.
Vielleicht wäre noch darauf hinzuweisen, daß augenscheinlich
die Fläche (010^) etwas rascher vorgeschoben wird als (010').
Zur Erklärung der Verzerrung durch das beschleunigte
Wachsen nach gemeinsamen Zonenachsen des Zwillings
ist die nachstehende stereographische Projektion gegeben
(Fig. 2). Wieder sind außer den Flächen des Zwillings und
den fein ausgezogenen Achsenzonen des Grundindividuums
die einfachsten, gemeinsamen Zonen des Zwillings als
starke Linien und die Austrittspunkte ihrer Achsen als
Sterne eingezeichnet. Wie man sieht, ist bei den Zwillingen nach
(032) die Achsenzone (010) — (001) = [100] beiden Individuen
gemeinsam. Sie hat als einfachste Zone auch auf die Zwillings-
verzerrung den größten Einfluß und bedingt das Vorschieben
der Flächen des aufrechten Prismas. Da die Achse dieser
Zone den Flächen (001) und (010) parallel geht, wird deren
Zentraldistanz nicht beeinflußt, wohl aber kann das Wachs-
tum senkrecht (101) und (TOl) vergrößert werden, wenn auch
nicht stark, da diese Flächen nicht an der Zwillingsgrenze
liegen und von der Zonenachse auch weiter entfernt sind als
i
Z\villini;sverzen-uni< beim Staurolith.
649
die Flächen des aufrechten Prismas. Das verschieden starke
Reagieren von (110^) und (HO'), respektive von (110') und
(ITO/) beim Zwillingsindividuum (Ind. 2) ist schon dadurch
erklärlich, daß bloß (110/) und (110') an jener Zwillings-
^^r'^iT^
/[wffK ^~"~;>,
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Fig. 2.
Zwilling nach (0 3 2).
• Flächen des Staurolithzwillings,
o Rhombendodekaeder,
D Würfel,
h k 1 Indizes des Grundindividuums,
h k 1 Indizes des Zwillingsindividuums,
li J; 1 Indizes eines tesseralen Kiystalls,
Achsenzonen des Grundindividuums.
Achsenzonen eines tesseralen Krystalls.
wichtige gemeinsame Zonen des Zwillings,
^^ Austrittspunkte der gemeinsamen Zonenachsen,
[h k 1] dazugehöriges Zonenzeichen.
grenze liegen, die mit der Zwillingsebene zusammenfällt, und
daher stärker vorgeschoben werden. Die gleiche Wirkung hat
aber auch die zweite gemeinsame Zone (032) — (100) z=z
— [023]. Deren Achse befördert, wie aus der Projektion
650
-A. Marchet.
ersichtlich ist, ebenfalls das Wachstum senkrecht zu (TlOJ
und (110^), respektive den Gegenflächen (HO') und (IIO').
Auch die Zentraldistanzen der Flächen des Querprismas (101)
und (101) können durch diese gemeinsame Richtung ver-
größert werden und schließlich könnte man auch die geringe
Vergrößerung der Wachstumsgesch\vindigkeit senkrecht zu
(010') — (010,) gegenüber (010,) = (010') durch sie erklären.
Auch die Zwillinge nach (032) lassen eine Ähnlichkeit
mit den Winkeln eines tesseralen Krystalls erkennen. Die
Aufstellung des tesseralen Krystalls ist die gleiche wie bei
den Zwillingen nach (232). — flOOj \\ (100) und fOllj \\ (001)
(siehe Fig. 2). — Die Zwillingsebene (032) fällt dann mit
einer Würfelfläche nahezu zusammen, die Endflächen (001) und
die Längsflächen (010) beider Individuen mit Rhombendodekaeder-
tlächen. Die Flächen des aufrechten Prismas und die des
Querprismas kommxen mehr oder minder genau in die Lage
von Flächen des Ikositetraeders (113), respektive (112). Wie
aus der Projektion ersichtlich ist, sind die beiden gemein-
samen Zonen des Zwillings aber dann nichts anderes als
Achsenzonen des tesseralen Krystalls.
Zusammenfassend läßt sich also aussagen, daß die Ver-
zerrungen des Zwillings nach (032) hauptsächlich durch eine
Vermehrung des Wachstums in der Richtung der a-Achse
hervorgerufen werden. Auch hier macht sich der Einfluß
dieser gemeinsamen Richtung vor allem dort geltend, wo die
beiden Zwillingsindividuen parallel der Zwillingsebene ver-
wachsen. Dadurch werden bei dem nicht durchlaufenden
Individuum (Ind. 2) die Kanten zwischen (110) und (110) auf
der Ober- und Unterseite gegen einander verschoben, was uns
in die Lage versetzt, ohne Winkelmessung zu erkennen, welche
von den beiden Verwachsungsflächen die Zwillingsebene ist.
Sie ist immer jene Verwachsungsfläche, der die Kante zwischen
(110') und (ITO'), respektive (110^) und (HO,) nähergerückt
erscheint.
Die Lage Verzerrung.
Außer der besprochenen Zwillingsverzerrung kann man
sowohl an den einfachen Krystallen als auch an den Zwil-
Zwülingsverzerrung beim Staunilith. bol
lingen eine Verzerrung beobachten, die durch die Lage des
Minerals in dem geschieferten IMuttergestein (Glimmerschiefer)
hervorgerufen wird.
Ist in dem Muttergestein oder der Lösung, in der irgend-
ein Krystall sich bildet, keine Richtung von den anderen ver-
schieden, so würde dieser Krystall die Oberfläche einer Kugel
annehmen, wenn seine Wachstumsgeschwindigkeit nach allen
Seiten gleich wäre, ein Fall, wie er etwa bei einem radial-
stvahligen Aggregat eintritt, bei dem die Radialrichtungen
immer die gleichen krystallographischen Richtungen sind. Die
relativen Zentraldistanzen geben nun an, wievielmal die Wachs-
tumsgeschwindigkeiten in den Richtungen der Flächennormalen
des Krystalls größer oder kleiner sind als die — gleich 1
gesetzte — Wachstumsgeschwindigkeit der mit dem Krystall
volumgleichen Kugel (siehe p. 631). Chemisch gleiche Krystalle,
die aus einem Medium auskrystallisieren, das keine von den
arideren ausgezeichnete Richtung besitzt, müssen bei gleichen
Flächen auch zumindest annähernd gleiche relative Zentral-
distanzen haben.
Anders bei Krystallen, die in einem Medium wie etwa
ein krystalliner Schiefer gebildet wurden, bei dem nur in der
Schieferungsebene alle Richtungen gleich sind, während Rich-
tungen unter verschiedenen Winkeln zur Schieferungsebene
sich verschieden verhalten. In der Schieferungsebene ist die
Wachstumsgeschwindigkeit einer bestimmten Flächennormale
am größten, senkrecht zu ihr wäre sie am geringsten. Die
relativen Zentraldistanzen einer Fläche müssen daher ver-
schieden sein, wenn die Flächennormale unter verschiedenen
Winkeln gegen die Schieferungsebene geneigt ist. Das oben
erwähnte radialfaserige Aggregat müßte in diesem Fall eine
Oberflächenform ähnlich der eines Rotationsellipsoids an-
nehmen. Es liegt daher nahe, zur Berechnung der relativen
Z.entraldistanzen hier nicht den Radius einer volumgleichen
Kugel, sondern den Halbmesser eines abgeplatteten Rota-
tionsellipsoids zu benutzen, dessen Drehungsachse senk-
recht zur Schieferung steht. Diese korrigierten relativ^en Zentral-
distanzen müßten dann bei gleichen Flächen gleich bleiben,
gleichgültig wie der Krystall in dem geschieferten Gestein liegt.
652 A. Marchet,
Die Halbmesser des volumgleichen Rotationsellipsoids
kann man mittels der Mittelpunktspolargleichung der Ellipse
(j- = — folgendermaßen berechnen.
1 — s- COS'^ 'f
Gegeben seien die auf den Radius einer volumgleichen
Kugel bezogenen relativen Zentraldistanzen d^ und d., der-
selben Flächenart von zwei Krystallen in zwei verschiedenen
Lagen, die durch die Winkel f^ und 'fo der Flächennormalen
mit der Schieferungsebene charakterisiert sind. Man setzt vor-
erst d'; = r-— — :^ ■ und dl =z . Daraus
^ 1 — s-cos-'f^ - 1 — c- cos- f .,
ergibt sich b- und s-. Aus diesen beiden läßt sich nach der
Formel a- ziz ~ auch die große Halbachse a der Ellipse
1 — s''
berechnen. Aus der angeführten Mittelpunktspolargleichung
der Ellipse bekommt man die den verschiedenen cp ent-
sprechenden Werte für p. Diese Werte sind aber noch nicht
ohne weiteres zur Berechnung der korrigierten relativen
Zentraldistanzen zu verwenden, da wir durch Rotation der
so berechneten Ellipse um die /^-Achse nicht ein volum-
gleiches Rotationsellipsoid bekommen und da die beiden
Kr3'stalle selbst nicht gleiches Volum besitzen. Das berech-
nete Rotationsellipsoid ist den beiden mit den Krystallen
volumgleichen Ellipsoiden aber »ähnlich« und besitzt das
gleiche \''erhältnis der Achsen a : b. Das \'olum dieses ähn-
/ 4
liehen Rotationsellipsoids ivzz:- a-b tz] sei v, die Volumina
der mit den zwei Krj'stallen volumgleichen EUipsoide seien
T'j und Fjj. Die halben Durchmesser Pj und Pjj sind dann
gleich fj V / — ^ und p v / ~- • Anal, wie früher (p. 631) kommt man
V f V ^'
zu den korrigierten relativen Zentraldistanzen, wenn man
die reduzierten Zentraldistanzen der Flächen dividiert durch
die — der Lage der Flächennormalen entsprechenden —
Halbmesser P der volumgleichen Rotationsellipsoide. Eine
1 p = halber Durchmesser der EIHpse, h = kleine Achse, s = nume-
rische Exzentrizität, -f = Winkel zwischen p und langer Ellipsenachse.
ZwillinasveizeiTuno- beim Staurnlitli.
653
Probe, ob die Annahme dieser Rotationsellipsoide als \'er-
gleichskörper richtig ist, ist dann die, daß die so berechneten
korrigierten relati\"en Zentraldistanzen der beiden Kr3'stalle aus
demselben Muttergestein für gleiche Flächen gleich groß sein
sollen.
In den folgenden Tabellen sind nun die zur obigen Be-
rechnung der korrigierten relativen Zentraldistanzen nötigen
\\'erte für zwei einfache Staurolithkrj^stalle aus der Bretagne
angeführt. — Die Stufe verdanke ich der Freundlichkeit von
Herrn phil. VVilh. Koppi. — Der eine Krystall (I) ist in dem
feinkörnigen Glimmerschiefer so gelagert, daß die krystallo-
graphischen Achsen h und c der Schieferung parallel liegen,
während bei Krystall II die ^-Achse zwar in der Schieferungsebene
liegt, die r- Achse aber gegen diese unter etwa 45° geneigt
ist. Man kann sofort sehen, daß der Kr3'stall I länger und
schmäler, II aber kürzer und breiter ausgebildet ist. Dies
spricht sich auch in den reduzierten und den auf die volum-
gleiche Kugel bezogenen relati\en Zentraldistanzen aus, die
im folgenden nebst den Winkeln '£,^ welche die Flächen-
normalen der beiden Krystalle mit der Schieferungsebene ein-
schließen, angeführt sind.
001
110
010
Red. Zd.
Rel. Zd,
5 • 00
5 • 00
1-70
1-39
0°
45°
1-44
2 • 00
0 • 49
0-55
64° 40'
40°
3-02
3-64
ro3
roi
0°
0°
T'j = loC)- 15 cm
Tjj = 196-65 <:;/;
;}
berechnet aus
der red. Zd.
Aus den relativen Zentraldistanzen der Fläche (001) und
den entsprechenden Winkeln f wird, wie oben angedeutet,
h- und 3- einer Ellipse berechnet, die den erzeugenden
1 Diese Winkel lassen sich aus einer stereographischen Projektion, in
der die Schieferungsehene eingetragen ist, leicht ablesen.
654
A. Marchet,
Ellipsen der volumgleichen Rotationsellipsoide »ähnlich« ist.
Man erhält:
b-^ — 1-451 und s- z=z 0-498,
somit auch
^2 z= 2 • 89, b — \- 205 .
Das Volum v des »ähnlichen« Rotationsellipsoids ergibt
4
sich aus der Formel f r=- a'-Z'7t mit 14- dS7 cni'^. Der Wert
für 0^~i beträgt 1-938, füri/-" 2-380. In der folgenden
Tabelle sind dann die Werte für p =: • / ,
V 1 -. 0-498. cos- 'f
dann PjrrpX 1-938 und Pji=pX2-38 und schließlich
die korrigierten relativen Zentraldistanzen (kor. Zd.) ein-
getragen.
00 1
110
010
Kor. Zd.
1
70
1
39
3
295
3
308
1
52
1
51
1-264
1-432
2 • 450
3 - 40S
0-59
0-59
1-70
1 ■ 70
3-295
4 - 046
0-92
0-90
Wie man aus den Zahlen für die korrigierten relativen
Zentraldistanzen ersieht, erscheinen diese tatsächlich für beide
Krystalle nahezu gleich. Es besteht daher die Annahme zu
Recht, daß in dem geschieferten Gestein die Lageverzerrung
bewirkt, daß, abgesehen von den \'erschiedenheiten der Rich-
tungen im Krystall, die Wachstumsgeschwindigkeiten sich so
verhalten wie die halben Durchmesser eines Rotationsellipsoids,
das uns bekannt ist, wenn wir für zwei Krystalle die auf die
Kugel bezogenen relativen Zentraldistanzen derselben Flächen-
art für zwei verschiedene, durch den Winkel ?p der Normalen
mit der Schieferungsebene charakterisierte Lagen kennen.
Z\villinysvcrzci-i-uni;- heim Staurolitli. DOO
Besteht aber diese Annahme für die einfachen Krystalle
zu Recht, so muß sie auch für die ZwiUinge Geltung haben,
die in geschiefertem Gestein auftreten.
Wir erinnern uns hierbei, daß, namentlich bei den Zwil-
lingen nach (232), große Verschiedenheiten zwischen Ind. 1 und
Ind. 2 zu beobachten sind, die nicht allein durch die Zwillings-
bildung hervorgemfen sein können. Liegen die beiden Zwil-
lingsindividuen verschieden zur Schieferungsebene, so müssen
aber infolge der Lageverzerrung die beiden Individuen ver-
schiedene Gestalt bekommen. So wie bei den einfachen Kry-
stallen ist es aber auch bei den Zwillingen möglich, sobald
man ihre Lage zlh- Schieferungsebene kennt, die korrigierten
relativen Zentraldistanzen zu berechnen. Dadurch daß man
die Zentraldistanzen nicht auf eine volumgleiche Kugel, sondern
auf das volumgleiche Rotationsellipsoid bezieht, müssen die
Unterschiede, welche die Lageverzerrung hervorbringt, fallen.
Die korrigierten relativen Zentraldistanzen müssen also für
gleiche Flächen der beiden Individuen streng genommen gleich
sein. Da es aber schwer möglich ist, die Lage der Schiefe-
rungsebene genau zu bestimmen und Unregelmäßigkeiten im
Wachstum nicht ausgeschaltet werden können und da ferner
das Rotationsellipsoid doch nur angenähert die Beeinflussung
des Wachstums im geschieferten Gestein darstellt, so wird
man sich damit begnügen müssen, daß die Unterschiede
zwischen gleichen Flächen beider Individuen zwar nicht ganz
verschwinden, aber doch weit geringer sind als bei Berech-
nung der relativen Zentraldistanzen mittels des Radius einer
volumgleichen Kugel.
Der Gang der Berechnung der korrigierten relatixen
Zentraldistanzen ist derselbe wie bei den einfachen Krystallen.
Man geht von den auf die Kugel bezogenen relativen Zentral-
distanzen derselben Flächenart von Individuum 1 und 2 des
Zwillings aus, deren Winkel cp (Flächennormale zur Schiefe-
rung) bei beiden Individuen verschieden sind und berechnet
sich daraus die Hauptachsen a und b der »ähnlichen« Ellipse
und deren Halbmesser p für die den xerschiedenen Flächen-
normalen entsprechenden Winkel '{;. Die Halbmesser des
volumgleichen Rotationsellipsoids P bekommt man wieder
656
A. Marchet,
nach der Formel P = p X
V
wobei V = Volum des
Zwillings, berechnet aus den reduzierten Zentraldistanzen,
und y 1= Volum des »ähnlichen« Rotationsellipsoids. Die korri-
gierten relativen Zentraldistanzen sind dann wieder die Quo-
tienten: reduzierte Zentraldistanz, dividiert durch entsprechenden
halben Durchmesser P des mit dem Zwilling volumgleichen
Rotationsellipsoids.
Im folgenden ist diese Berechnung an einem losen Zwil-
ling aus der Bretagne (Wiener Hofmuseum, A. v. 397) durch-
geführt. Aus der Ausbildung des Zwillings wurde geschlossen,
daß die Schieferungsebene ungefähr parallel der Z'-Achse des
Ind. 1 liegt und gegen dessen c^-Achse zirka 20° nach rück-
wärts geneigt ist. Die Winkel f zwischen den Flächennormalen
und der Schieferungsebene (Äquatorialkreis des abgeplatteten
Rotationsellipsoids), die reduzierten und die auf die Kugel be-
zogenen relativen Zentraldistanzen sowie die Differenzen A
zwischen den relativen Zentraldistanzen gleicher Flächen der
beiden Individuen sind in der folgenden Tabelle angeführt. '
OD]
1 lu
1 Im'
110,
)]n
Ind. 1
Ind. 2
Red. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
Rel. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
20°
57°
5-00
4 • 08
1 • 06
0 • 87
0-19
58°
09
58°
0°
2-46
2-76
0-52
0-59
0 • 07
58°
0°
2 • 80
3-26
0-60
0 • 69
0 • 09
30°
4-20
4-14
0-89
0 • 88
t ) • (j 1
Summe der Abweichungen
Volumen des Zwillings
Xa = 0-45
V =r 43b- 79 cm\
1 Sowohl (110) als auch (010) haben hei beiden Individuen oben und
unten gleiche Zentialdistanz.
i
Zwillinüsverzerruntr beim Stauroiith.
657
Die Achsen a und b sowie die numerische Exzentrizität s
einer Ellipse, der die erzeugende Ellipse des volumgleichen
Rotationsellipsoids »ähnlich« ist, ergeben sich aus den relativen
Zentraldistanzen der Flächen (001) von Ind. 1 und Ind. 2
unter Verwendung der entsprechenden Winkel cp (siehe
p. 652) mit:
Z7-^ = 0-650, E'^ = 0-477, ^2 = 1-243,
b — 0-806.
Aus diesen Werten bekommt man
f =: — a- b"::
3
4-W7 cm'
Das X'olum des Zwillings beträgt 435 ■ 79 cm\ Der Faktor
V
/ V
ist demnach gleich 4-700.
In der folgenden Tabelle sind die Werte von
und P m p X 4 - 7
/"
^'=V
0-65
l-0-477.cos2'i
für die Richtungen der betreffenden Flächennormalen, die
red. Zd. \
korrigierten relativen Zentraldistanzen
P
und
schließlich die Differenzen § zwischen den korrigierten Zentral-
distanzen gleicher Flächen der beiden Individuen angegeben.
OÜl
110
110'
110,
010
Ind. 1
Ind. 2
Ind.
1
p
Ind.
2
Ind.
1
Kor. Zd.
Ind.
2
1-06
ü-87
4-98
4-09
1-00
1 • 00
0-00
0-87
1 • 03
4-09
4-84
0 ■ iM)
0-59
0-01
0-87
1-11
4-09
5-22
0-60
0 ■ 53
0-07
63
0-05
06
Summe der Abweichungen Xs = 0-19.
658 A. Maichet.
Wie man aus obiger Tabelle erkennt, sind die korrigierten
relativen Zentraldistanzen für gleiche Flächen der beiden Indivi-
duen zw'ar nicht alle ganz gleich, doch ist eine bemerkens-
werte Annäherung zu verzeichnen, die namentlich in den
Summen der Abweichungen hervortritt. Während bei den auf
eine volumgleiche Kugel bezogenen relativen Zentraldistanzen
die Summe der Abweichungen 1^ = 0-45 beträgt, ist sie bei
den korrigierten relativen Zentraldistanzen, die auf ein volum-
gleiches Rotationsellipsoid bezogen sind, auf X2=:0'19 ge-
sunken. Durch eine geringe Änderung in der angenommenen
Lage der Schieferungsebene könnte das Resultat jedenfalls
noch verbessert werden, doch geht aus diesen Zahlen schon
hervor, daß die Hauptursache für die Ungleichheit der beiden
Individuen der Zwillinge die Lageverzerrung ist. Analog wie
bei den einfachen Krystallen kann man die Beeinflussung des
Wachstums durch die Verhältnisse im geschieferten Gestein
rechnerisch annähernd eliminieren, wenn man die reduzierten
Zentraldistanzen nicht mit dem Radius der volumgleichen
Kugel, sondern mit den in der Lage entsprechenden halben
Durchmessern eines volumgleichen Rotationsellipsoids in Be-
ziehung bringt.
Bis jetzt wurde nur jene Lage\-erzerrung besprochen, die
in solchen geschieferten Gesteinen auftritt, bei denen die Rich-
tungen in der Schieferungsebene keine Verschiedenheiten
zeigen. Besitzt das Muttergestein aber eine Streckungsrichtung,
so sind auch die Richtungen in der Schieferungsebene ver-
schieden. Ein Körper, der in einem >isotropen< Medium nach
allen Richtungen gleich schnell wachsen würde — ich ver-
weise wieder auf das Beispiel eines radialfaserigen Aggregats — ,
würde in einem derartigen Gestein eine Form annehmen, wie sie
etwa ein dreiachsiges EUipsoid zeigt. Denkt man sich den Ein-
fluß der Streckungsrichtung sehr stark, so würde dieses drei-
achsige EUipsoid sich der Form eines gestreckten Rotations-
ellipsoids nähern. Ein derartiges Beispiel einer Lageverzerrung,
ein Staurolithzwilling nach (232) aus der Bretagne (Min.-petrogr.
Institut der Wiener Uni\'ersität Nr. 5729) (Porträt Taf. II,
Fig. 12) wurde daraufhin untersucht. Zur \'ereinfachung der
Rechnung begnügte ich mich mit der Berechnung eines volum-
Zwillinirsverzerruii"- beim Staurulitli.
(359
gleichen, gestreckten Rotationsellipsoids, dessen lange Drehungs-
achse mit der Streckungsrichtung zusammenfällt. Die Berech-
nung wurde in ähnlicher Weise wie bei den früheren Bei-
spielen durchgeführt, wobei nach der Ausbildung des losen
Zwillings die Lage der Streckungsrichtung ungefähr parallel
der möglichen Querfläche (lOU) des Grundindividuums (Ind. 1)
und gleichzeitig parallel (TOT) des Zwillingsindividuums (Ind. 2)
angenommen wurde. In der folgenden Tabelle sind die Winkel 'f
zwischen den Normalen der einzelnen P^lächen und der
Streckungsrichtung (:=: lange Achse der »ähnlichen« Ellipse),
die reduzierten sowie die auf die volumgieiche Kugel be-
zogenen relativen Zentraldistanzen des Zwillings und schließ-
lich die Differenzen A zwischen den relativen Zentraldistanzen
gleicher Flächen beider Individuen angegeben.
001 110' i IIU. HO' j 110. , 010' t 010,
101
101
Ind. 1
Ind. 2
Ked. Zd.i
Ind. 1
Ind. 2
Rel. Zd.i
Ind. 1
Ind. 2
71'
51'
5 • UO
.j • 74
1 • 2,'i
1-44
0-19
66 =
48'
2 • 1 .1
2-40
0-54
0 ■ 60
0-06
66°
48°
2-15
3 • 03
0-54
0-76
0-22
66'
82'^
2-17
2' 21
0-54
[0T,5]
0-01
66°
82°
1-78
2 ■ 03
0-44
0-51
0 ■ 0';
19'=
51'
0-35
19°
.-)1°
79"=
90'
3
37
3
37
1
06
o
Ol
0
84
<J
84
(J
49
(_)
50
0 ■ 34
79°
43°
3-01
5-27
0-75
1-32
0-57
1 Die Zentraldistanz von (1 10') ist bei Ind. 2 virtuell.
Summe der Abweichungen = I^ = 1-84
Volumen des Zwillings := F m 2(56- 70 cv/r''.
Aus den relativen Zentraldistanzen der Endflächen (001)
\on Ind. 1 und Ind. 2 und den entsprechenden Winkeln 'f
wurden wie früher die Achsen a und b und die numerische
Exzentrizität der Ellipse berechnet, welche der erzeugenden
Ellipse des mit dem Krystall \olumgleichen Rotation.sellipsoids
ähnlich ist:
Sitzb. d. matlTem.-naturw. Kl., .\bt. I, )'2X. Bd.
46
660
A. Marchet,
/7-^ = 1-434, 3--^ = 0-78, c/-^
h — 1-198, a — 2-553.
6-518
Volumen des »ähnlichen« Rotationsellipsoids
4
V =: ~y ah'z = 15-336r/;7%
Volumen des Zwillings \' =z 'IQQ'IO ctif. Daraus
V
2-591.
Die folgende Tabelle enthält die Werte von
434
V 1 - 0 • 78 cos'-^ 'f
und P = .oX2-591
für die Richtungen der betreffenden Flächennormalen, ferner
die korrigierten relativen Zentraldistanzen ' kor. Zd. = '- -' )
P !
und die Differenzen o zwischen den korrigierten Zentral-
distanzen gleicher Flächen der beiden Individuen.
IM) 1
11 n'
110,
110'
1 10,
010'
010,
101
101
1-25
1-44
1-28
1-48
] -28
1-48
1-28
1-21
1-28
1-21
2-17
1-44
2-17
1-44
1-21
1 - 20
1-21
1-57
3-24
3-73
3-32
3-83
3-32
3-83
3-32
3-14
3-32
3-14
5-62
3-73
5-62
3-73
3-14
3-11
3-14
4-07
] -54
1-54
0-65
0-63
0-65
U-79
0 • 65
LO-70]
0 • 54
0-65
0-60
0-53
0 ■ 60
0-54
1-11
1-16
0-96
1-29
0 • 00
0-02
0-14
0-05
O-ll
0-07
0-06
0 • 05
0-33
Ind. 1
Ind. 2
Ind. 1
Ind. 2
Kor. Zd.
Ind. 1
Ind. 2
Summe der Abweichungen Xe=z:0*83.
Auch bei diesem Zwilling kann man ein starkes Sinken
der Abweichungen zwischen den Zentraldistanzen gleicher
Zwlllinysverzerj-uiiL;- beim Staun ilith. bt) I
Flächen der beiden Individuen beobachten, wenn man statt
der auf eine volumgleiche Kugel bezogenen relativen Zentral-
distanzen (Ia '=■ 1"84) die korrigierten relativen Zentraldistanzen
(X; z=. 0-83) verwendet, die sich in diesem Falle auf ein
gestrecktes, volumgleiches Rotationsellipsoid beziehen. Wie
schon früher erwähnt wurde, hätte für diesen Zwilling eigent-
lich richtiger ein dreiachsiges EUipsoid berechnet werden
sollen. Die Ungenauigkeit in der richtigen Bestimmung der
Lage der Streckungsrichtung veranlaßte mich aber, daß ich
mich mit der viel einfacheren Berechnung eines Kotations-
ellipsoides begnügte, das ja eine größere Annäherung an den
Einfluß der Lageverzerrung darstellt als die mit dem Krystall
volumgieiche Kugel.
Die obigen Rotationsellipsoide stellen eine Annäherung
an die Gestalt eines mit dem betreffenden einfachen Krystall
oder Zwilling volumgleichen Körpers dar, der etwa wie ein
radialstrahliges Aggregat ohne \Vachstums\erschiedenheiten
in sich selbst in dem gleichen geschieferten Muttergestein
gewachsen wäre. Die verschiedenen Richtungen in dem Ge-
stein bedingen schon für sich verschiedene VVachstums-
geschwindigkeiten, für welche die halben Durchmesser des
Ellipsoids ein Maß sind. Dadurch, daß man die reduzierten
Zentraldistanzen des Krj^stalls durch die entsprechenden Halb-
messer des \olumgleichen Ellipsoids dividiert, d. h. daß man
die verschiedenen Wachstumsgeschwindigkeiten eines volum-
gleichen Körpers ohne molekulare Richtlinien in jenen Rich-
tungen, die der Lage der betreffenden Flächennormale ent-
sprechen, jeweils gleich 1 setzt, erreicht man dann, daß die
so erhaltenen korrigierten Zentraldistanzen von dem Einfluß
der Lageverzerrung befreit sind. Diese Zentraldistanzen haben
also die gleiche Bedeutung wie die auf den Radius eine:-
volumgieichen Kugel bezogenen relativen Zentraldistanzen
eines Krj^stalls, der in emem Medium gewachsen ist, welches
keine Verschiedenheiten in den verschiedenen Richtungen er-
kennen läßt. So wie diese Zentraldistanzen haben auch die
korrigierten relativen Zentraldistanzen für gleiche Flächen
A. Marchet.
mehrerer Krystalle gleicher Art vom selben Fundort annähernd
dieselbe Größe. Die Unterschiede zwischen den korrigierten
relativen Zentraldistanzen verschiedener Krystallflächen werden
hauptsächlich durch die dem Krystall eigenen Verschieden-
heiten der Wachstumsgeschwindigkeit in der Richtung der
Flächennormalen hervorgerufen und geben, wenn man Zwil-
linge mit einfachen Krystallen vergleicht, ein Bild für die
Zwillingsverzerrung. Man kann an den drei angeführten Bei-
spielen erkennen, daß die Zwillingsverzerrung sich so äußert,
wie durch das Zusammenfassen der Messungen an mehreren
einfachen Krystallen und Zwillingen vom gleichen Fundort
gefunden wurde. Daß Abweichungen vorkommen, die der
gesetzmäßigen Zwillingsverzerrung widersprechen — z. B-
hohe korrigierte Zentraldistanzen der Flächen (llOj und
(101) bei Ind. 2 des letzten Beispiels (p. 660) und der Flächen
(ITO/) und (010) im vorletzten Beispiel (p. 657) — hat seine
Ursachen in Unregelmäßigkeiten des Wachstums, die wir
nicht verfolgen können, und beweist nur, daß einzelne Beob-
achtungen nicht genügen, um Gesetzmäßigkeiten zu finden,
sondern daß erst durch Zusammenfassen möglichst vieler
Einzelbeobachtungen die Unregelmäßigkeiten erkannt uncl das
Gesetzmäßige herausgeschält werden kann.
ZwillintisverzeiTimi; neiin Stauiolith. Duo
Bemerkungen zu den Tafeln.
Die Zeichnunyon sind nach dun mittleren reduzierten Zentraidistanzeii
konstruiert. Bloß Fig. 5 und 12 stellen zwei vergrößerte Porträts von Zwil-
lingen nach (232) dar. Alle Zwillinge nach (232) sind so abgebildet, daß
die (bei Züptau virtuelle) Zentraldistanz der Fläche (001) 2' 5 cm beträgt,
die einfachen Krystalle und die Zwillinge nach (032) so, daß sie mit jenen
jeweils volumgleich sind. Die Linien neben den einfachen Krystallen vom
Trausnitzberg bei Zöptau (Fig. 1) und vom .Monte Campione (Fig. 3) stellen
dar, wie groß die c-.\chse dieser Kiystalle gezeichnet werden müßte, wenn
das Grüßenverhältnis zwischen dem einfachen Krystall und dem Zwilling
nach (232) vom gleichen Fundort dem in der Natur entsprechen würde. Die
in der Tafelerklärung angegebenen Vergrößerungszahlen geben die lineare
Vergrößerung der Zeichnung gegenüber der wirklichen mittleren (Iröße der
untersuchten Krystalle.
Tafel I.
l'"ig. 1. Einfacher Krystall. Trausnitzberg bei Züptau. Vergr. zirka
10^/5 mal.
F'ig. 2. Zwilling nach (232), Fundort wie Fig. 1. Vergr. zirka 3&.^mal.
Fig. 3. Einfacher Krystall, Monte Campione, Kanton Tessin. Vergr. zirka
6 mal.
Fig. 4. Zwilling nach (232), Fundort wie Fig. 3. Vergr. zirka 2^ ;. mal.
Fig. 5. Porträt eines bloß einseitig ausgebildeten Zwillings nach (232).
Fundort wie Fig. 4. Vergr. zirka 2i/j;^mal (siehe p. 646).
F'ig. G. Einfacher Krystall, Fannin County, Georgia, U. St. A. \'ergi.
zirka 21'.. mal.
Fig. 7. Zwilling nach (032), Fundort wie Fig. 6. Vergr. zirka 2 •'/;, mal.
Fig. 8. Zwilling nach (232), Fundort wie Fig. 6. Vergr. zirka 2-r,mal.
Tafel IL
Fig. 9. Einfacher Krj'stall, Bretagne. Vergr. zirka 2-';),mal.
Fig. 10. Zwilling nach (032), Fundort wie Fig. 9. Vergr. zirka 21/,^ mal.
Fig. 11. Zwilling nach (232), Fundort wie Fig. 9. Vergr. zirka 2'^r^ma.\.
Fig. 12. Porträt eines gestreckten Zwillings nach (232), Bretagne. Vergr.
zirka 1' ^mal (siehe p. ().")8).
Marehet A.: Zwillings- und Lageverzerrung- beini Staurolith.
Taf. f.
Fig. 8
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., mntli.-natuiw. Klasse, Abt. 1, 128. Bd., lOli».
Marehet A. : Zwillings- und Lageverzerrung beim Staurolith. Taf. II.
J--
l-ig. 9
Fig. 11
Fi-. 12
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. 1, 12S. Bd., lOlli.
665
Über Hydathoden bei Araceen
Von
stud. phil. Lene Müller (Neuß a. Rhein)
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien
Nr. 132 der zweiten Folge
(Mit 3 Textfiguren und 2 Tafeln)
(Vorgelegt in der Sitzung am 9. Oktober 1919)
A. Einleitung.
Auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Hof-
rat Prof. Dr. H. Molisch, beschäftigte ich mich seit Ende
1917 mit dem Studium der Hydathoden der Araceen. Da im
Januar 1918 mehrere Exemplare von Amorphopluillns Rivievi
im Gewächshause des Instituts zum Blühen kamen, so wurde
zunächst das seltsame Phänomen der starken Saftausscheidung
am Appendix des Blütenkolbens dieser Pflanze untersucht.
Diesem folgten dann im Laufe des Jahres weitere Beob-
achtungen über liquide Sekretion der Araceen, die sich aber
hauptsächlich auf Blattspitzen bezogen. Etwa Mitte November
ließ sich ein eigentümlicher Blattdimorphismus bei einer Potlios-
Art konstatieren, auf Grund des \'erschiedenen \'orkommens
hydathodenähnlicher Organe. Den Ergebnissen zufolge teilt
sich demnach vorliegende Arbeit in folgende Abschnitte:
I. Die Saftausscheidung am Appendix des Blütenkolbens
von Aniorphoplialhts Rivieri.
II. Die Saftausscheidung an Blattspitzen von Araceen:
1. Tj'pus PJiiloJeiiJroii;
2. Typus Alocasia;
3. Typus Colocasia antiqiiorniu.
III. Hydathoden und Blattdimorphismus bei Poilios gracilis.
666 ].. Müller,
Bevor auf die eigenen Untersuchungen nälier eingegangen
werden soll, möge noch bemerkt werden, daß das ^hlterial
zu vorHegender Arbeit teils aus dem Gewächshaus des lu-
stituts, teils aus dem botanischen Garten, ferner aus den
Gewächshäusern in Schönbrunn und den Rothschild-Gärten
in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt wurde, wofür
ich auch an dieser Stelle meinen Dank sagen möchte.
Die Zeichnungen wurden mit dem Abbe'schen Zeichen-
apparat nach Handschnitten oder nach aufgehelltem Material
entworfen.
Was die bisherigen literarischen Ergebnisse der Unter-
suchungen über liquide Ausscheidung speziell bei Araceen
anbetrifft, so wird darauf im Laufe der Arbeit jeweils Bezug
genommen werden.
B. Eigene Beobachtungen.
I. Die Saftausscheidung am Appendix von Aniorphophallus
Rivieri.
1. Das auffallende Phänomen der starken Saftausscheidung
am Appendix von Aiiiorpliopluiilns Rivieri wurde seit Jahren
von Herrn Hofrat Molisch beobachtet und er regte mich an,
dies näher zu untersuchen. Weiterhin erfuhr ich durch ihn,
daß -diese Aracee sich unter dem Namen »Tränenbaum« immer
mehr als Zimmerpflanze einbürgere. Erkundigungen, die ich
hierüber bei Leuten, die im Besitz von Amorpliopluil/tis-
Knollen sind, einzog, brachten mich zu dem Ergebnis, daß
die Pflanze den Namen Tränenbaum im V'olksmund wohl der
Ausscheidung von kleinen Tröpfchen an dem großen, fuß-
förmig zerschnittenen, sich in den Sommermonaten ent-
wickelnden Blatt verdanke, worauf später näher eingegangen
^\'erden soll. In der bisherigen Literatur finden sich keine
Angaben über die Ausscheidung am Appendix des Blüten-
kolbens. Die Kenntnis dieses Phänomens wurde mir durch
meinen verehrten Lehrer vermittelt. Der Grund, warum die
Erscheinung der Guttation am Appendix noch nicht beob-
achtet wurde, liegt wahrscheinlich darin, daß diese Pflanze
unter Kulturbedingungen nicht gerade häufig zur Blüte gelangt.
HvdatlmdL-n bei Aracoen.
667
Etwa Anfan,^- Januar hegiiint sich dei' iJUiteiT-cliaft zu entwickeln. Sein
Wachstum ist ein sehr schnelles, besonders wenn er das letzte Scheiden-
blatt verlassen hat. An meliicren Exemplaren, die ungefähr eine Höhe von
20 bis 28 cm erreicht halten, als der Blütenschaft hervorkam, stellte ich
din-ch Mcssunoen eine tä.nliche Waciistumszunahme von 3 cm fe^t. An
wärmeren Tagen, wie z. B. vom li>. auf den 11. Februar 1918, betrug die
Zunahme sogar 41'., r///. .Am 22. Februar hatte der .Schaft eine Höhe von
92 cm erreicht. An diesem Tage begann sich die Spatha zu öffnen, nachdem
in den letzten Tagen ihre anfänglich hellgrüne, gesprenkelte Farbe, die mit
der des Schaftes übereinstimmte, allmählich in eine gescheckt violette über-
gegangen war. Der .Appendix trat immer mehr aus der Spatha heraus. .Am
25. Februar hatte die Pflanze eine Höhe von 1 ;// und damit ihre definitive
Länge erreicht. .Am folgenden Morgen hatte sich die Spatha geöffnet, so
daß man vollends in den von ihr gebildeten Becher hineinschauen konnte,
der unten die Infloreszenz zeigte. Die gestern noch weißen männlichen
Blüten, die über den weiblichen stehen, zeigten einen rötlichen Hauch. Der
K'olben begann einen starken aasartigen, an eine Raubtieimenagerie er-
innernden Geruch zu verbreiten, ähnlich dem von Stcipelia und Phallus.
Gegen 6'' abends zeigten sich am unleren Teil des Appendix, in einer
Höhe von zirka 10 cm, die ersten kleinen, wasserhellen Saftperlchen, die
liöher hinauf an Zahl abnahmen; der oberste Teil des Kolbenanhanges war
vollständig trocken. Zeitig in der Früh am folgenden Morgen hatte sich die
.Ausscheidung verstärkt. Die~ Perlchen an der Basis waren zu mehr minder
großen Tropfen geworden, darüber hatte die Zahl der Tröpfchen zugenommen.
Gegen Mittag hatte sich die Ausscheidung bis zur Spitze ausgedehnt. In den
folgenden Tagen verstärkte sich die Ausscheidung und die Tropfen ver-
einigten sich zu kleinen Lachen. Die männlichen Blüten gingen allmählich
über Rosarot ins Braune bis Schwarzbraune über. Parallel hierzu ent-
wickelten sich auch die Gynoecien. Die Ausscheidung zeigte sich besonders
in diesen Tagen zeitig in der Früh und gegen Abend. Allmählich .setzte
auch das Ausstäuben des Pollens in kohärenten Massen ein. Nachdem aber
am 8. bis 9. März die Anthese vollends ihren Höhepunkt erreicht, war auch
die Guttation am stärksten. Mit der Abnahme der Bestäubung ließ auch die
liquide Sekretion nach, um schließlich völlig zu stagnieren. Es trat dann ein
Welken ein und der hohe Schaft sank.
Nach die.sen Beobachtungen ist anzunehmen, daß die
Saftau.sscheidung zu.sanimenhängt mit den .-^ich steigernden
Lebensvorgängen im Innern der Pflanze zur Zeit der Be-
stäubung. Bei der Anthese findet auch eine, wenn auch nicht
so hochgradige wie bei Sanroiiiaiitiii, so doch immerhin
nennenswerte Erhöhung der Temperatur des Kolbens um
2 bis H° gegenüber der der Umgebung statt. Es ist wahr-
scheinlich, daß die Saftausscheidung als blütenbiologische
ks
L. Müller,
Einrichtung aufzufassen ist und zugleich mit der Erwärmung
des Appendix und mit dem starken aasartigen Geruch in der
Heimat dieser Aracee anlockend auf die Insekten wirkt und
so eine Kreuzbefruchtung begünstigt. Der gleiche Vorgang
ließ sich bei mehreren Exemplaren beobachten, die alle mehr
minder klar die Saftausscheidung zeigten, und zwar alle in
derselben Rhythmik. Bei der Nachprüfung meiner vorjährigen
Beobachtungen in diesem Jahre stand mir sogar eine Pflanze
zur Verfügung, deren Blütenschafthöhe l'Aö cm betrug, wovon
allein auf den Kolbenanhang 43 cm entfielen.
2. Um nun den Ort der Ausscheidung kennen zu lernen,
untersuchte ich den anatomischen Bau des Appendix. Wie
schon erwähnt, setzt sich der Blütenkolben in eine braun-
rote, schwere, oft beträchtlich lange Keule fort, die aus dem
von der Spatha gebildeten Becher hervorragt. Dieser Kolben-
anhang ist das saftausscheidende Organ. Er besteht aus einem
lockeren, zum Teil hohlen, zentralen Wassergewebszylinder,
der von vielen Gefäßbündeln durchzogen ist. Diesen umgibt
ein mehr minder dicker Parenchymmantel, der aus dünn-
wandigen, stärkereichen Zellen besteht. Ich behandelte sowohl
Flächen- wie Querschnitte des Appendix mit Eau de Javelle
oder mit Chloralhydrat, um die Präparate aufzuhellen und
um das Anthokyan, welches vornehmlich die subepidermale
Zellschicht erfüllt und wodurch der Appendix seine schwarz-
rot-braune Farbe hat, zu zerstören.
Ein Flächenschnitt zeigt bei schwacher \'ergrößerung
folgendes: In der rot gefärbten Zellschicht liegen die Wasser-
spalten: denn als solche glaube ich die in Mengen auf-
tretenden Spaltöffnungen ansprechen zu dürfen. Wenigstens
finden sich sonst keine Organe, durch die die liquide Sekre-
tion erfolgen könnte. Die Hydathoden treten als grüne Appa-
rate hervor, und zwar immer einzeln, nicht wie z. B. bei den
Blättern von Boelimeria in Gruppen angeordnet. Für den
oberen Teil des Appendix ergab sich bei Flächenschnitten in
1 Gesichtsfeld, bei Anwendung von Okular 2 und Objektiv 3
des Reichertmikroskops, die Durchschnittszahl 20, im mittleren
Teil 23 und im unteren, über der Infloreszenz, 27. Es war
ja auch dt;r untere Teil, der zuerst und am deutlichsten die
Hydathndcn bei Aiacecn. 669
Ausscheidung zeigte. Obwohl die Guttation am Appendix
höchst auffallend ist, so zeigt doch der anatomische Bau der
einzelnen Hydathode weder durch seine Form noch durch
seine Größe etwas besonderes. Von der Fläche betrachtet,
tritt er dadurch hervor, daß unterhalb der Spaltöffnungen und
ihren Nebenzellen — teils findet man einen, teils zwei mehr
minder vollständige Kreise von Nebenzellen — das Chloro-
ph}-!! nicht durch das Anthokj'an verdeckt ist. Eine aut-
fallende Dimension, wie sie bei anderen Araceen an den
Wasserspalten der Blätter zu verzeichnen ist, fällt hier nicht
auf (Fig. 2).
Betrachten wir nun den Querschnitt (Fig. Ij. Die Leitungs-
bahnen der das lockere, maschige Mittelgewebe durchziehenden
Gefäßbündel vereinigen sich im Parenchym zu Hauptästen, die
ihre Ausläufer bis wenige Zellen unterhalb, oft direkt bis zur
Atem-, respektive Wasserhöhle der einzelnen Wasserspalte
senden (Fig. 1, //'). Ein Epithemgewebe ist nicht vorhanden.
Es fällt also die Annahme einer lokalen Druckfiltration fort,
da wir nach Haberlandt^ meistens dort lokal aktives Aus-
pressen von Flüssigkeit vor uns haben, wo ein Epithem vor-
handen. Die Annahme einer einfach fortgeleiteten Knollen-
druckfiltration wurde durch den Versuch bekräftigt, daß ein
unbeschädigter Ainorpliopliallns zirka 3 cui über der Knolle
unter Wasser abgeschnitten wurde und der Schaft mit dem
Kolben in Wasser stehen blieb. Die Ausscheidung ging nur
noch kurze Zeit in kleinen Wasserperlchen vor sich zufolge
des noch im Blütenschaft vorhandenen Überdruckes, dann
hörte sie auf. Dagegen zeigte die Schnittfläche des Schaft-
stumpfes eine reichliche Ausströmung. Es ist also anzunehmen,
daß die Betriebskraft für die Ausscheidung vom Knollendruck
geliefert wird, der dann durch die Gefäße in dem maschigen
Gewebe vveitergeleitet wird. Dieser Knollendruck ist ein Ana-
logen des Wurzeldruckes. Die Tatsache, daß hier von der
Knolle, also von einem Stamm, ein osmotischer Druck ge-
liefert wird, muß betont werden, da ein solcher Druck, der
t Haberlandt G., Anatomisch-physiologische Unters, über d. trop.
I.aubhlatt. Abhandl. II, 1895. Sitzungsber. d. AUad. d. Wiss. Wien.
670 L. Mül er.
schließlich zur Guttation führt, zwar bei Wurzeln etwas
^gewöhnliches, bei einer Knolle aber bisher meines \\'issens
nicht bekannt war.
In Fällen, wo die Tracheiden- und Tracheenenden nicht
direkt bis zur Wasserhöhle reichen, tritt wohl eine lokale
Injektion der Interzellularen im Rereich der Hydathoden ein.
Die Spaltöfl'nungen ihrerseits sind nun die Stellen des ge-
ringsten Filtrationswiderstandes, durch die der unter einem
bestimmten Druck stehende Saft ausgepreßt wird.
'S. Um die Untersuchungen über die Ausscheidung am
Kolbenanhang von AmorplwphalJns zu vervollständigen, wurde
die ausgeschiedene Flüssigkeit mit folgenden Resultaten ana-
lysiert:^
a) Die aiil';ingliche Veiniutung, dem Geruch nach zu schließen, dat.i
<.'\-entuell Indul oder Skatol vorlianden sein könnten, ergaben bei den
Reaktionen - sowohl mit Oxalsäure wie mit Vanillinsalzsäure und mit Para-
dimethylaminobenzaldehyd ein negatives Resultat. Es trat in keinem I'alle
eine Färbung der mit der ausgeschiedenen Flüssigkeit getränkten Filtrier-
papierstreifen ein. wogegen die Kontrollvcrsuche mit sehr verdünntem Indol
eine rosa, beziehungsweise rosa-violette Färbung ergaben. AlicIi die Holz-
rcaktion auf Indol hin war vollständig ergebnislos.
/') Bei der Prüfung auf eventuellen Zuckergehalt zeigte die Flüssigkeit
den Reagenzien gegenüber ein gleiches Verhalten wie Kon troll versuche mit
einer sehr verdünnten Zuckerlösung. Die Molisch-Reaktionen mit a-Naphtol,
beziehungsweise Thymol -h konzentrieite H., .S0| im Überschuß zeigten einen
schwachen Vertauf. Die Senft'sche Zuckerprobe mit salzsaurem Phenylhytirazin
in Glyzerin -+- Xatriumacetat in Glyzerin (beide im Verhältnis 1: 10) verlief
schwach. I-"s trat Gelbfärbung ein und Osazonkr3-stalle fielen in Spuren aus.
c) Die Ausliauchung von Trimethylamin, wie sie Wicke-* füi- die
Blüten von CJieiiopodiuiii Viilvaria und Cralaex'ii^ Oxyacautha konstatierte,
wurde auch hier nachgewiesen. Beim X'erreiben des Saftes oder eines
Stückchens vom Appendi.x zwischen den Fingern tritt deutlich der Geruch
nach Häringslakc auf. Ein mit verdünnter Salzsäure benetzter Glasstab, den
man in die Nähe des Kulbenanhanges bringt, erzeugt Bildung von leichten
Nebeln. Ebenso entstehen leise Wölkchen, wenn man einer in einer kleinen
Schale gesammelten Menge der sezernierenden Flüssigkeit Salzsäure nähert.
Weiteiliin wuide das .'\min nachgewiesen dadui'ch, daß Tropfen des Saftes
1 Die nachstehenden Ergebnisse verdanke ich der freundlichen Mit-
liilfe des Herin Assistenten Dr. G. Klein.
- iMolisch H., Mikrochemie der Pflanzen, .lena. Fischer, 1918.
3 Wicke W., Bot. Zeitg.. 1862, p. 393.
llydathudcn bei Aiacecn. 671
über Platinclilorid verdampften, nachdem vorlier das Tiimetliylamin durch
l\alilaui;e entbimden wurde. Ks zeigten sich die charakteristischen Ammn-
niunichloroplatinatkrystalle ; daneben traten noch Salpetei'kr\'stalle als l^hom-
hen und l'risnien auf.
Die Flüssigkeit an sich ist hyahn, wasserhell und von fadem Ge-
schmack. In verschlossenen Gefiißen aufbewahrt, trübt sie sich und laßt
zarte Flocken zu Boden fallen.
Fine größere Quantität der mittels feiner Pipetten aufgesammelten
Flüssigkeit wurde aUmählich verdampfen gelassen. Der Rückstand zeigte bei
mikroskopischer Betrachtung zwei charakteristische Kr3'stallformen : einmal
unregelmäßig strahlige Büschel und zweitens oktaederähnliche Krystalle oder
Würfel. Beide sind löslich in Wasser; besonders die Würfel und Oktaeder
sind stark hygroskopisch. Die Büschel sind unlöslich in Alkohol. .Sowohl die
Flüssigkeit wie deren Rückstand zeigen mit Diphenylamin-Schwefelsäure Blau-
färbung.
Es sind dies besonders die Nitrat-Krystalle, die unter Lösung sich blau
färben. Die Büschel schmelzen dabei nur langsam ab. Noch nach Monaten zeigten
die Krystalle bei erneutem \'ersuch die gleiche i^eaktion. Mit Neßler's Reagens
trat bei Prüfung auf Ammoniak die charakteristische Gelb Braunfärbung ein.
Die chemische Untersuchung führte iilso dazu, in dem
Saft sehr wenig Zucker, ein Amin, w'ahrscheinlich Trimethyl-
amin, und ein Nitrat zu konstatieren.
II. Die Saftausscheidung an den Blattspitzen von Araceen.
Die Tatsache, daß die Araceen wohl mit zu den Pflanzen
gehören, die die Erscheinung der Guttation in auffallender
Weise auch schon ohne Experiment in der freien Natur
zeigen, macht es verständlich, daß bei einzelnen Typen schon
verhältnismäßig früh die Wasserausscheidung beobachtet und
beschrieben wurde. Meines Wissens wurde zunächst von
Habenicht^ die Saftausscheidung bei Calla aethiopica er-
kannt; ihm folgten die Beobachtungen von Schmidt- bei
Colocasia anüqnontui, die dann später von Duchartre-^ und
1 Habenicht L., Flora, 1823, II. Bd., Nr. 34, p. 529— 536.
- Schmidt, Beobachtungen über die Ausscheidung von Flüssigkeit
aus der Spitze der Blätter von Anim Culoaisia. Linnaea, 1831, p. 65.
■' Duchartre, Recherches physiul. anat. et organog. sin- la Colocase
des Anciens {Colocasia antiqiionnn Schott. i. Annal. d. sciences nat., IV. scr,
bot., T. XU, 1859, p. 232—279.
(372 L. Müller,
Molisch ^ eingehend behandelt wurden. Es schließen sich
dann an die Abhandlung von Gärtner- über CaJIa (rr Richar-
dia) ütihiopica und von Mettenius"' über Artim peJtatutn,
De la Rue^ führt Calla aethiopica und Caladiimi odormn,
Rosanofr^ Remiisafiü vivipara an. Es folgen dann spezielle
Arbeiten oder Anführungen über liquide Sekretion bei Ara-
ceen von van Tieghem/' Ramey,'' Dalitzsch,^ \^olkens,^
Unger,^" Spanjer'^ und Gentner.^-
Die bisher beobachteten Fälle von auffallender Guttation
in der Familie der Araceen legten den Gedanken nahe, daß
diese Erscheinung hier sehr verbreitet sein dürfte und daß
möglicherweise mit der hohen Vollendung dieser Erscheinung
auch besondere Einrichtungen Hand in Hand gehen.
Aufgabe dieses Abschnittes soll es nun sein, die bis-
herigen Untersuchungen durch neue zu ergänzen und den
Satz zu begründen, daß die Ausscheidung von Saft wohl bei
allen Araceen vorkommt und daß Hand in Hand damit mehr
minder differenzierte, eigene Organe dazu vorhanden sein
müssen.
1 .Moli'sch H., Das Hervoi'springen von Wassertropfen aus der Spitze
von Cvlocu.siü iiynifJuiefolüi Kth. {Cnlihliiiiii nyiiiflijcfnliinn lunt.). 15er. d.
dtsch. bot. Ges., 1903, p. 381.
2 Gärtner. Flora, 1842, I. Beiblatt.
•'• Mettenius, Filices horti Lipsiensis. p. 9 — 10, 1856.
I De la Rue E., Bot. Zeitg.. 1866. p. 317.
'•> Kosanoft". ISot. Zeitg-., 1869, Xr. 52, p. 882.
'■' Ramey, Sur la secretion aqiieuse d'un .Kmurphophalliis. Bnli. de la
Soc. Linneenne de Paris. 1874.
"' \'an Tieghem, Recherches sur la struetui-e des Aroidees. .Annal.
d. Sciences nat.. 5« ser.. T. VI, p. 139 (1866).
•** Dalitz seh M., Beiträge zur ]\enntnis der Blattanatnmie der Aroi-
deen. Hot. Zentralhlatt, 1886, I. Bd., XXV.
■' \'olkens G., (Iber Wasserausscheidung in liquider Form an den
Blättern höherer Pnanzen. Jahrb. d. k. bot. Gartens. Berlin, 1883, Bd. U, p. 160.
1" ünger Fr., Beitr. z. I^hysiol. d. Pfl., Über die Allgemeinheit wässe-
riger Ausscheidung und deren Bedeutung für das Leben der Pfl. Beitr. d. k.
Akad. d. Wiss.. math. u. nat. Kl., Bd. XXV. p. 441.
J^ Spanjer O.. Untersuchungen über die Wasserapparate der Gefäßpfl.
liot. Ztg., 1898.
1- Gentner (i.. Über die X'orläuferspitze der Monokotylen. Flora.
Ergzgsbd., 1905.
Hs'datlioden bei Araceen. bio
Die Ausscheidung findet, wie auch bei anderen guttie-
renden Pflanzen, vornehmlich an jungen, noch lebhaft wach-
senden Blättern statt. Sobald das Blatt ausgewachsen ist, hört
die liquide Sekretion häufig unter Eintrocknen der Spitze all-
mählich oder ganz auf. Dieser Tatsache zufolge gelangten
auch nur junge Blätter zur Untersuchung. Die Blattspitzen
wurden meist mit Chloralhydrat oder Eau de Javelle be-
handelt, um sie aufzuhellen. Vorher wurden sie durch Alkohol
schnell getötet, da hierdurch nach Lloyd ^ die vorhandene
Weite der Spaltöffnungen, respektive Wasserspalten erhalten
bleiben soll. Es mag erwähnt werden, dal.! Raphiden und
Drusen von Calciumoxalat in besonders starkem Maße vor-
kommen. Oft in recht charakteristischer Anordnung, z. B. nur
am Rand, oder nur über den Leitungsbahnen.
Die zu behandelnden Objekte, die die liquide Sekretion
in der Natur nicht zeigten, bei denen aber der anatomische
Bau auf sekretorische Funktion schließen ließ, wurden im
Experiment beobachtet, worunter die künstliche Schaffung eines
mit Wasserdampf gesättigten Raumes verstanden sein soll.
Nach Beendigung meiner Untersuchungen kam ich zu
dem Schluß, daß sich die von mir beobachteten Pflanzen
ihrem anatomischen Bau nach in drei Gruppen teilen lassen,
von denen die erste den einfachsten Typ darstellt. Da die
meisten beobachteten Spezies, die dieser Gruppe unter-
zuordnen wären, den Philodendren angehören, so faßte ich
sie unter dem Namen >-T3''pus Philodc'iidroii- zusammen; aus
ähnlichen Gründen ergab .sich dann auch Typus A/ocusicK
und > Typus Colocasia üiitiqnoniiii'<. Zu erwähnen wäre noch,,
daß aus der Unmöglichkeit der Beschaffung aller bekannten
Araceen es sich von selbst ergibt, daß durch die Aufstellung der
angeführten Typen diese nicht als die allein möglichen anzu-
sehen sind; sie sollen nur der besseren Übersicht vorliegender
Abhandlung dienen. Was die Nomenklatur anbetrifft, so habe
ich mich unter \'ergleich mit Engler- an die in den Gärten
angegebenen Bezeichnungen gehalten.
1 Lloyd, Physiologie of .Slomata, Washington, 190S.
2 Engler .\. in Engler-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien.
Leipzig, 1889.
u/4
L. Müller.
1. Typus Philodt'iidron (Tabelle I).
Die hier eingereihten Pflanzen zeigen in der Regel tbl-
i^enden anatomischen Bau der Blattspitze: Es ist meist nur
das äußerste Ende des Blattes, welches die Ausscheidung
zeigt. Hier gilt der von de Bary aufgestellte Satz betreffend
die Wasserspalten, daß »je größer ihre Zahl an einer Stelle
ist, desto geringer ist durchschnittlich sowohl ihre absolute
Größe als auch die Größendifferenz zwischen ihnen und den
Luftspalten«. Die Blattspitze ist kapuzen-
förmig zusammengelegt und in ihrem
oberen Teil zu einem Hütchen ver-
wachsen. Die morphologische Blatt-
unterseite der Spitze wird dadurch zur
Oberseite und es ist vor allem diese
.Spitze, die mit zahlreichen als Hydat-
hoden funktionierenden Spaltöffnungen
besetzt ist. Die in der Blattlamina ver-
laufenden drei Hauptleitungsbahnen, von
denen eine in der Mitte, die beiden
anderen am Rande hinlaufen und die
mehr minder untereinander anastomo-
sieren, vereinigen sich an der Basis der Kapuze und senden
ihre meist pinselförmig ausstrahlenden Tracheiden bis in die
äußerste Spitze. Der Gefäßteil ist stärker ausgebildet als der
Siebteil und die Spiralverdickungen verlaufen sehr eng.
Meistens enden die einzelnen Tracheiden dicht unterhalb der
Atemhöhle, respektive VVasserhöhle der einzelnen Hj'dathode.
Diese weichen \on den normalen Spaltöffnungen durch ihre
größere Öffnungsweite und häufig durch die Unbeweglichkeit
ihrer Schließzellen ab. In Fällen, wo die Tracheiden eine oder
mehrere Zellschichten unterhalb der Wasserhöhle enden, wird
die Verbindung durch Interzellularen hergestellt. Es tritt dann
wohl eine lokale Injektion der Interzellularen bei der sekre-
torischen Funktion ein; so wird die Flüssigkeit durch den
Knoilendruck weitergeleitet, bis sie durch die Hydathoden
nach außen gelangt. Meist . finden sich oberseits auf der
Lamina dicht unter der Kapuze noch Spaltöffnungen mit
Textfig. 1.
Hydatlmdeii bei Aiiiceen. btO
erweitertem Porus und es ist anzunehmen, daß sie mit an
der Ausscheidung beteiligt sind (Fig. 3).
Ob\vt)hI icl) ihre Funlaioti aus .Mangel an Material nicht ermitteln
konnte, so mögen doch hier die an der Unterseite der Blätter von Lasia
naileaLi auf den Nerven erster und zweiter Ordnung auftretenden haar-
stachelähnlichen Organe Erwähnung finden, die alle oben an der Spitze eine
kleine, fein gebaute stüpselartige Zelle (Fig. 4 und 5, st) zeigen; in die
Organe führt kein Leitbündel hinein. Da Lasia fakultativ Wasserpflanze ist,
so läge die .Annahme nahe, daß diese Gebilde absorbierende oder sezernie-
rende Funktion haben.
Bekanntlich zeigt die Blattspreite von Monstera deliciosa
lochartige Perforationen, die oft so weit zum Rande vor-
schreiten, daß die einzelnen Teile nur noch am Rand mit
feinen Verbindungsstellen zusammenhängen. Die Entwicklung
der sekundären Fingerung geht schon vor sich, während das
junge Blatt noch vollkommen dütenförmig eingerollt ist: schon
jetzt kann man eine bedeutende Sekretion beobachten. Bei
dem allmählichen Entrollen gewährt das Blatt einen zierlichen
Anblick. Es hängt nämlich an jeder der dünnen fadenförmigen
Verbindungsstellen ein Tropfen, so wie an der Spitze. Die
Untersuchung führte mich zu dem Schluß, daß der Saft,
dessen Strömung besonders bei jungen Blättern eine sehr
lebhafte ist, sich hier an den dünnen Verbindungsstellen staut,
da durch sie ein großer Teil der Leitungsbahnen verbunden
hindurchgeht, um im nächsten Abschnitt wieder zu divergieren.
Den sich an den Verbindungsstellen oberseits befindlichen
Spaltöffnungen wird nun die Funktion von Wasserspalten
aufgenötigt. Ihr Porus ist weit kreisrund geöffnet, oft mit
einer starken Zerrung in die Breite. Abzweigungen von dem
durch die Verbindungsstelle weiterlaufenden Randnerv diver-
gieren gegen die Wasserspalten, durch die dann die tropfbar-
flüssige Ausscheidung erfo}gt. Früher oder später zerreißen
die feinen Übergänge oder sie vertrocknen ebenso wie die
Spitze, wenn das Blatt ausgewachsen ist, und mithin erlischt
auch die Sekretion.
Für Raphidophora dccursiva gelten ähnliche \'erhältnisse
w\e die bei Monstern beschriebenen.
Sitzb. il. mathem.-nnturw. KL, Abt. [, 128. BJ. 47
• )76 I.. .Müller.
2. T^'pus Alocüsia (Tabelle II).
Von den untersuchten Pflanzen sollen hauptsächlich die-
jenigen hier einbezogen werden, bei denen vor allem im Bau
der einzelnen Wasserspalte schon eine bedeutende Abweichung
von der normalen Spaltöffnung sich zeigt, die meist in einer
mehr minder bedeutenden Vergrößerung der einzelnen Hydat-
hode besteht, parallel zur Verringerung der Zahl, in Um-
kehrung des angeführten de Bary'schen Satzes. In vielem
stimmen die Blattspitzen mit denen unter Typus 1 beschrie-
benen überein, sei es nun, daß die Spitze kapuzenförmig ist
oder die Lamina glatt in die Spitze ausläuft. Bei den meisten
hierhergehörigen Pflanzen finden sich wohlfunktionierende
Wasserspalten am Rand. Den Pori der Wasserspalten ent-
wachsen häufig Pilzhyphen oder es finden sich Xostoc-Kolo-
nien darin, die hier eine geeignete Wohnstätte finden. Von
den hier anzuführenden Pflanzen zeigte Alocasia indica die
Ausscheidung am charakteristischesten.
3. Typus Colocasid aiiiiqiionun.
Leider war es nicht möglich durch die augenblickliche
Schwierigkeit der Materialbeschaffung, eine größere Zahl von
Beispielen für diesen Typ zu finden.
Die Beobachtungen, die ich an Colocasia iUitiqtioniin
mit seinen Riesenwasserspalten machen konnte, stimmen mit
den Ergebnissen der Arbeiten von Duchartre^ und Molisch-
überein, so daß es überflüssig erscheint, Bau und Art der
Funktion hier nochmals zu beschreiben.
Dagegen zeigte es sich, daß Ariopsis in vielem große
Ähnlichkeit mit Colocasia autiquonun aufweist, nur daß sie
das von Molisch für Colocasia beschriebene Phänomen des
Hervorschleuderns von Wassertropfen an den jungen, sich
dütenförmig entrollenden Blättern nicht zeigte; es war nur
ein sehr schnelles, manchmal auch ruckweises Austreten und
1 Duchartre, Annales d. sciences nat.. 1\'. scr. bot.. T. XII, 1859.
p. 232—279.
2 Molisch H., Ber. d. dtscli. h..t. (les., 1903, p. 381.
Hydathdden bei Aiacecn. 677
Abfallen der Safttröpfchen zu beobachten, besonders am
frühen Morgen und gegen Abend. Immerhin müßten die aus-
geschiedenen Mengen an Flüssigkeit wundernehmen, da wir
es hier nicht wie bei Colocasia antiqnornm mit relativ großen
Blättern zu tun haben, sondern die Blättchen sind klein,
wenigstens an den von mir beobachteten Gewächshausexem-
plaren, 6 cm lang und 3 bis 4 cm breit. Die Epidermiszellen
sind papillös vorgestülpt. Die VVasserspalten liegen etwas ein-
gesenkt und ihre Größe erreicht manchmal die der Hydathoden
von Colocasia aiitiqnorum. Die Pori der Wasserspalten sind
häufig besiedelt von A^o.9/oc-Kolonien und Pilzhyphen. Die an
der Spitze stark papillös vorgewölbten Epidermiszellen gleichen
sich immer mehr aus, um schließlich in die Zellen der Lamina
mit glatter Oberfläche überzugehen. Die Hydathoden finden
sich nur in dem Teil der Blattspitze, dessen Epidermiszellen
papillös sind. Offenbar stehen die Papillen in Beziehung zu
der Funktion der Wasserspalten insofern, als sie dazu bei-
tragen, eine rasche kapillare Verteilung der Flüssigkeit herbei-
zuführen und so die Transpiration des Wassers zu fördern.
Auch am Blattrand treten kleine Tröpfchen aus; es finden
sich hier Wasserspalten außerhalb der Randnerven. Zwischen
den Wasserspalten (Fig. 8, w) und den Spaltöffnungen der
Lamina sind die Unterschiede ganz bedeutende. Allmähliche
Übergänge, wie sie Rosanoff^ für Richardia vivipara kon-
statierte, stellen die Verbindung zwischen beiden Extremen her.
Die Blattspitze von Steudnera Griffithi, bei der sich auch
eine bedeutende Sekretion beobachten ließ, zeigt folgenden,
von den bisher beschriebenen stark abweichenden anatomi-
schen Bau. Die äußerste Spitze bildet ein Hütchen, dann
gehen die beiden zusammengeneigten Ränder auseinander,
um nach einem viereckigen Spalt, dessen Ecken etwas ab-
gerundet sind, wieder zusammenzuneigen bis zur engen Be-
rührung der papillösen Ränder; dann weichen sie abermals
auseinander und verlaufen in den Rand. Die Epidermiszellen,
die auf der eigentlichen Blattlamina mehr minder polygonal
gebaut sind, zeigen, je mehr sie sich den Klappen nähern,
1 Rosanoff, Bot. Zeitg.. 18()9. Xr. 52, p. 8S2.
()78
Müller,
einen in die Breite gestreckten Bau, um dann allmählich
ihre Oberfläche vorzuziehen. Das Querschnittsbild zeigt, daß,
während die äußere Epidermis der Spitze, d. h. die Zellen
der morphologischen Unterseite, nur ein-
fach papillös vorgezogen ist (Fig. 9, c/),
die Zellen der Oberseite, also im Innern
des Täschchens, besonders im mittleren
Teil, sozusagen weitbauchige Fläsch-
chen mit kurz aufgesetztem Hals bilden
(Fig. 9, /). Die Hydathoden kommen
nun nicht, wie z. B. bei Colocasia, deren
Epidermiszellen auch Papillen bilden, in
der für diese Pflanze charakteristischen
Lage vor, sondern man findet sie auf
dem nach oben geschlagenen Rande,
d. h. auf der morphologischen Unter-
seite. Es läge die Annahme nahe, daß.
wenn große Mengen von Flüssigkeit
ausgeschieden werden, diese teilweise
in das Täschchen hineingelangen. Die
dort befindlichen Papillen dienen dann
wohl wie bei Ariopsis dazu, die aus-
geschiedene Flüssigkeit schneller verdampfen zu lassen, indem
sie durch die kapillare Verteilung eine größere Oberfläche
schaffen.
Textfig. 2
III. Hydathoden und Blattdimorphismus bei Pothos gracilis.
Die Heterophyllie, die ich bei Pothos gracilis (= An-
thtiriimi gracile nach Engler) an Exemplaren, die sich in
den Rothschild-Gärten in Wien fanden, feststellte, äußert sich
in folgendem: Die Pflanze klettert mittels feiner Würzelchen,
die sich an der Unterseite der Ästchen, und zwar immer in
der nächsten Nähe der Basis der Blätter finden, auf feuchten,
schleimigen Substraten an Mauern und Holzstämmen empor.
Der Schleim besteht nebenbei aus Cyanophyceen, wie CJiroo-
coccus und Gloeocapsa. Neben diesen bewurzelten Ästchen
finden sich solche, die keine Haftorgane zeigen; bei diesen
sind auf der Blattunterseite kleine Gruben ausgebildet, auf
Hydathoden bei Araceen.
679
die weiter unten näher eingegangen werden soll. Eine seit-
liche oder räumliche Trennung im Auftreten der beiden Blatt-
iirten ließ sich nicht feststellen. Beide Arten sprossen gleich-
zeitig im Frühjahr unter Warmhausbedingungen. Oft findet
man Seitenästchen, die an ihrem unteren Teil Blätter und
Würzelchen tragen, und oben Blätter mit Grübchen auf-
weisen; ebenso häufig tritt das umgekehrte ein. Auch treten
nicht immer nur da Blätter und Würzelchen auf, wo sich
Gelegenheit zum Befestigen und zum Klettern findet, sondern
letztere können ebenso wie die mit den Grübchen frei hängen.
Es scheint also, daß die Pflanze beide Blattarten in gleicher
Masse unabhängig von äußeren Faktoren zu erzeugen vermag.
Betrachten wir nun zunächst die .Ästchen mit Blättern
und Würzelchen: Im jugendlichen Zustand sind die Blätter
rosa-grünlich; allmählich nehmen sie
eine dunklere Farbe an und im aus-
gewachsenen Zustand ist die Ähnlich-
keit mit den ganz jungen Blättern nur
noch eine relative. Die ausgewachsenen
Blätter zeigen häufig die Eigentümlich-
keit, ihren Rand zur Unterseite um-
zubiegen und in der so entstandenen
Falte die kleinen Haftwurzeln zu bergen,
wenn sie keine Gelegenheit haben, sich
zu befestigen, wahrscheinlich um sie
vor dem Austrocknen zu schützen und
für die eventuelle Möglichkeit des Klet-
terns frisch zu behalten. Die kleinsten Blätter, die ich fand,
bei denen schon alles ausgebildet war, zeigten eine Größe
von \/.3 cm. Die größten und ältesten Blätter an den Ästchen
mit Würzelchen waren zirka 2 cm groß. Sowohl an dieser
Blattart wie auch an der später zu behandelnden mit Grüb-
chen finden sich am Rand kleine Höckerchen oder W^ärzchen.
Zum eventuellen X'ergleich ließen sich die Randhydathoden
hei Lobelia heranziehen, auf dieTswett^ zuerst aufmerksam
Textfitr. 3.
1 Tswett, Recherches anutomiques sur les hydathodes des Lubelia-
.Lcs. Nciuveau type de stomates aquiferes. Rev. gen. d. Bot., T. 19 (1907).
1)80 L. Müller.
machte, nur daß sich bei Poilios keine besonderen W'asser-
spalten an den Wärzchen finden. Schon bei ganz jungen
Blättern zählte ich bis 18, bei ausgewachsenen bis 30 solcher
Organe. Der Hauptnerv des Blattes verläuft in der Mitte. Er
verzweigt sich in viele Seitennerven, die ihrerseits wieder
sich auflösen und anastomosieren, um schließlich ihre Aus-
läufer mehr minder parallel zueinander, unter Verbreiterung
durch Anlagerung von Tracheiden, gegen die Randhöckerchen
zu senden. Hier lösen sie sich vor den Zellen der Höckerchen
noch fächer- oder pinselförmig auf. Die Höckerchen, obwohl
auch von oben sichtbar, liegen der Unterseite zugekehrt. Sie
sind alle von gleicher Größe, nur das an der Spitze, das in
einer kleinen Einbuchtung liegt, übertrifft die an den Rändern.
In der Jugend sind die Zellen hyalin. Der dem Blatt zugekehrte
Teil ist von einer Scheide umgeben. Die Zellen der kleinen
Warze sind unregelmäßig und schließen lückenlos aneinander
(Fig. 10). Frühzeitig tritt eine Bräunung des Organs ein; es
erleidet dann entweder einen gummösen Zerfall oder es fällt
als Ganzes aus seiner Scheide heraus. Die Zellen sind ver-
dickt und geben, abgesehen von der Epidermis, die typischen
Holzreaktionen mit Phloroglucin und Salzsäure oder mit Anilin-
sulfat, so daß in dem Blatt die Höckerchen und die Leitungs-
bahnen charakteristisch rot, respektive goldgelb hervortreten.
Dem anatomischen Bau nach zu schließen, sind die
Höckerchen als Hj^dathoden oder allgemeiner als ausschei-
dende Organe anzusprechen; es ist mir jedoch nie gelungen,
eine liquide Ausscheidung festzustellen. Immerhin wäre an-
zunehmen, daß die Organe eine bedeutende Rolle in der
Jugend des Blattes spielen.
Was nun die zweite Blattart anbetrifft, so unterscheidet
sie sich vor allem dadurch von der besprochenen, daß sie
mehr in die Länge gestreckt ist gegenüber dem oval runden
Aussehen der Blätter an den Astchen mit den Würzelchen.
Wie schon angeführt, kommen auch hier die Randhöckerchen
in gleichem Maße vor. Charakteristisch für diese Blattart
jedoch sind die kleinen Gruben, die sich an der Blattunter-
seite finden (Fig. 11). Sie liegen meist außerhalb der Ana-
stomosen, die zwischen den Leitungsbahnen zweiter Ordnung
Hydathodoii bei Araceen. l'^^ 1
am Rand vedaufen. Diese Anordnung ist besonders bei älteren
Blättern schon mit freiem Auge sichtbar. Die Grübchen liegen
dann in einem Bogen parallel zum Blattrand. Manchmal kann
auch der Fall eintreten, daß sie innerhalb der Anastomosen
liegen. Ihre Zahl schwankt zwischen sieben und neun. Es
findet keine Vermehrung der Zahl statt wie bei den Rand-
höckerchen, sondern die Grübchen werden mit zunehmendem
Alter größer. Auf der Blattoberseite treten sie dann als kleine
Erhöhungen hervor. Beim Anschauen mit unbewaffnetem Auge
erwecken die Grübchen den Eindruck, als hätte man mit einer
.stumpfen Nadel in das Blatt hineingestochen, wobei die Nadel
schräg geneigt sein müßte, so daß ein kleiner Sackgang ent-
steht. \^on oben betrachtet, wären die Organe zu vergleichen
mit den Wassergruben, wie sie Potonie ^ für Polypoditim
vulgare angibt, nur mit dem Unterschiede, daß letztere in
Beziehung zu den Leitungsbahnen stehen und sozusagen als
H\'dathoden ohne Wasserspalten funktionieren, während bei
den Gruben von Pothos keine solche Beziehung festzustellen
war. Die Grübchen sind oben umgeben von mehreren Reihen
gestreckter Zellen. Schaut man in die Tiefe, so sieht man nur
dünnwandige, dicht anschließende kleine Epidermiszellen. Bei
den älteren Organen findet man an Stelle der Epidermiszellen
ein Korkgewebe, das mit konzentrierter Kalilauge deutlich die
Korkreaktion zeigt. Dieses dient wahrscheinlich als chemisch-
mechanisches Schutzmittel. Charakteristischer als die Flächen-
ansicht ist ein Querschnitt. Macht man einen Querschnitt vor
dem Sackgang, so ist die Grube offen nach außen (Fig. 12, b)\
führt man dagegen den Schnitt weiter innen durch den Sack-
gang, so findet man das Grübchen von mehreren Zellreihen
überdacht (Flg. \2a). Das Grübchengewebe selbst besteht
aus vier Schichten:
1. Epidermis oder, im älteren Stadium, Kork (Fig. \'l, e):
2. eine fünf- bis siebenreihige Schicht kleiner, verholzter
Zellen (Fig. 12, v);
3. eine Schicht dünnwandiger, polygonaler Zellen (Fig. \2,p)\
4. Parenchymscheide (Fig. 12, s).
1 Engler-Prantl, U, Pteridophyteii, p. 67.
682 L. Müller,
Or£,'ane, die man dem Querschnitt nach anatomisch zum
Vergleich heranziehen könnte, wären die von Hannig^ be-
schriebenen sogenannten Staubgrübchen an den Stämmen und
Blattstielen der Cyatheaceen und Marattiaceen, deren Bedeutung
auch noch unbekannt ist. Potonie hält sie für Schutzorgane
des darunterliegenden Gewebes, Kleb ahn für Durchlüftungs-
organe (= Lentizellen). Diese und andere Möglichkeiten ständen
auch für die Auffassung der Grübchen bei Pothos offen. Nur
ist es nicht gelungen, hinter die Natur dieser Organe zu
kommen. Versuche, die ich machte, um die Grübchen auf
ihren Lentizellencharakter hin zu prüfen, waren erfolglos,,
ebenso verlief das Hindurchpressen von Flüssigkeit ergebnis-
los. Es wäre noch an die Möglichkeit zu denken, daß Potlms^
gracilis aerophil ist und die kleinen Gruben eventuell in der
Heimat dieser Aracee als Milbendomatien funktionieren, ob-
zwar ich in der diesbezüglichen Literatur, besonders bei
Lundström,- keine ähnlichen Organe an anderen Pflanzen
finden konnte. Es lassen sich hier also nur Wahrscheinlich-
keiten aufstellen und erst eine Untersuchung in der Heimtit
dieser Pflanze könnte antworten auf diese Frage, die ich
somit offen lassen muß.
C. Zusammenfassung.
1. AinorpliophaJIns Rivieri scheidei zur Zeit der Anthese
am Appendix durch Spaltöffnungen, die die Funktion von
Wasserspalten übernommen haben, Saft aus. Der ganze
Apparat erscheint infolge der Guttation wie mit Wassertropfen
bespritzt. Der Druck, mit dem die Tropfen ausgepreßt werden,
rührt von dem osmotischen Druck der Knolle her, ist also
kein Wurzel-, sondern ein Stammdruck. Der ausgeschiedene
Saft enthält sehr w-enig Zucker, ein Amin und ein Nitrat.
2. Die an den Spitzen der Araceenblätter befindlichen
Hydathoden zeigen die Guttation oft in hoher \'ollendung
und lassen sich, soweit untersucht, aufsteigend auf drei
1 Hannig E.. Bot. Zeitg., 1898.
- Lundström A. N., Pflanzenhiolog. Studien, 1. u. 2., Upsala, 1SS7.
Hydathoden bei Araceen. b83
Typen zurückführen: PliUodeiidron-, Alocasia- und Colocasia-
Tvpus.
d) Die nach >T3^pus FIiilodeiiJroU'< gebauten Blattspitzen
zeigen Wasserspalten an ihrer Spitze, die nur wenig;
von normalen Spaltöffnungen abweichen, dementsprechend
ist die Anzahl eine große.
b) Die dem >^ Typus Alocasia« angehörigen und im ana-
tomischen Bau mehr minder übereinstimmenden Blatt-
spitzen weisen wenig Wasserspalten, dafür aber relativ-
große auf.
c) Die höchste Vollendung im Bau finden wir bei Colocasia
aiitiquoruin, Ariopsis und St endner a.
3. PotJios gracilis weist Heterophyllie auf. An demselben
Stamm finden sich grübchenlose Blätter, die in der nächsten
Nähe ihrer Basis Würzelchen tragen, und solche mit
Grübchen, aber ohne Würzelchen. Die Funktion der Grübchen
konnte nicht ermittelt werden. Bei beiden Blattarten finden
sich am Rande kleine Höckerchen, die ihrem anatomischen
Bau nach als Ausscheidungsorgane anzusprechen sein dürften.
Auch an dieser Stelle möge es mir erlaubt sein, meinem
hochverehrten Lehrer Herrn Hofrat Prof. Dr. Hans Molisch
meinen wärmsten Dank auszusprechen für die Führung und
dauernde Anregung, die er mir bei vorliegender Arbeit zuteil
werden ließ. Auch Herrn Prof. Dr. 0. Richter und Herrn
Assistenten Dr. Klein möchte ich hiermit nochmals danken
für das Interesse, das sie dem Werden meiner Arbeit ent-
gegengebracht haben.
684
L. Müller,
1. Typus Pliiloddudroii
Pflanze
Bemerkung
zur Blattform
Blattspitze
Kapuze
glatt
aus-
laufend
Philodendron ctispida-
tniii
Philodendron aspcra-
tuni
Philodendron ovaluni .
> ehgans .
>• scandens
» eximiitni
» pednttiin
Philodendron giorio-
siim
Philodendron penta-
phyllnni
Calla aethiopica
» palustris
Epipreiniiin niirabilis
Polhos celatocaitlis . . .
» atirens
Anihurium grandi-
folitiin
AniJiuriiiin Veitchii . .
2 herzförmig
abgerundete
Blattbasen
Fünffingerig
Blatt-
dimorphismus
4- lang aus-
gezogen
-H lang aus-
gezogen
-f- lang aus-
gezogen
+- lang aus-
gezogen
-h lang aus-
gezogen
-f- lang aus-
gezogen
4- lang aus-
gezogen
■j- nicht aus-
gezogen
f- sehr lange
ausgezogen
-f- direkt ab-
stehend von
der Lamina
- lang aus-
gezogen
- lang aus-
srezogen
Hvdathuden bei Araceen.
685
(Tabelle I).
spalten
Lage
Aus-
schei-
dung
frei im
Warm-
haus
Aus-
schei-
dung
unter
Sturz
Wasserspalten
am Rand
Anmerkungen
Nur auf der Kapuze
Aümählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Nur auf der Kapuze
Nur auf der Kapuze
(häutig in Zwilling)
Nur auf der Kapuze
^-
An den herz-
förmig ab-
gerundeten
Blattbasen
Fig. 3. iv = Wasser-
spalte
Habenicht (1. c.)
beobachtete auch
Ausscheidung an
der Spathaspitze
(= Scindapstts spec.
Species ab auctori-
bus descriptae ad
genus Pothos non
pertinentes: Engl.)
686
L. Müller,
Pflanze
Bemerkung
zur Blattform
Blattspitze
Kapuze
glatt
aus-
laufend
Wasser-
Zahl
auf der
ganzen
Spitze
Anihiirinm crisialli-
niiiii
AntJiiiriuin radicans . .
rc^-ah .. ..
A nth II rill in Schcrzc-
riiiniiin
Schisinatoglotlis neo-
X^uiniensis
Seh istiuitogloliis rebel-
liniini
Seh isinato^i^'lottis spe c .
Spiigutünin albei
» spec
Spii,i;'oniiiin diirituin-
lunaiuin
Lasia aeiilcata
Munstcm dcliciosti . , .
Raphidophora deeiir-
siva
Saiiroinatiiin peltaiitin
AuwrphophalUts Ri-
viei'i
.4»'««/ »uieitliiliiiii . . . .
> Hiilieuin
Abgerundete
untere Blatt-
zipfel
Abgerundete
untere Blatt-
zipfel
3 Blattspitzen,
1 obere, 2 untere
Lochartige
Perforationen
bis sekundäre
Fingerung
Sekundäre
Fingerung
Fußförmig
zerschnitten
Fußförmig
zerschnitten
lang aus-
gezogen
lang aus-
srezoiien
lang aus-
gezoijen
-f- sehr lang
ausgezogen
-h sehr lang
ausgezogen
-h lang aus-
gezogen
- lang aus-
gezogen
- lang aus-
gezogen
kopfig
-t-
kopfig
30
30
30
25
30
40
40
je 40
50
40
45
35
35
20
20
Hvdathoden hei Araceen.
HS 7
spalten
Läse
Aus-
schei-
dung
frei im
Warm-
haus
Aus-
schei-
dung
unter
Sturz
Wasserspalten
am Rand
Anmerkuntjen
Nur auf der Kapuze
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Nur auf der Kapuze
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gans; zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Nur auf der Kapuze
Nur an der Spitze,
wo die Epidermis
nicht mehr
papillüs
Nur am Kopf
17 an den
herzförmig
abgerundeten
Blattbasen
Drüsen auf der Blatt-
ober- und Unterseite
(vgl. Gentner G.,
Flora, Er^zgsbd.1905)
Betreffs der
Organe auf der
Unterseite siehe
Text
Siehe Text
Jedes Endchen des
einen großen Blattes
zeigt Ausscheidung
in zierlicher charak-
teristischer Weise
688
L. Müller,
2. Typus Alocasia
Pflanze
Bemerkung
zur Blattform
Blattspitze
Kapuze
glatt
aus-
laufend
Wasser-
Zahl
auf der
ganzen
Soitze
Stenospertnaiion pa-
payanum
Dieffenhachia spec.
Dieffenhachia Fotir-
nieri
Aglaonema ohlongi-
foliunt
Aglaonema inaraii-
thaefolitini
Aglaonema cosiaia .
Caladiunt spec. (Rasse
Coypel)
Caladium spec. (Rasse
Triomphe)
Caladium spec. (Rasse
Rothschild)
Caladium spec. (Rasse
Duchartre)
Caladium spec. (Rasse
Lindemannii)
-f- bis 2 cm
ausgezogen
-4- Ränder
neigen nur
zusammen,
ohne zu
verwachsen
-4- ausgezogen,
alle Caladien-
blattspitzen
lange frisch
30
30
30
30
30
20
5—10
23
20
Hj'dathoden bei Araceen.
689
(Tabelle II).
spalten
-Ige
Aus-
schei-
dung
frei im
Warm-
haus
Aus-
schei-
dung
unter
Sturz
Wasserspalten
am Rand
Anmerkunsren
Nur an der Spitze
Alhnählicher Über-
gang zur Lamina
Alhnälilicher Über-
gang zur Lamina
Alhnählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
Allmählicher Über-
gang zui Lamina
Nur an der Spitze
Nur an der Spitze
Allmählicher Über-
gang zur Lamina
(+)
in einer Reihe
über den
Gefäßbündeln
Absterben der Spitze
von der Stelle an, wo
die Leitungsbahnen
zusammenlaufen
Ausscheidung beob-
achtet, als das Blatt
noch in der Sproß-
anlage ein-
geschlossen war
Dreifacher Gürtel
von Nebenzellen.
Spitze häufig von
Pilzhyphen um-
sponnen
Oberseits gewellte
Epidermiszellen
Der äußersten Spitze
sitzt noch eine
Wasserspalte auf
Wasserspalte noch
auf der äußersten
Spitze
Wasserspalte noch
auf der äußersten
Spitze
690
L. Müller,
Pflanze
Bemerkung
zur Blattform
Blattspitze
Kapuze
glatt
aus-
laufend
Wassei-
Caladiuin spec. (Rasse
Duchesse de Mon-
tenart)
CaladiitDi spec. (Rasse
James Laing)
Caladiinn Jmslalitiii . .
Xaniltosotiia
Spathicarpa sagitti-
folia
AlocasiiX indica
iiiacrarrhizii
Sandraeana
» Pulzaesi . . . .
Zantedeschia (= Ri-
chnrdia)
Cnlcasia scandens
Weiß-hellgrün
panach.
Weißlich-grün
-+- sehr lang
ausgezogen in
ein glashelles
Hütchen
-+- nur
Zusammen-
neigen, kein
Verwachsen
Hvdathodcn bei Araceen.
()9l
■spalleii
Laqe
Aus-
schei-
dung
frei im
Warm-
haus
Aus-
schei-
dung
unter
Sturz
Wasserspalten
am Rand
Aninei'kunöen
Alhnählicher Über-
ganij zur Lamina
Aihnähliclier Über-
gang zur Lamina
Alhnählicher Über-
gang zur Lamina
Xur über und unter
der Basis der Kapuze
Allmählicher Über-
gang zur ],amina
Xur an der Spitze
Xur auf der eigent-
lichen Kapuze
Wasserhöhle
bedeutend groß
Xur an der Spitze,
oft Zwillings- und
Drillingswasser-
spalten mit ge-
meinsamer
Wasserhühle
Xur an der Spitze
Spaltüftnimgen bis
hinauf, aber nicht
funktionierend
(+)
(+)
(-i-)
-4- Ver-
schlei-
mung
Gefäßbündelenden
nicht bis zur Spitze
Spathaspit/.e zeigt
ähnliches Verhalten
wie Blattspitze
Das Habitusbild der
Wasseispalte zeigt
große Ähnlichkeit
mit den Riesen-
hydathoden von
Coloc. auf.
Das letzte Ende der
Spitze ist glasheli
und vertrocknet,
bald ohne Wasser-
spalten und t)hne
GeHiße
Pilzhyphen aus dem
Spalt der Hydathode
Epidermis mit
Tüpfelung (Fig. 6)
Wasserhöhle von
bedeutender Dimen-
sion (Fig. 7)
Statt Ausscheidung
durch Wasserspalten
durch Schleim-
papillen, wie sie
Gentner (1. c.)
ähnlich für Acorus
CjIcj Ullis
beschrieben hat
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. 1,128. Bd.
48
692 L. -Müller. Hvdath<iden bei Araceen.
Fig.
2.
Fig.
3.
iMg.
4.
Fig.
5.
Fig.
6.
Figurenerklärung.
Fig. 1. AinorphophaUns Rivieri: Wasserspalte = ;r im Querschnitt. /;■ =
Tracheiden. 335 : 1.
Ainorphophalhts Rivieri: Wasserspalte = iv von oben. 335 : 1.
Philodendron ciispidatuin: Wasserspalte = iv. Flächenansicht. 540 : I.
Lasia acuhala: hydathodenähnliches Organ der Blattunterseite, si =
stöpselartige Zelle, n = Nerv 1. Ordnung. 60 : 1.
Dasselbe stark vergrößert. 220 : 1.
Alocasia inacrorrhiza: Wasserspalte iv mit hervorkommenden ViV/.-
hyphen //. 335 : 1.
Fig. 7. Zantedeschia spec: Wasserspalte iv im Querschnitt, ;/7; = Wasser-
höhle. 220 : 1.
Fig. 8. Ariopsis sp.: Wasserspalte ir, etwas eingesenkt mit papillösea
Nachbarzellen. Flächenansicht. 220 : 1.
Fig. 9. Sleiidnera Gnffdhi: Querschnitt durch die Blattspitze (schemat.),
Textfigur 2. 60 : 1.
Fig. 10. Pothos gracilis: Randhöckerchen im Querschnitt, c = Epidermis,.
/■ = Innenzellen, 5- := Scheide, tr =^ anschließende Tracheiden. 335 : 1 .
Fig. 11. Polhos giacilis: Grübchen von oben. 335 : 1.
Fig. 12. Pothos gracilis: Querschnitt durch das Grübchen. 75 : 1.
0 = Oberseite, n = Unterseite des Blattee, g = Gefäße, gr =
Grübchen, e = Epidermis, respektive Kork, v = verholzte Zellen,.
p = polygonale Zellen, 5 ^ Scheide.
h = Querschnitt vor dem Sackgang des Grübchens.
a = Querschnitt durch den Sackgang des Grübchens.
L. Müller: Hydathoden bei Araceen.
Taf. I.
Fig. 6. 335 : 1 Fig. 7. 220 : 1
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd., 1919.
L. Müller: H\'dathoden bei Araceen.
Taf. IT
Fig. 10. 335:1 Fig. 12. 60:1
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse. Abt. I, 128. Bd., 1919.
693
Beiträge zur Kenntnis der Hypocreaceen
(II. MitteilungM
\'on
Josef Weese
(Mit 1 Tafell
(Vorgelegt in der Sitzung am 10. Juli 1919)
29. Über die Gattung Hyalocrea H. et P. Syd.
Die Hypocreaceengattung Hyalocrea wurde im Jahre 1917
von Hans und Paul Sydow mit folgender Diagnose be-
gründet: »Perithecia superficialia, subiculo mucedineo insi-
dentia, globulosa, pallida, pilosa. Asci octospori, paraphysibus
genuinis nullis. Sporae hyalinae, transverse pluriseptatae«.
Die Grundart und der einzige Vertreter dieser neuen, von den
.Autoren zu den Nectriaceen gestellten Gattung ist die von
C. F. Baker im Juli 1916 auf den Philippinen (Mt. Makaling,
Prov^ Laguna) auf der Oberfläche von Strömen von Catacauma
El Hier i Sydow an Blättern von Ficns minahassae Miqii.
gefundene Hyalocrea epimvces S3^d., von der ich ein Original-
exemplar aus dem Herbarium H. Sydow untersuchen konnte.
Nach diesem Urstück zeigt Hyalocrea epimvces Syd.
eiberflächliche, in kleinen Gruppen nahe beieinander auftretende,
trocken weißliche oder ganz licht fleischfarbene, feucht glas-
helle und durschscheinende, ungemein weichfleischige, kugelige
oder fast kugelige, 100 bis 200 ;x breite, weißbezottete Gehäuse,
die auf einem aus ziemlich dicht verflochtenen, hyalinen,
glatten, derbwandigen, ziemlich steifen, deutlich septierten,
1 I. -Mitteilung siehe diese Sitzungsberichte, mathem.-naturw. Klasse.
Abt. I, 125. Bd., 1916. p. 460 bis 575, 3 Taf. und 15Textfig.
I>04 J. Weese,
verzweigten, stellenweise etwas knotig verdickten, beiläutlg
4 [x breiten Hyphen gebildeten, sich auf dem Catacaiinta-
Stroma dahinziehenden Subikulum aufruhen. Die Fruchtkörper-
wandung ist zirka 8 bis 12;j. dick und wird aus deutlich
parenchymatischen, mäßig zartwandigen, bei der Flächen-
betrachtung polygonal erscheinenden Zellen gebildet, die in
ein bis drei Lagen auftreten und an den Flanken und an dem
Grunde der Fruchtkörper viel deutlicher zu unterscheiden
und schärfer begrenzt sind als wie in der Gegend des
Scheitels, wo sie etwas zu verschleimen scheinen. Die Frucht-
körper sind oben und seitlich mit hyalinen, steifen, häufig
schwach wellig gebogenen, dickwandigen bis fa.st lumenlosen,
glatten, stumpf endigenden, bis 250 ;x langen Borsten besetzt,
die entweder einzeln auftreten oder sich, in größerer Zahl
zusammengedreht, zu kegelförmigen Zotten vereinigen. Von
der unteren Seitenfläche und der Basis ziehen radialst rahlig
die Hyphen weg, die das Subikulum bilden. Ostiolum läßt sich
keines beobachten: doch konnte ich am Scheitel der Fruch't-
körper eine schwer sichtbare, gewöhnlich beiläufig 50 bis 90 jj.
breite, kreisförmige Öffnung sicher feststellen. Der Rand dieser
großen runden Öffnung ist bei genauer Betrachtung meist
ganz deutlich zu sehen, wenn auch hier die die Wandung auf-
bauenden Zellen meist etwas die Tendenz zur \'erschleimung
aufweisen. Die Aszi treten gewöhnlich nur in der Zahl 4 bis
10 auf, wobei aber auch nicht alle reife Sporen enthalten.
Die Schläuche sind beiläufig eiförmig bis länglich eiförmig,
ungestielt oder nur mit einem ganz kurzen Fuß versehen,
oben stark verdickt, seitlich und unten mäßig verdickt, acht-
sporig, 80 bis 120 [i. lang, 35 bis 55 ;j. breit. Die Sporen sind
länglich eiförmig, beidendig breit abgerundet, oben etwas
breiter wie unten, hyalin, glatt, mäßig derbwandig, anfangs
zweizeilig, dann vierzellig mit längeren Mittelzellen und
kürzeren Kappenzellen, manchmal mit gekörneltem Zellinhalt
versehen, 30 bis 40 \i. lang, 10 bis 16 ;j. breit und gerade oder
schief zwei- bis dreireihig oder unregelmäßig im Askus an-
geordnet. Manchmal hat man den Eindruck, als ob die Sporen
in die einzelnen Zellen zerfallen würden, da die Sporenaußen-
wund zuweilen etwas undeutlich wird. Deutliche Paraphysen
Zur Kenntnis der H\'pocreaceen. ()JO
waren nicht zu sehen, doch treten zwischen den Schläuchen
kurz fi^denförmige. gewundene, ganz verschleimte, manchmal
wie netzig verbunden erscheinende Gebilde auf, die auch den
Raum über den Schläuchen bis zur Öffnung ausfüllen. (Fig. 10
bis 13 auf beigefügter Tafel.)
Wie nun aus der \-orangehenden Beschreibung deutlich
hervorgeht, stellt Hyalocrca cpiiuyccs dem Bau nach einen
höchst eigenartigen Pilz dar. H. u. P. Sydow betrachten
zwar Hyülocrcd nur als eine epiphytische, oberflächlich
wachsende ( 'ii/<>in\iria, doch erscheint es mir nach dem
Mangel eines echten Ostiolimis, nach der Ausbildung der
eigentümlichen, gn^ßen kreisförmigen Öffnung am Scheitel und
nach der Entwicklung einer so gelingen Anzahl von Schläuchen
trotz der lichten Farbe und der weichfleischigen Beschaffenheit
der Gehäuse nicht gut möglich, diese Gattung bei den Nectria-
ceen, beziehungsweise bei den Hypocreaceen in ihrer heutigen
Begrenzung unterzubringen. Die große runde Öffnung der
Fruchtkörper erscheint mir als der Hauptunterschied gegen-
über den echten Hypocreaceen, die alle ein mehr oder weniger
deutliches Ostiolum und einen mit Periphysen ausgestatteten
Mündungskanal aufweisen.
Sollte nun die Gehäuseöffnung von HyaloLVL'a Syd. durch
Verschleimung und Auflösung der Zellen des Fruchtkörper-
scheitels entstanden sein, so wäre dieses Merkmal morpho-
logisch und systematisch außerordentlich wertvoll und charakte-
ristisch und die Gattung müßte als der Typus einer eigenen
neuen, mit den Hypocreaceen \erwandten und von diesen
ableitbaren, kleinen Familie aufgefaßt werden, die als die der
Hyalocreaceen zu bezeichnen wäre. An dem mir zur Ver-
fügung stehenden beschränkten Untersuchungsmaterial war
es mir jedoch leider nicht möglich, entsprechend eingehende
Studien über die Entwicklung der Scheitelöffnung vorzunehmen
und dadurch diese Frage einer endgültigen einwandfreien
Lösung zuzuführen. Bisher gelang es mir aber trotz eifrigsten
Bemühens bei meinen ausgedehnten Untersuchungen nicht,
innerhalb des kreisförmigen, zarten und nicht gerade leicht
sichtbaren Randes der Scheiteir)ffnung Reste von verschlei-
menden, parenchymatischen Perithezienzellen zu beobachten.
()96 J. Weese.
die Schlüsse auf die Entstehung dieser eigenartigen Öffnung
ermöglichen würden. An der besagten Stelle fand ich immer
nur jene kurz fadenförmigen verschleimenden Gebilde, die
zwischen und über den Schläuchen auftreten und die ich
bereits in der Beschreibung zu erwähnen Gelegenheit hatte.
Ausdrücklich muß ich aber hier noch bemerken, daß sich
die genaue mikroskopische Untersuchung von Hyalocrea
epimyces infolge der wasserhellen Beschaffenheit und der
geringen Größe der Gehäuse zu einer ziemlich schwierigen,
mühevollen und anstrengenden gestaltet.
Nach den bisher festgestellten Eigenschaften paßt nun
die Gattung HyaJocrea weder zu den echten Hypocreaceen,
noch zu den Perisporiaceen, noch zu den Englerulaceen. Über
die Entstehung der Scheitelöffnung konnte bis jetzt nichts
Positives konstatiert werden, das die Aufstellung einer eigenen
neuen Familie begründet und notwendig erscheinen ließe. Und
so dürfte es nach dem bisherigen Stand unserer Kenntnisse
nicht ganz unangemessen sein, Hyalocrea S^'d. vorläufig als
einen eigenartigen kleinen Diskomyzeten, als eine eigentümliche
Trichopezizee aufzufassen. Frisch angefeuchtete Gehäuse dieser
Pilzgattung erscheinen auch in der Tat bei der Betrachtung
mit einer starken Lupe manchmal ganz t3'pisch diskomvzeten-
artig. Über die endgültige Stellung unseres interessanten
Pilzes im S3^stem der Pilze werden aber jedenfalls erst Unter-
suchungen an reichlicherem Material und an verwandten
Formen sichere Entscheidung bringen können.
Nach dem Auftreten von zottenförmigen Anhängseln an
den Gehäusen zQiiiX Hyalocrea eine gewisse äußere Ähnlichkeit
mit einzelnen Vertretern der Gattung Nectria Fr. [z. B. Unter-
gattung Ziiiniuriiiamiia Sacc. (Sylloge fungor., XV'II., 1905.
p. 787), dann Nectria sitffulta Berk. et Gurt. (Journ. Linn.
Society, X, 1868, Nr. 733; über die S3'nonyme siehe Weese
in Ztschr. f. Gärungsphys. u. Myk., IV., 1914, p. 102 bis 109),
A'. doJicIiospora Penz. et Sacc. (Malpighia XL, 1897, p. 513;
etc.], dann mit einzelnen von Calouectria de Not. und allen-
falls mit//////j'./ Starb.(Bih. sv! Akad. Handl., 25. Bd., 1899, III. Abt-
Nr. 1, p. 30). Doch handelt es sich hier durchwegs um Pilze,
die mit Hyalocrea S\'d. nicht verwechselt werden können.
Zur Kenntnis der Hypocreacoen. ')9<
Gleichzeitig mit Hyalocvea haben H. u. P. Sydow die
neue Gattung Epinectria S^'d. begründet (Ann. Myc, XV'.,
1917, p. 215). Epinectria Syd. soll eine Hvalocrea mit zwei-
zeiligen Sporen darstellen. Ob die beiden Gattungen morpho-
logisch übereinstimmen, vermag ich begreiflicherweise ohne
Untersuchung von Originalmaterial des Gattungstypus (Epi-
nectria meliolae Syd. auf Meliola-MyzeWum parasitierend)
auf Grund der bloßen Beschreibung nicht zu entscheiden.
30. Über die Gattung Botryosphaeria Ges. et de Not.
V. Cesati und G. de Notar is haben im Jahre 1863 in
■•-Schema di classificazione degli vSferiacei italici aschigeri«^
die Askomyzetengattung Botryosphaeria begründet und geben
\on dieser folgende Diagnose:
»Pyrenia stromate pulviniformi, vel disciformi vel elongato
instrata, in acervos nudos stipata, inferiori parte simul con-
crescentia, subcoriacea, cellulis minutis rotundatis, saepe
caesiis stratosis contexta, in vertice semper libero osculo
minutissimo hiantia. Asci clavati, tenues, 8-spori. Sporidia
ovoidea, oblongave, hyalina, plus minus\-e distincte 4-locularia.
In iisdem acervis pyrenia interdum inveniuntur spermati-
fera, aliaque stylosporea. Itidem haud raro in inferiori pyre-
niorum parte concrescente vel stromate obruta, eorum cortex
exterior evanescit.<
Als Vertreter dieser neuen Gattung führen die beiden
Autoren lö Arten an, und zwar Botryosphaeria pnlicaris (Fries)
Ces. et de Not. (Syn.: Gibbera pnticaris Fries in Summa
\eget. Scand., 1849, p. 402, Sphacria pnlicaris Fv. in Kunze
u. Schmidt, Myk. Hefte IL, 1823, p. 37 und Fries, Syst. II,
1823, p. 417). B. syconophila Ces. et de Not. (sub SpJtaeria
in de Notaris, Microm. ital., VI, 1853, p. 6), B. polycocca
(Mont.) Ces. et de Not. (sub Sphaeria Montagne in litt.).
B.moricola Ces. et de Not. (Erbar. Crittog. ital.. 1861, Nr. 541),
B. advena Ces. et de Not. (sub. Dothidea advena Ces. in
Erbar. Critt. ital., Nr. 495), B. Dothidea (Moug.) Ces. et de Not.
1 Commentario della societa crittogamologica italiana, Geimva 1863.
Nr. 4. p. 211 bis 213 (p. 87 bis 39 des Separatabdruckes).
B98 J. Weese.
(sLib Sphaeria Dothidea Mougeot in Fries, Syst. II, 1.S23,
p. 420), B. rhhomatnni Ces. et de Not. (sub Sphaeria rhiza-
nuüiiin Ccsati in Rabenhorst, Herb, mycol. I., 1854, Xr. 1S39),
B. popnUtia (Pers.) Ces. et de Not. (sub Sphaeria in Persoon,
Observ. mycol., IL, 1799, p. 67, Tab. V, Fig. 10), B.jnglaiulis
(Mont.) Ces. et de Not. (sub Dothidea in Montagne, PI. cell.,
Cent. VIII., 1859, p. 126), weiters Sphaeria DitJeauiariie
.Schmidt (in Mykol. Hefte, I., 1817, p. 62; Fries, Syst. II,
p. 421), Sph. polita Fries (Syst. II, 1823, p. 426; sub Pyr»sf<>iiui
politiun Fries in Summa veget. Scand., 1849, p. 395). Sph.
rhagadiola Fries in Herb. Guepin, Sph. tuorbosa Schwein,
(in Schweinitz, .Synops. Fung. Carol. sup., 1822, n. 134; Fries,
Syst. II, p. 417), Sph. agglomerata Pers. (Fries, Elench. II,
1828, p. 83) und Gibhera oppilata Fries (Summa veg. Sc,
1849, p. 402, sub Sphaeria in Fries, Scler. n. 399).
.•\us der voranstehenden Liste geht nun ganz deutlich
hervor, daß Cesati und de Notaris in ihrer Gattung Botryo-
sphaeria ganz \erschiedenartige Pilze zusammenfaßten, und
zwar solche, die zu den Hypocreales gehören, solche, die zu
den Dothideales zu stellen wären, weiters solche, die zu den
Sphaeriales zu rechnen sind, und sogar solche, die nur als
Fungi imperfecti bezeichnet werden können. Eine derartige
Gattung, die so systematisch ungleichartiges enthält, kann
selbstverständlich auf die Dauer nicht aufrechterhalten werden,
sondern muß in natürliche Gruppen zerlegt werden.
Von dieser Erkenntnis geleitet, hat auch bereits im Jahre
1877 P. .\. Saccardo in einer Notiz zu Bofryo.^phaej-ia adveiia
Ces. et de Not. (in Michelia, I., p. 42 bis 4.3) eine Zerlegung
der Gattung Botryosphaeria vorgenommen. Saccardo unter-
scheidet: I. Botryosphaeria: perithecii conte.xtu rigidulo, fiili-
gineo-atro; sporidiis ex ovato rhomboideis hyalinis continuis
mum matura septata fiant, iterum dubito); II. Giberella n. g.:
perithecii contextu molliusculo amoene cyaneo \'el \iolaceo;
sporidiis ex ovoideo fusoideis, 3-pluriseptatis, subhyalinis;
III. Lisea n. g. : peritheciis praecedentis; sporidiis didymis, sub-
hyalinis. Giberella und Lisea stellte er zu den Hypocreaceen
und die neu umgrenzte Gattung Bolryosphaeriii fügte er bei
den Sphaeriaceen ein.
Zur K'cnntnis der Hypoci-eacccn. t)U'>
Die (irundart der Gattung Hotryosphaeria Sacc. ist
B. Bcrt'Uiicridua de Not., die von Giberella Sacc. (später
schreibt Saccardo (libbere/la) (!. pnlicaris (Fr.) Sacc. und
die von Lisea Sacc. L. iiemorosa Sacc. Theissen und Sydow
(Annales Mycologici, 13. Bd., 1915, p. 661) betrachten als den
'IVpus der Gattung Botryosphaeria im Sinne Saccardo's
B.Oneratittn (Schwein.) Sacc. (SphaeriaOiieratinn Schwein,
in Syn. Fung. Carol., 1822, Nr. 125, p. 40). Als Grundlage für
diese Angabe diente ihnen die Sylloge Fungorum, durch die
man aber bei Feststellung der Grundart einer Gattung — die
beiden Verfasser haben ja selbst darauf wirkungsvoll auf-
merksam gemacht • — häufig gründlich irregeführt werden kann.
In der Sylloge Fungorum, I. Bd., p. 456, ist ja B. Oiierciiiini
(Schw.) Sacc. als erste Art angeführt, aber an jener oben-
zitierten und allein maßgebenden Stelle, an der die erste Auf-
stellung der Gattung in dem neuen Umfange erfolgte, wird
B. Bereugeriana zuerst genannt und B. Onercnnm gar nicht
erwähnt.^
Der T^^pus der alten Gattung Botryospliaeria Ges. et
de Not. ist aber weder B. Bereugeriana noch B. Quereiiiiiu,
sondern B. pnliearis (Fr.) Ges. et de Not. Und gerade diesen
Pilz hat Saccardo zum Typus seiner neuen Gattung Gibbe-
rella gewählt. Die Grundart der Gattung Botryospliaeria Ges.
et de Not. ist auf diese Weise aus dieser Gattung vollständig
ausgeschieden worden. Daraus geht wohl deutlich genug
hervor, daß man sich mit diesem gänzlich ungerechtfertigten
Vorgang Saccardo's bei Zerlegung der Gattung Botryo-
sphaeria Ces. et de Not. unter keinen Umständen einver-
standen erklären kann. Die Neubegrenzung der Gattungen
hätte eben so durchgeführt werden sollen, daß die daraus
hervorgegangene, schärfer charakterisierte und natürlicher
umgrenzte Gattung Botryospliaeria sich möglichst mit dem
durch die alte Diagnose und durch die Eigenschaften der
ersten Art beiläufig gegebenen Gattungsumriß deckt und daß
1 V. Höh 11 el hat daher mit Recht im Fragment 311 (diese Sitzungsber.,
Wien. 1009, mathem. naturw. Kl., 118. Bd., p. 842) als Grundart der Gattung
Botryosj.^haeiia im Sinne Saccardo's B. Bcrciti^criaiia angeführt, woran
Theissen und Svdow luigerechtfertigter Weise Anstoß genommen haben.
700 J. Weese.
dabei die Grundart der alten tiattung auch bei der neueren,
emendierten und gleichbenannten erhalten bleibt.
Die Gattung Botryospliacria Ges. et de Not. enthält der
Hauptsache nach zwei ganz verschiedene Gruppen von Pilzen,
und zwar hypocreaceenartige und sphaeriaceenartige. Und wenn
ich Botryospliacria piilicaris (Fr.) Ges. et de Not., also eine
Hypocreacee als Typus betrachte, so leitet mich dabei nicht
allein der manchem zu engherzig und kleinlich erscheinende
Gesichtspunkt, daß gerade diese Art in der Liste der auf-
gezählten 15 BotryospJiaeria-Spez\QS an erster Stelle, steht,
sondern vor allem der Gedanke, daß gerade dieser Pilz (als
Repräsentant der Hj'pocreaceengruppe der Gattung) nach den
Angaben der Gattungsbeschreibung betreffend die häutig blau-
graue Färbung der Fruchtkörper und die mehr oder weniger
ausgesprochene Vierzelligkeit der Schlauchsporen in dem
durch die Originaldiagnose gegebenen Rahmen noch am besten
paßt. Eindeutig ist ja die Gattungsdiagnose von Cesati und
de Notaris keineswegs, aber so unbestimmt ist sie doch nicht,
daß man nicht erkennen könnte, daß ihr die von Saccardo
in seiner Gattung GibbereUa zusammengefaßten Pilze unter
den 15 aufgezählten Botryosphaeria noch am meisten ent
sprechen. Die von Saccardo nun als Botryosphaeria bezeich-
neten Formen stimmen ja schon wegen ihrer einzelligen
Sporen nicht zu der Gc\ttungsbeschreibung. De Notaris scheint
das übrigens auch etwas empfunden zu haben, da er bald
nach Aufstellung der Gattung Botryosphaeria Ges. et de Not.
in seinen >Sferiacei Italici« (Centuria I., Fase. 2. Genova, 1863,
p. 82) zur Begründung der Gattungszugehörigkeit der Arten mit
einzelligen Sporen der Vermutung Ausdruck gibt, daß diese
noch unreif seien, da sie ja im reifen Zustand eigentlich zwei-
oder vierzellig sein müßten. Wenn also diese Vermutung
nicht richtig ist — und das ist ja nach unseren heutigen
Erfahrungen der Fall — , so haben schon einzig und allein
aus diesem Grund (abgesehen von dem durch die Beschaffen-
heit der Fruchtkörper gegebenen und noch wichtigeren) diese
mit einzelligen Sporen versehenen Arten, also die, die
Saccardo als typische Botryosphacria-Spözies ansieht, nach
der durch die Originaldiagnose gegebenen Umgrenzung gar
Zur Kenntnis Jor Hypucreaceen. /Ol
nichts mehr in dieser Gattung zu tun. Ein beachtenswerter
Umstand scheint mir auch der zu sein, daß bei Autzählung
der zu Botryosphafiia Ges. et de Not. gehörigen Arten die
beiden Autoren nur bei zwei Arten (bei B. pulicaris [Fr.] iind
B. polycocca Mont.) nähere Angaben machen, und zwar über
die BeschafTenheit der Sporen. Und gerade diese beiden
auf diese Weise hervorgehobenen Arten haben vierzellige
Sporen. Zu diesen Erwägungen kommt aber noch die — und
diese erscheint mir am schwerwiegendsten — , daß de Notaris
in seinem vorher genannten Werke auch ausdrücklich darauf
hinweist, daß zwischen Boiryosphacriu und Xectria eine Art
Parallelismus bestehe. Ich glaube, daß daraus wohl ganz
besonders einwandfrei hervorgehe, daß die beiden Forscher bei
Aufstellung der Gattung vor allem hypocreaceenartige Pilze im
Auge hatten, dann aber unglückseligervveise auch Pilze dazu-
stellten, die ihrer Natur nach gar nicht in dieses Genus
gehören, und daß ich mit vollem Recht und aus guten Gründen
Ciibhcid pidicaris Fries als Gattungst3'pus betrachte.
Zur Unterstützung meiner Ansicht führe ich auch noch
hier an, daß G. v. Niessl bereits im Jahre 1872 in einer durch
ihre Gründlichkeit herzerfreuenden und Saccardo auch wohl-
bekannten Arbeit^ bereits acht Bofiyospluwriu-Avten aufzählt,
die alle eine »große Übereinstimmung« dadurch zeigen, daß sie
»Perithezien mit zarter schlaffer Substanz, welche im durch-
fallenden Lichte melir oder weniger rein blau bis amethyst-
farben erscheint'^', und daß sie -ferner oblonge bis spindel-
förmige, fast hyaline, nur (mit Ausnahme von BotiyospJiacfia
litis, die zweizeilige Sporen hat) dreimal septierte oder vier-
fücherige Schlauchsporen aufweisen^< und > endlich Konidien
besitzen, welche dem Typus der früheren Gattungen Fusarium
und Selenosporitiui entsprechen . Wir ersehen daraus, daß
auch V. Niessl nur die Formen, die nach Saccardo heute
als Gibbcrclla zu bezeiclmen wären, als Botryospluieria auf-
faßt. Und an diesem Standpunkt hat genannter F'orscher trotz
des großen P^influsses, den Saccardo's Schriften auf die
systematische Mykologie ausgeübt haben, mit Recht bis zum
i Beitrag- zur Kenntnis der Pilze. (X'erhanJ.l. naturf. Ver. Biünn, ]S72,
p. 193 bis 198.)
702 J. Weese.
heutigen Tag festgehalten. Niessl hat uns also (u"enn er auch
in dieser Arbeit nicht ausdrücklich sagt, daß einzelne von
Cesati und de Notaris in ihre Gattung gestellten Arten
nicht dorthin gehören) schon damals eine ganz natürliche
Umgrenzung und Auffassung der Gattung Botryosphaeria
Ces. et de Not. gegeben und umso unbegreiflicher erscheint es
uns, daß Saccardo sechs Jahre später die bereits sonnenklare
Sachlage durch seine ganz unrichtige Zerlegung der Gattung
Botryosphaeria Ces. et de Not. wieder in das Gegenteil ver-
wandelte und den heutigen unhaltbaren Zustand herbeiführte.
Theissen und Sj'dow^ vertreten auch die Ansicht, daß
Saccardo bei der Aufteilung der Gattung Botryosphaeria
nicht richtig vorgegangen sei, erklären aber, daß eine »sklavische
Befolgung der Prioritätsregeln in diesem Falle zu einem
Absurdum, zu vollständig unannehmbaren Folgerungen führt«,
und daß man praktisch >^die von Saccardo einmal geschaffene
Botryiisphaeria-Lage annehmen müsse*. Zu dieser letzten
Ansicht kann ich mich durchaus nicht bekennen. Die Schwierig-
keiten und Unannehmlichkeiten einer Umbenennung erscheinen
mir gering gegenüber dem dadurch erwachsenden Gewinn
an Sicherheit in der Gattungsbegrenzung und Namensgebung.
An Stelle des Namens Gibberella Sacc. tritt ganz einfach
Botryosphaeria Ces. et de Not. char. emend. v. Niessl et '
Weese als Bezeichnung für die durch die Saccardo' sehe
Gihberella-Diagnose zusammengefaßte Gattung und für Botryo-
sphaeria Sacc. ist ein anderer Namen zu wählen. Diese
zweite Notwendigkeit dürfte wahrscheinlich Theissen und
Sydow abgehalten haben, einen entscheidenden Schritt zu
tun. Doch auch diese bietet keine Schwierigkeiten, sondern
im Gegenteil die Möglichkeit, einen weiteren F'ehler Saccardo's •
bei Zerlegung der Gattung Botryosphaeria Ces. et de Not.
zu beseitigen. Mit Botryosphaeria im Sinne Saccardo's deckt:
sich nämlich Melaiiops Nitschke in Fuckel, Symbolae Myco-
jogicae, 1869, p. 225, vollständig, wie ich bereits in einer
anderen Arbeit (Ber. d. Deutsch. Botan. Gesellsch., 37. Bd.,
1919, p. 83 bis 96) ausführlicher nachweisen konnte. Der
1 Theissen und .Syiiow, Die Ikdhidcaks (Annales Mycologici, 1017.
13. Bd., p.661) und Sj-nopiische Tafeln (Annal.-Mycnl.jgici, 191;'), 15.Bd.. p.395.)
Zur K'enntnis dcv IlypDOi'caceen. / Oo
Typus der Galtuno- Mclaiiops Nke. ist Melanops Titlasua
Nke. (= Dotliic/Ld uicJauops Tul.). Diese Art ist durch
Tulasne (Ann. scienc. nat., IV. ser., \'.. ISöO, p. IK), und
Selecta fung. carp.. IL, 1863, p. 73 bis 75, tab. X) so genau
beschrieben und so herrlich abgebildet worden, daß man über die
Eigenschaften der Haupt- als auch der Nebenfruchtform dieses
Pilzes und somit der Gattung Melanops Nke. vollständig im
Ivlaren sein kann. Mit Mdauops Nke. ist die von Saccardo
(Sylloge fung. IL, 1883, p. 231) angeführte Gattung Melanops
Tulasne emend. Saccardo, deren Typus Melanops mirabilis
Fuck. (Symb. mycoL, 18(59, p. 225) sein soll, nicht identisch,
wobei ich noch gleich bemerken will, daß Tulasne eine
derartig benannte Gattimg gar nicht aufgestellt hat und
Saccardo's Angaben lediglich auf einem Irrtum beruhen.
Da die Gattung Melanops Nke. ( 18()9) gegenüber Bohyo-
sphaeria Sacc. (1877) die Priorität genießt, so sind nun alle
bisherigen echten Bofryosphaeria-Avien im Sinne Saccardo's
in Melanops-Spezies umzubenennen. Und damit erscheint auch
die durch Saccardo seinerzeit herbeigeführte Verwirrung
in der Bofiyosphaeria-Fvage endgültig beseitigt.
Mit Melanops Nke. fällt auch die Gattung Tlmenieniu
Rehm (Thuemen, Mycotheca univers., 1878, Nr. 971) voll-
ständig zusammen. Clements (Genera of fungi, Minneapolis,
1909, p. 28) zieht mit Botiyosphaeria Saccardo die Gattungen
GibeUia Sacc. (Mise. Myc, IL, p. 12, Syll. IX, p. <)08) und
Coutinia d'Almeida et de Camara (Rivista agron. de Lisboa,
1903, n. 12, p. 293, tab. XIV) zusammen. Gibbelia Sacc.
(Grundart: G. dothideoides Sacc. et Berl.) könnte möglicher-
weise nach Höhnel (siehe auch diese Sitzungsber., 121. Bd.,
1912, p. 386) mit Mazzantia Montagne (Sylloge gener. spec.
plantar, cryptog., 1856, p. 245) verwandt sein. (Zu dieser Frage
siehe auch Theissen und Sydow in Annal. Myc, XIIL,
1915, p. 185, und Höhnel in Ann. Myc, XVI, 1918, p. 109
bis 1 12.) Unter Coutinia (Typus: C. Agares d'Alm. et da Cam.)
vermutet Höhnel (diese Sitzungsber., 121. Bd.. 1912, p. 386)
eine großsporige Pliysalospora Niessl. Daraus ist wohl zu
entnehmen, daß erst die Untersuchung von Originalmaterial
endgültige Klarheit über die systematische Stellung dieser
704 J. Wcesc,
beiden von Clements zu Boiryosphaeria Sacc. (=:= MeJauops
Nke.) gezogenen Gattungen bringen kann.
Bezüglich Boiryosphaeria Ces. et de Not. sensu Niessl
et Weese will ich noch bemerken, daß ich mit Rücksicht
auf die auffallende Gleichheit der Nebenfruchtformen und der
Schlauchfruchtkörper in diese Gattung gern auch die Formen
mit zweizeiligen Sporen gezogen hätte, die jetzt in Lisea
Sacc. zusammengefaßt werden. Eine generische Trennung
von Lisea und Botrvosp/iaeria Ces. et de Not. erscheint mir
gleich Niessl und Winter (Pilze, II., p. 104) bei der nahen
Verwandtschaft der hierhergehörigen Pilze nicht gerechtfertigt,
zumal Saccardo selbst bei der Typusart von Lisea bei
L. iiemorosa Sacc. neben tj^pischen zweizeiligen Sporen auch
vierzellige fand und es bei BotryospJiaeria-{Gibberella-)Ai'ten
nach meinen Beobachtungen häufig vorkommt, daß ein Groß-
teil der Sporen zweizeilig ist und nur die gut ausgereiften
drei Querwände aufweisen. Da wir aber bei der Familie der
Hypocreaceen von einem natürlichen System auf Grund des
Baues der Perithezien und des Nukleus und auf Grund der
Nebenfruchtformen derzeit noch ziemlich entfernt sind und
die zu einer künstlichen, rein schematischen Gruppierung
recht bequeme sporologische Einteilung noch eine Hauptrolle
spielt, so habe ich vorläufig Lisea als eigene Gattung noch
bestehen lassen, trotzdem es auch im Sinne von de Notaris
und Niessl gewesen wäre, die mit zweizeiligen Sporen ausge-
zeichneten Arten zu BofryospJiaeria Ces. et de Not. ^ zu ziehen.
Eine Lisea mit einzelligen Sporen stellt die Gattung
Lisiella Cooke (Grevillea, XVT, 1887, p. 5 als Untergattung;
Saccardo, Syll. Fung., IX., p. 945) dar. Der Typus dieser
Gattung ist Lisiella Passißorae Cke. et Massee (auf Passi-
//onz-Stengeln, Australien). Nach Lindau (Engler-Prantl,
Natürl. Pflanzenfam., I. T., 1. Abtlg., 1897, p. 355) wäre dieser
Pilz dahin zu untersuchen, ob die Sporen im reifen Zustande
1 Als Nebenfruchtformen von Botiyospluuria Ces. et de Not. nach
meiner Auffassung kommen Fiisafiiiin-Arien und als Pj'knidenfrüchte Cyai:o-
phomellü Höhn. (Hedwigia, 1918, p. 156), Cvanochita Hohn. (Fragm. 907,
XVit. Mttlg., 1015) und Siagonosiroina Die dicke (K'ryptog. Flora v. Branden-
burg, IX., Pilze VIl, 1914, p. 561) in Betracht.
Zur Kenntnis der Hj'pdoreaceen. ''ü-')
doch nicht zweizeilig seien, da in diesem Fall diese Gattung
wieder eingezogen werden müßte.
\'on Boivyosphaeria Ces. et de Not. (= Gibbet-ella Sacc.)
soll FU'ogibberella Sacc. (Add. Syll., 1886, p. 217) bloß durch
die mauerförmigen Sporen verschieden sein. Die Grundart
dieser Gattung ist die an Früchten von Calamus fasciculatiis
in Ostindien gefundene Gibberella caJauüa Cooke (Grevillea,
XIII, 1884, p. 8).
Mit Botryosphaeria zeigt aber trotz einer gewissen Über-
einstimmung in der Farbe CyanocephaJinm Zukal (Ost. Botan.
Zeitschr., 1893, p. 244, Taf. XII., Fig. 1 bis 8) sicher gar keine
verwandtschaftlichen Beziehungen, denn die Grundart der
letztgenannten, auch zu den Hypocreaceen gerechneten Gattung
Cyanoct'phalhmt murorum Zuk. (an feuchten, moosigen Mauern
in Kärnten), die anscheinend bisher nicht wiedergefunden
wurde, steht unstreitig der Gattung Thelocarpon Nylander
(1854) sehr nahe. Mit Rücksicht darauf, daß die Sporen von
Thelocarpon Nyl. manchmal auch wie zweizeilig erscheinen,
betrachte ich es sogar als nicht gänzlich ausgeschlossen, daß
die beiden Gattungen nur so wenig voneinander verschieden
sind, daß die Aufrechterhaltung der Gattung CyanocephaJinm
Zuk. gar nicht notwendig sei. Leider ist von Cyanocephalinni
ninroniin Zuk. weder Originalmaterial noch ein Original-
präparat mehr aufzutreiben, so daß man über die sj^stematische
Stellung dieses Pilzes bis zu seiner VViederauffindung durch
eigene Beobachtungen nichts feststellen kann.
Zukal hat die innigen Beziehungen zwischen (yano-
cepha/iitm und Thelocarpon wohl erkannt und dadurch zum
Ausdruck gebracht, daß er beide in eine eigene Familie stellte,
die er Thelocarpeae nannte und zwischen die Hypocreaceen
und die Sordarieen einreihte.
Überblicken wir nun nach diesen Nebenbemerkungen noch
einmal die eingangs mitgeteilte Liste der von Cesati und
de Notaris aufgestellten 15 Bot ryospliaeria- Arten und stellen
wir diese Spezies nach dem gegenwärtigen Stande unseres
Wissens zusammen, so gehören Botryosphaeria pitlicaris (Fr.),
}B. polycocca (Mont.), B. moricoJa Ges. et de Not. und
}B. agglouterata (Pers.) Ges. et de Not. (die zweite und die
'()()
.1. Wces;
vierte Art sind leider nicht vollkommen bekannt) noch zu
Botrvosphaeria in der jetzigen Auffassung, ß. sycouopliila
Ces. et de Not. und //. culvcua Ces. et de Not. sind bei
MeJanops Nke. einzureihen, B. Dothidea (Moug.) ist Cata-
Ldiiuia Dothidea (Moug.) Höhn. (Ber. Deutsche Botan. Gesellsch.,
IV) 18, p. 812), B. popnlliia (Pers.~) \si Ciyptospliaeria popidiita
(Pers.)Sacc. (Syil. Fung., I., 1882, p. 183), B. Jiio]aiidis (Mont.)
ist AmevodoiJiis Juglaudis (Mont.) Theissen et Sydovv
(Annal. Mycok, 1915, p. 296), B. DnJcaniarac ist Cncurbitayiu
Didcaiuarac (Kunze et Schmidt) Fries (Summa Veg. Scand.,
1849, p. 391), B. niorbosü (Schwein.) ist Dibofryoii uiorbosttw
(Schwein.) Theiss. et Syd. (Annal. Myc<.l., 1915., p. 663),
B. polifd ist nur ein Konidienpilz, und zwar Rliabdosporu
polilii (Fr.) Sacc. (Syll. Fung., III.. 1884, p. 589j, B. oppilafa
(Fr.) ist ebenfalls nur eine Nebenfruchtform, und zwar Heuder-
sonia oppilafa (Fr.) Curr.) {SpJiaer., Nr. 330, Fig. 114; Syn.:
Sfagonospora oppilata (Fr.) Sacc. in Sylloge Fung., III., p. 449),
B. rJiagadioIa (Fr.) scheint nirgends beschrieben worden zu
sein und Sphaeria rhizoniatnui Ces. ist ein noch ganz zweifel-
hafter Pilz, da es Traverso, der Originalmaterial untersuchte,
nicht gelang, Schläuche zu linden. Vorläufig wurde letzt-
angeführter Pilz von genanntem Autor bei Botn'osfdiac'ria Sacc.
belassen. (Flora Ital. Ciyptog., \'ol. IL, tasc. 2, 1907, p. 414).
Nun zum Schluß gebe ich noch ein Verzeichnis der
bisher beschriebenen Bofiyosphücria-i GibbcrellaJ- Arten, ohne
aber dabei auf Vollständigkeit Anspruch zu ei heben:
Boiryosphaeria pnJicaris (Fr.) Ces. et de Not. (Fries, Syst.
Myc. IL, 1823, p. 317). (Synon3mi: (\iIonectria Relnniana
W. Kirschst. (Verhandl. Bot. Ver. Prov. Brandenburg,
1906, p. 59; nach Höhnel in diesen Sitzungsber., 121. Bd.,
1912, p. 380.)
B. moricola Ces. et de Not. (Sferiac. Ital., 18(33, p. 83, tab. 91).
Nach LLöhnel (Ann. Myc. XV, 1917, p. 378) ist m(')glicher-
weise DotJüdea decoJoraus Fries. (Elench. IL, 1828,
p. 1 22) derselbe Pilz.
r>. baccata (Wallr.) Niessl (VVallrolh, Flora Cryptog.
Germaniae, IL, 1833, p. 838, sub Sphaeria; Niessl in
Verhandl. naturf. Ver. Brunn, 1872, p. 194).
Zur Kenntnis J.er H3'pi>creaccen. '^''
B. /hitwi (Wallr.) Xiess! (W'allr., I. c. sab Sphacriu; Niessl,
1. c).
B. accrvülis (y\or\g) Niessl rMoiigeot in Fries, Elench., II.,
1828, p. 88 SLib Splnien'a; Niessl, 1. c.) Wollenweber,
Fusaria autogr. delin., 191H, bezeichnet Bohyosphaerici
ahiici>la Niessl ad int. als Synonym von (jibbereUa
accrvülis (Moug.) Wollenw. non Sacc. NachWollen-
weber's Zeichnung wäre dieser Pilz eine Lisea Sacc,
da er die Sporen zweizeilig abbildet. Die Untersuchung
eines Originalexemplars aus dem Herbarium Hofrat Niess'l
ergab dasselbe Resultat.
B. cyauogcua (Desm.) Niessl. (Desm. in Annal. sc. nat. X.,
1848, p. 852, sub Splntcriu; Niessl, I. c, p. I<t7.) Syn.:
Gibherella Saiibinefii (Mont. ) f. acciiuiu Feltg. (Nach-
trag, III., ]9();-5, p. ;)()8; nach Höhnel in diesen Sitzungs-
ber., 115. Bd., 1906, p. 111)4).
B. Sil tibi lulii (Mont.) Niessl. (Montagne in Flore d'Algerie,
184H. p. 479 .sub Gibbera; Niessl, I.e., p. 195). Syn:
B. dispersa de Not. (Sfer. ital., IStio, p. 84 1 und Gibbcrella
iritiii F. Henn. (Hedwigia, 1902, p. 801) nach Wollen-
weber. Saccardo (Bull. Soc. R. de Botan. de Belgique,
81. Bd., 18V>2, p. 280) führt auch Xectria Meloti_^eiiac
Roumeguere (Fg. gall. exs., Nr 1645) als Synon3'm an.
B. Evoiiyuii (Fuck.^) Niessl. (Fuckel, Symb. mvc, 1869,
p. II') 7. t. IV., Fig. 9; Niessl, 1. c, p. 194.)
B. cyucii I So lim.) Weese (So 11 mann, in Bot. Ztg., 21. Bd.,
18()8, p. 198, sub Sphaeriu; sub Gibbcrella W<^llenweber
Fus. autogr. delin. 19 IH).
/)'. Mapaiiiae (Schweinitz) Weese (Spliaeria Mapaiiiae
Schwein, in Berkeley et Curtis, Exotic Fungi from
the Schwein, herb, in Journ. Acad. Nat. Sei. Philadelphia,
new. ser., IL, 1858, p. 290, t. XXV., Fig. 15; sub Gibberella
in Saccardo, Syll. IL, 1888, p. 556).
B. diro-rufa < Pa sser.) Wse. (Passerini, Diagn. funghi nuovi,
III., 1888, p. 48 sub Gibberella).
Sitzb. ü. inatliein.-naturw. Kl., Abt. I, l'JS. ]',d. 49
708
•J. Weese.
j). i//iiur(>sp(n\>ii/es iSpeg.) W'se. (Spet;a/,zi ni in Anal. Soc.
("ientif. ari>entina, 1.S88, sub Zitkulia; sub GibbcrclUi
V. Höhnel, diese Sitzungsber., mathem.-naturw. Kl., ]',>()'.),
Abt. ], p. 1 KiÖK
/)'. uialvciccannii (Trab.) W.se. (l'^oumeguere, Fg. gall. exs_
Nr. 40(n. Revue mycolog., IX., 1887, p. 106).
H. Trichosfoini (Roll.) Wse. (Bull. Soc. Myc, 1801, p. 211.
t. XIV., Fig. 3 .sub Gibherella).
]^. Lagerlielniii (Rehm) Wse. (Hedvvigia, 189ö, p. [!'>•' I ■'^'-ib G.).
B. Sücchari (Speg.) Wse. (Rev. Agr. y Veter. La Plata, 189(3,
p. 237 sub (;.).
B. eyauospora (Bomm. et Rouss.) W'se. (Bull. Soc. bot. Belg..
1896, p, 150 sub G.)
B.effiisa (Rehm) Wse. (Hedvvigia, 1896, p. [32] sub G:)
B. tropica] is (Rehm) Wse. (Hedwigia, 1898, p. 104, t. s,
Fig. 10, sub G.).
■ B. cantareieusis (P. Henn.) Wse. (Hedwigia, 1004, p. 205,
sub G).
H.parasHiea (Rick.) Wse. (Broteria, V., 1006, p. 41, sub 6'.).
It riKHloilcuilricnlü (Rehm) Wse. (Annal. Myc, V., 1007,
p. 543 sub G.).
B. Briosiaihi (Turconi et Maffei) Wse. (Atti Ist. di Pavia,
XV., 1912. p. 148).
B. jitniperi (Wollen vv.) Wse. (Desmaz. in Ann. sc. nat,
3. ser., X., 1848, p. 35 sub var.; Wolle nweber, Fusar.
autogr. delin., 1916).
B. subiropica (Wolle nvv.) Wse. (Rehm in .Ann. myc, IX.,
1911, p. 63, sub var.; Wollenw. 1. c).
/)'. helerochrouia (Wollenw.) Vi^^se. (Wolle nweber, Annales
M^^cologici, 1017, p. 52 .sub Gibberella).
Zweifelhafte Arten:
H. po/veoeea (Mont.) Ces. et de Xot. (Schema Sferiac, 1863,.
p. 2! 2).
/-/. fieiiia (Cooke et Harkn.) Wse. (Grevillea, IX., 1881, p. 87).
h.?cieairisaia (Preuss) (Preuss in Linnaea, 26., 1853, p. 715).
B.? agglouierata (Fries) Ces. et de Xot. (F'ries, Elenchus II,.
1828, p. 83).
Zur Kenntnis der Ilyprocreaceen. '''^. '
31. Über die Gattung Deban^ella v. Höhn.
Hoirat Prof. Dr. F. Höhnel hat im Mai 1903 am Dachs-
bauberg in der Pfalzau (Wiener Wald) eine Hypocreacee
gefunden, die mit vierzelligen, hyalinen Sporen ausgestattet
ist und die sich dadurch auszeichnet, daß sie in den leeren
Perithezienhöhlen von Valsci scabrosa (Bull.) auftritt. Nach
genauer Untersuchung hat sodann Höhnel seinen Pilz als
den Typus einer neuen Hypocreaceengattung beschrieben,
die er seinem berühmten Lehrer Anton de Bary zu Ehren
DebaiycJla v. Höhn, nannte (Mycolog. Fragmente, I\'. Forts.
in Annal. Mycolog., IL, 1904, p. 274).
Nach den mikroskopischen Präparaten aus dem Herbarium
Prof. Höhnel's zeigt die Grundart der Gattung DeharycIUi
liyaliiui V. H. hyaline bis schwach gelbliche, weichfleischige
oder weichhäutige, längHch eiförmige, 200 bis 240 [>. hohe,
140 bis 170 ;a breite Perithezien, die oben einen zirka 50 bis
70 ]x langen und 40 bis 50 \>. breiten, zart parallelfaserig ge-
bauten, vom Mündungskanal durchbohrten Hals tragen. Die
Perithezienwandung ist zirka 15 \i. breit und wird aus unge-
fähr 5 Lagen stark zusammengepreßter, in der Hauptausdehnung
parallel zur Oberfläche bis beiläufig 7 [k großer, höchst un-
deutlicher Zellen gebildet. Die Gehäuse scheinen bis auf
einige wegziehende zarte, hyaline Hyphen kahl zu sein.
Der Mündungskanal scheint nach meinen Beobachtungen an
den allerdings nicht mehr deutlichen Glyzerinpräparaten mit
Periphysen ausgestattet zu sein. Nach Höhnel sollen die
Perithezien einzeln in die Perithezienhöhlen der obengenannten
Sphaeriacee eingesenkt sein und mit dem Schnabel kaum
hervorragen. Die Schläuche sind zartwandig, zylindrisch, oben
abgerundet, unten kurzgestielt, achtsporig, 130 bis 160 ;j. lang,
10 bis 12 ;j. breit und treten ziemlich zahlreich auf. Die Sporen
sind hyalin, glatt^ zartwandig, spindelförmig, gerade oder wenig,
zuweilen auch etwas ungleichseitig gekrümmt, beidendig in
abgerundete, aber ziemHch schmale .Spitzen ausgehend, durch
drei deutliche Querwände vierzellig, mit je einem ültropfen
in jeder Zelle, 18 bis 26 \). lang, 5^/2 bis 7 \). breit, schief
einreihig im Askus angeordnet. Paraphysen konnte ich nicht
710 J. Weese.
mehr beobacluen, doch sollen nach Höhnel dünnfädige, bald
verschleimende vorhanden gewesen sein (Fig. ö).
Im Jahre 1906 hat dann Höhnel eine zweite DcbciryeUu-
Art beschrieben, die er in einer alten, völlig leeren, halbver-
rotteten, von J. Feltgen in Luxemburg (Kockelscheuer) auf
Ulmenrinde gesammelten Eiitypa schmarotzend fand und die
er Deharyella vexans v. Höhn, (diese .Sitzungsber., 115. Bd.,
Abt. I, 190G, p. 1253) nannte.
Nach dem 1 l()hne]'schen Originalpräparat zeigt Dduirvc'Ila
vexans Höhn, blaßgelbliche, weichfleischige, fast wachsartige.
kugelige, zirka 850 bis 400 ;x breite, mit einem zirka \/., /;/;;/
langen, nach oben sich verschmälernden Hals versehene Peri-
thezien, die in dem Stroma oder in den Perithezien einer Eiitvpa
ganz eingesenkt sind und vielleicht mit dem Halse etwas hervor-
ragen. Die Perithezienwandung wird aus ganz undeutlichen,
verquollenen Zellen gebildet, bei denen bei der Flächen -
betrachtung zirka 2 bis 3 ;i. breite Lumina nieist nur
an einzelnen Stellen andeutungsweise noch etwas beobachtet
werden können. Über die Dicke dieser (in den mir zur \'erfügung
stehenden Präparaten) fast strukturlos erscheinenden Wandung
kann ich nichts aussagen. Die vSchläuche sind zartwandig,
zylindrisch, oben abgerundet, unten mit einem kürzeren oder
längeren zugespitzten Stiel versehen, achtspDrig, 70 bis 100 [k
lang, (t bis 7 7., \i breit und treten ziemlich zahlreich in den
Gehäusen auf. Die Sporen sind hyalin, glatt, zartwandig,
eliipsoidisch, beidendig ziemlich breit abgerundet, häufig etwas
ungleichseitig, ganz schwach sichelförmig gekrümmt, zuerst
einzellig, dann zwei- und dreizellig und schließlich vierzellig,
mit 2 bis 4 Öltropfen versehen, 10 bis 16 «a lang, 4 bis 6 ;j.
breit (Fig. 6). Die zarten Paraphysen sollen rasch verschleimen.
Leiten wir nun von diesen beiden Arten die Gattungs-
eigenschaften von Deharyella v. Höhn, ab, so kommen wir zu
dem Ergebnis, daß diese Gattung lichtgefärbte, weichfleischige,
undeutlich-kleinzellige, in Pilzperithezien eingesenkte, mit
einem kürzeren oder einem längeren Hals versehene, mit
Paraphysen ausgestattete Nectriaceen umfaßt, die durch hyaline,
vierzellige Sporen ausgezeichnet sind. Deharyella ist also eine
mit einem mehr oder weniger langen Hals versehene, in
Zur l\(.-niitnis der I lypncrcaccen. tll
;:nderen Pilzen schmarotzende und durch diese eigenartige
Lebensweise morphologisch etwas \eranderte Calouedria de
Notaris (Comm. Critt. Ital., IL, l<S(i7, p. 477). Wenn auch die
Ansicht, daß es genügt hätte, für die beiden beschriebenen Pilze
nur eine neue Sektion von CaUmccina zu bilden, xielleiclit
nicht ganz ohne jede Berechtigung sei, so erscheint es mir
doch ganz angezeigt, für diese eigentümlichen hinenschmarotzer
mit Rücksicht auf ihr so charakteristisches Auftreten und ihre
damit unstreitig zusammenhängende weiche Beschaffenheit der
Perithezien und mit Rücksicht auf das häufige Vorhandensein
eines Halses oder Schnabels eine eigene Anpassungsgattung
zu schaffen, zumal es auch aus praktischen Gründen nicht
recht anginge, diese Formen in die Gattung Calouciiria 7a\
stellen, die ja nur oberflächlich auftretende Pilze umfaßt und
bei der niemand nach der heutigen Umgrenzung bei Bestim-
mungen auch in anderen Pilzen auftretende Arten vermuten
würde. Gegen die Einreihung der Dcbarvel/ü -Arten bei
' 'csaUella Saccardo CMichelia, IL, p. 250) mit Ccsotiella ciiistrci-
lis Sacc. et Speg. als Typus spricht wieder die Saccardo'-
sche Gattungsdiagnose, die die Perithezien eigens als »im
Holze eingesenkt« charakterisiert, so daß eigentlich die Auf-
stellung einer eigenen Gattung eine ganz glückliche Lösung
dieser Frage ist.
Clements (Genera of Fungi, Alinneapolis, 1900, p. 4(.)>
bezeichnet Dcbaryclla Höhn. ('Saccardo, Syll. Fung., XVII.,
p. 809) als Synonym von Paranectria Sacc. Da nun J\ira-
iiecfria Sacc.(Michelia L, 1878, p.31 7) nach derOriginaldiagnose
vierzellige hyaline Sporen hat, die beidendig eine Zilie auf-
weisen und bei be'den Arten der Gattung Dcbaryella Höhn,
von solchen Anhängseln keine Spur ist, so ist die Zusammen-
ziehung der Höhnel'schen Gattung mit der von Saccardo voll-
ständig ungerechtfertigt.
Saccardo bezeichnet zuerst als Typus seiner Gattung
Parauectna die Sphaeria aj-yiiiis Grev. ('auf dem Thallus von
Ephche lanata (L.) Wainio, Schottland), scheint sich dabei
aber nicht nach Greville, Scottish cryptogamic flora, 1826,
tab. 186, sondern nach Desmazieres (Notices sur les plantes
cryptog. de France. XXIII., 1855, p. (>) gerichtet zu haben.
712 J. Weese,
da Greville die Sporen als einzellig, seltener als zweizeilig
oder dreizellig abbildet. Später hat dann Saccardo (Syll.
Fung. II., 1888, p. 500) seinen Irrtum eingesehen und den
Grevilleschen Pilz nach Cooke (Grevillea, VIII., p. 9) zu
Nectria gestellt. Als Typus der Gattung Paraneciria k(>mmt
also nur Paranectria affinis (Desmazieres) Saccardo in Be-
tracht, ein Pilz, der möglicherweise eine gewisse Verwandtschaft
mit Cilioinyces oropensis (Cesati) Höhnel (Botan. Ztg., XV..
1857, p. 406; Rabenhorst-Klotschii, Herb, vivum mycol,
Edit. IL, n. 524 u. Erbar. Crittog. ital., Nr, 540 sub Nectria:
sub Ciliomyces siehe Höhnel in diesen Sitzungsber., 115. Bd.,
1. Abt., 1906, p. 672, Fig. 2) zeigt. Wenn das von Desmazieres
untersuchte Exemplar nicht ganz reif gewesen sein sollte,^
so wäre es mir, da bei Cilioinyces oropensis anfänglich auch
nur bis drei Querwände auftreten, sogar sehr wahrscheinlich,
daß Paranectria afjinis (Desmazieres) Sacc. mit dem letzt-
genannten Pilze vollständig zusammenfällt. Pleonectria apjwu-
dicHlüta Vouaux (Bulletin de la Societe mycol. de France,
XX VIII., 1912, fasc. 2, p. 17) ist nach meinen Untersuchungen
von Originalexemplaren aus dem Herbarium Vouaux mit
Ciliomyces oropensis (Ges.) Höhn, sicher identisch (siehe
Zentralbl. f. Bakt., II. Abt., 42. Bd., 1914, p. 603) und bei
Pleonectria liclienicola (Grouan) Saccardo (Crouan, Florule
de Finistere, Paris, 1867, p. 256 sub Nectria; sub Pleoueclria
Saccardo in Michelia, I, 1878, p. 325) erscheint mir dies nur
wenig zweifelhaft.
Wenn auch die Typusart von Paranectria Sacc. morpho-
logisch nicht ganz klar gestellt ist, so ist doch die Gattung
durch die Gattungsdiagnose vollständig eindeutig bestimmt
1 Nach den Dai-legungen vun Desma/. i ltcs (Vir.gt-troisicme notice
sur les plaiUes cryptogames, recemment decouvertes eii France in Ann. sc.
nat., I\'. scr., \'., 1855, p. 128), der die Vierzelligkeit der .Sporen, wie er
ausdrücklich sagt, nur schwer sehen konnte, erscheint es inii- ziemlich sichci',
daß sein von Roussel in Fontainehleau auf EpJui\- laihila i=^ E. piibcsceiis)
gesainmeller Pilz nicht gut ausgereift war. Übei' das X'ei'lüiltnis des Desnia-
zieres'schen Pilzes zu Splmcria afßitis Orev.. die nach Bornets Unter-
suchungen an authentischem Material (Ann. sc. nat. 111. ser., IS. Bd., 1852.
p. 165) vierzeliige blaßgelbe Sporen aufweisen snU, k<')nnte nur die Nachunter-
suchung guten Originalniaterials vollständige Klarheit bringen.
Zur Kenntnis der llypncrcaceen. ' ' •'
und ein Zusammenfallen von DeburyelLt Höhn, mit diesem
Genus erscheint vollständig ausgeschlossen. Auch würde eine
allfällige Feststellung, daß bei Paraucctria iif/iuis (Desm.)
Sacc. mauerförmige Sporen vorkommen, keine Änderung in
den bisherigen Gattungsbegrenzungen verursachen, da bei
J^üvaiiectria jetzt schon sehr viele Spezies beschrieben sind,
die vollständig der Gattungsdiagnose entsprechen.
Biologisch sich wie die beiden Debaiyella-Avten ver-
haltende Hypocreaceen sind derzeit schon eine Anzahl bekannt.
So z. B. Passcriniila cüiidiihi Sacc. (Nova ascomj^cetum
.genera in Grevillea, IV., 1875, p. 2*2; Atti Soc. Veneto-Trentina,
I\'., fasc. I., 1875, p. 122), welcher Pilz im Stroma oder in den
Perithezien von Fenestella vestlta (Fr.) und Wilsarici insltiva
Ces. et de Not. auftritt und einen langen zylindrischen, weit
vorragenden Hals, zweizeilige braune Sporen und Paraphrasen
aufweist. Fasserinula Sacc. ist somit eine Dcbaiyclla Höhn,
analoge Hypocreaceengattung mit zweizeiligen braunen Sporen,
■also eine mit einem Hals versehene, in Pyrenomyzetenperi-
thezien eingesenkte LctcnJrcicd Sacc. (Michelia, IL, 1880,
p. 7o).
Andere bezüglich des Auftretens mit DcbiiiyclLi H()hn.
übereinstimmende Hypocreaceen sind noch Charonectriu bi-
parasifica Höhnel (Mykologische Fragmente, 1. JNIittlg. in
Annal. Mycologici, L, l<.)0o, p. ol)5) in Valsa flavoviyeus lebend,
imgeschnäbelt und zweizeilige, hyaline vSporen aufweisend,
dann Hypoucctrui biparasitica H(')hn. (Annal. Mycologici, XV'I.,
H>18, p. 3G~) mit einzelligen, hyalinen Sporen und in Lepto-
sphacrid i/oIioIoiJcs (Auersw.) schmarotzend und weiters
noch (.'tüoiiCLtria JuihuisiLie A.Möller (Phycomyceten und
Ascomyceten, Jena, 1*.H)1, p. liXi u. 21'7) in Perithezien von
Balausid ycdiiddiis A. Möller (1. c, p. 105_) auftretend und
braune, vierzellige Sporen aufweisend.
Clidroneclrid bipdrasitica Höhn., welchen Pilz Höhnel
im Urwald am Kubany (Böhmerwald) im Juni 1003 gefunden
hat, habe ich später, da Charoiicctria Saccardo (Michelia,
IL, 1880, p. 72) sich nach meinen Feststellungen mit XeclricUa
Nitschke (Fuckel, Symbolae Mycologicae, 18G9, p. 175),
aber nicht mit Ä'etiricHa Saccardo (Michelia, L, 1877, p. 51)
714 J. Weese.
deckt, mit Rücksicht auf das nicht obertlächliche Auftreten zu
XectrieUa Nke. im Sinne Fuckel's gestellt (Annal. Atycol.,
XII., 1914, p. 152).
Hvponeclria biparasUica Höhn, wurde in Rehm, As-
comycetes Nr. 152:-5 als Phoiuatospora ovalis (Passerini)
Sa CG. ausgegeben, hat aber nach HöhneTs Feststellungen
mit diesem nun als Mycosficta ovalis (F^ass.) Höhn. (Ann.
Myc, XVI, 1918, p. 36) zu bezeichnenden Pilz nichts zu tun,
sondern stellt einen Innenschmarotzer von Leptospliaeria
ihliolmclcs dar. Da es Höhne! zweckmäßig erscheint, die in
Perithezien oder P\'kniden schmarotzenden einfachen von
den freilebenden zu unterscheiden, hat er für Hypoueciria
biparasUica die Untergattung Cryptonectriopsis und für Ncc-
trielhi InpavasHica (Hr)hn.) Weese die .Sektion ( 'lyptoiuxiriella
aufgestellt. Wenn man aber Dcbaryella v. Höhn, als selb-
ständige Gattung auffaßt, so erscheint es mir ganz folge-
richtig, Cryptonectriopsis und Cryptonectricila nicht bloß als
Untergattungen zu bezeichnen, sondern zu selbständigen Gat-
tungen zu erheben.
Von denselben Gesichtspunkten ließ sich eigentlich auch
Hofrat Hr)hnel leiten, wenn er vor kurzem für die ('atoucctria
Balausiac A. Moll., die MC)! 1er im Mai l.S9'2 in Brasilien
gesammelt hatte, die neue Gattung Wecsea v. Höhn, begrün-
dete, die somit in Perithezien oder Pykniden schmarotzende
Nectriaceen mit vierzelligen, braunen Sporen umfaßt. ]\'cesea
Balausiac (Moll.) v. Hr)hn. hat kleine rundliche, höchstens
150 [J, hohe Gehäuse, die dem oberen Drittel der entleerten
Perithezien von Balausia rcdudans Moll, genau eingefügt
sind und deren Wand seitlich mit der des Balausia-Fevi-
theziums verschmilzt und nur unten, wo sie an den leeren
Raum grenzt, diese \-ol!kommener entwickelt hat.
Obwohl es nahe läge, die durch die gleiche Lebensweise
sich auszeichnenden und im Bau der Perithezien dadurcli
ziemlich übereinstimmenden Xectriaceen in eine eigene Gruppe
zusammenzufassen, will ich doch davon absehen, da diese
Gruppe wohl keine phylogenetisch einheitliche ist und lediglich
auf Parallelerscheinungen in verschiedenen Entwickiungsreihen
beruhen dürfte.
Zur Kenntnis der Hypncrtaceen.
■ir>
Vnd nun zum Schluß eine kurze Übersicht über die in
Perithezien oder Pvkniden eingesenkt auftretenden, geschnä-
belten und ungeschnäbelten Nectriaceen:
Sporen einzellig, hyalin... (JrvpfojiCiiriopsis (HiUin.) Weese
(1919)
\C. hip\ii\Tsilica (Höhn.) Weese].
hyalin . ('ryp/oiicctriella (Höhn.) Weese
(1919)
[C. hipaiasilicii (H ö h n .) We e s e] >■
braun . Passer iiinla .Sacc. (1875)
[P. candidd S a c c .]
Sporen zweizeilig,
Speeren vierzellig
(oder drei- und
mehrzellig)
hyalin . DebaryeUa Höhn. (1904)
[D. liyaliua Höhn.]
[D. vexiiiis Höhn.]
braun . Vl'cesca Höhn. (1919).
[11'. Balansiac (.Müll.) Höhn.]
32. Über Sphaeria epichloe Kunze.
Sphaeriii epichloe Kze. wurde von We igelt auf Gras-
blättern in Surinam (Guayana) im .Tahre 1827 gesammelt.
Kunze hat dann auf Exsikkatenetiketten — wenigstens mir
liegt eine solche gedruckte vor — folgende Beschreibung des
Pilzes gegeben: »Sphaeria (epiphylla hypogena) oblonga,
gemella, subconfluens, depressa, rugosa, atra; peritheciis
ovalibus, ostiolo papillato, demum pertuso«. Wann diese Ver-
öffentlichung erfolgte, konnte ich leider nicht feststellen.
P. S. Saccardo hat sodann im Jahre 1892 diesen Pilz
mit Fragezeichen zu Botryosphaeria Sacc. gestellt (»Fungilli
aliquot Herbarii Regii Bruxellensis« in Bull. Soc. Roy. de
Botan. de Belg., 31. Bd., p. 227). Mit Rücksicht auf das Fehlen
der Schläuche war Saccardo auch geneigt, den Kunze' sehen
Pilz zu DoUiioveUa zu geben. F. Theissen hat Botryospliaeria
? epichloe (Kze.) Sacc. in seiner interessanten »Studie über
1 Möglicherweise gehört auch Xcctria lasiodcniia Ellis (Anier. Naturalist.,
ISS;^, p. 194) hierher. Doch ist zu dieser Entscheidung die Untersuchung
guten Originalmaterials noch notwendig (siehe meine Ausführungen in der
1. .Mitteilung dieser Arbeit in diesen Sitzungsber., l^.'i. Bd., Abt. 1, 1916.
p. 47 8 ff.).
716 J. Weese.
Boiiyosphacrid« (Annales Mycologici, XIV, 191(3, p. 331 ) unter
den auszuschließenden unreifen Arten angeführt. Die Angabe,
daß unser Pilz auf Geranienblättern gefunden wurde, beruht
wohl nur auf einem Versehen.
Bei meinen Untersuchungen über die Gattungen Mi'laimps
Nke. und Tlnienwnia Rehm (Ber. Deutsche Botan. Gesell-
schaft. 37. Bd., 1919, p. 96) hatte ich Gelegenheit, ein Original-
exemplar von Sphaeria epichloe Kunze zu untersuchen, das
mir deutlich zeigte, daß dieser Pilz mit Melaiiops Xke.
{■=: Boiryospluuriü Sacc.) gar nichts zu tun hat. Nach diesem
Urstück zeigt er längliche, dunkelbraunschwärzliche bis fast
schwarze, auf der Epidermis von Stengeln und Blättern auf-
sitzende und das Substrat manchmal teilweise umfassende
Stromata, die bei meinem allerdings recht spärlichen Unter-
suchungsmaterial eine Länge bis zu 6 mm, eine Breite von
2 bis 3 mm und eine Dicke bis fast V2 ^^*'^ erreichen. Diese
Stromata zerfallen durch unregelmäßige Einschnitte in eine
Anzahl meist aber durch dünneres steriles Stromagewebe unten
in \'erbindung bleibende Partien, die, mit der Lupe genauer
betrachtet, etwas warzig, schwach längshöckerig oder körnelig,
beziehungsweise infolge der kurzen, wenig gewundenen \'er-
tiefungen an der Oberfläche schwach längsrinnig oder längs-
streifig erscheinen. Das außen dunkelgefärbte Stroma ist im
Innern ganz licht und zeigt eine ausgesprochen weichfleischige
Beschaffenheit. In dem Stroma sind ziemlich dichtstehende,
schmal- und länglicheiförmige, weichfleischige, 240 bis -100 |j.
hohe, 100 bis 150 |x breite, meist eine deutliche, etwas her-
vorragende, bis 90 [X hohe Mündungspapille aufweisende Peri-
thezien so dicht eingesenkt, daß unter den Gehäusen nur
mehr eine 20 bis 60 [a dicke Stromadecke der Substratepi-
dermis aufruht. Die Perithezien stehen nicht immer gleich
dicht; manchmal grenzen die Wänd.e benachbarter Gehäuse
unmittelbar aneinander und manchmal liegt Stromagewebe
bis zu einer Gehäusebreite zwischen ihnen. Die Perithezien-
wände sind nur 10 bis 13 ;j, breit und aus einer Anzahl
Lagen außerordentlich nachgedrückter, in Medianschnitten gar
kein Lumen zeigender, wellig verbogener, mäßig derbwandiger,
hyaliner oder schwach gelblicher, länglicher Zellen bestehend,
Zur Kenniiiis der Hypncreacceii. ( 1 /
die an der Gehäusebasis ohne Jede Grenze sofort in die
mehr rundlichen, ungefähr 4 u. großen, derbwandigen Zellen
des Stramabasisgewebes übergehen. Die Mündungspapille wird
aus etwas gebogenen, beiläufig senkrecht gegen die Oberfläche
gerichteten, außen dunkler gefärbten, 3 bis 4 |x breiten Hyphen
gebildet, die innen und weiter unten rundlich-klemzellig und
licht erscheinen. Der Mi^indungskanal ist gut sichtbar und ist
mit recht deutlichen, kurzen Periphysen ausgestattet. Das
außen etwas höckerige Stromagewebe wird an der Oberfläche
aus länglich -ellipsoidischen, mäßig zartwandigen, bis zirka
1<S a großen, dunklen Zellen gebildet, die dann gegen innen
allmählich kleiner und lichter werden und nach unten in das
noch kleinzelligere, aber etwas derbwandigere Gewebe der
Stromagrunddecke übergehen. Die Zellen des inneren, lichten
und zartwandigen Stromateiles sind häufig seitlich etwas
zusammengepreßt und weisen dann in der Längsrichtung
wellenförmige Verbiegungen auf. Der periphere untere Teil
des Hauptstromas verschmälert sich meist kurz keilförmig
nach außen und zieht noch eine kurze Strecke auf der
Epidermis des Substrates dahin. Die zahlreich auftretenden
Schläuche sind langzylindrisch, etwas gebogen, zartwandig, oben
mit zirka .'-JV'., ;j, langer, beiläufig halbkugeliger Schleimkappe
versehen, gegen unten etwas verschmälert, ungestielt oder
kaum gestielt, 1 70 bis 260 \>. lang, 4 bis 5 |j. breit. Die Sporen
sind hyalin, glatt, fadenförmig, etwas gebogen, mit zahlreichen
Querwänden versehen, zirka 1 |j- breit und wahrscheinlich
beiläufig die Länge der Aszi aufweisend. Ein Zerfallen der
Sporen in die einzelnen Zellen konnte ich nicht feststellen;
Paraphysen vermochte ich auch nicht zu beobachten (F'ig. 7
bis D).
Wie ntm aus der vorliegenden Beschreibung deutlich
hervorgeht, ist SpJiaeria epichloc Kunze durchaus keine
Botryosplicwrid im Sinne vSaccardo's, sondern eine Clavici-
pitee. Kunze hatte also mit dem Speziesnamen seiner
Sphaeiia die systematische Stellung derselben ganz richtig"
angedeutet.
Die Zuteilung der Spluwrid epichloc zu einer bestimmten
Glavicipiteengattung str)ßt allerdings bei der unsicheren
7 IS .1. Weese,
Abgrenzung der verschiedenen Genera dieser Gruppe auf ziem-
liche Schwierigkeiten. Doch ist es mir ohne jeden Zweifel,
daß nach der vonAtkinson von Dothiclüoc Aik. gegebenen
Beschreibung (Journ. of Mj-cology, XI., 19U5, p. 258) der von
W'eigelt gesammelte Pilz am besten in diese Gattung paßt.
Der T3'pus der (ruttung hniliichlnc Atk. ist DofhicJiloc atra-
nientofia (Berkeley et Curtis) Atk. (Journ. Linn. Soc, X.,
1869, p. ?ü7 sub Hypocrca; Grevillea, IV., 1876, p. lOö sub
Dothidea iifraiiu'ufan'a Berk. et Curt.; Michelia, I., 1878,
p. 328 sub HypocrcUa). Nach der von Atkinson von Dof/ii-
iiiloe afi'cimeiiiosa gegebenen Abbildung ist Sphaeria epicJiloe
Kunze davon unmöglich zu unterscheiden und ich bin fest
überzeugt, daß diese beiden Pilze vollständig zusammenfallen.
Da ich leider nicht feststellen kann, ob die SpJuicria cpichloe
Kunze als ordnungsmäßig veröffentlicht betrachtet werden
kann, verm£ig ich derzeit nicht zu entscheiden, welcher von
beiden Pilzen die Priorität genießt. Da mir bei meinem ünter-
suchungsmaterial eine alte gedruckte Etikette mit der Original-
diagnose vorliegt und der Autor von Sphaeria Lpic/t/oc schon
gestorben war, als Hypocrea atramenlosa B. et C. begründet
wurde, so bin ich geneigt, vorläufig dem Kunze' sehen Pilz
die Priorität zuzuerkennen.
Zu der Gattung Ddiliicliloi' Atk. geh('>rt außer DotliichJoc
epiclilnc (.Kunze) Wse. noch Z). .4/'/.s7/c/t/t' Atkinson (Journ.
of Myc, 1905, p. 261) und nach H(>hnel (diese Sitzungsber.,
119. Bd., 1910, p. 935) auch Ophiodothis Henniuosiaiia A. M()ll.
(Phyc. u. Ascomyc, 1907, p. 188, Taf. V., Fig. 70).
Saccardo läßt die Gattung /)'»////(.■// /ru- Atk. nicht gelten,
ebenso betrachtet sie Möller (1. c.) nur als ein Synonym von
Ophiodothis Sacc. (Syll, IL, 1883, p. 652). Der Typus der
Gattung Ophiodothis ist O. vorax (Berk. et Curt.) .Sacc.
und diese Art besteht nach Atkinson, der die ( )riginal-
exemplare aus dem Herbarium Kew untersuchte, aus drei
Arten, die in zwei Gattungen, und zwar BaUiusid Speg.
(1880) und Dofhichlni- Atk. gehören. Die ( rattung Opliiodotliis
Sacc. fällt also nach Atkinson mit Bulüiisia Speg. zusammen.
Atkinson betrachtet Doiliichloc als einen Cbergani:
von den .Sphaeriales zu den Dothideales. Meiner Meinung
Zur K'entitnis dcf H_vpocrcaccen. /IJ
nach läßt sich aber mit Rücksicht auf die vveichfleischige
Beschaffenheit des Stromas und der (lehäuse, die ziemlich
deutlich gegenüber dem Stromagewebe abgegrenzte Peri-
thezienwandung, das deutlich entwickelte Ostii)lum sowie
den mit Periphysen ausgestatteten Mündungskanal und
weiters mit Rücksicht darauf, daß die dunkle Färbung an
der Außenseite eigentlich mehr dunkelbraun wie schwarz ist,
die Gattung DothichJoc ganz gut als epidermal wachsende,
dunkle ( 'lavicipitee betrachten.
i'ber die Berechtigung und die Abgrenzung der einzelnen
Clavicipiteengattungen werden aber noch eingehende Scudien
auf Grund reichhaltigen Materials notwendig sein.
33. Über Sphaerostilbe sanguinea Fuckel.
Von diesem Pilz, der in FuckeL Symbolae Mycologicae,
;i. Nachtr., LSZÖ, p. 22 beschrieben wurde, konnte ich ein auf
faulender Rinde gefällter alter Weidenbäume im Winter in
Altrhein bei Hattenheim (Rheingau) von Fuckel gesammeltes
und in Fungi rhen., Nr. 2655 ausgegebenes Urstück unter-
suchen. Auf Grund dieser Untersuchung konnte ich feststellen,
daß dieser schöne Kernpilz mit seinen warzigen, mit einer
deutlich abgegrenzten Mündimgsscheibe \-ersehenen, in der
Jugend Zinnober- oder seltener orangeroten, später blutroten
und rotbraunenGehäusen \-ollständig der Ncctriit W'nillotiaiut
Roumeguere et Saccardo (Michelia II.. ISSl. p. 325)
gleicht, welche Xcctria-Avl ich in der l.Ahtteilung vorliegender
Arbeit (siehe diese Sitzungsber., 125. Bd., 191H, p. 546 bis 555)
bereits beschrieben und abgebildet habe. Sowohl in der Form,
in der Gr<')ße und im feineren Aufbau der Perithezien als
auch in der Größe und Form der Schläuche und Sporen
zeigt sich eine derartige Übereinstimmung, daß eine Unter-
scheidung dieser beiden Pilze gänzlich ausgeschlossen erscheint.
Die Gehäuse von Sphaerostilbe saniiuinea Fe kl. sind wohl
vielfach etwas kleiner und auch häufig etwas weniger warzig
als .wie bei der Neetria W'itillotiaiid Roum. et Sacc, doch
besagt dieser geringe Unterschied gar nichts, da es sich in
diesem Falle bei dem erstgenannten Pilze um jüngere, weniger
gut entwickelte Exemplare handelt, während die älteren
/20 • J. Weese,
Gehäuse von beiden Pilzen vollständig übereinstimmen. Soi^ar
die feinwarzige Beschaffenheit der Sporen, die bei N. ]'eiiil}o-
fiaiia manchmal zu beobachten ist, fand ich bei Spli. saugitinca
wieder. Für mich ist es daher vollständig sicher, daß diese
beiden Pilze miteinander identisch sind.
Fuckel hat seinen Pilz infolge des dabei auftretenden
deutlich kegelförmigen Konidienpilzes in die Gattung Sphacro-
stilhc gestellt. Saccardo hat den Konidienpilz Atraciiutu
caudiihilum .Sacc. (Syll. Fung., II., 1.S83, p. 512) genannt. Der
anfangs weiße, später gelbliche oder lichtbraune Konidienpilz
erscheint tatsächlich häuhg in Form von unregelmäßigen,
manchmal spitzen, bis 4 ///;// liehen Höckern, häufig aber in
zusammengeflossenen Krusten. Die auf verzweigten Trägern
aufruhenden Konidien sind glatt, hyalin, z^^lindrisch, schwach ■
sichelförmig gekrümmt, am Scheitel meist ziemlich breit abge-
rundet, häufig mit 5 oder 4, seltener mit 3 oder 6 Querwänden
versehen, 45 bis SO |j. lang, öVo bis 6V2 V' breit. Die Zuteilung
des Fuckel' sehen Pilzes zu Spliacrostilhe Tul. auf Grund
des häufig etwas vertikal xerlängerten Konidienpilzes
erschiene daher nach der bisherigen Auffassung der genannten
Gattung gerechtfertigt. Untersucht man aber die säulenförmigen
Bildungen des K<^nidienpilzes in Längsschnitten etwas genauer,
so kommt man zu dem Ergebnis, daß die Hcjcker nicht,
wie es scheint, aus parallel gelagerten, dicht septierten
Hyphen, sondern lediglich aus miteinander verklebten, regel-
mäßig orientierten Konidien bestehen, die am Grunde des
Höckers abgeschnürt wurden. Wir haben es also hier nicht
mit einem Afi'iic/iiini, sondern mit einem Fiisariiiiu zu tun,
das manchmal etwas an Microcera Desm. erinnert. Nach
meinen Beobachtimgen scheinen auch eiföniiige oder ellip-
soidische oder kugelige, einseitig oder manchmal beidseitig «
kurz gerade abgeschnittene, mäßig derbwandige, hyaline bis
schwach gelbbräunliche, anfangs glatte, später deutlich zart
warzige, (3 bis 9Vo [->- lange, ö bis 7^/., \i. beiläufig breite
Chlam3^dosporen \orzukommen, die an den Enden der Konidien
einzeln oder in Ketten bis zu drei Stück aufsitzen. Ob diese
Chlamydosporen auch interkalar entstehe.n — pleurogenc
konnte ich beobachten — und nicht nur bei den Konidien
Zur k't'iininis der Hypooreaceen. /21
Auftreten, konnte ich leider bei dem so spärlich mir zur \'er-
fügun,!,' stehenden alten Untersuchungsmaterial nicht mehr
feststellen. Über die Zugehörigkeit des nun geschilderten
Konidienpilzes, der vielleicht ganz gut in die Gattung Cylinclro-
Liiypon Wollen weber (Ph\^topathology, III., 1913, p. 225), und
zwar in die Sektion Chlainydospora Wollenw. (Annales
Mycologici, XV., 1017, p. .")()) paßt, zu der Sphacrosiilhe san-
Xiiinca Fe kl. liegen zwai' keine experimentellen Beweise vor,
doch erscheint mir diese wohl ganz sicher, da ja die Peri-
the/.ien des Pilzes sehr häufig direkt dem Konidienpilz aufsitzen.
Nach den Feststellungen über die systematische Stellung
des Konidienpilzes ist es nun wohl außer Zw'eifel, daß der
Fuckel'sche Pilz wohl auch nach der bisherigen Auffassung
nicht als Spluicroslilhc Tul., sondern nur als Nectria Fr. be-
trachtet werden könne. Da aber in der Gattung Nectria eine
Nectria sanguinea (Bolt.) Fr. (Bolton, Hist. Fung. Halif., III..
1789, p. 121 sub Sphaeria; Fries, .S. Veg. Scand.. IL, 1849,
p.388) bereits seit langem bekannt ist, so muß die Spli. saiigninea
Fckl. nun als Nectria Veuitlotiaua Koum. et Sacc. bezeichnet
werden. Ein Konidienpilz der echten A". \'eiiill(itiaua von
Roumeguere und .Saccardo war bisher noch nicht bekannt.
Eine Zuteilung der Sphaerostilbe saiigiiinea zur Gattung
Hvpoinyces Tul., wie sie W'ollen weber (Ph^'topathology, III.,
19K5, p. 204 u. ff.) bei Formen mit terminalen Chlamydosporen
vornehmen will, erscheint mir nach der Morpholt^gie und dem
Auftreten der Hauptfruchtform ebenso wie bei der Nectria
uianuuoiclea Phill. et Plmvr. var. Rubi (Osterw.) Weese
(Osterwalder in Ber. Deutsch. Bot. Ge.sellsch., 29. Bd., 1911,
p. 61 1, sub Nectria Rubi Ostw.; Weese in Ztschr. f. Gärungs-
phys., I., 1912, p. 126 bis 132) wohl nicht geeignet.
Die von Fuckel bei seiner Beschreibung \'on Spfmero-
stillH' saugniuea erwähnten merkwürdigen, an der Basis der
Perithezien dahinkriechenden, auffallend breiten, ziemlich
derbwandigen, manchmal knorrig erscheinenden, septierten
roteri Hyphen habe ich sowohl bei diesem Pilz als auch bei
dem Originalexemplar von Nectria J'eiiillotiana beobachten
können, was wohl auch als ein untrüglicher Beweis für die
Artgleichheit der beiden Pilze aufgefaßt werden könne. Daß
722 J. Weese.
diese eigenartigen, bis 28 a breiten Hj^phen, deren Lumen
liäutig der Länge nach von schmäleren Pilzfäden durchwachsen
wird, XU den genannten Pilzen wirklich dazugehören, habe
ich an Längsschnitten durch die Gehäuse und das kleine
Stroma ziemlich unzweifelhaft feststellen können, da sie häufig
mit dem gewöhnlich kleinzelligeren Stromagewebe vollständig
\ervvachsen sind.
Die Neciria Vfiüllotiaiui Roum. et Sacc. scheint ziem-
lich selten zu sein. Meines Wissens ist sie bisher nur von
J. Therry auf Rinde von Gleditschia triacanthos in Lyon,
dann \'on Fuckel auf 5a//;v-Rinde im Rheingau und weiters
\"«>n J. A. Bäumler auf .4/;«/s-Rinde bei Preßburg ( 188;:J) ge-
funden worden. Letztgenannter Pilz wurde unrichtigerweise
(Österr. Bot. Ztschr., 1884, p. 221) als Neciria discophora Mont.
bestimmt, ist aber von diesem Pilze, über den ich schon früher
berichtete (Zeitschr. f. Gärungsphys., 1\\, 1914, p. 114 bis 12n,
xiuf Grund der Untersuchung von Originalmaterial sicher ver-
schieden.
34. Über Sphaerostilbe coccophila Tul.
Nach authentischen Exemplaren, die als Xcctria cpi-
sphaeria in Erbar. Crittog. Ital., Ser. I., Nr. 539 und in Raben-
horst, Fungi europaei, fasc. III (1860), Nr. 262 (auf Lanriis-
Rinde, .Boboli« -Garten in Florenz, Mai 1860; leg. Caldesi)
und als SpJuwrost übe coccophila Tulasne (Selecta Fung. Carp.,
I., 18(il, p. 130, und III., 1865, p. 105) in Erb. Crittog. Ital.,
^ Ser. 11, Xr. 542 ausgegeben worden sind, zeigt dieser Pilz
dicht herdenweise oder in kleinen Gruppen bis beiläufig zu
sechs Stück auf Schildläusen oder am Rande von solchen
auftretende scharlachrote bis dunkelblutrote, ungemein weich-
tleischige. manchm.al fast wachsartig durchscheinende, birn-
förmige oder zitronenförmige, oben mit einem meist breiten
und tlachen Mündungskegel versehene, 200 bis 320 |j. hohe,
100 bis 290 [x breite, bald ganz unregelmäßig zusammenfallende,
kahle Perithezien, die auf einem blassen, niedrigen, aus 3 bis
10 \i beiläufiq; großen, mäßig zartwandigen, parenchymatischen
Zellen bestehenden Stroma auftreten. Die Gehäusewandung
ist in Medianlängsschnitten in der halben Höhe ungefähr
Zur Kenntnis der Hypdcreaceen. 723
24 bis 30 [X dick und wird aus ungemein flachen, in der Längen-
ausdehnung 3 bis 16 jx großen Zellen gebildet, deren Wand-
dicke außen so groß oder fast größer als die Breite des
Lumens ist, aber gegen innen abnimmt. An der Gehäuse-
basis erscheinen die Wandzellen etwas großlumiger, derb-
wandig und von ellipsoidischer Gestalt. Der Mündungskegel
wird aus senkrecht gegen die Oberfläche ziehenden, dick-
wandigen, weichfleischigen, manchmal fast wachsartig erschei-
nenden, knorrigen, schmallumigen, gegen außen sich ganz
wenig erweiternden, 5 bis 10 u. breiten, länglichen Zellen auf-
gebaut, die gegen die Gehäusebasis an der Außenseite mehr
rundlich und gegen den Nukleus mehr flach werden. Bei der
Betrachtung von zerdrückten Perithezien sind die Außenzellen
ziemlich deutlich zu sehen, schwanken in der Längenaus-
dehnung zwischen 5 und 16 [x. in der Breite zwischen 5 und
8 (j., sind oft rundlich, aber auch unregelmäßig länglich oder
polyedrisch, zeigen oben gewöhnlich verhältnismäßig dickere
Wandungen und schmälere Lumina als unten und lassen durch
die Verschiedenartigkeit ihres Umrisses und ihrer Hauptaus-
dehnungsrichtung die Gehäuse fast etwas schollig erscheinen.
Der Mündungskanal, der zu dem deutlichen, kleinen, von radial
gelagerten zarten, gegen innen etwas lichter werdenden Fasern
umgebenen Ostiolum führt, ist mit dicht stehenden, zarten
Periphysen ausgekleidet. Bei Einwirkung von Kalilauge werden
die Perithezien blauviolett gefärbt. Die zahlreich auftretenden
Schläuche sind zylindrisch oder fast zj^indrisch, mit deutlichem,
kurzem und etwas verschmälertem Stiel, oben breit und flach
abgerundet oder fast gerade abgeschnitten, achtsporig, 80 bis
110 jx lang, 6 bis 8 [x breit. Die Sporen sind glatt, hyalin, selten
ganz schwach gelblich, ellipsoidisch, seltener eiförmig, beid-
endig abgerundet, an den Längsseiten meist nicht ganz gleich-
seilig gekrümmt, zartwandig, durch eine deutliche Querwand
zweizeilig, ursprünglich wahrscheinlich in jeder Zelle mit einem
Öltropfen versehen, gerade oder schief einreihig im Askus
angeordnet, 10 bis 15 [x (im Mittel 12 [x) lang und 5 bis 6 [j.
breit. Paraphysen anscheinend fädig, aber bald verschleimend.
Der Konidienpilz von Sphaerostilhe coccophila Tul. ist
nach Tulasne die Microcera coccophila Desmazieres
Sitzb. d. mathem.-natunv. KL, Abt. I, 128. Bd. 50
724 J. Weese,
(Annal. sciences nat., 1848, 3. Ser., X., p. 3ä9; Exs.: Plantes
cryptog. de France, fasc. XXXV., No. 1750; fasc. XXVII [1848],
No. 1350, Erb. critt. ital., No. 543 und Rabenhorst. Fungi
europaei, No. 269). Nach W ollen w eher (Fusaria autogr.
delin., 1916, Taf. 346 bis 347) soll Microcera coccopliila mit
Actractiuin pallens Nees (1818) zusammenfallen, für welchen
Pilz der genannte Forscher nun den Namen Fusarium pallens
(Nees) Link (1824) gebraucht. Hofrat Höhne! hat nun auf
Grund einer genauen und mühevollen Untersuchung von
Originalmaterial vor kurzem festgestellt, daß die Microcera
coccopliila weder ein Fusarium noch ein Atractriuui dar-
stelle, sondern ein nectrioider Pyknidenpilz sei, der zu den
Patelloidea-epatellatae gehöre. Nach Höhnel's Darlegungen
besitzt die Microcera coccopliila ein flaches, kleinzellig-paren-
chymatisches, blasses Stroma, das sich hauptsächlich unter
den Schildläusen entwickelt und nach dem Abfallen derselben
frei zu Tage liegt. Die zirka 400 bis 450 \i. breiten, schalen-
förmigen Pykniden entstehen meist am Rande der Strömen
und sitzen entweder unmittelbar auf oder sind verschieden,
langgestielt. Die Pj^kniden sind an der Basis mikroplekten-
chymatisch und mit einem zirka 40 [j. dicken Exzipulum aus
dicht parallel verwachsenen, nicht deutlich septierten, etwa
400 |i, langen, geraden, 2 bis 2-5 [j, breiten Hyphen versehen.
Die Fruchtscheibe ist an der Basis mit dicht parallelstehenden,
bis 100 [X langen, 1'5 bis 2 \i. dicken einfachen Trägern
besetzt, die an der Spitze die Konidien tragen, welch letztere
in der Gestalt wohl den Fusarium-Komdxen gleichen, aber
sich doch durch den reichlichen, viel Öltrr)pfchen aufweisenden
Inhalt von solchen unterscheiden sollen.
Nach Höhnel's ausführlich noch nicht veröffentlicliten
Untersuchungen hat also die Gattung Microcera Desm. (1848),
deren Grundart der Konidienpilz von Spliaerosfilbe coccopliila
Tul. ist, ihre volle Berechtigung. Wenn die Angabe Wollen-
web er' s, daß Atractiuui pallens Nees und Microcera cocco-
pliila Desm. artgleich seien, richtig ist, dann müßte letzt-
genannter Pilz nun Microcera pallens (Nees) Höhn, genannt
werden.
Zur Kenntnis der Hyp'^creaceen. 725
Mit Rücksicht auf die Nebenfruchtform und mit Rück-
sicht darauf, daß Corallomyces hrachyspovus Penz. et Sacc.
(Icon. Fung. Javan., 1904, Taf. XXXVII, Fig. 1), CoraUomyces
anrantiicola (Berk. et Br.) Höhn. (Journ. Linn. Soc, 1873,
XIV., p. 117 sub Nectria; Höhnel, diese Sitzungsber., 1912,
121. Bd., p. 352) und Corallomyces laeticolor (Berk. et Curt.)
Höhnel, (Journ. Linn. Soc, 1868, X., p. 377 sub Nectria;
Höhnel, 1. c, p. 363) Microcera- Arten als Nebenfruchtformen
haben, wäre eigentlich Sphaerostilbe coccophila Tul., welcher
Pilz bisher auf Schildläusen auf Rinde von Salix, Fraxiiiits
excelsior und von Laurus gefunden wurde, in die Gattung
Corallomyces Berk. et Curt. (Journ. Acad. nat. hist. science,
Philadelphia, 1854, II. Bd., p. 269) zu stellen. Da nun aber der
Typus der Gattung Corallomyces Berk. et Curt., und zwar
Corallomyces elegans Berk, et Curt., Corallodendron Jungh.
(1838) als Konidienfrucht hat und bei erstgenannter Gattung in
ihrem heutigen Umfang nach Höhnel auch Thysatiopyxis Q)-
artige Nebenfruchtformen (wie z.B. bei Corallomyces herolinensis
[P. Henn.]) neben HypocreoJenäron P. Henn. (1897) (z. B. bei
(-. sanguiiieus [P. Henn.] Höhn.) und Microcera Desm. (1848)
konstatiert wurden, so wäre eigentlich die Gattung Corallo-
myces nur eine Zusammenfassung von Pilzen, die nur in mehr
äußerlichen Merkmalen und nicht in der sj^stematischen
Stellung ihrer Nebenfruchtformen übereinstimmen. Um nun
trotz der Übereinstimmung der Gattungsvertreter in den Haupt-
fruchtformen zu phylogenetisch einheitlichen Gruppen zu
kommen, wäre folgerichtig eine Zerlegung des genannten
Genus auf Grund der Nebenfruchtformen in fünf verschiedene,
kleinere Gattungen notwendig. Da nun aber nach dem allge-
meinen Bau der Perithezien und nach der Beschaffenheit der
Sporen Corallomyces vollständig mit Nectria Fries (Summa
Veget. Scand., II., 1849, p. 387), beziehungsweise Letendraea
Saccardo (Michelia, IL, 1880, p. 73) = Machridella Seaver
(Mycologia, I., 1909, p. 195) = Pliaeonectria Saccardo (Sylloge
Fung., XXII., 1913, p. 485; als Untergattung in Syll., XL,
1895, p. 359)^ und auch mit Sphaerostilbe Tulasne (Carp. III.,
1 Über diese Synonymie siehe meine .Arbeit im Zentralbl. f. Bakterio-
logie. 2. Abt., 42. Bd, 1914, p. 587 bis 593.
726 J. Weese,
1865, p. 103) übereinstimmt, so müßten auch diese Gattungen
nach den Nebenfruchtformen in entsprechende, kleinere Genera
geteilt werden. Bei der großen Gattung Nectria Fries sind
derzeit aber die Nebenfruchtformen größtenteils nicht bekannt
und bei der Bestimmung einer Nectria hat man nur in ver-
hältnismäßig recht seltenen Phallen Gelegenheit, die Konidien- j
fruchtform zu beobachten und zu verwerten; es erscheint
mir daher schon aus rein praktischen Gründen eine nach
diesen Gesichtspunkten durchgeführte Zerlegung der Gattung
Nectria Fr., deren T^'pus Nectria ocliracea (Greville) Fries
(Fries, Elenchus fungorum, IL, 1828, p. 79; Summa veget.
Scand., IL, 1849, p. 387) nach meinen Untersuchungen
(Zentralbl. f. Bakt., 2. Abt., 42. Bd., 1914, p. 604) mit Nectria
ciimaharina (Tode) Fr. (Tode. Fungi Mecklenburg., IL, 1791,
p. 9, sub Sphaeria; Fries, Summa veg. Scand., IL, p. 388)
zusammenfällt und somit eine TuherciiJaria Tode (1790)
als Nebenfruchtform hat, bei dem derzeitigen Stande unserer
Kenntnisse wohl nicht recht angängig. Meiner Ansicht nach
dürfte es daher derzeit am zweckentsprechendsten sein,
Sphaerostilhe coccopkila TuL, welchen Pilz jeder nach der
Hauptfruchtform nur als Nectria bestimmen könne, vorläufig
bis zur Neuumgrenzung der Nectriaceengattungen, die ja bis
jetzt keine phylogenetisch einheitliche Gruppen darstellen, bei
Nectria Fries einzuteilen.
Höhnel findet es für angezeigt, die beiden Gattungen
Corallomyces Berk. et Gurt, und Corallomycetella P. Henn.,
welch letztere von P. LIennings (Hedwigia, 1904. 43. Bd.,
p. 245) für Corallomyces Heinsensii P. Henn. (Eng 1er, Bot.
Jahrb. f. Syst., 1897, 23. Bd., p. 538) aufgestellt wurde, voll-
ständig aufzulassen und ihre Arten bei Letendraea Sacc.
und Nectria Fries unterzubringen. Corallomycetella P. Henn.
unterscheidet sich von Corallomyces Bk. et Ct. durch die
hyalinen Sporen, denn die Grundart von letztgenannter Gattung
Corallomyces elegans Bk. et Gurt. (1854) soll nach
P. Hennings braune Sporen aufweisen.
Sphaerostilhe coccopkila Tul. ist in Erb. Crittog. Ital.,
Ser. L, Nr. 539 (1861) unter dem unrichtigen Namen Nectria
episphaeria (Tode) Fr. ausgegeben worden. Eine gewisse
Zur Kenntnis der Hj'pocreaceen. '^i
äußere Ähnlichkeit zwischen den beiden Pilzen ist, abgesehen
von der verschiedenen Unterlage, unstreitig zu bemerken,
doch wird auf Grund der Perithezienstruktur, die bei Nectria
sanguinea (Bolt.) Fr. (1789) [= .V. epispliaeria (Tode) Fr.,
1791] mehr undeutlich-kleinzellig ist, und meist auch aut
Grund der Sporengröße eine Unterscheidung der beiden Pilze
ganz gut durchgeführt werden können.
Fred J. Seaver (Mycologia I, 1909, p. 180) bezeichnet
Nectria suhcoccinea Sacc. et Ellis (Michelia, IL, 1882, p. 570)
als Synonym von Sphaerostilbe coccophila (Desm.) Tul. und
zieht mit Fragezeichen auch Nectria anrantiicola Berk. et Er.
(Journ. Linnean Society, XIV., 1875, p. 117) und Nectria
aglaeotheJe Berk. et Gurt. (Grevillea, IV., 1875, p. 45), die
beide auf Schildläusen auftreten, zu dieser Art.
Von Nectria suhcoccinea Sacc. et Ell. konnte ich leider
nur ein spärliches in Ellis, North American Fungi, Nr. 1333
ausgegebenes, authentisches, unreifes Exemplar untersuchen.
Doch zeigte mir schon die Untersuchung dieses allerdings
nicht sehr günstigen Stückes, daß der obengenannte Pilz von
Nectria coccophila (Tul.) mikroskopisch sicher verschieden
sei, wenn auch äußerlich durchaus kein sonderlich auffallender
Unterschied zwischen beiden zu konstatieren ist. Die auf
einem deutlichen, lichten, kleinzellig-parenchymatischen Stroma
einzeln oder in kleinen Gruppen auftretenden, häutig auch
etwas zusammenfallenden, breit eiförmigen, licht zinnoberroten
Perithezien von Nectria suhcoccinea Sacc. et Ell.^ sind etwas
steiffleischiger als wie bei A''. coccophila (Tul.) und zeigen die
in der halben Höhe zirka 35 bis 50 \i dicke Gehäusewand
— die eiförmigen Gehäuse schwanken in der Gesamtbreite
ungefähr zwischen 200 und 300 jx — aus beiläufig 5 bis
7 Lagen dickwandiger, breit ellipsoidischer, parenchymatischer,
zwischen 6 und 15 [x in der Hauptausdehnung schwankender
Zellen zusammengesetzt. Im Gehäuseaufbau ist, wenn auch
die Angaben über die Zellgrößen dies nicht erkennen lassen,
gegenüber der Nectria coccophila ein ziemlich deutlicher
1 In der Originaldiagnose werden die Perithezien unrichtigerweise als.
nicht zusammenfallend bezeichnet.
/ 28 J. We ese,
Unterschied festzustellen, da bei N. stihcocchiea die VVand-
zellen in Gehäusemedianlängsschnitten immer ein deutlich
breit-elliptisches Lumen aufweisen, also mehr parenchymatisch
erscheinen und da weiters einzelne peripher gelagerte Zellen
manchmal in Form ein- bis mehrzelliger, dickwandiger, stumpf
endigender, an den Querwänden eingeschnürter, kurzer, blasen-
förmiger Anhängsel, beziehungsweise häufiger zylindrischer,
steifer Borsten über die Oberfläche hervorragen und diese
dann bei der Flächenbetrachtung schollig oder vielmehr borstig
erscheinen lassen, was aber nicht immer ganz leicht zu beob-
achten ist. Auf Grund dieser charakteristischen Oberflächen-
beschaffenheit kann aber Nectria stibcoccinea sicher von
Sphaerostilbe coccophila unterschieden werden. Sporen konnte
ich zwar bei Nectria snhcoccinea nur wenige beobachten,
aber diese zeigten größere Länge und Breite als wie die von
dem Tulasne' sehen Pilz, so daß auch durch diese Eigen-
tümlichkeit das Auseinanderhalten der beiden Pilze erleichtert
wird. Die Nebenfruchtform von N. suhcoccinea konnte ich
nicht untersuchen, doch vermute ich aus Seaver's Beschrei-
bung, daß sie eine Microcera Desm. oder ein Fusarium Link,
darstellen wird.
Von Nectria snhcoccinea Sacc. et Ell. ist mikroskopisch
Nectria CoUetiae Rehm (Hedwigia, 1898, p. 192, Taf. \'III..
Fig. 13) nicht zu unterscheiden, wie ich an einem Original-
exemplar des ebengenannten Pilzes aus dem Herbarium Rehm
konstatieren konnte. Rehm gibt zwar an, daß sein von Ule
im April 1891 in Brasilien (Serra Geral) gesammelter Pilz auf
Blättern von Colletia vorkommt, jedoch tritt der Pilz unmittel-
bar auf Schildläusen auf, die den stark abgeplatteten Zweig-
dornen und den Blättern von Colletia aufsitzen. Die Neben-
fruchtform \'on Nectria Colletiae habe ich bis auf einige
wenige Konidien nicht beobachten können. Sollte diese mit
der von A''. subcoccinea übereinstimmen, was mir sehr wahr-
scheinlich erscheint, so wäre A^. Colletiae als selbständige
Art zu streichen.
Als der A". subcoccinea ziemlich nahestehend muß auch
Nectria coccormn Spegazzini (»Fungi Puiggari«, Pugillus I.
in Bolet. de la Acad. nacion. de Ciencias de Cordoba, XL.
Zur Kenntnis der Hypocreaccen. ' -''•-
/
1889, n. 234) bezeichnet werden. Leider habe ich von letzt-
genanntem Pilze nur wenige überreife Perithezien untersuchen
können, die als Microccra coccophila Desm. in Roumeguere,
Fungi gallici exsiccati Nr. 8547 (auf Schildläusen auf einem
Pilocarpns-'QXsiii [fälschlich als Myrtaceenblatt bezeichnet],
Paraguay, Sept. 1883, leg. J. Balansa, Nr. 4046) ausgegeben
worden waren, so daß ich über die Beziehungen der beiden Pilze
nicht ganz ins klare kommen konnte. Die Perithezienstruktur
von N. coccormn Speg. weicht jedoch von der von A^. stih-
coccinea durch den Aufbau der Wandung aus mehr offenen,
mäßig derbvvandigen Zellen etwas ab und die Sporen scheinen
auch deutlich verschieden zu sein, so daß es mir ziemlich
unwahrscheinlich ist, daß diese beiden Pilze zusammenfallen.
Endgültiges läßt sich natürlich nach dem spärlichen Material,
das mir von beiden Pilzen zur Verfügung stand, nichts aus-
sagen. Möglicherweise bestehen zwischen Nectria subcoccineu
Sacc. et Ell. und Nectria coccogena Speg. (Fungi Puiggari,
1889, n. 289) engere Beziehungen.
Die Konidienfruchtform von Nectria coccormn Speg. ist
nach Wollenweber (Fusaria autogr. delin., Berlin, 1916,
Taf 169 und Annales mycologici, 1917, 15. Bd., p. 14) nicht
Microcera coccophila Desm., wie Spegazzini annahm,
sondern Fnsarinni aciiminatuni Ell. et Everh. emend.
Wolle nw. Höhnen, der den Spegazzini' sehen Pilz unter-
suchte, bezeichnete ihn jüngst wieder als Microcera und
benannte ihn in der Vortiussetzung, daß Wollen web er's
Angaben richtig sind, als Microcera acnininata (Ell. et Ev. —
Wollenw.) Höhn. Bezüglich derNebenfruchtform von Nectria
coccogena vermutet Höhnel, daß sie vielleicht auch eine
Microcera Desm. sei, ebenso wie die von Corallomyces
brachysporiis Penz. et Sacc. (1901) (Icon. F'ung. Javan., 1904,
Taf. XXXVII, Fig. 1), Corallomyces laeticolor (Bevk. et Cur t.)
Höhn. (Journ. Linnean. Society, 1868, X., p. 377, sub Nectria;
Höhnel in diesen Sitzungsber., 121. Bd., 1912, p. 363) und
Corallomyces atiraiitiicola (Berk. et Broome) Höhn. (Journ.
Linnean Soc, XIV., 1873, p. 117, sub Nectria; Höhnel, a. a. O.,
1 Nach noch nicht veröffentlichten Mitteilungen.
730 J. Weese,
p. 352). Mit letztgenanntem Pilz könnte möglicherweise Nectria
snhcoccinea Sacc. et Ell. zusammenfallen, doch lassen sich
darüber nur Vermutungen anstellen, da das Originalexemplar
von Nectria anrautiicola Berk. et Br. (auf Schildläusen auf
Zweigen von Citrus atirantinui, Ceylon) nur Jugendzustände
des Pilzes zeigt. ^ Die Angaben über die Form und Größe
der Sporen von der eben angeführten Nectria-Avi würden auch
für die Richtigkeit der bereits von Seaver geäußerten Ver-
mutung sprechen, wozu allerdings nochmals bemerkt werden
muß, daß Seaver dabei auch unrichtigerweise Nectria sub-
coccinea mit Sphaerostilbe coccophila identifizierte.
J. Rick hat im Jahre 1905 in Sao Leopoldo (Rio Grande
do Sul, Südbrasiiien) auf Schildläusen, die auf trockenen
Zweigen von Citrus anrantiiun auftreten, einen Pilz gefunden,,
den H. Rehm als Nectria coccidophtora A. Zimmermann
var. anrautiicola Berk. et C. bestimmte (Theißen, Hj^po-
creaceen von Rio Grande do Sul, Südbrasilien in Annal.
Mycol., IX., 1911, p. 51). Der Pilz stimmt mikroskopisch ganz
gut zu Nectria subcoccinea, doch weisen die lebhaft hellroten,
unregelmäßig zusammengesunkenen Perithezien eine Breite
bis zu 400 [X auf und zeigen meist eine etwas dunklere
Mündungspapille. Mit Nectria coccidophtora A. Zimmermann
(Zentralbl. f. Bakt., II. Abt., VII. Bd., 1901, p. 872, Fig. 1;
Saccardo, Syll. Fung., XVII, 1905, p. 784), welcher Pilz auf
Schildläusen auf Cbffea arabica und auf Citrus sp. (im zweiten
Fall zusammen mit Oplüonectria coccicola A. Zimm.) in
Buitenzorg gefunden wurde, zeigt der brasilianische Pilz
ebensoviel Übereinstimmung wie mit N. subcoccinea Sacc.
et EH., so daß es nach der Beschreibung sehr gut möglich
sei, daß die von A. Zimmermann beschriebene Art mit der
letztgenannten A''t?c/r/a- Spezies zusammenfalle. Daß Nectria
coccidophtora mit Nectria aurautiicoJa Berk. et Br. nahe
verwandt ist, hat auch Zimmermann erkannt, doch sind
die Unterschiede, die er zwischen diesen beiden Pilzen bezüg-
lich der Konidien und der Gehäusefarbe anführt, nicht solcher
1 Wahrscheinlich hängt auch die Orangefarbe der Perithezien mit deren
Jugend zusammen, denn ich konnte bei vielen roten Nectria- AviQn beob-
achten, daß sie im unentwickelten Zustande diese Farbe aufweisen.
Zur Kenntnis der Hypocreaceen. 7Si
Art, daß ein Zusammenfallen der beiden Arten gänzlich aus-
geschlossen wäre. Jedenfalls ist aber der Rehm'sche Vorgang,
die früher von Berkeley u. Broome beschriebene Nectria
anrantiicola als Varietät der 28 Jahre später publizierten'
Nectria coccidophtora A. Zimm. aufzufassen, vollständig unan-
nehmbar, da ja nur die gerade entgegengesetzte Ansicht über
die systematischen Beziehungen dieser beiden Pilze der Priorität
der Nectria anrantiicola B. et Br. Rechnung tragen würde.
Fred J. Seaver vermutet, daß mit Sphaerostilbe cocco-
pliila Tul. auch Nectria agJaeothele Berk. et Curt. (North
Americ. Fungi, 1875, n. 814) zusammenfalle. Nach der knappen
Originaldiagnose und der Angabe über das Vorkommen ist
es sehr wahrscheinlich, daß die letztgenannte Nectria-Axi
mit einem der früher behandelten Pilze artgleich sein wird,
doch ohne Untersuchung von Originalmaterial läßt sich in
dieser Frage keine endgültige Sicherheit erlangen.
In Nordamerika hat man seit über zwei Jahrzehnten
der angeblichen Sphaerostilbe coccophila im Interesse des
Pflanzenschutzes große Aufmerksamkeit zugewendet, da man
diesen Pilz auf mehr als 15 verschiedenen Schildlausarten
konstatieren konnte, die durch diesen Parasiten in ungemein
großer Anzahl abgetötet wurden. Rolfs (Garden and Frörest, X.,
1897, p. '217 bis 218) hat als erster auf diese wertvolle schildlaus-
tötende Wirkung der Sphaerostilbe aufmerksam gemacht und
hat sich dann zum Teil gemeinsam mit Fawcett (Rolfs in
Florida, Agric. Exp. Stat., Bull. 41, 1898; Rolfs and Fawcett,
1. c, Bull. 94, 1908) mit der Biologie dieses Schildlaus-
schmarotzers näher beschäftigt. Welchen Pilz sie bei ihren
Studien aber vor sich hatten, das läßt sich leider trotz der
beigegebenen Abbildungen weder diesen Arbeiten noch einer
anderen von Fawcett (Fungi parasitic upon Aleyrodes Citri.
University of the State of Florida. Special Studies N. 1, Juni
1908, p. 25 bis 34) entnehmen. Aus Seaver's Angaben (Myco-
logia, I., 1909, p. 180) schließe ich aber, daß die Nectria
snbcoccinea Sacc. et Ell. (?A^. anrantiicola Berk. et Br.)
und nicht die Sphaerostilbe coccophila Tul. der Gegenstand
ihrer Untersuchungen war.
/32 J. Weese.
35. Über Sphaerostilbe nitida Berk. et Curt.
Ein Originalexemplar dieses Pilzes (Fungi Cubenses
Wrightiani, Nr. 762, an Orchideenstengeln auf Kuba) zeigt
nur eine licht rotbräunliche Stilbella- artige Nebenfruchtform,
die auf einem beiläufig 1 ;;/;// hohen und 40 [x breiten, aus
ganz verklebten, undeutlichen, verschleimten Hyphen be-
stehenden Stielchen ein kugeliges, im Durchmesser 300 [j.
breites Schleimköpfchen trägt, Konidien waren leider nicht
zu beobachten.
Da jede Spur einer Askusfruchtform bei dem Urstück
fehlt und Berkeley und Curtis (Journ. of Linnean Society,
X., 1868, p. 3) seinerzeit auch keine Perithezien feststellen
und beschreiben konnten, so ist der Pilz als Sphaerostilbe-
Art jedenfalls zu streichen. Dasselbe gilt auch von Sphaero-
stilbe lateritia Berk. et Curt. (Fungi Cubensis, Nr. 764), von
welcher Art die Autoren ebenfalls keine Beschreibung der
Gehäuse gegeben haben. Als Nebenfruchtform des letzt-
genannten Pilzes wird von Berkeley und Curtis Stilbum
lateritiuni Berkeley (Hooker, Journ. of Botanj^, 1843, p. 642)
angeführt.
36. Über Sphaerostilbe rosea Kalchbr.
Von diesem Pilz war bisher nur die in die Gattung
Stilbella Lindau gehörige Konidienfruchtform bekannt. Wenn
trotzdem der Pilz von C. Kalchbrenner und M. C. Cooke
(»South African fungi« in Grevillea, IX., 1880, p. 26) unter
dem Namen Sphaerostilbe rosea Kalchbr.^ beschrieben worden
ist, so geschah dies lediglich auf Grund von vagen Ver-
mutungen, die sich auf den Habitus des Pilzes gründeten.
P. A. Saccardo (Syll. Fung., IL, 1883, p. 516) hat daher mit
Recht diese angebliche Spliaerostilbe-Spezies zu den zweifel-
haften Arten gestellt.
Im Herbarium G. Winter (Botanisches Museum, Berlin)
fand ich nun Originalexemplare von Sphaerostilbe rosea
1 In der Abhandlung, in der dieser Pilz begründet ist, ist im Gegen-
satz zu Sacctirdo's Angabe (Syll. II., p. 516) nur Kalchbrenner als Autor
angeführt, während in derselben Arbeit bei anderen Pilzen eigens Kalch-
brenner u. Cooke als Autoren genannt sind.
Zur Kenntnis der Hypocreuccen. ' 06
Kalchbr. (auf Rinde von Acacia horridu, Afrika; leg. Prof.
Mac Owan, Nr. 1118) vor, die geeignet erscheinen, die syste-
matische Stellung unseres Pilzes endgültig aufzuklären. Die
erwähnten Exemplare zeigen nämlich nicht nur die Stilbella,
sondern auch die Perithezien der dazugehörenden Schlauch-
fruchtform, deren Untersuchung mich nun in die Lage ver-
setzt, folgende Beschreibung des Pilzes zu geben.
Die Perithezien sind kugelig, fast kugelig oder breit
eiförmig, 300 bis 450 [x breit, scharlachrot, blutrot oder häufig
dunkelrotbraun gefärbt, fest fleischig, zuweilen auch etwas
zusammensinkend, deutlich grobwarzig, mit einer ziemlich
gut sichtbaren, häufig etwas dunkler gefärbten, kleinen Mün-
dungspapille versehen und treten dicht rasig auf ebenso wie
die Gehäuse gefärbten, aus der Rinde hervorbrechenden,
breitstielartigen, oben häufig einfach gegabelten, unten mit-
einander verwachsenen Stromateilen auf. Bei meinem allerdings
spärlichen Untersuchungsmaterial fand ich die Gehäuse meist
entweder einzeln kurz gestielt oder zu zweien auf einem
Stiel aufsitzend, so daß der Pilz etwas an Covallomyces
erinnerte. Die Perithezienwandung ist ungefähr 60 bis 85 [x
breit und wird außen aus derbwandigen, parenchymatischen,
kugeligen oder breitellipsoidischen, in der Hauptausdehnung
zwischen 8 und 22 jx schwankenden Zellen gebildet, die dann
in der innersten Schichte etwas zarter, mehr fiach und lang-
gestreckt erscheinen. iMerkwürdig ist, daß nach den äußersten
4 bis 6 Lagen von offenen, derbwandigen Zellen ungefähr ein
bis drei Zeil-Lagen zuerst ganz licht und zartwandig und
dann schließlich aufgelöst werden, so daß zwischen der
äußeren, aus mehr kugeligen Zellen» bestehenden Schichte
und zwischen der aus flachen Zellen gebildeten Innenschichte
ein manchmal fast das ganze Perithezium umgebender, 8 bis
15 |x beiläufig breiter Hohlraum klafft, der sich zuweilen an
der Gehäusebasis in Fortsetzung der Seitenwandrichtung
auch etwas in dem Stromastiel feststellen läßt. Auf der Ge-
häusewandaußenschichte sitzen die aus den gleichen Zellen
wie diese bestehenden flach halbkugelförmigen oder tlach
kegelförmigen Warzen auf, die die Rauheiten der Perithezien
verursachen. Die warzige Beschaffenheit der Gehäuse ist aber
734 J. Weese,
nicht an allen Perithezien in gleich deutlicher Weise zu beob-
achten. Das Stromagewebe ist oben meist deutlich paren-
ch^'matisch und großzellig, gegen unten und gegen die Stellen,
von denen die Stiele der Konidienfruchtform weggehen, wird
es aber bedeutend kleinzelliger und knorrig plektenchymatisch.
Das von radialgelagerten, mäßig derben Fasern und einer
Anzahl konzentrischer Lagen aus kleinen, dickwandigen Zellen
umgebene Ostiolum ist auf der kleinen Mündungspapille
deutlich zu beobachten. Der Mündungskanal ist mit Periphysen
ausgekleidet, die allerdings gegen innen zu einer hyalinen,
strukturlosen Masse zu verschleimen scheinen. Bei Einwirkung
von Kalilauge werden die Perithezien rasch blauviolett
verfärbt. Die Aszi sind, soweit ich sie noch beobachten
konnte, zartwandig, keulenförmig, mit einem kurzen, sich wenig
verschmälernden Fuß versehen, oben abgerundet, achtsporig,
SO bis 110 [X lang, 16 bis 26 [jl breit. Die Sporen sind hyalin,
manchmal einen ganz zarten Stich ins Gelbliche zeigend,
glatt, länglich ellipsoidisch oder zylindrisch, beidendig abge-
rundet, zuweilen aber an dem einen Ende etwas breiter als
an dem anderen, gewöhnlich gerade, aber manchmal ganz
schwach gekrümmt, mit meist bis sieben, zuweilen aber bis
neun Querwänden und einer Anzahl gerader oder etwas
schiefer kurzer Längswände ausgestattet, an den Querwänden
meist nicht, aber manchmal doch ganz wenig eingeschnürt,
20 bis 36 |x lang, 8 bis 11 jjl breit, oben gerade zweireihig
oder schief einreihig im Askus angeordnet. Paraphj'sen habe
ich nicht beobachten können, doch dürften solche vorhanden
gewesen und bald verschleimt sein.
Der Konidienpilz i§t eine Siilbella Lind, mit einem rot-
braunen, bis 3 mm hohen, derbwandigen, aus zirka 3 bis 4 «x
dicken Hyphen gebildeten, zirka V^ ^'^'" breiten Stiel und
einem lichtockerfarbenen oder fleischfarbenen, wahrscheinlich
urprünglich rosa gefärbten, bis 0*7 nun breiten Schleim-
köpfchen. Die Konidien sind hyalin, glatt, einzellig und zirka
5 bis 6 jx lang und 2Y2 bis 3 [jl breit. Die Konidienpilze
wachsen zwischen den Gehäusen aus dem Perithezienrasen
hervor.
Zur Kenntnis der Hypncreaceen. ^35
Wie nun aus der Beschreibung der Haupt- und Neben-
fruchtform des vorliegenden Pilzes hervorgeht, gehört dieser
■nicht in die Gattung Sphaerostilbe Tul., sondern infolge der
mauerförmig geteilten Sporen zu Megalonectria Spegazzini
(Fungi Argent., Pug. IV., 1881, n. 211), welche Gattung von
Pleout'ctria Sacc. (Fungi Veneti novi v. crit., V., 1876, p. 178)
so abweicht wie Sphaerostilbe Tul. von Nectria Fr.
Der Typus der Gattung Megalonectria Speg. ist die
Megalonectria pseiidotrichia (Schwein.) Speg. mit Stilhnin
^iniiabarinmn Mont. als Nebenfrucht. Von dieser Megalonectria
ist unser Kai chb renn er' sehe Pilz verschieden, aber zu einer
anderen Megalonectria zeigt er deutliche Beziehungen, und
zwar zu der Megalonectria caespitosa Speg. (Fungi Puiggariani,
Pug. I., 1889, n. 310), von der ich ein Originalexemplar aus
dem Herbarium Puiggari untersuchen konnte. Megalo-
nectria caespiiosa Speg. hat zwar nicht ganz so warzige
Perithezien wie Sphaerostilbe rosea und dann fallen die
Gehäuse bei dem Spegazzini'schen Pilz sehr bald etwas zu-
sammen, so daß man im ersten Augenblick die beiden Pilze
für sehr stark verschieden ansehen könnte. Vergleicht man
aber Medianlängsschnitte durch die Perithezien beider Pilze
mit dem Mikroskop, so sieht man, daß der feinere Aufbau
der Perithezien und des Stromas der gleiche ist und daß auch
in den Sporen und in den Schläuchen kein durchgreifender
Unterschied zwischen beiden Pilzen gefunden werden kann.
In der Beschaffenheit der Gehäusewandung scheint zwar ein
Unterschied darin zu bestehen, daß bei Megalonectria caespi-
iosa im Längsschnitt der trennende Spalt zwischen Gehäuse-
außenwand und -innenwand, wie er bei Sphaerostilbe rosea
auftritt, nicht zu sehen ist; beobachtet man aber genauer,
dann kann man auch bei dem Spegazzini'schen Pilz den Beginn
des gleichen Spaltungs- beziehungsweise Auflösungsprozesses
konstatieren wie bei dem südafrikanischen Pilze. Auch lassen
sich an einzelnen Gehäusen von Megalonectria caespitosa die
gleichen Warzenbildungen nachweisen wie bei der früher
behandelten angeblichen Sphaerostilbe. Spegazzini gibt zwar
die Sporen von seinem Pilz ganz wenig größer (30 bis 40 ^ 10 (x)
an, als wie ich sie für Sphaerostilbe rosea feststellen konnte,
736 J. Weese,
doch liegt weder in der Größe noch in der Zahl der Querwände
ein Unterscheidungsmerkmal vor, wenn auch im Mittel die
Sporen vom erstgenannten Pilz unstreitig etwas besser entwickelt
sind als bei dem zweiten. Bei derartig großsporigen Pilzen
kommen bekanntlich immer Schwankungen in der Sporen-
größe vor. Obwohl ich die Konidien der Nebenfruchtform von
Megalonectria caespitosa nicht beobachten konnte, so ist es
mir bei der auffallenden Übereinstimmung der Hauptfrucht-
formen ohne jeden Zweifel, daß die beiden besprochenen
Pilze zusammenfallen, beziehungsweise mikroskopisch nicht
zu unterscheiden sind. Da nun Megalonectria caepitosa Speg.
(1889) später aufgestellt wurde wie Sphaerostilbe rosea
Kalchbr. (1880), so würde der erste Pilz als Synonym zu
streichen und die Sphaerostilbe in Megalonectria umzubenennen
sein. Von dem Kalchb renn er- Pilz wurde aber nur die Neben-
fruchtform beschrieben und über die Hauptfruchtform wurde
gar keine Angabe gemacht, somit besteht nur der Spegaz-
zini'sche Pilz nomenklatorisch zurecht und Sphaerostilbe rosea
ist als nomen nudum zu streichen. Dafür wäre allenfalls
Stilbunt fnsco-ciuuabarimmi Speg., der Konidienpilz von
Megalonectria caespitosa Speg., in Stilbella rosea (Kalchbr.i
umzubenennen.
Was die Berechtigung der Gattung Megalonectria Speg.
anbelangt, so gilt hier bezüglich Pleonectria dasselbe, was ich
von Sphaerostilbe gegenüber Nectria ausgesagt habe. In dem
gleichen Verhältnis wie Megalonectria zu Pleonectria, steht
auch Stilbonectria Karst, zu Calonectria de Not.
Soweit man einen Pilz nach der Beschreibung beurteilen
kann, so scheint mir Megalonectria verrucosa A. Möller
(Phycom. u. Ascomyc, 1901, p. 137, Taf. IV, Fig. 55) ein mit
Megalonectria caespitosa Speg. nahe verwandter Pilz zu sein.
Da nach den Diagnosen die beiden Pilze kaum auseinander-
gehalten werden können, erscheint es mir nicht unwahr-
scheinlich, daß sie vollständig zusammenfallen. Endgültige
Sicherheit in dieser Frage könnte allerdings nur die Unter-
suchung von Originalmaterial von Megalonectria verrucosa
Moll, (auf trockenen Zweigen im Velhatal bei Blumenau in
Brasilien im Juni 1902 gesammelt) bringen.
Zur Kenntnis der Hypocrcacecn. '''J/
Fred J. Seaver (Mycologia, I., 1909, p. 181) hiit Me^i^alo-
nectria caespitosa Speg. mit Unrecht zu den zweifelhaften
Pilzen gestellt.
38. Über Hyponectria jucunda (Mont.) Weese.
J. F. Cam. Montagne hat im Jahre 1846 in »Exploration
scientifique de l'Algerie, Botanique, Cryptogames« (Paris er-
schienen 1849, p. 477), unter Sphaeria jucunda Mont. einen
von Durieu de Maisonneuve auf faulenden, abgefallenen
Zweigen von Cactus Opuntia in Algier gesammelten Pilz
beschrieben, den er dann später zu Nectria Fr. stellte (Sylloge
generum specier. plant, cryptog., 1856, p. 225). Saccardo
(Michelia, I., 1878, p. 278) reihte sodann diesen Pilz wegen
der einzelligen Sporen in seine Gattung Nectviella Sacc.
(Mich., I., 1877, p. 51) ein. Nectviella Sacc. deckt sich nicht
mit der früher aufgestellten und von mir schärfer charakte-
risierten Nectriella Nitschke sensu Fuckel (Symbolae
Mycologicae, 1869, p. 175)', sondern mit der jetzt gültigen
Gattung Pseudonectria Seaver (Mycologia, I., 1909, p. 45).
Die Untersuchung eines Originalexemplares von Sphaeria
jucunda Mont. zeigte mir nun, daß der Pilz eingesenkte
Perithezien besitzt und somit in die Gattung Hyponectria Sacc.
(Michelia, I., 1878, p. 250) zu stellen sei. Ich habe daher
bereits 1910 in einer vorläufigen Mitteilung (Ann. Myc, VIII.,
p. 464 bis 468) diesen Pilz als Hyponectria jucunda (Mont.)
Weese bezeichnet.
Nach der Beschreibung erweist sich Hyponectria Cacti
(Ellis et Everhart) Seaver (Journ. of Mycology, VIII., 1902,
p. 66; Mycologia, I., 1909, p. 20j als mit Hyponectria jucunda
(Mont.) Weese vollständig identisch. Erstgenannter Pilz wird
somit als selbständige Hyponectria-Avt zu streichen sein.
37. Über Calostilbe longiasca (Möller) Saccardo.
Alfred Möller hat im Dezember 1892 auf morschen
Rindenstückchen bei Blumenau in Brasilien einen Pilz gefunden.
1 Näheres über Nectriella Nke. siehe meine Arbeit »Beitrag zur Kennt-
nis der Gattung Nectriella Nke.« in Ann. Myc, XTI., 1914, p. 128 bis 157.
738 J. Weese,
den er unter dem Namen Sphaerostilbe longiascns Mo eil. in
seinen »Phycomyceten und Ascomyceten« (Schimper, Botan.
Mittig. aus den Tropen, IX. Heft, 1901, p. 122, Taf. II, Fig. 36)
beschrieb.
Nach einem Originalexemplar, das ich aus dem Berliner
Botanischen Museum zu untersuchen Gelegenheit hatte, zeigt
dieser schöne Pilz oberflächliche, in bis 5 mm und darüber
großen, dichten Rasen auftretende, schmal birnförmige oder
eiförmige, oben meist kegelförmig zugespitzte, beiläufig 500
bis 1000 [X hohe, 320 bis 500 [x breite, pergament- oder leder-
artige, rotbraune bis blutrote Perithezien, die bis auf das obere
Drittel oder \'iertel bei der mikroskopischen Betrachtung licht
grünlichgelb, später gelblich\vei(3 oder gelblichgrau dicht be-
stäubt erscheinen, da nur die oberste Partie um die meist
dunklere und häufig etwas glänzende Mündungspapille frei
von jenen zarten, 2 bis 3 mm breiten, feinwarzigen, grünlich-
gelben, wellig gebogenen Härchen ist, die diesen eigenartigen
pulverartigen Überzug auf den Gehäusen und häufig auch
auf dem Stroma bilden, in \velch letzterem Falle sie dann
häufig \-erzweigt sind und auch größere Länge aufweisen.
Das Stroma, auf dem die Perithezien auftreten, bricht aus der
Rinde hervor und läßt sich wohl nicht einfach als »polster-
förmig«, wie es Möller nennt, bezeichnen, da der aus dem
Rindengewebe hervorbrechende Stromateil meist relativ schmal
ist, sich dann über der vSubstratoberfiäche oder auf derselben
verbreitet und an kurzen einfachen zylindrischen Stroma-
ästen die Perithezien trägt, so daß diese an Längsschnitten
meist etwas gestielt erscheinen und ziemlich stark an
Corallomyces erinnern. Das Stroma wird aus mäßig derb-
wandigen, parenchymatischen, bis 60 [x großen Zellen aufgebaut,
die von innen nach außen kleiner und dunkler gefärbt werden,
so daß das Stroma mit einer deutlichen Rinde versehen ist.
auf der dann dieselben wellig gebogenen, warzigen, gold-
gelben oder grünlichgelben, meist kugelig endigenden Hyphen
ziemlich dicht aufsitzen, die in geringerer Länge die Haar-
bekleidung des unteren und mittleren Teiles der Gehäuse-
außenwand bilden. Manchmal scheinen auch diese Haare die
zuweilen zu beobachtenden napfförmigen Vertiefungen zwischen
Zur KcMinmis der Hypoci-oaceen. ' o^^
den mit Perithezien versehenen StR)niastielen in Form eines
lockeren, zarten Hyphengetlechtes auszufüllen, wobei aber die
nicht mehr selii- deutlich zu unterscheidenden Einzelhyphen
«gegenüber den ursprünglichen, charakteristischen Haarbildungen
meist schon sehr stark verändert erscheinen. Die pergament-
artige Gehäusewandung besteht in der halben Perithezienhöhe
außen aus einer zirka 2ö bis 30 [i dicken, rot oder rotbraun
gefärbten Schichte, die aus dicht verflochtenen, hauptsächlich
senkrecht gegen die Oberfläche gerichteten, knorrigen, dick-
wandigen, zirka 5 u- breiten Hyphen besteht, die nur ganz
kleine, rundliche oder längliche, meist nur bis 2 [x breite Lumina
und keine deutliche zellige Struktur entstehen lassen. Die
innerste Schichte der Ciehäusewand ist zirka 5 bis 8 »j. dick
und besteht aus 3 bis 4 Lagen ganz flachgedrückter, fast
hyaliner, derbvvandiger Zellen, die häufig so innig miteinander
verkleben, daß der zellige Aufbau oft nur schwer zu kon-
statieren ist. Die überaus charakteristische Außenschicht der
Perithezienwand, die bei Betrachtung zerdrückter Gehäuse
diese undeutlich kleinzellig erscheinen läßt und wie bei
Nectria Jiiainuwidea Phill. et Plowr. (Grevillea, III., 1875..
p. 12t)j und deren verwandten Arten (siehe meine diesbezüg-
lichen Ausführungen in Zeitschr. f. Gärungsphys., allg. techn.
u. landvv. Mykologie, 1. Bd., 1912, p. 126; III., 1913, p. 215;
Zentralb!, f. Bakt., II. Abtlg., 42. Bd., 1914, p. 605, und diese
Sitzungstaer., mathem.-naturw, KL, Abt. 1, 125. Bd., p. 551)
die eigentümliche pergamentartige Beschaffenheit derselben
bedingt, geht unmittelbar in die Rindenschichte des Stromas
über, so daß die Gehäusebasis mit Ausnahme der fast
hyalinen <uier lichter gefärbten, aus zusammengepreßten Zelten
bestehenden Innenschicht hauptsächlich aus den großen, mehr
zartwandigen, parenchymatischen Zellen des Stromas gebildet
wird. Die für die meisten roten Nectriaceen recht kennzeich-
nende blauviolette Verfärbung der Perithezien bei Einwirkung
von Kalilauge auf dieselben ist bei dem vorliegenden Pilze
bei lichteren Exemplaren gar nicht und bei dunkleren nicht
sehr deutlich zu beobachten. Das auf der Mündungspapille
auftretende, zart radialfaserige, deutliche Ostiolum wird von
einer Anzahl konzentrisch gelagerter, ungemein kleiner Zellen
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, VIS. Bd. T)!
/40 .1. Weese.
umgeben. Die Schläuche sind keulenförmig, ungemein zart-
wandig, oben abgerundet, mit einem häufig ziemlich kolla-
bierenden, auffallend langen Stiele versehen, achtsporig,
200 bis 300 [x lang, 20 bis 30 [x breit. Die Sporen sind spindel-
f()rmig, gerade oder ganz wenig gekrümmt, beidendig abge-
rundet, mäßig derbwandig, an den beiden Enden häufig etwas
dickwandiger, durch eine deutliche Querwand, an der die
Sporen nicht oder nur ganz wenig eingeschnürt erscheinen,
in zwei Zellen (mit in eine Anzahl unregelmäßiger Partien
zerüillenem Plasmainhalt) geteilt, anfangs hyalin, dann gelbbraun^
mit 5 bis 6 schwach gekrümmten, zarten Längsstreifen ver-
sehen, 30 bis 48 [i. lang, 9 bis 1 1 \). breit, schief einreihig
oder fast gerade oder schief zweireihig im Askus angeordnet.
Paraphysen sind nicht mehr deutlich zu beobachten; sie
scheinen vor dem Verschleimen fädig gewesen zu sein.
Der zu Sphaerostilbe lojigiasciis Moll, dazu gehörige
Konidienpilz tritt z\\'ischen und neben den Perithezien auf
und besteht aus einem 0" 3 bis 0'(Sntm breiten, bis 7 mm holien
Stiel, der unten rot gefärbt ist und gegen oben lichter wird,
und dem darauf sitzenden, ellipsoidischen oder kugeligen
Schleimköpfchen von rotbrauner Farbe und einem Durchmesser
bis zu 1 'd nun. Die Konidien, die auf langen Trägern entstehen,
zwischen denen zahlreiche sterile, I bis l^/, |j. breite, hyaline
Fäden auftreten, sind ellipsoidisch und vierzellig; die mittleren
zwei Zellen sind braungefärbt, derbwandig und größei" als die
zarteren, hyalinen, kalottenartigen Kappenzellen. Die Länge
der Konidien schwankt zu'ischen 44 und 50 [i, die Breite
zwischen 15 und 17 [j,.
Sphaerostilbe lougiascus unterscheidet sich von den ge-
wöhnlichen Sphaerostilbe -Arten durch die braun werdenden
Sporen. Saccardo und Sydow haben daher für die>en Pilz
eine neue Gattung begründet, die sie Calostilbe .Sacc. et Syd.
('Sylloge Fungorum, XVI., 1902, p. 591) nannten. Diese stellt
also eine Leteiutraea Sacc. {zziMaebriJella Seaver) mit ver-
tikal verlängertem Konidienapparat dar.
Für den Konidienpilz von (\ilostilbe longiasca Moll, hat
Höhnel in neuester Zeit die neue Formgattung Calostilbella
V. Höhnel begründet und die Grundart Calostilbella Calostilbe
Zur Kenntnis der Hj'pocre.iceen. '-tl
V. Höhn, genannt. CalostilbeUu reihte genannter Forscher bei
den Hyalostilbeen ein. Mit ArUirosporiiiiu Sacc. hat der
genannte Konidienpilz nichts zu tun, denn diese Gattung kann
nach Höhnel (diese Sitzungsber., 125. Bd., 1916. p. 121)
von Atractium Link wohl nicht unterschieden werden.
A. Mo eller ist es bei Aufstellung seiner Sphaerostilbe
longiasciis ganz klar gewesen, daß sein Pilz wohl nicht ganz
in die Gattung Sphaerostilbe Tul. nach der von Tulasne
gegebenen Gattungsdiagnose passe. Die Behaarung der
Perithezien, die Langstieligkeit der Schläuche und die braune
Färbung der Sporen entsprachen eigentlich nicht der bis-
herigen Gattungsbegrenzung, aber dessenungeachtet beließ
Möller seinen Pilz bei Sphaerostilbe und schlug nur vor,
die Diagnose dieses Genus mit Rücksicht auf die von ihm
gefundene Art entsprechend zu erweitern. Seine Sphaerostilbe
longiasciis erschien ihm aber auch ein »neuer Anhalt für
die Vermutung der nahen \'erwandschaft« von Sphaerostilbe
mit Nectria, da seinen Beobachtungen nach bei dieser
Gattung vielfach dieselbe Färbung und auch Streifung der
Sporenmembran vorkomme wie bei seiner brasilianischen
Sphaerostilbe.
Nach der Schlauchfruchtform ist nun Sphaerostilbe Tul.
mit Nectria Fr. nicht nur nahe verwandt, sondern vollständig
gleich und nur in der äußeren Form des Konidienapparates
ist ein auffallenderer, aber auch nur mehr äußerlicher Unter-
schied. Nectria zeigt ganz verschiedenartige Nebenfrucht-
formen und wollte man nach diesen die Gattung einteilen,
so müßte man die Gattung in eine größere Anzahl kleinerer
Gattungen zerlegen, mit denen man aber derzeit praktisch
nichts anfangen könnte, da man bei Bestimmung einer Nectria
selten die dazugehörige Nebenfruchtform zur Verfügung hat.
!^ei der Gattung Sphaerostilbe Tul. und bei Corallomyces
Berk. et Gurt., beziehungsweise Corallomycetella P. Henn.
linden wir nun auch sehr verschiedene Nebenfruchtformen
(wie z. B. Atractium Lk., Stilbella Lind., Microcera Desm.
Corallodeudron Jung h., Hypocreodendron P. H e n n., Calostilbella
etc.), die alle nur eine gewisse äußerliche Übereinstimmung
bezüglich ihrer nach oben verlängerten Gestalt aufweisen und
742 .1. Weese,
morphologisch und systematisch meist durchaus nichts gleich-
artiges darstellen. Da nun die Schlauchfruchtkörper der drei
obengenannten Hypocreaceengattungen vollständig mit denen
von Nectria Fr. übereinstimmen und man bei der Aufstellung
von Gattungen aus praktischen Gri^inden vor allem von den
Eigenschaften der Hauptfruchtform ausgehen müsse, so er-
scheint es mir bei dem derzeitigen Stande unserer Kentnisse
am besten, die drei genannten Gattungen von Nectria Fr.
vorläufig nicht zu trennen, zumal all die aufgezählten
Gattungen durchaus keine phylogenetisch einheitlichen Gruppen
darstellen. Meiner Meinung nach muß zur Aufstellung
stammesgeschichtlich möglichst einheitlicher Gruppen vor
allem von dem Bau der Perithezien und des Nukleus aus-
gegangen und nebenbei der Bau der Nebenfruchtform ent-
sprechend berücksichtigt werden. Die Nebenfruchtform aber
vor allem als entscheidenden Faktor zur Gruppenbildung
heranzuziehen, erscheint mir aus systematischen und- aus
praktischen Gründen nicht gerechtfertigt. Und so halte ich es
bis zu einer Neueinteilung und Zerlegung der Gattung Nectria
für angezeigt, die hyalinsporigen Spliaerostilbt- und Corallo-
mycetella -Arten zu Nectria Fr. zu stellen und die braun-
sporigen i'orallomyces- und Calostilhc-Spezxes bei Letendraea
Sacc. (Macbriü'ella Seav.) einzuteilen, wobei ich sogleich
bemerke, daß ich die Gattung Letendraea Sacc. durchaus
als keine phylogenetisch einheitliche Gruppe betrachte, die
bei einer Neueinteilung der Gattung Nectria in dem alten
Umfange wird aufrechterhalten werden können.
Nach dem Bau der Perithezienwandung gehört Letendraea
lougiasca (Moll.) Weese in den bereits oben erwähnten
Verwandtenkreis der Nectria mauuuoidae Phill. et Plowr.
Die Langstieligkeit der Schläuche scheint eine Anpassungs-
erscheinung an die auffallend große Höhe der relativ schmalen
Gehäuse zu sein. Durch das auf den Perithezien sich vor-
findende Haarkleid, das aber nicht bei allen Gehäusen in
allen Entwicklungsstadien im gleichen Maße ausgebildet ist,
unterscheidet sich allerdings der Möller'sche Pilz wieder
etwas von dem vorher genannten \'erwandtenkreis. Nach der
Form der Gehäuse zeigt Letendraea lonp'iasca auch eine
Zur Kenntnis der Hypocreaceen. 74o
große Ahnliclikeit mit Leteiulraea itiadcirensis (P. Henn.)
Weese, doch weist letztgenannter Pilz unbehaarte, deut-
lich großzellige Perithezien auf. Leteiulraea longiasca
wurde 1901 auch von Uie auf vermoderter Cariea Papaya
neben CoraUoniyces Caricae P. Henn. in Brasilien (Jurna,
Cactweira, Estado de Amazonas) gefunden, (tlerb. Brasil.,
Nr. 2822.)
39. Über Pleonectria Ribis (Rabenh.) Karsten.
In P. A. Saccardo's Sylloge Fungorum, II. Bd., p. 480,
wird als zweite Art der Gattung Nectria Fries Nectria Ribis
(Tode) Rabenh. genannt; in den meisten mykologischen
Handbüchern wird Nectria Ribis als anscheinend altbekannter
Pilz angeführt, in den meisten Pilzherbarien linden sich
Exemplare vor, die als Nectria Ribis bestimmt und eingereiht
wurden, und trotzdem ist bisher für den Mykologen dieser
Pilz in ein gewisses undurchdringliches Dunkel gehüllt
gewesen, das eigentlich jede sichere und befriedigende Be-
stimmung unmöglich machte. Auf Grund der Untersuchung
von Oudemans, Fungi Neerlandici exsiccati Nr. 168 war es
mir zwar seinerzeit gelungen, festzustellen, daß Nectria Ribis
im Sinne Oudemans Nectria cinnabaritia (Tode) Fr. sei
(siehe Zentralbl. f. Bakt, II. Abt., 42. Bd., 1914, p. 605), aber
damit war durchaus noch nicht klargestellt worden, was
denn Rabenhorst unter diesem Namen für einen Pilz ver-
stand. Von Saccardo und von Oudemans wird allerdings
Rabenhorst, Fungi europaei Nr. 264 als hierhergehöriges
Exsikkat angeführt; da aber Winter (Pilze, II., 1887, p. 111)
feststellte, daß Nectria Ribis in der ebengenannten Pilz-
sammlung weder unter dieser, noch unter einer anderen
Nummer ausgegeben worden sei, mußte ich die Anführung
Rabenhorst's als zweiten Autor für eine irrtümliche halten
und in Übereinstimmung mit Winter C. A. Oudemans als
denjenigen betrachten, der die Sphaeria Ribis Tode (Fungi
Mecklenburg, IL, 1791, p. 31, tab. NU, f. 103: Fries, Syst. myc,
IL, p. 413) zu Nectria Fr. gestellt hatte.
.744 J. Weese,
Die Untersuchung von Raben hörst, Fg. europ. Nr. 247,
unter welcher Nummer ich später zu meiner größten Über-
raschung Nectria Ribis (Tode) Fr. tatsächlich ausgegeben
fand, zeigte mir jedoch, daß Winter's Angabe teilweise auf
einem Irrtum beruhte und daß dieses Exsikkat, das als
Originalstück von Seiten des zweiten Autors angesehen
werden könne, geeignet sei, Aufklärung über den bisher
recht zweifelhaften Pilz zu bringen. Die Untersuchung eben-
genannten Sammlungsstückes ergab sodann, daß Nectria Ribis
(Tode) Rabenh. derselbe Pilz sei, den P. A. Saccardo 1878
(Michelia I., p. 123) als Pleoncctria Berolinensis Sacc. (auf
abgestorbenen Zweigen von Ribis aiirenm (?), Berliner
botanischer Garten, leg. P.Magnus) neu beschrieben hatte. Hätte
Saccardo die seinerzeitige Angabe G. v. Niessls über die
Sporen von Nectria Ribis (Vorarbeiten zu einer KryptogamenO.
V. Mähr. u. Üsterr. Schlesien, IL, in Verhandig. naturf. Ver.
Brunn, 1865, p. 171)^ beachtet, so wäre die ganze \''er-
wirrung, die bisher bezüglich der N. Ribis infolge der Auf-
stellung der Pleoncctria Berolinensis herrschte, vollständig
vermieden worden, denn er hätte einsehen müssen, daß seine
Ansicht bezüglich der Verschiedenheit der Pleoncctria Bero-
linensis von Nectria Ribis Rabenh. (siehe Michelia, L, p. 324,
Syjloge Fung., II., p. 480) eine ganz irrtümliche sei.
Üb Tode unter seiner Sphaeria Ribis denselben Pil/,
verstand, den Rabenhorst als Nectria Ribis (Tode) Rabenh.
bezeichnete, läßt sich allerdings derzeit ohne entsprechendes
Originalmaterial nicht beantworten. Nach Todes Abbildung
von Sphaeria Ribis in Fungi Mecklenburg., IL, 1791, Tab. XII,
hätte dieser Pilz länglich eiförmige, glatte, mit einer kleinen
halbkugelförmigen Papille versehene Perithezien, die auf einem
hervorbrechenden, polsterförmigen .Stroma von einander etwas
getrennt auftreten. Da das so charakteristische napfförmige
Zusammenfallen der Gehäuse, wie es bei Pleoncctria
Berolinensis beobachtet werden kann, bei den Abbildungen
von Sphaeria Ribis Tode nicht angedeutet ist und in der
1 Niessl .sagt hier ausdrücklich »sporidiis celluloso-septatis«.
Niessl'sche Originale von Ncchiii Ribis habe ich eine .\nzahl untersuchen
können.
Zur Kenntnis der Hypocieaceen. < 45
Oni;inaIbeschreihung nichts über die Fruktifikation des Pilzes
ausgesagt wird, so ist es mir nicht über alle Zweifel erhaben,
ob Rabenhorst denselben Pilz als Nectria Ribis (Tode)
Rabenh. bezeichnete, den Tode seinerzeit vor Augen hatte.
Deshalb bezeichne ich unsern auf Ribis auftretenden Pilz mit
den mauerf(")rmigen Sporen vorsichtshalber als PJeonectria
Ribis (Rabenh.) Karst., denn Karsten war der erste, der
•den Pilz zu Pleouectria Sacc. stellte.^
Die .Vtv/r/^-Spezies, die Saccardo (Syll. IL, p. 480) als
angebliche Xeciria Ribis (Tode) Rabenh. beschreibt, scheint
derselbe Pilz zu sein, den Oudemans ausgab, also nichts
anderes als Xectna cinnabarina (Tode) Fr.
Fred J. Seaver (Mycologia, I., 1909, p. 205) hat Pleo-
uectria Berolinensis Sacc. = PI. Ribis (Rabenh.) Karst,
in die Gattung Tliyrouectria Sacc. gestellt, da er diese
Gattung als mit Pteonectria Sacc. (Fungi Veneti novi vel
critici, Ser. V, 1876, p. 178) zusammenfallend betrachtet, was
aber noch an einem Originalexemplar von Thyronectria
patavina Sacc. (Fungi Veneti, Ser. IV, 1875, p. 23) nach-
zuprüfen wäre.
Nach der bisher so völlig ungeklärten Sachlage be-
treffend der Nectria Ribis ist es wohl nicht verwunderlich,
wenn sich die bisherige Konfusion in dieser Frage auch in
den Exsikkatenwerken etwas wiederspiegelt. So ist z. B.
Nectria Ribis in Rehm, Ascomycetes Nr. 635b, in \'ize,
iMicro-Fungi Brittanici Nr. 153, in Saccardo, Mycotheca
Italica Nr. 493, in Sydovv, Mycotheca Marchica Nr. 1251.
in Oudemans, Fungi Neerlandici exsiccati Nr. 168, in
.Sydow. Mycotheca germanica Nr. 389 und in Briosi
1 Karsten, Sj-mbolae ad m3'coIügiam Fennicam, fasc. VI (Meddel. of
soc. pro fauna et flora fenn., V., 1880, p. 42). Ich konnte ein von
P. A. Karsten in Mustiala im Oktober 1867 auf einem entrindeten Zweig
gesammeltes und von ihm als Pleouectria Ribis (Niessl) Sacc. bestimmtes
Exemplar aus dem Herbarium von Hofrat Prof. Dr. Niessl untersuchen,
das mit Plcvncclria Berolinensis Sacc. gut übereinstimmte. Auffallend an
diesem Stück war das meist einzelne Auftreten und die häufige grüne Be-
stäubung der Perithezien. Doch kommt es bei Nectriaceen, die auf Rinde
dicht rasig auftreten, häufig vor, daß sie bei Auftreten auf bloßem Holze
";anz einzeln und zerstreut stehen.
746 J. Weese,
e Cavara, Funghi parassitti delle plante coltivate et utili Xr. 2h>
nichts anderes als Nectria ciniiahariua (Tode) Fr., während
hingegen Dav. Griffiths, West American Fungi Nr. 195,
Kryptogamae exsiccatae Nr. 820, Rabenhorst, Fungi europaei
Nr. 247, Jaczewski, Komarov, Tranzschel, Fungi Rossiae
Exs. Nr. 81, Ellis, North American Fungi Nr. 470, Vestergren,
Micromycetes rariores selecti Nr. 925, Rabenhorst-Winter,
Fungi europaei Nr. 3650 und Sydovv, Mj^cotheca germanica
Nr. 896 Pleoneciria Berolinensis und somit nach meinen
Feststellungen PI. Rihis (Rabenh.) Karst, darstellen.
Die Entwicklung von Mikro- und Makrokonidien bei
PL Ribis hat Jos. Fuchs auf Grund von Kulturversuchen
festgestellt. (Arb. K. Biolog. Anst. f. Land- u. Forstwirtsch.
Dahlem, 1913, p. 324 bis 332, Taf. II.)
40. Über Pleonectria lutescens Arnold.
F. Arnold hat im September 1892 auf dem Thallus von
SoJorina saccata (L.) auf dem Kreuzberg bei Vilseck (Ober-
pfalz, Bayern) eine Nectriacee gefunden, die H. Rehm
(Hedwigia, 1883, Nr. 3 u. 4, p. 11 des Sep, Abdr.) unter dem
Namen Nech'ia (Pleonectria) Iitfescens Arnold beschrieb.
Von diesem Pilz konnte ich Originalexemplare untersuchen^
die in Arnold, Lichenes exs. Nr. 963 und in Rehm, Ascomy-
cetes Nr. 681 ausgegeben sind.
Nach diesen Urstücken zeigt der Pilz einzeln oder zer-
streut herdenvveise auftretende, in den Thallus von SoJorina
saccata eingesenkte und nur mit dem Scheitel hervorbrechende,
weichfleischige bis fast häutige, länglich eiförmige, birn- oder
zitronenförmige, oben mit einer meist etwas dunkleren, deut-
lich abgegrenzten, nach oben etwas schwach kegelförmig
gewölbten, 120 bis 140 p breiten Mündungsscheibe versehene,
260 bis 320 [i hohe, 200 bis 250 u. breite, kahle, trocken
ganz dunkelrote oder schwärzlichrote, im feuchten Zustand
blutrote Perithezien, die in der Mitte der Mündungsscheihe das
deutlich sichtbare Ostiolum zeigen. Die Perithezienwandung
ist in der halben Höhe der Gehäuse in Medianlängsschnitten
zirka 30 »x dick, wovon zirka 7 ;j, auf die hyaline, aus
zusammengepreßten Zellen gebildete Innenwand und der Rest
Zur Kenntnis der Hj'pocreaceen. 74/
auf die rotgefärbte, aus drei bis vier Lagen ziemlich derb-
wandiger, rundlicher oder ellipsoidischer, nach der Haupt-
ausdehnung zwischen 4 und 8 |jl schwankender Zellen be-
stehende Außenwand entfallen. An der Basis sind die die
Wandung aufbauenden Zellen bedeutend größer (bis bei-
läufig 20 \x breit) als an den Seiten der Gehäuse, was besonders
bei Betrachtung von zerdrückten Perithezien zu beobachten
ist. Bei Einwirkung von Kalilauge nehmen die roten Gehäuse
eine blauviolette Färbung an. Der Mündungskanal, der den
(aus senkrecht zur Oberfläche gerichteten, derbwandigen, zirka
4 [i. breiten, abgerundet endigenden Hyphen bestehenden)
oberen Teil des Gehäuses, beziehungsweise der Mündungs-
scheibe durchzieht, ist mit dicht stehenden, steifen, deutlichen
Periphj^sen ausgestattet. Die Schläuche sind zartwandig, zylin-
drisch, oben mit einer kurzen, etwas verschmälerten, abge-
rundeten, meist etwas verdickten Spitze versehen, unten in
einen deutlichen, allmählich schmäler werdenden Stiel aus-
gehend, zahlreich im Perithezium auftretend, meist zwei Sporen,
zuweilen aber auch drei bis fünf Sporen enthaltend, 85 bis
120 [j. lang, 8 bis 10 |a breit. Die Sporen sind anfangs hyalin
und glatt, später werden sie braungefärbt und deutlich
warzig; sie wechseln außerordentlich in Größe und Form.
Meist sind sie zj^lindrisch, gerade oder ganz schwach
gekrümmt, beidendig abgerundet, mehrzellig und mit ver-
schieden langen, meist verschieden schief gerichteten, seltener
quergestellten Wänden versehen und bei den Septen deutlich
eingeschnürt; manchmal sind sie an dem einen Ende
bedeutend breiter als an dem anderen und manchmal sind sie
nur breitelliptisch und zweizeilig, in welch letzterem P'alle sie
dann häufig zirka 8 bis 11 u, lang, 6Vo bis SYg 1^ breit sind.
Die meisten Sporen zeigen in ihren Zellen ein bis zwei Öl-
tropfen, sie erreichen eine Länge bis zu 60 (i, und eine
Breite von 8 bis 1 1 (x. Paraphysen scheinen vorhanden zu
sein; sie sollen verzweigt und gegliedert sein, doch ver-
schleimen dieselben bald. (F^ig. 1 bis 4.)
Wie nun aus der vorangehenden Beschreibung hervor-
geht, ist dieser Pilz durch die geringe Anzahl der Sporen und
durch deren eigentümlich wechselnde Form und Größe aus-
■/ 48 J. \Ve e s e ,
gezeichnet. Rehm hat den Pilz auf Grund der Sporen in die
Gattung Pleoneciria gestellt. Da nun aber die Sporen trotz
der schiefen Wände und der Querwände nicht als echte
mauerförmige bezeichnet werden können, so hat der Pilz
auch bei Pleonectria, welche Gattung übrigens nur oberfläch-
liche Formen umfaßt, keine richtige Stellung. Die Sporen
sind so eigenartig, daß für diese Form eine eigene Gattung
aufgestellt werden muß. Ich nenne diese mit Rücksicht auf das
eingesenkte Auftreten der Gehäuse Xenonectriella nov. gen.
Was nun die Begründung, Begrenzung und die Ab-
leitung der neuen Gattung anbelangt, so gibt uns das Studium
der Entwicklung der Sporen interessante Fingerzeige. Be-
trachten wir nämlich die Sporen im Jugendzustande, so
sehen wir ganz deutlich, daß die größeren mehrzelligen
Sporen aus zartwandigen, hyalinen, parallel oder schiet
aneinandergelagerten, zweizeiligen, breitelliptischcn .Sporen
bestellen. Häutig sind auch einzelne selbständige kleine
ellipsoidische Sporen neben großen zusammengesetzten zu
beobachten. Während anfangs die Einzelsporen bei den zu-
sammengesetzten noch ganz deutlich in ihrer Einzelbegrenzung
zu erkennen .sind, verwachsen später diese Einzelsporen so
innig miteinander, daß die schief oder quergestellten Wände
nur wenig gekrümmt oder fast gerade sind und wir dann
ein vollständig einheitliches, braun gefärbtes, deutlich warziges,
mit einer gemeinsamen derbwandigen Außenwand versehenes
Gebilde vor uns haben, an dem man nicht so ohne weiteres
(wie es ja aus den Darlegungen von Rehm hervorgeht, der
über die Ursache der eigentümlichen .Sporenbildimg ebenso
wie Arnold und Winter [Pilze, 11.^ p. 108] nicht ins Klare kam)
erkennen kann, wie es ent.standen ist. Betrachtet man aber diese
Sporen, nachdem man die Entwicklung.sgeschichte derselben
kennen lernte, so kann man meist, trotz der vollständigen
Verwachsung der Bauelemente, bei reifen .Sporen ohne sonder-
liche Mühe feststellen, aus wievielen Einzelsporen diese gebildet
wurden. Die meisten großen Sporen sind aus vier oder fünf
Sporen entstanden, doch kommen auch solche mit zwei bis
drei und auch solche mit sechs bis acht Einzelsporen vor.
Daher die große \^ariabilität in Größe und Form.
Zur Kenntnis der Hypocieaceen. 749
Xenoiiectriella Weese nov. gen. Diagn.: Perithecia sim-
plicia, SLibimmersa, contextu molli nectriaceo. Asci paraphysati,
plerumque 2-spori, interdum 3 bis 5-spori. Sporidia elliptica
V. oblonga, initio didyma dein pseudo-pluriseptato-muriformia,
hyalina v. fusca, verrucosa.
Xenoiiectriella Weese ist also eine Nectriella Nke.
sensu Fuck. (Symb. Mycol., 1869, p. 175), bei der die ursprüng-
lich zweizeiligen Sporen in verschiedener Zahl vollständig
miteinander verwachsen und dann braune, warzige, mehrzellig
erscheinende große Sporen bilden. Xenoiiectriella ist somit
eine morphologisch scharf charakterisierte Nectriaceengattung,
über deren phylogenetische Ableitung wir nach dem Dar-
gelegten vollständig im Klaren sein können. Die Grundart der
neuen Gattung ist Xenonectriella liitescens (Arn.) Wse.
Zum vSchluß danke ich den Herren Hofrat Prof. Dr.
F. Höhnel (Wien), Hofrat Prof. Dr. G. Niessl- May end ort
(Wien) und H. Sydow (Berlin), sowie der Direktion der
botanischen Abteilung des Wiener naturhistorischen Hof-
museums und der Direktion des Botanischen Museums in
Berlin verbindlichst für die freundliche Überlassung von
Untersuchungsmaterial.
■50 J. Weese.
Tafelerklärung.
Fig. 1 bis 4. XciioiicclricUa hilescens (Arn.) Weese.
Fig. 1. Medianlängsschnitt durch ein Gehäuse. 100 fache Vergr.
Fig. 2. Schläuche mit Sporen. Der erste Schlauch zeigt zwei Sporen, die
schon braun, aber noch glatt sind und die noch nicht vollständig
miteinander verschmolzen sind. Die anderen zwei Schläuche zeigen
die Sporen noch in einem etwas jüngeren Stadium. 370 fache Vergr.
Fig. 3. Drei Schläuche mit Sporen, von denen der erste in der Mitte drei
Einzelsporen und der mittlere, hyaline, unreife, klumpenartige Sporen
aufweist, die die zukünftigen Septen nur ganz undeutlich zeigen.
Der dritte Schlauch zeigt drei reife Sporen. Die oberste Spore ist
aus drei und die mittlere aus vier Einzelsporen hervorgegangen; die
unterste ist eine Einzelspore. 370 fache Vergr.
JMg. 4. Verschiedene große Sporen im reifen oder halbreifen Zustande.
470 fache \'^ergr.
Fig. b. Sporen von DebaryeUa hyalina Höhn. 500 fache Vergr.
Fig. 6. Sporen von Deharyella vexans Höhn. 600 fache Vergr.
Fig. 7 bis 9. Doihichloe cpichloc (Kunze) Weese.
'Vig. 7. Habitusbild eines Stromas auf einem Grasstengel. Natürl. Gr.
Fig. 8. Stroma auf einem Grasblatt. Natürl. Gr.
Fig. 0. Längsschnitt durch das .Stroma und die Perithezien. 38 fache Vergr.
Fig. 10 bis 13. Hyalocvea cpiiiiycea Syd.
Fig. 10. Bild eines Gehäuses von oben betrachtet. In der Mitte die große
kreisförmige Öffnung. Die hier sternförmig angeordneten Haarzotten
treten meist nicht so regelmäßig auf. 60 fache Vergr.
Fig. 11. Medianlängsschnitt durch einen Fruchtkörper. 175 fache Vergr.
Fig. 12. Schlauch mit Sporen. 200 fache Vergr.
Fig. 13. Zwei Sporen. 375 fache Vergr.
Zur Kenntnis der Hypi^creiiceen.
"51
Namenverzeichnis.
Seite
Aiihrosporiitm Sacc 741
Airadium Link 720, 741
Atraciiiim caiididulinn Sacc... 720
— pallcns N e e s 723
Balansia S p e g 718
— rediidans A. M ö 11 713
Botryosphaeria Ces. et de Not. 697,
690
— Ces. et de Not. cliar. emend.
Nie SS 1 et Weese 702
— Sacc 698, 699
— acerralis (Aloug. Niessl.. 707
— ndvcna Ces. et de Not. 697,698
— aJtiicola Niessl 707
— • (T/ro-;-«/^r (Pass.) Weese .. 707
— ■ haccaia (Wallr.) Niessl .. 706
— Berengeriiina de Not 699
— Briosiiina (Türe, et Maff.)
Weese 708
— cicatrisalij (Preuss) 708
— cyanoffena (Desm.) Niessl 707
— cyanospora (Bomm. et
Rouss.) Weese 708
— cyuea (So lim.) Weese.... 707
— dimerosporoides (Speg.)
Weese 707
— • dispersa d e N o t 707
— Dolhidea (Moug.) Ces. et
d e N o t 697
— effusa (Rehm) Weese .... 708
— ? epichloe (Kunze) Sacc... 715
— Evonymi (Fuck.) Niessl.. 707
— ficiitLi (C k. et H a rk n.) We es e 708
— flacca (Wallr.) Niessl 707
- — heterochroma (Wo 1 1 e n w.)
Weese 708
Seite
Bottyosphcit'riajufflandis (M o n t.)
Ces. et de Not 698,706
— _;■// H iperi (Wo 11 e n w.) We e s e 708
— Lagerheimii (R e h m) We e s e 708
— malvacearmniT va.h.y<SlQesQ 708
— Mapaniae (Schwein.)
We ese 707
— vtoricolii Ces. et de Not. .. . 706
— parasiiica (Rick.) Weese.. 708
— polycocca (Mont.) Ces. et
de Not 697,701,705,708
— poptiUna (Pers.) Ces. et de
Not 698,706
— pulicaris (Fries) Ces. et
de Not 697,699,705,706
— Otiercniim (Schwein.)
Sacc 699
— rhizontaimn Ces. et de
Not 698
— rhododendricola (Relim)
We e s e 708
— Sacchari (Speg.) Weese.. 708
— SanhiiieiH (Mont.) Niessl 707
— sycoiiophda Ces. et de Not. 697,
706
— Trichoslomi (Roll.) Weese 708
— tropicalis (Rehm) Weese. . 708
Calonedria de Not. . . .696, 711. 736
— BaJansiae A. Moll. . . . 713, 714
— Rehmiana W. Kirchst 7o6
Calosiilhc Sacc. et Syd 740
— longiasca (Moll.) Sacc... 737
CaJoslilbella Höhn 740
Caiaca u nui Doih idea (.M o u g.)
Höhn 706
752
J. Weese ,
Seite
Charoneclria Sacc 713
— hiparasHica Höhn 713
Cesatiella Sacc 711
Ciiioinyccs oropensis (C e s.) Hö h n. 712
CoraUodeudion Jungh 725, 741
Comllomyces B e r k. et C u r t. . 725, 74 1
— anrantiicola (Bk. et Br.)
Höhn.; 725,729
herolineiisis P. Henn 725
— byacliysyunis Penz. et
Sacc 725
— Caricae P. H e n n 743
— elegatts Berk. etCurt. 725,726
— laeticolor (Berk. et Curt.)
Höhn 725,729
— .v<?7:,(,'7;/;;e//.s(P. Henn.) Höhn. 725
CoraUoinyceteUa P. Henn.. . 726, 742
Coutinia d'Alm. et de Cam. .. 703
Cryplciicctriclhi (H ö h n.) We e s e 714,
715
— hipannitica (H ö h n.) We e s e 714,
715
Ciyploncclriopsis (H ö h n.)
We e s e 714,715
— hiparasHica (H ö h n.) We e s e 714,
715
Cryptosphaeria popiiliita (Pers.)
Sacc 706
CucHrhilaria DiilctJinanie (K z. et
Schm.) Fr 706
Cyanocephalittm iiitirontin Zuk. 7U5
Cyanochita Höhn 7ü4
Cyanoplionidla Höhn 704
Cylindrocarpoi: Wollenw 721
Debaiyella hyaliiia H ö h n. . . 709, 750
— vexans Höhn 709, 750
Diholryon iiiorbosiiin (Schw.)
Theiß, et Syd 706
Dothichloe Atk 718
— Arislidae Atk 718
— atramenfosa (Berk. et
Curt.) Atk 718
Dothidea adveiia C e s 697
— <j/r^;;ze«/(?r/a Berk. et Curt. 718
Dothidea decolorans Fr 706
— melanops Tul 703
Epinectria Syd 697
Fusayitim acumittattttn Ell. et Kv.
emend. Wollenw 72i^^i
Gibbt'iii oppiiala Fr 698
— pnlicaris Fr 699
Gibberella S&cc 698,702
— calamia Cke * . 705
— pulicaris (Fr.) Sacc 697
— Saubiuetii (M o n t.) f. accunin
Feltg 7'i7
— iriciti P. Henn 7( »7
Gibhdia Sacc 7i »3
Hendersonia oppilata (F'r.) Curr. 706
HyaJocrea epimyces H. et
P. Syd 693, 695, 6n6, 7.50
Hypocrea alrauientosa Berk.
et Curt. . .." 71S
Hypocreodendron P. Henn.. 725,741
Hypoinyces Tul 721
Hyponeclvia bipamsitica Höhn. 713
— Cacii (Ell. et Ev.) Seav... 737
— jucitnda (Mont.) Weese.. 737
Ijuhya Starb 696
Lclciidraea Sacc 713, 725, 740
— longiasca (Moll.) Weese .. 742
— madeirensis (P. Henn .) We e s e 743
Lisea Sacc 698, 704
Lisea nemorosa Sacc 699, 704
Liviella Co o k e 704
— Passißorae Ck. et Mass... 704
Macbridella Seav..
,725, 740, 742
Mazzantia Mont 703
Megalonecti'ia Speg 735
— caespitosa Speg 735, 736
— psetidotrichia (Schwein.)
Speg 735
— verrucosa Möl! 73i'>
Zur Kenntnis der Hypocreaceen.
753
Seite
Mchinnps Xke 702, 716
— inirabilis 1' iic k 703
— Tiildsiici Xke 703
Microccra D e s m. . . 720, 724, 725,. 728,
741
— acinniiiiUa {VA\. et Ev.
Wollenw.) ITöhn 729
— coccophila Des in 723, 729
— pallats (Nees) Höhn 724
Nedricx Fr 725, 726, 741, 742
— a^hv'clhcle Berk. et Curt. . 727,
731
- aiirautiicülii Bk. etHr. 727,730
— ciiiitiibariiia (Tode) Fr. 726, 743
— coccidoplitora ."X. Ziinm 730
— — — var. (inraitliicola B.
et C 730
— coccogeita Speg 729
— cocconiin .Speg 728, 729
CoUeliae Rehm 728
— discophora M o n t 722
— dolüJiospora Pen7. et Sacc. 696
— episphacria (Tode) Fr. 722,726
— jiicHiida Mon t 737
— lasiodenim Ell 725
— hitesccns Arn 746
— /;/(?/// /«o/V/^Jif Pili II. et Flow r. 739
— iiuimiitoidea Phill. et
Flow r. var. Rtibi (0 s t e r \v.)
Weese ~ 721
— Mcloiigeime R o ii m 707
— ochracen (Grev.) Fr 726
— Rihis (Tode) Rabenli. ... 743
— Ritbi Osterw 721
— san}{iiiiiea {^o\i.) Vt. . 721,727
— siibcocciiteiiSacc. etEW. 727,728,
730
-- siiffnUa Berk. et Curt. ... 696
— Veiiilloiiana Roum. et
.Sacc 719, 721, 722
Keclriella N i t s c h k.e sensu
Puckel 713, 737
— S a c c a r d o 713
Seite
Ophiodiithis Sacc 718
— ror/7.v (^Berk. et Curt.)Sacc. 718
Fanriu'ih'iii Sacc 711
— affinis (Desm.) Sacc. .712,713
Paxscrinula Candida .Sacc. ... 713
Phaeoncciria -Sa cc 725
Physalospora Niessl 703
Pleogibbcrclla Sacc 705
Pleonechia Sacc 712, 735, 745
— appendiciilata Vouaux.... 712
Pleoitecln'a Berolinensis Sacc... 744
- lichenicola (Crouan) Sacc. 712
— Uitcscens Arn 746
— Ribis (R a b c n li .) K a r s t. 743, 745.
746
Ps<:iid(jiu-c/n\i Seav 737
Pyrostoma pulilniii Fr 698
RJiabdospora polila (l'"r.) Sacc. 706
Sphacria affin is Grev 711,712
— agglonierata Fers 69S
— Dotlüdca (iMoug.) 698
— Dulcaniarac Sclimidt 698
— epichlo'd Kunze . . 7 1 5, 7 1 (">, 7 1 7
— jiictinda M o n t 737
— morbosa Schwein 698
— ptilicaiis Fr 697
— ihagadiola Fr 698
-- Ribis Tode 744
SpJtaerosfilbc Tul. 720, 725, 735. 741
— coccophila Tu 1. 722, 725, 727, 731
— lalcritia Berk. et Curt 732
-- longiascus Moll. . 738,740,741
— nitida Berk. et Curt 732
— rosea Kalchbr 732, 735
— sangtiinea Fuck 719, 721
Siagonostrouia Died 704, 706
SU'lbella rosca (Kalchbr.)
Weese 734, 736
Slilboneciria Karst 736
SiilbiDn cinnabarinitin Mont. .. 735
— fusco-cinnabarinimi .Speg. . 736
754
J. Weese, Zur Kenntnis der Hypocreaceen.
Seite
Thelocarpon Nyl 705
Thyroneciria Sacc 745
— patavina Sacc 745
Tubercnlaria Tode 726
Thttemenia Relim 703, 716
Wcesea Höhn 714, 715
Seite
Weesea, Balansine (M ö 11.) H ö h n. 714,
715
XetionectricUa \Ve e s e nov. gen. 748
— Intesccns {.\rn.)\\tQst 748,749.
750
Ziniuiermannia Sacc 696
WVcsp,,)., Zur Kcnnluis dci" HyiuxTfacctMi.
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10
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11
^utordel. . Lith Ans1.Th.Bannw3rrti,Wi<
Sit/ani2sberi(htO(L.Vl{afl(LWi.s.s.,iiiHlli.iialur\v.KIasse,l)d. 128. AbL.1.1919.
Beobachtungen
über die Endospermentwicklung von
Hieracium aurantiacum
Von
Karl Schnarf
(Mit I Doppehafel)
(Vorgelegt in der Sitzung am 27. November 1919)
Die im allgemeinen sehr reichhaltige Literatur über die
Samenentwicklung der Kompositen weist in einer Hinsicht
große Lücken auf, nämlich in der Kenntnis der Endosperm-
bildung. Diese Tatsache veranlal.Ue mich im Anschlüsse an
meine Untersuchungen über die Labiaten und Planfago,^ in
denen dem Endosperm und seiner Bildung besondere Auf-
merksamkeit gewidmet worden war, den Kompositen einige
Beobachtungen zu schenken. Im folgenden wird nun über einige
Stadien der Samenentwicklung von Hierachim aurantiacum
berichtet werden.
Diese Art gehört zu den apogamen Hieracien, welche
von Ostenfeld- und Rosenberg-' unter Anwendung cj'to-
logischer und experimenteller Methoden in so erfolgreicher
1 Schnarf. Beiträge zur Kenntnis der Samenentwicklung der Labiaten
(Denksclir. Akad. Wiss. Wien, 94. Bd.. 1917); — Zur Entwicklungsgeschichte
von Plantago media (diese .Sitzungsber., Abt. I. 126. Bd., 10. Heft, 19)7).
- Osten feld, Castration and H3'bridization Experiments with some
species of Hievacia (Bot. Tidskr.. 27. 1906, p. 225—248; — Further .Studies
on the Apogamy and Hvbridization of the Hiemcia (Zeiischr. indukt. .Abst.-
und Vererbungslehre, 3, 1910, p. 241 — 34ü).
3 Rosenberg, Cj'tological studies on the apogamy in Bicraciuvi
(Bot. Tidskr., 28, 1907, p. 143 — 170); — Die Reduktionsteilung und ihre
Degeneration in Hieracium (Svensk. bot. Tidski., //, 1917, p. 145 — 2uö).
Sitzb. d. mathem.-naturvv. Kl., Abt. I, 12S. 3d. 52
756 K. Sclmait',
Weise untersucht worden sind. Bei den upogamen Hieracien
stellte Rosenberg fest, daß aposporische Embryosäcke, die
aus Nucellarzellen hervorgehen, zur Entwicklung gelangen.
Der ursprüngliche — haploide — Embryosack wird entweder
in frühen Stadien verdrängt oder kommt gleichzeitig mit dem
aposporischen in derselben Samenanlage zur Ausbildung. Für
H. anrautiacnni im besonderen hebt Rosenberg^ hervor, daß
der Embryosack aus einer Epidermiszelle des Nucellus hervor-
gehe. Eine sorgfältige Untersuchung zeigte ihm, »that nearly
always the typical embryo sac becomes quite crushed or often
cut off by the aposporic embryo sac«. Mit einer gewissen
Reserve berichtet Rosenberg auch über einige Beobachtungen^
aus denen hervorgeht, daß möglicherweise noch eine andere
Art der Entstehung eines diploiden Embryosackes bei dieser
Art eine Rolle spiele. Es werde nämlich die Tetradenteilung
in der Weise verändert, daß bei der zweiten Teilung keine •
Wand zwischen den Tochterkernen gebildet wej-de, worauf
diese verschmelzen. Aus einer der so entstehenden diploiden
Zellen gehe möglicherweise ein Embryosack hervor.
Abgesehen von der zuletzt erwähnten Entstehungsweise
fand ich in meinem Materiale - zahlreiche jugendliche Stadien,
welche dieselbe aposporische Entstehung von Embryosäcken
zeigten, wie sie Ri^senberg beschrieben hat. In weiter vor-
geschrittenen Stadien beobachtete ich einerseits einfache
Embryosäcke, denen es im ausgebildeten Zustande nicht an-
zusehen ist, ob sie sporogen oder aposporisch entstanden
sind; andrerseits waren auch zahlreiche Samenanlagen zu
finden, in denen zwei Embryosäcke auftraten. \'on. diesen
1 Bot. Tidskr., 2S, 19U7, p. 158.
- Es stammte aus einem Privatgarteii in Iglau, wo es sich seit Jahren
auf den Rasenflächen durch ausgiebige Ausläuferbildung erhält. Es handelt
sich zweifellos um das häufig kultivierte Hieracium aurantiacuni dei- Gärtner,
das hier verwildert ist. \'on dem wildwachsenden H. juranlinctnn E. unter-
scheidet sich die Pflanze durch starke Förderung der vegetativen Teile, ins-
besondere durch äußerst kräftige Ausläuferbildung. Zu entscheiden, ob diese
Eigentümlichkeiten von Bastardierung herrührt oder mit den Eebensbedin-
gungen in der Gartenkultur zusammenhängt, halte ich für schwer möglich, da
in unseren Herbarien kultivierte Hieracien ganz fehlen und sich auch die
.Speziahnrsclier der Gattung mit diesen nicht beschäftigt zu haben scheinen.
Endoppermentwicklung von Hieraciuin iVtrantiticitin. i -^ i
beiden nahm fast immer einer den größeren Teil des zur
X'erfügung stehenden Raumes ein. Es boten sich da ähnUche
Bilder, wie sie von Rosenberg für H. ßageUare gebracht
wurden.^ Mit diesem Autor stimme ich darin überein, daß es
wohl fast immer ein aposporischer Embryosack ist, der über
den anderen, wahrscheinlich typischen Embryosack dominiert.
Dieser kleinere Embryosack bringt es vielfach nicht einmal
bis zum achtzelligen Stadium. Neben diesen Samenanlagen,
die entweder nur einen einfachen Embryosack enthalten oder
in denen deren zwei auftreten — im letzteren Falle wird im
folgenden der Kürze wegen die Bezeichnung »zusammen-
gesetzter Embryosack« gebraucht — , finden sich in meinem
Materiale sehr häufig solche Samenanlagen, deren Embryosack-
höhle von Zellen eingenommen wird, die überhaupt keine
embryosackartige Anordnung zeigen. Da diese Fälle zu
dem im Titel gegebenen Thema keine Beziehungen aufweisen,
mag hier folgende kurze Beschreibung genügen.
Der Embryosackraum ist in mehrere — meist vier —
Etagen durch Querwände geteilt. In jeder befinden sich
mehrere (2 bis 4) Kerne, die in einer gemeinsamen zentralen
Plasmamasse eingebettet liegen. In einer dieser Kammern
befindet sich eine abgegrenzte, seitlich angewachsene Zelle,
die sehr oft durch ihr Aussehen und die Verteilung des Cyto-
plasmas einer typischen Eizelle zum Verwechseln ähnlich ist.
Die Entwicklungsgeschichte eines solchen abnormen Embryo-
sackes liegt mir nicht vor; aber es ist wahrscheinlich, daß das
ganze aus einer Tetradenteilung hervorgegangen ist, nach
welcher aber keine der vier Tochterzellen den \'orrang er-
langt hat. In jeder derselben sind Kernteilungen — wie die
oft ungleiche Größe der Kerne vermuten läßt, unregelmäßiger
Art — eingetreten und in einer = — nach meinen Beobachtungen
jedoch nie in der mikropylaren — wurde eine Eizelle zur Aus-
bildung gebracht. Neben solchen extremen Abnormitäten., die
von dem typischen Embryosacke so sehr abweichen, kommen
auch Abweichungen geringeren Grades vor. Vor allem gibt es
zusammengesetzte Embryosäcke, die nicht nur zwei,
1 Rosenber^, ]. c.. Y\". XI .1 und C.
/Ö8 K. Schnarf,
sondern drei Embryosäcke enthalten, von denen einer oder
zwei durch die Konkurrenz des »Hauptembryosackesv< unter-
drückt werden, bevor sie noch achtkernig geworden sind.
Solche dreifach zusammengesetzte Embryosäcke müssen ent-
weder dadurch entstanden sein, daß mehrere Nucelluszellen
zu diplo'iden, thyllenartig in den Embryosackraum hinein-
wachsenden Embryosäcken ausgewachsen sind, oder dadurch,
daß mehrere Tetradenzellen gekeimt sind. Das erstere kommt
mir wahrscheinlicher vor. Eine andere, recht häufig zur Beob-
achtung gelangende Unregelmäßigkeit besteht darin, daß in
sonst normal aussehenden Embr^^osäcken Zellen auftreten,
die in den achtkernigen Embryosack gar nicht hinein-
passen, sozusagen überschüssig sind, und die bisweilen das
Aussehen einer Eizelle haben. Bei dem vereinzelten Auf-
treten dieser Zellen ist es natürlich schwer, die Entstehung
einer solchen überschüssigen Eizelle festzustellen.
Zur Charakteristik m.eines Materiales seien noch schließ-
lich die sehr häufigen Fälle von Polyembryonie hervor-
gehoben. Ich konnte zahlreiche Fälle beobachten, wo neben
dem typischen noch ein oder zwei, vereinzelt sogar
drei atypische Embryonen in demselben Embryosacke
auftraten. Die atj^pischen Embryonen traten entvv'eder in der
Nähe des Eiapparates auf oder in der Mitte des Embryo-
sackes. Über die Möglichkeiten, die für ihre Bildung in Betracht
kommen, sei folgendes bemerkt: Jedenfalls kommen nur Ele-
mente des Embr3''osackes in Betracht; bei dem tenui-
nucellaten Bau der Samenanlage kommt ja der Nucellus
überhaupt nicht in Frage und ebenso zeigt das Integument,
das gegen den Embryosack zu als sogenanntes Tapetum
ausgebildet ist, nirgends die Neigung zur Bildung eines
Adventivembryos. Dagegen müssen wir sehr an die Möglich-
keit von .Synergidenembryonen denken, da in meinem
Materiale relativ oft zwei Embryonen in der Gegend des Ei-
apparates zu finden waren ;^ ferner an die, daß die früher
^ Auch Murbeck (Parthenogenese bei den Gattungen TcViixactim und
Hieraciuni, Bot. Notiser, Lund 1904, p, 294) berichtet über Synergiden-
embr^-onen bei Hieniciiiiii.
Endospeinieiuwicklung von J/icrdi iiiin .iiiniiili.ic um. (O't
erw ahnten überschüssigen Eizellen zu Embryonen werden, dafJ
auch Endospermzellen solche liefern^ und daß eine Antipode
zu einem Embrj'o auswächst.- Dagegen kann ich weder auf
Grund meiner Beobachtungen noch aus der Literatur Belege
anführen, daß zwei in derselben Samenanlage \ereinigte
Embr3^osäcke Embryonen lieferten.
Nach diesen \'orbemerkungen, die die in meinem Materiale
zu beobachtenden Verhältnisse charakterisieren sollen, mögen
nun einige Beobachtungen über die Endospermverhältnisse an
der Hand tj^pischer Einzelfälle besprochen werden.
Fig. 1 zeigt einen zusammengesetzten Embryosack. In
der Mikropylargegend befindet sich die von zwei Synergiden
begleitete Eizelle. Die Unversehrtheit der Synergiden
sowie die gänzliche Abwesenheit eines Pollen-
schlauches zeigen, daß die Endospermbildung offenbar un-
abhängig von einem Befruchtungsvorgange begonnen hat. Das
vorliegende Endospermstadium ist übersichtlich genug, um uns
einen hinlänglich genauen Einblick in die ersten Endosperm-
teilungsschritte zu gewähren. Es hat sich nämlich zuerst der
primäre Endospermkern unter Bildung einer Längswand geteilt.
In den beiden so entstandenen Zellen haben sich die Kerne
wiederum geteilt unter Anlage von horizontalen Querwänden,
deren Bildung noch nicht ganz abgeschlossen ist. Im übrigen
sehen wir noch unter diesem Embryosack einen zweiten.
Dieser zeigt in der Mitte die beiden nahe beisammenliegenden
Polkerne und am oberen Ende einen größeren Kern mit zwei
Kernkörperchen in einer nach oben vorspringenden Aus-
buchtung und darunter zwei kleinere Kerne. Die letztgenannten
drei Kerne, die in einer zusammenhängenden Plasmamasse
liegen und nicht durch Wände abgegrenzt sind, lassen sich
wohl ungezwungen als Eiapparat deuten. In der Antipoden-
i Von Rosenberg für II. excellcns angegeben (^But. Tidskr., 2S, 1908,
p. 160).
' Von Rosenberg wird eine diesbezügliclie Beibaclitung an H. ßagcl-
larc berichtet (1. c, p. 163).
7(30 K. Schiuiif,
region liegen die kleinen Antipoden des großen und des kleinen
Embryosackes dicht beisammen. Eine größere, einkernige
Zelle, die sich ebenfalls dort befindet, läßt sich schwer deuten;
vielleicht ist sie nur eine aus irgend einem Grunde vergrößerte
Antipodenzelle des größeren Embryosackes.
Ähnliche Verhältnisse führt Fig. 2 vor, die einen Quer-
schnitt durch einen Embryosack in der Höhe der Eizelle dar-
stellt. Der Vergleich der hier nicht abgebildeten folgenden
Schnitte zeigte, daß hier ebenfalls ein zusammengesetzter
Embryosack vorliegt. Das Endosperm besteht aber nur aus
zwei Zellen, die durch eine Längswand getrennt sind.
Während in den bisher besprochenen Fällen die erste
Endospermteilung unter Bildung einer Längs wand erfolgte,
zeigt die Fig. 3, daß die zuerst gebildete Wand auch in der
Querrichtung verlaufen kann. Wir sehen hier einen einfachen
Embryosack mit einem mehrzelligen Embryo. Daß dieser ohne
Befruchtung entstanden, zeigt das Fehlen eines Pollenschlauches
und die Unversehrtheit der beiden Synergiden. Am Grunde
des Embryosackes sind sehr deutlich drei kleine Antipoden
nachweisbar. Die Bildung des Endosperms kann nun offenbar
nur in folgender Weise verlaufen sein: Der primäre Endo-
spermkern hat sich zunächst unter Bildung einer Querwand,
die in der Figur in der Nähe des Embryos liegt, geteilt. In
dem ober dieser Wand befindlichen Raum ging eine Zellteilung
unter Bildung einer Längswand, in dem darunter liegenden
eine solche unter Bildung einer Querwand vor sich. In jedei'
dieser vier Zellen vollzieht sich eine weitere Zellteilung.
Die bisher besprochenen Fälle sind geeignete Belege.
dafür, daß das Endosperm zellular angelegt wird, daß aber
die Wandbildung nicht immer nach denselben Richtungen ver-
läuft. Auch in anderer Hinsicht kann man ein auffallendes
Variieren feststellen. Während in den Fig. 1 und 2 das Endo-
sperm der Bildung des Embryos vorausgeht, kann man in
anderen Fällen beobachten, daß der Embryo in den Anfangs-
stadien gegenüber dem Endosperm voraus ist. Dieses letztere
X'erhalten scheint bei Hieracimii atirantiaann geradezu die
Regel zu bilden. Denn unter 13 Fällen, die ich beim Studium
meiner Schnittserien gezeichnet habe, finde ich nur drei Fälle,
Endospermentwickkiiig von Hicracitiin auiLinliacttut. /6l
Avo das Endosperm, gegen zehn, wo der Embryo in den
ersten Teilungsstadien voraus ist.
Recht zahh-eich sind diejenigen Fälle, wo sogar schon
ein mehrzelliger Embryo zu finden ist, bevor sich noch die
Polkerne vereinigt haben. Wohl findet man schon ganz junge,
eben fertig gewordene Embryosäcke mit sekundärem Embryo-
sackkern. Ein Beispiel bietet hierfür der in Fig. 4 in drei
Schnitten dargestellte Embryosack. Man kann aber auch recht
häufig Embryosäcke finden, in denen neben einem mehr-
zelligen Embryo ein ungeteilter primärer Endospermkern oder
sehr oft auch unverschmolzene Polkerne liegen. Ich begnüge
mich da mit der Darstellung zweier Beispiele zur Beleuchtung
•des letzterwähnten Falles. Fig. 5 zeigt drei benachbarte
Schnitte durch einen Embryosack, und zwar zeigt ba die
beiden Synergiden und die beiden Polkerne; von diesen ist
der eine auch in 5 ^ nebst einer Partie des Embryos zu
sehen; dieser ist wieder vollständig in 5c zu finden.
Daß in manchen Fällen die Polkerne so keine Neigung
2ur Verschmelzung zeigen, dafür ist Fig. 6 ein Beleg. Der
zweizeilige Embryo ist von zwei unversehrten Synergiden
begleitet, \on denen eine teilweise in den dargestellten Schnitt
zu liegen icommt. Die Polkerne liegen zwar in einer zusammen-
hängenden Plasmamasse, sind aber durch einen größeren
Zwischenraum voneinander getrennt. Daß es sich hier wirk-
lich um Polkerne handelt und nicht um die beim ersten Endo-
spermteilungsschritt gebildeten Endospermkerne, was man nach
dem Aussehen der Kerne vielleicht vermuten könnte, zeigt
unwiderleglich die Abwesenheit einer Trennungswand,
Die folgenden Figuren führen Fälle vor, wo sich die
Polkerne teilen, ohne sich vorher zum primären P^ndo-
spermkerne vereinigt zu haben.
In Fig. 7 ist der Embrj^o auf beiden Seiten von den sich
teilenden Polkernen begleitet. Diese Lage ist vielleicht durch
den kleinen zur Verfügung stehenden Raum bedingt, der da-
durch eingeschränkt wird, daß sich eine große Zelle — wahr-
scheinlich ein nicht ganz zur Ausbildung gelangender Embryo-
sack — nach oben vordrängt.
762 K. Schnur f.
Anders sind die Raumverhältnisse in dem Embryosacke,
jder in drei aufeinanderfolgenden Schnitten in Fig. 8 dargestellt
ist. 8 L zeigt den mehrzelligen Embryo, die beiden Synergiden
und tiefer unten den einen Polkern in Teilung. Der zweite
Folkern liegt in der Nähe des Embryos und kommt in Fig. 8 t?
zum Vorschein. Die beiden sich teilenden Polkerne sind durch
zusammenhängende Plasmastränge miteinander verbunden; eine
Scheidewand ist zwischen ihnen nicht zu sehen.
Einen seltenen Fall führt schließlich Fig. 9 vor. In dem
dargestellten Schnitte liegt eine Synergide — ■ die zweite,
ebenfalls unversehrte liegt in einem Nachbarschnitte — , der
etwas abnorm gestaltete Embrj^), ein Polkern, der ungeteilt
geblieben ist, während sich der andere eben geteilt hat. Die
beiden Kerne, die durch die letztgenannte Teilung entstanden
sind, halten zwischen sich an Plasmafäden eine Zellmembran
ausgespannt, deren Bildung noch nicht ganz abgeschlossen
ist. Dieses Verhalten der Polkerne konnte ich nur an einem
einzigen Embryosack mit Sicherheit feststellen. Daß es sich
auch hier um selbständig und unabhängig voneinander vor-
gehende Polkerne handelt, zeigt die Abwesenheit einer Scheide-
wand zwischen ihnen.
Wenn wir im folgenden die oben beschriebenen Beob-
achtungen an Hieraciiini anrdnfidcnui einer Besprechung
unterziehen, so werden wir uns auf einige wenige Punkte
beschränken können, die von größerem Interesse sind.
Vor allem müssen wir hervorheben, daß wir bei Hiera-
ciiim anrauiiacnui zellulare Bildung des Endosperms ge-
funden haben, ein Befund, der in auffälliger Weise von den
in der Literatur niedergelegten Berichten absticht. Hof-
meister^ faßt seine Beobachtungen über die Endosperm-
bildung der Kompositen folgenderniaßen zusammen: »Die
Entwicklung des Endosperms, allgemein durch freie Zellbildung,
beginnt überall schon früh und füllt sehr zeitig bei Calendula
^ Hofmeister. Neuere BeohaclUun.uen übei- Kmhry>ibildung der Phanero-
gamen (Jahrb. f. wiss. Bot., I. KSfiS, p. 123).
Endospeinicntwickking von Ilici'dcniiii ,iiiriiitliiU'Uiii. 1 1^-)
und Aster den Embryosack mit geschlossenem Gewebe aus,
während anderwärts das junge Endosperm zuerst in Schichten
den Wänden des Sackes sich anlegt und längere Zeit in
dessen Mitte einen mit Flüssigkeit erfüllten Raum frei läßt."
Diese Mitteilung deutet wohl in ihrem ersten Teile auf nukle-
ares Endosperm hin; des weiteren ist es aber sehr auffällig,
daß Hofmeister Aster und Calendula, deren Embr\'osack
sich nach seinen Beobachtungen frühzeitig mit geschlossenem
Gewebe füllt, den übrigen von ihm untersuchten Kompositen
— er scheint da wohl in erster Linie Heliauiliiis im Auge zu
haben, deren Embryologie ihm sicher gut bekannt gewesen
ist,^ — gegenüberstellt, wo er einen Plasmabelag an der
Wandung des Embryosackes fand.
Mottier- fand hex Senecio aiirea »several free nuclei...
in the cavity of the emhryosac, when the first wall is formed
in the embryo. Very soon, however, cell formation takes place
and the cavity of the embryosac is tilled with endosperm.«
Diese Angabe vom Auftreten freier Kerne im Embryosack
stimmt aber durchaus nicht zu der Fig. 27 auf Taf. XXVIII,
wo offenbar ein frühes Endospermstadium dargestellt ist. Wir
sehen da zwischen zwei Endospermkernen bereits eine Wand
angelegt.
Klarer sind die Mitteilungen Land 's-' über Erigeron
pliiladelphiciis: »After a brief rest the definitiv nucleus (d. i. der
primäre Endospermkern) divides and in the many preparations
examined the cell plate was invariably parallel to the longer
axis of the sac. The endosperm nuclei, after the last named
division, are usually multi-nucleolate. . . In the second division
of the endosperm nuclei the cell plate is usually at right
angles to the long axis of the sac. The two upper nuclei
resulting from this last division move towards the micropylar
end of the sac, and, occupying the place made vacant by the
l Hofmeister, Die Entstehung des Embryos der Phanerogamen. Leipzig
1849.
'- Mottier, On the Emhryosac and Embrj-o of St'mcio iiiirea (Bot. Gaz.
XVIIl. 1893, p. 252).
•' Land W. J. G., Double fertihzation in Compositae (Bot. Gaz. X.\X,
190U;.
/ 64 K. Schnaif,
synergids, lie a little above and close against the egg. . . The
fertilized egg usuallj' completes its first division shortly after
the second division of the endosperm, the first wall being
transverse.« Diese Beschreibung zeigt meines Erachtens ganz
klar, daß Land bei Erigeron zellulare Endospermbildung
beobachtet hat, wobei die Lage der Wände genau so verläuft,
wie sie in unserer Fig. 1 dargestellt wurde.
Diejenigen Autoren, die am entschiedensten in neuerer
Zeit für die systematische Verwertung der Endospermmerkmale
eingetreten sind, nämlich Samuelsson^ und Jacobsson-
Stiasn}',- rechnen die Kompositen zu denjenigen Familien,
die nukleares Endosperm bilden. Letztere scheint allerdings
ihr Urteil mit Rücksicht auf die eben angeführten Befunde
Land's zögernd auszusprechen.
Bevor ich die Angaben bringe, welche in Bild und Wort
Fälle von zellularer Endospermbildung anführen, sei noch
einiger bildlicher Darstellungen gedacht, die für diese Ent-
stehungsart sprechen, ohne daß die Autoren darauf näher
eingingen, nämlich: Antemiaria dioica (Juel in k. Svenska
Vet. Ak. Handl., 33. 1900, Nr. 5, p. 18, Fig. \\\h), Hieradnm
flagellare (Rosenberg in Bot. Tidsk., 28, 1908, p. 161,
Fig. XI .4 und C).
Ausführlich hat sich dagegen Carano über die Endo-
spermbildung von Bellis perennis geäußert:-^ »Primo a divi-
sersi e di solito il nucleo secondario e la direzione del suo
fuso e perpendicolare all'asse longitudinale del sacco; alla
divisione nucleare tien dietro quella cellulare con formazione
di membrana divisoria. Le due cellule cosi prodotte tornano
a dividersi perpendicolarmente alla prima direzione ma nello
stesso piano, e siccome la cavitä del sacco e ancora poco
ampia, rimane giä colmata da queste prime cellule del'albume.
1 Samuelsson G., Studien über die Entwicklungsgeschichte der Ijlüten
einiger Biconies-Tyi^tn (Svensk bot. Tidskr., 1913, 7).
- Jacobsson-.Stiasn}' E., Versuch einer phylogenetischen Verwertung
der Endosperm- und Haustorialbildungen bei den .Angiospermen (diese
Sitzungsber.. 123. B., 1914).
•' Carano E., Ricerche sull'embriogenesi delle .\steracee (Annale di
Hi)t., 13, 1915. p. 2.')9).
Endospermentuioklung von Hicraciuin aurantiacum. 7dO
Alla prima divisione del nucleo secondario segue subito queila
dello zigoto, come rilevasi dalla fig. 7, in cui esso la forma di
clava e monstra il nucleo in carikinesi, mentre le due prime
cellule dell'albume, da poco formate, sono giä separate da
un'evidente membrana.« Die darin angeführte Fig. 7 entspriciit
völlig unserer Fig. 2, nur daß bei dieser die Eizelle noch nicht
in Teilung begriffen ist.
In klarer Weise spricht sich auch Holmgren über die
von ihm untersuchte Gattung Eiipatorimn aus:^ >;Bei der
Endospermbildung werden Wände schon nach den ersten
Teilungen angelegt und das Endosperm wächst dann durch
sukzessive Zellteilungen heran.«
Während sich in der neueren Literatur Angaben über
zellulare Endospermbildung bei den Kompositen immerhin —
wenn auch in geringer Zahl — finden, sind Beobachtungen,
die in verläßlicher Weise eine nukleare Endospermbildung
beweisen würden, kaum bekannt. Ich wüßte da nur Dahlia
coronata zu nennen, von welcher Art Palm Teile eines
plasmatischen Embryosackwandbelages mit freien Endosperm-
kernen in mehreren Figuren darstellt."'
Ich möchte schließlich noch eigene Beobachtungen an
Crepis biennis anführen. Bei dieser Art zeigten mir eine An-
zahl junger Endospermstadien, daß beim ersten Teilungsschritt
eine Zellteilung unter Bildung einer Querwand stattfindet und
daß beim zweiten Teilungsschritt wieder Querwände gebildet
werden.
Im großen und ganzen müssen nun alle diese Befunde
über die Endospermbildung bei den Kompositen als äußerst
spärlich im Verhältnis zur Größe dieser Familie bezeichnet
werden. Immerhin läßt sich das eine mit Bestimmtheit sagen,
daß bei den Kompositen zellulare Endospermbildung
nebst nuklearer vorkommt. Bei folgenden Unter-
abteilungen (nach der Einteilung Hoffmann's) wurde
zellulares Endosperm wenigstens an dem einen oder
1 Holmgren J., Apogamie in der Gattung Eiipiilon'nin (Svensk bot.
Tidskr., 10, 1916, p. 268).
2 Palm B., Studien über Konstruktionstypen und Entwicklungswege
des Embryosackes der Angiospermen (Stockholm 1915), Eig. 44 und 45.
766 K. Sclinaif,
anderen Vertreter festgestellt: Eiipatoyieae, Astereae^
Imtleae, Seiitcioiieae (j), Calendnleae (?) und Cichorieae\
nukleares Endosperm wurde bei Vertretern der
Heliautheac nachgewiesen; über die übrigen Unterfamilien
scheint diesbezüglich überhaupt nichts bekannt zu sein.
Dieses Verhalten der Kompositen steht recht gut mit dem
im Einklänge, was über die Endospermverhältnisse der nächst
verwandten Familien bekannt geworden ist. Den Campa-
nulaceen und Lobeliaceen scheint nach den Angaben
Samuelsson's zellulares Endosperm zuzukommen. Bei den
Goodeniaceen ist die Endospermbildung nicht bekannt, doch
werden bei ihnen Endospermhaustorien beschrieben, wie sie
bei zellularem Endosperm aufzutreten pflegen.- Was die
Stylidiaceen betrifft, so verweise ich darauf, daß die von
Burns-* gemachten Angaben von Jacobsson-Stiasny* zu
dem Schlüsse verwertet werden, daß für diese Familie »die
Abstammung von Formen mit gekammerter Makrospore« wahr-
scheinlich ist. Hinsichtlich der Calj^ceraceen liegt die Unter-
suchung Dahlgren's vor, der bei Acicarpha tribiiloides die
zellulare Entstehung des Endosperms nachgewiesen hat.^
Ein zweiter hier zur Besprechung kommender Punkt ist
die sehr auffällige Inkonstanz in der Richtung des
ersten Endospermteilungsschrittes. Auffallend deshalb,
weil die er.ste Teilungswand des Endosperms sonst nicht nur
innerhalb derselben Art, sondern auch größerer systematischer
Einheiten immer in derselben Richtung angelegt wird. Dies
konnte ich wenigstens bei den von mir untersuchten Labiaten
beobachten und dieselbe Erscheinung ist auch Samuelsson''
bei verschiedenen Familien mit zellularer Endospermbildung
aufgefallen. Ich neige zu der Ansicht, daß diese Inkonstanz
bei H. anrautiacnui durch die X'erschiedenheit der Raum-
^ Samuelsson, 1. c. p. 139.
2 Jacobs son-Stiasny E., 1. c, p. 82 [r)48J.
•'* Bums G. P.. Beitrage zur Kenntnis der Stilidiaceen (Flora, 87, l90o).
4 Jacobsson-Stiasnj' E., 1. c. p. 82 [548].
^ Dahlgren K. V. O., Über die Embryologie v<in Aciciirplui Irihiiloiiles
Juss. (Svensk bot. Tidskr., 9, 1915. p. 184 ti'i.
^ Samuelsson, I.e., p. 143 f.
KiKiospermentwickUiiv^ von Ilicniciitm üiny.iitliinunt. <<)7
Verhältnisse bedingt ist. Denn in den »einfachen' Embryo-
säcken scheint die erste Endospermwund stets eine Quer-
wand zu sein. Längsgerichtete erste Wände fand ich
dagegen nur in »zusammengesetzten- Embryosäcken, wo
der Raum im dominierenden Embryosack durch kleinere,
thyllenartig in diesen vorspringende Embryosäcke eingeschränkt
war. Die quergerichtete erste Endospermwand dürfte demnach
das für unsere Art ursprüngliche Verhalten vorstellen. Dafür
spricht es auch, daß ich bei Cvepis hienuis dasselbe \''erhalten
beobachten konnte.
Eine weitere auffallende Erscheinung, die ich im früheren
geschildert habe, ist das \'er halten der Pol kerne. Diese
verschmelzen in manchen Embryosäcken sehr frühzeitig, wie
es der in Fig. 4 dargestellte Embryosack zeigt, dessen Dimen-
sionen solche sind, wie sie nur vor der Weiterentwicklung
der Eizelle zu beobachten sind. \^iel häufiger fand ich aber
in meinen Präparaten die V'erschmelzung der Polkerne ver-
zögert. Neben mehrzelligen Embryonen waren oft noch un-
verschmolzene Polkerne zu finden; ja wir haben im früheren
gesehen, daß zweifellos bisweilen die Polkerne überhaupt nicht
verschmelzen, sondern selbständig in Teilung treten.
Dieses Verhalten der Polkerne verdient zunächst unter
dem Gesichtspunkte Beachtung, daß im allgemeinen bei den
Angiospermen die Entwicklung des Endosperms der des
Embrj^os vorauseilt, was teleologisch verständlich ist. Bei
H. aiiraiitiacuiii ist aber sehr oft der Embryo voraus. Im
Gegensatze zu anderen apogamen Pflanzen, deren diploYde
Eizellen eine Art Reife durchmachen müssen, bevor sie sich
zu einer Teilung entschließen, — eine Erscheinung, die bei
apogamen Arten der Gattungen Biiniiaiiuia und Balaiiophora
von Ernst festgestellt wurde, der der Frage nach der Ent-
\\-icklungserregung der Eizellen apogamer Pflanzen besondere
Beachtung geschenkt hat ^ — scheint die Eizelle von Hicraciiini
sozusagen sofort entwicklungsfähig zu sein. Dies wird
unmittelbar aus der l^etrachtung von Schnitten durch uanze
1 Ernst A., Bastardierung als Ursache der .Xpogaiiiie im Pnanzenreicli
(Jena 1918), p. 308.
768 K. Schnaif,
junge Köpfchen klar, in denen neben Früchten mit sehr frühen
Entwickkingsstadien des Embryosackes sich solche finden, die
schon junge Embryonen enthalten. Während somit die Eizellen
bei H. durantiacnm sogleich nach ihrer Bildung teilungsfähig
sind, sind die Polkerne viel trägerer Natur; sie zögern
mit der Verschmelzung und — verschmolzen oder nicht ver-
schmolzen — entschließen sie sich erst spät zur Teilung. Es
fehlt offenbar hier der Anstoß, der die Endospermbildung
rechtzeitig auslöst. Es liegt nahe, diesen Anstoß in der
doppelten Befruchtung zu erblicken. In diesem Zusammen-
hange möge noch betont werden, daß die erwähnte Ver-
spätung des Endosperms gegenüber dem Embryo
nur in frühen Stadien zu beobachten ist; schon in etwas
späteren Stadien des Embryos — etwa in dem der 16 zelligen
Embryokugel — zeigt sich, daß das Endosperm durchaus die
anfängliche Verspätung eingeholt hat und vollständig in der
Lage ist, als »Nährembryo« zu fungieren.
Das Verhalten der Polkerne bei Hievacimn aurautiacuiu
steht ganz im Gegensatze zu dem bei normalgeschlechtlichen
Kompositen, für welche nach den Angaben der Literatur ein
sehr frühzeitiges Verschmelzen der Polkerne — stets vor der
Befruchtung — charakteristisch zu sein scheint; aus eigener
Anschauung kann ich dieses Verhalten für Tnssilago farfara,
Senecio silvatiais und Crepis hiennis bestätigen. Bei den apo-
gamen Angiospermen ist ziemlich allgemein die Tendenz fest-
zustellen, die Vereinigung der Polkerne zu unterdrücken. In
dieser Hinsicht können in erster Linie die von Treub, Lots 3^
und Ernst ^ untersuchten apogamen BalanopJwra- Arten, bei
denen nur ein Polkern das Endosperm bildet, während der
andere mit dem Antipodialapparat zugrunde geht, angeführt
werden, wogegen die wahrscheinlich befruchtungsbedürftige
Rhopalocneinis plialloides einen normalen primären Endo-
spermkern ausbildet. Bei Antennaria alpina unterbleibt eben-
falls die \'ereinigung der Polkerne, die nach Juel- beide
1 Ernst A., Embiyobildung bei Balanophoia. Flora, 106, 1913, und die
hier angegebene Literatur.
- Juel, Vergleichende Untersuchungen über typische und partheud-
genetische Fortpflanzung bei der Gattung Antennaria (K. Sv. Vet. Ak. Handl.,
33, 1900, Nr. 5).
Endcispermemwicklung von Hieraciuni ani-anliacitin. '*>!*
selbständig in Teilung treten. In anderen Fällen apogamcr
Keimbildung scheinen sich die Polkerne jedoch überhaupt oder
wenigstens nicht so strenge an diese Regel zu halten, die
von Forsch^ als Postulat seiner Archegontheorie bezeichnet
wird, daß nämlich »in denjenigen Fällen, wo der Embryo
parthenogenetisch entsteht und zu seiner Ernährung Endosperm
braucht, dieses Endosperm von dem einen Polkern allein
geliefert sein muß<. So gibt Strasburger für das partheno-
genetische Elatostema sessile an:- »Die beiden Polkerne ver-
schmelzen dann annähernd in der Mitte des Embryosackes,
wobei sich sofort die Teilung des Embryosackkernes voll-
zieht.^'
Bezüglich der parthenogenetischen Alchemillen sagt Mur-
beck,-'^ daß die Polkerne verschmelzen; er fügt jedoch hinzu:
»Die \'erschmelzung der Polkerne bei den parthenogenetischen
Alchemillen braucht gar nicht den Verdacht zu erregen, daß
dieses Stadium bei der Untersuchung Juel's von Antennaria
alpina übersprungen worden sei. Gewisse Umstände sprechen
nämlich für die Möglichkeit, daß auch bei den Alchemillen
die Verschmelzung zuweilen ausbleibt.« Sonach dürften die
Alchemillen dasselbe Verhalten zeigen, wie wir es bei Hiera-
ciuni anraiiiiacnm mit voller Sicherheit feststellen konnten,
nämlich daß die Polkerne verschmelzen können oder
nicht. Man könnte vermuten, daß das erstere Verhalten viel-
leicht auf haploide Embryosäcke beschränkt sei, deren Vor-
kommen nach den Kreuzungsversuchen Ostenfeld's für die
apogamen Hieracien nachgewiesen ist. Dies trifft jedoch
nicht zu; denn verschmolzene Polkerne sind auch in Embrj'O-
säcken anzutreffen, wo Embryobildung ohne Befruchtung ein-
getreten ist.
Dem verschiedenen Verhalten der Polkerne muß auch
eine X'erschiedenheit in der Ausbildung des Endo-
- Forsch 0., Versuch einer phyl. Erklärung des Emhryosackes und
der doppelten Befruchtung der Angiospermen. Jena 1907. p. 30.
2 .Strasburger E., .Sexuelle und apogame Fortpflanzung bei den
Urticaceen (Jahrb. f. wiss. Bot., 47, 1910, p. 269).
•' Alurbeck Sv., Parthenog. Embryobildung in der Gattung Alcheinilla
(Lunds Univ. .Arsskr., 36, 1901, .^fd. 2, Nr. 7, p. 31).
/ 70 K. ScIiH arf,
sperms entsprechen. Je nachdem die Polkerne verschmelzen
oder nicht, muß aus ihnen ein 4 x- oder ein 2.v-Endosperm
in den diploTden Embryosäcken entstehen.^ Diese verschieden-
artige Endospermbildung ist aber von Interesse im Zusammen-
hange mit gewissen Fällen von Polyembrj^onie. Bei H. ex-
^-elleiis fand Rosenberg- oft zwei Embryonen in demselben
Sacke. »The adventive embryo is, however, in this case not
of the same value as for instance in the ordinary ,Nucellus-
-sprossungen' in several plants, but its origin is an endosperm
cell which is shown in flg. X. B. It may possible depend upon
the fact that the polar nuclei have not become united, and
the one of them is the cause of the embryc> formation.«- Auch
ich konnte, wie schon früher erwähnt, bei H. anrantiacuiu
oft Fälle von Polyembryonie beobachten; darunter gab es
einzelne adventive Embryonen, welche wahrscheinlich wie die
von Rosenberg auf das Endosperm zurückzuführen sind.
Eine genauere Untersuchung dieser vermutlichen Endosperm-
Embryonen, die vor allem deshalb von Interesse wäre, weil
damit der einzige Fall von solcher adventiver Embryobildung
aus dem Endosperm festgestellt wäre, nachdem Ernst den
Fall bei Balauophora als irrtümlich nachgewiesen hat, hoffe
ich später an der Hand reicheren Materiales vorlegen zu
können.
1 Die somatische Chiomosomenzahl von Hicmciniii aunintiaciiut
2a'=:?G; in den Pollenmutterzellen wurde .i i= 44 bis 22 beobachtet
(Rosenberg, Die Reduktionsteilung und ilire Degeneration in I/ierciciinii.
Svensk. bot. Tidskr., Jl, 1917).
-' Rosenberg, 1. c, p. 162.
Endospermentwicklung von Hicraciuui aurnuliacuin. 77 1
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1 und Fig. 5 wurden mit Leitz Objektiv 8, die übrigen mit Leitz
hom. Imm. 1/^2 ^ unter Anwendung des Leitz'schen Zeichenokulars 2
entworfen. Die Zahlen in Klammern geben die absoluten Vergrößerungen
der reproduzierten Zeichnungen an.
1. Längsschnitt durch einen zusammengesetzten Embryosack. Oben un-
geteilte Eizelle und zweiter Endospermteilungsschnitt. Die Figui ist aus
mehreren Schnitten kombiniert (235).
2. Querschnitt durch einen Embryosack mit zweizeiligem Endosperm und
ungeteilter Eizelle. Integumenttapetum zugrundegehend (318).
3. Längsschnitt durch einen Embryosack mit jungem Embryo und mehr-
zelligem Endosperm (318).
4. a, b, c. Schnittserie durch einen fertigen, aber noch sehr kleinen
Embryosack mit sekundärem Embryosackkern (365).
5. a, b, c. Schnittserie durch einen einfachen Embryosack mit jungem
Embryo und Polkernen (235).
6. Längsschnitt durch einen Embrj'osack mit zweizeiligem Embryo und
Polkernen (380).
7. Oberer Teil eines Längsschnittes durch einen Embr3'osack mit jungem
Embryo und sich teilenden Polkernen (375).
8. a, b, c. Längsschnittserie durch einen Embryosack mit jungem Embryo
und sich teilenden Polkernen (318).
9. Längsschnitt durch einen Embryosack mit mehrzelligem P^mbryo, einem
ruhenden und einem sich teilenden Polkern (318).
Sitzb. d. mathem.-naturvv. Kl., Abt. I, 128. Bd.
K. Schnarf: EndospermentwickUing \on Hieracintn aitranüaatm.
Sitzungsberichte der Alw-id. d. Wiss., matli.-naturw. Klasse, Abt. I, 128. Bd., 1919.
Akademie der N)(/issenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
, Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
i
128. Band. 1. Heft
(Mit 1 Doppeltat'el)
Wien, 1919
Aus der Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akii\lomie der Wissenschaften
Inhalt
des 1. Heftes des 128. Bandes, Abteilung I der Sitzungs-
berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse:
Seite
Perusek M., Über Manganspeicherung in den Membranen von Wasser-
pflanzen. (Mit 1 Doppeltafel.) [Preis: 2K 50 h] :^
Furlani J., Über den Einfluß der Bestrahlung auf Bacferium pyocyaneum
(Gessard, Flügge) und seine Pigmente. [Preis: 3K 50 h] . . 25
Die-Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier
gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete dei
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse eia Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in
besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt/16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die maüiematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzu- ■
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften dei
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäft •
Ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
v,-erden.
Zusatz. \'orlräge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nichts
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welclie zwar die^ Ergebnisse der Untersuchung' mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akidemie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Vorausset2ungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz; von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, fiff welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in^ die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben aucli anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlicheh Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulüssig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger be
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, ^zulässig,
sohjdld der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer Von der Klasse angenojnmenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen ^werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache^^ nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unvcri^jiderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
128. Band. 2. und 3. Heft
(Mit 5 Tafeln und 22 Textfiguren)
Wien, 1919
Aus der Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 2. und 3. Heftes des 128. Bandfes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse :
Seife
Bukowski G. v., Beitrag zur Kenntnis der Conchylienfauna des marinen
Aquitanien von Davas in Karien (Kleinasien). Zweiter Teil. (Mit
1 Tafel.) [Preis: 2 K] 95
Priesner H., Zur Thysanopteren-Fauna Albaniens. (Mit 5 Texttiguren.)
[Preis : 2 K] 115
Furlani J., Beobachtungen über die Beziehungen zwischen der Intensität
der chemischen Strahlung und der Luftbewegung. (Mit 8 Text-
figuren.) [Preis: 3 K] 145
Grobben K., Über die Muskulatur des Vorderkopfes der Stomatopoden
und die systematische Stellung dieser Malakostrakengruppe. (Mit
2 Tafeln und 4 Textfiguren.) [Preis: 4 K] 185
Marchet A., Der Gabbro-Amphibolitzug von Rehberg im niederöster-
reichischen Waldviertel. (Mit 2 Tafeln und 5 Textfiguren.) [Preis:
6 K 5U h] 215
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier
gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werd-en können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin,
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in
besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte fürChemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
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Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt. «
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihie Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen ^
128. Band. 4. Heft
Wien, 1919
» österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätshuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt .
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und -formationen von Kweitschou und Hunan [Preis: 1 K 50 h] 331
Tschermak G., Der Vesuvian in chemischer Beziehung [Preis: 2 K] . . 351
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden vier
gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung IIa. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in
besonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte fürChemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« hei;aus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird, wie bisher, acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, \yelche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärt:-
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als > Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -natui-wissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
AkademCe der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
128. Band. 5. und (1 Heft
(Mil 1 Tufcln iioJ A Textfigur rii)
Wien, 1919
Östeneichiscbe Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchbändler
Bucbbändler der Akademie der Wissenschaftea
Inhalt
des 5. und ö. Heftes des 128. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse :
Seile
Sperlich A., Die l-'ähiykeit dei- l.inieperluiltiing ( phylelische Potenz», ein
aut' tue NachUiimnienschaft vnn Saisonpllanzen mit festem Khytli-
nuis ungleicliniäßig iihergeliendei- I'"aktor. (Mit 4 l'al'eln uikI 4 'l'ext-
tiguren.) | Preis: 28 K| HTU
— Über den Kintluß des Oiiellungszeitpunjites. von Treibmitteln
und des Lichtes auf die SamenUeimung von Alfc/nro/ofkus
hirsulus All.; ( ■liarakleri-iiL'fuiit' der Samenruhe IPi'eis: 7 Kl . . 47i
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder^
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: > Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathemAtisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihisr Sitzuiia;
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Ucstimmungen, betrettend die VerörtentHchung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufg-^nommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreiohung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sünderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welclie der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch w>inn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
gen(.«:nmen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissensdiaftliclien Klasse für ihre
periodischen Veröfl'entlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
eist dann zulässig, wenn der Verfasser die .Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Sciinften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentfich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie milgeteili
wurde und daü die .Abhandlung als > Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung< bezeichnet wird, zuläs.sig,
sobald der Verfasser die Ver.ständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplai-
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemi-^chen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröft'entlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse andei>vveitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahl!
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse /.um unveiänderten Abdruck ihie Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
128. Band. .7. und 8. Heft
(Mit 1 Tafel und 1 Textfigur)
Wien, 1919
österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Alcademie der Wissenschaften
Inhalt
des 7. und 8. Heftes des 128. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse:
Seite
Greger J., Untersuchungen über die Lichtbrechung einiger Harze [Preis:
7 K] .' 503
Krasser F., Ein neuer Typus einer männhchen Williamsonia-BecherhliUe
aus der alpinen Trias. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur.) [Preis:
35=8^ .4.K.-.0 k]: 525
Höhnel F., Fragmente zur Mykologie (XXIII. Mitteilung, Nr. 1154 bis
1188) [Preis: 14 K] •. 535
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, L, Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage_ nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen;
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-.
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Oi-ten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, Avelches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald dev Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert \yurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentHcht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihie Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
128. Band. 9. und 10. Heft
(Mit 6 Tafeln und 5 Textfiguren)
Wien, 1919
österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 9. und 10. Heftes des 128. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematiscli-naturwissenschaftlichen
Klasse :
Seite
Marchet A., Zwillings- und Lageverzerrung beim Staurolith. (Mit
2 Textfiguren und 2 Tafeln) [Preis: 12 Kj 029
Müller L., Über Hydathoden bei Araxeen. (Mit 3 Textfiguren und
2 Tafeln.) [Preis : 8 K] 065
Weese J., Beiträge zur Kenntnis der H3'pocreaceen. (II. Mitteilung.)
(Mit 1 Tafel.) [Preis: 16 K 80 h] 693
Schnarf K., Beobachtungen über die Endospermentwicklung von Ilicva-
ciitni aurantiacttm. (Mit 1 Tafel.) [Preis; 7 K 10 li] 755
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krj^stallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Alechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Univ^ersitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis -des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzuna
vom 11. .März 1915 folgendes beschlossen;
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufcenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angeselien, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
'gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von.
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
.\nzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
^'' .Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer .Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
den.selben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als ».Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten .Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. V^on solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der .Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathemaiisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten .Abdruck ihre Einwilligung gibt
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