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Full text of "Sitzungsberichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin"

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COMPARATIVE    ZOÜLOGY, 

AT  HARVARD  COllEfiE,  CAMBRIDGE,  MASS. 
IFounHeli  Ijj  pvrbsU  sulisctfptfon,  fn  isei. 


The  gift  of  ^Äjl  XUMlhjcAyc^- 
No.  6'j6Jb 


Sitzungs  -  Berichte 


der 


Gesellschaft  naturforschender  Freunde 


zu  Berlin 


im  Jahre  1868. 


"Berlin,  1869. 


Nicolai'sche  Verlags -Buchhandlung. 
(A.  Effert  &  L.  Lindtiier.) 

Biichdruckerei  der  Künigl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Universitäts-Strasse  8. 


Inhalts  -  Verzeichniss 

aus    dem    Jahre    1868. 


Ascherson.  Ueber  von  Dr.  Engelmann  erhaltene  Meeres- 
Phanerogamen  der  Insel  Cuba  und  über  von  Dr.  Klunziger 
neuerlich  gesammelte  Meeres-Phanerogamen  vom  rothen  Meere. 
Juni  1868.  —  Identität  der  PotentiUa  stenantha  mit  Aremonia 
Agrimonioides.  —  über  die  Flora  Bosniens  vom  Consul  Blau;  — 
neue  Pflanzen  von  der  KUimandjaro  Alp;  —  Männliche  Blüthen 
von  Cymodocea  mwiatorum  \i.  Halodiile  Wrightii.  Oetob.  1868.  — 
Ueber  einige  Pflanzen  der  Südspitze  von  Arabien  bei  Aden. 
Nov.  1868.  — 

Beuche.  Ueber  die  Fruchtbildung  der  Ampliicarpaea  monoica  mit 
ihren  doppelten  unterirdischen  und  frei  in  der  Luft  gebildeten 
Früchten.  Novemb.  1868.  — 

Braun.  Ueber  die  Blüthe  der  Gräser,  besonders  über  Herrn  Dr. 
M.  Schenk's  in  Siegen  dabei  gemachte  Entdeckung,  über  deren 
Wichtigkeit  und  einigen  Bedenken.  —  Ueber  Herrn  M.  Kuhns 
Schrift  „Filices  a/ricanae"  mit  einigen  Bemerkungen.  Jan.  1868  — 
Legte  ausführliche  Beobachtungen  des  Herrn  Dr.  Itzigsohn  über 
Campylodiscus  Noricus  vor ,  dessen  Lebenszustand  u.  daran  beob- 
achtete aus-  und  einschiebare  zahlreiche  nicht  schwingende  Wim- 
pern vor,  nebst  einer  Uebersicht  sämmtlicher  Arten  der  Gatt. 
Febr.  1868.  —  Ueber  mehrere  von  Charles  Wright  ans  Cuba 
eingesandte  neue  Arten  der  Gatt.  Najas  und  deren  Verbreitung. 
Juni  1868.  —  Ueber  von  Dr.  Engelmann  übergebenen  Zucker 
von  Acer  dasycarpon  und  über  Papierfabrikation  aus  dem  Baste 
des  Affenbrodbaumes.  —  Ueber  die  eigenthümliche  Algenflora  der 
märkischen  Haiden  von  Dr.  H.  Itzigsohn.  Juli  1868.  —  Ueber 
den  Brandpilz  des  Schilfrohrs,  Ustilago,  Verbreitung  und  Syno- 
nymie.  —  Ueber  eine  Varietät  des  krausen  Kohles  {Brassica  olera- 
cea  crtspa)  mit  Emergenzen  auf  der  Oberseite  der  Blätter.  Octob. 
1868.  —  Ueber  die  Geschichte  und  Synonymie  der  Amphicarpaea 
monoica.  —  Ueber  von  Prof.  Caspary  gesammelte  Isoctes  -  Arten 
in  Lappland.  Novemb.  18G8.   — 

Dönitz.  Ueber  die  angeblichen  Verschiedenheiten  im  Schädel  der 
Haus-  und  der  Wild-Katzen  und  die  Unzulänglichkeit  der  bisheri- 
gen Annahmen.  März  1868.  —  Ueber  neue  kleine  Seethiere  von 
Helgoland;  —  Ueber  Regeneration  bei  Campanularia  geniciäata, 
mit  einer  Kritik    der   Campanularien    von  van  Benedeu.  April 


1868.  —  Ueber  sogenannte  amöboide  Bewegungen  und  die  C oh n- 
heim'schen  Entzündungs-Erscheinungen.  Juni  1868.  —  Ueber  eine 
monströse  Schädelbildung  eines  Fuchses  aus  Schlesien.  Juli  1868. 
—  Ueber  die  Eckzähne  der  Lemuriden.  Dec.  1868.  — 

Ehrenberg.  Vorläufige  Mittheilung  über  die  efsbaren  Erden  der 
Guinea-Neger;  —  über  das  ansehnliche  Interesse,  welches  Dr. 
Itzigsohn's  neueste  Beobachtungen  von  Bewegungsorganen  bei 
Campylodiscus  Noricus  erwecken  und  über  die  Bedenken,  welche 
die  vielen  neueren  Arten  der  Gattung  in  sich  schliefsen.  März 
1868.  —  Mittheilung  aus  Herrn  Dr.  Herm.  Hagen's  brieflichen 
Nachrichten  über  die  grofsartigen  naturhistorischen  Anstalten  unter 
Herrn  Agassiz  Leitung  in  Cambridge  in  Nord- Amerika.  —  Vor- 
legung des  lebend.  Campylodiscus  Noricus  von  Dr.  H.  Itzigsohn 
gesendet  und  dessen  Vertheilung.  April  1868.  —  Ueber  den  seit 
fast  9  Jahren  lebend  erhaltenen  Hypochthon  Laurent!,  dessen  Er- 
nährung und  verkümmerte  Kiemenathmung.  —  Vorleg.  der  von 
Dr.  Jul.  Haast  aus  Neu-Seeland  gesandten  grofsen  Photographien 
der  dortigen  fossilen  straussartigen  Riesenvögel.  Mai  1868.  — 
Erläuterungen  seiner  Abhandlung  „über  die  rothen  Erden  als 
Speise  der  Guinea-Neger"  und  den  Mangel  ziegelrothen  Staubes 
in  ganz  Afrika;  legte  stereoskopische  Abbildungen  aus  Neu-See- 
land und  einer  Pappel  im  Thiergarten  vor  sowie  die  gelungenen 
photograph.  Darstell,  der  Nobert'schen  Mikrometerlinien  des  Dr. 
Curtis  in  Nord-Amerika.  Octob.  1868.  —  Ueber  Tremstla  meteo- 
rica  alba  Lin.  Gmel.  als  angebliche  vor  kurzem  wieder  beobachtete 
Sternschnuppenmasse.  —  Vorzeigen  eines  neuesten  Mikroskopes 
von  Schick.  Nov.  1868.  — 

Engelmann  Dr.  aus  St.  Louis  (Nord  Amerika).  Ueber  die  Re- 
sultate seiner  Untersuchungen  der  Abietineen.  Mai  1868.  — 

Förster.  Über  die  persönlichen  Verschiedenheiten  bei  astronomi- 
schen Beobachtungen  und  deren  Abhülfe.  März  1868.  —  Einzel- 
heiten aus  den  magnetischen  Beobachtungen  an  der  Berliner  Stern- 
warte. Mai  1868.  —  Ueber  die  gegenwärtig  sichtbaren  Kometen 
und  die  von  drei  Mitgliedern  der  Gesellschaft  zu  unternehmende 
Reise  zur  Beobachtung  der  Sonnenfinsterniss  in  Aden.  Juni  1868.  — 
Mittheilungen  über  die  neuesten  Spectral  -  Untersuchungen  des 
Kometen -Lichtes.  Juli  1868.  — 


InhalUverzeichniaii  am  dem  Jahre  1808. 


Fritsdi.  Legte  ein  verkümmertes  Straiissenei  mit  eiiiif^eii  Beiiier- 
kuiiKi'ii  v(ir  um!  sprach  über  Nester  und  Domestication  der  Strausseii 
in  Süd-Afrika.  April  180S.  — 

Ilartmaiin.  Legte  photograpliisclie  Darstellungen  von  afrikanischen 
Menschenschädeln  vor  und  schilderte  die  physischen  Kigenthüm- 
ichkeilen  dieser  Völker.  März.  18G8.  —  Ueber  einige  niedere 
Thiere  der  Nordsecinsel  Buekuni.  Novemb.   1SÜ8.   — 

Hilgcndorf.  lieber  eine  neue  Gatt,  der  kurzschwänzigen  Krebse 
aus  den  Sammlungen  des  Baron  von  der  Decken,  Deokenia 
imitatrix.  —  Ueber  Schallapparate  der  Krabbengattung  Matuta. 
Jan.    18G8. 

lldltz.  Legte  einige  vom  elektrischen  Funken  durchbohrte  Glas- 
streifen vor  und  sprach  über  die  Wirkung  solcher  Funken  auf 
das  Glas.  Jan.  1868.  — 

Itzigsohn  Dr.  H.  in  Quartsehen.  Ueber  Campylndiscus.  s.  Braun 
Febr.  1868.  s.  Ehrenberg.  April  1868.  —  Ueber  die  Algenflora 
der  märkischen  Haiden  s.  Braun.  Juli  1868.  — 

Kny.  Ueber  seine  entwicklungsgeschichtlichen  Untersuchungen  am 
Vorkeim  von  Osmunda  regalts  L.  Jan.  1868.  —  Ueber  die  Ent- 
vvicklungsges<'hiclite  des  Vorkeims  der  Poli/podiaceen  u.  Schizaea- 
ceen  Nov.   1868.   — 

Koch.  Ueber  die  monströse  Frucht  einer  Melongena-Art  mit  Um- 
wandlung der  5  Staubgefäfse  in  Früchte,  über  ähnlich  mifsgebil- 
dcte  Mohnkapseln,  schliefslich  über  Veränderungen  der  Frucht  an 
Pfirsich-  und  Mandelbäumen.  April  1868.  —  Entwicklung  des 
Frucbtbechers  einer  Birne  in  Form  einer  Schaale.  —  Ueber  eigen- 
thüniliche  zweireihige  Blattstellung  eines  Pandamts.  Octob.  1868. 
—  Ueber  Missbildungen  von  Birnen  und  anderen  Früchten,  so 
wie  über  die  Scheidewand  der  Cruciferen-Frucht.  Dec.  1868.  — 

Kuhn,  Max.     (s.  Braun  Jan.  1868.) 

V.  Martens.  Ueber  einige  Land  -  Schnecken  aus  den  Karpathen 
Dec.  1868.  — 

Müller,  Otto.  Vorlagen  einer  leicht  übersichtlichen  Sammlung 
eng  zusammengeordnetcr  Diatomeen  von  Müller  in  Wedel.  Octo- 
ber  1868.  — 

Peters.     Ueber  das  Os  tympanicum    von    Tachyglossus   hjstrix  und 

über    die    Unzulässigkeit,    dass    das    Os    quadratnm    der   übrigen 

Wirbelthiere  mit  dem  Ambos   der  Säugethiere  zu  identificiren  sei. 


Jan.  1808.  —  Ueber  Phi/tlopterix  /oliatus  aus  Australien  und 
dessen  blattförmige  Anhänge  an  den  Flossen.  Febr.  1868.  — 
Ueber  Platavanthamyii  {taxinrus  Btyth)  und  dessen  richtigere  Stel- 
lung bei  den  Mäusen  als  bei  den  Myoxinen.  Octob.  1868.  — 

Keicliert.  Ueber  die  Homologie  zwischen  Ambos  und  Hammer 
der  Säugethiere  einerseits  und  zwischen  dem  Quadratbein  und 
dem  Gelenkstück  (üs  artkulare)  des  Unterkiefers  der  übrigen 
Wirbelthiere  andererseits,  und  über  die  diese  Homologie  nicht 
beeinträchtigende  Schädelbildung  bei  Tachyglussua  hystrix.  Febr. 
1868.  — 

Reinhardt.  Ueber  mehrere  Schnecken  aus  der  Gegend  von  Frank- 
furt a.  O. ,  darunter  2  für  die  märkische  Fauna  neue  Arten  — 
Ueber  Pupa  arctica  aus  der  kleinen  Schneegrube  des  Riesengebir- 
ges und  dessen  Beziehung  zu  den  Alpen.  April  1868.  —  Ueber 
eine  neue  deutsche  Hyalina.  Dec.   1868.   — 

Sander.  Erläuterte  seine  Schrift  „Beschreibung  zweier  Microcepha- 
lengehime"  mit  dem  Schlufs,  dafs  eine  Vergleichung  des  mensch- 
lichen Gehirns  mit  dem  des  Affen  nicht  stichhaltig  sei.  April  1868.  — 

M.  Schenk,  aus  Siegen  (s.  Braun.  Jan.  1868.) 

Schneider,  A.  Ueber  die  Metamorphose  von  Mitraria;  —  über 
Enfn'icklung  von  Cyphonautes  compressus  Ehrbg.  Octob.  1868.  — 
Ueber  die  Leistung  des  Schiek'schen  neuesten  Mikroskopes. 
Nov.  1868.  — 

Splittgerber.  Ueber  ein  Stück  Meteoreisen  von  Copiapo  und 
Chile.  Jan.  1868.  — 

v.  Strampff.  Analysen  von  See-  und  Flufswasser  zur  Fluth  und 
Ebbezeit  vom  Watt  bei  Bremerhafen;  —  erläuterte  seine  Methode, 
die  mikroskop.  Objecte  auf  den  Objecttäfelchen  leicht  aufzufinden 
und  deren  Vorzug  vor  den  bekannten  Methoden.  April  1868.  — 
Neue  Untersuchungen  über  den  Lebensgehalt  im  Schlick  zu  Bremer- 
hafen. Mai  1868.  — 

Thaer.  Ueber  Verheerungen  an  Gerstensaat  durch  die  Larven  von 
Elater  segetis  bei  Graudenz.  Mai  1868.  — 

Vogel.  Vorlegung  einer  grofscn  Mond -Photographie  von  Herrn 
Rutherford  in  New-York.  Mai  1868.  — 

Zenker.  Erläuterte  seine  fiberreichte  Schrift  über  Photochromie. 
April  1868.  —  Ueber  die  Wüste  bei  Suez  und  die  Form  des 
Lavastroms  am  Vesuv.  Dec.   1868.  — 


S  i  t  z  u  n  g  s  -  B  e  r  i  c  b  t 


Gesellschaft  naturlorschender  Freunde 

zu  Berlin 
am    21.    Januar   1868. 


Director:  Herr  Prof.  Hof  mann. 


Herr  Peters  legte  das  Os  tympanicum  nebst  dem 
Hammer  und  Ambos  von  Tachyglossus  tiystrix  vor  und  liob 
dabei  hervor  1)  eine  Gelenkbiliking  des  Os  ijmpanicuni 
für  die  Anfnaiime  i\ei  Unterkieferwinkels;  2)  die  ausser- 
ordentliclie  Entwickelung  des  mit  dem  Processus  Folü  der 
übrigen  Säugethiere  vergh'cheneri  Tbeils;  3)  die  Verbindung 
des  ausserordentlich  kleinen  Amboses,  der  von  Hrn.  Flow  er 
entdeckt  ist  und  der  mit  der  Squama  temporalis  des  Schlä- 
fenbeins vereinigt  ist.  Er  legte  dieses  als  einen  neuen  Be- 
weis gegen  die  Ansicht  vor,  dass  das  Os  quadratum  der  übri- 
gen A^  irbellhiere  mit  dem  Ambos  der  Säugethiere  zu  iden- 
tificlren  sei,  wie  es  früher  schon  von  Carus,  später  von 
Hrn.  Reichert,  Schmidt  und  Huxley  geschehen  sei. 

Herr  Holtz  zeigte  einige  Glasstreifen,  welche  in  ihrer 
Breite  vom  elektrischen  Funken  durchbohrt  waren.  Diese 
eigenthiimllclie  Durchbohrung  war  durch  Einkittung  des 
betreffenden  Streifens  zwischen  grössern  Glasmassen  be- 
wirkt und  hatte  den  Zweck,  die  Funkenbahn  der  mikrosco- 
pischen  ISeobaciitung  zugängiicli  zu  machen.  Aus  einer 
Reihe  solcher  Beobachtungen  hat  sich  ergeben,  dass  die 
Erscheinung  mit  der  Grösse  der  sich  entladenden  Ober- 
fläche variirt.  Bei  kleiner  Oberfläche  nämlich  zeigt  sich  die 
Bahn  in  Form  eines  feinen,  schwach  gefärbten  Fadens; 
bei  grösserer  ist  dieser  Faden  breiter,  rings  von  Glasspriin- 
gen  umgehen  und  an  verschiedenen  Stellen  von  einer  Reihe 
kleiner  Bläschen  durchzogen;  bei  noch  grösserer  endlich 
sieht  man  eine  weisse,  wie  von  Glasstaub  gefüllte  und  von 
unzähligen  Sprüngen  umgebene  Röhre.  Der  Vortragende 
glaubt  hiernach,  dass  das  Glas  durch  geringe  Elektricitäts- 
mengen  nur  geschmolzen,  durch  grössere  geschmolzen  und 
an  einzelneu  Stellen  auch  zersetzt,  durch  noch  grössere 
aber  auf  die  ganze  Länge  der  Funkenbahn  zersetzt  und 
durch  die  urplötzliche  Erwärmung  oder  die  Gewalt  des 
sich  entwickelnden  Gases  zerrissen  und  zersplittert  wird. 
Derselbe  will  ganz  ähnliche  Erscheinungen  auch  in  andern 
festen  Isolatoren  beobachtet  bahr»! 

[1868] 


Herr  Braun  sprach  über  den  Bau  der  Blüthe  bei  den 
Gräsern  und  berichtete,  nachdem  er  das  bisher  bekannte 
und  die  darauf  begründeten  Ansichten  erläutert  halle,  über 
die  von  Herrn  Dr.  M.  Schenk  in  Siegen  gemachte  Ent- 
deckung zweier  bisher  übersehener  innerer  Blumenhlättrlien, 
deren  Beschaffenheit  durch  eine  Reihe  von  dem  Entdecker 
mitgetheilter  Zeichnungen  veranschaulicht  wurde.  Die  Lage 
und  Stellung  dieser  Theile,  auf  welche  Herr  Schenk  zu- 
erst in  der  vorjährigen  Herbstversammiung  des  naturhisto- 
rischen Vereins  zu  Bonn,  so  wie  bei  der  Naturforscherver- 
sammlung zu  Frankfurt  a.  M.,  aufmerksam  gemacht  hat,  ist 
mit  der  bisher  gewöhnlichen  Auffassung  der  Grashlüthe 
schwerlich  in  Einklang  zu  bringen  und  Herr  Schenk  hat 
es  versucht,  auf  Grund  seiner  Untersuchungen,  eine  neue, 
von  den  früheren  Erklärungen  wesentlich  abweichende,  Hy- 
pothese zu  gehen,  die,  wenn  man  die  Gräser  allein  im 
Auge  hat,  allen  Anforderungen  zu  entsprechen  scheint, 
gegen  die  sich  aber  bei  Vergleichung  des  Blüthenbaus  ande- 
rer Familien  der  Monocotylen  gewichtige  Bedenken  erheben. 
Um  zu  einer  sicheren  Entscheidung  zu  gelangen,  sind  vor 
allem  weiter  ausgedehnte  vergleichende  Untersuchungen  wün- 
schenswerth. 

Herr  Braun  legte  ferner  im  Namen  des  Verfassers 
als  Geschenk  für  die  Bibliothek  vor:  Fitices  africanae  von 
Dr.  Max  Kuhn  und  knüpfte  daian  die  Bemerkung,  dass 
in  dieser  Schrift  ein  eigener  Abschnitt  die  von  ilem  in 
Afrika  ermordeten  Baron  von  der  Decken  in  Oslafrika, 
ein  anderer  die  von  Prof.  Peters  in  Mozambique  gesam- 
melten Farne  behandelt.  Die  Zahl  sämratllcher  afrikanischer 
Farne  im  weitesten  Sinn  (Gefässcryptogamen)  beträgt  nach 
der  Zusammenstellung  des  Verfassers  683,  von  denen  unge- 
fähr 60  hier  zum  ersten  mal  beschrieben  werden,  unter  denen 
namentlich  viele  von  Mann  im  tropischen  Westafrika  und  von 
Dr.  Welwitsch  in  Angola  entdeckte  Arten.  Die  Beschrei- 
bungen der  ersteren  wunlen  zum  Tlieil  den  nachgelassenen 
Manuscripten   von   Meltenlus   entlehnt,    mehrere    ikr  letz- 

1 


21.  Januar  1868. 


Icrpn  dem  Verfasser  von  dem  Vortragenden  zur  Veröffent- 
licliung  niltgellicilt. 

Herr  S  p  1  i  t  fjerlie  r  lff;te  ein  in  der  Wüste  von  Ala- 
cania  in  Cliile  gefundenes  Stück  Meteorcisen  vor,  v^'elclies 
aber  sclioii  sehr  beschädigt  worden  ist.  Die  Wüste  ist 
zwischen  dem  Stillen  Ocean  und  den  Anden  gelegen,  und 
erstreckt  sich  nördlich  von  Copiapo,  welchen  Ort  man  zur 
See  in  zwei  Tagen  von  Valpareiso  erreicht,  und  der  durch 
eine  kurze  Kisenbahn  mit  seinem  Seehafen  Caldera  verbun- 
den ist,  und  woselbst  sich  viele  reichhaltige  Silber  und 
Kupfer-Minen  befinden. 

Herr  Ililgendorf  legte  eine  neue  Gattinig,  Deckenia 
(iniitti/ri.i),  der  kurzschwänzigen  Krebse  vor,  aus  den  Samm- 
lungen des  Baron  v.  d.  Decken  stammend.  Dieselbe  ge- 
hört wesen  ihrer  entwickelten  Branchialkammern  bei  coxaler 
Ausmündung  der  männlichen  Gencrationsorgane  zu  den  Tcl- 
phusen,  zeigt  aber  grosse  Analogien  mit  den  Oxystomen  in 
der  Beschaffenheit  der  ausrührenden  Canäle,  welche  (von 
den  3ten  kieferfiissen  grossenlhells  unbedeckt)  bis  zum  Vor- 
derrand der  Stirn  reichen,  und  auch,  wie  bei  den  Oxysto- 
men, von  unten  durch  einen  Fortsalz  des  ersten  Kiefer- 
fussses  geschlossen  werden.  Die  inneren  Fühler  liegen 
längs  gerichtet  zwischen  den  beiden  Canälen ,  und  die 
äusseren  sind  gänzlich  in  die  Augenhöhlen  verlegt,  weil 
deren  stark  gezähnter  Unterrand  sich  bis  zu  den  Ausfiih- 
rungsgängen  erstreckt.  Scheeren  und  Füsse  bieten  grosse 
Ähnlichkeit  mit  denen  der  TelpJiusa  ßunia/ilis^  nur  sind  sie 
stärker  bewehrt. 

Ferner  erläutert  derselbe  Schallapparate  der  Krabben- 
gattung Matiilii.  Bei  beiden  Geschlechtern  findet  sich  eine 
VJnrichtung  zur  Erzeugung  eines  gröberen  Tones  an  der 
Innenseite  der  Scheeren,  zwei  geriefle  Feldchen,  welche 
gegen  ein  neben  dem  Mundfelde  gelegenes  Leistensystem 
bew  eet  werden  können;  den  Männchen  allein  kommt  ein 
anderer  Apparat  von  feinerem  Tone  zu,  eine  quergefurchte 
Leiste  aussen  auf  dem  Daumen,  deren  Gegenstück  eine 
glatte  Leiste  innen  am  unbeweglichen  Finger  der  anderen 
Schecre  zu  sein   scheint. 

Ähnliche  Apparate  sind  von  Dana  bei  Ocypnda  nach- 
gewiesen; auch  die  Kamnileisten  der  Sesarmen  und  die 
Runzeln  auf  der  Hand  des  Coenobita  rugosus  scheinen  ähn- 
liche Bedeutung  zu  haben. 

Herr  Kiiy  gab  einen  durch  zahlreiche  Zeichnungen 
erläuterten  Bericht  über  seine  entwickelungsgeschicht- 
lichen  Untersuchungen  am  Vorkeim  von  Osnmnda 
regalis  L.,  welche  er  auf  Anregung  seines  mit  der  mo- 
nographischen Bearbeitung  der  Osmiindaccen  beschäftigten 
Freundes,  des  Herrn  Dr.  Milde  in  Breslau,  unternonimen 
hatte.  Der  Vortragende  wies  insbesondere  auf  die  Ver- 
schiedenheiten   hin,    welche   das    Prolhalliiim    von   Osmunda 


in  seinem  morphologischen  Aufbau  und  der  Vcrtheilung 
der  Geschlechtsorgane  vor  den  übrigen  bisher  in  dieser  Be- 
ziehung untersuchten  .5  Familien  der  Farne  auszeichnen  uml 
ging  spccieller  auf  die  gesetzmässige  Zellenfolge  ein.  Die 
noch  innerhalb  des  Exosporiums  von  d(?m  primären  Wur- 
zelhaar abgegliederte  Mutterzelle  des  Vorkeiines  theilt  sich 
zunächst  durch  eine,  der  erstentstandenen  parallele  und 
hierauf  durch  je  eine,  ihr  senkrecht  aufgesetzte  Scheidewand 
in  vier,  nach  Art  von  Kreis(]iiadraiiten  geordnete  Zellen, 
deren  eine,  dem  Wurzelhaar  abgekehrte,  zur  Scheitelzelle 
wird.  Letzlere  verjüngt  sich,  meist  5 — 6  mal,  durch  schief 
geneigte,  einander  wechseK'v  eise  aufgesetzte  Wände,  wie 
in  der  Laubachse  von  Melzgeria ;  gleichzeitig  theilen  sich 
die  3  anderen  Quadrantenzellen  in  der  für  die  Randzellen 
jener  charakteristischen  Weise.  In  der  Scheitelzelle  letzten 
Grades  tritt  nun  eine  zu  ihrem  Längsdurchmesser  senkrechte 
Wand  auf,  wodurch  eine  Randzelle  von  einer  Flächenzelle 
abgetrennt  wird.  Von  nun  an  gehen  alle  weiteren  Thei- 
lungen  am  Scheitel  nach  dem  für  Pellia  epiphylla  bekann- 
ten Gesetz  vor  sich. 

Bei  gedrängtem  Wachsthum  der  Vorkeime  bilden  sich 
zahlreiche  Adventivsprosse,  welche,  soweit  bisher  beobach- 
tet, ausschliesslich  aus  Randzcllen  ihren  Ursprung  nehmen. 
Auch  ihr  Längenwachsthuni  wird  zunächst  durch  die  Thei- 
lung  einer  Scheitelzelle  vermittelt,  deren  Funktion  ebenso, 
wie  im  Hauplspross,  durch  das  Auftreten  einer  zur  Längs- 
achse senkrechten  Wand   ihren  Abschluss  erreicht. 

Die  Antheridicn  entstehen  nicht  nur,  wie  bei  der 
Mehrzahl  der  Polypodiaceen,  an  der  Unterseite  des  Vor- 
keiines nahe  dem  Grunde,  sondern  ebenso  in  grosser  Zahl 
am  Rande,  nur  ausnahmsweise  dagegen  an  der  Oberseite. 
Die  eisten  Theilungen,  welche  die  Anordnung  der  zur  Hülle 
vereinigten  Zellen  bestimmen,  erfolgen  meist  nur  nach  zwei, 
seltener  nach  drei  RIchtuneen.  Erst  zuletzt  sondert  sich 
<iie  Centralzelle,  aus  deren  Theilung  die  SpermatozoI<lien- 
mutterzellen  hervorgehen,  von  der  Deckenzelle  ab,  welche 
auch   ihrerseits   durch   eine   Anzahl   von   Theilungen   zerfällt. 

Die  in  grosser  Zahl  (häufig  über  100)  gebildeten  Arche- 
gonleu sind  in  zwei  continuirlichen  Längsbändern  an  der 
Unterseite  des  Mittelnerven  angeordnet,  welcher,  in  seiner 
Mediane  bis  lU  Zellschichlen  stark,  den  Vorkeim  vom  Grunde 
bis  zum  Scheitel  durchzieht.  Ihre  Entwickelung  weicht  von 
der  von  Hofmeister  für  die  Polvpodiaceen  geschilderten  we- 
sentlich ab,  schliesst  sich  vielmehr  der  von  Sahinia  (nach 
Pringshcim)  au. 

Über  Bcfnuhtung  und  Embryobildung  sind  die  Beob- 
achtungen des  Vortragenden  noch  liickcnliart.  Eine  voll- 
sländige  Darstellung  derselben  huflt  er  binnen  Kurzem  geben 
zu  können. 


21.    Januar   1868. 


Als  Geschenke  wurden   mit  Dank  entgegengenommen : 
Sulla    scambiecole    soprappnsilione    dei  Crislalli    di    Solfalo 

potaisicn  per  A.  Scacchi,  Napol!. 
Del  Paratarlialo  ammonico-sodico  per  A.  Scacchi.    Napoli 

1865. 
Prodnlti  chimici  cristatlizati  per  A.  Scacchi.    Napoli   1867. 
Sülle  combinalione  della  Litina  per  A.  Scacchi.  Napoli  1866. 
Polisimetria  e  Polimorfistna    dei  Crislalli    per    A.    Scacchl. 

Napoli  1865. 
Dei  Solfali    doppi   di  Magnese  e  Polassa  per  A.   Scacchi. 
Aimales  dei  Museo  publica  de  Buenos  Aires.  Entr.  II.  1867. 
Monatsbericht  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften. 

August  1867. 


Repertorio  fisico  -natural  de  la  Isla  de  Cuba  p.  Felipe 
Poey.     Tome  II.   N.  5.  6,  7. 

Conimissai)  geolngicn  de  Portugal.  Mnlluscos  fosseis  par 
Pereira  da  Costa.     Lisboa  1867. 

Aufzählung  und  Beschreibung  der  Acazien-Arten  des  Nil- 
gebietes von  Dr.  G.  Schweinfurth. 

Filices  afriranae  p.   M.   Kuhn.    Leipzig   1868. 

Berichtigung. 

S.  33  der  Sitzungsberichte  1867  ist  der  Name  „/iega 
sponginpltila"    bei  dem   Worte  ,.,lsngoda"   einzufügen. 


Gedruckt  in  der  Druckerei  der  Koni"!.  Akademie  der  \\  issenscliaflen. 


Sitzungs-Bericlit 

ilcr 


Gesellschaft  naturforschender  Freunde 


zu  Berlin 
am  19.  Fei) mar  1868. 


Director:  Herr  Prof.  Hof  mann. 


Nach  Eröffniuifj  der  Sitzung  durch  den  Director  sprach 
Herr  Reichert  über  die  Homologie  zwischen  Ambos  und 
Hammer  der  Säugethiere  einerseits  und  zwischen  dem 
Quadralbein  und  dem  Gelenkslück  (os  cnndjl.)  des  Unter- 
kiefers der  übrigen  Wirbelthiere  anderseits.  Im  Jahre  1837 
(Lher  die  Visceralb.  u.  s.  w.)  hatte  er  nachgewiesen,  dafs 
aus  dem  das  Baachrohr  umspannenden  Theiie  des  ersten 
Visceralbogens  hervorgehen:  bei  Säugethieren  — Ambos  und 
Meckel'scher  Knorpel  mit  Hammer,  so  wie  als  Deckknochen 
dieser  knorpligen  Abschnitte  der  Annul.  Ijrnpanicus  {os  lymp!) 
und  der  ganze  Unterkiefer;  bei  Vögeln  dagegen  —  das  Quadrat- 
bein nnd  der  Meckel'sche  Knorpel  mit  dem  Gelenkstück  des 
Unterkiefers,  ferner  als  Deckknochen  ausschliefsllch  die  übrigen 
Bestandtheiledes  Unterkiefers  dieser  Thiere.  Aus  diesen  embryo- 
logischen Thatsachen  mufsle  1)  gefolgert  werden:  dafs  der  Un- 
terkiefer der  Vögel  und,  wie  sich  später  zeigte  (Vergleich. 
Entwick.  u.  s.  w.),  auch  der  Amphibien  und  Fische  dem  der 
Säujrethiere  und  des  Menschen  nicht  völlig  homoloe  sei.  Der 
Unterkiefer  der  letzteren  ist,  das  Gelenkstück  eingerechnet, 
nur  Deckknochen,  der  der  übrigen  W^irbellhlere  besteht  aus 
denselben  Deckknochen  und  einem  Stück  des  Meckel'schen 
Knorpels,  gerade  desjenigen,  welches  bei  Säugethieren  zum 
Hammer  und  hier,  zum  Gelenkstück  {os  cnndjrl.)  des  Unter- 
kiefers ausgebildet  wird.  Das  Gelenkslück  des  Unterkiefers 
der  Vögel  u.  s.  w.  und  der  Hammer  der  Säugeth.  mufsten 
als  homologe  Knochen  angesehen  werden.  Ks  ging  2)  daraus 
hervor,  dafs  der  Ambos  der  Säugeth.  und  das  Quadratbein 
(nicht  OS  tjnip.)  der  Vi'igel  u.  s.  w.  homologe,  der  Annul. 
ij/mpanicus  {os  lyrnp.')  der  Säugeth.  dagegen  und  das  Quadrat- 
bein der  Vögel  u.  s.  w.  nicht  homologe  Kopfknochen  darstellen. 
Es  ergab  sich  endlich  3),  dafs  die  bei  ^  ögeln  und  Amphibien 
vorkommenden  Gehörknöchelchen,  die  jedenfalls  nicht  in  dem 
ersten  Visceralbogen  entstehen,  im  vergleich. -anat.  Sinne 
nicht  Andjos  und  Hammer  genannt  werden  dürfen,  auch  dann 
nicht,  wenn  ihnen  analoge  pliv^Iologisclie  Leistungen  zu- 
fallen. —  Es    ist    nicht    zu    verlilndern    gewe^en,    dafs    eln- 

[1868] 


zelne  Naturforscher  auf  die  durch  die  l'-nlwicklungsgeschichte 
gewonnenen  festen  Grundlagen  für  das  vergleichend-anato- 
mische Verständnifs  eines  sehr  verwickelten  osleologischen 
Gebietes  selbst  heut  zu  Tage  keine  Rücksicht  nehmen,  dafs 
man  nach  \-\  le  vor  Quadralbein  und  Paukenknochen  auch  da 
durcheinanderwirft,  wo  die  Bildungsgeschichle  bekannt  ist; 
und  dafs  von  Ambos  und  Hammer  als  Gehörknöchelchen  bei 
Vögeln  und  Amphibien  die  Rede  Ist,  obgleich  man  weifs, 
dafs  dieselben  nicht  aus  dem  ersten  Visceralbogen  hervor- 
gegangen sind.  Thatsachen  oder  irgend«  ie  begründete  Beweise 
gegen  die  auseinander  gesetzte  Homologie  der  bezeichneten 
Kopfknochen  sind  bisher  nicht  aufzubringen  gewesen.  Die 
von  Herrn  Peters  in  letzter  Sitzung  besprochenen  osleo- 
logischen Verhältnisse  bei  Tackjslossus  hystrix  enthalten  nicht 
das  geringste  Moment  eines  thatsächlichen  Gegenbeweises; 
sie  beziehen  sich  sogar  auf  Erscheinungen,  die  anderweitig 
bei  Säugethieren  und  beim   Menschen  bekannt   sind. 

Herr  Peters  legte  ein  Exemplar  eines  sehr  merkwür- 
digen Fisches,  PhyUopteryx  fnliaius^  aus  Australien  vor,  dessen 
Flossen   mit  blattförmigen  Anhängen  versehen  sind. 

Herr  Braun  sprach  über  Carnpylndiscus  Noricus 
Ehrenb.  und  legte  Abbildungen  desselben  von  Dr.  H.  Ilzlg- 
sohn  vor,  der  diese  Dia/omee  kürzlich  in  einer  Quelle  bei 
Quartschen  mit  anderen  Diatomeen  aus  den  Gattungen 
Stau  joptera, Stau  roneis,  Amphora,  Sy  n  edr  a  u.  s.  w. 
aufgefunden.  Die  Gattung,  der  diese  Art  angehört,  wurde 
von  Ehrenberg  Im  Jahre  1841  (Monatsber.  d.  Akad.)  auf- 
gestellt und  zwar  mit  4  Arten,  einer  fossilen  von  Franzens- 
bad in  Böhmen,  dem  Camp.  Clypeus ,  zwei  marinen  Arten 
und  einer  Art  aus  süfseni  \A'asser,  dem  C.  Noricus.  Die  Zahl 
der  Arien  wurde  durch  neue  Enldeckungen  rasch  vermehrt. 
Grunow  (Österr.  Dialnmeen  186.)  führt  bereits  48  Arten 
auf,  unter  denen  -ü  In  den  Österreichischen  Staaten  aufge- 
fundene, und  Rabenhorst  (Flora  eurnp.  Al^arum  1864) 
zählt  .52  Arien,  unter  denin  '2.3  in  Europa  lebend  beobachtete. 
Die    meisten    Arten     leben    im    Meere    oder    wenigstens    In 


19.    Februar    1868. 


Lr.ikisehcm  Wasser,  nur  ö  Arten  sind  aus  siifsem  Wasser 
bekannt,  von  denen  C.  N oticus  die  vcrbreitetste  zu  sein 
sclieint.  Eine  Abbildung  dieses  zierlichen  Wesens  von  dem 
urspiünfjliclien  Fundorte  bei  Salzburg  gab  zuerst  Raben- 
liorst  {Iledivigia  I.  No.  9,  1854),  allein  schon  im  Jahre 
voriicr  bildete  W.  Smith  (2?nV.  Diatomaceoe  I.  I8ö3)  einen 
in  England  gefundenen  Campylodiscus  unter  dem  Namen 
C  costatus  ab,  der  von  Grunow  und  Rabenhorst  mit 
Recht  mit  6'.  Noricus  vereinigt  wird.  In  Heütvisi"  II 
(1860)  stellt  Rleiscli  einen  Ccimpylodiscus  von  Strehlen 
in  Schlesien  als  C  punclutus  dar,  welcher  gleichfalls  hierher 
gehört. 

Grunow  (in  der  gen. Abb.  von  1862)  hat  das  Vorkommen 
des  C.  Noricus  an  vielen  Orten,  in  Österreich,  namentlich 
in  Tirol,  nachgewiesen  und  in  Rabenhorst's  genannter  Flora 
werden  weitere  Fundorte  in  Sachsen,  Bayern,  bei  Frankfurt 
a.  M.,  im  Schweizer  Jura  und  im  westlichen  Frankreich  an- 
geführt. In  der  Mark  ist  er  lebend  jetzt  zum  erstenmal 
gefunden  worden;  fossil  war  er  nach  Grunow  schon  früher 
als  sehr  seltenes  Vorkommen  in  der  Berliner  Infusorienerde 
bekannt.  Die  Gröfse  dieser  Art  ist  sehr  veränderlich;  nach 
Rabenhorst  wechselt  der  Durchmesser  von  ~ '  '";  die 

3  6  18       ' 

Exemplare  von  Quart  sehen  zeigten^  — -^"'.    Die  Punkti- 


rung,  welche  nur  an  leeren  Schälchen  sichtbar  ^Ird,  fand 
ich  ziemlicii  unregelmälsig,  weder  genau  einreihig,  noch  genau 
zweireihig  auf  den  einzelnen  Strahlen,  wefshalb  ich  die  Form 
von  Quartschcn  keiner  der  hiernach  von  Grunow  unter- 
schiedenen und  durch  Figuren  (T.  VII.  F.  ö  u.  6)  erläuterten 
Varietäten  zulheilen  kann.  Ein  allgemeineres  Interesse  hat 
die  von  Dr.  Itzigsolin  gemachte  Beobachtung,  dafs  C.  No- 
ricus an  lebenskräftigen  Exemplaren  ganz  beständig  zarte 
Wimpern  zeigt,  welche  am  Rande  der  Scheibe  aus  den 
pfeifonartigen,  nach  innen  in  das  Lumen  des  Panzers  über- 
gehenden Rühren  durch  sehr  kleine  Offnungen  hervortreten. 
Diese  Wimpern  zeigen  nach  Dr.  Itzigsohn's  Beobachtun- 
gen zwar  keine  bemerkbaren  schwingenden  Bewegungen, 
können  sich  aber  zurückziehen  und  vorstrecken,  erstcres  in 
der  Dunkelheit,  letzteres  unter  Einllufs  des  Lichts. 

Als   Geschenke  wurden  mit  Dank  vorgelegt: 

Annales  des  Sciences  pliysiques  et  naturelles  de  Lyon. 
Serie  III.  T.  IX.  X.   1865.  1866. 

Monatsbericht  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften. 
Sept.  und  Octob.   1867. 

17  Verschiedene  kleine  Schriften  statistischen  und  techno- 
logischen Inhalts  von  auswärtigen  Staaten;  (Frankreich,  Chili, 
Australien  u.  s.  w.)  durch  Herrn  Jagor  übergeben. 


Gedruckt  in  der  Druckerei  der  KüdI"!.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Sitzunss-Bericht 


der 


Gesellschaft  naturforschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  17.  März  18  68. 


Director:  Herr  Prof.  Hof  manu. 


Nach  Eröffnung  der  Sitzung  legte  Herr  Elirenberg  die 
seit  der  Entdeckung  Amerikas  viel  besproclienen  aber  un- 
bekannt gebliebenen  cfsbaren  Enlcn  der  Guinea-Neger  vor, 
welche  ilini  durch  freundh'che  Mitwirkung  der  grofsen  Missions- 
anstalten in  Basel  und  Bremen  auf  sein  Ansuchen  am  Scblufs 
des  vorigen  Jahres  vermittelt  worden  sind,  über  deren  De- 
tails er  sich  vorbehält  an  einem  anderen  Orte  ausführlicher 
zu  berichten.  Über  das  Erdeessen  in  Abyssinien,  namentlich 
in  den  Bogosländern,  welches  er  selbst  1&25  in  Erfahrung 
gebracht  und  worüber  er  1865  dieser  Gesellschaft  Proben 
vorgelegt ,  ist  vorläufig  Einiges  im  Sitzungsberichte  vom 
März  jenes  Jahres  publicirt  worden. 

Darauf  sprach  derselbe  über  den  ansehnlichen  Werth 
der  in  der  letzten  Sitzung  vorgetragenen  Miltheilung  des 
Herrn  Dr.  Itzigsohn  über  die  aus-  und  einschiebbaren 
Fäden  als  Bewegungsorgane  am  Rande  des  Campylodiscus 
noricus,  als  spät  eingetretener  Wiederholung  der  im  Jahre 
1839  in  den  Abhandlungen  der  Akademie  bei  Navicula 
(^Surirella)  gernma  von  ihm  mit  Abbildungen  nachgewiesenen 
gleichartigen  Bewegungsorgane  der  Baciliarienfornien.  Durch 
die  1866  im  Januar  hier  vorgetragene  Bestätigung  auch  der 
sohlenartigen  Bewegungsorgane  der  Naviculaceen,  welche 
die  thierische  Natur  dieser  Körper,  ungeachtet  theoretischer 
Opposition,  feststellen  half,  erhält  nun  diese  neue  Bestätigung 
fufsartiger  aus-  und  einziehbarer  Ogane  eine  besondere  \Vich- 
tlgkeit  für  den  Charakter  der  betreffenden  Körper  und  es 
ist  zu  hoffen,  dals  diese  bisher  unter  den  Algenpflanzen 
verzeichneten  Thiere  einer  öfteren  Revision  unterworfen 
werden.  Da  in  den  vom  Vortragenden  selbst  gehaltenen 
Verzeichnissen  der  vielen  neuen  Specialnamen  der  Campy- 
lodiscus-Arlen  76  Namen  der  verschiedenen  Beobachter  vor- 
kommen, also  noch  weit  mehr  als  Raben  hör st's  ,,Algenwerk, 
1864"  verzeichnet,  vom  Vortragenden  selbst  aber  auf  der 
ganzen  Erdoberfläche  sammt  den  Meeresgründen  nur  16  Arten 
unterscheidbar  geworden  und  zumeist  in  der  Mikrogeologie 
[1868] 


oder  den  Monatsberichten  der  Akademie  aufgezählt  sind,  so 
ist  freilich  zu  vermuthen,  dafs  die  76  Namen  3  —  5  fache 
Wiederholungen  derselben  16  Arten  oder  einiger  ^^eniger 
mehr  sein  mögen,  bedingt  durch  die  Schwierigkeit,  die 
Skulptur  der  Schalen  und  deren  Variationen  bei  lebenden 
Formen  zu   erkennen. 

Herr  Förster  machte  einige  Mittheilungen  über  die 
Erscheinungen  der  persönlichen  Unterschiede,  welche  sich 
bei  den  astronomischen  Zeit-Messungen  herausgestellt  haben. 
Nach  einem  kurzen  Rückblick  auf  die  bisherigen  Erfahrungen 
auf  diesem  Gebiete,  für  welche  die  Physiologie  im  Allge- 
meinen befriedigende  Erklärungen  und  Maafs-Bcstimmungen 
an  die  Hand  gehe,  erwähnte  der  Vortragende  des  reichen 
Materials,  welches  ihm  die  letzten  Jahre  der  astronomischen 
Thätigkeit  innerhalb  des  Centralbüreau's  der  Europäischen 
Gradmessung  für  diese  Untersuchungen  gewährt  haben. 

Es  ist  bei  den  zahlreichen  astronomischen  Längenbe- 
stimmungen, welche  das  Centralbüreau  ausgeführt  hat,  u.  A. 
auch  ein  Apparat  zur  absoluten  Bestimmung  der  persönlichen 
Correktionen  hergestellt  und  angewandt  worden,  und  bei 
längeren  Untersuchungs-Reihen  solcher  Art  verglichen  mit 
den  Resultaten  der  Beobachtung  von  Sternen  an  verschie- 
denen Arten  von  Fernröhren  hat  sich  herausgestellt,  dafs 
auch  die  verschiedenen  Arten  der  Beleuchtung  des  Faden- 
kreuzes bei  verschiedenen  Personen  nach  der  Natur  der 
brechenden  Flächen  der  Augen  verschiedene  Verspätungen 
oder  Verfrühungen  der  Auffassung  der  Durchgangs-Zeiten 
der  Sterne  durch  das  Faden-Netz  des  Fernrohrs  verursachen 
können. 

Herr  Dönitz  zeigte  eine  Reihe  von  Schädeln  der  Haus- 
und der  Wildkatze  vor,  an  welchen  sich  alle  Übergänge 
zwischen  den  von  Blasius  angegebenen  Merkmalen  dieser 
zwei  Katzenarten  nachweisen  liefsen.  Ein  charakteristisches 
Kennzeichen  der  wilden  Katze  soll  darin  bestehen,  dafs  das 
Stirnbein  an  das  Schläfenbein  slöfst,   während  bei  der  zah- 

3 


8 


17.  März  1868. 


men  Katze  das  SchellclLrin  den  grolsen  KcilLeiiifliigel  bc- 
rülirt  und  somit  die  beiden  erstgenannten  Knochen  von 
einander  trennt.  Es  glebt  aber  einerseits  Scliädel  von 
Wildkatzen,  an  denen  sich  dieses  Verliäitnifs  auf  der  einen 
oder  auf  bcich-n  Seiten  wie  bei  der  Hauskatze  gestaltet 
(z.  15.  Anatom.  Museum  No.  4341  u.  21S1S),  andrerseits 
findet  sicli  bei  zaluncn  Katzen  nicht  selten  das  Verhallen, 
welches  für  die  Wililkatze  charakteristisch  sein  soll  (Anat. 
Mus.  No.  21.;r.l,  3  u.  21261,  13).  —  Ein  weiteres  Merk- 
mal der  Wildkatze  wird  darin  gefunden,  dafs  bei  ihr  im 
Oberkiefer  der  hintere  Höcker  des  Reifszahns  nach  aufsen 
von  einer  geraden  Linie  steht,  welche  den  mittleren  Höcker 
dieses  Zahnes  mit  der  Spitze  des  zweiten  Liickcuzahues  ver- 
bindet. Tx'i  Hauskatzen  findet  sich  aber  sehr  häufig  dieselbe 
Stellung  der  Zahnhöcker  zu  einander.  —  l!ci  der  Wildkatze 
reichen  die  Nasenbeine  welter  gegen  die  Stirn  hinauf  als 
die  Oberkiefer.  Doch  auch  bei  Hauskatzen  konnnt  manch- 
mal dasselbe  vor  (No.  21261,  13).  Fast  alle  Hauskatzen 
zeigen  oberhalb  der  Nasenbeine  eine  Grube,  \^ eiche  im 
frischen  Zustande  mit  einem  straffen  Faserknorpcl  ausgefüllt  ist. 
Diese  Grube  Ist  identisch  mit  der  Vertiefung  der  Stirnbeine, 
welche  bei  Wildkatzen  die  Spitzen  der  Nasenbeine  aufnimmt. 
Die  Verkürzung  der  Nasenbeine  nun  beruht  jedenfalls  auf 
der  für  alle  domesticirten  Thierc  charakteristischen  Ver- 
dickung der  Knochen,  bei  welcher  so  scharfe  Ränder,  wie 
die  oberen  Nasenbeinspitzen  der  Wildkatzen,  wohl  weg- 
fallen müssen.  Die  zur  Aufnahme  derselben  bestimmte 
Grube  mit  dem  nicht  verknöcheinden  Knorpel  aber  bleibt 
zurück.  —  Schliefslich  ähneln  die  gewöhnlich  lang  ovalen 
(iaumenlöcher  der  Hauskatze  nicht  selten  den  mehr  rundlich 
gestalteten  der  W'ildkatze  (No.  21261,  7).  —  Daraus  ergiebt 
sich,  dafs  die  aufgestellten  unterscheidenden  Charaktere  für 
diese  zwei  Katzenarten  nicht  haltbar   sind,   und   es   fragt   sich. 


ob  man  andere  durchgreifende  Unterschiede  auffinden  wird. 
Es  könnte  ein  solches  Merkmal  in  der  stärkeren  Ausprä- 
gung der  Knochenleisten  der  zahmen  Katze  und  in  der 
kräftigeren  Entwickelung  der  Zähne  bei  Wildkatzen  ge- 
sucht werden.  Jedenfalls  weicht  der  Schädel  <ler  Haus- 
katze nicht  stärker  ab,  als  von  dem  der  in  Nubien  beimischen 
Fe/is  rminiiuilaia^  welche  leicht  zähmbar  ist,  und  von  der 
Rüp|>ell  unsere  Hanskatze  hat  ableiten  wollen.  Auffällig 
ist,  dafs  beide  Wildkatzen  sich  mit  unserer  Hauskatze  paaren. 
Um  die  Abstammung  der  letzteren  zu  ermitteln  ^ärc  es 
dringend  zu  wünschen,  dafs  einmal  ägyptische  Katzenmumien 
der  Untersuchung  zugänglich  gemacht   \vür<len. 

Herr  Hartmann  legte  die  pliotographische  Darstellung 
einiger  früher  von  Herrn  Griesinger  präparirter  Schädel 
centralafrikanischer  Schwarzen,  sowie  einige  Portraitdar- 
stellungen  solcher,  vor.  Er  schilderte  kurz  die  physischen 
Eigenthlimlichkeiten  der  Bewohner  von  Pur,  Fasoglo  und 
anderen  Gebieten  des  Innern,  knüpfte  auch  Pjemerkungen 
über  eine  fiir  die  Anthropologie  Afrikas  sehr  wichtige  Er- 
scheinung an,  dafs  nändich  in  der  Nordhälfte  des  Kontinentes 
sich   erohernde  Stämme  den  von   ihnen  unterworfenen  ffecen- 

D     o 

Über  so  häufig  als  aristokratische  Schul/.herrn  verhalten. 
Schllrfslirh  zeigte  der  Vortragende  noch  einige  der  inter- 
essanten ethnographischen  Zeichnungen  des  verstorbenen 
W.  V.  Harnier  (vom  weifsen  Flusse)  herum. 

Als  Geschenke  wurden  dankend  entgegengenommen: 
Abltandlungen   der   Akademie   der   PJ^issetiscluiften    zu  Herlin^ 

Jahrg.   1866. 
Monatsbericht   der  Akademie   der    l^issenschaften    zu    Berlin, 

November  1867. 
Berliner  enlnmolngisclie  Zeitschrift.   Jahrg.  11.    1867.    H.3.  4. 
J'^erhandlunQen     des    naturfnrsehendew     f^ereirts    in     Brunn, 

Rd.   ').    1866. 


Gedruckt  in  licr  Druckerei  der  Koni"l.  .Skademic  der  \\'isscn';cliaflen. 


Sitzungs-Bericht 


Gesellschaft  naturforschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  21.  April  1868. 


Director:  Herr  Prof.  Förster. 


In  ALwescnlicit  des  zeitigen  Direclors  eröffnete  Herr 
Professor   Uofmann   die   Sitzung. 

Herr  Elirenberg  tlieilte  aus  einem  Briefe  des  Königs- 
Lerger  Entomologen  Herrn  Dr.  Herrn.  Hagen,  jetzt  in 
Cambridge  in  Nord-Amerika,  sehr  ausführliche  Nachrichten 
über  die  grofsartige,  nirgends  bisher  so  weit  gediehene  Pflege 
der  Naturwissenschaften  an  diesem  Orte  mit,  zu  welcher 
H.  selbst  niitberufen  worden.  Herr  Agassiz  leitet  das 
grofsartige  ganz  aus  Privatmitteln  wohlhabender  Kaufleute 
gegründete  und  sich  fortbildende  Unternehmen.  Er  meldet, 
dafs  der  zehnte  Theil  des  für  Herrn  Agassiz  naturfor- 
schende grofse  Thätigkeit  bestimmten  stattlichen  Gebäudes 
für  jetzt  vollendet  ist,  welches,  4  Etagen  hoch,  bereits  eine 
Ausdehnung  von  80  Fufs  Länge  und  60  Fuls  Breite  besitzt, 
und  bis  in  seine  obersten  Räume  mit  nur  zum  kleinen  Theil 
erst  geordnet  aufgestellten  Reihen  von  Naturkörpern  aller 
Art  erfüllt  ist,  während  die  Mehrzahl  in  Fässern  und  Kisten 
wohl  verwahrt  und  nach  den  Lokalitäten  genau  etiquettirt 
künftiger  Aufstellung  entgegen  sieht.  Die  Fischsammlung 
berechnet  Agassiz  zu  9500  Arten  in  etwa  1.50,000  Exem- 
plaren, zu  deren  voller  regelrechter  Aufstellung  in  Gläsern 
und  Spiritus  20,000  Dollars  veranschlagt  sind.  JJie  Pe- 
trefactcn  füllen  sorgfaltig  geordnet  allein  2600  grofse  Schub- 
fächer.     Vielleicht  ohne  Gleichen    sei  das   Museum   reich  an 

Korallen.  Trocken  sind  an  Mollusken  bereits  über  10,000  Ar-  1 

I 
ten    aufgestellt    und    in    ähnlichem    Verhältnils    werden    alle  j 

übrigen  Abtheilungen  gezeichnet.  Zur  kostenfreien  Reise  ' 
nach  Brasilien  auf  Kosten  eines  Privatmannes  erhielt  Agassiz 
sieben  Assistenten  und  freien  Transport  der  Waaren.  Grofse 
Geschenke  an  Naturalien  sandte  die  Kaiserl.  brasilianische  Re- 
gierung ihm  nach.  Besondere  stationäre  Sammler  werden 
in  Mossambique  und  Zanzibar,  in  Rangoon  in  Lidien,  auf 
den  Sandwichs-,  Societys-  und  Kingsmills-Inseln  im  stillen 
Meere,  am  Isthmus  und  Chile,  von  Agassiz  gehallen  und 
grofse  Mengen  nach  dem  Leben  abgebildeter  (iegenstände 
[1868] 


sind  bereits  zur  Disposition.  Man  sucht  junge  wohlgeübtc 
Kräfte,  um  diesen  ungeheuren  Reichthum  mit  Hülfe  der 
höchst  vollständig  eingerichteten  Bibliotheken  allmälich  zum 
Nutzen  der  Wissenschaften  zu  bewältigen,  so  dafs  es  scheint, 
als  ob  von  Nord-Amerika  aus  ein  neues  weit  umfangreicheres 
Bild  des  organischen  Lebens  auf  der  Erde  in  kurzer  Zeit 
vorgelegt  werden  könne,  als  die  Umstände  in  den  alten 
Kulturländern  zu  erreichen  gestattet  haben. 

Besonders  hervorzuheben  sind  aufser  den  so  überaus 
reichen  Sammlungen  noch  die  photographisch -mikroskopi- 
schen Leistungen,  welche  das  Kriegs-Departenient  der  ver- 
einigten Staaten  mit  beispielloser  Theilnahme  begünstigt; 
und  wovon  bereits  in  den  Monatsberichten  der  Berliner 
Akademie  1866  einige  Nachricht  gegeben  worden. 

Derselbe  legte  dann  die  von  Herrn  Dr.  Itzigsohn 
eingesandten  lebenden  Campylodiscus  noricus  vor  und  empfahl 
sie  den  sich  dafür  interessirenden  Herrn  Mitgliedern  zur 
Prüfung  auf  die  in  den  vorigen  Sitzungen  angegebenen 
Charaktere. 

Herr  v.  Strampff  hatte  von  dem  Herrn  Baurath  Erb- 
kam zwei  demselben  von  dem  Herrn  Wasserbau-Director 
Berg  in  Bremen  Mitte  März  d.  J.  übersandte  Flaschen, 
die  eine  gefüllt  mit  klarem  flüssigen  Schlick  vom  \V  att  bei 
Bremerhafen  zur  Ebbezeit  aufgenommen,  die  andere  gefüllt 
mit  Fluthwasser,  geschwängert  mit  Schlick  eben  daher,  zu- 
gestellt erhalten,  und  sich  der  gewünschten  mikroskopischen 
Untersuchungen  zunächst  des  Schlicks  der  ersten  Flasche 
unterzogen.  Es  fanden  sich  darin  fast  ausschliefsliclie  Meeres- 
gcbilde ,  meist  Polygaslern ,  doch  auch  Phytolitharien, 
Polythalamien,  und  die  Schale  eines  Brachionus;  unter  den 
Polygastern  ausgezeichnete  Formen  von  Aciinncyclus ,  Acti- 
nofttychus ,  Coscinodhcus ,  Craspedodiscus ,  Cainpylodiscus, 
Diclyocha,  Zygoceros  \\.  a.,  die  nach  den  vom  Herrn  Prof. 
Ehrenberg  im  Monatsberichte  der  Akademie  der  Wissen- 
schaften zu  Berlin  vom  November  184;}  veröffentlichten  Un- 


10 


21.  Jprii  1868. 


tersuchungeii  in  iJer  Nordsee,  im  Schlick  der  Mündungen 
der  Sclieliip,  Kms  und  der  bennclil)arten  Jahde  vorkommen, 
lune  unil  die  andere  Form  dürfte  indels  neu  sein.  Zeich- 
nungen wurden  vorgelegt  uml  einige  auffallende  Formen 
unter  dem   Mikroskope  gezeigt. 

Zugleich  theilte  Herr  v.  S  tramp  ff  seine  Methode  zur 
Wiederauffindung  mikroskopisrlicr  Ohjecte  mit.  Kr  bedient 
sich  dazu  eines  mittelst  einer  Liniir-Maschine  mit  horizon- 
talen nnd  pcrpendiculären,  in  gleichen  und  sehr  kleinen 
Abständen  bezogenen  Papiers,  wie  solches  zur  graphischen 
Darstellung  bei  physikalischen  Untersuchungen  benutzt  \\\n\. 
Kin  ausgeschnittenes  Stück  dieses  Papiers  mit  einer  Öffnung 
in  der  Mitte,  um  das  Licht  nicht  abzuhalten,  %-v  ird  auf  dem 
Objectlisch  befestigt ,  und  die  obere  horizontale  und  die 
erste  senkrechte  Linie  \'\erden  In  bestimmten  gleichen  Ent- 
fernungen mit  Zeichen,  Zahlen  und  Buchstaben,  versehen. 
Der  Beobachter  bestimmt  nun  zur  künftigen  Wiederauffin- 
dung des  Gegenstandes  die  Lage  des  Objectträgers  lediglich 
nach  dem  Absland  seines  oberen  Randes  und  seines  Selten- 
randes von  der  oberen  horizontalen  und  der  ersten  senk- 
rechten Linie  des  linilrten  Papiers  und  notirt  sich  diese  Ab- 
stände. Die  Wiederauffindung  des  Objects  läfst  sich  sehr 
leicht  dadurch  bewerkstelligen,  dafs  der  Objectträger  mit 
seinem  oberen  Rande  und  seinem  Seitenrande  wieder  in 
die  notirte  Lage  gebracht  wird.  Die  Linien  können,  was 
sich  empfehlen  dürfte,  auf  dem  Objecttlsche  selbst  einge- 
graben und  bezeichnet  werden,  wozu  der  Optiker  Herr 
Schi  eck  erbötig  ist. 

Im  Wesentlichen  stimmt  diese  Melliode  mit  der  vom 
Herrn  Professor  Bailey  im  Jahre  1855  im  ^hnerUan  Jour- 
nal of  science  and  arls.  Vol.  XX,  bekannt  gemachten,  vom 
Herrn  Professor  Ehrenberg  in  der  Sitzung  der  natnr- 
forschenden  Gesellschaft  im  December  1855  besprochenen 
überein.  Sie  unterscheidet  sich  von  Herrn  Bailey's  so- 
genanntem universal  indi'calnr  hauptsächlich  dadurch,  dafs 
jedes  in  der  angegebenen  Weise  mit  Linien  bezogene  Pa])ier 
zweckdienlich  erscheint,  ohne  dafs  es  der  Bezeichnung  des 
Mittelpunktes,  eines  bestimmten  bekannten  Maafses  für  die 
Abslände  und  der  Zeichnung  einiger  sich  kreuzender  Linien 
auf  der  unteren  Seite  der  Objectträger  bedarf.  Lsl  der  Ab- 
stand der  horizontalen  und  ersten  perpcndikulären  Linie 
vom  Mitlclpunkte  des  Gesichtsfeldes  eines  Mikroskopes  be- 
kannt, so  lälst  sich  eine  Cople  des  bezeichneten  Papiers 
auf  jedem  anderen  Mikroskop  in  der  gleichen  Lage  befestigen 
und  dann  das  gesuchte  Objeet  leicht  wiederfinden. 

Herr  Reinhardt  legte  mehrere  Srbnerken  aus  der  Ge- 
gend von  Frankfurt  a.  O.  vor,  nämlich  lebende  Exemplare 
von    Buli'niniis    Iridens    Müll,    und    von    Helix    striata    Müll. 


darunter  auch  2  für  die  märkische  Fauna  neue  Arten,  näm- 
lich Vitrinii  diiifihana  Drap,  und  Piipa  enstulata  Nilss.  ;  bei 
letzterer  Art  suchte  er,  nach  einer  Kritik  der  Diagnosen 
von  /-'.  rosiutdiii  bei  Pfeiffer  und  Küster,  die  Identität  der- 
selben  mit   Pupii  ascaniensis  A.  Schmidt   nachzuweisen. 

Derselbe  theilte  ferner  mit,  dafs  er  im  Museum  der 
natnrforschenden  Gesellschaft  zu  Görlitz  eine  noch  iinbe- 
stlniinte,  von  Herrn  Hieronvmus  in  der  kleinen  Schnee- 
grulie  des  Riesengebirges  gesanwnelle  Pu/ki  vorgefunden 
habe,  in  welcher  er  die  bisher  nur  in  Lappland  gefundene 
P.  iirrticA  Wallenberg  erkannte;  zugleich  machte  er  auf 
die  nierk\>  ilrdlge  Thatsache  aufmerksam,  dals  diese  Schnecke 
an  einem  Oric  gefunden  sei,  der  auch  durch  das  Vorkommen 
hochnordischer,  in  den  Alpen  fehlender  Pflanzen,  wie  Saxi- 
fraga  nivalis  L. ,  Dichelyrtia  falvatuni  Hedr.  u.  a.  den  Bo- 
tanikern bekannt  sei,  woraus,  wie  dies  z.  B.  von  VKichura 
geschehen ,  auf  eine  frühere  Übereinslimninng  der  Floren 
(und  vielleicht  der  Faunen?)  des  Riesengebirges  mit  Scan- 
dinavien   geschlossen    werden   k'inne. 

Herr  Dünitz  sprach  unter  Vorzeigung  von  Präparaten 
und  Zeichnungen  über  einige  niedere,  für  die  Fauna  von 
Helgoland  neue  Seethiere.  Dem  von  Leuckart  in  den 
Beiträgen  zur  Kenntnifs  wirbelloser  Thiere  gegebenen  Vcr- 
zeichnils  müssen   hinzugefügt  werden: 

1)  Aus  der  Klasse  der  Bryozoen  Buguta  r.erilina,  Canda 
replans   und   Metnbranipnra   lintnla. 

2)  Aus  der  Klasse  der  Coelenteraten  Sertularia  rugnsa, 
Pluriiulariii  setacea  nnd  Catnpanularia  verticillata.  Letztere 
wurde  aus  einer  Tiefe  von  150  —  2ÜÜ'  beim  Haifischfang 
an   den   Angelhaken   heraufgezogen. 

Ferner  zeigte  der  Vortragende  ein  Präparat  von  Cam- 
panularia  geniculata ,  an  welchem  eine  Glocke  nicht  un- 
mittelbar vom  Polypenkopf  ausgefüllt  wurde,  sondern  eine 
zweite,  ihr  ganz  ähnlich  gestaltete  Glocke  enthielt,  in  welcher 
erst  der  Polypenkopf  steckte.  Schon  die  letzten  Ringe  des 
Polypenträgers  zeigten  gröfsere  Dicke  und  deutlichere  Schich- 
tung als  gewöhnlich.  In  dem  untersten  Abschnitt  der  Glocke, 
welcher  unterhalb  des  Diaphragmas  gelegen  ist,  erkennt 
man  deutlich  zwei  ungefähr  gleich  dicke  Schichten  im  äufseren 
Skelett.  Oberhalb  des  Diaphragmas  trennt  sich  die  innere 
von  der  äufseren  Schicht  und  bildet  hier  eine  vollständige 
Glocke,  deren  Rand  sich  an  den  Rand  der  äufseren  Glocke 
wieder  fest  anlegt.  Dieser  Befund  deutet  auf  eine  vorauf- 
gegangene Verstümmelung  des  Polypenkopfes,  nach  welcher 
eine  Regeneration  mit  Bildung  einer  neuen  Schale  aufgetre- 
ten war,  in  ähnlicher  Weise,  wie  Van  Beneden  abge- 
rissene Köpfe  von  Tubularien  sich  wieder  ersetzen  sah.  — 
Ein  charakteristisches  Merkmal  der  Campanularia  geniculata 


•21.  Ai,ril  1868. 


11 


bestellt  in  der  ungleichmäfsigen  Dicke  ihres  äiifseren  Ske- 
lettes. Diejenige  Seite  desselben,  von  ■^^ elcher  die  nächst 
obrre  Glocke  entspiingf,  ist  stark  verdickt;  sie  kann  12 
bis  20  mal  dicker  sein  als  die  gegenüberliegende  Wand. 
Dieser  Unterschied  in  der  Stärke  der  Wandungen  setzt  sicii 
vom  Stamm  durch  den  Polvpenträger  bis  in  die  (ilocke 
hinein  fort.  An  der  Spitze  der  Polypenstöcke  ist  der  Un- 
terschied nicht  so  aufnilllg  wie  am  Grunde  derselben. 
Es  beruht  dies  augenscheinlich  darauf,  dafs  die  i-oniractile 
Substanz  des  Polypen  fortwährend  neue  Schichten  auf  die 
Innenfläche  der  äufscren  Stiitzlanielle  aullagert,  welche  jedes- 
mal, wie  bei  der  ersten  Bildung,  auf  der  Glockenseite  stärker 
ausfallen  als   auf  der  gegenüberliegenden. 

Die  Summirung  dieser  kleinen  Unlerscliicde  bedingt 
schliefslich  die  angegebene  Differenz  von   1  —  20. 

Schliefslich  machte  der  Vortragende  auf  einige  Mängel 
der  Zeichnungen  aufmerksam,  mit  welchen  Van  Beneden 
sein  neues  Werk:  Recherches  sur  l'histolre  naturelle  des 
Polypes,  Bruxelles  1867,  begleitet.  In  keiner  Figur  erkennt 
man  das  Diaphragma  der  Glocke,  das  doch  schon  früheren 
Autoren  bekannt  war  und  sogar  vom  Verfasser  selbst  im 
Jahre  1843  in  den  Abbildungen  von  Campanularia  gelalinnsa 
uud  vnlubilis  wiedergegeben  ist.  Die  Zähne,  welche  am 
Diaphragma  sitzen,  und  deren  Gestalt,  Lage  und  Anordnung 
Tür  die  verschiedenen  Arten  eine  verschiedene  ist,  sind  eben- 
falls ganz  übersehen.  Der  Rand  der  Glocke  von  Campa- 
nularia volubilis  trägt  in  Van  Beneden's  Zeichnung  kurz 
abgestutzte  Zacken,  während  jedes  Präparat  einen  tief  wellen- 
förmig ausgeschnittenen  Rand  mit  abgerundeten  Zacken  zeigt, 
gerade  wie  C.  veriiciUata.  Die  Anzahl  der  Zacken  ist  in 
V.  Beneden's   Figuren   durcbgängig  zu  gering  ausgefallen. 

Herr  Fritscb  legte  der  Gesellschaft  die  Bruchslücke 
eines  monströsen  Straufseneies  vor,  welches  er  im  Bechuana- 
lande  aus  den  Händen  von  Eingebornen  mit  dem  Bemerken 
erbalten  hatte,  dafs  der  Straufs  stets  ein  solches  als  das  letzte 
eines  Geleges  producire.  Das  Ei  hatte  nur  die  Hälfte  der  Länge 
eines  gewöhnlichen,  dabei  war  aber  die  Schale  von  \if"  Dicke, 
die  Oberfläche  höckerig,  die  Bruchflächen  von  krystallinischem 
Ansehen.  Da  analoge  Monstrositäten  auch  bei  anderen  Vö- 
geln vorkt)mnien  und  europäische  Reisende  bisher  Nichts 
von  dieser  Eigenlhümllchkelt  bemerkt  haben,  so  ist  die  An- 
gabe der  Eingebornen  allerdings  nicht  ohne  Weiteres  als 
wahr  anzunehmen;  der  Vortragende  hält  indessen  die  Letzteren 
im  Allgemeinen  für  so  gute  Beobachter  der  Natur,  dafs  er 
glaubte,  wenigstens  die  Aufmerksamkeit  auf  diese  Angabe 
zur  näheren  gelegentlichen  Untersuchung  richten  zu  müssen. 

Es  werden  gleichzeitig  die  stereoscopischen  Abbildungen 
eines  Straufsennestes  aufgenommen  von  Chapnian  und  einer 


Gruppe  junger  gezähmter  Straulse,  photographirt  auf  einer 
Farm  des  Orange-Freistaales,  vorgezeigt,  woran  der  Vor- 
tragende einige  ßemerknugen  über  die  neuerdings  In  Süd- 
Afrika  vielfach  versuchte  Domeslication  dieser  Vögel  knüpft. 
Die  Straufse  werden,  wenn  sie  etwa  die  Gröfse  einer  halb- 
wüchsigen Gans  haben,  in  der  Steppe  eingefangen  und  mit 
Kafferkorn  sowie  gerösteten  Heuschrecken  grofsgezogen ; 
sie  gedeihen  bei  dieser  Nahrung  gut  und  werden  sehr  zahm. 

Die  Übelstäiide  der  Domesticallon  beruhen  hauptsächlich 
in  dem  Erhalten  der  erwachsenen  Vögel,  da  dieselben  ein 
sehr  grofses,  eingehegtes  Areal  nöthig  haben,  wenn  sie  hin- 
reichende Bewegung  und  Futter  finden  sollen;  vielfach  gehen 
sie  durch  ihre  unersättliche  Fressgier  zu  Grunde,  welche 
sie  veranlafst  unverdauliche  Gegenstände  zu  verschlingen; 
ferner  sind  die  Männchen  sehr  bösartig  und  greifen  auch 
ungereizt  Vorübergehende  an,  wodurch  sie  auf  den  Farmen 
zu  einer  grofsen  Plage  werden.  Endlich  ist  der  Nutzen 
der  domesticirten  Straufse  ein  sehr  geringer,  indem  die 
Federn  derselben  nur  eine  geringe  Länge  erreichen  und 
dabei   steif  und   unschön   bleiben. 

Die  Domestiratlon  der  Straufse  als  Speculatlon  hat  daher 
demnächst  wenig  Aussicht,  allgemeinerdurchgeführt  zu  werden. 

Herr  Zenker  überreichte  sein  „Lehrbuch  der  Photo- 
chromle"  und  berichtete  über  dessen  Inhalt.  Die  Photochromie 
oder  die  Photographie  in  natürlichen  Farben  beruhe  auf  der  zuerst 
von  Seebeck  gemachten  Beobachtung,  dafs  das  Chlorsilber  sich 
unter  dem  Sonnenspectrum  verschieden  und  zwar  der  Farbe 
der  einfallenden  Strahlen  entsprechend  färbe.  Dieselbe  Beob- 
achtung sei  später  von  John  Herschel  und  Edm.  Becquerel 
gemacht  worden,  welcher  Letzterer  als  der  eigentliche  Erfinder 
der  Photochromie  zu  betrachten  sei.  Der  Vortragende  machte 
auf  das  beigegebene  Probebild  aufmerksam,  das  nach  Poite- 
vins   Verfahren  auf  Papier  angefertigt  sei. 

Die  Entstehung  der  Farben  erklärte  derselbe,  indem  er 
hervorhob,  dal's  die  vom  Chlorsilber  reflectirten  Lichtstrahlen 
mit  den  kommenden  Lichtstrahlen  stehende  Wellen  bilden 
müssen,  in  welchen  Punkte  vollständiger  Ruhe  mit  Punkten 
gröfster  Schwingungs-Intensität  abwechseln.  An  den  letzle- 
ren wird  die  chemische  Action  beginnen  und  von  dort  nach 
beiden  Seiten  fortschreiten.  Daher  wird  ein  System  von 
Silherpünklchen  ausgeschieden  werden,  die  in  Ebenen  von 
einer  halben  Wellenlänge  Abstand  geordnet  sind.  Fällt 
auf  ein  solches  System  weifses  Licht,  so  zeigt  sich  bei  der 
Reflexion  nur  diejenige  Farbe  kräftig,  deren  Wellenlänge 
mit  der  der  vorher  wirksamen  Farbe  identisch  ist.  Für  jede 
andere  Farbe  konmien  von  den  verschiedenen  Ebenen  re- 
flectlrender  Silberpünktchen  die  Strahlen  in  verschiedener 
Phase  in's   Auge  nnd   löschen  sich  gegenseitig  aus. 

4* 


12 


21.  yi^rit  1868. 


Herr  Julius  Sander  überreichte  eine  Schrift:  ,,15e- 
sthreihung  zweier  Microcephalen- Gehirne  mit  einigen  lie- 
nierkiingcn"  und  setzte  kurz  die  Gründe  auseinander,  \^ps- 
halLi  die  namentlich  von  C  '^'ogt  vertretene  Ansicht,  dafs 
sich  hier  eine  Annähernng  an  den  Afienlvpus  zeige,  nicht 
stichhaltig  sei.  Die  fossa  Sj/iii  ist  im  Gegensalz  zu  den 
Angaben  Vogt's  vollkonnnen  menschlich  gebaut  und  der 
/ri/iijs  (irti/iiialis  ist  hochgradig  verkleinert,  während  derselbe 
bei  lien  Affen  verhältnifsmiilsig  sehr  grols  ist.  So  steht 
das  Gehirn  des  Microcephalen  dem  Gehirn  <ies  Affen  weit 
ferner,  als  das  Gehirn  des  normalen  Menschen  und  alle 
Beweismittel,  die  man  hier  für  die  nahe  Verwandtschaft  und 
die  enge  Zusammengehörigkeit  von  Affen  und  Mensi  hen 
gesucht  hat,   fallen  zu  Boden. 

Herr  Koch  legte  die  Frucht  einer  Solanum -Art  aus 
dem  Sudgenus  Melongena  vor,  wo  die  /j  Staubgefnise  in 
ebenso  viele  kleine  Früchte  sich  umgewandelt  hatten  und 
die  eigentliche  Frucht  umstanden.  Er  hatte  sie  vor  4  Jahren 
im  westlichen  Frankreich  gefunden.  Jetzt  ist  die  Pflanze 
mit  dergleichen  Feuchten  in  der  Iluvue  horticnle  abgebildet 
und  hat  daselbst  den  Namen  Solanum  comiculatum  erhalten. 
Interessant  ist  es,  dafs  sich  diese  Kigenthümlichkeit  durch 
Aussaat  so  ziemlich  erhält.  Andere  Mif»bildungen  zeigte 
er  an  Mohnkapseln.  Dafs  von  dem  Gartenmohn  ebenfalls 
eine  Form  existirt,  wo  die  Staubgefäfse  sich  in  Kapseln 
imigewandelt  h(/ben,  ist  bekannt,  weniger  aber,  dafs  in  Her 
Kapsel  selbst  sich  wiederum  kleine  Kapsein  unter  Umständen 
bilden  können.  Dergleichen  Kapseln  zeigte  Herr  Koch. 
Von  ihnen  war  besonders  eine  interessant,  wo  die  innere 
Kapsel  noch  von   verkümmerten  Staubgefäfsen  umgeben  war. 

^Veiter  sprach  Herr  Koch  über  Mandel-  und  Pfirsich- 
baum. Nicht  genug,  dafs  man  den  letzteren  als  besondere 
Art  unterschieden  habe,  sei  er  sogar  von  vielen  Piotanikern 
als  der  Typus  eines  besonderen  Genus  (Persica)  betrachtet 
x^v  orden ,  während  er  seinerseits  ihn  nur  für  eine  Kidtur- 
pUanzc  des  Mandelbaumes  mit  fleischig  gewordener  äulserer 
Fruchtschale  halte.  Er  habe  schon  länger  gefunden,  dafs 
gerüllte  Mandel-  und  Pfirsichbäume  gar  nicht  zu  unterschei- 
den seien.     Alle   anderen  Unterscheidungsmerkmale,    beson- 


ders in  Betreff  der  Drüsen  am  Blattstiele,  hätte  man  durch 
einseitige  Untersuchungen,  hauptsächlich  an  Herbariums- 
Exemplaren  aufgefunden  und  seien  daher  trügerischer  Natur. 
In  Frankreich  wurde  seit  langer  Zeit  eine  sogenannte 
Pfirsichmandel  kultivirt,  welche  mau  für  einen  Blendlinir 
des  Mandel-  und  des  Pfirsichbaumes  halte;  der  Stein  stehe 
hinsichtlich  seiner  Oberfläche  genau  zwischen  dem  grubigen 
und  unregelmäfsig  gefurchten  Pfirsich-  und  dem  mit  Löchern 
versehenen,  sonst  aber  glatten  Mandelslcine,  die  äufsere 
Schale  hingegen  sei  fleischig,  springe  aber  auf.  Aussaaten 
haben  stets  gleiche  Pflanzen  hervorgebracht.  Das  älteste 
und  berühmteste  Exemplar  dieser  Pfirsichmandel  befand  sich 
im  Jardin  de  Luxembourg  in  Paris  und  sei  leider  bei  den 
Veränderungen,  welche  man  daselbst  im  Winter  1866/67 
vorgenommen ,  abgehauen  worden.  Er  habe  ihn  früher 
mehrmals  beobachtet.  Noch  mehr  sei  dieses  der  Fall  ge- 
wesen mit  den  Bäumen  der  Pfirsichmamlel,  «eiche  sich  in 
den  grofsartigen  Baumschulen  des  Herrn  Leroy  in  Angers 
befinden.  Das  Resultat  von  Herrn  Koch's  wiederholten 
Untersuchungen  in  Paris  und  Angers,  was  auch  durch 
Herrn  Leroy  ebenfalls  bekräftigt  wurde,  wäre  gewesen,  dafs 
hier  von  gar  keinem  Blendlinge  die  Rede  sein  könne,  son- 
dern dals  man  es  hier  nur  mit  Formen  zu  thun  hat ,  von 
denen  die  Pfirsiche  und  die  Kultur- Mandel  die  äulsersten 
Gegenpunkte  bilden.  Noch  besonders  interessant  war,  dafs 
die  Früchte,  welche  Herr  Koch  vor  nur  4  Jahren  in  Angers 
gesammelt  halte,  der  Mandel  ähnlicher  waren,  während  die 
des  vorigen  Jahres  die  runde  Form  der  Pfirsiche  besafsen. 
Dieselbe  Beobachtung  hatte  auch  Carriere  bei  dem  Baume 
des    Luxemburg- Gartens    gemacht.      Herr    Koch    legte    zu 

gleicher  Zeit  die  betreffenden  Früchte   und  Fruchlsteine  vor. 
o 

Als   Geschenke  wurden   mit  Dank   entgegengenommen: 
At/i  de//'  /4caiiernia  de//e  scienze  fisic/ie  e  inateintiticlie.  Vol.  1. 

2.    1S63.  1865.    Napoli. 

Rendiconio   de//'   Acadeinia   del/e  siienze.      Anno    1  —  ">    und 

Anno  6.    Fase.  1 — 5.    Napoli. 
Lehrbuch   der  Photochrnmie   von    Dr.  Zenker.      1868. 
Beschreibung    ziveier    Microcephalen  -  Gehirne     von    Dr.    Jul. 

Sander.      1868.     (Separatabdr.) 


Gedruckt  in  der  Druckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Sitzungs-Bericht 


der 

Gesellschaft  naturforschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  19.  Mai  1868. 


Director:   Herr  Prof.  Förster. 


Der  reitige  Director  begrüfste  zunächst  die  erschienenen 
Gäste,  unter  denen  sich  Herr  Dr.  Engelmann  aus  St. 
Louis  (Nord-Amerika)  befand. 

Herr  Dr.  Engelmann  theilt  die  Resultate  seiner  Un- 
tersuchungen über  die  Abietineen  mit. 

Die  Genera,  welche  diese  Abtheilung  der  Coniferen 
bilden,  sind  durch  ihre  Wuchsverhältnisse,  die  Bildung 
ihrer  Blätter,  die  Art  der  Öffnung  ihrer  Antheren,  die 
Gestalt  ihres  Pollens,  die  Verhältnisse  der  Früchte  (Zapfen), 
die  Form  der  Samenflügel  und  das  Dasein  oder  die  Ab- 
wesenheit von  Harzbehältern  auf  den  Samen  aufs  Beste 
charakterisirt. 

Einzelnstehende  Blätter  nnd  innerhalb  eines  Jahres 
reifende  Früchte  haben  1)  Abies  (Link)  2)  Tsuga  3)  Peu- 
roides  4)  Hesperopeuce  5)  Larix  6)  Cedrus  7)  Picea  (Link); 
davon  tragen  1 — 4  flache,  5  —  7  kantige  Blätter,  alle, 
mit  den  seltensten  Ausnahmen,  ganzrandig;  bei  5  und  6 
bleiben  die  Achsen  der  Seitenzweige  unentwickelt,  daher 
deren  Blätter  in  Büschel  zusammengedrängt  sind.  Alle 
l)isher  genannten  tragen  bekanntlich  ihre  kätzchenförmigen 
männlichen  Blüthen  und  ihre  weiblichen  Blüthenstände  in 
den  Achseln  vorjähriger  Blätter  oder  an  den  Enden  kürzerer 
(am  kürzesten  bei  Larix,  etwas  länger  bei  Cedrus)  oder 
längerer  Zweige  des  vergangenen  Jahres.  Bündel  von 
1  —  5  (oder  ausnahmsweise  bis  zu  8  oder  9)  fast  immer 
gesägten  Blättern,  welche  Bündel  in  den  Achseln  von 
Schuppen  stehen,  und  erst  im  zweiten  Jahre  reifende  Früchte 
charakterisiren  bekanntlich  8,  Pinus;  die  männliche  Blüthen 
sowohl  als  die  weiblichen  Blüthenstände  werden  von  den 
Trieben  desselben  Jahres  getragen.  Andere  Gattungen  der 
Abietineen,  zumal  Psmdolarix,  habe  ich  zu  untersuchen 
keine  Gelegenheit  gehabt. 

Die  beiden  parallelen  Antherenfächer  öffnen  sich  der 
Länge  nach  bei  den  drei  letzten  Gattungen;  bei  den  fünf 
ersten  reifsen  sie  der  Quere  nach  auf.     Die  Pollenkörner  j 

[1868] 


sind  bei  den  meisten  Gattungen  länglich  mit  zwei  seitlichen 
etwas  nach  einer  Seite  gekrümmten  Anschwellungen,  bei 
Tsuga  aber  sind  sie  flach  schüsselförmig  und  bei  Peucoides 
und  Larix  oval;  bei  Abies  und  Picea  sind  sie  ausgezeichnet 
grofs,  viel  kleiner,  aber  doch  sehr  verschieden  grofs,  bei 
den  PmM.s-Arten. 

Die  Bracteen  innerhalb  der  Zapfenfrüchte  der  ersten 
sieben  Gattungen  bleibet!  blattartig,  sie  mögen  sich  während 
der  Zeit  vergröfseru  oder  nicht,  bei  Pinus  aber  schwellen 
sie  korkartig  an  und  tragen  mit  ihrer  Rückenfläche  wesent- 
lich zur  Bildung  der  Scheinfächer  bei,  in  welchen  die 
Samen  liegen. 

Bei  Abies  und  Cedrus  lösen  sich  die  Schuppen  der 
reifen  Zapfen  von  der  Achse  ab,  während  sie  bei  allen 
andern  Gattungen  persistiren.  Meist  fallen  die  Zapfen 
bald  nach  völliger  Reife  ab.  bei  einigen  Picea -Arten  aber 
(Picea  nigra  unterscheidet  sich  unter  andern  dadurch  von 
P.  alba)  und  bei  vielen  Pinus-Arten  haften  sie  mehrere,  ja 
viele  Jahre. 

Die  Samenflügel,  von  den  äufseren  Zelllagen  der  innern 
Schuppenfläche  gebildet,  bedecken  die  obere  Fläche  der 
Samen  bei  den  meisten  Gattungen  vollständig;  bei  Abies 
schlägt  sich  diese  Decke  auch  noch  theilweise  über  die 
untere  Fläche  derselben;  bei  Cedrus  ist  sie  zerzasert,  und 
bei  FHnus  bleiben  bei  dem  reifen  Samen  aufser  einem  mehr 
oder  weniger  vollständigen  Ringe  nur  noch  Spuren  zurück. 
Die  Samen  selbst  sind  bei  Abies,  Tsuga  und  Cedrus  mit 
grofsen  Harzbehältern  besetzt,  bei  den  übrigen  Gattungen 
aber  fehlen  diese.  —  Die  Zahl  der  Cotyledonen  ist  ge- 
ringer (meist  nur  3  —  5)  bei  den  ersten  Gattungen,  bei 
I^nus  und  Cedrus  aber  kommen  deren  bis  zu  12  und  mehr 
vor;  letzte  Gattung  hat  noch  die  Eigenthümlichkeit,  dafs 
die  Embryonen  gekrümmt  sind,  während  sie  bei  allen 
andern  Gattungen  fast  gerade  erscheinen. 

Die  Begränzung  der  meisten  dieser  Gattungen  ist  längst 

5 


14 


19.  Mai  1868. 


bekannt;  daher  sei  nur  bemerkt,  dafs  Tssuga  die  bekannten 
ost-anierikanischen,  west-amerikanischen  und  ost-asiatischen 
Arten  umschliefst,  welche  sich  kaum  specifisch  trennen 
lassen.  Peucoides,  von  Spach  nur  als  Section  geschieden, 
besteht  aus  der  einzigen  Art  Douglasü;  Hesperopeuce  ist 
ebenfalls  ein  monotypes  Genus,  auf  Abies  Pattuni  (syn. 
A.  Uookeriana  und  A.  WilUamsonii)  gegründet,  deren 
Blüthen  ich  untersucht,  deren  Samen  mir  aber  unbekannt 
sind.  Diese  drei  (iattungen  haben  im  Allgemeinen  die 
Blätter  von  Abies  und  die  Zapfen  von  Picea,  unter- 
scheiden sich  aber  in  den  andern  Organen  von  diesen 
beiden  und  unter  einander,  wie  oben  angegeben,  auf  das 
bestimmteste. 

Über  Pinus  wäre  nun  noch  zuzufügen,  dafs  eine  natür- 
liche Gruppirung  der  zahlreichen  Arten  nicht  leicht  zu 
finden  ist,  dai's  sich  aber  die  Section  Strohus,  die  sich 
an  Picea  anschliefst,  gut  charakterisirt  durch  die  gracilen 
hängenden  Zapfen  mit  wenig  verdickten  Schuppen  und 
die  5-zähligen  Blätter,  welche  nicht,  wie  bei  allen  andern 
Kiefern,  in  eine  abrupte,  ungesagte  Spitze  auslaufen,  son- 
dern auch  auf  dem  stumpflichen  Ende  fein  und  unregel- 
niäfsig  gezähnelt  sind.  An  diese  schliefst  sich  Cembra  an 
mit  grofsem  Samen  und  auf  ein  Minimum  reducirten  Sa- 
menflügeln; die  echten  Cembra- Arten  haben  noch,  wie 
Strobus,  wenig  verdickte  Zapfenschuppen  und  5  Blätter, 
diese  sind  aber  an  der  Spitze  immer  und  zuweilen  selbst 
am  Rande  ungesagt;  die  Unterabtheilung  Cembroides,  unter- 
schieden durch  die  ungewöhnlich  dickhöckerigen  Schuppen 
der  kleinen  Zapfen,  verdient  besondere  Beachtung,  weil 
die  vier  Arten,  welche  sie  bilden  (P.  monoi^hyUos  mit  1, 
ednlis  mit  2,  cembroides  =  Llaveana  mit  3  und  Parryi  mit 
4  —  5  Blättern)  ungeachtet  der  Verschiedenheit  in  der  Zahl 
der  Blätter  so  nahe  zusammengehören,  dafs  man  sich  ge- 
neigt fühlt  sie  als  Formen  einer  einzigen  Art  zu  betrachten, 
welche  vom  mittleren  Mexico  sich  nordwestlich  bis  Cali- 
fornien  und  Utah  erstreckt.  Die  von  einer  Scheide  um- 
schlossenen stielrunden  Blätter  von  P.  monojiliijUos  haben 
übrigens  nur  einen  einzigen  centralen  Gefäfsbündel  und 
sind  wirklich  einfach  nicht  aus  zweien  verwachsen,  wie 
die  Blätter  von  Sciadopifys;  es  kommen  indessen  am  selben 
Baum  oder  Zweig  zuweilen  auch  zweiblättrige  Bündel  vor. 

Die  grofse  Menge  der  übrigen  Arten  wäre  unter  der 
den  beiden  vorigen  coordinirten  Gruppe  Pinaster  zu  be- 
greifen; man  hat  sie  nach  der  Zahl  der  Blätter  in  5,  3 
und  2  blättrige  eingetheilt;  da  aber  viele  Arten  2  oder 
3,  und  einige  andere  3,  4  oder  5  Blätter  in  einem  Büschel 
zeigen,  so  wäre  ein  genügenderer  Eintheilungsgrund  zu 
suchen;  ein  solcher  scheint  in  der  Stellung  der  weiblichen 


Blüthenstände,  daher  der  Zapfen,  gefunden.  Diese  stehen 
entweder  am  Ende  des  Jahrestriebes,  dicht  unter  der  Ter- 
minalknospe, oder  sie  entwickeln  sich,  zumal  bei  vielen 
amerikanischen  Arten,  seitlich,  am  Jahrestriebe  gewöhnlich 
in  Quirlen,  und  zwar  so,  dafs  über  den  Blüthenständen 
ein  beschuppter  aber  blattloser  Achsentheil,  und  diesem 
erst  ein  beblätterter  folgt;  zuweilen  wiederholt  sich  dies 
noch  einmal.  Die  erste  könnte  man  Si/lvestres,  die  letzteren 
Taeda  nennen,  nach  allgemein  bekannten  Repräsentanten 
dieser  Gruppen.  Dann  könnte  man  vielleicht  noch ,  als 
Unterabtlieilung  von  Pinaster  nach  der  Fünfzahl  der  Blätter 
Pseiidostrobxis,  und  nach  der  Gröfse  der  Samen  und  ver- 
hältnifsmäfsigen  Kleinheit  der  Flügel  Pinea  trennen,  welche 
letztere  Gruppe  aufser  der  europäischen  zweiblättrigen 
P.  Pinea  die  west-amerikanischen  dreiblättrigen  P.  Sabi- 
niaria  und  P.  Coulteri  und  die  4  —  öblättrige  P.  Torreijana 
umfassen  würde.  Die  kätzchenartigen  männlichen  Blüthen 
der  P»»/s-Arten  sind  von  einer  ziemlich  bestimmten  Anzahl 
von  Knospenschuppen  umgeben,  die  z.  B.  bei  P.  sylvestris 
aus  3,  bei  P.  cembroides  und  P.  Canariensis  aus  4,  bei  P. 
austriaca  aus  8  — 12  besteht,  u.  s.  w.  Bei  P.  resinosa  und 
P.  Canariensis  sind  diese  Schuppen  in  der  Mitte  gegliedert. 
Herr  Ehrenberg  sprach  wieder  über  den  zuletzt  im 
Januar  1867  der  Gesellschaft  vorgezeigten  lebenden  Ily- 
pocJithon  Laurenti  von  1859,  welcher  nun  8  Jahre  9  Monate 
isolirt  fortgelebt  hat  und  sich  noch  kräftig  und  munter 
bewegt.  Seine  Farbe  ist  sehr  dunkel  geworden  und  er 
verschlang  während  des  Vorzeigens  ihm  dargebotene  kleine 
Regenwürmer.  Die  im  Ruhezustande  jetzt  öfter  monate- 
lang blutlos  gebliebenen  weifsen  Kiemen  wurden  durch 
seine  Aufregung  wieder  sparsam  mit  Blut  gefüllt,  blieben 
aber  klein,  so  dafs  die  Lungenathmung  bei  demselben  jetzt 
jedenfalls  fortdauernd  überwiegend  vor  der  Kiemenathmung 
erscheint.  Rücksichtlich  der  im  Jahre  1862  in  den  Monats- 
berichten der  Berliner  Akademie  ausführlich  geschilderten 
Nahrungs Verhältnisse  wurde  bemerkt,  dafs  Hr.  Prof.  Grube 
in  Breslau  in  den  Jahresberichten  der  Schlesischen  Ge- 
sellschaft 1865  pag.  64  die  sehr  interessante  nähere  Be- 
stimmung jener  Annulatenformen  mit  gabelförmigen  Borsten 
gewonnen  hat,  welche  nun  die  Reihe  der  in  der  Magda- 
lenengrotte  lebenden  augenlosen  Würmer  vermehren.  Nach 
den  aus  dem  Leibe  der  Olmen  genommenen,  von  mir  an 
Herrn  Grube  gesandten,  Exemplaren  konnte  bestimmt 
werden,  dafs  sie  sehr  wahrscheinlich  der  Saenuris  barbata 
Gr.  angehören,  einer  augenlosen  bisher  in  Krain  noch  nicht 
beobachteten  Naidine,  die  Hr.  Grube  in  dem  Vranasee 
der  Insel   Cherso   aufgefunden   hat,    wobei   bemerkt  wird, 


y,9.  Mai  1868. 


15 


dafs  der  See  auch  nach  Prof.  Lorenz  Urtheil  wohl  im 
unterirdischen  Zusammenhange  mit  dem  Festland  steht. 

Hierauf  legte  Derselbe  die  von  Herrn  Dr.  Julius 
Haast  nach  Wien  gesandten  grofsen  Photographien  von 
sechs  ganzen  Skeletten  der  straufsartigen  Riesenvögel  von 
Neu-Seeland  zur  Kenntnifsnahme  auch  hier  vor,  welche 
durch  Herrn  Dr.  v.  Hochstetter  freundlich  übermittelt 
worden. 

Herr  E.  von  Stranipff  theilte  im'Anschhifs  an  seinen 
Vortrag  in  der  letzten  Sitzung  mit,  dafs  bei  der  mikro- 
skopischen Untersuchung  des  mit  Schlick  geschwängerten 
Fluthwassers  aus  der  vom  Herrn  Wasserbau- Direktor 
Berg  in  Bremerhafen  übersandten  zweiten  Flasche  andere 
Organismen  als  in  dem  zur  Ebbezeit  aufgenommenen  oberen 
(nicht  „klaren")  flüssigen  Schlick  der  ersten  Flasche  sich 
nicht  vorgefunden  hätten.  Das  jetzt  untersuchte  Wasser 
sei  im  Verhältnifs  zum  Inhalt  der  ersten  Flasche  arm  an 
Formen,  den  Arten  und  der  Zahl  nach,  und  selbst  der 
durch  Deklariren  und  Filtriren  gesonderte  Schlick  der 
zweiten  Flasche  minder  ergiebig.  Diefs  erkläre  sich  dar- 
aus, dafs  dem  Schlick  des  Watts  bei  Bremerhafen  unaus- 
gesetzt Meeres-Organismen  zugeführt  würden ,  die  sich  an 
dessen  erdigen  Theilen  festsetzten  und  davon  vermehrten, 
während  Ebbe  und  Fluth  nur  eine  geringere  Menge  wieder 
wegspühle. 

Herr  Thaer  machte  eine  Mittheilung  über  einen  in 
der  Nähe  von  Graudenz  in  diesen  Tagen  stattgehabten 
Fall  der  Verheerung  von  Saatfeldern  durch  die  Larven 
des  Elater  segetis.  Schon  im  Jahre  1866  und  1867  hatte 
hatte  sich  dieser  Feind  namentlich  in  der  Gerste  gezeigt, 
doch  sporadisch.  In  diesem  Frühjahr  hat  derselbe  unter 
andern  innerhalb  etwa  10  Tagen  ein  üppig  stehendes 
Gerstenfeld  von  110  Morgen  total  vernichtet.     Auffallender 


Weise  ist  diejenige  Gerste,  zu  welcher  ira  Frühjahr  noch 
einmal  gepflügt  war,  nicht  beschädigt,  sondern  nur  die- 
jenige, welche  ohne  Frülijalir-Pflugfurche  mit  dem  Grubber 
bestellt  war;  desgleichen  sind  im  Gegensatz  zu  früheren 
Erfahrungen  die  mit  der  Walze  behandelten  Felder  mehr 
verwüstet,  als  die  nicht  gewalzten.  Die  humosen  lockeren 
Bodenarten  sind  stärker  betroiFen  als  die  thonigen,  und 
die  Niederung  mehr  als  die  Höhe.  Zahlreiche  Scolopender 
fanden  sich  aufser  dem  Elater  in  der  Ackerkrume,  —  ob 
Feinde  desselben?  — 

Herr  Förster  besprach  einige  Einzelheiten  aus  den 
Resultaten  der  magnetischen  Beobachtungen  der  Berliner 
Sternwarte.  Er  erinnerte  an  die  mehrjährigen  Perioden, 
welche  sich  in  den  Jahresmitteln  der  täglichen  Schwankun- 
gen der  Declinationen  zeigen,  und  theilte  mit,  dafs  die- 
selben bis  in  die  neuste  Zeit  in  den  Berliner  Beobachtun- 
gen sehr  klar  hervortreten.  Zum  Schlufs  wurden  einige 
Erfahrungen  über  die  Torsions -Constanz  von  Aluminium- 
Bronce-Dräthen,  welche  sich  bei  den  Berliner  magnetischen 
Beobachtungen  ergeben  haben,  hervorgehoben.  — 

Herr  Vogel,  welcher  als  Gast  anwesend  war,  legte 
eine  ausgezeichnet  scharfe  und  grofse  Mond-Photographie 
von  Herrn  Rutherford  in  New -York  vor  und  knüpfte 
daran  einige  Bemerkungen  über  Herrn  Rutherford 's 
Verfahren. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen: 
Monatsbericht  der  Berl.  Akademie.     1867.  December. 
Bericht    über    die    Verhandlungen    der   Europäischen    Grad- 
messung.    Berlin  1868. 
Abhandlungen  der  naturhistorischen  Gesellschaft  zu  Nürnberg. 

Bd.  3.  Hälfte  2.     1866. 
Lotos,    Zeitschrifl  für  Naturwissenschaften.     Jahrg.  15-17. 
Prag.   1865-1867. 


Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzunffs-Bericht 


der 


Gesellschaft   iiatiirforschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  16.  Juni  1868. 


Director:   Herr  Prof.  Förster. 


Hr.  Braun  sprach  über  die  von  Charles  Wright  auf 
Cuba  gesammelten  Arten  der  Gattung  Najas.  Die  neuesten 
Sammlungen  dieses  unermüdlichen  Erforschers  der  Insel  von 
1865  enthalten  aufser  anderen  interessanten  Wasserpflanzen, 
z.B.  einer  neuen  Isoetes- Avt  (/.  cubana  Engelm.)  8  Nummern 
aus  der  Gattung  Najas,  durch  welche  4  verschiedene  Arten, 
zum  Theil  in  mehreren  Formen,  vertreten  sind.  Zunächst 
die  über  alle  Welttheile  verbreitete  iV.  major  All.  (No.  81), 
die  aus  VVestindien  bisher  nur  von  Antigua  bekannt  war 
(Grisebach,  Flora  of  brit.  west.  ind.  II.  507).  Die  übrigen 
Arten  Cuba's  gehören  der  Section  mit  monöcischen  Blüthen 
(Caulinia  W.)  an  und  zwar  sämnitlich  der  Gruppe  der 
Arten  mit  abschüssigen  (weder  gestutzten,  noch  geohrten) 
Blattscheiden,  deren  Hauptrepräsentanten  iV.  arguta  (in  Süd- 
amerika) und  N.  flexilis  (in  Nordamerika  und  Nordeuropa) 
sind,  erstere  durch  vorgezogene,  eine  vielzellige  Vorragung 
bildende  und  mit  einem  Stachelspitzchen  gekrönte  Zähne 
des  Blatts  ausgezeichnet,  letztere  durch  Zähne  aus  einer 
einzigen  Zelle,  dem  blofsem  Stachelspitzchen.  Von  den 
cubanischen  Arten  schliefsen  sich  die  zwei  nächstfolgen- 
den der  ersteren,  die  dritte  der  letzteren  Art  an.  No.  75 
ist  N.  conferta  A.  Br.  in  Seemann's  Journ.  of  Rot.  II. 
507  (als  Abart  von  N.  arguta"),  früher  nur  aus  Brasilien 
bekannt,  durch  sehr  dichte  Beblätterung  und  büscheli- 
gen Wuchs  ausgezeichnet.  Die  Fruclit  schlank  mit  un- 
deutlichen langgezogenen  Vertiefungen  an  der  Oberfläche. 
Nr.  78  N.  Wrightiana  A.  Br.,  eine  der  vorigen  sehr  nahe 
verwandte  neue  Art,  mit  langgezogen-pyramidalem,  dichtem 
Wuchs,  ungefähr  wie  bei  N.  graminea,  Blätter  von  -l™" 
Breite,  jederseits  mit  10 — 18  starken  Zähnen,  einer  kurzen 
(wenig  über  1™™  langen)  Frucht,  welche  an  der  Schale 
undeutlich,  am  Samen  sehr  deutlich  20  —  24  Reihen  rund- 
lich-quadratischer Vertiefungen  zeigt.  Nr.  73  ist  eine  va- 
rietas  laxa  derselben  Art,  deren  Zweige  mehr  ausgebreitet, 
die  Blätter  breiter  sind.  Nr.  72,  74,  76  und  77  gehören 
[1868] 


zu  N.  microdon  A.  Br.,  einer  sehr  vielgestaltigen,  früher 
zu  N.  flexilis  gerechneten  Art,  deren  Stelle  sie  in  den  süd- 
licheren Theilen  Nordamerikas,  in  Westindien  und  Süd- 
amerika vertritt,  und  von  der  sie  sich  hauptsächlich  durch 
die  Sculptur  der  Frucht  (und  des  Samens)  unterscheidet. 
Die  Frucht  ist  kürzer  (1  —  2'"™  lang),  weniger  glänzend, 
mit  kaum  über  16  Reihen  fast  quadratischer  Vertiefungen; 
bei  N.  flexilis  ist  sie  2^ — 3"""  lang,  ausgezeichnet  glatt 
und  glänzend,  mit  undeutlicher  Zeichnung;  erst  am  Samen 
erscheinen  deutlich  gegen  40  Reihen  sehr  kleiner  rundlich- 
quadratischer Vertiefungen.  Von  iV.  microdon  giebt  es  For- 
men mit  breiteren  und  schmäleren  Blättern,  erstere  meist 
mit  zahlreicheren  Zähnen,  ferner  mit  flachen,  schwach 
wellig  gebogenen  und  am  Rande  stärker  wellig-gekräuselten 
Blättern.  Man  kann  darnach  2  Hauptvarietäten  und  einige 
Untervarietäten  unterscheiden  und  zur  Bezeichnung  der 
ersteren  bereits  vorhandene  Benennungen  benutzen:  N.  mi- 
crodon ct.  guadalupetisis  mit  Blättern,  welche  unter  1™" 
breit  sind.  Hieher  gehören  die  angeführten  Cubanischen 
Nummern  und  oiine  Zweifel  N.jlexilia  Griseb.  Cat.  pl.  Cub. 
p.  218.  Wright's  Nr.  72  und  77  sind  flachblättrig  und 
besonders  erstere  äufserst  kleinzähnig;  mit  diesen  stimmt 
üherein  N.  flexilis  ß.  fusi/oDiiis  Chapinnu  aus  Florida.  Bei 
Nr.  74  und  76  sind  die  Blattränder  leicht  auf  und  nieder- 
gebogen, doch  nicht  so  stark  wellig  wie  bei  den  Exem- 
plaren von  Guadeloupe,  auf  welche  Sprengel  seine  6a«- 
linia  guadalupensis  gegründet  hat.  Unter  N.  microdon  ß. 
curassavica,  mit  über  l"™  breiten  Blättern,  welche  Abart 
in  Cuba  noch  nicht  beobachtet  ist,  kann  man  die  frülier 
in  Seemann's  Journal  1.  c.  als  N,  flexilis  rar.  curassavica 
und  vor.  Gollmeriana  bezeichneten  Formen,  vielleicht  aucli 
N.  flexilis  var.  punctata,  vereinigen. 

Hr.  Dönitz  sprach  über  sogenannte  amöboide  Bewe- 
gungen und  die  Cohnheim'schen  Entzündungserschei- 
nungen. 

6 


18 


16.  Juni  1868. 


Die  in  Gemeinschaft  mit  dem  Dirigenten  des  hiesigen 
städtischen  Pockenhauses,  Hrn.  Dr.  Poppelauer,  ange- 
stellte Untersuchung  des  Eiters  frisc-licr  Variolapusteln  ergab 
folgendes.  Wenn  man  das  zu  untersuchende  mikroskopische 
Praeparat  in  der  Art  anfertigt,  dafs  sich  Luftblasen  unter 
dem  Deekglase  befinden,  so  häufen  sich  die  in  frischer 
Lymphe  noch  spärlich  vorhandenen  Eiterkörperchen  all- 
mählich an  der  Grenze  der  Luftblasen  an.  Nach  Verlauf 
von  etwa  einer  viertel  Stunde  beginnt  eine  höchst  eigen- 
thümliche  Erscheinung.  Es  dringen  aus  der  mit  Eiter- 
körpern besetzten  Grenzschicht  der  Flüssigkeit  schwach 
contourirte,  hyaline  Fortsätze  hervor  und  ragen  in  die 
Luftschicht  zwischen  Objectträger  und  Deckglas  hinein. 
Zusehends  werden  sie  länger  und  verbreitern  sich  gegen 
ihr  freies  Ende  hin,  welches  selbst  wieder  kleinere  Fort- 
sätze ausschickt,  die  wieder  eingezogen  zu  werden  pflegen, 
in  dem  Maafse  als  die  Hauptmasse  der  ausgetretenen  Sub- 
stanz sich  von  dem  Lymphtropfen  entfernt.  Die  dünnen 
Fäden,  welche  die  wandernden  Körper  mit  der  Grenz- 
schicht der  Lymphe  verbinden,  reifsen  dann  einer  nach 
dem  andern  ab,  so  dafs  schliefslich  mannichfach  gestaltete 
Körperchen  in  einiger  Entfernung  von  dem  Lymphtropfen 
diesen  umgeben.  Diese  Körper  sind  durchaus  hyalin,  nur 
manchmal  erscheinen  sie  mehr  oder  weniger  körnig,  wegen 
Unebenheiten  der  Oberfläche  oder  wegen  zufällig  ankle- 
bender Körnchen.  Es  fehlt  ihnen  jede  Spur  eines  Kernes. 
Ihre  Gröfse  schwankt,  doch  übertreffen  sie  häufig  die  Eiter- 
körper um  ein  mehrfaches.  Sie  liegen  alle  in  einer  Ebene, 
weil  sie  an  der  Fläche  des  Glases  haften.  Über  ihren 
Ursprung  kommt  man  ins  klare,  wenn  man  solche  Stellen 
untersucht,  an  denen  vereinzelte  Eiterkörperchen  in  der 
Lymphe  liegen.  Da  erkennt  man,  dafs  jeder  Faden  von 
je  einem  Eiterkörperchen  ausgeht.  Mag  die  ausgetretene 
Masse  aber  noch  so  voluminös  sein  im  Verhältnifs  zum 
Eiterkörperchen,  so  verläfst  doch  dieses  letztere  den  Lymph- 
tropfen nie. 

In  ihren  optischen  und  mikrochemischen  Eigenschaf- 
ten haben  diese  Körper  die  gröfste  Ähnlichkeit  mit  den 
sogenannten  Eiweifstropfen,  welche  aber,  in  Flüssigkeiten 
suspendirt,  sich  zu  Kugeln  abrunden,  während  die  frag- 
lichen Gebilde,  unter  dem  Einflufs  der  Adhäsion  der 
Glasfläche  stehend,  sich  polymorph  gestalten.  Beim  Aus- 
treiben der  glashellen  Körper  aus  der  capillaren  Flüssig- 
keitsschicht dürfte  hier  die  Verdunstung  eine  Hauptrolle 
spielen.  Dies  scheint  daraus  hervorzugehen,  dafs  der  Aus- 
tritt am  häufigsten  am  freien  Rande  des  Lymphtropfens 
erfolgt,  hingegen  um  so  spärlicher  wird,  je  kleiner  die 
Luftblasen  sind,   um  welche  die  Eiterkörper  sich  gelagert 


haben.  Eine  kleine  Luftblase  ist  aber  so  schnell  mit  Feuch- 
tigkeit gesättigt,  dafs  die  Verdunstung  schon  aufhört,  noch 
bevor  das  beschriebene  Phaenomen  eintreten  konnte. 

Dieser  Vorgang  ist  nun  bis  in  alle  Einzelheiten  hinein 
ein  getreues  Abbild  der  von  Cohnheim  beschriebenen 
Entzündungserscheinungen  am  Froschmesenterium,  mit  dem 
Unterschiede,  dafs  dort  weifse  Blutkörper,  hier  Eiterkörper 
untersucht  werden,  und  dafs  dort  eine  Gcfäfswand  durchsetzt 
wird,  deren  Resistenz  hier  durch  die  Cohäsion  der  Grenz- 
schicht einer  Flüssigkeit,  des  Lymphtropfens  vertreten  wird. 
In  der  Deutung  der  beobachteten  Erscheinung  beging  aber 
Cohnheim  das  Versehen,  dafs  er  die  durch  die  Gcfäfs- 
wand hindurchgehenden  Körper  für  weifse  Blutkörper  hielt, 
während  sie  doch  nur  aufgequollene  Theile  des  Inhaltes 
derselben  sind.  Die  Kerne  aber  bleiben  mit  dem  gröfsten 
Theil  der  Inhalt sraasse  innerhalb  des  Gefäfslumens  zurück. 
Die  ausgetretenen  Massen  können  demnach,  wenn  diese 
Vorgänge  wirklich  zur  Eiterung  führen,  wohl  etwas  Mate- 
rial zur  Bildung  des  Eiters  abgeben,  können  aber  niemals 
Eiterkörper  werden,  so  lange  nicht  nachgewiesen  ist,  dafs 
Zellkerne  sich  frei  in  einer  durchaus  homogenen  Eiweifs- 
substanz  bilden  können. 

Man  kommt  somit  zu  dem  Schlufs,  dafs  die  bestehende 
Entzündungslehre  durch  Cohnheim  nicht  alterirt  worden 
ist,  und  dafs  man  Unrecht  tbut,  die  fraglichen  Körper  mit 
Amöben  zu  vergleichen  und  ihre  Formveränderungen  amö- 
boide Bewegungen  zu  nennen,  da  dies  immer  eine  active 
Formveränderung  voraussetzen  würde;  und  wenn  fremde  Kör- 
perchen ihnen  ankleben,  so  heifst  es  mindestens  der  Sprache 
Gewalt  anthun,   wenn  man  dies  ein   „Fressen"  nennt. 

Der  Vortragende  machte  ferner  darauf  aufmerksam, 
dafs  dieselbe  Erscheinung  sich  auch  an  Wundeiter  beob- 
achten läfst,  der  nur  zu  viel  Eiterkörper  und  moleculare 
Beimengungen  enthält,  um  eine  vollkommene  Einsicht  in 
den  Vorgang  zu  gestatten.  Viele  Bewegungserscheinungen 
an  weifsen  Blutkörpern  innerhalb  des  Blutes  selbst  müssen 
in  ähnlicher  Weise  gedeutet  werden  wie  das  beschriebene 
Phänomen. 

Hr.  Ascherson  legte  drei  bereits  von  Sloane  Catal. 
Jamale,  p.  5,  Hist.  Jamale.  I.  p.  61  im  unfruchtbaren  Zu- 
stande unterschiedene  Meerphanerogamen  Westindiens  vor, 
von  welchen  er  durch  die  Güte  des  Dr.  Engel  mann  mit 
(sämmtlich  weiblichen)  Blüthen  versehene  Exemplare,  von 
Wright  an  der  Küste  von  Cuba  1865  gesammelt,  zur  Un- 
tersuchung erhalten  hatte.  1)  (Wright  186.5  no.  82)  Tha- 
lassia  testuclinum  Kön.  {Alga  angustifoUa  vitrariorum  Sloane 
1.  c.)  Der  Blüthenbau  bestätigt  vollkommen  die  im  Jan. 
1867   ausgesprochene  Vermuthung,    dafs    Schizotheca  Hern- 


16.  Juni  1868. 


19 


prichü  Ehrb.  des  indischen  Oceans  mit  T.  teittüdinum  min- 
destens generiscil  identisch  ist.  2)  (Wright  1865  no.  84) 
Halodulel  Wrightii  Aachs.  (Alga  marina  graminea  angustissimo 
folio  Sloane  1.  c).  Nach  dem  Wüchse  und  dem  Bau  der 
Blätter  der  Ilalodule  austraUs  Miq.  des  indischen  und  stillen 
Oceans  so  ähnlich ,  dafs  an  der  generischen  Zusammen- 
gehörigkeit nicht  wohl  zu  zweifeln  ist,  obwohl  höchst  wahr- 
scheinlich wegen  der  viel  längeren,  relativ  und  auch  ab- 
solut schmäleren  Blätter  {\ — 1""",  bei  H.  austraUs  bis  2"""), 
welche  an  den  feinblättrigen  Exemplaren  lang-  und  fein 
zweispitzig  mit  abgerundeter  Bucht  enden,  als  Art  zu  trennen. 
Unfruchtbare  Exemplare  derselben  Pflanze  lagen  schon 
früher  von  der  Küste  Nieder-Guineas  (Loanda  und  Ambriz, 
Welwitsch  it.  angol.  no.  246)  und  von  der  westindischen 
Insel  St.  Thomas  (Krebs  im  Kopenhagener  Museum)  sowie 
von  Haiti  (Weinland)  vor.  Die  vorliegenden  weiblichen 
Blüthen,  welche  wie  bei  Cymodocea  aequorea  Kön.  einen 
mit  Laubblättern  versehenen  Sprofs  beschliefsen,  der  zur 
Blüthezeit  meist  schon  von  einem  Laubzweige  übergipfelt 
wird,  zeigen  wie  bei  dieser  Art  zwei  neben  einander 
stehende  Carpelle,  deren  jedes  aber  nur  eine  (nicht  zwei) 
bandförmig  abgeplattete ,  an  der  breiten  Spitze  ausgeran- 
dete  Narbe  trägt,  eine  Abweichung,  welche,  falls  die  pro- 
visorisch dieser  Art  angewiesenen  generische  Stellung  sich 
durch  Auffindung  der  männlichen  Blüthen  der  atlantischen 
und  der  weiblichen  der  indischen  Pflanze  bestätigt,  die 
Trennung  der  Gattung  Ilalodule  von  Cymodocea  sichern 
würde.  Die  einzige  vorhandene  Frucht  ist  oval,  wenig 
zusammengedrückt  1^""°  im  Durchmesser.  3)  (Wright 
1865  nr.  85)  Cymodocea  (Phycoschoenus)  manatorum  Aschs. 
(Alga  Juncea  sive  juncus  marinus  radice  alba  geniculata, 
Manati  gross  Sloane  1.  c.  tab.  22  fig.  5).  Steril  schon 
früher  von  Haiti  (Hb.  Buchinger  und  Lenormand)  und 
Martinique    (Belanger   herb,    des  Antilles   nr.  583   in   Hb. 


Franqueville)  vorliegend,  der  C.  iso'itifolia  Aschs.  des  indi- 
schen Ocean  sehr  nahe  stehend,  aber  ebenfalls  schon  steril 
durch  längere  und  dünnere,  trocken  kaum  1"°™  breite, 
beim  Trockenen  schwarz  werdende  Blätter  zu  unterscheiden, 
während  die  der  C.  isoeti/olia  eine  helle,  graugrüne  Farbe 
beibehalten.  Die  bisher  allein  vorliegenden  weiblichen 
Blüthen  und  Früchte  weichen  von  denen  der  C.  isoeti/olia 
durch  viel  beträchtlichere  Gröfse  ab  (letztere  8"""  lang, 
bei  jenen  nur  3),  letztere  zeigen  auch  eine  gestrecktere 
Form,  indem  sie  als  halbelliptisch  (jene  halboval)  zu  be- 
zeichnen sind. 

Schliefslich  erwähnte  derselbe,  dafs  Dr.  Klunzinger 
in  Kosser,  auf  seine  Veranlassung  sich  mit  dem  Studium 
der  im  rothen  Meere  vorkommenden  Phanerogamen  be- 
schäftigt habe  und  im  Frühjahr  1867  die  weiblichen  Blüthen 
der  bisher  nur  unfruchtbar  bekannten  Halophila  stipulacea 
(F.)  Aschs.  entdeckt  habe,  welche  nach  einer  brieflichen 
Mittheilung  desselben  an  Dr.  Schweinfurth  sich  nur 
durch  ihre  grölseren  Dimensionen  von  denen  der  H.  ovalis 
(R.  Br.)  Hook.  fil.  unterscheiden. 

Zum  Schlüsse  machte  Hr.  Förster  einige  Mittheilun- 
lungen  über  die  gegenwärtig  sichtbaren  Kometen.  Er  ver- 
weilte einige  Zeit  bei  dem  Brorsen'schen  Cometen,  welcher 
eine  Umlaufszeit  von  5^-  Jahren  hat  und  erst  seit  einigen 
Jahrzehnten  durch  die  Anziehung  des  Jupiter,  dem  er 
sehr  nahe  gekommen  ist,  seine  gegenwärtige  Bahn  be- 
kommen hat.  Im  Laufe  des  nächsten  Jahrhunderts  wird 
dieser  Comet  -wieder  in  so  grofse  Nähe  zum  Jupiter  kommen, 
dafs  seine  Bahn  auf's  Neue  eine  radikale  Umgestaltung 
erfahren  wird.  Der  Vortragende  lenkte  endlich  die  Theil- 
nahme  der  Gesellschaft  auf  die  bevorstehende  Sonnen- 
finsternifs-Expedition  hin,  an  welcher  drei  Ehren-Mitglieder 
der  Gesellschaft,  die  Hrn.  Dr.  Tietjen,  Dr.  Zenker 
und  Dr.  Fritsch  betheiligt  sein  werden. 


Buchdruckerei  der  Künigl.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft   naturforsclieiidei-  Freunde 

zu  Berlin 
am  21.  Juli  1868. 


Director:    Herr  Prof.  Ehrenberg. 


In  Abwesenheit  des  zeitigen  Directors  eröffnete  Herr 
Förster  die  Sitzung. 

Hr.  Braun  legte  eine  Probe  von  Ahornzucker  vor, 
welchen  Dr.  Engel  mann  aus  Nordamerika  mitgebracht. 
Derselbe  stammt  nicht,  wie  man  früher  glaubte,  von  Acer 
saccharinum,  sondern  von  A.  dasycarpon,  und  wird  noch 
immer  in  grofser  Menge  aus  dem  Safte  dieses  Baumes  be- 
reitet. Ferner  wurden  Baststücke  des  Affenbrodbaumes 
oder  Boabab  (Adansonia  digitata)  von  der  Südwestküste 
Afrika's  vorgezeigt,  so  wie  mehrere  Proben  eines  daraus 
bereiteten,  durch  Festigkeit  ausgezeichneten  Papieres,  von 
dem  Erfinder  der  Verfertigung  desselben,  Hrn.  Monteiro, 
an  Prof.  Hof  mann  gesendet. 

Hr.  Braun  legte  sodann  eine  Reihe  von  Zeichnungen 
vor,  welche  Hr.  Dr.  Hermann  Itzigsohn  in  Quartschen 
zur  Ansicht  gesendet  hatte.  Dieselben  beziehen  sich  grofsen- 
theils  auf  die  eigenthümliche  Algenflora  der  märkischen 
Haiden.  Als  charakteristische  Arten  sind  durch  Figuren 
illustrirt:  Chrysococcus  ericetorum  H.  J.,  grofse  kugelige  Zel- 
len mit  goldgelbem,  im  Centrum  dunkler  braunrothem  In- 
halt, zu  vergleichen  mit  Chroococcus  macrococcus  und  Uro- 
coccus  insignis;  ferner  Gloeocapha  coracina  und  atrata  K.; 
Palmogloea  ericetorum  H.  J.  mit  den  characteristischen  Co- 
pulationszuständen  und  zuweilen  violet  gefärbten  Gallert- 
hüllen; Palmogloea  crassa  K. ;  P.  vesiculosa  K.;  Cylindro- 
cystis  (?)  euastroides  H.  J.,  in  der  Form  an  Euastrum  er- 
innernd, aber  im  Trocknen  wachsend;  Zygogonium  erice- 
torum K.  in  mancherlei  Formen  und  mit  Copulation;  Pla- 
giogloea.  H.  J.,  eine  fragliche  neue  Gattung  mit  mehreren 
Arten,  wobei  jedoch  die  wohl  begründete  Vermuthung  aus- 
gesprochen wird,  dafs  diese  Gebilde  abgelöste  Brutzellen 
von  Jungermannien  seien.  An  die  Ericetalgen  sehliefsen 
einige  auf  Lebmdächern  wachsende  Algen  an,  namentlch 
Gloeocapsa  stegophila  und  Scytonema  tectorum  H.  J.  Zu- 
letzt wurde  noch  eine  Tafel    vorgelegt,    durch    welche  Hr. 

[1868] 


Itzigsohn  eine  bei  der  Aussaat  der  Sporen  von  Parmelia 
stellaris  und  Lecanora  atra  gemachte  Beobachtung  veran- 
schaulicht, nämlich  den,  wie  er  überzeugt  ist,  unzweifel- 
haften, durch  alle  Zwischenstufen  der  Bildung  verfolgbaren 
Übergang  normalgebildeter  Sporen  in  amoebenartige  und 
nach  Art  der  Amoeben  bewegliche  Körperchen. 

Hr.  Dönitz  zeigte  einen  monströsen  Fuchsschädel  vor, 
den  das  Kgl.  anatomische  Museum  der  Güte  des  Hrn.  Grafen 
Frankenberg-Ludwigsdorf  zu  Tillowitz  in  Schle- 
sien verdankt.  Dieser  Schädel  (Nr.  21863)  bietet  eine 
Eigenthümlichkeit  in  der  Schnauzenbildung  dar,  welche  an 
diejenige  einer  Bulldogge  erinnert.  Die  Formabweichung 
beruht  auf  einer  Verkürzung  der  vorderen  Partie  der  Ober- 
kiefer und  einer  Verlängerung  des  vorderen  Endes  der  Un- 
terkieferhälften. Die  drei  hinteren  Backzähne  beider  Kie- 
fer greifen  normal  ineinander.  Dagegen  stehen  der  dritte 
und  zweite  Backenzahn  des  Oberkiefers  dem  vierten  und 
dritten  Lückenzahn  des  Unterkiefers  gegenüber,  anstatt  in 
die  Lücken  vor  denselben  einzugreifen.  Der  obere  Eck- 
zahn steht  an  einer  Stelle,  welche  der  Lücke  zwischen  den 
beiden  ersten  praemolaren  Zähnen  des  Unterkiefers  ent- 
spricht, während  er  vor  dem  ersten  Praemolaren  unmittel- 
bar hinter  dem  unteren  Eckzahn  stehen  sollte.  Dieser 
letztere  hat  beiderseits  den  dritten  (äufseren)  Schneidezahn 
des  Oberkiefers  vom  zweiten  Schneidezahn  abgedrängt.  Die 
unteren  Schneidezähne  ragen  sämmtlich  über  die  noch  übrigen 
vier  mittleren  oberen  Schneidezähne  hinaus,  während  ihre 
Schneiden  doch  hinter  denselben  liegen  sollten.  Dafs  hier  nun 
eine  Verkürzung  des  Oberkiefers  stattgefunden  hat,  geht  dar- 
aus hervor,  dafs  die  Lückenreihen  desselben  näher  an  einander 
stehen  als  in  normalen,  damit  verglichenen  Schädeln.  Umge- 
kehrt mufs  eine  Verlängerung  des  Unterkiefers  Vorhandensein, 
weil  die  hinteren  Lückenzähne  desselben  weiter  auseinander 
stehen  als  gewöhnlich.  Die  beschriebene  Formabweichung  hat 
insofern  Interesse,  als  sie  zeigt,  dafs  auch  bei  wilden  Hunde- 

7 


22 


2i.  Juli  1868. 


Arten  Variationen  vorkommen  können,  welche  Ähnlichkeit 
haben  mit  den  monströsen  Bildungen,  welche  unter  den 
Hausthieren  die  BuUdoggenforni  (Mopsbilduiigen)  charac- 
terisiren.  Diese  Bildungsabweichung  scheint  durchaus  selb- 
ständiger Natur  zu  sein,  da  eine  an  sich  schon  unwahr- 
scheinliche Verbastardirung  zwischen  Bulldogge  und  wil- 
der Füchsin  um  so  mehr  ausgeschlossen  werden  mufs,  weil 
die  eigenthümliche  Veränderung  in  der  Schnauzenbildung  auf 
beiden   Seiten   ganz   gleichniäfsig   erfolgt    ist.      Bei   einem 


Blendlinge  würde  man  mit  gröfster  Wahrscheinlichkeit  einen 
Unterschied  in  der  Zahnstellung  auf  beiden  Seiten  erwarten. 
Hr.  Förster  machte  einige  Mittheilungen  über  die 
neuesten  Spectral- Untersuchungen  des  Cometen- Lichtes. 
Das  gemeinsame  Resultat  dieser  Untersuchungen  sei  die 
Thatsache,  dafs  in  dem  Lichte  der  Kometen-Kerne  nur  un- 
deutliche Spuren  von  reflectirtem  Sonnen -Lichte,  dagegen 
deutliche  Anzeichen  eigener  characteristischer  Licht-Ent- 
wickelungen  gefunden  werden. 


Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Berlin.   Univer.sitätsstr.  8. 


Sitzuncis-Bericht 


der 


Gesellscliaft  naturforscliender  Freunde 

zu  Berlin 

am  20.  October  1868. 


Director:    Herr  Director  August. 


Hr.  Ehrenberg  übergab  der  Gesellschaft  ein  Exem- 
plar seines  gedruckten  Vortrages  über  die  rothen  Erden 
als  Speise  der  Guinea  Neger,  worin  der  Mangel  rothen 
Oberflächen-Staubes  in  ganz  Africa  nachgewiesen  und  der 
Scirrocco-  und  Fühn-Staub  der  obersten  Erdatmosphäre  als 
Passatstaub  noch  weiter  vindicirt  wird.  Derselbe  legte 
stereoskopische  von  Dr.  Julius  Haast  aus  Neu-Seeland 
ihm  zugesandte  Abbildungen  der  dortigen  Dinornithen  vor 
und  auch  die  stereoskopische  in  Berlin  jetzt  verkäufliche 
Darstellung  der  grofsen  Pappel  beim  Hoijäger  im  Thier- 
garten.  Endlich  brachte  derselbe  die  schönen  vom  Assistenz- 
Arzt  Dr.  Curtis  in  Washington  gefertigten  Photographien 
der  Analyse  aller  19  Gruppen  der  neuesten  Nobertschen 
Mikrometerlinien  vor. 

Hr.  As  eher  so  n  constatirte,  dafs  die  von  ihm  im  October 
1867  hier  mitgetheilte  Vermuthung  v.  Janka's,  dafs  Po- 
tentiUa  stenantha  Lelim.  mit  Aremonia  Agrimonioides  (L) 
D.  C.  identisch  sei,  sich  ihn  bei  Ansicht  des  im  böhmischen 
Museum  zu  Prag  aufbewahrten  Lehmann'schen  Original- 
exemplars, welches  noch  die  No.  970  von  Sendtner's  bos- 
nischer Reise  trägt,  bestätigt  habe,  welche  Identität  auch 
dort  schon  von  dem  ehemaligen  Gustos  der  botanischen 
Abtheilung,  Dr.  Purkyne,  erkannt  worden  sei. 

Ferner  theilte  derselbe  mit,  dafs  Hr.  Dr.  Blau,  Con- 
sul  des  norddeutschen  Bundes  in  Serajevo,  auf  seinen 
Wunsch  die  Flora  Bosnien's  zu  erforschen  begonnen  und 
in  diesem  Sommer  bereits  650  Nummern  eingesandt  habe; 
die  Kenntnifs  der  Flora  Bosniens ,  welche  bisher  nur  auf 
den  Ergebnissen  der  Sendtner'schen  Reise  vom  Apr. — 
Jul.  1847  beruhte,  erhält  durch  diese  Forschungen  eiuen 
namhaften  Zuwachs.  Der  Charakter  der  Vegetation  Mittel- 
Bosniens,  wie  er  sich  nach  Sendtners  Darstellung  ergiebt, 
wird  auch  durch  die  Blau'schen  Sammlungen  als  ein  im 
wesentlichen  mitteleuropäischer,  den  südöstlichen  Alpen- 
gebieten Deutschlands   nahestehender,  bestätigt.     Von  öst- 

[1868.] 


liehen,  in  Deutschland  nicht  oder  nur  zweifelhaft  vertretenen 
Arten  sind  nur  zu  nennen  Polygala  supina  Sclireb.,  Linum 
hologynum  Rchb.,  Acer  tataricum  L.,  Spiraea  cana  W.  K., 
Ferula  silvatica  Bess. ,  Telekia  speciosa  (Schreb.)  Baumg., 
Calamintha  rotundifolia  (Fers.)  Benth.,  Scutellaria  altissima 
L.,  Scilla  pratensis  W.  K.  Noch  grofser  ist  auffallender 
Weise  die  Zahl  von  entschieden  südeuropäischen  Typen, 
welche,  vielleicht  theilweise  durch  den  Verkehr  verschleppt, 
diesseit  der  Hauptwasserscheide  zwischen  Donau  und  Adria, 
welche  Bosnien  von  der  Herzegovina  und  ihrer  wesentlich 
dalmatischen  Flora  trennt,  auftreten,  wie  es  an  ähnlichen 
Beispielen  auch  in  deutschen  Alpenländern  nicht  fehlt;  wie 
z.  B.  Carex  baldensis  L.  in  Oberbaiern,  H>jpericum  Coris  L. 
in  der  Schweiz.  So  in  Bosnien:  Rammculus  mille/oliatus 
Vahl,  Corydallis  ochroleuca  Koch,  Nasturtium  lippicense 
(Wulf.)  D.  C.,  Linum  capitaium  Kit.,  Trifolium  dalmaticum 
Vis.,  Orobus  venetus  MilL,  Eryngium  amethystinum  L.,  Bu- 
jyleurum  aristatum  Barth,  Galium  purpureum  L.,  Centaurea 
alba  L.,  Cynoglossum  Columnae  Ten.,  Marnibium  candidissi- 
mum  L.,  Euphorbia  myrsiniUs  L.  In  der  Flora  der  Alpen 
Bosniens,  z.  B.  des  von  Dr.  Blau  im  Juli  1867  bestiegenen 
6500'  hohen  Zeec,  erinnern  nur  schwache  Anklänge  an  die 
Gebirge  der  Hämushalbinsel,  wie  Silene  Sendtneri  Boiss., 
Onobrychis  scardica  Gris. ,  Jasione  svpina  Sieb.  Die  ge- 
nannten Pflanzen  wurden  vorgelegt. 

Sodann  zeigte  derselbe  einige  von  der  Expedition  des 
unglücklichen  Baron  v.  d.  Decken  herrührende,  nachträg- 
lich unter  dessen  Nachlafs  aufgefundene  Pflanzen  vor,  welche 
er  von  Dr,  Kersten  zur  Ansicht  erhalten;  worunter  eine 
Anzahl,  an  Kilimandjaro  gesammelt,  überraschende  Neu- 
heiten darbietet;  Plantago  Kerstenü  Aschs.,  mit  Cortusa-axüg 
gelappten  Blättern  und  Tupa  (Rhynchopetalum)  DecheyiH  Aachs., 
der  bisher  (wie  die  ganze  Gruppe  baumartiger,  ^?oe-ähn- 
licher  Lobeliaceen)  nur  in  Abyssinien  gefundenen  Tupa 
Rhynchopetalum  H.,  der  bekannten  Gibarra  des  Semen-Ge- 


24 


20.  Octoher  1868. 


birges  nahestehend,   aber   auf  dem  ersten  Blick  durch  fol- 
gende Merkmale  verschieden: 

Tupa  Bhynchopetalum  H.        T.  Deckenii  Aschs. 

Tragblätter  linoa!,    fast    doppelt   so  länglich-elliptisch,  wenig 

!:ing  alsdie  Blüthen,  wie  länger  als   die   Blüthen, 

die     Blüthenstiele      und  nebst  den  Blütlienstielen 

Kelche  rauhhaarig  und  Kelchen  kalil 

Fruchtknoten         0,01  ni.  lang  0,004  ni.   lang 

Kelchzipfel  mehr  als  halb  so  lang  als       ^  so  lang  als  die  Corolla 

die  Corolla 

Corolla  länger    als     die    Staub-      kürzer    als    die    Staub- 

blätter, blätter. 

Endlich  legte  derselbe  die  männlichen  Blüthen  von 
den  im  Juni  d.  J.  vorgezeigten  westindischen  Meerplmnero- 
gamen  Cymodocea  manatonim  Aschs.  und  TIaloduh  Wrifjlitii 
Aschs.  vor,  welche  ihm  der  Entdecker  Charles  Wriglit 
inzwischen  auf  Veranlassung  des  Hrn.  Dr.  Engel  mann  zuge- 
sandt hatte.  Erstere  Art  besitzt  lineale,  fast  0,01  m.  lange 
Antheren,  welche  sich  von  den  ovalen,  kaum  0,003  m.  langen 
der  C.  isoetifoUa  noch  auffallender  unterscliciden  als  dies 
bei  den  weiblichen  Blüthen  der  Fall  war.  Letztere  zeigt 
an  ihren  verhältnifsmäfsig  kolossalen  Blüthen  genau  den- 
selben Bau  wie  ihn  Steinheil  (Ann.  des  sc.  nat.  II  ser. 
t.  IX  lab.  4  B)  von  seiner  Diplanthera  tridentata  (Halodule 
australis  Miq.)  abgebildet  hat,  indem  nändich  die  eine 
Anthere  etwas  über  der  anderen  an  der  Blüthcnachse  in- 
serirt  ist  und  sie  um  eben  so  viel  überragt.  Mithin  hat 
sich  die  dieser  Pflanze  vorläufig  gegebene  Gattungsbe- 
zeiehnung  vollkommen  gerechtfertigt  gezeigt. 

Hr.  Braun  sprach  über  den  Brand  des  Schilfrohrs 
(Ariindo  Phragmiteit),  welcher  von  Wallroth  im  J.  183.3 
unter  dem  Namen  Krysüie  ti/plioidi's  beschrieben,  von  Ber- 
keley und  Broome  in  die  Gattung  Ustila/jn  versetzt 
wurde.  Ohne  Zweifel  dieselbe  Art  hat  Fries  ein  Jahr 
früher  im  dritten  Bande  des  Sijstema  mycologicum,  unter 
dem  Namen  Ustilar/o  grandis  aufgeführt,  dabei  aber  einen 
doppelten  Irrthum  begangen,  indem  er  als  Nährpflanze  den 
Rohrkolben  (Typha  minor)  angiebt  und  den  auf  Anindo 
wachsenden  Brand  zu  Ustilago  liypodytes  zieht.  Die  Be- 
schreibung von  Fries  giebt  zwar  keinen  sielu-ren  Anhalts- 
punkt, aber  die  gemeinschaftliche  Quelle,  aus  welcher  so- 
wohl Fries  als  Wallroth  die  Exemplare  bezogen,  ver- 
bürgt die  Identität  von  UsÜlago  typhoides  und  U.  grandis. 
Der  Brand  des  Schilfrohrs  scheint  zu  den  seltneren  Vor- 
kommnissen zu  gehören,  da  er  früher  nur  bei  Strafsbnrg 
und  in  England,  dem  Vernehmen  nach  neuerlich  auch  bei 
Wien  beobachtet  worden  ist.    Auf  der  Insel  Usedom  ündet 


er  sich  an  zwei  Stellen  häufig,  nämlich  am  Schmollensee 
bei  dem  Dorfe  Seilin  und  am  Achterwasser  auf  dem  Lieper 
Winkel  beim  Dorfe  Grussow.  An  beiden  Stellen  fanden 
sich  auch  häufig  durch  Gallenbildung  verunstaltete  Rohr- 
stengel, welche  (im  September)  die  Larve,  oder  mitunter 
bereits  die  Puppe  eines  Zweiflüglers  {Lasia  Jiicida  Meigen) 
enthielten.  Von  dem  auf  dem  Sandhafer  (Elyiiius  arenariust) 
Avachsenden  Brande,  dem  UstiJugo  liypodites,  ist  der  Rohr- 
brand durch  seine  im  Innern  der  Stengel,  unter  der  ge- 
schlossenen Epidermis  stattfindende  Entwicklung,  durch 
die  nielir  ins  Olivenbraune  gehende  Färbung  und  durch 
die  im  Durchmesser  doppelt  so  grofsen,  meist  mit  vielen 
K(")rnchen  im  Innern  versehenen  Sporen  wesentlich  ver- 
schieden. 

Derselbe  legte  Blätter  einer  eigenthümlichen  Varietät 
des  krausen  Kohles  (Brassica  oleraeea  crispa)  vor,  welche 
auf  der  Oberseite  der  Blätter  zahlreiche,  höchst  mannig- 
faltig und  sonderbar  gestaltete  Auswüchse  (Emergenzen) 
trugen. 

Hr.  W.  Peters  zeigte  ein  Exemplar  der  Nager- 
gattung Platacanthomys  (lasiurus  Blyth)  aus  Ostindien  vor, 
welches  ihm  von  Hrn.  Sclater  in  London  zugesandt  war 
und  zeigte,  wie  dieselbe  nach  dem  Schädelbau  zu  der  Fa- 
milie der  Mäuse  zu  stellen  sei,  während  das  Aufsere  ver- 
leiten würde,  sie  mit  den  Myoxinen  zu  vereinigen,  wie  es 
Blyth  gethan  hatte. 

Hr.  A.  Schneider  sprach  über  die  Metamorphose 
von  Mitraria.  Es  entsteht  aus  der  Mitraria  ein  Wurm, 
der  sich  am  nächsten  den  Gephyreen  mit  endständigen 
After  anschliefst.  Derselbe  besitzt  eine  flache  Sohle,  deren 
Rand  jederseits  mit  10  auf  einander  folgenden  Borsten- 
bündeln besetzt  ist.  An  dem  einen  Ende  des  Körpers 
stehen  8  kleinere  und  ein  mittlerer  gröfserer  kugelförmiger 
Tentakel.  Der  Verlauf  der  Metamorphose  liefs  sich  zwar 
im  Einzelnen  nicht  verfolgen,  es  schien  jedoch  wahrschein- 
lich, dafs  dieselbe  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  Actinotrocha 
vor  sich  geht,  indem  der  Schlauch,  welchen  Job.  Müller, 
der  Entdecker  der  Mitraria,  als  Mastdarm  betrachtet  (.Müllers 
Archiv  1854),  sich  nach  aufsen  umstülpt,  zum  Leibes- 
schlauche wird,  und  den  Magen  der  Mitraria  in  sich  aufnimmt. 

Derselbe  sprach  ferner  über  die  Entwicklung  des 
von  Hrn.  Ehrenberg  entdeckten  Cyphonautes  compressus. 
Dieses  Thier  entwickelt  sich  keineswegs  wie  Semper  und 
Claparede  glauben  zu  einer  Muschel  sondern  zu  einem 
Bryozoon  und  zwar  zu  Memhranipora  pilosa.  Diese  Me- 
tamorphose wird  d.tdurch  eingeleitet,  dafs  der  Cyphonautes 
sich  aufklappt,  und  mit  seiner  ausgebreiteten  Bauchseite 
auf  einer  Unterlage  festheftet;   die  Winiperkränze   werden 


20.  October  1868. 


2ö 


abgeworfen,  aber  auch  die  inneren  Organe  gehen  vollstän- 
dig unter,  die  Larve  wird  zu  einem  einfachen  Zellhaufen. 
Dieser  Zellhaufen  nimmt  eine  elliptische,  liingliche,  flache 
Gestalt  <in  und  unigiebt  sich  mit  einer  glatten  ringsge- 
schlossenen Haut.  Die  weitere  Entwicklung  geht  nun  so 
von  Statten,  dafs  sich  im  Hinterende  ein  eiförmiger  Zell- 
haufen abgränzt,  aus  welchem  die  Tentakelkrone  und  der 
Darmtractus  entsteht.  Anfangs  liegt  die  Tentakelkrone 
in  einer  engen  geschlossenen  Höhle,  die  aber  indem  sie 
sich  nach  oben  verlängert,  mit  der  MundötTnung  in  Ver- 
bindung tritt  und  so  die  Tentakelscheide  darstellt.  Gleich- 
zeilig  hat  nun  auch  der  Körper  äufserlich  die  Gestalt  der 
Membranipora  angenommen.  Bis  zu  diesem  Zeitpunkt,  ja 
bisweilen  noch  länger,  bleibt  die  aufgeklappte  Cyphonautes- 
schaale  wie  ein  Schild  auf  der  Bryozoonzelle  sitzen.  Die 
Entwicklung  des  Zellhaufens  zu  einer  Membranipora  ver- 
läuft genau  so  wie  überhaupt  die  Entwicklung  einer  Knospe, 
welche  ein  Bryozoon  bildet. 

Hr.  Koch  legte  eine  Birne  vor,  wo  der  Fruchtbecher 
(oder  sogenannte  untere  Fruchtknoten)  sich  in  Form  einer 
Schale  entwickelt  hatte  und  anstatt  der  5  eigentlichen 
Fruchtknoten  eine  Knospe  vorhanden  war.  Durch  Zufuhr 
einer  Menge  Nahrungsstoffe  war  die  letztere  fleischig  ge- 
worden und  füllte  den  wenig  concaven  Fruchtbecher  nicht 
allein  aus,  sondern  erhob  sich  noch  weit  aus  demselben 
hervor,  sodafs  die  ganze  abnorme  Birne  fast  2  Zoll  Länge 
und  an  der  Basis  gegen  l^.^  Zoll  im  Durchmesser  besafs. 
Diese  Erscheinung  sei  ihm  bei  der  Birne  noch  nicht  vor- 
gekommen, aber  bei  der  Rose  in  noch  weit  mehr  ent- 
Avickelten  Grade  oft  vorhanden  und  werde  hier  im  ge- 
wöhnlichen Leben  Rosenkönig  genannt.  Hier  entwickele 
sich  die  Knospe  in  dem  Fruchtbeeher  (der  Rosenfrucht) 
sogar  zum  Stengelgebilde  und  trage  an  seiner  Spitze  nicht 
selten  eine  zweite  Rose.  Häufiger  kommt  bei  der  Birne 
der  Fall  vor,  wo  der  Nahrungsstoff  sich  nicht  durchaus 
in  dem  auch  weniger  entwickelten  Fruchtbecher  (oder  so- 
genannten unteren  Fruchtknoten)  niederschlägt,  sondern 
dafür  in  den  Wänden  der  eigentlichen  Fruchtknoten.  Diese 
vergröfsern  sich  damit,  werden  fleischig  und  ragen  aus 
dem  Fruchtbecher  oft  weit  heraus,  so  dafs  es  scheint,  als 
kommen  mehrere  Birnen  aus  der  ursprünglichen  Frucht 
hervor. 

Ferner  legte  er  die  Abbildung  eines  eigenthümlichen 
Pandanus  vor,   von  dem    er  vor    2  Jahren  1  Exemplar  in 


London,  im  vorigen  Jahre  ein  anderes  in  Paris  gesehen. 
Die  Blätter  bildeten  hier  keine  Spirale,  sondern  standen 
am  graden  Stamme  in  2  Reiben  und  doch,  wie  bei  einer 
Fächerpalme  (die  Fiederblättchen),  umfassend,  so  dafs  die 
Londoner  Pflanze  in  der  That  das  Ansehen  eines  grofsen 
6  Fufs  im  Durchmesser  enthaltenden  Fächers  besafs.  Er 
habe  in  diesem  Sommer  die  Pflanze  wieder  gesehen  und 
gefunden,  dafs  die  Fächerform  anfange  sich  zn  verlieren 
und  durch  wenn  auch  noch  geringe  Drehung  des  Stengels 
sich  nach  und  nach  in  die  ursprüngliche  Spiralform  der 
ganzen  Pflanze  umwandeln  wolle. 

Hr.  Otto  Müller,  als  Gast  anwesend,  legte  ein  ihm 
von  Hrn.  Müller  in  Wedel  übersandtes  Praeparat  vor, 
Diatomaceen- Typenplatte  genannt.  Es  ist  eine  systema- 
tische Anordnung  von  ca.  80  Gattungen,  vertreten  durch 
400  Species  Diatomaceen,  welche  auf  dem  Raum  von 
etwa  3  □  Millimeter  zusammengestellt  sind.  Ein  Ver- 
zeichnifs  der  Arten  ist  beigegeben. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen: 
Monatsberichte,   der   Berliner  Akademie  vom   Monat  Januar 

bis  Juni   1868. 
Catalogo  dos  peixes  de  Portugal  p.  Felix  de  Brito  Capello 

(extract.  de  Journ.  d.  Sc.  math.  phys.  e.  nat.  V.    Lisboa 

1868). 
Abhandlungen  der  Schlesischen  Gesellschaft  für  vaterländische 

Kultur.  Abth.   für  Naturw.   1867/1868.    Phil.  bist.  Abth. 

1867.   1868   H.  1.   45.  Jahresb.  1868.     Verzeichnifs  der 

Aufsätze  von  1804—186.3. 
Proceedings   of  the   Essex   Institute.     Vol.    V.     N.    V.    VI. 

Salem.  Mass.  1868. 
Smithsonian  Report  1866.     Washington. 
Proceedings   of  the  Boston  Society   of  Nat.  Hist.     Vol.  XI. 

1866—1868. 
Annual  report  of  the  Trustees  of  the  Museum,  of  comp.  Zool. 

1867.     Boston. 
Tlie  fossil   Cephalopods    of  the  Museum   of  comp.    Zool.   b)/ 

Alpheus  Hjjatt. 
Contributions   to  the  Fauna  of  the  Gulf  Stream.  at  great  depth 

by  de  Pourtales. 
Annual  report  of  the  Boston  Soc.  of  Xat.  Hist.    1868  —  1869. 

L     Boston. 
Conditions  and  Doiiujs  of  the  Bost.  Soc.  of  nat.  Hist.    May 

1867.   1868. 
Memoirs  of  the  Boston  Society  of  nat.  Hist.   Vol.  1.  Part.  III. 


BuclulriiLkerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 


der 

Gesellschaft  natm'forschenclcr  Freunde 

zu  Berlin 

am   17.  November  18G8. 


Director:    Herr  Director  August. 


Hr.  Garteninspector  Bouche  legte  getrocknete  Blüthen- 
und  Frucht-Exemplare  der  sehr  iiierkwürdigen  Amphicar- 
paea  monoica  Nutt.  vor.  Eine  einjährige  Leguminose  mit 
windendem  Stengel,  die  die  Eigenthümlichkeit  besitzt,  so- 
wohl über  als  auch  unter  der  Erdoberfliiche  zu  blühen  und 
Früchte  zu  tragen,  die  aber  hinsichtlich  der  Form  sehr 
von  einander  abweichen. 

Obgleich  es  mehrere  Pflanzen  dieser  Familie  gibt, 
deren  Früchte  unter  der  Erde  reifen  z.  B.  Trifolium  siih- 
terraneum  und  Arachis  Jii/poijaea,  so  neigen  sich  bei  diesen 
alle  Früchte  in  die  Erde  und  sie  besitzen  nur  eine  Art 
der  Fruchtbildung,  während  bei  Amphicarpaea  zweierlei 
Fruchtbildungen  vorhanden  sind.  Auf  die  unterirdische 
Fruchtbildung  wurde  ich  im  vorigen  Jahre  dadurch  auf- 
merksam, dafs  ich  untersuchte,  ob  der  Stamm  der  Pflanze 
etwa  ausdauernd  sei.  Die  genannte  Pflanze  wird  nämlich 
öfters  in  den  Gärten  kultivirt,  aber  wenig  beachtet,  weil 
man  von  der  Ansicht  aussteht,  sie  trage  in  nördlichen 
Kliniaten  doch  keinen  Samen  und  diesen  lieber  aus  süd- 
licheren Gegenden  bezieht.  Man  erhält  aber  stets  nur  die 
Samen  der  oberirdischen  Fruchtbildung,  es  scheint  daher, 
dafs  die  unterirdische  Fruchtbildung  weniger  bekannt  ist. 
Übrigens  kommt  die  Pflanze  selten  acht  in  den  Gärten 
vor,  häuflg  sind  es  Dolichos-  oder  Phaseolus- Arten,  die 
man  unter  Amphicarpaea  erhält. 

Die  unter  der  Erde  an  langen,  fadenförmigen,  wenig  ver- 
ästelten Blüthenzweigen  erscheinenden  Blumen  entwickeln 
sich  viel  früher,  als  die  überirdischen  an  den  windenden 
Stengeln  sich  bildenden,  in  Trauben  stehT?nden,  wefshalb 
man  auch  unter  der  Erde  früher  als  über  der  Erde  Samen 
zu  erwarten  hat;  im  vorigen  Jahre  hatte  die  Pflanze  in 
der  Erde  bereits  reife  Samen  geliefert,  während  sie  ober- 
halb nicht  einmal  blühete. 

Die  fadenförmigen  Zweige,  Avelche  die  unterirdischen 
Blüthen    tragen,    entwickeln    sich    am    unteren   Theil    der 

[1868.] 


Pflanze  theils  unter,  theils  über  der  Erde  und  erreichen 
oft  eine  Länge  von  2  Fufs.  Diejenigen,  welche  über  der 
Erde  entspringen,  neigen  sich  mit  den  Spitzen  zur  Erde, 
dringen  in  diese  ein,  blühen  unter  derselben  und  setzen 
dort  Früchte  an.  Die  unterirdischen  Blumen  haben  keine 
Blumenkrone,  sondern  man  findet  im  Innern  des  vierzah- 
nigen  Kelches  nur  kleine  Rudimente  derselben  und  in  deren 
Mitte  den  Ansatz  des  Fruchtknotens;  Staubgefäfse  konnte 
ich  nicht  entdecken,  wahrscheinlich  aber  sind  solche  vor- 
handen und  nur  im  ganz  jungen  Zustande  der  Blüthen  zu 
finden.  Die  unterirdischen  Früchte  bestehen  aus  einer 
einsamigen  Hülse  von  halbmondförmiger,  später  nieren- 
förmiger  Gestalt,  sie  sind  dunkelbraun,  rauhhaarig,  von 
häutiger  Beschaffenheit  und  dem  Samen  fest  anliegend.  Der 
Samen  selbst  ist  von  sehr  verschiedener  Gröfse,  erreicht  bis 
y  Länge  und  -|"  Breite,  ist  weifsgrau  und  dunkelschmutzig- 
violett  gesprenkelt. 

An  den  Stengeln  über  der  Erde,  und  zwar  mehr  nach 
den  Spitzen  zu,  entwickeln  sich  gegen  den  Herijst  in  i-in- 
fachen  Trauben  stehende,  matt  rosenroth  gefärbte,  zwar 
kleine,  aber  mit  normal  gebildeter  schmetterlingsförmigei- 
Corolle  versehene  Blüthen,  aus  denen  sich  später  1^"  lange, 
\"  breite,  .3-  oder  seltener  4-samige  Hülsen  bilden,  deren 
Samen  weit  kleiner  sind,  als  die  unterirdischen,  von  -,[  bis 
\"  Durchmesser,  plattgedrückt,  nierenförniig,  hellgrau  und 
dunkelviolett  gesprenkelt. 

Die  in  der  Erde  gebildeten  Samen  verlieren,  trocken 
aufbewahrt,  schon  nach  14  Tagen  ihre  Keimfähigkeit, 
während  die  anderen  mindestens  2  Jahre  keimfähig  bleiben. 

Manche  Botaniker  geben  die  Pflanze  als  ausdauernd 
an,  was  daher  gekommen  sein  mag,  dafs  sich  durch  die 
in  der  Erde  verbliebenen  Samen  an  derselben  Stelle  die 
Pflanze  Avieder  entwickelt  hat.  Nach  genauer  L^ntersuchung 
aber  dürfte  sie  nur  als  eine  einjährige  Pflanze  zu  betrach- 
ten sein.    Wahrscheinlich  wird  auch  die  Keimung  in  zwei 

9 


28 


n.  November  1868. 


verscliiedenen  Formen  auftreten,  und  zwar  werden  sich  die 
Cotyledonen  des  überirdischen  Samen  über  die  Erdober- 
fläche erheben,  während  die  der  anderen  Samen  unter  der- 
selben bleiben  werden,  worüber,  sowie  wie  über  nianclie 
andere  noch  dunkle  Funkte,  in  der  Folge  weitere  Unter- 
suchungen anzustellen   siiul. 

Ilr.  Braun  schlofs  über  denselben  Gegenstand  einige 
geschichtliche  Nachweisungen  an.  Die  betreftende  Pflanze 
war  schon  Linne  bekannt,  der  sie  Ghjcine  monoica  nannte, 
unter  welchem  Namen  sie  von  Schkuhr  in  Usteri's  Annalen 
(17;i4)  und  von  Wendland  in  Rön.cr's  Archiv  (179ß)  ab- 
gebildet wurde.  Ilegetschweiler  beschrieb  und  ilbistrirte 
sie  in  einer  eigenen  Abhandlung  (1813)  als  Glijcine  liete- 
roccirpa,  Smith  als  Gli/cine  elliplica.  Anch  Gl.  hracteata  L., 
comosa  L.,  sarmentosa  Roth,  und  ftlusa  Hörnern,  werden 
zn  derselben  Art  gezogen.  Als  eigene  Gattung  unter  dem 
Namen  AmjiMcarpa,  besser  Amphicarpaea,  wurde  sie  zuerst 
von  Elliot  (1818)  aufgeführt.  Die  nordanierikanischen 
Botaniker  unterschieden  früher  2  Arten,  nänilicli  A.  mo- 
noica Ell.  et  Nutt. ,  deren  überirdische  Blüthcn  mit  IJlii- 
menkronen  versehen  sind,  und  A.  sarmentosa  Ell.  et  Nutt., 
deren  überirdische  Blüthen  ebenso  wie  die  unterirdischen 
apetal  sein  sollen;  zur  ersteren  wird  die  von  Wendland, 
zur  letzteren  die  von  Schkuhr,  Hegetscliweiler  und  Smith 
dargestellte  Pflanzen  gezogen.  Torrey  und  Gray  (Flora 
of  Nordam.  1838  —  40)  vereinigen  jedoch  beide  unter  dem 
Nanieii  A.  monoica.  Die  an  den  fadenartigen,  niederliegen- 
den oder  unterirdischen  Zweigen  beiindliciien  lUütlien  sollen 
nach  der  Beschreibung  dieser  Autoren  blunuiiblattlos  sein, 
keine  oder  öfters  5  — 10  Staubgefäfse  besitzen,  von  denen 
3  oder  4  mit  ausgebildeten  Antheren  versehen  sind.  Die 
Filamente  derselben  werden  als  getrennt  beschrieben, 
während  sie  bei  den  oberen  vollkommenen  Blüthen  dia- 
delphisoh  sind.  II.  v.  Mohl  führt  A.  monoica  (bot.  Zeit. 
1863,  S.  312)  unter  den  Pflanzen  mit  dimorphen  Blüthen 
an,  bei  welchen  Selbstbefruciitung  in  den  kleineren  ge- 
schlossenen Blüthen  stattfindet,  doch  sind  die  Befruchtungs- 
vorgänge gerade  bei  dieser  Pflanze  noch  nicht  genauer  be- 
obachtet worden. 

Derselbe  zeigte  hierauf  Exemplare  der  von  Prof. 
Caspary  im  verflosseneu  Sommer  in  Lappland  gesammelten 
/so^Vcs- Arten  vor  und  sprach  über  die  Verbreitung  der- 
selben in  der  arctischen  Zone.  Sowohl  I.  laoistris,  als 
auch  /.  echinospora  sind  bis  ungefähr  G9"  nürdl.  Breite 
nachgewiesen,  doch  scheint  letztere  Art  im  hohen  Norden 
die  häufigere  zu  sein,  öfters  gesellig  mit  Subiilaria  aijuatica, 
auch  wohl  mit  Nilella  flexiUs,  Nupliar  pumilum  und  iiiter- 
medium  vorkommend.    Caspary  hat  in  Lulca-  und  Tornea- 


Lapmark  von  65" — 68"  40'  nördl.  Br.  I.  echinoxpora  in 
6  verschiedenen  Seen  oder  Flufsbuchten  (Gaedvikstraesk, 
Hertsoträsk  und  Rönnholrasviken  bei  Lulea,  Sascajärvi  und 
Sarkijärvi  bei  Karesuando)  angetroffen,  I.  lacustris  nur  in 
einem  einzigen,  nämlich  in  Gaedvikstraesk  mit  /.  ec/iiiio- 
spora.  Die  Angabe  des  Vorkommens  bei  Jockmock  (Wah- 
lenb.  Flor.  Läpp.)  bezieht  sich  gleiclifalls  auf  7.  echinosjjora, 
während  Norman  7.  lacustris  in  Norwegen  (in  lacu  flumi- 
nis  Pasvigelv)  unter  69"  20  —  30'  beobachtet  hat.  Im 
russischen  Lappland  ist  7.  lacustris  von  Nyberg  in  Pinda- 
mojärvi  (ß.'j.y")  und  im  Torangijäi-ni  (G6"),  7.  echlnospora 
von  I'eliniann  im  Susijärvi  und  Ruanjärvi  bei  Kantalask 
(G6.J")  in  Gesellschaft  von  Sahuhiria  und  Heleocharis  aci- 
cularis  gesammelt  worden.  Weiter  gegen  Süden  wird  7. 
lacustris  die  häutigere  Art,  so  namentlich  in  den  südlichen 
Provinzen  Schwedens,  in  Dänemark,  im  südlichen  Finn- 
land, in  Schottland  und  Xordwales;  nur  in  Irland  scheint 
7.  ecliinospora  die  vorherrschende  Art  zu  sein.  Verfolgen 
wir  die  Verbreitung  der  beiden  nordeuropäischen  Jsoe'tes- 
Arten  noch  weiter  nach  Süden,  so  linden  wir  diejenige 
von  7.  ecliinospora  in  sonderbarer  Weise  unterbrochen. 
Diese  Art  fehlt  nämlich,  so  weit  bis  jetzt  bekannt  ist,  in 
Schleswig  und  Holstein,  in  Vorpommern,  Ilintcrpommern 
und  Westpreufsen,  im  Riesengebirge  und  im  Böhmerwalde, 
so  wie  in  den  Salzburger  Voralpen,  während  in  allen  diesen 
Gegenden  Fundorte  von  Isoetes  lacustris  bekannt  sind;  sie 
erscheint  erst  wieder  im  badischen  Schwarzwalde,  in  den 
Vogesen,  im  Puys  de  Dome  und  Aubrac  und  endlich  in 
den  Pyrenäen,  wo  sie  fiberall  wieder,  wie  im  hohen  Nor- 
den, zugleich  mit  7.  lacustris  auftritt;  ja  sie  überschreitet 
endlich  den  Verbreitungsbezirk  von  7.  lacustris  nach  Süden, 
Südwesten  und  Südosten,  indem  sie  für  sich  allein  jenseits 
der  Alpen  im  Lago  d'ürta  Piemonts,  in  den  Ebenen  Bel- 
giens unil  an  der  unteren  Loii'e  und  nach  der  anderen 
Seite  in  Siebenbürgen  vorkonnnt. 

Hr.  Kny  besprach  die  Ent wickelungsgeschichte 
des  Vorkeimes  der  Pol  ypodiaceen  und  Schizae- 
aceen.  Aus  seinen  bisherigen  Untersuchungen  ergiebt 
sich  als  Resultat,  dafs  der  morphologische  Aufbau  des 
Vorkeimes  bei  den  einzelnen  Gattungen  keineswegs  so 
gleichförmig  ist,  wie  man  nach  den  Darstellungen  früherer 
Beobachter  annehmen  mufste.  Ein  Beispiel  für  den  un- 
mittelbaren Übergang  der  aus  der  Spore  hervorwachsenden 
gegliederten  Zellreihe  in  eine  Zellfläche  mit  ausgesproche- 
nem Marginalwachsthuni  bietet  Aneimia  hirta.  Hier 
bleibt  der  Modus  des  Läiigenwachsthums  vom  Auftreten 
der  ersten  Lüngswand  am  Vorderende  unverändert  der- 
selbe.     Schiefe    Wände    treten    nur   sfelegentlich    und   ganz 


17.  November  1868. 


29 


regellos  auf.  Bei  Cihotium  Schiedet  dagegen  wird  eine 
dreiseitige  Randzelle  des  jungen,  von  einem  langen  ZcU- 
faden  entspringenden  Voikeimes  zur  Scheitolzelle.  In 
ilir  treten  darch  eine  gröfsere  Zahl  von  Generationen 
schiefe,  gegen  die  Ilauptiichse  des  Vorkeinies  abwechselnd 
nach  rechts  und  links  geneigte  AVände  auf,  bis  zuletzt 
durcii  das  Auftreten  einer  dem  Vorderrande  parallelen, 
NVand  das  Längenwachsthuni  durch  eine  Scheitelzelle  ab- 
scliliel'st  und  in  ein  solches  durch  terminale  Rand- 
zeUen  übergebt.  Ceratopteris  tlialictroides  verhält  sich 
ähnlich,  nur  dafs  die  schiefen  Theilungen  schon  in  der 
Sciieitclzclle  des  Vorkeimes,  so  lange  er  noch  gegliedert  ist, 
eintreten  und,  wie  es  scheint,  stets  früher,  als  bei  Cibotium. 
wieder  beschlossen  werden.  Asplenium  alaUim  reibt  sich 
näher  an  Cihotium  ScJiidei  an.  Der  Entwickelungsgang  der 
Antheridien  liefs  sich  am  klarsten  bei  Aneimia  liirta  verfolgen, 
da  sie  bei  dieser  Art  besonders  grofs  sind  und  zum  Tlieil  am 
Rande  entspringen.  Die  Mutterzelle  theilt  sich  zunächst 
durch  eine  dem  Rande  parallele  Wand  in  eine  untere,  schei- 
benförmise  Stielzelle  und  eine  obere  halbkuKelige  Zelle. 
In  letzterer  entsteht  eine  nach  aufsen  convexe  Scheidewand, 
Welche  sieb  der  letztentstandenen  in  einem  Kreise  aufsetzt 
und  die  Centralzellc  (aus  deren  Theilung  die  Mutterzellen 
der  Spermatozoiden  bervorgelieu)  in  Gestalt  einer  plau- 
convexen  Linse  von  einer  äufseren  glockenb'irmigen  Zelle 
abtrennt.  In  dieser  tritt  nun  eine  dem  oberen  Theil  der 
Centralzelle  sich  ringförmig  anlegende  Wand  anf,  wodurch 
die  Deckelzelle  (von  der  Form  eines  Kugelsegmentes)  von 
der  hohlcylindrischen  Hüllzelle  abgetrennt  wird. 
Dafs  letztere  nicht,  wie  mehrere  Forscher  in  analogen 
Fällen  annahmen,  aus  4  zu  einem  Kreise  geordneten  Zellen 
durch  Resorption  ihrer  Sclieidewände  hervorgeht,  wird, 
aufser  durch  die  Entwickelungsgeschicbte,  auch  noch  durch 
die  interessante  Thatsache  aufser  Zweifel  gestellt,  dafs 
nach  Entleerung  der  Antheridien  in  der  hohlcylindrischen 
Zelle  stets  ein  Zellkern  der  inneren  Membran  anliegt. 

Die  Antheridien  von  Ceratopteris  besitzen  ebenfalls 
nur  eine  ringförmige  Hüllzelle.  Bei  Asplenium  alatum 
liegen  deren  2  (selten  3)  übereinander.  Audi  bei  diesen 
beiden  Arten  werden  sie  schon  ursprünglich  als  solche 
angelegt  und  entstehen  nicht  durch  Vereinigung  mehrerer 
Zellen. 

Hr.  Ehrenberg  zeigte  eine  gallertige  Masse  vor, 
welche  ihm  durch  Vermittlung  des  Hrn.  Grafen  Pfeil  auf 
Gnadenfrei  in  Schlesien  als  Hälfte  eines  in  der  Nacht  vom 
22.  zum  2.3.  October  d.  J.  in  Schlesien  gefallenen  Leucht- 
nieteors  von  einem  Oekonomen  in  Steinbach  zugesandt 
worden.     Die   Substanz    war   erst   am    vierten   Tage   nach 


der  Erscheinung  von  der  Feldmark  aufgenommen  und  die 
andere  Hälfte  an  Hrn.  Prof.  Galle,  den  Astronomen  in 
Breslau,  abgesendet  worden.  Wässrige  Farbe  und  gal- 
lertige Consistenz,  so  wie  der  gewöhnliche  aasartige  Geruch, 
sammt  der  unsicheren  Örtlichkeit  gaben  dem  Vortragenden 
die  Überzeugung,  dafs  auch  diese  Substanz  keine  meteo- 
rische, sondern  ein  Exemplar  der  Tremella  meteorica  alba, 
L.  Gmelin.  einer  terrestrischen  Algenpilanze,  war,  von  der  im 
Jahre  18G6  im  März  und  April  in  diesen  Sitzungsberichten 
ausführlich  neuere  Mittheilung  gegeben  worden. 

Derselbe  legte  ein  von  Schiek  verfertigtes  grofses 
Mikroskop  neuster  Construction  vor,  welches  durch  seine 
gediegene  Ausführung  den  alten  Ruf  seiner  Werkstatt  von 
Neuem  bewährte. 

Hr.  Schneider  sprach  sich  ebenfalls  sehr  anerkennend 
über  die  Leistungen  dieses  Instrumentes  aus  und  zeigte 
unter  demselben  die  Streifensysteme  des  Pleurosigma  an- 
gulatum. 

Hr.  Ascherson  legte  die  von  Dr.  Zenker  bei  Gele- 
genheit seines  Aufenthalts  in  Aden  zur  Beobachtung  der 
Sonnenfinsternifs  dort  gesammelten  Landpflanzen  vor.  Es 
sind  folgende  fünf  Arten,  welche  mithin  wohl  als  die  ton- 
angebenden zu  betrachten  sind.  Tragamim  nudatuin  Del., 
ÄcantJiodium  spicatum  Del.,  Beseda  amblyocarpa  Tres.,  Oleome 
hrachycarpa  Vahl.  und  Cajmris  galeata  Tres.  Dafs  sich 
unter  dieser  kleinen  Zahl  zwei  Cap)parideen  befinden,  stimmt 
mit  den  Wenigen  dieser  Familie,  wie  es  Anderson's  Flo- 
rula  adenensis  uachweist,  überein;  unter  den  95  dort  auf- 
gezählten Phanerogamen  befinden  sich  9  Capparideen,  eine 
Artenzahl,  welche  aufserdem  nur  die  Gramineen  aufzu- 
weisen haben.  Zu  den  von  Anderson  verzeichneten  Arten 
sind  übrigens  noch  2  von  Wicbura  1862  in  Aden  ge- 
sammelte Arten,  ein  Lotus  und  Schweinfurthia  pterosperma 
(R.)  A.  Br.  hinzuzufügen. 

Hr.  Hartmann  sprach  über  seine  in  den  Herbstferien 
d.  J.  auf  der  Nordseeinsel  Bockum  ausgeführten  Unter- 
suchungen niederer  Thiere.  Die  Fauna  des  dortigen  Stran- 
des ist  weder  reich  noch  mannigfaltig,  auch  bereitet  die 
Indolenz  der  Bewohner  dem  Untersucher  einiges  Hindernifs. 
Trotzdem  gelang  es  dem  Vortragenden  manche  typische 
Form  zu  gewinnen,  allerdings  nur  durch  eigene  Thätigkeit. 
H.  untersuchte  u.  A.  auch  die  Subumbrella  der  in  Menge 
vorhandenen  Qualle  Ehizostoma  Cucierü  Per.  Les.,  an  wel- 
cher die  contraktile  Substanz  in  Kreislinien  concentrisch 
ziehende,  leistenförmige  Vorsprünge  bildet,  die,  obwohl  in 
ihrem  Bau  den  Muskeln  höherer  Thiere  nicht  vergleich- 
bar, die  Contraktionen  der  Unibrclla  hauptsächlich  bewir- 
ken.    Der  Vortragende   erörterte   ferner   den  feineren  Bau 

9* 


30 


17.  November  186H. 


der  Substanz  verschiedener  Medusenarten  und  erläuterte 
dies  durch  Zeichnungen.  Audi  tlieilte  derselbe  mit,  dafs 
das  sogenannte  Hasama-Schwein  Abyssiniens  (Nyctichoerus 
Hassama  Heugl.)  nach  den  vom  Vortragenden  im  Gothaer 
Museum  untersuchten  Originalexemplaren  des  früheren  Ge- 
fangenen zu  Magdala,  Hrn.  R.  Schiller,  nichts  anderes, 
als  das  schon  längst  bekannte  Pinselohr -Schwein  (Pota- 
raochoerus  penicillatus  Gray)  sei,  dessen  Verbreitungsbezirk 
über  einen  grofsen  Theil  Afrikas  näher  dargestellt  wurde. 
Die  in  Farben  ausgeführten  Köpfe  eines  %  und  ^  '^'on 
Potaniochoerus  dienten  zur  Erläuterung  der  letzterwähnten 
Mittheilung. 

Als  Geschenke  wurden  mit   Dank   entgegengenommen: 
Peters,  Reise  nach  Mossambique,  Zoologie  IV.    Flufsfiache. 

Berlin  1868.    Geschenk  des  Hrn.  Cultus-Ministers. 
Bulletin  de  V Academie  imperiale  des  Scieric.  de  Si.Petersbourrj. 

Tome  Xn.    N.  2  — .O. 
Memnires    de    VAcad.    imp.    des    Scieiic.    de  St.  Petershourg. 

Tome  XI.     Nr.  9  — l.s. 


Die  Sclicih'hellf/ruppc  im  Vegelationspunkt  der  Pfionerngcnnen 

von  Joh.   Haustein.     J5onn. 
Abli(nidlnnrjen  der  naturhistorischen  Gesellschaft  :u  Nürnberg. 

Band  IV.     18(38. 
Walpers.      Annales    bofunices    sijstematicae.     Tomi   .septimi 

Fase.  II.  Dr.  C.  Müller.     1868. 
Bulletin    de   la  Societe   des   Naturalistes   de  Moscou.     1868. 

Nr.   1. 
27ster    Bericht    über    das    Museum     Francisco  -  Carolinum. 

Linz    1.S68. 
Über   die   rothen   Erden    ah   Speise    der    Guinea- Neger   von 

Dr.  C.  G.  Ehrenberg  (Abhandl.  d.  Ak.  d.  W.   1868.) 
Über  die  eigenthümlichen  Eigenschaften  der  arabischen  Pferde 

von  Emir  Abd-el-Kader  von  Dr.  Joh.  Müller. 
Monographie  der  Gattung  Silene  von  Dr.  Rohrbach.    1868. 
Geographisclie    Verbreitung  der  im  nordöstlichen  Afrika  wild 

lebendefi  Säugethiere  von  Prof.  Hartman  n. 


BuL'hdruckerei  der  Köiiigl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vi>kO. 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 


der 


Gesellschaft  natiirforsehender  Freimde 

zu  Berlin 
am  15.  December  1868. 


Director:    Herr  Director  Auarust. 


In  Abwesenheit  des  zeitigen  Direktors  eröffnete  Hr. 
Braun  die  Sitzung,  in  welcher  Hr.  Dr.  Lorenz  aus 
München  als  Gast  gegenwärtig  war. 

Hr.  Koch  legte,  anschliefsend  an  seinen  früheren  Vor- 
trag über  Mifsbildungen  bei  den  Birnen,  wiederum  eine 
Birne  vor,  wo  die  Knospe  in  dem  Fruchtbecher  sich  sogar 
zu  einem  regelmäfsigen  Zweig  verlängert  hatte.  Er  ver- 
dankte dieses  Exemplar  der  Freundlichkeit  des  Hrn.  Geh. 
Oberhof buchdruckers  v.  Decker,  der  es  einem  Spalier  in 
dem  Garten  seines  Gutes  in  Schlesien  entnommen  hatte. 
Nach  diesem  hätte  sich  dieses  Spalier  überhaupt  durch 
Monstrositäten  in  der  Frucht  während  des  Herbstes  aus- 
gezeichnet. Nach  Hrn.  Koch  ist  diese  Abnormität  die- 
selbe, welche  noch  häufiger  bei  den  Rosen  als  sogenannter 
Rosenkönig  vorkommt,  von  denen  er  getrocknete  Exem- 
plare verschiedener  Art  ebenfalls  vorlegte.  Bei  einem  sol- 
chen hatte  sich  der  Fruchtbecher  (resp.  untere  Fruchtknoten 
vieler  Botaniker)  gar  nicht  entwickelt,  die  Achse  war  ge- 
streckt und  trug  in  weiteren  Zwischenräumen  die  rothen 
Blumenblätter,  während  das  Ende  durch  eine,  Laubknospe 
geschlossen  erschien.  Von  zusammengewachsenen  Frucht- 
blättern könnte  hier  ebenso  wenig  die  Rede  sein,  wie  bei 
der  Feigenfrucht.  Diese  unterscheide  sich  nur  dadurch  von 
der  Apfel-,  resp.  Rosenfrucht  und  von  dem  unteren  Frucht- 
knoten, dafs  von  dem  Fruchtbecher  ganze  Blüthen  einge- 
schlossen würden,  wälirend  in  der  Pomaceen-,  Myrtaceen-, 
Granateen-  u.  s.  w.-  Scheinfrucht  mehr  oder  weniger  mit 
einander  und  der  innern  Wand  des  Fruchtbechers  verwach- 
sene, bei  der  Rosen-Scheinfrucht  nicht  verwachsene  Frucht- 
knoten, im  unteren  Fruchtknoten  aber  Eichen  enthalten 
wären.  Eine  gar  nicht  so  schwierige  Entwickelungsge- 
schichte  dieser  drei  völlig  gleichen  Zustände  gäbe  augen- 
blicklich Aufschlufs. 

Nach  seiner  Meinung  wäre  auch,  so  weit  seine  schon 
früher   gemachten,    leider    aber   nicht   später   wiederholten 

[1868.] 


Untersuchungen  gereicht  hätten,  die  Scheidewand  der  Cru- 
ciferen  kein  Blatt-  sondern  Achsen- Organ. 

Als  eine  interessante  Abnormität  legte  Hr.  Koch 
schliefslich  noch  die  Abhandlung  und  Abbildung  einer 
Baeckea,  also  einer  Myrtacee,  vor,  welche  ihm  der  Re- 
dakteur des  Gardeners  Chronicle,  Hr.  Dr.  Masters  wäh- 
rend seiner  letzten  Anwesenheit  in  London  mitgetheilt  hatte. 
Im  Innern  des  sogenannten  unteren  Fruchtknotens  resp. 
Fruchtbechers  hatten  sich  Staubgefäfse  entwickelt.  Wäre 
der  untere  Fruchtknoten  der  gewöhnlichen  Ansicht  nach 
aus  Blattorganen  gebildet,  so  würde  man  das  aufserordent- 
lich  abnorme  Beispiel  haben,  dafs  sich  Staubgefäfse  auf 
Blättern,  also  ein  Blatt  auf  dem  anderen,  entwickelt  hätte. 

Hr.  V.  Martens  zeigte  einige  Landschnecken  aus 
den  Karpathen,  nämlich  Helüc  faustina  Ziegl.  in  verschie- 
denen Formen,  Helix  cingulella  Ziegl.  und  Pupa  gularis 
var.  spoUata 'Rokm.,  welche  Dr.  Jachno  im  Tatragebirge 
gesammelt  hat,  sowie  eine  kleine  Muschel,  Cyclas  solida 
Normand  aus  der  Elbe  bei  Hamburg,  wo  sie  früher  von 
Hrn.  Meyer,  neuerdings  von  Hrn.  Assessor  E.  Friedei 
dahier  aufgefunden  worden  ist. 

Hr.  Reinhardt  sprach  über  eine  neue  deutsche  fii/a- 
Una  aus  der  Verwandtschaft  der  H.  crystallina,  die  H.  sub- 
terranea  Bourguignat  (Rev.  de  Zool.  1856  p.  268  ft".).  Diese 
Art  untersclieidet  sich  von  der  verwandten  H.  crystallina 
Müll,  durch  weitere  Windungen,  den  abgerundeten  letzten 
Umgang  und  durch  eine  porzellanartige  Verdickung  vor  dem 
Mundsaume  (ähnlich  wie  bei  //.  Hammonis  Ström,  wo  eine 
gelbliche  Verdickung  vorhanden  zu  sein  pflegt).  Sie  findet 
sich  an  feuchten  Stellen  in  Laubwäldern,  wo  sie  in  Ge- 
sellschaft verschiedener  kleiner  Jlelices  und  Piquie  zwischen 
den  modernden  Blättern  lebt.  Ihre  geographische  Verbrei- 
tung scheint  eine  ziemlich  weite  zu  sein,  da  sie  sich  von 
Frankreich  (Depart.  de  l'Aube  in  der  Nähe  von  Troyes, 
Bourg.)  aus  über  ganz  Norddeutschland  erstreckt,  wo  sie 

10 


15.  Decemher  1868. 


bis  jetzt  an  folgenden  Orten  gefunden  wurde:  Rügen,  Stub- 
nitz;  Hinterpommern  (Cöslin,  Gegend  von  Stolp);  Preufsen 
(Tröinpau,  Ilensche);  Mark  an  verscliiedcnen  Stellen  (Mal- 
zower  "VVald  bei  Angermünde,  Rüdersdorf,  Sommerfeld); 
Schlesien  (Görlitz);  Provinz  Sachsen  (Aschersleben,  Ad. 
Schmidt  nach  Exemplaren  im  Berliner  Museum);  Kassel 
(Schacko). 

Ilr.  Dönitz  sprach  über  die  Eckzähne  der  Lemuri- 
den.  —  Im  Unterkiefer  der  Halbaffen  finden  sich  drei  ver- 
schiedene Formen  von  Zähnen.  Die  vorderen  von  ihnen 
sehen  einander  sehr  ähnlich,  indem  sie  alle  eine  sichel- 
förmig gekrümrate  Krone  besitzen.  Sie  stehen  dicht  ge- 
drängt neben  einander.  Durch  eine  Lücke  getrennt  folgt 
darauf  ein  Zahn,  welcher  in  seiner  Form  die  gröfste  Ähn- 
lichkeit mit  dem  oberen  Eckzahn  aufweist  und,  wie  dieser, 
seine  Naciibarn  weit  überragt.  Auf  diesen  Zahn  folgen  die 
Backzähne.  Die  beiden  ersten  Formen  wird  eine  unbe- 
fangene Beobachtung  mit  den  Namen  der  Schneidezähne 
und  des  Eckzahnes  belegen.  Gegen  diese  Deutung,  welcher 
die  Form  der  Zähne  zu  Grunde  liegt,  ist  von  Geoffroy 
Widerspruch  erhoben  worden,  rücksichtlich  der  gegensei- 
tigen Stellung  der  Zähne  im  Ober-  und  Unterkiefer.  Es 
wurde  hervorgehoben,  dafs  die  Eckzähne  des  Unterkiefers 
vor  diejenigen  des  Oberkiefers  einzugreifen  pflegen,  dafs 
dieses  Merkmal  den  vermeintlichen  unteren  Eckzähnen  der 
Lemuriden  fehle,  indem  sie  der  Lücke  zwischen  dem  oberen 
Eckzahn  und  ersten  Lückenzahn  (Backenzahn)  gegenüber- 
stehen, und  dafs  demnach  der  wahre  untere  Eckzahn  in 
demjenigen  Zahne  zu  suchen  sei,  welcher  sich  durch  Form 
und  Stellung  den  übrigen  Schneidezähnen  unmittelbar  an- 
schliefst. Bei  einer  solchen  Auffassungsweise  gelangt  man 
dahin,  sagen  zu  müssen,  dafs  der  untere  Eckzahn  sehneide- 
zahnartig  entwickelt  ist,  während  der  erste  Lückenzahn  die 
Eckzahnform  angenommen  liat.  —  Diese,  gewifs  sehr  ge- 
zwungene, trotzdem  aber  allgemein  angenommene  Deutung 
ist  völlig  unhaltbar.  Zunächst  wird  es  sich  um  die  Defi- 
nition des  Eckzahnes  handeln.  Im  Oberkiefer  nennt  man 
denjenigen  Zahn  so,  welcher  zunächst  auf  die  im  Zwischen- 
kiefer stehenden  Schneidezähne  folgt.  Dieses  Kriterium 
ist  für  die  untere  Kinnlade  nicht  anwendbar,  weil  diese 
keinen  Zwischenkiefer  besitzt.  Man  wird  demnach  dieje- 
nigen Zähne  des  Unterkiefers,  welche  denen  des  Oberkie- 
fers homolog  sind,  mit  den  für  letztere  gebräuchlichen 
Namen  belegen  müssen.  Nun  läfst  es  sich  nachweisen, 
dafs  der  stark  über  die  Nachbarn  hervorragende,  durch 
eine  Lücke  von  ihnen  getrennte  Zahn  des  Unterkiefers  in 
der  That  dem  Eckzahn  des  Oberkiefers  homolog  ist,  so- 
wohl durch   seine   Gestalt    und  Stellung  wie   durch   seine 


Entwickelung.  Die  Ähnlichkeit  in  der  Form  springt  beim 
Vergleich  sofort  in  die  Augen,  sowohl  was  starke  Ent- 
wickelung der  Krone  wie  der  Wurzel  betrifft.  Die  Stellung 
aber  spricht  nicht,  wie  behauptet  wurde,  gegen  die  Homo- 
logie. Der  fragliche  Zahn  greift  nämlich  keineswegs  in 
die  Lücke  zwischen  oberen  Eck-  und  erstem  Lückenzahn, 
sondern  seine  Spitze  liegt  an  der  inneren  Seite  des 
oberen  Eckzahnes  und  vcranlafst  durch  Druck  bei  älteren 
Thieren  sogar  häufig  das  Auftreten  einer  Grube  am  knöcher- 
nen Gaumen.  Noch  charakteristischer  ist  das  Verhalten  im 
Milchgebifs.  So  findet  man  z.  B.  am  Schädel  von  Otolicnus 
crassicaudatus  (Anatom.  Museum  Nro.  14625),  dafs  der 
fragliche  Zahn  mit  seiner  Spitze  verhältnifsmäfsig  weiter 
nach  vorn  reicht  als  im  bleibenden  Gebifs  und  dafs  er  auf 
die  Lücke  zwischen  den  Schneidezähnen  und  dem  Eckzahn 
des  Oberkiefers  hinweist,  wenngleich  er  sie  nicht  erreicht, 
da  er  einerseits  als  Milchzahn  zu  klein  bleibt  und  anderer- 
seits seine  Alveole  bei  der  auffälligen  Kürze  des  Unter- 
kiefers zu  weit  nach  hinten  verschoben  ist.  Noch  mehr 
aber  scheint  die  Entwickelung  oder  der  Durchbruch  der 
Zähne  dafür  zu  sprechen,  dafs  gerade  er  der  Eckzahn  ist. 
Er  wird  nämlich  zu  gleicher  Zeit  mit  dem  oberen  Eckzahn 
gewechselt,  wie  das  oben  erwähnte  Präparat  so  wie  Nro. 
15091  zeigen.  An  diesen  Schädeln  sind  die  Milchschnei- 
dezähne schon  gewechselt,  während  die  Eckzähne  eben  im 
Durchbruch  begriffen  sind.  Da  nun  homologe  Zähne  gleich- 
zeitig gewechselt  zu  werden  pflegen,  so  dürfte  hierin  ein 
neuer  Beweis  dafür  gefunden  werden,  dafs  die  ältere  An- 
sicht, nach  welcher  der  an  die  Innenseite  des  oberen  Eck- 
zahnes sich  anlegende  Zahn  des  Unterkiefers  den  Eckzahn 
desselben  vorstellt,  die  richtige  ist.  Es  haben  dies  in  neuester 
Zeit  auch  Moseley  und  Lankester  herausgefühlt,  ohne 
Gründe  dafür  anzugeben  (Journ.  of  Anat.  and  Physiol. 
See.  Ser.  III.  1868,  p.  73  f). 

Hr.  Zenker  theilte  einige  Beobachtungen  mit,  die  er 
auf  seiner  Reise  nach  Aden  gemacht  hatte.  Die  Landenge 
von  Suez  müsse,  wie  dies  auch  von  der  Wüste  Sahara 
wahrscheinlich  sei,  erst  vor  (geologisch)  kurzer  Zeit  aus 
dem  Meere  emporgestiegen  sein.  Noch  jetzt  sei  der  dortige 
Wüstenboden,  auch  an  Stellen,  die  über  dem  heutigen  Meeres- 
niveau liegen,  reich  an  Kochsalz  und  Gyps,  was  sogar 
vorläufig  noch  die  Fruchtbarkeit  der  am  Süfswassercanai 
belegenen  Landstriche  beeinträchtige.  Diese  Salze  stammen 
jedenfalls  aus  dem  Meerwasser,  konnten  aber  bei  der 
Trockenheit  des  Climas  noch  nicht  völlig  dem  Boden 
herausgewaschen  werden.  Weiter  spreche  dafür  der  Um- 
stand, dafs  selbst  an  den  höchsten  Punkten  der  Wüsten- 
fläche Conchylien  gefunden  werden,  welche  mit   den  jetzt 


15.  December  1868. 


33 


ini  rotlit-n  Meere  lebenden  Formen  identisch  sind  und  grofsen- 
theils  sogar  noch  die  Farbe  behalten  haben. 

Die  dortige  Wüste  ist  übrigens  reichlich  bedeckt  mit 
kleinen  Steinen,  welche  durchweg  eine  schwarze  oder  doch 
dunkle  Patina  besitzen,  während  das  Innere  von  hellerer 
Farbe  ist.  Ein  vegetabilischer  Überzug  fehlt,  vielmehr 
mufs  der  (irund  diefer  sonderbaren  Erscheinung  wohl  in 
der  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  und  der  Luft  gesucht 
werden.  Längs  dem  Boden  gesehen,  erscheint  daher  die 
Wüste  fast  mehr  schwarz  als  gelb;  dagegen  ist  das  von 
ihr  im  Sonnenschein  nach  oben  reflektirte  gelbe  Licht  so 
intensiv,  dafs  die  über  der  Wüste  schwebenden  Wolken  in 
ihren  Sehattenparthien  nicht  wie  bei  uns  grau ,  sondern 
gelb  gesehen  wurden. 

Endlich  erwähnte  derselbe  noch  einer  Erscheinung, 
auf  die  iiin  am  Vesuv  der  Englische  Chemiker  Duppa 
aufmerksam  gemacht  hatte.  Die  erstarrten  Lavaströme 
dieses  Vulkans  zeigen  sich  nämlich  nicht  in  der  Mitte 
ihrer  Breite  am  höchsten  gewölbt,  sondern  sind  im  Ge- 
gcntheil  in  der  Mitte  vertieft,   weil  hier  die  heifsere  Lava 


noch  leicht  abfliefsen  konnte,  während  die  Ränder  bereits 
erstarrt  waren.  Daher  bildet  ein  erstarrter  Lavastrom  mit 
gröfster  Regelmäfsigkeit  ein  flaches,  schmales,  von  zwei 
Wällen  eingefafstes  Thal.  Solche  Thäler  beobachtet  man 
auch  auf  dem  Monde  in  den  sogenannten  „Rillen",  über 
deren  Bedeutung  bisher  noch  viele  Zweifel  herrschten,  die 
aber  hiernach  als  erstarrte  Lavaströme  anzusehen  sein 
dürften. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen : 
Monographie  der  Cassien-Gruppe  Senna  von  Joh.  B.  Batka, 

Prag  1866.    4.     Geschenk  des  Verf. 
R.Biber,  Kritik  über  Carl  Vogt's  naturwissenschaftliche 
Vorträge  über  die  Urgeschichte  des  Menschen.    Geschenk 
des  Verf. 
Drei  Jahre  in  Süd-Afrika  von  Dr.  Fritsche   1868.     Ge- 
schenk des  Verf. 
J.  Plateau,  Recherches  experimentales  et  theoriqnes  sur 
les  figures  d'equilibre  d'une  masse  liquide  Sans  pesanteur, 
Bruxelles   1868    (Acad.   roy.   d.   Bei.   T.   XXXVII   des 
memoires). 


Buchdruckerei  der  Künigl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,  Universität«str.  8. 


Harvard  MCZ  Ubran 


3   2044   066   304   866 


Date  Due