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^tlrrarD of lljc P^uscum
OF
COMPARATIVE ZOÖLOGY,
AT nARVARD COllEfiE, CAMBRIDGE, MASS.
jFounHetj Ijn pifbatc SttöscttpHon, fit X861.
The gift of cAc \liMlhjcJk^o^-t:
No. 6j6Jb
Sitzuiigs - Berichte
der
Gesellschaft naturforsclieiider Freunde
zu Berlin
im Jalire 1869.
'"Berüu, 1870.
Nicolai'sche Verlags -Buchhandlung.
(A. Effert & L. Lindtner.)
Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt),
Universitäts - Strasse 8.
Inhalts -Terzeicliniss
a n s d e m Jahre 186 9.
Ascherson. Über Myriophyllum altentißorum aus der Provinz
Brandenburg und über Dr. Seh weinfurth ans Chartum. Jan. —
Über das Einbohren der Saamen von Stipa- und Aristida-Axteu
in die Erde; — über die Identität der Zostera nodosa mit Ci/-
modocea aequorea und den richtigeren Namen Ci/modocea nodosa;
— über Halophila und Diplanthera Du Petit Thouars des Pariser
Museums. Febr. — Über die Schätze der Dr. Schimper'schen
Schenkung an abyssinischen Pflanzen, Holzarten und Sämereien;
— über Dr. Schweinfurth's Naturalien-Sendung seiner Reise
von Alexandrien bis Chartum und deren vielseitig reiche For-
men. April. — LPgt Ampläholis zosteri/oUa aus Neu - Holland
vor und erläutert dieselbe als Posidonia australis. Nov. — Über
Dimorphie der Diplackne serotina und über Dr. Seh weinfurth's
neueste Sendungen aus dem oberen Sudan. Dec.
August. Über das Einbohren der Saamen von Erudima ciconium
in die Erde. Febr.
Bastian. Über einen aztekenartigen Microcephalcn-Kopf aus der
ethnologischen Sammlung des Museums. Oct.
Braun. Über Neubildung von Knollen im Innern von Kartoffeln;
— über Polyembryonie bei Coffea arahica; — über eine Keim-
pflanze von Ailanthus glandulosa als merkwürdiges Beispiel eines
den ersten Jahrestrieb mit einer Gipfelblüthe abschliefsenden
Baumes; — über Blatherwachsungcn bei Taxus tardira: — über
eigenthümliche Blattstellungen bei Parielaria officina/is; — über
Juglans regia simplicifolia s. monophjlla , Abart mit einfarhen
Blättern; — über abnorme BIüthen-Entwickelung bei Fi itil.laria
imperialis; — über Pelorien bei Aconitum; — Kelch-Anamorphose
bei Mimulus tuteus var. giittatus; — Blumenniifsbildung bei Knautia
ari'cnsis; — Paeonia Lowii Blumenmifsbildung; — proliferirende
Rosen. Juli. — Über verschiedene Zahlen und Stellungen in der
Cotylen-Bildung, durch Kunsfgärtner Junger' s Aussaaten reich-
haltig ermittelt. Nov. — Über .schiefen Verlauf der Holzfasern
in vielen verschiedenen Baumstämmen. Dec.
Düuitz. Erläutert das von Herrn Gurlt erwähnte mifsgestaltete
Kind aus Schliewen. Febr. — Über die Morphologie des Horn-
schnabels der Vögel. Mai. — Über den feineren Bau der Fibril-
len an den Muskelfasern wirbelloser Thiere ; — über die Sektion
eines Halichoerus foetidus, welcher an Eingeweidewürmern tödt-
lich erkrankt gewesen. Jiili. — Üler das Siphonium von NitzscL
an der Paukenhöhle der Vögel. Oct. — Über unregelmäfsig
vermehrte Zahl der Zähne im Kiefer von Cahis mesomelas. Dec.
Ehreuberg. Zeigt und erläutert den seit 1S59 lebenden Hypoch-
thon Laurent i. Jan. — Über Rob. Brown 's, des Botanikers,
AVollaston'sches Mikroskop; — ülier Sp/iaerel/a nivalis auf rotheui
Schnee vom Kaukasus. Febr. — Briefliche Mittheilung des
Dr. Hermann Hagen über die in Nord -Amerika vorhandenen
einheimischen und fremden Mikroskope. Mai. — Übergab seine
gedruckten Mittheilungen über Dr. Jenzsch's organische Ein-
schlüsse im Quarz angeblich des Melaphyrs von Zwickau und
über den von Capitän Koldewey mitgebrachten nordischen
Meeresgrund. Juni. — Über das Erdbeben von Neu-Seeland am
9. Juni, siehe Haast; — Übergabe seines gedruckten Vortrags
über die biolithiscben Gebirgsschichten unter der Stadt Mexiko.
Oct. — Gab unter mehreren Mikroskopen Anschauungen der
fossilen mikroskopischen Hauptformen als Gebirgsmassen unter
der Stadt Mexiko und dem Tezcoco-See. Nov.
Erdmann, O. Erläuterung der unter dem Namen Bumeraug be-
kannten AVaiie rücksiclitlich ihrer Bewegungsbahn. März.
Fritsch. Zeigte Gundlach's neuestes, grofses, ausgezeichnetes
Mikroskop und dessen besondere Einrichtungen vor. Febr. —
Vorlegen der von ihm gemachten photographischen Aufnahmen
der Sonne bei deren totaler Verfinsterung in Aden und üljcr
deren Details. März. ■ — Legt das Prachtwerk, die Crania bri-
tannica, von Barnard Davis vor als vollständige Ethnographie
der britischen Inseln, den Wunsch zufügend, dafs auch Deutsch-
land eine so wichtige ethnologische Übersicht erhalten möge.
April. — Über die Nützlichkeit und Wichtigkeit photographischer
Darstellungen mikroskopischer Objekte. Mai.
Gurlt. Über die Nachricht des Dr. Preufs, ein in Schliewen
bei Dirschau gebornes mifsgebildetes Kind betreffend. Febr.
Haast, J. Übersendung seiner Mittheilungen über das Erdbeben
in Christchurcli, Cautcrbury, Neu-Seeland am 9. Juni; siehe
Ebrenberg. Oct.
Hagen, Hei-mann. Über nordamerikanische Mikroskope; siehe
Ehrenberg. Mai.
Hart mann. Über Tubulär ta Dumortieri van Bened. von Borkuni.
Jan. — Über die Genmien-Eutwickelung der Tuhularia Dumortieri
Vau Bened. mit Abliild. März. — Über von ihm injicirte Er-
IV
Inhallsverzeiclnriss aus dem Jahre i8G9.
nähningskanäle der Rhizostnmen; — über die contractile Sub-
stanz der Umbrella bei Aeqiuiriden ; — ülier die muskelähnlichen
Querstreifiingen der SiihumhreUa der Jlcdusen; — über die Vni-
brellensubstanz der Aurelia aiirila. Oit.
Hofmann. Über dem Senf-Ul verwandte schwefelhaltige Öle aus
der Familie der Cruciferen. Jan.
Ho Imgren. Vorlegen sehr starker OsteocoUen aus den Sandhügeln
bei Berlin. Nov.
Koch. Über tief eingeschnittene, scliarf erhaltene Zeichen im In-
nern von Baumstämmen ; — über Kreuzung der Pflanzenarten
durch Pfropfung; — das Pfropfen von Kartoffelknollen sei kein
Pfropfen: — viele Hybriden der Gärtner sind irrige Auffassun-
gen. April. — Über Doppel-Selieinfrüchte bei Feigen; — Ver-
suche mit Pfropfung der Kartoffelknollen blieben ohne Resultat. Kov.
Kuhn. XjheT die Farrnkräuter der Schweinfurth'schen letzten
Sammlungen. Dec.
Kunth. Über die Entwicklung der Zoantharia ruyosa. März.
V. Martens. Über die charakteristische Bildung der Deekel bei
den Schneckengattungen Neritina, Aerita und Navicella. Juni.
Müller, O. Über seine Bemühungen zur genaueren Messung der
Objektive bei Mikroskopen. Febr. — Über einen von ihm
construirten Kondensor, welcher die irrige Vorstellung beseitigt,
dafs aberrationsfreie Strahlen feinste Strukturverhältnisse sichtbar
machen. März.
Nitzsche. Über Cordylophora albicola aus dem Süfswasser bei
Blankenese und über getrocknete, an Flofsholz in der Spree an-
geblich vorgekommene gleichartige Xhierstöcke; — über Pedi-
cellina echinata Sars und deren Verwandtschaft mit ürnatella
Leidy und Loxosoma Keferst. als einer neuen, von ihm Endo-
procta genannten Familie; — erläutert die Zwitterbildung von
Buguta ßabeltata, B. plumosa und Biceltaria ciliata und deren
Larven. März.
Peters. Über Dr. Schimper's in Abyssinien gemachte zoolo-
gische Sammlungen und deren Schenkung an das zoologische
Museum. März. — Über das eingesandte schädellose, defekte
Fell eines anthropomorphen Affen aus der Sammlung des Dr.
S eil wei nfurth; — ülier die verschiedene Schädelhildung bei
Hijrax und ülier eine neue Art: Ihjrax mossamhicus = H. arhoreus
rar. Juli.
Pfeffer. Über Bildung von Corolle und Androeceum der Prlnnilaceen.
Dec.
P rings heim. Über die Zeugungsvorgänge bei Pandorina Morum.
Oct.
Reichert. Über die embrvDlogischen wichtigen Charaktere der
Thier- Arten mit Erläuterung vcm Embryonen einer achtfüfsigen
Cephalopode. Mai. — I^egt sieben Hxemplare von Hyalonemen
vor, die Dr. Reger aus Jeddo mitgebracht, und macht auf noch
weiter nüthige Forschungen aufmerksam. .Juli.
Rohrbach. Über die Blüthen-Entwickelung von Tijpha. Nov.
Sadebeck. Über Dr. Schimper's eingesandte mineralogische
Sammlungen von Abyssinien und deren wichtige Übersicht. Mai.
— Über den im Juni beobachteten Meteorsteinfall zwischen
Lommatzsih und Meifsen. Juni.
Schimper. Wichtige botanische und zoologische Geschenke aus
Abyssinien an die Kgl. Museen, siehe Peters und Ascherson.
März u. April. — Über seine mineralogischen instruktiven Samm-
lungen siehe Sadebeck. Mai.
Schneider, A. Über Entwickelung der Echinodermen an Brachio-
taria. Jan.
Schweinfurth. Erste reiche Sendung der Sammlungen aus Afrika,
siehe Ascherson. April.
V. Strampff. Zeigt und erläutert Diatomaeeen-Probe-Platten von
Möller in Wedel im Holsteinischen. Jan.
Thaer. Über die ersten Entwickelungen von Eehinus saxatilis.
Febr.
Virchow. Fossile Knochen von Rennthier, Bär, Elenthier und
Edelhirsch aus Mecklenburg und Preufsen. Oct.
Sitzung s-B e r i c h t
der
Gesellschaft natm-forschender Freunde
zu Berlin
um 19. Januar 18(j9.
Direktor: Herr Geheimer Medicinal-Rath Gurlt.
Hr. V. Strampff zeigte eine von J. D. Möller in
Wedel im Holsteinschen angefertigte „Diatomaceen-Probe-
Platte" vor, welche zwanzig, zum Theil sehr schwierige,
Probe -Objekte enthält und sich durch Reinheit, Zweck-
mäfsigkeit und Zierlichkeit der Anordnung empfiehlt. Auch
wurde Möllers Preis-Verzeichnifs mikroskopisclier Prä-
parate, der Utensilien und Materialien zur Verfertigung
derselben vorgelegt und besprochen.
Hr. A. Schneider sprach über die Entwicklung
der Echinodermen. An einer Brachiolaria von Helgoland
hatte derselbe zunächst die Entdeckung von AI. Agassiz
bestätigen können, dafs die Kappe über dem Magen, aus
welcher das Perisom des künftigen Seesternes entsteht,
von den wimpernden Schläuchen gebildet wird. Dafs aus
diesen Schläuchen auch das Wassergefäfssystem entsteht,
hatte bereits Job. Müller entdeckt, allein wie aus den-
selben der Ringkanal entsteht, war bis jetzt nicht ermittelt.
Dies geschieht dadurch , dafs die Schläuche , nachdem sie
sich vor dem Mundende Y förmig verbunden haben, noch
eine zweite Anastomose bilden, welche der Ventralseite des
Magens dicht aufliegt. Der Vortragende erläuterte diese
Bildungsweise durch Vorlegung eines Modelles.
Hr. P. Ascherson legte eine für die Provinz Bran-
denburg neu entdeckte, bisher nur an deren Nordgrenze
beobachtete Wasserpflanze, Myriophyllum alterniflorwn D.
C. vor. Dieselbe wurde von Cand. med. H. Winter,
welcher die Flora der Provinz schon durch die Auffindung
von Eriophorum alpinum L und Aldrovandia vesiculosa Li
um zwei interessante Arten bereichert und das für dieselbe
damals noch nicht sichergestellte Laubmoos Orthotrichum
(jymnostomum Bruch aufgefunden hat, wie die genannten
Pflanzen in der Nähe seines Heimathsortes Menz bei
Rheinsberg, und zwar in einen kleinen See, nördlich vom
[1869.]
grofsen Stechlin-See im Herbst 1868 gesammelt und er-
kannt. Später erhielt Vortragender dieselbe Art von einem
einige Meilen weiter östlich gelegenen Standorte, aus dem
Küstriner Bache bei Lychen, wo sie der Lehrer Heiland
daselbst sammelte. Derselbe fleifsige Beobachter sammelte
auch 1868 eine bisher in der Provinz noch nicht beobachtete,
verschleppte Pflanze, S'dene dichotoma Ehrh., zunächst in
Ungarn und Nieder-Österreich einheimisch, auf einem Klee-
acker bei der Kolbatzer Mühle.
Ferner theilte derselbe mit, dafs Dr. Seh weinfurtli,
nach einen an Prof. Braun gerichteten Brief desselben aus
Chartum vom 10. Dec. v. J. , nunmehr bereits auf seiner
Reise zum Bahr-el-Gasäl begriffen sein werde. Er habe
mit einem Koptischen Grofshändler Gattas einen Vertrag
abgeschlossen, in Folge dessen dieser ihn nach seinen süd-
lich der Meschera-cl-Rek bereits in bergiger Gegend gelege-
nen Ansiedlungen zu befördern und ihm Unterhalt und
Schutz zu gewähren habe.
Hr. Hartmann legte eine Zeichnung der von ihm
auf Borkum beobachteten Tubularia Dumortieri van Bened.
vor und sprach über den Bau der contraktilen Substanz
dieses Thieres. An den Tentakeln unterscheidet man deut-
lich die mit vielen Nesselorganen versehene Rindenschicht,
an welcher sich die verschiedenartigsten Contraktionser-
scheinungen nach jeder nur denkbaren Richtung und Aus-
dehnung beobachten lassen, sowie die aus dicht aneinan-
derstofsenden, quer zur Tentakelaxe gelagerten Kammern
bestehende Achsenschicht (Reichert). Am Kopfe und am
Anfangsstücke des Stengels des Thieres bietet die Rinden-
schicht zahlreiche, unter den Augen des Beobachters er-
stehende oder sich verlierende, Vorsprünge dar, die einfach
Contraktionserscheinungen sind und bei ihrer öfters polyij-
drischen Begrenzung an ein Plattenepithel erinnern können.
1
19. Januar 1869.
Die Gröfse dieser in Folge von peripherischen Contniktio-
nen der Rindcnschieht sich bildenden Ausbuchtungen ist
sehr v.ariirend.
Hr. Ehrenberg stellte den seit dem Monat September
1859 in Berlin lebend erhaltenen Ilypochthon Laurenti,
als noch in munterer Lebendigkeit fortdauernd, vor. Die
schwarze Färbung hatte noch weiter überhand genommen
und die Kienienathnuing war fortdauernd merklich gegen
die Lungenathniung zurückgetreten, aber doch nicht ganz
erloschen. In diesem Jahre überschreitet nun unzweifelhaft
dieses merkwürdige Tliier sein zehntes Lebensjahr in voller
Lebenskraft, ohne je seine Haut abgestreift zu haben, wie
es die Tritonen thun.
Hr. A. W. Hofmann machte der Gesellschaft die
Mittheihing, dafs er sich seit einiger Zeit mit der künst-
lichen Darstellung schwefelhaltiger Oele beschäftigt habe,
welche in ihren Eigenschaften und chemischem Charakter
dem Senfoel entsprechen. Nach seinen Untersuchungen
könne man von jedem Kohlenwasserstoff ein solches Oel
ableiten und es stehe somit die Ergänzung einer endlosen
Reihe derartiger Verbindungen in Aussicht. Einen dieser
von der Theorie angezeigten Körper habe er nun wirklich
in der Natur aufgefunden, es sei dies das ätherische Oel
der Cochlearia officinalis, welches die Analyse als das
Senfoel der Betylreihe habe erkennen lassen. Dieses
Ergebnifs lasse es wünschenswerth erscheinen, einige an-
dere Cruciferen in derselben Richtung zn untersuchen. Der
Redner schlofs mit der Bitte an die anwesenden Botaniker,
ihm diejenigen Glieder der Gruppe der Cruciferen namhaft
zu machen, welche sich für diese Versuche am besten
eignen dürften.
Hr. Ascherson verzeichnet die folgenden Species:
Diplotaxis tenui/olia, Lepidiurn sativum und ruderale,
Barbarea praecox, Thlaspi arvense, Eruca sativa, auch wurde
Tropaeolum majus empfohlen.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen:
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Jahrgang 1867.
Monatsberichte der Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Juli bis Oktober 1SG8.
Verhandlungen des botanischen Vereins der Provinz Bran-
denburg. Jahrgang 9. 1867.
Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt)
Berlin, Universitätsstr. 8.
Sitzungs-Bericht
Gesellschaft natm-forschender Freunde
zu Berlin
am IG. Februar 1869.
Direktor: Herr Geheimer Medicinal-Kath Gurlt.
Hr. Ehrenberg zeigte ein kleines zierliches Mikroskop
mit einfachen Linsen vor, welches der geniale Botaniker und
Reisende in Australien Robert Brown testamentarisch
dem hochverdienten Reisenden in Brasilien und Botaniker
Phil, von Martins hinterlassen und welches Letzterer
bei seinem Abscheiden dem Vortragenden als Freundes-
gabe in gleicher Art überwiesen hat. Die überaus kleinen
sehr starken 4 Objectlinseu mögen erkennen lassen, wie
mühsam Rob. Brown seinen Zielen erfolgreich entgegen-
gegangen ist. Das Instrument ist nach Wollastons An-
gabe von Dollond höchst sauber angefertigt.
Derselbe legte hierauf eine vom Mitgliede d.G.Hr. W.
Siemens ihm aus Tiflis mitgebrachte Probe eines rothen
Schnee's vom Kaukasus vor, welchen Hr. Baiern daselbst
auf dem Passe des Kreutzberges in Osoetin, oberhalb
Geedaut beobachtet hat. Die Prüfung dieser Schneefärbung
stellte fest, dafs sie aus fast reinen Kügelclien der SjjJiae-
rella nivalis gebildet wird, welche in gleiclier Weise von
den Crimson Cliflfs der Baffins-Bay zuerst beobachtet wor-
den ist. Diese bei den Algen systematisch einzureihenden
Körperchen beweisen , dafs jener rothe Schnee kein aus
der Atmosphäre gefallener Meteorstaub, sondern eine aus
älteren Schneelagen beim Abschmelzen hervortretende, im
Kaukasus hiermit zuerst beobachtete, Bildung ist.
Hr. August theilte eine am Storchschnabelsaamen
(Erodium ciconium) gemachte Beobachtung mit. Die ge-
reiften Saamenkörner schnellen, durch die elastische Span-
nung der gewundenen Grannen getrieben, beim Ablösen
von der Pflanze 3-4 Fiifs weit und werden darauf durch
die mit dem Feuchtigkeitszustande abwechselnde Streckung
und Zusamraendrehung der sehr hygroscopischen Grannen
in den Erdboden eingebohrt, wobei eine scharfe Spitze
unten am Saamenkorn das Eindringen erleichert und nach
[ISGÖ.]
oben gerichtete Härchen an demselben das Zurückschieben
erschweren. Wurden mehrere reife Saamen mit ihren i;t'-
wundenen Grannen im Freien auf einen mit Erde gefüll-
ten Blumentopf gelegt, so waren nach Verlauf zweier bis
dreier Tage nicht wenige ganz in die Erde eingedrungen.
Hr. Ascherson erinnerte im Anschlufs an die vor-
her gegangene Mittheilung an die mit ganz ähnlichen Vor-
richtungen zum Eindringen in den Boden, resp. in fremde
Körper, versehenen Früchte der Grasgattungen Stiipa und
ArisÜda. Dieselben sind von den Spelzen eingeschlossen,
welche, wie die Fruchtschale bei Erodium, mit aufwärts
gerichteten steifen Haaren besetzt sind. Am Grund geht
die ausgebrochene Aehrchenachse in eine scharfe Spitze
aus; ist diese einmal eingedrungen, so bewirken die
Haare wie Widerhaken bei jeder Bewegung der langen
gewundenen Granne, in welche die Deckspelze ausläuft,
ein tieferes Eindringen; in den Steppen Südrufslands
werden Stupa-Krtvn (die sogen. Thyrse) der Schafzucht
lästig ja gefährlich, da viele Schafe den zahlreichen Ver-
wundungen unterliegen. Über ähnliche Belästigung durch
Aristida- Arien klagt z. B. der bekannte in Abyssinien
ansässige Botaniker S c h i m p e r.
Derselbe legte einige ihm kürzlich zugegangene
Beiträge zur Geschichte der Meeres -Phanerogamen vor.
Durch gütige Vermittelung des Herrn General-Lieutenant
V. Gansauge, welcher gegenwärtig sich in Italien aufhält,
erhielt er von Prof. Todaro in Palermo eine Copie von
der aufserhalb Siciliens nicht vorhandenen Tafel 191 von
Cupani's Pamphyton siculum. Die darauf dargestellte Alga
(jramineo folio , triphylla, sarrnentis vitis ist unverkennbar
Cijmodocea aequorea Kön., für welche somit Znstera nodosa
Ucria (dieser Schriftsteller bezieht sich ausschliefslich auf
die Cupanische Tafel) der älteste, nach dem Prioritäts-
•2
m. Februar 18G.9.
gesetz herzustellende Name ist. In der Deutung der Zo-
gtera nodosa, welche nunmehr Cymodocea nodosa (Ucria)
Aschs. zu benennen ist, sind mithin Steudel (Nomencl.
bot. II. ed. II. I. 4(51 auf wessen Autorität?) und Parlatore,
welcher in der Flora Italiana III. 059 unverkennbar die
echte Pflanze beschreibt, im Recht gegen Gussone, welcher
(Florae siculae synops. II, 565) Z. nana Rth. dafür be-
schrieben hat.
Ferner legte derselbe Proben der Typen von Jlalo-
phila und Diplanthera Du Petit Thouars, welche ihm Prof.
II. Baillon aus dem Pariser Museum iibersandt hatte,
vor. Ualophila Du Petit Tliouar.s stellt, obwolil sich in
den Sammlungen dieses Forschers auch //. ovalis (R. Br.)
Hook., aber ohne Bezeichung vorfand, die H. stipnlacea
(F.) Aschs. dar, deren Blüthen mithin früher beobachtet
wurden als die der anderen Art. In wieweit sich die Ab-
weichungen der Du Petit Thouarsschen Beschreibung auf
diese specitische Differenz zurückführen lassen , ist durch
Untersuchung von (bisher noch niclit zu Gebote stehendem)
Material an Blüthen der IL stipnlacea zu constatiren; die
bedeutendsten Unterschiede, wenn nicht alle, werden wohl
auf Irrthümern in der Untersuchung beruhen. Ualophila ma-
dagascariensis Steud. ist also Synonym der letzteren Art,
nicht der//, ovalis. Der Vergleich der männlichen Blüthe
von Diplanthera Du Petit Thouars (Ilalodule australis Miq.)
mit der von Ilalodule Wrightii Aschs. bestätigt vollkom-
men die Verschiedenheit beider Arten. Die einzelnen An-
theren der ersten Art sind 0,002 m. lang und der Höhen-
unterschied ihrer Insertion beträgt noch nicht 0,00025 m.;
die viel schlankeren Antheren der Ilalodule Wrightii smd
0,004m. lang und ihr Höhenunterschied beträgt 0,001m.,
so dafs der Gattungscharaktcr bei der atlantischen Art viel
deutlicher ausgesprochen ist als bei der indisch-pacifischen.
Hr. G. F ritsch stellte ein grofses Mikroskop vor
von E. Gundlach Berlin (Verlängerte Ritterstrasse 26.)
und erläuterte die originellen, den Anforderungen der neue-
ren Zeit sehr vollkommen entsprechenden Einrichtungen
desselben, wovon manches auch eigene Erfindung des ge-
nannten Optikus ist. Hierher gehört die Art der feineren
Einstellung mittelst einer Parallelogrammverschiebung des
Tubus, wodurch der todte Gang der Schraube, sowie ein
Rücken des Bildes vollständig vermieden wird; ob diese
Einrichtung sich auch durch Dauerhaftigkeit auszeichnet
muas indessen die Zukunft lehren. In Bezug auf die
anderweitige Ausstattung ist noch erwähnenswerth der
schöne, nach Hartnack'schem Muster construirte, Polarisa-
tionsapparat, trefflich gearbeiteter Oberhäuserscher Zeichen-
apparat, Revolver zum schnellen Wechseln der Objective etc.
An den starken Objectiven (nr. 6 trocken und 7. 8.
9. mit Immersion) ist als Correction, um den Einflufs des
Deckgläschens zu eliminiren, die sehr zweckmäfsige, soge-
nannte innere, Correction angebracht, indem sich die
obere Linse des Objectivsystems durch eine Schraube ver-
schieben läfst, ohne dafs die untere ihre Stellung zum
Object ändert.
Die Leistungen der Sj'Steme können sich getrost denen
der von Hartnack gelieferten an die Seite stellen, wie
durch Zahlen bewiesen wurde, welche der Herr Buch-
händler Müller durch eingehende Vergleichung verschie-
dener Systeme gewonnen hatte. Eine nr. 8. (Gundlach)
wurde verglichen mit nr. 14. (Hartnack) und es stellten
sich sowohl für Focalabstand , Öffnungswinkel, Objectiv-
vergröfserung und auflösende Kraft günstigere Zahlen für
die erstere heraus, während der Preis sich verhält wie
25 Thlr. zu llOThlr. Ähnliche bedeutende Unterschiede
ergeben sich auch für den Gesammtbetrag. Der Vortra-
gende glaubte daher in der Lage zu sein, die Instrumente
des Herrn Gundlach auf das Dringendste empfclilen zu
können, welchen Empfehlungen sich auch Dr. Kny, der
schon längere Zeit mit derartigen Mikroskopen arbeitet,
unbedingt anschlofs.
Hr. Gurlt sprach über die von dem Sanitäts-Rath
Dr. Preufs gegebene Nachricht über ein in Schliewen
bei Dirschau gebornes mifsgebildetes Kind. Er bemerkte,
dafs der vorliegende Fall in sofern von andern ähnlichen
früher beobachteten verschieden ist, dafs der Parasit deut-
liche Bewegungen zeigt, während in den meisten anderen
Fällen der Parasit sehr mangelhaft gebildet war.
Hr. Dönitz bemerkte im Anschlufs hieran, dafs Ge-
schwülste in der Kreuzbeingegend entweder aus krankhaften
Neubildungen bestehen, oder ein zweites Individuum dar-
stellen, welches sich aus demselben Keime entwickelt hat.
wie das andere Kind, in seiner Ausbildung aber hinter
diesem zurückgeblieben ist. Im ersten Fall hat man es
mit einer Krankheit eines einzigen Individuums, im zweiten
mit einer Doppelmifsgeburt zu thun. Die Grenze zwischen
beiden Arten von Sacralgeschwülsten kann in gegebenen
Fällen nicht immer scharf gezogen werden, da in krank-
haften Neubildungen sehr wohl Knochen, Zähne, Haare
und dergleichen vorkommen können, so dafs, wenn sich
solche Dinge in einer Sacralgeschwulst finden, man es
nicht immer mit den Spuren eines zweiten Individuums zu
thun hat. Verwechselungen nach dieser Richtung hin sind
vielfach vorgekommen. — Einzig in seiner Art würde der
besprochene Fall sein, wenn in der That, wie der Bericht
lautet, Kopf und Steifs und wohl auch ausgebildete Glied-
vom 16. Februar 186.9.
maafsen eines zweiten Kindes sich in der Geschwulst vor-
finden sollten. Es würde dann der Parasit einen Grad
der Ausbildung erreicht haben, wie er nur an freien, nicht
in eine mit Haut bedeckte Geschwulstmasse eingeschlossenen
Parasiten bisher beobachtet wurde. Die in Sacralgeschwül-
sten enthaltenen Parasiten, welche in der Litteratur bekannt
geworden sind, waren alle so mangelhaft gebildet, dafs sie
nicht im Stande gewesen wären, eine selbständige Bewe-
gung auszuführen, wie das von dem Dirschauer Fall
berichtet wird. Aus diesem Grunde liegt es im Interesse
der Wissenschaft, den Fall im Auge zu behalten, ohne
indessen die Hoffnung zu hegen, dafs das in der Geschwulst
vermuthete Kind sich weiter entwickeln und schliefslich
zur Selbständigkeit gelangen werde. Ein solcher Ausgang
dürfte als wissenschaftliche Unmöglichkeit zu bezeichnen
sein.
Hr. Thaer sprach mit Rücksicht auf die Mittheilungen
des Hrn. Schneider in der Sitzung vom 19. Janaar eben-
falls über die Entwicklung der Echinodermen. Im Sommer
1850 hatte er im Auftrage von Johannes Müller und
mit demselben zusammen in Triest Untersuchungen hier-
über gemacht, besonders auch in Bezug auf die ersten
Entwickelungsstadien von Echinus saxatilis. Nach dem
damals geführten Tagebuch begann der Durchfurchungs-
procefs durchschnittlich zwei Stunden nach der Einwirkung
der Spermatozoen auf die Eier, und war beendet innerhalb
dreier bis vier Stunden. Nach achtzehn Stunden waren
die Eihäute abgefallen und der Embryo befand sich in
lebhafter rotirender Bewegung. Nach vierundzwanzig Stun-
den begannen die organischen Veränderungen desselben,
Einstülpungen, Abtheilungen; nach siebenundzwanzig Stun-
den traten die ersten Bildungen des Kalkscelettes auf, und
nach achtundvierzig Stunden war in der Regel die Larve
in ihrer eigenthümlichen Gestalt („Staffelei") entwickelt.
Die fernere Fortbildung derselben geschah sehr langsam
und war nicht mehr an den künstlich erzielten Exemplaren
zu beobachten, da diese beiden vorhandenenen Einrichtun-
gen nicht in genügender Zahl lebend im Zimmer erhalten
werden konnten, — sondern mufste an neuen Exemplaren
aus dem Meere studirt werden, daher auch die Schwierig-
keit der ferneren Beobachtung jener Entwickelung.
Hr. Otto Müller wird aufgefordert die Mittheilungen
des Hrn. Dr. F ritsch, bezüglich mehrerer Objectivbe-
stimmungen, zu ergänzen. Derselbe bedauert auf den Ge-
genstand augenblicklich nicht näher eingehen zu können,
da die betreffenden Messungen noch nicht zum Abschlufs
gelangt seien; er verspricht indefs einen vollständigen Be-
richt, sobald eine genügende Sicherheit der Resultate er- |
reicht sein würde. Vorläufig bemerkt er, dafs die Brenn-
weiten nach der Formel f=p • -i- berechnet seien, worin
p die hintere Vereinigungsweite, d. h. den Abstand der
Bildebene vom Objektiv oder genauer, von dessen zweiter
Hauptebene, bezeichne, d dem linearen Durchmesser des
Objectes, D demjenigen des Bildes gleich zu setzen sei.
Der resultirende Werth von / entspreche sodann der Brenn-
weite der aequivalenten Linse. Unter Fokalabstand
wünsche er den Abstand des Hauptbrennpunktes von der
untersten brechenden Fläche des Objectivs verstanden;
derselbe käme mithin bei stärkeren Objektiven der Objekt-
distanz nahezu gleich; bei schwächeren seien hingegen der
letzteren relativ höhere Werthe zu substituiren. Die Ob-
j ektivvergröfserungen seien anzunehmen als bezogen
auf einen Abstand von 250 Mm.; die Gesammtver-
gröfserung, welche stets mit demselben Okular erzielt
wäre, müsse auf eine Entfernung der Projektionsebene von
ebenfalls 250 Mm. und zwar vom Augenpunkt des Mikros-
kops an gerechnet, bezogen werden; der Augenpunkt pflege
in der Regel 4 — 6 Mm. über der letzten Fläche des Okulars
zu liegen. Zur Bestimmung der Öffnungs winkel sei
die Wenham'sche Methode in Anwendung gebracht, welche
allerdings sehr hohe Werthe ergäbe, dagegen den Vor-
theil gewähre, die Gröfse des wirklich nutzbaren Theiles
der Öffnung zur Wahrnehmung zu bringen. Hinsichtlich
des Unterscheidungsvermögens benutzte er die von
Harting vorgeschlagene, von Naegeli weiter ausgeführte
Methode, welche auf dem Satze beruhe, dafs das Unter-
scheidungsvermögen in umgekehrtem Verhältnifs stehe zu
dem Abstand paralleler, durch das Mikroskop beobachteter
Linien , an der äufsersten Grenze der Sichtbarkeit. Die
Bestimmung dieses Abstandes durch eine der mikrometri-
schen Methoden, sei sodann der arithmetische Ausdruck für
das Unterscheidungsvermögen. Auf dieses etwas complicirte
Verfahren und dessen besondere Vorzüge gegenüber der
Prüfung mittelst organischer Probeobjekte, solle in einer
der nächsten Sitzungen näher eingegangen werden. Hr.
Otto Müller schliefst mit der Bemerkung, dafs er sich
bezüglich der Okularvergröfserung des Mikroskopes eben-
falls eine Mittheilung vorbehalten, welche möglicherweise
die gewöhnliche Berechnung der Gesammtvergröfserung
des Mikroskopes beeinflussen dürfte.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen:
Jahrbuch des naturhistorischen Landes-Museums von Kärn-
then. Heft 8.
Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissenschaften.
November u. December 1868.
6
rom PI. Februar ih69.
Scharrath, gesunder Au/entlialt in geschlossenen Räumen durch
Anwendung der Poren- Ventilation, nebst Anhang 1869.
A new form of permanent Magnet by Ferd. Paget.
Dr. Ilcrni. Schacht. Madeira und Teneriffa. 1864. Dieses
und ;ille folgenden Bücher sind ein Geschenk des Ehren-
Mitgliedes der Gesellscliiift Hr. Otto Müller.
— , Le Microscope et son application speciale a l'etude de
V Anatomie regetah. ISßö.
— , das Mikroskop und seine Anwendung insbesondere für
Pflanzen- Anatomie. 1864.
— , Beiträge zur Anatomie u. Physiologie d. Gewächse. 1864.
— , Grundrifs d. Anatomie u. Physiologie d. Gewächse. 1865.
— , Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Gewächse.
Bd. 1. 2. 1864.
— , Die Prüfung der im Handel vorkommenden Gewebe durch
das Mikroskop. 1864.
Dr. Joii. Hanstein, Untersuchungen über den Bau und
die Entwiekelung der Baumrinde. 1864.
Dr. W. Schuhmacher, die Ernährung der lyianze 1864.
— , Erschöpfung und Ersatz bei dem Ackerbau. 1866.
Dr. H. Schacht, der Baum, Studien über Bau und Leben
der höheren Gewächse. 1 864.
Friedr. Gube, die Ergebnisse der Verdunstung und des
Niederscidages. 1864.
n. W. Dove, Darstellung der Farbenlehre und optische
Studien. 1864.
— , Anwendung des Stereoskops, utn falsches von achtem
Papiergeld zu unterscheiden. 1 864.
T. Schünemann, das Horizontal- Dyanometer und seine
Amcendung auf die Mechanik. 1864.
A. de Bary, Untersuchungen über die Brandpilze und die
durch sie verursachten Krankheiten der /glänzen. 1864.
R. Hoppe, Lehrbuch der Differentialrechnung und Eeihen-
theorie. 1865.
Dr. F. Köhler, Lehrbuch der Chemie. 1864.
Dr. Schulz-Fleeth, der rationelle Ackerbau. 1864.
Buchdnickerei der Königl. Akademie der Wi.ssenschaften (G. Vogt).
Berlin, Uiiiversitätsstr. 8.
Si tzii n üs-B eri c li t
(li»r
Gesellschaft natiirforscliender Freunde
zu Berlin
am l(i. März 18(i9.
Direktor: Herr Geheimer Mediciiwil-Rath Gurlt.
Hr. W. Peters theilte der Gesellschaft mit, dafs die
naturwissenschaftlichen Sammlungen, welche Hr. Dr.
Schimper in Abyssinien nach seiner Befreiung aus der
Gefangenschaft geschenkt hat, in 22 LedercoUis vortrefflich
erhalten, angelangt seien und berichtete über den zoologi-
schen Theil, welcher aus folgenden Arten besteht.
1. Cercopitliecns griseorirldis Fr. Cur.
Tigre; Einh. Name: Woag CWak), lebt in kleinen
Familien von 2 bis 12 Individuen auf Bäumen, geht aber
auch als Dieb auf die Felder.
2. Cynocephalus hamadri/as L.
Tigre; Name: Hurwey, lebt in allen etwas beholz-
ten Gebirgsgegenden von circa 1000 bis gegen 10,000 Ful's
über dem Meere, in sehr grofser Gesellschaft , nie isolirt.
Seine Nahrung bilden Baum-, Gras-u. Getreidefrüchte, Zwie-
beln und Bollen; auch ein Rebhuhn oder eine gestohlene
Ziege wird nicht von ihm verachtet. An sehr hohen Berg-
gegenden trifft er zuweilen mit Macaciis dschellada (Thero-
pithecus gelada Rüpp.) zusammen und liefert eine Schlacht,
wobei er jedoch gewöhnlich den Kürzeren zieht, denn
Dschellada ist behender und zahlreicher. 9000 Fufs ab-
solute Höhe ist der Punkt, wo sich beide treffen.
Hurwey greift auch ungeachtet seiner gewöhnlichen
Feigheit zuweilen isolirte Menschen an, zumal solche die
er wehrlos sieht, wie Kinder und Weiber. Er ist als ein
Dieb den Getreidefeldern gefährlich. Seine Truppe besteht
aus 100 bis 400 Individuen, welche enggedrängt in Hohlen
oder ähnlichen Felslocalitäten schläft.
.S. Cynocephalus bahuin Desm.
4. Theropithecus gelada Rüpp eil.
Tigre. Name: Dschellada. Lebt auf den höchsten
Bergen von 0000 bis 14000 Fufs über dem Meere in
grofsen Truppen von einigen 100 bis 1000 Individuen.
[1869.]
Nährt sich hauptsächlich von Bollen, Wurzeln und Gras-
früchten, lebt nicht im Gehölz, schläft auf Felsen in kalter
Region. Da er in Jemin in grofsen Horden haust, ist er
dort für die Gerstenfelder ein gefährlicher Gast, stiehlt in
wenigen Minuten ein unbewachtes Feld rein aus und
schleppt seine Beute in Eile mit sich fort. In Tigre ist
er selten, kommt nur in Urrhut und Nachbarschaft vor,
auf Bergen, die alle höher als 9000 Fufs sich erbeben,
Urahut ist 10,800 Fufs hoch. Von da an macht er flüch-
tige Excursionen noch tieferen Orten, kommt aber Abends
jedenfalls wieder auf einer Höhe von 8000 bis 9000 Fufs
zurück.
5. Herpestes gracilis Rüpp eil.
Aus Hamfido, unter dem verschiedenen kleinen Thie-
ren gemeinschaftlichen Namen Mutschutschiila.
6. Sciurus midlicolor Rüppell.
Lebt auf Bäumen im Morebb-Thal und dem unter-
sten Theil der Ebene Hamedo. Daselbst erlegt.
7. Sciurus (Xeros) leucoumbrinus Rüppell.
Aus der Ebene Ham^do; heifst Mutschutsch illo.
8. Isomys abi/ssinicus Rüppell.
Feldratte von Hamedo. Ist ein sehr gefräfsiges Thier.
Eine dieser Ratten frifst die andere auf. Aus einer Falle
haben sie meine gefangene Rattenbeute abgefressen.
9. Lepus habessinus Ehrbg.
Tigre. Name Miädcb. Überall, aber nirgends
häufig, von 4000 bis 8000 Fufs über dem Meere. Ge-
sammelt bei Adon. — Bei den Abyssiniern ist das Hasen-
essen äufserst verpönt. Unter diesem Zigeunervolk sich
befindend darf man öfl^entlich keine Hasen essen.
9. Antilope madoqva Rüppell.
Einh. Name Medons. Lebt einzeln und paarweise
auf Bergen und in Thälern.
3
8
mm IC. März 180.9.
10. Antilope ITemprichii Ehrbg.
V'oii Ilamedo. Eiiili. Name An sc hu. Lebt gewöhn-
lich paarweise von lUO bis 4000 Fufs über dem Meere.
11. Antilope montana Küppell.
Von Ilanirdo. Name: Gelbetu. Lebt in kleinen
Truppen von 2 bis 10 Individuen in Ebenen und auf Berg-
plateaus. Über 7000 Fufs absolute Höhe nicht bemerkt.
12. Oreotragus saltatricoides Rüppell.
Tigre. Name Sesslia. Lebt paarweise und in
kUinen Familien auf Bergen von 2000 bis 10,000 Fufs
Höhe, am häufigsten auf der Höhe von GOOO bis 8000
Fufs.
Das Fk'iseii ist sehr beliebt und wird roh als Brunto
sehr gesucht. Auch wird es auf eigene Art gebraten.
Man schneidet es in ganz kleine Stückchen, vermischt
diese mit Butter, Salz und Pfeifer und bringt diese Masse
auf eine gut erhitzte irdene Platte. Nach Verlauf einer
Minute ist dann diese wirklich gute, zarte Speise bereit.
13. Phacochoerus aethiopicus Pall.
14. llijrar. Brucei Gray.
Tigre; Name Gähä. Anihara; Name Aschgogo.
Lebt zwischen Felsblöcken nahe an Bächen in gröf-
serer Gesellschaft; nährt sich von Vegetabilien. Auf allen
entsprechenden Bergen Abyssiniens. Über 8000 Fufs Höhe
nicht bekannt.
Hr. O. Erdmann (heilte der Gesellschaft eine Er-
klärung der paradoxen Bahnen der unter dem Namen
Bumerang oder Keili bekannten Waffe mit, welche bisher
ein mechanisches Problem geblieben waren. Die Erklä-
rung gründet sich auf den Umstand, dafs die Bumerangs
uufser iiirer hy[)erbolischen Krümmung noch eine andere
besitzen, in Folge deren eine für eben gehaltene Fläche
in Wirklichkeit eine windscliiefe, nahezu eine Schrauben-
fläche ist. Der Widerstand der Luft gegen diese Fläche
des rotirend fortschreitenden Instruments bewerkstelligt
einen Druck auf die Rotationsaxe, mit welchem nach den
Praecessionsgesetzen eine Nutation derselben verbunden
ist. Hierdurch ergeben sich alle Bahnen, mögen sie auch
nach der Art des Wurfs (d. h. der Gröfse der ertheilten
Geschwindigkeiten, der Elevation und der Orientirung der
Rotationsaxe) und der Eigenartigkeit des Instruments (Ge-
wicht, Neigung und Breite der windschiefen Sckenkel)
noch 80 verschieden sein, als nothwcndige Folge der An-
ziehungskraft der Erde und der Wurfkraft.
Hr. Gustav Fritsch legte der Gesellschaft vergrös-
eerte Papiercopien und Glaspositive nach den Originalne-
gativeu der in Aden während der totalen Sonnenünsternifs
gemachten Aufnahmen vor und machte auf die interessan-
ten feineren Details aufmerksam. Nachdom die mittelst
der Spectralanalyse ausgeführte wichtige Entdeckung mit
Recht die allgemeinste Anerkennung gefunden , sind die
anderweitigen freilich nicht so in die Augen springenden
Resultate wohl vielfach zu gering angeschlagen worden.
Die Vergleichung der verschiedenen an demselben Orte
gemachten Aufnahmen, sowie der an entfernteren Punkten
gefertigten, ergiebt so interessante Abweichungen, dafs man
dreist behaupten kann die Photographie wird für solche
Beobachtungen immer ihren Platz behalten. In Überein-
stinnnung mit der Theorie, dafs die Protuberanzen leuch-
tende Gaskorper sind, gewissermafsen aufwirbelnde Flam-
men, zeigen die Photographien Phasen derselben, welche
selbst bereits in kürzeren Perioden deutliche Unterschiede
ergeben. Abgesehen davon , dafs die grofse Protuberanz
in Indien schon etwas in sich zusammengesunken beobachtet
wurde, zeigen sich auch an den in Aden aufgenommenen
Bildern merkwürdige Unterschiede, indem z. B. bei der
zweiten Aufnahme in der grofsen Gruppe von Protube-
ranzen drei deutlich sichtbare hellleuchtende Flecke auf-
getaucht sind, die auf der ersten nicht erschienen. Aber
auch andere Fragen drängen sich beim genauen Studium
dieser Photographien auf, welche zu beantworten Saclie
der Astronomen sein wird. Hierher gehört die Erklärung
gewisser dunkler radiär gestellter Streifen, welche theils
den Mondrand erreichen, theils nur bis in seine Nähe
gehen, eines dunklen parallel mit dem Mondrande laufen-
den Bogens, welcher durch die Protuberanzen unterbrochen
wird, endlich warum die ganze bedeutende Gruppe von
Protuberanzeu, welche im rechten unteren Quadranten
(astronomisch gedacht) in Indien zur Erscheinung kam,
in Aden nicht beobachtet wurde, während daselbst der
linke untere Quadrant eine Kette von solchen zeigte die
wiederum an ersterem Orte fehlte. So dürfte sich noch
mancher interessante Punkt ergeben, auf welchen die Auf-
merksamkeit gerichtet zu haben die Photographie sich als
Verdienst anrechnen darf, während zugleich die Betrach-
tung der mannigfachen thörichten Skizzen, welche über
die Totalität erschienen sind, zeigt, dafs sie allein im
Stande gewesen ist in den flüchtigen Augenblicken ein
correctes Bild der Phaenomene zu fixiren. —
Es wurde darauf noch eine Reihe landschaftlicher und
anthropologischer Aufnahmen vorgezeigt, um der Gesell-
schaft einen Einblick in die örtlichen Verhältnisse von
Aden sowie das Aussehen seiner Bewohner zu geben.
Hr. Kunth sprach über die Entwickelung der Zoan-
tharia rit/josa. Er wiefs zunächst nach, dafs das Wachs-
thumsgesetz der lebenden Korallen nicht auf diese Ab-
theilung anwendbar sei, dafs vielmehr die Z. rugosa einen
sehr vollkommen bilateral-symmetrischen Bau habe.
Derselbe ist zuweilen schon im Inneren des Kelches er-
kennbar {AulacophjUum, Hallia); sehr deutlich wird er
vom 16. März 1869.
aber bei einer Reihe von kreiselförmigen Rugosen auf der
Oberfläche des Stockes. Wir haben es hier ir.it 4 primären
Septen und 4 primären Kammern zu thun. In jeder Kammer
entsteht ein secundäres Septum, welches, dieselbe anfänglich
ungefähr halbirend, sich sehr bald nach dem einen primären
hinbiegt und parallel neben demselben hinläuft. Dadurch
wird jede Kammer in 2 sehr ungleiche Theile getheilt;
der kleinere Theil bleibt dann für immer ungetheilt; der
grofsere dagegen entwickelt zahlreiche neue Septe nach
demselben Gesetze wie die primäre Kammer: ein tertiäres
Septum theilt nämlich den Raum anfangs wieder in 2
Hälften, biegt sich dann nach dem secundären um und
läuft parallel neben ihm hin u. s. w. Daher sind in jeder
Kammer die jüngeren Septe gegen das eine primäre fieder-
förmig gestellt, während sie dem andern parallel laufen.
Die Bilaleralität kommt nun dadurch zum Vorschein, dafs
sich an einem primären Septum (Hauptseptum) auf beiden
Seiten neue Septe fiederstellig entwickeln, während sie
in den beiden andern Kammern mit dem gegenüberliegen-
den Primär -Septum (Gegenseptum) parallel laufen. Sie
stehen also an den beiden übrigen Primärsepten (Seiten-
septen) auf einer Seite fiederstellig. Die früher zu den
Funqiden gerechnete Gattung Palaeocijclus zeigt denselben
Bau, gehört mithin zu den Rugosen. Ebenso zeigt Cal-
ceola sandalina, dies bekannte immer zu den Brachtopoden
gestellte Fossil, so bedeutende Analogie mit den Rugosen,
dafs Redner in Übereinstimmung mit Lindström und
anderen zu der Ansicht gekommen ist, sie trotz des Deckels
anhangsweise zu den Rugosen zu stellen. Bei der vor-
gerückten Zeit erwähnt Redner nur die Namen derer, die
sich vor ihm mit diesem Gegenstande beschäftigt haben,
ohne speciell angeben zu können, was sie zur Auffindung
des Gesetzes beigetragen; es sind: Steenstrup, Thoreil,
Edwards und Haime, Ludwig, F.Römer und Lind-
ström.
Hr. Hartmann legte der Gesellschaft einige die
Gemmenentwicklung der Tuhularia Dumortieri van Ben.
betreffende Zeichnungen vor und sprach über den Modus
der Generation bei diesem interessanten Hijdroxoon. Der
Vortragende machte auch auf den Bau der contraktilen
Substanz bei den Geschlechtsknospen jenes Thieres auf-
merksam, anknüpfend an einen von ihm in der Februar-
sitzung gehaltenen ausführlicheren Vortrag.
Hr. Nitsche, als Gast anwesend, legte der Gesell-
schaft Original -Exemplare von Cordtjlophora albicola vor,
welche er der Güte des Herrn Senator Kirchenpauer
verdankt und theilte mit, dafs dieser interessante Hydroid-
polyp von diesem Herren nun auch an den Eibtonnen bei
Blankenese, also in vollkommen süfsem Wasser, gefunden
worden sei. Er zeigte ferner einige getrocknete. Thier-
stöcke vor, welche Hr. Magnus an Flolsholz in der Spree
bei Berlin gefunden haben will und welche der Cordylo-
phora sehr äimlich sehen. Da aber die Polypen an diesen
Stöcken nicht mehr beobachtet werden können, läfst sich
über ihre Zugehörigkeit zu dem Genus Cordylophora vor-
läufig nichts Sicheres sagen.
Derselbe berichtete ferner über seine Untersuchungen
des Baues von Pedicellina echinaia Sars. Er wies nach,
dafs bei diesem bilateral -symmetrisch gebauten Thiere der
After wirklich innerhalb des Tentakelkranzes liege, dafs
das hufeisenförmige Gebilde, welches All man für einen
Lophophor gehalten hat, nur eine Rinne mit Wimper-Epi-
thel sei, von welcher zwar das Wimper -Epithel für die
Innenfläche der Tentakeln ausgeht, dagegen nicht die Ten-
takeln selbst, welche nicht zurückgezogen, sondern nur
nach innen eingeschlagen und eingerollt werden können.
Er zeigte ferner dafs die Tenlakelscheide und Retractoren
fehlen; dafs die Leibeshöhle mit einer Art parenchymati-
schen Gewebes ausgefüllt ist; dafs das Thier ein Zwitter,
mit paarigen Hoden und Eierstöcken mit Ausführungsgang
ist und eine Bruttasche besitzt, dafs es also von dem gewöhn-
lichen Bryozoen- Typus bedeutend abweicht; er hält dasselbe
nahe verwandt mit UrnateUa Leidy und Loxosoma Ke/erst.
und schlug vor die von diesen drei Gattungen gebildete
natürliche Gruppe mit dem Namen „Endoprocta" zu be-
legen.
Derselbe zeigte ferner, dafs auch Biigula ftabellata,
B. plumosa und Biceltaria ciliata Zwitter wären, dafs die
Eier, aus welchen sich in den Ovicellen die Larven ent-
wickeln, nicht in der Ovicelle, sondern innerhalb des Zo-
oecium des Mutterthieres entständen und erst nach der
Befruchtung in die Ovicellen übertreten. Er legte ferner
Abbildungen der Larven der genannten drei Species vor.
Hr. Otto Müller wandte sich gegen die vielfach
verbreitete Ansicht: es seien durch die Beleuchtung mi-
kroskopischer Objekte mit möglichst aberrationsfreien
Strahlen oft feinste Strukturverhältnisse sichtbar zu machen,
welche in anderer Weise gar nicht oder doch minder deut-
lich wahrgenommen werden können. Der Vortragende
glaubt diese Ansicht als eine irrige bezeichnen zu dürfen
und demonstrirt einen zum Beweise eigens konstruirten
Kondensor. Derselbe besteht aus einer einfachen bicon-
ve.xen Kronglaslinse, welcher zur Verkleinerung des Fo-
kalabstandes in bestimmter Entfernung eine zweite, von
schwächerer Krümmung zugefügt wurde. Der Fokalab-
stand dieses .Systemes beträgt 1.5 — 2 Mm. Damit die
durchtretenden Strahlen mit einem möglichst hohen Grad
von Aberration behaftet seien, wurden die centralen Zonen
vollständig abgeblendet, so dafs nur Randstrahlen zur
Wirkung gelangten. Nach Einfügung dieses Kondensors
3*
10
vom IC. Mär: 1S69.
in den Gang der Beleuclitungsstrahlen und der richtigen
Stellung zur Einstellungsebene, konnten die bekannten Sechs-
ecke von Pleurosigma angvlatum bei centraler Spiegel-
stellung, mit einem Objektiv-Systeme wahrgenommen wer-
den, welches bei derselben Spiegelstellung vorher nicht
die geringste Andeutung einer Streifung gezeigt hatte. Das
Bild war dabei ein so vollkommenes, wie es nur durch
gute Immersionssysterae zu entstehen pflegt, trotzdem das
Stärkste Okular benutzt wurde. Die Ursachen dieser Er-
scheinung sollen, der vorgerückten Zeit wegen, in einer
anderen Sitzung besprochen werden. Der Vortragende
schliefst, dafs Aplanatismus der Kondensatoren kein Er-
fordernifs 2U ihrer Wirkung sei , dafs vielmehr einfache
Linsea völlig genügen.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenonimen :
Knoblaucli, über den Durchgang der strahlenden Wtiriiie
durch Si/lvin.
Weitenweber, Lotos, Zeitschrift für Naturwissenschaften.
Zweiter Bericht der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft :u
Chemnitz.
Annales del Museo ■publica de Buenos Aires. Entrega quinta.
Bulletin de V Academie imperiale des Sciences de St. Beters-
burg. Tome XIII. 1. 2. 3.
Mimoires de V Academie imperiale des Sciences de St. Peters-
burg. Tome XII. No. I. 2. 3.
Bui hdruckerei der KöiukI. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt).
Berlin, Universitütsstr. S.
Sitzungs-Bericht
der
Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin
am 20. April 1869.
Direktor: Herr Präsident v. Strampff.
Hr. Gustav Fritsch legte der Gesellschaft ein
Pracbtwerk, die „Crania britannica" von Barnard Davis
vor und gab eine kurze Übersicht des Inhaltes.
Diese ergiebt, dafs der Titel sich nur auf das bezieht,
was der Verfasser an die Spitze seiner ganzen Arbeit ge-
stellt hat, und dafs das Buch in der That eine vollständige
Ethnographie der britischen Inseln, sowohl vom historischen
als vom anthropologischen Standpunkt betrachtet, in sich
schliefst. Durch die Masse von litterarischen Notizen,
welche die ersten Abschnitte begleiten, durch die ein-
gehende Besprechung vieler allgemeiner Fragen wie Cra-
niometrie, Difformitäten des Schädels bei Lebzeiten , Ge-
staltsveränderungen desselben nach dem Tode, Divergens
oder Constans der Charaktere einzelner Racen etc. , wird
das Werk für jeden Anthropologen zu einer inhaltreichen
und wichtigen Quelle.
Den zweiten Theil bildet die ausführliche sehr de-
taillirte Beschreibung sämmtlicher bedeutender Gräberfunde
der vereinigten Königreiche, soweit der Verfasser im
Stande gewesen ist sich das betreffende Material zu ver-
schaffen. Die Schädel , deren Masse in übersichtlichen
Tabellen zusammengestellt sind, wurden in der Weise
abgebildet, dafs die Seitenansicht stets in Lebensgröfse
als Lithographie eingefügt ist, die anderen Ansichten aber
als Holzschnitte in ^ natürlich. Gr. dem Text eingedruckt
sind. Aufserdera aber sind fast überall Skizzen der Grä-
ber, Situationspläne der Gegend, sowie sauber ausgeführte
Abbildungen der gefundenen Waffen, Gefäfse, Schmuck-
sachen etc. beigegeben.
Der Vortragende schlofs mit der Bemerkung, wie sehr
bedauerlich es wäre, dafs die reichen Funde unseres eige-
nen Vaterlandes bisher so verstreut und vielfach verwüstet
worden sind, wodurch viel unschätzbares und unersetzliches
[1869.]
Material verloren gegangen ist, und wie dringend man
wünschen möchte, dafs auch bei uns Jemandem die Möglich-
keit geboten würde, die betreffenden Gegenstände in ähn-
licher Weise zu bearbeiten, wie es Davis für England
ausgeführt hat.
Hr. Ascherson theilte im Anschlufs an die von Hrn.
Prof. Peters in der vorhergehenden Sitzung gegebene Über-
sicht des zoologischen Theiles der von dem seit 30 Jahren
in Abessinien ansässigen Naturforscher W. Seh im per
hierher gesandten Sammlungen mit, dafs der gröfste Theil
derselben botanische Gegenstände umfasse, nämlich acht
grofse Packete getrockneter Pflanzen, theilweise aus noch
nicht in den früheren Sammlungen vertretenen Gebieten,
aus der Provinz Begemder im südlichen Abe.ssinien stam-
mend, alle ausgezeichnet präpariert und mit interessanten
Bemerkungen über einheimische Namen, Benutzung etc.
begleitet, und zehn Packete welche eine 118 Nummern
umfassende Sammlung abessinischer Holzarten enthalten.
Aufserdem befinden sich dabei einige Sämereien, die dem
botanischen Garten übergeben worden sind.
Ferner berichtete derselbe , dafs heute die erste Na-
turaliensendung von Dr. Schweinfurth, enthaltend dessen
wissenschaftliche Ausbeute bei Alexandrien und auf der
Reise von dort bis Chartum (letztere im Nov. 1S68 von
dort abgegangen), aus fünf gröfseren und kleineren Kisten
bestehend, eingegangen sei. Auch diese Sammlung enthält
gröfstentheils getrocknete Pflanzen, aufserdem verschiedene
Hölzer, Früchte, Sämereien, Fabrikate aus Pflanzenstoffen,
osteologische Präparate sudanischer Hausthiere, ein sehr
beschädigtes ausgestopftes Exemplar des 3Ibän -Affen aus
dem Njamnjamlande, das erste welches von dieser anthro-
pomorphen Art. deren von Dr. Schweinfurth auf seiner
ersten Reise in Kairo angefertigte Zeichnung hier seiner
4
12
vom 20. April 1869.
Zeit vorgelegt wurde, nacli Europa gelangt ist, endlich
einige Mineralien. Der genannte Afl'e, sowie Blätter der
Draraeiia Ombet Kotschy et Pejr. aus dem Gebirge über
Siiakin wurden vorgelegt.
Hr. Koch legte interessante llolzstüeke einer Eiche
vor, wo auf dem Einen ein acht Zoll iiohes Z ziemlich
tief eingeschnitten und mit Zinnober ausgestrichen war.
Dieser Einschnitt war wahrsdieinlich zu Anfang dieses
Jahrhunderts, vielleiclit noch früher, in einem einzeln
stellenden starken Haume als Zeichen für die Theilnehmer
der damals beliebten Parforce-. Jagden eingeschnitten wor-
den. Man hatte dabei zu gleicher Zeit ohngefähr |- Fufs
Fläclu^ninlialt Rinde weggenommen. Mit der Zeit wurde
die Wimdfläche überwallt, ohne dal's jedoch die Überwallung
mit dieser verwuchs. Das einen Zoll im Durchmesser ent-
haltende Überwallungsstiick besafs ein g<'gen die äufsere
Seite alliuälilig in regelrechte Jahresringe übergehendes,
nach innen zu hingegen maseriges Ciefüge, während die
Innenseite ein erhabenes Z, das genau in das vertiefte des
ersten Stückes pafste, zeigte. Nach aufsen zu liefs das
Überwallnngsstück aufserdem noch gegen 40 Jahresringe,
wehhe sich darüber gelegt hatten, deutlich erkennen. Die
Hälfte dieser Ringe war bereits Kernholz geworden. In-
teressant erschien Ref. noch besonders, dafs an dem Innern
Holzstücke mit dem eingeschnittenen Z |- Zoll Holz, Splint-
holz geblieben war und sich wesentlich von dem übrigen
Kernholz unterschied.
Weiter sprach Herr Koch über den Einflufs des
Pfropfreises auf die Unterlage und umgekehrt, speciell über
die .MTiglichkeit einer Kreuzung durch eine Propfung (also
ungeschlechtlich), welche letztere Herr Professor Caspary
in Königsberg während des Amsterdamer Kongresses im
Jahre ISfi.i behauptet hatte, sich hauptsächlich auf den
Cytisus .\dami berufend. Die Entstehung des letztern ist
so dunkel, dafs sich jetzt gar nichts mehr sagen läfst. Der
(iärtner Adam in Vitry bei Paris, wo er entstanden sein
soll, hat nämlich verschiedene Aussagen gemacht, wenn
auch die gegen Poiteau die wahrscheinlichere, aber
keineswegs ganz sichere ist. Dennoch hat Adam Cytisus
purpureus keineswegs auf Citisus Laburnum gepropft, son-
dern er hat von ersterem nur ein Auge genommen und es
in die Rinde von Cytisus Laburnum gesetzt. Er hat also
geäugelt oder okulirt. Nach Adam ruhte das Auge eine
Zeit lang; plötzlich bildeten sich aber auf dem Schildchen
mehre Augen (eine Referenteni bei Leguminosen völlig un-
bekannte Erscheinung), von denen eins austrieb und im
Ausstlieu eine ganz andere Gestalt hatte. Das getriebene
Reis (v(ui dem man übrigens keineswegs bestimmt wcifs,
ob es wirklich auf der Rinde des Auges oder nicht viel-
mehr auf der Rinde von Cytisus Laburnum entstanden ist).
wurde wegen seiner abweichenden Form abgeschnitten und
als Propfreis auf eine Unterlage gebracht. In Blüthe hat
Adam die Pflanze, welche seinen Namen führt, selbst nicht
gesehen, auch waren die Mutterpflanzen bereits verkauft,
als Poiteau den Garten besuchte, man weifs also gar nicht
mit Sicherheit, ob die Adam'sche Pflanze und der Cytisus
Adami dieselbe Pflanze ist. Nicht weniger dunkel ist die
Geschichte der bekannten Orangen, wo Früchte zweierlei
Arten resp. Formen zu einer Frucht vereinigt waren und
von Prof. Nati in Florenz 1674 beschrieben sind. Die Origi-
nalbildung, welche Ref. vorlegte ist nach Ref. zu schlecht,
um ein Urtheil darüber zu geben. Nati behauptet, tiafs
es ein durch Propfung entstandener Blendling sei. Was
der Gärtner sagt, der den Orangenbaum erzogen, wider-
spricht jedoch jeder Möglichkeit einer Kreuzung durch
Propfung. Nach Ref. nmfs man übrigens Arten von For-
men unterscheiden. 15ei unseren Flurblumen und Blüthen-
sträuchern sind sogenannte Rückschläge gar keine Selten-
heit und konnuen weilse und rothe Rosen, noch häutiger
weifse und rothe Azaleen vor, ebenso wo beide Farben
neben einander an einer und derselben Blüthe vorhanden
sind. Auch bei den Früchten hat man dergleichen mehr-
fach beobachtet z. B. bei der Weinrebe. Ref. legte die
Abbildung eines sogenannten Janus-Apfels, den er ISüJl
aus Würtemberg erhalten, vor, wo die eine Seite roth, die
andere gelb war. In Süd -Frankreich hat man vor zwei
Jahren Kalvillen beobachtet, auf der einen Seite weilser
Winter-Kalvill, auf der anderen Ilimbeer- Apfel. Wahr-
scheinlich entstehen dergleichen nahe verwandte Früchte,
durch gegenseitige Befruchtung, wo zweierlei Bäume neben
einander gestanden haben.- — Herr Koch behauptet, dal's
fremde Pollenschläuche auch einen Einflufs nicht allein
auf den Embryo, auch auf Theile der Mutterpflanze aus-
üben, und legte zu diesem Zwecke sogenannten bunten
Mais. d. h. rothe und weifse Körner auf einem und dem-
selben Kolben, oder weifse und rothgestriclielte Körner
vor. Dieser bunte Mais entsteht, wenn man rothen und
weifsen Mais neben einander säet, sehr häufig. Ref. hattt^
bereits vor mehreren Jahren auf diese Erscheinung in
seiner Wochenschrift aufmerksam gemacht, ohne dafs man
jedoch Rücksicht darauf nahm. Nun zweifelt auf einmal
Niemand mehr daran.
Durch Professor Ilildebrandt in Freiburg hat die
Lehre von der Möglichkeit einer Kreuzung durch Unterlage
und Edelreis neue Nahrung erhalten. Er schnitt nändieh
von zwei verschieden gefärbten Kartoffeln von der einen
Knolle ein Auge (mit Fleisch) aus und setzte es in die
künstlich gemachte und entsprechende Vertiefung einer
anderen Knolle ein, wobei er dieser alle andern .\ugen
vernichtete. Hier wuchs es rasch an und brachte Pflanzen
vom 20. April 1869.
13
zum Tlieil hervor, au denen verschieden gefärbte Kurtoffeln
eiitstaudeu. Diftses sogenannte Pfropfen der Kartoffeln ist
keineswegs neu und wurde, wie es scheint, zuerst von
einem Schuhmacher bei Edinburg in Anwendung gebracht.
Man verdankt auf diese Weise diesem Schuhmacher zwei
ansgezeiehnete Kartoffel-Sorten, die noch in Schottland und
England sehr beliebt sind.
Nach Referent ist diese Manipulation gar kein Pfropfen.
Er bezweifelt, dafs (aufser Wasser) aus dem Knollen, wo
man das mit Fleisch versehene Auge eingesetzt hatte, wirk-
lich assimilirte Stoffe in diese junge Pflanze übergegangen
sind. Das Fleisch des Auges selbst fault zeitig und aus
der Basis des getriebenen Stengels kommen für die weitere
P>nälirung Wurzeln hervor. Das Auge hätte, in die Erde
gebracht, unter Umständen ohne jede Unterlage ebenfalls
austreiben können. Es kann hier von einem Pfropfen
demnach eben so wenig die Rede sein, als beim soge-
nannten Pfropfen (der Gärtner) der holzigen Paeonia
MuntuH auf die Knollen der /'. albißora (japonica).
Schliefslich machte Herr Koch darauf aufmerksam,
dafs gewaltsame Eingriffe auf das Innere einer Pflanze, —
dahin gehört auch das Eindringen eines durchaus fremden
Pollenschlauches in die Eihöhle und Innern Raum auf die
Entwickelung des Embryo's — oft Veranlassungen zu
Formen -Veränderungen geben. Eigene Praxis, so wie
Beobachtungen intelligenter Gärtner haben dieses wenig-
stens gezeigt. Eine grofse Menge der sogenannten Hybri-
den der Gärtner scheinen dem Ref. nichts weiter als For-
men, welche auf die ebengezeigte Weise entstanden sind.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen :
Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissenschaften.
Januar 1869.
Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (6. Vogt).
Berlin, Universitätsstr. 8.
Sitzungs-Bericht
der
Gesellschaft natiirforsehender Freunde
zu Berlin
am 18. Mai 1869.
Direktor: Herr Präsident v. Strampff.
Hr. Sadebeck theilte mit, dafs aucli für das Königl.
mineralogische Museum der Universität circa 84 Gestein-
stücke als Geschenk des Hrn. W. Schimper eingegangen
sind. Begleitet sind dieselben von geognostischen Profilen
und einer sehr speciellen Karte. Letztere umfafst ein
Gebiet von 9 Gehstunden im Quadrat und zeigt die Um-
gebungen von Axum und Adoa mit Einschlufs des Berges
Semayota. Redner beabsichtigt eine spätere Veröifentlichung
der gewonnenen Resultate und gab del'shalb nur die allge-
meinsten Daten. Das vorliegende Gebiet des südlichen Tigre
hat als Grundlage Granit (Granitit G. Rose), über welchem
sich die crystallinischen Schiefer ausbreiten, Gneufs, Glim-
merschiefer, Talkschiefer, Chloritschiefer, Hornblendeschiefer
etc. Durchstrichen sind dieselben vielfach durch Eruptivge-
steine, Granit, Porphyr, Grünsteine. Aus diesen Gesteinen
bestehen daher immer die höchsten Kuppen. Der Porphyr
hat sich auch Deckenartig ausgebreitet und grofse Plateaus
gebildet. Dieselben haben den Namen „rothe Plateaus" und
wurden von Steudner für vulkanisch gehalten. Petrogra-
phisch sind es feste Thonsteine und Thoneisenstein-Breccien,
die Redner für verwitterten Porphyr und Porphyrbreccien
hält. Mit vulkanischen Produkten haben dieselben durchaus
keine Ähnlichkeit.
Hr. G. Fritsch sprach über mikroskopische Photographie
unter Vorlage selbstgefertigter Proben. Er wies mittelst der-
selben nach, dafs die photographische Darstellung in manchen
Punkten bedeutende Vortheile vor der noch so geschickt aus-
geführten Zeichnung besitzt, wenn auch die letztere, wegen
der Möglichkeit nach Bedürfnifs zu schematisiren, reinere
und klarere Bilder geben mag; man darf dabei aber nicht
vergessen, dafs man es dann eben mit schematischen Dar-
stellungen zu thun hat, wobei die gröfsere oder geringere
Einsicht des Zeichners die Richtigkeit bedingt.
[1S69.]
Die Photographie dagegen liefert die positive Grund-
lage, das Thatsächliche des Bildes und würde also auch
neben der schematischen Zeichnung immer ihre Bedeutung
behalten. Aufserdem aber sind viele Details so fein und
zierlich, dafs selbst der geschickteste Zeichner nur schwer
damit zu Stande kommt, wie die vielfach existirenden
schlechten Abbildungen schwieriger Objekte (Diatomeen
etc.) beweisen; oder die Details sind wohl darstellbar,
aber so reich und mannigfaltig, dafs auch die gröfste Aus-
dauer daran verzweifeln möchte, und doch ist das Ensemble
nöthig um den Habitus zu erhalten (Krystallgruppen ver-
schiedener Art etc.); ferner ist es unmöglich — was die
Photographie mit äufserster Trgue leitet — durch Hand-
zeichnung eine bestimmte Lichlwirkung im Objekt correct
zu fixiren, da sich dieselbe sowohl durch das Bewegen
der Mikronieterschraube vne durch die während des Zeich-
nens vor sich gehende allgemeine Veränderung des Lichtes
für das Auge nicht gleich bleibt. Endlicli ist man durch
die photographische Darstellung in den Stand gesetzt einer
gröfseren Anzahl von Personen in kürzester Zeit manche
Feinheiten schwieriger Präparate zu demonstriren, die wegen
Mangel an Vertrautheit mit dem Mikroskop oder wegen
Ungunst der Verhältnisse dem Betreffenden im Instrument
selbst zu sehen unmöglich ist; auch können so beweisende
Darstellungen von vergänglichen Präparaten ge-
wonnen werden, wie sie die Zeichnung selbstverständlich
nicht geben kann.
Durch das in neuster Zeit erfundene Abdrucken
photographischer Negative lassen sich jetzt unvergäng-
liche Copien von beliebiger Anzahl in sehr kurzer Zeit
anfertigen, worüber einige in der Staatsdruckerei nach
Photographien des Vortragenden ausgeführte Proben vor-
gelegt wurden.
5
16
vom 10. Mai 1869.
Ein besonderes Gebiet der mikroskopischen Photo-
graphie ist die Herstellung von Stereoskopen nach dem
Mikroskop. Dieser Zweig der Technik ist wenig ausge-
bildet und dif rjcwonnenen Resultate befriedigen noch nicht,
obgleich der Vortragende sich für überzeugt hält, dafs
gerade in dieser Richtung bedeutende Resultate zu er-
warten sind. Er zeigt der Geseliscliaft einen kleinen
Apparat zur Anfertigung solclier Stereoskopen voi-, der
nach eigenen Angaben von 0 und lach ausgeführt ist,
dessen Grundgedanke sich aber als nicht neu herausge-
stellt hat, da etwas Ähnliches gleichzeitig unter dem
Namen: stereoskopische Wippe, von Benecke '") einem
französischen Erfinder naclibeschricben worden ist, wenn
auch die Construction dieser wesentlich unvollkommener
als der vorgelegte Apparat genannt werden mufs.
Durch mehrere mittelst desselben gewonnene Bilder
wurde seine Brauchbarkeit, sowie die Lösbarkeit des
Problemes überhaupt dargethan, zugleich aber auch ein
Einblick gewährt in die vorliegenden, sehr bedeutenden
Schwierigkeiten.
Hr. Reichert legte Embryonen einer achtfüfsigen
Cephalopode aus dem adriatischen Meere zur Ansicht vor
und knüpfte daran Bemerkungen über die Verwendung
fötaler Zustände und embryologischer Erscheinungen zu
Unterscheidungsmerkmalen von Arten, sowie von kleineren
oder gröfseren Thier- Abtheilungen. Obgleich bei Fest-
stellung der systematischen Unterscheidungsmerkmale in
erster Linie die ausgebildete Form des Thieres zu be-
achten sei, so mache sich das individuelle (Gepräge selbst
der Arten auch in den eijibryologischen Zuständen und in
der Eiform geltend, so dafs die Verwerthung der letzteren
bei der Systematik wohl gerechtfertigt sei, wenn sie sich
nicht in den Vordergrund dränge und vornehmlich zur Er-
läuterung reifer Zustände diene. Diesen Anforderungen
entsprechen die bisherigen Versuche in den seltenern Fällen.
Zur Erläuterung wurde auf die Eintheilung der Säugethiere
in „piacentare" und „ aplacentare" hingewiesen. Sodann
ging der Vortragende auf die Eintheilung der Thiere nach
der sogenannten Entwickelung des Geschöpfes .,w una
parte" von einem Urtheile aus. und „ex omnibus partibus"
d. h. im ganzen Umfange des künftigen Leibes ein; jenes
solle bei niederen Thieren, dieses bei höheren wirbellosen
undWirbelthieren stattfinden. Bei Aristoteles undHarvey
ist diese Auffassung aus Unkenntnifs von Eiern mit und ohne
Nahrungsdotter entstanden. In neuerer Zeit wurden für diese
Vorstellung in nicht richtiger Weise Entwickelungserschei-
nungen ausgelegt, die sich auf die Bildung von Hohlkör-
') Benecke: Die Fhotograpliie als Hülfsuiittel mikroskopi-
scher Forschung p. 82.
perfornien des thierischen Leibes und seiner Hauptorgano
aus dem befruchteten Ei beziehen. Bei den niedrigsten wir-
bellosen Thieren konnte der betreffende Vorgang noch nicht
genau verfolgt werden. Aber man kennt ganz genau die
Entstehung des einfachsten thierischen Hohlkörpers bei der
Bildung der sogenannten Keimblase, des bläschenförmigen
Enibryonalzustandes höherer Thiere. Derselbe entsteht be-
kanutlicli unter \'erniittelung der epithelialen Umhüllungs-
haut von einer scheibenförmigen Anlage aus, die durch
Wucherung der Zellen an den Rändern weiter wächst und
beim Übergang in die Bläschenform den Rest des Bildungs-
dotters, den etwa vorhandenen Nahrungsdotter und Abson-
derungsprodukte in ihren Hohlraum aufninnnt. Die Bildung
dieser einfachsten thierischen Hohlkörperform erfolgt hier-
nach, so zu sagen, ex una parte. Bei allen Thieren mit
bilateral- symmetrischer Construction des Leibeswandor-
ganes (Articulata Cuv., Mollusken, Wirbelthiere) wird die
Hohlform gleichfalls durch das Auswachsen der Aufsen-
ränder einer ersten Anlage gebildet, nur mit dem Unter-
schiede, dafs die ursprüngliche Anlage durch bilaterale
Keimspaltung zweihälftig wird, und dafs nunmehr eine
primäre Commissurlinie in der Richtung der Keimspaltung
und secundäre Commissurlinien an den Vereinigungsstellen
der beiden auswachsenden Ränder aufzunehmen sind. Bei
den Articulaten und Mollusken liegt die primäre Commis-
surlinie am Bauche, die secundäre am Rücken, bei den
Cephalopoden in der Scheitelregion des Mantels. Bei
Wirbelthieren zieht die primäre Commissurlinie in der
Gegend der Wirbelsäule. Aufserdem giebt es hier zwei
secundäre Commissurlinien, von welchen die eine am
Bauche, die zweite am Rücken ihre Lage hat.
Hr. Dönitz sprach über die Morphologie des Horn-
schnabels der Vögel und legte darauf bezügliche makros-
kopische und mikroskopische Präparate vor. Als Epithelial-
bildung ist der aus Hörn bestehende Antheil des Vogel-
schnabels eine Function der Matrix desselben. Es fragt
sich aber, in welcher Weise die Matrix sich am Aufbau
des Schnabels betheiligt, ob sie selbst theilweise mit ab-
stirbt, wie dies beim Haar und den Federn der Fall ist,
oder ob sie, wie beim Nagel, das Hörn nur von ihrer
Oberfläche absondert, ohne dabei abzusterben. Da beides
am Vogelschnabel in verschiedener Ausdehnung vorkommt,
so entsteht dadurch die grofse Manchfaltigkeit in der
Form dieses Gebildes. Ein lehrreiches Beispiel liefert der
Papagei. Hier ist der scharfe Rand des Ober- und Unter-
sehnabels mit Papillen besetzt, welche, an Gröfse zuneh-
mend, bis zur Spitze reichen. Ihre relative Länge unter
einander bedingt das Vorhandensein eines Hakens oder
Einschnittes. Eine andere Reihe von meist ziemlich grolsen
Papillen zieht quer über die Mundfläche des Oberschnabels.
vom 19. Mai IRGO.
17
Alle diese Papillen sterben an ihrer Fläche ab und liefern
somit direkt Material zum Aufbau des Hernes. Bei
Sittace- Arten (Araras) ist es die Spitze selbst, welche
diese Funktion übernimmt, da hier keine Randpapillen
vorhanden sind. * Man überzeugt sich leicht von diesem
Verhalten durch Quer- und Längsschnitte. Ein Transver-
salschnitt zeigt ganz das Bild eines Querschnittes von
Fischbein: concentrisch angeordnete Epithelzellen rings um
die Papillen. — Die quer über die Kaufläche herüberlau-
fenden Papillen des Oberschnabels können in einfacher
Reihe stehen, wie bei Pionias melanocephalus. Bei Pionias
cijanogaster liegen noch einzelne Papillen aufserhalb der
Reihe und vermitteln dadurch den Übergang zu derjenigen
Anordnung, bei welcher ein Querband unregelmäfsig zer-
streuter Papillen auftritt, wie bei Flatycercus Barrabandi
und Chrysotis farinosus. Noch breiter wird das Band bei
Pionias senegalus und Eclectus grandis. Bei Domiceila
atricapilla tritt es unter der Form eines breiten dreieckigen
Fleckes auf, und bei Microglossus aterimus ziehen die Pa-
pillen, kleiner werdend, bis an die Schnabelspitze über
das mit Feilkerben besetzte Feld hinweg. Ob diese Un-
terschiede für die Diagnose verwendbar sind, müssen aus-
gedehntere Untersuchungen lehren. — Andere Papillen,
welche nicht absterben, besetzen den Schnabel von Sumpf-
vögeln, z. B. Gallinago scolopacina, Gallinago gallinula und
Liinosa melanura. Solche Papillen bildet Leydig unter der
Form von Cylinderzellen bei Scolopax rusticola ab, wobei
zu bemerken, dafs nach der Ansicht des Vortragenden bis
jetzt noch kein verhornendes Epithel bekannt geworden ist,
dessen unterste Schicht aus Cylinderzellen bestände. —
Wo am Vogelschnabel keine Papillen vorhanden sind, da
wird das Hörn einfach von der Fläche abgesondert, wie
an dem vor der Lunula gelegenen Theil des menschlichen
Nagels. Hin und wieder ziehen über die glatte Fläche der
Matri.x schwache Leisten, welche dann Veranlassung zu
solchen Oberflächenbildungen geben, wie sie am Papagei-
schnabel als Feilkerben bekannt sind. Diese Feilkerben
kommen häufiger vor, als man bisher angenommen hat;
so fand sie der Vortragende bei Domicella atricapilla, ob-
gleich von diesem, zu den Trichoglossen gehörigen Genus
ausdrücklich angegeben wird, dafs es keine Feilkerben be-
sitzt. — Das Wachsthum der Hornbekleidung des Papageien-
schnabels ist sonach ein ziemlich complicirtes. In den hinte-
ren Partieen findet sich Absonderung von glatten Flächen,
welche an der Mundseite mit Leisten besetzt sind; in der
vorderen Absonderung des Hornes von absterbenden Pa-
pillen. — Diese wie anderweitige zootomische Untersuchun-
gen hat Herr Dr. A. E. Brehm durch unentgeldliche Über-
lassung von Thieren, die im hiesigen Aquarium zu Grunde
gegangen waren, in liberalster Weise unterstützt.
Derselbe legte die Schlundzähnc von Leucaspius delinea-
tus vor, einem Fisch, welcher neuerdings in den Teichen von
Wilmersdorf bei Berlin in grofser Menge aufgefunden
wurde.
Hr. Ehrenberg sprach über die von Dr. H. Hagen,
welcher von Königsberg nach Cambridge. Vereinigte Staaten,
in feste Stellung übergesiedelt ist, ihm zur Publikation mit-
getheilten Nachrichten, die von demselben verglichenen mi-
kroskopischen Instrumente von Nord -Amerika betreffend.
Die. hierauf bezügliche, von H. zum Vortrag bestimmte Stelle
lautet: „Die Haupt-Mikroskop Verfertiger sind Tolles in
Boston, Wales in New-Yersey und Zehntmeier in
Philadelphia. Tolles, früher mit Spencer vereint (der
nicht mehr producirt) und seine rechte Hand, ist von einer
Gesellschaft „ Boston Optica! Association " engagirt und
nach Boston übergesiedelt. — — — — — — — — —
„Für ein grofses Instrument ist der Preis 500 Doli,
und mehr (jedes Stück dazu wird wie in England beson-
ders bezahlt). Jetzt liefert er sogenannte Students-Instru-
mente für 65 Dollar. Über Wales Produktivität habe ich
kein Urtheil, da ich nur ein Objectiv gesehen habe; von
Zehntmeier habe ich nur ein Instrument mit einem Ob-
jectiv von Tolles gesehen. Herr Clark in Cambridge, \
ein Optiker von Bedeutung, der die grofsen astronomischen
Instrumente für die Sternwarte von Cambridge und Chicago
geliefert hat — man behauptet mit den gröfsten Linsen der
Welt 18" Diam. — hat auch Mikroskope geliefert. Ich habe
nur ein älteres gesehen, von untergeordnetem Werthe. —
Von Tolles habe ich sogenannte Firstclass- Instru-
mente gesehen: Ein 7 Jahr altes, ein etwa 2 Jahr altes
(sogenanntes umgekehrtes Mikroskop) zu enibryologischen
Studien (ähnlich wie das bei Harting abgebildete), ferner
zwei grofse im letzten Jahre gefertigte, eines für die Coast
Survey und eines dem Direktor der optischen Gesellschaft
gehörig, der mir mit zuvorkommender Freundlichkeit eine
LTntersuchung gestattete, ferner ein etwas älteres Instru-
ment und zwei oder drei Student-Instrumente. Ich schicke
voraus, dafs die Mehrzahl der Arbeiter sich mit Diatomeen
beschäftigen und dazu auch bestimmte Eigenthümlich-
keiten der Instrumente verlangen. Ich mag dabei nicht
unerwähnt lassen, dafs die von Hrn. Bicknell angefer-
tigten Präparate musterhaft sind. Überdies ist die Mehr-
zahl der Mitglieder der mikroskopischen .Sektion aus Ge-
schäftsleuten bestehend, die nur Abends arbeiten können
und defshalb Gaslicht in trefflich construirten Lampen be-
nutzen. Der Präses der Sektion, ein Ophthalmolog von
vorragender Bedeutung, Dr. Jeffries hat eine Verbesse-
rung in der Construktion des Brenners getroffen, die aus-
gezeichnet genannt werden kann.
5*
18
vum IS. Mai IHGO.
Dip nieolianische Metallaibeit der Iiistniiiieiitf ist gut,
die Form der grofsen Instrumente ganz aligcnu'in die der
Instrumente von Smith u. Beck (Harling IMS'J p. 754).
Ich gestelie offen, dal's mir dieser fberlluls an Metall stets
lästig und störend bei Kofs und allen englischen Instru-
menten gewesen ist. Die kleinen Hartnacks stehen genau
so fest, und die mechanischen Unbequendiciikpiten der
grofsen Instrumente werden hier beim Gebrauch durch
Drehstühle ausgeglichen. Die Mikrometerschraube (wie
bei Smith u. Beck) auf einen Hebel wirkend, der das
Objectiv in eigener Röhre vorschiebt, hat bei starken Ver-
grösserungen entschieden die Nachtheile, die sich eben von
der Hebel Wirkung nicht trennen lassen, ein ungleiches
schiefes Vorgehen. Die Stelltische werden theils um ihre
Achse, theils durch zwei auf denselben befindliche Schrau-
ben vor und seitwärts bewegt, entschieden mit zu schwerer
Bewegung. Blenden und Diaphragmen habe ich merkwür-
diger Weise noch bei keinem Instrumente von Tolles
getroffen. Das Loch im Tische ist über Zoll Diameter
und auch zur Einfügung von Blenden nicht eingerichtet.
Natürlich leidet die Stärke der Instrumente bei solcher
Anwendung augenfällig, und ich habe bei einem starken
Objectiv (^ Zoll Distanz) die äufseren Linien der Nobert-
schen Platte bogenförmig nach aufsen gekrümmt gesehen,
was bei einem engen Diaphragma gewifs fort gefallen
.^Yäre. — Unter dem Tische wird in besonderem Apparat
ein sogenannter Amplifier eingefügt und sollen auch im
selben Apparat Diaphragmen eingesetzt werden. Bisher
habe ich aber stets gesehen, dafs man diesen Apparat
sorgsam entfernt hat, um durch den Spiegel und besonders
auf Füfsen stehenden, anderen Spiegeln so viel Licht als
möo-lich in das grofse Loch des Tisches zu fördern.
Was nun die optischen Mittel betrifft, so werden zu-
vörderst starke Oculare benutzt. Gewöhnlich wird Tolles
Ocular B. mit 10 mal. Vergr. angewendet, die Stärke des
schwächern A. kenne ich nicht, jedenfalls wird sie Hart-
nack Nr. 2 oder 3 gleichkommen. An Objectiven verfer-
tigt Tolles solche mit 2 Zoll Distanz, 1^, 1, ■^, ^, \, \,
^^ ^. Von stärkeren habe ich nicht gehört, doch besitzt
Agassiz Sohn ein ^g- von Spencer (aber wohl auch
von Tolles gearbeitet). Das Licht ist rein, weifs und
angenelun, durchaus in der Art wie die besten Schiecks.
Wozu man Objective mit 2 Zoll Distanz braucht, ist mir
unklar, da in solchem Falle ein guter Simplex bequemer
ist. Sie werden vorzugsweise angewendet, um lebende
Sachen in sehr gut gearbeiteten Glastroegen zu unter-
suchen. Die Objective mit 1", J", J" habe ich genau un-
tersucht (bei einem älteren Instrumente). Sie sind gut,
aber durchaus nicht mehr leistend als die europäischen.
^" stand etwa mit Ilartnack Nr. 7 ,!" auf gleicher Stufe
und zeigt in Pleurosigma signatnni nichts von den schrä-
gen Systemen.
Herr Stiuldcr, der Agent der Gesellschaft, hat im
vorigen Jahre eine Mittiieilung gemacht (die Sie in den
Boston. I'roceed. und in den Lond. microsc. Journ. abge-
druckt finden) dafs er, Herr Tolles und Greenleaf, der
Direktor der Gesellschaft, mit Tolles \" die Nobertschen
19 Gruppen sämmtlich aufgelöst habe. Herr Greenleaf
war so freundlich mir die Untersuchung derselben Instru-
mente zu gestatten. Ich konnte beim besten Willen damit
nur die 12te Gruppe auflösen, sah Lienien in den folgen-
den mehr oder minder undeutlich; die 18te Gruppe sah
ich gar nicht mehr. Ein Objectiv Hartnack Nr. 12
^", das ich hier sah, liefs decidirt alle mir gezeigten
amerik. Objective weit hinter sich. Herr Woodward in
Washington beim Surgeon General Office (Curtis ist sein
Assistent) hatte denn auch gleich die Beobachtung Stod-
ders angezweifelt. Sie finden seinen Bericht gleichfalls
Lond. niicrosc. Journ. 1868. Wo od ward war es bis
dahin nur gelungen, die löte Gruppe von Nobert aufzu-
lösen und photographisch darzustellen — —
Es ist ihm erst jetzt gelungen, die 4 letzten Gruppen
mit einem Objectiv von Bowel und Lealand -^" auf-
zulösen und photographisch darzustellen. Er hat sie An-
fangs April bei der Sitzung der Akademie in Washington
vorgelegt und Prof. Gibbes und Agassiz Sohn ver-
sicheren, die Photographien gesehen zu haben und lie-
haupten, die Auflösung sei so gelungen, wie früher für
die 15 ersten Gruppen. Meines Wissens ist bis jetzt in
Europa die Auflösung der drei letzten Gruppen noch nicht
gelungen, und ich beeile mich daher Ihnen diesen wissen-
schaftlichen Fortschritt mitzutheilen.
Alle amerikanischen Instrumente haben die in England
eingeführte Schraube und sind daher bequem mit den Ob-
jectiven der verschiedenen Künstler zu benutzen. Bei
einigen Instrumenten können die Objective mit einer Art
Bajonet-Verschlufs eingesetzt werden, was mir bequem
schien. Das Instrument von Zehnt meier hatte einen mir
neuen Stelltisch mit bequemer sicherer Bewegung. Es war
auf den Stelltisch eine Glasplatte einfach mit einer Klemm-
feder befestigt, und erlaubte eine sehr sichere und sanfte
Einstellung.
Soll ich mein Urtheil über amerikanische Instrumente
resumiren, so geht es dahin: dafs sie in keiner Weise mehr
leisten als europäische. Ganz abgesehen von meinem per-
sönlichen Urtheil. geht dies schon daraus hervor, dafs
nichts publicirt ist bis zu diesem Augenblicke, was nicht
auch Europäische Instrumente geleistet hätten. Der neueste
Fortschritt Woodward s ist auch mit einem englischen
Objective gemacht. Irgend eine besondere Eigenthümlichkeit
vom 18. Mai JMGff.
19
oder einen Vorzug der Construktion kenne ich nicht, mit
Ausnahme der Gröl'se des ÖtFnungswinkels, in welchem
Tolles und Spencer weiter gegangen sind als die Euro-
päer. Tolles soll ^V" mit 175^" Öffnungswinkel gefertigt
haben. Dafs dabei aber die Correktion der sphärischen
Aberration leidet, beweist meine angeführte Beobachtung der
Krümmung der Aufsen-Grupperi auf Noberts Platte. Alle
starken Objective sind Iraniersions- Linsen. Es sind die hie-
sigen Instrumente zweifellos gut gearbeitet und namentlich
ist Herr Tolles ein vorragender Künstler, aber er wie alle
Optiker stehen gegenwärtig nahe vor der Wand, die die
Wissenschaft noch nicht zu überspringen erlaubt hat. Die
guten Instrumente aller Länder, die ich gesehen, stehen in
bestimmter Hinsicht sich in ihrer Leistungsfähigkeit für
penetrirende Kraft fast gleich. Es ist aber zweifellos dieses
Streben, die penetrirende Kraft weiter und weiter zu treiben,
nicht oder noch nicht vereinbar mit einer gleichen Stufe
der begränzenden Kraft — und letztere ist für den Arbeiter,
der das Mikroskop eben zu andern Zwecken braucht als
Nobertsche Gruppen zu lösen, oft ebenso wichtig, oft sogar
wichtiger. Letztere Kraft ist ja die, durch welche Schieck
sich stets ausgezeichnet hat, und ich habe mich gefreut
mein altes Instrument mit Hartnacks Nr. 7 Strich halten
zu sehen. Die Anwendung der grofsen schweren Instru-
mente, die im Sitzen nur bei Schieflegung des Instruments
zu arbeiten erlauben, ist für jeden der nicht blos trockene
Präparate untersucht, ein Hemmschuh. Die Anwendung
zu starker Oculare und vorzugsweise die Nichtanwendung
der Blenden ist gewifs ein Fehler.
Vergleicht man nun überdies die Preise, so stellt sich,
selbst wenn man die jetzige Theuerung und die hohen
Preise hier in Betracht zieht, dafs Verhäitnifs für Amerika
sehr ungünstig. Mein Hartnack für 104 Thlr. (390 Francs)
leistet genau so viel als alle hiesigen Instrumente für 500
Dollar und mehr. Da anerkannt die Wohifeilheit der In-
strumente der mächtigste Hebel für ihren Gebrauch und
ihre Verbreitung ist, so ist dies Hindernifs hier unüber-
windlich. Die Students Mikroskope für 65 Dollar leisten
entschieden nicht mehr als diejenigen, die in Europa für
die Hälfte dieses Preises zu haben sind, doch sind sie ein
unleugbarer Fortschritt. Der Arzt und Anatom, der zu
seinen Zwecken das Mikroskop braucht, wird sicher die
bequemen Europäischen vorziehen, und ich war deshalb
auch nicht verwundert in den Händen des Prof. der pa-
tholog. Anatomie einen Oberhäuser zu sehen.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen :
Verhandlungen des naturfor. Vereins in Brunn. Bd. VI. 1867.
Bulletins de VAcademie royale de Belgique. Bruxelles 1868.
37"'« annee, 2"» Serie. Tome XXV. XXVI.
Annuaire de VAcademie royale de Belgique. Bruxelles 1869.
Jahreshefte des naturwissensch. Vereins für das Fürstenth.
Lüneburg III. 1867.
Monatsbericht der Berliner Akademie der Wissenschaften.
Februar 1869.
Recherches sur les figures d'Equilibre d\me masse liquide
Sans pesanteur par I. Plateau. 9. 10. 11 et demiere Serie.
Bruxelles 1868. (T. XXXVII. d. Mem. d. VAcad. Roy.
d. Belg.)
Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (6. \'ogt).
Berlin, Universitätsstr. 8.
Sitzungs-Bericht
der
Gesellschaft natm-forschender Freunde
zu Berlin
am 15. Juni 1869.
Direktor: Herr Präsident v. Strampff.
Hr. Ehrenberg übergab seinen in den Monatsberich-
ten der Akademie vom März d. J. gedruckten Vortrag über
die organischen Einflüsse in Melaphyr von Dr. Jenzsch
und die von der ersten deutschen Nordfahrt des Kapitain
Koldewey mitgebrachten Materialien des mächtigen klein-
sten Lebens in den höchsten erreichten nordischen Breiten
und erläuterte dieselben.
Hr. von Märten s sprach über die Deckel der
Schneckengattungen Neritina, Nerita und Navicella, ins-
besondere deren Werth für die Systematik, unter Vor-
zeigung ostasiatischer Exemplare. Die Gattung Neritina
wurde durch La mark von iVerito L. abgetrennt, zunächst
um sie als Süfswasserthiere von den Meerthieren getrennt
zu halten, aber wesentliche Abweichungen in den Weich-
theilen, die er voraussetzen zu dürfen glaubte, haben sich
bei Untersuchungen der lebenden Thiere nicht gefunden*)
und die Unterschiede in den Schalen, welche er hervor-
gehoben, sind nach beiden Seiten hin einzelnen Ausnahmen
unterworfen. Deshayes und Recluz haben daher beide
Gattungen wieder vereinigt. Rofsmäfsler glaubte einen
scharfen Unterschied zwischen beiden Gattungen darin
zu finden, dafs bei den wirklichen Süfswasser-Neritinen
nur Ein Fortsatz (Apophjse) am Deckel vorhanden, da-
gegen zwei bei den marinen Neriten und bei einigen von
Lamarck zu Neritina gestellten Arten, welche seitdem als
Bewohner des Meeres oder doch des Brackwassers sich
herausgestellt hatten und demnach zu Nerita zurückge-
bracht werden müfsten, so namentlich N. viridis L. und
pupa L. (Zeitschrift für Malakozoologie 1850 und Ikono-
graphie Band HI). Dem Vortragenden war schon wäh-
rend seines Aufenthaltes in Niederländisch -Indien aufge-
fallen, dafs von den Artengruppen, welche zuerst Menke
{synops. moth. 1830), später und ausführlicher namentlich
*) Vgl. übrigens Clapar'ede in MüUer's Archiv 1857 S. 243.
[1869.]
Recluz (Journal de Conehyliologie I. 1850) innerhalb der
Neritinen aufgestellt, die einen ausschliefslich in süfsem
fliefsenden Wasser leben, andere hauptsächlich in Brack-
wasser, wie Flufsmündungen und Strandseen. Die Ver-
gleichung der Deckel hat ihm nun ergeben, dafs diese
Artengruppen, zunächst nach dem Schalenhabitus aufge-
stellt, auch in der Bildung der Fortsätze am Deckel
Eigenthümlichkeiten zeigen, welche dazu dienen können,
sie bestimmter zu charakterisiren und einzelne Arten, über
deren Stellung man nur nach der Schale zweifelhaft blei-
ben konnte, entschieden einer oder der andern Gruppe
zuzuweisen. Aber kein Merkmal am Deckel verbindet
alle Süfswasserarten im Gegensatz zu sämmtlichen Brack-
wasserarten.
Im Allgemeinen trägt bei Neritina ebenso wie bei
Nerita der Deckel zwei Fortsätze (Apophysen), welche
sich aus dem untern ältesten Theil seiner Innenfläche er-
heben und in die Fleischmasse des den Deckel tragenden
Theils des Fufses eindringen; sie sind von ungleicher Form
und divergiren von einander, der unterste mit kurzer doch
auch etwas zusammengedrückter Basis und kolbigem, meist
ungetheilten Ende neigt sich gegen das untere Ende des
Deckels, man kann ihn als Zapfen, apophysis cardinalis,
bezeichnen. Der zweite, Rippe, apophysis costalis, be-
schreibt einen Bogen nach oben um die Basis des ersten,
steigt gegen den geraden der Innenlippe entsprechenden
Rand des Deckels immer mehr an und endigt über diesem
in einen lappenartigen Vorsprung. In weiteren etwas di-
vergirenden Bogen zieht eine leichte Anschwellung durch
die Mitte des Deckels und veranlafst in der Mitte des ge-
raden Randes eine mehr oder minder auffällige Protube-
ranz. Eine dritte noch weitere und ebenfalls divergirende
Bogenlinie bildet der convexe der Aufsenlippe entsprechende
Rand des Deckels, er ist meist biegsam und durch lebhaft
rothe oder dunkle Färbung ausgezeichnet und kann kurz-
6
22
vom i'j. Juni ISßn.
weg Saum, Umhtis, genannt werden. All diese Bogen-
linien verlängern sich mit dem Wachsthum des Deckels
und werden von dessen Anwachslinien durchschnitten.
Bei den europäischen Flufsneritinen (Tlieodoxus Montf.,
Neritinae ovales Menke, edentulae Recluz, Vitta Mörch
und Adams, Typus N. fluviatilk L.) ist der Zapfen auf
ein Minimum reducirt, die Rippe aber scharf ausgeprägt
und insofern hatte Rofsniäfsler, der von den europä-
ischen Arten ausging, Recht nur Einen Fortsatz für Neri-
t'ma zu behaupten. Dagegen sind Zapfen und Rippe wohl
ausgebildet, beide einfach und bis zur Basis von einander
getrennt (Neritaea J.Roth 1855, Pw/^ento Gray 1857) bei drei
von Afrika bis Polynesien verbreiteten Gruppen.
1) Mitrulae Menke, Crepidiformes Recluz, Dostia Gray
(N. crepidularia Lam.), sowie bei den damit nächstverwand-
ten Nerijiteron Less., Typus N. auriculata Lam., beide vor-
herrschend Brackwasserbewohner, doch namentlich letztere
nicht ausschliefslich so.
2) llemisphaericae Menke, Chjpeolum Recluz, Nerite.lla
bei Mörch und Adams, Typus N. imlligera L.; hierher
aber auch pennata Born = piperina Chemn. von Borneo
und aciäeata Chemn. von Sumatra und Borneo, alle Süfs-
wasserbewohner.
3) Picfae Menke = Serratae Recluz 1845 = ClMion
Recluz 1850 = Neritaea J.Roth 1855, Puperita Gray 1857,
Neritina s. sirict. Mörch und Adams, hierher gehören die
ostasiatischen iV. (jagates und zigzag Lam., mit Coroman-
deliana Sew. = transversalis Mörch, turrita Chemn. mit
semiconica Lam. und Cumingiana Recl. , ferner communis
Q. G. und sodann die westindischen und mittelamerikani-
schen zehra Lam., reclivata Say und virginea L. nebst
Listeri Pfr. und meleagris Lam., ferner pui)a L. und die
vorderasiatischen Jordani Butl. und Michoni Bourg. , vor-
herrschend Brackwasserbewohner.
Bei all diesen drei Gruppen ist die Innenlippe der
Mündung mit ziemlich zahlreichen , in der Gröfse nicht
viel verschiedenen Zähnchen besetzt.
Eine weitere in Ostasien und Polynesien reich ver-
tretene Gruppe (Spinosae Menke, Corona Recluz, Clitlion
Montf. part. , Leach, Mörch u. Adams) zeichnet sich da-
durch aus, dafs der Zapfen bis zur Hälfte seiner Höhe
mit der Rippe durch eine Art Zwischenwand verbunden
ist; die Rippe ist meist etwas plattgedrückt und seicht
gefurcht; zugleich ist die Protuberanz in der Mitte des
Innencanales stärker und auf der Aufsenseite des Deckels
von einer bogenförmigen Furche, dem Gegenbild der An-
schwellung an der Innenseite, begleitet, und die Farbe des
Deckels, namentlich der Aufsenseite, blafs, oft weifslich,
bei den vorhergehenden lebhafter roth oder schwarz. Für
die Schale dieser Gruppe ist charakteristisch, dafs im
obern Drittel der Innenlippe Ein auffällig grofser und
stumpfer Zahn auftritt, unterhalb dessen jene Protuberanz
eingi-eift, und dafs die Schale meist matt, runzelig und
nicht selten mit Stacheln gekrönt ist, welche übrigens bei
derselben Art vorkommen und fehlen können. Hieher
Rumph's „Flufsdornchen", N. hrevispina Lam., von Am-
boina und Timor, von der sich die N. Corona L. im Sinn
von Recluz und Hanley schwer getrennt halten läfst,
N. olivaria Guill., ruida Mouss., rugosa Busch, diese und
andere in rasch fliefsendem Wasser, aber auch eine kleine
Art, N. Oualanensis Less., welche im Gesammthabitus an
die westindische meleagris erinnert und wie diese in Strand-
seen lebt.
Eine eigene Abtheilung, Neritodryas, müssen zwei
Arten der Molukken und Philippinen bilden, N. Cornea L.
= ampMhia Less. und N. dubia Chemn. = Philippinavum
Sow. = hella Busch, welche durch die zahnlose Innenlippe
den europäischen Arten gleichen, aber sonst in Gröfse,
Gestalt und Färbung der Schale der schon erwähnten
Gruppe der ficiae näher kommen; im Gaumen, von der
Innenlippe halb verdeckt, sitzt jederseits ein zahnartiger
Wulst; am Deckel ist Zapfen und Rippe auch verbunden,
letztere aber tief gefurcht und am Ende wie gefingert, zu-
gleich an ihrer Unterseite tief ausgehöhlt. Eigenthümlich
ist das Vorkommen dieser Arten an frischem Laub über
Wasser; ich fand sie so auf niedern Sträuchern mehrere
Fufs hoch über dem Morastboden, andere Berichterstatter
sprechen von hohen Bäumen und ^ engl. Meile Entfernung
von jedem Bache. Die Schale der einen Art zeigt leichte
Spiralfurchen , worin , wie in der partiellen Körnelung an
der Aufsenseite des Deckels eine Annäherung an die meer-
bewohnenden Neriten liegt.
Eigenthümlich ist ferner der Deckel der gröfsten un-
ter den bekannten lebenden Neritinen, N. labiosa Sow.,
die der Vortragende im nördlichen Celebes wiedergefunden,
indem hier der Zapfen platt gedrückt ist und an seinem
Ende in mehrere Läppchen auseinander geht. Sie lebt in
süfsem fliefsendem Wasser und mag als eigene Gruppe
Neritona heifsen.
Noch mehr platt und niedergedrückt, fast auf dem
untern Ende des Deckels aufliegend und meist etwas
runzlig ist der Zapfen bei den ächten, meerbewohnenden
Neriten, zugleich ist die Aufsenseite des Deckels meist
gekörnt, und oft mit einer bandförmigen Anschwellung
längs des Saumes versehen; auf diese Skulptur hat Gray
noch Unterabtheilungen innerhalb der Neriten gegründet
(Proc. Zool. Soc. 1858); zusammengenommen mit den Apo-
physen ermöglicht sie eine ziemlich lialtbare Gränze zwi-
schen den Neriten im Sinne Lamarck's und dessen Ne-
ritinen auch am Deckel allein zu finden.
vom 15. Juni 1869.
23
Die Navicellen (^CatiUus der neueren englischen
Autoren) sind neritinenartige ächte Süfswasserschnecken,
deren Schale keine Windungen macht, sondern einfach
mützenförmig erscheint, daher eine oberflächliche Ähnlich-
keit mit Patella und mehr noch mit Crepidula erhält,
welche durch den Bau der Weichtheile und der Zunge
sofort widerlegt wird; in Habitus und Farbenzeichnung
wie Vorkommen schliefsen sie sich zunächst an die Grup-
pen der N. pulligera und auch unserer fluviatilis an. Der
Deckel ist viel zu klein um die weite Mündung zu schlie-
fsen und gröfstentheils in der Masse des Fufses verborgen,
so dafs nur der Saum hervorsieht; er funktionirt also
nicht als solcher, wie an Spiritus -Exemplaren zu sehen
und der Vortragende an lebenden selbst beobachtete. Den-
noch zeigt er nicht nur in seinen Riefen und Randvor-
sprüngen, die aber in derselben Ebene bleiben, kennbare
Analoga mit Zapfen, Rippe und Protuberanz des Ne-
ritinendeckels, namentlich desjenigen von labiosa, sondern
auch an seinem einen Rande einen ähnlichen Saum. Der
Saum ermöglicht nun offenbar bei den Neritinen das dichte
Anschmiegen des Deckels an den Rand der Mündung und
einen gewissen Spielranm im Einwärtsdrängen desselben,
steht also mit seiner Funktion im engen Zusammenhang,
und ebenso dienen die Fortsätze, Zapfen und Rippe, als
Angriffspunkte der Muskeln beim Schliefsen, daher die
Rippe auch bei der an der Luft lebenden, somit der
Trockenheit mehr ausgesetzten Gruppe Neritodryas beson-
ders detaillirt ausgebildet sein dürfte (leider wurde nicht
beobachtet, ob sie sich schliefsen können ohne ihren Halt
am Blatte zu verlieren, wie es z. B. Ceritlnum obtusum an
den Manglebäumen mittelst einiger Schleimfäden vermag).
Der dünne nicht funktionirende, aber morphologisch gleich
gebildete Deckel der Navicellen scheint daher ein altes
Erbstück derselben zu sein, Navicella demnach nicht die
einfachste Form , aus welcher Neritina zu erklären , son-
dern umgekehrt aus Neritina reducirt zu sein. Ebenso
scheint auch der massige aber wenig vortretende, wie eine
Schwiele erscheinende Zapfen und die platte Rippe des
Neritendeckels als erste Anlage, aus der sich die schärfer
geformten gleichnamigen Fortsätze der Neritinen heraus-
gebildet haben; der eine davon ist freilich wieder bei N.
fluviatilis, neben voller Entwicklung des andern, sehr zu-
rückgetreten. So erhalten wir in der Familie der Neri-
taceen eine Reihenfolge von den dickschaligen mit Sculptur
reicher versehenen Neriten des Meeres zu den dünneren
glatten Neritinen des süfsen Wassers und den in der
Schale noch mehr reducirten Navicellen, welche als auf-
steigende genommen mit den allgemeinen Forderungen
Rütimeyers über Entwicklung der Süfswasserthiere aus
Meerthieren sowohl als mit den Ansichten Gegenbaurs
über Zurücktreten der Schalenbildung bei den höheren
Mollusken zusammenstimmt.
Herr Sadebeck machte im Auftrage seines Vaters
folgende Mittheilung:
Wurzener Wochenblatt vom 9. Juni. 1869.
„Würzen 6. Juni. Heute früh 6 Uhr wurde sowohl in
der Stadt als in mehreren Dörfern ein starker kanonen-
schufsähnlicher, doch dumpf verhallender Knall in der Luft
gehört, von welchem in Nemt einzelne Gebäude erschüttert
worden sein sollen. Mit Futterholen beschäftigte Leute
wollen gleich darauf einen dunklen, bald wieder ver-
schwundenen Streifen am Himmel in der Richtung nach
Osten zu gesehen haben. Auch in der Gegend von Riesa
und Grofsenhain hat man diesen Knall gehört. Die Ge-
rüchte, nach denen derselbe durch eine Pulverexplosion in
Torgau, oder durch die Explosion eines Dampfschiffkessels
verursacht worden sei, sollen sich bereits als unbegründet
erwiesen haben. — In den Morgenstunden am Sonntag soll
zwischen Lommatzsch und Meifsen ein circa 15 Pfund
schwerer Meteorstein niedergefallen sein. (Sollte dies Er-
eignifs mit obigem vielleicht in Verbindung stehen?)"
Ich habe den Knall auch gehört. Er hatte keine
Ähnlichkeit mit dem eines Schusses, sondern machte den
Eindruck, als ob ein Gegenstand zerplatzt wäre. Bald
darauf erfolgte ein donnerähnliches Getöse, welches aber
sehr lange, mindestens eine Minute, anhielt. Einige Leute
wollen einen Lichtstreifen, wie von einer Rakete, in der
Richtung von Westen nach Osten hin gesehen haben. — Mir
kam es so vor, als ob der Knall östlich von Hohburg erfolgt
sein müsse, was mit den vorigen Angaben übereinstimmt.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen :
Verzeichiifs der Käfer Deutschlands von Dr. Kraatz (En-
tomol. Zeitschr. 1869).
Berliner Entomologische Zeitschriß. Jahrgang 12. 1868.
Jahrg. 13. 1869.
Walpers Annales botanices systematicae. Tom. VIT. Fase. III
1869. Auct. Dr. C. Müller.
La Sumergida Isla de Atlantis por G.A.Ernst. Caracas 1867.
Observationes meteorologicas en Caracas 1868 p. Ag. Aveledo.
El läge de Asfalto en la Isla de Trinidad por Aristides
Rojas. Caracas.
Erklärung der Bahnen des Bumerangs von Dr. 0. Erd-
mann. Berlin 1869.
Üb. Dr. Jenzsch's Melaphyr und Kap. Koldeivey^s erste Polar-
reise von Ehrenberg (Auszug aus dem Monatsber. d.
Akad. März 1869).
Buchdruckerei der Künigl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt).
Berlin, Uuiversitätsstr. 8.
Sitzungs-Bericht
der
Gesellschaft natiu'forschender Freunde
zu Berlin
am 20. Juli 1869.
Direktor: Herr Professor Braun.
Hr. Reichert legte 7 Exemplare von Hyalonemen
vor, die der Marinearzt Dr. Reger aus Jeddo mitgebracht
hatte. Hr. Dr. Reger hatte auf Veranlassung des Vor-
tragenden sich bemüht, den Ort aufzufinden, wo die Hya-
lonemen gefischt werden. Es wurde ihm die heilige Insel
Ino Siraa in der Simuda-Bucht bezeichnet. Es zeigte sich,
dafs auf dieser Insel Hyalonemen in grofser Menge von
Fischweibern an die Pilger verkauft werden, aber als
Gegend, wo dieselben gefischt werden, wurde hier ein
25 Meilen entfernter Ort genannt, der unter den obwal-
tenden Umständen nicht mehr aufgesucht werden konnte.
Die von Hr. Dr. Reger mitgebrachten Hyalonemen sind
getrocknete Exemplare, an denen Zeichen einer künstlichen
Bearbeitung des Naturproducts nicht vorhanden sind. An
5 Exemplaren steckt das eine Ende des Büschels der
Kieselnadeln in dem ihm zugehörigen Schwammkörper,
und unmittelbar über dem letzteren wird das freie Stück
der Kieselnadeln von dem epizootischen Polypenrohr um-
fafst; an zwei Exemplaren fehlt der Schwanimkorper, und
das darin ursprünglich befestigte Ende der Nadeln ist
gleichfalls von der Polypenröhre vollständig eingeschlos-
sen. Aus dem Vergleich der verschiedenen Exemplare
geht hervor, dafs der Schwanimkorper unter der Ausbrei-
tung der epizootischen Polypenröhre allmälig an Länge
abnimmt und schliefslich vollständig von seinem Nadel-
büschel verdrängt wird. Aufserdem ist es im hohen Grade
wahrscheinlich, dafs die gegen den Schwammkörper vor-
dringende Polypenröhre ein abnormes längeres, freies Aus-
wachsen der Nadeln herbeiführt. Bei denjenigen Exem-
plaren, bei welchen der Polyp sich eben angesiedelt hat,
beträgt die Länge des Schwammkörpers nahezu ^ der
Länge der Nadeln. Dies Verhältnifs ist bei anderen Ex-
emplaren nicht festzuhalten; die Länge des freien Stückes
des Büschels der Nadeln kann zur Länge des Schwamm-
körpers wie 1 : 8 sich verhalten. Zu den Kunstproducten,
[1869.]
vi^elche die Japanesen mit Hilfe der Hyalonemen anfertigen,
gesellen sich daher auch noch pathologische Exemplare.
Die normale äufsere Form der Hyalonemen, namentlich
auch ihres Schwammkörpers, wird sich erst an polypen-
freien, mit allen "Weichtheilen in Weingeist wohl erhalte-
nen Exemplaren feststellen lassen.
Hr. W. Peters legte vor ein von Hrn. Dr. Schwein-
furth eingesandtes, sehr defectes, schädelloses Fell eines
anthrogomorphen Affen aus Chartuni und sprach sich da-
hin aus, dafs es nach den Proportionen der Gliedmafsen,
der Gröfse der Ohren und der Beschaffenheit und Farbe
der Behaarung zu urtheilen keiner von dem Chimpanse der
Westküste Afrikas verschiedenen Art anzugehören scheine.
Derselbe sprach, unter Bezugnahme auf die neuer-
dings erschienene Synopsis von Gray (Ann. and Mag. Nat.
Eist. 4. Ser. I. p. 35) über die verschiedene Schädelbil-
dung bei Ili/rax, insbesondere über das Vorkommen und
Fehlen des Interparietale und das Vorkommen eines ein-
zelnen und doppelten Parietale und gab eine Notiz über
eine neue Art dieser Gattung aus Mocambique, welche
früher von ihm nur für eine Varietät von H. urhoreus ge-
halten worden war.
Hyra.T mossambicus n. sp.
Nach der vom lebenden Thiere gemachten Aufzeich-
nung: Schwarz und grau gesprenkelt, nach dem Steifs
hin mehr rostfarbig; auf der Mitte des Rückens ein rost-
gelber Fleck; über dem Auge und am untern Rande des
Ohrs rostgelb. Unterseite schmutzig weifs. Die einzel-
nen Haare des Rückens schwarzbraun, mit einem subapi-
calen gelbweifsen Ringe und schwarzer Endspitze. Bart-
haare schwarz. Oberseite der Zehen von der Körperfarbe,
aber mehr silberglänzend. Ober- und Unterlippe, so wie
die nackten Fufssohlen und die nackte Analgegend schwarz.
Der Schädel hat ein einfaches Scheitelbein und kein
Interparietale, wodurch es am meisten mit dem von //.
7
26
vom 20. Mi 1869.
Blainvillei Gray (II. riificeps Blainville, non Ehren-
berg, H. abyssinicus Jäger, non Ehrenberg) überein-
stimmt. Er unterscheidet sich aber von ihm durch die
Form des obern Theils der Hinterhauptschnppe, welche
vorn nicht in zwei parallele sondern in zwei divergirende
Spitzen ausgeht, durch das über dem 2. und nicht über
dem 3. Backzahn gelegene Foramen infraorbitale, durch
das gröfsere und aufsen mehr vortretende üs lacrymale,
durch die längeren und weiter nach vorn (bis zum 3. und
nicht bis zum 4. Backzahn) vordringenden Gaumenbeine,
durcii die schmälere Schnauze, mehr abgeplattete Inter-
orbitalgegend und endlich durch das Verhältnifs der Zähne.
Die ersten drei oberen Backzähne sind zusammen eben so
lang, wie die Entfernung zwischen ihnen und den Schneide-
zähnen und ungefähr so lang wie 2-^ der folgenden Back-
zähne, während bei H. Blainvillei die drei vorderen Back-
zähne zusammen viel kürzer als das Diastema und nicht
ganz so lang wie die beiden folgenden Backzähne zu-
sammen sind.
Länge der Handsohle 0™058; Fufssohle 0!''034.
Ich erhielt ein einziges Exemplar, ein noch nicht ganz
ausgewachsenes Weibclien, dieser Art am 8. Septbr. 1843
auf der der Insel Mocambique gegenüber liegenden Halb-
insel Caba(;eira im 15° Südl. Br.
Herr Dönitz sprach über den feineren Bau der
Muskelfasern wirbelloser Thiere. An den Fibrillen, die
man schon isolirt im Thorax von Fliegen vorfindet, zeigt
sich eine doppelte Art der Querstreifung. Die eine ist
neuerdings sehr genau von W. Krause (die motorischen
Eiidplatten etc.) beschrieben worden. Sie besteht darin,
dafs scharfe, dunkle Linien, jederseits von einem hellen
Streifen begrenzt, die Fibrille in gleich lange Abschnitte
theilen, deren Längsdurchmesser den Querdurchmesser um
X — i übertrifft. Das von den Liniensystemen eingeschlos-
sene matte Querband wird aber seinerseits wieder durch
ein eben solches, nur sehr viel zarteres Liniensystem
halbirt, so dafs dadurch Abschnitte zu Stande kommen,
welche breiter sind als lang. Öfter wird im Verlaufe der-
selben Fibrille diese zartere Querstreifung in allmählichem
Übergange eben so deutlich wie die erst erwähnte. Wenn,
wie es häufig vorkommt, die Fibrillen im Zickzack ver-
laufen , so entsprechen die Einknickungssfellen entweder
den stärkeren , oder den schwächeren dunklen Querlinien,
oder beiden zugleicli. Die hellen Streifen zu beiden Seiten
je einer dunklen Querlinie scheinen, wie Heppner be-
hauptet, nichts als Liclitreflexe zu sein. Die dunklen
Linien aber entspreclieu keinenfalls Scheidewänden, wie
Krause annimmt, da es beim Zerfasern der Scheren-
muskeln lebender Krebse gelingt, Fibrillen auf ganze
Strecken hin ihres Inhalts zu berauben oder diesen der-
artig zu verschieben, dafs Stellen mit quergestreiftem In-
halt und leere Strecken abwechseln. Daraus ergiebt sich:
1) dafs die Fibrille ein röhriges, mit Inhalt gefülltes Ge-
bilde ist; 2) dafs die Querstreifung nicht durch membra-
nöse Scheidewände dieses Rohres hervorgerufen sein kann;
3) dafs die Fibrille das letzte Formelement der Muskel-
faser ist. — Der neuerdings vielfach angenommene Aufbau
der Muskelfaser aus Bowman's discs ist mit der oben
erwiesenen Selbständigkeit der Fibrillen eben so unver-
träglich wie mit der Entwickelung der Muskelfasern, da
so viel fest steht, dafs die in Muskel sich umwandelnde
Zelle zuvörderst in die Länge wächst, bevor die Quer-,
streifung sich einstellt. — Über den Grund der Querstrei-
fung läfst sich bis jetzt kein endgültiges Urtheil fällen.
Die von Brücke empfohlene Untersuchung im polarisirten
Liebte führt zu keinem entscheidenden Resultate, denn
einerseits ist die doppelt brechende Eigenschaft des Mus-
kels so schwach, dafs man sie an einer isolirten Fibrille
überhaupt nicht nachweisen kann, sondern eine gröfsere
Anzahl übereinander liegender Fibrillen, z. B. ein Primi-
tivmuskelbündel, nöthig hat, um die Erscheinungen der
Doppelbrechung zu sehen ; andrerseits gelingt es nicht, am
frischen Präparate, z. B. am Schwänze curarisirter Frosch-
larven oder an frischen Schenkelrauskeln von Insecten
den Nachweis zu führen, dafs sie aus abwechselnden
Schichten einfach und doppelt brechender Substanz be-
stehen. Nimmt man allerdings Praeparate zur Untersu-
chung, welche schon durch eine eingreifende Behandlungs-
metliode in discs zu zerfallen beginnen, dann kann m^n
Bilder erhalten, welche den von Brücke publicirten ent-
sprechen, die aber doch nicht hinreichen, um mit Brücke
den Schlufs zu ziehen, dafs an der Stelle, wo man die
Querlinien sieht, eine einfach brechende Substanz sich
findet. Hiermit verliert die so sehr beliebte Disdiaklasten-
theorie den wesentlichsten Theil ihres Haltes.
Derselbe berichtet über die Section eines im Ber-
liner Aquarium gestorbenen Seehundes (Halichoerus foeti-
dus). Das Thier war öfters in Krämpfen liegend auf dem
Lande angetroffen worden und hatte häufig eine Art kla-
gendes Geheul hören lassen. Die Section gab genügende
Anhaltspunkte für diese Erscheinungen und den schliefs-
lichen Tod. Es fand sich nenilich nicht allein intensiver
Katarrh der Gallengänge, veranlafst durch massenhafte
Anwesenheit eines parasitischen Wurmes, des Distoma
Conus; sondern auch in der Bauchhöhle, im Blut der Kör-
pervenen und des Herzens (linker Vorhof) und in der
Lunge fanden sich Eingeweidewürmer (Nematoden) von
13 — 15 Cm. Länge, welche bisher noch nicht beschrieben
worden sind. Das Kopfende ist breiter als das Schwanz-
ende, welches beim Männclien korkzieherartig gewunden
vom 20. Juli 1869.
27
ist. Das hintere Körperende des Männchens ist mit un-
symmetrisch angeordneten Papillen besetzt, von denen vier
Paar praeanal gelegen sind. Unmittelbar hinter dem Anus
stehen in einer Querreihe 4 Papillen, deren mittlere sehr
klein sind. Die Schwanzspitze trägt 4 Papillen. Der
Raum zwischen Anus und Schwanzspitze ist entweder
papillenlos , oder er trägt deren 1 — 2. Spicula sehr un-
gleich, das kleinere 0,215 Mm., das gröfsere 0,67 Mm.
lang. Schwanzende des Weibchens frei von Papillen.
Die Vulva liegt 1,33 Mm. hinter der Mundötfnung, ein
wenig vor dem hinteren Ende des Oesophagus. Die we-
der durch Lippen noch Papillen ausgezeichnete Mund-
öffnung führt in ein ziemlich langes Vestibulum. — Die
beiden kleinen postanalen Papillen trennen diesen Wurm
vom Genus Filaria. Um aber auf eine Species hin nicht
ein neues Genus zu gründen, mag er vorläufig bei diesem
Genus bleiben und Filaria Reicherti heifsen.
Hr. Braun legte eine Reihe neuerlich beobachteter
Pflanzenmit'sbildungen vor. Mehrere von Hrn. Universitäts-
gärtner Sauer mitgetheilte, im Keller zur Keimung ge-
kommene Kartoffeln waren stellenweise aufgeplatzt und
zeigten im Inneren kleinere neugebildete Knollen von Ha-
selnufs- bis zu Wallnufsgröfse, welche aus dem Rifs mehr
oder weniger hervordrangen. Bei einer derselben traten
5 junge Knollen zu 2 und 3 aus zwei Rissen hervor.
Die genauere Untersuchung zeigte, dafs die jungen, im
Inneren der alten erzeugten Knollen seitlich an dünnen,
walzenförmigen Sprossen safsen, welche ihren Ursprung
dicht unter der Oberfläche des alten Knollens und zwar
an der Stelle eines Auges nahmen, somit wohl als nach
innen entwickelte Augen betrachtet werden müssen. Es
erinnert dieser Fall an eine mehrmals bei Mammillaria
beobachtete Bildung einer neuen Pflanze im Innern der
unverletzten alten, doch ist die Entstehung in diesem
letzteren Falle wohl in anderer Weise, nämlich durch in-
nere Adventivknospenbildung, zu erklären.
Der Vortragende theilte ferner einen neuen Fall von
Poly embryonie mit. Im botanischen Garten zeigten
sich bei einer Aussaat von Coffea arabica im Sommer 1867
unter etwa 40 keimenden Samen 4 , welche je 2 gleich-
srofse, gleich vollkommene und unter sich nicht verwach-
sene Keimpflänzchen hervorbrachten. Eine von Herrn
Garteninspector Bouche im Sommer 1866 gefundene
Keimpflanze von Ailantkus glandulosa bietet ein merkwür-
diges Beispiel eines den ersten Jahrestrieb mit einer
Gipfelblüthe abschliefsenden Baumes. Das zur Zeit der
Blüthe getrocknete Exemplar zeigt zunächst 2 noch grü-
nende Cotyledonen, mit welchen sich die 2 ersten (drei-
theiligen) Laubblätter kreuzen. Diesen folgen in spiraliger
Ordnung 3 weitere Laubblätter, das erste vollkommen
dreitheilig, das zweite mit nur einseitig abgelöstem Seiten-
blättchen, dem auf der anderen Seite ein wenig entwickel-
ter Lappen entspricht, das dritte nur schwach und un-
gleichseitig dreilappig. Nach diesen 5 Laubblättern wird
die Hauptachse plötzlich dünner, indem sie in einen 3 Mm.
langen Blüthenstiel übergeht und mit einer männlichen
Blüthe schliefst, von deren 5 Kelchblättern das erste, dem
letzten Laubblatt schief gegenüberstehende, zu einem fast
sitzenden 9 Mm. langen eiförmigen Laubblatt ausgebildet
ist. Die Blüthe zeigt aufserdem 5 Blumenblätter und
5 Staubblätter. In den Achseln aller Laubblätter zeigen
sich ruhende Knospen, von denen die des obersten der
Blüthe zunächst vorausgehenden Laubblattes die anderen
an Gröfse bedeutend übertrifft und wohl zur Fortbildung
des Hauptstammes bestimmt war. Der vorliegende Fall
schliefst sich an einen ähnlichen von Benda bei Quercus
Robur (pedupculata'i) beobachteten und durch eine litho-
graphirte Abbildung der Vergessenheit entrissenen Fall an.
Das betreffende einjährige Eichbäumchen wurde im März
1854 auf dem K. Forstrevier Altenplatow in einer nach
der Alemann'schen Culturmethode zu Ende November 1852
angelegten Eichen -Rillensaat im entblätterten Zustande
gefunden, doch zeigen sich daran aufser den Stielresten
der Cotyledonen die Ansatzpunkte von einigen Niederblät-
tern und von 5 Laubblättern, worauf das Ende der Haupt-
achse mit einem langgestreckten weiblichen Blüthenstande
schliefst, an welchem in Entfernungen von 8 — 10 Mm.
6 weibliche Blüthen stehen, die 2 obersten unentwickelt
vertrocknet, die 3 unteren mit entwickelten, aber unge-
wöhnlich kleinen Schüsseln, aus welchen die verkümmerte
Eichel nur wenig hervorragt, die vierte von unten dagegen
zeigt eine fast bis zur normalen Gröfse entwickelte weit-
geöffnete Schüssel, aus welcher die ohne Zweifel normal
entwickelte Eichel ausgefallen ist. Hier trug also die
Eiche im ersten Lebensjahre Frucht, während sie im ge-
wöhnlichen Lauf der Dinge ein Alter von 50-60 Jahren
erreichen mufs um zu diesem Ziele zu gelangen!
Es wurden ferner frische Zweige vorgelegt von Taxuii
tardiva (T. adpressa, brevifolia, parvifolia etc. der Gärten).
An den kleineren Seitenzweigen der im botanischen Garten
cultivirten Exemplare zeigen sich sehr häufig reihenweise
Verwachsungen der Blätter (Nadeln), deren 2 — 5, ja zuweilen
selbst bis 10 und 11 der ganzen Länge nach fest vereinigt
sind und sonderbare, schief aufsteigende, meist nach aufsen
etwas gewölbte Platten darstellen. Die Verwachsung folgt
dabei nicht der Grundspirale, sondern meistens den Ternar-,
seltener den Quinar-Parastichen und ist gewöhnlich mit
Krümmung oder Drehung des Zweigs verbunden. Es wird
aufserdem als bemerkenswerther Umstand angeführt, dafs
T. tardiva, von dem im botanischen Garten nur weibliche
7*
28
vom 20. Juli 1869.
Exemplare vorhanden sind, mit Keimlingen versehene Sa-
men zur Reife bringt; ob vielleicht durch Befruchtung von
Seiten der gewöhnlichen Eibe (Taxus baccata) ist noch
zu ermitteln.
Ferner werden vorgelegt getrocknete Exemplare von
Parietaria of/icinalis mit ^ und {^^ (durch schwache
Drehung scheinbar auch :|-) Stellung, statt der gewöhn-
lichen f oder -f^ St. Im hiesigen Universitätsgarten zei-
gen ungefähr der dritte Theil der Exemplare diese sonst
seltene Ausnahmsstellung und ein vor langen Jahren von
C. Schimper wahrscheinlich bei München aufgenomme-
nes Exemplar mit f Stellung scheint anzuzeigen, dafs
Parietaria o/ficinalis auch anderwärts häufig in dieser Weise
abändert.
Eine Abart der Wallnufs mit einfachen Blättern
(luglans regia simplicifolia s. monophylla) ist in
den Gürten zwar selten, aber doch seit längerer Zeit be-
kannt; die vorgelegten von Hrn. Apotheker Büttgenbach
in Weiden bei Aachen eingesandten Exemplare stammen
von 18 — 20jährigen, jedoch nur strauchartigen und bisher
unfruchtbaren Bäumchen, welche von dem Gutsbesitzer
Adenau in Weiden aus selbstgezogenen Früchten des
gewöhnlichen Nufsbaums erzogen wurden, und zwar sollen
nach den mitgethcilten Berichten bei einer bestimmten
Aussaat aus der Mehrzahl der verwendeten Nüsse Exem-
plare mit einfachen Blättern erwachsen sein. Der vor-
liegende Fall zeigt ein merkwürdiges Beispiel der plötz-
lichen, nicht durch allmählige Übergänge vermittelten Ent-
stehung einer auffallenden Abart. Zum Vergleich wurde
auch die in den Gärten häufiger cultivirte, das entgegen-
gesetzte Extrem darstellende luglans regia laciniata vor-
gezeigt.
Die Kaiserkrone (Fritillaria imperialis) zeigte im
Frühling dieses Jahres (Mitte April) sowohl im Universitäts-
garten als auch in Privatgärten bald an allen, bald nur an
einem Theil der Blüthen der betreffenden Exemplare, eine
eigenthümliche Verkümmerung, indem die Perigonblätter
kaum ^ bis ^ der gewöhnlichen Länge hatten und sich nur
sehr schwach färbten, wogegen die Staubblätter fast die
normale Gröfse erreichten und daher weit aus der Blüthe
hervorragten. Die Staubbeutel streuten einen reichlichen,
anscheinend normalen Blüthenstaub aus, wogegen das
Pistill sich klein und kümmerlich zeigte und keine weitere
Ausbildung erlangte. Die Blüthenstiele blieben an sol-
chen Blüthen sehr kurz, die Blüthe selbst aufrecht, nicht
wie gewöhnlich nickend. An manchen Exemplaren fanden
sich zwischen den abnormen Blüthen normal entwickelte
oder auch gemischte, an denen nur ein Theil der Perigon-
blätter (und zwar die inneren) die normale Entwicklung
erlangt hatten. Der hier beschriebene Fall scheint einige
Analogie mit der von Maximowicz auf der Naturfor-
scherversammlung in Dresden von Deutzia beschriebenen
abnormen Blüthenentwicklung zu besitzen.
Pelorien von Aconitum. Es wurden zunächst zwei
abnorm gebildete, annähernd pelorisclie oberste Blüthen
von verschiedenen Blüthenständen desselben Stockes eines
A. Lycoctonum des hiesigen Universitätsgartens vorgelegt,
beide mit je 3 horizontal abstehenden Helmen (Spornen)
versehen, völlig aufrecht und auf längeren Blüthenstielen
über die schon entblätterten vorausgehenden Blüthen er-
hoben. Die drei Helme gehören dem ersten, zweiten und
dritten Kelchblatt an, der des dritten ist etwas kürzer als
die beiden anderen ; das vierte und fünfte Kelchblatt sind
ungehelmt wie bei der normalen Blüthe. Beide Blüthen
haben sechs ausgebildete Blumenblätter (Nectarien), paar-
weise von den Helmen umschlossen, und aufserdem
zwei rudimentäre, als kleine Spitzchen erscheinende; die
eine Blüthe besitzt 20, die andere 23 Staubblätter,
beide je drei Fruchtblätter. Dafs diese Blüthen, die
ganz den Eindruck von Gipfelblüthen machen, dennoch
nur oberste Seitenblüthen sind, wird durch den Umstand
bewiesen, dafs in dem einen Falle die Blattstellung der
Blüthe der | Stellung an der Achse des Blüthenstandes
entgegenläuft; auch hat jede ihr Tragblatt und ihre zwei
Vorblätter und das wirkliche Ende der Hauptachse ist als
ein kleines, dem Tragblatt entgegengesetztes und zur Seite
gebogenes Spitzchen sichtbar. Eine wirkliche Gipfelblüthe
eines anderen Exemplars war dagegen ohne jede Spornbildung
und vollkommen actinomorph, mit 4 Kelchblättern, keinen Blu-
menblättern, 26 Staubblättern und 4 mit den Kelchblättern
abwechselnden Fruchtblättern. Ein kümmerliches Exem-
plar von Aconitum Anthora aus dem botanischen Garten
zeigt keine gar Seitenblüthen, sondern nur eine regelmäfsige
Gipfelblüthe mit acht Kelchblättern und sehr zahlreichen
Staubblättern; Blumenblätter und Fruchtblätter fehlen. Aus
der Familie der Labiaten wurden 2 Exemplare \onGaleobdolon
luteum mit pelorischen Gipfelblüthen vorgezeigt, welche Hr.
Apotheker Winter im Juni v.J. bei Saarbrücken gefunden
hat. Die eine derselben ist 4 zählig, die andere Gzäiilig mit
gleicher Anzahl weit vorragenderStaubblätter. Zum Vergleich
wurde ein vor längerer Zeit von C. Schimper gesammel-
tes Exemplar von Stachys silvatica vorgelegt, welches
am Grunde der Ähre zwei entgegengesetzte Blüthenzweig-
chen besitzt, die beide durch 5 zählige pelorische Blüthen
beschlossen sind. Es wurde daran erinnert, dafs einige
Labiaten normal oder doch sehr häufig pelorische Gipfel-
blüthen besitzen, so namentlich Teucrium campanulatum,
Mentha aquatica (nach C. Schimper) und Salvia Cande-
labrvm im hiesigen botanischen Garten.
Aus dem botanischen Garten wurde ein Exemplar
vom 20. Juli 1869.
29
von Mimulus Intens var. guttatus gezeigt, bei welchem
der Kelch sich durch Anamorphose zur äufseren Blumen-
krone umgestaltet hat, ähnlich wie bei den bekannten
Gartenformen von Primula, Campamda persici/olia und
Azalea amoena. In der hiesigen Blumenausstellung vom
Juni 1867 war diese schöne Monstrosität von Metz und
Co. ausgestellt, von wo die Samen bezogen wurden. Bei
der Aussaat verhält sie sich ziemlich constant, während
die Aussaat der Campanula persici/olia mit doppelter Blu-
menkrone im hiesigen bot. Garten nur Exemplare geliefert
hat, die zur Nornialform zurückgekehrt sind.
Knautia arvensis mit 4 Blumenblättern an Stelle
der Staubblätter wurde von Dr. Thomas bei Ohrtrupp
unweit Gotha im Juli vorigen Jahres aufgefunden. Die
Theile der so gebildeten inneren Blumenkrone sind von
der Breite der Lappen der (äufseren) Krone, aber ge-
trennt, nach unten in schmale Nägel zulaufend und der
Röhre der Blumenkrone nahe an ihrem Grunde inserirt.
Eine gefüllte Paeonie, die im hiesigen botanischen
Garten unter dem Namen Paeonia Lowii cultivirt wird,
bietet ein seltenes Beispiel der Umwandlung der Frucht-
blätter in offene Blätter ohne Samenknospen, welche mit
den Kelchblättern grofse Ähnlichkeit haben. Rückschläge
der Fruchtblätter in laubartige Blattgebilde sind bekannt-
lich weit häufiger, wie z. B. bei gefüllten Kirschen und
Mandeln und bei allen Anthochlorosen („Chloranthien"),
bei welchen Kelchblätter und Fruchtbläiter am ersten und
stärksten laubartig umgestaltet werden. Endlich wurde
noch eine Reihe proliferirender Rosen vorgelegt, theils
solcher mit centraler Durchwachsung, theils solcher mit
seitlichen Aussprossungen oder mit Vereinigung von Beidem.
Seitliche Aussprossungen sind schon von Engelmann
(de antholysi) beschrieben und abgebildet worden; sie zei-
gen sich in reichlicher Menge die erweiterte Kelchschüssel
erfüllend, bei mehreren von Hrn. P. Magnus gesammel-
ten Exemplaren von Rosa pimpinelUfolia. Unter den
Exemplaren, welche eine Verbindung seitlicher Blüthen-
sprosse mit centraler Durchwachsung zeigen, zeichnet sich
eine aus dem Garten der Herrn Warmbrunn, Quilitz
und Co. mitgetheilte kleinere Centifolie aus. Sie besitzt
laubartig ausgebreitete Kelchblätter und sechs seitliche
Sprossungen, welche der durchwachsenden Hauptachse
auf \ — ^ Zoll Höhe angewachsen sind, von denen aber
vier nach oben verkümmert und nur zwei zu kleineren
seitlichen Rosen entwickelt sind. Jeder dieser Seiten-
sprosse zeigt ein ihm bis zur Lösungsstelle von der Haupt-
achse oder noch etwas weiter hinauf angewachsenes schup-
penförmiges Tragblatt. Die mittlere, die durchgewachsene
Achse beschliefsende Rose erhebt sich etwas über einen
halben Zoll über die angewachsene Seitensprosse, hat einen
normalgebildeten fünfblättrigen Kelch und ist in gewöhn-
licher Weise gefüllt.
Als Geschenk wurde mit Dank entgegengenommen:
Dr. L. Kny, Über den Bau und die Entwicklung der Farrn-
Antheriden. Berlin 1868.
Burhdruokerci der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt).
Berlin, Universitätsstr. 8.
Sitzungs-Bericht
der
Gesellschaft natiu'forschender Freunde
zu Berlin
am 19. Oktober 1869.
Direktor: Herr Geh. Ilegierungsratli Magnus.
Hr. Ehrenberg legte die Zeitung aus Littleton in
Neu-Seeland (Littleton tinies) vom 9. Juni d. J. vor, wel-
che das Ehrenmitglied der Gesellschaft, Hr. Dr. Julius
Haast, von dort eingesandt hat. Dies Blatt enthält
Dr. Haast's Beobachtungen des neuesten grofsen Erdbe-
bens daselbst, welches besonders in der Hauptstadt Christ-
shurch starke aber doch nicht sehr zerstörende Wirkungen
hervorgebracht hat, deren Details bezeichnet werden. Die
Richtung zeigte sich über Banks Peninsula nach den
Erebus- und Terror- Vulkanen des Südpols hin, die mög-
licherweise daher in Beziehung damit gestanden haben.
Derselbe übergab alsdann seinen im Juni gedruckten
akademischen Vortrag über die unter der Stadt Mexico
liegenden meist durch artesische Brunnen aufgeschlofsenen
mächtigen Gebirgsschichten aus mikroskopischen Bacillarien
und hoffte die Belege dazu in einer der nächsten Sitzun-
gen anschaulich zu machen.
Hr. Virchow zeigte eine Reihe von Knochen, ins-
sondere Geweihstücken von vaterländischen Thieren der
Vorzeit, insbesondere vom Rennthier, Bär, Elenthier
und Edelhirsch. Sämmtliche vorgelegte Stücke zeichnen
sich durch die ungewöhnliche Gröfse aus, zeigen jedoch
sonst keine erkennbaren Verschiedenheiten von den noch
jetzt lebenden Arten.
Was zunächst die Rennthiere betrifft, so ist die
Aufmerksamkeit auf ihr Vorkommen in Norddeutschland
hauptsächlich erregt worden durch die verhältnifsmäfsige
Häufigkeit des Aufiindens von Rennthier -Geweihen in
Mecklenburg. Lisch (Mecklb. Jahrb. 1864 Bd. 29 S.282)
führt 20 verschiedene Fundorte der Art auf. Um so auf-
fallender war das Fehlen ähnlicher Nachrichten aus Preus-
sen. Allerdings sprach im Jahre 1851 der Graf v. Bü-
low zu Schwerin seine „persönliche Überzeugung" aus,
dafs gewifse, auf seinem Gute Cummerow in Hinterpom-
niern gefundene Geweihe Rennthieren angehört hätten
[1869.]
(Meckl. Jahrb. Bd. 17 S. 409), und Schreber (Säugethiere
V. 1. S. 1041) sagt, dafs bei Barutli in Sunipfeisenerz
Geweihe vorkommen, welche Rennthieren von mächtiser
Gröfse angehört zu haben schienen. Indefs sind dies
sehr unsichere Angaben, und in der That finden sich in
keiner der offiziellen preufsischen Sammlungen recht be-
weisende Stücke von inländischem Rennthier. Nur für
Schlesien hat R. Hensel (Denkschr. zur Feier des öOjähr.
Bestehens der Schles. Gesellschaft. Breslau 185.3. S. 245)
es als wahrscheinlich bezeichnet, dafs dort gefundene Ge-
weihfragmente dem Rennthier angehören, und Hr. Göp-
pert ist nach brieflicher Mittheilung der Ansicht, dafs in
einer Mergelgrube bei Wittgendorf in der Nähe von Sprot-
tau aufser einem Löwenzahn vor Jahren auch Rennthierreste
ausgegraben seien. Das gegenwärtig vorgelegte, nur we-
nig verletzte, jedoch bis dahin nicht erkannte Geweih traf
der Vortragende im Besitze des Hrn. Mercker zu Wol-
tersdorf. Nach weiteren Erkundigungen ist es bei Mellenau
in der Nähe von Boitzenburg in der Uckermark in einem
Bruche ausgegraben; es hatte dort 4 Fufs tief in schwar-
zem humosem „Moder" (nicht Torf) über einer schwachen
KaLkschicht gelegen, welche wohl den alten Seeboden dar-
stellt. In dem „Moder" waren aufserdem Birken und El-
sen, auch einzelne Eichen enthalten. Es mifst 1,25 Meter
in der Länge, die Stange hat durchschnittlich 14 — 15 Cent,
im Umfange, die Schaufel 9 — 10 Cent. Breite. Die Schau-
fel hat noch zwei Zacken, von denen die eine, gut erhal-
tene 10 Cent, lang ist. Die Augensprosse und der sog.
Eisspriefsel sind abgebrochen, auch das Ende der Schaufel
verletzt, gleichwie die Stange selbst beim Ausgraben durch
den Spaten zerstofsen ist. Auf alle Fälle mufs das Ge-
weih einem ungewöhnlich kräftigen und alten Thiere an-
gehört haben; die in unsern Museen enthaltenen Rennthier-
geweihe sind durchweg um mindestens ^ kleiner. — Da
Boitzenburg nalie an der mecklenburgischen Grenze liegt,
9
32
rom Id. October 186f).
so kann man diesen Fund zunächst auch den mecklenbur-
gischen anschliefsen , welclie überdies fast sämmtlich in
Torfmooren und Brüchen gemacht worden sind. Gerade
diese Lagerstätte aber ist insofern von besonderem Inter-
esse, als sie bestimmt zu beweisen scheint, dafs die Renn-
thiere auch in unserem Lande gelebt haben, — ein Punkt,
der für die Frage von der Eiszeit eine grofse Bedeutung
hat. Es wird nun darauf ankommen, die Beobachtung zu
verschärfen und besonders auch die Flora der tiefsten
Torfschichten in solchen Lagerstätten genauer zu studiren,
da in Schwaben arktische Moose darin gefunden sind.
Vom Bären wurden 2 Eckzähne vorgelegt, welche
nebst anderen Skelettheilen vor .3 oder 4 Jahren 8 — 10
Fufs tief in einem Torfmoor bei Milmersdorf in der Ucker-
mark ausgegraben und dem Vortragenden durch Hrn. v. Ar-
nim übergeben waren. Das betreffende Moor soll mit
den Havel- Seen in Zusammenhang stehen. Auch diese
Zähne übertreflen an Gröfse die der im zoologischen Mu-
seum befindlichen Bärenschädel. Der als solcher deutlich
zu erkennende linke obere Eckzahn mifst vom Schmelz-
rande bis zur Wurzelspitze 5,5, 'bis zur freien Spitze bei-
nahe 4 Cent. Die Wurzel hat in der Mitte einen Umfang
von 8 Cent. Unzweifelhaft ist dieser Torfbär von beträcht-
lichem Alter und starker Entwickelung gewesen, so dafs
er in mancher Beziehung dem Höhlenbären nahe steht, von
dem Lisch (Meckl. Jahrb. Bd. 29 S. 284) von zwei Ar-
ten in Mecklenburg, und zwar, wie es scheint, nicht im
Torf Zähne gesammelt haben will. (Das eine Mal bei
Grabung eines Brunnens unter dem Burgberge bei Par-
chim.) Es ist dabei zu erwähnen, dafs in Pommern noch
bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts (1741 in der Ueker-
münder Haide und 1750 bei GoUnow) Bären gesehen, bez.
erlegt worden sind.
Vom Elenthier (Cervus alces) kommen in unseren
Torfmooren sehr zahlreiche und ausgezeichnete Überreste
vor, obwohl die alten Geschichtsschreiber aus Pommern
und der Mark nichts mehr von dem Vorkommen dieses
Thieres erwähnen. Von um so gröfserem Interesse ist es,
dafs sich bearbeitete Geweihstücke vom Elen in dem Wall-
berge von Garz bei Cammin finden, von denen ein Beispiel
vorgelegt wurde. Auch aus den Pfahlbauten des Soldiner
Sees hat der Vortragende Knochen des Elens erhalten.
Ein bearbeitetes Geweihstück von da mifst dicht über der
Rose 18 Cent, im Umfang.
Endlich wurden zahlreiche und zum Theil colossale
Geweihe vom Hirsch vorgelegt, die jedoch sämmtlich dem
Edelhirsch (Cervus Elaphus) angehörten. Das stärkste
dieser Geweihe, gleichfalls aus dem Wallberge von Garz
bei Cammin in Pommern, mifst dicht über der Rose 24 Ct.
im Umfange; ein anderes von Soldin hatte an derselben
Stelle 23 Cent., besafs eine Augensprosse von 42 Cent.
Länge. Von ähnlicher Stärke war ein gleichfalls vorge-
legtes Geweihstück, welches nebst mehreren Wirbeln beim
Senken der Fundamente eines Hauses der Alsenstrafse in
Berlin selbst gefunden wurde. Es lag 14 Fufs tief unter
Sand, Moor und blauem Schlick auf dem festen Unter-
grunde, der wahrscheinlich dem Boden des alten Spree-
Sees entpricht. In den pommerschen und märkischen Pfahl-
bauten tragen diese Geweihe vielfache Zeichen der Bear-
beitung durch scharfe Werkzeuge. —
Hr. Bastian als Gast der Gesellschaft legte ein
Schädelpräparat vor, das dem Königl. Museum (ethnolo-
gische Abtheilung) unter der Bezeichnung „aus einem In-
dianer-Grabe" von Panama eingeschickt war, und das
durch seine microcephalische Bildung an die vor einigen
Jahren in Europa gezeigten Azteken erinnert, Mulatten-
kinder aus dem Bezirk San Miguel im Dorfe La Puerta
bei der Stadt Mulutan (nach der Gazeta del Gobierno de
San Salvador), aber angeblich aus der Indianerstadt Ixi-
maya geraubt. Sagen von einer solchen Indianerstadt
ähnlich den jetzt in Ruinen liegenden Prachtbauten von
Copan, Uxmal Palenque, -nnederholen sich mehrfach in
Central-Amerika, wie auch Stephens von den Cura zu
Quiche von einer solchen hörte im nordöstlichen Veraguas,
wo sich nach der Bekehrung der Tierra de guerra durch
Las Casas am alten Glauben festhaltende Candones erhal-
ten hätten, die keine Spanier zuliefsen (sowenig, wie die
Mandenga bei St. Blas) in einer von Chajul aus sichtba-
ren Stadt. Traditionen, die sich an die Casa del Enano
in Uxmal knüpfen, erzählen von einer künstlich erzeugten
Zwergen -Rasse, die den Priestern zu ihrem Schlangen-
Cultus dienten, ähnlich wie in Afrika die Albino bei hei-
ligen Handlungen verwendet wurden. Der Name des in
San Salvador, San Miguel und Sonsonate verbreiteten
Volksstammes der Pipiles (toltekisch-aztekischer Verwand-
schaft) wird (von Juarros) als Kinder erklärt. Die so
vielfach in Amerika geübten Schädelentstellungen zeigen
sich auch auf den alten Sculpturen Yucatan; und auch
Herrera spricht davon, sowie von langer Haartracht. Das
Tättowiren und Bemalen wird gleichfalls erwähnt, und die
gewöhnliche Farbe war roth , wie auf dem vorgelegten
Schädel. Die Lippendurchbohrung deutet auf Tragen von
Schmuck, wie es (nach Oviedo) in Nicaragua und (nach
Wafer) in Darien üblich war.
Hr. Hart mann sprach über das von ihm mit ver-
dünnter Milch und Karmin injicirte Nahrungsgefäfssystem
der Rhizostomen, dessen Anordnung er meist in Überein-
stimmung mit der von Milne Edwards in der Prachtaus-
gabe von Cuvier's Regne animal gegebenen, iconographi-
schen Darstellung beschrieb. Ferner bemerkte Derselbe,
vom 19. Oetoher 1869.
33
dafs die contraktile Substanz der ümbrella bei Aequori-
den (von ihm 1860 zu Valetta, Malta beobachtet) von zahl-
reichen einfach und getheilt verlaufenden, an den Enden
knäuelförmig aufgerollten, häufig auch zu zweien und dreien
umeinander sich wickelnden, dem elastischen Gewebe an-
gehörenden Stützfasern durchzogen werde, welche letzte-
ren an der Subumbrella sowohl, wie auch am Rande der
Ümbrella, bogenförmig die eine zur anderen sich hinüber-
biegen, um dann, mit einander verschlungen, wieder nach
dem Mittelpunkte der Ümbrella zurückzulaufen. Alsdann
sprach Derselbe noch, an einen im Winter des vorigen
Jahres gehaltenen Vortrag anknüpfend, über die an der
Subumbrella der Medusen befindlichen, zu circulären Bän-
dern sich sondernden Parthien der contractilen Substanz,
deren Wulstungen etwa den Anschein von Querstreifen
willkürlicher Muskeln gewähren können, mit letzteren aber
nicht verwechselt werden dürfen. Endlich bemerkte der
Vortragende, dafs er auch dieUmbrellensubstanz der Aurelia
aurita von zahlreichen elastischen vielfach miteinander ana-
stomosirenden Fasern durchzogen finde, in deren Maschen
sich sternförmige Bindesubstanzkörperchen zeigten. Vor-
gelegt wurden auf Papier pele und Pastellgrundirung mit
Honigfarben und mit der Stahlfeder ausgeführte Zeichnun-
gen des Ehizostoma Cuvieri mit injicirten Nahrungsgefäfsen,
er Clirysaora hyoscella mit der individuell sehr wechselnden
Pigmentirung der Ümbrella, sowie mikroskopische Zeich-
nungen der oben erwähnten Strukturverhältnisse.
Hr. Dönitz sprach unter Vorzeigung von Präparaten
über das von Nitzsch entdeckte Siplionium, eine kleine,
knöcherne Röhre, welche die Paukenhöhle mit dem Luft-
räume des Unterkiefers verbindet und Luft in denselben lei-
tet. Nitzsch's Vermuthung, dafs dasselbe den Schwimm-
vögeln wahrscheinlich fehle, ist zwar neuerdings mehrfach
wiederholt worden, hat sich aber nicht bestätigt. Es fand
sich dieses Knöchelchen bei Halieus brasilianus L. Gmel.
(Anat. Mus. No. 22460 u. 22461) und bei Halieus longi-
caudus Swains. (No. 14395). Die Schwimmvögel bilden
somit keine Ausnahme mehr und müfsen denjenigen Vö-
geln beigezählt werden, welchen das Siphonium zukommen
kann.
Hr. Prof. Pringsheim legte einige Tafeln über die
Zeugungsvorgänge bei Pandorina Morum vor und wies
zur Erläuterung derselben auf die allgemeinen Resultate
hin, die sich aus seinen Untersuchungen ergeben. —
Hiernach ist die Existens beweglicher Eianlagen in
der Abtheilung der Zoosporeen constatirt und die Zeugung
tritt unter diesen in ihrer einfachsten Form als Paarung
von 2 Schwärmsporen auf. Weiter ergiebt sich, dafs
die ruhenden Eianlagen nur nähere oder entferntere, cilien-
lose Formenabweichungen der Schwärmspore sind, und dafs
diese gleichfalls die Grundform der Spermatozoiden bildet.
Hieraus finden dann der Bau der ruhenden Eianlagen und
die Richtung der Embryonen in der natürlichsten Weise
ihre einfache Erklärung und die Erscheinungen, die bei
der Embryobildung in den verschiedenen Abtheilungen des
Pflanzenreiches eintreten, geben sich zugleich als die ana-
logen Vorgänge derjenigen Erscheinungen zu erkennen,
welche bei der Embryobildung der Thiere als totale und
partielle Furchung hervortreten. In diesen Vorgängen und
Vorstellungen endlich wird die embryologische Einheit des
Gewächsreiches und seine Verwandtschaft mit dem Thier-
reiche in einer Reihe durchgreifender Eigenthümlichkeiten
mit überraschender Schärfe sichtbar. —
Als Geschenke wurden mit Dank empfangen:
Abhandl. d. Akad. d. Wissenscli. z. Berlin. 1868.
Monatsberichte derselben. April bis Juni 1869.
Florae Columbiae, Specimina selecta ed. Karsten. Tom II.
Fase. 4. 5. Geschenk des geistl. Ministeriums.
Memoires de VAkad. Imp, de St. Petersbourg. Tom. XII.
4. 5. T. XIII. 1—7.
Bulletm de VAkad, Imp. de St. Petersbourg. T. XIII. 4 — 5.
Berichte über europäische Gradmessung. 1868.
Proceedings of the Zoolog, Soc. London 1867. Parti — 3.
1868. Part. 1—3.
V. d. Decken' $ Eeisen in Ost- Afrika von Kersten. B. 3.
Abth. 1.
Schmarda, Kultur des Meeres in Frankreich. Wien 1869.
Gore. On hijdroßiioric Acid.
Smithsonian miscell. Collect. P. 1. Washington 1869.
Smithsonian Report. 1867.
The American Naturaliste Peabodij Acad. Sc. Salem. Vol.
H. 1—12.
Memoirs of the Peab. Acad. Vol. 1. Nr. 1.
Proceed. of the Essex Institute. Vol. V. 7. 8. Salem.
Eeport of the Comissioner of Agriculture. 1867. Washington.
Monthly Eeport of the Departement of Agriculture. 1868.
Occasional Papers of the Boston Soc. Nat. Ilist. Nr. 1.
Boston 1869.
Memoirs of the Boston Soc. A^at, Hist. Vol. 1. Part IV.
Proceed. of the Boston Soc, Nat. Hist. Vol. XII.
Letter of the Presideiü and Vice-President of the National
Acad. of Sc. Washington 1867, 1868.
Annual Eeport of the Trustees of Museum of Comp. Zool. 1868.
Contribuiions to the Fauna of the Gulf Stream at great depths.
Pourtales.
Ehrenberg, Über mächt. Gebirgsschichten unier und bei
Mexico. 1869.
Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt).
Berlin, Unirersitätsstr. 8.
Sitzuugs-Bericht
der
Gesellschaft natiu'forschender Freunde
zu Berlin
am IG. November 1SG9.
Direktor: Herr Geh. Res!;ieniii2;srath Macfnu^!.
Hr. Ehrenberg gab die in der vorigen Sitzung an-
gezeigten Anschauungen der aus Mexiko vom Professor
der Mineralogie Del Castillo erhaltenen Materialien von
den tufi'artigen Bacillarien-Bänkcn unter der Stadt Mexiko
und den dortigen Hochlanden. Es wurden drei der Haupt-
verhältnisse unter dem Mikroskop zur Ansicht gestellt:
1) Die weifse Bacillarien-Bank Nr. 4 von Istlahuaca mit
wohlerhaltenen Charakterformen der AmpMcampa Lermana,
n. sp. 2) Die grau und weifs gemischte Probe Nr. .3 von
der Bacillarien-Bank des artesischen Brunnens in der
Stadt Mexiko aus 84 varas = 210 Fufs Tiefe, bestehend
aus sehr wohl erhaltenen Formen mit Einschlufs von Coc-
conema mexicanum. 3) Ansicht der Probe Nr. 7 aus dem
artesischen Brunnen der Hacienda Escalera bei Mexiko in
16 varas ^= 40 Fufs Tiefe mit Campylodiscus Humboldtii,
n. sp.
Die sämmtlichen Anschauungen waren 300 Mal im
Durchmesser vergröfsert, entsprechend den im akademischen
Vortrage gegebenen Abbildungen.
Hr. Baumeister Holmgren legte als Gast Proben
mehr als einen Zoll starker Exemplare von langen Osteo-
coUen vor, welche sich in der Nähe von Berlin in den
sogenannten Spiefsbergen bei Moabit beim Bau der Lehrter
Eisenbahn in grofser Anzahl gefunden haben und erläuterte
dieses Vorkommen, was von verschiedenen Mitgliedern
dankbar anerkannt und mit früheren ähnlichen, aber nicht
so umfangreichen Vorkommnissen besonders in den Reh-
bergen verglichen wurde, wo ebenfalls überall wie dort
Pflanzenwurzeln in der Mitte der Osteocollen verliefen.
Hr. Rohrbach sprach über die Blüthen-Entwickelung
von Typha. Die gestreckte, sich oben zum Blüthenstand
umwandelnde Axe entwickelt, bevor irgend eine Spur einer
Blüthen-Anlage sichtbar ist, sämmtliche die Inflorescenzen
später unterbrechende Blätter. Etwa im- Mai erfolgt die
Anlage der Blüthen, und zwar innerhalb der beiden In-
[1869.]
florescenzen in entgegengesetzter Richtung : die männlichen
Blüthen entstehen nämlich an der Axe in akropetaler
Folge, die weiblichen dagegen in basipetaler. Die erste
Anlage geschieht in auf einander folgenden Ringzonen
gleichzeitig im ganzen Umkreis der Axe; männliche
und weibliche Blüthen -Anlagen sind bis zu dem Moment
etwa, wo ihre Höhe dem Durchmesser gleichkommt, nicht
verschieden. Die weiblichen Anlagen werden entweder zu
Einzelblüthen oder zu Blüthenzweigen : beide stehen völlig
regellos durcheinander. Die zu Zweigen werdenden ent-
wickeln erst in akropetaler Folge zweizeilig gestellte Seiten-
höcker, die dann selbst denselben Entwickelungsgang wie
die Einzelblüthen verfolgen. Dieselben bilden zuerst an
ihrer Basis eine unbestimmte Anzahl Haare : die Stellver-
treter des Perigon's; gleichzeitig erhebt sich auf dem
Scheitel ein Ringwall, dessen ursprünglich nach oben ge-
richtete Oeffnung in Folge des auf der einen Seite stark
überwiegenden Wachsthuras endlich vortical zu liegen
kommt und durch Schliefsung der Ränder im untern Theil
die Fruchtknotenhöhle und den Griffel von der Narbe
trennt. Bei denjenigen Blüthen, welche ein durch ein
Haargebilde ersetztes Tragblatt haben — wie bei T. an-
gusti/olia — entsteht dies sehr früh und eilt in der
Entwickelung der Blütbe selbst voraus.
In der männlichen Abtheilung des Blfithenstandes bil-
den sich frühzeitig direct aus der Hauptaxe ebenfalls Haare,
die ihrer Stellung nach jedoch als Perigon gedeutet wer-
den müssen. Die ursprüngliche Anlage selbst wächst ent-
weder direct zur Anthere aus oder sie theilt sich — analog
dem Vorgang bei Biciyius — in zwei, drei oder mehr
Zweige, deren jeder zur Anthere wird. Hiernach besteht
die männliche Blüthe von Typha nicht aus einer Anzahl
verwachsener Staubgefäfse, sondern aus einem, in Bezug
auf die relative Blüthenaxe terminalen, einfachen oder
verzweigten Staubgefäfs. Wirklich verzweigte Staub-
10
o(!
vom IC. November 1869.
bh'ittcr sind unter Jen Monocotyledonen seitlier nicht be-
kannt.
Sodann wurde eine Deutung des eigenthümlichen
151üthenstandes der Gattung versucht.
Hr. Koch legte einige Feigenzweige mit überein-
anderstehenden sogenannten Doppel-Scheinfrüchten vor und
sprach sich anschliefsend an einen früiieren Vortrag über
dergleichen Vorkommnisse bei unächten und ächten unteren
Fruchtknoten darüber aus. Interessant sei, dafs die zweite
obere Frucht nicht, wie bei dem Rosenkönig oder der
doppelten oder mehrfachen Birn, aus der Basis der Fruclit-
knotenhöhle sich erliebt, sondern dem oberen Rande der
unteren Frucht aufsitzt, so dafs nur eine Höhlung für
l)eide Scheinfrüchte vorhanden ist. Die Blüthen an der
inneren Wand linden sich gleichmäfsig an beiden Schein-
früchten.
Ferner berichtete derselbe über seine Versuche, die
Pfropfung der Kartoifelknollen betreffend, weder er noch
Herr Inspector Bouclie hätten Resultate erhalten. Das,
was er darüber sclion frülier ausgesprochen, hätte sich
jetzt bestätigt. Von einer Kreuzung durch Pfropfen könne
demnach weder hier noch bei anderen angeführten Fällen
die Rede sein. Das Beispiel, was Herr Dr. Pfister in
Bonn bei einem Vortrage aufführt, wonach rothe und
weifse Rosen imd selbst auch Exemplare, wo das Moos
an der Blüthe fehlt, an einer und derselben Pflanze vor-
kommen, pafst nicht, da man es hier mit einer Form,
nicht einmal mit einer Abart, am allerwenigsten mit einer
Art zu thun hat. Dergleichen Rückschläge kommen bei
Rosen sehr häufig vor, auch bei den Moosrosen. Man
kultivirte früher sogar eine Rose (York- und Lancaster-
Rose), wo regelmäfsig rothe und weifse Rosen vorkommen
oder die Blume halb roth, halb weifs ist. Solche in der
F'arbe verschiedene Blumen an einer und derselben Pflanze
kommen am häufigsten bei Azaleen und Kamellien vor.
Hr. Asclierson legte das von Dr. F. v. Müller
im St. Vincent- Golf Südaustraliens gefundene, von dem-
selben in den Fragm. Phjtogr. Austral. IV p. 113 als
Ampliibolis zosteri/olia beschriebene Fruchtexemplar einer
Meerphanerogame vor, welches ihm derselbe kürzlich zur
Ansicht zu übersenden die Güte hatte. Dasselbe ergab
sich als mit dem der Gesellschaft in der Februar -Sitzung
1867 vorgelegten Fruchtexemplare der Posidonia australis
Hook. fil. identisch. Die weibliche Blütlie und Frucht der
Atiipliibolis (welchv, nunmehr, da die von Gaudschaud
beschriebene und abgebildete männliche Blüthe keine Ver-
anlassung bietet, die betreffende Art von Cymodocea zu
trennen, bis auf Weiteres wieder als Cymodocea antarctica
(Labille) Endl. zu bezeichnen ist), sind mithin noch
aufzufinden.
Hr. Braun legte eine von Ilrn. Kunstgärtner J unger
in Breslau eingesandte Sammlung getrockneter Keimpflänz-
chen vor, durch welche in instructiver Weise verschiedene
Abweichungen in der Zahl und Anordnung der Cotyle-
donen dicotyler Gewächse erläutert werden. Darunter
befinden sich Pflänzchen mit drei Cotyledonen von Solanum
nigrum (bei einer anderen Art derselben Gattung schon
von DeCandolle beobachtet), Phlox Drummondü und Pld.
acuminata Pursh (in mehrfachen Exemplaren, theils mit
nachfolgender Stellung der Laubblätter in drcizähligen
Quirlen, theils mit nachfolgenden zweizähligen Quirlen.)
Primula praenitens, Pr. officinalis (mehrfach), Vaccinium
Vitis Idaea (ebenso), Sambncus nigra (ebenso), Mijosoti.'i
silvatica, Lamium purpureum und amplexicaule (beide mit
nachfolgenden drcizähligen Quirlen), Campanula rapun-
culoides, C. Medium (häufig), LoheJia Erinus (häufig),
CalUstephus chinensis (mehrfach), Iberis umbellata (nielir-
mals und stets mit einem nachfolgenden drcizähligen Quirl,
welchem dann spiralige Anordnung der Blätter folgt),
Reseda Luteola var. virescens, Chelidonium majus (mehrfach),
Linum vsitatissimum, Oxalis stricia, Tilia parri/oUa (mehr-
facli), Ranunculus repens, Delphinium Ajacis, Poli/gonum
dumeiorum, Chenopodium liybridum, Clienopodium album
(mehrfach mit nachfolgendem, meist nicht genau geschlos-
senem dreigliederigem Quirl), Dianthus CaryopJn/Ilus, Stel-
laria media (mehrfach mit nachfolgenden dreigliederigen
Quirlen entweder bis zur Gipfelblüthe oder vor derselben
zur Zweizahl zurückkehrend; an einem Exemplar mit
vierblättrigen Quirlen läfst sich die Zahl der Cotyledonen
nicht mehr erkennen), Anethum graveolens , Petroselinum
sativum, Daucus Carola (die beiden letzteren mehrfach),
Robinia Pseudacacia (ebenso) , Trifolium repens. Bei Lo-
belia Erinus findet sich die Bemerkung, dafs die aus zwei
Samenkapseln einer Pflanze mit drei Cotyledonen entnom-
menen Samen ungefähr ebensoviele Pflänzchen mit drei
als mit zwei Cotyledonen geliefert haben. Nicht selten
sind von drei Cotyledonen zwei unter sich verwachsen,
bald nur ganz am Grunde, bald bis zur Hälfte und weiter,
was durch Exemplare von Phlox acuminata, Primula
chinensis, Verbena teucriifolia, CalUstephus chinensis, Pul-
monaria officinalis, Polygonum dumeiorum, Chenopodium
album, Petroselinum sativum, Daucus Carola belegt wird;
auch wenn nur zwei Cotyledonen vorhanden sind, kommt
eine abnorme einseitige Verwachsung derselben vor, so
nach den vorgelegten Exemplaren bei Cirsium canum und
acaule (häufig), Senecio vulgaris (öfters). Besonders merk-
würdig ist eine Reihenfolge von jungen Pflänzchen von
Solanum nigrum, deren zwei Cotyledonen nicht auf gleicher
Höhe stehen, sondern bis auf eine Linie Entfernung aus-
einandergerückt erscheinen, welcher Fall auch durch ein
vom 16. November 1869.
37
Exeiiiplai- einer Gossi/pium- Art vertreten ist. Von Del-
2)hinium Ajacis wurde eine grofse Reihe von Pifänzehen
vorgelegt, welche den Übergang von ungetheilten Cotyle-
donen zu zwei- und dreilappigen nachweisen, die letzteren
ähnlich wie die von LejMium saiivum gestaltet. Ein vor-
gelegtes noch nicht halbwüchsiges Exemplar von Daucus
Carola mit zwei Blattrosetten und zwei VVurzelspitzen,
während der obere Theil der beiden "Wurzeln in eine ge-
meinsame Masse verwachsen ist, welches Exemplar beim
Keimen vier Cotyledonen gezeigt liatte, wird als „ZMilling"
bczt'iclHii'f und zwar mit Recht, denn es ist unzweifel-
haft das Resultat zweier in demselben Samen gebildeter
Keimlinge.
Als Geschenke wurden mit Dank empfangen:
Monatsberichte d. Bert. Äkad. d. Wissensc/i. vom Juli und
August 1869.
Proceedings of t/ie Zooloij. Soc. of London. 1869. Part 1.
Dell 'Acido paratartarico anidro di A.Scacclil. Napoli 1869.
Sulla e/ßcacia dello Soluzione dei Tartratl di A. Scacctii.
Napoli 1866.
Delle Comhinazioni della Litina con l'acidu nolforicn di A.
Scacclii. Napoli 1868.
Buihdruckerei der Köiiigl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt).
Berlin, Universitätsstr. 8.
Sitzungs-Bericht
der
Gesellschaft natiu'forschender Freunde
zu Berlin
am 21. December 18G9.
Direktor: Herr Geh. Regierungsrath Magnus.
In Abwesenheit des Direktors eröffnete die Sitzung
Hr. Gustav Rose.
Hr. Ascherson legte ein in Süd- und Südost-Europa
verbreitetes, auch noch innerhalb der Grenzen Deutsch-
Österreichs in Südtirol und Nieder -Österreich beobach-
tetes Gras, Diplacline serotina (L.) Lk. vor, an ■welchem
der jetzige Custos am Ungarischen-National-Museura, der
um die Flora Ungarns und Siebenbürgens hochverdiente
V. V. Janka, seitliche, stets in den Blattscheiden verbor-
gen bleibende Blüthenstände entdeckt hat, ein Verhalten,
in welchem dies Gras unter den einheimischen Arten nur
mit Oryza clandesiina (Web.) A. Br. (Leersia oryzoides
Sw.) übereinstimmt. Diese eingeschlossenen Blüthenstände
Stellen im Gegensatz zu der endständigen Rispe, deren
Ahrchen mehrblüthig sind, ziemlich lockere, aus einblü-
thigen Ährchen bestehende Ähren dar. Die die Blüthen-
theile einhüllenden Hochblätter sind an den verborgenen
Blüthenständen etwas gröfser, als an den endständigen,
ebenso die Frucht; aufserdem unterscheidet sich das
Blüthendeckblatt (palea inferior) der beiderlei Blüthen-
stände etwas in der Form, indem es bei den einge-
schlossenen allmählich zugespitzt ist, während bei den
endständigen die gestutzte Spitze sich plötzlich in eine
Stachelspitze zusammenzieht.
Derselbe theilte ferner aus den kürzlich eingegangenen
Briefen des abwesenden Mitgliedes Dr. G. Schweinfurth
an Prof. A. Braun, d. d. grofse Seriba Gattas am Diur-
Flusse (7° N. Br.), welche das erfreulichste Wohlsein
des Reisenden melden und von dessen rastloser Thäthig-
keit und reicher Ausbeute Nachricht geben, einen die
Vegetationsverhältnisse des erforschten Gebietes zwischen
den Flüssen Diur und Tondj betreffenden Abschnitt mit.
Ungeachtet der einförmigen Terrainbildung fand sich dort
eine aufserordentlich mannichfaltige Vegetation , so dafs
der Reisende von Ende März bis Ende August, also
[1869.]
nicht einmal in der günstigsten Jahreszeit, schon über
600 Pflanzen- Arten gesammelt hatte. Der Vegetations-
charakter zeigte grofse Übereinstimmung mit westafrika-
nischen Florengebieten, bis auf die geringe Anzahl von
Farrn. Die Grenze des festen Gesteins (rothen Thon-
eisensteins), welche sich zugleich durch eine allmählich
ansteigende Terrainstufe markirt, bezeichnet einen schroffen
Wechsel im Vegetationscharakter wie er kaum beim Über-
schreiten der europäischen Alpenkette greller hervortritt;
für den Thoneisenstein ist besonders der Butterbaum (Bu-
tyrospermum Parkii Kotschy) charakteristisch.
Der als Gast anwesende Dr. W. Pfeffer aus
Cassel machte folgende Mittheilung: Die Angaben von
Duchartre, Wigand, Payer und Gramer über Bildung
von CoroUe und Androeceum der Primulaceen enthalten
so auffallende Widersprüclie, dafs die Sache einer neuen
Untersuchung werth schien; es wurde bei dieser besonders
auch auf die Zelltheilungen, welche der Hervorwölbung der
Blüthentheile vorausgehen, Rücksicht genommen. Mit den
Kelchzipfeln alternirend erheben sich fünf halbkugelige
Höcker, welch in dem nächsten Stadium ihrer Entwicklung
bis auf den Kelch herab von derselben Wachsthumsrichtung
beherrscht werden, wie dieses nicht nur aus der Gestalt
der Höcker folgt, sondern auch aus der strahligen Grup-
pirung der Zellen und der Stellung neu auftretender Thei-
lungswände, welche fast alle senkrecht gegen die Wachs-
thumsrichtung orientirt sind. Wenn die Höcker bereits
ansehnliche Grofse erreicht haben, beginnt auf deren Aus-
senseite, in unmittelbar unter der Epidermis gelegenen
Zellen, eine allseitige Theilung in Zellen, welche um ein
schmales Gewebestück von dem Kelche erfernt und ober-
halb dessen Insertion liegen. Auf dem Längsschnitt sind
es meist zwei Zellen, welche diese unregelmäfsige Thei-
lung trifft, die gleichzeitig zu einem entsprechenden, mit
der Insertion des Kelches' parallelen Gewebestreifen längs
11
40
•21. Decemhcr IHGU.
der ganzen Aufsencontour des Höckers stattfindet. Unter
JJethiMligung der zunächst angrenzenden Zellen des Hücker-
gewebes erhebt sich gleich darauf nach Aufsen hin ein
tangential gestreckter "Wulst, der sich weiterhin zum Blu-
menblatt ausbildet, während der bei Weiten gröfsre Theil
des Höckers mit Beibehaltung des primären Vegetations-
punktes weiter wächst und endlich zum Staubgei'äfse wird.
Es ist diese Entwicklung der Blumenblätter ganz die
eines Blattstrahles; wenn man jedoch die Hypericineen in
Betracht zieht, bei welchen wohl zweifellos ein gleicher
Entwicklungsmodus waltet (wenigstens den pentastamina-
len), so würde man die Petala als Analoga der Stipular-
bildungen auffassen müssen. Sieht man von Zahl und
Stellung ab, so ginge die Bildung von Corolle und Androe-
ceum bei den Primulaceen wie die eines ungetheilten Blattes
mit sogenannten y^stipuUs adnatin'^, bei den Hypericineen wie
die eines getheilten Blattes mit freien Nebenblättern vor sich.
Bei der blumenblattlosen Glaiuv findet eine Anlage
der Corolle in keiner Weise statt; die Staminodien ein-
zelner Primulaceen sind als ein mit dem Androeceum alter-
nirender Blattwirtel aufzufassen.
Genauest wurden noch die Ampelideen untersucht;
hier entstehen Blumenblätter und Staubgefäfse in acrope-
taler Folge und als zwei selbstständige Blattwirtel, nie
aber ist von einem mit diesen alternirenden Blattcyclus
etwas zu finden.
Hr. Kuhn bepsrach die von Hrn. Dr. Schwein-
furth seinem Briefe beigelegten Farrnproben. Dieselben
ergaben sich als Opliioglossum reticulatum L., eine tropisch-
kosmopolitische Art; Polyboti-7ja acrosiichoüles Mett., bis-
her nur in West- Afrika gefunden, eine, weil steril, nicht
näher zu bestimmende Acrostichaceae, zunächst der Gattung
Emjenolfia verwandt; das tropisch -afrikanisclie und indo-
oceanische, in Amerika saXtane. Adiantum, lunulatum Burm.
und eine neue, dem den Tropen der alten Welt eigen-
Ihümlichen A. caudatum L. nahestehende Adiantum- Art,
A. Schweinfurthii Kuhn, welches sich von A. caudatum
durch völlige Kahlheit und fast kreisrunde Schleier unter-
scheidet.
Hr. Braun theilte einige neuere Beobachtungen über
sogenannte Drehungen von P>aumstämnien, richtiger schie-
fen Verlauf der Holzfaser, mit, anknüpfend an frühere
Mittheilungen in den Monatsberichten der Akademie der
Wissenschaften vom August 1854 und in der Sitzung dir
Gesellschaft vom 18. Juni 18ü7. Pinus montana MiU.
(P. Pumilio Haenke), die Krummholzkiefer oder Legföhre,
in Oberbayern Latsche genannt, zeigt einen ähnlichen
Wechsel der Drehung wie die gemeine Kiefer. Ich konnte
mich davon im vorigen Spätsommer in der Gegend von
Rcichenhall überzeugen, woselbst die Kalkgebirge, beson-
ders in einer Höhe von 4000 — 6000 Fufs, meist mit
Krummholz bedeckt sind. Aeufserlich, d. i. an berindeten
Stämme'n, ist die Drehung nicht bemerkbar, aber in be-
deutenderen Höhen, wie z. B. am Zwiesel, trifft man un-
zählige, längst abgestorbene, entrindete und gebleichte
Stämme, niedergestreckt und selbst herabhängend an den
Bergwänden , welche an den durch Austrocknen entstan-
denen Sprüngen des Holzkörpers die Drehung schon von
Weitem erkennen lassen. Dünne Stämmchen und Zweige
erscheinen schwach rechts gedreht, 5 — 10° von der Senk-
rechten abweichend, selten findet sich die Rechtsdrehimg
auch noch bei stärkeren, ^ bis \ Fufs dicken Stämmen.
Die meisten dickeren Stämme erscheinen links gedreht
und zwar in den verschiedensten Graden, manche sehr
stark, 25 — 30° von der Senkrechten abweichend. Schabt
man an jungen Trieben die äufsere Rinde ab, so zeigt
sich sowohl Bast als Holz deutlich rechtswendig schief
gestellt und dasselbe Resultat liefert die Längsspaltung.
Zerlegt man ältere Stämme, so kann man das allniählige
Eintreten der Linksdrehung in der Aufeinanderfolge der
Jahresringe verfolgen. Bemerkenswerth für diese Art,
zumal im Vergleich mit der gemeinen Kiefer, ist noch die
Langsamkeit des Dickenwachsthums. Es wurde ein ent-
rindetes Stammstück von im Querschnitt ovaler Form vor-
gelegt, dessen gröfserer Durchmesser 53^, der kleinere
43| Millim. beträgt. Dieses Stück läfst 150— IGO Jahres-
ringe unterscheiden, von denen die äufsersten kaum zähl-
bar sind. Die Dicke eines Jahresrings beträgt somit durch-
schnittlich ungefähr f Mm., oder, wenn man die innersten
22, welche kräftiger sind und zusammen einen Raum von
10 Mm. einnehmen, abrechnet, kommt auf die übrigen durch-
schnittlich kaum if Mm. Die Drehung an der Oberfläche
dieses Stücks ist sehr bedeutend, indem die Holzfaser um 30*
von der Senkrechten abweicht; in der Dicke von 100 Jahres-
ringen beträgt sie in derselben Richtung kaum über 5°;
in der Dicke von 10 Jahresringen zeigt sich umgekehrt
eine unmerkliche Rechtsdrehung.
Picea exceha. Die Geländer zur Einzäunung der Wie-
sen und Scheidung der Waidegebiete sind in der Gegend
von Reichenhall meist aus dünnen Fichtenstangen gefer-
tigt, so dafs man Gelegenheit hat, die Rechtsdrehung des
Holzes hundertfältig zu sehen. Geschälte alle Stämme
sah ich meist links gedreht. Cryptomeria japonica. Ein
älterer Stamm in der Gegend von Neuenburg in der Schweiz
links, wie Taxodium distichum. Ebenso mehrere alte Stämme
von Sequoia gigantea nach in ihrem Vaterlande aufgenom-
menen Photographien. Fitzroya patagonica. Friedrich
Philip pi spricht in einem Reiseberichte nach der Cor-
dillera pelada in der Provinz Valdiviu (Peterm. geogr.
Mitth. löGG, Heft 5) von einem korkzieherartig gedrehten
vom 21. December ISGO.
41
Stamino Jieser Art, welcher defslialb „palo del husillo"
genannt werde. Die Richtung der Drehung ist nicht be-
merkt. Betula dacurica. Ein iui Göttinger bot. Garten
befindlicher Stamm deutlich links. Corylus Avellana. Ur-
alte, theihveise abgestorbene und entrindete, bis 1' dicke
Stämme am Obersee bei Berchtesgaden zeigten (und zwar
an 10 Exemplaren gleichmäfsig) ziemlich starke Rechts-
drehung. Da die jungen Schofse beim Spalten meist eine
scinvaclie Linksdrehung verrathen, so findet also hier eine
Umsetzung der Richtung Statt, aber in einer der Umsetzung
bei den Kiefern entgegengesetzten "Weise. Fopulus nigra.
Unter zahlreichen alten und dicken Stämmen bei Salzburg
und Reichenhall zeigten mehrere schon an der Borke
erkennbar deutliche Linksdrehungen (also wie bei P. Cana-
densis und das Gegentheil von P. pi/ramidalis). Salix gran-
difolia und riparia. Einige alte Stämme in der Ramsau
bei Berchtesgaden links. Elaeagnus angustifolia. Ein älterer
Baum bei Magdeburg rechts. Nijssa aquatica. Nach Mit-
iheilung von Prof. Demcker in Cincinnati meist sehr
stark links gedreht, dabei buckelig und schwielig, wie der
Granatbaum, daher das Holz nicht zu verarbeiten. Mit
dem Alter nimmt die Drehung zu. Ligustrum japonicum.
Ein 4" dicker Stamm im Berl. bot. Garten stark links.
Syringa vulgaris. Namentlich die dicht und dunkel blühende
Abart (var. Marijana) zeigt starke Linksdrehung bis 30°
und mehr. Im Schwetzinger Schlofsgarten befinden sich
gegen 100 ältere, auf gewöhnliche Syr. vulgaris gepfropfte
Stämme dieser Abart; der dünnere Wildstamm ist durch-
gehends fast ungedreht, der dickere aufgesetzte Stamm
allenthalben sehr stark gedreht. Sambucus nigra. Mehrere
alte Stämme bei Heringsdorf (1868) und bei Salzburg (1869)
zeigten Linksdrehung, ein Stamm bei Reichenhall Rechts-
drehung. Liriodendron tulipiferum. Ein absterbender, theil-
weise entrindeter Stamm im Dresdener bot. Garten links.
Hibiscus Sijriacus. An mehreren alten unförmigen Bäum-
chen des Schwetzinger Schlofsgartens zeigte der stellen-
weise von Rinde entblöfste Holzkörper Linksdrehung. Acer
platanoides und Pseudoplatanus. Die herrlichen alten Bäume
beider, besonders der letzteren Art, welche eine Zierde
der Gegend von Berchtesgaden bilden, bestätigten der
Mehrzahl nach die schon früher beobachtete Linksdrehung
der Abornbäume; doch sah ich auch einige ausnahmsweise
rechts gedrehte und viele andere ohne bemerkbare Drehung.
Melaleuca thymifolia und alba. Ältere Bäumchen im Berl.
bot. Garten links. Sorbus Aucuparia. Viele ältere Stämme
bei Reichenhall links, übereinstimmend mit den früheren
Beobachtungen, wogegen einige Bäume von S. Aria und
lati/olia im Göttinger bot. Garten Rechtsdrehung zeigten.
Crataegus tanacetifolia ebendaselbst gleichfalls rechts, wie
es auch Cohn für Cr. Oxyacantha angiebt, übereinstim-
mend mit eigenen früheren Beobachtungen. Mespilus ger-
manica. Ein älteres Exemplar im Berl. Univ. -Garten links.
Cydonia vulgaris zu Schwetzingen schwach rechts. Acacia
meUifera Benth. aus Nubien nach von Dr. Schwein-
furth gesammelten Stammstücken links.
Hr. Dönitz zeigte einen Schakalschädel mit einem
überzähligen Lückenzahn vor. Das Präparat stammt von
einem in Abyssinien geschossenen Canis mesomelas. In
der linken Hälfte des Unterkiefers ist die Lücke zwischen
den beiden ersten falschen Backenzähnen durch einen Zahn
ausgefüllt, welcher in allen Stücken eine Wiederholung
des ersten Lückenzahnes darstellt, nur dafs er um ein
Unbedeutendes kleiner ist als dieser. Dieser Befund be-
weist, dafs die von Owen aufgestellte Regel, nach welcher
die dem Zahnwechsel unterworfenen placentalen Säugethiere
nie mehr als vier Lückenzähne besitzen sollen, nicht für
alle Fälle zutreffend ist, denn hier finden sich deren fünf.
Es läfst sich ferner daraus entnehmen, dafs die Vermehrung
oder Verminderung der Anzahl der Zähne nicht nothwen-
digerweise am Anfang oder Ende einer Zahnreihe statt-
finden mufs, wie man lange Zeit angenommen hat.
Als Geschenke wurden mit Dank entgegengenommen:
Abhandl. der Scliles. Gesellsch. f. Vaterland. Kult. Ahth.
f. Naturw. 1868 — 1869. Philos.-hist. Ahth. 1868. IL II.
1869 u. Jaliresber. 1868. Breslau.
Walpers Annales botanices Systematicae. T. VII. Fase. IV.
Carolo Müller. Lipsiae. 1869.
Monatsber. d. Berl. Akad. der Wissensch. September vnd
October. 1869.
Vargasia Boletin y. l. Soc. d. ciencias fis. y nat. d. Ca-
racas 1869. (A la Memoria de Alejandro de Humboldt.)
Filiees Novarum Ilehridarum elab. Kuhn (Aus den Verh.
d. k. k. zool. bot. Gesellseh. Wien. Jahrgang. 1869.)
Buflidruckerei der Künigl. Akademie der Wissenschaften (6. Vogt).
Berlin, Universitätsstr. 8.
Harvard MCZ Library
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