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Full text of "Sitzungsberichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin"

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^tlrrarD  of  lljc  P^uscum 


OF 


COMPARATIVE    ZOÖLOGY, 

AT  nARVARD  COllEfiE,  CAMBRIDGE,  MASS. 
jFounHetj  Ijn  pifbatc  SttöscttpHon,  fit  X861. 


The  gift  of  cAc  \liMlhjcJk^o^-t: 

No.  6j6Jb 


Sitzuiigs  -  Berichte 


der 


Gesellschaft  naturforsclieiider  Freunde 


zu  Berlin 


im  Jalire  1869. 


'"Berüu,  1870. 

Nicolai'sche  Verlags  -Buchhandlung. 
(A.  Effert  &  L.  Lindtner.) 

Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt), 
Universitäts  -  Strasse  8. 


Inhalts  -Terzeicliniss 

a  n  s    d  e  m    Jahre    186  9. 


Ascherson.  Über  Myriophyllum  altentißorum  aus  der  Provinz 
Brandenburg  und  über  Dr.  Seh weinfurth  ans  Chartum.  Jan. — 
Über  das  Einbohren  der  Saamen  von  Stipa-  und  Aristida-Axteu 
in  die  Erde;  —  über  die  Identität  der  Zostera  nodosa  mit  Ci/- 
modocea  aequorea  und  den  richtigeren  Namen   Ci/modocea  nodosa; 

—  über  Halophila  und  Diplanthera  Du  Petit  Thouars  des  Pariser 
Museums.  Febr.  —  Über  die  Schätze  der  Dr.  Schimper'schen 
Schenkung  an  abyssinischen  Pflanzen,  Holzarten   und  Sämereien; 

—  über  Dr.  Schweinfurth's  Naturalien-Sendung  seiner  Reise 
von  Alexandrien  bis  Chartum  und  deren  vielseitig  reiche  For- 
men. April.  —  LPgt  Ampläholis  zosteri/oUa  aus  Neu  -  Holland 
vor  und  erläutert  dieselbe  als  Posidonia  australis.  Nov.  —  Über 
Dimorphie  der  Diplackne  serotina  und  über  Dr.  Seh  weinfurth's 
neueste  Sendungen   aus  dem   oberen  Sudan.    Dec. 

August.     Über  das  Einbohren  der  Saamen  von  Erudima  ciconium 

in  die  Erde.     Febr. 
Bastian.     Über  einen  aztekenartigen  Microcephalcn-Kopf  aus  der 

ethnologischen  Sammlung  des  Museums.     Oct. 
Braun.     Über  Neubildung  von  Knollen  im  Innern  von  Kartoffeln; 

—  über  Polyembryonie  bei  Coffea  arahica;  —  über  eine  Keim- 
pflanze von  Ailanthus  glandulosa  als  merkwürdiges  Beispiel  eines 
den  ersten  Jahrestrieb  mit  einer  Gipfelblüthe  abschliefsenden 
Baumes;  —  über  Blatherwachsungcn  bei  Taxus  tardira:  —  über 
eigenthümliche  Blattstellungen  bei  Parielaria  officina/is;  —  über 
Juglans  regia  simplicifolia  s.  monophjlla ,  Abart  mit  einfarhen 
Blättern;  —  über  abnorme  BIüthen-Entwickelung  bei  Fi  itil.laria 
imperialis;  —  über  Pelorien  bei  Aconitum;  —  Kelch-Anamorphose 
bei  Mimulus  tuteus  var.  giittatus;  —  Blumenniifsbildung  bei  Knautia 
ari'cnsis;  —  Paeonia  Lowii  Blumenmifsbildung;  —  proliferirende 
Rosen.  Juli.  —  Über  verschiedene  Zahlen  und  Stellungen  in  der 
Cotylen-Bildung,  durch  Kunsfgärtner  Junger' s  Aussaaten  reich- 
haltig ermittelt.  Nov.  —  Über  .schiefen  Verlauf  der  Holzfasern 
in  vielen  verschiedenen  Baumstämmen.     Dec. 

Düuitz.  Erläutert  das  von  Herrn  Gurlt  erwähnte  mifsgestaltete 
Kind  aus  Schliewen.  Febr.  —  Über  die  Morphologie  des  Horn- 
schnabels  der  Vögel.  Mai.  —  Über  den  feineren  Bau  der  Fibril- 
len an  den  Muskelfasern  wirbelloser  Thiere ;  —  über  die  Sektion 
eines  Halichoerus  foetidus,  welcher  an  Eingeweidewürmern  tödt- 
lich  erkrankt  gewesen.    Jiili.  —  Üler  das  Siphonium  von  NitzscL 


an  der  Paukenhöhle  der  Vögel.  Oct.  —  Über  unregelmäfsig 
vermehrte  Zahl  der  Zähne  im  Kiefer  von  Cahis  mesomelas.    Dec. 

Ehreuberg.  Zeigt  und  erläutert  den  seit  1S59  lebenden  Hypoch- 
thon  Laurent  i.  Jan.  —  Über  Rob.  Brown 's,  des  Botanikers, 
AVollaston'sches  Mikroskop;  —  ülier  Sp/iaerel/a  nivalis  auf  rotheui 
Schnee  vom  Kaukasus.  Febr.  —  Briefliche  Mittheilung  des 
Dr.  Hermann  Hagen  über  die  in  Nord -Amerika  vorhandenen 
einheimischen  und  fremden  Mikroskope.  Mai.  —  Übergab  seine 
gedruckten  Mittheilungen  über  Dr.  Jenzsch's  organische  Ein- 
schlüsse im  Quarz  angeblich  des  Melaphyrs  von  Zwickau  und 
über  den  von  Capitän  Koldewey  mitgebrachten  nordischen 
Meeresgrund.  Juni.  —  Über  das  Erdbeben  von  Neu-Seeland  am 
9.  Juni,  siehe  Haast;  —  Übergabe  seines  gedruckten  Vortrags 
über  die  biolithiscben  Gebirgsschichten  unter  der  Stadt  Mexiko. 
Oct.  —  Gab  unter  mehreren  Mikroskopen  Anschauungen  der 
fossilen  mikroskopischen  Hauptformen  als  Gebirgsmassen  unter 
der  Stadt  Mexiko  und  dem  Tezcoco-See.     Nov. 

Erdmann,  O.  Erläuterung  der  unter  dem  Namen  Bumeraug  be- 
kannten AVaiie  rücksiclitlich  ihrer  Bewegungsbahn.     März. 

Fritsch.  Zeigte  Gundlach's  neuestes,  grofses,  ausgezeichnetes 
Mikroskop  und  dessen  besondere  Einrichtungen  vor.  Febr.  — 
Vorlegen  der  von  ihm  gemachten  photographischen  Aufnahmen 
der  Sonne  bei  deren  totaler  Verfinsterung  in  Aden  und  üljcr 
deren  Details.  März.  ■ —  Legt  das  Prachtwerk,  die  Crania  bri- 
tannica,  von  Barnard  Davis  vor  als  vollständige  Ethnographie 
der  britischen  Inseln,  den  Wunsch  zufügend,  dafs  auch  Deutsch- 
land eine  so  wichtige  ethnologische  Übersicht  erhalten  möge. 
April.  —  Über  die  Nützlichkeit  und  Wichtigkeit  photographischer 
Darstellungen  mikroskopischer  Objekte.     Mai. 

Gurlt.  Über  die  Nachricht  des  Dr.  Preufs,  ein  in  Schliewen 
bei  Dirschau  gebornes  mifsgebildetes  Kind  betreffend.     Febr. 

Haast,  J.  Übersendung  seiner  Mittheilungen  über  das  Erdbeben 
in  Christchurcli,  Cautcrbury,  Neu-Seeland  am  9.  Juni;  siehe 
Ebrenberg.     Oct. 

Hagen,  Hei-mann.  Über  nordamerikanische  Mikroskope;  siehe 
Ehrenberg.     Mai. 

Hart  mann.  Über  Tubulär  ta  Dumortieri  van  Bened.  von  Borkuni. 
Jan.  —  Über  die  Genmien-Eutwickelung  der  Tuhularia  Dumortieri 
Vau  Bened.    mit  Abliild.     März.    —    Über   von   ihm   injicirte  Er- 


IV 


Inhallsverzeiclnriss  aus  dem  Jahre  i8G9. 


nähningskanäle  der  Rhizostnmen;  —  über  die  contractile  Sub- 
stanz der  Umbrella  bei  Aeqiuiriden ;  —  ülier  die  muskelähnlichen 
Querstreifiingen  der  SiihumhreUa  der  Jlcdusen;  —  über  die  Vni- 
brellensubstanz  der  Aurelia  aiirila.     Oit. 

Hofmann.  Über  dem  Senf-Ul  verwandte  schwefelhaltige  Öle  aus 
der  Familie  der  Cruciferen.     Jan. 

Ho  Imgren.  Vorlegen  sehr  starker  OsteocoUen  aus  den  Sandhügeln 
bei  Berlin.     Nov. 

Koch.  Über  tief  eingeschnittene,  scliarf  erhaltene  Zeichen  im  In- 
nern von  Baumstämmen ;  —  über  Kreuzung  der  Pflanzenarten 
durch  Pfropfung;  —  das  Pfropfen  von  Kartoffelknollen  sei  kein 
Pfropfen:  —  viele  Hybriden  der  Gärtner  sind  irrige  Auffassun- 
gen. April.  —  Über  Doppel-Selieinfrüchte  bei  Feigen;  —  Ver- 
suche mit  Pfropfung  der  Kartoffelknollen  blieben  ohne  Resultat.  Kov. 

Kuhn.  XjheT  die  Farrnkräuter  der  Schweinfurth'schen  letzten 
Sammlungen.     Dec. 

Kunth.     Über  die  Entwicklung  der  Zoantharia  ruyosa.     März. 

V.  Martens.  Über  die  charakteristische  Bildung  der  Deekel  bei 
den  Schneckengattungen  Neritina,  Aerita  und  Navicella.    Juni. 

Müller,  O.  Über  seine  Bemühungen  zur  genaueren  Messung  der 
Objektive  bei  Mikroskopen.  Febr.  —  Über  einen  von  ihm 
construirten  Kondensor,  welcher  die  irrige  Vorstellung  beseitigt, 
dafs  aberrationsfreie  Strahlen  feinste  Strukturverhältnisse  sichtbar 
machen.     März. 

Nitzsche.  Über  Cordylophora  albicola  aus  dem  Süfswasser  bei 
Blankenese  und  über  getrocknete,  an  Flofsholz  in  der  Spree  an- 
geblich vorgekommene  gleichartige  Xhierstöcke;  —  über  Pedi- 
cellina  echinata  Sars  und  deren  Verwandtschaft  mit  ürnatella 
Leidy  und  Loxosoma  Keferst.  als  einer  neuen,  von  ihm  Endo- 
procta  genannten  Familie;  —  erläutert  die  Zwitterbildung  von 
Buguta  ßabeltata,  B.  plumosa  und  Biceltaria  ciliata  und  deren 
Larven.     März. 

Peters.  Über  Dr.  Schimper's  in  Abyssinien  gemachte  zoolo- 
gische  Sammlungen    und    deren    Schenkung    an    das   zoologische 


Museum.  März.  —  Über  das  eingesandte  schädellose,  defekte 
Fell  eines  anthropomorphen  Affen  aus  der  Sammlung  des  Dr. 
S  eil  wei  nfurth;  —  ülier  die  verschiedene  Schädelhildung  bei 
Hijrax  und  ülier  eine  neue  Art:  Ihjrax  mossamhicus  =  H.  arhoreus 
rar.     Juli. 

Pfeffer.  Über  Bildung  von  Corolle  und  Androeceum  der  Prlnnilaceen. 
Dec. 

P  rings  heim.  Über  die  Zeugungsvorgänge  bei  Pandorina  Morum. 
Oct. 

Reichert.  Über  die  embrvDlogischen  wichtigen  Charaktere  der 
Thier- Arten  mit  Erläuterung  vcm  Embryonen  einer  achtfüfsigen 
Cephalopode.  Mai.  —  I^egt  sieben  Hxemplare  von  Hyalonemen 
vor,  die  Dr.  Reger  aus  Jeddo  mitgebracht,  und  macht  auf  noch 
weiter  nüthige  Forschungen  aufmerksam.     .Juli. 

Rohrbach.     Über  die  Blüthen-Entwickelung  von   Tijpha.     Nov. 

Sadebeck.  Über  Dr.  Schimper's  eingesandte  mineralogische 
Sammlungen  von  Abyssinien  und  deren  wichtige  Übersicht.  Mai. 
—  Über  den  im  Juni  beobachteten  Meteorsteinfall  zwischen 
Lommatzsih  und  Meifsen.     Juni. 

Schimper.  Wichtige  botanische  und  zoologische  Geschenke  aus 
Abyssinien  an  die  Kgl.  Museen,  siehe  Peters  und  Ascherson. 
März  u.  April.  —  Über  seine  mineralogischen  instruktiven  Samm- 
lungen siehe  Sadebeck.     Mai. 

Schneider,  A.  Über  Entwickelung  der  Echinodermen  an  Brachio- 
taria.    Jan. 

Schweinfurth.  Erste  reiche  Sendung  der  Sammlungen  aus  Afrika, 
siehe  Ascherson.     April. 

V.  Strampff.  Zeigt  und  erläutert  Diatomaeeen-Probe-Platten  von 
Möller  in  Wedel  im  Holsteinischen.     Jan. 

Thaer.  Über  die  ersten  Entwickelungen  von  Eehinus  saxatilis. 
Febr. 

Virchow.  Fossile  Knochen  von  Rennthier,  Bär,  Elenthier  und 
Edelhirsch  aus  Mecklenburg  und  Preufsen.     Oct. 


Sitzung  s-B  e  r  i  c  h  t 

der 

Gesellschaft  natm-forschender  Freunde 

zu  Berlin 
um  19.  Januar  18(j9. 

Direktor:   Herr  Geheimer  Medicinal-Rath  Gurlt. 


Hr.  V.  Strampff  zeigte  eine  von  J.  D.  Möller  in 
Wedel  im  Holsteinschen  angefertigte  „Diatomaceen-Probe- 
Platte"  vor,  welche  zwanzig,  zum  Theil  sehr  schwierige, 
Probe -Objekte  enthält  und  sich  durch  Reinheit,  Zweck- 
mäfsigkeit  und  Zierlichkeit  der  Anordnung  empfiehlt.  Auch 
wurde  Möllers  Preis-Verzeichnifs  mikroskopisclier  Prä- 
parate, der  Utensilien  und  Materialien  zur  Verfertigung 
derselben  vorgelegt  und  besprochen. 

Hr.  A.  Schneider  sprach  über  die  Entwicklung 
der  Echinodermen.  An  einer  Brachiolaria  von  Helgoland 
hatte  derselbe  zunächst  die  Entdeckung  von  AI.  Agassiz 
bestätigen  können,  dafs  die  Kappe  über  dem  Magen,  aus 
welcher  das  Perisom  des  künftigen  Seesternes  entsteht, 
von  den  wimpernden  Schläuchen  gebildet  wird.  Dafs  aus 
diesen  Schläuchen  auch  das  Wassergefäfssystem  entsteht, 
hatte  bereits  Job.  Müller  entdeckt,  allein  wie  aus  den- 
selben der  Ringkanal  entsteht,  war  bis  jetzt  nicht  ermittelt. 
Dies  geschieht  dadurch ,  dafs  die  Schläuche ,  nachdem  sie 
sich  vor  dem  Mundende  Y  förmig  verbunden  haben,  noch 
eine  zweite  Anastomose  bilden,  welche  der  Ventralseite  des 
Magens  dicht  aufliegt.  Der  Vortragende  erläuterte  diese 
Bildungsweise  durch  Vorlegung  eines  Modelles. 

Hr.  P.  Ascherson  legte  eine  für  die  Provinz  Bran- 
denburg neu  entdeckte,  bisher  nur  an  deren  Nordgrenze 
beobachtete  Wasserpflanze,  Myriophyllum  alterniflorwn  D. 
C.  vor.  Dieselbe  wurde  von  Cand.  med.  H.  Winter, 
welcher  die  Flora  der  Provinz  schon  durch  die  Auffindung 
von  Eriophorum  alpinum  L  und  Aldrovandia  vesiculosa  Li 
um  zwei  interessante  Arten  bereichert  und  das  für  dieselbe 
damals  noch  nicht  sichergestellte  Laubmoos  Orthotrichum 
(jymnostomum  Bruch  aufgefunden  hat,  wie  die  genannten 
Pflanzen  in  der  Nähe  seines  Heimathsortes  Menz  bei 
Rheinsberg,  und  zwar  in  einen  kleinen  See,  nördlich  vom 

[1869.] 


grofsen  Stechlin-See  im  Herbst  1868  gesammelt  und  er- 
kannt. Später  erhielt  Vortragender  dieselbe  Art  von  einem 
einige  Meilen  weiter  östlich  gelegenen  Standorte,  aus  dem 
Küstriner  Bache  bei  Lychen,  wo  sie  der  Lehrer  Heiland 
daselbst  sammelte.  Derselbe  fleifsige  Beobachter  sammelte 
auch  1868  eine  bisher  in  der  Provinz  noch  nicht  beobachtete, 
verschleppte  Pflanze,  S'dene  dichotoma  Ehrh.,  zunächst  in 
Ungarn  und  Nieder-Österreich  einheimisch,  auf  einem  Klee- 
acker bei  der  Kolbatzer  Mühle. 

Ferner  theilte  derselbe  mit,  dafs  Dr.  Seh weinfurtli, 
nach  einen  an  Prof.  Braun  gerichteten  Brief  desselben  aus 
Chartum  vom  10.  Dec.  v.  J. ,  nunmehr  bereits  auf  seiner 
Reise  zum  Bahr-el-Gasäl  begriffen  sein  werde.  Er  habe 
mit  einem  Koptischen  Grofshändler  Gattas  einen  Vertrag 
abgeschlossen,  in  Folge  dessen  dieser  ihn  nach  seinen  süd- 
lich der  Meschera-cl-Rek  bereits  in  bergiger  Gegend  gelege- 
nen Ansiedlungen  zu  befördern  und  ihm  Unterhalt  und 
Schutz  zu  gewähren  habe. 

Hr.  Hartmann  legte  eine  Zeichnung  der  von  ihm 
auf  Borkum  beobachteten  Tubularia  Dumortieri  van  Bened. 
vor  und  sprach  über  den  Bau  der  contraktilen  Substanz 
dieses  Thieres.  An  den  Tentakeln  unterscheidet  man  deut- 
lich die  mit  vielen  Nesselorganen  versehene  Rindenschicht, 
an  welcher  sich  die  verschiedenartigsten  Contraktionser- 
scheinungen  nach  jeder  nur  denkbaren  Richtung  und  Aus- 
dehnung beobachten  lassen,  sowie  die  aus  dicht  aneinan- 
derstofsenden,  quer  zur  Tentakelaxe  gelagerten  Kammern 
bestehende  Achsenschicht  (Reichert).  Am  Kopfe  und  am 
Anfangsstücke  des  Stengels  des  Thieres  bietet  die  Rinden- 
schicht zahlreiche,  unter  den  Augen  des  Beobachters  er- 
stehende oder  sich  verlierende,  Vorsprünge  dar,  die  einfach 
Contraktionserscheinungen  sind  und  bei  ihrer  öfters  polyij- 
drischen  Begrenzung  an  ein  Plattenepithel  erinnern  können. 

1 


19.  Januar  1869. 


Die  Gröfse  dieser  in  Folge  von  peripherischen  Contniktio- 
nen  der  Rindcnschieht  sich  bildenden  Ausbuchtungen  ist 
sehr  v.ariirend. 

Hr.  Ehrenberg  stellte  den  seit  dem  Monat  September 
1859  in  Berlin  lebend  erhaltenen  Ilypochthon  Laurenti, 
als  noch  in  munterer  Lebendigkeit  fortdauernd,  vor.  Die 
schwarze  Färbung  hatte  noch  weiter  überhand  genommen 
und  die  Kienienathnuing  war  fortdauernd  merklich  gegen 
die  Lungenathniung  zurückgetreten,  aber  doch  nicht  ganz 
erloschen.  In  diesem  Jahre  überschreitet  nun  unzweifelhaft 
dieses  merkwürdige  Tliier  sein  zehntes  Lebensjahr  in  voller 
Lebenskraft,  ohne  je  seine  Haut  abgestreift  zu  haben,  wie 
es  die  Tritonen  thun. 

Hr.  A.  W.  Hofmann  machte  der  Gesellschaft  die 
Mittheihing,  dafs  er  sich  seit  einiger  Zeit  mit  der  künst- 
lichen Darstellung  schwefelhaltiger  Oele  beschäftigt  habe, 
welche  in  ihren  Eigenschaften  und  chemischem  Charakter 
dem  Senfoel  entsprechen.  Nach  seinen  Untersuchungen 
könne  man  von  jedem  Kohlenwasserstoff  ein  solches  Oel 
ableiten  und  es  stehe  somit  die  Ergänzung  einer  endlosen 
Reihe  derartiger  Verbindungen  in  Aussicht.    Einen  dieser 


von  der  Theorie  angezeigten  Körper  habe  er  nun  wirklich 
in  der  Natur  aufgefunden,  es  sei  dies  das  ätherische  Oel 
der  Cochlearia  officinalis,  welches  die  Analyse  als  das 
Senfoel  der  Betylreihe  habe  erkennen  lassen.  Dieses 
Ergebnifs  lasse  es  wünschenswerth  erscheinen,  einige  an- 
dere Cruciferen  in  derselben  Richtung  zn  untersuchen.  Der 
Redner  schlofs  mit  der  Bitte  an  die  anwesenden  Botaniker, 
ihm  diejenigen  Glieder  der  Gruppe  der  Cruciferen  namhaft 
zu  machen,  welche  sich  für  diese  Versuche  am  besten 
eignen  dürften. 

Hr.  Ascherson  verzeichnet  die  folgenden  Species: 
Diplotaxis  tenui/olia,    Lepidiurn  sativum  und  ruderale, 
Barbarea  praecox,  Thlaspi  arvense,  Eruca  sativa,  auch  wurde 
Tropaeolum  majus  empfohlen. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen: 
Abhandlungen  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin. 

Jahrgang  1867. 
Monatsberichte  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin. 

Juli  bis  Oktober  1SG8. 
Verhandlungen  des  botanischen  Vereins  der  Provinz  Bran- 
denburg.    Jahrgang  9.  1867. 


Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt) 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 


Gesellschaft  natm-forschender  Freunde 

zu  Berlin 

am   IG.  Februar  1869. 


Direktor:   Herr  Geheimer  Medicinal-Kath  Gurlt. 


Hr.  Ehrenberg  zeigte  ein  kleines  zierliches  Mikroskop 
mit  einfachen  Linsen  vor,  welches  der  geniale  Botaniker  und 
Reisende  in  Australien  Robert  Brown  testamentarisch 
dem  hochverdienten  Reisenden  in  Brasilien  und  Botaniker 
Phil,  von  Martins  hinterlassen  und  welches  Letzterer 
bei  seinem  Abscheiden  dem  Vortragenden  als  Freundes- 
gabe in  gleicher  Art  überwiesen  hat.  Die  überaus  kleinen 
sehr  starken  4  Objectlinseu  mögen  erkennen  lassen,  wie 
mühsam  Rob.  Brown  seinen  Zielen  erfolgreich  entgegen- 
gegangen ist.  Das  Instrument  ist  nach  Wollastons  An- 
gabe von  Dollond  höchst  sauber  angefertigt. 

Derselbe  legte  hierauf  eine  vom  Mitgliede  d.G.Hr.  W. 
Siemens  ihm  aus  Tiflis  mitgebrachte  Probe  eines  rothen 
Schnee's  vom  Kaukasus  vor,  welchen  Hr.  Baiern  daselbst 
auf  dem  Passe  des  Kreutzberges  in  Osoetin,  oberhalb 
Geedaut  beobachtet  hat.  Die  Prüfung  dieser  Schneefärbung 
stellte  fest,  dafs  sie  aus  fast  reinen  Kügelclien  der  SjjJiae- 
rella  nivalis  gebildet  wird,  welche  in  gleiclier  Weise  von 
den  Crimson  Cliflfs  der  Baffins-Bay  zuerst  beobachtet  wor- 
den ist.  Diese  bei  den  Algen  systematisch  einzureihenden 
Körperchen  beweisen ,  dafs  jener  rothe  Schnee  kein  aus 
der  Atmosphäre  gefallener  Meteorstaub,  sondern  eine  aus 
älteren  Schneelagen  beim  Abschmelzen  hervortretende,  im 
Kaukasus  hiermit  zuerst  beobachtete,  Bildung  ist. 

Hr.  August  theilte  eine  am  Storchschnabelsaamen 
(Erodium  ciconium)  gemachte  Beobachtung  mit.  Die  ge- 
reiften Saamenkörner  schnellen,  durch  die  elastische  Span- 
nung der  gewundenen  Grannen  getrieben,  beim  Ablösen 
von  der  Pflanze  3-4  Fiifs  weit  und  werden  darauf  durch 
die  mit  dem  Feuchtigkeitszustande  abwechselnde  Streckung 
und  Zusamraendrehung  der  sehr  hygroscopischen  Grannen 
in  den  Erdboden  eingebohrt,  wobei  eine  scharfe  Spitze 
unten  am  Saamenkorn  das  Eindringen  erleichert  und  nach 

[ISGÖ.] 


oben  gerichtete  Härchen  an  demselben  das  Zurückschieben 
erschweren.  Wurden  mehrere  reife  Saamen  mit  ihren  i;t'- 
wundenen  Grannen  im  Freien  auf  einen  mit  Erde  gefüll- 
ten Blumentopf  gelegt,  so  waren  nach  Verlauf  zweier  bis 
dreier  Tage    nicht  wenige  ganz  in  die  Erde  eingedrungen. 

Hr.  Ascherson  erinnerte  im  Anschlufs  an  die  vor- 
her gegangene  Mittheilung  an  die  mit  ganz  ähnlichen  Vor- 
richtungen zum  Eindringen  in  den  Boden,  resp.  in  fremde 
Körper,  versehenen  Früchte  der  Grasgattungen  Stiipa  und 
ArisÜda.  Dieselben  sind  von  den  Spelzen  eingeschlossen, 
welche,  wie  die  Fruchtschale  bei  Erodium,  mit  aufwärts 
gerichteten  steifen  Haaren  besetzt  sind.  Am  Grund  geht 
die  ausgebrochene  Aehrchenachse  in  eine  scharfe  Spitze 
aus;  ist  diese  einmal  eingedrungen,  so  bewirken  die 
Haare  wie  Widerhaken  bei  jeder  Bewegung  der  langen 
gewundenen  Granne,  in  welche  die  Deckspelze  ausläuft, 
ein  tieferes  Eindringen;  in  den  Steppen  Südrufslands 
werden  Stupa-Krtvn  (die  sogen.  Thyrse)  der  Schafzucht 
lästig  ja  gefährlich,  da  viele  Schafe  den  zahlreichen  Ver- 
wundungen unterliegen.  Über  ähnliche  Belästigung  durch 
Aristida- Arien  klagt  z.  B.  der  bekannte  in  Abyssinien 
ansässige  Botaniker  S  c  h  i  m  p  e  r. 

Derselbe  legte  einige  ihm  kürzlich  zugegangene 
Beiträge  zur  Geschichte  der  Meeres -Phanerogamen  vor. 
Durch  gütige  Vermittelung  des  Herrn  General-Lieutenant 
V.  Gansauge,  welcher  gegenwärtig  sich  in  Italien  aufhält, 
erhielt  er  von  Prof.  Todaro  in  Palermo  eine  Copie  von 
der  aufserhalb  Siciliens  nicht  vorhandenen  Tafel  191  von 
Cupani's  Pamphyton  siculum.  Die  darauf  dargestellte  Alga 
(jramineo  folio ,  triphylla,  sarrnentis  vitis  ist  unverkennbar 
Cijmodocea  aequorea  Kön.,  für  welche  somit  Znstera  nodosa 
Ucria  (dieser  Schriftsteller  bezieht  sich  ausschliefslich  auf 
die  Cupanische  Tafel)    der    älteste,     nach    dem  Prioritäts- 

•2 


m.  Februar  18G.9. 


gesetz  herzustellende  Name  ist.  In  der  Deutung  der  Zo- 
gtera  nodosa,  welche  nunmehr  Cymodocea  nodosa  (Ucria) 
Aschs.  zu  benennen  ist,  sind  mithin  Steudel  (Nomencl. 
bot.  II.  ed.  II.  I.  4(51  auf  wessen  Autorität?)  und  Parlatore, 
welcher  in  der  Flora  Italiana  III.  059  unverkennbar  die 
echte  Pflanze  beschreibt,  im  Recht  gegen  Gussone,  welcher 
(Florae  siculae  synops.  II,  565)  Z.  nana  Rth.  dafür  be- 
schrieben hat. 

Ferner  legte  derselbe  Proben  der  Typen  von  Jlalo- 
phila  und  Diplanthera  Du  Petit  Thouars,  welche  ihm  Prof. 
II.  Baillon  aus  dem  Pariser  Museum  iibersandt  hatte, 
vor.  Ualophila  Du  Petit  Tliouar.s  stellt,  obwolil  sich  in 
den  Sammlungen  dieses  Forschers  auch  //.  ovalis  (R.  Br.) 
Hook.,  aber  ohne  Bezeichung  vorfand,  die  H.  stipnlacea 
(F.)  Aschs.  dar,  deren  Blüthen  mithin  früher  beobachtet 
wurden  als  die  der  anderen  Art.  In  wieweit  sich  die  Ab- 
weichungen der  Du  Petit  Thouarsschen  Beschreibung  auf 
diese  specitische  Differenz  zurückführen  lassen ,  ist  durch 
Untersuchung  von  (bisher  noch  niclit  zu  Gebote  stehendem) 
Material  an  Blüthen  der  IL  stipnlacea  zu  constatiren;  die 
bedeutendsten  Unterschiede,  wenn  nicht  alle,  werden  wohl 
auf  Irrthümern  in  der  Untersuchung  beruhen.  Ualophila  ma- 
dagascariensis  Steud.  ist  also  Synonym  der  letzteren  Art, 
nicht  der//,  ovalis.  Der  Vergleich  der  männlichen  Blüthe 
von  Diplanthera  Du  Petit  Thouars  (Ilalodule  australis  Miq.) 
mit  der  von  Ilalodule  Wrightii  Aschs.  bestätigt  vollkom- 
men die  Verschiedenheit  beider  Arten.  Die  einzelnen  An- 
theren  der  ersten  Art  sind  0,002  m.  lang  und  der  Höhen- 
unterschied ihrer  Insertion  beträgt  noch  nicht  0,00025  m.; 
die  viel  schlankeren  Antheren  der  Ilalodule  Wrightii  smd 
0,004m.  lang  und  ihr  Höhenunterschied  beträgt  0,001m., 
so  dafs  der  Gattungscharaktcr  bei  der  atlantischen  Art  viel 
deutlicher  ausgesprochen  ist  als  bei  der  indisch-pacifischen. 

Hr.  G.  F ritsch  stellte  ein  grofses  Mikroskop  vor 
von  E.  Gundlach  Berlin  (Verlängerte  Ritterstrasse  26.) 
und  erläuterte  die  originellen,  den  Anforderungen  der  neue- 
ren Zeit  sehr  vollkommen  entsprechenden  Einrichtungen 
desselben,  wovon  manches  auch  eigene  Erfindung  des  ge- 
nannten Optikus  ist.  Hierher  gehört  die  Art  der  feineren 
Einstellung  mittelst  einer  Parallelogrammverschiebung  des 
Tubus,  wodurch  der  todte  Gang  der  Schraube,  sowie  ein 
Rücken  des  Bildes  vollständig  vermieden  wird;  ob  diese 
Einrichtung  sich  auch  durch  Dauerhaftigkeit  auszeichnet 
muas  indessen  die  Zukunft  lehren.  In  Bezug  auf  die 
anderweitige  Ausstattung  ist  noch  erwähnenswerth  der 
schöne,  nach  Hartnack'schem  Muster  construirte,  Polarisa- 
tionsapparat, trefflich  gearbeiteter  Oberhäuserscher  Zeichen- 
apparat, Revolver  zum  schnellen  Wechseln  der  Objective  etc. 


An  den  starken  Objectiven  (nr.  6  trocken  und  7.  8. 
9.  mit  Immersion)  ist  als  Correction,  um  den  Einflufs  des 
Deckgläschens  zu  eliminiren,  die  sehr  zweckmäfsige,  soge- 
nannte innere,  Correction  angebracht,  indem  sich  die 
obere  Linse  des  Objectivsystems  durch  eine  Schraube  ver- 
schieben läfst,  ohne  dafs  die  untere  ihre  Stellung  zum 
Object  ändert. 

Die  Leistungen  der  Sj'Steme  können  sich  getrost  denen 
der  von  Hartnack  gelieferten  an  die  Seite  stellen,  wie 
durch  Zahlen  bewiesen  wurde,  welche  der  Herr  Buch- 
händler Müller  durch  eingehende  Vergleichung  verschie- 
dener Systeme  gewonnen  hatte.  Eine  nr.  8.  (Gundlach) 
wurde  verglichen  mit  nr.  14.  (Hartnack)  und  es  stellten 
sich  sowohl  für  Focalabstand ,  Öffnungswinkel,  Objectiv- 
vergröfserung  und  auflösende  Kraft  günstigere  Zahlen  für 
die  erstere  heraus,  während  der  Preis  sich  verhält  wie 
25  Thlr.  zu  llOThlr.  Ähnliche  bedeutende  Unterschiede 
ergeben  sich  auch  für  den  Gesammtbetrag.  Der  Vortra- 
gende glaubte  daher  in  der  Lage  zu  sein,  die  Instrumente 
des  Herrn  Gundlach  auf  das  Dringendste  empfclilen  zu 
können,  welchen  Empfehlungen  sich  auch  Dr.  Kny,  der 
schon  längere  Zeit  mit  derartigen  Mikroskopen  arbeitet, 
unbedingt  anschlofs. 

Hr.  Gurlt  sprach  über  die  von  dem  Sanitäts-Rath 
Dr.  Preufs  gegebene  Nachricht  über  ein  in  Schliewen 
bei  Dirschau  gebornes  mifsgebildetes  Kind.  Er  bemerkte, 
dafs  der  vorliegende  Fall  in  sofern  von  andern  ähnlichen 
früher  beobachteten  verschieden  ist,  dafs  der  Parasit  deut- 
liche Bewegungen  zeigt,  während  in  den  meisten  anderen 
Fällen  der  Parasit  sehr  mangelhaft  gebildet  war. 

Hr.  Dönitz  bemerkte  im  Anschlufs  hieran,  dafs  Ge- 
schwülste in  der  Kreuzbeingegend  entweder  aus  krankhaften 
Neubildungen  bestehen,  oder  ein  zweites  Individuum  dar- 
stellen, welches  sich  aus  demselben  Keime  entwickelt  hat. 
wie  das  andere  Kind,  in  seiner  Ausbildung  aber  hinter 
diesem  zurückgeblieben  ist.  Im  ersten  Fall  hat  man  es 
mit  einer  Krankheit  eines  einzigen  Individuums,  im  zweiten 
mit  einer  Doppelmifsgeburt  zu  thun.  Die  Grenze  zwischen 
beiden  Arten  von  Sacralgeschwülsten  kann  in  gegebenen 
Fällen  nicht  immer  scharf  gezogen  werden,  da  in  krank- 
haften Neubildungen  sehr  wohl  Knochen,  Zähne,  Haare 
und  dergleichen  vorkommen  können,  so  dafs,  wenn  sich 
solche  Dinge  in  einer  Sacralgeschwulst  finden,  man  es 
nicht  immer  mit  den  Spuren  eines  zweiten  Individuums  zu 
thun  hat.  Verwechselungen  nach  dieser  Richtung  hin  sind 
vielfach  vorgekommen.  —  Einzig  in  seiner  Art  würde  der 
besprochene  Fall  sein,  wenn  in  der  That,  wie  der  Bericht 
lautet,  Kopf  und  Steifs  und  wohl  auch  ausgebildete  Glied- 


vom  16.  Februar  186.9. 


maafsen  eines  zweiten  Kindes  sich  in  der  Geschwulst  vor- 
finden sollten.  Es  würde  dann  der  Parasit  einen  Grad 
der  Ausbildung  erreicht  haben,  wie  er  nur  an  freien,  nicht 
in  eine  mit  Haut  bedeckte  Geschwulstmasse  eingeschlossenen 
Parasiten  bisher  beobachtet  wurde.  Die  in  Sacralgeschwül- 
sten  enthaltenen  Parasiten,  welche  in  der  Litteratur  bekannt 
geworden  sind,  waren  alle  so  mangelhaft  gebildet,  dafs  sie 
nicht  im  Stande  gewesen  wären,  eine  selbständige  Bewe- 
gung auszuführen,  wie  das  von  dem  Dirschauer  Fall 
berichtet  wird.  Aus  diesem  Grunde  liegt  es  im  Interesse 
der  Wissenschaft,  den  Fall  im  Auge  zu  behalten,  ohne 
indessen  die  Hoffnung  zu  hegen,  dafs  das  in  der  Geschwulst 
vermuthete  Kind  sich  weiter  entwickeln  und  schliefslich 
zur  Selbständigkeit  gelangen  werde.  Ein  solcher  Ausgang 
dürfte  als  wissenschaftliche  Unmöglichkeit  zu  bezeichnen 
sein. 

Hr.  Thaer  sprach  mit  Rücksicht  auf  die  Mittheilungen 
des  Hrn.  Schneider  in  der  Sitzung  vom  19.  Janaar  eben- 
falls über  die  Entwicklung  der  Echinodermen.  Im  Sommer 
1850  hatte  er  im  Auftrage  von  Johannes  Müller  und 
mit  demselben  zusammen  in  Triest  Untersuchungen  hier- 
über gemacht,  besonders  auch  in  Bezug  auf  die  ersten 
Entwickelungsstadien  von  Echinus  saxatilis.  Nach  dem 
damals  geführten  Tagebuch  begann  der  Durchfurchungs- 
procefs  durchschnittlich  zwei  Stunden  nach  der  Einwirkung 
der  Spermatozoen  auf  die  Eier,  und  war  beendet  innerhalb 
dreier  bis  vier  Stunden.  Nach  achtzehn  Stunden  waren 
die  Eihäute  abgefallen  und  der  Embryo  befand  sich  in 
lebhafter  rotirender  Bewegung.  Nach  vierundzwanzig  Stun- 
den begannen  die  organischen  Veränderungen  desselben, 
Einstülpungen,  Abtheilungen;  nach  siebenundzwanzig  Stun- 
den traten  die  ersten  Bildungen  des  Kalkscelettes  auf,  und 
nach  achtundvierzig  Stunden  war  in  der  Regel  die  Larve 
in  ihrer  eigenthümlichen  Gestalt  („Staffelei")  entwickelt. 
Die  fernere  Fortbildung  derselben  geschah  sehr  langsam 
und  war  nicht  mehr  an  den  künstlich  erzielten  Exemplaren 
zu  beobachten,  da  diese  beiden  vorhandenenen  Einrichtun- 
gen nicht  in  genügender  Zahl  lebend  im  Zimmer  erhalten 
werden  konnten,  —  sondern  mufste  an  neuen  Exemplaren 
aus  dem  Meere  studirt  werden,  daher  auch  die  Schwierig- 
keit der  ferneren  Beobachtung  jener  Entwickelung. 

Hr.  Otto  Müller  wird  aufgefordert  die  Mittheilungen 
des  Hrn.  Dr.  F ritsch,  bezüglich  mehrerer  Objectivbe- 
stimmungen,  zu  ergänzen.  Derselbe  bedauert  auf  den  Ge- 
genstand augenblicklich  nicht  näher  eingehen  zu  können, 
da  die  betreffenden  Messungen  noch  nicht  zum  Abschlufs 
gelangt  seien;  er  verspricht  indefs  einen  vollständigen  Be- 
richt,  sobald  eine   genügende  Sicherheit  der  Resultate  er-  | 


reicht  sein  würde.  Vorläufig  bemerkt  er,  dafs  die  Brenn- 
weiten nach  der  Formel  f=p  • -i-  berechnet  seien,  worin 
p  die  hintere  Vereinigungsweite,  d.  h.  den  Abstand  der 
Bildebene  vom  Objektiv  oder  genauer,  von  dessen  zweiter 
Hauptebene,  bezeichne,  d  dem  linearen  Durchmesser  des 
Objectes,  D  demjenigen  des  Bildes  gleich  zu  setzen  sei. 
Der  resultirende  Werth  von  /  entspreche  sodann  der  Brenn- 
weite der  aequivalenten  Linse.  Unter  Fokalabstand 
wünsche  er  den  Abstand  des  Hauptbrennpunktes  von  der 
untersten  brechenden  Fläche  des  Objectivs  verstanden; 
derselbe  käme  mithin  bei  stärkeren  Objektiven  der  Objekt- 
distanz nahezu  gleich;  bei  schwächeren  seien  hingegen  der 
letzteren  relativ  höhere  Werthe  zu  substituiren.  Die  Ob- 
j  ektivvergröfserungen  seien  anzunehmen  als  bezogen 
auf  einen  Abstand  von  250  Mm.;  die  Gesammtver- 
gröfserung,  welche  stets  mit  demselben  Okular  erzielt 
wäre,  müsse  auf  eine  Entfernung  der  Projektionsebene  von 
ebenfalls  250  Mm.  und  zwar  vom  Augenpunkt  des  Mikros- 
kops an  gerechnet,  bezogen  werden;  der  Augenpunkt  pflege 
in  der  Regel  4  —  6  Mm.  über  der  letzten  Fläche  des  Okulars 
zu  liegen.  Zur  Bestimmung  der  Öffnungs winkel  sei 
die  Wenham'sche  Methode  in  Anwendung  gebracht,  welche 
allerdings  sehr  hohe  Werthe  ergäbe,  dagegen  den  Vor- 
theil  gewähre,  die  Gröfse  des  wirklich  nutzbaren  Theiles 
der  Öffnung  zur  Wahrnehmung  zu  bringen.  Hinsichtlich 
des  Unterscheidungsvermögens  benutzte  er  die  von 
Harting  vorgeschlagene,  von  Naegeli  weiter  ausgeführte 
Methode,  welche  auf  dem  Satze  beruhe,  dafs  das  Unter- 
scheidungsvermögen in  umgekehrtem  Verhältnifs  stehe  zu 
dem  Abstand  paralleler,  durch  das  Mikroskop  beobachteter 
Linien ,  an  der  äufsersten  Grenze  der  Sichtbarkeit.  Die 
Bestimmung  dieses  Abstandes  durch  eine  der  mikrometri- 
schen Methoden,  sei  sodann  der  arithmetische  Ausdruck  für 
das  Unterscheidungsvermögen.  Auf  dieses  etwas  complicirte 
Verfahren  und  dessen  besondere  Vorzüge  gegenüber  der 
Prüfung  mittelst  organischer  Probeobjekte,  solle  in  einer 
der  nächsten  Sitzungen  näher  eingegangen  werden.  Hr. 
Otto  Müller  schliefst  mit  der  Bemerkung,  dafs  er  sich 
bezüglich  der  Okularvergröfserung  des  Mikroskopes  eben- 
falls eine  Mittheilung  vorbehalten,  welche  möglicherweise 
die  gewöhnliche  Berechnung  der  Gesammtvergröfserung 
des  Mikroskopes  beeinflussen  dürfte. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen: 
Jahrbuch   des  naturhistorischen  Landes-Museums  von  Kärn- 

then.     Heft  8. 
Monatsbericht    der    Berliner  Akademie    der    Wissenschaften. 

November  u.   December  1868. 


6 


rom  PI.  Februar  ih69. 


Scharrath,  gesunder  Au/entlialt  in  geschlossenen  Räumen  durch 
Anwendung   der  Poren- Ventilation,  nebst  Anhang  1869. 

A  new  form  of  permanent  Magnet  by  Ferd.  Paget. 

Dr.  Ilcrni.  Schacht.  Madeira  und  Teneriffa.  1864.  Dieses 
und  ;ille  folgenden  Bücher  sind  ein  Geschenk  des  Ehren- 
Mitgliedes  der  Gesellscliiift  Hr.  Otto  Müller. 

— ,  Le  Microscope  et  son  application  speciale  a  l'etude  de 
V Anatomie  regetah.      ISßö. 

— ,  das  Mikroskop  und  seine  Anwendung  insbesondere  für 
Pflanzen- Anatomie.     1864. 

— ,  Beiträge  zur  Anatomie  u.  Physiologie  d.  Gewächse.  1864. 

— ,   Grundrifs  d.  Anatomie  u.  Physiologie  d.  Gewächse.  1865. 

— ,  Lehrbuch  der  Anatomie  und  Physiologie  der  Gewächse. 
Bd.  1.  2.      1864. 

— ,  Die  Prüfung  der  im  Handel  vorkommenden  Gewebe  durch 
das  Mikroskop.     1864. 

Dr.  Joii.  Hanstein,  Untersuchungen  über  den  Bau  und 
die  Entwiekelung  der  Baumrinde.     1864. 


Dr.  W.  Schuhmacher,  die  Ernährung  der  lyianze  1864. 
— ,  Erschöpfung  und  Ersatz  bei  dem  Ackerbau.     1866. 
Dr.  H.  Schacht,  der  Baum,  Studien  über  Bau  und  Leben 

der  höheren  Gewächse.     1 864. 
Friedr.   Gube,    die  Ergebnisse   der    Verdunstung   und   des 

Niederscidages.      1864. 
n.  W.   Dove,    Darstellung    der   Farbenlehre    und    optische 

Studien.   1864. 
— ,  Anwendung    des  Stereoskops,    utn   falsches    von    achtem 

Papiergeld  zu  unterscheiden.     1 864. 
T.  Schünemann,   das   Horizontal- Dyanometer   und  seine 

Amcendung  auf  die  Mechanik.     1864. 
A.  de  Bary,    Untersuchungen   über  die  Brandpilze  und  die 

durch  sie  verursachten  Krankheiten  der  /glänzen.     1864. 
R.   Hoppe,   Lehrbuch    der  Differentialrechnung  und  Eeihen- 

theorie.     1865. 
Dr.  F.  Köhler,  Lehrbuch  der  Chemie.     1864. 
Dr.  Schulz-Fleeth,  der  rationelle  Ackerbau.     1864. 


Buchdnickerei  der  Königl.  Akademie  der  Wi.ssenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,  Uiiiversitätsstr.  8. 


Si  tzii  n  üs-B  eri  c  li  t 


(li»r 


Gesellschaft  natiirforscliender  Freunde 

zu  Berlin 
am   l(i.  März   18(i9. 


Direktor:   Herr  Geheimer  Mediciiwil-Rath  Gurlt. 


Hr.  W.  Peters  theilte  der  Gesellschaft  mit,  dafs  die 
naturwissenschaftlichen  Sammlungen,  welche  Hr.  Dr. 
Schimper  in  Abyssinien  nach  seiner  Befreiung  aus  der 
Gefangenschaft  geschenkt  hat,  in  22  LedercoUis  vortrefflich 
erhalten,  angelangt  seien  und  berichtete  über  den  zoologi- 
schen Theil,  welcher  aus  folgenden  Arten  besteht. 

1.  Cercopitliecns  griseorirldis  Fr.  Cur. 

Tigre;  Einh.  Name:  Woag  CWak),  lebt  in  kleinen 
Familien  von  2  bis  12  Individuen  auf  Bäumen,  geht  aber 
auch  als  Dieb  auf  die  Felder. 

2.  Cynocephalus  hamadri/as  L. 

Tigre;  Name:  Hurwey,  lebt  in  allen  etwas  beholz- 
ten Gebirgsgegenden  von  circa  1000  bis  gegen  10,000  Ful's 
über  dem  Meere,  in  sehr  grofser  Gesellschaft ,  nie  isolirt. 
Seine  Nahrung  bilden  Baum-,  Gras-u.  Getreidefrüchte,  Zwie- 
beln und  Bollen;  auch  ein  Rebhuhn  oder  eine  gestohlene 
Ziege  wird  nicht  von  ihm  verachtet.  An  sehr  hohen  Berg- 
gegenden trifft  er  zuweilen  mit  Macaciis  dschellada  (Thero- 
pithecus  gelada  Rüpp.)  zusammen  und  liefert  eine  Schlacht, 
wobei  er  jedoch  gewöhnlich  den  Kürzeren  zieht,  denn 
Dschellada  ist  behender  und  zahlreicher.  9000  Fufs  ab- 
solute Höhe  ist  der  Punkt,  wo  sich  beide  treffen. 

Hurwey  greift  auch  ungeachtet  seiner  gewöhnlichen 
Feigheit  zuweilen  isolirte  Menschen  an,  zumal  solche  die 
er  wehrlos  sieht,  wie  Kinder  und  Weiber.  Er  ist  als  ein 
Dieb  den  Getreidefeldern  gefährlich.  Seine  Truppe  besteht 
aus  100  bis  400  Individuen,  welche  enggedrängt  in  Hohlen 
oder  ähnlichen  Felslocalitäten  schläft. 
.S.  Cynocephalus  bahuin  Desm. 
4.     Theropithecus  gelada  Rüpp  eil. 

Tigre.     Name:  Dschellada.     Lebt  auf  den   höchsten 
Bergen    von   0000    bis    14000   Fufs    über    dem   Meere    in 
grofsen   Truppen    von    einigen    100   bis    1000   Individuen. 
[1869.] 


Nährt  sich  hauptsächlich  von  Bollen,  Wurzeln  und  Gras- 
früchten, lebt  nicht  im  Gehölz,  schläft  auf  Felsen  in  kalter 
Region.  Da  er  in  Jemin  in  grofsen  Horden  haust,  ist  er 
dort  für  die  Gerstenfelder  ein  gefährlicher  Gast,  stiehlt  in 
wenigen  Minuten  ein  unbewachtes  Feld  rein  aus  und 
schleppt  seine  Beute  in  Eile  mit  sich  fort.  In  Tigre  ist 
er  selten,  kommt  nur  in  Urrhut  und  Nachbarschaft  vor, 
auf  Bergen,  die  alle  höher  als  9000  Fufs  sich  erbeben, 
Urahut  ist  10,800  Fufs  hoch.  Von  da  an  macht  er  flüch- 
tige Excursionen  noch  tieferen  Orten,  kommt  aber  Abends 
jedenfalls  wieder  auf  einer  Höhe  von  8000  bis  9000  Fufs 
zurück. 

5.  Herpestes  gracilis  Rüpp  eil. 

Aus  Hamfido,  unter  dem  verschiedenen  kleinen  Thie- 
ren  gemeinschaftlichen  Namen  Mutschutschiila. 

6.  Sciurus  midlicolor  Rüppell. 

Lebt  auf  Bäumen  im  Morebb-Thal  und  dem  unter- 
sten Theil  der  Ebene  Hamedo.     Daselbst  erlegt. 

7.  Sciurus  (Xeros)   leucoumbrinus  Rüppell. 

Aus  der  Ebene   Ham^do;   heifst  Mutschutsch  illo. 

8.  Isomys  abi/ssinicus  Rüppell. 

Feldratte  von  Hamedo.  Ist  ein  sehr  gefräfsiges  Thier. 
Eine  dieser  Ratten  frifst  die  andere  auf.  Aus  einer  Falle 
haben  sie  meine  gefangene  Rattenbeute  abgefressen. 

9.  Lepus  habessinus  Ehrbg. 

Tigre.  Name  Miädcb.  Überall,  aber  nirgends 
häufig,  von  4000  bis  8000  Fufs  über  dem  Meere.  Ge- 
sammelt bei  Adon.  —  Bei  den  Abyssiniern  ist  das  Hasen- 
essen äufserst  verpönt.  Unter  diesem  Zigeunervolk  sich 
befindend  darf  man  öfl^entlich  keine  Hasen  essen. 
9.     Antilope  madoqva  Rüppell. 

Einh.  Name  Medons.  Lebt  einzeln  und  paarweise 
auf  Bergen  und  in  Thälern. 

3 


8 


mm   IC.  März  180.9. 


10.  Antilope  ITemprichii  Ehrbg. 

V'oii  Ilamedo.  Eiiili.  Name  An  sc  hu.  Lebt  gewöhn- 
lich  paarweise   von    lUO   bis  4000  Fufs   über  dem  Meere. 

11.  Antilope  montana  Küppell. 

Von  Ilanirdo.  Name:  Gelbetu.  Lebt  in  kleinen 
Truppen  von  2  bis  10  Individuen  in  Ebenen  und  auf  Berg- 
plateaus.    Über  7000  Fufs   absolute  Höhe  nicht  bemerkt. 

12.  Oreotragus  saltatricoides  Rüppell. 

Tigre.  Name  Sesslia.  Lebt  paarweise  und  in 
kUinen  Familien  auf  Bergen  von  2000  bis  10,000  Fufs 
Höhe,  am  häufigsten  auf  der  Höhe  von  GOOO  bis  8000 
Fufs. 

Das  Fk'iseii  ist  sehr  beliebt  und  wird  roh  als  Brunto 
sehr  gesucht.  Auch  wird  es  auf  eigene  Art  gebraten. 
Man  schneidet  es  in  ganz  kleine  Stückchen,  vermischt 
diese  mit  Butter,  Salz  und  Pfeifer  und  bringt  diese  Masse 
auf  eine  gut  erhitzte  irdene  Platte.  Nach  Verlauf  einer 
Minute  ist  dann  diese  wirklich  gute,  zarte  Speise  bereit. 

13.  Phacochoerus  aethiopicus  Pall. 

14.  llijrar.  Brucei  Gray. 

Tigre;    Name  Gähä.     Anihara;   Name  Aschgogo. 

Lebt  zwischen  Felsblöcken  nahe  an  Bächen  in  gröf- 
serer  Gesellschaft;  nährt  sich  von  Vegetabilien.  Auf  allen 
entsprechenden  Bergen  Abyssiniens.  Über  8000  Fufs  Höhe 
nicht  bekannt. 

Hr.  O.  Erdmann  (heilte  der  Gesellschaft  eine  Er- 
klärung der  paradoxen  Bahnen  der  unter  dem  Namen 
Bumerang  oder  Keili  bekannten  Waffe  mit,  welche  bisher 
ein  mechanisches  Problem  geblieben  waren.  Die  Erklä- 
rung gründet  sich  auf  den  Umstand,  dafs  die  Bumerangs 
uufser  iiirer  hy[)erbolischen  Krümmung  noch  eine  andere 
besitzen,  in  Folge  deren  eine  für  eben  gehaltene  Fläche 
in  Wirklichkeit  eine  windscliiefe,  nahezu  eine  Schrauben- 
fläche ist.  Der  Widerstand  der  Luft  gegen  diese  Fläche 
des  rotirend  fortschreitenden  Instruments  bewerkstelligt 
einen  Druck  auf  die  Rotationsaxe,  mit  welchem  nach  den 
Praecessionsgesetzen  eine  Nutation  derselben  verbunden 
ist.  Hierdurch  ergeben  sich  alle  Bahnen,  mögen  sie  auch 
nach  der  Art  des  Wurfs  (d.  h.  der  Gröfse  der  ertheilten 
Geschwindigkeiten,  der  Elevation  und  der  Orientirung  der 
Rotationsaxe)  und  der  Eigenartigkeit  des  Instruments  (Ge- 
wicht, Neigung  und  Breite  der  windschiefen  Sckenkel) 
noch  80  verschieden  sein,  als  nothwcndige  Folge  der  An- 
ziehungskraft der  Erde  und  der  Wurfkraft. 

Hr.  Gustav  Fritsch  legte  der  Gesellschaft  vergrös- 
eerte  Papiercopien  und  Glaspositive  nach  den  Originalne- 
gativeu  der  in  Aden  während  der  totalen  Sonnenünsternifs 
gemachten  Aufnahmen  vor  und  machte  auf  die  interessan- 
ten feineren  Details  aufmerksam.  Nachdom  die  mittelst 
der  Spectralanalyse   ausgeführte   wichtige   Entdeckung   mit 


Recht  die  allgemeinste  Anerkennung  gefunden ,  sind  die 
anderweitigen  freilich  nicht  so  in  die  Augen  springenden 
Resultate  wohl  vielfach  zu  gering  angeschlagen  worden. 
Die  Vergleichung  der  verschiedenen  an  demselben  Orte 
gemachten  Aufnahmen,  sowie  der  an  entfernteren  Punkten 
gefertigten,  ergiebt  so  interessante  Abweichungen,  dafs  man 
dreist  behaupten  kann  die  Photographie  wird  für  solche 
Beobachtungen  immer  ihren  Platz  behalten.  In  Überein- 
stinnnung  mit  der  Theorie,  dafs  die  Protuberanzen  leuch- 
tende Gaskorper  sind,  gewissermafsen  aufwirbelnde  Flam- 
men, zeigen  die  Photographien  Phasen  derselben,  welche 
selbst  bereits  in  kürzeren  Perioden  deutliche  Unterschiede 
ergeben.  Abgesehen  davon ,  dafs  die  grofse  Protuberanz 
in  Indien  schon  etwas  in  sich  zusammengesunken  beobachtet 
wurde,  zeigen  sich  auch  an  den  in  Aden  aufgenommenen 
Bildern  merkwürdige  Unterschiede,  indem  z.  B.  bei  der 
zweiten  Aufnahme  in  der  grofsen  Gruppe  von  Protube- 
ranzen drei  deutlich  sichtbare  hellleuchtende  Flecke  auf- 
getaucht sind,  die  auf  der  ersten  nicht  erschienen.  Aber 
auch  andere  Fragen  drängen  sich  beim  genauen  Studium 
dieser  Photographien  auf,  welche  zu  beantworten  Saclie 
der  Astronomen  sein  wird.  Hierher  gehört  die  Erklärung 
gewisser  dunkler  radiär  gestellter  Streifen,  welche  theils 
den  Mondrand  erreichen,  theils  nur  bis  in  seine  Nähe 
gehen,  eines  dunklen  parallel  mit  dem  Mondrande  laufen- 
den Bogens,  welcher  durch  die  Protuberanzen  unterbrochen 
wird,  endlich  warum  die  ganze  bedeutende  Gruppe  von 
Protuberanzeu,  welche  im  rechten  unteren  Quadranten 
(astronomisch  gedacht)  in  Indien  zur  Erscheinung  kam, 
in  Aden  nicht  beobachtet  wurde,  während  daselbst  der 
linke  untere  Quadrant  eine  Kette  von  solchen  zeigte  die 
wiederum  an  ersterem  Orte  fehlte.  So  dürfte  sich  noch 
mancher  interessante  Punkt  ergeben,  auf  welchen  die  Auf- 
merksamkeit gerichtet  zu  haben  die  Photographie  sich  als 
Verdienst  anrechnen  darf,  während  zugleich  die  Betrach- 
tung der  mannigfachen  thörichten  Skizzen,  welche  über 
die  Totalität  erschienen  sind,  zeigt,  dafs  sie  allein  im 
Stande  gewesen  ist  in  den  flüchtigen  Augenblicken  ein 
correctes  Bild  der  Phaenomene    zu  fixiren.  — 

Es  wurde  darauf  noch  eine  Reihe  landschaftlicher  und 
anthropologischer  Aufnahmen  vorgezeigt,  um  der  Gesell- 
schaft einen  Einblick  in  die  örtlichen  Verhältnisse  von 
Aden  sowie  das  Aussehen  seiner  Bewohner  zu  geben. 

Hr.  Kunth  sprach  über  die  Entwickelung  der  Zoan- 
tharia  rit/josa.  Er  wiefs  zunächst  nach,  dafs  das  Wachs- 
thumsgesetz  der  lebenden  Korallen  nicht  auf  diese  Ab- 
theilung  anwendbar  sei,  dafs  vielmehr  die  Z.  rugosa  einen 
sehr  vollkommen  bilateral-symmetrischen  Bau  habe. 
Derselbe  ist  zuweilen  schon  im  Inneren  des  Kelches  er- 
kennbar  {AulacophjUum,   Hallia);    sehr   deutlich    wird   er 


vom  16.  März  1869. 


aber  bei  einer  Reihe  von  kreiselförmigen  Rugosen  auf  der 
Oberfläche  des  Stockes.  Wir  haben  es  hier  ir.it  4  primären 
Septen  und  4  primären  Kammern  zu  thun.  In  jeder  Kammer 
entsteht  ein  secundäres  Septum,  welches,  dieselbe  anfänglich 
ungefähr  halbirend,  sich  sehr  bald  nach  dem  einen  primären 
hinbiegt  und  parallel  neben  demselben  hinläuft.  Dadurch 
wird  jede  Kammer  in  2  sehr  ungleiche  Theile  getheilt; 
der  kleinere  Theil  bleibt  dann  für  immer  ungetheilt;  der 
grofsere  dagegen  entwickelt  zahlreiche  neue  Septe  nach 
demselben  Gesetze  wie  die  primäre  Kammer:  ein  tertiäres 
Septum  theilt  nämlich  den  Raum  anfangs  wieder  in  2 
Hälften,  biegt  sich  dann  nach  dem  secundären  um  und 
läuft  parallel  neben  ihm  hin  u.  s.  w.  Daher  sind  in  jeder 
Kammer  die  jüngeren  Septe  gegen  das  eine  primäre  fieder- 
förmig  gestellt,  während  sie  dem  andern  parallel  laufen. 
Die  Bilaleralität  kommt  nun  dadurch  zum  Vorschein,  dafs 
sich  an  einem  primären  Septum  (Hauptseptum)  auf  beiden 
Seiten  neue  Septe  fiederstellig  entwickeln,  während  sie 
in  den  beiden  andern  Kammern  mit  dem  gegenüberliegen- 
den Primär -Septum  (Gegenseptum)  parallel  laufen.  Sie 
stehen  also  an  den  beiden  übrigen  Primärsepten  (Seiten- 
septen)  auf  einer  Seite  fiederstellig.  Die  früher  zu  den 
Funqiden  gerechnete  Gattung  Palaeocijclus  zeigt  denselben 
Bau,  gehört  mithin  zu  den  Rugosen.  Ebenso  zeigt  Cal- 
ceola  sandalina,  dies  bekannte  immer  zu  den  Brachtopoden 
gestellte  Fossil,  so  bedeutende  Analogie  mit  den  Rugosen, 
dafs  Redner  in  Übereinstimmung  mit  Lindström  und 
anderen  zu  der  Ansicht  gekommen  ist,  sie  trotz  des  Deckels 
anhangsweise  zu  den  Rugosen  zu  stellen.  Bei  der  vor- 
gerückten Zeit  erwähnt  Redner  nur  die  Namen  derer,  die 
sich  vor  ihm  mit  diesem  Gegenstande  beschäftigt  haben, 
ohne  speciell  angeben  zu  können,  was  sie  zur  Auffindung 
des  Gesetzes  beigetragen;  es  sind:  Steenstrup,  Thoreil, 
Edwards  und  Haime,  Ludwig,  F.Römer  und  Lind- 
ström. 

Hr.  Hartmann  legte  der  Gesellschaft  einige  die 
Gemmenentwicklung  der  Tuhularia  Dumortieri  van  Ben. 
betreffende  Zeichnungen  vor  und  sprach  über  den  Modus 
der  Generation  bei  diesem  interessanten  Hijdroxoon.  Der 
Vortragende  machte  auch  auf  den  Bau  der  contraktilen 
Substanz  bei  den  Geschlechtsknospen  jenes  Thieres  auf- 
merksam, anknüpfend  an  einen  von  ihm  in  der  Februar- 
sitzung gehaltenen  ausführlicheren  Vortrag. 

Hr.  Nitsche,  als  Gast  anwesend,  legte  der  Gesell- 
schaft Original -Exemplare  von  Cordtjlophora  albicola  vor, 
welche  er  der  Güte  des  Herrn  Senator  Kirchenpauer 
verdankt  und  theilte  mit,  dafs  dieser  interessante  Hydroid- 
polyp  von  diesem  Herren  nun  auch  an  den  Eibtonnen  bei 
Blankenese,  also  in  vollkommen  süfsem  Wasser,  gefunden 
worden    sei.     Er    zeigte   ferner   einige   getrocknete.   Thier- 


stöcke  vor,  welche  Hr.  Magnus  an  Flolsholz  in  der  Spree 
bei  Berlin  gefunden  haben  will  und  welche  der  Cordylo- 
phora  sehr  äimlich  sehen.  Da  aber  die  Polypen  an  diesen 
Stöcken  nicht  mehr  beobachtet  werden  können,  läfst  sich 
über  ihre  Zugehörigkeit  zu  dem  Genus  Cordylophora  vor- 
läufig nichts  Sicheres  sagen. 

Derselbe  berichtete  ferner  über  seine  Untersuchungen 
des  Baues  von  Pedicellina  echinaia  Sars.  Er  wies  nach, 
dafs  bei  diesem  bilateral -symmetrisch  gebauten  Thiere  der 
After  wirklich  innerhalb  des  Tentakelkranzes  liege,  dafs 
das  hufeisenförmige  Gebilde,  welches  All  man  für  einen 
Lophophor  gehalten  hat,  nur  eine  Rinne  mit  Wimper-Epi- 
thel sei,  von  welcher  zwar  das  Wimper -Epithel  für  die 
Innenfläche  der  Tentakeln  ausgeht,  dagegen  nicht  die  Ten- 
takeln selbst,  welche  nicht  zurückgezogen,  sondern  nur 
nach  innen  eingeschlagen  und  eingerollt  werden  können. 
Er  zeigte  ferner  dafs  die  Tenlakelscheide  und  Retractoren 
fehlen;  dafs  die  Leibeshöhle  mit  einer  Art  parenchymati- 
schen  Gewebes  ausgefüllt  ist;  dafs  das  Thier  ein  Zwitter, 
mit  paarigen  Hoden  und  Eierstöcken  mit  Ausführungsgang 
ist  und  eine  Bruttasche  besitzt,  dafs  es  also  von  dem  gewöhn- 
lichen Bryozoen- Typus  bedeutend  abweicht;  er  hält  dasselbe 
nahe  verwandt  mit  UrnateUa  Leidy  und  Loxosoma  Ke/erst. 
und  schlug  vor  die  von  diesen  drei  Gattungen  gebildete 
natürliche  Gruppe  mit  dem  Namen  „Endoprocta"  zu  be- 
legen. 

Derselbe  zeigte  ferner,  dafs  auch  Biigula  ftabellata, 
B.  plumosa  und  Biceltaria  ciliata  Zwitter  wären,  dafs  die 
Eier,  aus  welchen  sich  in  den  Ovicellen  die  Larven  ent- 
wickeln, nicht  in  der  Ovicelle,  sondern  innerhalb  des  Zo- 
oecium  des  Mutterthieres  entständen  und  erst  nach  der 
Befruchtung  in  die  Ovicellen  übertreten.  Er  legte  ferner 
Abbildungen    der  Larven    der  genannten   drei  Species  vor. 

Hr.  Otto  Müller  wandte  sich  gegen  die  vielfach 
verbreitete  Ansicht:  es  seien  durch  die  Beleuchtung  mi- 
kroskopischer Objekte  mit  möglichst  aberrationsfreien 
Strahlen  oft  feinste  Strukturverhältnisse  sichtbar  zu  machen, 
welche  in  anderer  Weise  gar  nicht  oder  doch  minder  deut- 
lich wahrgenommen  werden  können.  Der  Vortragende 
glaubt  diese  Ansicht  als  eine  irrige  bezeichnen  zu  dürfen 
und  demonstrirt  einen  zum  Beweise  eigens  konstruirten 
Kondensor.  Derselbe  besteht  aus  einer  einfachen  bicon- 
ve.xen  Kronglaslinse,  welcher  zur  Verkleinerung  des  Fo- 
kalabstandes in  bestimmter  Entfernung  eine  zweite,  von 
schwächerer  Krümmung  zugefügt  wurde.  Der  Fokalab- 
stand dieses  .Systemes  beträgt  1.5  —  2  Mm.  Damit  die 
durchtretenden  Strahlen  mit  einem  möglichst  hohen  Grad 
von  Aberration  behaftet  seien,  wurden  die  centralen  Zonen 
vollständig  abgeblendet,  so  dafs  nur  Randstrahlen  zur 
Wirkung  gelangten.     Nach   Einfügung    dieses   Kondensors 

3* 


10 


vom  IC.  Mär:  1S69. 


in  den  Gang  der  Beleuclitungsstrahlen  und  der  richtigen 
Stellung  zur  Einstellungsebene,  konnten  die  bekannten  Sechs- 
ecke von  Pleurosigma  angvlatum  bei  centraler  Spiegel- 
stellung, mit  einem  Objektiv-Systeme  wahrgenommen  wer- 
den, welches  bei  derselben  Spiegelstellung  vorher  nicht 
die  geringste  Andeutung  einer  Streifung  gezeigt  hatte.  Das 
Bild  war  dabei  ein  so  vollkommenes,  wie  es  nur  durch 
gute  Immersionssysterae  zu  entstehen  pflegt,  trotzdem  das 
Stärkste  Okular  benutzt  wurde.  Die  Ursachen  dieser  Er- 
scheinung sollen,  der  vorgerückten  Zeit  wegen,  in  einer 
anderen  Sitzung  besprochen  werden.  Der  Vortragende 
schliefst,  dafs  Aplanatismus  der  Kondensatoren  kein  Er- 
fordernifs  2U  ihrer  Wirkung  sei ,  dafs  vielmehr  einfache 
Linsea  völlig  genügen. 


Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenonimen : 

Knoblaucli,  über  den  Durchgang  der  strahlenden  Wtiriiie 
durch   Si/lvin. 

Weitenweber,  Lotos,  Zeitschrift  für  Naturwissenschaften. 

Zweiter  Bericht  der  Naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  :u 
Chemnitz. 

Annales  del  Museo  ■publica  de  Buenos  Aires.     Entrega  quinta. 

Bulletin  de  V  Academie  imperiale  des  Sciences  de  St.  Beters- 
burg.    Tome  XIII.  1.  2.  3. 

Mimoires  de  V Academie  imperiale  des  Sciences  de  St.  Peters- 
burg.    Tome  XII.    No.  I.  2.  3. 


Bui  hdruckerei  der  KöiukI.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,   Universitütsstr.  S. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft  naturforschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  20.  April  1869. 

Direktor:   Herr  Präsident  v.  Strampff. 


Hr.  Gustav  Fritsch  legte  der  Gesellschaft  ein 
Pracbtwerk,  die  „Crania  britannica"  von  Barnard  Davis 
vor  und  gab  eine  kurze  Übersicht  des  Inhaltes. 

Diese  ergiebt,  dafs  der  Titel  sich  nur  auf  das  bezieht, 
was  der  Verfasser  an  die  Spitze  seiner  ganzen  Arbeit  ge- 
stellt hat,  und  dafs  das  Buch  in  der  That  eine  vollständige 
Ethnographie  der  britischen  Inseln,  sowohl  vom  historischen 
als  vom  anthropologischen  Standpunkt  betrachtet,  in  sich 
schliefst.  Durch  die  Masse  von  litterarischen  Notizen, 
welche  die  ersten  Abschnitte  begleiten,  durch  die  ein- 
gehende Besprechung  vieler  allgemeiner  Fragen  wie  Cra- 
niometrie,  Difformitäten  des  Schädels  bei  Lebzeiten ,  Ge- 
staltsveränderungen desselben  nach  dem  Tode,  Divergens 
oder  Constans  der  Charaktere  einzelner  Racen  etc. ,  wird 
das  Werk  für  jeden  Anthropologen  zu  einer  inhaltreichen 
und  wichtigen  Quelle. 

Den  zweiten  Theil  bildet  die  ausführliche  sehr  de- 
taillirte  Beschreibung  sämmtlicher  bedeutender  Gräberfunde 
der  vereinigten  Königreiche,  soweit  der  Verfasser  im 
Stande  gewesen  ist  sich  das  betreffende  Material  zu  ver- 
schaffen. Die  Schädel ,  deren  Masse  in  übersichtlichen 
Tabellen  zusammengestellt  sind,  wurden  in  der  Weise 
abgebildet,  dafs  die  Seitenansicht  stets  in  Lebensgröfse 
als  Lithographie  eingefügt  ist,  die  anderen  Ansichten  aber 
als  Holzschnitte  in  ^  natürlich.  Gr.  dem  Text  eingedruckt 
sind.  Aufserdera  aber  sind  fast  überall  Skizzen  der  Grä- 
ber, Situationspläne  der  Gegend,  sowie  sauber  ausgeführte 
Abbildungen  der  gefundenen  Waffen,  Gefäfse,  Schmuck- 
sachen etc.  beigegeben. 

Der  Vortragende  schlofs  mit  der  Bemerkung,  wie  sehr 
bedauerlich  es  wäre,  dafs  die  reichen  Funde  unseres  eige- 
nen Vaterlandes  bisher  so  verstreut  und  vielfach  verwüstet 
worden  sind,  wodurch  viel  unschätzbares  und  unersetzliches 

[1869.] 


Material  verloren  gegangen  ist,  und  wie  dringend  man 
wünschen  möchte,  dafs  auch  bei  uns  Jemandem  die  Möglich- 
keit geboten  würde,  die  betreffenden  Gegenstände  in  ähn- 
licher Weise  zu  bearbeiten,  wie  es  Davis  für  England 
ausgeführt  hat. 

Hr.  Ascherson  theilte  im  Anschlufs  an  die  von  Hrn. 
Prof.  Peters  in  der  vorhergehenden  Sitzung  gegebene  Über- 
sicht des  zoologischen  Theiles  der  von  dem  seit  30  Jahren 
in  Abessinien  ansässigen  Naturforscher  W.  Seh  im  per 
hierher  gesandten  Sammlungen  mit,  dafs  der  gröfste  Theil 
derselben  botanische  Gegenstände  umfasse,  nämlich  acht 
grofse  Packete  getrockneter  Pflanzen,  theilweise  aus  noch 
nicht  in  den  früheren  Sammlungen  vertretenen  Gebieten, 
aus  der  Provinz  Begemder  im  südlichen  Abe.ssinien  stam- 
mend, alle  ausgezeichnet  präpariert  und  mit  interessanten 
Bemerkungen  über  einheimische  Namen,  Benutzung  etc. 
begleitet,  und  zehn  Packete  welche  eine  118  Nummern 
umfassende  Sammlung  abessinischer  Holzarten  enthalten. 
Aufserdem  befinden  sich  dabei  einige  Sämereien,  die  dem 
botanischen  Garten  übergeben  worden  sind. 

Ferner  berichtete  derselbe ,  dafs  heute  die  erste  Na- 
turaliensendung von  Dr.  Schweinfurth,  enthaltend  dessen 
wissenschaftliche  Ausbeute  bei  Alexandrien  und  auf  der 
Reise  von  dort  bis  Chartum  (letztere  im  Nov.  1S68  von 
dort  abgegangen),  aus  fünf  gröfseren  und  kleineren  Kisten 
bestehend,  eingegangen  sei.  Auch  diese  Sammlung  enthält 
gröfstentheils  getrocknete  Pflanzen,  aufserdem  verschiedene 
Hölzer,  Früchte,  Sämereien,  Fabrikate  aus  Pflanzenstoffen, 
osteologische  Präparate  sudanischer  Hausthiere,  ein  sehr 
beschädigtes  ausgestopftes  Exemplar  des  3Ibän -Affen  aus 
dem  Njamnjamlande,  das  erste  welches  von  dieser  anthro- 
pomorphen  Art.  deren  von  Dr.  Schweinfurth  auf  seiner 
ersten  Reise   in   Kairo   angefertigte  Zeichnung   hier  seiner 

4 


12 


vom  20.  April  1869. 


Zeit  vorgelegt  wurde,  nacli  Europa  gelangt  ist,  endlich 
einige  Mineralien.  Der  genannte  Afl'e,  sowie  Blätter  der 
Draraeiia  Ombet  Kotschy  et  Pejr.  aus  dem  Gebirge  über 
Siiakin  wurden  vorgelegt. 

Hr.  Koch  legte  interessante  llolzstüeke  einer  Eiche 
vor,  wo  auf  dem  Einen  ein  acht  Zoll  iiohes  Z  ziemlich 
tief  eingeschnitten  und  mit  Zinnober  ausgestrichen  war. 
Dieser  Einschnitt  war  wahrsdieinlich  zu  Anfang  dieses 
Jahrhunderts,  vielleiclit  noch  früher,  in  einem  einzeln 
stellenden  starken  Haume  als  Zeichen  für  die  Theilnehmer 
der  damals  beliebten  Parforce-. Jagden  eingeschnitten  wor- 
den. Man  hatte  dabei  zu  gleicher  Zeit  ohngefähr  |-  Fufs 
Fläclu^ninlialt  Rinde  weggenommen.  Mit  der  Zeit  wurde 
die  Wimdfläche  überwallt,  ohne  dal's  jedoch  die  Überwallung 
mit  dieser  verwuchs.  Das  einen  Zoll  im  Durchmesser  ent- 
haltende Überwallungsstiick  besafs  ein  g<'gen  die  äufsere 
Seite  alliuälilig  in  regelrechte  Jahresringe  übergehendes, 
nach  innen  zu  hingegen  maseriges  Ciefüge,  während  die 
Innenseite  ein  erhabenes  Z,  das  genau  in  das  vertiefte  des 
ersten  Stückes  pafste,  zeigte.  Nach  aufsen  zu  liefs  das 
Überwallnngsstück  aufserdem  noch  gegen  40  Jahresringe, 
wehhe  sich  darüber  gelegt  hatten,  deutlich  erkennen.  Die 
Hälfte  dieser  Ringe  war  bereits  Kernholz  geworden.  In- 
teressant erschien  Ref.  noch  besonders,  dafs  an  dem  Innern 
Holzstücke  mit  dem  eingeschnittenen  Z  |-  Zoll  Holz,  Splint- 
holz geblieben  war  und  sich  wesentlich  von  dem  übrigen 
Kernholz   unterschied. 

Weiter  sprach  Herr  Koch  über  den  Einflufs  des 
Pfropfreises  auf  die  Unterlage  und  umgekehrt,  speciell  über 
die  .MTiglichkeit  einer  Kreuzung  durch  eine  Propfung  (also 
ungeschlechtlich),  welche  letztere  Herr  Professor  Caspary 
in  Königsberg  während  des  Amsterdamer  Kongresses  im 
Jahre  ISfi.i  behauptet  hatte,  sich  hauptsächlich  auf  den 
Cytisus  .\dami  berufend.  Die  Entstehung  des  letztern  ist 
so  dunkel,  dafs  sich  jetzt  gar  nichts  mehr  sagen  läfst.  Der 
(iärtner  Adam  in  Vitry  bei  Paris,  wo  er  entstanden  sein 
soll,  hat  nämlich  verschiedene  Aussagen  gemacht,  wenn 
auch  die  gegen  Poiteau  die  wahrscheinlichere,  aber 
keineswegs  ganz  sichere  ist.  Dennoch  hat  Adam  Cytisus 
purpureus  keineswegs  auf  Citisus  Laburnum  gepropft,  son- 
dern er  hat  von  ersterem  nur  ein  Auge  genommen  und  es 
in  die  Rinde  von  Cytisus  Laburnum  gesetzt.  Er  hat  also 
geäugelt  oder  okulirt.  Nach  Adam  ruhte  das  Auge  eine 
Zeit  lang;  plötzlich  bildeten  sich  aber  auf  dem  Schildchen 
mehre  Augen  (eine  Referenteni  bei  Leguminosen  völlig  un- 
bekannte Erscheinung),  von  denen  eins  austrieb  und  im 
Ausstlieu  eine  ganz  andere  Gestalt  hatte.  Das  getriebene 
Reis  (v(ui  dem  man  übrigens  keineswegs  bestimmt  wcifs, 
ob  es  wirklich  auf  der  Rinde  des  Auges  oder  nicht  viel- 
mehr auf  der  Rinde   von  Cytisus  Laburnum  entstanden  ist). 


wurde  wegen  seiner  abweichenden  Form  abgeschnitten  und 
als  Propfreis  auf  eine  Unterlage  gebracht.  In  Blüthe  hat 
Adam  die  Pflanze,  welche  seinen  Namen  führt,  selbst  nicht 
gesehen,  auch  waren  die  Mutterpflanzen  bereits  verkauft, 
als  Poiteau  den  Garten  besuchte,  man  weifs  also  gar  nicht 
mit  Sicherheit,  ob  die  Adam'sche  Pflanze  und  der  Cytisus 
Adami  dieselbe  Pflanze  ist.  Nicht  weniger  dunkel  ist  die 
Geschichte  der  bekannten  Orangen,  wo  Früchte  zweierlei 
Arten  resp.  Formen  zu  einer  Frucht  vereinigt  waren  und 
von  Prof.  Nati  in  Florenz  1674  beschrieben  sind.  Die  Origi- 
nalbildung, welche  Ref.  vorlegte  ist  nach  Ref.  zu  schlecht, 
um  ein  Urtheil  darüber  zu  geben.  Nati  behauptet,  tiafs 
es  ein  durch  Propfung  entstandener  Blendling  sei.  Was 
der  Gärtner  sagt,  der  den  Orangenbaum  erzogen,  wider- 
spricht jedoch  jeder  Möglichkeit  einer  Kreuzung  durch 
Propfung.  Nach  Ref.  nmfs  man  übrigens  Arten  von  For- 
men unterscheiden.  15ei  unseren  Flurblumen  und  Blüthen- 
sträuchern  sind  sogenannte  Rückschläge  gar  keine  Selten- 
heit und  konnuen  weilse  und  rothe  Rosen,  noch  häutiger 
weifse  und  rothe  Azaleen  vor,  ebenso  wo  beide  Farben 
neben  einander  an  einer  und  derselben  Blüthe  vorhanden 
sind.  Auch  bei  den  Früchten  hat  man  dergleichen  mehr- 
fach beobachtet  z.  B.  bei  der  Weinrebe.  Ref.  legte  die 
Abbildung  eines  sogenannten  Janus-Apfels,  den  er  ISüJl 
aus  Würtemberg  erhalten,  vor,  wo  die  eine  Seite  roth,  die 
andere  gelb  war.  In  Süd -Frankreich  hat  man  vor  zwei 
Jahren  Kalvillen  beobachtet,  auf  der  einen  Seite  weilser 
Winter-Kalvill,  auf  der  anderen  Ilimbeer- Apfel.  Wahr- 
scheinlich entstehen  dergleichen  nahe  verwandte  Früchte, 
durch  gegenseitige  Befruchtung,  wo  zweierlei  Bäume  neben 
einander  gestanden  haben.- — Herr  Koch  behauptet,  dal's 
fremde  Pollenschläuche  auch  einen  Einflufs  nicht  allein 
auf  den  Embryo,  auch  auf  Theile  der  Mutterpflanze  aus- 
üben, und  legte  zu  diesem  Zwecke  sogenannten  bunten 
Mais.  d.  h.  rothe  und  weifse  Körner  auf  einem  und  dem- 
selben Kolben,  oder  weifse  und  rothgestriclielte  Körner 
vor.  Dieser  bunte  Mais  entsteht,  wenn  man  rothen  und 
weifsen  Mais  neben  einander  säet,  sehr  häufig.  Ref.  hattt^ 
bereits  vor  mehreren  Jahren  auf  diese  Erscheinung  in 
seiner  Wochenschrift  aufmerksam  gemacht,  ohne  dafs  man 
jedoch  Rücksicht  darauf  nahm.  Nun  zweifelt  auf  einmal 
Niemand  mehr  daran. 

Durch  Professor  Ilildebrandt  in  Freiburg  hat  die 
Lehre  von  der  Möglichkeit  einer  Kreuzung  durch  Unterlage 
und  Edelreis  neue  Nahrung  erhalten.  Er  schnitt  nändieh 
von  zwei  verschieden  gefärbten  Kartoffeln  von  der  einen 
Knolle  ein  Auge  (mit  Fleisch)  aus  und  setzte  es  in  die 
künstlich  gemachte  und  entsprechende  Vertiefung  einer 
anderen  Knolle  ein,  wobei  er  dieser  alle  andern  .\ugen 
vernichtete.     Hier  wuchs  es   rasch  an  und  brachte  Pflanzen 


vom  20.  April  1869. 


13 


zum  Tlieil  hervor,  au  denen  verschieden  gefärbte  Kurtoffeln 
eiitstaudeu.  Diftses  sogenannte  Pfropfen  der  Kartoffeln  ist 
keineswegs  neu  und  wurde,  wie  es  scheint,  zuerst  von 
einem  Schuhmacher  bei  Edinburg  in  Anwendung  gebracht. 
Man  verdankt  auf  diese  Weise  diesem  Schuhmacher  zwei 
ansgezeiehnete  Kartoffel-Sorten,  die  noch  in  Schottland  und 
England  sehr  beliebt  sind. 

Nach  Referent  ist  diese  Manipulation  gar  kein  Pfropfen. 
Er  bezweifelt,  dafs  (aufser  Wasser)  aus  dem  Knollen,  wo 
man  das  mit  Fleisch  versehene  Auge  eingesetzt  hatte,  wirk- 
lich assimilirte  Stoffe  in  diese  junge  Pflanze  übergegangen 
sind.  Das  Fleisch  des  Auges  selbst  fault  zeitig  und  aus 
der  Basis  des  getriebenen  Stengels  kommen  für  die  weitere 
P>nälirung  Wurzeln  hervor.  Das  Auge  hätte,  in  die  Erde 
gebracht,  unter  Umständen  ohne  jede  Unterlage  ebenfalls 
austreiben  können.  Es  kann  hier  von  einem  Pfropfen 
demnach    eben   so    wenig   die   Rede    sein,    als   beim    soge- 


nannten   Pfropfen    (der    Gärtner)     der    holzigen    Paeonia 
MuntuH  auf  die  Knollen  der  /'.  albißora  (japonica). 

Schliefslich  machte  Herr  Koch  darauf  aufmerksam, 
dafs  gewaltsame  Eingriffe  auf  das  Innere  einer  Pflanze,  — 
dahin  gehört  auch  das  Eindringen  eines  durchaus  fremden 
Pollenschlauches  in  die  Eihöhle  und  Innern  Raum  auf  die 
Entwickelung  des  Embryo's  —  oft  Veranlassungen  zu 
Formen -Veränderungen  geben.  Eigene  Praxis,  so  wie 
Beobachtungen  intelligenter  Gärtner  haben  dieses  wenig- 
stens gezeigt.  Eine  grofse  Menge  der  sogenannten  Hybri- 
den der  Gärtner  scheinen  dem  Ref.  nichts  weiter  als  For- 
men, welche  auf  die  ebengezeigte  Weise  entstanden  sind. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen : 
Monatsbericht  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften. 
Januar  1869. 


Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (6.  Vogt). 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft  natiirforsehender  Freunde 

zu  Berlin 

am  18.  Mai  1869. 

Direktor:   Herr  Präsident  v.  Strampff. 


Hr.  Sadebeck  theilte  mit,  dafs  aucli  für  das  Königl. 
mineralogische  Museum  der  Universität  circa  84  Gestein- 
stücke als  Geschenk  des  Hrn.  W.  Schimper  eingegangen 
sind.  Begleitet  sind  dieselben  von  geognostischen  Profilen 
und  einer  sehr  speciellen  Karte.  Letztere  umfafst  ein 
Gebiet  von  9  Gehstunden  im  Quadrat  und  zeigt  die  Um- 
gebungen von  Axum  und  Adoa  mit  Einschlufs  des  Berges 
Semayota.  Redner  beabsichtigt  eine  spätere  Veröifentlichung 
der  gewonnenen  Resultate  und  gab  del'shalb  nur  die  allge- 
meinsten Daten.  Das  vorliegende  Gebiet  des  südlichen  Tigre 
hat  als  Grundlage  Granit  (Granitit  G.  Rose),  über  welchem 
sich  die  crystallinischen  Schiefer  ausbreiten,  Gneufs,  Glim- 
merschiefer, Talkschiefer,  Chloritschiefer,  Hornblendeschiefer 
etc.  Durchstrichen  sind  dieselben  vielfach  durch  Eruptivge- 
steine, Granit,  Porphyr,  Grünsteine.  Aus  diesen  Gesteinen 
bestehen  daher  immer  die  höchsten  Kuppen.  Der  Porphyr 
hat  sich  auch  Deckenartig  ausgebreitet  und  grofse  Plateaus 
gebildet.  Dieselben  haben  den  Namen  „rothe  Plateaus"  und 
wurden  von  Steudner  für  vulkanisch  gehalten.  Petrogra- 
phisch  sind  es  feste  Thonsteine  und  Thoneisenstein-Breccien, 
die  Redner  für  verwitterten  Porphyr  und  Porphyrbreccien 
hält.  Mit  vulkanischen  Produkten  haben  dieselben  durchaus 
keine  Ähnlichkeit. 

Hr.  G.  Fritsch  sprach  über  mikroskopische  Photographie 
unter  Vorlage  selbstgefertigter  Proben.  Er  wies  mittelst  der- 
selben nach,  dafs  die  photographische  Darstellung  in  manchen 
Punkten  bedeutende  Vortheile  vor  der  noch  so  geschickt  aus- 
geführten Zeichnung  besitzt,  wenn  auch  die  letztere,  wegen 
der  Möglichkeit  nach  Bedürfnifs  zu  schematisiren,  reinere 
und  klarere  Bilder  geben  mag;  man  darf  dabei  aber  nicht 
vergessen,  dafs  man  es  dann  eben  mit  schematischen  Dar- 
stellungen zu  thun  hat,  wobei  die  gröfsere  oder  geringere 
Einsicht  des  Zeichners  die  Richtigkeit  bedingt. 

[1S69.] 


Die  Photographie  dagegen  liefert  die  positive  Grund- 
lage, das  Thatsächliche  des  Bildes  und  würde  also  auch 
neben  der  schematischen  Zeichnung  immer  ihre  Bedeutung 
behalten.  Aufserdem  aber  sind  viele  Details  so  fein  und 
zierlich,  dafs  selbst  der  geschickteste  Zeichner  nur  schwer 
damit  zu  Stande  kommt,  wie  die  vielfach  existirenden 
schlechten  Abbildungen  schwieriger  Objekte  (Diatomeen 
etc.)  beweisen;  oder  die  Details  sind  wohl  darstellbar, 
aber  so  reich  und  mannigfaltig,  dafs  auch  die  gröfste  Aus- 
dauer daran  verzweifeln  möchte,  und  doch  ist  das  Ensemble 
nöthig  um  den  Habitus  zu  erhalten  (Krystallgruppen  ver- 
schiedener Art  etc.);  ferner  ist  es  unmöglich  —  was  die 
Photographie  mit  äufserster  Trgue  leitet  —  durch  Hand- 
zeichnung eine  bestimmte  Lichlwirkung  im  Objekt  correct 
zu  fixiren,  da  sich  dieselbe  sowohl  durch  das  Bewegen 
der  Mikronieterschraube  vne  durch  die  während  des  Zeich- 
nens vor  sich  gehende  allgemeine  Veränderung  des  Lichtes 
für  das  Auge  nicht  gleich  bleibt.  Endlicli  ist  man  durch 
die  photographische  Darstellung  in  den  Stand  gesetzt  einer 
gröfseren  Anzahl  von  Personen  in  kürzester  Zeit  manche 
Feinheiten  schwieriger  Präparate  zu  demonstriren,  die  wegen 
Mangel  an  Vertrautheit  mit  dem  Mikroskop  oder  wegen 
Ungunst  der  Verhältnisse  dem  Betreffenden  im  Instrument 
selbst  zu  sehen  unmöglich  ist;  auch  können  so  beweisende 
Darstellungen  von  vergänglichen  Präparaten  ge- 
wonnen werden,  wie  sie  die  Zeichnung  selbstverständlich 
nicht  geben  kann. 

Durch  das  in  neuster  Zeit  erfundene  Abdrucken 
photographischer  Negative  lassen  sich  jetzt  unvergäng- 
liche Copien  von  beliebiger  Anzahl  in  sehr  kurzer  Zeit 
anfertigen,  worüber  einige  in  der  Staatsdruckerei  nach 
Photographien  des  Vortragenden  ausgeführte  Proben  vor- 
gelegt  wurden. 

5 


16 


vom  10.  Mai  1869. 


Ein  besonderes  Gebiet  der  mikroskopischen  Photo- 
graphie ist  die  Herstellung  von  Stereoskopen  nach  dem 
Mikroskop.  Dieser  Zweig  der  Technik  ist  wenig  ausge- 
bildet und  dif  rjcwonnenen  Resultate  befriedigen  noch  nicht, 
obgleich  der  Vortragende  sich  für  überzeugt  hält,  dafs 
gerade  in  dieser  Richtung  bedeutende  Resultate  zu  er- 
warten sind.  Er  zeigt  der  Geseliscliaft  einen  kleinen 
Apparat  zur  Anfertigung  solclier  Stereoskopen  voi-,  der 
nach  eigenen  Angaben  von  0  und  lach  ausgeführt  ist, 
dessen  Grundgedanke  sich  aber  als  nicht  neu  herausge- 
stellt hat,  da  etwas  Ähnliches  gleichzeitig  unter  dem 
Namen:  stereoskopische  Wippe,  von  Benecke '")  einem 
französischen  Erfinder  naclibeschricben  worden  ist,  wenn 
auch  die  Construction  dieser  wesentlich  unvollkommener 
als  der  vorgelegte  Apparat  genannt  werden  mufs. 

Durch  mehrere  mittelst  desselben  gewonnene  Bilder 
wurde  seine  Brauchbarkeit,  sowie  die  Lösbarkeit  des 
Problemes  überhaupt  dargethan,  zugleich  aber  auch  ein 
Einblick  gewährt  in  die  vorliegenden,  sehr  bedeutenden 
Schwierigkeiten. 

Hr.  Reichert  legte  Embryonen  einer  achtfüfsigen 
Cephalopode  aus  dem  adriatischen  Meere  zur  Ansicht  vor 
und  knüpfte  daran  Bemerkungen  über  die  Verwendung 
fötaler  Zustände  und  embryologischer  Erscheinungen  zu 
Unterscheidungsmerkmalen  von  Arten,  sowie  von  kleineren 
oder  gröfseren  Thier- Abtheilungen.  Obgleich  bei  Fest- 
stellung der  systematischen  Unterscheidungsmerkmale  in 
erster  Linie  die  ausgebildete  Form  des  Thieres  zu  be- 
achten sei,  so  mache  sich  das  individuelle  (Gepräge  selbst 
der  Arten  auch  in  den  eijibryologischen  Zuständen  und  in 
der  Eiform  geltend,  so  dafs  die  Verwerthung  der  letzteren 
bei  der  Systematik  wohl  gerechtfertigt  sei,  wenn  sie  sich 
nicht  in  den  Vordergrund  dränge  und  vornehmlich  zur  Er- 
läuterung reifer  Zustände  diene.  Diesen  Anforderungen 
entsprechen  die  bisherigen  Versuche  in  den  seltenern  Fällen. 
Zur  Erläuterung  wurde  auf  die  Eintheilung  der  Säugethiere 
in  „piacentare"  und  „  aplacentare"  hingewiesen.  Sodann 
ging  der  Vortragende  auf  die  Eintheilung  der  Thiere  nach 
der  sogenannten  Entwickelung  des  Geschöpfes  .,w  una 
parte"  von  einem  Urtheile  aus.  und  „ex  omnibus  partibus" 
d.  h.  im  ganzen  Umfange  des  künftigen  Leibes  ein;  jenes 
solle  bei  niederen  Thieren,  dieses  bei  höheren  wirbellosen 
undWirbelthieren  stattfinden.  Bei  Aristoteles  undHarvey 
ist  diese  Auffassung  aus  Unkenntnifs  von  Eiern  mit  und  ohne 
Nahrungsdotter  entstanden.  In  neuerer  Zeit  wurden  für  diese 
Vorstellung  in  nicht  richtiger  Weise  Entwickelungserschei- 
nungen  ausgelegt,  die  sich  auf  die  Bildung  von  Hohlkör- 


')  Benecke:     Die   Fhotograpliie   als   Hülfsuiittel    mikroskopi- 
scher Forschung  p.  82. 


perfornien  des  thierischen  Leibes  und  seiner  Hauptorgano 
aus  dem  befruchteten  Ei  beziehen.  Bei  den  niedrigsten  wir- 
bellosen Thieren  konnte  der  betreffende  Vorgang  noch  nicht 
genau  verfolgt  werden.  Aber  man  kennt  ganz  genau  die 
Entstehung  des  einfachsten  thierischen  Hohlkörpers  bei  der 
Bildung  der  sogenannten  Keimblase,  des  bläschenförmigen 
Enibryonalzustandes  höherer  Thiere.  Derselbe  entsteht  be- 
kanutlicli  unter  \'erniittelung  der  epithelialen  Umhüllungs- 
haut von  einer  scheibenförmigen  Anlage  aus,  die  durch 
Wucherung  der  Zellen  an  den  Rändern  weiter  wächst  und 
beim  Übergang  in  die  Bläschenform  den  Rest  des  Bildungs- 
dotters, den  etwa  vorhandenen  Nahrungsdotter  und  Abson- 
derungsprodukte in  ihren  Hohlraum  aufninnnt.  Die  Bildung 
dieser  einfachsten  thierischen  Hohlkörperform  erfolgt  hier- 
nach, so  zu  sagen,  ex  una  parte.  Bei  allen  Thieren  mit 
bilateral- symmetrischer  Construction  des  Leibeswandor- 
ganes  (Articulata  Cuv.,  Mollusken,  Wirbelthiere)  wird  die 
Hohlform  gleichfalls  durch  das  Auswachsen  der  Aufsen- 
ränder  einer  ersten  Anlage  gebildet,  nur  mit  dem  Unter- 
schiede, dafs  die  ursprüngliche  Anlage  durch  bilaterale 
Keimspaltung  zweihälftig  wird,  und  dafs  nunmehr  eine 
primäre  Commissurlinie  in  der  Richtung  der  Keimspaltung 
und  secundäre  Commissurlinien  an  den  Vereinigungsstellen 
der  beiden  auswachsenden  Ränder  aufzunehmen  sind.  Bei 
den  Articulaten  und  Mollusken  liegt  die  primäre  Commis- 
surlinie am  Bauche,  die  secundäre  am  Rücken,  bei  den 
Cephalopoden  in  der  Scheitelregion  des  Mantels.  Bei 
Wirbelthieren  zieht  die  primäre  Commissurlinie  in  der 
Gegend  der  Wirbelsäule.  Aufserdem  giebt  es  hier  zwei 
secundäre  Commissurlinien,  von  welchen  die  eine  am 
Bauche,  die  zweite  am  Rücken  ihre  Lage  hat. 

Hr.  Dönitz  sprach  über  die  Morphologie  des  Horn- 
schnabels  der  Vögel  und  legte  darauf  bezügliche  makros- 
kopische und  mikroskopische  Präparate  vor.  Als  Epithelial- 
bildung  ist  der  aus  Hörn  bestehende  Antheil  des  Vogel- 
schnabels eine  Function  der  Matrix  desselben.  Es  fragt 
sich  aber,  in  welcher  Weise  die  Matrix  sich  am  Aufbau 
des  Schnabels  betheiligt,  ob  sie  selbst  theilweise  mit  ab- 
stirbt, wie  dies  beim  Haar  und  den  Federn  der  Fall  ist, 
oder  ob  sie,  wie  beim  Nagel,  das  Hörn  nur  von  ihrer 
Oberfläche  absondert,  ohne  dabei  abzusterben.  Da  beides 
am  Vogelschnabel  in  verschiedener  Ausdehnung  vorkommt, 
so  entsteht  dadurch  die  grofse  Manchfaltigkeit  in  der 
Form  dieses  Gebildes.  Ein  lehrreiches  Beispiel  liefert  der 
Papagei.  Hier  ist  der  scharfe  Rand  des  Ober-  und  Unter- 
sehnabels mit  Papillen  besetzt,  welche,  an  Gröfse  zuneh- 
mend, bis  zur  Spitze  reichen.  Ihre  relative  Länge  unter 
einander  bedingt  das  Vorhandensein  eines  Hakens  oder 
Einschnittes.  Eine  andere  Reihe  von  meist  ziemlich  grolsen 
Papillen  zieht  quer  über  die  Mundfläche  des  Oberschnabels. 


vom  19.  Mai  IRGO. 


17 


Alle  diese  Papillen  sterben  an  ihrer  Fläche  ab  und  liefern 
somit  direkt  Material  zum  Aufbau  des  Hernes.  Bei 
Sittace- Arten  (Araras)  ist  es  die  Spitze  selbst,  welche 
diese  Funktion  übernimmt,  da  hier  keine  Randpapillen 
vorhanden  sind.  *  Man  überzeugt  sich  leicht  von  diesem 
Verhalten  durch  Quer-  und  Längsschnitte.  Ein  Transver- 
salschnitt zeigt  ganz  das  Bild  eines  Querschnittes  von 
Fischbein:  concentrisch  angeordnete  Epithelzellen  rings  um 
die  Papillen.  —  Die  quer  über  die  Kaufläche  herüberlau- 
fenden Papillen  des  Oberschnabels  können  in  einfacher 
Reihe  stehen,  wie  bei  Pionias  melanocephalus.  Bei  Pionias 
cijanogaster  liegen  noch  einzelne  Papillen  aufserhalb  der 
Reihe  und  vermitteln  dadurch  den  Übergang  zu  derjenigen 
Anordnung,  bei  welcher  ein  Querband  unregelmäfsig  zer- 
streuter Papillen  auftritt,  wie  bei  Flatycercus  Barrabandi 
und  Chrysotis  farinosus.  Noch  breiter  wird  das  Band  bei 
Pionias  senegalus  und  Eclectus  grandis.  Bei  Domiceila 
atricapilla  tritt  es  unter  der  Form  eines  breiten  dreieckigen 
Fleckes  auf,  und  bei  Microglossus  aterimus  ziehen  die  Pa- 
pillen, kleiner  werdend,  bis  an  die  Schnabelspitze  über 
das  mit  Feilkerben  besetzte  Feld  hinweg.  Ob  diese  Un- 
terschiede für  die  Diagnose  verwendbar  sind,  müssen  aus- 
gedehntere Untersuchungen  lehren.  —  Andere  Papillen, 
welche  nicht  absterben,  besetzen  den  Schnabel  von  Sumpf- 
vögeln, z.  B.  Gallinago  scolopacina,  Gallinago  gallinula  und 
Liinosa  melanura.  Solche  Papillen  bildet  Leydig  unter  der 
Form  von  Cylinderzellen  bei  Scolopax  rusticola  ab,  wobei 
zu  bemerken,  dafs  nach  der  Ansicht  des  Vortragenden  bis 
jetzt  noch  kein  verhornendes  Epithel  bekannt  geworden  ist, 
dessen  unterste  Schicht  aus  Cylinderzellen  bestände.  — 
Wo  am  Vogelschnabel  keine  Papillen  vorhanden  sind,  da 
wird  das  Hörn  einfach  von  der  Fläche  abgesondert,  wie 
an  dem  vor  der  Lunula  gelegenen  Theil  des  menschlichen 
Nagels.  Hin  und  wieder  ziehen  über  die  glatte  Fläche  der 
Matri.x  schwache  Leisten,  welche  dann  Veranlassung  zu 
solchen  Oberflächenbildungen  geben,  wie  sie  am  Papagei- 
schnabel als  Feilkerben  bekannt  sind.  Diese  Feilkerben 
kommen  häufiger  vor,  als  man  bisher  angenommen  hat; 
so  fand  sie  der  Vortragende  bei  Domicella  atricapilla,  ob- 
gleich von  diesem,  zu  den  Trichoglossen  gehörigen  Genus 
ausdrücklich  angegeben  wird,  dafs  es  keine  Feilkerben  be- 
sitzt. —  Das  Wachsthum  der  Hornbekleidung  des  Papageien- 
schnabels ist  sonach  ein  ziemlich  complicirtes.  In  den  hinte- 
ren Partieen  findet  sich  Absonderung  von  glatten  Flächen, 
welche  an  der  Mundseite  mit  Leisten  besetzt  sind;  in  der 
vorderen  Absonderung  des  Hornes  von  absterbenden  Pa- 
pillen. —  Diese  wie  anderweitige  zootomische  Untersuchun- 
gen hat  Herr  Dr.  A.  E.  Brehm  durch  unentgeldliche  Über- 
lassung von  Thieren,  die  im  hiesigen  Aquarium  zu  Grunde 
gegangen  waren,  in  liberalster  Weise  unterstützt. 


Derselbe  legte  die  Schlundzähnc  von  Leucaspius  delinea- 
tus  vor,  einem  Fisch,  welcher  neuerdings  in  den  Teichen  von 
Wilmersdorf  bei  Berlin  in  grofser  Menge  aufgefunden 
wurde. 

Hr.  Ehrenberg  sprach  über  die  von  Dr.  H.  Hagen, 
welcher  von  Königsberg  nach  Cambridge.  Vereinigte  Staaten, 
in  feste  Stellung  übergesiedelt  ist,  ihm  zur  Publikation  mit- 
getheilten  Nachrichten,  die  von  demselben  verglichenen  mi- 
kroskopischen Instrumente  von  Nord -Amerika  betreffend. 
Die.  hierauf  bezügliche,  von  H.  zum  Vortrag  bestimmte  Stelle 
lautet:  „Die  Haupt-Mikroskop  Verfertiger  sind  Tolles  in 
Boston,  Wales  in  New-Yersey  und  Zehntmeier  in 
Philadelphia.  Tolles,  früher  mit  Spencer  vereint  (der 
nicht  mehr  producirt)  und  seine  rechte  Hand,  ist  von  einer 
Gesellschaft  „  Boston  Optica!  Association "  engagirt  und 
nach  Boston  übergesiedelt.  —  —  —  —  —  —  —   —  — 

„Für  ein  grofses  Instrument  ist  der  Preis  500  Doli, 
und  mehr  (jedes  Stück  dazu  wird  wie  in  England  beson- 
ders bezahlt).  Jetzt  liefert  er  sogenannte  Students-Instru- 
mente für  65  Dollar.  Über  Wales  Produktivität  habe  ich 
kein  Urtheil,  da  ich  nur  ein  Objectiv  gesehen  habe;  von 
Zehntmeier  habe  ich  nur  ein  Instrument  mit  einem  Ob- 
jectiv von  Tolles  gesehen.  Herr  Clark  in  Cambridge,  \ 
ein  Optiker  von  Bedeutung,  der  die  grofsen  astronomischen 
Instrumente  für  die  Sternwarte  von  Cambridge  und  Chicago 
geliefert  hat  —  man  behauptet  mit  den  gröfsten  Linsen  der 
Welt  18"  Diam.  —  hat  auch  Mikroskope  geliefert.  Ich  habe 
nur  ein  älteres  gesehen,  von  untergeordnetem  Werthe.  — 


Von  Tolles  habe  ich  sogenannte  Firstclass- Instru- 
mente gesehen:  Ein  7  Jahr  altes,  ein  etwa  2  Jahr  altes 
(sogenanntes  umgekehrtes  Mikroskop)  zu  enibryologischen 
Studien  (ähnlich  wie  das  bei  Harting  abgebildete),  ferner 
zwei  grofse  im  letzten  Jahre  gefertigte,  eines  für  die  Coast 
Survey  und  eines  dem  Direktor  der  optischen  Gesellschaft 
gehörig,  der  mir  mit  zuvorkommender  Freundlichkeit  eine 
LTntersuchung  gestattete,  ferner  ein  etwas  älteres  Instru- 
ment und  zwei  oder  drei  Student-Instrumente.  Ich  schicke 
voraus,  dafs  die  Mehrzahl  der  Arbeiter  sich  mit  Diatomeen 
beschäftigen  und  dazu  auch  bestimmte  Eigenthümlich- 
keiten  der  Instrumente  verlangen.  Ich  mag  dabei  nicht 
unerwähnt  lassen,  dafs  die  von  Hrn.  Bicknell  angefer- 
tigten Präparate  musterhaft  sind.  Überdies  ist  die  Mehr- 
zahl der  Mitglieder  der  mikroskopischen  .Sektion  aus  Ge- 
schäftsleuten bestehend,  die  nur  Abends  arbeiten  können 
und  defshalb  Gaslicht  in  trefflich  construirten  Lampen  be- 
nutzen. Der  Präses  der  Sektion,  ein  Ophthalmolog  von 
vorragender  Bedeutung,  Dr.  Jeffries  hat  eine  Verbesse- 
rung in  der  Construktion  des  Brenners  getroffen,  die  aus- 
gezeichnet genannt  werden   kann. 

5* 


18 


vum  IS.  Mai  IHGO. 


Dip  nieolianische  Metallaibeit  der  Iiistniiiieiitf  ist  gut, 
die  Form  der  grofsen  Instrumente  ganz  aligcnu'in  die  der 
Instrumente  von  Smith  u.  Beck  (Harling  IMS'J  p.  754). 
Ich  gestelie  offen,  dal's  mir  dieser  fberlluls  an  Metall  stets 
lästig  und  störend  bei  Kofs  und  allen  englischen  Instru- 
menten gewesen  ist.  Die  kleinen  Hartnacks  stehen  genau 
so  fest,  und  die  mechanischen  Unbequendiciikpiten  der 
grofsen  Instrumente  werden  hier  beim  Gebrauch  durch 
Drehstühle  ausgeglichen.  Die  Mikrometerschraube  (wie 
bei  Smith  u.  Beck)  auf  einen  Hebel  wirkend,  der  das 
Objectiv  in  eigener  Röhre  vorschiebt,  hat  bei  starken  Ver- 
grösserungen  entschieden  die  Nachtheile,  die  sich  eben  von 
der  Hebel  Wirkung  nicht  trennen  lassen,  ein  ungleiches 
schiefes  Vorgehen.  Die  Stelltische  werden  theils  um  ihre 
Achse,  theils  durch  zwei  auf  denselben  befindliche  Schrau- 
ben vor  und  seitwärts  bewegt,  entschieden  mit  zu  schwerer 
Bewegung.  Blenden  und  Diaphragmen  habe  ich  merkwür- 
diger Weise  noch  bei  keinem  Instrumente  von  Tolles 
getroffen.  Das  Loch  im  Tische  ist  über  Zoll  Diameter 
und  auch  zur  Einfügung  von  Blenden  nicht  eingerichtet. 
Natürlich  leidet  die  Stärke  der  Instrumente  bei  solcher 
Anwendung  augenfällig,  und  ich  habe  bei  einem  starken 
Objectiv  (^  Zoll  Distanz)  die  äufseren  Linien  der  Nobert- 
schen  Platte  bogenförmig  nach  aufsen  gekrümmt  gesehen, 
was  bei  einem  engen  Diaphragma  gewifs  fort  gefallen 
.^Yäre.  —  Unter  dem  Tische  wird  in  besonderem  Apparat 
ein  sogenannter  Amplifier  eingefügt  und  sollen  auch  im 
selben  Apparat  Diaphragmen  eingesetzt  werden.  Bisher 
habe  ich  aber  stets  gesehen,  dafs  man  diesen  Apparat 
sorgsam  entfernt  hat,  um  durch  den  Spiegel  und  besonders 
auf  Füfsen  stehenden,  anderen  Spiegeln  so  viel  Licht  als 
möo-lich  in  das  grofse  Loch  des  Tisches   zu  fördern. 

Was  nun  die  optischen  Mittel  betrifft,  so  werden  zu- 
vörderst starke  Oculare  benutzt.  Gewöhnlich  wird  Tolles 
Ocular  B.  mit  10  mal.  Vergr.  angewendet,  die  Stärke  des 
schwächern  A.  kenne  ich  nicht,  jedenfalls  wird  sie  Hart- 
nack  Nr.  2  oder  3  gleichkommen.  An  Objectiven  verfer- 
tigt Tolles  solche  mit  2  Zoll  Distanz,  1^,  1,  ■^,  ^,  \,  \, 
^^  ^.  Von  stärkeren  habe  ich  nicht  gehört,  doch  besitzt 
Agassiz  Sohn  ein  ^g-  von  Spencer  (aber  wohl  auch 
von  Tolles  gearbeitet).  Das  Licht  ist  rein,  weifs  und 
angenelun,  durchaus  in  der  Art  wie  die  besten  Schiecks. 
Wozu  man  Objective  mit  2  Zoll  Distanz  braucht,  ist  mir 
unklar,  da  in  solchem  Falle  ein  guter  Simplex  bequemer 
ist.  Sie  werden  vorzugsweise  angewendet,  um  lebende 
Sachen  in  sehr  gut  gearbeiteten  Glastroegen  zu  unter- 
suchen. Die  Objective  mit  1",  J",  J"  habe  ich  genau  un- 
tersucht (bei  einem  älteren  Instrumente).  Sie  sind  gut, 
aber  durchaus  nicht  mehr  leistend  als  die  europäischen. 
^"  stand  etwa  mit  Ilartnack  Nr.  7   ,!"  auf  gleicher  Stufe 


und  zeigt  in  Pleurosigma  signatnni  nichts  von  den  schrä- 
gen  Systemen. 

Herr  Stiuldcr,  der  Agent  der  Gesellschaft,  hat  im 
vorigen  Jahre  eine  Mittiieilung  gemacht  (die  Sie  in  den 
Boston.  I'roceed.  und  in  den  Lond.  microsc.  Journ.  abge- 
druckt finden)  dafs  er,  Herr  Tolles  und  Greenleaf,  der 
Direktor  der  Gesellschaft,  mit  Tolles  \"  die  Nobertschen 
19  Gruppen  sämmtlich  aufgelöst  habe.  Herr  Greenleaf 
war  so  freundlich  mir  die  Untersuchung  derselben  Instru- 
mente zu  gestatten.  Ich  konnte  beim  besten  Willen  damit 
nur  die  12te  Gruppe  auflösen,  sah  Lienien  in  den  folgen- 
den mehr  oder  minder  undeutlich;  die  18te  Gruppe  sah 
ich  gar  nicht  mehr.  Ein  Objectiv  Hartnack  Nr.  12 
^",  das  ich  hier  sah,  liefs  decidirt  alle  mir  gezeigten 
amerik.  Objective  weit  hinter  sich.  Herr  Woodward  in 
Washington  beim  Surgeon  General  Office  (Curtis  ist  sein 
Assistent)  hatte  denn  auch  gleich  die  Beobachtung  Stod- 
ders  angezweifelt.  Sie  finden  seinen  Bericht  gleichfalls 
Lond.  niicrosc.  Journ.  1868.  Wo  od  ward  war  es  bis 
dahin  nur  gelungen,  die  löte  Gruppe  von  Nobert  aufzu- 
lösen  und  photographisch   darzustellen —  — 

Es  ist  ihm  erst  jetzt  gelungen,  die  4  letzten  Gruppen 
mit  einem  Objectiv  von  Bowel  und  Lealand  -^"  auf- 
zulösen und  photographisch  darzustellen.  Er  hat  sie  An- 
fangs April  bei  der  Sitzung  der  Akademie  in  Washington 
vorgelegt  und  Prof.  Gibbes  und  Agassiz  Sohn  ver- 
sicheren, die  Photographien  gesehen  zu  haben  und  lie- 
haupten,  die  Auflösung  sei  so  gelungen,  wie  früher  für 
die  15  ersten  Gruppen.  Meines  Wissens  ist  bis  jetzt  in 
Europa  die  Auflösung  der  drei  letzten  Gruppen  noch  nicht 
gelungen,  und  ich  beeile  mich  daher  Ihnen  diesen  wissen- 
schaftlichen  Fortschritt  mitzutheilen. 

Alle  amerikanischen  Instrumente  haben  die  in  England 
eingeführte  Schraube  und  sind  daher  bequem  mit  den  Ob- 
jectiven der  verschiedenen  Künstler  zu  benutzen.  Bei 
einigen  Instrumenten  können  die  Objective  mit  einer  Art 
Bajonet-Verschlufs  eingesetzt  werden,  was  mir  bequem 
schien.  Das  Instrument  von  Zehnt meier  hatte  einen  mir 
neuen  Stelltisch  mit  bequemer  sicherer  Bewegung.  Es  war 
auf  den  Stelltisch  eine  Glasplatte  einfach  mit  einer  Klemm- 
feder befestigt,  und  erlaubte  eine  sehr  sichere  und  sanfte 
Einstellung. 

Soll  ich  mein  Urtheil  über  amerikanische  Instrumente 
resumiren,  so  geht  es  dahin:  dafs  sie  in  keiner  Weise  mehr 
leisten  als  europäische.  Ganz  abgesehen  von  meinem  per- 
sönlichen Urtheil.  geht  dies  schon  daraus  hervor,  dafs 
nichts  publicirt  ist  bis  zu  diesem  Augenblicke,  was  nicht 
auch  Europäische  Instrumente  geleistet  hätten.  Der  neueste 
Fortschritt  Woodward  s  ist  auch  mit  einem  englischen 
Objective  gemacht.   Irgend  eine  besondere  Eigenthümlichkeit 


vom  18.  Mai  JMGff. 


19 


oder  einen  Vorzug  der  Construktion  kenne  ich  nicht,  mit 
Ausnahme  der  Gröl'se  des  ÖtFnungswinkels,  in  welchem 
Tolles  und  Spencer  weiter  gegangen  sind  als  die  Euro- 
päer. Tolles  soll  ^V"  mit  175^"  Öffnungswinkel  gefertigt 
haben.  Dafs  dabei  aber  die  Correktion  der  sphärischen 
Aberration  leidet,  beweist  meine  angeführte  Beobachtung  der 
Krümmung  der  Aufsen-Grupperi  auf  Noberts  Platte.  Alle 
starken  Objective  sind  Iraniersions- Linsen.  Es  sind  die  hie- 
sigen Instrumente  zweifellos  gut  gearbeitet  und  namentlich 
ist  Herr  Tolles  ein  vorragender  Künstler,  aber  er  wie  alle 
Optiker  stehen  gegenwärtig  nahe  vor  der  Wand,  die  die 
Wissenschaft  noch  nicht  zu  überspringen  erlaubt  hat.  Die 
guten  Instrumente  aller  Länder,  die  ich  gesehen,  stehen  in 
bestimmter  Hinsicht  sich  in  ihrer  Leistungsfähigkeit  für 
penetrirende  Kraft  fast  gleich.  Es  ist  aber  zweifellos  dieses 
Streben,  die  penetrirende  Kraft  weiter  und  weiter  zu  treiben, 
nicht  oder  noch  nicht  vereinbar  mit  einer  gleichen  Stufe 
der  begränzenden  Kraft  —  und  letztere  ist  für  den  Arbeiter, 
der  das  Mikroskop  eben  zu  andern  Zwecken  braucht  als 
Nobertsche  Gruppen  zu  lösen,  oft  ebenso  wichtig,  oft  sogar 
wichtiger.  Letztere  Kraft  ist  ja  die,  durch  welche  Schieck 
sich  stets  ausgezeichnet  hat,  und  ich  habe  mich  gefreut 
mein  altes  Instrument  mit  Hartnacks  Nr.  7  Strich  halten 
zu  sehen.  Die  Anwendung  der  grofsen  schweren  Instru- 
mente, die  im  Sitzen  nur  bei  Schieflegung  des  Instruments 
zu  arbeiten  erlauben,  ist  für  jeden  der  nicht  blos  trockene 
Präparate  untersucht,  ein  Hemmschuh.  Die  Anwendung 
zu  starker  Oculare  und  vorzugsweise  die  Nichtanwendung 
der  Blenden  ist  gewifs  ein  Fehler. 


Vergleicht  man  nun  überdies  die  Preise,  so  stellt  sich, 
selbst  wenn  man  die  jetzige  Theuerung  und  die  hohen 
Preise  hier  in  Betracht  zieht,  dafs  Verhäitnifs  für  Amerika 
sehr  ungünstig.  Mein  Hartnack  für  104  Thlr.  (390  Francs) 
leistet  genau  so  viel  als  alle  hiesigen  Instrumente  für  500 
Dollar  und  mehr.  Da  anerkannt  die  Wohifeilheit  der  In- 
strumente der  mächtigste  Hebel  für  ihren  Gebrauch  und 
ihre  Verbreitung  ist,  so  ist  dies  Hindernifs  hier  unüber- 
windlich. Die  Students  Mikroskope  für  65  Dollar  leisten 
entschieden  nicht  mehr  als  diejenigen,  die  in  Europa  für 
die  Hälfte  dieses  Preises  zu  haben  sind,  doch  sind  sie  ein 
unleugbarer  Fortschritt.  Der  Arzt  und  Anatom,  der  zu 
seinen  Zwecken  das  Mikroskop  braucht,  wird  sicher  die 
bequemen  Europäischen  vorziehen,  und  ich  war  deshalb 
auch  nicht  verwundert  in  den  Händen  des  Prof.  der  pa- 
tholog.  Anatomie  einen  Oberhäuser  zu  sehen. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen : 
Verhandlungen  des  naturfor.  Vereins  in  Brunn.  Bd.  VI.  1867. 
Bulletins  de  VAcademie  royale  de  Belgique.  Bruxelles  1868. 
37"'«  annee,  2"»  Serie.  Tome  XXV.  XXVI. 
Annuaire  de  VAcademie  royale  de  Belgique.  Bruxelles  1869. 
Jahreshefte  des   naturwissensch.  Vereins  für    das   Fürstenth. 

Lüneburg  III.   1867. 
Monatsbericht  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften. 

Februar  1869. 
Recherches   sur   les  figures    d'Equilibre    d\me    masse    liquide 

Sans  pesanteur  par  I.  Plateau.  9.  10.  11  et  demiere  Serie. 

Bruxelles  1868.    (T.  XXXVII.  d.  Mem.  d.  VAcad.  Roy. 

d.  Belg.) 


Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (6.  \'ogt). 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft  natm-forschender  Freunde 

zu  Berlin 
am   15.  Juni  1869. 

Direktor:    Herr  Präsident  v.   Strampff. 


Hr.  Ehrenberg  übergab  seinen  in  den  Monatsberich- 
ten der  Akademie  vom  März  d.  J.  gedruckten  Vortrag  über 
die  organischen  Einflüsse  in  Melaphyr  von  Dr.  Jenzsch 
und  die  von  der  ersten  deutschen  Nordfahrt  des  Kapitain 
Koldewey  mitgebrachten  Materialien  des  mächtigen  klein- 
sten Lebens  in  den  höchsten  erreichten  nordischen  Breiten 
und  erläuterte  dieselben. 

Hr.  von  Märten s  sprach  über  die  Deckel  der 
Schneckengattungen  Neritina,  Nerita  und  Navicella,  ins- 
besondere deren  Werth  für  die  Systematik,  unter  Vor- 
zeigung ostasiatischer  Exemplare.  Die  Gattung  Neritina 
wurde  durch  La  mark  von  iVerito  L.  abgetrennt,  zunächst 
um  sie  als  Süfswasserthiere  von  den  Meerthieren  getrennt 
zu  halten,  aber  wesentliche  Abweichungen  in  den  Weich- 
theilen,  die  er  voraussetzen  zu  dürfen  glaubte,  haben  sich 
bei  Untersuchungen  der  lebenden  Thiere  nicht  gefunden*) 
und  die  Unterschiede  in  den  Schalen,  welche  er  hervor- 
gehoben, sind  nach  beiden  Seiten  hin  einzelnen  Ausnahmen 
unterworfen.  Deshayes  und  Recluz  haben  daher  beide 
Gattungen  wieder  vereinigt.  Rofsmäfsler  glaubte  einen 
scharfen  Unterschied  zwischen  beiden  Gattungen  darin 
zu  finden,  dafs  bei  den  wirklichen  Süfswasser-Neritinen 
nur  Ein  Fortsatz  (Apophjse)  am  Deckel  vorhanden,  da- 
gegen zwei  bei  den  marinen  Neriten  und  bei  einigen  von 
Lamarck  zu  Neritina  gestellten  Arten,  welche  seitdem  als 
Bewohner  des  Meeres  oder  doch  des  Brackwassers  sich 
herausgestellt  hatten  und  demnach  zu  Nerita  zurückge- 
bracht werden  müfsten,  so  namentlich  N.  viridis  L.  und 
pupa  L.  (Zeitschrift  für  Malakozoologie  1850  und  Ikono- 
graphie Band  HI).  Dem  Vortragenden  war  schon  wäh- 
rend seines  Aufenthaltes  in  Niederländisch -Indien  aufge- 
fallen, dafs  von  den  Artengruppen,  welche  zuerst  Menke 
{synops.  moth.  1830),   später   und   ausführlicher  namentlich 


*)  Vgl.  übrigens  Clapar'ede  in  MüUer's  Archiv  1857  S.  243. 
[1869.] 


Recluz  (Journal  de  Conehyliologie  I.  1850)  innerhalb  der 
Neritinen  aufgestellt,  die  einen  ausschliefslich  in  süfsem 
fliefsenden  Wasser  leben,  andere  hauptsächlich  in  Brack- 
wasser, wie  Flufsmündungen  und  Strandseen.  Die  Ver- 
gleichung  der  Deckel  hat  ihm  nun  ergeben,  dafs  diese 
Artengruppen,  zunächst  nach  dem  Schalenhabitus  aufge- 
stellt, auch  in  der  Bildung  der  Fortsätze  am  Deckel 
Eigenthümlichkeiten  zeigen,  welche  dazu  dienen  können, 
sie  bestimmter  zu  charakterisiren  und  einzelne  Arten,  über 
deren  Stellung  man  nur  nach  der  Schale  zweifelhaft  blei- 
ben konnte,  entschieden  einer  oder  der  andern  Gruppe 
zuzuweisen.  Aber  kein  Merkmal  am  Deckel  verbindet 
alle  Süfswasserarten  im  Gegensatz  zu  sämmtlichen  Brack- 
wasserarten. 

Im  Allgemeinen  trägt  bei  Neritina  ebenso  wie  bei 
Nerita  der  Deckel  zwei  Fortsätze  (Apophysen),  welche 
sich  aus  dem  untern  ältesten  Theil  seiner  Innenfläche  er- 
heben und  in  die  Fleischmasse  des  den  Deckel  tragenden 
Theils  des  Fufses  eindringen;  sie  sind  von  ungleicher  Form 
und  divergiren  von  einander,  der  unterste  mit  kurzer  doch 
auch  etwas  zusammengedrückter  Basis  und  kolbigem,  meist 
ungetheilten  Ende  neigt  sich  gegen  das  untere  Ende  des 
Deckels,  man  kann  ihn  als  Zapfen,  apophysis  cardinalis, 
bezeichnen.  Der  zweite,  Rippe,  apophysis  costalis,  be- 
schreibt einen  Bogen  nach  oben  um  die  Basis  des  ersten, 
steigt  gegen  den  geraden  der  Innenlippe  entsprechenden 
Rand  des  Deckels  immer  mehr  an  und  endigt  über  diesem 
in  einen  lappenartigen  Vorsprung.  In  weiteren  etwas  di- 
vergirenden  Bogen  zieht  eine  leichte  Anschwellung  durch 
die  Mitte  des  Deckels  und  veranlafst  in  der  Mitte  des  ge- 
raden Randes  eine  mehr  oder  minder  auffällige  Protube- 
ranz.  Eine  dritte  noch  weitere  und  ebenfalls  divergirende 
Bogenlinie  bildet  der  convexe  der  Aufsenlippe  entsprechende 
Rand  des  Deckels,  er  ist  meist  biegsam  und  durch  lebhaft 
rothe  oder  dunkle  Färbung  ausgezeichnet  und  kann  kurz- 

6 


22 


vom  i'j.  Juni  ISßn. 


weg  Saum,  Umhtis,  genannt  werden.  All  diese  Bogen- 
linien  verlängern  sich  mit  dem  Wachsthum  des  Deckels 
und  werden  von  dessen  Anwachslinien  durchschnitten. 

Bei  den  europäischen  Flufsneritinen  (Tlieodoxus  Montf., 
Neritinae  ovales  Menke,  edentulae  Recluz,  Vitta  Mörch 
und  Adams,  Typus  N.  fluviatilk  L.)  ist  der  Zapfen  auf 
ein  Minimum  reducirt,  die  Rippe  aber  scharf  ausgeprägt 
und  insofern  hatte  Rofsniäfsler,  der  von  den  europä- 
ischen Arten  ausging,  Recht  nur  Einen  Fortsatz  für  Neri- 
t'ma  zu  behaupten.  Dagegen  sind  Zapfen  und  Rippe  wohl 
ausgebildet,  beide  einfach  und  bis  zur  Basis  von  einander 
getrennt  (Neritaea  J.Roth  1855,  Pw/^ento Gray  1857)  bei  drei 
von  Afrika  bis  Polynesien  verbreiteten  Gruppen. 

1)  Mitrulae  Menke,  Crepidiformes  Recluz,  Dostia  Gray 
(N.  crepidularia  Lam.),  sowie  bei  den  damit  nächstverwand- 
ten Nerijiteron  Less.,  Typus  N.  auriculata  Lam.,  beide  vor- 
herrschend Brackwasserbewohner,  doch  namentlich  letztere 
nicht  ausschliefslich  so. 

2)  llemisphaericae  Menke,  Chjpeolum  Recluz,  Nerite.lla 
bei  Mörch  und  Adams,  Typus  N.  imlligera  L.;  hierher 
aber  auch  pennata  Born  =  piperina  Chemn.  von  Borneo 
und  aciäeata  Chemn.  von  Sumatra  und  Borneo,  alle  Süfs- 
wasserbewohner. 

3)  Picfae  Menke  =  Serratae  Recluz  1845  =  ClMion 
Recluz  1850  =  Neritaea  J.Roth  1855,  Puperita  Gray  1857, 
Neritina  s.  sirict.  Mörch  und  Adams,  hierher  gehören  die 
ostasiatischen  iV.  (jagates  und  zigzag  Lam.,  mit  Coroman- 
deliana  Sew.  =  transversalis  Mörch,  turrita  Chemn.  mit 
semiconica  Lam.  und  Cumingiana  Recl. ,  ferner  communis 
Q.  G.  und  sodann  die  westindischen  und  mittelamerikani- 
schen zehra  Lam.,  reclivata  Say  und  virginea  L.  nebst 
Listeri  Pfr.  und  meleagris  Lam.,  ferner  pui)a  L.  und  die 
vorderasiatischen  Jordani  Butl.  und  Michoni  Bourg. ,  vor- 
herrschend Brackwasserbewohner. 

Bei  all  diesen  drei  Gruppen  ist  die  Innenlippe  der 
Mündung  mit  ziemlich  zahlreichen ,  in  der  Gröfse  nicht 
viel  verschiedenen  Zähnchen  besetzt. 

Eine  weitere  in  Ostasien  und  Polynesien  reich  ver- 
tretene Gruppe  (Spinosae  Menke,  Corona  Recluz,  Clitlion 
Montf.  part. ,  Leach,  Mörch  u.  Adams)  zeichnet  sich  da- 
durch aus,  dafs  der  Zapfen  bis  zur  Hälfte  seiner  Höhe 
mit  der  Rippe  durch  eine  Art  Zwischenwand  verbunden 
ist;  die  Rippe  ist  meist  etwas  plattgedrückt  und  seicht 
gefurcht;  zugleich  ist  die  Protuberanz  in  der  Mitte  des 
Innencanales  stärker  und  auf  der  Aufsenseite  des  Deckels 
von  einer  bogenförmigen  Furche,  dem  Gegenbild  der  An- 
schwellung an  der  Innenseite,  begleitet,  und  die  Farbe  des 
Deckels,  namentlich  der  Aufsenseite,  blafs,  oft  weifslich, 
bei  den  vorhergehenden  lebhafter  roth  oder  schwarz.  Für 
die   Schale    dieser   Gruppe    ist    charakteristisch,    dafs    im 


obern  Drittel  der  Innenlippe  Ein  auffällig  grofser  und 
stumpfer  Zahn  auftritt,  unterhalb  dessen  jene  Protuberanz 
eingi-eift,  und  dafs  die  Schale  meist  matt,  runzelig  und 
nicht  selten  mit  Stacheln  gekrönt  ist,  welche  übrigens  bei 
derselben  Art  vorkommen  und  fehlen  können.  Hieher 
Rumph's  „Flufsdornchen",  N.  hrevispina  Lam.,  von  Am- 
boina  und  Timor,  von  der  sich  die  N.  Corona  L.  im  Sinn 
von  Recluz  und  Hanley  schwer  getrennt  halten  läfst, 
N.  olivaria  Guill.,  ruida  Mouss.,  rugosa  Busch,  diese  und 
andere  in  rasch  fliefsendem  Wasser,  aber  auch  eine  kleine 
Art,  N.  Oualanensis  Less.,  welche  im  Gesammthabitus  an 
die  westindische  meleagris  erinnert  und  wie  diese  in  Strand- 
seen lebt. 

Eine  eigene  Abtheilung,  Neritodryas,  müssen  zwei 
Arten  der  Molukken  und  Philippinen  bilden,  N.  Cornea  L. 
=  ampMhia  Less.  und  N.  dubia  Chemn.  =  Philippinavum 
Sow.  =  hella  Busch,  welche  durch  die  zahnlose  Innenlippe 
den  europäischen  Arten  gleichen,  aber  sonst  in  Gröfse, 
Gestalt  und  Färbung  der  Schale  der  schon  erwähnten 
Gruppe  der  ficiae  näher  kommen;  im  Gaumen,  von  der 
Innenlippe  halb  verdeckt,  sitzt  jederseits  ein  zahnartiger 
Wulst;  am  Deckel  ist  Zapfen  und  Rippe  auch  verbunden, 
letztere  aber  tief  gefurcht  und  am  Ende  wie  gefingert,  zu- 
gleich an  ihrer  Unterseite  tief  ausgehöhlt.  Eigenthümlich 
ist  das  Vorkommen  dieser  Arten  an  frischem  Laub  über 
Wasser;  ich  fand  sie  so  auf  niedern  Sträuchern  mehrere 
Fufs  hoch  über  dem  Morastboden,  andere  Berichterstatter 
sprechen  von  hohen  Bäumen  und  ^  engl.  Meile  Entfernung 
von  jedem  Bache.  Die  Schale  der  einen  Art  zeigt  leichte 
Spiralfurchen ,  worin ,  wie  in  der  partiellen  Körnelung  an 
der  Aufsenseite  des  Deckels  eine  Annäherung  an  die  meer- 
bewohnenden Neriten  liegt. 

Eigenthümlich  ist  ferner  der  Deckel  der  gröfsten  un- 
ter den  bekannten  lebenden  Neritinen,  N.  labiosa  Sow., 
die  der  Vortragende  im  nördlichen  Celebes  wiedergefunden, 
indem  hier  der  Zapfen  platt  gedrückt  ist  und  an  seinem 
Ende  in  mehrere  Läppchen  auseinander  geht.  Sie  lebt  in 
süfsem  fliefsendem  Wasser  und  mag  als  eigene  Gruppe 
Neritona  heifsen. 

Noch  mehr  platt  und  niedergedrückt,  fast  auf  dem 
untern  Ende  des  Deckels  aufliegend  und  meist  etwas 
runzlig  ist  der  Zapfen  bei  den  ächten,  meerbewohnenden 
Neriten,  zugleich  ist  die  Aufsenseite  des  Deckels  meist 
gekörnt,  und  oft  mit  einer  bandförmigen  Anschwellung 
längs  des  Saumes  versehen;  auf  diese  Skulptur  hat  Gray 
noch  Unterabtheilungen  innerhalb  der  Neriten  gegründet 
(Proc.  Zool.  Soc.  1858);  zusammengenommen  mit  den  Apo- 
physen  ermöglicht  sie  eine  ziemlich  lialtbare  Gränze  zwi- 
schen den  Neriten  im  Sinne  Lamarck's  und  dessen  Ne- 
ritinen auch  am  Deckel  allein  zu  finden. 


vom  15.  Juni  1869. 


23 


Die  Navicellen  (^CatiUus  der  neueren  englischen 
Autoren)  sind  neritinenartige  ächte  Süfswasserschnecken, 
deren  Schale  keine  Windungen  macht,  sondern  einfach 
mützenförmig  erscheint,  daher  eine  oberflächliche  Ähnlich- 
keit mit  Patella  und  mehr  noch  mit  Crepidula  erhält, 
welche  durch  den  Bau  der  Weichtheile  und  der  Zunge 
sofort  widerlegt  wird;  in  Habitus  und  Farbenzeichnung 
wie  Vorkommen  schliefsen  sie  sich  zunächst  an  die  Grup- 
pen der  N.  pulligera  und  auch  unserer  fluviatilis  an.  Der 
Deckel  ist  viel  zu  klein  um  die  weite  Mündung  zu  schlie- 
fsen und  gröfstentheils  in  der  Masse  des  Fufses  verborgen, 
so  dafs  nur  der  Saum  hervorsieht;  er  funktionirt  also 
nicht  als  solcher,  wie  an  Spiritus -Exemplaren  zu  sehen 
und  der  Vortragende  an  lebenden  selbst  beobachtete.  Den- 
noch zeigt  er  nicht  nur  in  seinen  Riefen  und  Randvor- 
sprüngen, die  aber  in  derselben  Ebene  bleiben,  kennbare 
Analoga  mit  Zapfen,  Rippe  und  Protuberanz  des  Ne- 
ritinendeckels,  namentlich  desjenigen  von  labiosa,  sondern 
auch  an  seinem  einen  Rande  einen  ähnlichen  Saum.  Der 
Saum  ermöglicht  nun  offenbar  bei  den  Neritinen  das  dichte 
Anschmiegen  des  Deckels  an  den  Rand  der  Mündung  und 
einen  gewissen  Spielranm  im  Einwärtsdrängen  desselben, 
steht  also  mit  seiner  Funktion  im  engen  Zusammenhang, 
und  ebenso  dienen  die  Fortsätze,  Zapfen  und  Rippe,  als 
Angriffspunkte  der  Muskeln  beim  Schliefsen,  daher  die 
Rippe  auch  bei  der  an  der  Luft  lebenden,  somit  der 
Trockenheit  mehr  ausgesetzten  Gruppe  Neritodryas  beson- 
ders detaillirt  ausgebildet  sein  dürfte  (leider  wurde  nicht 
beobachtet,  ob  sie  sich  schliefsen  können  ohne  ihren  Halt 
am  Blatte  zu  verlieren,  wie  es  z.  B.  Ceritlnum  obtusum  an 
den  Manglebäumen  mittelst  einiger  Schleimfäden  vermag). 
Der  dünne  nicht  funktionirende,  aber  morphologisch  gleich 
gebildete  Deckel  der  Navicellen  scheint  daher  ein  altes 
Erbstück  derselben  zu  sein,  Navicella  demnach  nicht  die 
einfachste  Form ,  aus  welcher  Neritina  zu  erklären ,  son- 
dern umgekehrt  aus  Neritina  reducirt  zu  sein.  Ebenso 
scheint  auch  der  massige  aber  wenig  vortretende,  wie  eine 
Schwiele  erscheinende  Zapfen  und  die  platte  Rippe  des 
Neritendeckels  als  erste  Anlage,  aus  der  sich  die  schärfer 
geformten  gleichnamigen  Fortsätze  der  Neritinen  heraus- 
gebildet haben;  der  eine  davon  ist  freilich  wieder  bei  N. 
fluviatilis,  neben  voller  Entwicklung  des  andern,  sehr  zu- 
rückgetreten. So  erhalten  wir  in  der  Familie  der  Neri- 
taceen  eine  Reihenfolge  von  den  dickschaligen  mit  Sculptur 
reicher  versehenen  Neriten  des  Meeres  zu  den  dünneren 
glatten  Neritinen  des  süfsen  Wassers  und  den  in  der 
Schale  noch  mehr  reducirten  Navicellen,  welche  als  auf- 
steigende   genommen    mit    den    allgemeinen    Forderungen 


Rütimeyers  über  Entwicklung  der  Süfswasserthiere  aus 
Meerthieren  sowohl  als  mit  den  Ansichten  Gegenbaurs 
über  Zurücktreten  der  Schalenbildung  bei  den  höheren 
Mollusken  zusammenstimmt. 

Herr  Sadebeck    machte    im  Auftrage   seines  Vaters 
folgende  Mittheilung: 

Wurzener  Wochenblatt  vom  9.  Juni.  1869. 
„Würzen  6.  Juni.  Heute  früh  6  Uhr  wurde  sowohl  in 
der  Stadt  als  in  mehreren  Dörfern  ein  starker  kanonen- 
schufsähnlicher,  doch  dumpf  verhallender  Knall  in  der  Luft 
gehört,  von  welchem  in  Nemt  einzelne  Gebäude  erschüttert 
worden  sein  sollen.  Mit  Futterholen  beschäftigte  Leute 
wollen  gleich  darauf  einen  dunklen,  bald  wieder  ver- 
schwundenen Streifen  am  Himmel  in  der  Richtung  nach 
Osten  zu  gesehen  haben.  Auch  in  der  Gegend  von  Riesa 
und  Grofsenhain  hat  man  diesen  Knall  gehört.  Die  Ge- 
rüchte, nach  denen  derselbe  durch  eine  Pulverexplosion  in 
Torgau,  oder  durch  die  Explosion  eines  Dampfschiffkessels 
verursacht  worden  sei,  sollen  sich  bereits  als  unbegründet 
erwiesen  haben.  —  In  den  Morgenstunden  am  Sonntag  soll 
zwischen  Lommatzsch  und  Meifsen  ein  circa  15  Pfund 
schwerer  Meteorstein  niedergefallen  sein.  (Sollte  dies  Er- 
eignifs  mit  obigem  vielleicht  in  Verbindung  stehen?)" 

Ich  habe  den  Knall  auch  gehört.  Er  hatte  keine 
Ähnlichkeit  mit  dem  eines  Schusses,  sondern  machte  den 
Eindruck,  als  ob  ein  Gegenstand  zerplatzt  wäre.  Bald 
darauf  erfolgte  ein  donnerähnliches  Getöse,  welches  aber 
sehr  lange,  mindestens  eine  Minute,  anhielt.  Einige  Leute 
wollen  einen  Lichtstreifen,  wie  von  einer  Rakete,  in  der 
Richtung  von  Westen  nach  Osten  hin  gesehen  haben. —  Mir 
kam  es  so  vor,  als  ob  der  Knall  östlich  von  Hohburg  erfolgt 
sein  müsse,  was  mit  den  vorigen  Angaben  übereinstimmt. 
Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen : 
Verzeichiifs  der  Käfer  Deutschlands  von  Dr.  Kraatz  (En- 

tomol.  Zeitschr.  1869). 
Berliner  Entomologische   Zeitschriß.      Jahrgang  12.     1868. 

Jahrg.  13.     1869. 
Walpers  Annales  botanices  systematicae.  Tom.  VIT.  Fase.  III 

1869.     Auct.  Dr.  C.  Müller. 
La  Sumergida  Isla  de  Atlantis  por  G.A.Ernst.  Caracas  1867. 
Observationes  meteorologicas  en  Caracas  1868  p.  Ag.  Aveledo. 
El   läge   de  Asfalto   en   la   Isla   de  Trinidad  por  Aristides 

Rojas.     Caracas. 
Erklärung   der  Bahnen   des  Bumerangs    von    Dr.  0.  Erd- 

mann.    Berlin  1869. 
Üb.  Dr.  Jenzsch's  Melaphyr  und  Kap.  Koldeivey^s  erste  Polar- 
reise von  Ehrenberg  (Auszug  aus  dem  Monatsber.  d. 
Akad.     März  1869). 


Buchdruckerei  der  Künigl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,  Uuiversitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft  natiu'forschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  20.  Juli  1869. 

Direktor:   Herr  Professor  Braun. 


Hr.  Reichert  legte  7  Exemplare  von  Hyalonemen 
vor,  die  der  Marinearzt  Dr.  Reger  aus  Jeddo  mitgebracht 
hatte.  Hr.  Dr.  Reger  hatte  auf  Veranlassung  des  Vor- 
tragenden sich  bemüht,  den  Ort  aufzufinden,  wo  die  Hya- 
lonemen gefischt  werden.  Es  wurde  ihm  die  heilige  Insel 
Ino  Siraa  in  der  Simuda-Bucht  bezeichnet.  Es  zeigte  sich, 
dafs  auf  dieser  Insel  Hyalonemen  in  grofser  Menge  von 
Fischweibern  an  die  Pilger  verkauft  werden,  aber  als 
Gegend,  wo  dieselben  gefischt  werden,  wurde  hier  ein 
25  Meilen  entfernter  Ort  genannt,  der  unter  den  obwal- 
tenden Umständen  nicht  mehr  aufgesucht  werden  konnte. 
Die  von  Hr.  Dr.  Reger  mitgebrachten  Hyalonemen  sind 
getrocknete  Exemplare,  an  denen  Zeichen  einer  künstlichen 
Bearbeitung  des  Naturproducts  nicht  vorhanden  sind.  An 
5  Exemplaren  steckt  das  eine  Ende  des  Büschels  der 
Kieselnadeln  in  dem  ihm  zugehörigen  Schwammkörper, 
und  unmittelbar  über  dem  letzteren  wird  das  freie  Stück 
der  Kieselnadeln  von  dem  epizootischen  Polypenrohr  um- 
fafst;  an  zwei  Exemplaren  fehlt  der  Schwanimkorper,  und 
das  darin  ursprünglich  befestigte  Ende  der  Nadeln  ist 
gleichfalls  von  der  Polypenröhre  vollständig  eingeschlos- 
sen. Aus  dem  Vergleich  der  verschiedenen  Exemplare 
geht  hervor,  dafs  der  Schwanimkorper  unter  der  Ausbrei- 
tung der  epizootischen  Polypenröhre  allmälig  an  Länge 
abnimmt  und  schliefslich  vollständig  von  seinem  Nadel- 
büschel verdrängt  wird.  Aufserdem  ist  es  im  hohen  Grade 
wahrscheinlich,  dafs  die  gegen  den  Schwammkörper  vor- 
dringende Polypenröhre  ein  abnormes  längeres,  freies  Aus- 
wachsen der  Nadeln  herbeiführt.  Bei  denjenigen  Exem- 
plaren, bei  welchen  der  Polyp  sich  eben  angesiedelt  hat, 
beträgt  die  Länge  des  Schwammkörpers  nahezu  ^  der 
Länge  der  Nadeln.  Dies  Verhältnifs  ist  bei  anderen  Ex- 
emplaren nicht  festzuhalten;  die  Länge  des  freien  Stückes 
des  Büschels  der  Nadeln  kann  zur  Länge  des  Schwamm- 
körpers wie  1  :  8  sich   verhalten.    Zu  den  Kunstproducten, 

[1869.] 


vi^elche  die  Japanesen  mit  Hilfe  der  Hyalonemen  anfertigen, 
gesellen  sich  daher  auch  noch  pathologische  Exemplare. 
Die  normale  äufsere  Form  der  Hyalonemen,  namentlich 
auch  ihres  Schwammkörpers,  wird  sich  erst  an  polypen- 
freien, mit  allen  "Weichtheilen  in  Weingeist  wohl  erhalte- 
nen Exemplaren  feststellen  lassen. 

Hr.  W.  Peters  legte  vor  ein  von  Hrn.  Dr.  Schwein- 
furth  eingesandtes,  sehr  defectes,  schädelloses  Fell  eines 
anthrogomorphen  Affen  aus  Chartuni  und  sprach  sich  da- 
hin aus,  dafs  es  nach  den  Proportionen  der  Gliedmafsen, 
der  Gröfse  der  Ohren  und  der  Beschaffenheit  und  Farbe 
der  Behaarung  zu  urtheilen  keiner  von  dem  Chimpanse  der 
Westküste  Afrikas  verschiedenen  Art  anzugehören  scheine. 

Derselbe  sprach,  unter  Bezugnahme  auf  die  neuer- 
dings erschienene  Synopsis  von  Gray  (Ann.  and  Mag.  Nat. 
Eist.  4.  Ser.  I.  p.  35)  über  die  verschiedene  Schädelbil- 
dung bei  Ili/rax,  insbesondere  über  das  Vorkommen  und 
Fehlen  des  Interparietale  und  das  Vorkommen  eines  ein- 
zelnen und  doppelten  Parietale  und  gab  eine  Notiz  über 
eine  neue  Art  dieser  Gattung  aus  Mocambique,  welche 
früher  von  ihm  nur  für  eine  Varietät  von  H.  urhoreus  ge- 
halten worden  war. 

Hyra.T  mossambicus  n.  sp. 

Nach  der  vom  lebenden  Thiere  gemachten  Aufzeich- 
nung: Schwarz  und  grau  gesprenkelt,  nach  dem  Steifs 
hin  mehr  rostfarbig;  auf  der  Mitte  des  Rückens  ein  rost- 
gelber Fleck;  über  dem  Auge  und  am  untern  Rande  des 
Ohrs  rostgelb.  Unterseite  schmutzig  weifs.  Die  einzel- 
nen Haare  des  Rückens  schwarzbraun,  mit  einem  subapi- 
calen  gelbweifsen  Ringe  und  schwarzer  Endspitze.  Bart- 
haare schwarz.  Oberseite  der  Zehen  von  der  Körperfarbe, 
aber  mehr  silberglänzend.  Ober-  und  Unterlippe,  so  wie 
die  nackten  Fufssohlen  und  die  nackte  Analgegend  schwarz. 

Der  Schädel  hat  ein  einfaches  Scheitelbein  und  kein 
Interparietale,    wodurch    es    am    meisten  mit  dem  von  //. 

7 


26 


vom  20.  Mi  1869. 


Blainvillei  Gray  (II.  riificeps  Blainville,  non  Ehren- 
berg, H.  abyssinicus  Jäger,  non  Ehrenberg)  überein- 
stimmt. Er  unterscheidet  sich  aber  von  ihm  durch  die 
Form  des  obern  Theils  der  Hinterhauptschnppe,  welche 
vorn  nicht  in  zwei  parallele  sondern  in  zwei  divergirende 
Spitzen  ausgeht,  durch  das  über  dem  2.  und  nicht  über 
dem  3.  Backzahn  gelegene  Foramen  infraorbitale,  durch 
das  gröfsere  und  aufsen  mehr  vortretende  üs  lacrymale, 
durch  die  längeren  und  weiter  nach  vorn  (bis  zum  3.  und 
nicht  bis  zum  4.  Backzahn)  vordringenden  Gaumenbeine, 
durcii  die  schmälere  Schnauze,  mehr  abgeplattete  Inter- 
orbitalgegend  und  endlich  durch  das  Verhältnifs  der  Zähne. 
Die  ersten  drei  oberen  Backzähne  sind  zusammen  eben  so 
lang,  wie  die  Entfernung  zwischen  ihnen  und  den  Schneide- 
zähnen und  ungefähr  so  lang  wie  2-^  der  folgenden  Back- 
zähne, während  bei  H.  Blainvillei  die  drei  vorderen  Back- 
zähne zusammen  viel  kürzer  als  das  Diastema  und  nicht 
ganz  so  lang  wie  die  beiden  folgenden  Backzähne  zu- 
sammen sind. 

Länge  der  Handsohle  0™058;  Fufssohle  0!''034. 

Ich  erhielt  ein  einziges  Exemplar,  ein  noch  nicht  ganz 
ausgewachsenes  Weibclien,  dieser  Art  am  8.  Septbr.  1843 
auf  der  der  Insel  Mocambique  gegenüber  liegenden  Halb- 
insel Caba(;eira  im  15°  Südl.  Br. 

Herr  Dönitz  sprach  über  den  feineren  Bau  der 
Muskelfasern  wirbelloser  Thiere.  An  den  Fibrillen,  die 
man  schon  isolirt  im  Thorax  von  Fliegen  vorfindet,  zeigt 
sich  eine  doppelte  Art  der  Querstreifung.  Die  eine  ist 
neuerdings  sehr  genau  von  W.  Krause  (die  motorischen 
Eiidplatten  etc.)  beschrieben  worden.  Sie  besteht  darin, 
dafs  scharfe,  dunkle  Linien,  jederseits  von  einem  hellen 
Streifen  begrenzt,  die  Fibrille  in  gleich  lange  Abschnitte 
theilen,  deren  Längsdurchmesser  den  Querdurchmesser  um 
X — i  übertrifft.  Das  von  den  Liniensystemen  eingeschlos- 
sene matte  Querband  wird  aber  seinerseits  wieder  durch 
ein  eben  solches,  nur  sehr  viel  zarteres  Liniensystem 
halbirt,  so  dafs  dadurch  Abschnitte  zu  Stande  kommen, 
welche  breiter  sind  als  lang.  Öfter  wird  im  Verlaufe  der- 
selben Fibrille  diese  zartere  Querstreifung  in  allmählichem 
Übergange  eben  so  deutlich  wie  die  erst  erwähnte.  Wenn, 
wie  es  häufig  vorkommt,  die  Fibrillen  im  Zickzack  ver- 
laufen ,  so  entsprechen  die  Einknickungssfellen  entweder 
den  stärkeren ,  oder  den  schwächeren  dunklen  Querlinien, 
oder  beiden  zugleicli.  Die  hellen  Streifen  zu  beiden  Seiten 
je  einer  dunklen  Querlinie  scheinen,  wie  Heppner  be- 
hauptet, nichts  als  Liclitreflexe  zu  sein.  Die  dunklen 
Linien  aber  entspreclieu  keinenfalls  Scheidewänden,  wie 
Krause  annimmt,  da  es  beim  Zerfasern  der  Scheren- 
muskeln lebender  Krebse  gelingt,  Fibrillen  auf  ganze 
Strecken  hin  ihres  Inhalts   zu   berauben    oder   diesen   der- 


artig zu  verschieben,  dafs  Stellen  mit  quergestreiftem  In- 
halt und  leere  Strecken  abwechseln.  Daraus  ergiebt  sich: 
1)  dafs  die  Fibrille  ein  röhriges,  mit  Inhalt  gefülltes  Ge- 
bilde ist;  2)  dafs  die  Querstreifung  nicht  durch  membra- 
nöse  Scheidewände  dieses  Rohres  hervorgerufen  sein  kann; 
3)  dafs  die  Fibrille  das  letzte  Formelement  der  Muskel- 
faser ist.  —  Der  neuerdings  vielfach  angenommene  Aufbau 
der  Muskelfaser  aus  Bowman's  discs  ist  mit  der  oben 
erwiesenen  Selbständigkeit  der  Fibrillen  eben  so  unver- 
träglich wie  mit  der  Entwickelung  der  Muskelfasern,  da 
so  viel  fest  steht,  dafs  die  in  Muskel  sich  umwandelnde 
Zelle  zuvörderst  in  die  Länge  wächst,  bevor  die  Quer-, 
streifung  sich  einstellt.  —  Über  den  Grund  der  Querstrei- 
fung läfst  sich  bis  jetzt  kein  endgültiges  Urtheil  fällen. 
Die  von  Brücke  empfohlene  Untersuchung  im  polarisirten 
Liebte  führt  zu  keinem  entscheidenden  Resultate,  denn 
einerseits  ist  die  doppelt  brechende  Eigenschaft  des  Mus- 
kels so  schwach,  dafs  man  sie  an  einer  isolirten  Fibrille 
überhaupt  nicht  nachweisen  kann,  sondern  eine  gröfsere 
Anzahl  übereinander  liegender  Fibrillen,  z.  B.  ein  Primi- 
tivmuskelbündel, nöthig  hat,  um  die  Erscheinungen  der 
Doppelbrechung  zu  sehen ;  andrerseits  gelingt  es  nicht,  am 
frischen  Präparate,  z.  B.  am  Schwänze  curarisirter  Frosch- 
larven oder  an  frischen  Schenkelrauskeln  von  Insecten 
den  Nachweis  zu  führen,  dafs  sie  aus  abwechselnden 
Schichten  einfach  und  doppelt  brechender  Substanz  be- 
stehen. Nimmt  man  allerdings  Praeparate  zur  Untersu- 
chung, welche  schon  durch  eine  eingreifende  Behandlungs- 
metliode  in  discs  zu  zerfallen  beginnen,  dann  kann  m^n 
Bilder  erhalten,  welche  den  von  Brücke  publicirten  ent- 
sprechen, die  aber  doch  nicht  hinreichen,  um  mit  Brücke 
den  Schlufs  zu  ziehen,  dafs  an  der  Stelle,  wo  man  die 
Querlinien  sieht,  eine  einfach  brechende  Substanz  sich 
findet.  Hiermit  verliert  die  so  sehr  beliebte  Disdiaklasten- 
theorie  den  wesentlichsten  Theil   ihres  Haltes. 

Derselbe  berichtet  über  die  Section  eines  im  Ber- 
liner Aquarium  gestorbenen  Seehundes  (Halichoerus  foeti- 
dus).  Das  Thier  war  öfters  in  Krämpfen  liegend  auf  dem 
Lande  angetroffen  worden  und  hatte  häufig  eine  Art  kla- 
gendes Geheul  hören  lassen.  Die  Section  gab  genügende 
Anhaltspunkte  für  diese  Erscheinungen  und  den  schliefs- 
lichen  Tod.  Es  fand  sich  nenilich  nicht  allein  intensiver 
Katarrh  der  Gallengänge,  veranlafst  durch  massenhafte 
Anwesenheit  eines  parasitischen  Wurmes,  des  Distoma 
Conus;  sondern  auch  in  der  Bauchhöhle,  im  Blut  der  Kör- 
pervenen und  des  Herzens  (linker  Vorhof)  und  in  der 
Lunge  fanden  sich  Eingeweidewürmer  (Nematoden)  von 
13 — 15  Cm.  Länge,  welche  bisher  noch  nicht  beschrieben 
worden  sind.  Das  Kopfende  ist  breiter  als  das  Schwanz- 
ende,   welches    beim  Männclien    korkzieherartig  gewunden 


vom  20.  Juli  1869. 


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ist.  Das  hintere  Körperende  des  Männchens  ist  mit  un- 
symmetrisch angeordneten  Papillen  besetzt,  von  denen  vier 
Paar  praeanal  gelegen  sind.  Unmittelbar  hinter  dem  Anus 
stehen  in  einer  Querreihe  4  Papillen,  deren  mittlere  sehr 
klein  sind.  Die  Schwanzspitze  trägt  4  Papillen.  Der 
Raum  zwischen  Anus  und  Schwanzspitze  ist  entweder 
papillenlos ,  oder  er  trägt  deren  1  —  2.  Spicula  sehr  un- 
gleich, das  kleinere  0,215  Mm.,  das  gröfsere  0,67  Mm. 
lang.  Schwanzende  des  Weibchens  frei  von  Papillen. 
Die  Vulva  liegt  1,33  Mm.  hinter  der  Mundötfnung,  ein 
wenig  vor  dem  hinteren  Ende  des  Oesophagus.  Die  we- 
der durch  Lippen  noch  Papillen  ausgezeichnete  Mund- 
öffnung führt  in  ein  ziemlich  langes  Vestibulum.  —  Die 
beiden  kleinen  postanalen  Papillen  trennen  diesen  Wurm 
vom  Genus  Filaria.  Um  aber  auf  eine  Species  hin  nicht 
ein  neues  Genus  zu  gründen,  mag  er  vorläufig  bei  diesem 
Genus  bleiben  und  Filaria  Reicherti  heifsen. 

Hr.  Braun  legte  eine  Reihe  neuerlich  beobachteter 
Pflanzenmit'sbildungen  vor.  Mehrere  von  Hrn.  Universitäts- 
gärtner Sauer  mitgetheilte,  im  Keller  zur  Keimung  ge- 
kommene Kartoffeln  waren  stellenweise  aufgeplatzt  und 
zeigten  im  Inneren  kleinere  neugebildete  Knollen  von  Ha- 
selnufs-  bis  zu  Wallnufsgröfse,  welche  aus  dem  Rifs  mehr 
oder  weniger  hervordrangen.  Bei  einer  derselben  traten 
5  junge  Knollen  zu  2  und  3  aus  zwei  Rissen  hervor. 
Die  genauere  Untersuchung  zeigte,  dafs  die  jungen,  im 
Inneren  der  alten  erzeugten  Knollen  seitlich  an  dünnen, 
walzenförmigen  Sprossen  safsen,  welche  ihren  Ursprung 
dicht  unter  der  Oberfläche  des  alten  Knollens  und  zwar 
an  der  Stelle  eines  Auges  nahmen,  somit  wohl  als  nach 
innen  entwickelte  Augen  betrachtet  werden  müssen.  Es 
erinnert  dieser  Fall  an  eine  mehrmals  bei  Mammillaria 
beobachtete  Bildung  einer  neuen  Pflanze  im  Innern  der 
unverletzten  alten,  doch  ist  die  Entstehung  in  diesem 
letzteren  Falle  wohl  in  anderer  Weise,  nämlich  durch  in- 
nere Adventivknospenbildung,  zu  erklären. 

Der  Vortragende  theilte  ferner  einen  neuen  Fall  von 
Poly embryonie  mit.  Im  botanischen  Garten  zeigten 
sich  bei  einer  Aussaat  von  Coffea  arabica  im  Sommer  1867 
unter  etwa  40  keimenden  Samen  4 ,  welche  je  2  gleich- 
srofse,  gleich  vollkommene  und  unter  sich  nicht  verwach- 
sene  Keimpflänzchen  hervorbrachten.  Eine  von  Herrn 
Garteninspector  Bouche  im  Sommer  1866  gefundene 
Keimpflanze  von  Ailantkus  glandulosa  bietet  ein  merkwür- 
diges Beispiel  eines  den  ersten  Jahrestrieb  mit  einer 
Gipfelblüthe  abschliefsenden  Baumes.  Das  zur  Zeit  der 
Blüthe  getrocknete  Exemplar  zeigt  zunächst  2  noch  grü- 
nende Cotyledonen,  mit  welchen  sich  die  2  ersten  (drei- 
theiligen)  Laubblätter  kreuzen.  Diesen  folgen  in  spiraliger 
Ordnung    3    weitere    Laubblätter,    das    erste    vollkommen 


dreitheilig,  das  zweite  mit  nur  einseitig  abgelöstem  Seiten- 
blättchen,  dem  auf  der  anderen  Seite  ein  wenig  entwickel- 
ter Lappen  entspricht,  das  dritte  nur  schwach  und  un- 
gleichseitig dreilappig.  Nach  diesen  5  Laubblättern  wird 
die  Hauptachse  plötzlich  dünner,  indem  sie  in  einen  3  Mm. 
langen  Blüthenstiel  übergeht  und  mit  einer  männlichen 
Blüthe  schliefst,  von  deren  5  Kelchblättern  das  erste,  dem 
letzten  Laubblatt  schief  gegenüberstehende,  zu  einem  fast 
sitzenden  9  Mm.  langen  eiförmigen  Laubblatt  ausgebildet 
ist.      Die    Blüthe    zeigt    aufserdem    5   Blumenblätter    und 

5  Staubblätter.  In  den  Achseln  aller  Laubblätter  zeigen 
sich  ruhende  Knospen,  von  denen  die  des  obersten  der 
Blüthe  zunächst  vorausgehenden  Laubblattes  die  anderen 
an  Gröfse  bedeutend  übertrifft  und  wohl  zur  Fortbildung 
des  Hauptstammes  bestimmt  war.  Der  vorliegende  Fall 
schliefst  sich  an  einen  ähnlichen  von  Benda  bei  Quercus 
Robur  (pedupculata'i)  beobachteten  und  durch  eine  litho- 
graphirte  Abbildung  der  Vergessenheit  entrissenen  Fall  an. 
Das  betreffende  einjährige  Eichbäumchen  wurde  im  März 
1854  auf  dem  K.  Forstrevier  Altenplatow  in  einer  nach 
der  Alemann'schen  Culturmethode  zu  Ende  November  1852 
angelegten  Eichen -Rillensaat  im  entblätterten  Zustande 
gefunden,  doch  zeigen  sich  daran  aufser  den  Stielresten 
der  Cotyledonen  die  Ansatzpunkte  von  einigen  Niederblät- 
tern und  von  5  Laubblättern,  worauf  das  Ende  der  Haupt- 
achse mit  einem  langgestreckten  weiblichen  Blüthenstande 
schliefst,    an    welchem    in    Entfernungen   von  8  — 10  Mm. 

6  weibliche  Blüthen  stehen,  die  2  obersten  unentwickelt 
vertrocknet,  die  3  unteren  mit  entwickelten,  aber  unge- 
wöhnlich kleinen  Schüsseln,  aus  welchen  die  verkümmerte 
Eichel  nur  wenig  hervorragt,  die  vierte  von  unten  dagegen 
zeigt  eine  fast  bis  zur  normalen  Gröfse  entwickelte  weit- 
geöffnete Schüssel,  aus  welcher  die  ohne  Zweifel  normal 
entwickelte  Eichel  ausgefallen  ist.  Hier  trug  also  die 
Eiche  im  ersten  Lebensjahre  Frucht,  während  sie  im  ge- 
wöhnlichen Lauf  der  Dinge  ein  Alter  von  50-60  Jahren 
erreichen  mufs   um  zu  diesem  Ziele  zu  gelangen! 

Es  wurden  ferner  frische  Zweige  vorgelegt  von  Taxuii 
tardiva  (T.  adpressa,  brevifolia,  parvifolia  etc.  der  Gärten). 
An  den  kleineren  Seitenzweigen  der  im  botanischen  Garten 
cultivirten  Exemplare  zeigen  sich  sehr  häufig  reihenweise 
Verwachsungen  der  Blätter  (Nadeln),  deren  2 — 5,  ja  zuweilen 
selbst  bis  10  und  11  der  ganzen  Länge  nach  fest  vereinigt 
sind  und  sonderbare,  schief  aufsteigende,  meist  nach  aufsen 
etwas  gewölbte  Platten  darstellen.  Die  Verwachsung  folgt 
dabei  nicht  der  Grundspirale,  sondern  meistens  den  Ternar-, 
seltener  den  Quinar-Parastichen  und  ist  gewöhnlich  mit 
Krümmung  oder  Drehung  des  Zweigs  verbunden.  Es  wird 
aufserdem  als  bemerkenswerther  Umstand  angeführt,  dafs 
T.  tardiva,  von   dem   im  botanischen   Garten  nur  weibliche 

7* 


28 


vom   20.  Juli  1869. 


Exemplare  vorhanden  sind,  mit  Keimlingen  versehene  Sa- 
men zur  Reife  bringt;  ob  vielleicht  durch  Befruchtung  von 
Seiten  der  gewöhnlichen  Eibe  (Taxus  baccata)  ist  noch 
zu  ermitteln. 

Ferner  werden  vorgelegt  getrocknete  Exemplare  von 
Parietaria  of/icinalis  mit  ^  und  {^^  (durch  schwache 
Drehung  scheinbar  auch  :|-)  Stellung,  statt  der  gewöhn- 
lichen f  oder  -f^  St.  Im  hiesigen  Universitätsgarten  zei- 
gen ungefähr  der  dritte  Theil  der  Exemplare  diese  sonst 
seltene  Ausnahmsstellung  und  ein  vor  langen  Jahren  von 
C.  Schimper  wahrscheinlich  bei  München  aufgenomme- 
nes Exemplar  mit  f  Stellung  scheint  anzuzeigen,  dafs 
Parietaria  o/ficinalis  auch  anderwärts  häufig  in  dieser  Weise 
abändert. 

Eine  Abart  der  Wallnufs  mit  einfachen  Blättern 
(luglans  regia  simplicifolia  s.  monophylla)  ist  in 
den  Gürten  zwar  selten,  aber  doch  seit  längerer  Zeit  be- 
kannt; die  vorgelegten  von  Hrn.  Apotheker  Büttgenbach 
in  Weiden  bei  Aachen  eingesandten  Exemplare  stammen 
von  18 — 20jährigen,  jedoch  nur  strauchartigen  und  bisher 
unfruchtbaren  Bäumchen,  welche  von  dem  Gutsbesitzer 
Adenau  in  Weiden  aus  selbstgezogenen  Früchten  des 
gewöhnlichen  Nufsbaums  erzogen  wurden,  und  zwar  sollen 
nach  den  mitgethcilten  Berichten  bei  einer  bestimmten 
Aussaat  aus  der  Mehrzahl  der  verwendeten  Nüsse  Exem- 
plare mit  einfachen  Blättern  erwachsen  sein.  Der  vor- 
liegende Fall  zeigt  ein  merkwürdiges  Beispiel  der  plötz- 
lichen, nicht  durch  allmählige  Übergänge  vermittelten  Ent- 
stehung einer  auffallenden  Abart.  Zum  Vergleich  wurde 
auch  die  in  den  Gärten  häufiger  cultivirte,  das  entgegen- 
gesetzte Extrem  darstellende  luglans  regia  laciniata  vor- 
gezeigt. 

Die  Kaiserkrone  (Fritillaria  imperialis)  zeigte  im 
Frühling  dieses  Jahres  (Mitte  April)  sowohl  im  Universitäts- 
garten als  auch  in  Privatgärten  bald  an  allen,  bald  nur  an 
einem  Theil  der  Blüthen  der  betreffenden  Exemplare,  eine 
eigenthümliche  Verkümmerung,  indem  die  Perigonblätter 
kaum  ^  bis  ^  der  gewöhnlichen  Länge  hatten  und  sich  nur 
sehr  schwach  färbten,  wogegen  die  Staubblätter  fast  die 
normale  Gröfse  erreichten  und  daher  weit  aus  der  Blüthe 
hervorragten.  Die  Staubbeutel  streuten  einen  reichlichen, 
anscheinend  normalen  Blüthenstaub  aus,  wogegen  das 
Pistill  sich  klein  und  kümmerlich  zeigte  und  keine  weitere 
Ausbildung  erlangte.  Die  Blüthenstiele  blieben  an  sol- 
chen Blüthen  sehr  kurz,  die  Blüthe  selbst  aufrecht,  nicht 
wie  gewöhnlich  nickend.  An  manchen  Exemplaren  fanden 
sich  zwischen  den  abnormen  Blüthen  normal  entwickelte 
oder  auch  gemischte,  an  denen  nur  ein  Theil  der  Perigon- 
blätter (und  zwar  die  inneren)  die  normale  Entwicklung 
erlangt  hatten.     Der  hier  beschriebene  Fall  scheint  einige 


Analogie  mit  der  von  Maximowicz  auf  der  Naturfor- 
scherversammlung in  Dresden  von  Deutzia  beschriebenen 
abnormen  Blüthenentwicklung  zu  besitzen. 

Pelorien  von  Aconitum.  Es  wurden  zunächst  zwei 
abnorm  gebildete,  annähernd  pelorisclie  oberste  Blüthen 
von  verschiedenen  Blüthenständen  desselben  Stockes  eines 
A.  Lycoctonum  des  hiesigen  Universitätsgartens  vorgelegt, 
beide  mit  je  3  horizontal  abstehenden  Helmen  (Spornen) 
versehen,  völlig  aufrecht  und  auf  längeren  Blüthenstielen 
über  die  schon  entblätterten  vorausgehenden  Blüthen  er- 
hoben. Die  drei  Helme  gehören  dem  ersten,  zweiten  und 
dritten  Kelchblatt  an,  der  des  dritten  ist  etwas  kürzer  als 
die  beiden  anderen ;  das  vierte  und  fünfte  Kelchblatt  sind 
ungehelmt  wie  bei  der  normalen  Blüthe.  Beide  Blüthen 
haben  sechs  ausgebildete  Blumenblätter  (Nectarien),  paar- 
weise von  den  Helmen  umschlossen,  und  aufserdem 
zwei  rudimentäre,  als  kleine  Spitzchen  erscheinende;  die 
eine  Blüthe  besitzt  20,  die  andere  23  Staubblätter, 
beide  je  drei  Fruchtblätter.  Dafs  diese  Blüthen,  die 
ganz  den  Eindruck  von  Gipfelblüthen  machen,  dennoch 
nur  oberste  Seitenblüthen  sind,  wird  durch  den  Umstand 
bewiesen,  dafs  in  dem  einen  Falle  die  Blattstellung  der 
Blüthe  der  |  Stellung  an  der  Achse  des  Blüthenstandes 
entgegenläuft;  auch  hat  jede  ihr  Tragblatt  und  ihre  zwei 
Vorblätter  und  das  wirkliche  Ende  der  Hauptachse  ist  als 
ein  kleines,  dem  Tragblatt  entgegengesetztes  und  zur  Seite 
gebogenes  Spitzchen  sichtbar.  Eine  wirkliche  Gipfelblüthe 
eines  anderen  Exemplars  war  dagegen  ohne  jede  Spornbildung 
und  vollkommen  actinomorph,  mit  4  Kelchblättern,  keinen  Blu- 
menblättern, 26  Staubblättern  und  4  mit  den  Kelchblättern 
abwechselnden  Fruchtblättern.  Ein  kümmerliches  Exem- 
plar von  Aconitum  Anthora  aus  dem  botanischen  Garten 
zeigt  keine  gar  Seitenblüthen,  sondern  nur  eine  regelmäfsige 
Gipfelblüthe  mit  acht  Kelchblättern  und  sehr  zahlreichen 
Staubblättern;  Blumenblätter  und  Fruchtblätter  fehlen.  Aus 
der  Familie  der  Labiaten  wurden  2  Exemplare  \onGaleobdolon 
luteum  mit  pelorischen  Gipfelblüthen  vorgezeigt,  welche  Hr. 
Apotheker  Winter  im  Juni  v.J.  bei  Saarbrücken  gefunden 
hat.  Die  eine  derselben  ist  4 zählig,  die  andere  Gzäiilig  mit 
gleicher  Anzahl  weit  vorragenderStaubblätter.  Zum  Vergleich 
wurde  ein  vor  längerer  Zeit  von  C.  Schimper  gesammel- 
tes Exemplar  von  Stachys  silvatica  vorgelegt,  welches 
am  Grunde  der  Ähre  zwei  entgegengesetzte  Blüthenzweig- 
chen  besitzt,  die  beide  durch  5 zählige  pelorische  Blüthen 
beschlossen  sind.  Es  wurde  daran  erinnert,  dafs  einige 
Labiaten  normal  oder  doch  sehr  häufig  pelorische  Gipfel- 
blüthen besitzen,  so  namentlich  Teucrium  campanulatum, 
Mentha  aquatica  (nach  C.  Schimper)  und  Salvia  Cande- 
labrvm  im  hiesigen  botanischen   Garten. 

Aus    dem    botanischen   Garten    wurde    ein    Exemplar 


vom   20.  Juli  1869. 


29 


von  Mimulus  Intens  var.  guttatus  gezeigt,  bei  welchem 
der  Kelch  sich  durch  Anamorphose  zur  äufseren  Blumen- 
krone umgestaltet  hat,  ähnlich  wie  bei  den  bekannten 
Gartenformen  von  Primula,  Campamda  persici/olia  und 
Azalea  amoena.  In  der  hiesigen  Blumenausstellung  vom 
Juni  1867  war  diese  schöne  Monstrosität  von  Metz  und 
Co.  ausgestellt,  von  wo  die  Samen  bezogen  wurden.  Bei 
der  Aussaat  verhält  sie  sich  ziemlich  constant,  während 
die  Aussaat  der  Campanula  persici/olia  mit  doppelter  Blu- 
menkrone im  hiesigen  bot.  Garten  nur  Exemplare  geliefert 
hat,   die  zur  Nornialform  zurückgekehrt  sind. 

Knautia  arvensis  mit  4  Blumenblättern  an  Stelle 
der  Staubblätter  wurde  von  Dr.  Thomas  bei  Ohrtrupp 
unweit  Gotha  im  Juli  vorigen  Jahres  aufgefunden.  Die 
Theile  der  so  gebildeten  inneren  Blumenkrone  sind  von 
der  Breite  der  Lappen  der  (äufseren)  Krone,  aber  ge- 
trennt, nach  unten  in  schmale  Nägel  zulaufend  und  der 
Röhre  der  Blumenkrone  nahe  an  ihrem  Grunde  inserirt. 

Eine  gefüllte  Paeonie,  die  im  hiesigen  botanischen 
Garten  unter  dem  Namen  Paeonia  Lowii  cultivirt  wird, 
bietet  ein  seltenes  Beispiel  der  Umwandlung  der  Frucht- 
blätter in  offene  Blätter  ohne  Samenknospen,  welche  mit 
den  Kelchblättern  grofse  Ähnlichkeit  haben.  Rückschläge 
der  Fruchtblätter  in  laubartige  Blattgebilde  sind  bekannt- 
lich weit  häufiger,  wie  z.  B.  bei  gefüllten  Kirschen  und 
Mandeln  und  bei  allen  Anthochlorosen  („Chloranthien"), 
bei  welchen  Kelchblätter  und  Fruchtbläiter  am  ersten  und 
stärksten    laubartig    umgestaltet    werden.     Endlich    wurde 


noch  eine  Reihe  proliferirender  Rosen  vorgelegt,  theils 
solcher  mit  centraler  Durchwachsung,  theils  solcher  mit 
seitlichen  Aussprossungen  oder  mit  Vereinigung  von  Beidem. 
Seitliche  Aussprossungen  sind  schon  von  Engelmann 
(de  antholysi)  beschrieben  und  abgebildet  worden;  sie  zei- 
gen sich  in  reichlicher  Menge  die  erweiterte  Kelchschüssel 
erfüllend,  bei  mehreren  von  Hrn.  P.  Magnus  gesammel- 
ten Exemplaren  von  Rosa  pimpinelUfolia.  Unter  den 
Exemplaren,  welche  eine  Verbindung  seitlicher  Blüthen- 
sprosse  mit  centraler  Durchwachsung  zeigen,  zeichnet  sich 
eine  aus  dem  Garten  der  Herrn  Warmbrunn,  Quilitz 
und  Co.  mitgetheilte  kleinere  Centifolie  aus.  Sie  besitzt 
laubartig  ausgebreitete  Kelchblätter  und  sechs  seitliche 
Sprossungen,  welche  der  durchwachsenden  Hauptachse 
auf  \  —  ^  Zoll  Höhe  angewachsen  sind,  von  denen  aber 
vier  nach  oben  verkümmert  und  nur  zwei  zu  kleineren 
seitlichen  Rosen  entwickelt  sind.  Jeder  dieser  Seiten- 
sprosse zeigt  ein  ihm  bis  zur  Lösungsstelle  von  der  Haupt- 
achse oder  noch  etwas  weiter  hinauf  angewachsenes  schup- 
penförmiges  Tragblatt.  Die  mittlere,  die  durchgewachsene 
Achse  beschliefsende  Rose  erhebt  sich  etwas  über  einen 
halben  Zoll  über  die  angewachsene  Seitensprosse,  hat  einen 
normalgebildeten  fünfblättrigen  Kelch  und  ist  in  gewöhn- 
licher Weise  gefüllt. 

Als  Geschenk  wurde  mit  Dank  entgegengenommen: 
Dr.  L.  Kny,    Über  den  Bau  und  die  Entwicklung  der  Farrn- 
Antheriden.    Berlin  1868. 


Burhdruokerci  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,   Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft  natiu'forschender  Freunde 

zu  Berlin 
am  19.  Oktober  1869. 

Direktor:   Herr  Geh.  Ilegierungsratli  Magnus. 


Hr.  Ehrenberg  legte  die  Zeitung  aus  Littleton  in 
Neu-Seeland  (Littleton  tinies)  vom  9.  Juni  d.  J.  vor,  wel- 
che das  Ehrenmitglied  der  Gesellschaft,  Hr.  Dr.  Julius 
Haast,  von  dort  eingesandt  hat.  Dies  Blatt  enthält 
Dr.  Haast's  Beobachtungen  des  neuesten  grofsen  Erdbe- 
bens daselbst,  welches  besonders  in  der  Hauptstadt  Christ- 
shurch  starke  aber  doch  nicht  sehr  zerstörende  Wirkungen 
hervorgebracht  hat,  deren  Details  bezeichnet  werden.  Die 
Richtung  zeigte  sich  über  Banks  Peninsula  nach  den 
Erebus-  und  Terror- Vulkanen  des  Südpols  hin,  die  mög- 
licherweise daher  in  Beziehung  damit  gestanden  haben. 

Derselbe  übergab  alsdann  seinen  im  Juni  gedruckten 
akademischen  Vortrag  über  die  unter  der  Stadt  Mexico 
liegenden  meist  durch  artesische  Brunnen  aufgeschlofsenen 
mächtigen  Gebirgsschichten  aus  mikroskopischen  Bacillarien 
und  hoffte  die  Belege  dazu  in  einer  der  nächsten  Sitzun- 
gen anschaulich  zu  machen. 

Hr.  Virchow  zeigte  eine  Reihe  von  Knochen,  ins- 
sondere  Geweihstücken  von  vaterländischen  Thieren  der 
Vorzeit,  insbesondere  vom  Rennthier,  Bär,  Elenthier 
und  Edelhirsch.  Sämmtliche  vorgelegte  Stücke  zeichnen 
sich  durch  die  ungewöhnliche  Gröfse  aus,  zeigen  jedoch 
sonst  keine  erkennbaren  Verschiedenheiten  von  den  noch 
jetzt  lebenden  Arten. 

Was  zunächst  die  Rennthiere  betrifft,  so  ist  die 
Aufmerksamkeit  auf  ihr  Vorkommen  in  Norddeutschland 
hauptsächlich  erregt  worden  durch  die  verhältnifsmäfsige 
Häufigkeit  des  Aufiindens  von  Rennthier -Geweihen  in 
Mecklenburg.  Lisch  (Mecklb.  Jahrb.  1864  Bd.  29  S.282) 
führt  20  verschiedene  Fundorte  der  Art  auf.  Um  so  auf- 
fallender war  das  Fehlen  ähnlicher  Nachrichten  aus  Preus- 
sen.  Allerdings  sprach  im  Jahre  1851  der  Graf  v.  Bü- 
low  zu  Schwerin  seine  „persönliche  Überzeugung"  aus, 
dafs  gewifse,  auf  seinem  Gute  Cummerow  in  Hinterpom- 
niern     gefundene    Geweihe    Rennthieren    angehört    hätten 

[1869.] 


(Meckl.  Jahrb.  Bd.  17  S.  409),  und  Schreber  (Säugethiere 
V.  1.  S.  1041)  sagt,  dafs  bei  Barutli  in  Sunipfeisenerz 
Geweihe  vorkommen,  welche  Rennthieren  von  mächtiser 
Gröfse  angehört  zu  haben  schienen.  Indefs  sind  dies 
sehr  unsichere  Angaben,  und  in  der  That  finden  sich  in 
keiner  der  offiziellen  preufsischen  Sammlungen  recht  be- 
weisende Stücke  von  inländischem  Rennthier.  Nur  für 
Schlesien  hat  R.  Hensel  (Denkschr.  zur  Feier  des  öOjähr. 
Bestehens  der  Schles.  Gesellschaft.  Breslau  185.3.  S.  245) 
es  als  wahrscheinlich  bezeichnet,  dafs  dort  gefundene  Ge- 
weihfragmente dem  Rennthier  angehören,  und  Hr.  Göp- 
pert  ist  nach  brieflicher  Mittheilung  der  Ansicht,  dafs  in 
einer  Mergelgrube  bei  Wittgendorf  in  der  Nähe  von  Sprot- 
tau  aufser  einem  Löwenzahn  vor  Jahren  auch  Rennthierreste 
ausgegraben  seien.  Das  gegenwärtig  vorgelegte,  nur  we- 
nig verletzte,  jedoch  bis  dahin  nicht  erkannte  Geweih  traf 
der  Vortragende  im  Besitze  des  Hrn.  Mercker  zu  Wol- 
tersdorf. Nach  weiteren  Erkundigungen  ist  es  bei  Mellenau 
in  der  Nähe  von  Boitzenburg  in  der  Uckermark  in  einem 
Bruche  ausgegraben;  es  hatte  dort  4  Fufs  tief  in  schwar- 
zem humosem  „Moder"  (nicht  Torf)  über  einer  schwachen 
KaLkschicht  gelegen,  welche  wohl  den  alten  Seeboden  dar- 
stellt. In  dem  „Moder"  waren  aufserdem  Birken  und  El- 
sen, auch  einzelne  Eichen  enthalten.  Es  mifst  1,25  Meter 
in  der  Länge,  die  Stange  hat  durchschnittlich  14 — 15  Cent, 
im  Umfange,  die  Schaufel  9 — 10  Cent.  Breite.  Die  Schau- 
fel hat  noch  zwei  Zacken,  von  denen  die  eine,  gut  erhal- 
tene 10  Cent,  lang  ist.  Die  Augensprosse  und  der  sog. 
Eisspriefsel  sind  abgebrochen,  auch  das  Ende  der  Schaufel 
verletzt,  gleichwie  die  Stange  selbst  beim  Ausgraben  durch 
den  Spaten  zerstofsen  ist.  Auf  alle  Fälle  mufs  das  Ge- 
weih einem  ungewöhnlich  kräftigen  und  alten  Thiere  an- 
gehört haben;  die  in  unsern  Museen  enthaltenen  Rennthier- 
geweihe  sind  durchweg  um  mindestens  ^  kleiner.  —  Da 
Boitzenburg  nalie  an   der  mecklenburgischen  Grenze  liegt, 

9 


32 


rom  Id.  October  186f). 


so  kann  man  diesen  Fund  zunächst  auch  den  mecklenbur- 
gischen anschliefsen ,  welclie  überdies  fast  sämmtlich  in 
Torfmooren  und  Brüchen  gemacht  worden  sind.  Gerade 
diese  Lagerstätte  aber  ist  insofern  von  besonderem  Inter- 
esse, als  sie  bestimmt  zu  beweisen  scheint,  dafs  die  Renn- 
thiere  auch  in  unserem  Lande  gelebt  haben,  —  ein  Punkt, 
der  für  die  Frage  von  der  Eiszeit  eine  grofse  Bedeutung 
hat.  Es  wird  nun  darauf  ankommen,  die  Beobachtung  zu 
verschärfen  und  besonders  auch  die  Flora  der  tiefsten 
Torfschichten  in  solchen  Lagerstätten  genauer  zu  studiren, 
da  in  Schwaben  arktische  Moose  darin  gefunden  sind. 

Vom  Bären  wurden  2  Eckzähne  vorgelegt,  welche 
nebst  anderen  Skelettheilen  vor  .3  oder  4  Jahren  8  —  10 
Fufs  tief  in  einem  Torfmoor  bei  Milmersdorf  in  der  Ucker- 
mark ausgegraben  und  dem  Vortragenden  durch  Hrn.  v.  Ar- 
nim übergeben  waren.  Das  betreffende  Moor  soll  mit 
den  Havel- Seen  in  Zusammenhang  stehen.  Auch  diese 
Zähne  übertreflen  an  Gröfse  die  der  im  zoologischen  Mu- 
seum befindlichen  Bärenschädel.  Der  als  solcher  deutlich 
zu  erkennende  linke  obere  Eckzahn  mifst  vom  Schmelz- 
rande bis  zur  Wurzelspitze  5,5, 'bis  zur  freien  Spitze  bei- 
nahe 4  Cent.  Die  Wurzel  hat  in  der  Mitte  einen  Umfang 
von  8  Cent.  Unzweifelhaft  ist  dieser  Torfbär  von  beträcht- 
lichem Alter  und  starker  Entwickelung  gewesen,  so  dafs 
er  in  mancher  Beziehung  dem  Höhlenbären  nahe  steht,  von 
dem  Lisch  (Meckl.  Jahrb.  Bd.  29  S.  284)  von  zwei  Ar- 
ten in  Mecklenburg,  und  zwar,  wie  es  scheint,  nicht  im 
Torf  Zähne  gesammelt  haben  will.  (Das  eine  Mal  bei 
Grabung  eines  Brunnens  unter  dem  Burgberge  bei  Par- 
chim.)  Es  ist  dabei  zu  erwähnen,  dafs  in  Pommern  noch 
bis  zur  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  (1741  in  der  Ueker- 
münder  Haide  und  1750  bei  GoUnow)  Bären  gesehen,  bez. 
erlegt  worden  sind. 

Vom  Elenthier  (Cervus  alces)  kommen  in  unseren 
Torfmooren  sehr  zahlreiche  und  ausgezeichnete  Überreste 
vor,  obwohl  die  alten  Geschichtsschreiber  aus  Pommern 
und  der  Mark  nichts  mehr  von  dem  Vorkommen  dieses 
Thieres  erwähnen.  Von  um  so  gröfserem  Interesse  ist  es, 
dafs  sich  bearbeitete  Geweihstücke  vom  Elen  in  dem  Wall- 
berge von  Garz  bei  Cammin  finden,  von  denen  ein  Beispiel 
vorgelegt  wurde.  Auch  aus  den  Pfahlbauten  des  Soldiner 
Sees  hat  der  Vortragende  Knochen  des  Elens  erhalten. 
Ein  bearbeitetes  Geweihstück  von  da  mifst  dicht  über  der 
Rose  18  Cent,  im  Umfang. 

Endlich  wurden  zahlreiche  und  zum  Theil  colossale 
Geweihe  vom  Hirsch  vorgelegt,  die  jedoch  sämmtlich  dem 
Edelhirsch  (Cervus  Elaphus)  angehörten.  Das  stärkste 
dieser  Geweihe,  gleichfalls  aus  dem  Wallberge  von  Garz 
bei  Cammin  in  Pommern,  mifst  dicht  über  der  Rose  24  Ct. 
im  Umfange;    ein  anderes  von  Soldin   hatte  an  derselben 


Stelle  23  Cent.,  besafs  eine  Augensprosse  von  42  Cent. 
Länge.  Von  ähnlicher  Stärke  war  ein  gleichfalls  vorge- 
legtes Geweihstück,  welches  nebst  mehreren  Wirbeln  beim 
Senken  der  Fundamente  eines  Hauses  der  Alsenstrafse  in 
Berlin  selbst  gefunden  wurde.  Es  lag  14  Fufs  tief  unter 
Sand,  Moor  und  blauem  Schlick  auf  dem  festen  Unter- 
grunde, der  wahrscheinlich  dem  Boden  des  alten  Spree- 
Sees  entpricht.  In  den  pommerschen  und  märkischen  Pfahl- 
bauten tragen  diese  Geweihe  vielfache  Zeichen  der  Bear- 
beitung durch  scharfe  Werkzeuge.  — 

Hr.  Bastian  als  Gast  der  Gesellschaft  legte  ein 
Schädelpräparat  vor,  das  dem  Königl.  Museum  (ethnolo- 
gische Abtheilung)  unter  der  Bezeichnung  „aus  einem  In- 
dianer-Grabe"  von  Panama  eingeschickt  war,  und  das 
durch  seine  microcephalische  Bildung  an  die  vor  einigen 
Jahren  in  Europa  gezeigten  Azteken  erinnert,  Mulatten- 
kinder aus  dem  Bezirk  San  Miguel  im  Dorfe  La  Puerta 
bei  der  Stadt  Mulutan  (nach  der  Gazeta  del  Gobierno  de 
San  Salvador),  aber  angeblich  aus  der  Indianerstadt  Ixi- 
maya  geraubt.  Sagen  von  einer  solchen  Indianerstadt 
ähnlich  den  jetzt  in  Ruinen  liegenden  Prachtbauten  von 
Copan,  Uxmal  Palenque,  -nnederholen  sich  mehrfach  in 
Central-Amerika,  wie  auch  Stephens  von  den  Cura  zu 
Quiche  von  einer  solchen  hörte  im  nordöstlichen  Veraguas, 
wo  sich  nach  der  Bekehrung  der  Tierra  de  guerra  durch 
Las  Casas  am  alten  Glauben  festhaltende  Candones  erhal- 
ten hätten,  die  keine  Spanier  zuliefsen  (sowenig,  wie  die 
Mandenga  bei  St.  Blas)  in  einer  von  Chajul  aus  sichtba- 
ren Stadt.  Traditionen,  die  sich  an  die  Casa  del  Enano 
in  Uxmal  knüpfen,  erzählen  von  einer  künstlich  erzeugten 
Zwergen -Rasse,  die  den  Priestern  zu  ihrem  Schlangen- 
Cultus  dienten,  ähnlich  wie  in  Afrika  die  Albino  bei  hei- 
ligen Handlungen  verwendet  wurden.  Der  Name  des  in 
San  Salvador,  San  Miguel  und  Sonsonate  verbreiteten 
Volksstammes  der  Pipiles  (toltekisch-aztekischer  Verwand- 
schaft) wird  (von  Juarros)  als  Kinder  erklärt.  Die  so 
vielfach  in  Amerika  geübten  Schädelentstellungen  zeigen 
sich  auch  auf  den  alten  Sculpturen  Yucatan;  und  auch 
Herrera  spricht  davon,  sowie  von  langer  Haartracht.  Das 
Tättowiren  und  Bemalen  wird  gleichfalls  erwähnt,  und  die 
gewöhnliche  Farbe  war  roth ,  wie  auf  dem  vorgelegten 
Schädel.  Die  Lippendurchbohrung  deutet  auf  Tragen  von 
Schmuck,  wie  es  (nach  Oviedo)  in  Nicaragua  und  (nach 
Wafer)   in  Darien  üblich  war. 

Hr.  Hart  mann  sprach  über  das  von  ihm  mit  ver- 
dünnter Milch  und  Karmin  injicirte  Nahrungsgefäfssystem 
der  Rhizostomen,  dessen  Anordnung  er  meist  in  Überein- 
stimmung mit  der  von  Milne  Edwards  in  der  Prachtaus- 
gabe von  Cuvier's  Regne  animal  gegebenen,  iconographi- 
schen  Darstellung  beschrieb.      Ferner  bemerkte  Derselbe, 


vom  19.  Oetoher  1869. 


33 


dafs  die  contraktile  Substanz  der  ümbrella  bei  Aequori- 
den  (von  ihm  1860  zu  Valetta,  Malta  beobachtet)  von  zahl- 
reichen einfach  und  getheilt  verlaufenden,  an  den  Enden 
knäuelförmig  aufgerollten,  häufig  auch  zu  zweien  und  dreien 
umeinander  sich  wickelnden,  dem  elastischen  Gewebe  an- 
gehörenden Stützfasern  durchzogen  werde,  welche  letzte- 
ren an  der  Subumbrella  sowohl,  wie  auch  am  Rande  der 
Ümbrella,  bogenförmig  die  eine  zur  anderen  sich  hinüber- 
biegen, um  dann,  mit  einander  verschlungen,  wieder  nach 
dem  Mittelpunkte  der  Ümbrella  zurückzulaufen.  Alsdann 
sprach  Derselbe  noch,  an  einen  im  Winter  des  vorigen 
Jahres  gehaltenen  Vortrag  anknüpfend,  über  die  an  der 
Subumbrella  der  Medusen  befindlichen,  zu  circulären  Bän- 
dern sich  sondernden  Parthien  der  contractilen  Substanz, 
deren  Wulstungen  etwa  den  Anschein  von  Querstreifen 
willkürlicher  Muskeln  gewähren  können,  mit  letzteren  aber 
nicht  verwechselt  werden  dürfen.  Endlich  bemerkte  der 
Vortragende,  dafs  er  auch  dieUmbrellensubstanz  der  Aurelia 
aurita  von  zahlreichen  elastischen  vielfach  miteinander  ana- 
stomosirenden  Fasern  durchzogen  finde,  in  deren  Maschen 
sich  sternförmige  Bindesubstanzkörperchen  zeigten.  Vor- 
gelegt wurden  auf  Papier  pele  und  Pastellgrundirung  mit 
Honigfarben  und  mit  der  Stahlfeder  ausgeführte  Zeichnun- 
gen des  Ehizostoma  Cuvieri  mit  injicirten  Nahrungsgefäfsen, 
er  Clirysaora  hyoscella  mit  der  individuell  sehr  wechselnden 
Pigmentirung  der  Ümbrella,  sowie  mikroskopische  Zeich- 
nungen der  oben  erwähnten  Strukturverhältnisse. 

Hr.  Dönitz  sprach  unter  Vorzeigung  von  Präparaten 
über  das  von  Nitzsch  entdeckte  Siplionium,  eine  kleine, 
knöcherne  Röhre,  welche  die  Paukenhöhle  mit  dem  Luft- 
räume des  Unterkiefers  verbindet  und  Luft  in  denselben  lei- 
tet. Nitzsch's  Vermuthung,  dafs  dasselbe  den  Schwimm- 
vögeln wahrscheinlich  fehle,  ist  zwar  neuerdings  mehrfach 
wiederholt  worden,  hat  sich  aber  nicht  bestätigt.  Es  fand 
sich  dieses  Knöchelchen  bei  Halieus  brasilianus  L.  Gmel. 
(Anat.  Mus.  No.  22460  u.  22461)  und  bei  Halieus  longi- 
caudus  Swains.  (No.  14395).  Die  Schwimmvögel  bilden 
somit  keine  Ausnahme  mehr  und  müfsen  denjenigen  Vö- 
geln beigezählt  werden,  welchen  das  Siphonium  zukommen 
kann. 

Hr.  Prof.  Pringsheim  legte  einige  Tafeln  über  die 
Zeugungsvorgänge  bei  Pandorina  Morum  vor  und  wies 
zur  Erläuterung  derselben  auf  die  allgemeinen  Resultate 
hin,  die  sich  aus  seinen  Untersuchungen  ergeben.  — 
Hiernach  ist  die  Existens  beweglicher  Eianlagen  in 
der  Abtheilung  der  Zoosporeen  constatirt  und  die  Zeugung 
tritt  unter  diesen  in  ihrer  einfachsten  Form  als  Paarung 
von  2  Schwärmsporen  auf.  Weiter  ergiebt  sich,  dafs 
die  ruhenden  Eianlagen  nur  nähere  oder  entferntere,  cilien- 


lose  Formenabweichungen  der  Schwärmspore  sind,  und  dafs 
diese  gleichfalls  die  Grundform  der  Spermatozoiden  bildet. 
Hieraus  finden  dann  der  Bau  der  ruhenden  Eianlagen  und 
die  Richtung  der  Embryonen  in  der  natürlichsten  Weise 
ihre  einfache  Erklärung  und  die  Erscheinungen,  die  bei 
der  Embryobildung  in  den  verschiedenen  Abtheilungen  des 
Pflanzenreiches  eintreten,  geben  sich  zugleich  als  die  ana- 
logen Vorgänge  derjenigen  Erscheinungen  zu  erkennen, 
welche  bei  der  Embryobildung  der  Thiere  als  totale  und 
partielle  Furchung  hervortreten.  In  diesen  Vorgängen  und 
Vorstellungen  endlich  wird  die  embryologische  Einheit  des 
Gewächsreiches  und  seine  Verwandtschaft  mit  dem  Thier- 
reiche  in  einer  Reihe  durchgreifender  Eigenthümlichkeiten 
mit  überraschender  Schärfe  sichtbar.  — 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  empfangen: 
Abhandl.  d.  Akad.  d.    Wissenscli.  z.  Berlin.     1868. 
Monatsberichte  derselben.     April  bis  Juni  1869. 
Florae  Columbiae,  Specimina  selecta  ed.  Karsten.    Tom  II. 

Fase.  4.  5.     Geschenk  des  geistl.  Ministeriums. 
Memoires   de   VAkad.  Imp,   de  St.  Petersbourg.     Tom.  XII. 

4.  5.     T.  XIII.  1—7. 
Bulletm  de  VAkad,  Imp.  de  St.  Petersbourg.  T.  XIII.  4 — 5. 
Berichte  über  europäische  Gradmessung.     1868. 
Proceedings  of  the  Zoolog,  Soc.     London  1867.    Parti  —  3. 

1868.     Part.   1—3. 
V.  d.  Decken' $  Eeisen  in  Ost- Afrika  von  Kersten.    B.  3. 

Abth.  1. 
Schmarda,  Kultur  des  Meeres  in  Frankreich.   Wien  1869. 
Gore.     On  hijdroßiioric  Acid. 

Smithsonian  miscell.  Collect.     P.   1.     Washington  1869. 
Smithsonian  Report.     1867. 
The  American  Naturaliste  Peabodij  Acad.  Sc.   Salem.     Vol. 

H.     1—12. 
Memoirs  of  the  Peab.  Acad.     Vol.  1.     Nr.  1. 
Proceed.  of  the  Essex  Institute.     Vol.  V.  7.  8.     Salem. 
Eeport  of  the  Comissioner  of  Agriculture.    1867.   Washington. 
Monthly  Eeport  of  the  Departement  of  Agriculture.     1868. 
Occasional  Papers  of   the  Boston  Soc.  Nat.  Ilist.      Nr.   1. 

Boston  1869. 
Memoirs  of  the  Boston  Soc.  A^at,  Hist.     Vol.  1.     Part  IV. 
Proceed.  of  the  Boston  Soc,  Nat.  Hist.     Vol.  XII. 
Letter   of  the  Presideiü  and  Vice-President  of   the  National 

Acad.  of  Sc.    Washington  1867,     1868. 
Annual  Eeport  of  the  Trustees  of  Museum  of  Comp.  Zool.  1868. 
Contribuiions  to  the  Fauna  of  the  Gulf  Stream  at  great  depths. 

Pourtales. 
Ehrenberg,   Über  mächt.  Gebirgsschichten    unier    und    bei 

Mexico.     1869. 


Buchdruckerei  der  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,  Unirersitätsstr.  8. 


Sitzuugs-Bericht 

der 

Gesellschaft  natiu'forschender  Freunde 

zu  Berlin 

am  IG.  November  1SG9. 

Direktor:    Herr  Geh.  Res!;ieniii2;srath  Macfnu^!. 


Hr.  Ehrenberg  gab  die  in  der  vorigen  Sitzung  an- 
gezeigten Anschauungen  der  aus  Mexiko  vom  Professor 
der  Mineralogie  Del  Castillo  erhaltenen  Materialien  von 
den  tufi'artigen  Bacillarien-Bänkcn  unter  der  Stadt  Mexiko 
und  den  dortigen  Hochlanden.  Es  wurden  drei  der  Haupt- 
verhältnisse unter  dem  Mikroskop  zur  Ansicht  gestellt: 
1)  Die  weifse  Bacillarien-Bank  Nr.  4  von  Istlahuaca  mit 
wohlerhaltenen  Charakterformen  der  AmpMcampa  Lermana, 
n.  sp.  2)  Die  grau  und  weifs  gemischte  Probe  Nr.  .3  von 
der  Bacillarien-Bank  des  artesischen  Brunnens  in  der 
Stadt  Mexiko  aus  84  varas  =  210  Fufs  Tiefe,  bestehend 
aus  sehr  wohl  erhaltenen  Formen  mit  Einschlufs  von  Coc- 
conema  mexicanum.  3)  Ansicht  der  Probe  Nr.  7  aus  dem 
artesischen  Brunnen  der  Hacienda  Escalera  bei  Mexiko  in 
16  varas  ^=  40  Fufs  Tiefe  mit  Campylodiscus  Humboldtii, 
n.  sp. 

Die  sämmtlichen  Anschauungen  waren  300  Mal  im 
Durchmesser  vergröfsert,  entsprechend  den  im  akademischen 
Vortrage  gegebenen  Abbildungen. 

Hr.  Baumeister  Holmgren  legte  als  Gast  Proben 
mehr  als  einen  Zoll  starker  Exemplare  von  langen  Osteo- 
coUen  vor,  welche  sich  in  der  Nähe  von  Berlin  in  den 
sogenannten  Spiefsbergen  bei  Moabit  beim  Bau  der  Lehrter 
Eisenbahn  in  grofser  Anzahl  gefunden  haben  und  erläuterte 
dieses  Vorkommen,  was  von  verschiedenen  Mitgliedern 
dankbar  anerkannt  und  mit  früheren  ähnlichen,  aber  nicht 
so  umfangreichen  Vorkommnissen  besonders  in  den  Reh- 
bergen verglichen  wurde,  wo  ebenfalls  überall  wie  dort 
Pflanzenwurzeln  in  der  Mitte  der  Osteocollen  verliefen. 

Hr.  Rohrbach  sprach  über  die  Blüthen-Entwickelung 
von  Typha.  Die  gestreckte,  sich  oben  zum  Blüthenstand 
umwandelnde  Axe  entwickelt,  bevor  irgend  eine  Spur  einer 
Blüthen-Anlage  sichtbar  ist,  sämmtliche  die  Inflorescenzen 
später  unterbrechende  Blätter.  Etwa  im-  Mai  erfolgt  die 
Anlage  der  Blüthen,   und  zwar  innerhalb    der  beiden  In- 

[1869.] 


florescenzen  in  entgegengesetzter  Richtung :  die  männlichen 
Blüthen  entstehen  nämlich  an  der  Axe  in  akropetaler 
Folge,  die  weiblichen  dagegen  in  basipetaler.  Die  erste 
Anlage  geschieht  in  auf  einander  folgenden  Ringzonen 
gleichzeitig  im  ganzen  Umkreis  der  Axe;  männliche 
und  weibliche  Blüthen -Anlagen  sind  bis  zu  dem  Moment 
etwa,  wo  ihre  Höhe  dem  Durchmesser  gleichkommt,  nicht 
verschieden.  Die  weiblichen  Anlagen  werden  entweder  zu 
Einzelblüthen  oder  zu  Blüthenzweigen :  beide  stehen  völlig 
regellos  durcheinander.  Die  zu  Zweigen  werdenden  ent- 
wickeln erst  in  akropetaler  Folge  zweizeilig  gestellte  Seiten- 
höcker, die  dann  selbst  denselben  Entwickelungsgang  wie 
die  Einzelblüthen  verfolgen.  Dieselben  bilden  zuerst  an 
ihrer  Basis  eine  unbestimmte  Anzahl  Haare :  die  Stellver- 
treter des  Perigon's;  gleichzeitig  erhebt  sich  auf  dem 
Scheitel  ein  Ringwall,  dessen  ursprünglich  nach  oben  ge- 
richtete Oeffnung  in  Folge  des  auf  der  einen  Seite  stark 
überwiegenden  Wachsthuras  endlich  vortical  zu  liegen 
kommt  und  durch  Schliefsung  der  Ränder  im  untern  Theil 
die  Fruchtknotenhöhle  und  den  Griffel  von  der  Narbe 
trennt.  Bei  denjenigen  Blüthen,  welche  ein  durch  ein 
Haargebilde  ersetztes  Tragblatt  haben  —  wie  bei  T.  an- 
gusti/olia  —  entsteht  dies  sehr  früh  und  eilt  in  der 
Entwickelung  der  Blütbe  selbst  voraus. 

In  der  männlichen  Abtheilung  des  Blfithenstandes  bil- 
den sich  frühzeitig  direct  aus  der  Hauptaxe  ebenfalls  Haare, 
die  ihrer  Stellung  nach  jedoch  als  Perigon  gedeutet  wer- 
den müssen.  Die  ursprüngliche  Anlage  selbst  wächst  ent- 
weder direct  zur  Anthere  aus  oder  sie  theilt  sich  —  analog 
dem  Vorgang  bei  Biciyius  —  in  zwei,  drei  oder  mehr 
Zweige,  deren  jeder  zur  Anthere  wird.  Hiernach  besteht 
die  männliche  Blüthe  von  Typha  nicht  aus  einer  Anzahl 
verwachsener  Staubgefäfse,  sondern  aus  einem,  in  Bezug 
auf  die  relative  Blüthenaxe  terminalen,  einfachen  oder 
verzweigten    Staubgefäfs.     Wirklich   verzweigte    Staub- 

10 


o(! 


vom  IC.  November  1869. 


bh'ittcr   sind   unter   Jen  Monocotyledonen   seitlier  nicht  be- 
kannt. 

Sodann  wurde  eine  Deutung  des  eigenthümlichen 
151üthenstandes  der  Gattung  versucht. 

Hr.  Koch  legte  einige  Feigenzweige  mit  überein- 
anderstehenden  sogenannten  Doppel-Scheinfrüchten  vor  und 
sprach  sich  anschliefsend  an  einen  früiieren  Vortrag  über 
dergleichen  Vorkommnisse  bei  unächten  und  ächten  unteren 
Fruchtknoten  darüber  aus.  Interessant  sei,  dafs  die  zweite 
obere  Frucht  nicht,  wie  bei  dem  Rosenkönig  oder  der 
doppelten  oder  mehrfachen  Birn,  aus  der  Basis  der  Fruclit- 
knotenhöhle  sich  erliebt,  sondern  dem  oberen  Rande  der 
unteren  Frucht  aufsitzt,  so  dafs  nur  eine  Höhlung  für 
l)eide  Scheinfrüchte  vorhanden  ist.  Die  Blüthen  an  der 
inneren  Wand  linden  sich  gleichmäfsig  an  beiden  Schein- 
früchten. 

Ferner  berichtete  derselbe  über  seine  Versuche,  die 
Pfropfung  der  Kartoifelknollen  betreffend,  weder  er  noch 
Herr  Inspector  Bouclie  hätten  Resultate  erhalten.  Das, 
was  er  darüber  sclion  frülier  ausgesprochen,  hätte  sich 
jetzt  bestätigt.  Von  einer  Kreuzung  durch  Pfropfen  könne 
demnach  weder  hier  noch  bei  anderen  angeführten  Fällen 
die  Rede  sein.  Das  Beispiel,  was  Herr  Dr.  Pfister  in 
Bonn  bei  einem  Vortrage  aufführt,  wonach  rothe  und 
weifse  Rosen  imd  selbst  auch  Exemplare,  wo  das  Moos 
an  der  Blüthe  fehlt,  an  einer  und  derselben  Pflanze  vor- 
kommen, pafst  nicht,  da  man  es  hier  mit  einer  Form, 
nicht  einmal  mit  einer  Abart,  am  allerwenigsten  mit  einer 
Art  zu  thun  hat.  Dergleichen  Rückschläge  kommen  bei 
Rosen  sehr  häufig  vor,  auch  bei  den  Moosrosen.  Man 
kultivirte  früher  sogar  eine  Rose  (York-  und  Lancaster- 
Rose),  wo  regelmäfsig  rothe  und  weifse  Rosen  vorkommen 
oder  die  Blume  halb  roth,  halb  weifs  ist.  Solche  in  der 
F'arbe  verschiedene  Blumen  an  einer  und  derselben  Pflanze 
kommen  am  häufigsten  bei  Azaleen  und  Kamellien  vor. 

Hr.  Asclierson  legte  das  von  Dr.  F.  v.  Müller 
im  St.  Vincent- Golf  Südaustraliens  gefundene,  von  dem- 
selben in  den  Fragm.  Phjtogr.  Austral.  IV  p.  113  als 
Ampliibolis  zosteri/olia  beschriebene  Fruchtexemplar  einer 
Meerphanerogame  vor,  welches  ihm  derselbe  kürzlich  zur 
Ansicht  zu  übersenden  die  Güte  hatte.  Dasselbe  ergab 
sich  als  mit  dem  der  Gesellschaft  in  der  Februar -Sitzung 
1867  vorgelegten  Fruchtexemplare  der  Posidonia  australis 
Hook.  fil.  identisch.  Die  weibliche  Blütlie  und  Frucht  der 
Atiipliibolis  (welchv,  nunmehr,  da  die  von  Gaudschaud 
beschriebene  und  abgebildete  männliche  Blüthe  keine  Ver- 
anlassung bietet,  die  betreffende  Art  von  Cymodocea  zu 
trennen,  bis  auf  Weiteres  wieder  als  Cymodocea  antarctica 
(Labille)  Endl.  zu  bezeichnen  ist),  sind  mithin  noch 
aufzufinden. 


Hr.  Braun  legte  eine  von  Ilrn.  Kunstgärtner  J  unger 
in  Breslau  eingesandte  Sammlung  getrockneter  Keimpflänz- 
chen  vor,  durch  welche  in  instructiver  Weise  verschiedene 
Abweichungen  in  der  Zahl  und  Anordnung  der  Cotyle- 
donen  dicotyler  Gewächse  erläutert  werden.  Darunter 
befinden  sich  Pflänzchen  mit  drei  Cotyledonen  von  Solanum 
nigrum  (bei  einer  anderen  Art  derselben  Gattung  schon 
von  DeCandolle  beobachtet),  Phlox  Drummondü  und  Pld. 
acuminata  Pursh  (in  mehrfachen  Exemplaren,  theils  mit 
nachfolgender  Stellung  der  Laubblätter  in  drcizähligen 
Quirlen,  theils  mit  nachfolgenden  zweizähligen  Quirlen.) 
Primula  praenitens,  Pr.  officinalis  (mehrfach),  Vaccinium 
Vitis  Idaea  (ebenso),  Sambncus  nigra  (ebenso),  Mijosoti.'i 
silvatica,  Lamium  purpureum  und  amplexicaule  (beide  mit 
nachfolgenden  drcizähligen  Quirlen),  Campanula  rapun- 
culoides,  C.  Medium  (häufig),  LoheJia  Erinus  (häufig), 
CalUstephus  chinensis  (mehrfach),  Iberis  umbellata  (nielir- 
mals  und  stets  mit  einem  nachfolgenden  drcizähligen  Quirl, 
welchem  dann  spiralige  Anordnung  der  Blätter  folgt), 
Reseda  Luteola  var.  virescens,  Chelidonium  majus  (mehrfach), 
Linum  vsitatissimum,  Oxalis  stricia,  Tilia  parri/oUa  (mehr- 
facli),  Ranunculus  repens,  Delphinium  Ajacis,  Poli/gonum 
dumeiorum,  Chenopodium  liybridum,  Clienopodium  album 
(mehrfach  mit  nachfolgendem,  meist  nicht  genau  geschlos- 
senem dreigliederigem  Quirl),  Dianthus  CaryopJn/Ilus,  Stel- 
laria media  (mehrfach  mit  nachfolgenden  dreigliederigen 
Quirlen  entweder  bis  zur  Gipfelblüthe  oder  vor  derselben 
zur  Zweizahl  zurückkehrend;  an  einem  Exemplar  mit 
vierblättrigen  Quirlen  läfst  sich  die  Zahl  der  Cotyledonen 
nicht  mehr  erkennen),  Anethum  graveolens ,  Petroselinum 
sativum,  Daucus  Carola  (die  beiden  letzteren  mehrfach), 
Robinia  Pseudacacia  (ebenso) ,  Trifolium  repens.  Bei  Lo- 
belia Erinus  findet  sich  die  Bemerkung,  dafs  die  aus  zwei 
Samenkapseln  einer  Pflanze  mit  drei  Cotyledonen  entnom- 
menen Samen  ungefähr  ebensoviele  Pflänzchen  mit  drei 
als  mit  zwei  Cotyledonen  geliefert  haben.  Nicht  selten 
sind  von  drei  Cotyledonen  zwei  unter  sich  verwachsen, 
bald  nur  ganz  am  Grunde,  bald  bis  zur  Hälfte  und  weiter, 
was  durch  Exemplare  von  Phlox  acuminata,  Primula 
chinensis,  Verbena  teucriifolia,  CalUstephus  chinensis,  Pul- 
monaria officinalis,  Polygonum  dumeiorum,  Chenopodium 
album,  Petroselinum  sativum,  Daucus  Carola  belegt  wird; 
auch  wenn  nur  zwei  Cotyledonen  vorhanden  sind,  kommt 
eine  abnorme  einseitige  Verwachsung  derselben  vor,  so 
nach  den  vorgelegten  Exemplaren  bei  Cirsium  canum  und 
acaule  (häufig),  Senecio  vulgaris  (öfters).  Besonders  merk- 
würdig ist  eine  Reihenfolge  von  jungen  Pflänzchen  von 
Solanum  nigrum,  deren  zwei  Cotyledonen  nicht  auf  gleicher 
Höhe  stehen,  sondern  bis  auf  eine  Linie  Entfernung  aus- 
einandergerückt erscheinen,   welcher  Fall   auch   durch  ein 


vom  16.  November  1869. 


37 


Exeiiiplai-  einer  Gossi/pium- Art  vertreten  ist.  Von  Del- 
2)hinium  Ajacis  wurde  eine  grofse  Reihe  von  Pifänzehen 
vorgelegt,  welche  den  Übergang  von  ungetheilten  Cotyle- 
donen  zu  zwei-  und  dreilappigen  nachweisen,  die  letzteren 
ähnlich  wie  die  von  LejMium  saiivum  gestaltet.  Ein  vor- 
gelegtes noch  nicht  halbwüchsiges  Exemplar  von  Daucus 
Carola  mit  zwei  Blattrosetten  und  zwei  VVurzelspitzen, 
während  der  obere  Theil  der  beiden  "Wurzeln  in  eine  ge- 
meinsame Masse  verwachsen  ist,  welches  Exemplar  beim 
Keimen  vier  Cotyledonen  gezeigt  liatte,  wird  als  „ZMilling" 
bczt'iclHii'f   und   zwar   mit    Recht,    denn   es   ist    unzweifel- 


haft  das  Resultat  zweier  in   demselben  Samen   gebildeter 
Keimlinge. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  empfangen: 
Monatsberichte  d.  Bert.  Äkad.  d.    Wissensc/i.  vom  Juli  und 

August  1869. 
Proceedings  of  t/ie  Zooloij.  Soc.  of  London.    1869.    Part  1. 
Dell  'Acido  paratartarico  anidro  di  A.Scacclil.  Napoli  1869. 
Sulla  e/ßcacia  dello  Soluzione  dei  Tartratl  di  A.  Scacctii. 

Napoli  1866. 
Delle  Comhinazioni  della  Litina   con   l'acidu   nolforicn  di  A. 

Scacclii.     Napoli  1868. 


Buihdruckerei  der  Köiiigl.  Akademie  der  Wissenschaften  (G.  Vogt). 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Sitzungs-Bericht 

der 

Gesellschaft  natiu'forschender  Freunde 

zu  Berlin 

am  21.  December  18G9. 


Direktor:    Herr  Geh.  Regierungsrath  Magnus. 


In  Abwesenheit  des  Direktors  eröffnete  die  Sitzung 
Hr.  Gustav  Rose. 

Hr.  Ascherson  legte  ein  in  Süd-  und  Südost-Europa 
verbreitetes,  auch  noch  innerhalb  der  Grenzen  Deutsch- 
Österreichs  in  Südtirol  und  Nieder -Österreich  beobach- 
tetes Gras,  Diplacline  serotina  (L.)  Lk.  vor,  an  ■welchem 
der  jetzige  Custos  am  Ungarischen-National-Museura,  der 
um  die  Flora  Ungarns  und  Siebenbürgens  hochverdiente 
V.  V.  Janka,  seitliche,  stets  in  den  Blattscheiden  verbor- 
gen bleibende  Blüthenstände  entdeckt  hat,  ein  Verhalten, 
in  welchem  dies  Gras  unter  den  einheimischen  Arten  nur 
mit  Oryza  clandesiina  (Web.)  A.  Br.  (Leersia  oryzoides 
Sw.)  übereinstimmt.  Diese  eingeschlossenen  Blüthenstände 
Stellen  im  Gegensatz  zu  der  endständigen  Rispe,  deren 
Ahrchen  mehrblüthig  sind,  ziemlich  lockere,  aus  einblü- 
thigen  Ährchen  bestehende  Ähren  dar.  Die  die  Blüthen- 
theile  einhüllenden  Hochblätter  sind  an  den  verborgenen 
Blüthenständen  etwas  gröfser,  als  an  den  endständigen, 
ebenso  die  Frucht;  aufserdem  unterscheidet  sich  das 
Blüthendeckblatt  (palea  inferior)  der  beiderlei  Blüthen- 
stände etwas  in  der  Form,  indem  es  bei  den  einge- 
schlossenen allmählich  zugespitzt  ist,  während  bei  den 
endständigen  die  gestutzte  Spitze  sich  plötzlich  in  eine 
Stachelspitze  zusammenzieht. 

Derselbe  theilte  ferner  aus  den  kürzlich  eingegangenen 
Briefen  des  abwesenden  Mitgliedes  Dr.  G.  Schweinfurth 
an  Prof.  A.  Braun,  d.  d.  grofse  Seriba  Gattas  am  Diur- 
Flusse  (7°  N.  Br.),  welche  das  erfreulichste  Wohlsein 
des  Reisenden  melden  und  von  dessen  rastloser  Thäthig- 
keit  und  reicher  Ausbeute  Nachricht  geben,  einen  die 
Vegetationsverhältnisse  des  erforschten  Gebietes  zwischen 
den  Flüssen  Diur  und  Tondj  betreffenden  Abschnitt  mit. 
Ungeachtet  der  einförmigen  Terrainbildung  fand  sich  dort 
eine  aufserordentlich  mannichfaltige  Vegetation ,  so  dafs 
der    Reisende    von    Ende    März    bis    Ende    August,    also 

[1869.] 


nicht  einmal  in  der  günstigsten  Jahreszeit,  schon  über 
600  Pflanzen- Arten  gesammelt  hatte.  Der  Vegetations- 
charakter  zeigte  grofse  Übereinstimmung  mit  westafrika- 
nischen Florengebieten,  bis  auf  die  geringe  Anzahl  von 
Farrn.  Die  Grenze  des  festen  Gesteins  (rothen  Thon- 
eisensteins),  welche  sich  zugleich  durch  eine  allmählich 
ansteigende  Terrainstufe  markirt,  bezeichnet  einen  schroffen 
Wechsel  im  Vegetationscharakter  wie  er  kaum  beim  Über- 
schreiten der  europäischen  Alpenkette  greller  hervortritt; 
für  den  Thoneisenstein  ist  besonders  der  Butterbaum  (Bu- 
tyrospermum  Parkii  Kotschy)  charakteristisch. 

Der  als  Gast  anwesende  Dr.  W.  Pfeffer  aus 
Cassel  machte  folgende  Mittheilung:  Die  Angaben  von 
Duchartre,  Wigand,  Payer  und  Gramer  über  Bildung 
von  CoroUe  und  Androeceum  der  Primulaceen  enthalten 
so  auffallende  Widersprüclie,  dafs  die  Sache  einer  neuen 
Untersuchung  werth  schien;  es  wurde  bei  dieser  besonders 
auch  auf  die  Zelltheilungen,  welche  der  Hervorwölbung  der 
Blüthentheile  vorausgehen,  Rücksicht  genommen.  Mit  den 
Kelchzipfeln  alternirend  erheben  sich  fünf  halbkugelige 
Höcker,  welch  in  dem  nächsten  Stadium  ihrer  Entwicklung 
bis  auf  den  Kelch  herab  von  derselben  Wachsthumsrichtung 
beherrscht  werden,  wie  dieses  nicht  nur  aus  der  Gestalt 
der  Höcker  folgt,  sondern  auch  aus  der  strahligen  Grup- 
pirung  der  Zellen  und  der  Stellung  neu  auftretender  Thei- 
lungswände,  welche  fast  alle  senkrecht  gegen  die  Wachs- 
thumsrichtung orientirt  sind.  Wenn  die  Höcker  bereits 
ansehnliche  Grofse  erreicht  haben,  beginnt  auf  deren  Aus- 
senseite,  in  unmittelbar  unter  der  Epidermis  gelegenen 
Zellen,  eine  allseitige  Theilung  in  Zellen,  welche  um  ein 
schmales  Gewebestück  von  dem  Kelche  erfernt  und  ober- 
halb dessen  Insertion  liegen.  Auf  dem  Längsschnitt  sind 
es  meist  zwei  Zellen,  welche  diese  unregelmäfsige  Thei- 
lung trifft,  die  gleichzeitig  zu  einem  entsprechenden,  mit 
der  Insertion  des  Kelches'  parallelen  Gewebestreifen  längs 

11 


40 


•21.  Decemhcr  IHGU. 


der  ganzen  Aufsencontour  des  Höckers  stattfindet.  Unter 
JJethiMligung  der  zunächst  angrenzenden  Zellen  des  Hücker- 
gewebes  erhebt  sich  gleich  darauf  nach  Aufsen  hin  ein 
tangential  gestreckter  "Wulst,  der  sich  weiterhin  zum  Blu- 
menblatt ausbildet,  während  der  bei  Weiten  gröfsre  Theil 
des  Höckers  mit  Beibehaltung  des  primären  Vegetations- 
punktes weiter  wächst  und  endlich  zum  Staubgei'äfse  wird. 
Es  ist  diese  Entwicklung  der  Blumenblätter  ganz  die 
eines  Blattstrahles;  wenn  man  jedoch  die  Hypericineen  in 
Betracht  zieht,  bei  welchen  wohl  zweifellos  ein  gleicher 
Entwicklungsmodus  waltet  (wenigstens  den  pentastamina- 
len),  so  würde  man  die  Petala  als  Analoga  der  Stipular- 
bildungen  auffassen  müssen.  Sieht  man  von  Zahl  und 
Stellung  ab,  so  ginge  die  Bildung  von  Corolle  und  Androe- 
ceum  bei  den  Primulaceen  wie  die  eines  ungetheilten  Blattes 
mit  sogenannten  y^stipuUs  adnatin'^,  bei  den  Hypericineen  wie 
die  eines  getheilten  Blattes  mit  freien  Nebenblättern  vor  sich. 

Bei  der  blumenblattlosen  Glaiuv  findet  eine  Anlage 
der  Corolle  in  keiner  Weise  statt;  die  Staminodien  ein- 
zelner Primulaceen  sind  als  ein  mit  dem  Androeceum  alter- 
nirender  Blattwirtel   aufzufassen. 

Genauest  wurden  noch  die  Ampelideen  untersucht; 
hier  entstehen  Blumenblätter  und  Staubgefäfse  in  acrope- 
taler  Folge  und  als  zwei  selbstständige  Blattwirtel,  nie 
aber  ist  von  einem  mit  diesen  alternirenden  Blattcyclus 
etwas  zu  finden. 

Hr.  Kuhn  bepsrach  die  von  Hrn.  Dr.  Schwein- 
furth  seinem  Briefe  beigelegten  Farrnproben.  Dieselben 
ergaben  sich  als  Opliioglossum  reticulatum  L.,  eine  tropisch- 
kosmopolitische  Art;  Polyboti-7ja  acrosiichoüles  Mett.,  bis- 
her nur  in  West- Afrika  gefunden,  eine,  weil  steril,  nicht 
näher  zu  bestimmende  Acrostichaceae,  zunächst  der  Gattung 
Emjenolfia  verwandt;  das  tropisch -afrikanisclie  und  indo- 
oceanische,  in  Amerika  saXtane.  Adiantum,  lunulatum  Burm. 
und  eine  neue,  dem  den  Tropen  der  alten  Welt  eigen- 
Ihümlichen  A.  caudatum  L.  nahestehende  Adiantum- Art, 
A.  Schweinfurthii  Kuhn,  welches  sich  von  A.  caudatum 
durch  völlige  Kahlheit  und  fast  kreisrunde  Schleier  unter- 
scheidet. 

Hr.  Braun  theilte  einige  neuere  Beobachtungen  über 
sogenannte  Drehungen  von  P>aumstämnien,  richtiger  schie- 
fen Verlauf  der  Holzfaser,  mit,  anknüpfend  an  frühere 
Mittheilungen  in  den  Monatsberichten  der  Akademie  der 
Wissenschaften  vom  August  1854  und  in  der  Sitzung  dir 
Gesellschaft  vom  18.  Juni  18ü7.  Pinus  montana  MiU. 
(P.  Pumilio  Haenke),  die  Krummholzkiefer  oder  Legföhre, 
in  Oberbayern  Latsche  genannt,  zeigt  einen  ähnlichen 
Wechsel  der  Drehung  wie  die  gemeine  Kiefer.  Ich  konnte 
mich  davon  im  vorigen  Spätsommer  in  der  Gegend  von 
Rcichenhall  überzeugen,   woselbst  die  Kalkgebirge,  beson- 


ders in  einer  Höhe  von  4000  —  6000  Fufs,  meist  mit 
Krummholz  bedeckt  sind.  Aeufserlich,  d.  i.  an  berindeten 
Stämme'n,  ist  die  Drehung  nicht  bemerkbar,  aber  in  be- 
deutenderen Höhen,  wie  z.  B.  am  Zwiesel,  trifft  man  un- 
zählige, längst  abgestorbene,  entrindete  und  gebleichte 
Stämme,  niedergestreckt  und  selbst  herabhängend  an  den 
Bergwänden ,  welche  an  den  durch  Austrocknen  entstan- 
denen Sprüngen  des  Holzkörpers  die  Drehung  schon  von 
Weitem  erkennen  lassen.  Dünne  Stämmchen  und  Zweige 
erscheinen  schwach  rechts  gedreht,  5 — 10°  von  der  Senk- 
rechten abweichend,  selten  findet  sich  die  Rechtsdrehimg 
auch  noch  bei  stärkeren,  ^  bis  \  Fufs  dicken  Stämmen. 
Die  meisten  dickeren  Stämme  erscheinen  links  gedreht 
und  zwar  in  den  verschiedensten  Graden,  manche  sehr 
stark,  25  —  30°  von  der  Senkrechten  abweichend.  Schabt 
man  an  jungen  Trieben  die  äufsere  Rinde  ab,  so  zeigt 
sich  sowohl  Bast  als  Holz  deutlich  rechtswendig  schief 
gestellt  und  dasselbe  Resultat  liefert  die  Längsspaltung. 
Zerlegt  man  ältere  Stämme,  so  kann  man  das  allniählige 
Eintreten  der  Linksdrehung  in  der  Aufeinanderfolge  der 
Jahresringe  verfolgen.  Bemerkenswerth  für  diese  Art, 
zumal  im  Vergleich  mit  der  gemeinen  Kiefer,  ist  noch  die 
Langsamkeit  des  Dickenwachsthums.  Es  wurde  ein  ent- 
rindetes Stammstück  von  im  Querschnitt  ovaler  Form  vor- 
gelegt, dessen  gröfserer  Durchmesser  53^,  der  kleinere 
43|  Millim.  beträgt.  Dieses  Stück  läfst  150— IGO  Jahres- 
ringe unterscheiden,  von  denen  die  äufsersten  kaum  zähl- 
bar sind.  Die  Dicke  eines  Jahresrings  beträgt  somit  durch- 
schnittlich ungefähr  f  Mm.,  oder,  wenn  man  die  innersten 
22,  welche  kräftiger  sind  und  zusammen  einen  Raum  von 
10  Mm.  einnehmen,  abrechnet,  kommt  auf  die  übrigen  durch- 
schnittlich kaum  if  Mm.  Die  Drehung  an  der  Oberfläche 
dieses  Stücks  ist  sehr  bedeutend,  indem  die  Holzfaser  um  30* 
von  der  Senkrechten  abweicht;  in  der  Dicke  von  100  Jahres- 
ringen beträgt  sie  in  derselben  Richtung  kaum  über  5°; 
in  der  Dicke  von  10  Jahresringen  zeigt  sich  umgekehrt 
eine  unmerkliche  Rechtsdrehung. 

Picea  exceha.  Die  Geländer  zur  Einzäunung  der  Wie- 
sen und  Scheidung  der  Waidegebiete  sind  in  der  Gegend 
von  Reichenhall  meist  aus  dünnen  Fichtenstangen  gefer- 
tigt, so  dafs  man  Gelegenheit  hat,  die  Rechtsdrehung  des 
Holzes  hundertfältig  zu  sehen.  Geschälte  alle  Stämme 
sah  ich  meist  links  gedreht.  Cryptomeria  japonica.  Ein 
älterer  Stamm  in  der  Gegend  von  Neuenburg  in  der  Schweiz 
links,  wie  Taxodium  distichum.  Ebenso  mehrere  alte  Stämme 
von  Sequoia  gigantea  nach  in  ihrem  Vaterlande  aufgenom- 
menen Photographien.  Fitzroya  patagonica.  Friedrich 
Philip pi  spricht  in  einem  Reiseberichte  nach  der  Cor- 
dillera  pelada  in  der  Provinz  Valdiviu  (Peterm.  geogr. 
Mitth.   löGG,  Heft  5)  von  einem  korkzieherartig  gedrehten 


vom  21.  December  ISGO. 


41 


Stamino  Jieser  Art,  welcher  defslialb  „palo  del  husillo" 
genannt  werde.  Die  Richtung  der  Drehung  ist  nicht  be- 
merkt. Betula  dacurica.  Ein  iui  Göttinger  bot.  Garten 
befindlicher  Stamm  deutlich  links.  Corylus  Avellana.  Ur- 
alte, theihveise  abgestorbene  und  entrindete,  bis  1'  dicke 
Stämme  am  Obersee  bei  Berchtesgaden  zeigten  (und  zwar 
an  10  Exemplaren  gleichmäfsig)  ziemlich  starke  Rechts- 
drehung.  Da  die  jungen  Schofse  beim  Spalten  meist  eine 
scinvaclie  Linksdrehung  verrathen,  so  findet  also  hier  eine 
Umsetzung  der  Richtung  Statt,  aber  in  einer  der  Umsetzung 
bei  den  Kiefern  entgegengesetzten  "Weise.  Fopulus  nigra. 
Unter  zahlreichen  alten  und  dicken  Stämmen  bei  Salzburg 
und  Reichenhall  zeigten  mehrere  schon  an  der  Borke 
erkennbar  deutliche  Linksdrehungen  (also  wie  bei  P.  Cana- 
densis  und  das  Gegentheil  von  P.  pi/ramidalis).  Salix  gran- 
difolia  und  riparia.  Einige  alte  Stämme  in  der  Ramsau 
bei  Berchtesgaden  links.  Elaeagnus  angustifolia.  Ein  älterer 
Baum  bei  Magdeburg  rechts.  Nijssa  aquatica.  Nach  Mit- 
iheilung  von  Prof.  Demcker  in  Cincinnati  meist  sehr 
stark  links  gedreht,  dabei  buckelig  und  schwielig,  wie  der 
Granatbaum,  daher  das  Holz  nicht  zu  verarbeiten.  Mit 
dem  Alter  nimmt  die  Drehung  zu.  Ligustrum  japonicum. 
Ein  4"  dicker  Stamm  im  Berl.  bot.  Garten  stark  links. 
Syringa  vulgaris.  Namentlich  die  dicht  und  dunkel  blühende 
Abart  (var.  Marijana)  zeigt  starke  Linksdrehung  bis  30° 
und  mehr.  Im  Schwetzinger  Schlofsgarten  befinden  sich 
gegen  100  ältere,  auf  gewöhnliche  Syr.  vulgaris  gepfropfte 
Stämme  dieser  Abart;  der  dünnere  Wildstamm  ist  durch- 
gehends  fast  ungedreht,  der  dickere  aufgesetzte  Stamm 
allenthalben  sehr  stark  gedreht.  Sambucus  nigra.  Mehrere 
alte  Stämme  bei  Heringsdorf  (1868)  und  bei  Salzburg  (1869) 
zeigten  Linksdrehung,  ein  Stamm  bei  Reichenhall  Rechts- 
drehung. Liriodendron  tulipiferum.  Ein  absterbender,  theil- 
weise  entrindeter  Stamm  im  Dresdener  bot.  Garten  links. 
Hibiscus  Sijriacus.  An  mehreren  alten  unförmigen  Bäum- 
chen des  Schwetzinger  Schlofsgartens  zeigte  der  stellen- 
weise von  Rinde  entblöfste  Holzkörper  Linksdrehung.  Acer 
platanoides  und  Pseudoplatanus.  Die  herrlichen  alten  Bäume 
beider,  besonders  der  letzteren  Art,  welche  eine  Zierde 
der  Gegend  von  Berchtesgaden  bilden,  bestätigten  der 
Mehrzahl  nach  die  schon  früher  beobachtete  Linksdrehung 
der  Abornbäume;  doch  sah  ich  auch  einige  ausnahmsweise 


rechts  gedrehte  und  viele  andere  ohne  bemerkbare  Drehung. 
Melaleuca  thymifolia  und  alba.  Ältere  Bäumchen  im  Berl. 
bot.  Garten  links.  Sorbus  Aucuparia.  Viele  ältere  Stämme 
bei  Reichenhall  links,  übereinstimmend  mit  den  früheren 
Beobachtungen,  wogegen  einige  Bäume  von  S.  Aria  und 
lati/olia  im  Göttinger  bot.  Garten  Rechtsdrehung  zeigten. 
Crataegus  tanacetifolia  ebendaselbst  gleichfalls  rechts,  wie 
es  auch  Cohn  für  Cr.  Oxyacantha  angiebt,  übereinstim- 
mend mit  eigenen  früheren  Beobachtungen.  Mespilus  ger- 
manica. Ein  älteres  Exemplar  im  Berl.  Univ. -Garten  links. 
Cydonia  vulgaris  zu  Schwetzingen  schwach  rechts.  Acacia 
meUifera  Benth.  aus  Nubien  nach  von  Dr.  Schwein- 
furth  gesammelten  Stammstücken  links. 

Hr.  Dönitz  zeigte  einen  Schakalschädel  mit  einem 
überzähligen  Lückenzahn  vor.  Das  Präparat  stammt  von 
einem  in  Abyssinien  geschossenen  Canis  mesomelas.  In 
der  linken  Hälfte  des  Unterkiefers  ist  die  Lücke  zwischen 
den  beiden  ersten  falschen  Backenzähnen  durch  einen  Zahn 
ausgefüllt,  welcher  in  allen  Stücken  eine  Wiederholung 
des  ersten  Lückenzahnes  darstellt,  nur  dafs  er  um  ein 
Unbedeutendes  kleiner  ist  als  dieser.  Dieser  Befund  be- 
weist, dafs  die  von  Owen  aufgestellte  Regel,  nach  welcher 
die  dem  Zahnwechsel  unterworfenen  placentalen  Säugethiere 
nie  mehr  als  vier  Lückenzähne  besitzen  sollen,  nicht  für 
alle  Fälle  zutreffend  ist,  denn  hier  finden  sich  deren  fünf. 
Es  läfst  sich  ferner  daraus  entnehmen,  dafs  die  Vermehrung 
oder  Verminderung  der  Anzahl  der  Zähne  nicht  nothwen- 
digerweise  am  Anfang  oder  Ende  einer  Zahnreihe  statt- 
finden mufs,  wie  man  lange  Zeit  angenommen  hat. 

Als  Geschenke  wurden  mit  Dank  entgegengenommen: 
Abhandl.   der  Scliles.   Gesellsch.  f.   Vaterland.   Kult.      Ahth. 

f.  Naturw.  1868  —  1869.    Philos.-hist.  Ahth.  1868.  IL  II. 

1869  u.  Jaliresber.  1868.  Breslau. 
Walpers  Annales  botanices  Systematicae.     T.   VII.  Fase.  IV. 

Carolo  Müller.     Lipsiae.   1869. 
Monatsber.   d.   Berl.    Akad.    der  Wissensch.    September   vnd 

October.     1869. 
Vargasia  Boletin  y.    l.  Soc.  d.   ciencias  fis.  y   nat.  d.   Ca- 
racas 1869.     (A  la  Memoria  de  Alejandro  de  Humboldt.) 
Filiees  Novarum   Ilehridarum   elab.   Kuhn   (Aus   den  Verh. 

d.  k.  k.  zool.   bot.  Gesellseh.  Wien.      Jahrgang.   1869.) 


Buflidruckerei  der  Künigl.  Akademie  der  Wissenschaften  (6.  Vogt). 
Berlin,  Universitätsstr.  8. 


Harvard  MCZ  Library 


3  2044  066  304  866 


Date  Due 


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