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Full text of "Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin"

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SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


JAHRGANG 1892. 


ZWEITER HALBBAND. JUNI BIS DECEMBER. 


STÜCK XXIX—LV MIT VIER TAFELN, DEM VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCK- 
SCHRIFTEN, NAMEN- UND SACHREGISTER. 


BERLIN, 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


IN ESET: 


Ramwersperg: Über die Leueit- Nephelingruppe Re E a 

CoxzeE: Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich Deutschen aehasoloeschen Instituts 

Scuraper: Die Vorstellung vom uovoxeews und ihr Ursprung (hierzu Taf. V) 

v. D. GABELENTz: Zur Beurtheilung des koreanischen Schrift- und Lautwesens (hierzu Taf. vn. 

Voser: Antrittsrede 5 

Auwers: Antwort an Hrn. VoGEL 

Damzs: Antrittsrede ER 

E. ou Bors-Reymonp: Antwort an Hrn. Daumzs . NE Fat 

Errichtung der Heımnorrz - Stiftung und Verleihung ihrer ersten vier © Medaillen. 

Preis der Diez -Stiftung . WE 

Preis der CHARLOTTEN - Stiftung für ehrlaloers 

Preisausschreiben aus dem Errer’schen Legat NER ENG a I 

Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen und die Anfänge einer bischöflichen Chronographie in Rom 

Ronpe: Muskel und Nerv bei Mermis und Amphioxus 

Rosupe: Gibt es Holomyarier ? ER ETIE ng; EL rule 

Wartengacn: Jahresbericht des Königlichen Historischen Tnstilnts in Rom . 

Dümmter: Jahresbericht der Behtraldirechion der Monumenta Germaniae historica . 

Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde (hierzu Taf. VII) 2% 

Lanvorr u. Jaun: Über die Moleeularrefraetion einiger einfacher organischer a für Strahlen 
von unendlich grosser Wellenlänge . ER Se A i A U 

Adresse an Hrn. Wırnerm WATTENBAcCH zur Feier seines fünfzig; ährigon Dabin Inbilacums am 20, Juli 1892 

Weser: Über den väjapeya ER e : 

HırscareLn: Die aegyptische Polizei der römischen Kaisorzöit Act Papyriemikundan 

Gorpsteis: Über die sogenannte Sehichtung des Kathodenlichts indueirter Entladungen 

Mommsen: Rhodische Inschrift 

Gorrre: Über die Entwiekelung von lag note 

Kırensorr: Der Roman eines Sophisten : 

Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Kpokalynes 3 Beims ar ß Ar 

Ansprache an Se. Excellenz Hrn. von HrrLmnuorız zur Feier seines fünfzigjährigen Doc ‚faniubilanting am 

2. November 1892 ; & B 

SCHWENDENER: Zur Kritik der neuesten Käterarchungen über dar Saftstergen . > 

Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. Zweite Mittheilung . 

Vırcnow: Über den troischen Ida, die Skamander-Quelle und die Porta von Zeitunlü 


NVEERESulberBahliegBahlika re ee ee ee 
Adresse an Hrn. FrıEprıch von SPIEGEL zur Feier seines fünfzigjährigen Doetorjubilaeums am 
8. November; 1892). MM... Re 0 


VAnHtEn: Über das Saeculargedicht 1a ins ee 


USENER: 


Dirımann: 
LADENBURG: Über das, Isoconiin, 


Inhalt. 


Die Unterlage des Laertius Diogenes . 


Stickstoff . P 
Rımsacn: Zum Keoragemicht ie: BE 


DiLLmann: 


von HELMHOLTZ: 


Über den neugefundenen griechischen Text des ae Baches 
Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung es - 
Fuchs: Über die Relationen, welche die zwischen je zwei singulären Punkten erstreckten Integale 

der Lösungen linearer Differentialgleichungen mit den Coeflfieienten der Fundamentalsubstitutionen 


der Gruppe derselben verbinden 


pu Boıs und Rurens: 
von BEZoLD: 


ÜurrTIUS: 


LEUMANN: 


Nachtrag 


Die Deichbauten der Minyer (hierzu Taf. VIII) 


Jinabhadra’s Jitakalpa, 


mit Auszügen aus Siddhasena’s 


Über den neugefundenen griechischen Text des ana Bches ARE 
ein neues Isomeres des Coniins, und über den asymmetrischen 

105% 
. 1071 
1079 


Cürni. 


Zweite Mittheilung 


Über Polarisation ultrarother Sn beim Dehgang derch Met alldrabtgicken 
Der Wärmeaustausch an der Erdoberfläche und in der Atmosphaere 


Seite 


. 1023 
. 1039 


1095 


-A11s 
1129 


..1139 
. 1181 
11155) 
.1271 


539 
1892. 
XXIX. 
SITZUNGSBERICHTE 
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


2. Juni. Sitzung der philosophisch-historischen Classe. 


Vorsitzender Secretar: Hr. VAuLen (1. V.). 


Hr. Wemnorn las über Glücksrad und Lebensrad. 


Die Mittheilung wird in den Abhandlungen erscheinen. 


Ausgegeben am 11. Juni. 


Sitzungsberichte 1892. 49 


541 
1892. 
AXX. 
SITZUNGSBERICHTE 
| KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


2. Juni. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


Hr. Rammeusgere las die umstehend folgende Mittheilung: Uber 
die Leucit-Nephelingruppe. 


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543 


Über die Leueit-Nephelingruppe. 


Von (Ü. RAMMELSBERG. 


es: Mineralien, welche in den jüngeren plutonischen und in den 
vulcanischen Gesteinen auftreten, Leueit und Nephelin, sind die 
typischen Glieder einer Gruppe, welche wir nach ihnen als Leucit- 
Nephelingruppe bezeichnen wollen. 

Die Glieder einer Gruppe besitzen gleiche Krystallform, mag 
auch diese Gleichheit in vielen Fällen wegen der Isomorphie keine 
absolute sein. 

Nun kann aber ein krystallisirender Körper heteromorph sein, 
er kann in zwei Formen auftreten, und verknüpft dann zwei Reihen 
von Körpern, bei denen die gleiche Heteromorphie noch nieht bekannt 
ist. So verknüpft das Kalkcarbonat die Aragonitreihe mit der Kalk- 
spathreihe. 

In unserer Gruppe ist der Leueit der Prototypus der regulären 
Glieder, zu denen der Pollueit, der Sodalith, der Hauyn, der Nosean 
und der Lasurstein gehören. Oktaeder, Granatoeder und Leueitoeder 
sind die herrschenden Formen. 

Im Nephelin haben wir andererseits den Prototypus der sechs- 
gliedrigen, zu denen der Facelith, Eukryptit, die Natronverbindung, 
der Ganerinit und Mikrosommit gehören. Genaue Messungen gestattet 
freilich nur der Nephelin, und es ist allerdings nur eine freilich 
höchst wahrscheinliche Annahme, dass die Krystalle der übrigen sich 
auf die Nephelinform beziehen. Die sehr kleinen Mikrosommite würden 
nach ScaccHr eine Hauptaxe haben, welche sich zu der des Nephelins 
wie 1.4:ı verhält. 

Die chemische Zusammensetzung der Glieder einer Gruppe kann 
eine gleiche, sie kann in anderen Fällen trotz krystallographischer 
Gleichheit eine verschiedene sein. 

In unserem Falle, wo es sich um eine Silicatgruppe handelt, 
verstehe ich unter gleich zusammengesetzten Gliedern solche, bei 
denen das Atom- bez. Aequivalentverhältniss R: Si das gleiche ist; 
alle Glieder stehen auf gleicher Sättigungsstufe. 


544 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 2. Juni. 

Solche Gruppen sind z. B. Olivin (zweigliedrige Halbsilicate von 
R), Willemit (sechsgliedrige derselben Art), Granat (reguläre Halb- 
silieate von R und R), Turmalin (sechsgliedrige Drittelsilicate von 


R, R und #), Epidot (zwei- und eingliedrige Verbindungen von 
Halb- und Drittelsilieaten). In anderen Silieatgruppen sind die Glieder 
trotz gleicher Form ungleich zusammengesetzt, sie stehen auf ver- 
schiedenen Sättigungsstufen. 

Es genügt, ein Beispiel dieser Art, die Feldspathgruppe, zu nennen, 
deren Glieder Orthoklas und Albit saure (Trisilicate) sind, während 
der Anorthit aus Halb-(Singulo-)Silicaten .besteht. 

Die Constitution der Silicate ist uns unbekannt: weder künstlich 
herbeigeführte Reactionen noch die in der Natur eintretenden Um- 
wandlungen, die Verwitterungsprocesse, geben Aufschluss. Und doch 
können wir uns mit der aus der Analyse folgenden empirischen 
Formel nicht begnügen. Enthält ein Silicat, wie gewöhnlich, mehrere 
verschiedenwerthige R, so ist es ein Complex von Silicaten gleichen 
Sättigungsgrades, den die Analyse zu erkennen giebt. Aber dies ist 
auch die einzige Annahme, die wir zu machen haben, und ich denke, 
weiter dürfen wir für jetzt nicht gehen. 

Wirft man aber einen Blick auf viele in neuerer Zeit construirte 
Mineralformeln, so erstaunt man über die Begriffsverirrungen in den 
Grundgesetzen der Chemie, welche in ihnen zu Tage treten. Dass 
die Silicate Salze sind, dass zwischen dem Si und den elektropositiven 
Elementen ein einfaches Atomverhältniss obwalten muss. welches in 
(len Sättigungsstufen nach dem Gesetz der multiplen Proportionen 
sich ändert, davon ist nicht mehr die Rede. Um die Isomorphie 
ungleich zusammengesetzter Verbindungen durch analoge Formeln zu 
erklären, bringt man dieselben auf gleiche Sauerstoffmengen. 

Die Formel des Albits schreiben wir Na?’APSi°O", nicht aber 
NaAlSPO°, weil die kleinste Menge Aluminium, welche in Verbin- 
dungen eintritt, 2 At. beträgt.‘ Der dem Albit isomorphe Anorthit 
CaAl’Si’O° kann nicht ı At. Al enthalten, weil auf 2 At. die kleinste 
Menge Ca kommt. 

Um nun die Isomorphie beider zu erklären, nahm man an, die 
Anorthitformel sei zu verdoppeln, betrachtete ihn also als Ca? ASitO" 
(die Moleeulargrösse ist ja nicht bekannt), und sagte nun, beide Feld- 
spathe sind isomorph, weil 2 Si des Albits CaAl” des Anorthits 
vertreten. 


" Dass der Dampf von Al?C1% in sehr hoher Temperatur = 2 AlC]? wird, kommt 
hier nicht in Betracht. 


RAMMELSBERG: Über die Leueit- Nephelineruppe. 545 
srup 


Man begriff nicht, dass Vertretung mehr als Aequivalenz ist, 
dass nur Körper von analoger Natur sich in Verbindungen vertreten 
können, nicht: aber Kieselsäure die Stelle eines Aluminats GaAl’O! 
einnehmen kann. Es versteht sich von selbst. dass alles, was in 
den Formeln vor den 16 At. Sauerstoff steht, in beiden aequivalent 
sein muss, und dass, wenn man aus ihnen aequivalente Grössen fort- 
nimmt, aequivalente Mengen übrig bleiben. 

Man sah nicht. zu welch absurden Folgerungen eine solche An- 
nahme führt. Alle Silicate wären isomorph, da man ihre Formeln 
auf eine gleiche Zahl von Sauerstoffatomen bringen kann. 

Es kann nicht oft genug gesagt werden: die Isomorphie ist eine 
Folge der gleichen Struetur der Krystallmoleeüle, sie steht in keinem 
:ausalen Zusammenhange mit der Stellung der Atome in den einzelnen 
Molecülen, wenn es auch leicht begreiflich ist. dass analog constituirte 
Molecüle vorzugsweise geneigt sein werden, Complexe zu bilden, 
welche sich gleichartig zu Krystallen aufbauen. 

Ein Bild moderner empirischer Structurformeln findet man in 
Bröscger’s und Bäckströn’s Abhandlung über die Mineralien der 
Granatgruppe (zu welcher auch Leueit, Sodalith, Hauyn gestellt sind).' 

Wir wollen alle hypothetischen Vorstellungen, welche der Phantasie 
weiten Spielraum bieten, bei den Silieaten unberücksiehtigt lassen, vor 
Allem jedes Formelspiel verwerfen, durch welches ungleich zusammen- 
gesetzte isomorphe Verbindungen als analog constituirte erscheinen 
sollen. 

Die Glieder der Leueit-Nephelingruppe sind ungleich zusammen- 
gesetzt, sie fallen also nieht unter eine allgemeine Formel. Es sind 
theils normale, theils Halbsilieate. 

Allen gemeinsam ist Thonerdesilicat und dieses ist verbunden 
entweder mit Alkalisilicat oder mit diesem und Kalksilieat. 

Normale Silicate sind die regulären Glieder Leueit und 
Pollueit (Leueitreihe). Sie enthalten nur Alkalimetalle (und Wasser- 
stoff‘). Alle übrigen bestehen aus Halbsilicaten (Nephelinreihe). 

Facelith, Eukryptit und die bisher nur künstlich dargestellte 
Natronverbindung, sämmtlich sechsgliedrig, enthalten ebenfalls 
nur Alkalimetalle. Cancrinit (Davyn), gleichfalls sechsgliedrig. ist eine 
isomorphe Mischung von Silicaten und Carbonaten von Natrium, 
Wasserstoff und Caleium; Nephelin, der Prototypus dieser Reihe, 
Natrium und Kalium enthaltend, ist chemisch von besonderem Interesse, 
denn er ist eine Verbindung des Natronhalbsilicats mit dem normalen 
Kalisilicat, welches in ihm sechsgliedrig, als Leucit regulär ist. Die 


! Groru Zeitschr. 18, 209. 


546 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 2. Juni. 


übrigen Glieder sind Halbsilicate, in Verbindung mit Chloriden, Sulfaten, 
selbst Sulfuriden. 

Sodalith, die Natriumverbindung, enthält Chlorid. 

Hauyn und Nosean, Natrium und Caleium enthaltend, führen 
Sulfate und Chloride. 

Sie alle sind regulär. 

Mikrosommit ist dem Hauyn und Nosean gleich, jedoch sechs- 
gliedrig. Es ist dies der zweite Fall von Isomorphie in der Gruppe. 

Lasurstein hat dieselben Bestandtheile, ist aber durch gleich- 
zeitigen Gehalt an Sulfurid ausgezeichnet. Er ist regulär. 

Es mögen nun die Resultate der bisherigen Untersuchungen der 
einzelnen Glieder folgen. 


Pollueit. 


Des CrorzEeaux und v. Rarn zeigten, dass dies von BREITHAUPT 
entdeckte Mineral von Elba Combinationen von Würfel und Leueitoeder 
bildet und einfach brechend ist. Pısanı wies den Gehalt an Cäsium nach, 
und ich habe es gleichfalls untersucht. Zuletzt hat Weırs ein Vor- 
kommen von lHebron, Maine, analysirt. 

Wenn R=Cs, Na, K, so sind die gefundenen Verhältnisse: 


RAS 220 


‚ f 5 ers er i DER 2 
Pısanı 2 RE DI LOIOEE— 2.2,0,0,0 O0. 
RAMMELSBER6G 1.9 :1:4.5:0.85 
WELLS 2.0.7219 74.572085 


Pısası hat die Alkalien etwas zu hoch bestimmt (die Analyse zeigt 
1, brocent, Überschuss), ‚Offenbar ist das‘ Verhältniss —= 2:11: 1.5208; 
der Pollueit also 


R*Al’Si°0”° + H’O 


Das Wasser entweicht erst über 300°, und nur beim Glühen voll- 
ständig, es darf daher als chemisch gebunden betrachtet, und die 
Formel 

H’R!APSi?O” 


geschrieben werden. 


! 
Diese Formel, welche 3 R’SiO3 entspricht, zeigt, dass der Pollueit 
aus normalen Silicaten besteht, also 


3 R’SiO3 MSio! 
2 ALSPOP)—| (C8’Si03) 
I A1 Si30° \ 


/ 


RanmersgerG: Über die Leueit-Nephelingruppe. 547 


Der Elbaer Pollueit scheint im Laufe der Zeit etwas Wasser auf- 
genommen zu haben. 
Das Atomverhältniss Na(K): Cs ist nach 


Pısanı — 182 
RAMMELSBERG — 1: 2.4 
WELLS ge ERSTE) 


Der Letztere fand auch 0.35 Procent Lithion (Li:K:Na= 1:3: 16) 
und o.2 Kalk. 


Leueit. 


Die chemische Natur dieses Minerals. in welchem Krarrorn das 
Kalium als Mineralbestandtheil auffand, ist durch zahlreiche Analysen 
festgestellt, welche K:Al:Si= 2:1:4 ergaben, so dass er eine 
Verbindung normaler Silicate 

Be | 
AlSI’O 


ist. 

Das Kalium ist wohl stets von Natrium begleitet, dessen Menge 
als Na?O jedoch selten bis ı.5 Procent steigt. Bıscnor's Angaben eines 
Natrongehalts von 6 Procent im vesuvischen Leueit aus neueren Laven 
sind von mir als irrig nachgewiesen worden. Dagegen giebt es Natron- 
Leueit in den vorhistorischen Sommalaven (s. u.). 

Der Leueit ist vielfach der Zersetzung unterworfen (Rocca Monfina, 
Meiches, Rieden), die sich durch Aufnahme von Natron und Wasser 
zu erkennen giebt. Schliesslich verwandelt er sich in Analeimsubstanz, 
wie ich an den grossen Kıystallen der Rocea Monfina zeigte, in welchen 
das Kali fast ganz durch Natron ersetzt ist, ein Process, den LEMBERG 
durch Behandlung des Leueits mit Chlornatriumlösung künstlich hervor- 
gerufen hat, während andere Krystalle jenes Fundorts in Thon ver- 
wandelt sind, und solche am Vesuv und am Kaiserstuhl vorkommen, 
die sich durch einen Gehalt an Kalk auszeichnen. 

Interessant sind die Pseudomorphosen aus Basalt von Oberwie- 
senthal. welche offenbar ein Gemenge von Orthoklas und 'Thon dar- 
stellen. 

Von der merkwürdigen Verwandlung natronhaltigen Leueits wird 
beim Nephelin die Rede sein. 


Facelith. 


In einem aus Glimmer und Augit bestehenden Gemenge von M. 
Somma fand E. Scacent d. J. farblose feine regulär sechsseitige Prismen, 


pe > is . . . fr . 
548 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 2. Juni. 


spaltbar nach der Endfläche, V.G. 2.47. mit Säuren gelatinirend. Nach 
der Analyse ist K:4Al:Si=2:ı:2. Das Mineral besteht also aus 
Halbsilieaten 

1 RS O8 N 


Ralszo 2) > 
AP Si30": | 


Eukryptit. 

Mikroskopische sechsseitige Prismen, V. G&. 2.667. Emtstehend aus 
den Zersetzung des Spodumens von Branchville, Conn., neben Albit: 
schmilzt leicht und gelatinirt mit Säuren. 

Penrienv’s Analyse ergiebt Li:Al:Si= 2:ı:2. Das Mineral 
besteht also gleich dem Facelith aus Halbsilicaten 


BL ae) 
er 
ven A Si50" \ 


Natron-Thonerdehalbsilieat. 


Durch Zusammenschmelzen von Na’CO°, AlO3 und 2 SiO? erhielt 
Dörrer dieses Halbsilieat 
Sr \ NatSı0* | 
Na’Alsı? @° — Ya Sen 12 \ 
Al’SB O0” \ 
in regulär sechsseitigen Prismen. Wir werden sehen, dass es mit dem 
normalen Kali-Thonerdesilicat den Nephelin bildet. 


Nephelin. 


Ein sehr verbreiteter Gemengtheil älterer und jüngerer krystal- 
linischer Gesteine, neben Thonerde Natron und Kali enthaltend. Nur 
selten ist er bei seiner leichten Zersetzbarkeit in ursprünglicher Be- 
schaffenheit anzutreffen, und von dieser Art sind eigentlich nur die 
farblosen durchsichtigen Krystalle aus den Silicatgesteinen des M. Somma, 
besonders der Sanidin führenden. 

Er wurde lange für eine Verbindung von Halbsilicaten gehalten, 
allein alle neueren Analysen beweisen, dass der Nephelin mehr Kiesel- 
säure enthält. Zu diesen neueren Versuchen, betreffend den Nephelin 
vom Vesuv, gehören zunächst die von SCHERER und Franxcıs in H. Roses 
Laboratorium 1849 ausgeführten, sodann die meinigen, welche später 
(1876) wiederholt wurden, und denen (1878) die von Raurr folgten. 

Die von ScHERER mit möglichst reinem Material ausgeführte Ana- 
lyse hat nieht bloss ı Procent Überschuss, sondern auch 2 Procent 


Ranmeısgers: Über die Leneit-Nephelingruppe. >49 


Kalk ergeben. Ich habe mich überzeugt, dass die reinsten Krystalle 
frei von Kalk (Magnesia) sind, und dass die Erden von eingewach- 
senen Augitpartikeln herrühren. In meinen 5 Analysen beträgt der 
Kalk 0— 0.67 Procent. Auch in den 5 sonst sorgfältigen Analysen 
Raurr's geht der Kalk von 1.3— 1.8 Procent, die Magnesia von o bis 
0.2 Procent. 

Diesem vesuvischen Nephelin möchte ich noch einen krystallisirten 
von Grönland anreihen, der von LorENnzEn untersucht wurde. Auch 
er enthält 0.7 Procent Kalk und 0.83 Eisenoxydul, welehe wohl gleich- 
falls von Augit herrühren dürften. 

Bei der Berechnung sind Ca, Mg. Fe als normale Silicate in 
Abzug gebracht. Alsdann ist 

R:Al:Si Na:K 
RANMELSBERG 


1 
RB 
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5), 
(67, 
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ERS I2ZO Se 
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LoRENZEN ro HE 23a AT 


Es ergiebt sich hieraus 
rrdası Na KzAl=>:ı 
2. dass Al: Si nicht =ı: 2, der Nephelin kein Halbsilieat ist. 


Die Alkalien lassen bei mir und bei Raurr gegen die Thonerde 
einen Verlust erkennen, was sich aus der analytischen Methode erklärt. 
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieser Fehlbetrag in der Thonerde 
steckt. Ist dies aber der Fall. so wird das Verhältniss Al: Si hiervon 
berührt, welches bei mir nahe ı: 2.2, bei Raurr bis ı: 2.18 liegt. 
Ich glaube daher, dass die Säuremenge etwas grösser (d. h. die der 
Thonerde etwas geringer) ist, als sie nach dem Verhältniss ı: 2.2 zu 
sein scheint, und ziehe die Proportionen ı: 2.25 (I) und ı:2.28 (M) 
in Betracht. | 

Hiernach würde der Nephelin nach 


I. R’ALSIO%* 
I. RuAlsieo®% 


550 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 2. Juni. 


sein. Nach Verwandlung des Al in R ist 
I. R»SioO% R:Si- SESIE 
II. R4Si0" — a 


Beide zeigen eine Verbindung von normalen und Halbsilicaten an, 
und zwar 


IE IT. 
R?SiO? | 
| Rısio: 3 R'SiOt 


Offenbar ist II. die einfachere Formel, welcher wir den Vorzug geben 
dürfen. 
Im vesuvischen Nephelin ist K:Na=1ı:5. 


Schreibt man die Formel II R4AI S1.50> 
6 Na’Al Si?O° 
K’AlSitO" 


so ist das erste Glied das in allen nachfolgenden Gliedern der Gruppe 
wiederkehrende, von Dörter in der Nephelinform künstlich dargestellte 
Natronhalbsilicat, das zweite Glied aber das normale Kalisilicat, 
welches in regulärer Form als Leueit erscheint. 

Da hiernach K:Na—=1:6 wäre, in.Wirklichkeit aber = 175 
ist, so darf man wohl annehmen, dass in dem Halbsilieat ar des Na 
durch K ersetzt ist. | 

Entspricht nun der Nephelin wirklich einem Silicat R*Si*O"5, 


so entsteht durch Hinzufügung von Orthoklas R'Si3 0% Leueit 
R’SiO’, da 
Kusion 
+ 3 R' SP0° 


— 13 R? Si O3 
Oder 
ı Mol. Nephelin R"A17Si15 0% 
6 » Orthoklas 6 R? Al Si6 0% 
= 7 34 #4 Leueit 23 R: Al Sit 0% 


Dieses aus der atomistischen Zusammensetzung der drei Mine- 
ralien durch Rechnung abgeleitete Resultat ist aber nicht blosse Spe- 
eulation, es lässt sich zeigen, dass in der Natur natronhaltiger Leueit 
sich in Nephelin und Orthoklas spaltet. 


RauneLsserG: Über die Leueit- Nephelingruppe. 551 


Beim Leueit habe ich angeführt, dass der in den neueren Vesuv- 
laven vorkommende nur geringe Natronmengen enthält. Nur AsıcH 
hatte in kleinen Körnern 8.8 Procent Natron gegen 10.4 Kali gefunden, 
ao RK: Na='4:5. 

In den älteren Sommagesteinen finden sich aber theilweise an- 
sehnliche Leucitkrystalle, besonders in den körnigen Aggregaten von 
Sanidin (natronhaltigem Orthoklas oder sogenannten glasigem Feld- 
spath), in denen Nephelin fehlt. ‘Diese Krystalle wurden von Scacchı, 
Haıpineer und Brum für Pseudomorphosen von Sanidin nach Leueit 
erklärt, von welchem zuweilen noch ein Kern sich erhalten hat. 

Im Jahre 1856 hatte ich Gelegenheit, solche Leueitkrystalle zu 
untersuchen, welche in Begleitung von Sanidinkrystallen in einer 
grauen Lava liegen, im Innern aber aus einer grünlichweissen Masse 
bestehen, welche krystallinisch, leicht zerreiblich ist und den Raum 
nicht ganz ausfüllt. Durch Behandlung mit Chlorwasserstoffsäure 
zerfiel sie in zwei Theile; der zersetzbare war Nephelin, der unzer- 
setzbare Sanidin. @. Rose hat dann die Krystallform beider in diesen 
Leueiten erkannt.' 

Damals deutete ich schon an, dass hier keine Pseudomorphose, 
sondern eine Spaltung eines natronhaltigen Leueits vorliege. 

Leueit kann also in Nephelin und Sanidin zerfallen, und Nephelin 
ist als eine Verbindung von Natron -Thonerdehalbsilicat mit normalem 
Kali-Thonerdesilicat (Leueitsubstanz in sechsgliederiger Form) anzu- 
sehen. 

Die Nephelinformel, wie sie oben vorgeschlagen wurde, findet 
in der Spaltung des Leueits ihre Bestätigung, und die Fähigkeit des 
Natron-Thonerdehalbsilieats, sich mit einem anderen Salz zu ver- 
binden, spricht sich in ähnlicher Art im Sodalith und den übrigen 
Gliedern der Gruppe aus. 


Cancrinit. Davyn. 


MonricerLı und Coverıı bezeichneten als Davyn ein Mineral aus 
älteren vesuvischen Gesteinen von der Form des Nephelins, welches 
nach ihrer Analyse ı2 Procent Kalk und 7.4 Wasser, aber kein Alkali 
enthalten sollte. Indessen sind diese Angaben sehr zweifelhaft, und 
ist die Analyse mit einem Verlust von 3 Procent behaftet. Scaccht, 
welcher 1852 die Krystalle genauer untersuchte, hielt sie für Nephelin. 
Im Jahre 1860 analysirte ich diese von Scacenr mir mitgetheilten 
Krystalle und fand, dass sie auch Natron und Kohlensäure enthalten. 


! LEmBERG hat 1883 meine Versuche wiederholt. 


332 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 2. Juni. 


Noch während der Davyn für Nephelin gehalten wurde, fand 
G. Rose bei Miask den Canerinit und in ihm dieselben Bestand- 
theile, welche der Davyn enthält, und später ist er auch in Sieben- 
bürgen, Scandinavien und Amerika nachgewiesen worden. 

Man hat Davyn und Canerinit anfänglich für Gemenge von Ne- 
phelin mit kohlensaurem Kalk gehalten, allein die Substanz ist voll- 
kommen homogen auch in optischer Beziehung und enthält überdies 
Wasser. Die Menge der Kohlensäure ist so gross, dass auch Natron- 
carbonat vorhanden sein müsste, und die Berechnung der Analysen 
lehrt, dass das mit dem Silicat verbundene wasserhaltige Kalk-Natron- 
carbonat eine wechselnde Zusammensetzung haben würde. Dies folgt 
aus der nachfolgenden Zusammenstellung der vorhandenen und zur 
Berechnung geeigneten Cancrinitanalysen. 


Atomverhältniss 


Na” :7Ca €0?:H°0 
Miask Raurr I 821 DEE 
PusırEwWSKY I Hl DhkEI N 
Liehfield Wnırney a) ) 2.0 ae 
bh) 1 I ul: 8 
ULARKE A) Io 7 
h) ae Bet 
©) BUSENT AV 5 
Siksjöberg Linpström Se 1241220 
Ditro 'TSCHERMAK I ee 1: 02 
Brevik Pısanı I A NER 
LEMBERG 2 a INS 
Marienskaja PusirEwskY BIO DER 


Die Carbonate Na’CO? und CaCO? wären also in sehr verschie- 
denen Verhältnissen vorhanden, und der Wassergehalt der Verbindung 
gleichfalls sehr verschieden. Nur bei Lemgere ergäbe sich eine dem 
Gay Lussit nahe kommende Verbindung. 

Das übrigbleibende Natron-Thonerdesilicat ergiebt folgendes Atom- 
verhältniss: 


NasFAl Si 
Miask RaurF 2:05,.0,:,2.25 
PusiREWSKY 1.0.07,.99.7 
Lichfield Wrıtsev a) 2204,.1.:.2 


2. 


D 
fe 
D 


ÜLARKE 4 1% 


= 

Du u 
ei 

on SQ 
= 

DD DD 


Raumersgerg: Über die Leueit-Nephelingruppe. 3155) 


\ Nasa Al ‚Si 
Siksjöberg Linpströn a 

Ditro 'ÜSCHERMAK a 

Brevik Pısanı 249,1 2:151245 

LEMBERG Ra a PET. 

Marienskaja PusirEwskyY 2.0:1:2.3 


Das Silieat nähert sich mit 2:1:2 dem reinen Halbsilicat, über- 
wiegend jedoch ist mehr Säure vorhanden, so dass es ein kalifreier 
Nephelin sein könnte. Indessen bleibt die Frage zweifelhaft. 

Anders verhält es sich mit dem Davyn, welcher mehr Kalk 
enthält, als die Kohlensäure verlangt. Man müsste in ihm CaCO’ + ag 
annehmen, verbunden mit einem kalkhaltigen Silieat, welches, wenn 
Ca = 2Na gesetzt wird, Na:Al:Si=2.2:1:2.2 ergiebt, und in welchem 
Ca:Na=1:14 sein würde. 

Die vorstehende Deutung der Natur dieser Mineralien ist offenbar 
unbefriedigend. 

Wenn natürliche Silieate Kohlensäure und Wasser enthalten, so 
sind es in der Regel Umwandlungsproduete. Allein es giebt auch 
krystallisirte Verbindungen von Silicaten und Carbonaten. 

Aus Rohsodalaugen setzen sich ausser Gay Lussit wohl ausge- 
bildete zweigliedrige Krystalle ab, welche SiO?: 200°, und ausserdem 
Thonerde, Kalk, Natron und Wasser enthalten, mithin dem Canerinit 
qualitativ gleich sind." Sie lassen sich nur als isomorphe Mischungen 
normaler Silieate und Carbonate betrachten, entsprechend der Formel 


(3Na? (Si,C) O?) 
I2Ca (Si, 6) OS) 
Faro, a 


I 
[8S) 


Ich schlage für den Canerinit und Davyn dieselbe Annahme vor, 
mit der Modifieation jedoch, dass ich das Wasser als chemisch ge- 
bunden betrachte. 

ı ! 

Verwandelt man in den Cancrinitanalysen Al in 6R, Ca in 2R, 

! 
fasst Na und H zusammen, und vergleicht die At. der R und des 


! 


Ö6+Si, so ergiebt sich R:Si,C 


Miask Raurr 30072 1 
PUSIREWSKY A071 
Liehfield Wurrney a) SL On 
b) 27081 


! RAMMELSBERG im J. f. pr. Chem. (2) 35, 108. 


54 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 2. Juni. 


ÜLARKE A) 39 N: 

b) 4.0 I 

e) 3.8 I 

Siksjöberg Linpström 3.0, 1 
Ditro 'TscHERMAK 4.0 I 
Brevik Pısanı SEO ET 
LEMBERG 4.2 I 
Marienskaja PusirEwsKkv 3ER 
Davyn. Vesuv Re. Bro 


Die Mehrzahl ergiebt also 4:ı, und die Abweichungen 3.6: 1 
dürften von der Beschaffenheit des Materials und von den Fehlern 
der Analyse herrühren. 

Man darf daher den Canerinit als eine Verbindung von Halb- 
silieaten und Garbonaten betrachten, und denselben ganz allgemein 
durch 

IR2SMOS 

\y Ga? Sı O* 

ZA SP072) 
bezeichnen, wobei Si= Si und © ist. 

Die einzelnen unterscheiden sich dureh das Verhältniss X :Y:Z, 
sodann durch das von H:Na und 0: Sı. 

Die Berechnung der Analysen führt in dieser Beziehung zu fol- 
genden Mol.- und Atomverhältnissen: 

EV RZE EI Na (de HS 


Miask as BE A ERAEE, 
Lichfield OBER A TEN? Ders 
Siksjoberg. 4) 46,277:,3, ,m2 IR AS 
Ditro DER EI A 2.455 
Brevik Sa DALE 
Marienskaja, 8 >17: 2. 77 :4466 °1.: 5 
Vesuv PERS De 0) ea) 


Immer ist X = 22. 
In dem reinen Natron - Thonerdehalbsilicat 
\ NatSı 0% | 
| A SO" \ 


St RZ ee 


Sodalith. 


Dieses chlorhaltige Natron - Thonerdesilicat, welches mitunter 
kleine Mengen Kali und Kalk führt, kann, seiner Bildung nach, und 
überhaupt aus chemischen Gründen nur als eine Verbindung von 


RAamnELSBERG: Über die Leueit- Nephelingruppe. 355) 


Chlornatrium mit dem oft erwähnten Halbsilicat Na?’ Al Si”O° aufgefasst 
werden, und nur aus dem Atomverhältniss Cl: Si lässt sich ersehen, 
ob in allen Sodalithen dasselbe Mol.-Verhältniss beider Salze wieder- 
kehrt oder nicht. 

Die Analysen zeigen 7.3— 5.3 Procent Chlor gegen 36—38 Kiesel- 
säure, so dass Ol :Si von ı:3 bis ı:4 varürt. 

Obgleich nun die Chlorbestimmung grosser Schärfe fähig ist, so 
liegt es doch in der Art der Analyse, dass seine Menge zu hoch 
ausfallen kann (SiO° im Ag). 

Im S. vom Vesuv habe ich 6.7 Procent, LEemgere hat 6 Procent, 
ARFVEDSON 5.3 Procent Chlor gefunden. 

Alle S., in. welchen C1:Si= 1:4 ist, sollten 5.67 Procent Chlor 
enthalten. Sie sind 


(Na Ol } 
Na*Si O* ( 
17 SE307) 


Zu ihnen gehören die S. vom Vesuv, von Ditro, Brevik, Laven, Bolivia. 
Nun giebt es aber auch eine Reihe von Analysen, in welchen 
CL2Sı sehr nahe ı: 3 ist, welche also 


(ANaCL, | 
es Na’Si Ot }\ 
2 Al? Ss; 0"\ 


wären. Sie sollten 7.33 Procent Chlor enthalten, und dazu würden 
die S. von Grönland, Baikalsee, Ischia, Ilmengebirge, Lichfield u. a. 
gehören. 

Einstweilen muss diese zweifache Art von Sodalithmischung an- 
genommen werden, obwohl Versuche an solchen chlorreichen Ab- 
änderungen sehr erwünscht wären. 

Ein grüner S. vom Vesuv und ein solcher von Grönland ent- 
Balten mur 2. 2 Procent Chlor, so: dass Cl: Si = rY7—-9. Sind 
sie zersetzte Substanzen? Jedenfalls ist in dem vesuvischen das Silicat 


ganz intact geblieben. 

Indessen habe ich auch ein chlorfreies Umwandlungsproduet aus 
Grönland kennen gelehrt, welches Kalk und Wasser aufgenommen 
hatte. 

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass Leugere und Tuusurr durch 
Synthese die beiden hier angenommenen Sodalithmischungen erhalten 
haben, in denen Chlornatrium und das Silicat als isomorph betrachtet 
werden können. 


Sitzungsberichte 1892. 50 


Dr 
OD 


Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 2. Juni. 
Hauyn. 


Während Sodalith aus dem Natron-Thonerdehalbsilieat besteht, 
sehen wir im Hauyn gleichzeitig das entsprechende Kalksilicat (An- 
orthitmischung) und an Stelle des Chlorids in jenem hier die Sulfate 
von Natron und Kalk auftreten. 

Das Natron ist oft von etwas Kali begleitet (bis 5 Procent), 
welches im Folgenden in sein Aequivalent Natron verwandelt ist. 


Geschieht gleiches mit dem Kalk (Ca = 2R), so ergeben die 
Analysen 
R im 
Narr: Ca#r7Sultat, „Sılieat 

Baikalsee. Bäcksrtrön 202.1 u202 
Laacher S. v. Rırıu DACH I 
Albano. Derselbe ar DEATSE 
Vesuv. RANMMELSBERG 20, ed N 
Niedermendig. Lemsere 2.8 :ı 124736 
Melfi. Rıccrarpı N a 18 
Pico da Cruz. DöLTEr DROQESST 160 
Albano. Wnıirnev 3 I 1 
Isleta. SAUER 4 I es, 
Niedermendig. Wuırtney 4.66: 1 12210 
Melfi. RAmmELSBERG AO ee] 
Antao. DÖLTER S 1 1.:42.4 

ImSsilteat ist immer R JAl2Sı = 2:7:2. 


Die allgemeine Formel des Hauyns ist also 


Na’s0%") CasoOt? 
m ee arm a 
ALSO" (AS0" 
Mit Rücksicht auf das Verhältniss Na:Ca ist 
Nar'Ca 

Baikalsee men Dt 
Vesuv 
Albano. v. Raru \ 5sm-+ 4n Delssgsl 
Laacher S. / 
Niedermendig. LEMBERG | 
Melfi. Rıccrarpı 
Pico da Cruz un 3 
Albano. WHırney 
Isleta 2m+n 4 1 
Melfi. RANMELSBERG sm-+2n 5 1 
Antao 4m-+n SR TEE 


Tr . . . I 5, 
RaunmeLsgeRG: Über die Leueit- Nephelingruppe. 557 


Nosean. 


Er hat die Bestandtheile des Hauyns, nur viel weniger Kalk, 
dafür aber stets etwas Chlor, welches auch in einigen Hauynen 
nicht fehlt. 

In allen Noseanen findet sich Wasser zu 0..3—2 Procent, was 
als secundär zu betrachten ist. 

Was zunächst das Atomverhältniss Na : Ca betrifft, so ist dasselbe 
im Nosean 

ı. Siderao, Gapverd. DöLTtEr 168 : 1 
2. Laacher See, blaugrau. v. RaruH TO: 4 
3. Guiniguada, Canar. SAUER A 
4. Laaeber S., dunkelbraun. v. Rare 36 :ı 
5. Desgl. Wnrney 

6 


SWRER: 
Desgl., grün. v. Raru LO, 21 
7. Desgl., farblos. v. Rıru Bet 


Der letztere, kalkreichste (4 Procent) enthält zugleich das meiste 
Chlor (1.08 Procent). 


Verwandelt man auch hier Ca in 2 Na, so ist R im 
RCIl: R?2SO# : Silieat 

ronkiTh:n Am 
Bst EEr. 6.63 1880 
BE TA Harzso 
EN 19. 2: 
SA 35m: 
DHL GE 7 


[80 
w 
[ST 2 ne | 


TEE 2 S 


&D 


Das Silieat ist das bekannte Na’AlSi’O°, und fast kaliumfrei. 
Wird die kleine Menge des Chlorids in das Aequivalent des 
Sulfats verwandelt, so ist das Verhältniss des Natriums im Sulfat 
und Silicat in 
I TER I 
2iundea. 22. .01.9 


7 082 
2 und 0a 
5 5 


und es ergiebt sich für den N. die Zusammensetzung 


\m Na?’SOt* 
\ NatSiO* l 
n 

AS O"\ 


at 
au 
eo) 


Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 2. Juni. 


m+n. = Yan ANTEN2.. 3 
NS NT 7, 
3, 9 Nr. 45.6 
42.5» NT 
Der farblose Nr. 7 mit dem geringsten Wassergehalt hat auch die 
einfachste Zusammensetzung, welche derjenigen des Hauyns entspricht, 
so dass der ursprüngliche N. 


[86) 


NatSı 0? 
APSPO2) 


mit kleinen Mengen der Kalkverbindung (Hauyn) gemischt ist, zu 
denen gleichfalls geringe Mengen Sodalithsubstanz hinzutreten. Die 
meisten Abänderungen verrathen durch ihren Wassergehalt, dass sie 
Veränderungen erlitten haben. Hat ‘doch G. vom Rırn im N. vom 
Siebengebirge nur 2.27 Procent Schwefelsäure (und 7.37 Kali) gefunden. 


| Na?’SoOt* \ 


Mikrosommit. 

Von ScacchHi 1872 in alten Vesuvlaven nachgewiesen, ist er von 
ihm und später von Raurr als ein Chlor und Schwefelsäure enthal- 
tendes Silicat von Thonerde, Kalk, Natron und Kali erkannt worden, 
wozu nach dem Letztgenannten noch 1.2—ı.5 Procent Kohlensäure 
kommen. 

/ 

Wird in den Analysen das Ca in R verwandelt, so ist das mit 

RC und R?’SO? verbundene Silicat auch hier das stets wiederkehrende 


! 
R-A1Sj?0°.: 
! 
Ferner ist das Verhältniss der R in 


RC R2SO: Silicat 
nach? SeAcest.an 17.02, u 215.4 


» 100 ee A E 
RAaurer car 05,22 7,7246 
» benanegren 2, ‚2 567 


also, 22:41 = 62.d. hadersM: 356 
4 RÜl 
R?’S0®* 
| 
ASI?O' 


ı Die CO? ist der SiÖ? zugerechnet. 
fo} 


Ranwersgerg: Über die Leueit - Nephelingruppe. 550 
Diese Verbindung ist mit der entsprechenden Kalkverbindung ge- 


I 
mischt, und R ist Na und K. 


R :Ca Na :K 

SCAecHT an ee DD 
» DSF REN! 
RAurr va) 2,8% 2A 1 
» ma 70ı DET 


/ 
Noumt man R:Ca= 3:1, so wird, der M. 


| 4RU | cr 

3) r.sS07 7.29 ) Cas 0%? 
| R+SIOr ] | ( CaSior) 
| Ar SB or >| Ar son 


Die Beziehungen des M. zum Sodalith, Hauyn und Nosean ergeben 
sich hiernach leicht. 

Die als Skolopsid und Ittnerit bezeichneten regulären Sub- 
stanzen, welche die Bestandtheile der besprochenen Glieder der Gruppe, 
aber 3—ı0 Procent Wasser enthalten, wurden von mir als Umwandlungs- 
produete von Hauyn und Nosean erklärt, was WERNECKE dureh mikro- 
skopische Prüfung bestätigte. 


Lasurstein. 


Der wohlbekannte Lapis lazuli ist seit Krarrorn vielfach unter- 
sucht worden. Immer waren es Gemenge und nur das stand fest, 


dass das Mineral eine Schwefelverbindung enthält, von welcher ge- 


fe) 
ringe Mengen auch im blauen Sodalith und Hauyn vorkommen. 

Es war längst bekannt, dass der L. im Dünnschliff sich als ein 
weisses Mineral mit eingesprengten blauen Theilen ergiebt. 

Neuerlich hat Bäckströn gut gereinigtes Material von neuem unter- 
sucht, weit mehr Schwefelsäure und Natron, viel weniger Kieselsäure 
gefunden. 

Wir ziehen die Resultate in Betracht, ohne daran BäcksTrön's 
Speculationen über die Constitution des Minerals und seine Beziehungen 
zum künstlichen Ultramarin zu knüpfen. 

Das Verhältniss Al:Si ist = ı:2, so dass man auch das Silieat 
des L. als das stets wiederkehrende Na’AlSi?O° vermuthen darf. 

Verwandelt man nun Ca in Na, so verhalten sich die Mengen 


I 
von R im 
Chlorid : Sulfid : Sulfuret : Silieat 


BER RE ON AO 


560 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 2. Juni. 
Im Sulfuret ist daan R:S=1:2, so dass die Natronverbindung 


\ NaCl | 
I (2Na® 
2 ) s Na’S Ot i 
(5 Nat Al? Sit 0'6\ 
wäre. 
Daznunı Na Wa 45 Tr ist,. so: tritt 


Call? ) 

| (2CaSı 
2150980: 

5 Ca? Al? Sit O!° 


hinzu und zwar so, dass 5 Mol. der Na-Verbindung mit ı Mol. der 
Ca-Verbindung gemischt sind. Vielleicht ist Na?S? und CaS? vorzu- 
ziehen. 

Natürlich giebt die Formel nur die Gesammtmischung zu erkennen, 
ohne die Natur des blauen Gemengtheiles zu erklären, was nur mit 
Hülfe der Speculation geschehen kann, welche von der Constitution 
des Ultramarins ausgehen, worüber sich das Nähere bei BÄcKSTRÖM 
findet. 

Legen wir aber nur die Thatsachen zum Grunde, und versuchen, 
die blaue Substanz des L. als identisch mit’ dem künstlichen Ultra- 
marin zu betrachten. 

Weleher Natur aber ist dieses? Zahlreiche Versuche haben er- 
kennen lassen, dass es aus einem Natron -Thonerdesilieat und Schwefel- 
natrium besteht. und man nimmt an, das blaue Ultramarin sei 


|NatSi 0") 


S r 
Nas + por 


Dieses Silicat ist aber das in unserer Gruppe so oft wiederkehrende, 
im Lasurstein, Hauyn, Nosean, Mikrosommit, Sodalith und Nephelin 
enthaltene. Es tritt in diesen Mineralien in Verbindung mit einer 
oder mehreren accessorischen Verbindungen auf: mit Leueitsubstanz 
im Nephelin, mit Chlornatrium im Sodalith, mit Natronsulfat im 
Hauyn und Nosean, mit beiden im Mikrosommit, endlich mit beiden 
und zugleich mit Schwefelnatrium im Lasurstein. 

Alle, den Sodalith ausgenommen, enthalten zugleich die ent- 
sprechende Kalkverbindung. 

Dem künstlichen Ultramarin fehlt das Chlorid und das Sulfat. 


! Grorn Ztsch. 18, 231. 


RaunmELsBERG: Über die Leueit- Nephelingruppe. >61 


Zieht man vom Lasurstein in Bäcksrrön’s Analyse die Werthe 
für das künstliche Ultramarin ab, so bleibt eine Verbindung jenes 
Silicats mit dem Sulfat und ein wenig Chlorid, nämlich 


Na Cl 
5 Nar 50: 
8 Na? Al Si? O° 
d. h. ein Hauyn. 
Hiernach würde der Lasurstein aus Hauyn und Ultramarin be- 
stehen. 


Ausgegeben am 11. Juni. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


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563 
1892. 
XAXL 
SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


16. Juni. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


Die philosophisch - historische Classe hat zur Fortführung der 
grösseren akademischen Unternehmungen bewilligt: für die Heraus- 
gabe der politischen Correspondenz FrıEprıcn's des Grossen 6000 Mark; 
für das Corpus Inseriptionum Graecarum 3000 Mark: für die Heraus- 
gabe der Commentatoren des Aristoteles 5000 Mark; ferner zur Unter- 
stützung anderer wissenschaftlicher Arbeiten: Hrn. Prof. FausgörrL in 
Kopenhagen zur Herausgabe des 6. Bandes des Jataka-Werks 1000 Mark: 
Hrn. Dr. Joun MEıEr in Halle zur Herausgabe rheinischer Sprachstudien 
in kartographischer Darstellung 900 Mark. 


Hr. Hermann BURMEISTER, correspondirendes Mitglied der physika- 
lisch-mathematischen Classe, ist zu Buenos Aires am 2. Mai verstorben. 


Sitzungsberichte 1892. 51 


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7 Aue Iuilgniht ee in BEN Ana RR BE! 
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BEN HE 


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565 


Jahresbericht über die Thätigkeit des Kaiserlich 
Deutschen archaeologischen Instituts. 


Von ALEXANDER Ü0ONZE. 


(Vorgetragen am 5. Mai [s. oben S. 385].) 


Di. ordentliche Plenarversammlung der Gentraldirection fand im 
Rechnungsjahre 1891/92 am ı3.— 16. April statt. 

In diesem Jahre wurden ernannt — zum Ehrenmitgliede Seine 
Hoheit BernnAarn, Erbprinz von Sachsen-Meiningen; zu ordentlichen 
Mitgliedern die HH. Aurr. Brückner in Berlin, J. J. BernovurLı in 
Basel, BArKkLey V. Heap in London, ©. MaArruccai in Rom, F. ©. PEnrosE 
in London, L. von SvseL in Marburg, G. Wıssowa in Marburg; zu 
correspondirenden Mitgliedern die HH. Lovss Aupsat in Saintes, 
F. BarAıBAar in Vitoria, Cmr. BeLser in Berlin, A. van BRANTESHEM 
in Brüssel, S. FRANKFURTER in Wien, A. L. Frotumenuam in Princeton, 
ALFR. GERCKE in Göttingen, Baron Karr von Hauser in Klagenfurt, 
R. HrBerpey in Wien, H. Lucon auf dem St. Bernhard, FrıieprıcH Freih. 
HıLLer von GÄRTRINGEN in Berlin, Jur. Lange in Kopenhagen, M. G. Moreno 
in Granada, Morrıccnıo in Scafati, WALTER Ü. Perry in London, ÜESARE 
Ruca in Bologna, B. Sauer in Leipzig, Hrrm. Skorrin in Sofia, Karı 
Skorris in Rustschuk, Arrnur H. Smıtn in London, Soramı in Volterra, 
Tr. Sorruuiıs in Athen, J. N. Svoroxos in Athen, Micn. WALTROwITZ 

in Belgrad, A. Wırneım in Wien. 

| Die Mitglieder der Centraldireetion HH. H. von Bruns und 
G. B. pe Rossı begrüsste das Institut zu ihrem siebenzigsten Geburts- 
‚tage am 23. Januar und am 23. Februar durch eine Adresse und zum 
fünfzigjährigem Doectorjubilaeum wurden die Glückwünsche des Instituts 
dem Mitgliede der Centraldireetion Hrn. Currws dargebracht, während 
die Secretariate in Rom und Athen dieser Festtage auch in ihren 
Sitzungen gedachten. 

Wir erhielten die Nachrichten von dem Verluste folgender Mit- 
glieder: F. S. Cremonese in Agnone (+ 9. Februar 1892), M. Camera 
in Amalfi (F 2. December 1891), St. Frpeuı in Civita Castellana, 
A. Borers DE FieuEireno in Lissabon, N. A. Gyıpen in Helsingfors, 


51* 


566 Gesammtsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 5. Mai. 


G. Mmervinı in Neapel (+ ı8. November 1891), L. Mörter in Kopen- 
hagen (F 6. September ı89 1), A. PorrioLı in Mantua, P. Rosa in Rom 
(F ı5. August ı891), A. Rossı in Perugia (7 22. Februar 1891), Conte 
S. Servanzı-Cornıo in Sanseverino-Marche (F 3. Juli 1891). 

Das auswärtige Amt verlieh auf Vorschlag der Centraldirecetion 
die Reisestipendien für 1891/92 den HH. Noack, PERNICHK, TOEPFFER, 
ZIEHEN, so wie das für christliche Archaeologie dem Hrn. FÜHRER. 

Der verdiente Bureaubeamte, Hr. Rechnungsrath Urrrıen, welcher 
seit dem Jahre 1877 dem Vorsitzenden der Centraldirection in der 
Geschäftsführung auf das Dankenswertheste zur Seite stand, hat sich 
aus Gesundheitsrücksiehten genöthigt gesehen am ı. October 1891 seine 
Amtsthätigkeit beim Institute einzustellen. An seine Stelle ist Hr. 
Rendant SCHERINGER getreten. 

Bei der Redaetion der in Berlin erscheinenden Druckschriften des 
Instituts erfreute sich der Generalseeretar auch in diesem Jahre der be- 
währten Unterstützung des Hrn. Dr. Korrr. Es erschien der 6. Band 
des »Jahrbuchs« mit dem »Anzeiger«. Während wir bisher von Er- 
werbungen ausserdeutscher Antikensammlungen nur da berichteten, wo 
amtliche Jahresberichte ausgegeben werden, konnten wir dieses Mal 
beginnen auch von den Vergrösserungen der Sammlungen des Aller- 
höchsten Kaiserhauses und der Universität in Wien Nachricht zu geben. 
Von den »Antiken Denkmälern« wurde kein Heft ausgegeben. Nach 
den Erfahrungen, welche in Bezug auf Herstellungszeit und Geldmittel 
bei dem ersten Bande gemacht waren, ist besehlossen vom jährlichen 
Erscheinen eines Heftes abzusehen, die Hefte vielmehr in freier Folge 
erscheinen zu lassen. So hoffen wir den Ansprüchen, die wir selbst 
machen zu sollen glauben, besser genügen zu können. Das erste 
Heft des zweiten Bandes ist so weit gefördert, dass wir darauf rechnen 
dürfen es im laufenden Rechnungsjahre zu vollenden. Fünf Tafeln 
werden einer Aufnahme der Tholos zu Epidauros gewidmet sein; 
ausserdem wird altgriechische Seulptur und altattische Malerei an- 
sehnlich vertreten sein und endlich auf einer Doppeltafel die Ansicht 
Roms von Marrın HEENSKERCK geboten werden, welche pe Rossı bereits 
in der letzten WINcKELMANN s-Sitzung des Instituts in Rom erläuterte. 
Das römische wie das athenische Secretariat wirken zur Herstellung 
des Heftes mit. 

Von der »Ephemeris epigraphica« ist unter Redaction der HH. 
Momnsen, or Rosst und HırscureLw das Schlussheft des 7. Bandes 
zur Ausgabe gelangt: das zweite Heft des 8. Bandes ist grösstentheils 
gedruckt. 

Erschienen ist die bereits im vorigen Jahresberichte angekündigte 
Einzelausgabe »Wand- und Deckenschmuck eines römischen Hauses 


Coxze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen archaeologischen Instituts. -D64 


aus der Zeit des Augustus mit Erläuterungen von Junivs Lessing und 
Avsust Mav.« 

Das erste Heft der »Architektonischen Studien« von SerscIıUS 
ÄNDREJEWITSCH IwAnorr, Bauwerke in Griechenland umfassend, mit 
Text von Rıcnarp Bonn, ist dem Erscheinen ganz nahe gebracht; 
die Tafeln zum zweiten Hefte sind alle, die zum dritten grössten- 
theils fertig. 

‘Hr. Rogert hat von der Sammlung der »Antiken Sarkophag- 
reliefs« den dritten Band weiter vorbereitet und zwar mit besonderer 
Berücksichtigung der zunächst zur Herausgabe bestimmten ersten 
Abtheilung (Aktaeon — Hercules). Diesem Zwecke diente vor Allem 
eine Reise des Hrn. Rogert nach Rom im Frühjahr 1891, welche 
Gelegenheit gab, den in Folge der starken Bauthätigkeit in Rom zu 
erwartenden Ortsveränderungen des Materials nachzugehen, sowie 
sämmtliche Sarkophage im Palazzo Bargermı und den Meleager- 
sarkophag im Palazzo Scıarra photographiren zu lassen, wozu die 
Prinzessin BArBERmIı durch Vermittlung des Hrn. von ZwenuL ge- 
neigtest die Erlaubniss ertheilte und Hr. Hrusıs seine Unterstützung 
in dankenswerthester Weise gewährte. In der Umgegend Roms 
wurden namentlich am Albaner See ein für verschollen geltender 
Sarkophag mit bakchischen Darstellungen und ein bisher unbekannter 
Marsyassarkophag aufgefunden. Zur Fortsetzung des Zeiehnens ging 
Hr. Ernst Fıcnter im August 1891 wieder nach Italien, nahm unter- 
wegs mehrere Sarkophage auf und war dann mit zweimonatlicher 
Unterbrechung in Rom thätig. Hr. Franz Winter revidirte in England 
befindliche Sarkophage und Hr. O. Krrn brachte die Inventarisirung 
der Sarkophage in Griechenland dem Abschlusse nahe. Nach allen 
diesen Vorarbeiten darf erwartet werden, dass im laufenden Rech- 
nungsjahre mit der Herstellung der Tafeln zum dritten Bande be- 
gonnen werden kann. 

Die Arbeiten für die Sammlung der »Antiken Terracotten« 
waren unter Hrn. Krrure’s Leitung hauptsächlich auf die Förderung 
des Bandes römischer Thonreliefs und auf die Weiterführung des 
Typenkatalogs gerichtet. Für den Reliefband hat Hr. von RoHpEn 
auf die Fertigstellung der Vorlagen hingearbeitet, selbst zu dem 
Ende das Material in den Berliner Museen revidirt, während Hr. 
Winter in England, Paris und Wien dafür thätig war und die 
HH. Korpewey und Pucustein bei Gelegenheit ihres Aufenthalts in 
Rom die architektonische Verwendung der Thonreliefs aufklären zu 
helfen sich bereit fanden. Im laufenden Rechnungsjahre wird mit 
der Herstellung der Tafeln und voraussichtlich mit der Drucklegung 
des Textes begonnen werden können. Den Typenkatalog über den 


568 Gesammtsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 5. Mai. 


früheren Anschlag hinaus zu bereichern trugen die Reisen des Hrn. 
Winter nach England, Paris und Wien, sowie ein Aufenthalt des 
Hrn. WinsereLp in Italien erheblich bei, so dass nunmehr die Zahl 
der fertigen Zeichnungen 2210 und die der fertigen Photochemie- 
graphien danach 1080 beträgt, die zu gewinnende Gesammtzahl der 
Typen aber jetzt auf etwa 2500 veranschlagt wird. Es wird be- 
absichtigt, den Typenkatalog dieser Gestalt im Drucke herauszugeben 
und es ist zu hoffen, dass die Fertigstellung sämmtlicher Zeichnungen 
und Zinkstöcke im laufenden Rechnungsjahre gelingen wird. 

Für die Sammlung der »etruskischen Urnenreliefs« hat Hr. Körrte 
den Text so weit gefördert, dass der Beginn der Drucklegung im 
laufenden Reehnungsjahre zuversichtlich erwartet werden darf. Zum 
dritten Bande sind 29 Tafeln gestochen; der noch verbleibende Rest 
von Kupfertafeln dürfte im laufenden Rechnungsjahre fertig werden 
und da der Text keine besonderen Schwierigkeiten zu bewältigen 
haben wird, rückt die Aussicht auf Abschluss des ganzen Werkes 
näher. 

Für die mit Unterstützung der Königlichen Akademie der Wissen» 
schaften erscheinende Fortsetzung der GERHARD'schen Sammlung »etrus- 
kischer Spiegelzeichnungen« nimmt Hr. KörrE erst für das laufende 
Rechnungsjahr Fortgang des Erscheinens in Aussicht. 

Die Arbeiten für die vom Institute unter Leitung der HH. Gvrrıvs 
und KAaupert und mit Unterstützung des Königlich preussischen Unter- 
richtsministeriums unternommenen »Karten von Attika« verdanken ihre 
grundlegenden Fortschritte wiederum der andauernd geneigten Mit- 
wirkung des grossen Generalstabs. Die HH. Hauptmann WINTERBERGER 
und Premier-Lieutenant, nachher Hauptmann DenxekE waren bereits im 
März 1891 zur Fortsetzung der Aufnahmen nach Attika beurlaubt. Sie 
erledigten zuerst einen von Salamis noch übrigen Theil und griffen 
dann die Gebirgssecetionen Phyle und Megalo-Vuni an, eine Arbeit, 
die durch den Tod Hauptmann DEnerE’s eine gewaltsame Unterbrechung 
fand. An die Stelle des Verstorbenen trat mit Urlaub vom grossen 
Generalstabe Hr. Hauptmann WEGENER. Ausser den genannten Ge- 
bieten wurde so im Laufe des Jahres noch die Section Eleusis fertig 
aufgenommen und die Aufnahme der westlich von ihr gelegenen 
Strecken wurde begonnen. Auch die Anfertigung der Vorlagen für 
die Reproduction ist im Gange. 

Von der im Auftrage der Kaiserlichen Akademie der Wissen- 
schaften zu Wien und mit Unterstützung des Instituts von ÜoNnzE 
besorgten Sammlung und Herausgabe der »attischen Grabreliefs« ist 
zu Anfang des Rechnungsjahres das zweite Heft erschienen: das dritte 
ist zur Herausgabe fertig. Dieser Fortgang ist erreicht unter Mit- 


Conze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen archaeologischen Instituts. 569 


wirkung der mit dem Herausgeber verbundenen HH. Micnaruıs, Posto- 
LAKKAS, VON SCHNEIDER, LOEWY und BRÜCKNER, so wie durch wirkungs- 
vollste Theilnahme des athenischen Secretariats und anderer Fach- 
genossen in Athen, des Hrn. Kerv und namentlich des Hrn. Prrxicr. 
Das Secretariat war auch für die Vervollständigung des Materials un- 
ausgesetzt bemüht, und für Zuwendungen zu gleichem Zwecke sind 
wir auch den HH. Arnprt, Mıcnon, SarLomon Reiınacn zu Danke ver- 
bunden. 

Fortschritte zur Herausgabe der von Hrn. Kızseriıtzky im Auf- 
trage des Instituts gesammelten griechischen Grabreliefs aus Südruss- 
land sind erst im laufenden Jahre zu erwarten. 

Die Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in 
München hat dem Institute Gelegenheit gegeben die Verwerthung 
archaeologischer Forschung für den Gymnasialunterricht in Deutsch- 
land im Kreise einer Anzahl von Interessenten aufs Neue zur Ver- 
handlung zu bringen. Die Regierungen von Bayern, Württemberg. 
Baden, Hessen, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt und Reuss j. L. hatten 
dazu Delegirte ernannt. In diesem Kreise wurde eine die Förderung 
der angeregten Bestrebungen empfehlende Resolution gefasst und der 
Absicht des Instituts Beifall geschenkt, zum Herbste 1891 deutsche 
Gyımnasiallehrer zu einem Cursus der Anschauung antiker Kunst nach 
Italien einzuladen. Dieser Cursus hat unter Führung des römischen 
Secretariats im October 1891 stattgefunden unter Betheiligung von 
zwanzig Herren aus den verschiedensten Theilen des deutschen Reichs. 
Der Erfolg hat die Absicht hervorgerufen den Cursus im Herbste 
dieses Jahres zu wiederholen. Gestützt auf die Verhandlungen in 
München hat das Institut sodann sich gestatten dürfen, wie früher 
bei der Königlich preussischen, so bei der Königlich bayerischen und 
Königlich sächsischen Regierung den Versuch archaeologischer Ferien- 
curse für Gymnasiallehrer zu befürworten, und je ein solcher Cursus 
hat um Ostern d. J. in München und Dresden stattgefunden. In 
Preussen ist er ebenfalls zu Ostern in Berlin wiederholt und wird 
um Pfingsten in Bonn und Trier abermals abgehalten werden. Die 
Königlichen Regierungen von Preussen, Bayern und Sachsen haben 
zu ihren Cursen eine jede auch einzelne Lehrer aus andern deutschen 
Staaten eingeladen. Auch ihrerseits durch eigenen Veranstaltungen 
ähnlicher Art fördernd mitzuwirken haben die Regierungen von Hessen, 
Mecklenburg und Braunschweig in Erwägung ziehen zu wollen erklärt. 
Das Institut hat ferner für die Studienreise badischer Gymnasiallehrer, 
welche von der Grossherzoglichen Regierung in diesem Frühling nach 
Griechenland ausgesandt ist, durch das athenische Secretariat seine 
Dienste zur Verfügung stellen dürfen. 


70 Gesammitsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 5. Mai. 


Von der äusserst mannigfaltigen Thätigkeit der Secretariate in 
Rom und Athen in der hier gebotenen Kürze ein einigermaassen ge- 
nügendes Bild zu geben ist ungemein schwer. Fast mit jedem Worte, 
das dem hier gewidmet werden kann. muss sich die Vorstellung von 
den mannigfachsten Bemühungen und Erfolgen verbinden. 

Die Bemühungen galten zunächst der Sorge für den Bestand 
und die Vermehrung des Institutsbesitzes. Die Bändezahl der römi- 
schen Institutsbibliothek belief sich nach einer im August 1891 vor- 
genommenen Zählung auf 22878; der Zuwachs machte mehrere Um- 
stellungen nöthig. Die Zettelzahl des Hrn. Mau übertragenen Real- 
katalogs stieg auf 11000. Für Schenkungen ist das Institut zu Dank 
verbunden namentlich den Königl. preussischen, Grossherzogl. ba- 
dischen. Königl. italiänischen Unterrichtsministerien, den Akademien 
der Wissenschaften zu Berlin, München, Wien, Bukarest, der General- 
verwaltung der Königl. Bibliothek und der archaeologischen Gesell- 
schaft in Berlin. der griechischen Nationalbibliothek, der Ecole fran- 
caise in Rom und Athen. Unter zahlreichen privaten Freunden 
unserer Anstalt gewährten namentlich die HH. Prof. P. pe LA6sARDE 
und F. X. Kraus grössere Reihen ihrer Schriften. Die Benutzung 
beider Institutsbibliotheken war namentlich während der Winter- 
monate sehr lebhaft. Die Sammlung eigener photographischer Auf- 
nahmen, welche käuflich gemacht sind, hat sich besonders in Athen 
ansehnlich vermehrt. Eine vom athenischen Secretariate erworbene 
Sammlung von Münzabdrücken hat Hr. PostorLarkas in freundlichster 
Weise zum grössesten Theile geordnet. Auch der Apparat von Zeich- 
nungen hat zugenommen. 

Von Publieationen erschien der sechste Band der römischen, der 
der sechzehnte der athenischen Mittheilungen. Für die in Athen 
beabsichtigte Herausgabe der Funde aus dem Kabirion bei Theben 
liegen die Zeichnungen grösstentheils fertig vor und an dem Texte 
wird gearbeitet, so dass voraussichtlich im laufenden Jahre die Druck- 
legung wird beginnen können. 

Erkundungsreisen machten der erste Hr. Seeretar in Rom durch 
Mittel- und Oberitalien, der erste Hr. Secretar in Athen nach 
Magnesia am Mäander, nach Argos und Eretria, sowie auf Anlass der 
kartographischen Aufnahmen von Attika in das dortige nördliche Berg- 
land: der zweite Hr. Secretar in Rom besuchte die Bibliotheken in 
Florenz und Mailand und nahm in Neapel und CGapua epigraphische 
Revisionen vor; Hr. Mau nahm seinen gewohnten Studienaufenthalt 
im Sommer ı8g9ı in Pompeji; der zweite Hr. Secretar in Athen machte 
Studien über griechische Vasen in den Sammlungen zu München und 
Würzburg. 


Conze: Jahresbericht des Kaiserlich Deutschen archaeologisshen Instituts. D7| 


Die Sitzungen fanden in üblicher Weise in Rom und Athen unter 
erfreulicher Theilnahme statt, ebenso die Vorträge vor den Denk- 
mälern, welche nieht auf Rom und Athen beschränkt blieben. Im 
‘April 1891 wurde die bereits bewährte Studienreise in den Peloponnes 
von 24 Theilnehmern unter Führung des ersten Hrn. Secretars in 
Athen ausgeführt. Dass die Expedition badischer Gymnasiallehrer 
nach Griechenland unter Betheiligung des Instituts ihre Zwecke ver- 
folgte, wurde bereits erwähnt, ebenso, dass im October 1891 auf 
Einladung des Instituts zwanzig Gymnasiallehrer aus Deutschland zu 
einem Öursus der Anschauung antiker Örtlichkeiten und Denkmälern 
in Italien sich einfanden. Hr. Mau hielt seine viertägige Demonstration 
in Pompeji im Sommer 1891 mit fünf Theilnehmern. 

Von besonderen wissenschaftlichen Unternehmungen ist die Be- 
arbeitung der auf der Akropolis von Athen gefundenen Vasenscherben 
durch den zweiten Hrn. Secretar in Athen und Hrn. Dr. Grarr, 
sowie die Ausgrabung in der Gegend des altathenischen Marktes unter 
Leitung des ersten Hrn. Secretars in Athen zu erwähnen. Beide 
Unternehmungen sind noch nicht abgeschlossen und versprechen über 
das bereits Erreichte hinaus weitere Ergebnisse. 

Wir dürfen den Bericht auch dieses Mal schliessen mit unserem 
Danke an die Verwaltung der K. K. Österreichischen Staatsbahn , sowie 
an den Verwaltungsrath der Dampfschifffahrtsgesellschaft des öster- 
reichisch -ungarischen Lloyd für die fortgesetzt gewährte Erleichterung 
der Reisen der Institutsmitglieder. 


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2.7 
Be 


BaeN y. A 
Br er De ' 


Die Vorstellung vom movökepwc und ihr 
Ursprung. 
Von Es. SCHRADER. 


(Vorgetragen am 17. März |s. oben S. 211].) 


Hierzu Taf. V. 


De: Vorstellung von einem mit einem Horne auf der Stirn aus- 
gestatteten T'hiere und zwar einem Quadrupeden — denn das ist die 
Vorstellung vom Wovoxepws — begegnen wir, soweit wir dieses zu ver- 
folgen vermögen, zuerst bei Ktesias (de rebus indieis p. 25; Aelian 
II, 41; IV, 52; C. MvELLer, Ütesiae fragmm. p. 101 sq.). Sodann spricht 
von einem wuevoxepws Aristoteles de partt. anim. II, 2 und histor, 
animall. I, ı; sprechen endlich die LXX an 7 Stellen (Num. 23,22; 
a8 Deut: 33,17 4PS. 23,,22;.29,6;92,11; Hi. 39, 9.f.), in welchen 
Stellen allen das Wort dem hebr. 28% entspricht; lediglich in der 
Stelle Jes. 34,7 f. wird dieses hebr. Wort (im Plur. vax) durch 
aöpcoı' wiedergegeben. 

Auf die eine oder andere dieser Stellen gehen direct oder indirect 
jenachdem alle sonstigen Stellen bei Profan- und kirchlichen Schrift- 
stellern, in welchen von einem Wovoxepws oder unicorne die Rede 
ist, zurück. Wir brauchen auf diese nicht weiter einzugehen. 

Es fragt sich nun, was wir unter dem wovoxepws zu verstehen 
haben und welches der Ursprung dieser Vorstellung ist? — Die 
Meinungen theilen sich in zwei Gruppen. Die Einen sehen darin 
ein wirklich existirendes und zu irgend einer Zeit vorhanden ge- 
wesenes oder auch noch vorhandenes Thier: Andere sehen darin ein 
Ungethüm, das von vornherein als fabelhaft gedacht ist und in Wirk- 
lichkeit niemals existirt hat. Zu jenen muss man natürlich in erster 
Linie Ktesias selbst rechnen gemäss der Darstellung, die uns als auf 
ihn zurückgehend überliefert ist. Er bezeichnet das betreffende Thier 
als einen »wilden Esel« ovos &ypıos, der bei den Indern vorkomme; 
vergleicht ihn seiner Grösse nach mit einem Pferde; Körper weiss, 


ı S. die Stellen in den Concordanzen und bei RosenmüLtLer. Habch. d. bibl. 
Alterthumskunde IV, 2 S. ı88 ff. 


u j 4 j ; : en 
574 Gesammtsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 17. März. 


Kopf roth; auf der Stirne trage es ein spitziges Horn von der Grösse 
einer Elle, das unten weiss, oben roth, in der Mitte aber schwarz 
sei. Es übertreffe an Schnelligkeit gewöhnliche Esel, Pferde und 
Hirsche u. s. w. Seine Stärke wird noch besonders hervorgehoben 
(Aelian a.a. O.). Der Ausdruck Wovorepws selber findet sich in dieser Be- 
schreibung nieht: ihm begegnen wir dagegen bei Aristoteles a. d. a. OO. 
Desgleichen ist diese Bezeichnung den Verfassern der LXX durchaus 
geläufig als Wiedergabe des hebr. ex); s. darüber oben. Dass nun 
Ktesias unter dem von ihm beschriebenen Thiere ein wirklich existi- 
rendes Thier auf Grund ihm gewordener Informationen hat beschreiben 
wollen, geht aus dem Wortlaute bei Aelian ebenso unmittelbar her- 
vor, gleichwie solches daraus erhellt, dass er desselben selber nie 
ansichtig geworden ist, vielmehr seine Beschreibung auf ihm ge- 
wordene — mündliche — Mittheilungen hin gegeben hat. Es ist 
ihm von diesem fabelhaft ausgestattetem Thiere erzählt worden und 
das Gehörte reproducirt er. Da nun ein solches Thier in Wirk- 
lichkeit nicht existirt, so fragt sich, wie die. die ihm berichteten, 
zu der Vorstellung von einem so eigenartigen Thiere gelangen konnten? 

Das einzige, des »Hornes auf der Stirne« wegen in Betracht 
kommende Thier Indiens, das Rhinoceros, passt bekanntlich seinem 
sonstigen ganzen Aussehen und seiner ganzen Art nach zu der von 
Ktesias gegebenen Beschreibung seines Wunderthieres verzweifelt 
schlecht oder vielmehr überhaupt nicht. Ein anderes auf der Stirn 
gehörntes Thier existirt aber weder in Indien, noch sonstwo. Der 
Oryx, an den man bei dem wovoxepws = 2X) der Bibel gedacht hat 
(wir kommen darauf zurück), hat weder seine Hörner auf der Stirne 
sitzen, noch hat er eben nur ein Horn. Er ist dazu auch gar kein 
Indien eigenthümliches Thier, falls er dort überhaupt vorkommt oder 
vorkam; als das eigentliche Gebiet seines Vorkommens wird Africa 
vom Gaplande bis zum Rothen Meere, sowie Vorderasien (Arabien bis 
Persien) genannt. Wir kommen zu dem Schlusse: die Vorstellung 
kann gar nicht in Indien und auf Grund der dortigen Fauna sich 
gebildet haben. Aber auch ein anderswo wirklich existirendes Thier 
ist uns nicht bekannt, das etwa zu dieser Vorstellung füglich aus- 
reichenden und unmittelbaren Anlass gegeben haben könnte (für das 
Nashorn s. o.). 

Wir werden zu der Frage gedrängt: wenn die betreffende Vor- 
stellung auf ein wirklich existirendes Thierwesen nicht wohl zurück- 
geführt werden kann, könnte dieselbe nicht auf das Missverständniss 
eines für wirklich existirend genommenen Thierbildes, auf die für 
Ernst genommene, bildliche Darstellung eines Quadrupeden zurück- 
gehen? — | 


ScHhrADER: Die Vorstellung vom Wovoxegws und ihr Ursprung. ANA) 
. Sehen wir uns von diesem Gesichtspunkte aus einmal für die 
Zeit des Ktesias und für das hier in Betracht kommende geogra- 
phische Gebiet um, so begegnen wir ja wiederholt auf babylonischen 


und assyrischen Denkmälern Thieren mit einem Horn — Stieren 
Kühen, Steinböcken, auch Hirschen —, bei denen aber das eine an- 


statt der diesen Thieren zukommenden zwei Hörner lediglich auf eine 
Unvollkommenheit der Zeichnung zurückzuführen ist, die wiederum mit 
der bekannten Unfähigkeit dieser Völker, perspeetivisch zu zeichnen, 
zusammenhängt. Gemeint waren in allen diesen Fällen von dem 
Künstler Thiere mit zwei Hörnern (s. das Nähere unten). 

Nun haben zwar Ktesias oder seine persischen Gewährsmänner 


assyrische Sculpturen mit derartigen Darstellungen — etwa in den 
Palästen der Assyrerkönige — nicht mehr gesehen: denn das assyrische 


Reich war längst zerstört und Nineweh lag seit 200 Jahren in Staub 
und Asche. Auch dass aus Babylon ihm selbst oder seinen persischen 
Gewährsmännern Kenntniss solcher Darstellungen geworden seien, hat 
wenig Wahrscheinlichkeit., Sie wird ihm oder diesen seinen Gewährs- 
männern geworden sein dureh die und auf Grund der bildliehen Darstel- 
lungen, der Seulpturen in den Palästen der persischen Könige zu 
Susa, Persepolis oder anderswo. Begegnen wir nun unter den Relief- 
bildern dieser Paläste einer entsprechenden Darstellung, die hier 
herangezogen werden könnte? 

Nun wissen wir, dass die persische Seulptur in ganzer Art, in 
Wahl der Motive, in der Ausführung selbst des Einzelnen ganz un- 
mittelbar sich anlehnt an die der Babylonier bez. Assyrer, wie wir 
sie jetzt aus den Denkmälern kennen," und auf sie zurückgeht. 

Es fragt sich somit zunächst: existiren unter den uns über- 
kommenen persischen Seulpturen aus der Achämenidenzeit solche, auf 
die etwa die Vorstellung von einem wovoxepws zurückgehen könnte, 
und ist die damit verknüpfte phantastische Vorstellung als Missver- 
ständniss einer solehen in ihrer Weise ganz harmlosen und ganz 
naturalistisch gehaltenen und als solcher vollkommen verständlichen 
Darstellung zugleich babylonisch-assyrischen Ursprungs zu erweisen? 

Die hervorragendsten Eigenschaften, die dem gemeinten ovos 
&ypios beigelegt werden, sind seine Grösse, seine Schnelligkeit 
und Stärke, endlich das spitzige Horn auf der‘ Stirn. Von diesen 
Eigenschaften vermissen wir auf den angezogenen naturalistischen 
babylonisch-assyrischen Darstellungen der Stiere u. s. w. bald die 
eine bald die andere auch nur mehr oder weniger angedeutet (die 
bekannten geflügelten Stiercolosse sind natürlich hier nicht heranzu- 


! Ich verweise in dieser Beziehung für das Weitere auf PERRoTr und Üsıriez, 
histoire de l’art dans l’antiquite V p. 884 ss. 


576 Gesammtsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 17. März. 


ziehen). Auf diese Darstellungen kann die Schilderung des Ktesias’ 
bez. seiner Gewährsmänner nicht zurückgehen. 

Wir wenden uns zu den in Persien selber vorhandenen Denk- 
mälern, zu den Reliefdarstellungen in Persepolis, Susa und sonst in 
Persien, die Ktesias oder seinen Gewährsmännern denn doch schwer- 
lich unbekannt geblieben sein werden. 

Schon verhältnissmässig früh hat unter den abendländischen 
Reisenden und Gelehrten, die Persien besuchten, unter anderen 
Seulpturen von Persepolis und sonst jene Darstellung an den Treppen- 
wangen und Mauern der Paläste von Persepolis ihre Aufmerksamkeit 
auf sich gezogen, welche den König im Kampfe mit einem gehörnten 
Thiere darstellt, und jene andere, welche ein solches Thier gelegent- 
lich von einem Löwen verfolgt und angefallen erscheinen lässt,' und 
das nach seiner ganzen Haltung leicht für ein Pferd genommen werden 
konnte, während nähere Betrachtung ergiebt und ergab, dass es in 
Wirklichkeit einen Stier” mit einem Horn auf der Stirn vorstellt 
oder vorstellen soll s. die Abbildung auf der beigegebenen Tafel Nr. 5. 
Ich meine, dass es dieses Thhier ist, welches bei der betreffenden Sehil- 
derung des Ktesias bez. seiner Gewährsmänner Modell gestanden hat. 

Eine wirkliche und zunächst auffällige Abweichung liegt ja freilich 
in dem Umstande, dass das betreffende Reliefbild das Fabelthier als Stier 
(mit gespaltenen Klauen) gedacht wissen will, während Ktesias bez. 
seine Gewährsmänner dasselbe als einen Esel övos bezeichnen. Aber 
ich nehme keinen Anstand, dieses auf eine oberflächliche Betrachtung 
der Seulptur seitens des Beschauers zurückzuführen, der zudem. dureh 
die ganze dem Fabelthiere vom Künstler gegebene Haltung getäuscht, 
ihn nicht an einen Stier denken liess (s. 0.).” Was sonst von dem 
indischen Esel ausgesagt war, trägt so sehr den Verdacht, willkürlicher 
Zusatz zu sein, an sich, dass wir uns dabei nicht aufzuhalten haben. 

Die Inbeziehungsetzung des auf den Reliefs von Persepolis dar- 
gestellten Thieres zu dem Movoxepws des Aristoteles bez. Ktesias, also 
dem hergebrachter Weise Einhorn genannten Thiere ist nieht neu. 
Bereits bei dem ersten Bekanntwerden der bezüglichen Darstellungen 


! Die genauesten Abbildungen s. bei F. Srorze, Persepolis I, Berlin 1882 Blatt 31. 
63 (Stier vom König durehbohrt); 42 (Löwe zertleischt «das Einhorn); ferner: Blatt 2. 
7.32 (der König durchbohrt mit seinem Schwerte den beim Ohre gepackten Löwen); 
4. 30. 62. 64 (der König durehbohrt das mit Krallen versehene Ungeheuer). Vergl. 
noch M. Diruraroy (s. u.) II pl. XVII. XVII. 

2 S, schon ('; Niesunr, Reisebeschreibung II, 126. 134. Vergl. Abbildung auf 
Tafel Nr. 5. 8. 

® Ich mache dazu darauf aufmerksam, dass Aristoteles (histor. animall. II, ı8 
Cap. 2) (vergl. Auserr und Wımmer, Aristoteles’ Thierkunde I S. 255) dem indischen 
ovos ebenfalls gespaltene Klauen beilegt. 


Scenraper: Die Vorstellung vom novozeows und ihr Ursprung. ld 


bezog Carsten Niesunr die bildliche Darstellung auf »das Einhorn « 
s. Reisen II (1778) S. 126. Natürlich fasste er die Sache so auf, dass 
der Künstler das von Ktesias- Aristoteles geschilderte 'Thier in Wirk- 
liehkeit habe darstellen wollen a. a. 0. (vergl. auch RosenmÜüLver a.a. 0. 
S. 191), während wir umgekehrt nach unserer Darlegung annehmen, 
dass die bildliche Darstellung auf den Reliefs die Veranlassung wurde 
zu der Annahme des wirklichen Vorkommens eines solchen eingehörnten 
Stieres bez, eines Thieres, wie Ktesias uns dasselbe schildert. Und 
jene andere Ansicht müssen wir natürlich bestreiten, 

Ist dem so, so fragt sieh weiter: woher denn hat der persische 
Künstler diese Vorstellung von dem von ihm dargestellten einge- 
hörnten Thier, das und soweit es auf den Reliefs als ein Stier mit 
gespaltenem Huf erscheint? — Fragelos aus bildlichen Darstellungen 
der babylonisch-assyrischen Kunst, die ihm (oder schon heimi- 
schen Vorgängern vor ihm) vorlagen, und zwar in Darstellungen, wie 
wir sie in vollkommen genügender Weise noch jetzt auf den Monu- 
menten aufzeigen können. Der Zusammenhang der persischen Kunst, 
vor Allem der Seulptur, mit der babylonisch-assyrischen ist längst 
bekannt und ist von Prrror und Cmmiez in ihrem grossen Werke‘ 
in ausführlicher Weise nochmals überzeugend dargethan.” Dieser Zu- 
sammenhang erstreckt sich oft bis auf das Einzelnste und zwar sowohl 
was die Art der Ausführung, als auch was die zu Grunde gelegten 
Motive angeht, so bestimmt nach einer andern Riehtung alle diese 
Darstellungen im Ganzen und im Einzelnen eine besondere, die speei- 
fisch persisch-indogermanische Eigenart an sieh tragen. Ich erinnere 
nur an die Triumphzüge, wie sie in und um den Palästen von Per- 
sepolis und sonst zur Darstellung gelangt sind und welche unmittelbar 
an die Triumphzüge gemahnen, wie sie uns auf dem Siegesrelief des 
Asurbanipal zur Verherrlicehung seines Triumphes über Elam-Susiana 
in Küjjundsehik, im Palaste seines Grossvaters Sanherib, entworfen 
und ausgeführt sind. An desselben Königs Relief aus dem eigenen 
sogenannten Nord-Palaste, den König darstellend, wie er den Löwen 
bei den Ohren packt und mit eigener hoher Hand dessen Bauch mit 
einem Speere durehbohrt,’ erinnert jene Darstellung zu Persepolis, 
welche eine das sogenannte ahrimansche Thier hei seinem aufgesetzten 
Horne (offenbar entsprechend dem zum Horne gewordenen Ohre des 

ı G. Prrror et Un. Cnırıez, histoire de l’art dans l’antiquite, vol. V. Paris 


1882 — 80. 
? V p.884ss. und passim. Vgl. Marcerı Dirvraroy, Vart antique de la Perse II 
(1885), p. 84. 
®» (1. Rawuınson, five mon. 2. ed. I, 506 (s. Tafel Nr. 6); vgl. die Darstellung p. 507 
(der König packt den Löwen bei der Gurgel und durchbohrt seinen Leib mit einem 
Schwert). 


578 Gesammtsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 17. März. 


Löwen auf dem assyrischen Relief) ergreifende und mit dem Schwerte 
durehbohrende Person — den König — uns vorführt:' man erkennt 
in der letzteren eine Nachahmung jener beiden (6° und 6°). 

Auch der sogenannte heilige Baum der babylonisch -assyrischen 
Sculptur, das Wahrzeichen des babylonischen und dann auch assy- 
rischen Landes erscheint” auf den Siegeleylindern der Perser, weist 
doch auch der Siegeleylinder, wie wir ihn auch bei den Persern im 
Gebrauch finden, in sich selber auf Babylonien als seine Heimath 
hin! Auf ein solches Vorbild ging nun für uns zweifellos die in 
Rede stehende Gruppe: das »Einhorn«, wie es von einem verfolgenden 
Löwen angegriffen wird, zurück. Die Einzelelemente ebenso wie die 
(esammtidee sind auf den assyrischen und babylonischen Monumenten 
(den babylonischen hierher gehörenden Seulpturen begegnen wir aus 
bekannten Gründen fast nur auf den Siegeleylindern) deutlich nach- 
weisbar. 

Schon der sogenannte schwarze Obelisk Salmanassars II (860 — 825 
v. Chr.) bietet uns im vierten Felde ein Relief, darstellend einen 
Hirsche verfolgenden Löwen (Abbild. 4). Eine Darstellung, wie auf 
der Jagd ein Hund den flüchtigen Wildesel von hinten im Sprunge 
angreift, treffen wir auf einem Relief aus dem Nordpalaste (Palast 
Asurbanipals 668— 626) s. Rawı. fife mon. Il ed. I, 5r2. 

Dem fast völligen Analogon mit unserer Darstellung begegnen wir 
bereits auf einem babylonischen Cylinder aus grauem Marmor aus 
der Sammlung des due de Luynes s. die Wiedergabe des Bildes bei 
MEnANT, les pierres gravees de la Haute-Asie. Recherches sur la 
glyptique orientale I. part. Par. 1883 p. 207; M. Dmuvrarov, l’art 
antique IH, p. 85 Fig. 114: ein Löwe greift einen fliehenden ein- 
hörnigen Stier von hinten an und zerfleischt ihn. Darstellung noch 
ganz naturalistisch. 

Einen Löwen im Kampfe mit einem Stier sehen wir auf einem 
Relief aus Nimrüd (Nordwestpalast) dargestellt. Hier greift der Löwe 
von vorn an: der Stier bietet nur ein Horn (s. G. Rawıısson, the 
five great monarchies, sec. edit. I, 512 s. Taf. Nr. 3). Dass hier das 
eine Horn nur die abgekürzte Darstellung eines Doppelhorns, also 
eines Paares von Hörnern ist, geht aus dem Anblick unmittelbar her- 
vor und ergiebt sich nicht minder aus einer Vergleichung anderer Dar- 
stellungen (vergl. ebenda auf p.513: der König auf der Jagd auf Wild- 


1G: Ruwe. aa. O- II /p: 334; "ESrorze, Persepolis I, 4.3028. Vak Abb. Nre® 
Vergl. weiter die angeff. Abbildd. oben S. 576 Anm. ı. 

?2 S. weiter Monatsbericht d. B. A. d. W., 1881, Sitz. vom 5. Mai, S. 426 ff. 
Vergl. den heiligen Baum auf einem pers. Siegelcylinder, Titelvignette von PERRoT 
und Caıriez, T.V. 


a . , . 
SCHRADER: Die Vorstellung vom norozeows und ihr Ursprung. 579 


ochsen, vergl. mit ebendaselbst p. 346 ff. 351 (doppelt) und sonst). 
Auch die auf einem Ornamente in » Wappenstellung« rechts und links 
vom heiligen Baume erscheinenden geflügelten Stiere weisen ein jeder 
nur ein Horn auf; ebendieses auf gemalten Friesen (Kauzen, Assyrien 
und Babylonien, 4. Aufl. 248 fi.); s. noch Homnmer, babylon.-assyr. 
Geschichte, S. 194 und sonst. Ein zweigehörnter Stier erscheint übrigens 
beiläufig auf der Berliner Asarhaddon-Stele, Vorderseite, eine männ- 
liche stehende Gottheit auf dem Rücken tragend. Vergl. die Darstellung 
des Jakochsen auf dem Obelisk Salmanassar’s I. 3. Feld. Die Hörner 
sind in letzteren Falle wie zwei symmetrisch einander gegenüberstehende 
Mondsicheln angebracht. 

Auch einen ganz nach Art des »Einhorns« von Persepolis den 
Kopf nach hinten umwendenden, auf den Hinterbeinen stehenden 
einhörnigen Stier begegnen wir auf der Darstellung auf dem Siegel- 
eylinder eines Patısi von Lagasch (Abbildung bei J. Mexant, les pierres 
gravees I p. 67 |pl. U Nr. 3], sowie bei Hommer a.a.O. 293). S. die 
bbsiNr. 7; auf'd. Taf. 

Die letztere Darstellung auf einem sehr alten in’s 3. Jahrtausend 
zurückreichenden Cylinder mit bereits fest ausgeprägtem Typus lässt 
erkennen, in wie hohe Zeit hinauf überhaupt diese ganze künstlerische 
Auffassungsweise zurückreicht und wie treu sich dieselbe durch alle 
Zeitläufte hindurch und selbst noch bei dem Übergange zu einem 
anderen Volke, den Elamiten und weiter den Persern erhalten hat. 
Welchen Sinn die Perser und ob sie überhaupt einen solehen mit 
der, betr. Darstellung verbanden, muss dahimgestellt bleiben. Es ver- 
hält sich damit genau so wie mit der besprochenen Darstellung des 
mit der Linken das Horn packenden, mit der Rechten den Leib des 
sog. ahrimanschen Thieres u. s. w. durchbohrenden König, der unver- 
kennbaren Nachahmung einer babylonisch-assyrischen Darstellung, wie 
sie uns auf dem Relief Asurbanipals erhalten ist, darstellend, wie der 
König einen vor ihm im aufrechter Stellung auf den Hinterbeinen 
stehenden Löwen beim Ohre packt und ihn mit dem Speere durch- 
sticht (s. Rawı. I, 506 und vergl. Abb. Nr. 6° und 6° [s. o.)). 

Wir fassen das Ergebniss unserer Untersuchung dahin zusammen, 

'ı. dass die Anschauung vom uovexepws, wie sie sich bei Ktesias, 
Aristoteles und Späteren findet, zuletzt zurückgeht auf die 


‘ Vergl. übrigens dieselbe Stellung des mit einem Menschenangesichte, aber mit 
zwei Hörnern ausgestatteten, sich umwendenden, aufrechtstehenden, im Kampfe mit 
einem Menschen (Istubar?’) begriffenen Stiers auf einem Cylinder des Britischen Museums 
MEnAanT a.a. O.1I p.99. Für den Stierkopf mit menschlichem Angesichte s. weiter 
MEnanr a. a. 0.p.92 ss. und vergl. die dort gebotenen Abbildungen von altbabylonischen 
Siegeleylindern. Zu Istubar (?) u. s. w. vergl. Pınc#es in Bab. Orient. Rec. IV, 264. 


Sitzungsberichte 1892, 52 


580 Gesammtsitzung vom 16. Juni. — Mittheilung vom 17. März. 


persischen Gewährsmänner des Ktesias, die ihrerseits auf 
den bildlichen Darstellungen an den Palastwänden zu Perse- 
polis und natürlich auch sonst fussten;' 

2. dass diese bildlichen Darstellungen zuletzt wiederum zurück- 
gehen auf analoge Darstellungen, wie sie sich bei Babyloniern 
und Assyrern und verhältnissmässig schon sehr früh finden. 

Es gilt das Obige von dem Namen novexepws, wie er uns in der 
griechischen Übersetzung des A. T. (LXX) entgegentritt und als gewöhn- 
liche (nur einmal anders! s. o.) Wiedergabe des Hebr. a87 erscheint. 

Es leidet für mich nun aber keinen Zweifel, dass dem oder den 
griechischen Übersetzern, die das als ein Wunderthier beschriebene IR” 
mit uovoxepws verdolmetschten, jenes eben das Wunderthier war, von 
welchem sie als existirend sonst vernommen hatten. Dass der, bez. die 
griechischen Übersetzer mit dem Namen Wovorepws nur diesen ganz all- 
gemeinen Sinn verbanden und dabei gar nicht das 28” als ein Thier 
mit nur einem Horn bezeichnen wollten, geht klar daraus hervor, dass 
dieselben die Übersetzung »Einhorn« auch da in Anwendung brachten, 
wo der hebräische Schriftsteller selber von »Hörnern« (im Plur.) redete 
(Deuter. 33, 17; 22, 22), und in der Hauptstelle vom ax), Hiob 39, gff., 
ist von einem Horne überhaupt nicht die Rede. In der Stelle aber, 
wo von einem solchen (im Singular) die Rede ist (Y 92, ı1): »Du 
machest dem Reem gleich hoch mein Horn«, ist das eine Horn 
lediglich bei dem Vergleich diehterisch zu suppliren, weil im Haupt- 
satze figürlich vom »Horn« des Dichters die Rede ist. Der Schrift- 
steller hat den Singular gar nicht ausgesprochen: die Frage nach dem 
Wesen des 287 ist von der nach der Bedeutung des Ausdrucks uovoxeows 
gänzlich zu trennen. 


(274 


mc 


Darüber, was unter O8, den Lauten nach dem arabischen _=) 


entsprechend, in der Bibel zu verstehen sei, uns weiter zu, ver- 
breiten, haben wir hier keine Veranlassung. Wir begnügen uns zu 
constatiren, dass unter demselben irgendwie eine Antilopenart zu 
verstehen ist. Man denkt vielfach an die Antilope &pv£, auch an das 


Wildrind, arabisch &» (Werzstem”’) oder aber an den mit rimu im 


! Ich werde von befreundeter Seite auf die ganz analoge Entstehungsweise der 
Vorstellung vom Vogel Phönix aufmerksam gemacht, wie sie uns Herodot in seiner 
BR ine Aegyptens (Herod. ll, 73) überliefert hat. Auch er spricht a.2.0. vom 
Vogel Phönix: Ey) pazv AV oUx A ei mn 67 ov year za ya on za Srenmos Emi- 
arr« adız d1 "Ereuv ws “Hruomorımren rEyauzı TWEVTELOTIUW porrav de Tores darı Ereav 00 
amoSam 6 arme errı 8%, 8 en yoapr magomoıos Toords zur Taorde. Folgt die Be- 
schreibung nach den Bildern (S. darüber Brussch in Sreın’s deutscher Ausgabe 
z. d. St.) und sodann die Legende der Heliopoliten. 

2 S. bei Franz Derrrzsch, Hiob 2. A. S. 507 fle. 


Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 


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Fig. 6b. 


Carı Leonu. BECKER gez. 


SCHRADER: Die Vorstellung vom wovcxerws und ihr Ursprung. 


N . r D r = - 
SCHRADER: Die Vorstellung vom norozeows und ihr Ursprung. 581 


Assyrischen bezeichneten Wildochs', nach seiner bildlichen Darstel- 
lung am wahrscheinlichsten der Wisent’. Wir lassen das dahin- 
gestellt. Der Curiosität wegen sei nur noch angemerkt, dass ebenso 
willkürlich, wie die griechischen Übersetzer das hebräische ax durch 
Movoxeows wiedergegeben haben, die Aethiopen in der Geezübersetzung 
der LXX das griechische uovoxepws mit NCNZR! — arabisch Des, 
assyrisch kurkizannu‘ d. i. Nashorn wiedergaben, indem diese augen- 
scheinlich, unbekannt mit dem hebräischen Grundtext, an die Ety- 
mologie des Wortes uovoxerws sich hielten. 


ı W. Hovernon, on the mammalia of the Assyrian sculptures, in Transactions 
of Bibl. Soc. V, 1877, p. 336 sq. 

® S. darüber F. Hommer, die Namen der Säugethiere bei den südsemitischen 
Völkern, Lpz. 1879, S. 227; SCHRADER, Keilinschrr. u. Geschichtsforschung, Giessen 
ee S. 135 fle.; 137; die Keilinsehrr. u..d. A.T. 2. A. 1883, S. 160 flg. 

® LuUDoLF, S. 0.; DirLLmann, s. 0.; Hommer, Namen d. Säugethiere, 328. 

* SCHRADER in Zeitschr. d. Deutsch. Morg. Ges., Bd. 27 (1873) S. 708; Honmneı 


a2,.0. 


Ausgegeben am 23. Juni. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


l. Hr. Voerr las eine Abhandlung des Assistenten- am Astro- 
physikalischen Observatorium zu Potsdam Hrn. J. SCHEINER: Über 
den grossen Sternhaufen im Hercules (Messier 13). 

2. Hr. v. Heummorrz übergab als Abdruck aus den Abhandlungen 
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen den Bericht 
über eine mit Unterstützung der Akademie ausgeführte Arbeit des 
Hrn. Prof. W. Vorsr: »Bestimmung der Constanten der Elektrieität und 
Untersuchung der inneren Reibung für einige Metalle«. 


Ausgegeben am 7. Juli. 


Sitzungsberichte 1892. 993 


85 
1892. 
AXXIN. 
SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


23. Juni. Sitzung der philosophisch - historischen Classe. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Momnusen. 


l. Hr. v. D. GABELENTzZ las die umstehend folgende Mittheilung: 
Zur Beurtheilung des koreanischen Schrift- und Lautwesens. 

2. Hr. Schkaper berichtete über Dr. F. E. Prıser’s in Breslau Ver- 
such einer Entzifferung der betitischen Inschriften. 

3. Hr. ScumoLzLer überreichte die drei ersten Bände der acta 
Borussica, enthaltend die Geschichte der preussischen Seidenindustrie 
im 18. Jahrhundert. 


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Zur Beurtheilung des koreanischen Schrift- und 
Lautwesens. 


Von G. VON DER GABELENTZ. 
Hierzu Taf. VI. 


Wer sich in wissenschaftlicher Absicht mit der koreanischen Sprache 
beschäftigt, begegnet gleich von Anfang an sehr ärgerlichen Schwierig- 
keiten. Zwar das Alphabet ist leicht erlernt, schneller vielleicht, als 
irgend ein anderes; und gut gedruckte Texte buchstabirt man nach 
wenigen Minuten ganz richtig. Es ist, wenn ich von gewissen moder- 
nen Kunstschriften nordamericanischer Sprachen absehe, meines Wissens 
das einfachste Schriftsystem, das ein Volk besitzt. Die indische Com- 
bination von Alphabet und Syllabar hat hier eine sehr sach- und 
sprachgemässe Umgestaltung erfahren, beeinflusst von dem Duetus des 
Pinsels und von der chinesischen Schriftästhetik, der zuliebe sich die 
Zeichen einer jeden Sylbe in ein gleichgrosses Oblongum hinein gruppiren 
müssen. Dabei gilt die Regel, dass von den Buchstabenelementen der 
Sylbe das linke vor dem rechten, das obere vor dem unteren zu lesen 
22 Vergl.'Taf.], A und C. 

Allein man sieht, dass mehrere dieser Zeichen doppeldeutig sind: 
Die Tenues und die Mediae, /und r, der Gutteralnasal % und der Spiri- 
tus lenis fallen zusammen. Dazu kommt eine Anarchie in der Wort- 
schreibung und selbst in gewissen Theilen der Formenlehre, die sich 
wohl erklärt, wenn man weiss, wie geringschätzig die Sprache in ihrem 
eigenen Vaterlande behandelt wird. Die Japaner, die Einzigen, die es im 
Punkte der sprachlichen Ausländerei allenfalls noch mit den Koreanern 
aufnehmen können, besitzen doch wenigstens eine alte bodenwüchsige 
Literatur, die sie in Ehren halten und philologisch durchforschen, und 
an die sich hunderte von Bänden lexikalischen und grammatischen 
Inhalts reihen. In Korea nichts von Alledem, kein Sprachdenkmal 
aus alter Zeit, — soviel mir bekannt ist, auch keinerlei Versuch, die 


. 588 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 23. Juni. 


heimische Sprache in Regeln zu fassen. Nur die Etiquette hat sie, 
zumal ihre Conjugation, in wunderliche Regeln gebannt. Die werden 
sorgfältig beobachtet; sonst aber gilt es für fein, der Rede soviel 
chinesische Fremdwörter beizumischen, wie möglich. Und alles, was 
die Gebildeten füreinander schreiben, auch jedes Buch ernsteren Inhalts, 
ist chinesisch. Bücher in der Landessprache werden nur für den 
Unterrichtszweck und dann zur Unterhaltung und Belehrung der Frauen 
und des niederen Volkes gedruckt. Wie ich aber erfahre, ist die Nach- 
frage so gering, dass die Buchhändler lieber auf jedesmaliges Verlangen 
von den hölzernen Stereotypplatten Abzüge machen lassen, als fertige 
Exemplare auf Lager führen. Bedenkt man ferner, dass Korea erst 
seit wenigen Jahren den Europäern erschlossen ist, so erklärt es sich, 
dass die rauhe, schwerfällige Sprache mit ihrer dürftigen Literatur 
bisher wenige Freunde bei uns gefunden hat. Das Wörterbuch und 
die Grammatik der katholischen Missionare (Yokohama 1880, 1881) sind 
unter den Hülfsmitteln die ausführlichsten, aber noch lange nicht er- 
schöpfend. H. @. Unperwoon’s Introduction to the Korean Spoken Lan- 
guage, Yokohama etc. 1890, ist ein geschickter, selbständiger Versuch, 
die Sache zu vereinfachen, geht aber auch nur selten mehr in die Tiefe. 
James Scorr's Corean Manual, Shanghai ı887, und C. IngauLt- HuArrT’s 
Manuel de la langue coreenne parlee, Paris 1889, bieten für wissen- 
schaftliche Zwecke nichts Neues. Die älteren Werke von M. Pvzırıo, 
OmBimb PYCCROo - kKOpeheraro CeAoBapa, St. Petersburg 1874, und von 
Jon Ross, Corean Primer, Shanghai 1877, haben noch immer einiges 
Interesse, weil sie das Lautwesen selbständig, vermuthlich auf Grund 
verschiedener Mundarten, darstellen. 

Auf dieses, auf das Lautwesen, kommt es offenbar in erster Reihe 
an, und zwar wird vor Allem der ursprüngliche Lautwerth der korea- 
nischen Schriftzeichen zu erörtern sein. Zu einer solchen Untersuchung 
sollen im folgenden die ersten Schritte gethan werden, soviel ich sehe 
die einzigen Schritte die zur Zeit möglich sind. Und auch sie bewegen 
sich schon auf schwankendem Boden. 

Die politische und staatliche Abhängigkeit Koreas von China wird 
bis in das ı 2. Jahrhundert v. u. Z. hinauf datirt. Nicht viel jünger mögen 
gewisse Lehnwörter im Koreanischen sein, die, wie ich anderwärts (die 
Sprachwissenschaft, S. 284) zu erweisen gesucht, den Auslaut / oder 
wahrscheinlicher r im Altchinesischen bezeugen dürften: mal, Pferd, 
chines. na, siul, Wein, chines. Zsieu, sil, Seide, chines. ss’. Gewiss 
lohnte es sich, dieser Spur weiter zu folgen, auch andere der frühesten 
Entlehnung verdächtige Culturwörter auf ihren möglichen chinesischen 
Ursprung hin zu untersuchen. Doch damit wäre der chinesischen Laut- 
geschichte mehr gedient, als der koreanischen. 


® . | .p r @) 
v.D. GageLentz: Zur Beurtheilung d. koreanischen Schrift- u. Lautwesens. DS9 


In Letzterer ist eine der nächstliegenden Fragen die nach den 
Tenues und Mediae. Das Chinesische besass noch bis weit in das vorige 
Jahrtausend hinein, besitzt in gewissen Mundarten noch heute eine 
vierfache Reihe von Anlautsconsonanten: nieht aspirirte Tenues, Mediae 
und Nasale, dazu zwei h, zwei f, v, w, y, !, und die Zischlaute $, £, s, 2. 
Das Koreanische ist viel ärmer. Wie vertheilt es nun jene drei Reihen 
der Tenues und Mediae auf die zwei, über die es verfügt? Ehe ich 
darauf eingehe, muss ich vorausschicken, dass auch die chinesische 
Lautentwickelung noch nicht in allen Stücken ganz klar ist. Die alten 
Mediae sind da, wo sie sich nicht als solche erhalten haben, meist 
zu asperirten, zuweilen aber auch zu nichtasperirten Tenues geworden, 
und zwar in denselben Dialekten, z.B.im Kuan-hoa und im Cantonesi- 
schen. Dies deute ich an, indem ich sie bald ohne, bald mit Aspirations- 
zeichen schreibe und dementsprechend benenne. Darnach wird die fol- 
gende Zusammenstellung zu beurtheilen sein. 


MChimesisch nicht aspirirte Tenuis — koreanischem nicht 
aspirirtem Anlaute. 


im, Nagel: Iyen 

pin, beisammen: pyen 
cun, Mitte: dyum 
fin, anmuthig: pon 
tan, tleischfarben: tan 


v 


cr, dessen, ihn: & 


lun, Winter: ton 
cum, erlauben: eyun 
ien, Bank: tön 

taö, Messer: {0 

kun, Verdienst: kon 
isu, helfen: co 

Isik, Verdienst: dyek 
cok, Löffel: eyak 


cü, Herr: eyu 
kieu, lange: ku 
kieu, neun: ku 
kan, trocken: kan 


pr, Löffel: px 
pek, Norden: pök 


kiaö, verkehren: Ayu 
kin, Hauptstadt: kyen 
kim, jetzt: köm 

pek, Älterer: pdik 
ti, niedrig: diye 
kuan, Lieht: koan 
ten, Helm: tu 

kun, Fürst: kon 
pen, Soldat: pyen 
tien, Codex: tyen 
kiem, zugleich: kyem 
kuan, Mütze: koan 


cem, loosen: dyem 
kud, Diagramm: Aoai 
Isiet, siegeln: dyel 
kiuen, Heft: Auen 
(BEE 

cao, rufen: dyo 

kit, Glück: kil 

klün, Fürst: kun 
kuok, Staat: kuk 

bi, Erde: % 

— und so fast überall. 


590 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 23. Juni. 


II. Chinesisch nieht aspirirte Tenuis = koreanischem 


kia, hinzufügen: Aa 
paö, einwickeln: p'o 
pu, Obstgarten: po 

to, Scheibe: fa 

kuai, getheilt: kuai 
pu, Zeug, Leinen: po 
isiom, pyramidal: E'yem 
piaö, streifig: pyu 

pa, nehmen: pa 

pan, Brett: pan 


aspirirtem Laute. 


iai, Schleusse: Tdi 

pa, schlagen: pa 

pd, Deich: pa 

ia, schlagen: ta 

cok, hacken: d’ak 

pit, müssen: pl 

cam, zerschneiden: Cam 
pi, jener: pi 

pao, trocken: po 


II. Chinesisch aspirirte Tenuis = koreanischer Aspirata. 


sit, sieben: Cl 

cn, füllen: Eyun 
Cun, aufsteigen: Eyun 
fik, abschaben; {yek 
can, verwunden: Can 
Pat, Paar: pal 

isien, tausend: dyen 
Cok, hoch: dak 

tsiü, nehmen: Eyu 
po, nicht können: pa 
mi, blasen; Eyui 
{än, verschlucken: fan 
lu, Erde: to 

fan, eben: fan 

!ap, Thurm: fap 
tsüm, Zoll: Eyun 

fin, Saal: C'yen 

isün, bedenken: don 
en, zaudern: Eyun 


ceü, herausnehmen: yo 


tsöi, freien: C'yu 

cet, wegthuen: dyel 
cr. Schamgefühl: €i 
fiep, Karte: Üyep 
cun, Gunst: Eyun 
pd, fürchten: pa 
LS, Gattin: \C ye 

Cat, prüfen: dal 
tsiep, Kebsweib: yep 
pa, Kopftuch: pa 
ik, Fuss:- Eyek 
fien, Himmel: {yen 
fao, Bündel: To 

fdi, gross, sehr: !ai 
tot, nehmen: lal 
isai, bunt: Ci 

fik, Herzpochen: tök 
ist, Kummer: eye 
Isik, Axt: dyek 

cün, Frühling: Eyun 


IV. Chinesisch aspirirte Tenuis = koreanischer 


kit, bitten: kel 

peu, halbiren: pu 
kiuen, ermahnen: kuen 
kiü, Wohnung: ku 
isut, plötzlich: dol 


aspirirten. 


kiok, ablehnen: kak 
kon, Magnat: kyen 
kiüi, weggehen: ke 
keu, Mund: ku 

ko, können: ka 


nieht 


v.. GageLeNTz: Zur Beurtheilung d. koreanischen Schrift- u. Lautwesens. D91 


faö, begehren: to 
kuen, hemmen: kon 
ki, pflastern: ki 

Ce, ausschweifend: dya 
pi, Vertrag: pi 

pik, spalten: pyek 
küik, krumm: kuk 
pok, Baumrinde: pak 
ki, Vertrag: kyei 
pih, damenmässig: püh 
kuei, beschämt: koi 
kiet, Waise: kyel 


kok, Gast: käik 
kok, achtsam: kak 
kun, fürchten: kon 
kai, Mitleid: kai 
kan, edelsinnig: kan 
laö, betrübt: to 
kin, Heil: kyen 
kan, widerstehen: kan 
!sao, nehmen: co 
pän, erlangen: pan 
pu, allgemein: po 
ki, täuschen: köi 


V= Chinesisch aspirirte Media = koreanischem nicht 
aspirirtem Laute. 


gien, himml. Prineip: ken 
din, Portieus: iyen 
gieu, Feind: ku 
gi, aufrecht: Av 
Jü, stehen: dye 
din, ausziehen: tyen 
gek, können: kök 
dziuen, ganz: dyen 
gi, dessen: ki 

gi, hoffen: köi 
gik, spielen: kök 
gii, Sorge: ku 
gin, stark: kyen 
dü, Gefäss: lo 
ban, massig: pain 
Jin, melden: eyen 
dü, Plan, Tafel: io 
dudn, rund: tan 
din, Halle: tan 
d’än, Teich: tan 
dün, Höhle: ton 
bin, Schirm: pyen 
duan, Igel: tan 
dü, Gefolge: to 
bien, überall: pyen 
bih, vertrauen: pih 


dzan, zerstören: can 
giän, stark: kan 

ddän, Altar: tan 

giuen, Faust: kuen 

Jt, erfassen: & 

dzin, Leidenschaft: dyen 
gi, Flagge: köi 

dzün, bewahren: con 
dzaö, Collegium: do 

gi, Zeitraum: köl 

diaö, Zweig: iyo 

gim, erhaben, köm 

jü, Pfeiler: cyu 

di, Schmutz: to 

bi, Magd: pi 

jet, Vorhaus: ‚di 

di, anmuthig: Zyei 

din, schon: Iyen 

dü, schlachten: to 
dün, sammeln: tun 
d’än, Vorhang: tan 
ban, Trommelschall: pan 
dun, roth: ton 

dzdi, Talent: cäi 

b.än, nebenher laufen: pan 
ben, Freund, pön. 


392 


VI 


Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 23. Juni. 


Chinesisch aspirirte Media —= koreanischem 


aspirirtem Laute. 


bin, Gesandter: pin 
d’ö, tragen: to 

bü, kriechen: po 
baö, Kürbis: po 

d’di, erhaben: tdi 
d’iep, Zinne: Fyep 
in, Staub: en 
dzen, Geschoss: Cön 
bin, eben: pyen 
dziaö, erschöpft: e'yo 


dın, stark: Eyen 


VI 


bo, altes Weib, pa 
d’än, schnippen, fan 
biao, verhungern: pyo 
do, sicher: fa 

diem, Schmach: Tyem 
diöm, Behagen: Fyen 


jdai, Lager: Edi 


dzdm, sich schämen: dam 
bao, fassen: Do 

dein, hell, klar: Eyen 
d’ai, gefährlich: Ua. 


Chinesisch nicht aspirirte Media — koreanischem 


nicht aspirirtem Laute. 


jan, Waffe: cyan 


jü, wohnen: eyu 
buan, Genosse: pan 
dan, nur: tan 

jao, Million: yo 

gun, zusammen: kon 
giü, Geräthe: ku 

vdm (bäm), alle: pam 
ban, sich stützen: pan 
gin, steif: kyen 

dun, bewegen: ton 
bik, kriechen: pok 
dzian, Handwerker: cyan 
guei, Kasten: Auei 
duık, Kasten: tok 

bien, Gesetz: pyen 


VII. Chinesisch nicht aspirirte Media — koreanischer 


dan, Morgen: tan 


Mm, ich: cim 


but, thöricht: paul 
chi, hassen: tdi 
dzuk, Sippe: cok 
dzam, kurze Zeit: cam 
giü, fürchten: ku 
dit, Pflaume: tu 

bit, schreiten: po 
gi, geschickt: Ai 
dien, ertrinken: iyen 
buk, Kopftuch: pok 
dzok, gestern: ak 
duk, Gift: tok 

dik, Feind, tyek 
bien, Haube: pyen 


Aspirata. 


do, fallen: la 

bi, Gunst: pyei 
jik, Wohnung: Cäik 
bit, helfen: pd 

dai, träge: ai 

bai, zerstören: pai 


bi, schlecht: pei 
bi, Seide: pyei 
dzik, wählen: Caik 
din, Kummer: fon 
bi, gemein: pyei 


m 


v. o. GAgerentz: Zur Beurtheilung d. koreanischen Schrift- u. Lautwesens. 593 


Es waren acht Fälle möglich, und alle acht haben sich als that- 
sächlich erwiesen. Die koreanischen Aspiraten und Non -Aspiraten 
können beide sowohl die Tenues als die Mediae und in beiden Fällen 
sowohl die aspirirten wie die nicht aspirirten chinesischen Laute ver- 
treten. Es steht z. B. sowohl t als f für t, f, d, d. Gewöhnlich 
wird der nicht aspirirte Anlaut des Chinesischen dureh einen nicht 
aspirirten im Koreanischen wiedergegeben: ? und d durch £. Aber 
auch diese Regel erleidet Ausnahmen. Und hinsichtlich der chinesi- 
schen Aspiraten herrscht völlige Unsicherheit. Man mag, — man 
muss wohl annehmen, dass die Lehnwörter zu verschiedenen Zeiten 
und aus verschiedenen Mundarten des Chinesischen herübergenommen 
sind. Damit aber verzichtet man bis auf Weiteres auf die Erklärung 
der Einzelfälle. Stellen wir heute die Frage: was hat der Koreaner 
im Chinesischen stärker empfunden, den Unterschied zwischen Tenuis 
und Media, oder jenen zwischen Aspirata und Non-Aspirata? — so 
können wir uns nur zögernd und mit allem Vorbehalte für Letzteres 
entscheiden. Denn wir wissen nicht einmal, wann sich in den ver- 
schiedenen Mundarten des Nordehinesischen der Übergang von der 
Media zur Tenuis vollzogen hat. Und andererseits wissen wir, dass 
auch die Mandsehu und die Russen noch immer die chinesische nicht 
aspirirte Tenuis durch ihre Media wiedergeben. 

Unklar ist es auch, warum der Koreaner chinesisches auslautendes 
{ durch / ersetzt. In seiner eigenen Sprache lautet jetzt schliessendes 
s wie ?!: os, Rock wie ot u. s. w. Nun schreibt er meist auch s statt 
ursprünglichen auslautenden /, z. B. skos oder kkos, Blume, statt skot 
oder Akot. Das mag graphische Gründe haben; denn schliessendes 
sieht genau so aus wie ön. Das /! aber ähnlich zu erklären, geht 
nicht wohl an; denn es wird nach wie vor wie / ausgesprochen. Eher 
mag im Nordchinesischen das auslautende 7, ehe es völlig verstummte, 
in der Mundstellung und in der akustischen Wirkung einem leise an- 
gedeuteten / geähnelt haben. 

Nur der Vollständigkeit halber führe ich noch an, dass 

chinesisches w durch 'o oder 'u, 
» A und R durch ', 
» mw durch m 

vertreten wird, z. B. 

wän, König: 'oan, 

wei, machen, sein: "wi, 

nin (Zin), Mensch: "in, 

nit (Zi) Sonne: "il, 

M (ri) zwei: 'i, 

mwan (wan) zehntausend: man. 


594 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 23. Juni. 


Ich besitze drei buddhistische Werke aus Korea, in denen das 
Sanskrit in Lanta-Charakteren, daneben, interlinear, die Aussprache 
in koreanischer Schrift gegeben ist.‘ Diese wird in zweien der Bücher 
durch diakritische Zeichen, links gesetzte Punkte und Doppelpunkte, 
bereichert; zuweilen wird ” von AR durch runde oder dreieckige Form 
des Zeichens unterschieden. Der Nasal (bez. mit Doppelpunkt) ersetzt 
zugleich die nicht aspirirte Media: n oder :n —= g, das Zeichen für 
den nicht aspirirten Laut (bez. mit Punkt), die aspirirte Media, ferner 
steht 7 oder. .!. für 'r, p oder, .p für v, ‚s, für;g, :s oder. :s für. s, sy. We 
"ya oder "ya für ya, m für Anusvära, k für Visarga. Die Silbentheilung 
geschieht oft anders als im Sanskrit, und dann werden wohl aufeinander- 
folgende Consonanten durch ein eingeschobenes @ getrennt a-:pa-lo- 
ki-tyei-sä:pa-lak — avalokitegvarah. 

Offenbar haben dem Koreaner die nicht aspirirten indischen 
Mediae weicher, den Nasalen ähnlicher geklungen. als seine nicht 
aspirirten Laute. Aber die aspirirte Media des Sanskrit schien ihm 
der nicht aspirirten Tenuis ähnlicher, als der nicht aspirirten Media, 
er 'zog .d zu n,. nicht. zu £ ‚aber d’ zu t, nicht zu d, auch’ nicht zur 

Um dies zu verwerthen, müssten wir wissen: 

ı. Von wem die Koreaner ihr Sanskrit gelernt, und wie es ihre 
Lehrmeister ausgesprochen haben, und 

2. Wann jene Umschreibungen erfolgt sind, welcher Zeit also 
die sich hier ergebende Aussprache der koreanischen CGonsonanten an- 
gehört. Beides wissen wir nieht, und die Transscriptionen der chine- 
sischen und der indischen Laute müssten besser zusammenstimmen, 
wenn sie im Zusammenhalte etwas Sicheres ergeben sollten. 

Sonach scheint es, als wäre man auf die eigentliche Schriftgeschichte 
angewiesen, als wäre am Ersten eine sichere Antwort dann zu erhoffen, 
wenn man wüsste, woher das koreanische Alphabet stammt und bez., 
welche Zeichen seines Urbildes es in sich aufgenommen hat. 

Für indischen Ursprung der koreanischen Schrift sprechen die 
wiehtigsten Gründe. Dass die Zeilen von oben nach unten, von rechts 
nach links laufen, ist dem chinesischen Muster zuzuschreiben und steht 
nieht vereinzelt da. Auch Schriften semitischen Ursprungs, — die der 
auch eine Schrift indischer Her- 
kunft, die des Pa-sse-pa, hat bekanntlich das gleiche Schicksal erlitten, 
und die Japaner und Koreaner drucken in ihren buddhistischen Büchern 


Uiguren, Mongolen und Mandsehu, 


die Silbengruppen des Lanea in senkrechten Linien untereinander. Da- 
gegen entspricht die glückliche Vereinigung von Alphabet und Syllabar 


! Die Texte scheinen ziemlich verderbt zu sein. Sie enthalten Verstösse gegen 
den Sandhi und die Formenlehre, die wohl selbst in. dem schlechten Sanskrit der 
nordbuddhistischen Litteratur unerhört sind. 


v.D. GABELENTZ: Zur Beurtheilung d. koreanischen Schrift- u. Lautwesens. +) 95 


in der koreanischen Schrift dem indischen Vorbilde. Nur das ist 
zweifelhaft, ob sie entlehnt oder frei nachgeschaffen ist. 

Kunstschriften, als deren Zeichen die Theile eines netzförmigen 
Diagrammes angewandt werden, sind wenigstens den Japanern eben- 
sogut bekannt, wie uns. Und es fällt nicht schwer, ein sehr einfaches 
Netz aus Quadraten und Diagonalen herzustellen, worin jedes Zeichen 
der mehr lapidaren Schriftform der Koreaner Platz findet. Offenbar 
aber darf man zu dieser Erklärung nur im äussersten Nothfalle seine 
Zuflucht nehmen. 

Nun hat sich die japanische Philologie, — die einheimische — 
längst mit der Geschiehte der in Japan in Gebrauch gewesenen Sehrif- 
ten beschäftigt, aber dabei, soviel ich sehe, zwischen entlehnten und 
erfundenen Schriften nicht genügend geschieden. Unter den mir zu- 
gänglichen Werken dieser Art ist das neueste »Erörterung über die 
Sehriftzeichen der alten Dynastien Japans«.' Soweit dies unsere Frage 
betrifft, bestätigt es zunächst (Heft I, S. ı6h ff.) die auch sonst be- 
kannte Thatsache, dass den Japanern ein dem koreanischen fast gleiches 
Alphabet unter dem Namen Afiru-mozi, Schrift des Afıru, bekannt war. 
Afıru soll der Name des Erfinders, eines Mannes aus dem Lande 
»Tuima« sein. Es liegt nahe, dahinter das sanskrit Abhiru, der 
Furehtlose, zu vermuthen. Was an dieser Stelle sonst über den Ur- 
sprung der Schrift angegeben wird, ist unbrauchbar. 'Theils weist 
es in mythologische Zeiten zurück, theils bezieht es sich auf Quellen, 
die es nieht benennt. Die Schrift hat hier die Lapidarform. Sie be- 
steht aus den Vocalen «, 0, i, e, a und den Consonanten s, h, t, r, n, 
k, y, m, w, 8, hat also, dem japanischen Bedarfe gemäss, nicht die 
Vocale und Diphthongen 4, ö, ya, ye, yo, yu und von den Consonanten 
nicht /, € und p, auch nicht die Aspiraten. Besondere Zeichen für die 
japanischen getrübten (erweichten) Laute g, d, db, z fehlen. Dagegen 
zeichnet sie sich vor der Koreanischen durch den Besitz von r, y und 
lo aus (vergl. B der Tafel. In der koreanischen Schrift stehen die 
Vocale a, e, ya, ye stets rechts, dagegen d, ö, 0, u, yo, yu stets unter den 
Consonanten (vergl. C). Die Afiru-Schrift macht diese Unterscheidung 
nieht: die Vocalzeichen stehen entweder immer rechts oder immer 
unten. 

Auffallend ist der Gebrauch des h und der Mangel des p. Es ist 
nachzuweisen, dass das Japanische in älterer Zeit und wohl noch ein 
gutes Stück in unsere Zeitrechnung hinein den Laut p da gehabt hat, 
wo jetzt eine Art h gesprochen wird. In gewissen Verbindungen tritt 


1 H yiN a AR I .. Er von 23 nn HM Ya. Vorrede vom Jahre 1888, 


in 2 Heften. 


596 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 23. Juni. 


dieser Laut noch heute hervor, z. B. in Nippon statt Nit-hon, Nit-pon, 
und da, wo sich A zu 9, £ zu d, s zu z erweicht, »trübt« sich das A 
zu b, — zwischen Vocalen wird es nach gewissen Regeln entweder zu 
w, oder es verstummt ganz: aht: ai, ahase:awase. Vor noch nicht drei- 
hundert Jahren hörten die Missionare fa, fe, fo statt der jetzt gebräuch- 
lichen ha, he, ho. Die Silbe Au klingt noch jetzt fast ganz wie fu, 
wird auch so transseribirt, und im Munde der heutigen Südjapaner 
ist das 4 deutlich labial. 

Unter diesen Umständen könnte man annehmen, dass die Afıru- 
Schrift in Japan erst ganz neuerdings, etwa innerhalb der letzten zwei 
Jahrhunderte, bekannt und gelegentlich angewandt, und dass die 
Zeichen, die sie vor der koreanischen voraus hat, frei hinzuerfunden wor- 
den seien. Allein auch eine zweite Deutung ist möglich: das Alphabet 
war in Japan längst und zwar vollständiger bekannt, als es in den 
koreanischen Schriften erscheint, nämlich so, dass es auch die Zeichen 
für y, w, r und vielleicht eine Unterscheidung zwischen 8 und n besass. 
Die Sache schlief aber in den Archiven, die landesüblichen Schriften 
behaupteten nach wie vor die Alleinherrschaft, und nür versuchsweise 
oder zum Spiele wurde gelegentlich das Afiru-mozi zum Schreiben 
Japanischer Texte gebraucht. 

In der That ist gar nicht anzunehmen, dass die Kenntniss der 
Japaner von der koreanischen Schrift so gar jungen Datums sei. Dazu 
ist der Verkehr zwischen den beiden Ländern viel zu alt und zeit- 
weise auch zu lebhaft gewesen, und die Japaner haben immer für das 
Ausländische offenen Sinn gehabt. 

In Heft 2 Bl.ı9”—22” des angezogenen Werkes wird nun die 
koreanische Schrift unter ihrem einheimischen Namen En-mun, ja- 
panische Aussprache Won-mon, besprochen. Das Wichtigste, was hier 
mitgetheilt wird, sind ein paar Auszüge aus koreanischen Werken, 
nach deren einem die Erfindung (oder Einführung) des En-mun etwa 
in das. letzte Viertel des 7. Jahrhunderts unserer Zeit fallen würde. Die 
Identität mit den Afiru-mozi wird hervorgehoben. Ob die Schrift von 
Japan aus nach Korea gelangt sei oder umgekehrt, wird als streitig 
erwähnt. Das Ganze ist unkritisch und wäre für unseren Zweck 
werthlos, wenn nicht die Zeitangabe einige Beachtung verdiente. Die 
weiterhin ausgesprochene Vermuthung, es seien die koreanischen Buch- 
staben, ähnlich wie das Katakana der Japaner, aus Theilen chinesischer 
Schriftzeichen gebildet, mochte den Ostasiaten nahe liegen, hat aber 
sonst alle Wahrscheinlichkeit gegen sich. Sie beweist höchstens, dass 
wir von den asiatischen Quellen wenig Gewinn für unsern Zweck zu 
erhoffen haben und um so gewisser auf den eigenen Augenschein an- 
gewiesen sind. 


v.o. GaseLentz: Zur Beurtheilung d. koreanischen Scehrift- u. Lautwesens. 597 


Dass wir es mit einer entlehnten indischen Schrift, nicht bloss 
mit einer freien Nachbildung des indischen Schriftsystems zu thun 
haben, dafür spricht auf den ersten Anblick die Form des 1. Dass 
wir den Ursprung dieser Schrift eben da zu suchen haben, wo das 
tibetische und das ihm verwandte mongolische Alphabet (das des 
Passepa) herstammt, dafür spricht die Geschichte des nördlichen Bu- 
ddhismus. Das indische Alphabet, wie es sich in den Inschriften der 
Gupta-Dynastie darstellt, ist im tibetischen fast unverändert erhalten, 
in dem Landscha der buddhistischen Sanskrittexte doch schon ziemlich 
stark entstellt. Mit jenen Schriftformen werden wir nun die korea- 
nischen Zeichen zu vergleichen haben. 

Das gutturale ”J erinnert am Meisten an die Form des indischen 
9. Die Inschrift von Dzirnar weist freilich ein sehr ähnliches X auf. 

Das palatale 7X lässt sich noch am Ersten mit Zeichen für € 
vergleichen. 

Das dentale [[ passt gut zu den indischen Formen des d, weniger 
zu denen des .t. 

Zu L=n stimmt so leidlich das n der Acoka-Schrift. 

Das labiale E&J macht Schwierigkeiten, weil in den indischen 
Schriften sowohl p und ph als auch 5 ähnliche Formen aufweisen. 

Das (7 = m gleicht völlig den indischen Zeichen für db, jenen 
für m nur entfernter. 

Das 2 = ! braucht man nur zu wenden: fl), um das ent- 
sprechende indische Zeichen zu haben. Andere Zeichen vertragen 
allerdings diese Wendung nicht. 

Das N =s endlich findet in dem gleichwerthigen Zeichen der 
Dzirnar-Inschrift ein leidliches Ebenbild. 

Für 2 und 4 finde ich keine Analoga. 

Offenbar wäre viel gewonnen, wenn auch die der japanischen 
Afiru-Schrift allein eigenen Zeichen ähnliche Übereinstimmungen böten. 
Und das thuen sie allerdings. 

Das 9 —w gleicht fast ganz den indischen Formen für vo. Gleiches 
gilt, fast in noch höherem Grade, von 


IE = Y und von 
I >= 1t: 


Sonach ergiebt sich Folgendes: 

ı. Haben wir es zweifellos mit einer mehr oder minder ent- 
stellten, so zu sagen geometrisch stilisirten Form indischen Schrift, 
nieht mit einer freien Nachbildung zu thun. 


=) = ; E . : r a 
598 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 23. Juni. 


2. Dürften Y [7 und #4 ursprünglich eher Mediae als Tenues 
dargestellt haben, während 7X allerdings als € anzusetzen ist. Jomn 
Ross schreibt im An- und Inlaute die Nicht-aspirirten als Mediae, 
die Aspirirten als einfache Tenues. Der Russe PuzıLLo giebt Erstere 
im Anlaute durch Tenues, im Inlaute durch Mediae wieder. Die 
französischen Grammatiker scheinen nur dem inlautenden k »manch- 
mal« den Laut g zuzusprechen. Von den Aspirirten sagen sie: »ÜGes 
consonnes devraient plutöt s’appeler expirees. Le terme adequat 
serait: consonnes crachees, car le son que produit un gosier coreen 
en les prononcant ressemble a celui de l’expeectoration. « 

3. Die Voealzeichen, die Aspiraten, wahrscheinlich einschliesslich 
des A. und wohl auch das oder die Zeichen für 8 und % sind ver- 
muthlich einheimisch koreanische Erfindungen. Das 8-Zeichen könnte 
man zur Noth mit dem indischen \7 = e vergleichen; in den semiti- 
schen Schriften der Mongolen und Mandschu sind auch beide, der 
Spiritus lenis und das © durch denselben Buchstaben vertreten. Die 
indische Form des a mochte man ablehnen, weil sie mit dem L 
zu verwechseln war. Und wenn man das A anscheinend vom 8 oder 
n, vielleicht unter Zusatz eines s, ableitete, so mochte dies in dem 
besondern, rauheren oder mehr pfeifenden Tone des koreanischen 
Lautes seinen Grund haben. 

Die Zeichen der Aspiraten X, €, f und A sind sichtlich nach 
einem einheitlichen Plane geschaffen. Zu diesem passt die Form des 
p nicht recht. Ein indisches Vorbild für das betreffende Zeichen 
kann ieh nicht entdecken, und so ist es mir noch immer das wahr- 
seheinlichste, dass IL aus &J und einem darüber liegenden Quer- 
striche durch Weglassung des inneren Querstrichs gekürzt, und dass 
seine Basis aus Gründen der Symmetrie verlängert worden sei. 

Erinnert man sieh nun an die Art. wie die Koreaner die indischen 
Texte transseribiren, so ergiebt sich ein überraschender Widerspruch. 
Nasale vertraten die Mediae des Sanskrit. Dazu würde es allerdings 
stimmen, wenn wirklich das koreanische »n aus indischem d entstanden 
wäre. Dagegen stimmen die Buchstaben 4%, t und einigermaassen auch 
p zu den indischen g, d und Ö, und sie vertraten zugleich die Tenues 
und die aspirirten Mediae des Sanskrit. Letzteres ist vielleicht be- 
deutsam: die koreanischen Laute mochten ähnlich knallend sein, wie 
die sogenannten Mediae des Magyarischen. Und eben diese Analogie 
würde es wohl auch erklären, wenn wirklich das Zeichen für p dem 
der indischen Tenuis entstammen sollte. 

Auch das mag kaum Wunder nehmen, dass der Buchstabe € auf 
indisches €, nicht auf j, weist. Denn erstens mochte letzterer Laut, 


v.D. Gaserentz: Zur Beurtheilung d. koreanischen Schrift- u. Lautwesens. 599 


wie er von den Koreanern gehört wurde, ganz besonders weich sein, — 
wird er doch auch nach der üblichen indischen Aussprache vor pala- 
talem 2 unhörbar. Und zweitens erscheint er im Koreanischen als 
ein Jodirungsproduet nieht gutturalen oder velaren, sondern dentalen 
Ursprungs. Dafür spricht die Deelination der auf Z auslautenden 
Substantiva: nat — Antlitz: nat-ci — anlangend das Antlitz; dagegen 
öm-sik — Speise: öm-sik-i — anlangend die Speise. 

Soweit, allerdings noch lange nicht bis zur Gewinnung einer 
völligen Gewissheit, möchte dieser lautgeschichtlichen Grundfrage 
mit den uns jetzt verfügbaren Mitteln beizukommen sein. Von den 
Dialekten der Sprache, von denen wir wohl weiteren Aufschluss er- 
hoffen dürften, wissen wir noch sehr wenig. Und ob es je gelingen 
werde, das Koreanische mit anderen Sprachen verwandtschaftlich zu 
verbinden, ist noch sehr zweifelhaft. Asrov hat es zu dem noch 
ebenso vereinzelt dastehenden Japanischen ziehen wollen, aber mit 
seinen Vergleichungen kaum eine Wahrscheinlichkeit, geschweige denn 
eine Gewissheit erzielt. Und wäre ihm der Beweis geglückt, so wäre 
der Gewinn für unsre Zwecke wohl sehr gering gewesen; denn das 
Japanische gehört in seiner ältesten uns erreichbaren Gestalt zu den 


lautärmsten Sprachen der Erde. 

Einen Versuch, die uralaltaischen Sprachen zur Vergleichung herbeı- 
zuziehen, wiederräth auf den ersten Blick so gut wie Alles. Einiger- 
massen ähnlich ist nur der Satzbau und das Äusserlichste des Wortbaues. 
Dagegen passen die Pronomina, die Zahlwörter und die Casuszeichen 
durchaus nicht zusammen, und das Lautwesen ist fast diagonal ent- 
gegengesetzt. 

Hält man weiter in den Sprachen Nordostasiens Umschau, so 
scheint seltsamerweise das Ainu in einigen seiner Für- und Zahlwörter 
Anklänge an das Koreanische zu bieten. In anthropologischer Hinsicht 
stehen aber die beiden Völker einander so fern. dass man kaum ver- 
sucht sein wird, einer so schwachen Spur zu folgen. 

Von den vielgestaltigen Sprachen der indochinesischen Familie end- 
lich weicht das Koreanische gerade in denjenigen Theilen seines Wort- 
schatzes ab, die für die Stammverwandtschaft typisch zu sein pflegen. 

Mit einem Worte: nach nahen Verwandten, die man am Ersten 
um Auskunft befragen könnte, sieht man sich vergebens um; man 
muss abwarten, ob nicht doch bei tieferer Erforschung die Sprache 
selbst einen Theil ihrer lautgeschichtlichen Geheimnisse verräth. 

Und nach dieser Richtung hege ich allerdings starke Hoffnungen, 
selbst wenn die koreanische Dialektforschung nicht besser gepflegt 
werden sollte, als die Japanische. Eben jene anscheinend so zuchtlos will- 
kürliche Wortschreibung, jene Anorthographie der koreanischen Texte 


Sitzungsberichte 1892. 54 


600 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 23. Juni. 


kann dem Erforscher der Sprachgeschichte so förderlich werden, wie 
sie dem Philologen lästig ist. Beim einzelnen Schriftsteller wenigstens 
ist doch eine gewisse Öonsequenz zu vermuthen:; er wird so schreiben, 
wie er es zu hören glaubt, mögen sich auch gelegentlich ihm geläufige 
fremde Muster störend einmischen. So können bei näherer Betrachtung 
die orthographischen Varianten zu Zeugen verschiedener Dialekte, viel- 
leicht älterer Ausspracheweisen werden. Ich kann an dieser Stelle nur 
einige Ausblicke eröffnen, Probleme aufstellen, deren Lösung ich von 
der Zukunft erhoffe. 

ı. Neben den nicht aspirirten und aspirirten besitzt das Koreanische 
noch eine dritte Anlautsreihe, meist kk, pp, tt, ss oder sk, sp. st, 
ss, wohl auch pk, pp, pt. ps, oder tk, ip, tt, ts geschrieben. Nach der 
Beschreibung der französischen Missionäre, zu der die von Ross und 
Scorr leidlieh stimmen, werden hierbei die Laute %k, p, t und s hart, 
gepresst und trocken ausgesprochen, was wieder den Klang des folgen- 
den Vocals verschärfen soll. Puzırro transseribirt sk, sp, st, ss, scheint 
also diese Aussprache als die herrschende zu betrachten. Jene anderen 
Schreibungen müssen aber auch ihren geschichtlichen Grund haben; es 
ist anzunehmen, dass hier die eine, dort die andere die alte Lautform 
darstelle. Man wird also untersuchen müssen, ob ältere Bücher, oder 
ob etwa Wortcomposita noch Spuren dieses Unterschiedes zeigen. 

2. Sehr schwankend ist auch der Vocalismus. Die beiden so zu 
sagen trüben Vocale & und ö wechseln unzählige Male unter sich, 
zuweilen auch mit anderen. Selbst Spuren bedeutsamen Vocalwandels 
finden sich, z. B. 'a-0-lö-ta, "a-ol-ne, "a-olön — vereinigen: a-'0- 
lo-ta, 'a-ol-na, 'a-0-lon — gemeinsam handeln. 

3. Beim Anfügen der Suffixe treten oft Stammauslaute zu Tage, 
die bei der selbständigen Stammform geschwunden sind, und auch 
hierin zeigt sich zur Zeit noch verblüffende Willkür. Offenbar haben 
falsche Analogien arge Verwirrung in die Formenlehre gebracht, Form- 
doubletten gelten für gleichberechtigt, und es ist noch nieht abzu- 
sehen, ob und wann die Wissenschaft in die Lage kommen werde, 
hier Ordnung zu schaffen. Einer litteraturlosen Sprache gegenüber 
kann sie kaum so sehlimm daran sein, wie gegenüber einer Sprache, 
die zwar literarisch benutzt, aber nicht litterarisch gepflegt und ge- 
festigt ist. 


Ausgegeben am 23. Juni. 


Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1892. Taf. VI. 


A. Alphabet. 


een 2; A 


7 UV H c. en 
m n m LER 


. 
p 


d 


rom 


rdi 


sim 


hi 


Ik N» ob or m 


V.D. GABELENTZ: Zur Beurtheilung des koreanischen Laut- und Schriftwesens. 


601 
1892. 
XXX. 
SITZUNGSBERICHTE 
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 
ZU BERLIN. 


30. Juni. Öffentliche Sitzung zur Feier des Leissızischen 
(Gedächtnisstages. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung mit einer Festrede. 


Hierauf hielten die neu eingetretenen Mitglieder der physikalisch- 
mathematischen Classe ihre Antrittsreden, welehe von den Ulassen- 
seeretaren beantwortet wurden. 


Hr. VosEL sprach: 


Der heutige Tag, an welchem ich die Ehre habe, zum ersten 
Male in Ihrem Kreise dieser akademischen Feier beizuwohnen, bildet 
einen bedeutsamen Abschnitt in meinem Leben und gibt mir Ver- 
anlassung, auf meine bisherige wissenschaftliche 'Thätigkeit zurück- 
zublicken und die wenigen Bausteine, welche mir vergönnt gewesen 
ist, zu dem mächtig emporstrebenden Gebäude der Astrophysik hin- 
zuzufügen, auf ihren Werth zu prüfen. 

Ich muss bekennen, dass meine ersten Erfolge nicht unwesent- 
lich durch ein Zusammentreffen günstiger Umstände gefördert worden 
sind. — Nachdem ich mich mehrere Jahre hindurch mit den Methoden 
astronomischer Forschung vertraut gemacht hatte, konnte ich mich 
in fast unabhängiger Stellung auf der Sternwarte des Hrn. von BüLow 
auf Bothkamp mit vollem Eifer auf den sich neu entwickelnden 
Zweig der Astronomie werfen, unterstützt durch vorzügliche Hülfs- 
mittel und zu einer Zeit, wo noch fast jeder Blick in das Speetroskop 


54* 


‘ 


602 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni. 


Neues und Unerwartetes brachte. Aber schon damals erkannte ich 
die Gefahr, welche diese verhältnissmässige Leichtigkeit der Gewinnung 
von Resultaten für die Astrophysik in sich barg, wie sehr dieselbe 
dazu verlockte, nur immer Neues zu beobachten und mit Hülfe der 
Phantasie Hypothesen auf Hypothesen zu bauen. Nieht alle Astro- 
physiker haben dieser Verlockung widerstehen können, und das An- 
sehen des jungen Zweiges der Astronomie hat daher wiederholt und 
nieht mit Unrecht gelitten, und wenn ich bis zu diesem Augenblieke 
mit allen Kräften bestrebt gewesen bin, die bewährte Exaectheit der 
reinen alten Astronomie in die Astrophysik nach Möglichkeit einzufüh- 
ren, wenn ich ferner in Verfolg dieses Prineips mich nicht gescheut habe, 
dureh energische Kritiken andere Forscher auf den mir richtig scheinen- 
den Weg zu verweisen, so glaube ich es als eine Anerkennung wesentlich 
dieses Strebens, dieses guten Willens betrachten zu müssen, dass ich 
nunmehr von dieser Stelle aus zu Ihnen sprechen darf. 

Es würde aber nieht richtig sein. die Verleihung der akademi- 
schen Mitgliedschaft nur als eine Anerkennung vergangener Leistungen 
aufzufassen, vielmehr habe ich sie als eine Aufforderung anzusehen, 
die betretenen Bahnen mit noch grösserm Eifer zu verfolgen, und 
die nähere Verbindung mit Ihnen zur Förderung meiner Arbeiten zu 
benutzen. Aus diesem Grunde fühle ieh mich verpflichtet Ihnen in 
kurzen Worten eine Darlegung der wichtigsten Arbeiten zu geben, 
die ich für das nächste Jahrzehnt geplant, zum Theil angefangen 
habe, und im Verein mit meinen Mitarbeitern am Astrophysikalischen 
Observatorium durchzuführen hoffe. 

Es ist bekannt, welche epochemachende Förderung die Astro- 
physik, und im besondern die Speetralanalyse der Fixsterne durch 
die Anwendung der Photographie erfahren hat. Unter Benutzung 
derselben optischen Hülfsmittel gewährt die Speetralphotographie etwa 
die zwanzigfache Genauigkeit der Messung gegenüber der direeten 
Beobachtung am Fernrohr, und als Resultat der in Potsdam zuerst 
unter Zugrundelegung des DorrLer-Fizrau’schen Prineips angewandten 
neuen Untersuchungsmethode habe ich zu Anfang dieses Jahres nach 
Abschluss meiner mehrjährigen Untersuchungen einen Katalog der 
Kigenbewegungen im Visionsradius für 5ı der hellsten Sterne des bei 
uns sichtbaren Himmels aufstellen können. Es erscheint mir als eine 
der vornehmsten Aufgaben der Gegenwart, diesen Katalog soweit als 
die mächtigsten z. Zt. herstellbaren Fernrohre gestatten, also auf die 
etwa 500 Sterne bis zur vierten Grössenclasse auszudehnen, und ich 
habe die begründete Hoffnung, dass in nicht allzu langer Zeit mir die 
hierzu nöthige Verbesserung der instrumentellen Hülfsmittel des Ob- 
servatoriums gewährt werden wird. 


h 
£ 


VoGEr: Antrittsrede. 603 


Neben ihrem Hauptzweck, der Vervollständigung unserer Kennt- 
niss der Eigenbewegungen der Fixsterne, haben diese spectrographi- 
schen Bewegungsbestimmungen zu dem Nachweis einer bis dahin nur 
hypothetisch als ausnahmsweise vorkommend angenommenen Ülasse 
von Doppelsternen geführt, deren Eigenthümlichkeit in einem ausser- 
ordentlich geringen Abstande der beiden Componenten besteht, so 
dass Berührungen der die Körper umgebenden Atmosphaeren fast 
unvermeidlich erscheinen, und dass keine optische Vorrichtung mächtig 
genug gedacht werden kann, die Componenten je einzeln zur direeten 
Sichtbarkeit zu bringen. Gewisse Beziehungen dieser Systeme zu den 
sogenannten neuen Sternen, vor allem auch ihre verhältnissmässige 
Häufigkeit — unter den 50 hellsten Sternen des bei uns sichtbaren 
Himmels sind allein 4 solcher Systeme bereits mit Sicherheit erkannt — 
scheinen darauf hinzudeuten, dass diese engen Doppelsterne in der 
Fixsternwelt eine weit wichtigere Rolle spielen. als man noch bis 
vor kurzem annehmen konnte, und die Erforschung dieser Verhältnisse 
verspricht daher von grosser Bedeutung zu werden, 

Mit den soeben angeführten Beobachtungen geht Hand in Hand 
eine detaillirte Untersuchung der Sternspectra selbst, von der eben- 
falls wichtige Aufschlüsse erwartet werden können. 

In Bezug auf die mit der Spectralanalyse eng verbundene Astro- 
photometrie habe ich hervorzuheben, dass an dem Astrophysikalischen 
Institut bereits seit einigen Jahren eine grundlegende Helligkeitsbe- 


- stimmung aller Fixsterne des nördlichen Himmels bis zur 7. Grössen- 


classe im Gange ist. Diese umfangreiche Untersuchung wird mit 
dem Zörrser’schen Photometer ausgeführt, und ihre Vollendung wird 
noch etwa ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen. 

Auf dem im engern Sinne astrographischen Gebiet ist das Ob- 
servatorium an dem internationalen Unternehmen, der Herstellung 
einer allgemeinen photographischen Himmelskarte mit einer 8 Grad 
breiten Zone des Himmels betheiligt; die Arbeit selbst hat vor kurzem 
ihren Anfang genommen, nachdem die meisten allgemeinen hierzu 
nothwendigen Vorarbeiten von uns ausgeführt worden waren. Diese 
Arbeit wird voraussichtlich zehn Jahre in Anspruch nehmen, wobei 
jedoch das Instrument auch nebenher zu kleineren Arbeiten von be- 
sonderm Interesse benutzt werden soll; als solche werden in erster 
Linie Parallaxenbestimmungen von Fixsternen und Nebelflecken und 
Ausmessungen von Sternhaufen vorzunehmen sein. 

Diess dürfte in Kürze das Wesentlichste der von mir und meinen 
Mitarbeitern zunächst auszuführenden Forschungen sein. — Wenn es 
mir vergönnt sein wird, Ihnen von Zeit zu Zeit Resultate vorlegen 
zu können, so bin ich überzeugt, Ihnen auf diese Weise den Dank 


604 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni. 


für die mir erwiesene Anerkennung und Ehre, die mir durch die 
Ernennung zum ordentlichen Mitgliede der Akademie der Wissen- 
schaften zu Theil geworden ist, am besten abzustatten, besser als 
diess für den Augenblick noch weitere Worte zu thun vermöchten. 


Hierauf antwortete Hr. Auwers, indem er an die Einleitung der 
zuvor gehaltenen Festrede anknüpfte, Folgendes: 


Sie haben mit Recht hervorgehoben, Hr. VocerL, dass eine be- 
sonders günstige Constellation Ihrem Eintritt in die astronomische 
Forschungsthätigkeit geschienen hat. Was vor vierhundert Jahren der 
alten Welt Gorumgeus Entdeekung America's war, das ist in unseren 
Tagen für die Astronomie Gustav KırcHHorr s Begründung der Spectral- 
analyse gewesen. Von ihr gilt gleichmässig A. v. Humsonpr's Wort: 
sie vergrösserte mit einem Male die Gesammtmasse der Ideen, welche 
bis dahin den Besitz der gelehrten Forschung bildeten — noch einmal 
überraschte die Beobachter die Wirkung, durch welche 250 Jahre 
vordem die Erfindung des Fernrohrs ihre Vorgänger in tägliches 
Staunen versetzt hatte. Es konnte nicht fehlen, dass die Fülle des 
Neuen zunächst Verwirrung ergab, dass die neuen Ideen sich einst- 
weilen wild und in manchmal phantastischen Sprüngen durcheinander 
tummelten, und zehn Jahre nach Kırcunorr's Entdeckung durfte an 
hervorragender Stelle die Frage aufgeworfen werden, ob die Astro- 
physik Astronomie sei, die Aussicht habe im absehbarer Zeit ein 
Theil der Astronomie zu werden. Das Bedürfniss war dringend 
geworden, dass sich der neuen Diseiplin Forscher zuwendeten, welche 
vertraut mit den hohen Anforderungen der alten exacten Astronomie, 
bewährt in der Anwendung ihrer praecisen Methoden, von Anlage 
und Gewöhnung abhold jeder phantastischen Speculation, und ein- 
gedenk des Bzsser’schen Ausspruchs, dass es der Astronomie auf dem 
hohen Stande ihrer Ausbildung unwürdig sei noch andere als völlig 
sichere Schritte vorwärts zu thun, ihre Lebensaufgabe därein setzten, 
die durch das Spectroskop erschlossenen Gebiete planmässig ebenso- 
wohl in weitestem Umfange umfassend als in das feinste zugängliche 
Detail eingehend zu durchforschen, um den Boden für den Bau einer 
neuen Wissenschaft zu ebnen und tragfähige, sichere Fundamente 
für diesen Bau herzustellen. 

Das war die dankbare Aufgabe, welche Sie vorfanden, zu deren 
Lösung Sie so wohl befähigt waren und die Munificenz eines für 
Astronomie begeisterten Mannes Ihnen in völlig unabhängiger Forscher- 
stellung die besten und mächtigsten damals in unserm Vaterlande über- 
haupt vorhandenen Mittel zur Verfügung stellte — wenn Sie aber 
recht thun diesen günstigen Umständen dankbar zu sein, welche von 


Avuwers: Antwort an Hrn. Vocrrt. 605 


vornherein Ihnen grosse und glänzende Erfolge in sichere Aussicht 
stellten, so hat die Wissenschaft nieht minder Ursache Ihnen wahrhaft 
dankbar zu sein für die Art und Weise wie Sie diese günstigen 
Umstände verwerthet, wie Sie durch Umsicht und Planmässigkeit in 
der Anlage, durch Energie und Sicherheit in der Durchführung Ihrer 
Forschungen im Laufe von zwei Jahrzehnten neue Gebiete von un- 
ermesslicher Ausdehnung nunmehr unlöslich dem alten festbegründeten 
Reiche der Astronomie einverleibt. der sicheren Herrschaft ihrer exaeten 
Methoden endgültig unterworfen haben. 

Diess war das einer Lebensarbeit wohl würdige Ziel, welches 
Sie am Beginn Ihrer Bothkamper Thätigkeit sich stecken durften. 
Aber darüber längst hinaus ist die astrophysikalische Forschung bereits 
überhaupt für die Astronomie von Wichtigkeit geworden: schon hat 
sie sich auf das höchste Problem derselben, auf die Erforschung der 
Anordnung des Weltsystems gerichtet und den alten Methoden seiner 
Behandlung neue an die Seite gestellt, welche gerade empfindliche 
Lücken der bisherigen Behandlung ausgefüllt haben, und den besondern 
Vortheil gewähren, .dem so überwiegend auf die Arbeit für späte Ge- 
schlechter angewiesenen astronomischen Forscher mit theilweise un- 
mittelbar fassbaren Ergebnissen zu lohnen. Dass diese neuen Methoden 
heute wirksame und den alten ebenbürtige Hülfsmittel der Forschung 
sind, auch diess ist zu wesentlichem Theile Ihr Verdienst; und bei aller 
Anerkennung der ausserordentlichen Bedeutung der ungeheueren Sam- 
melarbeit, für welche Hrn: Pıoxerıme’s seltenes Organisationstalent die 
fast unbegrenzten der Gambridger Sternwarte zufliessenden Mittel zum 
Besten der Durehforsehung des gesammten astrophysikalischen und der 
angrenzenden astronomischen Gebiete zu verwerthen versteht, bin ich 
nieht zweifelhaft, die soeben unter Ihrer Leitung auf dem Potsdamer 
Observatorium vollendete Arbeit über die Bewegung der helleren 
Sterne des nördlichen Himmels in der Gesichtslinie als die wichtigste 
und werthvollste zu bezeichnen, welche in gegenwärtiger Zeit über- 
haupt in der Astronomie ausgeführt werden konnte. Ebenso wenig 
bin ich zweifelhaft, die Ausdehnung dieser Arbeit auf eine nach aller 


Möglichkeit vervielfachte Anzahl von Sternen — und gleichmässig auf 
die südliche Himmelshälfte — als die wichtigste astronomische Auf- 


gabe absehbarer Zukunft zu bezeichnen. 

Der reiche Arbeitsplan, welchen Sie ausserdem für das grosse 
seit zehn Jahren Ihrer Leitung unterstellte Institut aufgestellt haben, 
verspricht weitere wichtige Ergebnisse ebensowohl auf dem specifisch 
astrophysikalischen Gebiet, als für die astronomische Beobachtungs- 
kunst überhaupt durch die Ausbildung der neuen, auf die grossen 
neuerlichen Fortschritte der photographischen Technik gegründeten 


606 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni. 


Beobachtungsmethoden, welche nicht minder wie sie sich in der Astro- 
physik bereits mit überraschendem Erfolge bewährt haben, so auch 
bei den alten Aufgaben der astronomischen Ortsbestimmung die bisher 
angewandten Mittel sehr wirksam zu ergänzen, für manche besonders 
schwierige Fälle mit sicherm Erfolg zu ersetzen berufen erscheinen. 

Die Errichtung unseres Astrophysikalischen Observatoriums ist, 
ebenso wie die Wissenschaft sie den Erfolgen Ihrer Bothkamper Arbeit 
zu danken hat. wiederum für Ihre wissenschaftliche Laufbahn ein 
besonders glücklicher Umstand gewesen, indem dieselbe Ihnen die 
dauernde Möglichkeit gegeben hat. unbeansprucht von anderweitigen 
Verpflichtungen Sich ganz und mit vermehrten Hülfsmitteln der Fort- 
setzung Ihrer rein wissenschaftlichen Forschung hinzugeben. Aber 
eine Gefahr birgt die abgeschiedene Waldeseinsamkeit. in welcher Ihr 
schönes Institut Ihnen gerade diese köstliche Freiheit sichert, wiederum 
in sich. die Gefahr einer wissenschaftlichen Isolirung. welche der 
Astrophysiker um so schwerer empfinden muss. je innigere Berührun- 
gen sein Fach mit den Arbeiten des Astronomen der alten Schule, 
des Physikers, des Chemikers von Haus aus hat und in fortschreitender 
Entwiekelung reichlicher gewinnt. Indem ich Sie heute als Mitglied 
unseres Kreises, als Genossen unserer gemeinsamen Arbeit willkommen 
heisse, darf ich diese Gefahr als verschwunden ansehen, und meine 
besondere Freude darüber aussprechen, dass die Akademie. indem sie 
Sie zum Mitgliede gewählt hat, nicht bloss eine einfache Schuld der 
Dankbarkeit für Ihre bereits geleistete wissenschaftliche Arbeit abge- 
tragen hat. sondern Ihnen zugleich für die Zukunft noch vermehrte 
Gewähr weitern Erfolges in der vergrösserten Freudigkeit und Sicher- 
heit der Arbeit gibt, mit welcher, wie Sie es uns sagen und wir 
es gerne von Ihnen hören, die Zugehörigkeit zu unserm Verein Sie 
erfüllt. 


Hr. Danes sprach: 


Die ersten Worte, welche ich an Sie. hochgeehrte Herren, in der 
heutigen öffentlichen Sitzung richten darf, seien die des tiefgefühlten 
Dankes für die so ehrenvolle Auszeichnung, welche Sie mir durch die 
Wahl zum ordentlichen Mitgliede erwiesen haben. 

Die wissenschaftliche Thätigkeit, welcher ich diese hohe Ehre 
verdanke, ist zum grössern Theil abhängig gewesen von den reichen 
Materialien der hiesigen palaeontologischen Sammlung, mit deren Be- 
arbeitung ich betraut war. Es entstanden so Monographieen verschie- 
dener Gruppen wirbelloser Thiere, in welchen neben der Beschreibung 
neuer Formen und ihrem Vergleich mit Verwandten gleichzeitiger Faunen 
das Augenmerk darauf gerichtet war, die Aufeinanderfolge in verschie- 


ET 


Dames: Antrittsrede. 607 


denen geologischen Horizonten zu verfolgen, um so zugleich auch der 
Stratigraphie zu nützen. 

Daneben zog das Studium der anscheinend so eintönigen Bildungen 
der norddeutschen Ebene an, namentlich nachdem von scandinavischer 
Seite die Frage nach ihrer Entstehungsart von neuem aufgeworfen 
war. Durch wiederholte Reisen nach Schweden und den russischen 
Östseeprovinzen zu der Überzeugung gelangt. dass die analogen dorti- 
gen, in ihrem glacialen Ursprung nie bezweifelten Ablagerungen mit den 
unserigen vollkommen identisch seien, habe ich für letztere eine Glie- 
derung erstrebt. welche mit der der übrigen nordeuropäischen Glacial- 
gebiete im Einklang steht. 

Auf ein wesentlich anderes Forschungsgebiet wurde ich gewiesen, 
als das vielbesprochene Skelet der Archaeopteryx unserer Sammlung ein- 
verleibt und mir die Untersuchung dieses ihres werthvollsten Schatzes 
anvertraut wurde. 

Die Entwiekelungsgeschichte. welche in der Zoologie einen ge- 
waltigen Umschwung der Forschungsrichtung hervorgerufen hatte, 
konnte auch auf dem Gebiete der Palaeontologie nicht unbeachtet 
bleiben. Zudem brachte die geologische Erschliessung des westlichen 
Nordamerica eine so ungeahnte Fülle von Stoff zur Behandlung ein- 
schlägiger Fragen, dass die Palaeontologie in die Lage versetzt wurde. 
an den grossen Aufgaben der Zoologie die Mitarbeiterschaft auch wirk- 
lich anzutreten. Verfolgt die letztere das Individuum von seiner 
ersten Anlage bis zum ausgewachsenen Thier, so die Palaeontologie 
die Entwickelung der verschiedenen Thierstämme von ihrem ersten 
geologischen Auftreten bis zur Jetztwelt. 

Durch die Mannigfaltigkeit der Merkmale und durch die Sicher- 
heit, welche dieselben in phylogenetischer Richtung gewähren, sind 
die fossilen Wirbelthiere besonders ausgezeichnet, und auf ihrer Unter- 
suchung beruht der grösste Theil der Ergebnisse, welche die Phylo- 
genie gewonnen hat. Als auch an mich Aufgaben solcher Art heran- 
traten, erkannte ich, dass der zur Lösung gewöhnlich eingeschlagene 
Weg wohl nicht der zweckmässigste sei. Wenn man, wie es zumeist 
geschieht, bei Versuchen die Phylogenie einer Thiergruppe zu er- 
gründen, von ihren ältesten Vertretern ausgeht und deren Veränderung 
während der geologischen Perioden bis heute verfolgt, so stützt man 
sich lediglich auf Fragmente, man steht auf unsicherm Boden. Zu 
sichereren Ergebnissen wird man meines Erachtens gelangen, wenn 
man im engsten Anschluss an die Zoologie von den jetzt lebenden 
Wesen ausgeht, welche in allen Theilen der Untersuchung zugänglich 
sind, und die dort für die Systematik als wichtig erkannten Merkmale 
an fossilen Objeeten aufsucht und in derselben Weise systematisch 


608 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni. 


verwerthet. Wenn man dann in der Reihenfolge der geologischen 
Formationen von Zone zu Zone abwärts steigt und die in diesen 
liegenden Vertreter an die jüngeren anschliesst. wird ein geologisch- 
zoologisches System entstehen, das allein den Anspruch, ein natür- 
liches zu sein. erheben kann. Dem Palaeontologen werden dabei 
allerdings Merkmale verschiedener Art aufstossen. welche den leben- 
den Thieren fehlen. Es sind diejenigen, welche zu bestimmten 
geologischen Zeiten allen Mitgliedern einer und derselben Classe oder 
Ordnung zukamen, später aber anderen weichen mussten. Diese 
»geologischen« Merkmale, wie man sie nennen könnte, dürfen erst 
in zweiter Reihe in Betracht gezogen werden, wenn die stammes- 
geschichtliche Entwickelung klar hervortreten soll. Man würde, um 
ein Beispiel zu wählen, bei Befolgung dieser Methode viel früher 
erkannt haben, dass die verschiedenen Typen der heutigen Kroko- 
dilier neben einander bis zur Juraformation zurückzuverfolgen sind. 

Von diesen geologischen Merkmalen glaube ich eine andere Gruppe 
schärfer als bisher geschehen trennen zu sollen: diejenige, welche 
sich bei Veränderung der Lebensweise einer Thiersippe entwickelt. 
Hauptsächlich gewinnt dieser Gesichtspunkt Geltung, wo es sich um 
Umwandelung von Landthieren in Meeresbewohner handelt. Studien 
an Zeuglodonten, welche Hr. SCHWEINFURTH in Aegypten sammelte, 
haben mit zu dem Ergebnisse geführt, dass die verschiedenen Ord- 


nungen der lungenathmenden Wirbelthiere — und nur auf diese er- 
streekten sich meine Beobachtungen — hierin ganz bestimmten, unter 


sich verschiedenen Gesetzen folgten. Hierdurch finden zahlreiche Merk- 
male fossiler mariner Reptilien und Säugethiere eine einfache, bisher 
vermisste Erklärung. 

Arbeiten dieser Art haben Sie von mir zu erwarten. Weniger 
zu allgemeinen Speeulationen geneigt lege ich in erster Reihe Gewicht 
auf Beobachtung und Vergleich, da nur die aus ihnen zu ziehenden 
Schlüsse in der Palaeontologie auf dauernden Werth rechnen können. 
Zu meiner lebhaften Freude weiss ich mich hierin eins mit meinen 
Lehrern, welche sämmtlich Mitglieder dieser Akademie sind oder 
waren. — Und so darf ich vielleicht hoffen, mir das durch meine 
Wahl in diese hohe Körperschaft gezeigte Wohlwollen erhalten und 
den eben ausgesprochenen Dank auch bethätigen zu können, wenn 
ich die von jenen erprobte Forschungsmethode auf weiteren Gebieten 
der Palaeontologie zur Anwendung bringe. 


Hierauf antwortete Hr. pu Boıs- Reymonp: 
Es ist ein merkwürdiger Zug, Herr Dauzs, in der Geschichte dieser 
Akademie, dass aus ihr eine Wissenschaft einen besonders starken An- 


« 


2 


E. pu Boıs-Revmonnp: Antwort an Hrn. Danmes. 609 


trieb erhielt, welche der Natur unserer norddeutschen Ebene. unserer 
verrufenen Mark Brandenburg, eigentlich am fernsten zu liegen schien. 
Die Geologie, in etwas weiterm Sinne, ist so sehr ein Lieblingskind der 
Berliner Akademie gewesen, dass die drei Büsten von Akademikern, 
welche diesen Saal schmücken, die einzigen, die wir im Gegensatz zu 
dem Wald von Brustbildern im Vorsaal zur Academie des Sciences auf- 
gestellt haben, die von drei Geologen sind. Denn wenn auch, neben 
der Differentialrechnung und dem wahren Kräftemaass, die Protogaea 
an Bedeutung weit zurücktritt, ist loch Leigenızens Name auch mit den 
Anfängen der Geologie untrennbar verknüpft. Im Geist über unsern 
Parras fort, der zuerst die gesetzmässige Übereinanderlagerung der gra- 
nitischen, der geschichteten und der Kalk-Gesteine erkannte und das 
sibirische Mammuthgräberfeld aufdeckte,. wendet sieh dann unser Blick 
auf ALEXANDER Von HunsorLptr und LeororLn von Buch, die dort zu 
Leigsizens Seite in Marmor auf uns herabsehen. Aus WERNER'sS nep- 
tunistischer Schule im Erzgebirge hervorgegangen, wurden auf ver- 
schiedenen Wegen und in verschiedenen Welttheilen diese beiden 
Heroen die Begründer des Vulcanismus, und übten auf unsere ganze 
Naturanschauung einen Einfluss aus, von dessen Grösse wir uns kaum 
noch eine Vorstellung machen können. 

Mit Stolz darf die Akademie auf solche Thaten zurückblicken, wo- 
durch eins der wichtigsten Glieder der Gedankenkette entstand. welche 
heute vom kreisenden Nebel, aus dem Sonne und Planeten sich ballten, 
bis zum Bewusstsein erzeugenden Menschenhirn reicht. Auch nachdem 
Üuviers mächtiges Gestaltungsvermögen die untergegangenen Thier- 
geschlechter gleichsam wiederbelebt hatte, blieb unsere Akademie in 
der Mitarbeit an diesem neuen Zweige der Schöpfungsgeschichte nicht 
zurück, und die Ganoiden, die Zeuglodonten werden immer an die 
Hingebung und den siegreichen Erfolg erinnern, womit einer unserer 
grössten Todten sich daran betheiligte. Ich rede nicht von den For- 
schungen im weiten Gebiete der fossilen Wirbellosen, welchen ein 
unter uns Weilender sein Leben gewidmet hat. 

In dieser Bahn, Herr Danzs, ist Ihnen nun weiter fortzuschreiten 
vergönnt. Aber wenn schon die ältere Geologie, im Raum nach allen 
Riehtungen ausschauend, in der Zeit von der negativen zur positiven 
Unendlichkeit hinweisend, alle Naturwissenschaft umfassend, für unsere 
Weltansieht grundlegend war, so hat sie ihre volle Bedeutung doch 
erst in unseren Tagen erlangt. Seit Lyrrz und Darwıy die Schranken 
niederwarfen, welche für Guvier und Jomanses MÜLLER die Abstammungs- 
lehre verschlossen, seit aus der Geologie die Kataklysmen, aus der Palae- 
ontologie die Schöpfungsperioden verschwanden, gibt es kaum noch 
eine grössere Aufgabe als die, welcher Sie, Herr Danes, so glücklich 


610 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni. 


sind, Ihre rüstige Kraft zuwenden zu können. Die grosssinnige Frei- 
gebigkeit eines Mitgliedes der Akademie hat Ihnen schon vor längerer 
Zeit möglich gemacht. an einem der wunderbarsten Denkmäler der 
Vorwelt, dem jurassischen Urvogel, Ihre Hand zu bewähren. Nicht 
leicht wird ein so dankbarer Gegenstand zum zweiten Male Ihrem 
Scharfsinn geboten werden. Aber wie verschwindend klein auch der 
unermesslichen Fülle von Fragen gegenüber die Antwort bleibe, jeder 
Schritt wird uns dankenswerth erscheinen, durch den es Ihnen gelingt, 
um in Lyerv's Gleichniss zu reden, ein ausgerissenes Blatt im palae- 
ontologischen Archiv zu ergänzen. ein unleserliches zu entziffern. An 
Stelle der willkürlichen und schwankenden Analogien, (die sich gern in 
der Phylogenie breit machen, strenge Verbindung palaeontologischen 
T'hatbestandes mit vergleichend anatomischer Einsicht. das ist was wir 
von Ihnen erwarten, wie es das ist, was Sie uns versprechen. Sie 
haben uns soeben den wohlüberlegten methodischen Kunstgriff ent- 
wickelt, mit dessen Hülfe Sie sich sicherer, als auf dem bisher ver- 
suchten Wege, dem phylogenetischen Ziele zu nähern hoffen. Indem 
ich Sie in unserm Kreise herzlich willkommen heisse, kann ich Sie 
zugleich der warmen Theilnahme versichern. mit welcher wir Ihren 
Fortschritt auf diesem Wege begleiten. und wünsche Ihnen im voraus 
Glück zu den Erfolgen, die unfehlbar Ihre ernsten Bemühungen krönen 
werden. 


Schliesslich wurde die Verleihung von vier Medaillen der Hrın- 
HOLTZ-Stiftung, die Ertheilung des Preises der Diez-Stiftung, sowie 
das Ergebniss der Bewerbung um den Preis der UHARLOTTEN -Stiftung 
für Philologie verkündet und eine neue Preisfrage aus dem Errer’schen 
Legat gestellt. 


Errichtung der HEınnortz- Stiftung und Verleihung ihrer ersten 
vier Medaillen. 


Aus Anlass des im vergangenen Jahre gefeierten siebzigsten Ge- 
burtstages des Hrn. v. Hrımnorrz hat ein aus Fachgenossen, Freunden 
und Verehrern des Gelehrten in allen Ländern zusammengesetztes 
Comite ein Capital von nominell 48000 Mark 3 procentiger preussi- 
scher consolidirter Anleihe mit laufenden Zinsen vom ı. October 1891 
ab und nachträglich noch weitere 1185 Mark Überschuss der ver- 


F 
| 
1 


HEeLmHoLTz - Stiftung. 611 


anstalteten Sammlung der Akademie zur Begründung einer ihrer 
Leitung unterstellten Stiftung überwiesen, welche Hrımnorrz’ Namen 
tragen und ein dauerndes Denkmal des Dankes und der Anerkennung 
für seine wissenschaftliche Arbeit bilden soll. 

Nachdem die Akademie durch Beschluss vom 9. Juli 1891 sich 
zur Annahme und bestimmungsmässigen Verwaltung der Schenkung 
bereit erklärt und Seine Majestät der Kaiser und König durch Aller- 
höchsten Erlass vom ı2. Oetober 1891 der Akademie die Erlaubniss 
zur Annahme ertheilt hat, ist im Einverständniss zwischen Hrn. 
v. Hrımnorrz und der Akademie ein Statut für die Stiftung auf- 
gestellt und mit der unter dem 22. April 1892 erfolgten Bestätigung 
durch das vorgeordnete Königliche Ministerium in Kraft getreten. 

Nach diesem Statut ist die HrLmnortz-Stiftung zur Auszeichnung 
wissenschaftlieher Forscher aller Länder bestimmt, welche die in der 
physikalisch-mathematischen Classe der Akademie vertretenen Wissen- 
schaften oder die Erkenntnisslehre durch hervorragende Leistungen 
gefördert haben. 

Die Auszeichnung besteht in der Verleihung einer Medaille in 
Gold, welche von den zur Herstellung der am 2. November 1891 
Hrn. v. Hrrunonrz überreichten Medaille angefertigten Stempeln ge- 
prägt wird. Eine solche Medaille soll regelmässig jedes zweite Jahr und 
zwar erstmalig für das Jahr 1898 verliehen werden, durch Beschluss 
der Akademie, welcher auf Grund eines von den nach näherer Maass- 
gabe des Statuts stimmberechtigten Inhabern der Medaille gemachten 
Vorschlages gefasst wird. Der Überschuss der Stiftungserträge soll 
dazu benutzt werden, zugleich mit jeder zweiten regelmässigen Ver- 
leihung der Medaille, zuerst also mit derjenigen für das Jahr 1900, 
dem Verfasser einer ausgezeichneten innerhalb der letzten acht Jahre 
veröffentlichten Arbeit aus den oben genannten Gebieten eine zunächst 
auf ı800 Mark festgesetzte Prämie zu gewähren. 

Um das Collegium zu constituiren, welches weiterhin der Akademie 
den regelmäsigen Vorschlag für die Verleihung der Hernnorrz-Medaille 
zu machen hat, ist bestimmt, dass einmalig sogleich nach erfolgter 
Bestätigung des Statuts zugleich vier Medaillen nach Vorschlag des 
Hrn. v. Herrunortz verliehen werden sollen. Seinen Vorschlägen ent- 
sprechend hat die Akademie durch hiermit zu verkündenden Beschluss 
vom ı6.d.M. ihre Hermnortz-Medaille verliehen an die HH. 


Emın pu Boıs-Reymonv, 

KArL WEIERSTRASS, 

RoBERT WıLHEeLm Bunsen, 

Lord Kevin (Sir WırLıam THonson). 


612 Öffentliche Sitzung vom 30. Juni. 


Preis der Dirz-Stiflung. 

Der Vorstand der Diez -Stiftung hat den statutenmässig im laufen- 
den Jahre aus der genannten Stiftung zu ertheilenden Preis von Zwei- 
tausend Mark dem Professor an der Universität zu Wien Hrn. Dr. 
WirHeLm MEvErR-LügKE als dem Verfasser der zwei Werke: Romanische 
Lautlehre, Leipzig ı890 und Italiänische Grammatik, Leipzig 1890 
zuerkannt. 


Preis der CnaRLoTTex- Stiftung für Philologie. 


Die Akademie hat im vorigen Jahre folgende Preisaufgabe der 
Charlotten-Stiftung für Philologie gestellt: »Von Damaskios de prin- 
cipis II $. 204 —239 soll eine kritische Textbearbeitung gegeben und 
eine knapp gefasste Einleitung über Damaskios’ Leben und Schriften 
vorausgeschiekt werden. « 

Es sind der Akademie zwei Bewerbungsarbeiten zur richtigen 
Zeit eingeliefert worden, die eine mit dem aus Damaskios genommenen 
Motto: ra utv oliv AdAndeorara mep Tourwv auroı ioacw ei Dec U. S. W., 
die andere mit dem Motto: 


Was man nicht weiss. das eben brauchte man; 
Und was man weiss. kann man nicht brauchen. 


Die erste Arbeit zeugt von Fleiss und Belesenheit, lässt aber tiefere 
Kenntniss des Gegenstandes und vor allem philologische Schulung 
vermissen, so (dass sie von vornherein bei der Preisvertheilung nicht 
in Betracht gezogen werden kann. 

Die zweite Arbeit ist zwar nicht ganz gleichmässig ausgeführt. 
verräth aber durchweg gewissenhaftes Studium und Vertrautheit mit 
der philologischen Methode. Auch nach der philosophischen Seite hin 
leistet der Commentar recht Tüchtiges.. Da nun ferner der Verfasser 
dureh den Anhang über den Codex Mediceus des Proklos in Rem- 
puhlicam bewiesen hat, dass er auch bereits das weitere von der 
Akademie bezeichnete Ziel, die vollständige Herausgabe jener Schrift 
des Proklos in's Auge gefasst und einen erfolgreichen Anfang gemacht 
hat, so trägt die Akademie kein Bedenken, dem Verfasser der zweiten 
Arbeit den Preis, bestehend in einem Stipendium von jährlich 1200 Mark 
auf die Dauer von vier Jahren, zu ertheilen. 

Die Eröffnung des versiegelten Umschlages mit dem Göthe’schen 
Spruch ergab als Verfasser 

Hrn. Dr. phil. Wırueım Krorn in Breslau 
und erbrachte zugleich den Nachweis, dass die in $.3 des Stiftungs- 
statuts bestimmten Voraussetzungen bei dem Bewerber zutreffen. 

Der Preis ist demnach Hrn. Dr. Krorı ertheilt. 


oc nen AN N € 
Diez - Stiftung. — ÜHARLoTTEN - Stiftung. — Errer'sches Legat. 613 


Preisausschreiben aus dem Erner'schen Legat. 


ös soll entweder eine neue Methode zur Bestimmung der Inten- 
sität der Sonnenstrahlung angegeben oder eine der bereits bekannten 
Methoden soweit verbessert werden, dass sich der Eintluss von Sonnen- 
nähe und Sonnenferne in den Beobachtungen unzweideutig erkennen 
lässt. 

Die gewählte Methode soll durch ausreichende, mindestens drei 
Perihelien und drei Aphelien umfassende Beobachtungsreihen geprüft 
werden. 

Der ausgesetzte Preis beträgt Zweitausend Mark. 

Die Bewerbungsschriften können in deutscher, lateinischer, franzö- 
sischer, englischer oder italiänischer Sprache abgefasst sein. Schriften. 
die in störender Weise unleserlich geschrieben sind, können dureh 
Beschluss der zuständigen Olasse von der Bewerbung ausgeschlossen 
werden. 

Jede Bewerbungssehrift ist mit einem Spruchwort zu bezeichnen, 
und dieses auf einem beizufügenden versiegelten, innerlich den Namen 
und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äusserlich zu wieder- 
holen. Schriften, welche den Namen des Verfassers nennen oder deut- 
lich ergeben, werden von der Bewerbung ausgeschlossen. 

Die Bewerbungssehriften sind bis zum 31. December 1897 im Local 
der Akademie, Berlin NW. Universitätsstr. 8, einzuliefern. Die Ver- 
kündigung des Urtheils erfolgt in der Leissız- Sitzung des Jahres 1 898. 


Ausgegeben am 7. Juli. 
ses 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei 


wur 


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615 
1892. 
XXXV. 
SITZUNGSBERICHTE 
DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


7. Juli. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


l. Hr. Harsack las die umstehend folgende Abhandlung: Die 
ältesten christlichen Datirungen und die Anfänge einer 
bischöflichen Chronologie in Rom. 

2. Hr. v. Hrımnorrz überreichte einen neuen Absehnitt (VI) der 
Arbeiten der HH. Prof. Kayser und Prof. Runee in Hannover über die 
Speetren der Elemente. Derselbe erscheint in den Abhandlungen. 

3. Hr. Scnurz£ legte zwei Mittheilungen des Hrn. Dr. E. Ronpe in 
Breslau vor: I. Muskel und Nerv bei Mermis und Amphioxus; 
I.: Gibt es Holomyarier? Beide Mittheilungen folgen hier. 

4. Die physikalisch-mathematische Classe hat zur Unterstützung 
wissenschaftlicher Arbeiten bewilligt: dem Privatdocenten an der Uni- 
versität Greifswald Hrn. Dr. G. W. MÜLLER zu Untersuchungen über die 
Östracoden 1000 Mark; dem Assistenten an der Zoologischen Samm- 
lung des Königl. Museums für Naturkunde hierselbst Hrn. Dr. W. 
WELTNER zu Untersuchungen über den Bau der Süsswasserschwämme 
600 Mark; dem Professor an der Universität Halle Hrn. Dr. 
TASCHENBERG zur Fortsetzung seiner » Bibliotheca zoologica« 1400 Mark; 
dem Professor der Botanik an der Universität Greifswald Hrn. Fk. 
Schmitz zum Abschluss seiner Bearbeitung der Florideen 600 Mark; 
dem Privatdocenten an der Universität Bonn Hın. Dr. H. Scnexex zur 
Herausgabe des zweiten Theils seines Werks über die Anatomie der 
Lianen 1000 Mark; dem Professor an der hiesigen Universität Hrn. Dr. 


Sitzungsberichte 1392. 55 


£) * . 
616 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


P. Ascnerson zu Vorarbeiten für eine neue Ausgabe von Kocn#’s Synopsis 
der Flora von Deutschland 2000 Mark; dem Oberlehrer Hrn. Dr. E. 
Kränzum hierselbst zu Untersuchungen über die Orchidaceen 900 Mark; 
dem Professor an der Universität Breslau Hrn. Medieinalrath Dr. Wer- 
nICKE zur Herstellung eines Atlas des Grosshirns 800 Mark; dem Privat- 
docenten an der Universität Freiburg i. B. Hrn. Dr. med. ©. Röse zu 
Untersuchungen über die Zahnentwickelung bei den Beutelthieren, Eden- 
taten und Reptilien 1000 Mark; dem Hrn. Dr. L. Wurrr in Schwerin i.M. 
zur Beschaffung von Instrumenten für krystallographische Unter- 
suchungen 1000 Mark; dem Professor an der Technischen Hochschule 
zu Charlottenburg Hrn. Dr. H.W. VoerL zur Instandsetzung speeto- 
graphischer Apparate 1ı7ı Mark; dem Observator an der Sternwarte 
zu Königsberg Hrn. Prof. Dr. J. Franz zur Anschaffung eines Apparats 
zur Ausmessung der auf der Lick-Sternwarte von Hrn. Prof. HoLpen 
aufgenommenen Mondphotographien 3200 Mark; dem Director der 
Sternwarte zu Bamberg IIrn. Dr. E. Harrwiıe zur Fortsetzung einer Beob- 
achtungsreihe über die Veränderungen der Polhöhe und zur Bestimmung 
der Aberrationsconstante 1200 Mark; dem Hrn. Dr. H. BAuUmHAUER in 
Lüdinghausen zu Untersuchungen über die Ätzfiguren der Krystalle 
Soo Mark; dem Privatdocenten an der Universität Strassburg Hrn. 
Dr. G. Lmck zum Abschluss seiner petrographischen Untersuchungen 
im Veltlin 600 Mark. 


617 


Die ältesten christlichen Datirungen und die 
Anfänge einer bischöflichen Chronographie in Rom. 


Von ADporrF HARNACcK. 


IE 


Nicht Tacitus (Annal. XV, 44) ist der Erste gewesen, der den Tod 
Jesu und damit auch die Zeit seiner Wirksamkeit auf römische Weise 
datirt hat (Christus Tiberio imperitante per procuratorem Pontium Pilatum 
supplicio adfectus erat). Diese Datirung hatte schon in den christlichen 
Gemeinden eine Geschichte, und der Satz des römischen Bekenntnisses 
»Gekreuzigt unter Pontius Pilatus«, der in die meisten christlichen 
Glaubensformeln übergegangen ist, stammt aus der ältesten christlichen 
Verkündigung. Zwar hat Paulus (Il. Kor. 15. 3 f.) die Hauptstücke dieser 
Verkündigung noch ohne einen chronologischen Zusatz angeführt, und 
die ältesten Recensionen des Evangeliums erwähnten wohl den Pontius 
Pilatus, aber enthielten noch keine förmlichen Datirungen. Allein bereits 
der dritte Evangelist, der (1,3) ankündigt, er wolle Alles »der Reihe 
nach« beschreiben, hat sowohl die Geburt Jesu als sein öffentliches Auf- 
treten chronologisch fixirt. Dort (2, ı f.) nennt er den Kaiser Augustus 
und den syrischen Statthalter Quirinius; hier (3, 1) bringt er eine sechs- 
fache Datirung (15. Jahr des Tiberius, Procurator Pontius Pilatus, Te- 
trarchen Herodes, Philippus und Lysanias, Hohepriester Hannas und 
Kaiaphas). 

Die Geschichte der Ausbreitung der christlichen Religion spiegelt 
sich in der Geschichte dieser Datirung. Die Tetrarchen und Hohepriester 
verschwinden in der Folgezeit sofort aus den Datirungen der Kirche. 
Herodes wird noch einige Male genannt auch in Glaubensformeln! — 
um dann ebenfalls zu verschwinden. Nur die Datirung nach dem Kaiser 
und dem Proeurator blieb in Kraft; denn die neue Religion hatte den 
Jüdischen Boden verlassen und war in die grosse Welt eingezogen. 


" Nicht hierher gehören Act. 4.27 und Justin, Apol. 1,40, Dial. 103, wohl aber 


b) es \ , Nuke , ’ # ! 

Ignat. ad Smyrn. 1,2: @Andws Erı Iovriov Iırarov zu Hauoov FETIAOY,OV zaTnAusevor 
© m ’ DRAN ’ N ei: ’ 

und Constit. App- VI, 30: rovu STEUQUNTEVTOG errı Hovrıov Ilrarov za: Hawöor. 


59* 


618 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Aber hinter dem Procurator musste diesmal der Kaiser zurück- 
treten. Nicht Tiberius ist in’s »Credo« gekommen, sondern Pilatus. 
Die Thatsache, dass Jesus sich mit ihm persönlich berührt hat und 
von ihm verurtheilt worden ist, erschien den Christen von Anfang an 
höchst wichtig. Schon die ersten Jünger ahnten, dass dieses Zusammen- 
treffen eine universale Bedeutung habe und als Ausdruck der welt- 
geschichtlichen Stellung ihres Meisters zu benutzen sei. Bereits in 
unseren Evangelien tritt ein Interesse an Pilatus sichtbar hervor! und 
bald wurde es eine stehende Formel, die man auch den Versuchen, 
die Geschichtlichkeit Jesu aufzulösen, entgegensetzte, »Jesus Christus, 
gekreuzigt (gelitten, gestorben, auferstanden) unter Pontius Pilatus«. 
Sie begegnet uns zuerst im I. Timotheusbrief und in den Ignatius- 
briefen.” Bei Justin ist sie häufig,’ und zwar erkennt man, dass die 
Worte »Gekreuzigt unter P. P.« nicht nur in dem Taufsymbole eine 
Stelle gefunden haben, sondern auch in die Exoreismusformel auf- 
genommen worden sind.” Dies wird durch die. altkatholischen Väter 
Irenäus, Tertullian und Origenes bestätigt, die die Formel im Symbol 
bez. bei dem Exoreismus bezeugen.“ 

Das wichtigste Ereigniss, auf das sich die christliche Kirche 
gründete, war auf diese Weise chronologisch festgelegt und kam zu 
allgemeiner Kenntniss. Das Datum der Geburt Christi aber gewann 
nicht ganz die gleiche Popularität. Es kam nicht in das »Credo« 
und wurde in Folge dessen auch etwas seltener erwähnt. Justin 
wiederholt es augenscheinlich nach Lucas, gedenkt aber des Kaisers 
Augustus nicht.” Diesen hat sein jüngerer Zeitgenosse, der Apologet 
Melito, genannt, es für bedeutsam erklärend, dass die Entstehung 
des Prineipats und die Entstehung des Christenthums zusammenfalle, 
und darum die innere Zusammengehörigkeit beider behauptend.” Die 
christlichen Chronographen haben seitdem stets wiederholt, dass das 


! Im Matth.-Ev. ist Pilatus neunmal genannt, bei Marcus zehnmal, bei Lucas 
> 

zwölfmal, im vierten Ev. zwanzigmal, vergl. auch Act. 3,13. 4,27. 13,28. Die volle 
Form » Pontius Pilatus« findet sich im N. T. nur bei Lucas (3, 1. Act. 4, 27) u. I. Tim. 6, 13. 

? ]. Tim. 6,13. Ignat. ad Magn. ıı, Trall. 9, Smyrn. ı. 

® Apol. 1,13. 61. 11,6. Dial. 30. 76. 85. An der ersten Stelle ist auch Tiberws 
genannt. Bei Aristides fehlt Pilatus. f 

Le Pesec) > ee m 5 a) N 7 / 
* Apol.1,61: Er ovoneros Iysov Xarrrov rov sraupuDTerros emı Ilovriov Hirarov... 
I I 
6 dDwriLonsvos Aovsran. 
a EN \ , \ , ER m 
° Apol.11,6: Aruovodnrrous mo? AoUSs zare MaVTE FOoV HOTMOV ».. TOM 2... FW 
a n 5 1% \ SEN) > RU; m m N EN ’ 

Xoırriavamv emopxıgovres HATR TOVU OVDOIATOS Insov Xgısrov TOoU FraUguDTEVToS eTrt Ilovrıov 
IlAarov, cf. Dial. 30. 76. 85. 

6 -S. z.B. Iren. IL, 32,4. IN,A,2. II; 1259. V, 12, ;.. Tertull..de vrever 70 

= { oO 
Al Es | ” . . 

ce. Cels.I,6. Auch der Gnostiker Ptolemäus nennt den Pilatus (Iren. I, 7, 2). 

77Ap01:1, 46.34. Dial. 78: 

® Bei’ Euseb..h.'e. IV, 26, 7. 


. .. . . . £) 
Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 619 


Leben Jesu durch die Regierungen des Augustus und Tiberius be- 
stimmt werde. Seit dem Ausgang des 2. Jahrhunderts gaben be- 
sonders gelehrte Leute auch das Jahr des Augustus an, in dem Jesus 
geboren sei, beriefen sich für die Schatzung desselben auf die römi- 
schen Archive,' und nannten neben Pontius Pilatus auch die Consuln 
(die Gemini), unter denen Jesus gelitten habe.” 


> 


2. 

Das Interesse für die Kaiser war in den Christengemeinden des 
2. Jahrhunderts sehr lebendig. Die jüdische Apokalyptik, die in 
christlichen Kreisen eine grosse Rolle spielte, sowie die Sibyllistik 
hatten längst die Augen der Frommen auf den römischen Staat und 
die Kaiser gelenkt. Die neue Religion selbst hatte zwar kein politi- 
sches Programm, aber sehr bestimmte politische Hoffnungen und 
Wünsche. Ferner sahen die ältesten Christen, grösstentheils Orien- 
talen und Griechen, den Kaiser in einem anderen Glanze als die 
Römer und schrieben ihm, der Entwickelung vorauseilend, in der 
Regel eine despotische Macht zu. Dazu kam, dass sich Nero durch 
seine zwar kurze, aber unerwartete und schreckliche Christenhetze in 
das Gedächtniss der Kirche eingegraben hatte, dass Vespasian und 
Titus als die Vollstrecker eines Gottesgerichts über das jüdische Volk 
erscheinen mussten, und dass auch die Quälereien Domitian’s nicht 
vergessen wurden. Unvergessen blieb es ferner, dass die beiden 
Apostel Petrus und Paulus unter Nero Märtyrer geworden waren. So 
gab es schon am Anfang des 2. Jahrhunderts eine Kaisergeschichte 
in christlicher Beleuchtung,® die sehr frühe mit Legenden ausgestattet 


! S: Tertull. adv. Mare. IV, 7. 

° S. die Datirungen von Tertullian’s und Hippolyt’s Schriften an. Aus späterer 
Zeit stammen so genaue Datirungen, wie die betreffs der Taufe Christi bei Epiphanius 
h.51,24. Doch vergl. schon Tertull. adv. Jud. und den Schluss der im 21. Cap. des 
I. Buchs der Stromateis des Clemens enthaltenen Chronographie, die bis zum Tode des 
Commodus reicht. Hier werden (8.145 sq.) verschiedene Ansätze für die Geburt und 
den Tod Christi mitgetheilt und nicht nur Kaiserjahre, sondern auch Monatsdaten an- 
geführt. Diese genaueren Berechnungen werden von Clemens mit den Worten ein- 
geleitet: zirı de ou megLegyorsgov N yevere Tou FWrngos Yumv OU MovoVv TO 2706, @AAK HuL 
Fa Nasa maosrıYEvre » Die merkwürdige Chronologie des Lebens Jesu, die Irenäus 
voraussetzt, und die, welche in einer alten Hdschr. der Ambrosiana (Rourn, Relig. 
S. 112 p.1ı78) auf »exemplaria apostolorum« durch Vermittelung des Alexander von 
Jerusalem und sodann der Commentare des Vietorinus zurückgeführt wird, lasse ich 
hier bei Seite, ebenso die Ansätze in Hippolyt’s Comment. z. Daniel. 

® Die eschatologischen Erwartungen waren von frühester Zeit her (auf Grund 
der Lectüre und Auslegung des Danielbuches, s. schon II. Thessal.) auf die Kaiser- 
geschichte gerichtet und forderten dazu auf, unter den Kaisern nach dem Antichrist 
zu suchen. Allmählich entstand so eine »christliche Kaisergeschichte«, s. z.B. die 
Sibyllen. 


620 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


worden ist. Bald wusste man zu erzählen, dass Tiberius sich aus 
einem Bericht des Pilatus über COhristus überzeugt habe, er sei ein 
Gott gewesen, und nur der Senat die Anerkennung des Christen- 
thums verhindert habe,' ferner dass Domitian den Apostel Johannes 
in siedendes Ol habe steeken lassen” und die Verwandten Jesu in’s 
Verhör genommen habe,” und vieles Ähnliche.“ Unter solehen Um- 
ständen kann es nicht auffallen, dass die Christen des 2. Jahrhunderts 
mit Interesse und Spannung jeder Wandelung der Kaisergeschichte ge- 
folgt sind, und dass sie demgemäss auch fortfuhren, die Ereignisse 
ihrer eigenen Geschichte nach Kaiserregierungen zu datiren. 

Solche Datirungen sind im 2. Jahrhundert die Regel, und zwar 
nicht nur für die politische Geschichte der Gemeinden, sondern auch für 
die innere. Chronologische Bestimmungen nach Gonsuljahren kommen 
m. W. — vom Todesjahr Jesu abgesehen — überhaupt nicht vor, 
und Datirungen nach der Amtszeit von Provineialstatthaltern oder 
Stadtpraefeeten finden sich fast nur dort, wo die erzählte Geschichte 
sie forderte oder nahelegte” Dagegen berichtet Justin, der Magier 
Simon sei unter dem Kaiser Claudius nach Rom ee ° Hegesipp 
datirt den Glemensbrief, auf die Zeit Domitian's,‘ den Tod des Simeon 
von Jerusalem auf die Zeit Trajan’s (unter dem Proconsul Attieus) 
und auf dieselbe Zeit den Anfang der CGorrumpirung der Kirche durch 
die Haeresie.” Irenäus erzählt, der Apostel Johannes habe seine Offen- 

!' Tertull., Apol. 5: 

?2 Tertull., de praeser. 36. 

Hegesipp bei Euseb., h. e. III, 20. 

* Vergl. die Legenden über Nero. 

S. die ältesten Märtyreracten und die Schrift Tertullian’s ad Scapulam, in 
denen die Erwähnung der Statthalter selbstverständlich war. Ausserdem ist z.B. 
Melito bei Euseb. h.e.1V, 20,3 zu vergleichen: ’Erı ZegouimAov Iavrov avSumerou 
TnS Arias, > ayazıs zug0, ELugr vonsev, eye vero Onrnris mormM ev Aaodızai, s. ferner 
die alte kleinasiatische Quelle Dei Euseb., h. e. V, 16, 7: Movravov zar« Doarov Arıas 
avS$urerov, und den kleinasiatischen Anbirkontaaiste n Apollonius, l.c. V, ı8, 9, der den 
Proconsul Aemilius Frontinus erwähnt. Nimmt man die Stellen aus der Schrift ad 
Scapulam und die chronologische Angabe im Martyrium Polykarp’s hinzu, so darf man 
vielleicht sagen, dass es besonders in Asien üblich gewesen ist, nach den Regierungen 
der Proconsuln zu datiren, und dies ist nach der besonderen Stellung, die dem Statt- 
halter Asiens zukam, wohl verständlich. Durch ihre Genauigkeit einzigartig ist die 
Datirung des ‚Martyriums Polykarp's: Magrugei ö Metzegios Noruzagmos urvos ZavSırod 
de suregge ITT EIKE vov, mes irre Harn Magrivw, sulgParu Yan, ng. oydon‘ Fuverd dm 
Umo “Houdov emı agysege ews Pırimmov ToaAAıavod, avFumarsVovrog Nreriov Koögerov, Berı- 
»eVovros de Eis wies "Mrod XgırroV. Eine Datirung nach einem augenscheinlich be- 
rühmten Märtyrer in Pergamum findet sich in einem Briefe an die Christengemeinde 
dieser Stadt, s. Offenb. Joh. 2, 13. Den aegyptischen Praefeeten Felix hat Justin (Apol. 
I, 29) genannt; aber nicht zum Zweck der Datirung. 

°7Apol:l,/26,18: nem, 23, 1 

” Bei Euseb., h. e. III, 16. 

> L.ie. IE 34,6. 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 621 


barung gegen Ende der Regierung Domitian's geschaut! und bis zu 
den Zeiten Trajan’s gelebt.” Clemens Alexandrinus sagt, dass Johannes 
nach dem Tode des Tyrannen (Domitian) von Patmos zurückgekehrt 
sei, und er datirt die vornehmsten Haeretiker nach den Regierungen 
Hadrian’s und des älteren Antoninus.” Tertullian nennt den Mareion 


5 


einen » Antoninianus haereticus, sub Pio impius«’ und stellt selbst sein 
erstes Buch adversus Marcionem auf das ı5. Jahr des Kaisers Severus;® 
die Chronik des christlichen Schriftstellers Judas war auf das 10. Jahr 
desselben Kaisers gestellt.” Der syrische Haeretiker Aleibiades pro- 
dueirte in Rom am Anfang des 3. Jahrhunderts ein Offenbarungsbuch, 
in dem den Gläubigen für das 3. Jahr Trajan’s eine neue Sünden- 
vergebung verheissen war.“ Hippolyt hat in seiner Schrift über das 
Osterfest eine Chronologie mit dem ersten Jahr des Kaiser Alexander 
beschlossen und sich überhaupt um die Kaisergeschichte bemüht.” 
Eusebius besass eine alte Kunde, dass im 17. Jahr des Kaisers M. Aurel 
in mehreren Provinzen die Christenverfolgungen verschärft worden 
seien.” Zu Epiphanius waren alte, zum Theil freilich falsche Nach- 
richten gekommen, der Apostel Johannes sei unter Claudius aus der 
patmischen Verbannung zurückgekehrt,'' Justin habe in Rom das Mar- 
tyrium erlitten &mı "Pworixeo nyeuovos zul "Adpiavod Baoırews,” Tatian 
habe im ı2. Jahr des Kaisers Pius in Mesopotamien eine eigene Schule 
gegründet,” und Bardesanes habe bis zur Zeit des Kaisers Anto- 
ninus gelebt, »nicht des Pius genannten, sondern des Verus«.' 


:ATren: V4130;:3. 

Lscs1ll,.3.4.u,. 11,22, 5. 

In der Schrift »Quis dives salvetur«, s. Euseh. , h. e. III, 23, 6 

Strom. VII, 17. 106: “H peu yag Tou #Uugiov are TnV TgoUrIEm MRTRRde ro 


» 8 8 


Adyousrau Kairugos agEan a, nEroUvrum mov Tıßeglov y,govan T I srourcn, nd ran amo- 
FroruW vrod Mey gt Ye NS Iavrov 2 eirovgyias as Ne zgwvos TEre soUran, zaru) d8 mwegt Toug 
Aödgıawov Tov Barırz Eewg ‚Agavous oL Tas ige Tears erworsaurss yeryoverı, zu MEyge YyE 775 
Avranvou Tou mess Qur: egov drersuman Yrızlas, #0. Fcerreg D Barıraödrg . .. 0 Oladevrivog... 
ö Masgziu. 

° Adv. Mare.I, ı9. Voran gehen die Worte: » Marcionis salutem quoto quwidem 
anno Antonini maioris de Ponto suo exhalaverit aura canicularis, non curavi westigare«. 
Bisher nicht sicher erklärt sind die folgenden Worte: »A Tiberio usque ad Antoninum 
anni fere CXV (UXXYV Cod. B) et dimidium anni cum dimidio mensis«. 

a ER 

DeBuseb.„ohre, VL,z: 

® S. Hippol., Philosoph. IX, 13. 

S. Euseb., h. e. VI, 22, ı und den Catal. Liberianus; vergl. auch die Bemühungen 
des Theophilus von Antiochien um die Kaisergeschichte im 3. Buch ad Autolycum. 

WaklsesV.praet; 

DEpiph.h.51,12 

ET.ie.hr 46,7 

en Deren 

ler h.56,7. 


= 


2 Ft » ? F . 
622 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Diese Übersicht ist vielleicht noch nicht erschöpfend; aber sie 
wird ausreichen, um zu zeigen, wie häufig die Datirungen nach den 
Kaiserregierungen in allen Theilen der Kirche in ältester Zeit gewesen 
sind. Sie haben wirklich die Regel gebildet. Neben ihnen finden sich 
— von der gleich zu nennenden Gruppe chronologischer Data abge- 
sehen — nur noch solche relative Zeitbestimmungen, wie »Tatian 
fiel nach dem Märtyrertode Justin’s von der Kirche ab«,' A lebte zur 
Zeit des B oder war ein Schüler (Nachfolger) desselben, und ähnliche, 
die nieht Datirungen im strengen Sinne sind.” 


3. 


Allein es giebt. wie eben bemerkt, noch eine Gruppe chrono- 
logischer Data aus ältester Zeit, und sie nimmt ein besonderes Inter- 
esse für sich in Anspruch: Die Datirungen nach Regierungen von 
Bischöfen (Aposteln). Ich stelle sie zunächst zusammen: 

1. Iren. OL, i,ı: ‘O we» MoarSoios... Ypauınv EEuveynev euayyeruou, 
od Merpov x Tod Havrov Ev Puun evayyerlouevuv zul Semerrouvrwv TV 
ERKANGIEN. 

24 Iren 7ltic- Mopxos 6 HadurNs xaı Epunveurns Ilerpov META NV TOD 
Tleroov xal roö Maurou eEodov Ta Umo Ileroov KNpUOGONEvd eyypasbws Aalv 
mapadedwxe. (Noch in demselben Capitel folgt eine Liste der römischen 
Bischöfe.) 

3. Iren. IH, 3,3 (als Zusatz zu einer Liste der römischen Bischöfe 
von Linus bis Eleutherus, die ausser einigen Bemerkungen zu Clemens 
und der Erwähnung des herrlichen »Zeugnisses« des Telesphorus nur 
die Namen enthält): ’Erl rod KAyuevros (Emioxomou) OTacews oUx dAryns 
rois &v KopwIw yevouzıns AdeAdbels Emeorertev 1 &v 'Pwun Exxännıa IKavWTd- 
ru Ypauanv Tois KopwYicis. 

3°. Aus Euseb., h. e. II, ı6; IV, 22, ı folgt, dass Hegesipp die 
»oraoıs« in Korinth auf die Zeit Domitian’s und Ölemens’ datirt und 
diesen als Verfasser des römischen Gemeindeschreibens genannt hat. 

4. Murat. Fragm. 73 f.: »Pastorem« nuperrime temporibus nostris 
in urbe Roma Herma(s) conscripsit sedente cathedra urbis Romae ecclesiae 
Pio episcopo fratre eius. 


len: 128: 

? Ausser Betracht können hier auch die chronologischen Berechnungen bleiben, 
s. Gal. 2, Justin, Apol. 1, 46 (150 Jahre seit Christi Geburt verflossen), die merkwürdige 
Angabe bei Epiphan. h. 51, 33, Apollonius bei Euseb., h.e. V,1ı8.12.14 (dazu das Ke- 
rygma Petri), der Anonymus bei Euseb., h.e. V,1ı7,4, mehrere Stellen bei Tertullian, 
z.B. dass seit der Abfassung der Korintherbriefe 160 Jahre verflossen seien (de monog. 3), 
u. 8. w., u.S.w. 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 623 


5. Catalog. Liberianus (Liste der römischen Bischöfe, die bis zum 
Anfang des 3. Jahrhunderts nur Namen und Amtszeiten enthält, mit 
Ausnahme folgenden Zusatzes): Sub huius (seil. Pü) episcopatu frater 
eius Hermes librum scripsit, in quo mandatum continetur quod (quae) ei 
praecepit angelus, cum venit ad illum in habitu pastoris. 

6. Iren. II, 4, 2. 3: OvaAevrivos uev yoap 9er eis Pwunv Emı Yyivou, 
Axuace de &mı Iliov xol mapsuevev Ews "Avızyrau. Kepdwv de 6 po Mapxıwvos 
xal autos Em Wywov, os Av oydoos (so der Lat. vet., im Citat bei Eusebius 
steht £varos) Emioxomos, eis ryv Exxanoıav &Adwv xl EEomoAoyoumsvos, oUTWs 
ÖleTeAege, more uev AnSpodidanxaniv, more de mon EbomoAoyoumevos, more de 
EAeyYonevos ED cis Edidanxe wars, xal dbıordusvos TAs TÜV ddeAhuv Fuvodias. 
(Für das folgende fehlt der Originaltext.) Marcion autem illi succedens 
invalwit sub Aniceto, decimum locum episcopatus continente. Kurz vorher 
ist die Liste der römischen Bischöfe mitgetheilt, die mit den Worten 
schliesst: 7 air rafaı xuı rn aurn diadouf A Te dmo Tuv dmooroAwv &v 
In ERKNGIE mapddonıs nal To This AAnYEias xipuyum Karmurarev eis Muds. 

7. Iren. I, 27 1: Kepdwv de nis... . Emiönuncas &v Ti Pony &mi Yywvou, 
evarov (so auch der Lat. vet.) xANpov INS EmiOKomIRas diadoyis amo Tüv 
KmooToAwv EWovros ... diadekdusvos de aurcv Maoxıwv 6 Hlovrızcc. 

8. Cypr., ep. 74, 2: Cerdon sub Hygino episcopo, qui in urbe 
nonus fuit, Romam venit, quem Marcion secutus. 

9. Epiphanius, h. 41,1 (nach einer alten Quelle): "O Kepdwv &v 
Wpovals Pyıvou yeyovev EMICKOMOU TU Evarov xANpov dyovTos amo Ns Tüv mepl 
IexwBov x Tlerpov xaı IMaüAov dmoororuv diadoyde. 

ı0. Tertull., de praeser. 30: Ubi tune Marcion, Pontieus nauclerus, 
Stoicae studiosus? ubi tune Valentinus, Platonicae sectator? nam  conslat 
los neque adeo olim fuisse, Antonini fere principatu et in catholicae primo 
doctrinam ceredidisse apud ecelesiam Romanensem sub episcopata Eleutheri (!) 
benedieti, donec .ob inguwietam semper curiositatem, qua fratres quoque 
viliabant, semel et iterum eiecli, Marcion quidem cum ducentis sestertüs, 
quae ecclesiae intulerat, novissime in perpetuum discidium relegati venena 
doctrinarum suarum disseminaverunt. postmodum Marcion paenitentiam 
confessus cum occasioni datae sibi occurrit, ita pacem receplurus, si celeros 
quos perditioni erudisset ecelesiae restilueret, morte praeventus est. Es folgen 
von ce. 32 ab Ausführungen über origines ecelesiarum et ordinem episco- 
porum per successionem ab initio decurrentem, die ce. 36 in einen Hymnus 
auf die felix ecclesia Romana ausmünden und die Lehre dieser Kirche 
kurz formuliren. Der in Rom erfolgte Abfall des Valentin von der 
Kirche wird von Tertullian adv. Valent. 4 mit einem bischöflichen 
Amtswechsel daselbst in Verbindung gebracht: Speraverat episcopatum 
Valentinus,, quia et ingenio poterat et eloquio. sed alium ex martyrü prae- 
rogativa loci potitum indignatus de ecclesia authenticae regulae abrupit. 


624 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


ı1. Epiphanius, h. 42,1 (nach einer alten Quelle): ‘O Mapxıwv 
dveıow eis ryv Pau aurmı Werd To TeAevryoaı VWyivov Tov Emioxomov Pwune. 
euros de evaros Av amo Merpov za IMaurov ruv amoororwv. 
ı2. Carmen Pseudotertulliani adv. Marc. IIl, 272—302: Eine 
Liste der römischen Bischöfe von Petrus (Linus) bis Anicet in folgender 
Reihenfolge: Linus, Cletus, Anacletus, Clemens, Euaristus, Alexander, 
Sixtus, 'Telesphorus, Hyginus,. Pius, Anicet. Bei Clemens findet sich 
der Zusatz: is apostolicis bene notus, bei Telesphorus: excellens hie erat 
martyrque fidelis, bei Hyginus folgende, zum Theil augenscheinlich ver- 
dorbene Bemerkungen ': 
Post illum” socius legis cerlusgue magister, 
Cum vestri sceleris socius, praecursor el auctor 
Advenit Romam Cerdo, nova vulnera gestans, 
Detectus, quoniam voces et verba veneni 
Spargebat furtim, quapropter ab agmine pulsus 
Sacrilegum genus hoc genwit spirante dracone. 
Constabat pietate vigens ecclesia Romae 
Composita a Petro, cuwius successor et ipse 
Jamque loco nono cathedram suscepit Hyginus. 
Dann fährt der Dichter fort: 
Post hunc deinde Pius, Hermas cui germine frater, 
Angelicus pastor, quia tradita verba locutus, 
Atque Pio suscepit Anicetus ordine sorlem. 
Sub quo Marcion hie veniens, nova Pontica peslis, 
Nondum secretum facinus suo corde reclusum, 
Passim vulgo loquens latebrosa perfidus arte. 
Sed postgquam coepil mortis proferre sagitlas, 
Abiectus merito lam saevi criminis auctor, 
A sanclis reprobus, patwit mirabile monstrum. 


13. Iren. I, 25, 5: Unde et Marcellina, quae Romam sub Anicelo 
venit, cum esset huwius (Carpocralis) doctrinae, mullos exterminavüt. 

ı4. Epiph., h. 27,6 (nach einer alten Quelle): °HASe uev eis yuds 
non mws MapxerAiva rıs Um aurüv (von den Karpokratianern) ararıyeica 
xl mWoAAcUs EAumyvaro Ev Apavaıs "Avıyrou Emioxomov Pwung, TeÜ Kara Tv 
diadoynv Ilev zul Tüv dvwrepw. £v Puun yap yeyovaoı mowroı Ilerpos xoL 
Tavros oi amoorora aurol xal Emioxora, eira Alvos, eira Kifros, eira Kinung, 
GUypovos av Ileroov xaı H&vrov (hierauf folgt eine Ausführung darüber, 
dass Clemens, obgleich von den Aposteln eingesetzt, doch erst als 
der dritte in der Reihe figurire; dabei wird erwähnt, dass Linus und 


I Wir besitzen keine Handschrift des alten Gedichts mehr. 
®? d.h. Telesphorus. 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 625 


Cletus je ı2 Jahre regiert hätten und die Apostelfürsten im ı2. Jahr 
Nero’s gestorben seien. Epiphanius fährt nun also fort): "Ouws 9 ray 
ev Puun Emioxomuv diadoyn Taury Eysı Tyv dmoAoudiav. Tlerpos xuı TaUros, 
Alvos xal KAyros, Kanuns, Eüdpeotcs, "AneEavdoos, Zucros, Tereopcpss, Edpe- 
oros', Wyivos, IMios, "Avızyros, 6 dvw &v TO Kararoyw TpodednAwuEvos . DurEy 
Kpovars Tavuv, WS Ehnuev, "Avızyrou N TpodednAwmevy MapxerAuva &v "Pony 
yevoneın ryv Auuyv TAs Kopmord didaoxaras Efeutvaoa moAAoUs rÜv Exeioe 
Auumvanevn, Abavıoe. xaı EvYev Yeyovev 1 doym Tvworixav Tüv xarounevwv. 

15. Iren. II, 3, 4: (Horuxapros) &mı "Avızyrov Emidnunoas 7 "Pwun 
oAAoUs do Tov TpoEıpnILEVWV AIpETIXWV Emeorperbev Eis Tnv ExXXAnolav Tod Icon, 
cf. Iren. ap. Euseb., h. e. V, 24,16: Toü uaxaplou HoAuxaprov Emıönun- 
cavros m Pwun Emi 'Avızyrou. An beiden Stellen geht eine Liste der 
römischen Bischöfe vorher. An der zweiten Stelle, die aus dem Brief 
an den römischen Bischof Vietor entnommen ist, drückt Irenäus die 
Behauptung, dass die alte römische Gemeinde ein bestimmtes Fasten 
nicht beobachtet, aber Frieden mit denen gehalten hätte, die es be- 
obachteten, also aus: "Ev eis xal po Zwrnpos mpeoBurepo ol mpooTavres 
INS ERKAnoids, N OU vv abnyn, Avızyrov Aeyomev xl Iliov, "Wylvov TE xoı 
Tereopopov ul Euorov, oUre aurol Ernpnodv oUTE Tols MET aürüv Emerpemov, 
Kal oUdev EAATTOv auroL UM TNPOÜVTEs Eipyiveuov Tols dmo Tüv Tapaımıav, &v dis 
ETNpEITO, Epyomevaıs Dos auToUs. 

[16. Euseb., h. e. V praef. (nach einer alten Quelle): ‘O As Pu- 
Halwv ExxAnoias Emioxomos Zwrnp Emi oydoov Eros Mynoansvos TEAEUTE Tov 
Biov. Toürov Öwdexuros am Tüv amoororuv 'EAeuIepos diadeyeron Eros 0 Av 
ETTAKUDERETOV UTOXpELTODOS "Avyrwvivou Ovypov, ev W xard TIva neon ns YyAs 
obodperepoy avappımıodevros Tod xad yuav dıiwyuod]. 

17. Euseb. h. e. I, 25, 6: Taios... xara Zebupivov "Pwuaiwv yeyorws 
Emioxomov, cf. VI, 20, 3: Toiou diaroyos mi Puuns xard Zecbupivov TrpOS 
IlpoxAov xexivyusvos u. Photius Cod. 48: rodrev rev T’aiov mpeo Burepov pacı 
yeyevjodaı Tis xura Puunv Exxiyoias Emı Olixropos xal Zepupivor. 

7°. Anonym. 'saee.. Il. mit. bei’Euseb., h. eV, 28, 3f£.:) 4 
(seil. Theodotiani) reüs uev porepous dmavras al aureüs ToUs dmooToAous 
mapeırndevdı TE xal dsdiduyevaı Taure, & vüv ouroı Akyaucı, xdı Ternmodaı 
nv aAySeav Tod KupLyuaros MEY,pL Tüv Kpovuv Tüv Bixropcs, 6: Av TPLIO KEL- 
dexaros mo Ilerpov Ev 'Puuy Emioxomos, dmo de Tod diadoy,ov aurod Zeobupivou 
Tapareyapaynaı Tyv Ay Ierav. Av 0° av Tugev mıSavov TE Asyousvov, ei uM 
mpwTov Ev dvremimrov aurels ai Yelzı ypabal. xl ddsAbüv de rıvwv Eorı 
Ypaumare mpeo Qureoa Tüv Kpovwv TWv Bixropos, a Exeivor Kal mpos Ta wm 
Umep TuS dANIeIds xul Moos Tas Tore alpkasıs Eiypanbav, Acyw de Tovorivou 
xaı MiAriddov xaı Tarızvoo xul Kiyuevros xal ErEpwV TAEIovWV, &v 06 Amacı 


! Ist zu tilgen, da nur durch ein Versehen wiederholt, 


)L N Ä m » 
626 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Jeoroyeiraı 6 Xpioros. Ta yap Eipnvamu Te xaı Merırwvos xaı TÜV Aoımüv 
rıs ayvoei BıßAa, Ieov xl dvIpwmov xarayyeAdovra Tov KaoTov; ..... Tüs 
oUv EX TOoGouTWv ETÜV HATayyErAouevou TOD EXXANDIWOTIXOU bpovmuaros Evde- 
METAL, ToUs MEYpL Bixropos OUTWS WS ouroı Acyouoı KEXNPUN,EVALLS 

ı9. Hippol., Philosoph. IX, 7: Erıyow naSyrevoas Käsonevns . 
Expaituve TO doyua, Kar Exeivo xaıpod Zebupivou dlemeiv vomilovros av ERKANTIeV. 

20. Euseb. h. e. VL 14, 10: 'O usw Ta ’Adaudvrios ... Zeoupivou 
Kara Touode ToUs Wpovous Ti: "Puuaiwv ExxAynias Myovusvov Emiönufoaı TN 
"Puun x alros mov Ypabeı. 

21. Hegesipp bei Euseb. IV, 22, 2: xui eweuevev 1 ExxAnoie n Kopiv- 
Yıuv &v TO oI@ Aoyw exp Ilpimov Emıoxomevovros &v KopvSw‘ ois Guvenıfa 
mrEwv eis Pwunv xai ouvdierpnla Tois KopwYios nuspas ixavds, Ev als Ouvave- 

n Y'2&8 ’ r Nearsc ! N \ \ 9\ 2 ’ 14 
TmaNMEv TW opIW Aoyw. YEvouEvos oe &v Pwun diadoy,mv (?) Eromoamnv MEpIS 
"Avıznrov, 00 dldxovos Av "EAeUSepos, xaı mapd "Avıznrou diadey,erdi Zwryp, 
MEY ov "EreuSepos. Ev Exaorn de diadeuf xl Ev Exaorn moAeı oUrWs EWEL 
Ws 0 vouos xrpvome xal ol mpobirTaı xl 6 xUpios. 

Die hier zusammengestellten Datirungen nach Bischöfen beziehen 
sich sämmtlich auf die älteste Zeit, nämlich auf den Zeitraum bis zum 
Anfang des 3. Jahrhunderts (vor der Chronik des Julius Afrieanus). 
Sie sind ausschliesslich aus Schriften excerpirt, die entweder selbst 
dieser Zeit angehören oder Quellen dieses Alters zu ihrer Grundlage 
haben; sie sind endlich, wie ich hoffe, vollständig gesammelt, d.h. 
aus dem ganzen Gebiet der uns erhaltenen kirchlichen Litteratur der 
Griechen und Römer. 

Überblickt man die Tabelle nun, ohne zunächst noch die formellen 
Unterschiede der einzelnen Angaben zu beachten, so ergiebt sich als 
erstes und wichtigstes Resultat der Betrachtung: alle Datirungen nach 
Bischöfen, die uns bis zum Anfang des 3. Jahrhunderts bekannt sind, 
beziehen sich auf römische Bischöfe. Die einzige Ausnahme — Nr. 21, 
wo Hegesipp mittheilt, dass die korinthische Gemeinde bis zur Re- 
gierung des Bischofs Primus orthodox geblieben sei — fällt schwerlich 
in’s Gewicht; denn Hegesipp war eben zur Zeit des Primus auf seiner 
Romreise nach Korinth gekommen, hat aber sein Werk, dem die 
Worte entnommen sind, erst geraume Zeit später geschrieben. Er wollte 
nun sagen, dass bei seiner Anwesenheit in Korinth die reine Lehre 
geherrscht habe, und da er, wie Eusebius berichtet, überall die Bekannt- 
schaft der Bischöfe zu machen beflissen war und die Bischöfe als die 
verantwortlichen Träger der Orthodoxie betrachtet hat, so nannte er 
den Bischof der Korinther. Dass nach bischöflichen Regierungen in 
Korinth datirt worden ist, wird man deshalb nieht schliessen dürfen. 

Das zweite Resultat der Tabelle ist die Erkenntniss, dass nicht 
nur römische, sondern auch ausserrömische Schriftsteller Vorgänge 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 627 


in der römischen Gemeinde nach der Regierungszeit der dortigen 
Bischöfe datirt haben. 

Das dritte Ergebniss ist, dass einige dieser nach Bischofs- 
regierungen datirten 'Thatsachen mit Listen der römischen Bischöfe 
in Verbindung stehen. 

Die letztere Beobachtung verlangt eine genauere Untersuchung. 
Vorher sind aber die Fälle zu eliminiren, welche für die Frage, ob die 
Daten mit der römischen Bischofsliste in Verbindung gestanden haben, 
sicher nicht in Betracht kommen. Auszuscheiden ist zunächst die 
einem Brief Cyprian’s entnommene Stelle (Nr. 8), weil sie augenscheinlich 
dem Werk des Irenäus (Nr. 7) entlehnt ist. Ebenso ist über Nr. 9 
(Epiphanius’ Mittheilung über Cerdo) zu urtheilen; auch sie ist aus 
Irenäus geflossen.' Ferner müssen die Fälle Nr. 17— 20, welche sich 
auf den Bischof Zephyrinus beziehen, unberücksichtigt bleiben. Sie 
sind zwar sämmtlich nicht unwichtig, aber dass sie im Zusammenhang 
mit einer Bischofsliste gestanden haben, ist unglaublich. Die Mit- 
theilung des Eusebius, Cajus habe in Rom seinen Dialog gegen den 
Montanisten Proklus z. Z. Zephyrin’s geschrieben (Nr. 17), ist wahr- 
scheinlich aus dem Buche selbst abstrahirt. Die Angabe Hippolyt’s 
über die Zeit des Monarchianers Kleomenes (Nr. 19) entstammt der 
eigenen frischen Erinnerung des römischen Autors. Dass Zephyrin 
Bischof in Rom war, als Origenes die Stadt besuchte (Nr. 20), hat 
Origenes selbst »irgendwo« gesagt. Es ist nicht ohne Bedeutung, 
dass er den Bischof ausdrücklich genannt hat; aber von einer Bischofs- 
liste ist nicht die Rede. Anders steht es mit der Mittheilung des 
Anonymus — wahrscheinlich Hippolyt's — in Nr.ı8. Sie zeigt uns, 
dass in Rom von den Monarchianern die Wandelung der herrschenden 
Ansichten nach Bischofsregierungen bestimmt und damals eine Bischofs- 
liste zu Grunde gelegt wurde, in der Victor als der 13. Bischof be- 
zeichnet war, sie zeigt ferner, dass der kirchliche Gegner der Mo- 
narchianer mit grosser Sicherheit die berühmtesten Schriftsteller der 
Kirche, und zwar ausserrömische Schriftsteller, zu datiren vermochte 
— in Bezug auf die Frage, ob sie vor der Regierung Vietor's oder 
nach ihr geschrieben haben —, sie beweist also, wie geläufig in 
Rom am Anfang des 3. Jahrhunderts Datirungen nach den römischen 
Bischöfen gewesen sind; aber der ganze Abschnitt selbst steht nicht 
direct mit einer Bischofsliste in Verbindung. Endlich wird auch Nr. 16 
— ich habe die Stelle bereits oben in Klammern gegeben — aus- 
zuscheiden sein; denn wenn es auf den ersten Blick auch nicht zu- 


ı Ob es mit der Angabe des Epiphanius Nr.ıı ebenso steht, wird unten zu 
untersuchen sein. 


628 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


fällig zu sein scheint, dass Eusebius vom 17. Jahr des M. Aurel und 
der grossen Verfolgung unmittelbar nach dem Bericht über den Amts- 
antritt des Eleutherus gesprochen hat, so lässt sich bei näherer Unter- 
suchung doch nicht feststellen, dass er den Ausbruch der Verfolgung 
zeitlich mit dem Amtsantritt des Eleutherus vollkommen gleichsetzen 
wollte. 

Es bleiben somit die Angaben des Hegesippus, Irenäus, des Ver- 
fassers des Muratorischen Fragments, des Hippolytus, Tertullian, ferner 
des Gewährsmanns des Epiphanius, endlich des Pseudotertullian als 
solche übrig, die darauf untersucht werden müssen, ob sie mit einer 
Liste römischer Bischöfe in Zusammenhang gestanden haben. Zuvor 
aber ist festzustellen, was wir von der römischen Bischofsliste in der 
Zeit vor Julius Africanus wissen. 


4. 


In meiner Schrift »Die Zeit des Ignatius und die Chronologie 
der antiochenischen Bischöfe« (1878) habe ich zuerst die älteste Form 
und die früheste Geschichte der antiochenischen Bischofsliste dadurch zu 
ermitteln versucht, dass ich die römische Bischofsliste mit ihr combinirte. 
Die Combination erwies sich für die Erforschung beider Listen als 
höchst fruchtbar und bot zum ersten Male der Forschung die Möglich- 
keit, die ursprüngliche römische Liste sammt den Ziffern für die Amts- 
Jahre der Bischöfe mit Sicherheit bis zum Ende des 2. Jahrhunderts 
hinauf zu führen. Ich suchte zu zeigen: ı. dass die ersten Ansätze der 
antiochenischen Bischofsliste in der Chronik des Eusebius einfach nach 
den Ansätzen der römischen Liste construirt sind, 2. dass diese Com- 
bination bereits von Julius Africanus in seiner Chronik vollzogen 
worden ist, Eusebius sie von dort entlehnt hat und die Namen und 
Zahlen der römischen Bischofsliste des Eusebius somit die des Africanus 
sind, 3. dass die bezifferte römische Bischofsliste, welche Africanus 
benutzt hat, identisch gewesen ist mit der des Hippolyt (nach dem 
Catal. Liberianus), dass auch Eusebius in der Kirchengeschichte und 
Hieronymus in der Chronik für die ersten ı2 Bischöfe keine andere 
Liste verwendet haben, dass sie bis zum Tode des Eleutherus reichte, 
und dass somit die Zahlen für die Amtsjahre der einzelnen römischen 
Bischöfe bis Eleutherus ungefähr so alt sind, wie die Liste des Irenäus, 
die keine Zahlen aufweist, aber sich in den Namen mit jener Liste deckt.' 


IS. S.73f. meiner Schrift und auch S. 22 n.ı, wo ich Folgendes geschrieben 
hatte: »Richtig ist, dass die römische Bischofsliste in der KG. des Eusebius von Petrus 
bis Urban theilweise eine andere ist, als die der Chronik. Es lässt sich nun aber 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 629 


Diese Ergebnisse fanden vor 13 Jahren nur getheilte Zustimmung. 
Die HH. GeLzErR, von GurtscumipD, Ereges und Lirsius, der um die älteste 
Papstgeschichte hochverdiente Forscher, lehnten sie theils ab, theils 
verfolgten sie einige der von mir gegebenen Nachweisungen in anderen 
Richtungen und complieirten die Probleme. Auch Herr Ducuesne 
verhielt sich skeptisch. Allein in der bewunderungswürdigen Unter- 
suchung, welcher Lientroort, der verewigte Bischof von Durham, die 
alte römische Bischofsliste unterzogen hat, sind die oben kurz be- 
zeichneten Ergebnisse erhärtet.' Die Abhandlung des Bischofs, welche 
durch Herrn Horr'’s ausgezeichnete Artikel vorbereitet war, erstreckt 
sich über das ganze Gebiet der ältesten Papst-Kataloge und schliesst 
an wichtigen Punkten die Untersuchungen ab, die durch Hrn. Monnsen’s 
Arbeitüber den Chronographen vomJahre 354 Grundlage undZiel erhalten 
hatten’. An zwei bedeutenden Stellen hat der Bischof von Durham 
das Beweisverfahren, in welchem ich die oben bezeichneten Resultate 
gewonnen hatte, verbessert. Er hat ı. die bisherige Annahme, dass 
Eusebius in der Kirchengeschichte einer anderen Quelle für die römi- 
schen Bischöfe gefolgt sei als in der Chronik, widerlegt”. Zwar hatte 
ich schon gezeigt, dass die Listen in beiden Schriften gerade für die 
älteste Zeit identisch sind; aber die Untersuchung blieb doch mit 
grossen Schwierigkeiten behaftet, so lange man auch nur für die 
übrigen Theile der Liste verschiedene Quellen annahm; 2. hat er die 
Unzuverlässigkeit der Zahlen in der armenischen Übersetzung der 
Chronik nachgewiesen und die Zahlen der Chronik des Hieronymus 
dafür eingesetzt. Damit war ein zweiter Umstand, der die Unter- 
suchung bisher unnütz complieirt und gestört hatte, beseitigt. Nun 
erst konnte die Construction der antiochenischen Bischofsliste nach 
der römischen wirklich einleuchtend gemacht werden. Wenn man 
statt der Zahlen des Armeniers die des Hieronymus einsetzt, erscheinen 
die antiochenischen Bischöfe nicht mehr um eine Olympiade den 
römischen nachgesetzt, sondern ihr Amtsantritt ist jedesmal auf den 


erweisen, dass gerade der Abschnitt von Petrus bis zum Amtsantritt des Vietor bei 
Africanus (also auch in der Chronik des Eusebius) und in der KG. des Eusebius 
identisch ist.« S. auch 8.74: »Die wesentliche Übereinstimmung von Africanus, 
Hippolyt, Eusebius bis zum Amtsantritt des Vietor lehrt, dass wir in der ihnen ge- 
meinsamen (bezifferten) Liste bis Eleutherus ein 2. Z. des Victor von Rom angefertigtes 
Verzeichniss der römischen Bischöfe zu erkennen haben.« 

\ St. Clement of Rome Vol. I (1890) p. 201— 345. 

® Abhandl. der philos. -histor. Classe d. K. Sächsischen Gesellschaft der Wissen- 
schaften. 1850. 

® Das Richtige hatte bereits Hr. Horr (Academy 1871, 15.Sept. p. 434 sq.) ge- 
sehen; Liewrroor ist ihm gefolgt. Die Gegenbemerkungen von Hrn. Lirsivs (Jahrb. f. 
protest. Theol. VI S. 262 ff.) sind nicht überzeugend. 


630 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


eines römischen Bischofs datirt.‘ Dem Eindruck dieser Thatsache wird 
sich Niemand mehr zu entziehen vermögen.” 

Die ursprüngliche Liste, wie sie als Quelle des Julius Africanus 
und Hippolyt angenommen werden muss und zunächst auf die Zeit 
Vietor’s zurückzuführen ist,’ lautet: 

... Dlerpos xai Iaidos ... 


2 EI ! n „ ı 
a EmioKomos Auvos en ıß. 
ß’ » Aveyaayros » 19". 
! ! 
y » Kinuns De 
/ DEN. ! 
0) » Evapeoros » N. 
E » AreEavdpos BL, 
’ ll, / ’ 
5: » UOTOoS » 4 [:& l: 
@ » Tereshopos » 1 [12]. 
I > mn 
Y » Yyıvos » $. 
$' » os DT fs]. 
I > , 7 
L » Avıxytroo » ı8. 
' < ! ! 
1107 » Zwrnp Br Nd; 


ıß' » "EAeUSepos DaIdLE 


Sicher ist, dass man in Rom am Ende des 2. Jahrhunderts Petrus 
nicht als Bischof gezählt hat; denn Irenäus bezeichnet den Sixtus 
ausdrücklich als den 6. Bischof und hebt den Paulus als Begründer 
der römischen Kirche nicht minder hervor als den Petrus. Auch noch 
am Anfang des 3. Jahrhunderts ist Petrus nicht als erster römischer 
Bischof gezählt worden; denn der römische Verfasser jener Schrift, 
die Eusebius h. e. V, 28 ausgeschrieben hat (s. oben Nr. 18) zählt 
den Victor als ı3. Bischof, rechnet den Petrus also in die Liste nicht 
ein.‘ Die Umstellung des Ölemens ferner (gleich nach Petrus), die 
sich schon bei Tertull. de praeser. 32 ankündigt und später nicht 


ı Hr. Horr hat dies zuerst erkannt (s. Liemrroor, Ignat. and Polye. II. p.461 sg). 
Unabhängig von ihm ist Hr. Erses, vor allem aber Hr. Lirsıus (Jahrb. f. protest. 
Theol. VI S. 242 ff.) dieser Erkenntniss sehr nahe gekommen. Aber erst Hr. LıiearFroor 
hat durch eine erschöpfende Untersuchung des Werthes der Zahlenangaben des Arme- 
niers die Untersuchung zu Ende geführt. 

2 S. Liemrroor, St. Clement of Rome I p. 339: We have thus arrived at the 
same result with HARNACK, viz. that the symmetrical relations of the early bishops of Rome 
and Antioch, which appear in the Chronicle of Eusebius, were probably derived from ‚Julius 
Africamus. But the way by which we have reached it has been quite different. 

Dies vermag ich nicht zuzugeben; denn Hr. Licnrroor hat nicht einen neuen 
Weg gewiesen, sondern die Nachweise, welche ich gegeben habe, aufgenommen 
und an einem wichtigen Punkte das Beweisverfahren verbessert. 

3 Offen muss es bleiben, dass die Liste noch älter und später ergänzt ist; Ss. 
darüber unten. 

* Die Bezeichnung des Hygin als 9. Bischof an zwei Stellen im Text des Irenäus 
ist als absichtliche Correetur zu betrachten (Petrus sollte mitgezählt werden). 


. [2 ” ” - [2] 
Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 63 


selten ist, sowie die Spaltung des Anenkletus in einen Kletus und 
Anenkletus brauchen hier nieht in Betracht gezogen zu werden, da 
es sicher ist, dass die Liste so gelautet hat, wie wir sie oben wieder- 
gegeben haben. Was endlich die Zahlen für die Amtsjahre betrifft, 
so sind es diejenigen, welche bereits am Ende des 2. Jahrhunderts 


in Rom gültig gewesen sind. Rechnet man die ı2 Ziffern — indem 
man von den drei Alternativzahlen absieht — zusammen, so erhält 


man die Zahl 125; addirt man diese Zahl zum Jahre 64, dem 'Todes- 
jahr .des Petrus und Paulus, so erhält man das Jahr 189 für den 
Amtsantritt des Vietor. Dieses Datum lässt sich durch eine rück- 
läufige Rechnung controliren. Der römische Bischof Fabianus erlitt, 
wie wir bestimmt wissen, am 20.Januar 250 unter Deeius den Märtyrer- 
tod. Fabian regierte 13 Jahre, Anterus ı Monat, Pontian 5 (6) Jahre, 
Urban 9 (8), Kallist 5, Zephyrin ı8 (19), Vietor 10 (9). Es sind dem- 
nach 60 höchstens 62 Jahre vom 20. Januar 250 abzuziehen, um den 
Amtsantritt Vietor’s zu gewinnen. Dieser fällt also in die Jahre 190 
bis ı88. Somit gewinnt die alte römische Liste, indem sie vom Tode 
des Petrus bis zum Amtsantritt des Vietor 125 Jahre rechnet, wirklich 
den wesentlich riehtigen Endpunkt, nämlich das Jahr 189. Sie hat 
also durch ein näher nicht mehr nachweisbares Verfahren die ge- 
brochenen Jahre so ausgeglichen, dass die Rechnung auch bei Ein- 
setzung von ganzen Zahlen im Schlussresultate stimmte. An diese 
Liste schloss Africanus die ihm ohne Angabe der Amtsjahre überlieferte 
antiochenische Bischofsliste an, indem er 


Euhodius = Petrus 
Ignatius — Eins 
Hero 
Alexander 
Cornelius = Telesphorus 
Eros —APims 
Theophilus = Soter 
Maximinus = Eleutherus setzte.' 


Hr. Lientroor hat die Untersuchungen über die älteste römische 
Bischofsliste in einer doppelten Richtung weiter zu führen gesucht. 


! Dass diese Gleichsetzungen schon vor Africanus in einer antiochenischen Chronik 
aus dem letzten Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts vorgenommen worden sind und Africanus 
sie von dort übernommen hat, sucht Hr. Lırsıus a.a.O. zu erweisen. Mir scheint die 
Einschiebung eines solchen Mitgliedes nicht wahrscheinlich; s. Liewrroor, laerp-333 39: 
Über die Anordnung der alexandrinischen Bischöfe in der Chronik des Julius Africanus 
hat Hr. Prevsc#en i. d. Theol. Lit. Zeitung 1891 Nr. ı7 die Ansicht vorgetragen, die auch 
ich vertrete. 


Sitzungsberichte 1892. 56 


20% . . 
632 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Er hat I. die Liste auf ihre Zuverlässigkeit geprüft und will das über- 
raschende Ergebniss gewonnen haben, dass sie vom Amtsantritt des 


Ulemens also ec. vom Jahre 88 an — verlässlich sei,' ja dass schon 
Linus und Anenkletus monarchische Bischöfe gewesen seien, und 
er hat II. das Verzeichniss auf den Schriftsteller Hegesippus zurück- 
geführt und damit eine noch frühere Abfassungszeit für dasselbe fest- 
gestellt; denn Hegesipp habe nach Euseb., h. e. IV, 22,2 seine ehrono- 
logische Arbeit zur Zeit des Anicet gemacht und unter Eleutherus 
publieirt. Diese beiden Nachweisungen werden nun zu prüfen sein. 

I. L. e. p. 340 schreibt Hr. Lienutroor: To Linus and Cletus (or 
Anencletus) twelve years each are assigned. The symmetry of the numbers 
suggests that, where no direct information was attainable, the author of the 
list divided Ihe vaeant space — a rough quarter of a century — between 
them. As regards Ihe names 1] see no reason to question that they not only 
represent historical persons, but that they were bishops in the sense of mo- 
narchical rulers of Ihe Roman Church, though their monarchy may have been 
much less autocratic than the episcopate even of the succeeding century. 
With Clement we seem to emerge into the dawn of history. He at all events 
has a historical record independently of the catalogue. Let me add also that 
I see no sufficient ground for placing the daybreak of the papal chronology 
at the epoch of Xystus, whose episcopate may be dated roughly at 115 bis 
125 p. Chr. Those who take up this position (Lipsivs, Chronol. 169.363; 
Jahrbb. f. Protest. Theol. VI p. 119) have no other reason for their opinion 
than that Irenaeus, writing to Victor in the last decade of the century and 
speaking of Ihe Roman usage as regards Easter, appeals to the practice of 
»the elders who before Soter presided over the Church« of Rome, » Anicetus 
and Pius, Hyginus and Telesphorus and Xystus« (Buseb., h. e. V,24), but 
this has reference solely to the Paschal question, in which case he does not 
go beyond living memory in support of his contention. It does not in 
any sense mark a period. 

Zum Beweise dieser Thesen führt Hr. Lıentroor an, dass die 
Zahlangaben der Liste an drei Stellen durch anderweitige chronolo- 
gische Data, die sicher stehen, controlirt und bestätigt werden. ı. Nach 
Hippolyt, Philosoph. IX, ı ı steht es fest, dass der nachmalige römische 
Bischof Callist, als er noch Sklave war, von dem Stadtpräfeeten Fus- 
cianus verurtheilt worden ist, und dass damals Commodus regierte 
und Vietor römischer Bischof war. Fuscianus kann aber nicht vor dem 
Jahre 189 Stadtpräfeet geworden sein und war es jedenfalls nicht mehr, 


! Was die Zahlangaben betrifft, natürlich nur relativ verlässlich, da sie in ganzen 
Zahlen gegeben und die Vacanzzeiten, die möglicherweise mehrmals stattgefunden haben, 
nicht berücksichtigt sind. 


. . . . . »6)*% 
Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 633 


als Commodus am Ende des Jahres 192 ermordet wurde. Nach der 
alten römischen Bischofsliste fällt aber der Amtsantritt des Bischofs 
Vietor in die Jahre 188—ı90. Also stimmt das Datum. 2. Nach 
neueren Untersuchungen ist es höchst wahrscheinlich, dass Polykarp 
am 23. Februar 155 Märtyrer geworden ist. Er hat aber nach Irenäus 
Rom zur Zeit des Bischofs Anicet besucht. Nach der alten römischen 
Bischofsliste hat Anicet i.d.J. 154— 156 sein Amt angetreten. Ist also 
Polykarp i. J.ı54 nach Rom gereist, so kann er dort wirklich den 
Anicet als Bischof getroffen haben. 3. Aus inneren Gründen und auf 
Grund des Berichts des Hegesipp ist der ı.Clemensbrief zur Zeit Do- 
mitian’s und zwar am Ende seiner Regierungszeit i. J. 95 oder 96 ge- 
schrieben. Nach der alten römischen Bischofsliste fällt die Regierungs- 
zeit des Bischofs Clemens, wenn man von den sicheren Daten des 
Todes des Fabian oder der Resignation des Pontian aus rückwärts 
rechnet, in die Jahre 86/5 —95/6, wenn man die 9 Jahre seiner Re- 
gierung aber mit Eusebius im 3.Jahr Trajan’s schliessen lässt, zwischen 
91/2 und 100. Auch hier werden die Zahlenangaben der Liste, wenn 
man nur einen gewissen Spielraum lässt (s. oben) bestätigt. 

Zunächst lässt sich die Zahl solcher Bestätigungen noch um eine 
vermehren. Nach Euseb. h. e. IV, 2ı ist Dionysius von Korinth Bischof 
z. 2. des Mare Aurel gewesen. Nach h. e. IV, 23,9 hat er eine Epistel 
an die Römer geschrieben, &rıoxorw rw ers Zwrip mpoodwvovox. Nach 
der alten römischen Bischofsliste war Soter von 165/7—173/5 Bischof, 
also in der That zur Zeit Mare Aurel’s. 


Allein — selbst wenn diese »Bestätigungen« noch zahlreicher 
wären — hat Hr. Liemrroor wirklich bewiesen, was er beweisen 


wollte? Er behauptet, dass alle Bischöfe von Linus ab bereits mo- 
narchische Bischöfe gewesen seien, und von Clemens, d. h. vom 
letzten Decennium des ı. Jahrhunderts, an fühlt er sich vollends sicher. 
Auch gesteht er, kein anderes Gegenargument gegen dieses Ergebniss 
zu kennen, als die haltlose Annahme, die Bischöfe vor Sixtus könnten 
noch nicht wirkliche Bischöfe gewesen sein, weil Irenäus bei Euseh., 
h. e.V, 24 die römischen Bischöfe rückwärts nur bis Sixtus aufzähle. 
Auf dieses Argument möchte ich mich freilich auch nicht berufen, 
da derselbe Irenäus im 3. Buch seines Hauptwerkes Linus, Anenkletus, 
Clemens, Euarestus und Alexander ebenso als »monarchische Bischöfe « 
aufführt wie ihre Nachfolger. Auch dass Irenäus die Vorgänger des 
Soter nicht »Bischöfe«, sondern » Presbyter« nennt, ist nicht zu urgiren. 
Aber es ist auffallend, dass Hr. Lientroor andere Argumente, die 
gegen seine und die officielle römische Annahme, die Bischöfe vom 
Tode des Petrus ab seien »bishops in the sense of monarchical rulers 
of the Roman Church« gewesen, nicht anerkennt. 


56* 


634 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


ı. Das wichtigste innerhalb der römischen Gemeinde entstandene 
Buch, der Hirte des Hermas, stammt aus inneren Gründen aus der 
nachtrajanischen Zeit,' nach dem Zeugniss des Muratorischen Frag- 
ments und des Hippolyt (Catal. Liberianus) aus der Zeit des »Bischofs 
Pius«, also — auf die Liste berechnet — zwischen 139/41 und 154/6.° 
Aber das Buch selbst zeigt unwiderspreehlich deutlich, dass damals 
die römische Kirche von einem Presbytercollegium geleitet wurde 
und wohl Bischöfe besass, dass jedoch ein monarchischer Bischof noch 
fehlte. Vis. II, 4, 3 heisst es: oV de dvayvwaon eis Tauryw Tyv moA Werd 
ray mpeoQurepwv ray Mpoiorausvwv TA ExxAyoias, vergl. Vis. II, 1,8. Auch 
an den beiden Stellen, wo Bischöfe erwähnt werden, erscheinen sie 
nur im Plural; s. Vis. III, 5,ı und Simil. IX, 27, 2 (zusammengestellt 
mit dirofeva!). Dasselbe ist der Fall in Bezug auf »Hirten«. Eine 
Mehrzahl von verantwortlichen Hirten wird vorausgesetzt (Sim. IX, 
31,5.6). Vis. IN, 9,7 liest man: Nüy oiv vulv Acyw Tols Tponyovuevars 
TNS EXXANCIAS Kal Tols mowToxaSedgirdus — also wiederum ein Collegium. 
Vis. Il, 2, 6 heisst es: "Epeis oUv Tois Toonyouuevors TNS EXXANCILS vd Kor- 
opdwowvraı Tas odeus auruv &v dixauonvvn xrA. Mand. XI,ı2 wird dem 
falschen Propheten vorgeworfen, dass er sich »erhöhe und die rpw- 
roxaSedoiw haben wolle«, und Sim. VII, 7, 4. 6 werden solche getadelt, 
die da haben £&AAov ra Ev dAeAcıs Ten Tpwreiwv xl mepi doEns Tvos, 
aber, fährt Hermas fort, &v rais Evrorais men mpwreiwv ” mepi doEne Tivos 
cux eorw. Die zuletzt angeführten Stellen mögen darauf hinweisen, 
dass der monarchische Episkopat damals im Anzug war; aber von 
diesem selbst ist in dem Buche keine Spur zu finden. Ist dem so, 
dann hat es in Rom noch geraume Zeit nach Trajan’s Regierung keinen 
monarchischen Episkopat gegeben, dann ist aber auch die Angabe, 
der Hirt des Hermas sei zur Zeit, »da Pius auf der Cathedra der 
Stadt Rom sass«, geschrieben, streng genommen unrichtig und kann 
nur den Werth einer ungefähren Zeitbestimmung haben, d. h. das 
Buch ist verfasst zu der Zeit als Pius im regierenden Collegium der 
römischen Gemeinde sass. Es kommt hinzu, dass die Zeit, welche 
durch die Amtsjahre des Pius nach der Liste abgesteckt ist, 139/41 
bis ı 54/6 für die Abfassung des Buchs etwas zu spät zu sein scheint; 
denn hätte Hermas damals erst geschrieben, so hätte er von den 
haeretischen Bewegungen in Rom anders handeln müssen, als er es 


! Dies wird allerdings von Hrn. Liemrroor — auch von den HH. Casrarı und 
Zaun — bestritten, aber, wie mir scheint, mit unzureichenden Gründen, s. meine 
Ausgabe. Selbst wenn sie Recht hätten, wäre jedenfalls für die Zeit um das Jahr 100 
bewiesen, dass es damals einen monarchischen Episkopat in Rom noch nicht ge- 
geben hat. 

? Spricht man dieser Datirung jede Glaubwürdigkeit ab, so erschüttert man da- 
mit die ganze alte römische Überlieferung im Fundament. 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 635 


in seinem Buche gethan hat. Die Haeresie steht nach dem Buche 
noch sehr im Hintergrund; zwischen 139/41 und 154/6 stand sie aber 
für die römische Gemeinde im Vordergrund. 

2. Ignatius, der Bischof von Antiochien, schrieb in der Zeit 
Hadrian's, nach der Tradition in der Zeit Trajan’s, sieben Briefe. 
Sechs von ihnen sind an kleinasiatische Gemeinden geriehtet bez. an 
den Bischof Polykarp von Smyrna, einer an die römische Gemeinde. 
In jenen sechs B 
archischen Episkopats in Kleinasien vorausgesetzt, die Autorität des 
Bischofs bestärkt und mit vielen Worten der Episkopat gefeiert und 
für den Halt der Gemeinde erklärt. In dem Schreiben nach Rom 
dagegen fehlt jede Ermahnung zur Einigkeit mit dem Bischof, ja 
Jede Erwähnung der Institution des monarchischen Episkopats. Igna- 


riefen wird durchweg die Institution des mon- 


tius selbst nennt sich in diesem Brief »rov Erioxorov Zupias« (c. 2, 2); 
er schreibt (ce. 9, 1): »Gedenket in euerer Fürbitte der Kirche in Syrien, 
die statt meiner Gott zu ihrem Hirten hat. Jesus Christus wird sie 
allein überwachen (Erioxoryce) und euere Liebe«. Also auch hier ist 
eines römischen Bischofs nicht gedacht und ebensowenig am Schluss. 
Überall ist die ganze Gemeinde angeredet. selbst in solehen Sätzen 
wie: oVderors EBaoxdvars oudeva, dAAous &didakare, wo die Erwähnung 
der besonderen Verdienste ihrer monarchischen Bischöfe, wenn es 
solche gegeben hätte, sehr nahe lag. Man kann einwenden, Ignatius 
habe an die ganze Gemeinde und nicht an den Bischof geschrieben 
und er habe eine unbekannte Gemeinde nicht ermahnen wollen. Allein 
auch die übrigen Briefe sind mit Ausnahme eines einzigen an Ge- 
meinden geschrieben und zeigen, dass der Verfasser in der Idee des 
Episkopats lebte. Hätte er nach seiner sonstigen Art den Bischof 
nicht erwähnen müssen, wenn er gewusst hätte, dass ein solcher vor- 
handen sei? Diese Frage ist wohl gestattet, wenn auch zuzugeben 
ist, dass das Argument nur im Zusammenhang mit dem aus Hermas 
erhobenen Thatbestande von erheblichem Gewicht ist. 

3. Von den drei Beweisen, die Hr. Lientroor oben für die 
Zuverlässigkeit der Liste angeführt hat, unterliegt der erste keinem 
Bedenken. Aber er ist auch ohne besonderen Werth; denn dass eine 
Liste, die unter Victor verfasst ist, in Bezug auf den Amtsantritt 
eben dieses Bischofs nicht Irrthümliches enthalten wird, ist ohne 
Weiteres klar. Bedenken aber erregt das zweite Argument. Polykarp 


ist am 23. Februar 155 Märtyrer geworden.‘ Er ist aber — nach 
dem unumstösslichen Zeugniss des Irenäus — einmal in Rom gewesen 


' Turser (Studia Bibl. et Eceles. Oxf. II p.ı05f.) sucht zu zeigen, dass das 
Martyrium am 22. Februar 156 stattgefunden hat. 


636 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


und hat dort mit dem Bischof Anicet verhandelt. Die Liste lässt 
für den Amtsantritt des Anicet die Jahre 155 und 156 offen und viel- 
leicht noch das Jahr 154. Aber jene beiden Jahre können überhaupt 
nicht in Betracht kommen, da der im Februar ı 55 gemarterte Polykarp 
den Anicet schon als Bischof in Rom gesprochen hat. Also lässt 
sich diese Nachricht mit der Liste nur dann vereinigen, wenn Anicet 
im Jahre 154 Bischof geworden ist und Polykarp in diesem Jahre 
seine Reise nach Rom unternommen hat. Jeder sieht, wie peinlich 
diese Chronologie wird. Man muss für die Reise des Polykarp das 
letzte Jahr vor seinem Tode (154) pressen, und man muss für den 
Amtsantritt des Anicet das nach der Liste früheste mögliche Datum 
(154) wählen! Nur dann sind die Angaben vereinbar. Es ist eine 
schlechte Methode, die sich bei einem solchen Ergebniss ohne Weiteres 
beruhigt. Vielmehr erscheint es nahezu geboten, den Amtsantritt 
des Anicet hinaufzusetzen, um einen Spielraum für die Reise des 
Polykarp zu gewinnen. Setzt man ihn aber hinauf, so zerstört man 
entweder die Ziffern der Liste für Pius oder verwirrt die Liste sonst. 
Allein wir sahen oben auf Grund der Untersuchung des Hirten des 
Hermas, dass auch der » Amtsantritt« des Pius wahrscheinlich zu spät 
angesetzt war, und dass der Hirte wohl zu seiner Zeit geschrieben ist, 
aber noch eine collegialische Leitung der römischen Gemeinde voraus- 
setzt. Der naheliegende Schluss hier ist der, dass die Zahlen für 
Pius und deshalb auch für den Amtsantritt des Anicet arrangirt 
sind und arrangirt werden mussten, weil Pius zwar Bischof, aber 
noch nicht Bischof im monarchischen Sinn des Worts gewesen ist, 
sondern ein sehr einflussreiches Mitglied des leitenden Collegiums in 
Rom. Das dritte Argument Hrn. Lientroor's geht von der Annahme 
aus, dass der Clemensbrief im Jahre 9 5/ 6 von dem römischen Clemens 
geschrieben ist, und dass die Liste für diesen Bischof auf die Jahre 
86/8 — 95/6 führt. Beide Annahmen sind m. E. richtig, und man 
darf auch in der Berechnung der Liste nach rückwärts bei den letzten 
Daten mit Recht eine gewisse Latitüde walten lassen. Aber sehr 
beruhigend ist das Ergebniss selbst dann nicht; denn man kommt 
wiederum fast bis zum letzten möglichen Termin. Hr. Lienrtroor 
hat sich deshalb daran erinnert, dass Eusebius das letzte Jahr der 
»Regierung« des Glemens mit dem 3. Jahr Trajan’s identifieirt. Streng 
genommen gehört diese Berechnung nicht hierher. Aber auch davon 
abgesehen — man wusste in Rom im 2. Jahrhundert natürlich, dass 
das gehaltvolle Gemeindeschreiben nach Korinth, an welches z. B. 
Dionysius von Korinth die Gemeinde noch um ı70 dankbar erinnert 
hat, von einem Presbyter Clemens am Ende der Regierungszeit 
Domitian’s geschrieben worden ist. Dass man dieses Datum berück- 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 637 


siehtigte, als man eine bezifferte Bischofsliste aufstellte, in der auch 
Clemens eine Stelle fand, kann nieht auffallen, auch wenn die Be- 
rücksiehtigung noch deutlicher wäre, als sie ist.' 

4. Oben S. 623.624 sind zwei Stellen aus Epiphanius mitge- 
theilt worden. Die erste (über Cerdo) konnte sofort auf Irenäus zurück- 
geführt werden. Die zweite heisst vollständig so: 'O Mapziwv avec 
eie nv Puunv auryv nerd TO rereurzoaı Wyivov rov Emioxomov Puwwns. oVros 
Ö8 Evaros Av ame Ilerpov xaı Havurov Tav dmooroAuv. xal Tols erı mpsoBurdus 
mepIoünı xl mo Tüv uadyrüv Tav amooToAwv Gpuwmevors ovußaruwv Yraı 
Gwayivar, zul cüdeis aürw wuyreywenxe' Ama Aoımev EmapIeis ws oUX 
AmeiANDE TNv Tpoedpiav TE xal EIoduoıw TYS EXXANGIds Emwoel Eaury xal Mp00- 
beuyaı TH rov dmarsüvos Kepdwvos aipeveı. xal apyeraı, ws eimeiv, EE duris 
TNS days Kal ws amd Supwv Tüv Inryudrwv mporeivew Tols XAT Exelvo 
zaıpod mpeoQurepois Toüre ro &yryua‘ (folgt Matth. 9, 17). x ws Touro 
Nxovoav oi Emieixeis Kal mavayıcı 71 Aylas rov Yeod ErxAnias mpeo Qurepou 
xal dıdaozarcı ereyov xrA. Es steht fest, dass der wesentliche Inhalt 
dieses Stücks. welcher sich auch bei Philastrius h. 45 (Pseudotertull. 
de haeres. 17) findet, aus dem Syntagma Hippolyt’s stammt.” Also 
hat Hippolyt. auf alter Überlieferung fussend. dem Marcion bei seiner 
Ankunft in Rom nicht einen Bischof, sondern ein Collegium von 
Presbytern und Lehrern? gegenüber gestellt. Von einem Bischof ist 
nicht die Rede. Dann aber ist es wahrscheinlich, dass die Notiz: uer« 
76 TeAeurioaı Wyivov Tov Emrioxomov Pupns‘ o0Tos de Evaros yv dmo Ierpov zul 
HavAov rov droororwv, ein Zusatz des Epiphanius ist, der aus derselben 
Quelle stammt, aus dem der formell gleichlautende ehronologisehe An- 
satz für Cerdo genommen ist, nämlich aus Irenäus. Er passt nicht zu 
den » rosa Burepoı za Öidaoxarcı«, und er erklärt sich auf’s Einfachste 
aus der Angabe des Irenäus, Cerdo sei unter Hyginus aufgetreten und 
ihm sei Marcion gefolgt. Hieraus schloss Epiphanius nieht ohne Grund, 
Marcion sei uerz 76 rersurfjoaı "Vyivov nach Rom gekommen.’ 


I Liesse es sich erweisen, dass der im Hirten Vis. II, 4, 3 genannte Clemens 
mit dem Verfasser des Gemeindeschreibens identisch ist (ygalas dvo Auragrdıc za 
meumnbsıs ev Kiruevri zn Ev Toarrn. meunbsı on Kirurs eis Tas eEw mor.sıC" exsivu yag 
Emrerperren), so wäre es vollends um die Glaubwürdigkeit der Zahlenangaben der 
Liste geschehen; denn Klemens hätte dann noch in nachtrajanischer Zeit gelebt. Die 
Annahme, der Verf. habe für einen Zeitgenossen des alten Clemens gelten wollen, 
ist nicht zu begründen. 

? S. Liesius, Z. Quellenkritik des Epiphanios S. 197 ff. 

> S, über die Stellung und Bedeutung der »Lehrer« in der römischen Gemeinde 
den Hirten des Hermas Vis. III, 5,1; Mand. IV, 3,1; Sim. IX, 15, 45 16, 55 25, 2. 

* Ist dem so, dann scheidet die Stelle, die wir in unserem Verzeichniss oben 
S.624 sub Nr. ıı geführt haben, aus der Zahl der Stellen von selbständigem Werthe aus. 
Die Möglichkeit muss indess offen bleiben, dass Epiph. eine uns nicht bekannte Quelle 
benutzte (s. den Fihrist). 


638 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


5. Irenäus durchbricht die Aufzählung der Namen der römischen 
Bischöfe (UI, 3. 3) nach Clemens bis zum Schluss nur ein einziges 
Mal, um bei Telesphorus die Bemerkung hinzuzufügen: ds zul Evdoguws 
emaprüupnoev. Nach dem damaligen Sprachgebrauch kann das sowohl 
heissen »der ein herrliches Zeugniss vor der Obrigkeit abgelegt hat«, 
als auch »der in herrlicher Weise Märtyrer geworden ist«.' Zu ent- 
scheiden ist zunächst nicht; soviel aber ist gewiss, dass man in Rom 
2.7. des Irenäus nur von einem Bischof, dem Telesphorus, wusste, 
dass er ein herrliches Zeugniss vor. der Obrigkeit abgelegt hat. Nun 
schreibt aber Tertullian (adv. Valent. 4): Speraverat episcopatum Valen- 
limus, quia el ingenio poterat et eloguio. sed alium ex martyrü? praero- 
galiva loci potitum indignatus de ecelesia authenticae regulae abrupit. Diese 
Scene hat nach Tertullian de praeser. 30 in Rom stattgefunden. Hier 
ist nach dem Bericht des Tertullian Valentin einem Confessor bei der 
Wahl nachgesetzt worden. Dieser Confessor, der »Bischof« geworden 
sein soll, kann nach dem eben Ausgeführten nur Telesphorus gewesen 
sein. Telesphorus aber hat sein Amt nach der alten römischen Liste 
124/6 angetreten. Dies ist jedoch nicht nur für die Ankunft Va- 
lentin’s in Rom zu früh, sondern widerstreitet auch der ausdrück- 
liehen Angabe des Irenäus, Valentin sei unter Hyginus, also ıı bis 
15 Jahre später, nach Rom gekommen. Da nun aber die Mitthei- 
lung des Tertullian, dass Valentin und Telesphorus in Rom rivalisirt 
haben, gewiss auf guter Kunde beruht, so bleibt nur die Annahme 
übrig, dass die alte römische Liste seine » Amtszeit«, speciell seinen 
» Amtsantritt als monarchischer Bischof« zu früh angesetzt hat und 
dass er wahrscheinlich ein gleichzeitiger, jedoch älterer College des 
Hyginus gewesen ist, in dessen Regierungszeit Irenäus den Valentin 
nach Rom kommen lässt. 

Aus dem Ausgeführten ergiebt sich, dass auf die genauen Zahl- 
angaben der alten römischen Bischofsliste kein Verlass ist. Weit ent- 
fernt, dass sie für die 6 ersten Bischöfe zuverlässig wäre, ist sogar 


! So schreiben die Verfasser des Briefes von Lyon und Vienne über die in der 
= = >» > N 
Verfolgung am Leben gebliebenen Confessoren (bei+ Euseb. h. e. V,2, 2): ovr auros 


m 


„ ’ SEE, 
ugrugas Eaurous qvenmgurren, OUTE ur ai Emergemov BOTEN, 2] See Pe 


D 


auroUs, RAR er wor: Ti no oT ET ToAnS Y dick Aoyov Wagruges KUroVUG MOOTE TEV (das 


- 


scheint also das Gewöhnliche gewesen zu sein), Eee mirgws" ndeug yap = aeg 


Emre 
FR MIT Fu za KIEAS Ivan nagrugt. .. cu 


gavv an 77 Mugrugtaes maosmyogta Tu Xasew, 
Er SIMIAUNTROVTO Tu eGernnuSor. DV HÖR Magrügwv zu Epeyav- ereivon Mon Wagruges > oV6 er 
mn OnoRoryige Xoısros nEinrev avardoAver, erınpowyırausvos aurav OL TG 2Eodou FyV 
Morgrugiav (also; die Kagrupie ist auch ihnen das offene Bekenntniss vor der Obrigkeit, 
welches durch den Tod lediglich besiegelt wird), zusis Ö2 OloAoryar mergiot zu TamEwo. 
Also erst damals begann die Differenzirung im Sprachgebrauch des Wortes. 

® » Martyrium« muss hier den Confessor, nicht den Märtyrer bezeichnen; unsere 
in der vorigen Anmerkung begründete Ansicht bestätigt sich also. 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 639 


die aus ihr zu berechnende Zeit der »Regierungen« des Telesphorus, 
Hyginus und Pius und deshalb auch noch der »Amtsantritt« des 
Anicet ohne wirklichen Werth." Damit ist aber auch unter Berück- 
sichtigung des Hirten des Hermas erwiesen, dass diese Männer nicht 
Bischöfe im späteren monarchischen Sinne des Wortes gewesen sein 
können. Nur das ist zu acceptiren, dass Telesphorus, Hyginus und 
Pius einflussreiche Mitglieder des römischen leitenden Collegiums in 
der Zeit Hadrian's und des ersten Antoninus gewesen sind. Ob sich 
etwa über diese Erkenntniss hinaus der alten Liste doch noch Zu- 
verlässiges abgewinnen lässt, muss hier zunächst dahingestellt bleiben. 
Aber die These Lientroor's, dass die Liste in ihren Zahlenangaben 
wesentlich gesichert sei und dass der monarchische Episkopat für 
Rom bis auf Linus zurückdatirt werden könne, scheint als unhaltbar 
erwiesen zu sein. Erst Anicet darf von einem nicht näher zu be- 
stimmenden Zeitpunkt an als Bischof im strengen Sinn betrachtet 
werden, und in der That spricht nichts dagegen, dass er es ge- 
wesen ist. 

IH. In den in der Zeit des Eleutherus geschriebenen » Denkwürdig- 
keiten« des Hegesipp findet sich (s. oben sub Nr. 21) die Mittheilung, 
die Eusebius aufbewahrt hat: 

"Ereuevev 4 ExxAnaıa y KopwIiwv &v TO cpIw Aoyw wexpı IIpinov Emiaxo- 
WEUOVToS &v KopvIw, ois ouvenıfa mAEwv Eis Puwunv xaı ouvdieronla Tois Ko- 
pwSiois uepas ixavas, Ev dis Guvavamamuev TO coIw Aoyw° Yevomevos dE &v Pwun 
diadoymv Emomodunv MEX,pLG "Avızyrou, ov dldxovos Av "Ereudepos, Xal map 
"Avıznrou dindeyeran Zwrnp, me$ cv 'EAeudepos" Ey Endorn de diadoyih zul Ev 
Endorm more oÜTws Eye, Ws 0 vouos KpUccsı xl ol mpobhrdı Kal © xUpuos. 


! Dagegen darf man sich, um die Unzuverlässlichkeit der Liste zu erweisen, 
nicht darauf berufen, dass Tertullian (de praeser. 30) in einem Athemzuge Marcion 
und Valentin für Haeretiker aus der Zeit Antonin’s und für Zeitgenossen des »bene- 
dietus Bleutherus« erklärt, ja behauptet, unter Eleutherus seien sie noch rechtgläubig 
gewesen. Denn es ist längst erkannt, dass hier ein so grober Verstoss vorliegt, dass 
er schwerlich Tertullian selbst zugetraut werden kann. (Wollte man ihn doch Ter- 
tullian selbst zuschreiben. so müsste man annehmen, er habe sich momentan im Irr- 
thum befunden und den Eleutherus vielleicht mit Anicet verwechselt, dessen Diakon 
er war.) Man kann entweder die Worte sub episcopatu Eleutheri benedicti als Glosse 
streichen, oder — was wahrscheinlicher ist — einen sehr alten, aus einer verwischten 
Vorlage leicht erklärlichen Schreibfehler annehmen, nämlich EPISCOPATVELEVTHERI 
statt EPISCOPATVTELESPHORI. Dass Tertullian den Valentin mit Telesphorus zu- 
sammengestellt har (adv. Valent. 4). haben wir oben gesehen. Ferner verlangt der Con- 
text hier einen Bischof aus der frühesten Zeit Valentin’s. Das Beiwort »benedietus« 
passt aber besonders gut auf den Confessor - Bischof; denn (vergl. die Schrift ad mar- 
iyres) es ist das stehende Beiwort für die Märtyrer bei Tertullian. Allerdings nennt 
schon der Bischof Dionysius bei Euseb. 1. ec. IV, 22,10 den Soter »uazglos« ; aber er 
ist ein Grieche. ‚Tertullian dagegen hat das Wort nur noch einmal, und zwar höh- 
nisch, von einem römischen Bischof — Kallist — gebraucht (de pudie. 13: benedictus 
papa); aber auch Kallıst galt als Märtyrer. 


640 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Hr. Liemtroor knüpfte an diese Worte folgende Behauptungen und 
suchte für sie den Beweis zu bringen: ı. dass Hegesipp in Rom eine 
römische Bischofsliste bis Anicet angelegt, 2. dass er sie in seine » Denk- 
würdigkeiten« aufgenommen hat, 3. dass sie uns noch bei Epiphanius 
(h. 27, 6, s. oben sub Nr. ı4) erhalten ist, 4. dass sie eine bezifferte 
Liste gewesen ist, 5. dass Irenäus sie benutzt hat. Die Bedeutung 
dieser Nachweisungen, wenn sie richtig sind, liegt auf der Hand. Nicht 
nur wird die Abfassung der römischen Liste auf einen bekannten Autor 


zurückgeführt, sondern sie soll schon in der Zeit Anicet's als eine 


bezifferte — entworfen worden sein, und sie ist die Wurzel der Ver- 
zeichnisse, die wir bei Irenäus, Hippolyt und Julius Africanus finden. 

Ad ı. Hier handelt es sich um die Worte: diadownv Eromodunv 
MEXPIE "Avızyrov. So bieten alle griechischen Handschriften und, wie 
Hr. Liemrroor mittheilt, auch die uralte. von dem Original nur durch 
wenige Jahrzehnte getrennte syrische Übersetzung. Die Worte sollen 
nach Hrn. Lientroort bedeuten: »Ich machte ein Verzeichniss der 
bischöflichen Suceessionen bis Anicet«. Aber kann »diadoyr« diesen 
Sinn haben? Dafür wird Euseb., h. e.V,5,9 angeführt: ' ulpnvarros Tav 
emi Puuns ryv diadoyyv Emıozomwv & Tpıry Fuvrafeı rwv Moos Tas aipeoeıs 
Tapa>euevos Eis "EAEUSEDoV 222. Tov xarddoyov iorycı. Allein hier steht 
»erioxorwv« neben »diadoyyv«:; ferner wird dureh das nachgebrachte 
»xaraAoyov« der Sinn unzweifelhaft, und endlich heisst es nieht » diadoy,yv 
rasioIaı«, sondern »raparıdesIar«. Die Übersetzung, die Hr. Lienrroor 
vorschlägt, ist daher aus Eusebius nicht wohl zu belegen. Noch grössere 
Schwierigkeiten macht der Context. ‘Nach ihm erwartet man nicht. 
dass Hegesipp hier sofort die Mittheilung über eine schriftstellerische 
Arbeit, die er in Rom gemacht hat, bringen werde. Er ceonstatirt zuerst 
die Orthodoxie der korinthischen Gemeinde bis zum Bischof Primus 
und theilt mit, dass er damals —- auf seiner Reise nach Rom — eine 
geraume Zeit in Korinth geblieben sei und sich mit den Brüdern an 
der rechten Lehre erfrischt habe. Es liegt ihm also daran, sowohl 
die Zeit als die Orthodoxie zu markiren. Man erwartet demgemäss, 
dass er auch über die Zeit seiner Ankunft in Rom berichten und dann 
das Zeugniss für die Rechtgläubigkeit der Gemeinde bringen werde. 
Allein statt dessen soll er sofort gesagt haben: »Nachdem ich nach 
Rom gekommen war, machte ich ein Successionenverzeichniss bis Anicet, 
dessen Diakon Eleutherus war«.” Das ist — von der sprachlichen 


re 
2 Die folgenden Worte sagen allerdings etwas über Suecessionen aus, und auf 
sie stützt sich deshalb Hr. Liemwrroor. Aber sie sind genügend begründet durch den 
Zusatz »oV Ötezoros Yu "EAsuSegoc«. Um diesen zu erklären, d.h. zu erklären. warum 
er den Diakon Eleutherus hier nenne, fügt Hegesipp bei »2cH map« "Anıznrou dtadey,eran 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 641 


Schwierigkeit abgesehen — ganz unerträglich. Der Satz hat nur dann 
einen Sinn und Alles ist plan, wenn Hegesipp geschrieben hat: » Aber 
nach Rom gekommen, blieb ich bis (z. Z. des) Anicet. .... in jeder 
Succession' aber und in jeder Stadt steht es so, wie das Gesetz ver- 
kündet und die Propheten und der Herr«. 

Dass Hegesipp so und nicht anders zu verstehen ist, dass also 
— wenn »diadoymy Eromodunv neypis "Avıxyrov« nicht bedeuten kann: 
»permansi usque ad Anicetum« — der Text verdorben und für 
»dladoyyv« etwa »diarpudnv « zu lesen ist,” dafür sind uns Eusebius, 
Nicephorus und Rufin Zeugen. 

«) Hätte Eusebius den Hegesipp so verstanden, dass derselbe von 
einer römischen Bischofsliste gesprochen, so hätte er den Finger auf 
die Stelle gelegt und diese älteste und wichtigste Nachricht hervor- 
gehoben; aber er geht stillschweigend über sie hinweg. Ferner schon 
h.e. IV, ı1,7 hat Eusebius unsere Stelle, bevor er sie einige Capitel 
später wörtlich eitirt, benutzt. Er schreibt: xar Avianrov Hynoımmos 
10 Topei Eaurov Emidyuncaı Tr "Puur, mapaeive TE AUTOIL MEXWpL INS EMICKOMNS 
"EAeuSepov. Eusebius scheint hier freilich aus Flüchtigkeit in einen 
Irrthum gerathen zu sein; denn was er bei Hegesipp gelesen haben 
will, steht (wenigstens jetzt) so dort nicht zu lesen. Allein dureh- 
schlagend ist, dass er die Namen Anicet und Eleutherus lediglich als 
chronologische Daten für den Aufenthalt des Hegesipp in Rom ver- 
standen, bez. im Gedächniss NED hat. Das »dıadoynv Eroıncanyv« 
hat Eusebius mit vr apaneivaı auroSı wiedergegeben. Also kann er an die 
Anfertigung einer Bischofsliste nicht gedacht haben. Er erinnert sich 
der Stelle, als laute sie: yevomevos de &v "Pwun zur "Aviznrov Tas dıar pas 
eromoaunv auroyı meypis "ERevSspov. 

ß) Nicephorus Kallisti giebt in seiner Kirchengeschichte, die auf 
dem Text des Eusebius fusst, unsere Stelle also wieder (h. e. IV, 7): 
Kdixeodaı TE Exeitev (scil. aus Korinth) eis "Pwunv "Avıxyrou Emioxomolvros, 


Zuryg, nF ov "EAeüSegos, d.h. »der Elentherus, der jetzt in Rom Bischof ist, war 
damals Diakon«. Also darf man aus diesem Zusatz nicht auf den Sinn des Hauptsatzes 
(ye evomEVog 2 v "Pop dtedoy m roman 1 Ey,gıs "Avızhrov) zurückschliessen und folgern, 
»ÖLRdoyn« im Hauptsatze sei ein Suecessionenverzeichniss, vielmehr hat man den H: wupt- 
satz unabhängig von der untergeordneten Bemerkung »00 Öiezovog — me ov ERs UFegos« 
zu erklären. 

! Hier heisst »ÖLRdoyn« offenbar nicht » Verzeichniss von Suecessionen«, sondern 
bedeutet die Succession selbst. 

2 S. Euseb., h. e. IV, 13, ı1: Iovsrwos &mı 96 "Pauns Tas Öuerauas ErroLEiTo. 
BI 109,16: 21Suw Erı Marcaurrimg Ev Kaıragsie Tas daraus eroweiro. — Dass an einigen 
Stellen alle griechischen Handschriften des Eusebius unzuverlässig sind, indem sie den- 
selben Fehler haben, ist längst erkannt. So bieten sie sämmtlich — ein für unseren 
Fall besonders werthvolles Beispiel — in dem Irenäuseitat (h. e. V,6) »diöay,n«, aber 
der Vet. lat. des Irenäus hat das Richtige bewahrt: »o«öoyn«- 


642 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


0) dıdzovov Tov "EAeUJepov Aeyeı, 06 Tov Iwrnpe dıedeEaro, euros Ö& Tov Avıznrov. 
Also auch Nicephorus hat nicht an die Anfertigung einer Bischofsliste ge- 
dacht oder etwas dergleichen verstanden. Entweder las er die Worte 
» dladoy,nv Erroınodumv« überhaupt nicht, oder — was wahrscheinlicher — 
er las sie, hielt sie für unverständlich und erklärte sie sich nach 
BusebrIV, 71, 7: 

„) Rufin in seiner Übersetzung der Kirehengeschichte des Eusebius 
giebt die Stelle also wieder: »Cum autem venissem Romam permansi 
inibi donec Aniceto Soter et Soteri successit Eleutherus. sed in omnibus 
istis ordinationibus etc.« Hr. Lienrroor bemerkt hierzu (p. 154): » The 
general looseness of Rufinus deprives his version of any eritical weight, 
and his rendering of this very passage shows that the either misunderstands 
or despises the Greek. Allein zunächst ist zu bemerken, was Hrn. 
Lienrtroor entgangen zu sein scheint, dass Rufin einfach das ausgelassen 
hat. was im griechischen Text zwischen dem doppelten »’Avızyrou« 
steht, sei es, weil es in seiner Handschrift nicht stand, sei es, weil 
sein Auge bei der Leetüre abirrte. Übersetzt hat Rufin daher nur die 
Worte: yevonevos de Ev Puun [diadoymv Eromoaunm| mex;gıs mac, "Avızyrou 
dindeyerss Zwrip, uEI ov ’EreuSepos. Aber was las er an Stelle der 
eingeklammerten Worte? Er übersetzt »permansi inibi«. Das ist keine 
Übersetzung von »diadeyny Eremodunv«: vielmehr hat er aus IV, ıı jene 
Worte eingesetzt. Dort schrieb er: » Cwius temporibus Egesippus referl 
semelipsum Romam venisse et permansisse inibi usque ad Eleutheri epis- 
copatum« (nach dem Grundtext des Eusebius s. o.: rapaueivau TE alroSı 
MEXpL ING EMIOKOTNS "EAevdepov). Also hat er »diadoyyv Ereımodun« zwar 
wahrscheinlich sehon vorgefunden, aber mit Recht mit dem Ausdruck 
nichts anzufangen gewusst und ihn deshalb durch die andere klare 
Stelle ersetzt. An ein »Successionenverzeichniss« hat er so wenig 
gedacht wie später Nieephorus, und beide haben denselben Ausweg 
ergriffen, die verdorbene Stelle durch die andere (IV, ıı) zu heilen, 

Das Ergebniss ist demnach: Nicephorus und Rufin mögen das 
»dladoynv Eremodunv« bereits vorgefunden haben, aber sie haben es als 
Fehler bei Seite gelassen. Eusebius aber giebt IV, ıı eine Regeste 
der Stelle, die es höchst wahrscheinlich macht, dass er die fraglichen 
Worte nicht gelesen hat, sondern etwa »dıarodds Eromodunv«. Also 
ist »diadoyyv«, da es mit » Aufenthalt« nicht übersetzt werden kann, 
ein sehr alter Fehler. Jedenfalls besteht nur eine entfernte Möglich- 
keit, an dem Texte festzuhalten und ihn als »AÄnfertigung eines 
Successionenverzeichnisses« zu deuten. Eusebius hat den Hegesipp 
so nicht verstanden, selbst wenn man annehmen müsste, dass das 
Exemplar der »Denkwürdigkeiten«, welches er benutzt hat, bereits 
» diadoyyrv« bot. 


| 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 643 


Ad. Hr. Lientroor nimmt als selbstverständlich an. dass die 
von Hegesipp entworfene römische Bischofsliste in seinen » Denkwürdig- 


keiten« eine Stelle gefunden hat. Allein — selbst die Zusammenstel- 
lung einer solchen Liste durch Hegesipp vorausgesetzt -— ist es mehr 


als unwahrscheinlich, dass sie in jenes Werk aufgenommen worden 
ist. Eusebius hat die »Denkwürdigkeiten« durehstudirt und sehr fleissig 
für seine Kirchengeschichte excerpirt. Wie hätte er an einer solchen 
Liste vorüber gehen können? Das von Irenäus gebotene Verzeichniss 
römischer Bischöfe hat er in extenso (h. e. V, 6) mitgetheilt. Überall 
war in seinem historischen Werke sein Hauptabsehen darauf gerichtet, 
die bischöflichen Successionen und die ältesten Gewährsmänner für 
dieselben namhaft zu machen. Beginnt seine Kirchengeschichte doch 
mit den Worten: Tas rwv iepav drooroAwv dindoy,as Cüv al Tols... Ypovas ... 
ypahy mapadovvaı mpenpmuevos. Und er sollte an der römischen Liste, die 
notorisch die älteste gewesen wäre — die Vorlage des Irenäus — 
und dazu Ziffern geboten hätte (s. unten), stillschweigend vorüber ge- 
gangen sein? Dies ist nahezu undenkbar. Man darf daher mit höchster 
Wahrscheinlichkeit behaupten: in den » Denkwürdigkeiten« Hegesipp’s 
hat keine römische Bischofsliste von Petrus ab gestanden, weder eine 
bezifferte noch eine unbezifferte. Dazu: die Worte Hegesipp’s selbst, 
auch wenn man »diadoynv Eromodunv« liest und wie Hr. Liewrroor 
erklärt, legen es nicht nahe, dass die fragliche Liste in den »Denk- 
würdigkeiten« Aufnahme gefunden hat. Im Gegentheil — Hegesipp 
erzählt, was er einst unter Anicet unternommen. Durch nichts ist an- 
gedeutet, dass er jene Arbeit hier mitgetheilt hat. 

Wir folgern also: wenn Hegesipp wirklich ein römisches Bischofs- 
verzeichniss unter Anicet abgefasst hat — was höchst unwahrschein- 
lieh ist —, so ist ebenso unwahrscheinlich, dass er es in seinen » Denk- 
würdigkeiten« publieirt hat;' denn das Schweigen des Eusebius wäre 
in diesem Falle fast unerklärlich. 

Ad 3—5. Hr. Liemrroor hat sich das ausgezeichnete Verdienst er- 
worben, auf die römische Bischofsliste bei Epiphanius (h. 27, 6) und 
ihren hohen Werth hingewiesen zu haben. Er hat m. E. bewiesen: 
a) dass diese Liste mit der Notiz über die Ankunft der Marcellina in 
Rom eng zusammen gehört,” b) dass sie beziffert gewesen ist, Epi- 


! Das Werk ist ein apologetisches zu Gunsten der grossen Kirche gegen die 


Häretiker gewesen, und sein Verfasser hat bereits den Traditionsbeweis ausgeführt, wie 
er sich auf die ununterbrochenen Successionen der Bischöfe, die auf die Apostel zurück- 
gehen, stützte. In ein solches Werk hätte eine römische Bischofsliste allerdings gepasst. 

° Gegen Lirsivs, Quellenkritik des Epiphanius S. 114. Auch ich habe früher irr- 
thümlich angenommen, die Notiz über die Marcellina stamme aus dem Syntagma Hippo- 
lyt’s. Sie hängt vielmehr so eng mit der Bischofsliste zusammen, dass sie von dieser 
nicht getrennt werden kann; die Bischofsliste aber hat nicht im Syntagma gestanden. 


> ” . 
644 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


phanius aber nur die beiden ersten Ziffern für Linus und Kletus ab- 
geschrieben hat, ce) dass sie nicht aus Irenäus geflossen ist, d) dass 
sie römischen Ursprungs ist,‘ e) dass sie sehr alt sein muss, d. h. 
noch dem 2. Jahrhundert angehört, weil sich andernfalls die eben in 
der Anmerkung angeführten Worte nicht wohl erklären lassen.” Allein 
darüber hinaus behauptet Hr. Lieutroor weiter noch, ı. die Liste 
stamme aus der Zeit Anicet’s, und 2. sie sei das von Hegesipp angefertigte 


Verzeichniss. Diese beiden Behauptungen sind aber — die Existenz 
eines solchen Verzeichnisses vorausgesetzt — nicht zu erweisen. Was 


zunächst die erste betrifft, so endet die Liste allerdings mit Anicet. 
Allein Epiphanius scheint hier abzubrechen, weil er von den Karpo- 
kratianern und Marcellina handelt und die letztere eben unter Anicet 
nach Rom gekommen ist. Er hatte also keinen Grund weiter auf das 
Verzeichniss einzugehen, nachdem er es bis zum Bischof Anicet hin 
abgeschrieben hatte. Somit lässt sich nieht entscheiden, wo die Liste 
abgebrochen hat. Sie kann mit Anicet gesehlossen haben; sie kann 
aber auch sehr wohl etwas weiter geführt haben. Die zweite Be- 
hauptung anlangend, so stützt sich Hr. Lientroor auf folgende Beob- 
achtungen. a) Hegesipp fertigte seine Liste z. Z. Anicet’s an; bis dahin 
aber reicht der von Epiphanius mitgetheilte Katalog, b) dieser Katalog 
nimmt auf die Entstehung der Häresie Rücksicht: es steht aber fest, 
dass Hegesipp Successionen der Bischöfe zum Zweck der Vertheidigung 
ler kirchlichen Lehre gegenüber den Haeresieen aufgestellt hat, e) der 
von Epiphanius mitgetheilte Katalog erscheint durch eine Bemerkung 
über den Bischof Clemens, resp. über den von ihm geschriebenen Brief, 
unterbrochen; auch Hegesipp hat im Zusammenhang mit der von ihm 
mitgetheilten Bischofsliste ausführlicher von Clemens gehandelt und 
seinen Brief angeführt, d) Epiphanius giebt an, dass er das, was er 
aus dem Brief des Clemens mitgetheilt, Ev TIOW VTOHVNMATIOHOIS Qe- 
funden habe; Hegesipp’s Werk aber führte den Namen "Yronvnuars, 
und Eusebius eharakterisirt den Verfasser (h. e. IV, 8) also: ryv drravy 
maddocı ToV KMOoCToALKoU KnpUyuares dmAouorary suvrafe Ypadns UmolvN- 
WATIOdWEVvoc. 

Das erste dieser Argumente ist oben bereits gewürdigt worden; 
es ist höchst zweifelhaft. Das zweite ist in der That ein starkes 
Argument. Hat Hegesipp eine römische Bischofsliste entworfen, so 
ist es sehr wahrscheinlich, dass sie einen solehen Context gehabt hat 
(Beziehung auf die Häresie), wie der Katalog des Epiphanius ihn an- 
giebt. Das dritte und vierte Argument aber scheint mir bei näherer 


r 5 Sa \ 5 e m „ : 
! Vergl. die Worte: 1AIe nev eis nmas rn mus Magzer rtv TS. 
2 Näheres über diese feststehenden Punkte s. u. 


Lj 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 645 


Betrachtung nicht nur nicht beweiskräftig zu sein, sondern vielmehr 
gegen die These des Hrn. Lienrroor, dass Epiphanius in den »Denk- 
würdigkeiten« Hegesipp’s den römischen Katalog gefunden habe, zu 
sprechen. Allerdings nämlich hat sich Hegesipp in seinen »Denk- 
würdigkeiten« über den Glemensbrief verbreitet und daran das an- 
geschlossen, was er über die korinthische und römische Gemeinde zu 
sagen hatte; aber erstlich sahen wir oben (S. 643), dass Hegesipp, wenn 
er eine römische Bischofsliste verfasst hat, diese höchst wahrscheinlich 
nicht in den Denkwürdigkeiten veröffentlicht hat. Zweitens kommt die 
längere Unterbrechung der Bischofsliste bei Epiphanius augenscheinlich 
auf seine eigene Rechnung. In seinem Katalog fand er die Bemer- 
kung, dass Clemens, obgleich er erst als 3. Bischof nach den Aposteln 
angeführt war, Zeitgenosse der Apostel gewesen sei. Diese Bemerkung 
veranlasste ihn zu einem Excurs, um diesen scheinbaren Widerspruch 
durch die Annahme einer zeitweisen Resignation des Clemens auszu- 
gleichen. Drittens innerhalb dieses Excurses bemerkt er, um die 
Wahrscheinlichkeit einer solchen Resignation zu erhärten, Clemens 
selbst gebe in einem seiner Briefe gewissen Leuten den Rath (cf. I 
Clem. 54): dvaywpö, arm, &vorasyrw 6 Ados rov Yeod; er habe diese 
elementinischen Worte in einigen Commentarien' gefunden (eVpowev Yap 
ev TIoW Vroumuarıoneis roüro Eyzemevov). Hieraus folgt doch hinreichend 
deutlich, dass Epiphanius die elementinischen Worte nieht der Quelle 
entnommen hat, der er seinen Katalog und die Angabe über Marcel- 
lina verdankt, sondern einer anderen. “Entweder also stammt der 
Katalog aus den Denkwürdigkeiten Hegesipp’s, dann aber nicht das 
Citat, oder umgekehrt. Allein ev Tin trouvmuarıouois bezeichnet viel- 
leicht überhaupt nicht eine bestimmte originale Schrift, sondern flori- 
legienartige Commentarien. Doch ist es um einer anderen Stelle 
willen, auf die Hr. Liemtroor mit Recht aufmerksam gemacht hat, 
allerdings wahrscheinlich, dass die vroummuarısuc wirklich die Urouvy- 


nara des Hegesipp sind, die Epiphanius — wie es scheint als ano- 
nyme — in Händen gehabt hat. Haer. 29,4 nämlich erzählt er von 


Jacobus dem Gerechten, dem Vorsteher der jerusalemischen Ge- 
meinde, und bemerkt dazu: Ovrw isromoav moAAoı mp9 Nov mepl aurov, 
Eiceßıos Te zal Kayuns xal arAcı Ara zul To merarov Em TA xepadns 
EERV auTo hepewv, xudws ci TrpoEIENWMEVOL dEimıoreı Avöpes Ev Tols Um aurav 
LTOUVAUATIOWOLG Euaprupnoav. Hier ist zwar der Name Hegesipp’s 
nicht genannt, aber das Wort vroumuerono ist gebraucht, und von 
Hegesipp wissen wir (aus den Excerpten des Fusebius), dass er zum 
Theil gerade das über Jacobus berichtet hat, was Epiphanius er- 


ı Oder — »in Commentarien unbestimmter Herkunft.« 


£ n . Or = 
646 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


zählt.‘ Man hat also Grund zu der Vermuthung, wenn auch nicht 
wirkliche Sicherheit, dass das Citat des Epiphanius, den Clemensbrief 
betreffend, aus Hegesipp’s Denkwürdigkeiten getlossen ist. Dann aber 
stammt der Katalog nicht aus ihnen. Dieses Ergebniss widerspricht 
der Annahme des Hrn. Liemtroor, kommt ihr aber insofern auf einem 
anderen Wege entgegen, als eine gewisse, allerdings ganz abstracte 


Möglichkeit nun gewonnen ist, den Katalog doch dem Hegesipp — nur 
nicht seinen Hypomnematen — zuzuweisen. Diese Möglichkeit ist von 


Bedeutung; denn wir sahen oben, dass, wenn Hegesipp einen römischen 
Bischofskatalog angelegt hat, derselbe höchst wahrscheinlich nieht in 
seinen Hypomnematen zu suchen ist. 


Dass uns zugängliche Material reicht also nicht aus, um die Fragen 
zu entscheiden, ob Hegesipp eine römische Bischofsliste angefertigt hat 
und ob diese Bischofsliste mit der von Epiphanius h. 27, 6 benutzten 
identisch gewesen ist. Sehr starke Gründe sprechen dagegen. Allein 
unabhängig von der Entscheidung dieser Fragen steht es fest, dass 
die bei Epiphanius h. 27,6 mitgetheilte Liste ı. mit der Notiz über 
die Ankunft der Karpokratianerin Marcellina in Rom enge zusammen- 
gehört, anders ausgedrückt — dass die ihm überlieferte römische 
Bischofsliste nicht nur Bischofsnamen, sondern auch Geschichte 
enthielt,” 2. dass sie beziffert war; denn wenn Epiphanius für die 
beiden ältesten römischen Bischöfe, Linus und Kletus, Amtsziffern in 
der Liste gefunden hat, so ist ohne Weiteres klar, dass auch die 
übrigen Episkopate beziffert waren, 3. dass sie nicht aus Irenäus ge- 
flossen ist; denn Irenäus theilt keine Amtsziffern für die Bischöfe 


mit, 4. dass sie römischen Ursprungs ist; denn Epiphanius hat — ge- 
. r . I > c w IN : 
dankenlos — die Worte abgeschrieben: 1A9e ev eis Yuds non ws Mar- 


’ c 3 n r . n \ \ 
xeAAıva Tıs Um aurwv (von den Karpokratianern) draryIeca za moAAoUs 
E n ä ! > / 5 h e / N \ \ N ir, 
EAuunvaro Ev Ypovaıs "Avızyrou Emioxomov Pwuns, ToÜ xard riv dladox,yv Thou, 


‘ Das von Epiphanius auf Grund seiner Quellen Berichtete geht über das von 
Eusebius Excerpirte hinaus; man sucht es am besten bei Hegesipp, da es bei 
Susebius sicher nicht, bei Clemens Alex. höchst wahrscheinlich nicht gestanden hat. 
Übrigens lässt es sich wahrscheinlich machen, dass Epiphanius auch h. 78 den Hegesipp 
benutzt hat. 

®? Man vergl. am Anfang und Ende der Liste das &rı Avızyrov, vor allem. aber, 
dass Epiphanius bei der zweiten Erwähnung Anicet’s hinzufügt: 6 «vn ev ru zararoyw 
moodeorAuyazvos. Aber Anicet war vorher gar nicht in einem Katalog genannt, sondern 
nur als der Bischof, zu dessen Zeiten Marcellina nach Rom gekommen sei. Drückt 
sich nun Epiphanius trotzdem so aus, als habe er Anicet bereits »in einem Katalog« 
genannt, so folgt, dass die Erwähnung der Marcellina von ihm in einem Katalog 
römischer Bischöfe gefunden worden ist. 


Ben >. - Baur € 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 647 


dass aber »nuds« Rom bedeutet, folgt aus Iren. I, 25,5: Unde et 
Marcellina, quae Romam sub Aniceto venit, cum esset huius (Carpocratis) 
doctrinae, multos exterminavit,' 5. dass sie bereits dem Irenäus bekannt 
gewesen ist; denn es liegt auf der Hand, dass die beiden eben an- 
geführten Aussagen nicht unabhängig von einander sind. Kann nun 
Irenäus nicht die Quelle des Epiphanius gewesen sein (s. oben sub 3; 
ausserdem müsste Epiphanius das »Romam« in »nuäs« verwandelt 
haben; aber er lebte auf Cypern). so muss Irenäus dieselbe Quelle 
wie Epiphanius benutzt haben. 

Durch diese Erkenntnisse sind wir in den Stand gesetzt, die 
Untersuchung dort wieder aufzunehmen, wo wir sie oben am Schluss 
des 3. Capitels unterbrochen haben. 


>. 


ı. Aus der Untersuchung der Gleichzeitigkeiten der römischen 
und antiochenischen Bischöfe bei Eusebius, die bis Eleutherus und 
Maximinus reichte, ergab sich, dass Julius Africanus eine bezifferte 
römische Bischofsliste besessen hat. Es ist aber weiter festgestellt, 
dass diese Liste identisch gewesen ist mit derjenigen, welehe Hippolyt 
gebraucht hat. 

2. Epiphanius hat h. 27,6 eine alte römische Bischofsliste benutzt, 
die dieselben Namen’ in derselben Reihenfolge aufweist. wie die eben 
angeführte Liste, ferner ebenfalls Amtsjahre angiebt —- die beiden 
einzigen mitgetheilten stimmen mit der Liste des Africanus und Hip- 
polyt —, den römischen Ursprung an der Stirne trägt, und ausserdem 
eine Notiz enthält über einen Vorgang in der römischen Gemeinde 
zur Zeit des Anicet. 

3. Eben diese Liste ist dem Irenäus bekannt gewesen: denn den- 
selben Vorgang referirt auch er fast mit den nämliehen Worten und 
mit der chronologischen Bezeichnung »sub Aniceto«. Ausserdem stimmt 
die von ihm mitgetheilte römische Bischofsliste nieht nur Namen für 
Namen mit der des Epiphanius. sondern auch die von Epiphanius in 
seiner Liste vorgefundene Bemerkung zu Clemens: ovyXpevos wv Ilergov 
xcu Iaurov, findet sich in der Liste des Irenäus ähnlich wieder: 6 x) 
Ewparws ToUs Maxaplous dmoororous xaı oumdeßAnrWs aureic. 


4. Mithin gab es schon zur Zeit des Eleutherus — denn damals 
schrieb Irenäus — eine in Rom entstandene römische Bischofsliste, die 


! Das »eis yuac« ist der Abfassung der Liste durch Hegesipp nicht günstig; denn 
er war kein Römer. 

®2 Nur statt Anenkletus schreibt Epiphanius Kletus. Diese Variante findet sich 
auch sonst. 


u | 


Sitzungsberichte 1892. 5 


648 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


die Amtsjahre der Bischöfe enthielt und aus Epiph. h. 27.6, Irenäus, 
Julius Africanus (Eusebius) und Hippolyt (Catal. Liberianus) herzustellen 
ist. Die oben bis auf Vietor hinaufgeführte Liste muss also mindestens 
bis Eleutherus hinaufgeführt werden. 

Aber es lässt sieh noch mehr sagen. Die Liste führte nicht nur 
die Bischöfe mit Ordnungszahlen® und Amtsjahren auf, sondern sie 
enthielt auch chronistische Bemerkungen. Für zwei Angaben ist dies 
bereits nachgewiesen. Es fand sich bei Clemens eine solche Bemerkung, 
nämlich dass er ein directer Schüler der Apostel gewesen sei und im 
Namen der römischen Gemeinde einen Brief nach Korinth gerichtet 
habe. und ebenso bei Anicet, dass Marcellina unter ihm »zu uns« 
gekommen sei. Steht dies fest, so haben wir Grund anzunehmen, dass 
auch die übrigen alten Datirungen nach römischen Bischöfen, die wir 
oben zusammengestellt, oder doch ein Theil von ihnen, aus der alten 
Urkunde geflossen sind. Wir schlossen oben das 3. Capitel (S. 628) mit 
der Bemerkung, es müssten die Angaben des Hegesippus, Irenäus, des 
Verfassers des Muratorischen Fragments, des Hippolytus, Tertullian, 
des Gewährsmanns des Epiphanius, endlich des Pseudotertullian darauf 
hin untersucht werden, ob sie mit einer alten Liste römischer Bischöfe 
in Zusammenhang gestanden haben. Über Hegesipp haben wir bereits 
ausführlich gehandelt. Was Irenäus anlangt, so ist ausser den beiden 
bereits festgestellten Stücken, die seinem Werke für die Liste zu ent- 
nehmen sind, zunächst darauf hinzuweisen, dass er innerhalb des 
Katalogs bei Telesphorus die Notiz bringt: &s evdo&ws Zuaprupysev. Dies 
ist als dritte geschichtliche Angabe dem Katalog einzufügen. Aber 
auch seine chronologischen Angaben über Valentin. Cerdo und Mareion 
(Nr.6.7) müssen der Urkunde zugewiesen werden; denn sie folgen 
unmittelbar auf die römische Bischofsliste und sind in Bezug auf 
Valentin und Cerdo so genau, dass sie nur von einem Mitgliede der 
römischen Kirche herrühren können. Ferner ist es möglich, wenn es 
auch nieht sehr wahrscheinlich gemacht werden kann, dass auch die 
chronologischen Angaben über die Entstehung des Matthäus- und Mareus- 
Evangeliums (Nr. ı. 2) auf die Urkunde zurückzuführen sind. Sie heben 
sich stark von den gleich folgenden Angaben über Lucas und Johannes 
ab und sind auf Petrus und Paulus datirt, welche nach der Tradition 
die römische Gemeinde begründet haben. Man beachte dabei, dass 
Irenäus hier sagt: red Ierpou xai rou IlavAov Ev "Puun evayyerılonevwv 
xl Semsruovvrwv TYv ExxAyciav, und dass er dort. wo er die alte Urkunde 


DJ N \ 50 , , DEERN n > } U. oO 4 

2 S. Iren. 1. c.: uer@ Fovrov Toiru Fonw Mmo Tu amoTToru Kizurs . . » eu OUzZWS 
a Sen n 2 "2 aW) 5 _ ! y .. . . 
duros amd row amorroruw zaSirraraı Zusres. S. auch den römischen Anonymus bei 
Euseb. V,28 (oben 8.625 sub Nr. 18), der den Victor ausdrücklich als ı3. Bischof zählt. 


Es lässt sich auch sonst noch erweisen, dass die Ordnungszahlen eingefügt waren, 


” . . . . £) 2 
Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 649 


excerpirt, mit den Worten beginnt: IeuerıWoavres oUv Kal olROdouNGavTEs 
ci Uaxogıcı dmoororoı ryv Eexxaycıav. Endlich ist es glaublich. dass der 
Besuch des Polykarp in Rom unter Anicet (Nr.1ı5) m der Urkunde 
stand. Die stereotype Form, in der Irenäus die Thatsache erwähnt: 
Horuxapros emı Avızyrou Emiiyuncas rt Pour, fällt erstlich in’s Gewicht. 
Sodann ist zu beachten, dass die Erwähnung UI, 3, 4 unmittelbar 
nach der Mittheilung der römischen Bischofsliste geschieht. Ferner 
scheint mir der formelle Parallelismus: Unde et Marcellina quae Roman 
sub Aniceto venil ... mullos exterminavit und Teorvxaomos Emı "Avınyrou 
emridnunoas rn Pwun moAAoUs dmo Tüv mposipyuevwv diperixav emeorpeibev, auf- 
fallend. Die Notiz über Marcellina gehört aber sicher der alten Ur- 
kunde an.' 

Tertullian hat de praeser. 30 (Nr.1ro) jedenfalls auch eine römische 
Quelle benutzt. Auch er kennt den Telesphorus als Confessor (s. oben 
S.638ff.) und weiss von Valentin’s und Marcion’s ältestem Verhältniss 
zur römischen Kirche etwas zu erzählen. Allein es stimmt nicht zu 
dem, was Irenäus berichtet. Augenscheinlich folgte Tertullian einer 
anderen römischen Quelle. Dies geht auch daraus hervor, dass er 
Clemens (de praeser.32; s, oben S. 630), wie es scheint, als den 
ersten römischen Bischof anführt. Er hat also vielleicht ebenfalls ein 
Verzeichniss römischer Bischöfe gehabt mit angeschlossenen Fasten: 
aber es war nicht das des Irenäus, Africanus und Hippolyt; denn 
nieht nur war ihm Clemens der von Petrus ordinirte Bischof, sondern 
er brachte auch den Valentin und Mareion schon mit Telesphorus zu- 
sammen. 

Da über den Gewährsmann bez. die Gewährsmänner des Epi- 
phanius bereits gehandelt ist (S. 643ff.). so erübrigen nur noch die 
Angaben des Pseudotertullian im Carmen adv. Marc. (Nr. ı2). Auf 
den ersten Blick scheint Pseudotertullian die Probe auf unsere bis- 
herigen Ausführungen zu liefern; denn er unterbricht die römische 
Bischofsliste, die er bringt, indem er bei Clemens, Telesphorus, Hy- 
ginus und Anicet die chronistischen Mittheilungen macht, die sich ver- 
streut bei Irenäus finden, bei Pius aber diejenige. welche der Catal. 
Liberianus (Hippolyt) enthält. Hier also, so scheint es, ist die alte 
Urkunde selbst noch benutzt, und zwar vollständiger als von Irenäus 
und Hippolyt. Da Pseudotertullian mit Anicet schliesst, scheint auch 
der Beweis erbracht, dass die Urkunde bis zu diesem reichte. also 
unter Soter entstanden ist. Allein bei näherer Durchsicht erweist sich 
die Selbständigkeit Pseudotertullian’s gegenüber Irenäus und dem Catal. 


! Natürlich hat Irenäus auch über die Urkunde hinaus Kenntniss von der An- 
wesenheit Polykarp's in Rom besessen. 


57* 


650 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Liberianus als zweifelhaft; er ist vielmehr wahrscheinlich von beiden 
abhängig und hat nicht aus der alten Urkunde selbst geschöpft. Die 
Annahme der Abhängigkeit vom Catal. Liberianus bez. Hippolyt liegt 
nahe, weil Pseudotertullian zwischen Anenkletus und Kletus unter- 
scheidet. Die Abhängigkeit von Irenäus scheint aus der Wahrnehmung 
zu folgen, dass Irenäus in seiner Bischofsliste zufällig die Ordinalzahl 
»sextus« genannt hat. Eben diese Ordinalzahl hebt auch Pseudoter- 
tullian hervor,' desgleichen. wie Irenäus, die Ordinalzahl für Hyginus. 
Ferner wird es auf einem naheliegenden Missverständniss des Textes 
des Irenäus beruhen, wenn Pseudotertullian schreibt (Vers 297): Sub quo 
(Aniceto) Marcion hie veniens. Somit wird Pseudotertullian aus der 
Zahl der selbständigen Zeugen für die alte römische Urkunde aus- 
scheiden müssen; die Wahrscheinlichkeit ist nur gering, dass er sie 
direet benutzt hat. 

Wir versuchen nun auf Grund der bisher gegebenen Nachwei- 
sungen die alte Urkunde, soweit es möglich, zu reconstruiren. Der 
Wortlaut der beigeschriebenen Thatsachen kann natürlich nur an- 
nähernd ermittelt werden. Auch das muss zweifelhaft bleiben, ob sie 
alle in einer Urkunde gestanden haben (die Bischofsliste kann in ver- 
schiedenen Exemplaren mit verschiedenen Zusätzen ausgestattet ge- 
wesen sein), und ob nicht die Urkunde andererseits noch mehr ent- 
halten hat. 


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Ticv v, za mage 1asıwev Ewe "Anızrrou. RK: egduv d2, 6 90 Magziowos, za aUroG Emrı 
you [ös zu oydoos errırzomos] sis ryv Erzhnriav er. Saw za eEonoAoyounevos, 
olrwe diererene, more IE AuTgodıdarzanmn, mors de warm eEomoroyounsvos, wor: 
Ö2 2A \EYY, OMEVoS Si os rose HEADS, zu adırranzvos ans Tu 08 er. do FUVodLaeG. 


x 
duedsEamevos © aUurov Magziwv 6 Hovrızos Nawarev emı "Anznrov. 


ı III, 282: »Sertus Alexander Sixto commendat ovile«. Bei Irenäus ist Sixtus der 
sechste; aber Irenäus wusste von Kletus neben Anenkletus nichts. 

? Möglicherweise mit dem Zusatz: rourou roV Awov Iavros Ev rais mwaos TıunoSeov 
Errırrorcis menvnren Doch ist es wahrscheinlicher, dass diese Worte von Irenäus her- 
rühren, 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 651 


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! SE. < / „ t- 
la Emioxomos Zwryp ern N]. 


0% EWIOKOTOG "EREUJepos ıe]. 


Das Alter dieser hier reconstruirten Urkunde lässt sich noch etwas 
genauer bestimmen als durch die Beobachtung, dass Irenäus sie benutzt 
hat. Man hat nämlich zu beachten, dass Irenäus in seinem grossen 
Werk niemals Thatsachen über die Zeit Anicet's hinaus datirt und sich 
auch in Bezug auf die Verhältnisse der römischen Gemeinde nach 
Anicet nicht orientirt zeigt. Von Apelles und der späteren Entwicke- 
lung der mareionitischen Kirche scheint er gar nichts zu wissen; den 
Tatian datirt er nur unsicher. Dies erklärt sich sehr wohl, wenn die 
römische Urkunde, die er benutzte, mit der Zeit Anicet’s abschloss. 
also unter Soter abgefasst war. Die Abfassung unter Soter wird aber 
auch desshalb wahrscheinlich, weil die Notiz über Marcellina in der 
alten Urkunde die Form hatte: A2%e eis yuds 7dn Fuws MapxerAwva. Diese 
Worte lauten so, als gehörte die Ankunft der Marcellina der nächsten 
Vergangenheit an, sofern sie als ein allgemein bekanntes Ereigniss 
eingeführt wird. Demgemäss wird man es für wahrscheinlich halten 
dürfen, dass die alte Urkunde aus der Zeit des Bischofs Soter stammt. 
d.h. aus den Jahren 166/7—174/5 (oder rund etwa ı70) und später 
fortgesetzt worden ist bis zum Tode des Eleutherus u. s.w. Wäre sie 
von Hegesipp verfasst — was jedoch nahezu ausgeschlossen ist —, so 
wäre sie noch etwas früher anzusetzen. 

Über die Glaubwürdigkeit der in der Urkunde für die Bischöfe 
gemachten Ansätze haben wir im Allgemeinen bereits oben gehandelt. 
Die drei Hauptinstanzen gegen dieselbe, ı. dass zur Zeit, als das Buch 
des Hirten entstand, noch keine monarchische Regierung in der 
römischen Kirche vorhanden war, 2. dass Tertullian den Valentin (und 
wohl auch den Marcion) mit dem Bischof Telesphorus zusammenstellt. 
über beide Eigenthümliches berichtet, und Clemens von Petrus ordinirt 
sein lässt, also eine andere Tradition verräth,' 3. dass die Reise 


! Diese andere Tradition war noch am Ende des 4. Jahrhunderts nicht ausge- 
storben; s. Hieron. de vir. inl. 15: plerique Latinorum secundum post apostolum Petrum 
putant fuisse Clementem; sie liegt der pseudoclementinischen Litteratur zu Grunde und 


ist in Const. App. VI,46 nachweisbar. Auch als zweiter Bischof wird Clemens 
gezählt. 


652 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Polykarp’s zu Anicet nach den Ansätzen der Liste kaum untergebracht 
werden kann — sind meines Erachtens nicht zu widerlegen. Es 
erübrigt noch, einige allgemeinere Erwägungen auf Grund der Urkunde 
anzustellen. 


6. 

Zunächst — mag es mit der Glaubwürdigkeit der ältesten römischen 
Bisehofsliste wie immer sich verhalten — die Thatsache. dass um 170 
in Rom eine solche aufgestellt worden ist, und dass man spätestens 
von da ab begonnen hat, nach römischen Bischöfen zu datiren, ist 
von höchstem Belang. Noch 50 Jahre später konnte Julius Africanus 
für Antiochien nur eine fragwürdige Bischofsliste ohne Amtsjahre er- 
halten. und in Bezug auf die alexandrinischen Bischöfe vor Demetrius 
war er nicht besser gestellt. Dass man nach diesen Bischöfen datirt 
hätte, davon ist vollends nichts bekannt. Die besondere Bedeutung, 
die der römische Bischof schon frühe erlangt hat, tritt auch an 
diesem Punkte schlagend hervor. Ülemens Alexandrinus datirte die 
grossen Haeretiker nach den Kaisern: in Rom, in Gallien, in Carthago 
datirte man sie zu derselben Zeit, ja schon früher, nach den römischen 
Bischöfen. 

Der monarchische Episkopat ist unseres Wissens zuerst in Klein- 
asien entstanden. keineswegs in Rom. Aber er hat in Rom seine 
weltgeschichtliche Bedeutung erlangt. Die Ideen der Succession und 
Tradition, die ihn erst ausgestattet haben, sind vornehmlich römische 
Ideen.? "EASwuev EMI Tov eURAEh Xu Geuvov TAS mapadooews MMÜv Havovd, 
ermahnt der römische Clemens bereits am Ende des ersten Jahr- 
hunderts.” und er hat schon damals die berühmten Worte geschrieben: 


! Nur eine Datirung nach römischen Kaisern und römischen Bischöfen ist mir 
aus ältester Zeit bekannt, die öfters angeführte Stelle Tertull. de praeser. 30. 
? Auf die schwierige Frage, ob sie adoptirte profan -römische Ideen sind, die 
jüngst von Hrn. Tscuırn (Ztschr. f. K. Gesch. XU S. 215 ff.) etwas zuversichtlich behandelt 
worden ist, brauche ich hier nicht einzugehen. Die Beobachtung, dass die inner- 
kirchlichen Bewegungen diese Ideen mit einer gewissen Nothwendigkeit hervorgerufen 
zu haben scheinen, entscheidet noch nicht für ihren kirchlichen Ursprung. Andererseits 
sind die beigebrachten eoncreten Analogien aus der römischen Staatsverfassung und aus 
den sie leitenden Anschauungen nicht durchschlagend. Völlig negativ aber endeten meine 
Bemühungen, die Aufstellung einer römischen Bischofsliste und die Datirungen nach 
Bischöfen irgendwie mit dem römischen Sacralwesen der Kaiserzeit in Beziehung zu 
setzen. Der pontifex maximus und die pontifices, die Aufstellung des Calenders, das 
geistliche Archiv, die archiva, commentarü, fasti und annales pontificum bieten sich 
leicht dar; aber man weiss von diesen Einrichtungen sehr wenig, und das Wenige passt 
schlecht. Anders liegen die Dinge, wenn man die Entwickelung des römischen Epi- 
skopats im 3. und 4. Jahrhundert in's Auge fasst. 

DIRRSad Cor, ze 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 653 


Oi drcorora Aumv Eyvuoay dia Tou xugiov Aumv Inaod Xpiorov orı Eos Eoraı 
ER TOD OvouaTos TNS EMICKOMNG. dia TaUTNv oUv TNv alrıav moOyvucıy EiANdboTEG 
TEAEIOV KATEOTNCAy ToUs mposıpnuevouc, xl MErafU Emvanmy Edwxav, omws day 
kaumSucow, diadeZwvraı Erepou dedoxıuacuevan Avdpes TNv Asıroupyiav auran.' 
Nicht um die Fortsetzung des universalen Apostelamtes handelt es 
sich hier — diese liegt noch nicht im Gesichtskreis des Clemens, 
obschon Einige dies irrthümlich angenommen haben —, sondern um 
die apostolische Einsetzung des Gemeindeamtes und um die aposto- 
lische Anordnung seiner regelmässigen Fortsetzung. Aber behauptete 
man schon am Ende des ı. Jahrhunderts in Rom, dass die Einsetzung 
und regelmässige Succession des Collegiums der Episkopen auf aposto- 
lischem Gesetz beruhe, wie nahe musste es liegen, dieses Gesetz aus- 
schliesslich auf den einen Bischof zu beziehen, nachdem die Mehrzahl 
der Episkopen in diesem Einen untergegangen war! Und musste 
sich ferner nicht auch die Vorstellung von der Natur des bischöf- 
liehen Amtes von selbst in eben dem Momente ändern, wo es sich 
zum monarchischen entwickelt hatte und der vielköpfigen Haeresie 
gegenüberstand, die von allen Seiten auf die Gemeinde eindrang? 
War der Bischof naturgemäss »der Lehrer«, als die freien Lehrer 
zurücktraten und die Irrlehrer die Gemeinde beunruhigten, so war 
er eben der Nachfolger der Apostel, weil der Hüter des apostolischen 
Erbes. Alle grossen Institutionen der sich zum Katholieismus ent- 
wickelnden Christenheit sind aus äusseren Nöthigungen und »ver- 
suchten Ideen« entstanden. 

Aber wie ist der monarchische Episkopat in Rom entstanden? Diese 
Frage bezeichnet an einer besonders wichtigen Stelle den breiten Graben, 
der für uns die Urgeschichte der Kirche von der späteren Zeit scheidet. 
Kein direetes Zeugniss überbrückt ihn,” und es scheint, als seien wir 
genöthigt, durch »versuchte Ideen« unsererseits die Kluft auszufüllen. 

Allein eben der Umstand, dass wir nirgendwo etwas von plötz- 
licher Umbildung des collegialen Amtes in ein monarchisches hören, 
giebt einen Fingerzeig in Bezug auf die Entstehung des monarchischen 
Episkopats. Dieser muss ebenso seine Vorstufe in der Urzeit gehabt 
haben wie die apostolische Schriftensammlung des neuen Testaments 
und die apostolische antignostische Glaubensregel. Eben diese Vorstufe 
muss der Entwiekelung des Amtes zur Monarchie grosse Krisen und 
Ersehütterungen erspart, ja sie bereits eingeleitet haben. Das Amt 
des Episkopen- und Diakonen-Collegiums war in Rom am Ende des 


Mine: 4: 

®? Wenig Licht gewähren auch die spärlichen Stellen, die von einem Streit über 
die erste Stelle und von Eifersucht sprechen, s. den »Hirten«. Merkwürdig ist der 
3. Johannesbrief, v. 9 f. 


i 


ef ” * 
654 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


ı. Jahrhunderts, mindestens primär, ein cultisches." Justin, den 
christlichen Cultus in seiner ersten Apologie ungefähr 50 Jahre 
später schildernd , spricht bereits von dem Vorsteher des Gottes- 
dienstes im Singular, von den betheilgten Diakonen aber im Plural.” 
Wir dürfen also mit Grund vermuthen, dass, als der Gottesdienst 
feste Formen erhielt und die alten Erbauer der Gemeinde (Propheten 
und Lehrer) wegstarben. einer der Episkopen mit der Leitung des 
Cultus betraut worden ist.” Der Cultus und das mit ihm verbundene 
Lehramt, wie sie sich in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts 
entwickelten, verlangten eine einzige verantwortliche und leitende 
Persönlichkeit.‘ Sie wurde der »Bischof« d. h. »der Aufseher.« 
Das auffallendste Ergebniss dieser Wandelung, die sich in Rom zwi- 


5 


schen den Jahren 100 und ı50 vollzogen hat. war die Ausschliesslich- 
keit, mit der der alte Name »Bischof«, der bisher an allen Gliedern 
des Collegiums gehaftet hatte, nur noch dem Einen, dem Vorsteher 
des Gottesdienstes und Lehrer, gewährt wurde. Hier trat also eine 
offenbare Neuerung ein; die anderen mussten sich mit dem Namen 
»Älteste« begnügen, den der Bischof übrigens auch führte. In einer 
anderen Richtung erscheint zunächst kein Unterschied: nachdem der 
Gottesdienst in feste Formen gebracht war, reeipirte die römische 
Kirche wenige Decennien später den Begriff »sacerdos.« Es war das 
eine der folgenschwersten Bereicherungen der Terminologie. Alle, 
die das Abendmahl vollziehen durften, wurden so genannt, also der 
Bischof und die von ihm beauftragten Presbyter. Aber schon Ter- 
tullian hat am Ende des 2. Jahrhunderts den weiteren Fortschritt 
gewagt und den Bischof im Unterschied von den presbyteri-sacer- 
lotes den »summus sacerdos« genannt," der doch in fataler Weise an 
den »summus Haruspex« und »summus Caeninensis« erinnern musste. 
So war auch auf diesem Gebiete der Vorrang des Einen terminologisch 
festgestellt. Etwas früher schon ist der Ausdruck »pater« für den 
römischen Bischof nachweisbar.” Der Vorgänger des also angeredeten 


! Clem. Rom. ad Cor. I. gof. 

2 C. 65—67. 

> Hr. Weizsäcker, Apostol. Zeitalter 2. Aufl. S. 621 f., geht noch um einen Schritt 
weiter zurück: »Einen ersten unter den Episkopen hat es wohl von Anfang gegeben, 
seit die Vorsteher überhaupt ihre feste Stelle bekamen; es ist auch begreiflich, dass 
die Rechte desselben von selbst gewachsen sind.« 

* Hr. Weizsäcker legt a. a. O. ausschliessliches Gewicht auf das Lehramt. 

5 Entschieden ist damit freilich nicht, ob es nicht in einer grossen Stadt mehrere 
Leiter gegeben hat. 

° De bapt.ı7: Dandi baptismi habet ius summus sacerdos qui est episcopus. Man 
sieht, dass der Ausdruck noch ungewöhnlich war. 

” Brief der gallischen Confessoren an Eleutherus von Rom (Euseb. h. e. V,4: 


, UNE 
mareg EreuDege). 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 655 


Bischofs, Soter, ferner ist um 170 bereits von. einem‘ griechischen 
Collegen mit »uaxspios« titulirt worden.‘ Fünfzig Jahre später hat 
Tertullian den römischen Bischof Kallist in grausamem Spott »pontifex 
maximus« genannt.” Er ahnte nicht, dass der Spott einst Wahrheit 
werden würde. 

Es ist in den letzten Ausführungen mit wenigen Strichen nach 
den lückenhaften Zeugnissen, die wir besitzen, der Versuch gemacht, 
die allmähliche Entwickelung des monarchischen Episkopats zu schil- 
dern. Aber es bleiben doch schwere Räthsel übrig, wenn wir zu der 
bezifferten römischen Bischofsliste aus der Zeit des Soter zurückkehren. 
Wie konnte man um 170 eine Bischofsliste für das ganze Jahrhundert 
aufstellen, das seit dem Tode des Paulus und Petrus verlaufen war, 
und wie war es möglich, den Bischöfen sogar Amtsjahre zuzuweisen? 

Ich vermag diese Räthsel nicht zu lösen; aber ich hoffe, etwas 
zu ihrer Lösung beitragen zu können: 

1. Unzweifelhaft ist, dass der, welcher die Liste aufgestellt hat, 
von der Überzeugung ausging, die römische Gemeinde habe die aposto- 
lische Lehre stets treu bewahrt. Um den Nachweis der lückenlosen 
Überlieferung der Lehre in der Gemeinde war es ihm zu thun (vergl. , 
wie Irenäus die Liste benützt). Dies zeigt sich darin besonders deutlich, 
dass er das Gemeindeschreiben nach Korinth’ und den Hirten des Hermas 
einerseits, das Auftreten und die Abweisung der Haeretiker anderer- 
seits erwähnt hat. 

2. Um den Nachweis der Bewahrung des apostolischen Erbes zu 
führen, musste er zeigen, dass in der Gemeinde niemals ein Bruch 
mit der Vergangenheit erfolgt, sie niemals von fremden Eindringlingen 
abhängig geworden sei. Das beste Mittel, um dies zu erweisen, schien 
die Aufführung einer ununterbrochenen Reihe von Gemeindeleitern zu 
sein, deren Namen bekannt und hochgeschätzt waren. Dass er die 
römischen Bischöfe für Nachfolger des Petrus und Paulus oder gar des 
Petrus allein gehalten hat (im strengen Sinne), lässt sich nicht er- 
kennen, erscheint vielmehr durch die Anlage der Liste eher ausge- 
schlossen. 

3. Einen »Vorsteher« im Gottesdienst. also auch in der Lehre, 
hat es mindestens 40—50 Jahre vor Soter bereits gegeben. Die her- 
vorragende Stellung des Vorstehers hat auch Tertullian, der eine von 
Irenäus unabhängige Tradition repraesentirt, für die Zeit, da Valentin 
nach Rom kam, bezeugt. Die Namen Pius, Hyginus, Telesphorus 


! Euseb.. h. e. IV, 23. Uber das »benedietus« Tertullian’s s. oben. Im Jahre 250 
nennt ein römisches Schreiben den Cyprian »benedietus Papa«. 

® De pudie. ı; vergl. auch das Prädicat: »apostolicus«. 

® Dieses Schreiben nicht als Schreiben des Clemens, sondern der Gemeinde. 


656 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


für römische Gemeindevorsteher stehen mithin fest. Aber. wie früher 
bereits gezeigt worden, sie können noch nicht Bischöfe, wie Soter 
und Anicet, gewesen sein. Sie werden (s. 0.) z. Th. auch gleichzeitig 
die Gemeinde geleitet haben: sie mögen in verschiedenen Stadttheilen 
funetionirt haben — wir wissen darüber nichts sicheres." Nur das 
dürfen wir sagen, jene drei Männer waren nicht nur Mitglieder des 
leitenden Collegiums wie andere auch, sondern sie waren Cultusleiter 
und Lehrer. Primi inter pares mögen sie successive schon gewesen 
sein; aber eine strenge Succession kann noch nieht stattgefunden 
haben. Sie wird durch den Hirten des Hermas und durch das, was 
Tertullian über Telesphorus-Valentin bemerkt, ausgeschlossen. Die 
Fietion des Verfassers besteht also bereits darin, dass er jene drei 
in strenge Succession gesetzt hat. Indem er von ihnen aus rück- 
wärts schritt. hat er aus den Erinnerungen der römischen Gemeinde 
die Liste »Linus, Anenkletus, Clemens. Euarestus, Alexander, Sixtus« 
kühn construirt. Clemens bezeugt uns durch seinen Brief, dass er 
selbst monarchischer Bischof nicht gewesen ist und dass er diese In- 
stitution überhaupt noch nicht gekannt hat. Euarestus, Alexander, 
Sixtus werden durch den Hirten ausgeschlossen. Aber woher stammen 


! Im 16. Cap. des paulinischen Römerbriefes. dessen Abtrennung vom Briefe m. E. 
nicht gerechtfertigt ist, werden für Rom mehrere christliche Kreise unterschieden und 
einer ausdrücklich als »Ekklesia im Hause der Priska und des Aquila« bezeichnet. 
Andererseits erscheint die Gemeinde nach dem Briefe doch als eine Einheit. Diesem 
Zustande wird in späterer Zeit eine Regierung der Gemeinde durch em einheitliches 
Collegium entsprochen haben, in welchem die die einzelnen Kreise gottesdienstlich 
leitenden Episkopen Sitz und Stimme gehabt haben. Es ist also nieht unwahrschein- 
lich, dass in den verschiedenen Stadttheilen je ein Episkope mit zugeordneten Dia- 
konen in einer gewissen Selbständigkeit fungirt hat. Im Angelegenheiten, die die 
ganze Gemeinde berührten, traten sie dann zu gemeinsamen Berathungen zusammen. 
Diese Annahme wird durch den bekannten Bericht Justin’s (Apol. 1, 67) keineswegs 
ausgeschlossen; denn die Worte fordern nicht die abenteuerliche Erklärung, dass alle 
Christen Roms und seiner Umgebung in einem Raum zusammenkommen, sondern be- 
sagen, dass jeder Christ am Sonntag zu der gottesdienstlichen Versammlung kommt, 
zu der er gehört. Auch aus dem Briefe des Irenäus (Euseb. h. e. V, 24. ı7) lässt sich 
nicht ableit-n. dass es in Rom nur eine Cultusstätte, sondern höchstens, dass es eine 
hervorragende gegeben hat. Eine Mehrheit gottesdienstlicher Versammlungsplätze in 
Rom folgt aus den echten Acten des Justin (ec. 4). Auf die Frage des Stadtpraefeeten 
Rustieus: eine, mou suve OYETTE n sic mwolov Tomov aYgoıgsıs ToÜs naS$nras rov erwidert 
Justin: eyyw) era 1nEı) zwos BR ToV eo Baravsıov zu mag Tavre zov 
Emreönunse Ö8 ech ToAeı Toro Öeuregon — (za) ov ya ara 
Twe Fuvirsurw 8 ar rw Ezeivov. Als Justin diese Worte sprach, hatte die Gemeinde 
bereits einen Bischof und die Leiter der einzelnen gottesdienstlichen Versammlungen 
mussten sich mit dem Namen »Presbyter« begnügen und erschienen als die vom Bischof 
Beauftragten. Aber wenn sie sich in früherer Zeit gleich gestanden hatten, so war 
es für Jemanden, der um 170 eine Liste der monarchischen Bischöfe anlegen wollte, 
fast unvermeidlich. bei seiner Auswahl auch Bischöfe nach einander aufzuführen, die 
theilweise neben einander gewirkt hatten. 


DEE go ov TOUTOV 


Harnack: Die ältesten christlichen Datirungen. 657 


die Zahlen? Herr Lientroor giebt selbst die beiden ersten Zahlen (für 
Linus und Kletus) Preis (12 + 12): sie sollten ein Vierteljahrhundert, 
so gut es ging, überbrücken. Aber ist es zufällig, dass die folgenden 
5 Zahlen nach der einen Überlieferung genau ein halbes Jahrhundert 
füllen und zwar in der Vertheilluüng 9+8-+10+11+12? Stände die 
8 vor der 9, so würde hier Niemand an Zufall glauben. Auch ohne 
diese Gorreetur sind die Zahlen noch auffällig genug. Allein ich möchte 
doch keinen Schluss wagen und meine, wir müssen uns hier beim 
Nicht-Wissen in Bezug auf den Ursprung der Zahlen bescheiden. Die 
Personen, welche der Verf. aufgeführt hat. sind gewiss sämmtlich 
hervorragende Männer unter den römischen Vorstehern gewesen, und 
auch die Zeit, die er ihnen angewiesen hat, wird ungefähr mit der 
Zeit ihrer kirchlichen Thätigkeit stimmen. Mehr lässt sich nicht sagen. 
Gewiss aber ist, dass die Succession der Zahlen und die pünktliche 
Ausfüllung des Jahrhunderts vom Tode der Apostel bis zum Antritt 
Soter’s ein Arrangement ist, im heissen Kampf mit der Haeresie unter- 
nommen, nicht ohne geschichtliche Kunde ausgeführt, aber im Einzelnen 
doch so unzuverlässig, wie der Grundgedanke es ist — die ununter- 
brochene Succession der römischen Bischöfe von Linus an. 


Aber wie ist es denkbar, dass ein so kühnes Unternehmen, die 
Vergangenheit zu übermalen, Glauben gefunden und sich durchgesetzt 
hat? In dieser Frage wiederholt sich nur das alte Problem. welches 
der Historiker überall antrifft: wie kann sich überhaupt eine gefälschte 
Tradition in Bezug auf die nächste Vergangenheit einbürgern, da doch 
stets am Anfang noch Zeugen vorhanden sind, die es besser wissen 
müssen? Die Antwort lautet, dass die Bedingungen für die Einbringung 
gefälschter Traditionen überall da gegeben sind, wo ı. das forum 
publieum sich ändert, 2. die Stimmungen, Ideale und Ziele neue werden, 
3. die Situation es erfordert, das Neue unter den Schutz des Alter- 
thums zu stellen, und 4. die neuen Gedanken und Institutionen wirklich 
irgendwie an die alten, als seien sie mit ihnen identisch, angeknüpft 
werden können. Alle diese Bedingungen treffen für die Zeit von 150 
bis 190 in Bezug auf die Kirche zu. ı. das forum publicum, welches 
früher die Gemeinde selbst war, wird der Klerus, 2. aus den alten 
zum Theil naiv-religiösen, eschatologischen und enthusiastischen Stim- 
mungen und Idealen tritt das Ideal der rechten Lehre beherrschend 
hervor, und auch die Stellung der Gemeinden zur Welt wird allmählich 
eine andere, 3. der Kampf mit der vielköpfigen Häresie hatte nur Aus- 
sicht auf Erfolg, wenn man den eigenen Besitz als die apostolische 


Ü 


658 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Überlieferung darthun konnte, 4. die kurzen Bekenntnissformeln der 
alten Zeit konnten als Basis und Compendium der neuen Lehre, die 
längst begonnenen Schriftensammlungen als das immer vorhandene 
Neue Testament. die alten, hier und da gewagten Logosspeculationen 
als apostolische Zeugnisse für die neu zu bildende Christologie gelten. 
In derselben Weise muss das ausgezeichnete Wirken der Episkopen 
in der Zeit von 90 bis 160/170 und die hohe Bedeutung, die diese 
Vorsteher damals schon in den Augen der Gemeinden gewonnen hat- 
ten, die Möglichkeit geboten haben, sie nachträglich mit Praedicaten 
und Rechten auszustatten. die sie im Leben noch nicht besessen hatten 
— ohne dass man in weiten Kreisen das Iysteron - Proteron empfand. 
Die Legende vom uralten, von den Aposteln eingesetzten 
Episkopat ist ein Beweis, dass die alten Episkopen wirk- 
lieh die Hirten der Gemeinden gewesen sind, bevor sie 
noch monarchische oder gar apostolische Rechte besassen. 
Die fingirten Bischofslisten zeigen also zunächst nicht die »Herrsch- 
suecht« des Klerus, sondern sie zeigen, dass die Leiter der Gemeinden 
in ältester Zeit ihre Pflicht gethan haben, ja mehr als ihre Pflicht. 
Die Legende, indem sie sich ohne erheblichen Widerspruch durchsetzte, 
krönte den Stand in der Kirche, der am meisten gearbeitet hatte, und 
sie krönte zuerst die Bischöfe, die ihre Sorge weit über die Grenzen 
der eigenen Gemeinde ausgedehnt hatten — die römischen Bischöfe. 


659 


Muskel und Nerv bei Mermis und Amphioxus. 


Von Dr. EmıL Roupe 


in Breslau. 


(Vorgelegt von Hrn. Scuurze.) 


Mermis. 


D:. Subeutieula stellt eine einheitliche. von Kernen durchsetzte, über- 
wiegend fasrige Protoplasmamasse dar. Sie tritt an sechs Stellen 
wulstartig in die Leibeshöhle vor und gibt dadurch ebensoviel Längs- 
linien ihre Entstehung, nämlich einer dorsalen und ventralen Median- 
linie, zwei links und rechts in geringer Entfernung von letzterer 
gelegenen secundären Medianlinien und zwei Seitenlinien. In den 
Medianlinien verlaufen die Hauptnervenstämme, in der ventralen der 
mächtigere. Die Nerven bestehen aus Nervenfasern von verschiedenem 
Durchmesser. Ganglienzellen habe ich in ihnen nie beobachtet, sie 
finden sich also jedenfalls nur sehr spärlich. Feinere Details liessen 
sich an den Nervenfasern infolge ihres sehr geringen Durchmessers 
nicht erkennen. 

Die Museulatur setzt sich aus Zellen zusammen, welche nach dem 
coelomyären Typus (SCHnEiper) gebaut sind. Alle zerfallen in eine 
rinnenförmige die Muskelsäulchen enthaltende Rinde und in eine im 
Innern derselben stets deutlich zu unterscheidende Marksubstanz. Der 
Kern liegt am (offenen) Innenrande, meist an einer ausgebuchteten Stelle. 
Die Marksubstanz tritt in die Leibeshöhle vor, aber nicht in der Gestalt 
von Blasen wie bei Ascaris, sondern sie erscheint als eine die innere 
Seite der Musculatur überziehende zusammenhängende, verhältnissmässig 
dünne Schicht, in welcher sich die zu den einzelnen Zellen gehörigen 
Theile nicht mehr nachweisen lassen. 

Soweit stimmt also Mermis ziemlich genau mit Ascaris überein. 
Wesentlich von einander verschieden sind beide aber bezüglich des 
Zusammenhanges von Muskel und Nerv. Während bei Ascaris nur 
Theile der Marksubstanz in der Form der bekannten Querfortsätze 
zum Nervensystem ziehen, geben bei Mermis stets einige der die 
Zellrinde bildenden Muskelsäulchen an bestimmter Stelle den Längs- 


660 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


verlauf auf und biegen nach innen in die Querrichtung über, um 
begleitet von der Marksubstanz der Medianlinie zuzueilen, und zwar 
in der Weise, dass je eine gewisse Anzahl derselben sich eonvergirend 
zu einem einheitlichen scharf umschriebenen Strange vereinigen, der 
im folgenden stets kurz als Querstrang bezeichnet werden soll. In 
geringer Entfernung von dem Mediannerven hören in dem Querstrange 
die Muskelsäulchen auf, während die Marksubstanz zu einer Art Polster 
anschwillt, welches auf der einen Seite unmittelbar an die Nerven- 
fasern stösst, auf der entgegengesetzten aber die hier endigenden 
Muskelsäulchen aufnimmt. Wie der Übergang der polsterartigen Mark- 
substanz in die Nervenfasern sich vollzieht, ist bei der geringen Stärke 
der letzteren nicht zu constatiren, doch darf man wohl annehmen, 
dass er ein ähnlicher sein wird, wie ich ihn bei Ascaris, wo die 
Verhältnisse viel klarer liegen, beschrieben habe. Die Hauptsache 
bleibt, dass es auch bei Mermis die Marksubstanz ist, welche den 
Nervenreiz den Muskelsäulchen übermittelt. Mit den letzteren selbst 
treten die Nervenfasern nicht in Zusammenhang. 

Die beiderseitigen Querstränge setzen sich in der Regel nicht 
gleichzeitig an die Medianlinie an, sondern in geringer Entfernung 
hinter einander, und zwar meist mit solcher Regelmässigkeit ab- 
wechselnd bald links bald rechts, dass man glauben könnte es in ihnen 
mit einer segmentalen Einrichtung zu thun zu haben. Kein Wunder 
daher, dass von Linstow, welcher ihrer kurz erwähnt, sie als die von 
dem Hauptnervenstamme abgehenden Seitennerven bezeichnet. 

Wir werden gleich sehen, dass ganz ähnliche Gebilde wie die 
(Juerstränge von Mermis auch bei Amphioxus vorkommen. Hier sind 
sie allgemein als motorische Nerven im Sinne derjenigen der höheren 
Wirbelthiere gedeutet worden. Wie irrig diese Auffassung ist, wird 
sich aus dem Folgenden ergeben. 


Amphiowus. 

Schneiver beobachtete an isolirten Myokommaten, dass die so- 
genannten motorischen Nerven an manchen Stellen eine deutliche 
Querstreifung zeigten und erklärte dieselben deshalb als musculöse 
Bildungen. Ich konnte die Schweiper’schen Angaben auf Schnitten 
bestätigen und schloss mich daher im wesentlichen seiner Ansicht an. 
In neuester Zeit tritt Rrrzıus sehr entschieden unserer Auffassung 
entgegen, er bestreitet jede Querstreifung und erklärt die motorischen 
Fasern für wirkliche Nervenelemente. Rerzıus hat seine Studien an 
mit Methylenblau gefärbten Exemplaren angestellt und daher stets 
nur in toto untersucht. Diese Methode eignet sich für die Erforschung 


Ronpe: Muskel und Nerv bei Mermis und Amphiowus. 661 


der motorischen Nerven absolut nicht, am allerwenigsten wenn man, 
wie es bei Rerzıus offenbar der Fall war, bereits abgestorbene Thiere 
unter’s Mikroskop nimmt. Rerzıus hat den eigentlichen Bau der mo- 
torischen Nerven gar nicht erkannt. Ich habe nach dieser Riehtung 
hin Amphioxus einer erneuten Untersuehung unterzogen und kann auf 
Grund derselben in Erweiterung der vor Jahren veröffentlichten An- 
gaben, die ich noch heute als vollständig richtig bezeichnen muss, 
Folgendes mittheilen. 

Jedes Myokomma wird aus dieht neben einander gereihten zur 
Chorda mehr oder weniger radiär gestellten musculösen Platten zu- 
sammengesetzt, die sich wieder aus feineren Muskelsäulchen von grob- 
punktförmigem Querschnitt aufbauen. Zwischen den Platten, besonders 
aber an der Oberfläche des Myokomma’s, tritt eine auf Schnitten 
feinkörnig fibrillär aussehende Substanz auf, welche spärlich von 
Kernen durchsetzt wird. Wir wissen über die Histogenese des Myo- 
komma’s noch nichts; es muss daher vorläufig unentschieden bleiben, 
ob jede Platte je einer Zelle entspricht, oder ob das Myokomma das 
Äquivalent eines Muskelprimitivbündels der höheren Wirbelthiere, d.h. 
einer einzigen Zelle gleichwerthig ist, wie SCHNEIDER anzunehmen schien, 
oder ob »die gesammte Zellmasse eines Myokomma’s mit einander 
verschmelze und nachher Fibrillen bilde«, also ähnlich wie man sich 
früher die Entstehung eines Primitivbündels dachte, eine Ansicht, 
die GRENACHER ausgesprochen hat. So viel steht wohl aber zweifels- 
ohne fest, dass die allenthalben im Myokomma auftretende körnig- 
fibrilläre Masse auf das nicht zu contractiler Substanz differenzirte 
Protoplasma der Bildungszellen der Myokommata, das Sarkoplasma, 
zu beziehen ist. 

Von den Platten treten an ihrer Innenseite in bestimmter Gegend 
eine Anzahl Muskelsäulchen ab und vereinigen sich convergirend zu 
einem von einer dünnen Membran begrenzten Strange, der zum 
Rückenmarke zieht. Das sind die motorischen Fasern (bez. Nerven) 
der Autoren. Das Sarkoplasma des Myokomma’s setzt sich auf die- 
selben fort und gelangt zwischen ihnen zu starker Ausbildung, die 
Kerne desselben werden hier sehr zahlreich, namentlich in kurzer 
Entfernung vom Rückenmark. 

Die motorischen Fasern erscheinen stets, sowohl auf Schnitten 
wie an isolirten Myokommaten, scharf eontourirt und, wenn sie nicht 
quergestreift sind, vollständig homogen, niemals aber gekörnt oder 
stark varikös, wie Rrrzıus es angibt und abbildet: die Varikosität 
ist eine postmortale Erscheinung, ein Kunstproduct: ein körniges 
Aussehen derselben ist Rerzıus offenbar durch das körnigfibrilläre, 
von ihm vollständig übersehene Sarkoplasma vorgetäuscht worden, 


662 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Da alle Platten »motorische Fasern« entsenden, dieselben also in 
der ganzen Höhe des Myokomma’s entspringen, so kann man an 
ihnen drei Abschnitte unterscheiden, einen dorsalen, einen ventralen 
und einen mittleren, dem Rückenmark gegenüberliegenden. In diesen 
zeigen sie ein verschiedenes Verhalten. Während nämlich die moto- 
rischen Fasern der Mittelpartie grösstentheils isolirt bleiben, treten 
die dorsalen und ventralen häufig zu breiten Bändern zusammen, in 
denen sie einzeln nicht mehr zu erkennen sind, d. h. sie zeigen hier 
ein gleiches Verhalten wie in den Platten des Myokomma’s, deren 
Muskelsäulchen auch erst an den Stellen, wo sie als motorische Fasern 
abbiegen, zur deutlichen Sonderung kommen. 

Die motorischen Fasern verlieren in der Regel bald nach dem 
Abgange von den Platten die Querstreifung, in manchen Fällen er- 
hält sich dieselbe aber auf weite Strecken, wiederholt konnte ich 
sogar deutlich quergestreifte Fasern bis an die Grenze des Rücken- 
markes verfolgen. Besonders schön tritt die Querstreifung in den 
Bändern hervor, zu denen die dorsalen und ventralen Fasern ver- 
schmelzen, sie erscheint hier genau in derselben Form wie in den 
Platten des Myokomma’s. Diese Bänder sind es namentlich auch, 
die selbst dann, wenn sie der Querstreifung entbehren, ein durchaus 
muskelähnliches Aussehen zeigen, zumal nach Behandlung mit MAYEr- 
schem alkoholisehem Karmin. dureh welches sie einen ebenso dunkel- 
rothen Ton annehmen wie die Muskeln, während die Nervenfasern 
sich verhältnissmässig viel schwerer färben, so dass schon aus diesem 
Grunde die Muskelnatur der motorischen Fasern, selbst wenn sie 
nirgends die Querstreifung aufwiesen, als sehr wahrscheinlich gefolgert 
werden müsste. Wie wenig das, wie erwähnt, als Regel zu bezeich- 
nende Fehlen der Querstreifung bedeuten will, beweist, was bereits 
SchnEipEr betont hat, der grosse quere Bauchmuskel von Amphiowus. 
Auch er lässt an den meisten Stellen keine Querstreifung erkennen, 
so dass er in früheren Jahren allgemein als ungestreift galt und da- 
durch zu einer gewissen Bedeutung gelangte. Erst spät entdeckte 
man auch bei ihm die Querstreifen. Namentlich mit diesem zeigen 
die bandartigen Partieen der motorischen Fasern nach Färbungen 
die grösste Übereinstimmung im Ton. 

Vor Eintritt in das Rückenmark fahren die motorischen Fasern 
pinselartig aus einander und durchsetzen einzeln die Rückenmarks- 
scheide. Auch die Bänder lösen sich hier wieder in die sie zusammen- 
setzenden Elemente auf. 

Der Rückenmarksscheide liegt innen eine eigenthümliche dünne 
Membran dicht an, welche sich in der Regel an der Ansetzstelle der 
motorischen Fasern weit abhebt, so dass zwischen ihr und der Scheide 


Ro#pe: Muskel und Nerv bei Mermis und Amphioxus. 663 


ein weiter Raum frei bleibt. Diesen durchsetzen die motorischen 
Fasern und inseriren sich dann an der Membran. Über diese hinaus 
sind sie nie zu verfolgen, stets erscheint ihr centrales Ende durch 
dieselbe gegen (das Rückenmarksinnere scharf abgeschlossen. Auch 
Rerzıus betont, dass er die motorischen Fasern stets in dem » Hügel«, 
wie er den zwischen Membran und Rückenmarksscheide liegenden 
Abschnitt bezeichnet, enden sah. Er vermuthet, dass ihr Zusammen- 
hang mit den nervösen Rückenmarkselementen durch radiäre Nerven- 
fibrillen ermittelt werde, welche innen an den Hügel herantreten. 
Diese Radiärfasern sind aber gar nicht nervöser Natur, sondern sie 
entstammen gewissen Epithelzellen (Ependymzellen) des Centralkanales, 
deren dieke ungetheilte Fortsätze sie darstellen; sie durchziehen, wie 
Rerzıus richtig zeichnet, massenhaft das Rückenmark, aber nicht nur 
in der Richtung nach den motorischen Fasern, sondern nach allen 
Seiten und inseriren sich stets an der oben erwähnten Membran. Sie 
sind also Stützelemente und entsprechen genau den von mir im Nerven- 
system der Chaetopoden und Nematoden beschriebenen radiären Sub- 
eutieularfasern. Die Rerzıus’sche Hypothese zur Erklärung der Ver- 
bindung der motorischen Fasern mit den Nervenelementen des Rücken- 
markes ist also unhaltbar, ich möchte an ihre Stelle eine andere 
setzen. Wir lernten oben das Sarkoplasma des Myokommas und der 
motorischen Fasern als eine körnig fibrilläre Substanz kennen. Wahr- 
scheinlich stellt diese, ähnlich wie ich es in der mächtig entwickelten 
Marksubstanz der Nematoden nachweisen konnte, nur das Stützgerüst 
dar, zwischen dem ein auf Schnitten nicht erkennbares Hyaloplasma 
enthalten ist. Im Innern des Rückenmarkes habe ich bereits in meiner 
ersten Arbeit eine gleich feinkörnig faserige Masse beschrieben und 
dieselbe, da ich sie aus Fortsätzen von Epithelzellen hervorgehen sah, 
als Neuroglia gedeutet. Nach meinen an dem Nervensystem der ver- 
schiedensten Thierclassen gesammelten Erfahrungen scheint es mir 
nicht ausgeschlossen, dass dieses Neurogliagerüst noch ein nervöses 
Hyaloplasma einschliesst. Ich bemerkte oben, dass die radiären Stütz- 
fasern stets in die die Innenseite des Rückenmarkes auskleidende Mem- 
bran übergehen. Möglicherweise stellt letztere nur ein Verflechtungs- 
product ‚der ersteren dar. Durch die Maschen könnte dann leicht ein 
Contact des aussen der Membran anliegenden Muskelhyaloplasmas mit 
dem inneren nervösen Hyaloplasma eintreten, der natürlich nicht zur 
Beobachtung kommen würde.' 


! Die Übereinstimmung dieser starren radiären Epithelzellfortsätze mit den er- 
wähnten in «ler Medianlinie der Nematoden radiär aufsteigenden dieken Subeutieular- 
fasern würde dann noch grösser sein, insofern auch diese an der Ansatzstelle der 
R Muskelfortsätze sich netzartıg verilechten, wie ich vor kurzem dargelegt habe. 


Sitzungsberichte 1892. 58 


664 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 
fan} 


Vergleichen wir die Innervationsverhältnisse von Mermis und Am- 
phiowus mit einander, so ergibt sich eine unverkennbare Ähnlichkeit 
zwischen ihnen: bei beiden besteht die Musculatur aus nebeneinander 
gereihten plattenförmigen Gebilden, welche in dem einen Falle einen 
centralen von Sarkoplasma erfüllten Hohlraum umsehliessen und je 
einer Muskelzelle gleichwerthig sind, im andern Falle solid zu sein 
scheinen und allseitig von Sarkoplasma umgeben werden; bei beiden 
biegen von den Platten eine Anzahl der diese zusammensetzenden 
Muskelsäulchen als »motorische Fasern« an bestimmter Stelle aus der 
Längsrichtung nach innen in die Querriehtung um und vereinigen 
sich convergirend zu einem scharf umschriebenen Strange, der zum 
Nervensystem zieht; bei Amphioxwus wie bei Mermis treten die beider- 
seitigen motorischen Fasern nicht gleichzeitig, sondern in gewisser 
Entfernung hinter einander abwechselnd bald links bald rechts au’s 
Nervensystem, wenn auch bei letzterm Thier nieht mit der absoluten 
Regelmässigkeit einer segmentalen Einrichtung, wie es bei ersterm 
der Fall ist; bei beiden werden die motorischen Fasern vom Sarko- 
plasma begleitet, welches sich bei Mermis deutlich als das die Inner- 
vation vermittelnde Element darstellt, während es als solches bei Am- 
phioxus zwar nicht durch die Beobachtung nachgewiesen, aber ver- 
muthet werden kann. Die »motorischen Fasern« von Amphioxus stehen 
also nicht mehr vereinzelt da. 


EEE 


665 


Gibt es Holomyarier? 


Von Dr. Emm RonupeE 


in Breslau. 


(Vorgelegt von Hrn. Schurze.) 


Di Museulatur von Gordius , des Hauptrepraesentanten der Gruppe der 
Holomyarier, welche SchxeEiper in seiner Monographie aufstellt, ist seit 
Erscheinen der letzteren wiederholt der Gegenstand eingehender Unter- 
suchungen gewesen. GRENACHER und BürscnLı behaupteten SCHNEIDER 
gegenüber, dass die Museulatur von Gordius sich aus Zellen aufbaue, 
welche gleich denen von Ascaris nach dem eoelomyären Typus gebaut 
seien. Solche Zellen kommen allerdings vor. Sie bestehen bei Gordius 
tolosanus aus einer rinnenförmigen die contractilen Muskelsäulchen ent- 
haltenden Rindenschicht und einer eentralen stets sehr deutlichen, 
stellenweise sogar ziemlich stark ausgebildeten Marksubstanz und deut- 
lichem Kern, welcher meist an der Innenseite der sich hier öffnenden 
Muskelzelle, öfter aber auch tiefer im Innern liegt. 

Neben derartigen Muskelzellen treten aber bei Gordius tolosanus 
noch andere von ganz verschiedenem Bau auf. Sie unterscheiden sich 
zunächst dadurch von den eben beschriebenen, dass sie nicht nur am 
Innen- sondern auch am Aussenrande vollständig offen sind und daher 
im wesentlichen sich aus zwei parallelen Platten zusammensetzen, welche 
durch die centrale Marksubstanz verbunden werden. Während ferner 
bei der ersten Zellart die contractile Rinde sich bis zur inneren Grenze 
der Musculatur, wo nur wenig Marksubstanz vorhanden ist, ausdehnt, 
reichen in der zweiten die Platten kaum weiter als bis zur Mitte der 
Muskellage, tragen aber an ihrer Innenseite eine mächtig entwickelte 
Marksubstanz, in welcher zahlreich Kerne enthalten sind. 

Die beiden geschilderten Zellformen sind nicht einzeln durch ein- 
ander gemischt, sondern treten stets partieweise auf und kommen 
meist auf Querschnitten zusammen vor, an den Grenzen allmählich in 
einander übergehend. 

Zwischen den Muskelzellen sowohl des ersten als zweiten Typus 
treten drittens an den verschiedensten Stellen meist bandartig dünne 


98” 


[2 m . . 
666 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Protoplasmamassen auf, welche im Aussehen genau mit der Marksub- 
stanz der Zellen übereinstimmen, bisweilen seitlich Spuren von Muskel- 
säulchen aufweisen und öfter mit der Subeutieula in engem Connex 
erscheinen. In ihnen haben wir es zweifelsohne mit den ersten Ent- 
wickelungsstadien der Muskelzellen zu thun. Offenbar stellen auch die 
Zellen des zweiten Typus nur ein jugendliches Stadium vor. Die 
Histogenese der. Muskelzelle würde dann bei Gordius folgende sein. 
Die junge nur aus Protoplasma bestehende Zelle, welche mit der Sub- 
eutieula wahrscheinlich ähnlich, wie ich es für viele Zellen von Ascaris 
beschrieben habe, zusammenhängt, beginnt in der weiteren Entwicke- 
lung seitlich an dem der Subeutieula zugewendeten Abschnitte Muskel- 
säulchen zu differenziren. Diese ordnen sich zu Platten an (zweiter 
Typus), erreichen allmählich die innere Grenze der Muskelschicht und 
schliessen zuletzt die Zelle gegen die Subeuticula ab, während gleich- 
zeitig das ursprüngliche Protoplasma fast ganz verbraucht wird (erster 
Typus). Bemerkenswerth bleibt, dass in der Museculatur des ausge- 
bildeten Thieres so jugendliche Zellformen wie diejenigen des zweiten 
Typus massenhaft, in den meisten Gegenden sogar in überwiegender 
Menge, neben den definitiven Muskelzellen erhalten bleiben. 

Bisweilen geht übrigens die Ausbildung der Muskelzellen noch 
weiter, insofern bei manchen Zellen die contractile Rinde auch an der 
Innenseite zusammenwächst und dann allseitig, wie bei den Hirudineen, 
die Marksubstanz umgibt, doch scheinen diese Fälle zu den Ausnahmen 
zu gehören. 

Während Bürscnzı bei seinen Untersuchungen, die sich nament- 
lich auf Zupfpraeparate bezogen, offenbar stets nur die bereits von 
der Subeuticula abgeschnürten und daher leichter isolirbaren Zellen 
des ersten Typus zu Gesicht bekam, hatte SchnEiper, welcher mehr 
die Querschnitte berücksichtigte, jedenfalls Muskelpartien, die aus 
Zellen des zweiten Typus bestanden, vor Augen und dann insofern 
Recht, wenn er im Innern der Platten keinen Hohlraum entdecken 
konnte; SCHNEIDER übersah nur, dass die Platten stets paarweise zu- 
sammengehörten und jedes dieser durch Marksubstanz an einander 
befestigten Plattenpaare je durch einen marklosen Raum von dem 
benachbarten getrennt wurde. Auch Vespovskv hat diess nicht erkannt, 
sondern hält die Platten für die Muskelzellen, von denen er allerdings 
gesteht, dass sie nie eine centrale Höhle erkennen lassen. Die Muskel- 
zellen des ersten Typus sind ihm ganz entgangen. 

Ausser Gordius tolosanus habe ich noch eine zweite Species unter- 
sucht, welche der von VEsDovsKY als Gordius Presliü bezeichneten identisch 
zu sein scheint. Hier ist die Museulatur ganz anders gebaut. Sie besteht, 
wie VE3DoVsKY richtig angibt, aus hohen meist sehr platten Zellen, 


Rospe: Gibt es Holomyarier ? 667 


welche nur am innern Abschnitt sich etwas aufweiten und an dieser 
Stelle deutlich die Marksubstanz mit dem Kern erkennen lassen. Was 
dieselben aber namentlich auszeichnet, ist der Umstand, dass sie fast 
sämmtlich an der Innenseite geschlossen sind. Ob sie sich stets nach 
aussen Öffnen, wie VEIDOVSKY es zeichnet, ohne aber im Texte dieses 
bemerkenswerthen Befundes Erwähnung zu thun, habe ich nicht mit 
Sicherheit entscheiden können, da sie ausserordentlich gedrängt neben 
einander liegen und ihre basalen Partien derartig verengt sind, dass 
man kaum die Marksubstanz unterscheiden kann. Bei einigen konnte 
ich es allerdings deutlich beobachten. Wir hätten also hier Zellen 
vor uns, welche zwar auch coelomyar geformt sind, aber nach der ent- 
gegengesetzten Seite als bei Ascarıis, nämlich nach der Subeuticula zu, 
offen sind. 

Interessant ist, dass die von GRENACHER vorwiegend beim Studium 
der Museulatur verwerthete (tropische) Species, Gordius ornatus,, wie 
aus seiner Beschreibung und Zeichnung unzweifelhaft hervorgeht, 
durchaus nach demselben Typus gebildete Muskelzellen hatte wie Gor- 
dius Preslü. Bei dem bekannten Streit zwischen SCHNEIDER und GRrE- 
NACHER haben demnach im Muskelbau ganz verschiedene Species zur 
Untersuchung vorgelegen. 


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669 


Jahresbericht des Königlichen Historischen 
Instituts in Rom. 


Von W. WATTENBACH. 


[Eingereicht am 26. Juni (vergl. oben S. 41).| 


D Institut ist in der glücklichen Lage, über die ersten sicht- 
baren Früchte seiner Thätigkeit berichten zu können. Im Verein mit 
der Königlich Preussischen Archivverwaltung, welche einen ansehn 
lichen Theil der Kosten übernahm und die sehr werthvolle Beihülfe 
des Staats-Archivars Dr. ArnoLp für drei Monate gewährte, ist es 
gelungen, drei Bände der als Hauptaufgabe in Angriff genommenen 
Nuntiaturberichte fertig zu stellen. Diese Berichte der päpstlichen 
Nuntien bilden die Grundlage der Publication, werden aber durch 
sehr zahlreiche und wichtige Actenstücke und Correspondenzen, sowohl 
aus dem Vaticanischen, wie aus anderen römischen und italienischen 
Archiven ergänzt, und es wird darin ein äusserst reichhaltiges und 
werthvolles, grösstentheils noch ganz unbekanntes historisches Material 
der Benutzung zugänglich gemacht. Die beiden ersten Bände, von 
dem ersten Assistenten Prof. FriepensgurG bearbeitet, enthalten die 
Berichte des Vergerio von 1533 bis ı536 und des Morone von 1536 
bis 1538. 

Während nun, einem getroffenen Übereinkommen gemäss, die 
Jahre von 1560 bis ı572 dem Kaiserlich Österreichischen Institut, 
welches sich ebenfalls dieser Aufgabe zugewandt hatte, überlassen 
sind und als ein Theil der Gesammtpublication veröffentlicht werden, 
ist die dritte Abtheilung, die Jahre 1573—1585 umfassend, eröffnet 
worden mit dem von Dr. Jos. Hansen bearbeiteten Band »Der Kampf 
um Cöln«, welcher die durch die Wahl und den Übertritt des Erz- 
bischofs Gebhard von Truchsess veranlassten Wirren behandelt und 
ganz ausschliesslich neues, bisher unbekanntes Material darbietet. 

Was den Personalstand des Instituts betrifft, so hat der bis- 
herige Secretär, Prof. Quippe, dessen grosse Hingabe und unermüd- 
lichen Eifer wir nicht genug rühmen können, wegen anderweitiger 


670 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Verpflichtungen zum ı. October seine Entlassung verlangt und es wird 
also eine Neuwahl nothwendig. An Stelle des zum Stadtarchiyar von 
Cöln ernannten zweiten Assistenten Dr. Hansen ist vom ı. October 189 1 
an Dr. Scnertnass, bis dahin bei der Herausgabe der Reichstags- 
acten beschäftigt, eingetreten. Neben diesen ist als Volontär fort- 
während der Dr. Heivennam thätig, und auch der Dr. Kırwning, 
welcher sich mit Forschungen über die Regierungszeit des Papstes 
Urban’s VIII. beschäftigt, hat bei den Arbeiten des Instituts werth- 


volle Beihülfe geleistet. 


Jahresbericht der Gentraldireetion der Monumenta 
Germaniae historiea. 


Von E. Dünmnuter. 


(Zum Abdruck eingereicht am 26. Juni (vergl. oben S.41).| 


Di. ı8. Plenarversammlung der Centraldireetion der Monumenta 
Germaniae historica wurde in diesem Jahre in den Tagen vom 4. 
bis 6. April in Berlin abgehalten. Von den Mitgliedern hatten sich ent- 
schuldigt Hr. Prof. vov Heeer in Erlangen und Hr. Hofrath vox SıckEL 
in Rom. Erschienen waren Hr. Prof. BressLau aus Strassburg, HH. 
BRUNNER und Dünmter, Hr. Prof. HoLper- Esser, Hr. Hofrath Maassen 
aus Wien, Hr. Mommsen, Hr. Prof. Müntsacner aus Wien, Hr. Reichs- 
archivdireetor von RockisGer aus München, Hr. Prof. Scherrer - Boicnorst, 
der zum ersten Male an den Verhandlungen theilnahm, HH. vox Syger 
und WATTENBACH. 

Vollendet wurden im Laufe des Jahres 1891/92 in der Abtheilung 
Sceriptores: ı. Deutsche Chroniken IH, ı, enthaltend Jansen Enikel’s 
 Weltehronik von Pu. Straucn, ı. Halbband; 2. Annales Altahenses 
maiores, ed. altera recogn. Edm. ab Oefele in 8° (acced. Annal. 
Ratisbon. maiorum fragmentum); 3. Annales Fuldenses post editionem 
‚Pertzii recogn. Fr. Kurze, acced. Aa Fuldenses antiquissimi in 8°; 
in .der Abtheilung Epistolae: 4. Epistolarum tom. I. Gregorii papae 
Registrum epistolarum t.I, p. I edd. P. Ewar» et L. Harımans, ein 
Halbband; 5. von dem neuen Archiv der Gesellschaft Bd. XVI. 

Unter der Presse befinden sich ein Folioband, ı5 Quartbände, 
2 Oetavbände, von denen ohne die störende Unterbrechung, welche 
der achtwöchentliche Ausstand der Setzer herbeigeführt hatte, mehrere 
schon im verflossenen Jahre fertig geworden wären. 

In der Abtheilung der Auctores antiquissimi wird die schon 
lange erwartete Ausgabe des Claudianus von Hrn. Prof. Bier in einigen 
Monaten erscheinen, da nur noch ein Theil der umfänglichen Indices 
zu drucken übrig bleibt. Von Cassiodors Variae fehlen ebenfalls nur 
die Indices, die Hr. Dr. Trause hauptsächlich übernommen hat, ihr 


Sitzungsberichte 1892. 59 


672 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


Druck soll im Sommer beginnen. Von den Chronica minora ist die 
zweite Hälfte des ersten Bandes, die u. A. Prosper von Aquitanien 
enthält, fast im Drucke vollendet und der mit Hydatius zu eröffnende 
zweite Band soll soeben der Presse übergeben werden. Ob dieser 
den ganzen Rest des Materiales erschöpfen kann, bleibt vorbehalten. 

In der Abtheilung Seriptores hat Hr. Archivar Krusch seine 
Vorarbeiten für die merowingischen Heiligenleben ununterbrochen 
weitergeführt und abermals 28 Handschriften an seinem Wohnorte 
ausgebeutet, von denen ı5 aus Frankreich stammten, etwa 12 andere 
benutzte auf seiner italienischen Reise für ihn Hr. Horper-Eeeer. 
Ausserdem erwiesen sich in dankenswerthester Weise das öster- 
reichische Institut in Rom und der Bollandist Hr. Poxerrer in Löwen 
für Vergleiehungen gefällig. Von der grössten Wichtigkeit für die 
Vervollständigung des Materiales verspricht eine dreimonatliche Reise 
nach Frankreich zu werden, welche Hr. Kruscn im April anzutreten 
gedenkt. Es handelt sich um die Herstellung der alten merowingi- 
schen Texte im Gegensatze zu den Überarbeitungen des 9. bis ı 1. Jahr- 
hunderts und nach einigen glücklichen Funden der neueren Zeit, wie 
die der ältesten Vitae Desiderii, Gaugeriei, Iohannis Reomensis, Leude- 
garii, Launomari, ist gegründete Aussicht zu noch weiteren Erfolgen 
auf diesem Wege vorhanden. Neben der Benutzung der Handschriften 
ist auch an die Ausarbeitung der Texte bereits hier und da Hand 
gelegt worden. 

Von den Schriften zum Investiturstreite steht der Druck des 
zweiten Bandes nach Vollendung der von Hrn. Prof. Tmaner in Graz 
herausgegebenen Werke Bernold’s jetzt in dem liber de unitate eccle- 
siae conservanda. Das Manuscript ist vorzüglich unter steter Mit- 
wirkung des Hrn. Dr. Sackur, z. Z. Privatdocenten in Strassburg, so 
weit vorbereitet, dass der Satz ununterbrochen fortschreiten kann. 
Während dieser Band die Zeit Heinrich’s V. erschöpfen dürfte, bleibt 
die Kirchenspaltung unter Friedrich I. nebst etwaigen Nachträgen für 
einen dritten aufgespart, dem Hr. Dr. Sackur gleichfalls seine Kräfte 
z. Th. schon gewidmet hat und noch weiter widmen wird. 

In dem ersten Bande der deutschen Chroniken hat die von Hrn. 
Prof. Scuröper in Marburg bearbeitete Kaiserchronik, deren Voll- 
endung seit 5 Jahren erwartet wird, noch immer nicht ausgegeben 
werden können, weil der Herausgeber in unverantwortlicher Weise 
den Abschluss der letzten Bogen bisher verzögert hat. Der Druck 
des Annoliedes von Hrn. Prof. Röpiser soll sich unmittelbar daran 
anschliessen. Nachdem Enikel’s Weltchronik, ein mehr litterarhistorisch 
als geschichtlich wichtiges Werk, mit ihren Anhängen im Laufe des 
Jahres erschienen ist, hofft Hr. Prof. Straucn das Fürstenbuch der- 


ur 


.. ‘ . . . 6 
Dünmmter: Monumenta Germaniae historica. 673 


selben gegen Ende des Jahres folgen zu lassen. An der Österreichi- 
schen Reimcehronik ist mit gleichem Eifer fortgedruckt worden, so dass 
nach Abschluss des Registers nur noch Glossar und Einleitung fehlen, 
welche ebenfalls schon weit vorgerückt sind. 

In der von Hrn. Prof. HoLper-EesEr geleiteten Folioserie der 
Scriptores, welche nur noch darauf beschränkt ist, die staufische 
Zeit zum Abschluss zu bringen, stellte sich die Nothwendigkeit heraus, 
den schon weit im Drucke fortgeschrittenen 29. Band zur Vermeidung 
zu grossen Umfanges zu theilen und die Nachträge zu den früheren 
Bänden für einen 30. Band aufzusparen. Hierdurch wird es möglich 
sein, den ersteren in wenigen Monaten erscheinen zu lassen. Eine 
Reise des Herausgebers nach Italien vom März bis October 1891 hat 
besonders für die grossen italienischen Chroniken des 13. Jahrhunderts 
reiche Früchte getragen, nebenbei auch den Leges und Epistolae 
mannigfachen Nutzen gewährt. Mit dem Drucke jener soll schon vor 
der Vollendung des 30. Bandes vorgegangen werden, nachdem der 
Herausgeber durch eine Reise nach Wien sein Material noch weiter 
vervollständigt haben wird. Als Mitarbeiter bei dieser Abtheilung 
tritt vom ı. Mai an Hr. Dr. Diererien, bisher Hülfsarbeiter am Ger- 
manischen Nationalmuseum, statt des Hrn. Dr. SacKur ein. 

In der Reihe der Handausgaben beendigte der Frhr. vox ÖrFELE den 
zweiten verbesserten Abdruck der Annales Altahenses, denen das von 
W.Meryer entdeckte Bruchstück Regensburger Annalen angehängt wurde. 
Von F. Kurze in Stralsund erschien die bereits von Warrz beabsichtigte 
völlig neue Ausgabe der sogenannten Annales Fuldenses. Derselbe ist 
Jetzt mit den Vorbereitungen zu einer Bearbeitung der längst vergriffe- 
nen Ann. Einhardi (mit Einschluss der sogenannten Ann. Laurissens. 
mai.) beschäftigt. Hr. Prof. HoLper-Eeserr wird an die Stelle der 
im 18. Band der Seriptores ganz ungenügend abgedruckten Annales 
Mediolan. maior. eine kritisch gesichtete Handausgabe der Gesta Federiei 
imperatoris in Lombardia nebst einigen Anhängen setzen, die soeben 
fertig geworden ist, auch für einen kritisch berichtigten Abdruck 
der Annalen Lambert’s von Hersfeld nebst seinen übrigen Schriften 
hat derselbe umfassende Vorstudien gemacht. Durch alle diese mit 
vollständigem und verbessertem Apparate versehene Handausgaben 
wird der Wiederabdruck der vergriffenen Bände eine wirksame Er- 
leichterung erfahren. 

In der Abtheilung der Leges ist der Druck der von Prof. von 
Sarıs besorgten Ausgabe der leges Burgundionum seinem Abschlusse 
nahe, während der der Handausgabe der lex Visigothorum von ZEUMER 
kürzlich begonnen hat. Für die Fortführung dieser Arbeiten wird eine 
erneute Benutzung der Pariser Hss. und damit zugleich eine Reise 


lari S . . 
674 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


nach Paris in diesem Herbste nothwendig werden. .Das zweite Heft 
des zweiten .Capitularienbandes von Hrn. Dr. Krause befindet sich 
unter der ‚Presse und ist durch eine Abhandlung im Neuen Archive 
über die Triburer Synode vorbereitet worden. Als einer der er- 
freulichsten ‘Fortschritte darf es bezeichnet werden, ‚dass von den 
‚Gonstitutiones regum et imperatorum, den deutschen Kaiser- und 
Reichsgesetzen seit Conrad l., Hr. Prof. Weı.annp in Göttingen den 
ı. Band, der bis 1291 ungefähr reichen wird, im Manuscripte nahezu 
vollendet und der Druckerei übergeben hat. Für die Fortsetzung 
wird sich derselbe des Hrn. Dr. Scuwarm als Mitarbeiters bedienen. 
Hr. Dr. Hüsser setzt seine Regesten der Gerichtsurkunden als Vor- 
arbeit für eine künftige Ausgabe weiter fort. 

Der Druck der Synoden des merowingischen Zeitalters, die unter 
Leitung des Hrn. Hofraths Maassen Hr. Dr. Brernorz in Wien be- 
arbeitet hat, geht seinem Ende entgegen und wird in einem mässigen 
Bande die Reihe zum Abschluss führen. Vorbehalten bleibt die Ausgabe 
der Carolingischen Synoden, eine schon lange schmerzlich empfundene 
Lücke, sobald Mittel und Arbeitskräfte uns dafür zur Verfügung stehen. 
Besonders wünschenswerth wäre neben den Synoden und Briefen dieser 
Zeit eine Zusammenfassung von Staatsschriften, die, obgleich sie von 
grosser geschichtlicher Bedeutung sind, in den Rahmen keiner von 
beiden Abtheilungen recht passen wollen, wie der libri Carolini, der auf 
politische oder kirchenpolitische Fragen bezüglichen Werke Agobards, 
Hrabans, Hinkmars, der Schriften des Bischofs Jonas von Orleans, 
der Fürstenspiegel u. s. w. Wir hoffen später eine solehe Sammlung 
in’s Leben zu rufen. 

In der Abtheilung Diplomata hatte Hr. vox SıckeL bei seiner 

Übersiedelung nach Rom die Ausgabe der Urkunden Otto’s II. grossen- 
theils den Händen des Hrn. Dr. Untixz übergeben, der von Hrn. Dr. 
‚„ErgEen als Mitarbeiter unterstützt wurde. Eine durch Monate sich 
hinziehende schwere Erkrankung des ersteren, die auch ‚jetzt. noch 
‚keineswegs beseitigt ist, und die Anstellung des letzteren als Con- 
‚servators am K. K. Heeresmuseum haben der Arbeit unverhöffte Hem- 
„mungen. bereitet. Dennoch wurde dieselbe von Hrn. Dr. Ergen nach 
Kräften. gefördert und in diesem Sommer 'gedenkt Hr. vox .SICKEL 
persönlich .die letzte Hand daran zu legen. 

Indem hiermit der Zeitraum von gıı bis 1002 seinen Abschluss 
„erreicht, bereitet. sich nach zwei Seiten hin eine Fortsetzung vor. 
Hr. Prof. BressLau hat für die Regierung Heinrich’s II. mit .dem. er- 
spriesslichsten Erfolge den grössten Theil der deutschen und.schweize- 
rischen Archive . bereits durchforscht, er gedenkt in diesem Jahre, 
auf einen Mitarbeiter, Hrn. Dr. BLocn, gestützt, mit den österreichischen, 


es N : e . a7 
Dünmter: Monumenta Germaniae historica. 675 


niederländischen und italienischen fortzufahren. Ebenso wie diese Unter- 
abtheilung nunmehr mit reicheren Mitteln ausgestattet werden konnte, 
ist es endlich möglich geworden, an die Urkunden der Carolinger Hand 
anzulegen und Hr. Prof. MüntsAacner ist mit ihrer Herausgabe beauftragt 
worden, die voraussichtlich eine ganze Reihe von Jahren in Anspruch 
nehmen wird. 

In der Abtheilung Epistolae ist durch Hrn. Dr. Hartmann in 
Wien in dem ersten Bande auf dem von Ewarn gelegten Grunde das 
Registrum Gregori in seiner ersten, 7 Bücher umfassenden, Hälfte 
erledigt worden. Der Druck des zweiten Bandes hat soeben begonnen, 
er wird nebst der zweiten Hälfte Einleitung und Register für das Ganze 
nachtragen. In dem dritten Bande sind dem eodex Carolinus noch 
weitere 22 grösstentheils aus Italien stammende Briefe angehängt 
worden. Das von Hrn. Dr. GunprAcH, der aus der Reihe der Mit- 
arbeiter ausgeschieden ist, begonnene Register wird durch Hrn. Dr. 
RopENBERG in nächster Zeit vollendet werden. Für den vierten mit 
den Briefen Alkvin’s zu eröffnenden Band sind die Vorarbeiten soweit 
fortgeschritten, dass der Beginn des Druckes im nächsten Winter zu 
gewärtigen ist. Der Druck des dritten und letzten Bandes der Re- 
gesta pontifieum seleeta saec. XIII. wurde durch längere Beurlaubung 
des Hrn. RopDEnBErRG unterbrochen, wird aber unzweifelhaft noch in 
diesem Rechnungsjahre abschliessen. 

Die von Hrn. Dr. HErZzBErG-FrÄnKen in Wien bearbeiteten Salz- 
burger Todtenbücher, vorläufig die letzte Publication dieser Art, sind 
in ihrem Texte fertig gedruckt, aber die überaus mühsamen Register 
erfordern noch eine längere Arbeitsfrist. Von dem dritten Bande der 
Carolingischen Dichter, den Hr. Dr. Trauvge in München jetzt allein 
fortsetzt, befindet sich ein zweites Heft unter der Presse, welches die 
Carmina Gentulensia, Agius, Bertharius, Hinkmar, Heirich von St. Ger- 
main und einige kleinere Stücke enthalten soll. 

Die Redaction des Neuen Archivs ist in bewährter Weise durch 
Hrn. Prof. BressLau bis zum ı7. Bande fortgeführt worden. Es wäre 
dringend zu wünschen, dass die Abnehmer der Monumenta Ger- 
maniae noch mehr als bisher die nothwendige Zugehörigkeit dieser 
Zeitschrift zu der Quellensammlung anerkennen wollten. 

Einzelne Vergleichungen oder Abschriften wurden im verflossenen 
Arbeitsjahre freundlichst besorgt von den HH. Asrrerano in Cremona, 
STARZER, TsScHEDEeL und Kaurmann in Rom, Graf Soranzo in Venedig, 
von A. MoLiier in Paris, JeavEes und Sommer in London, HERZBER6G- 
FrÄnker, Mıcn. Mayr und Taneı in Wien, H. Warrmann in St. Gallen. 
Handschriften wurden theils mittelbar, theils unmittelbar aus vielen 
auswärtigen Bibliotheken uns zur Benutzung eingesendet: neben den 


Sitzungsberichte 1592. 60 


- 4 a x 
676 Gesammtsitzung vom 7. Juli. 


deutschen Bibliotheksvorständen verdienen besondere Hervorhebung 
die nie ermüdende Gefälligkeit des Hrn. Derisıe in Paris, ferner 
Hr. Sinker in Cambridge, Hr. Owverteaux in Brüssel und Hr. Prof. 
von Harte in Wien. Auch dem Auswärtigen Amte des Deutschen 
Reiches bleiben wir hierbei für seine Vermittelung zu fortgesetztem 
Danke verpflichtet. 

Wenn auch in Folge der oben erwähnten Unterbrechung von 
unseren Arbeiten im vergangenen Jahre nicht so viele an’s Licht 
treten konnten, wie in manchen der früheren, so ist deshalb die 
Thätigkeit doch auf allen Gebieten eine gleich rege geblieben: eine 
noch regsamere verspricht sie in den nächsten Jahren zu werden 
durch die lange ersehnte Erhöhung unserer Mittel, welche wir der 
huldvollen Würdigung der hohen Reichsregierung zu verdanken haben. 


Ausgegeben am 14. Juli. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


677 
1892. 
AXXNVI 
SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


14. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ulasse. 


Vorsitzender Seecretar: Hr. Auwers. 


l. Hr. Munk las den Schluss seiner nunmehr hier folgenden Ab- 
handlung über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 

2. Hr. Scuusze sprach über einen Fall schützender Ähnlichkeit 
unter Vorzeigung einiger Exemplare von Lithinus Hildebrandti auf Parmelia 
crinita Acu. aus Madagascar. 


Sitzungsberichte 1892. 61 


Re 


679 


Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 


Von Hermann Monk. 


Hierzu Taf. VI. 


1: 


en ich in der Rinde des Hinterhauptslappens die Sehsphaere und 
in der Rinde des Schläfenlappens die Hörsphaere erkannt hatte, liess 
mich die weitere Untersuchung vor vierzehn Jahren die Rinde des 
Scheitellappens als eine dritte Sinnessphaere, als die Fühlsphaere an- 
sprechen. Im Bereiche dieser Rinde hatte man durch elektrische 
Reizungen Bewegungen von Körpertheilen, durch Exstirpationen Störun- 
gen in den natürlichen Bewegungen derselben Körpertheile herbei- 
geführt; und daraufhin hatten die Meisten motorische oder psyceho- 
motorische Funetionen der Rindenpartie zugeschrieben. Andere jedoch 
hatten solche motorische Funetionen der Rindenpartie in Abrede ge- 
stellt und in jenen Bewegungsstörungen nichts anderes als den Ausdruck 
von Störungen der Hautsensibilität oder des Muskelsinnes gesehen. 
Die widersprechenden Anschauungen konnte meine Untersuchung ver- 
söhnen, indem sie für die Rindenpartie Funetionen nachwies, welche 
im hergebrachten Sinne zum Theil motorischer, zum Theil sensibler 
Art waren. Mittels der Analyse einerseits der Wahrnehmungen und 
Vorstellungen des Gefühlssinnes, andererseits der Störungen, welche 
infolge der Exstirpationen zur Beobachtung kommen, legte ich ‚dar, 
dass, wie die Rinde im Hinterhauptslappen zum Gesichtssinne, und 
im Schläfenlappen zum Gehörssinne, gerade so sie im Scheitellappen 
in Beziehung zum Gefühlssinne steht, indem in der Rinde des Scheitel- 
lappens die specifischen Empfindungen, Wahrnehmungen und Vorstel- 
lungen des Gefühlssinnes zustandekommen und die zugehörigen po- 
tentiellen Erinnerungsbilder ihren Sitz haben!. 

Der Natur der Sache nach konnte, was ich damals gab, nur 
ein erster Abriss von der Fühlsphaere sein, welchen weitere Unter- 
suchungen zu vervollkommnen, zu verbessern und auszuführen hatten. 


! Herwm. Munk, Über die Funetionen der Grosshirnrinde. Gesammelte Mit- 
theilungen. Zweite Auflage. Berlin 1890. S. 3 —4, 32— 58. 


61* 


680 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


Doch dazu war die Folgezeit nicht angethan, in welcher man noch 
darum stritt, ob den verschiedenen Abschnitten der Grosshirnrinde über- 
haupt verschiedene Funetionen zukommen, die verschiedenen Sinne an 
verschiedene Rindenpartien gebunden sind. Ja, indem man in dem 
mehr als leidenschaftlichen Kampfe, welcher dagegen geführt wurde, 
Gefühlssinn und Gemeingefühle durcheinanderwarf, Bewegungsstörun- 
gen mit Muskellähmungen verwechselte, hier die motorische und dort 
die sensible Seite der Fühlsphaere vernachlässigte, endlich auch ge- 
wisse Erscheinungen der Restitution, deren Aufhellung durch den 
Versuch noch nicht unternommen war, zu unüberwindlichen Wider- 
sprüchen aufbauschte, ging unter der angerichteten Verwirrung sogar 
zugleich alles Licht verloren, das bis dahin auf den Scheitellappen 
gefallen war. Trotz den überaus zahlreichen Veröffentlichungen über 
den Scheitellappen kommt deshalb über gewisse vereinzelte 'That- 
sachen, besonders die Reizerfolge betreffend, der sichere und aner- 
kannte Erwerb zur Zeit nicht hinaus; und selbst ein erster zuverlässiger 
Einblick in die Leistungen der Scheitellappen-Rinde kann nicht ge- 
wonnen scheinen, wo noch die Grundlagen für jedes Urtheil der- 
maassen in Frage stehen. 

Ist die Rinde im Bereiche des Scheitellappens exstirpirt oder 
ähnlich verletzt, so besteht nach Hrn. Scnirr' Verlust des Tast- und 
Berührungsgefühles der Haut ohne wahre motorische Lähmung. Die 
Sensibilitätsstörung, die tactile Anaesthesie, ist die einzige direete Folge 
der Verletzung, von welcher alle anderen secundär abhängen; Störungen 
in der Bewegung können unter Umständen lange fehlen. Nicht für einen 
einzigen Muskel oder eine einzige Muskelgruppe ist durch die Exstir- 
pation die centrale Bewegung gelähmt, ebensowenig sind die Bewe- 
. gungen geschwächt; Paralyse oder Parese ist nirgends vorhanden. 
Gerade umgekehrt ist nach Hrn. FERRIER? die tactile Empfindlichkeit in 
keiner Weise geschädigt, besteht keinerlei Anaesthesie; sondern Lähmung 
(Paralyse) der willkürlichen Bewegung ohne Beeinträchtigung der Em- 
pfindung ist die Folge der Verletzung, rein motorisch ist die Affeetion. 

Nieht minder scharf stellen sich die Gegensätze in anderer Riehtung 
dar. Man hat, seitdem Hr. Nortusacer? es zuerst bemerkte, vielfach die 
Folgen der Verletzung sich wieder ausgleichen lassen, mehr oder weniger 
weit, in kürzerer oder längerer Zeit, und man hat auch nach dem Ersatze 
für die vernichtete Rindenpartie gesucht. Dem entgegen leugnet Hr. 


! Arch. f. exper. Pathologie, Bd. 3. 1875. S. 176—8; Prrücer’s Arch. Bd. 30. 1883. 
S.215—9, 223, 229, 263. — Ich behalte überall, wo ich die Angaben anderer Autoren 
zu erwähnen habe, soweit es nur angeht, den Wortlaut bei. 


®? Functions of the Brain, 2"d edition, London 1886. p. 358,362, 377, 378. 
® Vırcaow’s Arch. Bd. 57. 1873. S. 184. 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 681 


Scnirr! jede Wiederherstellung der Functionen; bloss eine Besserung 
der Symptome soll erfolgen, indem das Thier sich an die bleibenden 
Störungen durch compensatorische Bewegungen accommodirt, aber die 
wirklichen und wesentlichen Folgen der Exstirpation sollen niemals 
sich zurückbilden. Ebenso ist nach Hrn. Ferrrer” die Paralyse per- 
manent: nur scheinbar komme es beim Hunde zur Restitution, da die 
wesentlich corticalen Bewegungen nie wiederkehren. 

Und noch in einer dritten Richtung stossen wir auf schroffe Wider- 
sprüche. In weiterer Ausführung einer Beobachtung, welche die HH. 
Frırscn und Hrrzıs bei ihren ersten Versuchen gemacht hatten’, lässt 
Hr. Ferrıer’ die Paralyse infolge der Verletzung einer Rindenstelle 
überall diejenigen Bewegungen und nur die Bewegungen betreffen, 
welche durch elektrische Reizung von derselben Rindenstelle aus oder, 
wie Hr. FeErrıer sagt, durch Reizung des motorischen Centrums, welches 
der Sitz der Läsion ist, herbeigeführt werden. Dem ist jedoch nicht 
so nach Hrn. Scuirr’, da man auch nicht exeitable Stücke in der 
Nachbarschaft der exeitablen Zone ausschneiden und in betreff der 
Bewegungen den Erfolg der Lähmung der vermeintlichen Rindencentra 
erhalten könne. Vollends hält Hr. Gorrz” die Annahme kleiner um- 
schriebener Centren noch neuerdings für widersinniger als je, wenn 
er auch die funetionelle Ungleichwerthigkeit einzelner Lappen des 
Grosshirns nicht mehr bestreitet. 

Aus diesen Gegensätzen und Widersprüchen, die noch dazu mannig- 
fache Verwickelungen unter einander bieten, finde ich also vor allem 
die Wahrheit herauszuschälen, indem ich jetzt auf die Scheitellappen- 
Rinde zurückkomme. Ich halte unsere Kenntniss der Sehsphaere und 
der Hörsphaere im wesentlichen nunmehr für genügend gesichert nicht 
bloss durch die experimentellen, sondern auch durch die übereinstim- 
menden klinischen Erfahrungen, um wieder an die verwickeltere Fühl- 
sphaere herantreten zu dürfen, für deren richtige Auffassung jene Kennt- 
niss mit zu Hülfe kommt. Ich will versuchen, die Grundzüge der Fühl- 
sphaere soweit festzulegen, dass in der Folge auch die Untersuchung 
dieser Sinnessphaere in geregeltem Fortschritte zu tieferer Einsicht führen 
kann. Doch werde ich weder an meine eigenen älteren Mittheilungen 
über die Fühlsphaere noch an andere Veröffentlichungen unmittelbar 
anknüpfen, um die Darlegung möglichst kurz und durchsichtig ge- 


1 Prrücer's Arch.-Bd. 30. 1883. S. 216, 227, 229, 241, 273. 
2 Functions etc. (2) p. 354, 357, 364, 368—73. 

3 Reicnerr’s und pu Bors-Reymonv’s Arch. 1870. S. 331. 
2 Eunctions ete.-((2). Px357,.354. 

5 Prrüser’s Arch. Bd. 30. 1883. S. 228 — 9, 235, 239 — 40. 
6 Ebenda Bd. 42. 1888. S. 433 


682 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. Juli. 


stalten zu können. Ich darf von geschichtlichen Ausführungen um 
so eher absehen, als erst jüngst eine vollständige Übersicht über das 
Gebiet von Hrn. Sourr' gegeben worden ist. 

Bezüglich meiner Exstirpationsversuche, von welchen im folgenden 
die Rede ist, sei im allgemeinen bemerkt, dass die Operationen an 
Affen unter Aethernarkose, an Hunden unter combinirter Morphium- 
Aethernarkose ausgeführt, die Abtragungen mit dem Messer gemacht, 
die Heilungen in S—ı2 Tagen per primam erfolgt und die Thiere bis 
zum Tode gesund geblieben sind. Ort und Umfang der Exstirpation 
sind überall durch die Section festgestellt, der Ort nach den Furchen 
und Windungen bestimmt, der Umfang nach der gelb erweichten, noch 
nicht 1"”” dieken Grenzschicht, welche die zu einer derben fibrösen Masse 
verwachsenen weichen Bedeckungen der Exstirpationsstelle mit der 
unversehrt erhaltenen Hirnsubstanz verband. Natürlich sind mir auch 
solche Versuche vorgekommen, bei welchen durch Quetschung. Blutung, 
Entzündung u. dergl. m. die Nachbarschaft der Exstirpationsstelle ge- 
schädigt war; aber alle diese Versuche sind als missglückte grundsätzlich 
ausser Acht geblieben, wo nicht besondere Angaben gemacht sind’?. 


2. 


Wird im Bereiche des Abschnittes der Grosshirnrinde, welcher 
vom Sulcus calloso-marginalis über die Convexität der Hemisphaere 
bis zur Basis, beim Hunde etwa in der Breite des Gyrus sigmoideus, 
beim Affen zwischen dem Sulcus praecentralis einerseits und dem Suleus 
intraparietalis und der Fissura Sylvii andererseits sich erstreckt, ein 
Stück der Rinde exstirpirt, in verschiedenen Versuchen an verschie- 
denen Stellen, so sieht man bei Hund wie Affen Störungen in den 
Bewegungen folgen an Kopf, Hals, Arm und Bein der gegenseitigen 
Körperhälfte. Desto auffälliger sind die Störungen, je grösser die 
Exstirpation war, und desto häufiger betreffen sie zwei, ja hin und 


! Les fonctions du cerveau. Paris 1891. 

® Gerade so habe ich es auch bei meinen früheren Mittheilungen gehalten und 
wenn auch nur nach den ausgedehntesten und schwierigsten Operationen eine leichte, 
oberflächliche Haut-Eiterung bei Versuchen, die zur Verwendung kamen, sich nicht hatte 
ausschliessen lassen, es regelmässig angegeben. Aber dass ich letzteres that und dass ich 
wiederholt die lehrreichen Erscheinungen beschrieb, welche sich zeigen, wenn Ent- 
zündungen während oder lange nach der Verheilung der Wunde von der Exstirpations- 
stelle aus um sich greifen |[s. z. B. Functionen u. s. w. (2) S. ı8 (1877) und vergl. Gouz, 
Prrücer’s Archiv Bd.42. 1888. S.429— 30], ist, wo man meine Erfolge nicht erzielen 
konnte, mehrfach benutzt worden, um meine Versuche als unrein, ungenau u. dgl. m. 
auszugeben. Dem für die Folge möglichst vorzubeugen, habe ich hier die Bemerkungen 
im Texte an die Spitze gestellt. 


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Sützungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1892. Taf VO. 


Munk : Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 


er 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 683 


wieder sogar drei jener Körpertheile zugleich; aber schon nach einer 
Exstirpation von 5"" Länge und Breite sind die Störungen bemerklich, 
die dann in der Regel auf einen einzelnen der genannten Körpertheile 
sich beschränken. Stets schwächen sich die Störungen mit der Zeit 
ab; wo mehrere Körpertheile zugleich betroffen waren, sind sie oft 
schon nach wenigen Tagen an dem einen oder dem anderen Körper- 
theile nicht mehr aufzufinden. 

Doch nicht regellos bald an diesem, bald an jenem Körpertheile 
treten die Störungen in den Bewegungen auf; sondern von entschei- 
dender Bedeutung erscheint nach den Versuchen, ob die Exstirpation 
weiter vorn oder weiter hinten, mehr medial oder mehr lateral in 
unserem Rindenabsehnitte ausgeführt ist. Systematische Versuchsreihen, 
bei welchen wir mit Exstirpationen von 5—10"" Länge und Breite 
möglichst von Stelle zu Stelle fortschreitend den Rindenabschnitt durch- 
messen, steHen dann die Abhängigkeit vom Orte der Verletzung noch 
schärfer heraus. Beachten wir bei diesen Versuchsreihen, welche 
Körpertheile frei von Störungen, welche von vorneherein oder nach 
wenigen Tagen allein geschädigt erscheinen, so finden wir an unserem 
Rindenabschnitte vier Regionen zu unterscheiden, wie sie die Figg. 1—4 
in verschiedener Schraffirung zeigen. Wir können dieselben als Kopf- 
region #, Hals-(Nacken-)Region H, Armregion D und Beinregion © be- 
zeichnen, indem wir den Namen der Region jedesmal den Körpertheil 
angeben lassen, an welchem immer und ausnahmslos Störungen auf- 
treten, wenn eine Rindenexstirpation von den angegebenen Dimen- 
sionen die Region betroffen hat. Nicht ausgeschlossen ist dabei, dass 
zugleich auch an einem anderen Körpertheile sich Störungen zeigen. 
So bringt z. B. eine Exstirpation in D immer Störungen am Arme mit 
sich; aber daneben können noch Störungen am Kopfe oder am Halse 
oder am Beine folgen. Die letzteren Störungen stellen sich manchmal 
ein, wenn die Exstirpation die Grenze von E oder H oder © erreicht, 
doch sind sie dann nur in den ersten Tagen zu bemerken. Öfter 
kommt dasselbe zur Beobachtung, wenn die Exstirpation die Grenze 
der Nachbarregion ein wenig überschreitet. Sonst zeigen sich, wo 
eine Exstirpation zwei benachbarte Regionen betroffen hat, die Stö- 
rungen an beiden zugehörigen Körpertheilen von längerer Dauer. 

Unser Rindenabschnitt stellt sich danach als ein Aggregat im 
Prineip funetionell gleichwerthiger Regionen dar, deren jede nur einen 
anderen Körpertheil beherrscht. Und damit lässt sich auch in Über- 
einstimmung finden, was die Reizversuche an unserem Rindenabschnitte 
ergeben; denn es zeigen sich die Rindenstellen, von welchen aus durch 
schwache elektrische Reizung Bewegungen eines Körpertheiles zu er- 
zielen sind, immer innerhalb derjenigen Region gelegen, welcher 


684 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 14. Juli. 


derselbe Körpertheil nach den Ergebnissen der Exstirpationen zu- 
gehört!. Die weitere Untersuchung der Functionen des Rindenab- 
schnittes knüpft deshalb vortheilhaft an die Regionen an. Unter 
ihnen empfehlen sich aber besonders die Arm- und die Beinregion, 
weil die Störungen uns an den Extremitäten am auffälligsten ent- 
gegentreten; und wir wählen beide Regionen zugleich wegen der engen 
Verbindung, in welcher die Bewegungen beider Extremitäten zu 
einander stehen. 

Auch noch ein anderer Gesichtspunkt bestimmt uns zu der letzteren 
Wahl. Natürlich wollen die Figg. ı—4 nicht die Regionen -Grenzen 
als genau bestimmte gelten lassen, wie diese Grenzen auch eben deshalb 
nicht mit Linien angegeben sind. Unsere Methode der Exstirpationen 
lässt ja überhaupt nieht scharfe Abgrenzungen zu; und wäre dem auch 
anders, so würden doch die gezeichneten Grenzen nicht allgemeingültig 
sein wegen der Variationen, welche Furchen und Windungen, die uns 
zur Orientirung dienen, von Fall zu Fall darbieten können. Unter 
Umständen und gerade bei der Abgrenzung der Arm- von der Bein- 


! Vergl. Functionen u.s. w.(2)S.160. — Seitdem ich zuerst 1878 die Regionen unter- 
schied (ebenda S. 33, 49), sind dieselben, manchmal unter dem Namen »Felder«, eine 
vielbenutzte Bezeichnung geworden, auch wo man hinsichtlich der Bedeutung der Re- 
gionen mir nicht beipflichtete. Wenn Hosstey und Scnärer |Ph. Tr. R. S. 1888, B, p. 1; 
(ScHÄrer) Beiträge zur Physiologie, Festschrift für C. Lupwıs, 1887, S. 269] bei ihrer 
neuerlichen Abgrenzung der Regionen des Affen mit Hülfe von Reizversuchen hervorge- 
hoben haben, dass meine Regionen vornehmlich, wenn nicht ganz, auf Abtragungsver- 
suchen fussen, so werden sie über den vermeintlichen Vorzug ihres Verfahrens inzwischen 
wohl durch die Reizbarkeit des Hinterhaupts- und des Schläfenlappens, welche sie jetzt 
ihrer Gesichtsregion zuzurechnen hätten, eines Besseren belehrt sein. Arm-, Bein-, 
Kopf- u.a. Regionen, wie ich sie suchte, waren eben nur durch Exstirpationen zu 
ermitteln; und bloss als bemerkenswerth liess sich vorerst hinstellen, wie ich es a. a. ©. 
that — was freilich Horstey und ScnÄrer nicht beachtet haben —, dass im Bereiche 
Jeder Region auch die Rindenstellen gelegen sind, von welchen aus durch Reizung 
Bewegungen des entsprechenden Körpertheiles sich herbeiführen lassen. Horstey und 
ScHÄFER irren weiter mit der Angabe, dass niemand vor ihnen den Gyrus marginalis 
untersucht habe; denn ich habe schon 1878 mitgetheilt: »Die Hinterbeinregion erstreckt 
sich beim Affen wie beim Hunde auch über die mediale Fläche der Hemisphaere bis 
zum Gyrus fornicatus. Ob das gleiche für das vorderste Stück der Vorderbeinregion 
des Affen gilt, weiss ich nicht; sicher aber gilt es nicht für die Vorderbeinregion des 
Hundes. Diese Region erstreckt sich nicht einmal . . bis zur Fissura longitudinalis, 
sondern zwischen dem medialen Ende ihrer vorderen Hälfte und dem Gyrus fornicatus 
liegt an der oberen und medialen Fläche der Hemisphaere ... die Nackenregion« 
[Functionen u. s. w. (2) S. 54; vergl. auch S. 55 u. 58]. Für die Nackenregion des 
Affen halten sich Horstey und ScHÄrer an die erste Andeutung derselben, welche ich 
ı878 in der Abbildung gab, und übersehen, dass ich die Region 1882 medialwärts 
ausgedehnter angab (ebenda S.ı67). Mit der Hinzufügung, dass Arm- und Nacken- 
region des Affen bis zum Sulcus calloso - marginalis sich erstrecken, liefern die Horstev- 
ScnÄrer’schen Ermittelungen die schönste Bestätigung meiner Regionen — bis auf die 
Rumpfresion. Dass diese Region Horstey und ScuÄrer zu Unrecht in den Gyrus 
marginalis zwischen Arm- und Beinregion verlegen, werden wir später sehen. 


Munk: Uber die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 685 


region kommen aber noch besondere Schwierigkeiten hinzu. So tritt 
beim Hunde dort, wo das mediale hintere Endstück der Vorderbein- 
region zu suchen ist, ein Convolut grosser Venen, welche geschont 
werden müssen, den Versuchen hindernd in den Weg; und eben- 
dieselben und andere grosse Venen, welche das Blut vom Gyrus sig- 
moideus abführen, gehen nahe dem medialen Rande des Gyrus dicht 
bei einander auf die Dura über, so dass Exstirpationen der Vorder- 
bez. Hinterbeinregion nicht auszuführen sind, ohne dass zugleich die 
Hinter- bez. Vorderbeinregion durch eine erhebliche Störung der 
Bluteireulation beeinträchtigt wird. Für die Verfolgung der Arm- 
region allein oder der Beinregion allein könnten daraus Gefahren 
erwachsen, und wir entgehen ihnen, wenn wir beide Regionen zugleich 
der Untersuchung unterziehen. 


Der äusseren Grenzen der Extremitätenregionen — so will ich 
Arm- und Beinregion zusammen fortan nennen — vergewissern wir 
DO fe) 


uns noch durch besondere Prüfungen. In eigenen Versuchsreihen be- 
ginnen wir mit kleinen Exstirpationen innerhalb der Extremitäten- 
regionen und schreiten von Versuch zu Versuch zu immer grösseren 
Exstirpationen vor. Dabei sehen wir die Störungen von Arm und 
Bein mehr oder weniger regelmässig an Umfang und Dauer wachsen, 
bis die Exstirpation die gezeichneten Grenzen der Extremitätenregionen 
erreicht hat. Aber wenn dann die Exstirpation, gleichviel nach welcher 
Seite hin, noch weiter ausgedehnt ist, finden wir, die Störungen von 
Arm und Bein nieht mehr verstärkt, sondern nur neue Störungen 
anderer Körpertheile hinzugekommen. Die Totalexstirpation unserer 
Extremitätenregionen führt also in den Störungen von Arm und Bein 
das Maximum herbei, das überhaupt erreichbar ist: gerade wıe es zu 
erwarten war, wenn unsere Figuren mit ausreichender Genauigkeit 
innerhalb der Scheitellappen-Rinde das Gebiet abgrenzen, welches Arm 
und Bein beherrscht. j 

Die gute Ausführung dieser Versuche stösst auf gewisse Schwierig- 
keiten, besonders wo es sich um die Entfernung der medialsten Rinden- 
partien handelt. Ich will deshalb genauer beschreiben, wie ich die 
Totalexstirpation der Extremitätenregionen vornehme, welche in Bezug 
auf fehlerfreie Durchführung die misslichste und zugleich die wichtigste 
aller Operationen ist. Es wird danach auch für die anderen Fälle sich 
leicht übersehen lassen, wie die Schwierigkeiten zu überwinden sind. 

Beim Hunde schreiben die Art des operativen Vorgehens die Venen 
vor, mit welchen das verhältnissmässig kleine Operationsgebiet in aus- 
nehmend grosser Zahl ausgestattet ist, inbesondere die 5—6 Venen, 
welehe ganz nahe bei einander fast senkrecht zum Sinus longitudinalis 
verlaufen. Diese Venen sind so zart und treten, allermeist schon in 


686 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. Juli. 


einigem Abstande vom medialen Rande der Convexität, so knapp, mit 
so geringem Zwischenraume von der Pia zur Dura über, dass weder 
ihre Unterbindung noch ihre Torsion ausführbar ist. Aber auch bloss 
die Venen des Suleus praecruciatus, des S. eruciatus und des S. post- 
eruciatus dürfen verletzt werden, während die an der vorderen und 
der hinteren Grenze gelegenen Venen sorgfältig zu schonen sind. In- 
folge dessen ist im günstigsten Falle doch nicht mehr als ein äusserst 
beschränkter Blick auf die mediale Fläche des Operationsgebietes zu 
gewinnen und auch ein solcher nur mit Blutungen zu erkaufen, welche 
für das Operiren hinderlich sind und, wenn nicht die Erhaltung des 
Thieres, jedenfalls die Reinheit und Brauchbarkeit des Versuches in 
Frage stellen. Vortheilhaft verzichtet man deshalb gänzlich auf die 
Inspection der medialen Fläche und sehlägt das folgende Verfahren 
ein, das allerdings eine grössere Vertrautheit mit dem Hundehirn voraus- 
setzt, besonders damit die Exstirpation bis an den Gyrus fornicatus 
reicht, aber dafür die besten Chancen dadurch bietet, dass oft gar 
keine Blutungen auftreten oder nur unbedeutende, welche durch das 
Andrücken von Wattestückchen leicht zu stillen sind. 

Nach Anlegen der Schädellücke, etwas grösser als die convexe 
Fläche der Extremitätenregionen, wird die Dura möglichst weit lateral- 
wärts und dann den Rand der Schädellücke entlang so weit gespalten, 
als es ohne Verletzung der Venen geschehen kann, und ihr abge- 
trennter Zipfel gegen den Sinus longitudinalis zurückgeschlagen. Hart 
am medialen Rande der Vene des Suleus eoronalis und weiter medial- 
wärts vorn wie hinten an den gezeichneten Grenzen der Extremitäten- 
regionen, wiederum soweit es ohne Verletzung der Venen möglich 
ist, wird dann senkrecht zur Hirnoberfläche die Rinde durchschnitten 
und die umsehnittene Rindenpartie vom lateralen Schnittrande her 
parallel der Hirnoberfläche bis nahe zur medialen Fläche der Hemi- 
sphaere unterschnitten. Jetzt wird das Messer mit einem dünnen und 
schmalen Holzstäbchen — einem passend zugerichteten Scalpellstiele — 
vertauscht und dieses unterhalb der unterschnittenen Rindenpartie zu- 
erst, indem man es zugleich etwas senkt, medialwärts vorgeschoben, 
bis es die Falx in der ganzen Länge der Extremitätenregionen er- 
reicht hat, dann unterhalb der vorderen wie der hinteren Grenzvene 
von unten nach oben geführt, so dass hier die Rindensubstanz ohne 
Verletzung der Grenzvenen durchtrennt wird. Nachdem der allseitig 
losgelöste Rindenlappen in einem Stücke entfernt ist, wird schliess- 
lich mit dem Messer in der ganzen Ausdehnung des Suleus coronalis 
die Rinde ı— 2”” weit lateralwärts unterscehnitten und, wo noch 
graue Substanz des Sulcus eruciatus sichtbar ist, dieselbe heraus- 
gehoben: 


ee Te 


Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 687 


Beim Affen ist die Totalexstirpation der Extremitätenregionen 
leichter und sicherer ausführbar als beim Hunde, weil die im Ope- 
rationsgebiete zum Sinus longitudinalis ziehenden Venen weiter aus- 
einanderliegen, auch weniger zart sind und weniger knapp, überdies 
erst am medialen Rande der Convexität von der Pia zur Dura über- 
treten. Man stellt die Schädellücke etwas grösser als die. convexe 
Fläche der Extremitätenregionen her und schlägt die passend ge- 
spaltene Dura in einem Zipfel medialwärts gegen die Falx, in zwei 
Zipfeln lateralwärts zurück. Die vom frontalen Schenkel des Suleus 
praecentralis zur Falx verlaufende Vene wird geschont, ebenso die 
Vene des Suleus parieto-oceipitalis; die 2—3 dazwischen gelegenen 
Venen werden doppelt unterbunden, das eine Mal dicht am Sinus 
longitudinalis, und zwischen den Unterbänden durchschnitten. An 
der nunmehr bequem zugänglichen medialen Seite der Hemisphaere 
durchschneidet man die Rinde senkrecht zur Oberfläche im Suleus 
calloso-marginalis, soweit derselbe die Extremitätenregionen begrenzt, 
und wenn sein hinteres Ende nicht die Gonvexität erreicht, noch in 
seiner Verlängerung bis zur Gonvexität und trägt scheibenförmig in 
einem Stücke die ganze mediale Partie der Extremitätenregionen ab. 
Danach wird die an der Convexität gelegene Partie der Extremitäten- 
regionen mit flachen, der Oberfläche parallelen Messerschnitten ab- 
getragen, nachdem man sie durch senkrechte Einschnitte dieht hinter 
der vorderen und dicht vor der hinteren Grenzvene isolirt hat. Man 
hat dabei darauf zu achten, dass auch die kleine Rindenpartie der 
Convexität, welche zwischen dem Ende des Sulcus calloso -marginalis 
und dem Sulcus parieto-oceipitalis gelegen ist, mit entfernt wird. 
Schliesslich wird mit dem Messer die Rinde unterhalb der vorderen 
und der hinteren Grenzvene 1— 2”” weit unterschnitten und, wenn 
noch graue Substanz des Sulcus Rolando sichtbar ist, dieselbe heraus- 
geschnitten, auch die unter der Vene im Sulcus parieto-oceipitalis 
gelegene Rinde mit einem dünnen und schmalen Scalpellstiele heraus- 
gehoben. 

Die Störungen, welche nach soleher Totalexstirpation der Extremi- 
tätenregionen in den Bewegungen von Arm und Bein zur Beobachtung 
kommen, sind beim Hunde der Art, wie sie als Folgen der Exstirpation 
des Gyrus sigmoideus schon vielfach beschrieben worden sind. Wenn 
der Hund nach Ablauf der Narkose geht, bewegt er die gegenseitigen 
Extremitäten schlecht, indem er sie zu hoch oder zu wenig hoch 
hebt, und setzt sie schlecht auf, so dass sie auf den Rücken der 
Zehen, das Vorderbein sogar manchmal auf den Rücken des Fusses 
zu stehen kommen u. dergl.-m.; daher und weil die Extremitäten leicht 
abgleiten, fällt der Hund oft nach der unverletzten Seite um. Aber 


688 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


von Tag zu Tag macht sich eine Besserung bemerkbar, bis, wenn 
einige Wochen vergangen sind, der -Hund derart stehen, gehen und 
laufen kann, dass er dem Uneingeweihten wie ein unversehrtes Thier 
sich vorführen lässt. Daran will ich vorläufig nur erinnern und hin- 
zufügen, dass ähnlich auch der entsprechend verstümmelte Affe sich 
verhält, bei welchem nur die Abnormitäten zu allen Zeiten hoch- 
gradiger sind. Im übrigen werden die Störungen in den Bewegungen, 
über welche ich hier flüchtig hinweggehe, ihre eingehende Behand- 
lung später finden, wenn wir die mehr elementaren Störungen be- 
trachtet haben, auf welche wir bei der genaueren Untersuchung der 
Thiere stossen. Dann werde ieh auch die beiderseitige Totalexstir- 
pation der Extremitätenregionen behandeln, von welcher vorerst nur 
gelegentlich einmal und mehr beiläufig wird die Rede sein. 


B 

An dem Hunde, dessen Extremitätenregionen der einen, sagen 
wir der linken Seite total exstirpirt sind, zeigt sich die Empfindlich- 
keit sonst überall normal. aber an den rechten Beinen verändert, wie 
besonders gut an den Füssen, nur mehr im groben an den oberen 
Gliedern der Extremitäten zu constatiren ist. Fährt man an dem frei 
stehenden Hunde unversehens mit dem weichen Pinsel über einen 
linken Fuss oder berührt man den Fuss leicht mit einem Stabe oder 
dem Finger, so sieht der Hund sofort hin, und er hebt zugleich etwas 
das Bein, wenn die Berührung nicht ganz zart war. Drückt man 
ein wenig den Fuss, so zieht ihn der Hund, das Bein kräftiger hebend, 
fort und läuft davon oder führt den Kopf gegen den Fuss, um zu 
beissen. So ist hier alles wie beim normalen Thiere. Dagegen ist 
an unserem Hunde,. vorausgesetzt immer dass er den Angriff nicht 
sieht, Berührung eines rechten Fusses mit Pinsel, Stab oder Finger 
zu allen Zeiten wirkungslos. Um einen Erfolg zu sehen, muss man 
den Fuss drücken, in der ersten Zeit äusserst stark, dann immer 
weniger stark, bis endlich ein mässiger Druck genügt. Und immer 
besteht der Erfolg darin, dass unter sehr kräftiger Bewegung der 
Glieder des betroffenen Beines der Fuss fortgezogen wird. Der Hund 
sieht nicht hin, noch führt er den Kopf dahin, er setzt sich nur 
öfters in Gang. Wird, wenn die Reaction begonnen hat, der Druck 
noch fortgesetzt und das Bein in seiner Bewegung gehemmt, so kommt 
es zu ausgedehnteren und schliesslich allgemeinen Strampelbewegungen 
des Hundes, der zugleich winselt, knurrt, um sich beisst. 

Auch wo die Verletzung nicht ganz die Ausdehnung unserer 
Totalexstirpation hat, lassen sich in der Regel die geschilderten Wahr- 


Bir.» 


Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 689 


nehmungen machen, aber nicht immer. So ist es gekommen, dass, 
während alle anderen neueren Untersucher darin übereinstimmen, dass 
die Exstirpation des Gyrus sigmoideus bei Hund und Katze Störungen 
in der Empfindlichkeit der gegenseitigen Extremitäten mit sich bringt, 
Hr. Beeuterew' die Beeinträchtigung der Sensibilitätssphaere als nicht 
nachweisbar hinstellt. Der Widerspruch erklärt sich daraus, dass 
Hr. BEecaterEw, wie man erfährt, »nur die Region der Hemisphaeren- 
oberfläche exstirpirte, deren Erregung bei schwacher elektrischer 
Reizung Muskelzuckung in den Gliedern bewirkt« und »in der Rich- 
tung nach hinten und aussen die Grenze der zerstörten Region nicht 
den Rand der Windung um ungefähr 2—4"”"” erreichte«. Nach solcher 
Exstirpation kann man in der That beobachten, was Hr. Beenterew 


mm 


angiebt, dass auf leichtes Kratzen der affıieirten Extremität der Hund 
sich nach der Gegend der Reizung umsieht u. s. w. Aber die von 
Hrn. BECHTEREw am hinteren äusseren Rande des Gyrus sigmoideus 
zurückgelassene Rinde steht eben nicht, wie er glaubte, ausser Be- 
ziehung zu den Extremitäten, sondern beeinflusst, wie sich später 
noch genauer durch Reiz- und Exstirpationsversuche ergeben wird, 
die Beweglichkeit und Empfindlichkeit besonders am Vorderfusse. 
Hrn. Becuterew hat gegenüber den anderen Untersuchern, welche 
gleichfalls den Extremitäten zugehörige Rindenpartien zurückliessen, 
das Missgeschick getroffen, dass die Unvollkommenheit gerade seiner 
Exstirpation infolge der Lage und Qualität des Rindenrestes hier ver- 
hängnissvoll war: ihm liessen die ersten Prüfungen, da das Thier auf 
Berührung hinsah, Empfindlichkeitsstörungen so sicher ausgeschlossen 
scheinen, dass er irrthümlich auf eine weitere Untersuchung verziehten 
zu dürfen meinte; für die Anderen genügten dieselben nächstliegenden 
Prüfungen, Empfindlichkeitsstörungen ausser Zweifel zu stellen. 

Man könnte sagen, die Empfindlichkeit der rechten Extremitäten 
unseres Hundes sei herabgesetzt oder abgestumptt. Aber damit wäre 
nur ein erster und unzureichender Ausdruck dem Beobachteten ge- 
geben. Denn von anderen Folgen zeigt sich die Verletzung für den 
Gefühlssinn, von anderen für die Gemeinempfindlichkeit, wenn wir 
darunter die Empfindlichkeit verstehen, die nicht zu Sinnesempfin- 
dungen führt. Die Sinnesempfindungen, die Berührungs- oder Druck- 
empfindungen, kommen schon bei einer geringeren Grösse des An- 
griffes der Haut zustande, als die Folgen der Gemeinempfindlichkeit; 
aber was sie vor allem und unabhängig von der Reizgrösse charak- 
terisirt, das sind ihre Localzeichen, welche untrennbar mit ihnen 
verknüpft sind. Diese Sinnesempfindungen müssen daher für die 


! Neurolog. Centralbl. 1883. S. 409; Prrücer’s Arch. Bd. 35. 1885. S. 137. 


690 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


rechten Extremitäten durch die Verletzung für immer fortgefallen 
sein, weil nach diesen Extremitäten hin der Hund, der den Angriff 
nicht sieht, nie mehr Augen und Kopf bewegt, auch wenn der Druck 
sonst erfolgreich ist. Dagegen ist die Gemeinempfindlichkeit der 
rechten Extremitäten nicht durch die Verletzung verloren; sie ist nur 
zuerst sehr herabgesetzt, nimmt aber mit der Zeit wieder zu. 

Das verschiedene Verhalten von Sinnesempfindungen und Gemein- 
empfindlichkeit springt auch bei anderweitigen Prüfungen in die 
Augen. 

Kleine, scharf gezahnte, stark federnde Klemmen an der Haut 
der rechten Extremitäten unseres Hundes, am besten wiederum an 
den Füssen angebracht, bleiben in der ersten Zeit nach der Hirn- 
verletzung ohne Wirkung, später aber führen sie regelmässig Schreien, 
Winseln, heftige Bewegungen herbei. Legen wir zu dieser Zeit 
unserem Hunde bei verbundenen Augen, nachdem er sich an den 
Verband gewöhnt hat, eine Klemme gleichmässig an die vier Füsse 
der Reihe nach an, so zeigt sich folgendes. Nach dem linken Vorder- 
fusse fährt der Hund sofort, nach dem linken Hinterfusse höchstens 
mit kurzem Verzuge, den er benutzt, um sich zu setzen oder zu 
legen, mit dem Kopfe hin; und er fasst die Klemme mit den Zähnen 
und zerrt an ihr, bis er sie abgenommen hat. Dagegen wird, wenn 
ein rechter Fuss angegriffen ist, das betroffene Bein hochgezogen, 
und der Hund fängt zu laufen an; bald bewegt er dabei das Bein 
in der Luft heftig hin und her, ohne es aufzusetzen, bald schlägt 
er es wiederholt mit aller Macht auf den Boden auf, so dass es laut 
schallt, u. dergl. m.: und ist unter allen den Bewegungen die Klemme 
nicht unwirksam geworden, so legt sich der Hund meist schliesslich 
wie resignirt auf den Bauch und lässt sich durch nichts bewegen 
aufzustehen, ehe die Klemme entfernt ist. Nur hin und wieder ein- 
mal kommt es vor, dass auch hier der Hund den Kopf den Füssen 
nähert; aber dann sind es wiederum die linken Füsse, gegen welche 
hin er unter Linksdrehung den Kopf bewegt, und nie wendet er sich 
unter Rechtsdrehung nach den rechten Füssen hin. Der Hund hat 
also durch die Klemme, ob sie links oder rechts wirkt, Schmerz- 
empfindungen; aber wo es ihn schmerzt, weiss er im letzteren Falle 
nicht, weil ihm die mit Localzeichen versehenen Sinnesempfindungen 


der rechten Extremitäten fehlen. Sind dem Hunde die Augen nicht‘ 


verbunden und wird ihm die Klemme unversehens bei abgelenkter 
Aufmerksamkeit angelegt, so ist im übrigen alles ebenso, nur dass 
für den Fall des rechten Vorderbeines der Gesichtssinn öfters zu 
Hülfe kommt: der Hund sieht dann nach einiger Zeit, manchmal 
schon nach den ersten heftigen Bewegungen, die Klemme am rechten 


ver 


Mvsk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 691 


Vorderfusse und nimmt sie mit den Zähnen ab. Wird dem Hunde 
ein Fleischstück zugeworfen, so dass es dicht neben oder auf den 
rechten Vorder- oder Hinterfuss fällt, so folgt ihm der Hund mit 
Augen und Kopf und nimmt es sofort wie der normale Hund unter 
Rechtsdrehung auf“. 

Untersuchen wir weiter unseren Hund, während er von einem 
Gehülfen mit der einen Hand unter dem Kinn gestützt, mit dem 
anderen Arm an der hinteren Partie der Brust umfasst, senkrecht 
emporgehalten wird. Die Beine hängen ruhig herab, die rechten 
schlaffer als die linken, und der Hund kann nicht sehen, wie man 
an den Füssen hantirt. Fährt man an einem linken Fusse oberhalb 
der Nägel leicht mit dem Finger von unten nach oben über die 
Haare hin, so beugen sich bei leisestem Streichen ganz kurz und 
schwach entweder die Zehen oder auch der Fuss, und erst bei weniger 
leisem Streichen bewegen sich zugleich die oberen Glieder, so dass 
ein blitzartiges Zucken des Beines, eine schwache Bewegung aller 
Glieder erfolgt. Legt man ferner Daumen und Zeigefinger zu beiden 
Seiten der Zehen an, so kommt es, wenn man sehr zart zufasst, 
entweder nur zu einer kurzen und schwachen Streckung der Zehen 
oder auch zu einer kurzen und schwachen Beugung des Fusses; und 
lässt man dann nicht los oder hat man von vorneherein weniger zart 
zugefasst, so bewegen sich auch noch stark die oberen Glieder, und 
mit abwechselnden Streekungen und Beugungen sucht sich das Bein 
den Fingern zu entziehen. Von alledem sieht man nichts und zu 
keiner Zeit, ob früh oder spät nach der Hirnverletzung, wenn man 
in gleicher Weise mit einem rechten Fusse verfährt. Man muss die 


! In seinen ersten Abhandlungen hat Govrz bei Hunden mit grossem Substanz- 
verluste beider Hälften des Grosshirns eine Störung beschrieben, welche er als »mangel- 
haftes« oder »mangelndes Ortsfindungsvermögen« bezeichnete und als »die natürliche 
Folge der Störungen in der Benutzung aller Sinneswerkzeuge« ansah (PrLüser’s Arch. 
Bd. 14. 1877. S.431—5; Bd. 20. 1879. S.19—20, 22). Er hatte dort auch Versuche 
mit Anlegen von Drahtklemmen an die Haut gemacht und constatirt, dass »niemals 
die gereizte Stelle methodisch mit der Schnauze untersucht wurde, wie dies von un- 
versehrten Hunden doch stets geschieht«. Danach, fährt er fort, »erwartete ich, 
dass die Thiere mit einseitig durchspültem Hirn sich vielleicht an der einen Hälfte 
ihres Körpers zurechtfinden würden und an der anderen nicht. Der Erfolg war indess 
ein anderer. Auch Hunde, die nur die Verstümmelung einer Hälfte ihres Grosshirns 
erlitten haben, vermögen eine ihnen z. B. auf den Schwanz oder die Vorhaut oder 
die Zehen gesetzte Klemme nicht zu finden. Sie wandern unter Äusserungen des. 
Unbehagens oder des Schmerzes umher, führen aber nicht die Schnauze zu der ver- 
letzten Stelle. Alle diese Thiere hatten mehrere Gramm Gehirn eingebüsst« (a. a. O. 
Bd. 14. S. 434). Diese nicht bloss nach dem Texte oben, sondern auch nach der 
Gesammtheit meiner Erfahrungen nicht zutreffende Angabe, die übrigens in den spä- 
teren Mittheilungen von Gourz nicht wiederkehrt, lässt sich nur dadurch erklären, 
dass bei den Gorrz’schen Durchspülungen der einen Hemisphaere auch die andere 
Hemisphaere durch den operativen Eingriff beschädigt worden war. 


692 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


Zehen in den ersten Tagen nach der Operation sehr stark, später 
allerdings mit der Zeit immer weniger stark, aber doch auch schliess- 
lieh noch etwas drücken, damit eine Reaction eintritt. Und diese 
Reaction besteht immer zunächst in einer kräftigen und langen Be- 
wegung der oberen Glieder des Beines und dieser allein. Erst wenn 
der Druck über das erforderliche Mindestmaass hinausgegangen ist, 
schliessen sich Fuss und Zehen mit Beugung an; und dann tritt auch 
die Bewegung des gleichnamigen Beines der anderen Seite hinzu, 
wenn diese nicht, wie es häufig vorkommt, sogar schon eher erfolgt ist. 

Wieder könnte man von einer Herabsetzung der Reflexerregbar- 
keit für die rechten Extremitäten sprechen wollen. Aber das Unzu- 
treffende, ja Unrichtige solcher Auffassung liegt auf der Hand. Denn 
läge bloss eine Herabsetzung der Reflexerregbarkeit vor, so müssten, 
wenn wir den Druck amwachsen lassen, an den rechten Extremitäten 
die Bewegungen nur bei höherem Drucke eintreten, im übrigen aber 
dieselben sein wie an den linken Extremitäten. Das ist jedoch nicht 
der Fall. Vielmehr stellen sich an den rechten Extremitäten, sobald 
der Druck am Fusse wirksam geworden ist, ganz andere Bewegungen 
ein und kommen diejenigen Bewegungen, welche an den linken Ex- 
tremitäten der Berührung des Fusses folgen, überhaupt nie zur Be- 
obachtung. Die letzteren Reflexbewegungen, die Berührungsreflexe, 
wie sie der normale Hund zeigt — kurze und schwache Bewegungen, 
mit wachsendem Reize von den unteren zu den oberen Gliedern der 
Extremität fortschreitend —, sind demnach an den rechten Extremi- 
täten unseres Hundes für die Dauer ganz fortgefallen. Und erhalten 
sind dort nur die Gemeinreflexe — lange und starke Bewegungen, 
mit wachsendem Reize von den oberen zu den unteren Gliedern der 
Extremität fortschreitend —: Reflexe, wie wir sie, und zwar gleich- 
falls ausschliesslich, bei Hunden finden, welche durch Encephalome- 
ningitis oder mässige Narkose bewusstlos sind, oder welchen die 
Medulla oblongata oder ein Stück des Rückenmarkes von den höheren 
Theilen des Centralnervensystemes vollkommen abgetrennt ist. Für 
diese Gemeinreflexe der rechten Extremitäten ist die Reflexerregbar- 
keit zunächst nach der Verletzung sehr herabgesetzt und nimmt mit 
der Zeit an Grösse zu. 


4. 


Mit dem Verluste der Extremitätenregionen büsst also der Hund 
die Berührungs- oder Druckempfindungen der zugehörigen Extremitäten 
und, wie sich nach den Versuchen von selbst versteht. auch die Be- 
rührungs- oder Druckwahrnehmungen, welche aus jenen Empfindungen 


a . .. zu . . > ‘ 
Munk: Uber die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 693 


hervorgehen. für die Dauer ein. Damit stellt sich der Seh- und der 
Hörsphaere gegenüber unsere Scheitellappen-Rinde als die Fühlsphaere 
der Grosshirnrinde dar, insofern. wie in der Hinterhauptslappen - Rinde 
die Liehtempfindungen und Gesichtswahrnehmungen und in der Schläfen- 
lappen-Rinde die Schallempfindungen und Gehörswahrnehmungen,, so 
in der Scheitellappen - Rinde die Gefühlsempfindungen und Gefühls- 
wahrnehmungen zustandekommen. Vorausgesetzt ist dabei freilich. dass. 
was sich vorerst nur durch grobe Prüfungen herausgestellt hat, dass 
die verschiedenen Regionen der Scheitellappen-Rinde im Prineip 
funetionell gleichwerthig sind, auch bei der genaueren Untersuchung 
sich stichhaltig erweist. Aber wir dürfen das mit um so grösserem 
Rechte erwarten. als es ja ganz der sogenannten Projeetion der Netz- 
häute auf die Sehsphaeren entspricht, dass auch bei dem zweiten 
äumlichen Sinne, dem Gefühlssinne, feste Beziehungen zwischen den 
Bezirken der peripherisehen Sinnesfläche einerseits und der centralen 
Sinnesfläche andererseits bestehen. die verschiedenen Partien der Haut 
verschiedenen Partien der Scheitellappen -Rinde zugeordnet sind: und 
wir werden in der That unsere Erwartung nicht getäuscht sehen. 

Noeh ein anderer Parallelismus tritt uns sogleich entgegen. Wir 
hatten auseinanderzuhalten den Retina- oder Opticusrefilex, welcher 
ohne das Grosshirn unter Vermittelung niedererer Centralorgane zu- 
standekommt, und die Sehreflexe. welehe nur unter Mitwirkung der Seh- 
sphaere sich vollziehen." Gerade so stehen hier die Gemeinreflexe 
und die Berührungsreflexe einander gegenüber, von welchen wir die 
letzteren, nicht aber die ersteren mit den Extremitätenregionen unter- 
gegangen fanden. Und wenn wir weiter zweierlei Sehretlexe zu unter- 
scheiden hatten. angeborene und erworbene, so bedarf es nur der 
Umschau in den obigen Versuchen, um die entsprechenden zweierlei 
Fühlretlexe, die angeborenen in den von uns so genannten Berührungs- 
reflexen. die erworbenen in den Augen-. Kopf- und anderen Be- 
wegungen zu erkennen. Doch müssen wir für jetzt der Versuchung 
widerstehen, in der Richtung tiefer einzudringen, und der Bedeutung 
unserer weiteren Ermittelungen nachgehen. 

Die Gemeinempfindlichkeit zeigt sich nach dem Verluste der Ex- 
tremitätenregionen an den zugehörigen Extremitäten zwar erhalten, 
aber doch verändert: die Reflexerregbarkeit für die Gemeinreflexe ist 
zuerst nach der Verletzung sehr herabgesetzt, desgleichen die Schmerz- 
empfindlichkeit, und beide nehmen nur mit der Zeit an Grösse zu. 
Solehe mit der Zeit zurückgehende Störungen unterliegen von alters- 
her” dem Verdachte, dass sie die Folgen nicht sowohl des Verlustes 


! Functionen u. Ss. w. (2) S. 306. 
2 S. ebenda S. 77. 


Sitzungsberichte 1392. 62 


694 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. Juli. 


des Hirntheiles. als vielmehr der mit seiner Beseitigung unbeabsieh- 
tigt verknüpften Schädigung anderer ÜOentraltheile sind. Man hat 
ihnen deshalb früher für die Frage nach der Function der abgetragenen 
Hirntheile gar keine oder eine geringe und ungewisse Bedeutung bei- 
gemessen und sie vielfach ganz vernachlässigt. Bei der neueren Unter- 
suchung (der Grosshirnrinde hat sich auch der Verdacht in vielen Fällen 
als berechtigt erwiesen. So z. B. bei den Gefühls- und Bewegungs- 
störungen nach Exstirpationen innerhalb der Hinterhauptslappen -Rinde 
oder bei den Sehstörungen nach Exstirpationen innerhalb der Scheitel- 
lappen-Rinde oder, um noch nächstliegendes zu wählen, bei den Be- 
wegungsstörungen am Kopfe und am Halse nach Exstirpationen inner- 
halb der Extremitätenregionen; denn diese Störungen sind nicht nur 
in der Zeit veränderlich, sondern schwanken auch bei anatomisch 
gleicher Exstirpation von Fall zu Fall an Ausdehnung und Stärke; 
sie ergeben sich dureh die Seetion mit Blutung, Entzündung u. dergl. 
in der Nachbarschaft der Exstirpationsstelle verbunden; und was die 
Hauptsache ist. sie bleiben aus, wo Operation und Heilung ohne 
unglücklichen Zufall verlaufen. Aber derartigen Störungen lässt sich 
offenbar unsere Veränderung «der Gemeinempfindlichkeit nicht bei- 
gesellen. da sie stets in der geschilderten Weise bei den wohlgelungenen 
und reinen Versuchen wiederkehrt. Sie könnte danach höchstens 
auf einer nicht vermeidlichen Unvollkommenheit der Versuche be- 
ruhen: und ob dem so ist, wie man es behauptet hat, müssen wir 
der Prüfung unterziehen. 

Nach Hrn. Gortz' sind unter den Störungen, welche der Hirn- 
verletzung folgen, wie bei den Störungen nach Rückenmarksdurch- 
schneidung,. von den Ausfallserscheinungen, welche bleibender Natur 
und durch die Vernichtung oder dauernde Zusammenhangstrennung 
der nervösen Substanz bedingt sind, die Hemmungserscheinungen zu 
unterscheiden, welche vergänglich sind. Unmittelbar nach der voll- 
ständigen Durchtrennung des Rückenmarkes werden die reflectorischen 
Funetionen des abgetrennten Rückenmarkstückes fast vollständig ver- 
misst, und allmählich treten sie immer deutlicher werdend hervor. 
Danach müssen die Centren im abgetrennten Stücke des Rückenmarkes, 
die doch nicht erst neu entstehen können, sich einige Zeit nach der 
Verletzung in einer Art von Seheintod befinden, aus welchem sie 
allmählich zu neuer Thätigkeit erwachen: die Lebenserscheinungen 
der Gentren müssen gehemmt sein. Der Anlass zur Hemmung sei in 
dem Acte «der Operation zu suchen. Nicht Quetschung oder Erschüt- 


" Pruücer’s Arch. Bd. 20. 1879. S. 17; vergl. Bd. 13. 1876.'S.34, 39 415 
Bd. 14. 1877. S. 441—3. 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 695 


terung des unteren Rückenmarkes, noch Ernährungsstörungen desselben 
bedingen die Hemmung, sondern auf dem Nervenwege komme sie 
zustande. indem während des ganzen Vernarbungsprocesses die Schnitt- 
enden des Rückenmarkes fortwährend einer Reizung unterliegen, 
welche sieh namentlich nach unten durch die ganze Masse des Rücken- 
markes fortpflanze. Diese, wenn auch milde, doch durch ihre Dauer 


sehr intensiv wirkende Reizung hemme die Gentren, zu welchen sie 


gelangt. in ihrer Thätigkeit. Von einer eigentlichen entzündlichen 
Reizung brauche dabei keine Rede zu sein: der einfache Heilungs- 
vorgang an den Schnittenden genüge, um diese merkwürdige hem- 
mende Fernwirkung auszuüben. Ähnlich liege die Sache beim Gross- 
hirn. Jede Verletzung dieses Organes könne je nach der Lage und 
Ausdehnung eine Reihe von Funetionshemmungen in denjenigen Ge- 
bieten des Gehirnes und sogar des Rückenmarkes herbeiführen, welche 
durch den Operationsaet gar nicht direct beschädigt worden seien. 
Oft sei nur ein kleiner Theil der Störungen, welche unmittelbar nach 
der Verletzung zur Beobachtung kommen, als Ausfallserscheinung zu 
betrachten. d.h. dureh die Verniehtung von Hirnsubstanz bedingt. 
Der ganze Rest der Erscheinungen sei den Hemmungsvorgängen zu- 
zuzählen, d.h. davon abhängig. dass Nervencentren, die noch vorhanden 
sind, für Zeit ihre Funetionen eingestellt haben. Alle Theile des 
centralen Nervensystemes können nach einer Verletzung der Grosshirn- 
rinde eine Hemmung ihrer Funetion erleiden. In erster Linie sei der 
unverletzte Rest des Grosshirns selbst zu nennen. In der Umgebung 
der Hirnwunde seien erhebliche Abschnitte der Randzone theils ge- 
quetscht oder gezerrt, theils leiden sie unter der veränderten Blut- 
bewegung: aber oft werde auch durch Fernwirkung der ganze übrige 
Rest des Grosshirns unmittelbar nach der Operation ausser Function 
gesetzt. Auf das Mittelhirn und Kleinhirn erstrecke sich nach grossen 
Verletzungen der Rinde die Hemmungswirkung. Selbst das verlängerte 
Mark und das Rückenmark können bei Hunden nach ausgedehnter 
Zerstörung des Grosshirns Hemmungswirkungen unterliegen. In den- 
Jenigen Fällen z. B., in welchen unmittelbar nach der Operation die 
Hemianaesthesie so hochgradig sei, dass die Thiere bei Quetschung der 
betreffenden Pfoten diese gar nicht bewegen, müsse eine solche Fern- 
wirkung vorliegen. Wäre nämlich das Rückenmark und verlängerte 
Mark ganz unberührt, so müsste die Quetschung der Pfote doch min- 
destens eine Reflexbewegung zur Folge haben. 

In diesen Ausführungen liegt sichtlich ein Mangel an Folgerichtig- 
keit, indem im Falle der Rückenmarksverletzung die Hemmungserschei- 


nungen — unter Ausschluss von Quetschung, Erschütterung, Ernäh- 
rungsstörung — dahin begrenzt werden, dass sie nur auf dem Nerven- 


62* 


696 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. Juli. 


wege durch eine Reizung der Schnittenden des Rückenmarkes zustande- 
kommen, bei der Gehirnverletzung dagegen. obwohl es sich bloss um 
eine natürliche Folgerung aus den Ergebnissen am Rückenmarke han- 
deln soll!, die Folgen von Quetschung, Zerrung, Ernährungsstörung in 
die Hemmungserscheinungen einbezogen werden. So ist IIr. GouLTz 
dazu gekommen, die Störungen nach Hirnverletzung. welche durch 
(Quetschung. Blutung, Entzündung u. s. w. veranlasst waren — und 
deren gab es bei der Grösse seiner Hirnverstümmelungen und der Art. 
wie er sie ausführte. recht viele —., als Hemmungserscheinungen vor- 
zuführen: und er hat den Fehler erst später, wenn auch nicht mit der 
nöthigen Klarheit, verbessert”, indem er von den übrigen Nebenwir- 
kungen der Verletzung die »echten Hemmungserscheinungen« trennte. 
Aber wenn wir von jener Schwäche absehen, bleibt der Kern der 
Ausführungen. dass sie die Hemmungswirkungen von den Folgen der 
Rückenmarksverletzung auf die der Hirnverletzung übertragen und, 
was für uns besonders wichtig ist. gerade eine Veränderung der Ge- 
meinempfindlichkeit. wie sie uns beschäftigt. als Hemmungserscheinung 
hinstellen. In letzterer Hinsicht spricht sich Hr. GoLrz noch an an- 
derer Stelle” mit aller Bestimmtheit aus: »Es lässt sich übrigens mit 
mathematischer Sicherheit beweisen. dass unter den Störungen, welche 
wir im ersten Stadium der Verstümmelung antreffen, echte Hemmungs- 
erscheinungen sein müssen. Wenn man einem Hunde. welchem ein 
ausgiebiger Theil des linken Grosshirns herausgespült ist, ın den 
ersten Stunden nach der Operation die rechte Hinterpfote kneift, so 
stösst er keinen Schmerzensschrei aus, er macht aber auch keine Spur 
einer anderen Reflexbewegung. Mache ich dieselben Versuche mit 
einem Thier. welches vor Monaten eine vollständige Durchtrennung des 
Rückenmarks erlitten hat. so zieht das Thier die gekniffene Pfote mit 


1.Gourz, Proöüser's Arch. Bd.13.1876. 8.40. 

®? Gorrz, ebenda Bd. 34. 1884. S.456: »Dagegen hat man an meiner Auffassung 
der Hemmungserscheinungen vielfach Anstoss genommen, ohne jedoch, wie mir scheint, 
sachlich sich von mir zu entfernen. Es kam mir darauf an, zu zeigen, dass nach jeder 
Zerstörung eines Hirnstückes nicht bloss diejenige Substanz ihre Functionen einstellt, 
welche vernichtet ist, sondern dass auch in weiter Ausdehnung noch erhaltene Hirn- 
abschnitte eine Abschwächung ihrer Thätigkeit erfahren. Die beabsichtigte Zerstörung 
bringt die Hauptwirkung, nämlich die Ausfallserscheinungen hervor. Neben diesen 
treten namentlich in der ersten Zeit nach der Verletzung zahlreiche andere Störungen 
in noch vorhandenen Organen auf, die ich, WrrnıckeE’s Vorschlag gern annehmend, 
fortan Nebenwirkungen nenuen will. Dahin gehören z. B. die Störungen, welche 
durch die entzündliche Reizung der Nachbarschaft der Verletzung erzeugt werden. 
Dahin rechne ich ferner die Störungen durch die unvermeidlichen Änderungen der 
Blutbewegung in den erhalten gebliebenen Hirntlieilen. Zu den Nebenwirkungen zähle 
ich dann endlich auch diejenigen Fernwirkungen, welche echte Hemmungserscheinungen 
darstellen. « 

® Ebenda Bd. 13. 1876. 8. 41. 


> Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 697 


grosser Heftigkeit fort: Das Centrum für diesen Reflex liegt eben im 
Lendenmark. Warum versagt nun dieser Reflex bei dem Thier, welches 
ein unversehrtes Rückenmark. aber eine frische Gehirnwunde besitzt? 
Offenbar deshalb, weil das betreffende rechtsseitige retleetorische Gen- 
trum im Rückenmark in Folge seiner Verknüpfung mit der frischen, 
links gelegenen Hirnwunde eine Hemmung erlitten hat. Diese Hem- 
mung kann selbstverständlich nur auf dem Nervenwege bewirkt sein. 
Von einer direeten Schädigung des Rückenmarks durch grobe mecha- 
nische Erschütterung oder durch Anomalieen der Blutbewegung kann 
keine Rede sein.« 

Bei näherer Betrachtung finden wir indess die grundlegenden 
Verhältnisse am Rückenmarke viel weniger einfach. als sie Hrn. GorLTtz 
erschienen. Wir verfolgen nach der vollkommenen Querdurchschnei- 
dung des Rückenmarkes am letzten Brustwirbel, wie sie Hr. GoLTz 
für seine Studien bevorzugt hat', am emporgehaltenen Hunde die 
Retlexbewegungen der herabhängenden Hinterbeine und sehen die 
anfangs nur geringe Reflexerregbarkeit durch lange Zeit allmählich 
wachsen. Am Tage der (unter Aethernarkose ausgeführten) Operation 
tritt nur auf sehr starkes Drücken der Zehen eine schwache Bewe- 
gung von Ober- und Unterschenkel desselben Beines ein; mit der 
Zeit ist ein immer schwächerer Druck schon wirksam und ruft dabei 
nicht bloss immer stärkere, sondern auch immer ausgedehntere, die 
oberen Glieder des anderen Beines und auch die unteren Glieder 
beider Beine umfassende. Bewegungen hervor: endlich genügt schon 
ein ganz schwaches Drücken der Zehen, um sofort höchst kräftige 
Bewegungen beider Beine in allen ihren Gliedern herbeizuführen. Die 
letzte Stufe, bei welcher es dann bleibt, ist 6—8 Wochen nach der 
Operation erreicht. Aber schon nach 2-—3 Wochen ist die Wunde, 
wie Sectionen lehren, in der Tiefe wie an der Oberfläche völlig ver- 
narbt. Daher können Vorgänge, welche mit der Heilung. der Wunde 
zusammenhängen. höchstens einem ersten Theile der Zunahme der 
Retlexerregharkeit des Lendenmarkes zugrundeliegen. und der zweite 
Theil muss eine andere Ursache haben. 

Wir kommen noch weiter, wenn wir uns an das von FREUSBER6” 
studirte sogenannte Taetschlagen halten, an die rhythmischen und an 
beiden Beinen regelmässig abwechselnden, in Beugung und Streckung 
bestehenden Bewegungen, welche man zu Zeiten, sobald man den 
Hund emporhebt. an den herabhängenden Hinterbeinen beobachtet. 
Es sind Reflexbewegungen, durch Zerrung und Dehnung sensibler 
Theile an den der Schwere überlassenen Beinen bedingt; denn sie 


l 


Prrücer’s Arch. Bd. 8. 1874. S. 460. 
? Ebenda Bd. g. 1874. S. 358. 


698 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


hören auf und treten nicht wieder ein, wenn die Beine genügend 
gestützt. ihre Glieder weniger gestreckt sind. Das Tactschlagen hebt 


3—4 Wochen nach der Operation mit schwachen und spärlich wieder- 
holten Bewegungen eines Beines an und bildet sich mit der Zeit immer 
mehr aus, bis es 6—8 Wochen nach der Operation bezüglich seiner 
Andauer, wie der Häufigkeit und Stärke der Bewegungen beider Beine 
(len Höhepunkt erreicht. auf dem ich es durch Monate habe verbleiben 
sehen. Damit sind wiederum für den zweiten Theil der Zunahme. 
welche die Retlexerregbarkeit des Lendenmarkes erfährt, Beziehungen 
zu Vorgängen der Wundheilung ausgeschlossen. Zugleich aber springt 
es für ebendiesen Theil in die Augen, dass überhaupt gar nicht eine 
herabgesetzte Reflexerregbarkeit ihre ursprüngliche Grösse wieder- 
gewinnt. sondern vielmehr ein wahres Ansteigen der Reflexerregbar- 
keit weit über die Norm hinaus erfolgt. Denn die Retlexerregbarkeit 
des Lendenmarkes zeigt ja am unversehrten Thiere nie die für das 
Zustandekommen des Taectschlagens erforderliche Grösse; und dass 
doch etwa dort eine solche Grösse gewissermaassen latent besteht und 
nur durch eine ständige Thätigkeit von Hemmungsnerven, welche vom 
oberen Theile des Centralnervensystemes zum Lendenmarke ziehen, 
nicht zur Erscheinung kommt. ist dadurch ausgeschlossen, dass nach 
der Querdurchsehneidung des Rückenmarkes die Ausbildung des Taet- 
schlagens und überhaupt alle Zunahme der Reflexerregbarkeit immer 
nur ganz allmählich vor sich geht. 

Dieses Ansteigen der Reflexerregbarkeit kann aber auch nicht 
seine Ursache in einer Veränderung haben, welcher infolge der mit 
der Abtrennung verbundenen Gefässverletzungen die Ernährung des 
Lendenmarkes seitens des Blutes für die Dauer unterliegt. Da bei 
unseren langlebigen Hunden bloss die Gefässe des Rückenmarkes an 
der Schnittstelle verletzt sind, ist es nach der Art der Gefässverthei- 
lung am Rückenmarke nicht anzunehmen, dass nieht durch den Gol- 
lateralkreislauf alsbald wieder die frühere Blutversorgung des Lenden- 
markes hergestellt sein sollte. Wäre dem jedoch auch anders, so 
könnte die Ernährung des Lendenmarkes immer nur beeinträchtigt 
sein, und dann müsste seine Reflexerregbarkeit gerade nicht für die 
Dauer erhöht. sondern herabgesetzt sich zeigen; denn regelmässig 
sehen wir diese Reflexerregbarkeit. ob sie noch im Ansteigen begriffen 
oder schon mehr oder weniger lange constant ist, abnehmen, sobald 
unsere Hunde an Verdauungsstörungen, Bronchialkatarrh u. s. w. er- 
kranken, und wieder zunehmen, wenn die Hunde nicht zugrunde- 
gehen, sondern gesunden‘. Wir sind daher zu dem Schlusse genöthigt, 


1 


Vergl. FREUSBERG, PFLÜGER’sS Arch. Bd. 9. 1874. S. 362, 380. 


Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 699 


dass unser Ansteigen der Reflexerregbarkeit die reine Folge des Ab- 
getrenntseins des Lendenmarkes ist. Ohne dass also irgendwelche 
unbeabsichtigten und nebensächlichen Wirkungen der trennenden 
Operation oder der Fortfall einer ständigen 'Thätigkeit von Hemmungs- 
nerven im Spiele sind, allein und ganz ausschliesslich infolge 
davon, dass die nervösen Verbindungen, welche zwischen dem Lenden- 
marke und dem übrigen Centralnervensysteme in der Norm bestehen. 
aufgehoben sind, erfährt das Lendenmark fortschreitende innere Ver- 
änderungen, bis es eine neue Verfassung angenommen hat, — 
wovon das Ansteigen seiner Reflexerregbarkeit bis zu einem Maxi- 
mum, auf welchem dieselbe verharrt. der Ausdruck ist. Ich werde 
diese Veränderungen in der Folge kurz Isolirungsveränderungen 
nennen. 

Für unseren ersten Theil der Zunahme der Reflexerregbarkeit 
sind nunmehr neben den Folgen der Quetschung und Erschütterung, 
der Cireulationsstörung, der Verheilung der Wunde auch noch die 
Isolirungsveränderungen in Betracht zu ziehen, die ja nicht gerade 
mit der Vernarbung der Wunde ihren Anfang nehmen können; und 
damit stehen wir vor so vielen Unbekannten. dass wir auf eine ge- 
nauere Zergliederung verzichten müssen. Schon der groben Aufklä- 
rung stellen sich Schwierigkeiten in den Weg. Um den Einfluss der 
Quetschung und Erschütterung. wie der Circulationsstörung einiger- 
maassen zu übersehen, habe ich Versuche ausgeführt. bei welchen die 
genannten Umstände weniger schädlich auf das Lendenmark wirken 
mussten, Versuche mit Querdurchschneidung des Rückenmarkes in der 
Höhe des 3. oder 4. Brustwirbels. Hier fand sich in den ersten 
Tagen nach der Operation die Reflexerregbarkeit des Lendenmarkes 
regelmässig grösser, als wo das Rückenmark in der Höhe des letzten 
Brustwirbels durchtrennt war, wenn beidemal wohlgelungene Ver- 
suche in Vergleich kamen: nach mehreren Tagen war der Unterschied 
nicht mehr deutlich. Wollten wir nun gar danach annehmen, dass, 
wenn etwa 8 Tage seit der Querdurchschneidung am letzten Brust- 
wirbel verflossen sind, Quetschung, Erschütterung und Cireulations- 
störung keine Bedeutung mehr für das Verhalten der Reflexerregbar- 
keit haben, so liesse sich, dass in der Folge noch Folgen der Wund- 
heilung im Gorrz’schen Sinne, sei es ausschliesslich, sei es neben 
Isolirungsveränderungen vorliegen, doch nur erschliessen, wenn die 
Reflexerregbarkeit ferner noch gegen die Norm herabgesetzt wäre. 
Darüber ist aber nichts auszumachen, weil nicht mit der hier erfor- 
derlichen Genauigkeit sich feststellen lässt, welche Retlexerregbarkeit 
dem Lendenmarke des normalen Hundes zukommt: ich habe kein 
Mittel ausfindig zu machen gewusst, um an den Beinen des unver- 


700 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. Juli. 


sehrten Hundes Retlexbewegungen herbeizuführen, bei welchen jede 
Mitbetheiligung des Gehirnes al& ausgeschlossen gelten durfte. 

Unter diesen Umständen könnte man es sogar bezweifeln wollen. 
dass die Gortz’sche Annahme einer mit der Heilung verknüpften 
Reizung der Schnittenden des Rückenmarkes, welche die Gentren des 
Lendenmarkes hemmt, überhaupt in der Wirklichkeit zutrifft. Darin 
würde man jedoch zu weit gehen. Denn ich habe bei den Versuchen 
mit hoher Durchsehneidung des Rückenmarkes in einigen! Fällen. in 
welchen die Heilung den besten Verlauf nahm, die Reflexerregbarkeit 
des Lendenmarkes einige Stunden nach der Operation wesentlich grösser 
gefunden, als am folgenden Tage; am dritten Tage war sie etwa 
ebenso gross wie einige Stunden nach der Operation, am vierten Tage 
grösser. Hier bietet für das anfängliche Sinken der Reflexerregbarkeit 
der Eintritt der für die Heilung erforderlichen reactiven Entzündung? 
die natürliche und allein mögliche Erklärung: so dass die Goutz’sche 
Annahme eine zuverlässige Stütze gewinnt”. Hr. Gorrz hat nur darin 
gefehlt, dass er Vorgänge der ersten Zeit nach der Operation über 
ihre natürlichen Grenzen hinaus noch zu einer späteren Zeit hat eine 
Rolle spielen lassen. 

Auch nach der Querdurchschneidung des Rückenmarkes am 3. oder 
4. Brustwirbel treten uns die Isolirungsveränderungen am abgetrennten 
Rückenmarksstücke entgegen. indem dessen Reflexerregbarkeit durch 
6—8 Wochen bis zu einem Maximum wächst. Hier wird es sogar 
zweifellos, dass (diese Veränderungen schon zu einer frühen Zeit vor 
sich gehen, wenn wir noch den von Hrn. Gorrz beschriebenen Kratz- 
reilex' verfolgen, die eigenthümlichen Kratzbewegungen der Hinter- 
beine, welche Druck oder Streichen der Haut unterhalb und zur Seite 
der Brustbeines nach sich zieht. Denn dieser am unversehrten Hunde 
nicht vorkommende Retlex tritt schon zu Anfang der zweiten Woche 


Dass die Beobachtung nicht öfter gemacht wurde, ist wohl nur der Unter- 
breehung zuzuschreiben, welche die Thätigkeit im Laboratorium von einem Tage zum 
anderen erfahren musste. 


2 


Vergl. Funetionen u. s. w. (2) S. 273. Anm. 144. 
°» Ich sollte eigentlich dem, was ich an der Gowrz’schen Annalıme bestätige, 
die richtigere und schärfere Fassung &eben, dass eine Einwirkung von der 
Schnittstelle her das Thätigwerden der Reflexcentren erschwert oder die 
Erregbarkeit der Reflexcentren herabsetzt, da ich weder für die »Reizung« 
an der Schnittstelle noch für die »Hemmung«s der Reflexcentren eintreten kann. Indess 
empfiehlt es sich, dass ich die Gorrz’sche Ausdrucksweise zunächst beibehalte, weil 
anderenfalls das verdunkelt würde, worauf es bei den gegenwärtigen Erörterungen an- 
kommt. Wo es später ohne Schaden geschehen kann, werde ich von der schärferen 
Fassung Gebrauch machen. 

* Gortz, Pruücer’s Arch. Bd. ı3. 1876. S.41. — Gergens, ebenda Bd. 14. 1877. 
D. 340. 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 701 


nach der Operation deutlich auf. Er bildet sich dann durch Wochen 
besser aus, so dass er bei immer schwächerer Reizung in immer 
grösserer Stärke und immer längerer Dauer erfolgt. Aber das Maxi- 
mum, welches die Retlexerregbarkeit ‘des Lendenmarkes erreicht, ist 
nach der hohen Querdurehsehneidung des Rückenmarkes nicht so gross, 
wie nach der tiefen am letzten Brustwirbel. Es macht sich das schon 
auf die Weise bemerklich, dass im ersteren Falle nie ein so schwaches 
Drücken der Zehen ausreicht. Beinbewegungen herbeizuführen, wie im 
letzteren Falle. Besonders gut aber erkennt man es daran, dass das 
Tactschlagen nach der hohen Querdurehsehneidung nicht nur später und 
langsamer sich entwickelt, sondern auch nieht bis zu soleher Dauer 
und Stärke sich ausbildet, wie nach der tiefen Querdurehschneidung. 

Treten wir nun mit der gewonnenen Kenntniss von den Folgen 
der Rückenmarksdurchschneidung an die uns beschäftigenden Folgen 
der 'Totalexstirpation der Extremitätenregionen heran, so finden wir 
zuvörderst «die geringe Reflexerregbarkeit, welche sich nach der Opera- 
tion für die Gemeinreflexe der zugehörigen Extremitäten zeigt, in Über- 
einstimmung mit den Govtz’schen Ausführungen einer Hemmung zu- 
zuschreiben, welche von der Hirnwunde aus die Reflexeentren im 
Rückenmarke erfahren. Während bei den Versuchen am Rückenmarke 
die Folgen von Quetschung, Erschütterung und Cireulationsstörung des 
Lendenmarkes, die zu allererst in Rechnung gebracht werden mussten, 
die Folgen der Wundheilung so verdeeken konnten, dass wir nur 
mühsam und spurweise uns ihrer zu vergewissern vermochten, stellen 
sich die letzteren jetzt. wo von den ersteren Folgen nieht die Rede 
sein kann, klar in ihrer Grösse dar. Die Schnittstelle des Grosshirns 
muss, wie es Hr. Gortz für den Rückenmarks-Quersehnitt angab, einer 
Reizung unterliegen, welche auf dem Nervenwege die hemmende Wir- 
kung ausübt; und weil mit der Zeit die Reizung abnimmt, muss die 
anfangs sehr geringe Reflexerregbarkeit mit der Zeit zunehmen. Die 
Ursache der Reizung liesse sich ebensowohl in Cireulationsstörungen 
suchen, welche sich allmählich abgleichen, wie in der reactiven Ent- 
zündung, welche selbst mit der besten Verheilung der Wunde noth- 
wendig verknüpft ist. Aber wir müssen uns auf grund des anfäng- 
lichen Sinkens der Reflexerregbarkeit, das wir am Rückenmarke beob- 
achteten, für die letztere Möglichkeit entscheiden. Sie findet auch 
noch darin eine Stütze, dass bei den missglückten Versuchen, wenn 
die Heilung nicht per primam erfolgt und eine stärkere Entzündung 
von der Wunde aus um sich greift, die Reflexerregbarkeit für die zu- 
gehörigen Extremitäten lange auf einer so niederen Stufe verharrt, 
dass sie kaum nachweisbar ist, und erst wenn die Entzündung sich 
zurückbildet, langsam anwächst. 


‘ 


702 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. Juli. 


Aber wiederum lässt sich nur ein erster Theil der Zunahme der 
Retlexerregbarkeit zu den Folgen der Wundheilung in Beziehung brin- 
gen. Denn die Zunahme dauert, wie jetzt an der Zeit ist zu bemerken, 
durch etwa 6 Wochen nach der Totalexstirpation der Extremitäten- 
regionen an, weit also über die Vernarbung der Wunde hinaus, welche 
in die zweite Woche nach der Operation fällt. Man gewinnt dafür 
noch eine besondere Sicherheit, wenn man an Hunden, welchen vor 
ı— 2 Monaten die linken Extremitätenregionen total exstirpirt wurden, 
die gleiche Exstirpation rechterseits ausführt und die Reflexerregbarkeit 
für die linken Extremitäten mit derjenigen für die rechten vergleicht: 
erst 6—8 Wochen nach der zweiten Operation sieht man die links- 
seitige Reflexerregbarkeit die rechtsseitige an Grösse erreichen. Es 
muss demnach zu der Zunahme, welche die Wundheilung mit sich 
bringt, also zu der Zunahme infolge des Abklingens der Hemmung 
noch eine anderweitige Zunahme sich hinzugesellen. Und das thut 
sich denn auch darin kund, dass die Retlexerregbarkeit über die Norm 
ansteigt. 

Eine Beobachtung in der Richtung enthält schon Hrn. GorTz 
erste Abhandlung! über die Verrichtungen des Grosshirns, indem bei 
Hunden, welche eine Durcehspülung des linken Hirns erlitten hatten, 
der Kratzreflex-Versuch, wenn alle Hemmungserscheinungen ver- 
schwunden waren, oft überraschend leicht gelang. Weiteres haben 
Hr. Gereens” und Hr. GorLtz” mitgetheilt. Die Retlexerregbarkeit des 
Rückenmarkes steigere sich oft einige Zeit nach der Durchspülung 
des Grosshirns in ausserordentlichem Grade. Auf das erste Stadium 
der Hemmung folge häufig ein Stadium einer förmlichen Entfesselung 
der reflectorischen Vorgänge. Den Kratzreilex in grosser Intensität 
hervorzurufen, bedürfe es dann nur eines ganz geringfügigen Reizes, — 
fast nur einer Berührung der Haut, wie Hr. GorLTz sagt, der leisesten 
Berührung, sogar oft nur des Streichens der Haare, wie wir von 
Hrn. GEReEns hören. Dass die Bewegung rein refleetorischer Natur 
ist und nicht von der Willkür beherrscht, gehe nicht bloss aus der 
Art ihres Auftretens, ihrer Heftigkeit, ihrer Dauer, ihrem Verlaufe, 
sondern ganz besonders auch aus dem gleichzeitigen Verhalten des 
Hundes hervor, der, trotz dem nicht selten vollständig ausbleibenden 
Nutzen der Bewegung. ganz gleichgültig bleibt, frisst. sich mit anderen 
Dingen beschäftigt‘. Besonders deutlich trete die abnorme Reflex- 
erregbarkeit auf beiden Seiten bei solchen Thieren hervor, denen 


» Prrüscer’s Arch. Bd. ı3. 1876. S. 42. 

?2 Ebenda Bd. 14. 1877. S. 340. 

® Ebenda S. 427—8. 

* GERGENS, a. a. O. S. 342. =, 


3“ 
B 
\ 
Y 
a 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 703 


möglichst rasch nach Vernarbung der bei der ersten linksseitigen 
Durehspülung gesetzten Verletzung ein zweiter gleicher rechtsseitiger 
Angriff gemacht ist.‘ Nach Hrn. Gererns überdauerte der Zustand oft 
Monate lang die vollständige Heilung der Kopfwunde. Nach Hrn. GoLTz 
ging nach Wochen die anomale Erhöhung der Erregbarkeit zurück, 
war die Erscheinung immer vorübergehender Natur. Später hat 
Hr. Gowrz? nach beiderseitiger Ausspülung den Kratzreflex 1—2 Jahre 
nach der Verstümmelung gesehen. zugleich auch andere Reflexbewe- 
gungen, wobei er aber durchaus nieht leugnen wollte, dass denselben 
bewusste Empfindungen vorangehen. Und als Hr. Gorrz erkannte, 
dass »die Lappen des Grosshirns sicher nicht dieselbe Bedeutung 


> 
3 


haben«‘, hat er sich auch davon überzeugt‘, dass die Steigerung der 
Retlexerregbarkeit sich regelmässig nach grosser doppelseitiger Ver- 
stümmelung des Vorderhirns zeigt. nicht aber nach tiefer und aus- 
gedehnter Abtragung an den Hinterhauptslappen. Endlich hat neuer- 
dings Hr. GoLrz’ an einem Hunde. welchem das ganze Grosshirn 
abgetragen war, nach ıS Monaten neben anderen Reflexen den Kratz- 
reflex:. und auch das Taetschlagen beobachtet. 

Nach der Totalexstirpation der Extremitätenregionen kommt es zu 
einer so hohen Retlexerregbarkeit, wie sie die HH. GoLTz und GERGENS 
nach den Durchspülungen des Grosshirns sahen, für die Gemeinreflexe 
der zugehörigen Extremitäten nicht. Im günstigsten Falle bedarf es 
am emporgehaltenen Hunde immer noch eines schwachen Druckes 
der Zehen, damit dasselbe Bein, und eines etwas grösseren Druckes, 
damit auch das andere Bein in Bewegung komme. Der gleiche Druck 
der Zehen an dem ungeschädigten Beine oder an den Beinen eines 
unversehrten Hundes führt wohl allerlei Strampelbewegungen herbei, 
aber nicht die charakteristische kräftige und lange andauernde teta- 
nische Beugung der oberen Glieder des Beines, die hier erst durch 
einen wesentlich stärkeren Druck zu erlangen ist. Man kann danach, 
trotzdem dass die normale Reflexerregbarkeit nicht genau sich fest- 
stellen lässt, über die Erhöhung der Reflexerregbarkeit nicht im Zweifel 
sein: nur ist die Erhöhung hier sichtlich kleiner, als nach den Rücken- 
marksdurchschneidungen. Dasselbe ist auch daraus zu entnehmen, dass 
in der dritten Woche nach der Operation der Kratzreflex auftritt und 
sich allmählich immer besser ausbildet, ohne dass er jedoch schliesslich 
so leieht hervorzurufen und .in solcher Stärke und Dauer zu beob- 


! GERGENS, a.a. 0. S. 341. 
Prrüger’s Arch. Bd. 20. 1879. S. 23; Bd. 26. 1881. S. ıo0. 
Ebenda Bd. 34. 1884. S. 504. 


Ebenda S. 475—7, 483, 499. 502—3. 
> Ebenda Bd. 51. 1892. S. 576—7. 


Bm» 8 8 


704 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. Juli. 


achten ist, wie nach der hoben Durchschneidung des Rückenmarkes. 
Vom Tactschlagen ist nie eine Spur zu sehen. Die grösste Höhe der 
Reflexerregbarkeit findet man regelmässig, wo die Totalexstirpation 
der Extremitätenregionen auf beiden Seiten ausgeführt ist, sei es dass 
gleichzeitig rechts und links operirt-wurde, sei es dass der einseitigen 
Operation nach ı— 2 Monaten die gleiche Operation auf der anderen 
Seite folgte. Nach der einseitigen Totalexstirpation «der Extremitäten- 
regionen erscheint nur manchmal dieselbe Höhe der Reflexerregbarkeit 
erreicht, in der Regel ist das Maximum deutlich kleiner. In einigen 
Fällen ist es mir hier aufgefallen, dass, als 2 Monate und mehr seit 
der Operation verflossen waren, der Kratzreflex in seiner mittleren 
Ausbildung fortbestand, aber durch die Prüfung mit Drücken der 
Zehen nicht gut sich nachweisen liess, dass die Reflexerregbarkeit die 
Norm überschritt. Ich bin deshalb dem Gedanken nachgegangen, dass 
unter Umständen im Falle der einseitigen Totalexstirpation die Reflex- 
erregbarkeit, nachdem sie bis zu ihrem Maximum gestiegen, mit der 
Zeit wieder etwas sinken könnte; doch habe ich trotz vieler Mühe 
von solehem Sinken mich nicht zu überzeugen vermocht. 

Also auch nach unserer Hirnverletzung stellt sich ein wahres 
Ansteigen der Retlexerregbarkeit über die Norm ein, wie nach den 
Rückenmarksdurchschneidungen. Ich muss auf diese Erkenntniss ein 
besonderes Gewicht legen, weil Hr. GoLrz, obwohl er in seiner zweiten 
Abhandlung, wie wir sahen, von der »anomalen Erhöhung« der Retlex- 
erregbarkeit nach der Grosshirn -Durchspülung sprieht und die Reflex- 
erregbarkeit »sich oft in ausserordentlichem Grade steigern« lässt, 
doch den Sachverhalt, man dürfte sagen, hartnäckig verkannt hat. 
Denn in seinen späteren Abhandlungen sagt er, wo er die Erklärung 
der Steigerung der Reflexe versucht': »Wenn . . beim unversehrten 
Thiere ein ähnlicher Reiz, z. B. ein Flohstich statt hat, so wird 
in erster Linie das Rückenmark erregt. Fast gleichzeitig bekommt 
aber auch das Gehirn Nachricht von dem Vorfalle und das Willens- 
organ kann nun nach Belieben den Reflexvorgang der Kratzbewegungen 
spielen lassen, verstärken und richtig leiten oder aber diesen Reflex 
hemmen, wenn das Gehirn anderweitig durch wichtigere Geschäfte 
in Anspruch genommen ist. Bei unserem Hunde mit stark ver- 
stümmeltem Grosshirn ist die Herrschaft des Hirns über das Rücken- 
mark gewissermassen gelockert und die Rückenmarkscentren gewinnen 
eine ähnliche Selbstständigkeit wie bei einem Thiere mit völlig durch- 
trenntem Rückenmark.« Und wiederum’: »Die Steigerung der Reflexe 


! Prrücer’s Arch. Bd. 26. 1881. S.ı1ı. 
®? Ebenda Bd. 34. 1884. S. 483 —4. 


R ” 2 = s : 2 "NE 
Munk: Uber die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 05 


nach Wegnahme des Vorderhirns möchte ich ebenfalls von der theil- 
weisen Verniehtung der Leitungsbahnen zwischen Grosshirn und Kopf- 
mark ableiten. Das unversehrte Gehirn kann die im Kopfmark und 
Rückenmark sich abspielenden Retlexe beherrschen und hemmen. 
Das verstümmelte Grosshirn vermag das nicht. theils weil mit der 
Verringerung des Organs dessen hemmende Kraft geschwächt ist, theils 
weil der Rest des die hemmende Kraft entwickelnden Organs nur 
noch durch mangelhafte Leitungen auf das Kopfmark und Rückenmark 
einwirken kann.« Man sieht, Hr. Gorrz denkt nach der Hirnver- 
stimmelung ebensowenig, wie nach der Rückenmarksdurchsehneidung, 
an eine wahre Erhöhung der Reflexerregbarkeit, sondern bleibt dabei 
und spinnt immer den Faden fort, dass es bloss um ein Zutagetreten 
der normalen Retlexerregbarkeit sich handele, indem Hemmungen in 
Wegfall kommen. Für ihn sind es nur an der Stelle derjenigen 
Hemmungen, welche das unversehrte Thier, wenn es will, vom Gross- 
hirn her wirken lassen kann, nach der Hirnverstümmelung oder 
Rückenmarksdurchsehneidung die Hemmungen infolge der Wundheilung, 
welehe die normale Reflexerregbarkeit nicht zur Erscheinung kommen 
lassen. Noch in seiner jüngsten Abhandlung’ über den grosshirnlosen 
Hund müssen die letzteren Hemmungen ihre Rolle spielen, und zwar 
nicht bloss durch viele Wochen. sondern sogar durch viele Monate 
hindurch. So lange die nachtheilige dauernde Reizwirkung auszuüben, 
werden die Eiterung der Wundtlächen, welche bei glattester Aus- 
schneidung von Hirnabschnitten nieht immer zu vermeiden sei, der 
Vernarbungsprocess und auch noch der Erweichungsproeess der hinter 
der Wunde gelegenen Hirntheile herangezogen. Immerhin findet doch 
endlich schon Hr. Gowrz selber die zum Theil sehr lange Dauer der 
Hemmungsvorgänge »merkwürdig«, so dass er die Möglichkeit einer 
anderen Auffassung »nicht vollständig ablehnen« will. 

Ich habe es für überflüssig gehalten, früher darauf aufmerksam zu 
machen, will aber in Rücksicht auf die Gowrz’schen Bemerkungen doch 
noch hinzufügen, dass auch bei der Totalexstirpation der Extremitäten- 
regionen der Fortfall von Hemmungsnerven, welche vom Gehirne zum 
Rückenmarke ziehen, selbst wenn dieselben ständig thätig wären, für die 
Zunahme, welche die Reflexerregbarkeit nach der Vernarbung der Wunde 
erfährt, nicht von Bedeutung sein könnte, weil die Zunahme immer 
eine ganz allmähliche ist. Es lässt sich mithin in unserem Ansteigen 
der Reflexerregbarkeit wiederum nichts anderes sehen als der Aus- 
druck von Isolirungsveränderungen, wie sie oben S. 699 charakterisirt 


! Prrücer’s Arch. Bd. 5ı. 1892. S. 603—6. — Vergl. auch aus der Gorrz’schen 
Schule: SchrApver, Arch. f. experim. Pathologie, Bd. 29. 1891. S. 62, 106. 


706 Sitzune der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. Juli. 
5 puy 


wurden. Diese neuen Isolirungsveränderungen ordnen sich dann sehr 
gut mit den alten zusammen. Wir fanden das Maximum, welches 
die Reflexerregbarkeit erreicht, wenn wir mit Drücken der Zehen 
prüften, am grössten nach der tiefen, kleiner nach der hohen Quer- 
durchschneidung des Rückenmarkes, noch kleiner nach der beider- 
seitigen und am kleinsten nach der einseitigen Totalexstirpation der 
Extremitätenregionen. Wir sahen ferner das Taectschlagen in der 
grössten Ausbildung nach der tiefen, in geringerer nach der hohen 
Querdurchschneidung des Rückenmarkes und beobachteten es nicht 
mehr nach unseren Hirnverletzungen: Hr. GorLtz hat es noch nach 
der Exstirpation des ganzen Grosshirns gefunden. Wir sahen endlich 
den Kratzreflex in vollkommenster Ausbildung nach der hohen Quer- 
durehsehneidung (des Rückenmarkes, in schwächerer Ausbildung nach 
der beiderseitigen und in geringster Ausbildung nach der einseitigen 
Totalexstirpation der Extremitätenregionen; die HH. GErGEns und 
Gorrz fanden denselben Reflex sehr ausgebildet nach beiderseitiger, 
weniger nach einseitiger Durcehspülung des Grosshirns. Nach alledem 
steigt die Reilexerregbarkeit des betrachteten Rückenmarksstückes desto 
weniger an, je mehr vom übrigen Uentralnervensysteme mit ihm in 
natürlicher Verbindung blieb. Gerade so aber stand es von den 
Isolirungsveränderungen zu erwarten: denn welche tiefere Bedeutung 
auch den Veränderungen zukommen möge, als Folgen des Abgetrennt- 
seins nervöser Uentralsubstanz müssen sie desto grösser sein, je mehr 
die Verbindungen zwischen dieser Substanz und dem übrigen Central- 
nervensysteme aufgehoben sind. 

Verwundern kann nur, dass unsere so wenig umfangreiche 
Rindenabtragung verhältnissmässig so grosse Isolirungsveränderungen 
nach sich zieht. Es darf ebenso befremden, dass derselben Abtragung 
so grosse Hemmungen folgen. Aber nach beiden Richtungen beseitigt 
das Auffällige eine weitere Umschau. Im Gegensatze zu den Bein- 
reflexen ist an den Kopf-, Hals- und Rumpfreflexen nach der Total- 
exstirpation der Extremitätenregionen keinerlei Abweichung von der 
Norm zu eonstatiren. Unsere Hirnverletzung beeinflusst also durchaus 
nicht alle Reflexcentren des Markes gleichmässig, sondern hat die er- 
kannten Folgen bloss für die Reflexcentren der gegenseitigen Extre- 
mitäten. Andererseits wiederum unterliegen ebendiese Centren den 
erkannten Folgen nicht nach allen Rindenexstirpationen, sondern aus- 
schliesslich dann, wenn die Extremitätenregionen exstirpirt sind. 
Denn tragen wir ebenso grosse und noch grössere Partien der Gross- 
hirnrinde an den Hinterhauptslappen, den Schläfenlappen, den Kopf- 
und Halsregionen der Scheitellappen, den Stirnlappen ab, so bleiben 
die Beinreflexe des normalen Thieres unverändert bestehen. Die 


Mvunk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 707 


Totalexstirpation der Extremitätenregionen erscheint danach hier in 
ihren Folgen gleichwerthig der Totalexstirpation der Hemisphaere. 
Und weiter ist daraus zu entnehmen, dass die Extremitätenregionen 
und die Reflexcentren der gegenseitigen Extremitäten in einer be- 
sonderen engsten Beziehung zu einander stehen, zwischen ihnen Ver- 
bindungen existiren, wie sie sonst weder zwischen den Extremitäten- 
regionen und anderen Reflexcentren, noch zwischen den Retlexcentren 
der Extremitäten und anderen Partien der Grosshirnrinde vorhanden 
sind. Der Unterbrechung dieser besonderen Verbindungen sind die 
Isolirungsveränderungen zuzuschreiben, welchen nach der Totalexstir- 
pation der Extremitätenregionen die Reflexcentren der zugehörigen 
Extremitäten unterliegen, der Reizung dieser besonderen Verbindungen 
an der Unterbrechungsstelle bei der Wundheilung die anfängliche 
Hemmung, welche dieselben Centren erfahren. 

So sehen wir uns durch die Prüfung, an welche wir oben S. 694 
herantraten, zu werthvoller Einsieht geführt. Die sehr geringe Grösse 
der Reflexerreebarkeit und ihre allmähliche Zunahme, welche nach 
den Hirnverstümmelungen zur Beobachtung gekommen waren, hatte 
Hr. GorLtz darauf zurückgeführt, dass die Reflexcentren eine Hemmung 
erfuhren und mit deren allmählichem Abklingen ihre normale Function 
wiedergewannen. Die Vorgänge der Wundheilung führten nach ihm 
eine Reizung der Nachbarschaft der Verstümmelung herbei, und diese 
Reizung veranlasste die Hemmung auf Leitungsbahnen, welche des 
weiteren unbestimmt blieben, nur dass auf ihnen, wie auf anderen 
Leitungsbahnen, auch die hemmende Kraft des unversehrten Gross- 
hirns zur Wirkung kommen sollte, wenn dieses die Reflexe beherrscht 
und hemmt. Danach war unsere Veränderung der Reflexerregbarkeit 
nach der Totalexstirpation der Extremitätenregionen, zumal nachdem 
wir schon die Berührungsreflexe ausgesondert hatten, nur als eine 
unvermeidliche Unvollkommenheit der Versuche anzusehen und lieferte 
keine Belehrung weiter über die Leistungen der Extremitätenregionen. 
Jetzt wissen wir, dass von einer Unvollkommenheit unserer Versuche 
im Gorrz schen Sinne nur für eine erste Zeit nach der Hirnverletzung 
die Rede sein kann, und finden selbst durch diese Unvollkommenheit 
die Leistungen der Extremitätenregionen erhellt. Die Extremitäten- 
regionen, durch besondere Leitungsbahnen mit den Retlexcentren der 
gegenseitigen Extremitäten verknüpft, üben auf diese Centren durch 
die Bahnen in der Norm einen zweifachen Einfluss aus: sie bewirken, 
dass die Centren auf der Erregbarkeit verharren, welche sie am un- 
versehrten Thiere besitzen, und nicht die beträchtlichere Erregbarkeit 
gewinnen, welche sie, von der Verbindung mit den Extremitäten- 
regionen befreit, in selbständiger Entwickelung allmählich anzunehmen 


708 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


vermögen; und sie hemmen die Thätigkeit der Gentren, wenn von 
der Grosshirnrinde her eine Hemmung der Reflexe der betreffenden 
Extremitäten erfolgt. 

Das Ergebniss bringt in Erinnerung, dass einst Hr. Serschenow' 
am Frosche, auf grund von Hirn-Durchschneidungen und -Reizungen, 
Hemmungsfasern von Hemmungsmechanismen aus, welche in den 
Thalami und Lobi optiei und in der Medulla oblongata gelegen sein 
sollten. zu den Reflexeentren des Rückenmarkes ziehen liess und, 
indem er für diese Hemmungsfasern in der Norm eine schwache 
tonische Erregung annahm, die Reflexverstärkung nach dem Köpfen 
des Frosches erklärte. Später hat Hr. SETschexnow selber die An- 
nahme der tonischen Erregung seiner Hemmungsfasern widerlegt und 
die Reflexverstärkung nach dem Köpfen auf die Reizung des Rücken- 
marksquerschnittes zurückgeführt.” "Trotzdem hat sich die Serscnexow- 
sche Lehre in ihrer ursprünglichen Form erhalten und wird an die 
Existenz der Serscnenow’schen Hemmung neben der willkürlichen 
Hemmung gedacht.” Ich will deshalb bemerken, dass das Ansteigen 
der Reflexerregbarkeit, welches sich bei unserer Untersuchung ergab, 
keinesfalls von dem Fortfallen einer tonischen Erregung SETSCHENOW- 
scher Hemmungscentren oder Hemmungsfasern sich ableiten lässt, weil 
es nieht rasch der Unterbrechung der Leitungsbahnen folgt, sondern 
noch nach der Vernarbung der Wunde in langer Zeit ganz allmählich 
statthat. Im übrigen ist die SErscnhenow'sche Hemmung, wie die 
Dinge zur Zeit liegen, viel zu dunkel, als dass sie sich in eine nütz- 
liche Beziehung zu unseren Ermittelungen setzen liesse. 

Zu betrachten bleibt endlich noch die andere Veränderung der 
Gemeinempfindlichkeit, welche sich nach der Totalexstirpation der 
Extremitätenregionen zeigt: die anfangs sehr grosse Herabsetzung und 
die allmähliche Zunahme der Schmerzempfindlichkeit der zugehörigen 
Extremitäten. Hr. GoLtz hat hierin gleichfalls Hemmungserscheinungen 
gesehen, dabei aber nicht, wie bei der Hemmung der Reflexe, aus- 
geführt, wie er sich das Zustandekommen der Hemmung denkt; und 
wir werden über Annahmen, welchen eine thatsächliche Unterlage 
fehlen würde, nicht in unfruchtbare Erörterungen einzutreten brauchen. 
Da der Hund nach dem Verluste der linken Extremitätenregionen die 
Schmerzempfindungen von den rechten Extremitäten her nicht für 


! Physiologische Studien über die Hemmungsmechanismen für die Retlexthätig- 
keit des Rückenmarks im Gehirne des Frosches. Berlin 1863. 

? SerschEenow und Pascaurın, Neue Versuche am Hirn und Rückenmark des 
Frosches. Berlin 1865. 

3 L. Hermann, Lehrbuch der Physiologie. ı0, Aufl. Berlin 1892. S. 413,419. — 
L. Lanvors, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. 7. Aufl. Wien 1891. S. 775. 


Movnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 709 


die Dauer eingebüsst hat, so ist es, klar, dass das Entstehen dieser 
Schmerzempfindungen nicht an jene Extremitätenregionen gebunden 
ist. Andererseits müssen dieselben Extremitätenregionen doch in 
hohem Grade an dem Entstehen derselben Schmerzempfindungen be- 
theiligt sein: denn nach der Totalexstirpation der linken Extremitäten- 
regionen finden sich die Veränderungen der Schmerzempfindlichkeit 
bloss an den rechten Extremitäten, nicht aber am Kopfe, am Halse, 
am Rumpfe oder an den linken Extremitäten; und wiederum erfährt 
die Schmerzempfindlichkeit der rechten Extremitäten bloss dann die 
Veränderungen, wenn die linken Extremitätenregionen exstirpirt sind, 
nicht aber, wenn ebenso grosse oder grössere Exstirpationen andere 
Rindenpartien betroffen haben. Beides zusammen ist nur verständlich, 
wenn die Schmerzempfindungen von den Extremitäten her in erster 
Linie in den gegenseitigen Extremitätenregionen entstehen, aber auch 
ausserhalb derselben entstehen können. So versteht es sich dann 
auch, dass die Schmerzempfindlichkeit zuerst nach unserer Verletzung 
sehr herabgesetzt ist und allmählich zunimmt: für die verlorenen 
Extremitätenregionen tritt bezüglich der Schmerzempfindungen anders- 
wo Ersatz ein, aber derselbe stellt sich, wie die allmähliche Zunahme 
beweist, nur schwer her. Und auch unvollkommen ist der Ersatz; 
denn das Maximum, welches in unseren Versuchen die Schmerz- 
empfindlichkeit bei ihrem Wachsen erreicht, bleibt immer wesentlich 
hinter der normalen Schmerzempfindlichkeit zurück. 

Man wird danach schwerlich fehlgehen, wenn man in der Norm, 
so lange ‚der Schmerz nicht eine gewisse Grösse überschreitet, die 
Extremitätenregionen für den ausschliesslichen Ort der Schmerzempfin- 
dungen von den gegenseitigen Extremitäten her ansieht. Mit Sicherheit 
behaupten lässt es sich freilich nicht. Wohl kommt es vor, dass an 
dem Hunde zunächst nach Ablauf der Narkose von den geschädigten 
Extremitäten her gar keine Reaction zu erzielen ist; aber dann ist 
auch die Umgebung der Exstirpationsstelle infolge von Erschütterung, 
Cireulationsstörung u. s. w. in ihren Functionen gestört, und sobald 
die Umgebung wieder normal funetionirt, ist Schmerzempfindung vor- 
handen. An grösseren Schmerzen werden in der Norm auch grössere 
Partien der Rinde betheiligt sein. Welche Partien es sind und in 
welcher Ausdehnung überhaupt die Rinde zu Schmerzempfindungen 
befähigt ist, muss vorerst dahingestellt bleiben. Natürlich wird im 
Bereiche der letzteren Ausdehnung der Ersatz für die verlorenen 
Extremitätenregionen bezüglich der Schmerzempfindungen statthaben. 
Der Extremitätenregionen der anderen Hemisphaere bedarf es für den 
Ersatz nicht; denn nach der beiderseitigen Totalexstirpation der 
Extremitätenregionen stellt sich die Schmerzempfindlichkeit der Ex- 


Sitzungsberiehte 1892, 63 


” 


710 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 14. Juli. 


tremitäten nicht anders wieder her, wie nach der einseitigen Total- 
exstirpation, höchstens etwas langsamer. Aber wenn die anderen 
Extremitätenregionen vorhanden sind, scheinen sie eine bevorzugte 
Rolle bei dem Ersatze zu spielen: wenigstens weiss ich nicht anders 
die Beobachtung (S. 690) zu deuten, dass hin und wieder einmal ein 
Hund, der die linken Extremitätenregionen verloren hatte, bei ver- 
bundenen Augen, nachdem die Klemme an einen rechten Fuss an- 
gelegt war, den Kopf gegen die linken Füsse hin bewegte. Bemerkens- 
werth ist, dass dabei der Kopf immer sogleich wieder zurückging 
und nie die linken Füsse wirklich erreichte, wie es doch regelmässig 
sofort geschah, wenn die Klemme an einen linken Fuss angelegt war. 
Ein paarmal ist es mir auch begegnet, dass ein solcher Hund, wenn 
einige Monate seit der Operation verflossen waren, einige Zeit nachdem 


die Klemme an den rechten Vorderfuss gelegt war — im Falle des 
Hinterfusses habe ich es nie gesehen — und nachdem er inzwischen 


gelaufen war oder das hochgezogene Vorderbein heftig hin und her 
bewegt hatte, mit dem Kopfe an das rechte Vorderbein ging und 
andauernd Unterschenkel und Fuss mit Schnauze und Zunge unter- 
suchte und beleckte. Der Hund befasste sich immer zunächst mit der 
medialen Seite des Beines in grossem Abstande von der Klemme, und 
je nach der Ausdehnung, welche er seiner Untersuchung gab, und nach 
der zufälligen Lage der Klemme fand er das eine Mal die Klemme, 
dlas andere Mal fand er sie nicht. An Hunden, welche beide Extre- 
mitätenregionen verloren hatten, habe ich öfters beobachtet, dass sie 
bei verbundenen Augen, wenn ich die Klemme an einem Vorderfusse 
liegen liess, schliesslich mit Ausdauer entweder Hals, Brust und 
Vorderbeine oder auch nur abwechselnd beide Vorderbeine unter- 
suchten und beleckten, bis ich die Klemme abnahm. Trotz der Mit- 
wirkung des Zufalles geriethen diese Hunde aber höchst selten zuerst 
an das angegriffene Vorderbein, und so lange sie auch suchten, fanden 
sie fast nie die Klemme. Ich halte dafür, dass man mit aller Schmerz- 
empfindung ungefähr so grobe, ungenaue und undeutliche Localzeichen 
verbunden annehmen muss, wie sie die Schmerzempfindungen der 
Knochen und Eingeweide besitzen. Durch die Totalexstirpation der 
Extremitätenregionen gehen alsdann die Localzeichen der Schmerz- 
empfindungen von den zugehörigen Extremitäten her verloren; und 
sie stellen sich bei dem Ersatze, welchen die Extremitätenregionen 
bezüglich der Schmerzempfindungen erfahren, in der Regel nicht wieder 
her, weil sie zu sehr verdunkelt oder verfälscht werden durch die- 
jenigen Localzeichen, welche an den Ersatzstellen der Rinde die dort 
von früherher und naturgemäss entstehenden Schmerzempfindungen 
besitzen. 


Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. Tal 


Indem unsere Ermittelungen darüber nichts aussagen, wo und 
wie innerhalb der Extremitätenregionen die Schmerzempfindungen von 
den gegenseitigen Extremitäten her zustandekommen, stehen sie nicht 
im Gegensatze zu der Lehre, dass Tast- und Schmerzeindrücke der 
Haut auf verschiedenen Bahnen des Rückenmarkes dem Gehirne zu- 
geleitet werden, da ja für gewisse Fälle Hinterstrangsbahnen und 
Bahnen der grauen Substanz wieder in derselben Rindenpartie zu- 
sammentreffen können; sie legen freilich den Gedanken nahe, dass 
man bei den Versuchen am Rückenmarke ebensowohl Berührungs- 
und Schmerzempfindungen, wie geringeren und grösseren Schmerz 
noch nicht ausreichend auseinandergehalten hat. Auch sind unsere Er- 
mittelungen nieht unvereinbar mit Hrn. Gorrz’ neuester Anschauung', 
nach welcher dem grosshirnlosen Hunde »Empfindungen und Stim- 
mungen«, Schmerz, Zorn u. dergl. m. zukommen. Solche Anschauung 
setzt in den hinter dem Grosshirn gelegenen Theilen des Central- 
nervensystemes eine Art von niederem Bewusstsein voraus, von der 
wir nicht nur keine Kenntniss haben, sondern auch nicht einmal 
eine Vorstellung uns machen können, und ist, wie die Erörterungen 
über die sogenannte »Rückenmarksseele« längst genugsam gelehrt 
haben, weder zu beweisen noch zu widerlegen; wer sie hegt, sollte 
nur folgerichtig in allen Reflexen, auch in dem einfachsten Zurück- 
ziehen des gekniffenen Beines, in der Pupillarreaetion auf Lichtein- 
fall in das Auge u. s. w. den Ausdruck von Empfindungen sehen. 
Dagegen handelt es sich bei den von uns betrachteten Schmerzempfin- 
dungen immer um Vorgänge desjenigen Bewusstseins, das wir kennen. 
Und dass wir, indem wir diese Schmerzempfindungen dem Grosshirn 
zuwiesen, nicht einer Täuschung verfielen, das setzen unsere Ergeb- 
nisse selber ausser Zweifel. Der Hund ohne Grosshirn winselt, quiekt, 
ımieft, bellt, heult je nach der Art und Stärke des mechanischen An- 
griffes, und man mag darin den Verdruss und den Unwillen, den 
Ärger, den Zorn und die Wuth seiner niederen Seele zum Ausdruck 
kommen sehen. Unser Hund lässt wohl auch seine Stimme hören, 
sobald ich ihm die Zehen des geschädigten Beines stark genug drücke; 
aber in der Regel wendet er schon vorher bei schwächerem Drucke, 
manchmal noch ehe die Beine zucken, unter Verziehen des Mundes 
Kopf und Augen dem ihn haltenden Wärter zu und verräth mit dem 
wie flehentlichen Blicke auf den für ihn sorgenden Freund die Empfin- 
dungen des Bewusstseins, das er mit uns theilt. Danach ist auf Schmerz- 
empfindungen, wie wir sie verstehen, mit Sicherheit zu schliessen, 
natürlich ohne dass Unlust und Schmerz streng zu scheiden sind. 


\ Prrüger’s Arch. Bd. 51. 1892. S. 598—-600, 573, 590, 596. 
63 * 


712 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


Ich darf es mir zum Schlusse nieht ersparen, noch auf die andere 
neueste Govrz’sche Angabe! zu sprechen zu kommen, nach welcher der 
Hund ohne Grosshirn den »Tastsinn« noch besass, der nur merkbar 
abgestumpft war; und ich will die Angabe sogleich in ihrem ganzen 
Umfange betrachten, um mich nicht später nochmals mit ihr beschäf- 
tigen zu müssen. Die Angabe ist die einfache logische Folge des 
grundsätzlichen Fehlers, den Hr. GoLzz von Anfang an beging, dass 
er Sinnesempfindung und Gemeingefühl nicht unterschied” und überall 
und immer die »Empfindung« abgestumpft sein liess. Nur einmal 
hat Hr. Gorrz® wider Hın. Scnirr zu beweisen gesucht, dass ein 
Hund, welcher vor längerer Zeit »die linke motorische Zone« verlor, 
»an keinem Punkte seiner Haut die Berührungsempfindung eingebüsst 
hat«: der Hund sollte, im Fressen gestört, die leiseste Berührung 
der rechten Körperhälfte regelmässig mit unverkennbaren Zeichen des 
Unwillens beantworten, und selbst ein so milder Tastreiz, wie das 
Auseinanderblasen der Haare, sollte sofort wahrgenommen werden. 
Doch musste der Beweis sofort verunglückt erscheinen, da Hrn. Goutz’ 
eigene Angaben nicht nur nicht die Entfernung der ganzen »motori- 
schen Zone« darthaten, sondern sogar es höchstwahrscheinlich machten, 
dass gerade ein in Rücksicht auf die Prüfungen wichtigster Theil der 
Zone erhalten geblieben war‘. Hr. Gowrz ist denn auch später bei 


! Prrüser’s Arch. Bd. 5ı. 1892. S. 609, 576. 

? Vergl. Functionen u. s. w. (2) S.60 Anm. 38. 

3 Prrüser’s Arch. Bd. 34. 1884. S. 465 —6. 

* Die Hunde der hier in Betracht kommenden Gruppe hatten nach Gortz 
(PrLücer’s Arch. Bd. 34. 1884) »eine sehr grosse und tiefe Zerstörung der erregbaren 
Zone links« erfahren (S. 460) oder »den grössten Theil der sogenannten motorischen 
Zone eingebüsst« (S. 463). Dazu hatte Gorrz die Bemerkung voraufgeschickt (S. 460): 
»Bei der Schilderung der Erscheinungen, welche nach einer ausgedehnten und tiefen 
Zerstörung der erregbaren Zone auftreten, habe ich es nicht nöthig, in jedem Falle 
genau die Grenzen des Zerstörungsgebietes anzugeben, weil ich mich überzeugt habe, 
dass es für den Ablauf der Störungen durchaus nicht wesentlich ist, um wie viel Milli- 
meter der hintere Rand der Zerstörung hinter dem sulcus eruciatus zu liegen kommt.« 
Nun war nach Gorrz nur »in dem am besten gelungenen Falle« »der Gyrus sig- 
moideus vollständig mit abgetragen« (S. 459), und dass gerade dieser Fall zu den im 
Texte erwähnten Beobachtungen geführt hatte, war nicht gesagt. Konnte man schon 
daraus entnehmen, dass die Beobachtungen an Hunden gemacht waren, welche ein 
Stück des Gyrus sigmoideus noch besassen, so wurde dasselbe so gut wie zur Gewiss- 
heit durch Gorrz’ Angaben bei den »doppelt vorn in grosser Ausdehnung und Tiefe 
operirten Hunden« (S. 468). Hier war nach Gorrz nicht nur ebensowenig »irgend 
ein Punkt (des) Körpers der Empfindung beraubt«, wie sich »mit Hilfe derselben 
Proben beweisen« liess, sondern es bestand sogar eine sehr ausgesprochene Über- 
empfindlichkeit der Haut (S. 469—70). An diesen Hunden war aber nicht eine »so 
weit nach hinten liegende Durchquerung des Gehirns« zur Ausführung gekommen, 
wie in jenem »am besten gelungenen« Falle (S. 467). Und bei dem einzigen Versuche 
dieser Gruppe, bei welchem die Verletzung an der Hirnrinde näher bezeichnet ist, liest 
man geradezu, dass »das linke Vordergehirn bis zum sulcus eruciatus weggenommen« 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 113 


den Hunden, welchen er eine oder beide Hemisphaeren abgetragen 
hatte, auf den »Kunstgriff, mittelst dessen er schlagend beweisen « 
konnte, »dass Hunde ‚ohne motorische Zone noch Proben von sehr 
feiner Tastempfindung geben können«, auf die Prüfung beim Fressen 
nieht wieder zurückgekommen und hat jetzt umgekehrt die Unempfind- 
lichkeit gegen Anblasungen als Beweis für die Abstumpfung des Tast- 
sinnes beschrieben‘. Sehen wir nun zu, worauf Hr. GoLrz neuerdings 
seine Behauptung stützen kann, dass der »Tastsinn« abgestumpft, aber 
erhalten war, so stossen wir bei dem Hunde, welchem die linke Hemi- 
sphaere entfernt war, auf folgendes: »Dagegen ist es leicht festzu- 
stellen, dass die Empfindung in der ganzen rechten Körperhälfte bei 
ihm herabgesetzt ist. Drückt man ihm die Vorderpfote rechts, so 
bedarf es einer grösseren Kraft, um ihm eine Schmerzensäusserung 
zu entlocken, als wenn man ihm die linke Vorderpfote drückt. Kein 
Punkt seiner Haut ist aber ohne Empfindung. Stärkeren Druck, oder 
gar das Stechen mit einer Nadel, beantwortet er stets durch Abwehr- 
bewegungen, Schmerzensschreie und endlich durch Beissen, welche 
Stelle der rechten Körperhälfte man auch angreifen mag.«®“ Ausserdem 
ist nur noch bemerkt”, dass, wenn man die Fallthür sinken liess, auf 
welcher der Hund mit der rechten Vorder- oder Hinterpfote stand, 
die Pfote mitsank und das Thier dies erst spät merkte. Und von dem 
Hunde, der ı8 Monate ohne Grosshirn gelebt hatte, finden wir an- 
gegeben‘, dass er mit stimmlichen Äusserungen, Strampeln, Beissen 
nach rechts und nach links reagirte, wenn man ihn irgendwo, sei es 
an den Gliedmaassen, sei es am Rumpfe oder dem Kopfe etwas derb 
anfasste oder gar aus dem Käfig herauszuheben versuchte, wenn man 
ihn an irgend einer Hautstelle zerrte oder drückte, wenn man eine 
Gliedmaasse vom Körper wegzog, wenn eine Pfote der sinkenden Fall- 
thür eine Weile gefolgt war, wenn der Hund bei seinen Wanderungen 
an einen Gegenstand unsanft anstiess. Ausdrücklich wird gesagt, dass 
die Fähigkeit, zielbewusst den Ort der Belästigung zu finden, dem 
Hunde offenbar abging.” Ferner wurden ausser den Reflexbewegungen 
des Tactschlagens und des Kratzens, von welchen schon oben die Rede 
war, beobachtet:° Schütteln bei Berührung der Haare in der Mittel- 


und die rechte Hirnhälfte »in dem suleus eruciatus durch einen queren Schnitt durch- 
trennt« war, und dass die Section bestätigte, dass »das ganze vor dem suleus eruciatus 
gelegene Vorderhirn« fehlte (S. 470 — 1). 

! Prrüser’s Arch. Bd. 42. 1888. S.422—3; Bd. 5ı. 1892. S. 576. 

?2 Ebenda Bd. 42. 1888. S.422. 

® Ebenda S. 423. 

* Ebenda Bd. 51. 1892. S. 572— 5, 590, 608. 

° Ebenda S. 574. 

° Ebenda S. 576—7. 


714 Sitzung der-physikalisch-mathematischen Classe vom 14. Juli. 


linie des Rückens, Herausstrecken der Zunge und Beissbewegungen 
bei Kratzen an der Schwanzwurzel, Gähnbewegung bei Streichen am 
Halse, Anschmiegen des Kopfes an die Hand bei Streichen über die 
Wangenhaut, Kaubewegungen bei Druck auf die Wangenschleimhaut 
oder bei Pressen der Wangen gegen die Zahnreihen. Von zwei weiteren 
Hunden, welche 5I und 92 Tage ohne Grosshirn lebten, erwachte der 
eine und hob den Kopf, als eine Decke, unter der er schlief, abge- 
hoben wurde, und wurde bei dem anderen eine Fliege, die sich auf 
den Kopf setzte, durch Schütteln des Kopfes verjagt.' Die Reinigung 
führte bei allen Hunden zu Bellen, Strampeln, Umsichbeissen. Nach 
der Gesammtheit dieser Angaben kann aber offenbar nur dann von 
»Tastsinn« nach Verlust der Hemisphaere die Rede sein, wenn man, 
wie Hr. Gorrz, Berührung und Druck »Tastreize« nennt und daraus, 
dass solche »Tastreize« überhaupt Folgen haben, ohne weiteres das 
Vorhandensein des »Tastsinns« erschliesst. In der Wahrheit haben, 
wie ich nach dem Voraufgegangenen nicht weiter auszuführen brauche, 
den Gorrz’schen Hunden die mit Localzeichen verbundenen Berührungs- 
empfindungen und die Berührungsreflexe durchaus gefehlt; erhalten 
war bloss die Gemeinempfindlichkeit, soweit sie zu Gemeinreflexen 
führt, und für diese Reflexe war — entsprechend unseren Erfahrungen — 
besonders nach dem Verluste beider Hemisphaeren die Reflexerreg- 
barkeit erhöht. 


- 


2. 


Beim Affen finden sich die Folgen der Totalexstirpation der Ex- 
tremitätenregionen wieder, die wir beim Hunde kennen gelernt haben; 
nur ist hier die Untersuchung durch das sprödere Material erschwert. 
Man kann die Hunde der Reihe nach, wie sie dem Laboratorium zu- 
geführt sind, für die Exstirpationen verwenden, und man trifft äusserst 
selten auf ein Thier, das durch Wildheit oder Dummheit oder Un- 
empfindlichkeit für die geschilderten Prüfungen unbrauchbar ist. Da- 
gegen fallen unter den Affen alle wilden und scheuen Thiere so gut 
wie ganz für die in Rede stehende Untersuchung aus, weil sie, wie 
ich es nach meinen ersten Versuchen angab’, bei jeder Annäherung 
sich zu ungeberdig verhalten und wenn man sie festhält, alles in voller 
Apathie über sich ergehen lassen; man muss deshalb zufrieden sein, 
wenn man bei ihnen durch die Ausnutzung günstiger Momente hin 
und wieder einmal die Folgen von Berührung und Druck zu sehen 


I Prrüger’s Arch. Bd. 5ı. 1892. S. 596. 
?2 Functionen u. s. w. (2) S. 53. 


r . . . . rm 
Musk: Uber die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 115 


bekommt. Um diesen Folgen regelmässig nachgehen zu können, muss 
man sich an zahme Thiere halten, wie sie unter den Makaken, die ich 
mit Vorliebe benutzte, häufig genug vorkommen. Zumal solche Affen, 
welche nach einiger Zeit unter stets freundlicher Behandlung und 
häufiger Fütterung mit Leckerbissen recht zutraulich oder sogar an- 
hänglich geworden sind und ohne alle Ängstlichkeit sich frei in den 
Laboratoriumsräumen herumbewegen, geben ein vorzügliches Versuchs- 
material ab. Immer aber bleibt bei der Durchführung der Unter- 
suchung im Auge zu behalten, dass ein zu gewaltsames Vorgehen die 
Thiere leicht scheu und widerwillig und damit für die Folge unbrauchbar 
machen kann. Man thut deshalb insbesondere gut daran, die Affen 
nicht öfter als nöthig in die Hände zu nehmen; und das kann hier 
auch z. B. für solche Fälle, in welchen der Hund senkrecht empor- 
gehalten werden muss, meist unterbleiben, weil der Affe, wie er inner- 
halb und ausserhalb des Käfıgs sitzt oder an den Gitterstäben des 
Käfigs hängt, schon oft genug Gelegenheit zur entsprechenden Prüfung 
von Händen und Füssen bietet. 

So vollkommen ist die Übereinstimmung zwischen Hund und Affen, 
dass ich, was oben für den Hund ausgeführt wurde, jetzt für den Affen 
einfach zu wiederholen hätte bis auf einige Abweichungen, auf welche 
ich deshalb allein eingehe. Ich habe Durchschneidungen des Rücken- 
markes beim Affen nicht unternommen. Auch habe ich hier nur 
mittels Drückens der Finger oder Zehen die Veränderungen verfolgt, 
welche die Reflexerregbarkeit für Gemeinreflexe erfuhr. Diese wächst 
nach der Totalexstirpation der Extremitätenregionen während ebenso 
langer oder sogar noch längerer Zeit, als beim Hunde, an; und wenn 
es auf den ersten Blick den Anschein hat, als ob sie weniger die Norm 
überstiege, so rührt das nur daher, dass der Affenhaut in der Norm 
eine geringere Gemeinempfindlichkeit zukommt als der Hundehaut. 
Für die Prüfungen mit Klemmen habe ich diese den Affen immer 
unversehens bei abgelenkter Aufmerksamkeit angelegt, weil das Ver- 
schliessen der Augen und noch dazu mit Klebeptlaster, das man hier 
benutzen muss, die Thiere zu sehr aufregt und zu böse macht. Der 
Affe nimmt nach der Totalexstirpation der linken Extremitätenregionen 
die Klemme von dem linken Fusse mittels der linken Hand und von 
der linken Hand mittels des Mundes ab, jedesmal sofort nachdem die 
Klemme angelegt worden ist und indem er auf das geschickteste mit 
den Fingern oder dem Munde die Klemme trifft. Wird aber die Klemme 
an der rechten Hand oder dem rechten Fusse angebracht, so fährt 
der Affe nur zusammen, indem Rumpf und Glieder zucken, und ver- 
zieht das Gesicht, strampelt allenfalls noch ein wenig oder läuft davon, 
kümmert sich jedoch weiter gar nicht um die Klemme; erst wenn 


716 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 14. Juli. 


er dieselbe später zufällig sieht, entfernt -er sie mit der linken Hand. 
Für längere Zeit verursachte die Klemme nie dem Affen Schmerz, 
unzweifelhaft wiederum wegen der geringeren Schmerzempfindlichkeit 
der Affenhaut gegenüber der Hundehaut. 

Je klarer aber danach der Sachverhalt erscheint, der durch die 
vorgegebenen Versuche, ich darf sagen, an jedem zahmen Affen sich 
erweisen lässt, desto mehr drängt sich die Frage auf, wie es denn mit 
Hrn. Ferrıer’s Behauptung steht, dass Verletzungen des sogenannten 
motorischen Rindengebietes beim Affen keine Empfindungsstörungen 
nach sich ziehen. Zu der Hartnäckigkeit und der unerschütterlichen 
Sicherheit, mit welchen Hr. Ferrıer seit 1875' aller Orten diese Be- 
hauptung vertrat, sehen wir von vorneherein ihre thatsächliche Unter- 
lage in einem merkwürdigen Gegensatze stehen; denn nichts weiter lag 
der Behauptung zugrunde als die Beobachtung, dass ein Affe, welchem 
ein Stück der linken Extremitätenregionen cauterisirt war, in den 
nächsten Stunden nach der Operation auf Stechen oder Kneipen der 
rechten Extremitäten Schmerzempfindung zeigte’. Erst 1884 kommen 
vier Versuche hinzu, bei welchen die HH. Ferrıer und Yro’ nach der 
Cauterisation dreimal einer kleineren, einmal einer grösseren Partie des 
sogenannten motorischen Rindengebietes an der CGonvexität einer Hemi- 
sphaere, dann und wann während der längeren Lebensdauer der Affen 
meist Schmerzempfindung, manchmal Berührungsempfindung an den 
gegenseitigen Extremitäten oder keinen Unterschied in den Empfin- 
dungen zwischen linken und rechten Extremitäten constatirten. Und 
daran schliessen sich endlich noch 1888 ein paar Versuche, bei welchen 
die HH. Horstey und ScnäÄrer’ nach Cauterisationen oder Exstirpationen 
im Bereiche der Extremitätenregionen — meist nur kleinen, einer ein- 
zigen grösseren — gleichfalls keine Empfindungsstörung fanden. Aber 
auch die Gesammtheit dieser Versuche bietet der Ferrıer’schen Be- 
hauptung keine Stütze dar. Es ist richtig, dass nach so kleinen Ver- 
letzungen, wie sie bei der grossen Mehrzahl der Versuche herbeigeführt 
waren, Empfindungsstörungen der in Rede stehenden Art in der Regel 
nicht zur Beobachtung kommen’; ob die Störungen überhaupt nicht 


! Philos. Transact. of the R. Soc. of London, 1875, Part II. p. 444, 487. 

?2 Ebenda S.443,446. Bei den beiden anderen Versuchen am motorischen Rinden- 
gebiete, welche die Mittheilung noch enthält, ist von einer Prüfung der Empfindung 
nicht die Rede. Bei dem einen Versuche war das motorische Rindengebiet der Con- 
vexität nach der Ausführung von Reizversuchen der Entzündung und Eiterung über- 
lassen worden; bei dem anderen Versuche war eine kleine Partie der TOTER On cau- 
terisirt, und der Affe starb nach etwa einer Stunde. 

® Ebenda 1884. Part II. p. 510—20. 

* Ebenda ı888. B, p. 26—8, 31, 33. 

5 Vergl. Functionen u. s, w. (2) S. 37—8, 48. 


Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. MET 


vorhanden sind oder sich nur nicht eonstatiren lassen, kann hier da- 
hingestellt bleiben. Dagegen ist, dass auch in den wenigen Fällen, 
in welchen die Verletzungen grösser waren, solche Empfindungsstörun- 
gen nicht gefunden wurden, bloss der unzureichenden Untersuchung 
zuzuschreiben. Wo, wie in diesen Fällen, sehr unvollkommene Zer- 
störungen von Arm- und Beinregion vorliegen, bedarf es für den 
Nachweis der Empfindungsstörungen systematischer und genauer, Ort 
und Zeit berücksichtigender Prüfungen: und derartige Prüfungen waren 
nie vorgenommen worden. So wiederholte sich beim Affen der Fehler, 
in welchen Hr. Becuterew bei Hund und Katze verfallen war'; und 
dazu gesellte sich noch der andere Fehler, den Hr. Gorrz bei der Unter- 
suchung des Hundes beging. Denn auch Berührungs- und Schmerz- 
empfindung, Berührungs- und Gemeinreflex, welche doch ein durchaus 
verschiedenes Verhalten zeigen, waren bei den Prüfungen nicht aus- 
einandergehalten worden. Daher konnte es gar nicht anders sein, als 
dass die »Empfindlichkeit« erhalten schien; daher musste es, wo un- 
verkennbar die Empfindungsstörungen sich offenbarten, zu einer solchen 
Verwirrung bezüglich der »Empfindlichkeit« kommen, wie sie recht 
handgreiflich die neuesten Horsrry-ScnÄrer’schen Ausführungen” dar- 
thun, nach welchen sogar infolge jener Rindenzerstörungen die Retflex- 
hemmung seitens des Hirns, anstatt verloren, für die Dauer erhöht 
sein soll. Will man jedoch selbst von jenen Mängeln der Untersuchung 
absehen, so berechtigten die spärlichen Versuche mit ihren beschränk- 
ten Verletzungen immer nur zu dem Ausspruche, dass nach solchen 
Verletzungen mit den Störungen der Bewegung Empfindungsstörungen 
nicht einherzugehen brauchen. Dass Verletzungen des sogenannten 
motorischen Rindengebietes aber keine Empfindungsstörungen nach sich 
ziehen oder” ausschliesslich Störungen der willkürlichen Bewegung ohne 
Beeinträchtigung der Empfindung zur Folge haben, war in ihrer All- 
gemeinheit, wie sie entstand und aufrechterhalten wurde, unter allen 
Umständen eine unbegründete Behauptung. 

Doch wollen wir mit dieser Erkenntniss uns noch nicht zufrieden 
geben. Man kann sich schwer zu glauben entschliessen, dass einzig und 
allein auf jene Versuche hin die Behauptung sollte aufgestellt und 
allen Widersprüchen gegenüber festgehalten worden sein; und man 
braucht auch nicht lange danach zu suchen, was anderes mit dafür 
bestimmend war. Hr. Ferrıer hat 1875 nach der Zerstörung der 
Ammonshornregion Anaesthesie und Analgesie der entgegengesetzten 


IS. oben S. 689. 
? Ph. Tr. 1888, B, p. 15—6, 24. 
® S, oben S. 680, 


718 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 14. Juli. 


Körperhälfte gefunden'; und seine weitere Untersuchung 1884 hat ihm 
die Bestätigung dafür geliefert. dass die Ammonshornregion das sensible 
Centrum enthält”. Die HH. Horstry und Scnärer haben dann 1888 
noch den Gyrus fornicatus dem Centrum hinzugefügt, so dass nach 
ihnen der ganze Lobus faleiformis (der grosse Lobus limbieus von 
Broca) »in hohem Maasse, wenn nicht ausschliesslich, an der Wahr- 
nehmung der Berührungs- und Schmerzempfindungen betheiligt ist. «® 
Da es dergestalt schon ein sensibles Centrum gab, durfte die Existenz 
eines zweiten sensiblen Centrums in dem Scheitellappen ausgeschlossen 
oder zum mindesten überflüssig scheinen. Deshalb wollen wir noch 
zusehen, welche Bewandtniss es mit den Angaben bezüglich des Lobus 
faleiformis hat. | 

Für Hrn. FErrier's Untersuchung der Ammonshornregion reicht 
die einfache Durchsicht der Versuche aus, um über die Eingriffe, die 
Beobachtungen, die Schlüsse das richtige Urtheil gewinnen zu lassen. 
Hr. Ferrıer hat, wo er mit glühendem Drahte oder mittels ähnlicher 
Maassnahmen die Ammonshornregion zerstörte, nichts anderes als die 
gemeinen Folgen einer rohen Verstümmelung der Hemisphaere zu sehen 
bekommen: Folgen, wie man sie immer wiederfindet, ob man vorn 
oder hinten, oben oder unten die Hemisphaere angreift, wofern nur 
der Angriff grob genug ist, um die Hemisphaere, sei es in ganzer Aus- 
dehnung, sei es zu einem grossen Theile in Mitleidenschaft zu ziehen. 
Bei einer gewissen Grösse der Schädigung der Hemisphaere sind 
Sehen und Hören, Bewegung und Empfindung, soweit sie von dieser 
Hemisphaere abhängen, für einige Zeit aufgehoben, bei geringerer 
Schädigung sind sie mehr oder weniger gestört: und so war es auch 
bei den Ferrıer’schen Versuchen, wie es gerade für Bewegung und 
Empfindung die Beobachtungen deutlich erkennen lassen; — auf die 
Sehstörungen ist wegen der Verstümmelung, welche der Hinterhaupts- 
lappen erfahren hatte, nur wenig Gewicht zu legen, und die Hör- 
prüfungen waren zu beschränkt und unvollkommen. Meist war der 
Angriff so arg, dass .er Affe in den ersten Tagen starb, und dort 
zeigten sich die grössten Bewegungs- und Empfindungsstörungen, ent- 
weder von vorneherein oder mit der Ausbildung der verhängnissvollen 
Entzündung und Erweichung. War der Angriff weniger arg, so kamen 
nur geringere Bewegungs- und Empfindungsstörungen zur Beobachtung, 
und sie bildeten sich dann auch an dem überlebenden Affen so rasch 
zurück, dass sie schon in wenigen Tagen verschwunden waren. Gerade 


1 7Ph. Br. 1875.2P 0 P2453-—71. 

2 Ebenda 1884. P.II. S. 532 — 64. 

3 Ebenda 1888, B, S. 20—4, 27, 39— 44. — S. auch Scuärer: Brain, Vol. 10. 
1888. p. 378— 80. 


Mvnk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 719 


umgekehrt aber hat Hr. Frrkıer die letzteren Versuche für die weniger 
gelungenen oder unvollkommenen, die ersteren Versuche für die besser 
gelungenen oder vollkommenen aufgefasst; er hat in Verbindung damit 
über das rasche Verschwinden der Empfindungsstörungen sich einfach 
hinweggesetzt; er hat die Bewegungsstörungen , welche die Affen zeigten, 
indem sie auf die der Verletzung gegenüberliegende Seite fielen und 
die dortigen Extremitäten gar nicht oder ungeschiekt beim Gehen, 
Greifen u. s. w. bewegten, einzig und allein aus dem Grunde, dass 
nieht eine vollkommene Lähmung und Erschlaffung der Glieder be- 
stand, für Folgen des Verlustes des Muskelsinnes erklärt: und so war 
das sensible Centrum in der Amonshornregion nachgewiesen. Kein 
Wunder daher, dass, wo man nachmals mit besseren Methoden Zer- 
störungen der Ammonshornregion ausführte, schon die Ferrıer'schen 
Beobachtungen sich nicht bestätigen liessen. Die HH. Lucrnı und Fa- 
sorA' haben von Empfindungsstörungen nichts gesehen. Und auch die 
HH. Hoxstry und ScnÄrer fanden weder Bewegungs- noch Empfindungs- 
störungen, nachdem die Affen den Shock der Operation überwunden 
hatten.” Selbst als sie auf Hrn. Ferrıer’s Veranlassung die Verletzung, 
soweit nur möglich oder erträglich, ausdehnten, traten bloss manch- 
mal und bloss vorübergehend Empfindungsstörungen auf, welche sie 
eben deshalb durch die Funetionsstörung anderer Hirntheile, wie sie 
so grosse Hirnverletzungen immer im Gefolge haben müssen, erklären 
mochten’. Dass sie trotzdem schliesslich neben dem Gyrus fornicatus 
auch die Ammonshornregion einen, wenn auch geringen Antheil an 
der Wahrnehmung sensibler Eindrücke nehmen liessen‘, ist sichtlich 
nur dem Einflusse zuzuschreiben, den Hr. Ferrıer auch auf diese 
Untersuchung zum Nachtheile der Sache gewann’. 

Die Ermittelung der HH. Horstry und ScHÄrer, dass nach Zer- 
störung der Rinde des Gyrus fornicatus Empfindungsstörungen be- 
stehen, kann ich nach eigenen Versuchen bestätigen. Aber dass die 
Empfindungsstörungen Folgen der Verletzung jenes Gyrus sein sollen, 
dem ist nicht beizustimmen. Um in der Tiefe des Suleus longitudi- 
nalis am Gyrus fornicatus operiren zu können, muss man eine be- 
trächtliche Partie der Extremitätenregionen freilegen, Venen unter- 
binden, welche von diesen Regionen zum Sinus longitudinalis ziehen, 
und dort auch die Hemisphaere mit dem stumpfen Haken oder besser 
mit dem Messerstiele von der Falx fort zur Seite drücken; so dass 


Riv. sperim. di Freniatria, Ann.ı1.1885. p. 445 — 70. 
Ph. Tr. 1888, B, p. 2o. 

Ebenda S. 21. 

Ebenda S. 23. 

° Vergl. Functionen u, s. w. (2) S. 297—8 Anm, 


>» 8 ww 


720 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 14. Juli. 


eine Schädigung des sogenannten motorischen Rindengebietes ganz 
unvermeidlich ist. Wohl leiten die HH. Horstey und ScHäÄrer ihre 
Erörterungen damit ein!, dass sie in mehreren Fällen ansehnliche 
Partien der Rinde des Gyrus fornicatus ohne Verletzung anderer Theile 
oder nur mit einer geringen Beleidigung des Gyrus marginalis entfernt 
haben wollen; doch widersprechen dem schon — den Versuch 42 aus- 
genommen — ihre eigenen Angaben über die Befunde und ihre Ab- 
bildungen, und lehren vollends die Bewegungsstörungen, welche bei 
allen Versuchen vorkamen, dass stets eine wesentliche Schädigung 
des motorischen Rindengebietes erfolgt war.” Ob von dieser Schädi- 
gung neben den Bewegungs- auch die Empfindungsstörungen her- 
rühren, ist mithin die Frage, die zu entscheiden ist. 

Die HH. Horstey und ScuÄrer verneinen die Frage auf grund, 
wie sie sagen’, der Versuche, bei welchen keine begleitende Para- 
Iyse vorhanden war, und auch anderer Versuche, bei welchen die 
Hemianaesthesie am Arme und an der oberen Rumpfpartie wohlaus- 
gesprochen war, während das (paretische) Bein keine Verringerung 
der Empfindlichkeit zeigte. Indess finden sich unter ihren Versuchen 
solche der ersteren Art nur dann, wenn sie die Paralysen, von welchen 
sie bei den Versuchen im Bereiche des motorischen Rindengebietes 
sprechen, den Paresen, von welchen bei den Versuchen am Gyrus 
fornicatus die Rede ist, haben gegenüberstellen wollen: und da dürfte 
es doch, selbst wenn es immer dort Paralysen, hier Paresen gäbe 
— was nicht der Fall ist —, nur selbstverständlich sein, dass Ex- 
stirpationen motorischer Rinde grössere Bewegungstörungen mit sich 
bringen können, als Schädigungen derselben Rinde durch Freilegung, 
Druck, Cireulationsstörung. Oder man müsste beim Versuch 37 mit den 
HH. Horstey und ScnÄrer glauben wollen, dass der viel seltenere 
Gebrauch, welchen der Affe von der rechten Hand machte, bloss 
darauf beruhte, dass durch die Verletzung des Gyrus fornicatus die 
Tastempfindung des rechten Armes verloren war: während doch die 
gleiche Störung der Armbewegung oft nach kleinen Exstirpationen im 
Bereiche der Armregion zur Beobachtung kommt und gerade auch 
dann, wenn in der Gegend exstirpirt wurde, in welcher beim Versuch 37 
die Erweichung an der Convexität der Hemisphaere bestand. Weiter 
kann als Versuch der zweiten Art allein Versuch 39 gemeint sein, bei 


27 Ph. Ir. 1888, B,p.22. 

? Von den Affen, an welchen von Horstrey und ScHÄrer der Gyrus fornicatus 
zerstört worden war, hat später France in sechs Fällen das Centralnervensystem 
untersucht und in allen Fällen eine ausgedehnte secundäre Degeneration der Pyramiden- 
bahn gefunden (ebenda 1889, B, S. 331). 

® Ebenda 1888, S. 22—3. 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 21 


welchem am Tage nach der Operation, während das paretische Bein 
schön empfindlich war, der paretische' Arm auf Berührungseindrücke 
gar nicht, auf Schmerzeindrücke schwer reagirte und dieser Arm noch 
nach Wochen eine verringerte Empfindlichkeit zeigte; — ein Versuch 
beiläufig, bei welchem die Abbildung den Gyrus marginalis in hohem 
Maasse, vielleicht nicht weniger als den Gyrus fornieatus, und be- 
sonders gerade in der Armregion verletzt erkennen lässt. Aber dass 
die Beweglichkeit der Körpertheile und ihre Empfindlichkeit in ver- 
schiedenem Grade gestört sind und die Empfindlichkeit das eine Mal 
mehr, das andere Mal weniger gelitten hat, findet man auch nach 
Verletzungen des motorischen Rindengebietes, die sich über mehrere 
Regionen erstrecken und nur einen Theil von jeder Region betroffen 
haben. Ganz davon zu schweigen, dass noch öfter der Anschein jenes 
Verhaltens dadurch entsteht, dass, während die Bewegungsstörungen 
ins Auge fallen, die Empfindungsstörungen nur bei grosser Sorgfalt 
und selbst so nicht immer gut festzustellen sind. Demgemäss fallen 
die vermeintlichen Gründe, die Frage zu verneinen, fort; und mit den 
Hoxsıry-Scuärer’schen Versuchen vereinigen sich dann die meinigen, 
die Frage bejahen zu lassen. 

Ich habe nach den Exstirpationen der Rinde des Gyrus fornicatus 
ausnahmslos Bewegungs- und Empfindungsstörungen zusammen gefun- 
den an Arm und Bein der anderen Seite; und zwar ebensolche und eben- 
so mit der Zeit abnehmende Störungen, wie man sie nach partiellen 
Exstirpationen der Extremitätenregionen sieht. Einmal waren solche 
Störungen auch am Kopfe vorhanden, aber dieselben waren schon vor 
Ablauf des zweiten Tages nach der Operation verschwunden. Die 
Exstirpationen nahmen etwas hinter dem Balkenknie ihren Anfang 
und erstreckten sich bis in den Lobus quadratus (Praecuneus) hinein; 
in zwei Fällen reichten sie nach vorn bis über das Balkenknie hinaus. 
In einem dieser letzteren Fälle war die Rinde in der ganzen Breite des 
Gyrus fornicatus exstirpirt; sonst war der dem Balken nächste schmale 
Streifen der Rinde erhalten. An der freigelegten Hirnpartie fand ich 
mindestens Adhärenzen der Pia und leicht verfärbte Rindenstellen; 
meist zeigten sich festere Verwachsungen, oberflächliche Erweichungen, 
kleine hügelartige Erhebungen und thalartige Einsenkungen am Gyrus 
marginalis und an der benachbarten Partie der Gonvexität. Dazu hatte 
noch, wie Querschnitte durch die Hemisphaere lehrten, die Exstirpa- 
tion öfters am Sulcus calloso-marginalis und dieht unter demselben 
die Markleiste gestreift, in welcher die Fasern der Corona radiata zu 
den eben genannten Theilen der Rinde verlaufen. Mit den Exstir- 


! »Es besteht einige Muskelparese der ganzen rechten Seite« (ebenda S. 42). 


122 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 14. Juli. 


pationen am Gyrus fornieatus sind also immer, nur bald mehr bald 
weniger, Schädigungen der Extremitätenregionen verbunden; und weil 
Verletzungen dieser Regionen nachweisbar nicht bloss Bewegungs-, 
sondern auch Empfindungsstörungen zur Folge haben, sind auf jene 
Schädigungen ebensowohl die Empfindungs- wie die Bewegungsstö- 
rungen zurückzuführen, welche nach den Exstirpationen am Gyrus 
fornieatus auftreten. Beobachtungen, aus welchen auf die Funetion 
der Rinde des Gyrus fornicatus sich schliessen liesse, findet man 
seitens der HH. Horstrey und ScHÄrer nicht gemacht, und auch ich 
kann von solchen nicht berichten." 

Mithin existirt weder ein sensibles Centrum beim Affen im Lobus 
faleiformis, noch wird durch Verletzungen des sogenannten motorischen 
Rindengebietes die Empfindung beim Affen nicht beeinträchtigt. Richtig 
ist nichts weiter, als dass nach gewissen beschränkten Verletzungen 
der Extremitätenregionen Empfindungsstörungen nicht zu constatiren 
sind. Das gilt aber ebenso, wie für den Affen, auch für den Hund 
und hat sich nur deshalb beim Affen mehr bemerklich gemacht, weil 
dessen Extremitätenregionen eine viel grössere Ausdehnung haben als 
die des Hundes, so dass durch kleine Exstirpationen, wenn sie beidemal 
von gleicher absoluter Grösse sind, beim Affen verhältnissmässig nur 
wenig, beim Hunde verhältnissmässig schon viel von den Extremitäten- 
regionen entfernt wird. Woher es rührt, dass die Empfindungsstö- 
rungen, die nach grösseren Verletzungen der Extremitätenregionen so 
deutlich hervortreten, nach kleinen Verletzungen schwer oder gar 
nicht bemerklich sind, wird später Aufklärung finden; dass wir die 
Frage einstweilen offen lassen, kann der Erkenntniss, um welche es 
sich zur Zeit handelt, dass die Extremitätenregionen im grossen und 
ganzen der Empfindung dienen, keinen Eintrag thun. 

Gleichmässig also bei Hund und Affen stellen sich die näheren 
Beziehungen der Extremitätenregionen zu den gegenseitigen Extremi- 
täten dar. In den Extremitätenregionen kommen die Berührungs- oder 
Druckempfindungen und die Berührungs- oder Druckwahrnehmungen 
der zugehörigen Extremitäten zustande, und an sie sind auch die 
Berührungsreflexe dieser Extremitäten gebunden; so dass mit dem 
völligen Untergange der Regionen jene Empfindungen und Wahrneh- 
mungen, wie diese Reflexe für immer verloren sind. Von den 
Extremitätenregionen ist ferner die Schmerzempfindlichkeit der zuge- 
hörigen Extremitäten abhängig, wahrscheinlich ausschliesslich, so lange 


! An dem viel bequemer zugänglichen Lobus quadratus habe ich die Rinde recht 
ausgedehnt und sogar beiderseits exstirpiren können, ohne dass sich irgendwelche Stö- 
rungen bemerklich machten. Auch Horstrey und ScHÄrer sahen von der Abtragung 
der Rinde eines Lobus quadratus keinen Erfolg (a. a. O. S. 36, Vers. 27 Läsion 2). 


Munk: Über die Fühlsphaeren der Grossbirnrinde. 123 


der Schmerz nicht eine gewisse Grösse überschreitet, immer aber 
hauptsächlich; so dass nach dem völligen Untergange der Extremi- 
tätenregionen, jene Schmerzempfindlichkeit zunächst sehr herabgesetzt 
ist und nur allmählich und unvollkommen sich wiederherstellt, indem 
andere Rindenpartien als Ersatz der untergegangenen eintreten. Die 
Extremitätenregionen halten endlich mittels besonderer Leitungsbahnen, 
welche von ihnen zu den Reflexcentren der zugehörigen Extremitäten 
führen, und zwar ohne dass der Vorgang der Erregung in diesen 
Leitungsbahnen statthat, die genannten Reflexcentren auf derjenigen 
niederen Grösse der Erregbarkeit, welche denselben in der Norm am 
unversehrten Thiere zukommt, und welche die Regionen noch zeit- 
weilig herabzusetzen vermögen; so dass nach dem völligen Untergange 
der Extremitätenregionen die Erregbarkeit jener Reflexcentren sich 
über die Norm erhebt bis zu einem Maximum, auf welchem sie ver- 
harrt. Aber damit ist die Bedeutung der Extremitätenregionen für 
die zugehörigen Extremitäten noch nicht erschöpft; und wir gewinnen 
neue Aufschlüsse, wenn wir den Folgen der Totalexstirpation der 
Extremitätenregionen in anderer Richtung nachgehen. 


Ausgegeben am 21. Juli. 


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725 
1892. 
XXXVI. 
SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Monmnsen. 


Hr. Mommsex las über die Stellung der juristischen Person 
im römischen Vermögensrecht. 


Ausgegeben am 21. Juli. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


Sitzungsberichte 1892. 64 


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1892. 
AXXVIH. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


„ ZU BERLIN. 


21. Juli. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


l. Hr. Lanvorr las die umstehend folgende von ihm und dem 
Assistenten am zweiten chemischen Laboratorium der hiesigen Univer- 
sität Hrn. Dr. H. Jans verfasste Abhandlung: Über die Moleecular- 
refraction einiger einfacher organischer Verbindungen für 
Strahlen von unendlich grosser Wellenlänge. 

2. Hr. Weser überreichte die dritte Abtheilung des zweiten 
Bandes seines Verzeichnisses der Sanskrit- und Präkrit- Handschriften 
der Königl. Bibliothek, und knüpfte daran einige Worte dankbarer 
Erinnerung an R. Lersıus, sowie dankbarer Anerkennung für die HH. 
G. BünLer, E. Leumann und J. KLAtr. 

3. Der Vorsitzende überreichte zwei weitere Stücke des grossen 
Zonencatalogs der Astronomischen Gesellschaft: St. III. Zone 65° bis 
70°, beobachtet auf der Sternwarte in Christiania, und St. V. Zone 
50° bis 55°, beobachtet auf der Sternwarte Cambridge, Mass. 

4. Am 2o0.d.M. feierte Hr. Warrtensach sein fünfzigjähriges 
Doctorjubiläum. Die Akademie beglückwünschte ihn zu demselben 
durch die unten folgende Adresse. 


Sitzungsberichte 1892, 65 


u.” u 
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A 


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» 2 . 


729 


Über die Moleeularrefraction 
einiger einfacher organischer Verbindungen für 


Strahlen von unendlich grosser Wellenlänge. 


Von H. LAnpoLt und Hans JAHn. 


Nachdem durch eine Reihe sowohl experimenteller als theoretischer 
Untersuchungen der Nachweis erbracht war, dass die dispersiönsfreien 
Brechungsexponenten flüssiger organischer Verbindungen weder mit 
Hilfe der Caucnv’schen noch einer anderen Dispersionsformel durch 
Extrapolation ermittelt werden können, begnügte man sich damit, 
die direeten Ergebnisse der speetrometrischen Messungen für Strahlen 
von möglichst grosser Wellenlänge — gewöhnlich die rothe Linie. des 
Wasserstoffspeetrums — mit einander zu vergleichen. Dabei blieb man 
sich dessen wohl bewusst, dass die etwa bestehenden gesetzmässigen 
Beziehungen durch den Einfluss der verschiedenen Dispersionskraft 
der untersuchten Substanzen getrübt, oder wohl bei stark zerstreuenden 
Verbindungen vollständig verdeckt sein konnten. 

Die Frage nach den dispersionsfreien Brechungsexponenten trat in 
ein wesentlich neues Stadium, als Hr. Hrrrz die Mittel kennen lehrte, 
um die langen elektrischen Wellen messend zu verfolgen, und als die 
HH. Aross und Rusens! für eine Reihe von festen und flüssigen Sub- 
stanzen die Gültigkeit der von Maxweın aufgefundenen Beziehung 
zwischen dem Brechungsexponenten "und der Dielektrieitätsconstante: 


nme 


erwiesen, wenn man für »n« den nunmehr direet messbaren Brechungs- 
exponenten für die langen Herrz’schen Wellen einsetzt. Freilich 
lehrt die elektromagnetische Lichttheorie, dass auch dieser Brechungs- 
exponent nur dann von der Wellenlänge unabhängig, also frei von 
dem Einfluss der Dispersion ist, wenn das elektrische Leitvermögen 
der jeweilig untersuchten Substanz als unendlich klein betrachtet 


! Wırpemann, Annalen 42, 581, 1891: 44, 206, ı8g1. 


730 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


werden kann, eine Bedingung, die für die organischen Verbindungen 
gewiss mit grosser Annäherung erfüllt ist. 

Es erschien uns daher von Interesse zu sein, für eine Reihe wohl 
charakterisirter und stabiler Verbindungen die Dielektrieitätsconstanten 
und damit die von dem Einflusse der Dispersion freien Moleeular- 
refraetionen zu ermitteln, um zu entscheiden, ob die für die Strahlen 
des sichtbaren’ Spectrums aufgefundenen Gesetzmässigkeiten auch für 
die Strahlen von unendlich grosser Wellenlänge zutreffen. Wir wählten 
als Versuchsobjecte, um es mit möglichst einfachen und übersichtlichen 
chemischen Verhältnissen zu thun zu haben, zunächst eine Reihe von 
Kohlenwasserstoffen, und zwar haben wir vier gesättigte, vier unge- 
sättigte, und zwölf aromatische Kohlenwasserstoffe untersucht. Um 
über die Reinheit der zu verwendenden Praeparate Gewissheit zu er- 
langen, wurde ausser der auf Wasser von 4°C. als Einheit bezogenen 
Dichte und dem Siedepunkt auch die Dampfdichte nach der Hormann- 
schen Methode ermittelt. Dieselbe stimmte, wie aus den in der fol- 
genden Tabelle zusammengestellten Daten ersichtlich ist, ausnahmslos 
sehr angenähert mit der aus dem Formelgewicht berechneten überein. 
Für das Pentan, das zu Zweifeln Anlass gab, wurde die Zusammen- 
setzung durch eine von Hrn. Stud. Pınkus vorgenommene Elementar- 
analyse festgestellt. 


Tabelle IL 
Dichte : 
iede- Dampfdicht 
Name der Substanz a bezogen auf die des Wassers IP TEae 
Dale von 4° C. als Einheit gefunden | berechnet 
Pentan 28°C. d, — 0.64116 — 0.001021 t | 2.442 
(aus Amylen durch Brom | | d 2.458 
abgeschieden) t gefunden berechnet | 2.459 
| 14-3 0.626356 — 2.482 
16.2 0.062472 0.62462 2.460 2.489 
| 18.2 0.62278 0.62258 
20 0.62074 — 
Hexan 68%4 d, = 0.67761 — 0.00088756 t 2.995 
(aus normalem Propyljodid d 2.984 
durch Einwirkung von Na- | t gefunden berechnet 2.990 2.973 
trium dargestellt) 1422 0.606501 — 
16.2 0.66322 0.66323 
18.2 0.66141 0.66146 
20.1 0.65977 — 
Octan 123°5 d! = 0.71939 — 0.00079204 t 3.978 
(aus Octyljodid durch Ein- z d 3.948 
wirkung von Zink dar- t gefunden berechnet 3.963 3.940 
gestellt) 12°8 0.70925 — 
14.9 0.70765 0.70759 
16.1 0.70623 0.70664 
18.5 0.704790 0.70474 
20.1 0.70347 — 


Lanporr u. Jaun: Molecularrefraction für unendliche lange Wellen. Kot 


Dichte 


Siede- nr, Dampfdichte 
Name der Substanz \ bezogen auf die des Wassers 
punkt von 4 C. als Einheit gefunden | berechnet 
Dekan 157°5 di = 0.73900 — 0.00074889 t 4.881 
(aus Amyljodid durch Ein- 7 4.856 
wirkung von Natrium dar- t gefunden berechnet 4.869 4:907 
gestellt) 12.8 0.72942 — ö : 
14.1 0.72839 0.72844 
15.9 0.72709 0.72709 
18.0 0.72552 — 
20.1 0.72398 0.72395 
Amylen 36°7 d, — 0.68313 — 0.001018 { 2.434 
(aus Amylenhydrat durch Es 2.431 
Einwirkung von Oxalsäure t gefunden berechnet 2.421 
erhalten) 14° 0.668388 — 2.42 2.41 
16.5 0.66641  0.66633 9 = 
18.1 0.606470 0.66470 
20 0.66277 _ 
Hexylen! a) 67° d, = 0.70271 — 0.00092892 t a) 
(aus secundärem Hexyljodid | b) 67.5 4 2.865 
durch Einwirkung von alko- t gefunden berechnet 2.885 
holischem Kali erhalten) 1422 0.68952 — 2.875 
16.2 0.68767  0.68766 b) 


18.1 0.68592 0.68590 


20.4 0.638376 a 
b) / 2.808 
19.75 0.68414 0.68436 294 ze) 
Öctylen -121°75 di = 0.73876 — 0.000823 1 3.924 
(aus Oetylalkohol durch Ein- d 3.942 
wirkung von Zinkehlorid er- t gefunden berechnet 3.933 3.871 
halten) 12:5 0.72847 — 
14.1 0.72710. 0.72716 
16.3 0.72528 0.72534 
17:9 0.72397 0.72403 
20.0 0.72230 — 
Deeylen 152° di — 0.78509 — 0.00076567 t 4.697 
(durch Einwirkung von ed 4.729 
Schwefelsäure auf Amylen t gefunden berechnet 4.713 4.839 
erhalten) 14° 0.7741 == 
3 27433 
16.4 0:.77263.0:77253 
18.1 0.77135 077123 
20.1 0.76970 — 
ol ee tarsia 80° d, = 0.90048 — 0.0010668 t 2.699 
d 2.692 
U Ä gefunden berechnet 2.696 2.696 
14:5 0.88501 _ 5 
16.3 0.88307 0.88309 
18.4 0.388084 0.88085 
20.2 0.87893 — 
t 
ol. ae 110° d, = 0.88418 — 0.00091961 t 3.195 
d 3.210 
ı gefunden berechnet 3.206 3.179 


14-3 0.87103 — 
16°2 0.86931 0.869283 
18.2 0.86747  0.86744 
20.4 0.86542 —_ 


! Von diesem Kohlenwasserstoff wurden zwei Proben (a und b) untersucht. 


192 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Dichte 2 
jiede- D: fdichte 
Name der Substanz ne bezogen anf die des Wassers runs 
punst von 4 C. als Einheit gefunden | berechnet 
Aethylbenzol....... 134 di = 0.838687 — 0.000846 1 3.653 
d 3:97, 
t gefunden berechnet 3.666 3.663 
14.6 0.387452 — 
16.0 0.837326 0.87333 
ET 0.87186 0.87190 
20.0 0.806995 — 
Ortho-ay lol. 143° d, — 0.89672 — 0.00081774 3.721 
d 3:297 
t gefunden berechnet 3.759 3.663 
14-5 0.88491 — 
15.9 0.88381 0.88372 
18.2 0.88192 0.88194 
20:3\ 0.88019 -_ 
Meta X ylola)anse; 20% 138°7 d’ — 0.882053 — 0.00084702 1 7i 
Yy A) 4 5 7 23:70, 
d una 
ı gefunden berechnet 3.722 3.663 
14:2 0.387002 — 
16.4 0.836818  0.86816 
18.4 0.386650 0.86646 
20.2 0.806494 — 
Dara-Xtylof.# |... 138° d, — 0.87857 — 0.00086386 t 3.727 
d BT 
t gefunden berechnet 3.722 3.663 
14-3 0.86622 — 
16.8 0.836412 0.836406 
18.1 0.86304  0.86293 
20.2 0.86112 = 
Bropylbenzol.. .. ... 157° d, — 0.837860 — 0.00081194 t 4.169 
; d 4.170 
B gefunden berechnet 4.173 4.147 
14-4 0.8669 1 — 
16.1 0.86550 0.86553 
18.4 0.806363 0.86369 
FR 87204 080228 IN | 
Isopropylbenzol..... 153° di = 0.87882 — 0.00082625 t 4.204 
f ; d 4.217 
gefunden berechnet ‚211 .14 
1621 0.386560 — : BR 
18.0 0.836397  0.86395 
20.0 0.86231 _0.86229 
22.0 0.860064 —_ 
Re sistylene, 2 mon2 5: 162° d, — 0.87617 — 0.00077463 t 4.319 
: d 2329) 
R gefunden berechnet 4.324 4.147 
' 14-1 0.86529 = 
16.3 0.86364 0.386354 
18.1 0.86219 0.86215 
20.1 0.386060 = 
Bseundoeumol "12... 169.75 d, = 0.839458 — 0.00079507 t 4.157 
A 4.103 
t gefunden berechnet 4.130 4.147 
14-1 0.388337 — 
16.1 0.88181  0.88178 
18.0 0.838032 0.88027 
20.3 0.837844 — 


. . . Ip f ‘ 
Laspvorr u. Jaun: Molecularrefraction für unendliche lange Wellen. 139 


Dichte 
Bi Siede- € Dampfdichte 
Name der Substanz n bezogen auf die des Wassers \ 
Binnt von 4° C. als Einheit gefunden | berechnet 
Maobutylbenzol...... 167.0 d, — 0.388316 —- 0.000795 t 4.701 
d 4711 
t gefunden berechnet 4.706 4.630 
IN 0.587181 - 
| 16.1 0.837036 0.87036 
| 18.2 0.386874 0.868069 
20.0 0.386726 en 
Cymol 175° d, — 0.87271 — 0.00078762 I 4-573 
(aus Campher) | d 4.573 
= gefunden berechnet 4.573 4.630 
137 0.86193 — 
16.2 0.85992 0.85995 
= 8.2 0.835828 0.858938 
20.2 0.385680 — 


Es wäre für die beabsichtigte Untersuchung noch die wichtige 
Vorfrage zu lösen gewesen, in welcher Weise die Dielektrieitätscon- 
stanten von der Temperatur und der Dichte abhängen, ob nament- 
lich die Lorrntzz’sche Beziehung, die für die Strahlen des sichtbaren 
Speetrums gilt, auch für die Strahlen von unendlich grosser Wellen- 


länge zutrifft, ob also: 
k—ı ı 
oe 
eine von der Temperatur unabhängige Grösse ist. Diese Frage kann nach 
den Untersuchungen von Hrn. Legepew' über die Dielektrieitätseonstanten 
der Dämpfe einiger organischer Verbindungen, sowie von Hrn. E. Con’ 
über die Dielektrieitätsconstante des Wassers bei verschiedenen Tempera- 
turen als endgültig zu Gunsten der Lorextz’schen Formel entschieden 
betrachtet werden. 

Was die Wahl der Methode für die Bestimmung der Dielektri- 
citätsconstanten anbelangt, so musste die genaue und elegante Methode 
von SCHILLER von vornherein ausgeschlossen werden, da die Beschaffung 
so grosser Quantitäten der für die Untersuchung in Aussicht genommenen 
Kohlenwasserstoffe, wie sie für die Messungen nach dieser Methode 
nöthig sind, mit unverhältnissmässigen Kosten verbunden gewesen 
wäre. Wir entschieden uns für die Stow’sche Methode in der von HH. 
Conn® und Aroxs vorgeschlagenen Modification und zwar bedienten wir 
uns zweier kleiner Flüssigkeitselektrometer, die dem von Hrn. Tereschn’ 
seinerzeit benützten und beschriebenen nachgebaut waren. Das eine 


I WIEDEMANN, Annalen 44, 288, 1891, 
2 Ibid., Annalen 45, 370, 1892. 
Hlbie. 33, 13, 1888. 

* Ibid. 36, 792, 188g. 


734 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Quadrantenpaar sowie die Nadeln der beiden Elektrometer waren dauernd 
zur Erde abgeleitet. Die beiden anderen Quadrantenpaare waren unter- 
einander in leitender Verbindung und ausserdem mit dem, einen Ende 
der Seeundärspirale eines Hrrnnortz’schen Induetoriums verbunden. Das 
zweite Ende der Secundärspirale wurde gleichfalls durch Ableitung zur 
Erde dauernd auf dem Potential Null erhalten. Zur Unterbrechung des 
primären Stromes bedienten wir uns einer Stimmgabel mit Luftantrieb 
und Quecksilbereontaet. Dieselbe functionirte ausserordentlich regel- 
mässig, die Elektrometer stellten sich meist so ruhig ein, dass ein 
Beobachter die Ablesungen hätte ausführen können. Wir zogen nichts 
desto weniger zur Erzielung einer grösseren Genauigkeit die gleichzeitige 
Ablesung der beiden Elektrometer durch je einen Beobachter vor. 

Die Calibrirung der Elektrometer wurde in der Weise ausgeführt, 
dass das eine derselben auf constantem Potential gehalten wurde, 
während man das andere durch Abzweigung von einem Stöpselrheo- 
staten von SIEMENS & Harske mit bekannten Bruchtheilen desselben 
Potentiales lud. Bei vollkommener Symmetrie der Instrumente sollte dann 
bekanntlich der Sinus des Ablenkungswinkels, wofür man bei kleineren 
Ablenkungen ohne Bedenken die Tangente desselben Winkels einsetzen 
kann, dem Quadrat der Potentialdifferenz proportional sein. Es ergab 
sich, dass diese Beziehung. für unsere Elektrometer mit hinreichender 
Annäherung zutraf. Von den zahlreichen derartigen Calibrirungen, die 
ausgeführt worden sind, mögen die folgenden zwei ohne Wahl heraus- 
gegriffenen angeführt werden: 


Elektrometer I. 


Verhältniss der Ausschläge 


Potential ig a gefunden berechnet 
I 0.033104 _— _ 
1/a 0.0082732 3.992 4.000 
7/10 0.016071 2.000 2.041 
8/10 0.021120 1.568 1.563 


Elektrometer I. 


Verhältniss der Ausschläge 


Potential ig a gefunden berechnet 
I 0.019151 == _ 
l/y 0.004787 1 4.0005 4.0000 
7/to 0.0094264 2.0316 2.041 
8/10 0.012405 1.5797 1.563 


Die eigentlichen Messungen wurden nach folgendem Schema aus- 
geführt. Es wurden zunächst die beiden Elektrometer mit ein und der- 
selben Normaltlüssigkeit gefüllt und die Ausschläge bei verschiedenen 
Potentialdifferenzen, die man durch Einschaltung verschiedener Wider- 
stände in den primären Stromkreis herstellte, ermittelt. Als Normal- 


0. re ® ms 
Lasvorr u. Jaun:  Molecularrefraetion für unendliche lange Wellen. 2%) 


flüssigkeit wählten wir Metaxylol, da diese Verbindung in jeder Quan- 
tität im Zustande vollkommener Reinheit zu erhalten ist, und ausserdem 
eine Reihe gut übereinstimmender Werthe für die Dielektrieitätscon- 
stante dieses Kohlenwasserstoffes vorliegen. Zum Überfluss bestimmte 
der Eine von uns in Gemeinschaft mit Hrn. Dr. Aross, der uns in 
allen Phasen dieser Untersuchung in dankenswerthester Weise durch 
seinen werthvollen Rath unterstützte, noch einmal die Dielektrieitäts- 
eonstante des von C. A. F. Kautsaun zu beziehenden Metaxyloles mit 


Hilfe der Scuizzer’schen Methode. Es ergab sich: 
k—ı ı 
k = 2.340 bei 20°2C also ——— — = 0.3570, 
: k+2d 2 


Hr. Terescnimn fand: 


uk 
m 2.35.bel 13.50 ‚also ie — N TE 
Das Mittel dieser beiden Werthe: 
en 
——— ee ae 
oe aan 


wurde der Berechnung der Dielektrieitätsconstante des Metaxyloles für 
die verschiedenen bei unseren Messungen herrschenden Temperaturen 
zu Grunde gelegt. Gesetzt, die Temperatur betrüge {°C. und dem- 
nach die Dichte des Metaxyloles gemäss der oben angegebenen Inter- 
polationsformel d;, so ist die dieser Temperatur entsprechende Dielek- 
trieitätsconstante Ä, gegeben durch die Beziehung: 


I + 0.7136 d, 
1 — 0.3568 d, 


— 013568d; oder , — 


Nachdem die Ablenkungen der beiden mit Metaxylol gefüllten 
Elektrometer ermittelt waren, wurde Elektrometer I entleert, einige Male 
mit absolutem Alkohol und absolutem Äther abgewaschen, durch Ab- 
blasen mittels eines Kautschukballons getrocknet, und mit der zu 
untersuchenden Flüssigkeit gefüllt, während Elektrometer II constant 
mit Metaxylol gefüllt blieb. Es wurden nun wieder die Ablenkungen 
der beiden Instrumente bei verschiedenen Potentialdifferenzen ermittelt 
und damit waren alle Elemente zur Berechnung der gesuchten Dielek- 
trieitätsconstante gewonnen. Gesetzt die Ablenkungen der beiden mit 
Xylol gefüllten Elektrometer hätten a, beziehlich a, betragen; bei dem 
zweiten Versuche dagegen A, beziehlich A,, so ist: 


wenn %, die gesuchte, % die der herrschenden Temperatur entsprechende 
Dielektrieitätsconstante des Metaxyloles bezeichnet. 


736 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Die beiden Elektrometer waren mit Papphüllen umgeben, durch 
deren Deckel je ein in Zehntelgrade getheiltes Thermometer geführt 
war. Die Ablesung der Thermometer geschah gleichfalls mittels eines 
Fernrohres. 

Wie schon früher erwähnt wurde, stellten sich die Elektrometer 
in der Regel vollkommen ruhig ein. Nur bei der Untersuchung sehr 
tlüchtiger Verbindungen ergaben sich Schwierigkeiten, da die Nadel 
in Folge der fortwährenden Veränderungen der Oberfläche und der 
Stösse des aufsteigenden Dampfes gegen den Spiegel nie zur Ruhe kam. 
Dieser Übelstand liess sich meist durch Eintauchen des Elektrometer- 
gefässes in Eiswasser beseitigen. 

Die Resultate der so ausgeführten Messungen sind in der folgenden 
Tabelle zusammengestellt. In derselben bezeichnet: 


t die bei der jeweiligen Beobachtungsreihe herrschende Tem- 
peratur; 

d die dieser Temperatur entsprechende Dichte der unter- 
suchten Substanz ; 
A, @, ge KR i 

De Be das corrigirte Verhältniss der Elektrometeraus- 
schläge; 

k die der Temperatur ? (wenn nicht eine andere Temperatur 
dabei notirt ist) entsprechende Dielektrieitätsconstante des 


Metaxyloles; 


k, die derselben Temperatur entsprechende Dielektriecitäts- 
constante der untersuchten Flüssigkeit; 
a Br i R 
— —— — die Lorentz’sche ÜConstante. 
RE id 
Tabelle N. 
Name en 
d en k Pe © 


der Substanz 


Hiexamer ne: 1326 | 0.67007 0.79527 


0.79268 2.3516(£=13°6) | 1.8641 0.3337 
1112 | 0.66767 0.77574 


0.78793 
0.783818 
0.79700 
0.79587 
0.78894 2.3494 ({=1477) | 1.853 0.3318 
0.3328 


Name 


der Substanz 


Octan 


14.0 


0.70830 


2.3518 


2.3509 


1.929 


1.9382 


2.3337 


0.3363 
0.3350 


Dekan ...-.:.. 


14.2 


0.72889 


0.72837 


D 
u 
in 

_ 

oo 


2.3504 


1.967 


1.9641 


0.3344 


Rmiylen ... . 


0.068313 


0.608313 


0.934111 
0.93003 
0.94145 
993777 
293504 
0.94708 
a 
0.940359 
0.95 101 
0.94082 
0.92606 
0.94913 
0.94569 
0.94254 


2.3466 (t=16°2) 


2.349 (t=15) 


2.2067 


2.2139 


0.4138 


0.4199 


0.4217 
0.4185 


Netylen.... 


13°6 


11.5 


272797 


0.72930 


0.92912 
0.92320 
0.91131 
0.90922 
0.91821 


0.92615 
0.92367 
0.93766 
293338 
0.93019 


2.3516 


23997 


2.1592 


2.1913 


0.3831 


0.3897 
0.3864 


Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Name 


der Substanz 


Decylen 


0.77230 


0.95111 
0.953804 
0.94550 
0.95598 
0.95482 


9:95329 


2.3457. 


23457 


2.2370 


2.2356 


0.3780 


0:3277 
0.3779 


Benzolereene. 


14-51 


0.388500 


0.8945 1 


0.89291 


0.9538 
0.933 I 
0.9477 
0.9478 
0.9456 
0.9456 


0.9386 
29372 
SU DEH; 
0.9326 
0.9303 
0:9342 


0.9405 1 
0.94025 
2933 
0.937111 
2:93247. 
0.9380 


2.3500 


2.3520 (=13°4) 


2.353 14-127) 


2.2211 


2.1977 


2.2074 


0.3271 


0.3190 


0.3214 
0.3225 


Toluol: 


16233 


15.6 


2A, 


0.869116 


0.386983 


0.87278 


1.0077 
1.0053 
0.9980 
1.0274 
1.0096 


1.0148 
1.0103 
1.0083 
1.0265 
1.0250 
1.0169 


1.0033 
1.0060 
1.0080 
1.0062 
1.0061 


1.0059 


2.3465 


2.3478 


2.354 


2.369 


2.3872 


2.3678 


0.3605 


0.3634 


0.3588 
0.3609 


! Diese Versuchsreihe bezieht sich auf eine zweite Probe von chemisch reinem Toluol, 
die wir der Güte des Hrn. Dr. G. Krämer verdankten. 


= .. . rs 
Lanporr u. Jaun: Molecularrefraetion für unendliche lange Wellen. 739 


Name 


der Substanz 


kr 


Aethylbenzol 


14.1 


13:5 


0.387494 


0.87545 


0.87367 


2.357 


2.352 


2.3478 


2.414 


2.412 


0.3661 


0.3656 


0.3680 
0.3666 


Orthoxylol.. 


14. 1 


13.3 


13.5 


0.88524 


0.388584 


0.88573 


2.3507 


2.3522 


2.3520 


2.5834 


2.5972 


0.3936 


0.3892 


0.3923 
0.3917 


Paraxylol... 


= 


17 


12.8 


0.386216 


0.86388 


0.86751 


0.95417 


2.3415 


2.345 


2.3532 


2.2276 


DEU 


2.2453 


0.3341 


0.3381 
0.3363 


Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Name 


n d 2 k hy 


der Substanz 


14-4 


0.8669 1 


2.3523 


2.3501 


2.3584 


2.3508 


0.3591 


Isopropyl- 


benzol 


Mesitylen .. 


15°6 


16.1 


14-4 


0.86593 


0.86552 


0.806540 


0.806501 


1.0157 
1.0181 


1.0114 


0.978942 
0.97912 
9.097937 
0.977456 
0.973859 


0.976411 
0.97760 
0.97568 
0.979848 
RIZTOR 


Pseudocumol 


0.836746 


0.88377 


1.0195 
1.0153 
1.0162 
1.0180 
1.0155 
1.0169 


1.0287 
1.0235 
1.0202 
1.0320 
1.0286 


ara 


2.3475 


2.3470 


2.351 


2.3501 


2.3766 


2.3007 


2.2958 


0.3632 


0.3495 


0.3487 
0.3491 


2.3447 


2.352 


2.3843 


2.417 


0.3584 


0.3630 
0.3607 


. . .. . 7 
Laspvorr u. Jaun: Molecularrefraetion für unendliche lange Wellen. /41 


Name A, % 


der Substanz A, 0, | kr, +2 d 


Isobutyl- 14-1 0.837195 1.00000 

benzol” 0.9905 5 
0.99522 
0.99746 
oz 
0.9963 2 


D 
8%) 
In 

@) 
N 


2.3413 0.3543 


13.5 | 0.87243 1.0055 
1.0003 
0.9954 
0.9944 
0.9984 2.352 2.348 0.3554 
0.3549 


Drmol..:... 15°58 | 0.836044 0.9501 
0.9432 
0.9528 
0.9523 
0.9519 
0.9501 2.348 as 0.3381 


17.24 | 0.85913 0.9570 
0.9535 
0.9521 
0.9542 
0.9561 


0.9546 2.336 2,230 0.3385 


Die Brechungsexponenten der angeführten Kohlenwasserstoffe 
wurden mit Hülfe eines ausgezeichneten Speetrometers von HILDEBRAND 
& Schramm in Freiberg nach der Methode der kleinsten Ablenkung 
für die drei Wasserstofflinien H,, H,, H, sowie für gelbes Natriumlicht 
ermittelt. Das verwendete Hohlprisma war von Stemnem in München 
angefertigt worden; sein brechender Winkel betrug genau 60°. 


In der nachfolgenden Tabelle bezeichnet: 


t, die Temperatur der in dem Prisma enthaltenen Flüssigkeit 
d, die dieser Temperatur entsprechende Dichte 

#, die der Linie H, 

” i ; f = entsprechenden Brechungsexponenten 
Bol nı n ra 

A) die Gonstanten der Caucenv’schen Dispersionsformel 


e\ u-4+ 


Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Tabelle IE 


Name der Substanz d HM Ya K, "np A B 
| | | 
Pentanı re aren 15°7 | 0.62513 1.3581 | 1.3610 | 1.3645 | 1.3570 | 1.3476. | 0.3192 
Hexamı 2 000. 30.2.0. 10148 | 0:.66447111.3761 41.3625. | 1.3802) |,1.3780.| 1.3083 oa 
Vetanea ara 15.1 | 0.70743 | 1.3987 | 1.4046 | 1.4097 | 1.4007 | 1.3902 | 0.3676 
Diekanye un er. 14.9 | 0.72784 | 1.4088 | 1.4160 | 1.4200 | 1.4108 | 1.4001 | 0.3743 
Bmsalenn. Ace se 16.4 | 0.66643 | 1.3857 | 1.3945 | 1.3997 | 1.3883 | 1.3750 | 0.4656 
Hiessylen est ae: 15.2 | 0.68859 | 1.3965 | 1.4052 | 1.4093 | 1.3995 | 1.3866 | 0.4278 
Ooeyllennas ser na 16.0 | 0.72559 | 1.4137 | 1.4222 | 1.4274 | 1.4157 | 1.4030 | 0.4572 
Dieevilenn 1.2.2.0. ars 17.0 | 0.77207 | 1.4357 | 1.4447 | 1.4500 | 1.4385 | 1.4246 | 0.4780 
Benzol heran: 16.0 | 0.88341 | 1.4988 | 1.5156 | 1.5261 | 1.5038 | 1.4777 | 0.9106 
Solkolles . ee 14-7 | 0.87066 | 1.4944 | 1.5104 | 1.5203 | 1.4992 | 1.4743 | 0.8658 
Methwyilbenzole..... .. 14-5 | 0.87460 | 1.4948 | 1.5102 | 1.5196 | 1.4994 | 1.4756 | 0.8287 
Or ydlolle nn et. 14-1 | 0.88519 | 1.5040 | 1.5200 | 1.5300 | 1.5082 | 1.4838 | 0.8689 
meRsylloil) "2.2 ee 15.7 | 0.86875 1.4954 | 1.5112 | 1.5211 | 1.4996 | 1.4755 | 0.8596 
BR 14-7 | 0.86587 | 1.4943 | 1.5097 | 1.5200 | 1.4985 | 1.4744 | 0.8588 
Eropyibenzol.. .... 15.7 | 0.860585 | 1.4891 | 1.5045 | 1.5134 | 1.4942 | 1.4703 J 0.8111 
Isopropylbenzol.... 15.1 ! 0.86634 | 1.4900 | 1.5044 | 1.5134 | 1.4947 | 1.4718 |.0.7820 
Meswiylen rt. 2.2 14.6 | 0.86486 | 1.4926 | 1.5073 | 1.5165 | 1.4966 | 1.4741 | 0.7992 
Pseudocumol ......... 14.7 | 0.88289 | 1.5030 | 1.5184 | 1.5282 | 1.5072 | 1.4835 | 0.8388 
SobutyIbenzol 2... 2. 14-5 | 0.87163 | 1.4916 | 1.5056 | 1.5141 | 1.4957 | 1.4742 | 0.7518 
yo een Ak 13.7 | 0.806192 | 1.4886 | 1.5026 | 1.5111 | 1.4926 | 1.4712 | 0.7520 


Vergleichen wir zunächst die Quadratwurzeln 


der Dielektrieitäts- 


constanten mit der bei der gleichen Temperatur ermittelten Constante A 
der Caucnv'schen Dispersionsformel: 


Vk 
Hexan 1.3608 
Octan 1.3899 
Dekan 1.4015 
Amylen 1.4836 
Octylen 1.4758 
Deeylen 1.4764 
Benzol 1.4816 
Toluol 1.5410 
o-Xylol 1.6101 
m-Xylol 1.5322 
p-Xylol 1.4942 
Aethylbenzol 1.5543 
Propylbenzol 1.5333 
Isopropylbenzol 1.5417 
Mesitylen 1.5157 
Pseudocumol 1.5462 
Isobutylbenzol 1.5309 
Cymol 1.4948 


Während für die drei untersuchten Paraffine die 


mit grosser Annäherung zutrifft, ergibt sich für die 


Vk= A 


sowie für die aromatischen Kohlenwasserstoffe 


Vk>A 


A 
1.3683 
1.3902 
1.4001 


1.3750 
1.4030 
1.4246 


RT, 
1.4743 
1.4838 
4738 
1.4744 
1.4756 
14703 
1.4718 
1.4741 
1.4835 
14742 
1.4712 


Beziehung 


ungesättigten, 


Die besagten Substanzen zeigen also durchweg anormale Dispersion, 


doch sind die beiden Werthe Yk und A wenigstens von derselben 


‘ 


. .. . r 7 
Lanporr u. Jaun: Molecularrefraction für unendliche lange Wellen. 743 


Grössenordnung, so dass die Constante A der zweigliedrigen CAucHY- 
schen Formel in erster Annäherung den Brechungsexponenten für 
unendlich lange Wellen liefern würde. 

Für die auf unendlich lange Wellen bezüglichen Moleeular- 
refraetionen der untersuchten Paraffine ergeben sich folgende Werthe: 


M Par z Differenz 
Hexan 28.62 E 
Octan 38.19 u 
Dekan 47-46 2x404 


Es entspricht also der gleichen Zusammensetzungsdifferenz CH, eine 
gleiche Zunahme des molecularen Brechungsvermögens und zwar 
weicht der mittlere Werth dieser Zunahme nicht wesentlich von dem 
ab, den man für die auf die rothe Wasserstofflinie bezüglichen 
Molecularrefraetionen derselben Praeparate erhält: 


2 
—ı 
M ie = Differenz 
u—2 d 
Pentan 25.297 
Hexan 29.704 7 
0 Al» 2%4.624 
etan 38.952 Bean 
Dekan 48.213 +3 


Mittel 4.554 

Bezeichnen wir das auf unendlich lange Wellen bezügliche Re- 
fractionsaequivalent des Kohlenstoffes mit &, das des Wasserstoffes 
mit 8, so erhalten wir durch Auflösung der beiden Gleichungen: 

& +28 = 4.72 

68 + 148 —= 28.62 

in Bezug auf & und ®: 
EOS 9 I 

Das dispensionsfreie Refraetionsaequivalent des Wasserstoffes würde sich 
also verschwindend klein ergeben. Die mit Hülfe dieser Refractions- 
aequivalente berechneten Molecularrefractionen für das Octan und das 
Dekan sind 

38.06 bez. 47.50 
stimmen also mit den thatsächlich beobachteten sehr angenähert überein. 

Es sind jedoch «die Resultate aller derartiger Rechnungen mit 
einiger Vorsicht aufzunehmen. 

Berechnet man z. B. die auf rothes Wasserstofflicht bezüglichen 
Refractionsaequivalente des Kohlenstoffes und des Wasserstoffes durch 
Auflösung der beiden Gleichungen: 

a+ 2b= 4.554 
104a+ 22b = 48.213 
so ergibt sich: 
0ER = 337. 
Sitzungsberichte 1892. ; 66 


744 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Diese Werthe stimmen mit den von dem Einen! von uns vor 
zehn Jahren aus dem gesammten damals vorliegenden, ausschliesslich 
auf sauerstoffhaltige Verbindungen bezüglichen Beobachtungsmaterial 
berechneten Mittelwerthen 

a2 AS bi 11,04 


absolut nicht überein, stellen aber unsere Beobachtungen in vollkommen 
befriedigender Weise dar: 


ai 
Pat 1 d 
gefunden berechnet 
Pentan 25.297 25.449 
Hexan 29.704 30.004 
Octan 38.952 39.114 


Der Schluss, den man etwa ziehen könnte, dass dem Kohlenstoff und 
dem Wasserstoff in den Kohlenwasserstoffen ein anderes Refractions- 
aequivalent zuzuschreiben sei, als in den übrigen, bisher untersuchten 
Verbindungen, wäre ein irriger, schon aus dem einfachen Grunde, 
dass die Werthe: 

de AS INN. 1.04 


unsere Beobachtungen gleichfalls mit ziemlicher Annäherung darstellen: 


1. 
ET 
ur +2d 
gefunden berechnet 
Pentan 25.297 25.88 
Hexan 29.704 29.44 
Octan 38.952 38.56 
Dekan 48.213 47:68 


Dass die von uns gefundenen Molecularrefractionen nicht etwa durch 
Versuchsfehler entstellt sind, erhellt aus dem Umstand, das der von 
Hrn. Brünt für das moleculare Berechnungsvermögen des Hexanes er- 
mittelte Werth: 

Pr 01.5734, Beis20 wd, 10.0005 


sich in absoluter Übereinstimmung mit dem unsrigen befindet. 

Vergleicht man die auf unendlich lange Wellen bezüglichen Mole-. 
eularrefractionen der Olefine mit den unter Zugrundelegung der früher 
für & und 8 gefundenen Werthe berechneten, so ergibt sich: 


k—ı ı a 
me Differenz 
R gefunden berechnet 
Amylen 29.3 23.60 5.70 
Octylen 43.28 37.76 5.52 
Decylen 52.906 47.20 5.706 


! Lannporr, Ber. d. d. chem. Ges. ı5, 1031, 1882. 


Lanporr u. Jaun: Molecularrefraetion für unendliche lange Wellen. 745 


Es besteht also hier eine der bekannten von Hrn. Brünz entdeckten 
Gesetzmässigkeit ähnliche Beziehung, dass die beobachtete Moleeular- 
refraction die mit Hülfe der Refraetionsaequivalente berechnete, um 
einen eonstanten Werth übersteigt, der aber für die Strahlen von un- 
endlich grosser Wellenlänge mehr als noch einmal so gross ist, wie 
für rothes Wasserstoftlicht: 


un a 
_— — Differenz 
Ba 
gefunden berechnet 

Amylen 24.654 22.775 1.879 
Hexylen 29.344 27.330 2.010 
Octylen 38.546 36.440 2.106 
Decylen 47-382 45-550 1.832 


Ermittelt man für die drei angeführten Olefine die Zunahme der 
dispersionsfreien Molecularrefraction, welche der Zusammensetzungs- 
differenz CH, entspricht, so ergiebt sich: 

k—ı ı 


a ac )i ass 
M Bin Differenz 
Amylen 29.30 h f 
Octylen 43.28 I x 1 
Decylen 52.91 CA: 


Die besagte Differenz hat also denselben Werth wie für die ge- 
sättigten Kohlenwasserstoffe. 

Eine Ausnahme bildet das aus secundärem Hexyljodid durch Ein- 
wirkung von alkoholischem Kalı dargestellte Hexylen. Siedepunkt 
und Dichte stimmen mit den von früheren Experimentatoren für dieses 
Praeparat angegebenen Werthen, die Dampfdichte mit der aus dem 
Formelgewicht berechneten, so vollständig überein, dass an der Rein- 
heit unseres Praeparates kaum ein berechtigter Zweifel obwalten konnte. 
Die Dieleetrieitätsconstante jedoch ergab sich abnorm niedrig. Wir 
fanden: | 

Tapelle IV. 


Name der Substanz { d I n = k kr 
2% 


Besylen... .:. .-;, 136 | 0.69008 0.87921 
0.87817 
0.87022 
0.8667 1 
0.87358 2:3 


un 
- 
Oi 


2.0543 0.3768 
| 13.4 | 0.69026 0.87626 
0.86730 
0.86790 
0.386098 
0.386902 
0.86829 | 2.3465 (E=16°3) | 2.0375 0.3723 
0.3743 


und für das zweite nach derselben Methode dargestellte Praeparat: 


66* 


746 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Tabelle V. 


Name der Substanz t d | d= 


A, i I 
A) k,+t2 d 


Hexylen.n..... 1321 || 0.069057 0.383486 
. 0.83588 
0.382612 
0.82325 
0.83356 


0.832873 | 2.3441 (t=17°5) | 1.9427 0.3462 
14.8 | 0.68896 0.384192 
0.84745 
0.384366 
0.85158 
0.84506 
0.840613 
0.83876 
0.84494 12.3397 (Ü=19:9) | 1.9768 0.3565 
0.33 UE 


Demnach würde das moleculare Brechungsvermögen: 


31.44 für das erste 
29.91 für das zweite 


Praeparat, im Mittel also 
30.68 


betragen, während man den um etwa 10 Procent grösseren Werth 
34.04 hätte erwarten sollen. Die Wahrnehmung, dass der doppelte 
Werth sich der Reihe in ziemlich befriedigender Weise anschliessen 
würde, da: 
0030 52.97°8.45. 22 x04.23 

ist, legte den Gedanken nahe, dass man es mit einem labilen Bihexylen 
zu thun habe, welches sich bei der Verdampfung spaltet, bei der Con- 
densation aber alsbald wieder zurückbildet. Zur Entscheidung dieser 
Frage wurde das Moleculargewicht der vier Olefine mit Hülfe der 
Raovurr'schen Gefriermethode ermittelt, und zwar wählte man als 
Lösungsmittel Benzol, da dasselbe nach den von Hrn. Beckmann bei 
seinen grundlegenden Untersuchungen gesammelten Erfahrungen die 
bestehenden Molecularaggregate am wenigsten dissocürt. Die Ergeb- 
nisse dieser Versuche sind: 


Ä Al PR Pe I Y or 
k 9 G A M= 10061 G Theorie 
Amylen 53 0.3940 39.452 0.725 73.01 79 
Hexylen 53 0.5140 37.2678 0.829 88.28 84 
Octylen 53 0.8578 ,45.7385,..0.833 119.33 112 
Decylen 53 0.4075 40.486 0.363 146.96 140 


Die vier Kohlenwasserstoffe zeigen demnach alle die normale 
moleculare Gefrierpunktserniedrigung, wodurch die Existenz eines Bi- 


. Dr . r r 
Lanporr u. Jaun: Molecularrefraetion für unendliche lange Wellen. (47 


hexylenes, wie wir es oben annahmen, ziemlich unwahrscheinlich ge- 
macht wird. Einen directen Beweis gegen die Existenz des besagten 
Polymeren liefern diese Versuche allerdings auch nicht, insofern das 
Benzol möglicherweise doch schon dissoeiirend gewirkt hat. Unter- 
schiede in der Constitution, an die man denken könnte, bestehen 
nur zwischen dem Hexylen und dem Octylen einerseits, dem Amylen 
und dem Decylen andererseits, kommen also nicht in Betracht, da 
sich das Octylen der Reihe vollkommen einfügt. 

Berechnet man ferner die Molecularrefraction für die Bezolderivate, 
die durch Substitution eines Wasserstoffatomes im Benzolring durch 
einen Alkoholrest entstehen, so erhält man: 


M u = Differenz 
k+2 d 
Toluol Er an 
33.20 5.66 
Aethylbenzol 38.86 
Propylbenzol 43.03 7 


Hier ist es zunächst auffallend, dass die Substitution eines Wasser- 
stoffatomes im Benzolkern durch Methyl eine bedeutend grössere Zu- 
nahme der Molecularrefraetion bedingt, als die gleiche Substitution 
in der Seitenkette; für die letztere ist die Differenz angenähert der- 
jenigen gleich, die wir oben für die Kohlenwasserstoffe der Fettreihe 
gefunden haben. Doch ist die Abweichung der Werthe schon eine 
hinreichend grosse, um Zweifel zu berechtigen, ob die für die Pa- 
raffıne und die Olefine abgeleiteten Beziehungen ohne Weiteres auf 
die Benzolabkömmlinge übertragen werden dürfen.: Diese Zweifel 
werden noch dadurch erhöht, dass sich die Molecularrefraetion für 
die aromatischen Verbindungen als im hohen Grade constitutiv er- 
weist. 

Die Entstehung des Isopropylbenzoles aus dem Aethylbenzol, so 
wie die des Isobutylbenzoles aus dem Propylbenzol sind ganz analoge 
Vorgänge, wie ein Bliek auf die Formeln der betreffenden Verbindun- 
gen lehrt: 

nu 
C;H, —CH, —CH, geht über in C,H, N 
CH, 


| Wa 
0LE 6 0E, Er zehr über in C,H, CH, a 
CH, 


Es entspricht denn auch dieser Substitution eine gleiche Zu- 
nahme der Molecularrefraction: 


Isopropylbenzol ...... 43:57 Isobutylbenzol ...... 47-55 
Kethyibenzol.I# 4. 2%. 38.86 Bropylbenzel‘. .... ... 43.03 
Ditierenz u N az Differenz’ 7. 04:52 


erh . . 
748 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


ürsetzen wir dagegen in dem Toluol ein weiteres Wasserstoffatom 
des Benzolkernes durch die Methylgruppe, so ergibt sich eine wesent- 
lich andere Zunahme der Moleeularrefraction, je nachdem die zweite 
Methylgruppe in die Ortho-, Meta- oder Parastellung zu der ersten, 
bereits vorhandenen tritt: 


o-Xylol'ı) 2 74052 m-Xylol .... 37.82 P-Xyloll. 9.935.065 
Dolaol 200. 33.20 Toluol. 33.20 Toluol ..... 33.20 
Differenz .. 8.32 Differenz .. 4.62 Diifegenz, . 207245 


Es machen sich, wie wir später sehen werden, auch für die auf das 
rothe Wasserstofflicht bezüglichen Moleeularrefractionen kleine Unter- 
schiede zwischen den stellungsisomeren Verbindungen geltend, die- 
selben accentuiren sich aber bei dem Vergleich der von der Dispersion 
freien Molecularrefraetionen ungleich schärfer. Auffallend ist, dass nur 
die in der Orthostellung eintretende zweite Methylgruppe angenähert 
dieselbe Zunahme der Molecularrefraetion bedingt, wie die erste bei 
dem Übergange des Benzoles in Toluol eintretende Methylgruppe. 
Dass die Zunahme der Molecularrefractionen bei der Entstehung der 
drei isomeren Xylole aus Toluol angenähert Vielfache derselben Con- 
stante sind, beruht wohl auf einem Zufall: wir legen darauf zunächst 
weiter kein Gewicht. 

Wohl aber scheint es uns von Interesse sein, hervorzuheben, 
dass so weit unser Beobachtungsmaterial reicht, Substitutionen bei 
gleicher relativer Stellung der Substituenten im Benzolring immer 
dieselbe Zunahme der Molecularrefraction bedingen. - 

Das Propylbenzol geht in das aus Campher erhältliche Cymol 
durch Substitution eines Wasserstoffatomes in der Parastellung durch 
eine Methylgruppe über. Die Differenz der Molecularfractionen: 


Bymolese Zaren 2 45-33 
Propylbenzol’. ... . 43.03 
Ditterenzer 22750 


ist genau so gross wie die zwischen den Molecularrefractionen von 
Paraxylol und Toluol. 

- Das Toluol geht durch Substitution der beiden in der Metastellung 
befindlichen Wasserstoffatome durch je eine Methylgruppe in das 
Mesitylen über. Da die Differenz der Molecularrefractionen von Me- 
taxylol und Toluol 4.62 beträgt, so sollte man für Mesitylen und 
Toluol die doppelte Differenz erwarten. Man erhält in der That: 


Mesuylen . ...,. 41.89 
Hololer nn: 33.20 ° 
Differenz WE. = XAHBS 


Hier, wo die drei Substituenten vollkommen symmetrisch an- 
geordnet sind, tritt keine Complication in Folge der wechselseitigen 
Beeinflussung derselben ein. Anders verhält sich die Sache dagegen 


Lanvorr u. Jaun: Molecularrefraetion für unendliche lange Wellen. 749 


Beindem Pseudoeumol (CH,:CH,:CH, = 1:3 :4). ‘Wollte man die 
Molecularrefraction dieses Kohlenwasserstoffes einfach auf dem Wege 
berechnen, dass man zu der des Toluoles die Zunahme der Molecular- 
refraction addirt, die dem Eintritt einer Methylgruppe in die Meta- 
und die Parastellung entspricht, so müsste man einen zu kleinen 
Werth erhalten, da die gegenseitige Beeinflussung der in der Ortho- 
stellung befindlichen Methylgruppen (3,4) nicht berücksichtigt ist. 
Wohl aber könnte man annehmen, dass sich die Einwirkung der 
beiden Methylgruppen ı und 4 auf die zwischen ihnen befindliche 3 
differenzirt, so dass wir also zu der Molecularrefraetion des Toluoles 
zu addiren hätten: 
4.49 + 2.38 + (8.32 — 4.49) = 10.70 

wenn wir für die Metastellung sowie für die Parastellung die Mittel- 
werthe der oben abgeleiteten Zahlen einführen. Die Molecularrefraetion 
des Pseudocumoles müsste demnach 43.90 betragen, während in der 
That 43.28 gefunden wurde. 

Wie dem nun aber auch sei, darüber kann kein Zweifel bestehen, 
dass der ven Hrn. Brünr für die Strahlen des sichtbaren Spectrums 
aufgestellte und vertheidigte Satz, stellungsisomeren Verbindungen 
käme die gleiche Molecularrefraction zu, für die dispersionsfreien 
Brechungsvermögen nicht mehr zutreffend ist, insofern sich ein ganz 
bedeutender und aller Wahrscheinlichkeit nach gesetzmässiger Einfluss 
der gegenseitigen Stellung der Substituenten geltend macht. Damit 
entfällt aber auch die Möglichkeit, durch einfaches Addiren der Viel- 
fachen der betreffenden Refractionsaequivalente die dispersionsfreien 
Molecularrefractionen der betreffenden Verbindungen mit hinreichender 
Annäherung zu berechnen, oder aus dem Übereinstimmen beziehlich 
dem Nichtübereinstimmen der so berechneten Grössen mit den be- 
obachteten Schlüsse bezüglich der Constitution der jeweilig unter- 
suchten Verbindungen zu ziehen. Nach unserer Überzeugung können 


überhaupt alle derartige Additionsgesetze nie scharfe, sondern immer 
nur angenäherte sein, da die Verhältnisse in zwei scheinbar ganz 
analogen Verbindungen doch nie absolut dieselben sind. Es liefert 
denn auch die Geschichte der Wissenschaft mehr wie ein Beispiel 
dafür, dass zunächst für additiv gehaltene Eigenschaften bei fort- 
schreitender Erweiterung des Beobachtungsmateriales sowie bei ge- 
eigneter Verfeinerung der Bestimmungsmethoden sich als constitutiv 
erwiesen. 

Was die vielumstrittene Frage nach der Constitution des Benzoles 
und seiner Abkömmlinge anbelangt, so bestätigen unsere für rothes 
Wasserstofflicht ausgeführten Messungen vollständig die von Hrn. BrünL 
zu Gunsten der Krkure schen Formel gezogenen Schlüsse: 


750 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


TG 
M Differenz 

u +2 d 

berechnet gefunden 

Benzol 25.916 19.308 3.%02:203 
Toluol 30.782 23.862 9% 2.307 
o-Xylol 30.050 28.416 3% 2.545 
m-Xylol 35.606 28.416 2 x%02,307 
p-Xylol 35.575 28.416 3x 2.386 
Aethylbenzol 25.3972 28.416 5% 2:305 
Propylbenzol 40.006 32.970 3% 2.345 
Isopropylbenzol 40.044 32.970 3X2.358 
Mesitylen 40.295 32.970 3X 2.442 
Pseudoceumol 40.178 32.070 3 %-2.403 
Isoeutylbenzol 44.4067 37.524 7% 21314 
Uymol 44.632 37.524 3X 2.369 


Allerdings ergeben sich auch hier schon zweierlei Bedenken. Die 
Moleeularrefraetion erweist sich erstens als nieht rein additive, sondern 
unleugbar eonstitutive Eigenschaft, insofern ihr für die isomeren Ver- 
bindungen nachweislich verschiedene Werthe zukommen. Die Unter- 
schiede sind freilich nieht so grosse wie für die auf unendlich lange 
Wellen bezüglichen Moleeularrefraetionen , scheinen uns aber doch schon 
die Grenze der Versuchsfehler zu übersteigen. Andererseits ergibt sich 
die Zunahme der Moleeularrefraetion, die den drei im Benzolkern vor- 
handenen Aethylenbindungen zugeschrieben werden könnte ausnahmslos 
grösser als die für die Olefine gefundene. Es ist dabei allerdings zu 
berücksichtigen, «dass die aromatischen Kohlenwasserstoffe ein be- 
dleutend grösseres Dispersionsvermögen haben als die aliphatischen. 
Ks beträgt z. B. für: 


Hy, — Ha 

d 
Hexan 0.01520 
Hexylen 0.018509 
Benzol 0.03447 


Die von verschiedenen Seiten geäusserte Vermuthung, dass (diese 
Abweichungen ausschliesslich oder doch wenigstens in erster Linie auf 
den störenden Einfluss der Dispersion zurückzuführen seien, lässt sich 
jetzt, wo wir die dispersionsfreien Brechungsexponenten kennen, auf 
ihre Stichhaltigkeit prüfen. Es müsste bei der Annahme von drei 
doppelten Kohlenstoffbindungen im Benzolkern das moleeulare Brech- 
ungsvermögen des Benzoles betragen: 

6%X4.42 + 6x0.15 + 3X5.64 = 44.34 
während in der That 25.16 gefunden wurde. Es wird also durch 
diesen Befund eher die Schlussfolgerung nahe gelegt, dass in dem 
Benzol keine Aethylenbindungen vorhanden sind. Wir fühlen uns, 
bei dem dureh diese ganze Untersuchung wachgerufenen Misstrauen 
gegen die Zulässigkeit derartiger Additionen, zu diesem Schlusse nicht 
berechtigt, wohl aber zu dem, dass bei der Übertragung zahlen- 


Lanporr u. Jans: Moleeularrefraetion für unendliche lange Wellen. Bl 


mässiger Beziehungen von einer Classe von Verbindungen auf eine 
andere, mit äusserster Vorsicht vorgegangen werden muss. 

Die für die stellungsisomeren Kohlenwasserstofle erhaltenen Mole- 
eularrefraetionen legen noch einen anderen nieht uninteressanten 
Schluss nahe. Es kann bei genauerer Betrachtung der Werthe nieht 
entgehen, dass ausnahmslos der Verbindung vom symmetrischsten 
Bau der Molekel das kleinere moleeulare Brecehungsvermögen eigen- 
thümliech ist. Die oben mitgetheilten Zahlen liefern mehr wie einen 
Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung. Vergleichen wir die 
Kormeln der drei isomeren Xylole: 


CH, CH. CH 


\ hi 


CH, 
so liegt es auf der Hand, dass die Molekel der Paraverbindung «die 
grösste Symmetrie aufweist: derselben kommt auch in der "That die 
kleinste Moleeularrefraetion zu. Ganz dasselbe ergibt sieh bei dem 
Vergleich des Mesitylen und des Pseudoeumol, sowie des Cymol und 
Isobutylbenzoles. 

Ks schien uns von Interesse zu sein, an anderen Verbindungen 
zu prüfen, ob sich eine ähnliche Gesetzmässigkeit ergibt. Wir unter- 
suchten in dieser Riehtung zunächst das Aethylenehlorid und «das 
Aethylidenehlorid: | 

CH,Cl CHC], 

| beziehlich | 

CH, Cl CH. 
Dem ersteren als dem symmetrischer gebauten musste die kleinere 
Moleeularrefraetion zukommen. Die Krfahrung hat diesen Schluss be- 
stätigt, wie die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Daten 
erweisen: 


Tabelle VI. 


Name ; 4 A Aı @ h PR N 


der Substanz A, aı o kt 2 d 


epunkt 83°) (nach 4.8758 
Tuorrk) 4.8473 
4.8190 
4.5007 
4.3369 
4.8186 
4.8292 2.3431 (Ü==10:3)| 11,315 0,0048 


A By Anchlarid 0 1,28082 4.8056 


(NDiec 


752 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Na / } 
Ca t Aa k k kn 
der Substanz A> aı a) 
nl m m 
| | | 
Aethyliden- OA FER2O4 101.4.5482 | 
chlorid mach’ %" 4.6272 W| 
(Siedepunkt 5775) THorPE) | 4.6542 
| I 72:5706, || 
| 46755 
| 4.0250 
| an 
4.6266 | 2.3475 (t=15.8)| 10.861 0.6368 


Zu ganz demselben Resultate führen die Messungen des Hrn. TERESCHIN 
für die Dielektrieitätsconstanten einiger isomerer Acetate und Formiate: 


k—ıı 
T k M —— — 
k+2d 
Aethylformiat 14.0 9.1 58.50 
Methylacetat 14.0 7:75 54-59 
Isobutylformiat 13:5 8.4 82.27 
Propylacetat 13.0 6.3 73r1 
Amylformiat 15.0 77. 91.70 
Isobutylacetat 14.0 5.8 81.59 


Wir haben gleichfalls für einige dieser Ester die Dielektrieitätseon- 
stanten dureh Vergleichung mit reinem Amylalkohol ermittelt und sind 
zu demselben Resultat geführt worden. 


Tabelle VII. 


Name der Substanz t d I 


Methylacetat [6 0.95448 0.489983 
(Siedepunkt 55.75 0.48993 
0:49745 
0.49223 
RE 
0.497395 


0.49517 | 16.190(£=19°5) | 8.0165 0.73386 


Aethylacetat 0 0.92496 0.42010 

(Siedepunkt 76:9) 0.42294 
0.41214 
0.41536 
0.41094 
0.41212 
0.41527 
0.41555 16.215 (t= 19:1) | 6.7381 0.70994 


Pa 


Lasvorr u. Jaun: Molecularrefraciion für unendliche lange Wellen. 


753 


Name der Substanz 


Propylacetat 
(Siedepunkt 100°) 


0.90505 


0.415106 
0.41194 
0.422063 
0.41673 
0.422585 
0.416606 
0.41298 


0.41699 


15.921({—-23-1) 


Isobutylacetat 
(Siedepunkt 115.75) 


0.386557 


0.34840 
0.34952 
0.3457 
0.349063 
0.34245 
0.34885 
0.35362 


0.34835 


Amylacetat 
(Siedepunkt 140°6) 


0.31802 
0.31813 
0.320389 
0.32246 
0.32305 
0.31740 
0.31861 


1% 15.853 


5.6808 


0.72122 


0.70406 


15.853 


5.0695 


Aethylformiat 
(Siedepunkt 53.9) 


0193053 


Metaxylol 
2.3500 (t= 145) 


073 


Propylformiat 
(Siedepunkt 8125) 


0.909806 


15.921 (t=23°1) | 


Isobutylformiat 
(Siedepunkt 97°) 


[o) 


22°9 


0.587230 


0.45741 


15.916 


7.2801 


0.7758 


Demnach betragen die Moleeularrefraetionen der isomeren Ester: 


Aethylformiat 
Methylacetat 


Propylformiat 
Aethylacetat 


Isobutylformiat 
Propylacetat 


SI] 
a 
H> 


Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Es ergibt sich also ausnahmslos, dass den Acetaten, deren Molekel 
symmetrischer ist als die der isomeren Formiate, das kleinre mole- 
culare Brechungsvermögen zukommt. 

Wir haben endlich im Anschluss an die bisher besprochenen 
Messungen die Dielektrieitätsconstanten einiger Alkohole durch Ver- 
gleichung mit Metaxylol ermittelt. Es ergab sich: 


Tabelle VII. 


Name 


der Substanz 


Methylalkohol | 5% | 0.805535 | 15.041 | | 
(Siedepunkt 65°) |- SI5-269% 0 | 


14.791 2.352 (4=13:6) | 34.783 1.1402 


-_ 
un 
[9 
[0,0) 
-_ 
[9 
ws 
un 
w 
— 
— 
- 
[9% 
vw 
nr 
ws 
in 
2 
in 


1.1426 
1.1414 


Aethylalkohol | 13°2 | 0.79684 | 11.340 
(Siedepunkt 78.1) 11.301 


9 | 0.800493 | 11.12 


11.343 2.352 (1=13°6) | 26.674. | 22388 
| 1.1203 


Propylalkohol | 15°4 | 0.80935 9.3738 
(Siedepunkt 96.1) | 9.5385 | 


9.4986 | 2.348 22.305 1.0830 


N 
I 
{®) 
[0,0] 

>21 
[o}} 
[0,0) 
Ye) 
un 
[o} 
[97 
- 


9.6246 BER (i=13?2) | 22.6490 | 1.0767 


Lanporr u. Jaun: Molecularrefraciion für unendliche lange Wellen. 


Name rn 4 2 2,—ı ı 


der Substanz 4a k,+2d 


Isobutylalkohol | ı3°53 | 0.806053 
(Siedepunkt 107°25) 


% 


u a a 


18.008 1.0000 


00 000 = 
m DO 

in 5 

F IN 

te 

je} 

ws 

& 


er) 


58 
{> a Fr 5 | 


or | 


R 


[0.07 
wi 
00 
( 

[e7 
je 
un 
» 

[9 #) 

[9 0) 
| 

Pr 

OÖ 
un 

% 


Amylalkohol 14-5 | o8ı5 
(Siedepunkt 131°) 7-0993 


NINO NMIS NIS 
\& 
‚WW 
ee} un 
ww nı 


oO 
[Pr } 

[e,0) 

27 


un 
je} 
er} 
un 
ws 
_ 
je 5} 
[e 7) 
R- 
[1 
[eo] 
je} 
| 
u 


| 
( 
| 


Für die Brechungsexponenten derselben Praeparate wurden die 
folgenden Werthe erhalten: 


Tabelle IX. 


Name der Substanz i d u_ u- u un A B 

Methylalkohol . | 17°4 | 0794951 | 1.3281 | 1.3335 | 13365 | 1.3297 | 1.3216 | 0.2808 
Aethylalkohol 17-5 | 0.801097 | 1.3601 | 1.3663 | 1.3697 | 1.3619 | 1.3527 | 0.3191 
Propylalkohol 173 | 0.80742 | 1.3842 | 1.3908 | 1.3945 | 1.3861 | 1.3762 | 0.3442 
Isobutylalkohol | 17.5 | 0.804957 | 1.3948 | 14016 | 1.4055 | 1.3968 | 1.3863 | 0.3580 
Ampylalkohol 178 | 0.813490 | 1.4064 | 14135 | 1.4176 | 1.4084 | 1.3978 | 0.3723 


| Die Alkohole zeigen die Erscheinung der anormalen Dispersion in 
ganz hervorragendem Maasse, wie aus der folgenden Vergleiehung 
der Werthe von Yk mit der Constante A der Carcav'schen Disper 
sionsformel für gleiche Temperaturen hervorgeht. 


VE 4A 
Methylalkohol 5406 1.3216 
Aethylalkohol 5.248 1.3527 
Propylalkohol 4.620 1.3762 
Isobutylalkohol 4.287 1.3865 
Isoamylalkohol 4-041 1.3978 


756 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Diese Reihe zeigt, zu wie illusorischen Resultaten für die dispersions- 
freien Brechungsexponenten die Cavenv’sche Formel führen kann. Nicht 
allein übersteigen die Werthe von YA die von A nahezu um das Vier- 
fache, sondern während die ersteren mit steigendem Moleeulargewicht 
fallen, nehmen die letzteren mit steigendem Moleeulargewiecht zu. 

Die dispersionsfreien molecularen Brechungsvermögen der unter- 
suchten Alkohole betragen: 


m: = > Fr Differenz 
+2 d 
Methylalkohol 36.53 

Aethylalkohol 31.53 En 
Propylalkohol 64.79 I 24 = 
Isobutylalkohol RA I SL es 
Isoamylalkohol 90.48 SE 


während sich für die auf die rothe Wasserstofflinie bezüglichen Mole- 
eularrefractionen die folgenden Werthe ergeben: 


el De 
M- Ä 3 Differenz 

en 
Methylalkohol 8.173 
Aethylalkohol 12.663 2199 
Propylalkohol 17.383 ei 2 
Isobutylalkohol 22.040 A een 
Isoamylalkohol 26.598 435% 


Während sich also bei den zuletzt angeführten Molecularrefraetionen 
für die Zusammensetzungsdifferenz CH, derselbe Werth ergibt wie für 
die Kohlenwasserstoffe, stellt sich diese Differenz dreimal so gross 
heraus, wenn man die auf unendlich lange Wellen bezüglichen Mole- 
eularrefraetionen untersucht. 

Dieser auf den ersten Blick befremdende Befund erhält eine Be- 
deutung von Interesse, wenn man sich auf den Boden der Mosorrı- 
Craussus'schen Theorie über die Constitution der Dielektrica stellt. 
Denkt man sich im Sinne dieser Theorie die Dielektrica bestehend aus 
kugelförmigen leitenden Partikeln, die in ein nicht leitendes Medium 
eingebettet sind, so würde der Ausdruck: 


a 
a 


den Bruchtheil des Molecularvolumens geben, der wirklich von Materie 
ausgefüllt ist, also das eigentliche Molecularvolumen. Freilich muss 
man manche missliche Hypothese bei dieser Deutung der fraglichen 
Formel in Kauf nehmen. Zunächst die von der kugelförmigen Gestalt 
der Molekeln. Einer Umrechnung der Formel auf anders gestaltete 
Molekeln würden bedeutende, wenn auch überwindbare rechnerische 
Schwierigkeiten entgegenstehen, da man schon bei der nächst ein- 


. 00 . a eh 
Lanporr u. Jaun: Molecularrefraction für unendliche lange Wellen. (51 


fachen Voraussetzung, dass die Molekeln die Gestalt von Rotations- 
ellipsoiden haben, auf die Lage derselben als für ihre Polarisation be- 
langreich Rücksicht nehmen müsste. Der theoretische Vortheil, den 
die so modifieirte Formel bieten würde, wäre aber ein minimaler, da 
die beiden anderen unserer Deutung zu Grunde liegenden Annahmen, 
dass die Dielektrieitätseonstante der leitenden Partikeln unendlich gross, 
die der nicht leitenden Materie dagegen, in die sie eingebettet sind, 
gleich Eins ist, auch unbeweisbar, die erstere nach den neueren Er- 
fahrungen gewiss nicht zutreffend ist. Es erscheint daher gerathener, 
vorläufig als erste Annäherung bei der einfachen Voraussetzung von 
Crausıus und Mosorri stehen zu bleiben. 

Danach würden alle Schlüsse, die wir früher bezüglich des dis- 
persionsfreihen moleceularen Brechungsvermögens gezogen haben, auch 
für das Moleeularvolumen gelten. Der Befund für die Alkohole wurde 
im Lichte der Mosortı-Öravusıus’schen Theorie so zu deuten sein, dass 
die die flüssigen Alkohole eonstituirenden Molecularaggregate aus drei- 
mal so vielen einfachen Molekeln bestehen als die Molecularaggregate 
in den flüssigen Kohlenwasserstoffen. Dieses Ergebniss deckt sich in 
der erwünschtesten Weise mit den Schlüssen, die Hr. Eörtvös aus den 
Kapillaritätsconstanten, Hr. Beckmann aus der Gefrierpunktserniedrigung 
der Alkohole in Benzollösungen gezogen hat. _ Der zuletzt genannte 
Forscher hat ferner gezeigt, dass in sehr verdünnten Lösungen auch 
die Alkohole eine vollkommen normale moleculare Gefrierpunkts- 
erniedrigung zeigen. Die in neuster Zeit von Hrn. Boury' ausgeführten 
Messungen über die Dielektrieitätsconstante einer verdünnten Auflösung 
von Alkohol in Benzol stehen damit in einer gewissen Überein- 
stimmung: es ergab sich für die Dielektrieitätseonstante des gelösten 
Alkohols der Werth 8, also angenähert der dritte Theil unseres 
Werthes. 


Für die Ester ergeben sich — offenbar wegen der geringen Be- 
ständigkeit dieser Verbindungen -— keine einfachen Beziehungen. Die 


Molecularvolumina der Acetate betragen nach unseren, mit Hrn. Terr- 
scnin’s Resultaten gut übereinstimmenden Messungen: 


Me ; Differenz 
Methylacetat ..... 54.306 Se 
Aethylaeetat.. . .... . 62.476 3 8 
Propylaestat %.....: 73.564 en 
Isobutylacetat ...... . 81.671 6% 
Amylaeetat 0... 86.352 er 


Während also für die beiden zuletzt angeführten Verbindungen 
die der Zusammensetzungsdifferenz CH, entsprechende Zunahme des 


! Comptes rendus, 114, 1421, 1892, 


758 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Molecularvolumens angenähert denselben Werth hat, wie für die Kohlen- 
wasserstoffe, ergibt sich für die Acetate des Methyl-. Aethyl- und Pro- 
pylalkoholes angenähert der doppelte Werth. 

Von einer weiteren Discussion der für die Molecularvolumina er- 
haltenen Werthe glauben wir wegen ihres hypothetischen Charakters 
vorläufig Abstand nehmen zu sollen. Wir hoffen darauf in einem 
anderen Zusammenhange zurückzukommen. 


. 


759 


Adresse an Hrn. WILHELM WATTENBACH 


zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubiläums 
am 20. Juli 1892. 


Hochverehrter Herr Gollege! 


en die Akademie Ihnen zur fünfzigsten Wiederkehr des Tages, 
an welchem Sie Ihre Gelehrtenlaufbahn vielversprechend eröffnet 
haben, die wärmsten Glückwünsche darbringt, darf sie vor allem 
auch der Freude Ausdruck verleihen, Sie wieder an der Stätte wirk- 
sam zu sehen, an welcher Sie einst Ihre Studien abschlossen. 

Diese Studien waren der auf der Schule eingeptlanzten Richtung 
gemäss vorwiegend philologischer Art und schienen gleich denen 
Ihrer Jugendfreunde, der Gebrüder Currıus, dem klassischen Alter- 
thum zu gute kommen zu sollen. In Ihren letzten Semestern hatte 
aber RankE durch seine Vorlesungen in Ihnen lebendigere Theilnahme 
für das Mittelalter erweckt, und diese Neigung veranlasste Sie, nach 
kurzer Lehrthätigkeit überzugehen in die Dienste der von G. H. Perrz 
geleiteten Monumenta Germaniae und damit die für Ihr ganzes wissen- 
schaftliches Wirken entscheidende Wendung zu nehmen. So wurden 
Sie von der aus den Freiheitskriegen entspringenden Bewegung für 
die Erforschung der deutschen Kaiserzeit ergriffen, um Selbst fortan 
einer der eifrigsten Förderer dieser Bewegung zu werden. 

Den grossen und staunenswerthen Arbeiten, welche die Stiftung 
des Freiherrn von Stem Ihnen zu verdanken hat, kamen einige be- 
sondere Vorbedingungen zu statten, die bei manchen Nachfahren leider 
nicht durchweg in gleichem Maasse vorhanden sind: gründliche Be- 
herrschung der lateinischen Sprache, reinliche philologische Methode 
in der Herstellung der Texte und Sicherheit im Lesen der Hand- 
schriften. Jenes beides ein Segen Ihrer Universitätsbildung, diess 
eine Frucht emsiger Übung, zumal auch auf einer erfolgreichen Reise 
nach Österreich im Auftrage von Perrz. Mit dieser hieng die in 
kritischer Hinsicht vielleicht hervorragendste Ihrer Editionen, die 
Entwirrung der Österreichischen Annalen, zusammen. 


Sitzungsberichte 1892. 67 


- . . 
760 Gesammtsitzung vom 21. Juli. 


Indem Sie nunmehr statt der Schule die Hochschule zu Ihrem 
Wirkungskreise wählten, empfanden Sie mit Ihren Zuhörern das 
Bedürfniss nach geeigneten Hülfsmitteln, Wegweisern einerseits für 
die sogenannten historischen Hülfswissenschaften, namentlich die Hand- 
schriftenkunde, andererseits für die Einführung in die Quellen des 
Mittelalters. Denn nur schwer vermag man sich heutzutage vorzu- 
stellen, durch welches unwegsame Gestrüpp sich damals der Forscher 
seinen Weg bahnen musste. Aus Ihren palaeographischen Übungen 
gieng ausser manchen anderen zweckmässigen Handhaben das »Schrift- 
wesen im Mittelalter« als eine reife Frucht vielseitigster Gelehrsamkeit 
und Erfahrung hervor; aus den Vorlesungen über Quellenkunde da- 
gegen »Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur Mitte 
des XIH. Jahrhunderts«, ein Werk, für dessen ersten Entwurf eine 
von Waıtz gestellte Göttinger Preisaufgabe bestimmend war. 

Durch dieses in wiederholten Auflagen allverbreitete treffliche 
Handbuch, in gefälliger Form die Quintessenz gleichsam der in den 
Monumenta Germaniae niedergelegten Arbeiten, das aber auch weit 
darüber hinausgreift, ist vornehmlich der Klang Ihres Namens in die 
weitesten Kreise gedrungen. Nicht minder im Auslande anerkannt 
und benutzt, hat es doch bei keiner der anderen Nationen eine ähn- 
liche oder ebenbürtige Leistung hervorzurufen vermocht. Von der 
Geschichtsschreibung aus gewinnen wir darin vielfach einen Ausblick 
auf die Geschichte des gelehrten Schulwesens überhaupt, und zahl- 
reiche eigene Untersuchungen haben die der Vorgänger allenthalben 
ergänzt. 

Neben jenen grossen Editionsarbeiten für die allgemeine deutsche 
Geschichte gab Ihnen die Stellung, welche Sie einige Jahre hindurch 
als Provinzialarchivar für Schlesien bekleideten, Veranlassung, sich 
der dortigen historischen Bestrebungen auf das wärmste anzunehmen, 
und Sie haben durch persönliche Anregung wie durch manche eigene 
Leistungen auf einem dafür empfänglichen Boden die fruchtbarste 
Nachwirkung hinterlassen. Keineswegs haben Sie ferner mit Ihren 
Studien auf die Jahrhunderte sich beschränkt, denen Ihre Geschichts- 
quellen gelten, vielmehr gerade das spätere Mittelalter verdankt Ihnen 
eine grosse Reihe werthvoller Bereicherungen. Abgesehen von Brief- 
stellern, Vagantenliedern und Ketzerakten, sowie von der bahn- 
brechenden Abhandlung von der Unechtheit der Österreichischen 
Freiheitsbriefe, sei hier vor allem der wichtigen Entdeckungen über 
die vielfach noch so dunkelen Anfänge des Humanismus auf deutschem 
Boden gedacht. Überall war es mehr das geistige als das politische 
Leben, welches zu erforschen Sie sich gedrungen fühlten, überall liess 
ein glücklicher Spürsinn Sie ungehobene Schätze an das Licht ziehen. 


r 
Adresse an Hrn. WATTENBACH. 761 


Längst hatte indessen nach Heidelberg die Berliner Hochschule 
Sie unter ihre berufenen Lehrer, die Königliche Akademie Sie unter 
ihre Mitglieder aufgenommen. Zwischen diese beiden Ereignisse fiel 
die neue Gestaltung der ursprünglich in Ihrem Geburtsjahre gestif- 
teten Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, die Verlegung 
derselben nach Berlin und ihre Verbindung mit der Akademie. Neben 
GEoRG Waıtz, der allen Betheiligten als der zur Begründung der 
neuen Ordnung der Dinge vorzugsweise bestimmte Leiter erscheinen 
musste, gab es ausser Ihnen niemand, der durch den Umfang und 
Werth seiner Arbeiten für die Monumenta Germaniae ein grösseres 
Anrecht auf maassgebende Mitwirkung in der verjüngten Central- 
direetion sich erworben hätte. Sie haben in dieser, und nunmehr 
recht eigentlich auch im Dienste der Akademie, Ihren alten Verdiensten 
stets neue hinzugefügt, und neben der Grundlegung für die Abthei- 
lung der Briefe namentlich in dem Neuen Archiv der Gentraldireetion 
und ihren Aufgaben ein vorzügliches Organ von hoher wissenschaft- 
licher Bedeutung geschaffen. 

An die dankbare Würdigung so grosser Verdienste kann die 
Akademie nur den Wunsch knüpfen, dass Sie dem deutschen Vater- 
lande, dem von je Ihre ganze Hingebung gegolten hat, Ihre Arbeitskraft 
noch lange in voller Frische widmen, dass Sie innerhalb wie ausserhalb 
unserer Körperschaft noch lange fortfahren mögen, anregend und be- 
fruchtend in dem bisherigen Sinne weiter zu wirken. 


Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften. 


Ausgegeben am 23. Juli. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


DR; 
WAS) 


r 
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InuhTs # h ei bat Ar (hin Li; 
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763 
1892. 
AÄXXIX. 
SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


28. Juli. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Monnmsen. 


Hr. Weser las die umstehend folgende Mittheilung: Über den 
väjapeya. 


Sitzungsberichte 1892. 68 


- Über den väjapeya. 


Von ALBR. WEBER: 


1. D:; Götter und die Asura, ‚Beide Kinder des Prajäpati, 
machten sich den Vorrang streitig. Die Asura, in ihrem Hochmuth 
denkend: »wem sollten wir opfern?« lebten, nur in ihre eigenen 
Mäuler opfernd, und gingen durch diesen Übermuth zu Grunde. Darum 
sei man- nicht übermüthig. Denn das ist der Anfang des Unterganges, 
der Übermuth. — 2. Die Götter aber lebten, je einander opfernd. Ihnen 
gab Prajäpati sich selbst hin, ward ihr Opfer; Opfer ist nämlich die 
Nahrung der Götter. — 3.. Sie sprachen: »wem von uns soll dies 


&gehören?« »mir, mir« riefen sie und kamen nicht zur Einigung. 
Nieht zur Einigung kommend sagten sie: »wir wollen hierüber einen 
Wettkampf anstellen‘. Wer von uns siegen, wird, dem soll dies ge- 
hören.« »So sei’s», sagten sie und stellten einen Wettkampf an’. — 
4. Da lief Brihaspati den Savitar um Gewährung an. Savitar ist 
nämlich der Gewährer (arbiter) der Götter. »Gewähre mir dies! von 
dir mit Gewährung versehen, möge ich dies ersiegen.« Da gewährte es 
ihm Savitar, der Gewährer. Mit Savitar’s Gewährung versehen, siegte 
er. Er wurde dieses Alles, er ersiegte dieses Alles. Denn er ersiegte 
den Prajäpati, und Prajäpati ist dieses Alles. Damit geopfert habend, 
stieg er auf zu dieser oberen Himmelsgegend’. Drum wer (so) weiss 
und wer nicht (so weiss), sie sagen (Alle): »Diese obere Himmels- 
‚gegend ist die des Brihaspati.« — 5. Und Alle, die da vormals mit 
dem väjapeya opferten, die stiegen hinauf zu dieser oberen Himmels- 
gegend. Aupävi Jänacruteya’ stieg (zuerst) von da wieder herunter. 


! Ajim ajamahaı. ® ajım äjanta. ® dem Zenith. 

* wohl zwei symbolische Patronymica, Aupävi von upävi, d.i. yvi-+ upa 
(s. Ind. Stud. 13, 55") appetens, »worauf zu fliegend«, »unternehmend« und Jänagru- 
teya von Jänacruti (cf. J. Pauträyana Chänd. 4, ı, ı) seinerseits aus janacruta »bei 
den Leuten bekannt«; wohl also zur Bezeichnung eines »Unternehmenden, Bekanntheit 
bei den Leuten Suchenden«, cf. den Väja Laukya im Cänkh. s. — Ein Upävi (nicht Au) 
Jänacruteya findet sich übrigens auch im Ait. Br. 1,25 vor, resp. eine Aussage von 
ihm, die er »upasadam brähmane« gemacht haben soll, dass nämlich auch eines häss- 
lichen grotriya Antlitz gleichsam verklärt wird (? vy eva jnäyate) und wie gesättigt 
strahlt (triptam iva rebhati). 


65* 


766 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 28. Juli. 


Seitdem steigen sie (Alle) wieder herunter. — 6. Damit opferte Indra; 
er ward dieses Alles, er ersiegte dieses Alles, denn er ersiegte den 
Prajäpati und Prajäpati ist dieses Alles. Damit geopfert habend, stieg 
er zu dieser oberen Himmelsgegend auf. -— 7 (ganz wie 5). — 8. Wer 
mit dem väjapeya opfert, der wird dieses Alles, der ersiegt dieses 
Alles. Denn er ersiegt den Prajäpati, und Prajäpati ist dieses Alles. — 
9. Da sagen nun (Einige): »man opfere nicht mit dem väjapeya. Denn 
es ersiegt alles dieses, wer mit dem väjapeya opfert, denn er ersiegt 
den Prajäpati, und Prajäpati ist dieses Alles. Er lässt (somit) hier 
gar nichts übrig, da möchte es denn seiner Nachkommenschaft sehlecht 
ergehen.« — ı0. Man möge aber doch damit opfern. Die da irgend 
dieses Opfer sö geordnet, nach rie, yajus und säman kennen, die Kun- 
digen, die mögen ihm zu (diesem) Opfer verhelfen. Denn dies ist doch 
die Vollendung dieses Opfers, dass Kundige Einem dazu verhelfen. 
Darum opfere man (doch damit). — ıı. Es ist dies ein Opfer für 
einen brähmana, weil (nämlich) Brihaspati damit opferte. Denn Brihaspati 
ist (repraesentirt) das brahman (sacerdotium), und (auch) der brähmana 
ist das brahman. — Und auch für einen räjanya, weil Indra damit 
opfert. Denn Indra ist (repraesentirt) das kshatram (imperium), und (auch) 
der räjanya ist kshatram. — ı2. Das räjasüyam (Königsweihe) ist 
nur für den König. Denn wer mit dem räjasüya opfert, wird König. 
Nicht fürwahr eignet sich ein brähmana zum Königthum. Niedriger 
aber ist das räjasiyam, höher das väjapeyam. — ı3. König wird 
man durch Opfern mit dem räjasüya, Allkönig durch das väjapeyam. 
Niedriger ist das Königthum, höher das Allkönigthum (sämräjyam). 
Es mag wohl ein König wünschen Allkönig zu werden; denn niedriger 
ist der König, höher der Allkönig. Nicht aber möchte ein Allkönig 
wünschen, König zu werden, denn niedriger ist der König, höher 
der Allkönig. — 14. Wer durch das Opfer mit dem väjapeya All- 
könig wird, der macht sich dieses Alles zu eigen 

So lautet in solenner, feierlicher Weitschweifigkeit der Eingang 
des fünften Buches des Gatapatha-brähmana. Und dieselbe Legende, 
obschon in erheblich kürzerer Form liegt auch in den übrigen brähmana- 
Mextensdes Yajurveda vor (Thr.ı,3,2,1. Kath. 14,5. Mate. 2. une 
so jedoch dass darin theils das saämräjyam’, theils das sväräjyam 
» die Selbstherrschaft« als das durch das väjapeya-Opfer zu erreichende 
Ziel hingestellt wird, wobei in Tbr. ı,3,9,2 diese Stellung dahin er- 
läutert wird, dass der väjapeya-Opferer vor Niemandem aufsteht, 


! ajım ayus Käth. Maitr., äjim adhävan Tbr. 

? er tritt resp. dadurch an die Spitze seiner Genossen »agram samänänäm pary- 
etic (I, 3, 3,2); — in 2,7,6, ı (cf. Käth. 37,6) wird der väjapeya resp. auch: sam- 
rätsava genannt. 


Weser: Über den vajapeya. 767 


na kam cana pratyavarohäti, sondern im Bewusstsein seiner hohen 
Würde sitzen bleibt, wenn irgend Jemand kommt!. 

Die Legende bezweckt offenbar für den rein weltlichen Vor- 
gang, der bei dem väjapeya-Opfer eine specielle Rolle spielt, für 
das Wettfahren”’ von ı7 Wagen dabei, einen mythischen, so zu sagen 
geistlichen Hintergrund zu gewinnen. Der Vorgang wird daher in 
die Götterwelt verlegt. Und weil es sich um ein Opfer handelt, 
welches sowohl von einem brähmana, wie von einem räjanya gefeiert 
werden kann, wird auch für die Göttersage eine doppelte Ersiegung 
des Prajäpati, der sich selbst als Opfer hingiebt, durch Brihaspati 
sowohl als durch Indra, die göttlichen Vertreter der beiden oberen 
Kasten, berichtet, obschon sie dort entschieden gar nicht hinpasst. 
Wo sonst von solchem Wettstreit um die oberste Stellung in der 
Götterwelt die Rede ist, pflegt stets nur Einer, wie dies ja auch 
naturgemäss ist, der Sieger, resp. der Oberste zu sein. Hier aber 
musste dem factischen Bestehen zweier oberen Stände, die Beide 
für ihre Angehörigen Anspruch auf die höchste Stelle machten, Rech- 
nung getragen werden. 

Dieses Factum selbst nun ist zunächst von hohem Interesse. Es 
bedingt für die betreffende Zeit, wo sich das Ritual für dieses Opfer 
bildete, einen Zustand der Dinge, wo es den brähmana bereits ge- 
lungen war, ebensogut wie die räjanya, die Glieder der zweiten 
Kaste, die höchste Stellung im Staate zu erlangen. König konnte 
nach Obigem kein brähmana werden, aber er konnte zu einer über 
die Königswürde hinaus reichenden Stellung gelangen, welche ihn 
geradezu als den Inbegriff aller Macht, »alles dieses«, ja allem 
Anschein nach auch als im Besitz der göttlichen Kraft des Prajäpati 
befindlich, hinstelltee — Wenn hierdurch die Stellung des samräj 
zu einer Art von geistlicher Würde zu werden scheint, so nimmt 
es Wunder, dass auch den räjanya die Erreichung derselben gestattet 
war. Sollte dies etwa als eine Concession anzusehen sein, welche die 


! das Sitzen auf dem Sessel ist auch in Cat. ı2, 8, 3,4 als Kennzeichen des samräj 
angegeben: äsandivad vai samräjyaı. 

®? im Ritual hier handelt es sich entschieden um ein Wettfahren mit Wagen, 
und scheint wohl auch in der Legende der Ausdruck: äjim aj (Ätmanepadam) so zu ver- 
stehen; desgl. der Ausdruck: äjim ayus oder äjim adhävan an den andern Stellen. 
Auch ist der Ausdruck äji selbst »das Treiben«. resp. »Antreiben« wohl an und für 
sich selbst auf ein Antreiben von Rossen hinweisend. Eigenthümlich freilich, dass 
es sich dabei stets nur um angespannte, nicht um gerittene Rosse zu handeln 
scheint; s. hierzu, resp. zur Stellung des Wagens und der Rosse im Veda überhaupt, 
Zimmer, altind. Leben p. 294 (1879). — GELpner hat neuerdings (ved. Stud. 2, ı) von 
der hübschen Legende gehandelt, wonach Mudgala seinen Stier und seinen Holzklotz, 
letzterer durch magische Kraft belebt, an einem solchen Wettfahren Theil nehmen liess 
und dabei siegte. 


168 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


schlauen brähmana den räjanya machten, um nur überhaupt zunächst 
selbst zu ihrem Ziele zu gelangen? 

Unsere vorliegenden brähmana-Texte sind sämmtlich in einer 
Zeit verfasst, in der man über die einfache Königswürde. weit 
hinaus war. Die Titulatur bei dem Ritual der Königsweihe m 
Aitareya Br. begnügt sich nicht mit den bereits genannten Titeln: 
König, Allkönig und Selbstkönig, sondern führt dazu noch eine ganze 
Reihe anderer Titel auf: räjyäya sämräjyäya bhojyäya sväräjyäya 
rairäjyaya pärameshthyäya räjyaya mähäräjyäya (Ait. ıbr: 
8,6."72.. Gänkh. er.uun; 76,137‘ Läty.. 3, 172, 8);ac£.V noch"eamnmg ya 
ädhipatyam gachati Paücav. 15, 3, 35. 

Speciell der Titel mahäräja, Grosskönig, kommt mehrfach vor, 
freilich nicht, wie hier beim väjapeya der Titel: samräj, resp: svaräj, 
als durch Opfer, sondern als durch Siege zu gewinnen, wie ;Indra 
dureh die Besiegung des vritra zum mahendra wurde." (Neben: ihm 
kommt auch. der Titel 'mahäbrähmana vor, s. Gat. 14, 5, 1,19.) i 

Eine weitere Steigerung ist die durch °pati: so stehen in Gat. 11,4, 
3, 10 neben einander: räjä räjapatih (Soma), samrät samrätpatil 
(Varuna), kshatram kshatrapatih” (Mitra), balam balapatih (Indra), 
äshtram räshtrapatih (Savitar). | 

Der Titel samräj scheint im Übrigen nicht durchweg die hohe 
Bedeutung zu haben, wie ‚hier im väjapeya-Ritual. Im Yäjnavalkiya- 
kända des 14. Buches des (at. br., einem ja allerdings sehr secundären 
Abschnitt des grossen Werkes, wird König Janaka von Videha in 
der Anrede als: samrä) bezeichnet, wobei denn wohl Courtoisie; 
höfische Etiquette anzunehmen ist. Ebenso aber freilich aueh schon 
in der älteren Fassung der betreffenden Legende in Gat. br.ı1,3, 
12:20. 12),102,59% 

Ein ganz besonderes Licht erhält nun aber der Titel samräj dureh 
die Angabe des Zweckes des väjapeya-Opfers bei Lätyäyana 8, 11,1; 
wonach nämlich derjenige mit dem väjapeya opfern soll.\'»den. die 
brähmana und die Könige voranstellen«, yam brähmanä räjänae ca 
puraskurviran. Von dem Titel: samräj (oder svaräj) ist hierbei gar 
nicht die Rede, und die »Voranstellung« wird nach Agnisvämin ein- 
fach dureh: püjä, mahat sthäpanam (sthänam?) » Ehre «, »hohe Stellung « 
erklärt. Und zwar ist dabei nicht etwa an die purodhä, Würde 
eines purohita, zu denken, da eine solehe in der Zeit, der Lätyäyana 
angehört, jedenfalls nur einem brähmana, der väjapeya aber auch dem 
kshatriya zukam. Auch pflegt in jenem Sinne sonst eben nur dieydhä 


118. (Qatar, 10514512017 2375,94, 98435 3, 17.074,51, eo ndieser) Titels wırdirauch 
Göttern gegeben, so dem Varuna Gobh. 4,25 dem Kuvera T. Ar. 1, 31,6 (15). j 
?2 cf. iran. kshathrapa, Satrap. | 


WeBER: Über den vajapeya. 769 


mit puras verwendet zu werden, während wir den Ausdruck puras- 
kurviran gerade bei Lätyäyana auch sonst noch in Fällen verwendet 
finden, wo es sich auch nicht um purodhä handelt. 

Nach Läty. 8, 7, 4 soll nämlich der mit dem brihaspatisava’ 
opfern, den »Brahmanen, die sich selbst König sind «, d.i. die ohne König 
leben’, »voranstellen«: yam brähmanäh svaräjänah puraskurviran, 
also etwa ein selbstgewählter Vorsteher einer bestimmten Gruppe von 
Brahmanen. Die gleiche Angabe findet sich auch bei Käty. 22,5, 29, 
wo jedöch die Lesart: saräjänah vorliegt, wonach es sich um eine 
Wahl durch »die Brähmana und den König« handeln würde. Und 
zwar wird nach Käty. der Betreffende nach der Art des väjapeya 
gesalbt (väjapeyavad abhishieyate) und erhält den Titel: sthapati®, 
d. i. dem Schol. zufolge: dharmasthäpaka »Oberrichter«:; er hat wie 
der väjapeya-Opferer das Vorrecht, dass er vor Niemandem aufzustehen 
braucht, sondern sitzen bleiben kann, wenn Jemand kommt. 

Unstreitig ist hierdurch eine hohe Ehrenstellung indieirt. Ja, 
nach der Angabe im Paücav. br: 17, 11, 5.6, wo der brihaspatisava 
als das Mittel bezeichnet wird, durch welches Brihaspati » leväanäm 
purodhäm agachat«, und dass auch jetzt noch, wer so weiss, puro- 
dhäm gachati, erscheint sogar für die Zeit dieses Brähmana der 
brihaspatisava in der That mit der purodhä-Würde verbunden. Und 
zwar wird er auch: da zugleich als: sthapatisava bezeichnet und 
für den bestimmt, yam sthäpatyäyä "bhishin ‚anti. "Auch im 
Catap. br. 12,8, ı, 7: 9.3 erscheint dieser Titel: sthapati’in hohen 
Ehren, und: als im Wese ntlichen wohl gleichbedeutend mit purohita. 

Indessen für die sutra-Texte se heine "n brihaspatisav: sowohl 
wie sthapati eine geringere Bedeutung zu haben. Der brihaspati- 
sava erscheint nämlich darin als in stetem unmittelbaren Connex mit 
dem väjapeya, als demselben sowohl vorhergehend wie ihm folgend 
er Raryeıa,n, 2 und Dhänamjayı ya bei Läty. 8, ı1, 12), kann somit, 
wie dieser selbst, s. oben, nicht bloss auf die brähmana und die 
Diesen Hukecntids slich zukommende purodhä: Stellung beschränkt 
sein. In der That giebt denn auch Käty. 22, 5, 1ı ausdrücklich 
drei Veranlassungen für den brihaspatisava an, bezeichnet ihn 
resp. als das Opfer für den, der entweder tejas,; oder |] brahma- 

varcasam, oder purodhä wünscht. ' Unter tejas, eig. » Schärfe « «, dann 
»Glanz« ist denn wohl däs gemeint, worum es sich hier handeit. —_ 
Ebenso ist auch der Titel sthapati nach Käty. 22, ıı, 8 nicht so- 


SH nach Äcval. er. 9, 9,1 ist der väjapeya für den ädhipatyakäma bestimmt, nach 


19 resp. für »Könige (der Könix steht vorän) und brähmana«; der König opfert 
Era mit dem räjasüya, der ‚brähmana mit En brihaspatisava. 
? yeshäm raja ne "she, Agnisvämin: at s. dazu schon Ind. Stud. 13, 203. 


770 Sitzung der philosophisch--historischen Classe vom 28. Juli. 


wohl für einen brähmanischen purohita, als vielmehr für denjenigen be- 
stimmt, »den die vie in Gemeinschaft mit dem König voranstellen« 
»saräjäno vico yam puraskurviran und der diese Würde mittelst 
des »gosava« erhält. Bei Läty. 9, 4, 22 wird er direct als ein vaicya 
bezeichnet; und braucht Läty.' ebenfalls wie Käty. auch hier wieder 
das Verbum »puraskurviran«. — Es wird endlich sthapati bei Käty. 
(1,1,12) sogar für einen Vorsteher, Häuptling der Nishäda gebraucht. 

Wenn es somit hiernach zum Mindesten zweifelhaft bleibt, ob 
die Stellung, welche dem Läty. sütra zu Folge dem väjapeya-Opferer 
zukommt, dieselbe Höhe einnimmt, welche die Yajus-Texte ihm als 
samräj, oder svaräj, zuweisen, und ob es sich dabei nicht vielleicht 
bloss um eine specielle, auf Wahl, auf Anerkennung besonderer Ver- 
dienste beruhende, Ehrenstellung handelt, so wird sich uns im 
Verlauf aus Läty. selbst auch noch manches Andere ergeben, was nach 
derselben Richtung hinweist. — Von der grössten Bedeutung aber ist hie- 
für eine Angabe im Qänkh. cr. s. 16, 17, 4, wonach der väjapeya nicht 
nur den beiden oberen Kasten, sondern auch den vaicya zukam, 
und dazu treten die sonstigen Angaben der Ritual- Texte überhaupt, 
die darauf hinführen, dass der väjapeya ursprünglich wohl nur eine 
volksthümliche Siegesfeier war, bestimmt für den, der, einerlei aus 
welcher Schichte des ärischen Volkes stammend, bei einem Wett- 
kampf, resp. Wettfahren, den Preis davontrug, den Sieg errang. 

Das Ritual gruppirt sich nämlich im Wesentlichen um folgende 
Punkte: ı. ein Wettfahren von 17 Wagen unter Gesang (Seitens des 
»brahman« genannten Priesters) und Paukenschall; — 2. Ersteigen 
eines auf einem Pfahle befestigten Wagenrades durch den Sieger (und 
seine Gattin!), ein symbolisches Hinaufsteigen zum Himmel; — 3. Sal- 
bung des von dem Pfahl wieder Heruntergestiegenen und Procla- 
mation desselben als Sieger, als Herr. 

Die Aufnahme dieser durchaus auf volksthümlicher Sitte be- 
ruhenden Vorgänge in das heilige Opferritual erscheint als eine ab- 
sichtliche Connivenz, die dann aber wieder im weiteren Verlauf durch 
neu hinzutretende rituelle Zuthaten in ihrer ursprünglichen Bedeutung 
immer mehr abgeschwächt ward, während das Opfer selbst gleich- 
zeitig dadurch auf ein höheres, geistliches Niveau gehoben wurde. Die 
Theilnahme der vaicya ward überhaupt beseitigt, und die ursprüng- 
liche Alleinstellung des Indra, als des kriegerischen Volksgottes der 
einwandernden Ärya, wurde durch die Nebenstellung und schliessliche 


\) er liest im Übrigen hier nicht wie Käty.: saräjänah, sondern svaräjänah, 
und Agnisvamin übersetzt dies hier nicht durch: yeshäm räjä ne ”shte »die sich selbst 
König sind«, sondern durch: einen eigenen König habend: yeshäm svo räjä. 


Weser: Über den väjapeya. 771 


Voranstellung, oder gar Alleinstellung, des Brihaspati, als des Ver- 
treters der brähmana-Kaste, modifieirt und ersetzt. 

Und zwar sind uns, wie mir scheint, die Spuren dieser einzelnen 
Entwickelungsstadien noch erhalten, s. im Verlauf. 

Zu ihnen gehört zunächst wohl schon die Angabe, s. Gänkh. 
15, 1,ı und Käty. 14, ı, ı, dass der väjapeya im Herbst »caradi« zu 
begehen ist. Die dem heissen, verzehrenden Sommer grishma' und 
der daran sich schliessenden Regenzeit folgende kühle Jahreszeit des 
Herbstes ist die Zeit sowohl für die Kriegszüge”, wie für solche 
kriegerische, ritterliche Wettkämpfe, wie sie das väjapeya-Ritual 
uns vorführt. — Die Angabe sodann bei Gänkh. ı5, ı, ı, dass der 
väjapeya für den annädyakäma, d.i. für »den, der Nahrungsfülle 
wünscht«, bestimmt sei. weiss von keiner Beschränkung auf die beiden 
oberen Kasten und giebt ein ganz allgemeines Bedürfniss als den 
Grund der Feier an. Es schliesst diese Angabe im Übrigen an den 
Namen desselben selbst an, der im Ritual durchweg durch: annapeya, 
wie väja selbst dabei regulär durch: anna, erklärt wird. In Wahrheit 
freilich ist diese Erklärung eine irrige, secundäre, und ist väja hiebei 
vielmehr noch in seiner alten Bedeutung: Kraft, Rüstigkeit auf- 
zufassen. Auch möchte ich bei peya nicht an Y pä »trinken« denken, 
denn von einem Trunk ist im Ritual des väjapeya nirgendwo die 
Rede, sondern an Ypä »hüten, schützen«, so dass hiernach väjapeya, 
ef. Ind. Stud. 17, 276, »Schutz«° oder »Weihe« der .Kraft« be- 
deuten würde, ein Name, der vortrefflich zu meiner Annahme passt, 
dass die Feier ursprünglich einfach eine Art Siegesfeier nach 
einem Wettkampf gewesen sei. 

Gerade übrigens dieses den ersten Theil des Namens bildende 
Wort väja selbst, welches in den Sprüchen des hergehörigen Rituals 
eine so hervorragende Rolle spielt, geradezu der dominirende Aus- 
druck darin ist, und zwar nicht in der Bedeutung: anna, die ihm 
die brähmana-Texte auch hierbei durchweg zutheilen, sondern eben 
in seiner Grundbedeutung: Kraft, Rüstigkeit, Raschheit‘, tritt von 


! von Ygras; oder ob von einem Desiderativ (*girsh) von ygar, verschlingen ? 

? däher, s. Ind. Stud. 1, 269n, der Name des Kriegsgottes Kärttikeya, der von 
kärttiki, Vollmondstag des kärttika-Monats (nicht von krittikä selbst) herzuleiten ist; 
— kärttika ist der erste Monat der carad. 

® auch in ritapeya scheint mir ypä »schützen« vorzuliegen, während z. B. in 
dacapeya ypä »trinken«. — Bemerkenswerth ist immerhin, dass in Tbr. ı, 3, 2,3 über- 
haupt von einer ypä abstrahirt, und das Wort väjapeya vielmehr an yap (äp) an- 
geschlossen wird: väjäpyo vä eshah, väjam hy etena devä aipsan; — das Wort väja- 
peya wird bald als Neutr., bald als Mascul. gebraucht, in letzterem Fall ist es eigentlich 
ein Adjectivum, zu welchem: yajna zu ergänzen ist, also: das Opfer, bei welchem der 
Schutz des väja stattfindet. 

* nach dem Pet. W. bedeutet väja (»eines Stammes mit ugra, 0jas, ojman, 


112 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 28. Juli. 


vornherein und unmittelbar - für das hohe Alter des hier vor- 
liegenden Festes ein. Es gehört nämlich, nebst allen seinen Ab- 
leitungen, das alleinige väjin »Ross« ausgenommen, ausschliesslich 
nur der Riksamhitä und den: Ritualsprüchen als lebendiges Wort 
an; die Prosa der brähmana-Texte verwendet es nicht mehr in selbst- 
ständiger Weise, und wird eben auch seine ursprüngliche Bedeutung 
darin nieht mehr verstanden‘. 

‚Die hohe Alterthümlichkeit des väjapeya-Rituals, auch in seiner 
gegenwärtigen Form, liegt im Übrigen auch somit noch klar zu Tage. 

Zunächst schön dadurch, dass die dazu gehörigen Sprüche fast 
alle, und: zwar in wesentlich derselben Reihenfolge, in den 
sämmtlichen uns bekannten Texten des Yajurveda aufgeführt werden?. 
Es finden ja, s. im Verlauf, einige Abweichungen hierbei statt, jedoch 
sind dieselben verhältnissmässig unbedeutend. — Auch die wenigen 
Formeln, welche in den Ritualtexten der anderen beiden Veda erwähnt 
werden (s. im Verlauf bei Gankh. und Läty.), stimmen dazu. Wie 
(lenn auch das dazu gehörige Rituäl selbst in allen vedischen Ritual- 
texten als wesentlich identisch sich herausstellt. 

Und wie der Textbestand und die Reihenfol&e der Sprüche, 
so weist auch neben dem Worte väja ihr sonstiger Wortschatz auf ein 
verhältnissmässig hohes Alter ihrer Entstehung selbst hin. 

Insbesondere tritt hierfür die hohe Stellung ein, welehe der: deva 
Savitar in ihnen, ‘wie in den älteren Ritualsprüchen überhaupt, ein- 


vajrac) 1. Raschheit, Muth; 2. Wettlauf, Wettkampf, Kampf; 3. Preis des 
Wettlaufes, Kampfpreis; 4. Gewinn, Lohn, werthvölles Gut; 5. nach den Comm. Speise, 
Opferspeise; 6 :Waässer; 7. nach Hem. Med. angeblich: Laut, Ton; 8. Renner, muthiges 
Ross;.9. Flügel; 10. Feder-Pfeil; ıı. n. pr. (der Beherzte, Muthige). Grassman fasst 
als Grundbedeukung: ı. Kraft, Stärke, rüsfige Kraft, Re gsamkeit, daneben be- 
sönders’ 3. Räschheit, 3. Kampf, 4. Wettläufe; s. hiezu schon V? äj. S. spec. 1,4-6, 
(1845)2° Ausser unserem: wach, w acker, lat. vag-us gehört wahl auch die deside- 
rative Bildung; vaksh, wachsen augen herzu, und lat. augeo, augustus scheint sich 
direct zu ojas, zu stellen und die samprasärana.- Form der W urzel (ug neben vag) 
zu repraesentiren. — Die »Schnelligkeit« scheint mir hier bei väja nicht in erster 
Linie zu betonen, da,sie in den Ritualsprüchen (Vs. 9, 7-9) durch: java vertreten ist. 

" zw Pänini’s Zeit war die ursprüngliche Bedeutiihe ‚des Wortes vaja schon so 
obsolet, dass .er 7,3, 38 das causale oder Ser vajay (Schol.: paksheus 


upaväjayatı als Causativ der yvä ansieht. re 


' das z. B. auch Kälidäsa kennt, der überhaupt mit Vorliebe obsolete, vedisch: 
klingende Ausdrücke verwendet;!’ch.: atitya harito harinc ‘ca vartante väjinah, a h, 


sapti I ‚.S.-Ind: Stud. 14,240, 241, 
IR KR SHITTS. GE FEN pr 3. Ra 3 1 9 Maite. 7, 1, Teros 
vs 9,.1032.5 Watap. or a= 2,2. Auch die Ätreyi cäkhä "behandelt in kända 10 den 


väjapeya, s. Ind. Std 12, 350; ihr Text liegt ja leider nicht vor. "Von der Kapishthala-S; 
fehlt leider in der einzigen bekannten Handschrift (in meinem Besitze ist, durch’ die 


Güte meines geehrten Freundes Wurttey Srokes, eine Copie davon) der entsprechende 
Theil,’ s: L.'v.-ScHRo£ver' ‚Maitr. ' Eihl: P. 30’ (1881). 


I.» 


Weser: Über den väjapeya. 719 


nimmt. Schon allein die in diesen ja allgemein solenne Formel, mit 
welcher der Priester jeden Handgriff ete. einleitet: »devasya savituh 
prasave« »mit Verlaub des göttlichen Savitar« nebst der dazu gehörigen 
Sequenz: »mit den beiden Armen! der beiden Aevin, imit den beiden 
Händen des Püshan« führt uns in die altvedische Zeit zurück, wo 
die beiden Aevin, die Genien des Frühmorgens, und mit ihnen Püshan, 
der Genius der’äbendlichen Heimkehr, welche im Verlaufe allmählich. 
je später je mehr, schliesslich 'völlig von der’ Bildfläche verschwinden, 
noch-im Vordergrunde des indischen Olymps standen. Aber ausser 
dieser Formel tritt der: deva Savitar hier im väjapeya-Ritual auch 
sonst wiederholentlich sehr entschieden als der Alles leitende? und 
regierende Genius, dem Götter wie Me nschen ünterthan sind; 
hervor. Wie wir in der Eingaängs-Legende sahen, Brihaspati sowohl 
als Indra, die beiden göttlichen’ Vertreter des brahman und’des kshatram 
wenden sieh an ihn, um seine Gunst für den 'äji, den sie vorhaben, zu 
erlangen. Nür in seinem »prasava« gelingt ihnen derselbe. Und gleich 
der exste Sprüch des väjapeya-Rituals (Vs. 9.1), der bei Beginn jeder 
einzelnen Ceremonie dabei zu wiederholen ist, giebt dieser Stellung 
des Savitar- Ausdruck, die dann aber auch im weiteren ‚Verl aufe der 
Sprüche darin noch mehrfach zu Tage tritt. 

Einen sehr alterthümlichen Eindruck macht sodann der en 
bei der Anschirrung der Rosse (Vs. 9,7): »sei es der Wind, oder ‘der 
Gedanke, oder die 27 Gandharva sie haben zu Anfang (der Dinge) das 
Ross angeschirrt, und Schnelligkeit hineingelegt. Es ist dies die‘ bis Jetzt 
älteste Erwähnung der 27 nakshatra, die hier offenbar unter den »2 78-« 
zu verstehen 'sind, s. meine Abh. über die Nakshatra 2, 278 8 (1860); 
und die als »die Vertreter des-rasehen Fluges ze die! sich ja 
nach ihnen regelt«, "hier als die Genien der Schnelligkeit überhaupt er- 
scheinen, dem Winde und dem Gedanken darin'zur Seite stehend. — 
Die Zahl‘ »27,« ‘welehe dem periodischen: Mondmonät entspricht, 


! dies ist eigentlich nicht ganz correct; da die beiden Acvin je zwei Arme, in 
summa also vier Arme. haben; ':oder hat man sich die Varstellung des Acvin - Paares 
etwa wirklich so zu denken, dass sie, wie die siamesischen Zwillinge, . zusammen, 
nur zwei Arme hatten? 

? der Dienst des Savitar, welcher die Zeug ungskraft der Sonne reßrae- 
sentirt- (speeiell die Abendsonne, wie es scheint; ‘sein Vehikel sind die cyävä gävah 
Nigh. 1,13). gehört, abgesehen von einigen schönen Liedern der Riksamhitä speciell 
den al pr üchen an, resp. der Zeit, in .derssich die alten, solennen Opferformeln 
bildeten.“ "Charakteristisch ist, dass ihm dabei stets das Beiwort: deva zur Seite steht, 
als 5öb nöch die appellative Bedeutung des Wortes: Savitar gefült würde. — 
Iın Catap. br. ist er bereits im Wesentlichen durch Pr ajapati ersetzt; »die pürve 
nahmen hier einen sävitra pagu, jetzt (etarhi) nimmt man einen präjäpatya,« heisst 
es12; 3,-5, 1. — Ein Rest der alten ritrellen’ Hoheit des Savitar hat sich nöch bis in 
die Neuzeit.-in-der heiligen gäyatri sävitri’erhalten. me 


un | 


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74 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 28. Juli. 


ist hierbei von besonderer Bedeutung; sie ist eben die älteste Form, 
in welcher die nakshatra in Indien erscheinen. 

Alterthümlich ferner ist die Nennuug des apäm napät in einem 
an die Wasser gerichteten Spruche (Vs. 9, 6° Känva, und in den 
übrigen Yajus- Texten). 

Auch das Ross dadhikrä, dadhikrävan (Vs. 9, 14. 15) ist alter- 
thümlich. Die betreffenden Verse gehören ja freilich dem Rik an (4, 40, 
4. 3); aber ihre Aufnahme in das Ritual ist denn doch wohl zu einer 
Zeit erfolgt, wo man noch, bis zu einem gewissen Grade, wusste, was 
damit gemeint war. Die ursprüngliche Bedeutung war ja freilich 
vielleicht schon dem Sänger des Rik-Liedes selbst (Vämadeva!) nicht 
mehr klar, der darunter eventualiter wohl nur ein mythisches, dahin- 
stürmendes Ross verstand, ohne zu ahnen, dass das Wort ursprünglich, 
sei es den durch den Milchflocken-artigen Morgennebel' dahin 
ziehenden (Ykram) Morgenwind, oder sei es die denselben zer- 
streuende (yYkir, krä) Morgensonne bedeutet. 

In alte Zeit sodann führt der schöne Spruch, mit welchem der 
Opfernde seiner Gattin zuruft: » Weib! komm! wir wollen Beide den 
Himmel ersteigen«, und ihre Antwort: »wir wollen B. d. H. erst.\« 
Dies ist ein ächt monogamischer Zug aus der patriarchalischen Zeit, 
wo Mann und Frau noch Beide »Herren des Hauses«, dampati, 
waren. 

Auch der Mangel specieller Systematik bei der Aufzählung der 
Götter in den ujjiti-Sprüchen (Vs. 9, 31-34) lässt sich als ein alter- 
thümliches Moment geltend machen, obschon gerade hier immerhin 
doch bereits Einiges der Art zu Tage tritt, und die ganze Aufzäh- 
lung selbst einen schematischen Eindruck macht. 

Dies Letztere gilt in gleicher Weise von der Aufzählung der ı2, 
resp. 13 symbolischen Monatsnamen (Vs. 9, 20), die jedoch immer- 
hin den sonstigen dergl., allerdings mehr meteorologisch -klimatischen 
Monatsnamen gegenüber als alterthümlich, jedenfalls als durchaus 
selbständig erscheinen, s. Naksh. 2, 349. 

Bei aller Alterthümlichkeit im Einzelnen gehört nun aber freilich 
das väjapeya-Ritual in seinem vorliegenden Bestande schliesslich denn 
doch in eine Zeit, in welcher die Trennung der Kasten, speciell 
der beiden oberen, eine vollständig fest geregelte war. Jeder 
derselben war ein besonderer Vertreter unter den Göttern und je 
ein besonderer unter dessen Tutel stehender Himmel beschieden, 
den brähmana Brihaspati und dessen Himmel, den Kriegern Indra 


! zu diesem ersten Gliede des Wortes (dadhi, dadhan) hat, ni fallor, M. MÜLLER 
den Namen des rasch dahinsiechenden Buhlen der Eos: Tithonos gestellt. 


WEBER: Über den väjapeya. 785) 


und dessen Himmel, wie wir dies letztere ja z. B. auch von der Nala- 
Episode her kennen. Nach Gänkh. hatten denn auch die vaicya ihre 
eigene Tutelargottheit und ihren eigenen Himmel, in den Marut und 
deren Himmel. Die Yajus-Texte wissen davon nichts; bei ihnen 
handelt es sich nur um die beiden oberen Kasten, und scheint das 
väjapeya-Opfer fast sogar eine Art Compromiss zu bedeuten, indem 
es eine Stellung, die noch über die des Königs hinausgeht, für die 
Mitglieder beider Kasten in Aussicht nimmt. Der bereits in einigen 
Liedern der Riks. hervortretende Zwiespalt! zwischen den Anhängern 
des alten Volksgottes Indra und des secundär an seine Stelle tre- 
tenden, speeiell nur die priesterlichen Geschlechter vertretenden Bri- 
haspati, erscheint hier gewissermaassen als geschlichtet. Beide sind 
zu denselben Ehren” gelangt und führen die Ihrigen zu denselben. 

Dass es sich hierbei um ein Epigonenthum handelt, scheint 
auch in der im Eingang angeführten Legende direet dadurch aus- 
gedrückt, dass vormals die väjapeya-Opferer direet zur ürdhvä die, 
d. i. zum Himmel, aufstiegen, seit Aupävi Jänacruteya aber beiderseits, 
mögen sie zu Brihaspati oder zu Indra gehören, von da wieder 
herabzusteigen gelernt haben. 

In Folge seiner ursprünglichen, auf einer volksthümlichen Sitte 
beruhenden, Grundlage hat das Ritual des väjapeya durch darauf be- 
zügliche Incorporationen allerhand ganz absonderliche Eigenthümlich- 
keiten, die es vor den gewöhnlichen soma-Opfern, zu denen es im 
Übrigen gehört, auszeichnen. Und dieser Umstand hat es sogar zu 
Wege gebracht, dass es in der secundären Entwickelungsstufe des 
indischen Rituals, die uns in den crauta-sütra vorliegt, geradezu als 
eine der sieben selbständigen Fundamentalformen, samsthä’, des 
Soma-Opfers aufgeführt wird, nach deren Norm die einzelnen, zu 


I wenn es Leute gab, die von Indra nichts wissen wollten (s. Riks. 2, ı2, 5. 
10, 108, 3), so wird von den Pajra (zu denen der kriegerische Kakshivant gehörte) 
direct berichtet (1, 190, 5), dass sie den Brihaspati nicht anerkennen wollten. — Brihas- 
pati ist eben im Rik ein neuer Gott (1, 190, 8), der sich dann allmählich als Ver- 
treter der priesterlichen Sangeskunst in die Stelle des alten tapferen Volks-Kriegsgottes 
Indra einnistet und dessen Thaten und Attribute auf sich nimmt, s. Riks. 2, 23. 24; 
cf. s. Rorn in ZDMG. ı, 72fg. (1846). 

® von alten Kämpfen um den Vorrang zwischen brähmana und kshatriya be- 
richten ja auch allerhand Sagen; ausser der von Vicvämitra und Vasishtha auch die 
von den Vaitahavya und Bhrigu, von Kärttavirya und Paracuräma ete. 

° s. Ind. Stud. 9,120, 121, 229, 230; 10, 352,353. .Es geschieht dies jedoch nur 
bei Gelegenheit der Aufzählung der 7 samsthä, nicht bei der Darstellung des Rituals 
selbst. In dieser nimmt der väjapeya eine ganz aparte Stellung ein, während die 
übrigen samsthä eben nur bei dem gelegentlichen Hinweis auf ihre Differenzen zur Er- 
wähnung kommen. Ein deutlicher Beweis dafür, dass eben der väjapeya von vornherein 
eine Opferfeier für sich war und erst ganz secundär zum Range einer samsthä auf- 
gestiegen oder, wenn man will, herabgesunken ist. 


776 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. Juli. 


verschiedenen Zwecken und mit verschiedener Ausstattung zu be- 
gehenden dergl. Opfer zu begehen sind. Auch werden dem ent- 
sprechend wirklich gelegentlich, ob auch nur selten, einzelne Tage 
eines mehrtägigen dergl. Opfers als nach der Norm des väjapeya 
zu feiern aufgeführt'. 

Zu.. den charakteristischen Eigenthümlichkeiten der väjapeya- 
samsthä gehört u. A., dass darin zu den zwölf castra, resp. stotra 
des agnishtoma”, zu den drei nach dem zwölften castra hinzugefügten 
aindrägnäni casträni des ukthya, und zu dem darnach noch beim 
shodaecin hinzutretenden shodacicastra, resp. näch demselben und 
vor dem sarpanam, noch als siebzehntes das väjapeya-castram und 
-stotram hinzutritt”. 

Die Zahl siebzehn spielt nämlich beim väjapeya überhaupt eine 
ganz hervorragende Rolle. Das Weihwasser für den Opfernden wird aus 
17 anna gemischt, — zu dem Opfernden werden, wenn er oben 
auf dem Opferpfosten sitzt, 17 üshaputa (Düten mit Salzerde) hinauf- 
geworfen, — der Opferpfosten selbst ist ı7 Ellen, aratni, hoch und 
mit 17 Gewändern umhüllt, — es werden ı7 somagraha, 17 surägisha 
hergestellt, — es giebt 17 dikshä (Weihe-Tage) dafür, — es kommen 
ı7 Pauken, dundubhi, zur Verwendung, — dem Prajäpati werden 
ı7 Hostien (pacu) geopfert, — die Rennbahn wird durch ı7 Pfeil- 
schussweiten (pravyädha) abgemessen, — 17 Selavinnen (vrishalyah) 
werden als Opferlohn gespendet und auch im Übrigen dient dabei 
die Zahl 17, 17 Xı7, oder 1700 als Norm, — endlich also giebt: es 
dabei auch ı7 castra und 17 stotra, sowie 17 ujjiti-Sprüche. 

Diese Stellung der Zahl 17 wird darauf zurückgeführt, dass der 
Opfernde durch den väjapeya (cf. die im Eingange angeführte Le- 
gende) den Prajäpati, der sich selbst als Opfer hingegeben hat, er- 
siegt. Prajäpati aber ist der »Siebzehner«, d.i. aus ı7 bestehend, 
oder der »Siebzehnte« (das Wort saptadaca bedeutet Beides). Durch 
Anwendung der Zahl 17 gewinnt man somit den Prajäpati. In der 
That scheint dies hier wirklich die wahre Bedeutung dieser eigenthüm- 
lichen Stellung der Zahl 17 zu sein. Bis auf Weiteres wenigstens weiss 
ich keine andere anzugeben. Weil der Opfernde die Stellung des sam- 
räj, resp. svaräj ambirt, tritt er gewissermaassen an die Stelle des Pra- 
Japati und nimmt daher an dessen Attributen Theil. — Die Zahl 17 
kommt im Übrigen auch sonst noch im Ritual vor, cf. 17 aksharäni 


' z.B. väjapeyah shashtham ahah Cänkh. er. 16,15,11; 17,1,6; — Käty. 21, 2,4. 

® nämlich fünf beim prätahsavanam (ein äjyam und ein praügam des hotar, 
und drei äjya der drei hotrakä), fünf beim mädhyamdinam s. (ein marutvatiyam und ein 
nishkevalyam für den hotar, drei nishk. für die drei hotrakä), zwei beim tritiyasavanam 
(vaigvadevam und ägnimärutam) für den -hotar. 

25. Katy. cr. Ss. P.832,1. 


are 


Weser: Über den väjapeya. DIR 


der 5. vyahriti. Qat..3,'5,:2, 175: 7— 17 sämidheni..Gat.. 6,,2;12,,8. 13, 
4, 4,15, —- 17 :paeu'madhyame.yüpe Gat..13, 2, 2,13. 5, 1,15, — 17 
ishtakä Cat. 8, 4, 3, 20, — ı7 rigbhih Gat. 9, 2, 2,6. Und in der Regel 
wird Prajäpati dabei als en saptadaca' bezeichnet. — Wie er 
dazu kommt, so zu heissen, wird auch mehrfach erklärt. So bei 
Cat. 1, 5,2,17 aus seiner Identität mit dem Opfer, welches seinerseits 
durch die ı7 akshara der 5 vyähriti repraesentirt wird; ebenso 12,3, 
3,3... E8:11,.6, 34,2. {ähnlich') wenigstens Cänkh. br. 16,4); — oder 
(Maitr. 1,11,6) dadurch, dass Prajäpati als identisch mit dem purusha 
auch dessen 17 Bestandtheile habe, nämlich: (1-4) catvary angäni, 
(5). eirogrivam, (6) ätmä, (7) väk saptami, (8-17) daca pränäh; — oder 
Prajäpati wird mit dem Jahr (samvatsara) gleichgestellt’, dieses aber 
besteht aus ı7 Theilen, den ı2 Monaten nämlich, und den 5 ritu 
8,4, 1, 11: 3, 20 (saptadacena samvatsarena prajäpatinä); — oder 
Prajäpati wird als präna gedacht, der als siebzehnter zu den 
ı6 akshara hinzutritt, welche durch die acht zweisilbigen kalä des 
Menschen: loman, tvac (resp. tuvae!) asrij, medas, mänsam, snävan, asthi 
gebildet werden 10,4, r, 16. 17.13, 2,2,13 (wo diese 8 kalä wegen 
ihrer 16 akshara geradezu als 16 kalä erscheinen). 

Bei der nachstehenden Darstellung des Rituals halte ich mich 
zunächst an die Yajus-Texte, speciell an die des weissen Yajus, 
obschon dieselben anscheinend die jüngsten sind. Sie enthalten 
aber jedenfalls die eingehendsten Angaben,’ und es lassen sich an diese 
die wichtigeren Abweichungen der übrigen, älteren Yajus- Texte, 
leicht anschliessen. An die Yajus-Texte schliessen sich dann die An- 
gaben aus dem Ritual des Rik und des Säman an. 

Wir beginnen nach Anleitung von Käty. 14, ı mit den allgemeinen 
Bemerkungen, die er der Darstellung der Einzelheiten vorausschickt. 

Der väjapeya ist (nur für einen brähmana oder kshatriya be- 
stimmt,) nicht für einen vaieya', und ist im Herbst, carad, zu begehen. 


! die brähmana-Texte lieben solche Aufzählungen. Aus ihnen ist, cf. Ind. 
Stud..9, 17-19, allem Anschein nach der Name der Sämkhya-Lehre hervorgegangen, 
insofern ‚dieselbe eben auch auf der Aufzählung einer bestimmten Zahl solcher 
tattva (25, resp. 26) beruht. 

?® diese Erklärung scheint mir im Ganzen für unser Opfer hier die geeignetste, 
da wir die Monate, und die Jahreszeiten nach ihnen, im Ritual speciell mit Sprüchen 
bogsche finden (s. Vs. 9,20), freilich für die ritu nicht 5, sondern 6 Sprüche! 

3 die detaillirte Darstellung des väjapeya im Äpastambasütra 18, 1-7 fehlt leider 
noch in GarzE's verdienstlicher Ausgabe desselben. 

* nach dem Schol. stammt dieser direete Ausschluss: eäkhäntarät, ergiebt sich 
aber doch zugleich auch: lingät, nämlich aus der in Catap. Br. (5, 1, 5, 2. 3) vorliegenden 
Alternative: atha yadi brähmano yajeta..yadı vä räjanyo yajeta; oder richtiger, was 
dem zu Grunde liegt, aus dem Umstande, dass nur für diese Beiden in der Samhitä 
entsprechende mantra vorliegen. 


718 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 23. Juli. 


Nach dieser gewissermaassen die Überschrift für das Folgende 
bildenden Angabe, wendet sich Käty. zu den, der hohen Bedeutung 
des väj. entsprechend reichlichen, einleitenden Vorfeiern und hinter- 
drein folgenden Nachfeiern. Die Angaben hierüber stimmen, mit 
einigen Differenzen, zu denen bei Lätyäyana (8, 11,12 fg.). 

2. Beiderseits (d. i. vorher und nachher) opfere man zwei weisse 
Monatshälften' hindurch (täglich) mit dem brihaspatisava”; — 2 oder 
(nur) mit einem einfachen jyotishtoma” (in der agnishtoma-Form); — 
3. oder (es finden beiderseits je) ı2 dergl. soma-Opfer (während des 
cuklapaksha statt); — 5. (wobei resp.) vorher an den ungleichen 
Tagen (1. 3. 5.7. 9.ı1.) die Feier nach der jyotishtoma-Form (vor 
sich geht, während) an den.anderen (gleichen Tagen, also 2. 4. 6. 


8.10.12) nach der Weise der prishthya-Tage; — 6. hinterdrein um- 
gekehrt‘; — 7. oder (man opfere beiderseits) mit den (7 oder 9 speciell) 
zum räjasüya gehörigen, ganz in der agnishtoma-Form gehaltenen 
soma-Opfern’; — 8. und zwar hinterdrein in umgekehrter Reihen- 
folge®. — 9. Alle diese pariyajna verlangen je eine besondere dikshä‘, 
da sie der Zeit nach differiren; — 10. (zum väjapeya selbst) gehören 


ı7 dikshä. 
Nunmehr erst kommt Käty. zu den Vorbemerkungen über die 
Feier selbst. Zunächst eine Anweisung über die Verwendung von VS. 9, ı. 
ıı. vor Beginn jeder yajati-Ceremonie vollzieht er (der adhvaryu) 
einen homa mit dem Spruche®: 


! es bleibt unklar, ob man beide Male je zwei Monatshälften lang dies thun 
soll, oder ob es sich nur um je eine Monatshälfte vorher und nachher, also um in 
summa zwei dergl. handelt. 

® dies ist, nach Läty., die Ansicht des Dhänamjayya (jedoch ohne Angabe eines 
Termins), s. im Verlauf. 

® dies ist, nach ibid., die Ansicht des Cändilyayana, und zwar unter Ansetzung 
eines monatlichen Termins davor und danach. j 

* und zwar ist dann (nach dem Schol.) auch die prishtha - Reihenfolge umgekehrt, 
beginnt mit dem trayastrinca (stom., schliesst mit dem trivrit). 

° pavitra, abhishecaniya etc. 

6 mit jyotishtoma anfangend (mit pavitra schliessend). 

” Weihe; resp. dikshä-Tag; die ydiksh fasse ich als eine Art Intensiv von 
ydaksh im Sinne von: »sich wofür tüchtig, geeignet machen«; ef. ips neben aps (apsas), 
jnips neben *jnaps, ic neben ag, ir (id) neben ar. 

® dieser Spruch findet sich in allen Yajus- Texten am Beginn der väjapeya- 
Sprüche. Er ist in durchaus alterthümlicher Sprache abgefasst, ef. den Singular 
gandharvah, und die Wörter keta und ketapüh. Der Schlusssatz ist im obigen Text 
verderbt, obschon die Lesart »väjam« auch im Catap. Br. 5, ı, ı, ı6 festgehalten und 
durch: annam erklärt wird. Der weisse Yajus hat hier eben (und zwar in der Känva 
wie in der Mädhyamdina-Schule), dem väjapeya und dem in den Sprüchen desselben 
dominirenden Worte väja zu Liebe, dieses letztere in den Text genommen, statt des zu 
väcaspati und zu svadatu allein passenden »väcam«, welches die übrigen Yajus- 
Texte sämmtlich haben (väcam adya svadäti nah; auch svadatu ist jünger als 
svadäti): » Väcaspati mache süss unsere Stimme«. — Es könnte immerhin sein, dass 


Weser: Über den väjapeya. 1779 


Vs. 9, 1 Gott Savitar ! fördere das Opfer ! fördere den Opfernden zum 
Glück! Der himmlische Gandharva, der das Denken reinigt, reinige unser 
Denken! Väcaspati mache süss unsern »vdja« ! Svdhd. 

ı2. (jedoch findet diese ähuti) beim Beginn der dikshä (apsu- 
dikshä ete.) nur einmal statt, da die ganze betreffende Ceremonie eine 
Einheit bildet; — ı3. auch beim Soma-Kauf, beim Anfassen der vedi, 
beim Aufsetzen des pravargya (-Topfes), beim Vorführen des Feuers 
und bei (einigen anderen Vorgängen) vor dem sutyä&-Tage ist (stets 
eine solche ähuti mit jenem Verse darzubringen), da es eben von 
einander verschiedene Vorgänge sind. 

Es folgen die Angaben über die Beschaffung der surä, die hier 
neben dem soma zur Anwendung kommt!'. 

14. Zugleich mit dem soma-Kauf findet auf der rechten Seite, 
und zwar für Blei, der Kauf der parisrut statt, wobei ein Lang- 


haariger als Verkäufer fungirt; — 15. oder es werden (auch nur) die 
dazu gehörigen Stoffe gekauft; — 16. beim Herumfahren (des soma wird 
die parisrut oder die Stoffe dazu) hinterdrein gebracht; — 17. hierauf 


bringt sie der neshtar durch die rechte Thür (in den Opferschuppen, 
vimitam), kocht sie (wenn sie noch nicht fertig ist) im dakshinägni 
und stellt sie (sodann) auf die hintere Seite (der cälä). — ı8. Nach 
Herstellung des Erdaufwurfes (khara, für die somagraha, um sie darauf 
zu stellen, macht der adhvaryu hierauf)” an der Stelle, wo die näräcansa- 
Becher” hinkommen sollen, noch einen (zweiten khara, für die surä- 
graha); — 19. (und) auf der rechten Seite (des havirdhäna) macht er 


eine Verbindung (kleine Verbindungsthür). 


auch dieser Wortlaut absichtlich sö gewählt ist, um an väja, resp. väjapeya, zu 
erinnern (wie denn ja die väc, vielleicht auch eben deshalb, auch noch an anderen 
Stellen der väjapeya-Sprüche wiederkehrt). Aber er begeht doch wenigstens nicht die 
Geschmacklosigkeit, den väja mit dem väcaspati direct in Bezug zu bringen. — Es liegt 
hier im Übrigen auch noch eine andere Eventualität vor. Der Väcaspati nämlich, im 
Catap. durch: Prajäpati erklärt, und in dieser Stellung jedenfalls nicht zu den alten, 
sondern zu den modernen Göttergestalten des Veda gehörig, bedeutet hier etwa 
nür appellativisch den »Herrn der Stimme, der Rede«, und man fühlt sich versucht bei 
der Dreiheit: yajüa, keta und väc an die alt-ärische ethische Dreiheit: manas, 
väc, karman (hier resp. karman voran!) zu denken, als in diesem Eingangsverse 
des alten Opfers, mit je ihren göttliehen Vertretern, an die Spitze gestellt. 

' die surä& ist ein weltliches, berauschendes Getränk (parisrut, wohl: über- 
schäumend?), welches aus frischen Halmen von Reis und Gerste, gerösteter Gerste 


und einer Art Hefe (nagnahu) hergestellt ward, s. Ind. Stud. 10, 350. — Der »Lang- 
haarige« in ı4 ist nach Einigen ein Eunuch (shandha), der die Haare lang trägt, 
wie die Weiber; — die surä ist für die am Wettfahren Theil nehmenden räjanya 


bestimmt; ursprünglich waren eben wohl diese (nicht die Brahmanen) die eigent- 
lichen väjapeya-Opferer, etwa unter Anschluss besonders tapferer, ritterlicher vaicya. 
? pürvedyuh Gat. 5, ı, 2,15 d.i. am Tage vor der sutyä. 
In Studro,5378.0380. 


Sitzungsberichte 1892. 69 


780 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


Hieran reihen sich Bestimmungen über den Opferpfosten, yüpa. 
20. Die Umhüllung des Opferpfostens geschieht zu der Zeit, wo der- 
selbe (mit der racanä) zu umgürten ist, durch 17 Gewänder (Zeug- 
stücke); oder es kann auch eine Ein- und Aufknüpfung derselben 
stattfinden; — 21. (und zwar entweder bloss beim agnishomiya-pacu) 
oder am anderen Morgen bei (allen) savaniya' (-pacu); — 22. der 
Opferpfosten muss eine etwas ausgehöhlte, aber platte Spitze haben, 
(damit der Opfernde bequem darauf sitzen kann, s. im Verlauf), und 
einen aus Waizenmehl gemachten Radkranz. | 

Es folgen noch einige weitere allgemeine Bestimmungen: 

23. bei Beginn der soma-Pressung” legen die dabei Beschäftigten 
und der Opfernde goldene Kränze’ an, 24. (nicht eher,) weil erst 
der sutyä-Tag (speciell) den Namen (väjapeya) führt, — 25. nach Be- 
lieben (jedoch auch schon früher) bei allen (vorhergehenden) Vorgängen 
(Wahl des Opferplatzes ete.), weil (auch sie) ohne Unterschied (zum 
väjapeya gehören). 

26. Zu der Zeit, wo die ekadhana-Krüge‘ (in die Mitte des havir- 
dhäna) hereingebracht werden, bringt der neshtar durch die hintere 
Thür auch die surä herein und setzt sie auf den für sie bestimmten 
khara nieder; — 27. durch die (kleine) Verbindungsthür (s. ı9.) schafft 
er sodann die Becher dafür herbei und reinigt danach (die surä) in 
einem (grossen, aus paläca-Holz gefertigten) Gefässe mittelst eines 
aus (Kuh- und Pferde-)Haaren bestehenden Siebes. 

Hiermit sind die allgemeinen Bestimmungen absolvirt, und geht 
Käty. nunmehr zur Schilderung der einzelnen Vorgänge am sutyä- 
Tage über, soweit dieselben dem gewöhnlichen soma-Ritual gegen- 
über Neues enthalten. 

Zunächst handelt es sich (1, 23 —2,ı0) um die graha, d.i. mit 
soma zu füllenden Becher, bei der Früh-Pressung. 

28. Beim prätahsavana treten zu den (drei) atigrähya und zu 


dem shodacin (graha) noch fünf aindra (graha) hinzu; — 2, ı mit 
den Sprüchen: dhruvasadam (Vs. 9, 2-4) je Spruch für Spruch; — 2, 2 


der homa (der fünf aindra) geschieht wie bei den atigrähya.’ 

9,2“ Dich, der du im Festen, bei den Männern, im Geiste sitzest, — 
* du bist mittelst der Unterlage (d.i. mit dem Schöpflöfel) geschöpft, 
ich schöpfe dich als einen dem Indra lieben; — “ dies ist dein Platz ; 
als einen dem Indra sehr lieben (schöpfe ich) dich; — * Dich, der dw ün 


15 8. Ind,sStudin0,,3470348! 

® sutyadau könnte auch heissen: bei der sutya u. s. w. 

® Kränze von goldenen Blumen. 

ns: Ind: Stud. 10,353.,370.7381. 386. 

5 d.i. dem Schol. zufolge: nach dem mähendra, also erst beim mädhy. savana. 


Weser: Über den vajapeya. 7s1 


Wasser, im ghrita, in der Luft (vyoman) sitzest, — 7 wie ®°; — * Dich, 
der du in der Erde, im Luftraum, im Himmel, bei den Göttern, im ndka 
(in der Himmelswelt) sitzest; — " wie ” 


9,3%. Den Kraft (vayas) ausströmenden(?) Saft der Gewässer, den 
in die Sonne gestellten‘ Saft des Saftes der Gewässer, den sehöpfe ich 
Euch als den Besten; — wie 2”. 

9, 4°. Ihr mit Kraft (ürjä) geopferten graha! die ihr dem Sänger 
die Andacht stärkt, von Euch, die ihr mit vollen Kinnbacken zu ‚schlürfen 
seid”, habe ich Saft und Kraft concentrirt; — wie 2”. 

Hier stehen wir vor verschiedenen Differenzen und Schwierig- 
keiten. Was zunächst die Väjasaneyi-Samhitä, den ältesten Text 
des weissen Yajus anbelangt, so erklärt Mahidhara die obigen Sprüche 
dahin, dass in 2 die Sprüche für die ersten drei aindra graha, in 
3 die für den vierten, in 4 die für den fünften enthalten seien. Und 
der Redacteur der Vs. muss dies wohl auch sö aufgefasst haben, 


da er 2" nieht nur in 2“ und 2, sondern auch in 3” und 4” 
>) u 


wiederholt. Aber der Wortlaut der Sprüche 3° und 4* ist gegen 
eine solche Verwendung derselben. Ihm zufolge ist vielmehr (aller- 
dings ist dann 3” 4” als spätere, redaetionelle Zuthat anzusehen!) 


A sındaan direse 


a 


2° für drei graha? bestimmt, aber 3.4 (resp. 3 
Rs graha gerichtet. 

Im Gatap. Br. sodann, dem zweit-ältesten Texte des weissen 
Yajus wird (5, ı, 2, ı), den »bekannten« (prajnäta) ägnishtomika 
graha erst noch ein ancu’-graha vorausgeschickt, der, wie es scheint, 
aus einer veritablen soma-Ranke besteht, und Säyana beruft sich 
dafür auf Äpastamba, wonach »der adäbhya (-graha) von Einem, 
der Feinde hat, der ancu von Einem, der etwas zu werden (oder: 
der zu gedeihen) wünscht, darzubringen ist, Beide resp. ausschliess- 
lich dem »väjapeya, räjasüya und dem sattra« zugewiesen werden. 
Nach dem ancu folgen dann also die üblichen ägnishtomika graha’, 


! etwa um dadurch destillirt, abgeklärt, gereinigt zu werden? 

2 ? vigipriya Pet. W. (im Anschluss an Säyana zu Ts.1,7,12, p. 1057 ed. 
RoEr: cipräni hanusthäniyäni päträgräni, tair upetäl!] vicipriyah: »ohne Backen- 
stücke, ohne Handhabe an den Seiten, von den Somabechern«; — wohl aber eher: 
»über die Kinnbacken hinausströmend, sie überfluthend«. 

> dieselben betreffen die Vertheilung des soma über die Dreiwelt: Erde, Luft, 
Himmel; jedoch werden in dem dritten Spruche Erde und Luft nochmals aufgeführt, 
und der Himmel ist durch drei Bezeichnungen vertreten. 

* der angu ist nur für einen »Bekannten«, »Lieben«, (dem adhvaryu) »an anüıkta, 
d.i. an durch mündlichen Unterricht gewonnener« Einsicht, Gleichstehenden 
(Cat. 6, 6, 1, 14), resp. für einen »avakäcya«, s. Ind. Stud. 10, 127. 150, und zwar 
speciell beim sahasra, beim sarvavedasa, beim viecvajit yeim vajapeya, 
räjasüya, und bei einem sattra — zu schöpfen. 

° nach Säyana: upäncu, antaryama 2, aindraväyava 3, maiträvaruna 4, äg- 
vina 5, gucrä-marothinau 6.7, ägrayana 8; hierzu s. Ind. Stud. ı0, 371. 373. 


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782 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


danach die »prishthya«, d.i. die atigrähya', der shodaein, und 
fünf »väjapeyagraha«, an welche die obigen fünf Sprüche in der- 
selben Weise wie in Vs. und bei Mahidhara vertheilt werden, und zwar 
sö, dass der Text die drei ersten graha als die drei Welten, den 
vierten als den väyu, den fünften als den Saft ersiegend bezeichnet, 
jedenfalls eine wenig logische Gruppirung, welche, zudem, ebenso 
wie die Zutheilung in Vs., den Wortlaut der Sprüche ganz ausser 
Acht lässt. 

Bei Kätyäyana endlich fehlt (wie in Vs.) der ancu, und die im 
Cat. br. gebrauchten Namen: prishthya und väjapeyagraha sind durch 
atigrähya und aindra ersetzt. 

Gegenüber diesen im weissen Yajus selbst vorliegenden Diffe- 
renzen sind sodann für die übrigen Yajus-Texte noch weitere Differenzen 
zu constatiren. 

In "Ts. zunächst liegen; diese Sprüche erst’(1, 7,.12) hinter-den 
ujjiti-Sprüchen, die in Vs. (9, 31-34) den Schluss der väjapeya-mantra 
bilden, vor, erscheinen somit direet als Nachtrag, zeigen überdies 
sehr erhebliche Varianten im Wortlaut, sind aber im Übrigen auch 
in derselben Weise vertheilt, wie in Vs. (unter Umstellung jedoch 
von Vs. 9, 3 und 4), so dass es sich auch hier um fünf graha 
handelt. Auch der dazu gehörige Commentar in Tbr. ı, 3, 9 markirt 
sich ebenfalls von vornherein dadurch als ein Nachtrag, dass er 
nieht an der Stelle steht (1, 3, 3), wo die atigrähya behandelt 
werden, deren daselbst übrigens fünf sind’, sondern eben auch 
erst,ameSchlusss(n..3, 9). Im kalpa sodann, d. i. in Bodhä- 
yana’s crautasütra, wie er bei Säyana zu Ts. ı, 7, ı2 vorliegt (ed. RoEr 
p: 1055) werden die fünf graha zwar auch als aindra, zugleich 
aber als atigrähya bezeichnet, sodass die drei atigrähya des weissen 
Yajus ganz ausfallen (der kalpa bestimmt ausdrücklich, dass diese 
fünf aindra atigrähya auf den ägrayana folgen). Vom ancu ist 
hierbei keine Rede. Ebenso wenig vom shodacin. Nach den fünf 
aindra atigrähya folgen vielmehr unmittelbar die dem Prajäpati 
geweihten siebzehn somagraha und darauf die surägraha. So 
wenigstens nach Tbr. ı, 3, 3 und nach dem kalpa dazu bei Säyana 
zu Ds. 1,7, 122 1(RorR,"p.1058).. Kurz’ vorher jedoch zu Rermarar 
(RoER, pP. 996) findet sich die Angabe, dass der shodacin zwischen 
die 17 somagraha und die ı7 surägraha einzuschieben ist. 


' prishthastotrasambhavah prishthyah, prishthyashadahe pratidivasam ekaikasya 


vigvajiti sarvajiti cai 'kähe grahanät prishthyasamjnä, Säy.; cf. Cat. 4, 5, 4, 2-13, wonach 
dieselben für die Trias: agni, indra, sürya bestimmt und mit Vs. 8, 38-40 (varcas, 
ojas, bhräjas) zu celebriren sind, s. Käty. ı2, 3, ı. 2 Ind. Stud. 9, 235. 

® nicht drei, s. Säyana im Com. zu Ts.ı,7,7 ed. Rorr p. 995. 


= ” ae mQ« 
WEBER: Über den väjapeya. (83 


Auch’ in 'Maitr.ı, ı1, 4 stehen die Sprüche Vs.9, 2-4. erst’ am 
Schluss der väjapeya-mantra (hinter Vs. 9, 30, die ujjiti-Sprüche fehlen 
dort, stehen resp. erst noch später, ganz am Schluss in ı 1, ı0), und 
zwar stimmen sie in Eintheilung und Wortlaut! wesentlich zu Ts. und 
Tbr., so dass sie offenbar auch da zu den fünf atigrähya graha gehören. 
Das Ritual über die atigrähya, in dem übrigens auf diese Sprüche 
nicht refleetirt wird, steht daselbst (11,9) erst hinter dem Aufsteigen 
auf den yüpa (11,8) ete. | 

Ganz das Gleiche gilt denn auch von Käth. 14, 3. Die Vs. og, 2-4 
entsprechenden Sprüche stehen am Schluss der väjapeya-mantra, 
zwischen Vs.9, 30 und 31; der Wortlaut und die Vertheilung der 
mantra ist identisch mit Ts. und Maitr., doch zeigen sich auch hier 
wieder mehrere Varianten”. Und die zu den atigrähya gehörigen 
rituellen Angaben in 14, 9 stehen ebenso wie in Maitr. erst nach 
denen, die sich auf das Aufsteigen auf den yüpa beziehen (14, 8) und 
nehmen auch ebenso wenig Bezug auf die in Rede stehenden Sprüche. 

Nach allem dem kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, dass 
es sich hier um eine zwar wohl aus alter Zeit her stammende 
Spruchgruppe (däfür tritt eben doch die wesentliche Gleichheit des 
Wortlautes, sowie wohl auch das alte, in Maitr. Käth. freilich miss- 
verstandene Wort: vieipriya ein) handelt, aber dass das Ritual, zu 
welchem dieselbe in Bezug gesetzt wird, nicht ebenso alt, vielmehr 
noch im unfertigen, werdenden Zustande begriffen und erst secun- 
där zu derjenigen Stufe gelangt ist, die uns im weissen Yajus vor- 
liegt. — Die Angabe Käty.’s, dass der »homa« der fünf aindra: 
atigrähyavat, d. i. erst nach dem mähendra (graha), resp. bei dem 
mädhyamdina savana zu erfolgen habe, scheint noch eine Reminiscenz 
daran zu enthalten, dass die 5 aindra ursprünglich die hiesigen 


atigrähya selbst sind. — Uber die Differenz zwischen dem Wortlaut 
resp. Inhalt der Sprüche und ihre Vertheilung kommen wir freilich 
auch sö nicht hinweg. — Alterthümlich bleibt immerhin, dass die 


5 graha speeiell an Indra (nicht an: Brihaspati) gerichtet sind. 
Käty. wendet sich nun zu den ı7 soma- und surä-graha (2, 3): 


3. siebzehn andere (somagraha schöpft der adhvaryu); — 4. eben- 
soviel surägraha der neshtar; — 5. das Schöpfen (findet) abwechselnd 
(statt), — 6. die Becher dürfen (dabei) nicht über die Achse (des 


Wagens, auf dem die beiden Stoffe herangefahren sind) hinauskommen ; 
— 7. der adhvaryu hält sie je über, der neshtar je unter die Achse, 
mit dem Spruche (Vs.9, 4°): sampricau, — 8. und mit dem Spruch: 


! mit einigen erheblichen Varianten jedoch (auch von Ts.); so z.B. statt vigip- 
riyanam hier vielmehr: vicienänäm. 


2 


* statt vicipriyanam hier resp.: vicienyanam! 


784 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


viprieau (9, 4°) nehmen sie (graha für graha je) an sich (heran, um sie 
je auf ihren khara niederzusetzen). 

9,4“. ihr Beide seid vereinigt; vereinigt mich mit Heil (bhadrena); — 
Ihr Beide seid getrennt. Trennt mich vom Unheil (pdpmand). 

Es entspricht dies genau der ausführlichen Darstellung im Ga- 
tap. 5, I, 2, 10-18, wo beide Säfte, soma wie surä, als dem Pra- 
jäpati gehörig bezeichnet werden,' der soma repraesentirt das Wahre, 
das Heil (erih), das Licht, die sur& das Unwahre, das Unheil (päpman), 
die Finsterniss. Beide sind zu ersiegen. Sprüche beim Schöpfen 
werden hierbei nicht angeführt. — Anders im schwarzen Yajus. In 
Asır,.7., 12% zunächst steht. limtersrden‘ dert “für ‚die, fünf ande: 
atigrähya bestimmten Sprüchen noch ein Vers: ayä vishthä janayan 
karvaräni .., der zwar nicht aus Riks. oder Vs. aber doch anderweit 
bekannt ist,” und der dem kalpa zufolge (Roer p.1058) für die sieb- 
zehn präjäpatya somagraha bestimmt ist. Die surägraha gehen auch 
hier leer, ohne Spruch, aus. Im Tbr., welches eingehend von den 


e 


ı7 somagraha und den ı7 surägraha handelt, und auch die Sprüche 


de 


Vs. 9,4°° dabei anführt, ist von »einer ric«, mit welcher die 17 
ersteren geschöpft werden, nur eben sö die Rede, ohne dass sie 
speciell aufgeführt wird. Nach Säyana aber zu Ts.ı, 7, 7 (RoEr p. 995), 
wo Tbr. ı, 3, 3 erklärt und die ric auch mit ihrem pratikam (ayä 
vishthä) genannt wird, dient diese Erwähnung dazu, zugleich auch 
eine zweite rie: »kuvid anga« als: vishayaviceshena vyavasthitä 
zu markiren. Diese zweite rie, in welcher von Gerste die Rede® 
ist, möchte denn also wohl für die surägraha bestimmt sein? Und 
so finden sich denn auch in der That beide rie in Käth. 14, 3 nach 
einander (mit je hinzugefügtem sädanamantra-Paar), hinter den fünf 
atigrähya-Sprüchen vor. Ebenso in Maitr., wo indessen die rie: kuvid 
anga voran steht, was gegen ihre Verwerthung für die surägraha 
zu sprechen scheint (ayä vishthä ist daselbst nur im pratika auf- 
geführt, nicht voll’, während kuvid anga vollständig). Auch frägt 
es sich denn doch, ob die Connivenz gegen das weltliche Getränk 
(soma ist Speise der Götter, surä der Menschen, heisst es in Thr.ı, 3,3) 
sö weit gehen durfte, dass man das Schöpfen desselben mit einer 
heiligen rie begleitete? Was soll dann aber die zweite ric? Für 
die somagraha genügt eine. — Das Ritual selbst ist wohl allseitig 


' da der Opfernde Alles ersiegt, muss er auch das Böse ersiegen, resp. sich 


unterthan machen Catap. 5, 1, 2, 10. 
? s. Ath.7,3,1. Käth.9, 6. Käty. 25,6,10 (voll aufgeführt, also gäkhäntarät). 
Cankh.' 5,17, 2: 
® kuvid anga yavamanto yavamcid. 
* liegt wohl schon vorher in Maitr. vor? cf. Käth, 9, 6. 


WeEBER: Über den väjapeya. 185 


dasselbe. Säyana zu Ts. ı, 7, 7 p. 997 führt resp. für das abwech- 
selnde Schöpfen von soma und surä auch Äpastamba als Zeugen 
an; dabei wird im Übrigen ausdrücklich der pratiprasthätar, nicht 
der neshtar, als derjenige Priester genannt, der mit der surä zu 
hantiren hat. 

Käty. führt nun noch einen neuen besonderen graha vor (2,0): 

9. mit einem goldenen Gefäss schöpft er einen madhugraha und 
setzt ihn mitten auf den khara (der somagraha); — 10. (darauf folgt) 
das (übliche) Schöpfen des ukthya (graha) u. s. w.' 

Es folgen die Angaben über die Opferthiere (Käty. 14, 2, ı1fg.). 

Zu den üblichen atirätrapacu?” tritt zunächst noch eine den sieg- 
reichen (ujjesha) Marut zu opfernde scheckige Kuh, vacä prienih’, 
für deren Ritual das Gat. br. sehr eingehende Details angiebt, die es 
aber dann zum. Theil sofort wieder aufhebt, und als nicht berechtigt 
bezeichnet‘. — Sodann ı7 dem Prajäpati geweihte pacu (Ziegen- 
böcke). Dieselben sollen tüpara hornlos, eyäma d.i. nach dem 
Schol. schwarz und weiss, und mushkara, hodenkräftig, sein’. Nach 
Gat. 5,1, 3, 1ı wollten Einige‘ den siebzehnten Bock der väe opfern. 
Denn wenn es etwas Höheres gebe, als Pr., so sei dies die väc. Die- 
selben werden aber scharf abgefertigt“. — Auch in Bezug auf das Ritual 


"s. Ind. Stud. 10, 373 ukthyam grihnäti Cat. 5, ı, 2, 19; die somagraha werden 
jetzt schon geopfert, resp. verspeist, der madhugralıa und die surägraha kommen 
erst beim mädhyamdinam savanam zur Verwendung. 

? je ein ägneya, aindrägna, aindra und särasvata Ziegenbock Cat. 5. 1, 3,1. 2. 

® ist keine dgl. zu haben, kann es auch jede beliebige vacäa sein. — Dass den bei 
ihrem Daliinstürmen Alles siegreich mit sich fortreissenden Winden beim Wagenwett- 
fahren eine Gabe dargebracht wird, ist sicher ein alter volksthümlicher Brauch. 
(Der loka der Marut ist ja der loka der vaicya, s. im Verlauf.) Unwillkürlich denkt man 
dabei an die von GrAssmann (Kunn’s Z. 16, 190. 1867) vorgeschlagene Zusammenstel- 
lung des vedischen märutam cardhas mit dem Qerfo Martio der Eugubinischen 
Tafeln und mit dem lateinisch-römischen Kriegsgott Mars. 

* tad u tathä na kuryät 5, 1, 3, 6. 14; »denn es strauchelt der, welcher vom Opfer- 
pfade abweicht, und es weicht vom Opferpfade ab, wer so thut.« — Auf solche, auch 
durch Zuweisung an: eke als die Ansicht Einiger eingeführten Abweichungen, die 
vielfach denn eben wohl auf die Ritual - Differenzen der einzelnen Yajuh-cäkhäs zurück- 
gehen, weist das Cat. br. häufig hin. cf. Ind. Streifen ı, 52"3. 

° alles dies hat specielle Beziehung auf Prajäpati; denn (Gat. 5, ı,3,8) der 
Mensch steht dem Pr. am Nächsten (nedishtham), der Mensch aber hat keine Hörner, 
folglich dürfen auch die dem Pr. geweihten Thiere keine Hörner haben; — schwarz 
und weiss ist ein Paar, Paarung ist Sache des Pr.; — wer ordentliche Hoden hat, ist 
zeugungskräftig, Pr. ist zeugungskräftig. — Sollten so geartete Ziegenböcke nicht zu 
haben sein, mögen andere genommen werden, denn Pr. ist Alles. 

6 5, 1,3, ıı Pr. ist identisch mit der Dreiwelt und Allem was darin ist; die 
vac dagegen ist nur das, was sich in der Dreiwelt als väc hörbar macht. Mit dem 
Thier für Pr. ersiegt man somit Alles, mit einem für die väc, nur diese allein. — Die 
Polemik gegen die väc ist um so interessanter, weil die väc schliesslich doch in 
dem Weihespruch des väjapeya (Vs. 9, 30) eine sehr wichtige Rolle spielt, die sie zwar 


786 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 28. Juli. 


dieser 17 pacu giebt das Gat. br. (5, ı, 3, 12-14) allerhand besondere 
Bestimmungen, die es aber zum Theil auch gleich wieder selbst auf- 
hebt'. Auch Kätyäyana 14, 2, 17-28 hat hierbei noch einige Speeiali- 
täten, auf die ich nieht weiter eingehe. 

Wichtig aber sind die bei ihm sich nun unmittelbar anschliessenden 
Angaben über die dakshinä, den Opferlohn (14, 2, 29-33): 


29. er giebt je 1700 Kühe, Kleider, Ziegen, Schafe. — 30. (dazu 
treten) 17 Sklavinnen mit goldenem Halsschmuck”. — 31. (Und noch) 
Elephanten, Fuhrwerke, grosse Lastwagen’, — 32. von jeder Sorte 


(jäter-jäteh) bis zur Anfüllung einer Gruppe von 17, 33. oder die 
Siebzehnheit (bezieht sich) auf die Stoffe, weil es in der cruti heisst: 
»er giebt 17 Siebzehnheiten. « 

Diese Angaben sind im Schluss unklar: die Regel 33 scheint die 
Einschränkung zu enthalten, dass man nur 17 Stoffe, ohne Bestimmung 
der Stückzahl, zu geben habe. Einschränkungen in der Höhe der 
Forderungen finden wir ja, s. im Verlauf, auch bei Gänkh. und Läty. 
Dieselben sind jedoch anderer Art; und die angeführte eruti-Stelle, die 
ich übrigens sö nicht nachzuweisen vermag (cf. indessen Gänkh. 15, 3,14 
täni sapta saptadacäni bhavanti, Aecv. 9, 9, 14 U.17 saptadaca sapta- 
dacäni dakshinah, resp. s. s. sampädayet) stimmt nicht zu einer solchen 
Auffassung. — Auffällig ist, dass die Rosse unter den aufgeführten 
acht dravya fehlen (es müssten denn bespannte vahyaka und 
mahänasa gemeint sein!); im Schol. dagegen fehlen die vastra, sind 
resp. durch acva ersetzt (gaväcvachägamahiskhyavityädikäh, gaväcväjä- 
vijatiya). 


ja zum Theil freilich wohl nur dem Gleichklang mit dem für den vajapeya so wichtigen 
Worte täaja verdanken mag (cf. umgekehrt die Variante vajam in Vs. 9,1), die aber 
immerhin doch zeigt, dass zur Zeit der Abfassung der zum väjapeya gehörigen Sprüche 
die vac in der That eine Rolle spielte, welche sie, als das schöpferische Wort, 
dem Pr. zur Seite stellt, cf. Riks. ı0, 125. Ind. Stud. 9, 473-480. — Als Repraesen- 
tanten der Macht des priesterlichen Wortes haben wir ja auch im Eingangsvers den 
Vacaspati. Und die Stellung des Brihaspati neben Indra in den übrigen Sprüchen 
wurzelt auf derselben Grundlage. — Kätyäyana (14,2, ı5) eitirt die eke nur, pole- 
misirt nicht dagegen; nach dem Schol. sind resp. in diesem Falle die hergehörigen 
Sprüche nicht (wie bei den präjäpatya-Thieren) »upäncu« d. i. halblaut zu sprechen. 
— Im Tbr. ı, 3,4, 5 scheint der Anspruch der väc auf den letzten, ı7zten pacu ver- 
treten zu werden. Die väc sei eben Prajäpati selbst. 

1. sı Note 4.847985. 

® vrishalyo nishkakanthyah, (Schol. catuhsauvarniko nishkah). 

® hasti- vahyaka - mahänasanäın (saptadaca Schol.); mahänaso mahärathah, 
päkakaranagriham iti kecit; Letzteres ist die secundäre Bedeutung des Wortes, 
das, vom Nomadenleben herstammend, wohl eigentlich den »grossen Proviant- 
Wagen, der das für die Küche Nöthige enthielt, bezeichnet; anas »Lastwagen«, 
yan, eigentlich wohl »der schnaufende, knarrende«, cf. lat. onus, »Last«, eigentlich 
wohl: »athmen, schnaufen machend«. 


WEBER: Über den väjapeya. 187 


Wir kommen nun zu den an das mädhyamdinam savanam, 
die Mittags-Pressung, sich anschliessenden Hauptbestandtheilen der 
väjapeya-Feier, an ihrer Spitze das Wagen-Wettfahren. 

Bevor der mähendra graha, der achte graha des mädhy. sav. (s. 
Ind. Stud. 10, 385) geschöpft wird (Cat. 5, 1, 4, 2), resp. nach Käty. 
14, 3, ı am Schluss der Darbringung des marutvatiyagraha, des 
vierten graha des mädhy s. (I. St. 10, 382), nimmt der adhvaryu mit: 

9, 5°. du bist des Indra Kraft-spendender' Blitzkeil! möge dieser 
(Opfernde hier) durch dich Kraft (vdjam) gewinnen den Streitwagen 
von dem Rüstwagen” herunter, ergreift ihn bei der Deichsel und rollt 
ihn heran (in den Opferraum, vedi), rechts von der cätväla-Grube, mit: 

9, 5° bei der Verleihung der Kraft, vdjasya prasave, wollen wir die 
grosse Mutter, Namens Aditi”, durch unser Wort herbeiholen,; in welcher 
alles dieses Seiende Eingang gefunden hat, in der möge uns Gott Savitar 
Halt (dharma) verleihen. 

Die Anschirrung des Wagens erfolgt hierauf mit besonderer 
Feierlichkeit. Die dafür bestimmten Rosse werden zunächst ge- 
schwemmt und, sei es bei der Hinabführung zum Wasser‘, sei es 
vom Bade zurückgekehrt, mit Vs. 9, 6“ oder 9, 6” oder mit beiden 
Sprüchen besprengt: 

9,6°°. Im Wasser ist Unsterbliches, im Wasser Heilkraft. Und unter 
den Lobpreisungen des Wassers seid kräftig (väjinah), o ihr Rosse! — 
°, Göttliche Wasser ! welches eure eilende Welle ist, die sich bäumende, 
Kraftspendende väjasdh‘, durch sie möge dieser Opfernde Kraft (cdjam) 
gewinnen. 

ImIESSEN 7 Tan lbeiı 03,05 5240schliesst sich" hier.noch ein Vers 
an: ankau nyankäv zum Lobe des Wagens und seiner zwei Räder.) 

Danach findet die Anschirrung statt, zunächst des rechten, dann 


! vajasah; in allen den folgenden auf den Wagen und die Rosse (vajin) sich 
beziehenden Versen tritt das Wort: väja speciell hervor. — Die Verse sind, mit einigen 
Varianten, in allen Yajus- Texten identisch. 

®? rathavähanan; dies Wort wird hier durchweg mit lingualem n geschrieben! 
SeVs. Prät.3, 85. Ind. Stud. 4,1955 "mit: ‚dentalem , n "jedoch im: !Riks.,6,:75,,8; 
Ts. ı, 8, 20,1. 4, 2, 5,6. 6,6,3. Dem Wortsinn nach ist das rathavahanam wohl 
eben speciell zu sicherer Herbeischaffung der für die Wagenkämpfer und ihren Wagen- 
lenker bestimmten Streitwagen bestimmt; es mag aber wohl auch ausserdem noch als 
»Rüstwagen«, für die Waffen etc. gedient haben. 

® damit ist hier natürlich die Erde gemeint. Gat.5, 1,4, 4. 

* das Ross ist im Anfang der Dinge (agre) aus dem Wasser hervorgegangen. 
Cat.5,1,4,5 (cf. apsuyoni); dies beruht wohl auf dem Hervorgehen des Sonnen- 
rosses aus dem Himmelsocean, cf. noch die epische Mythe vom amritamanthana. 

5 Riks. ı,23, ı Medhätithi Känva. 

° die Känva -Schule fügt hier noch die alte Lesart: apam napät hinzu. Ebenso 
Ts. Käth. Maitr. 


188 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


des linken! Rosses, dann des rechten Seitenpferdes mit Vs.9, 7-9'. 
Ein viertes Ross geht ungeschirrt, aber voll aufgezäumt hinterdrein. 

9,7. Sei es der Wind, oder der Gedanke”, oder die 27 Gandharva®, 
sie haben das Ross zuerst angeschirrt, sie haben in derselbe Schnelligkeit 
(javam) gelegt. 

9,8. Sei eilig wie der Wind (vätaranhäh), o Ross (vdjin)! an- 
geschirrt werdend. Sei wie das rechte (Ross) des Indra an Schönheit! 
Anschirren mögen dich die Marut, die Alles wissenden! Tvashtar lege Eile 
(jJavam) in deine Beine. 

9,9%. welche Schnelligkeit (javah), o Ross (vdjin), eingelegt ist in 
den Inneres (?guhä), welche im (dem!) Falken gegeben ist, und welche 
im Winde dahin zieht, mit der sei, o Ross (vdjin)! für uns stark durch 
Stärke (balavdn balena), Kraft ersiegend (vdjajit), und beim Zusammen- 
treffen (Wettstreite) durchdringend (pdrayishnuh, zum Ziele führend). 

Hierauf lässt der adhvaryu die Pferde einen für Brihaspati' be- 
stimmten, in 17 Schalen (caräva) vertheilten, naivära caru, Körner- 
Muss von wildem Reiss, mit Vs.9,9’ besehnopern. 

9,9°. Kraft ersiegende Rosse! den Kraftlauf laufen wollend? be- 
schnopert hier diesen für Brihaspati bestimmten Anthei. 

Sechszehn andere Wagen werden sodann ausserhalb der vedi und 
ohne Sprüche je mit vier Rossen bespannt‘. 

Nunmehr besteigt der brahman mit Vs.9,10° ein Weagenrad, 
welches sich bei dem utkara genannten Aufwurfe’ auf einem bis zum 
Nabel reichenden Pfosten aufgesetzt befindet. Wenn der Opfernde 
ein kshatriya ist, geschieht dies mit Vs. 9, 10". 

9,10°. Mit Verlaub des göttlichen Savitar, dessen Befehl wahrhaftig 
ist, devasya savituh save satyasavasah, will ich den höchsten Himmel (ndka) 
des Brihaspati_ersteigen, — ". 

Ebenso wird von 17 dundubhi, Pauken, welche längs der vedi, 
hinter dem ägnidhra-Platze auf je dafür aufgerichteten Pflöcken be- 


des Indra_ersteigen. 


' umgekehrt wie bei den Menschen, wo das linke Ross zuerst angespannt 
wird.» Gat.5,01,4,9. 

®? statt mano va haben Ts. Käth. Maitr. die wohl ältere Lesart: Manur vä, cf. 
Manor acvä ’si bhüriputrä T. Är.4, 5,4 (10); oder ist manus Nebenform zu manas? 

® die 27 nakshatra als Repraesentanten der dahin eilenden Zeit, s. meine 
Abh. über die Naksh. 2, 278n. 

* dass Brihaspati, nicht Indra, es ist, dem dieser caru gewidmet wird, beruht 
wohl eben auf der Praeponderanz des sacerdotium, brahman, vor dem imperium 
kshatram, welche das väjapeya -Ritual der Yajus- Texte durchzieht. — Das Beschnopern 
des caru weiht die Rosse für ihren bevorstehenden Wettlauf und sichert ihnen den 
Sieg darin. 

° väjino väajajito vajam sarishyantah. £ 

° eaturyujah Käty. 14, 3, 11; trotzdem siegt der nur mit drei Rossen bespannte 
Wagen des Opfernden, denn seine Rosse werden eben vorher durch Sprüche geweiht. 

Ts, Ind+Studz ro, 33 


Weser: Über den väjapeya. 789 


festigt werden, die eine mit einem Spruche angeschlagen, der ent- 
weder an Brihaspati oder an Indra gerichtet ist, Vs. 9, 11"; die anderen 
Pauken werden ohne Spruch angeschlagen. 

9, 11°. Brihaspati! ersiege den Kraftlauf (vdjam)! Lassel eure Stimme 
‚für Brihaspati erschallen, helft dem Brihaspati zum Siege! — ". Indra! 
Be für Indra ... „dem. Indra. 

Zur Abmessung der Rennbahn schiesst hierauf ein kshatriya' 
ı7 Pfeilschüsse ab, den ersten (nördlich) von der tirtha genannten 
Passage, d. i. dem Zwischenraum zwischen eätväla und utkara”. Wo 
der erste Pfeil hinfällt, von da aus wird der zweite geschossen, und 
so fort. Da, wo der letzte Pfeil hinfällt, wird ein udumbara-Zweig 
als Ziel für das nunmehr folgende Wettfahren eingerammt. Der 
Opfernde besteigt mit Vs. 9,3" den zuerst, unter Spruchreeitation, an- 
geschirrten Wagen, und mit ihm steigt auch noch ein Diener oder 
Schüler des adhvaryu hinauf, um zur rechten Zeit den Opfernden zur 
Reecitation seines Spruches (Vs. 9, ı3’?) zu veranlassen. Auf einem der 
anderen 16 Wagen nimmt (neben dem Fahrer) ein räjanya oder vaicya’ 
Platz, um zu gegebener Zeit die surä-Becher entgegenzunehmen. 

9,13%. Mit Verlaub des göttlichen Savitar, dessen Befehl wahrhaftig 
ist, will ich des Brihaspati, des Kraft Ersiegenden, Kraftlauf ersiegen'. 

Das Wettfahren geht nun mit Schnelligkeit vor sich. Der mit auf- 
gestiegene Diener oder Schüler des adhvaryu veranlasst den Opfernden 
behufs Anfeuerung der Rosse den Spruch 9,13” zu reeitiren. 

9,13°. o Rosse! im Kraftlauf siegende! (vdjino vdjajitah) die Wege 
‚feststampfend, die Wegstrecken durchmessend, gehet zum Ziele! 

Der brahman singt (mittlerweile, auf dem Rade sitzend) dreimal 
ein saman (das väjinän säma, s. im Verlauf), der adhvaryu lässt die 
Pauken schlagen und opfert entweder Oblationen mit Vs. 9, 14. 15. oder 
er spricht damit die laufenden Rosse an. Ebenso mit den drei fol- 
genden Versen (Vs. 9, 16-18). 

9,14°. Dies Ross (vdji) hier beflügelt die Peitsche, am Halse ge- 


ab = 


! so bei Käty.; während im Cat. br. auch hier (5, ı, 5, 13) wie an den anderen 
Stellen vielmehr das ältere Wort: räjanya gebraucht ist; der räjanya steht dem 
Prajäpati (den man durch den väjapeya ersiegen will) am nächsten, weil er auch 
über Viele herrscht, und — weil beide Wörter »viersilbig« sind (!eine immerhin für 
die damalige Aussprache des Halbvocales in rdjanya als °nia, oder °niya, interessante 
Angabe, die sich ja z. B. auch in Bezug auf die Aussprache von: tvac |[tuvac], satyam 
[satiyam] ete. ähnlich vorfindet). 

Es Baby. 1,544 Katy 5,52. 

® ist dies ein Rest aus der Zeit, wo auch die vaicya das Opfer begehen konnte? 

* brihaspater väjajito vajam jesham; hier fehlt der Parallelspruch für den 
kshatriya, resp. Indra s. p. 788 not.*. 

° Riks. 4, 40, 4 Vämadeva; nach Mahidhara freilich, nebst 9, 15, von Dadhikrävan 
selbst »gesehen« (!) 


m a 3 = ® 2 n . 
90 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


zäumt, am Bug und am Maule. Es stürmt der Energie des Dadhikrad' 
nach, schäumt hinter den Krümmungen der Wege drein. 

9,15°. Hinter diesem Laufenden, Stürmenden, Eilenden weht es (der 
Schwanz) drein, wie die (Schwanz-) Federn eines Vogels, rings um die 
Weichen des mit Eifer dahinstürmenden Dadhikrdvan, wie eines vorwärts 
dringenden Falken. 

9,16%.  Heilbringend mögen uns sein die Rosse (vdjinah) be den 
Zurufen (in der Schlacht und) bei der Götterfeier, sehr feurig, die ab- 
gemessene Bahn laufend. Zermalmend die Schlange, den Wolf, die rak- 
shas’, mögen sie völlig’ fern von uns halten die Krankheiten (!jedwedes 
Ungemach). 

9,17°. Alle diese auf den Zuruf hörenden, raschen (arvantah), die 
Bahn laufenden Rosse (väjinah) sollen auf unsern Zuruf hören! Tausend 
gewinnend, bei der Saftspende (?medhasätd) zu Gewinn führend, sie, die 
(schon) grossen Gewinn in den Schlachten gebracht haben. 

9,18°. Bei jedem Kraftlaufe (?vdje-vdje) helfet uns, o ihr Rosse 
(vdjinah) ! bei dem Beute(gewinnen), o ihr unsterblichen, die (heilige) 
Ordnung kennenden Sänger’! Trinket von diesem Meth”, berauschet Buch. 
Befriedigt gehet dahin auf den von den Göttern betretenen Pfaden. 

Der Opfernde trägt den Sieg über die anderen ı6 Wagen davon. 
Alle kehren zurück, indem sie den udumbara-Zweig zur Rechten 
lassen. Nach ihrer Rückkehr steigt der brahman von dem Rade 
herunter, mit Vs. 9,10“, und der adhvaryu nimmt mit 9,12”, die erste 
mit 9, 11°” angeschlagene Pauke herunter; ohne Spruch die übrigen 16. 

9,10°. Mit Verlaub des göttlichen Savitar, dessen Befehl wahrhaftig 
ist, habe ich den höchsten Himmel des Brihaspati_erstiegen. — *.... des 
Indra erstiegen. 


ı ?Dadhikrä ist entweder Apokope für Dadhikrävnah (s. v.15), oder ist etwa 
statt dessen direet der Genitiv: Dadhikro zu lesen? 

2 Rıks..4, 40; 3. 

® Riks. 7, 38, 7 Cyäväcva; nach Mahädhara: Vasishtha (!). 

* rakshänsi; ich leite dies Wort von einem Desiderativ der yYranh (langh, ragh) 
ab, eigentlich: impetuosus. 2sanemi}s..9g,'25. 

° Riks. 10, 64, 6, Gaya Pläta; nach Mahidhara: Näbhänedishtha (!). 

” Riks. 7, 30, 3 Gyäväcva; nach Mahidhara: Vasishtha(!). 

® ?als ob ihr solche Sänger wäret! 

° wie madhu (mathu) unser Met ist, eig. wohl: Mischtrank (ymath; Honig mit 
Wasser? der Begriff der Süssigkeit wäre dann erst secundär dem Worte zugesellt), 
so liegt die Versuchung nahe, soma (ysu, auspressen) mit unserem: Seim (Honig-) 
zu identifieiren; freilich widerspricht der ö-Vocal dieses Wortes; oder sollte hier etwa 
der umgekehrte Fall von: siman, simä, Saum (Naht) vorliegen? d. i. wie in diesen 
Wörtern die Wurzel sü »nähen« in der Doppelform si und sü factisch vorliegt, so 
auch in soma, Seim die Wurzel su »auspressen« ebenfalls in der Doppelform su 
und si (cf. das daraus etwa weiter entwickelte: sie, seihen) anzunehmen sein? 

1° vergl. die dextratio der Römer. 


Weser: Über den väjapeya. 791 


9,12. Dieser euer Zusammenschall war wahrhaftig, durch welchen 
ihr den BDrihaspati den Kraftlauf (vdjam) ersiegen machtet, machtet_er- 
siegen den Kraftlauf (vdjam) den Brihaspati. Hölzer‘! ihr sollt (jetzt 
wieder) frei sein! — . denulndra a2» dem Indra 

Der Opfernde geht hierauf, von seinem Wagen abgestiegen, auf 
den für Brihaspati bestimmten Reissmuss-Topf zu, berührt ihn mit 
9,19*, lässt ihn mit 9,19’ durch die unter Reeitation von Sprüchen 
angeschirrten Rosse, die seinen Wagen gezogen haben, beschnopern, 
schirrt sodann auch das vierte Ross an, und giebt den nunmehr mit 
vier Rossen bespannten Wagen dem adhvaryu. Ebenso die übrigen 
ı6 Wagen Allen (den übrigen ritvij). 

9,19. Heran zu mir soll die Verleihung der Kraft väjasya prasavah 
kommen”! heran zu mir diese Beiden, Himmel und Erde; heran zu mir 
mögen kommen Vater und Mutter”, heran zu mir komme Soma mit Un- 
sterblichkeit. — °. O ihr Kraft ersiegenden Rosse, den Kraftlauf ge- 
laufen seiend‘, beschnopert hier den Antheil des Brihaspati, lustrirend”! 

Hiermit ist das Wettfahren beendet, dessen Aufnahme in das 
heilige Opferritual Seitens der Priester wohl eben einfach darum geschah, 
um durch einen volksthümlich so beliebten Zug diesem selbst Po- 
pularität zu verschaffen. Durch Adoption und Adaptation der Volks- 
sitte gelang es im Verlauf, dabei den volksthümlichen Gott Indra, den 
Gott der Krieger, wenn auch nicht gleich ganz zu beseitigen, so doch 
zunächst neben ihm den Brihaspati einzuschieben, und dann schliess- 
lieh Diesen wirklich an die Stelle Jenes zu setzen, so dass nunmehr 
der für Brihaspati bestimmte caru in den Vordergrund trat (neben 
ihm wird keiner dergl. für Indra genannt). Die speculative Begrün- 
dung der. Sitte in den brähmana-Texten konnte allerdings (cf. die 
Legende im Eingang) den Indra nicht ganz verdrängen, da er in den 
Sprüchen neben Brihaspati seine feste Stelle hatte. — Freilich, auf- 


' eigentlich: Bäume, vanaspatayah; das totum proparte ist im Veda sehr häufig. 


” jagamıyät, ein alterthümlicher Potential des Perfects, die stärkste Form der 
Bitte, da die Erfüllung derselben durch die Perfectform als eben bereits erfolgt 
hingestellt wird. Ganz analog der Gruss mit den possessiven Adjectiven: äyushmant, 
bhagavant, die dem Angesprochenen als bereits im Besitze dessen, was man ihm 
wünscht, vorführen. 

® ist mit dieser alterthümlichen Formel: pitara mätarä ca nochmals: Himmel 
und Erde gemeint? oder das wirkliche Elternpaar des Opfernden, das ihm auch 
seinen Segen spenden soll? Das wäre ein hochpatriarchalischer Zug! Bei der Lesart 
der Känva-Schule: a mä gantam pitarä mätarä yuvam ist dies in der That sö der 
Fall, da darin die beiden Eltern in zweiter Person angerufen sind (während Himmel 
und Erde vorher, wie im Mäadhyandina-Text, in dritter Person angesprochen werden). 
In Ts. und in Kath. liegt die Mädhyandina Lesart vor, Maitr. hat den Plural: pi- 
taro vievarüpah. 

* väjino väjajito vajam sasrivansah. 

° nimrijanah, nämlich wohl: den Opfernden von jeder Sünde reinigend 


7932 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


fällig ist es andererseits immer, ist wohl eben ein Zeichen für die 
Stärke der alten Volkssitte, dass überhaupt die Alternative gestattet 
wurde, dass auch ein brähmana ein solches, rein weltliches Wett- 
fahren, ebensogut wie ein räjanya, mitmachen durfte, und dass das Be- 
gehen des väjapeya nicht ausschliesslich dem Letzteren zugewiesen ward. 

Der adhvaryu und der Opfernde geben nunmehr den madhu- 
graha dem auf dem nördlichen Schenkel der vedi dasitzenden Em- 
pfänger der surägraha, sei es ein räjanya oder ein vaicya, der 
zu letzterem Behufe mitgefahren ist, in die Hand'!. Der neshtar aber, 
der die surä-Becher durch die hintere Thür (des havirdhäna-Schuppens) 
hinaus, hinter die cälä, geschafft hat, bietet ihm mit den Worten: 
» hiermit kaufe ich ihn dir ab« erst einen der surä-Becher, dann die 
übrigen 16 an, und nimmt dafür den madhugraha wieder an sich, 
welchen der adhvaryu sodann, sammt dem dazu gehörigen Becher, 
dem brahman übergiebt, der damit nach Belieben verfährt, ihn weiter- 
giebt, oder anderswohin thut, oder trinkt. 

Auch dies ist ein entschieden alterthümlicher Zug. Der madhu- 
graha ist wohl zu heilig, nach der Ansicht des brähmanischen Rituals, 
um ihn von einem räjanya oder vaicya verschmausen zu lassen. Aber 
es war das Methtrinken beim Wettfahren wohl eben ein alter Brauch 
und daher auch eine alte Sitte, dass ein Theilnehmer daran ihn 
bei dieser Gelegenheit hier erhielt. Dies musste daher beibehalten 
werden, aber durch die Substitution der als Lösegeld dafür dienenden 
17 surä-Becher” wurde es losgekauft. Dies erklärt denn zugleich die 
Hineinnahme dieser 17 surä-Becher in das heilige Ritual. 

Von nun an kommen wir in das eigentlich Sacrale hinein. 


a—m 


Der adhvaryu opfert zunächst mit 9, 20 zwölf sruva-Libationen, 
äpti genannt, Spruch für Spruch, oder er lässt diese zwölf Sprüche 
durch den Opfernden reeitiren. Ebenso verfährt er mit noch sechs wei- 
teren dgl. Libationen resp. Sprüchen, Namens klipti, mit Vs. 9, 21°“. 

9, 20°. dem Freunde (dpaye) Svdhä (benedictio!); — °. dem guten 
Freunde Sv.; — °. dem Zuwachsenden Sv.; — “. dem Muth (? kratave) 
Sv.; — °. dem Guten Sy.; — ”. dem Herrn der Tage Sv.; — °. dem 
verstörten Tage Sv.; — *. dem verstörten, zum Vergehen sich Neigenden 
(? vainangindya) So.; — '. dem Vergehenden, am letzten Ende Befindlichen 
(vinancina Ääntydyandya) Sv.; *, dem am Ende Seienden, zur Welt Ge- 


! pänav ädhattah Cat. 5, 1, 5, 28. 

?2 die surägraha sind auch wohl schon dadurch als seeundäre Zuthat mar- 
kirt, dass die dazu gehörigen Sprüche (Vs. 9, 44°) in Ts. fehlen, sich erst in Tbr. ı, 
3, 3. 6 finden, wo sie dann überhaupt mit ihrem Ritual sehr eingehend behandelt 
werden (die surä entspricht der jäyä des Opfernden, er selbst dem soma). — Auch 
in Maitr. und Käth. stehen die betreffenden Sprüche nicht gleich vorn bei den soma- 
graha (wie in Vs. 9,44%), sondern erst an einer späteren Stelle. 


WEBER: Über den väjapeya. ns 


hörigen (antydya bhauvandya) Sv.; — '. dem Herrn der Welt (bhuvanasya) 
Sv.; — ”. dem Oberherrn (adhipataye) Sv. 

9, 21°. Lebenszeit (dyus) werde (mir) durch das Opfer zu Theil 
(kalpatdm); — °. Odem ...5; — °. Auge ...5 — °. Ohr ..; — 
°. Rücken (prihtham)' ...; — !. Opfer 

Dem Gatap. br. zufolge (5, 2, ı, 2.4) sind diese, offenbar zur 
lustrirenden Weihung des Opfernden für die sich danach anschliessende 
hochbedeutsame Ceremonie dienenden Sprüche an die zwölf Monate 
und die sechs Jahreszeiten gerichtet und dazu bestimmt, den Opfernden 
symbolisch in den Besitz der Macht über dieselben zu setzen. Die 
innere Beziehung der 6 klipti-Sprüche zu den 6 Jahreszeiten ist ja 
freilich eine völlig räthselhafte?, dagegen lassen sich die 12 äpti-Sprüche 
in der#That ganz leidlich auf die ı2 Monate beziehen, cf. Naksh. 2, 349. 
350 (1862), obschon man den Bogen dabei nicht gerade zu straff 
spannen darf”. Die anderen Yajus-Texte zeigen die Namen in etwas 
verschiedener Gestalt, und zwar in derjenigen, welche in der Väj. S. 
(22, 32) unter den acvamedha-Sprüchen sich vorfindet, mit mannig- 
fachen Varianten freilich. Die wichtigste derselben ist jedenfalls die, 
dass im Käth. 14, ı" u. 8 und Maitr. ı, ıı, 3.8° auch noch ein drei- 
zehnter Name, für den Schaltmonat nämlich hinzutritt, wie dies auch 
noch bei einer zweiten derartigen Aufzählung (s. Naksh. 2, 350) der 
Fall ist. Dieser Umstand tritt für die Richtigkeit der Beziehung 
der Sprüche auf die Monate als entscheidend ein®. Del. symbo- 


! d.i. Rückgrat, Stetigkeit? oder nach Mahidh. von Yprach, rathamtaradikam. 

? in Käth. 14, ı Maitr. 1,11, 3 stehen die klipti-Sprüche vor den äpti-Sprüchen, 
und es sind ihrer 10. Beide Spruchgruppen stehen im Übrigen daselbst erst nach 
der Aufforderung des Opfernden an seine Gattin, mit ihm den Himmel zu ersteigen. 

® den Beginn scheint das Wintersolstiz zu machen. Der erste Monat, in 
dem die Tage schon wieder freundlich zunehmen, wird: Freund, der zweite: Gut- 
freund genannt, der dritte: Zuwachs, der vierte etwa: Fortschritt, der fünfte: gut, 
der sechste mit dem längsten Tage: »Herr der Tage«. Die Namen der folgenden 
Monate beziehen sich event. auf das Abnehmen des Tages, der als verwirrt »verstört« 
und »im Vergehen begriffen« bezeichnet wird. Dies findet indessen nur in den 
Namen 7-10 Ausdruck, während die beiden letzten Namen, die doch gerade hierin 
am stärksten sein sollten, da sie bis zum kürzesten Tag führen, dazu nicht 
stimmen, vielmehr nur die Kraft und Gewalt der betreffenden Monate markiren. 

* die betreffende Stelle findet sich zufällig, ausser in unserem Berliner Mspt. 
des Käthaka, auch als Citat in einem Planeten - Opfer - Manuale wieder (Ms. or. fol. 906), 
s. mein Verz. Berl. S. H. 2, 102 (bei Jupiter). 

° trayodacai 'tä ähutayas, trayodaca mäsäh samvatsarah Käth. u. Maitr. 

% allem Anschein nach wird auf den dreizehnten Monat, den Schaltmonat, 
schon in der Riks. ı, 25,8 (veda mäso dhritavrato dvädaca prajavatah, vedä ya 
upa-jäyate (Lied des Cunahgepa Äjigarti) hingewiesen; er ist das Kennzeichen des 
fünfjährigen yuga und repraesentirt die einfachste Concordanz zwischen dem 
bürgerlichen, 360tägigen Jahre mit seinen zwölf zotägigen Monaten und dem facti- 
schen Sonnenjahr mit seinen 366 (resp. 3653/,) Tagen. Denn fünf dgl. Jahre er- 


794 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


lische Monatsnamen finden sich im Ritual auch noch anderweit vor 
(s. Naksh. 2). 

Der neshtar lässt nunmehr die Gattin des Opfernden, nachdem 
er sie herbeigeführt hat, ein aus Gräsern geflochtenes Kleid'!, oder 
einen feinen kurzen Unterrock’, unterhalb des Festkleides® anthun, 
und legt sodann links oder rechts, von dem Pfosten für die Opfer- 
thiere eine Leiter an, mittelst welcher der Opfernde denselben besteigen 
soll. Bevor dies geschieht aber, redet der Opfernde die Gattin mit 
den Worten’ an: » Komm! Weib! wir wollen Beide zum Himmel steigen !«, 
worauf sie antwortet’: »wir wollen Beide (hinauf) »steigen«. 


geben eben einen neuen 3otägigen Monat, den Schaltmonat. — Sollte nicht auch das 
römische fünfjährige Lustrum ursprünglich diesen selben Charakter haben, wie das 
vedische yugam? — Zur Ausgleichung des 354tägigen Mondjahres mit dem Sonnen- 
Jahre innerhalb des fünfjährigen yuga dient ein vierzehnter Monat, s. Naksh. 2, 
336. 337. 

! kaugam väsah; kugamayam Schol.; die Gräser sind opferrein (medhya) und 
lustriren das, was am Weibe unrein ist (Cat. 5, 2, 1, 8). — Sollte nicht aber das Anlegen 
eines Unterkleides hier ursprünglich nur der Decenz wegen, um beim Besteigen des 
Pfostens jede Entblössung zu verhüten, geschehen sein? Die Anwort der Gattin: rohäva, 
wir Beide wollen (ihn) ersteigen, zeigt doch deutlich, dass sie eben ursprünglich auch 
mit hinaufstieg. Und wenn das Ritual dies nicht direet erwähnt, auch in den wei- 
teren Sprüchen 9, 2ı8bi stets nur der Plural (majestatis!), nicht der Dual, gebraucht 
ist, so scheint mir dies doch gegen die sonst ganz nutzlose Aufforderung an die 
Gattin und gegen ihre Antwort (beide im Dual!) nicht aufzukommen. In Ts. heisst 
es freilich nach der Antwort der Gattin: rohäva hi suvah ganz ausdrücklich: aham nav 
ubhayoh suvo rokshyämi: d.i. doch wohl, »ich will für uns Beide den Himmel 
ersteigen«, indessen dies constatirt eben wohl auch nur die secundäre Praxis. 

” kaugam va candätakam @atap., camdätakam daharam vä Käty. 14, 5, 3; Schol. 
zu Räty.: camdätakam calanakam, »ardhorukam viläsinya väsag candatakam viduh« 
(vergl. Amara 2,6,119); daharam tu kaupinam »Lendenschurz«; ebenso das zweite 
Schol. ibid.: ecandäatakam jaghanamätraprachädanärtham cälanakam; — cf. auch cala- 
nika »seidene Fransen« Pet. W. 

° antaram dikshitavasanäat Qatap. Käty.; zum dikshitavasana s. Ind. Stud. 10,359 
Catap. 3,1, 2,18 fg. 

* Anrede und Antwort finden sich nicht in Vs., deren Verfasser diese gute 
alte Sitte somit nicht mehr beliebt zu haben scheint, wohl aber in den älteren Yajus- 
Texten, so wie auch im (at. br. (5, 2,1, 10), dessen Autor sich, bei seiner detaillirten 
Darstellung des Rituals, derselben wohl nicht entschlagen konnte, da sie eben darin zu 
fest wurzelte. Dem entspricht es auch, was das Cat. br. von dem Verhältniss der beiden 
Gatten berichtet. Die Gattin ist geradezu die Hälfte des Opfernden, ohne sie ist er 
nicht vollständig (asarvah), weil er erst durch sie: prajäyate Nachkommenschaft er- 
langt, und dadurch: vollständig, »ganz« wird (sarvo bhavati). — Der Accent der Anrede- 
formel ist im Qatap. und in Ts. so gesetzt, dass man svo, resp. suvo, zu ehi ziehen muss, 
mit rohäva einen neuen Satz beginnt. S. hierzu Ind. Stud. 13, 71.72. Pänini hat für solche 
Fälle eine eigene Regel (8, ı, 52). Im Käth. und in Maitr. steht ehi erst hinter (cf. Schol. 
zu Pän.l.c.) svo rohava; die Antwort der Gattin ist resp. im Käth. ein viermaliges (in 
Maitr. nur ein einmaliges): svo rohäva und auch in Ts. steht suvar in der Antwort der 
Gattin in Verbindung mit rohäva. — Beachtenswerth ist im Übrigen die irreguläre Ver- 
wandlung des: ar von suvar in: o, eigentlich sollten wir suvä lesen, cf. Pän. 6, 3,109 
värtt.7 und s. meine Abh. »über finabsas« in Kunn’s »Beiträge« 3, 3852 1 (1862). 


WeßErR: Über den vajapeya. 79 


Mit den Worten': 9,279. »wir sind Geschöpfe des Prajäpati geworden «, 
steigt er hinauf. Oben angelangt, fasst er den aus Weizenmehl ge- 
fertigten Radkranz an, mit den Worten: 

9,21". »wir sind zum Himmel gelangt, ihr Götter !«, und mit: 

9,21‘. »wir sind unsterblich geworden«, hebt er sich mit dem Kopf 
über den Opferpfosten hinaus. Mit: 

9,22. »bei uns sei eure Sinneskraft, bei uns Manneskraft und Energie. 
Bei uns mögen eure Thatkräfte” sein«, blickt er hierauf nach allen Himmels- 
richtungen hin. 

Seine Leute vicah d. i. Söhne ete. (Schol.) werfen nunmehr 17 in 
acvattha-Blätter gehüllte, resp. daraus gefertigte Düten, die mit Salz- 
erde gefüllt sind, zu ihm empor, und er schaut mit den Worten: 

9,22”. Verneigung* der Mutter Erde, Verneigung der M. E. auf die Erde 
hinunter, steigt sodann hinab und tritt auf ein mit einem Goldreif“ 
versehenes Bockfell’ oder auf den ebenso geschmückten Erdboden. 

Hinter der uttaravedi bedeckt ein Gehilfe (des adhvaryu) einen 
Sessel aus udumbara-Holz mit einem Bockfel!, mit: 


a 


9,23°. »dieser (Sessel hier) ist dein Reich”«; fasst den Opfernden 
am Arm und lässt ihn sich draufsetzen, unter Reeitation von: 
9,22%. du bist der bändigende Bändiger. Du bist der Feste, Haltende. 


! in Ts. Maitr. sind die drei Sprüche 2ı8bi anders gruppirt, nämlich in der 
Reihenfolge '%, auch in Käth. steht * voran, dann &. 

? varcänsi; varcas leite ich von yvarj (zd. verez, egy, wirken) ab, ebenso wie 
auch das zweite Wort varcas, stercus, von der zweiten Wurzel var) (vergere) »wenden, 
beseitigen«, ebenfalls unter Verhärtung der Finalis, herstammt. 

® namo mätre prithivyai; dies ist der in Indien den Göttern gegenüber übliche 
demüthige Gruss, der aber noch schon der ärisden-Periode angehört, da ihn auch die 
Iranier haben. Er liegt bei ihnen theils im Avesta vor, sowie auch in dem npers. 
Br namäz, »adoration, worship«, theils auch, was die classischen Philologen freilich 
bisher nicht anerkannt haben, in dem oceidentalischen Mithra Cult der Mager, da sich 
das entsprechende Wort NAMA dreimal auf Mithra-cultischen Inschriften vorfindet; ein- 
mal (ich verdanke diese Angaben Th. Monusen) allein, s. Corpus Inscript. Lat.6, 731 
p-130, einmal in Verbindung mit dem Dativ: CUNCTIS, ib. 14, 3567 (Tibur.) p. 379 
und zweimal in Verbindung mit dem Dativ: SEBESIO, ib. 6, 719 (Rom.) p. 128. 14, 
3566 (Tibur.) p.379; s. hiezu F. Lasarv’s eingehende Bemerkungen in seinen: Re- 
cherches sur le culte de Mithra pag. 566-67. 678-79 (pl.75). — Hier soll, nach 
Catap. 5, 2,1,12, der demüthige Spruch der Erde die Furcht vor dem gewaltigen 
Wesen benehmen, zu dem der Opfernde durch den nun ‚folgenden abhisheka wird, 
wie es Brihaspati »damals« geworden war. 

* Gold ist das Symbol unsterblichen Lebens Cat. 5, 2, 1, 20. 

° basto mushkarah sändag chägah Käty schol. 

6 wenn schon dieser Ausdruck: iyam te rät (Mahidhara bezieht freilich das: te 
auf den Sessel!) sehr wenig für einen brähmana als väjapeya-Opferer passt, so ist dies 
noch in viel höherem Grade mit den Worten der Fall, welche statt dessen in Ts. 1, 7, 9, 1 
stehen (und zwar noch vor der Aufforderung an die Gattin zur Ersteigung des 
Himmels): kshatrasyo ’lbam asi kshalasya yonir asi; das passt nur für einen 
räjanya! In Käth. Maitr. fehlen diese Sprüche, ebenso wie Vs. 9, 22°. 


Sitzungsberichte 1892. 70 


796 Sitzunz der philosophisch - historischen Classe vom 28. Juli. 
S 1 ji 


— Zum Ackerbau‘ (lasse ich) dich (hier Platz nehmen), zum Heile dich, 
zum Reichthum dich, zum Gedeihen dich. 

Nach dieser solennen Einleitung, die den Opfernden bereits, wie 
den Brihaspati und den Indra in der Legende im Eingang, zum Himmel 
hinauf- und von da wieder zur Erde herniedergebracht hat, folgt der 
eigentliche Kern der ganzen Feier, die Salbung der abhisheka. 

Es wird zunächst mit dem caru für Brihaspati in üblicher Weise 
verfahren. Vor der dazu gehörigen svishtakrit-Ceremonie aber wird in 
ein Gefäss von udumbara-Holz Wasser mit Milch” gegossen, sowie 
nach »Einigen« (Cat. 5, 2, 2, 3) siebzehn verschiedene Speisen (an- 
näni). Oder vielmehr nicht 17, sondern so viele man irgend ersinnen 
kann, unter Auslassung einer einzigen, die der Opfernde dann sein 
Leben lang meiden muss”. — Aus diesem Zusammenguss, der den 
Opfernden zum Herrn aller Speisen macht, opfert der adhvaryu zu- 
nächst mit Vs.9, 23-29° sieben väjaprasaviya’ genannte Spenden. 

9,23. Der Zeuger der Kraft” hat zu Anfang hier diesen soma gezeugt, 


! dies passt weder für einen brähmana, noch auch eigentlich für einen kshatriya, 
vielmehr nur für einen vaicya. Indessen, da der Ackerbau doch immerhin das Fun- 
dament, zwar nicht des alt-vedischen Lebens, das vielmehr auf Viehzucht basirt, 
wohl aber des späteren indischen Staatslebens, auch der Ritual-Zeit, ist, so mag 
der Spruch, zumal in Gemeinschaft mit den folgenden drei, sich auch für einen ksha- 
triya eignen; für einen brähmana dagegen eignet er sich auch in der Zeit sehr 
wenig. — In den übrigen Texten fehlt hier übrigens der Ackerbau ganz, una auch 
der Wortlaut der folgenden drei Sprüche variirt, schliesst sich resp. mehr an die 
sonstige hier beim väjapeya übliche Ausdrucksweise an: annaya tva väjaya tva väja- 
jityai tvä Käth., annäya tvä ’nnädyäaya tva v.t. v.t. Ts. (wo aber noch Andres vorher- 
geht und folgt), annäya tva v. tvä väjajityäyatve ’she tvo’”rje tvä rayyai 
tvä poshäya tvä, wo diese Worte vor Vs.9,22big stehen, mit welchen letzteren 
Maitr.-Sprüchen in Maitr. die Einleitung zum abhisheka schliesst. 

? und zwar ist die Milch von 7x6 Kühen (mit je einem Kalbe) zu nehmen, sap- 
tanam shadvargänäm Schol. Käty.14,5,20.23; — zushadvarga, s. Schol. Käty. p. 308, 3. 

® durch diese Entsagung vermeidet er es, Alles zu erschöpfen, und gewinnt 
dadurch langes Leben, tathä na 'ntam eti tatha jyog jivati. 

% in etwas anderer Reihenfolge in Ts., wo: 23. 25. 28. 29. 27. 26 sowiein Käth, wo: 
23.25. 24.27.29. 28.26; und in Maitr., wo: 28. 29. 27. 26. 23-25 (unter Vertauschung 
der zweiten Hemistiche von 23 und 24; zwischen 26 und 23 ist noch Vs. 33,86 — Riks.ıo, 
14,14, mit Varianten, eingefügt). — Die drei ersten (in Maitr. resp. letzten) Verse 
geben hier wohl den Ausschlag, machen resp. in ihrem Wortlaute einen ziemlich 
seceundären Eindruck (ef. den Schluss von 23, imäm divam in 24, und die Varianten 
in 25) und erscheinen gleichsam als das priesterliche Siegel, welches auf die alte 
volksthümliche Handlung gedrückt wird (die Habgier der Brähmana tritt in 24 kräftig 
hervor). Auch die vier folgenden Verse (26-29) finden sich zwar in der Riks., aber 
in einem der spätesten Lieder. Die zweimalige Nennung des aryaman in 27.29 
macht allerdings zunächst einen alterthümlichen Eindruck, die Nennung der väc. 
devi jedoch (in 29; so alle Yajus- Texte, die Riks. liest anders!) führt direct in die 
seeundäre vedische Periode hinab; ebenso die des brahman in 26, falls das Wort 
daselbst nicht appellativisch zu fassen ist. 

> »die Erzeugung der Kraft betreffend, cf. den Anfang der ersten drei Verse. 

° väjasyäa 'nnasya prasavah. 


Weser: Über den väjapeya. “97 


den König unter den Pflanzen und den Wassern. Diese! mögen uns madhu- 
reich sein! Mögen wir (durch ihre Kraft) über dem Reiche” wachen, als 
Vorangestellte?.  Svdhd! 

9,21. Der Zeuger der Kraft ist hier in diesen Himmel“ eingegangen 
und in alle diese Wesen hier, als samrd). Kundig veranlasst er den, der 
nicht geben will, zum Geben. Er möge uns mit allen Mannen versehen, 
Reichthum eindämmen (geben). Svdhd. 

25. Der Zeuger der Kraft ist eingetreten in alle diese Wesen allseits, 
umwandelt sie vollständig’ als König, kundig, Nachkommenschaft, Gedeihen 
bei uns mehrend. Svdhäd. 

26°: Den König Soma zu Hülfe', den Agni, fassen wir an’, die 
Aditya, den Vishnu, den Sürya und den brahman” Brihaspati. Sodhd. 


27°. Den Aryaman, den Brihaspati, den Indra treibe zum Geben an, 


die Vde, den Vishnu'', die Sarasvati und Savitar, den Kräftigen'”. Svdhd. 
28°. Agni! sprich hier zu uns heran"! sei wohlgesinnt gegen” uns! 
Reiche uns dar, Tausend-Ersiegender'”! denn du bist Reichthum gebend“ Sv. 


29°. Das reiche uns Aryaman, das Püshan, das Brihaspati. Die 
göttliche Väe gebe uns. Sedhd. 

Mit den Resten wird der Opfernde hierauf begossen, gesalbt mit: 

30°. Mit des Gottes Savitar Verlaub, mit den beiden Armen der 


beiden Acvin, mit den beiden Händen des Püshan, — °’. setze ich dich 
> b) 


die Wasser; hier natürlich die zur Salbung verwendeten dergl. Stoffe. 
räshtre. ® purohitäh; dies passt eigentlich nür für einen brähmana. 
imäm ...divam, secundär! 
5 sanemi (s.9,16) räja; Ts. und Maitr. haben sa viräjam, Käth. sa virajä! 
Riks. 10,141, 3 Vers (resp. Lied) des Agni Täpasa (Mahidhara hat bloss: Täpasa). 
statt avase haben Ts. Käth. Maitr. varıunam. 
statt anvärabhämahe hat Riks. girbhir havämahe. 
mir scheint brahman hier nur: Beter, Priester, bloss als Epitheton zu 
Brihaspati, nicht wirklich den Gott dieses Namens, zu bedeuten. Immerhin ist jedoch 
Letzteres auch möglich (zumal Vishnu und Sürya vorhergehen). 

10 Riks. 10,141, 5 (wie eben in n.3). 

!! sie! vishnu zwischen vac und sarasvati!; so auch Ts.; dagegen Käth. u. Maitr. 
haben: vishnum vacam, was denn freilich wohl eben secundäre Correctur ist. 

12 väjınam. 13 Riks. 10,141,1 (wie eben in n.3). 
achä, eig. wohl Instrum. von: aksha, Auge, also präkritische Schwächung; cf. 
etwa lat. ecce? 


14 


’ pratyan Riks. (statt prati), ebenso Käth. Maitr. (Ts. hat prati wie Vs.). 
1° Riks. vigaspate (statt sahasrajit), ebenso Käth. Maitr.; bhuvahpate Ts. 
17 


Riks.: dhanada asi nas tvam, statt: tvam hi dhanada asi; ebenso Ts. Käth. 
Maitr.; im Käth. resp. pra no räsva, was wohl eine ältere Lesart, als die auch in 
Riks. stehende: pra no yacha. 

1% das erste Hemistich aus Riks. 10, 141,2, wo aber bhagah statt püshä; ebenso 
Ts. Maitr.; — Käth. liest wie Vs. Das zweite Hemistich lautet in Riks. pra devah 
pro ’ta sünrita, rayo devi dadätu nah || ebenso Ts. u. Maitr., nur im vierten päda: 
pra väg wie Vs.; — Käth. ganz wie Vs. 


70* 


198 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


ein in die bändigende (Kraft) der Vde Sarusvati, der Bändigerin', salbe ich 
dich mit dem sämrdäjya (der samrdj)- Würde) des Brihaspati, o du N. N. 
Dieser Weihespruch ist von ganz besonderem Interesse, in seiner 
vorliegenden Form nämlich seeundär. Die Väc Sarasvati zunächst 
wird zwar auch in Ts. und Käth. festgehalten (in Maitr. fehlt der 
Spruch); hier aber liegt im Gat. br. selbst (5, 2, 2, 14) eine Variante 
vor, indem es berichtet, dass »Einige« statt: sarasvatyai väco” yan- 
tur yantriye vielmehr: vieveshäm tvä devänaäm yantur (sie!) yantriye 
recitirt haben wollten; lehnt dies jedoch ab. Und von einer zweiten 
Variante giebt uns, sonderbar genug, sogar noch Käty. 14, 5,26 Kunde, 
wonach nämlich’ Sarasvati allein, ohne Väc, hier genannt werden 
sollte. Und zwar stellt Käty. beide Varianten als beliebig (vä) resp. 
gleichberechtigt hin. Hieraus ergiebt sich denn wohl wenigstens 
sö viel, dass die Stellung der Sarasvati Väc in diesem Spruche hier 
noch keine feste war, dass vielmehr noch die Erinnerung daran be- 
stand, dass der alte Weihespruch sie, die ja eben erst ein Erzeugniss 
der seecundären vedischen Zeit ist, noch nicht kannte. Der masecu- 
line Genetiv: yantur‘, der sich neben dem Femininum Sarasvatyai 
Väco ebenso wie neben dem Plural: vicveshäm tvä devänäm(!) erhalten 
hat, führt darauf hin, dass ihm ursprünglich der Name eines mas- 
eulinen Gottes, also etwa des Indra?, voraufging. — Ganz Ähnliches 
ergiebt sich nun aber auch für den zweiten Theil des Spruches in der 
vorliegenden Form, in welcher nur von dem sämräjya des Brihas- 
pati die Rede ist. In Ts. dagegen werden davör auch Agni und 
Indra genannt: agnes tvä sämräjyenä '"bhishincämi 'ndrasya brihas- 
pates tvä s. 'bhish. und im Käth. wird zum Wenigsten doch Indra 
noch nach Brihaspati genannt”. So auch noch die Känva-Schule der 
Vs. Die alleinige Nennung des Brihaspati in der Mädhyandina- 
Schule der Vs. ist eben auf deren speciell in priesterlichem Sinne 
gehaltene Überarbeitung des ganzen Stoffes zurückzuführen. 
Nunmehr erfolgt die feierliche Proclamation des Opfernden 
als samräj, durch die dreimalige Wiederholung der Worte: » hier dieser 
N. N. ist samrdj”«. — Die Feier schliesst sodann mit den 17 Sieges- 


! yantur in allen Texten, also eigentlich: des Bändigers. 
Qat. br. hat resp. (und ebenso Kätyäy.) sarasvatyai tvä väco; dieses tvä liegt 

aber in Vs. nicht vor, ist resp. aus 30% herüberzunehmen. 

® die Formel lautet daselbst noch etwas voller und solenner als in Vs.: saras- 
vatyai väco yantur yantrene 'mam amum ämushyäyanam amushyah putram brihas- 
pates sämräjyenä "bhishineami 'ndrasya s. 'bhi sh. — Höchst wundersam ist die 
von mir in meiner Ausgabe der Vs. p. 278 aus der Känva-Schule (aus dem Jatäapätlıa 
derselben! Bodley-Wırson 364 fol. 94®) angeführte Lesart: yan türye tiüryam dadhämi. 

* statt yantriye dadhami haben Ts. Käth.: yantrena. 

° er meldet ihn dadurch den Göttern an: »er ist Einer von Euch geworden, 
behüte ihn« Gat. 5, 2, 2,15; — in Vs. fehlt der Spruch. 


Weser: Über den väjapeya. 239 


sprüchen, ujjiti (Vs. 9, 31-34), sei es dass dieselben nur reeitirt werden, 
oder zu jedem Spruche eine Libation geopfert wird (ganz wie oben 
bei den ı2 äpti- und 6 klipti-Sprüchen): 

31°. Agni ersiegte mit dem einsilbigen (Maass) den Odem , den möchte 
ich ersiegen; — °. die beiden Agvin ersiegten mit dem zweisilbigen (Maass) 
die zweifüssigen Menschen, die möchte ich ersiegen; — °. Vishnmu_ersiegte 
mit dem dreisilbigen (Maass) die drei Welten, ...; — “. Soma_ersiegte 
mit dem viersilbigen (Maass) die vierfüssigen Thiere, .... 

32°. Püshan ersiegte mit dem fünfsilbigen (Maass) die fünf Himmels- 


gegenden, ...; — °. Savitar ... sechssilbigen . . . sechs Jahreszeiten, . . .; 
— °. die Winde ... siebensilbigen ... die sieben zahmen Thiere (grämydn 
pagün), ...5 — ". Brihaspati ... achtsilbigen ... die gdyatri, 
33°. Mitra ... neunsilbigen ... den trivrit stoma, ...; — °. Varuna 
zehnsilbigen ... die virdj, ...; — *°. Indra ... elfsilbigen ... die tri- 
shtubh, ...; — *. die Vigve Devdh ... zwölfsülbigen ... die jagati, 
34°. die Vasu ... dreizehnsilbigen ... den trayodaga stoma, .. .; 
die Rudra ... vierzehnsilbigen ... den caturdaga stoma, ...5; — °. die 
Äditya ... fünfzehnsilbigen ... den pancadaga stoma, ...; — °. die Aditi ... 
sechszehnsilbigen ... den shodaga stoma, ...; — *. Prajäpati ... siebzehn- 


silbigen ... den sapladaga stoma, den möchte ich ersiegen. 

Diese Aufzählung macht dadurch einen alterthümlichen Ein- 
druck, dass sie, bis auf die allerdings secundären drei Göttergruppen 
in 34”, keine systematisch geordnete ist. Auch die Verwendung 
der uralten, indogermanischen Formel‘: dvipad, catushpad macht einen 
guten Eindruck. Das Ganze freilich erscheint als ein sehr dürftiger 
Abschluss für die mit soviel wirklichem Pathos durchzogene Feier. 

Hieran schliesst sich dann die herkömmliche svishtakrit- Üeremonie 
für den bärhaspatya caru, in dessen Ritual ja der abhisheka (s. S. 52) 
nur als ein Intermezzo eingeschoben ist, unter Ausschluss der idä- 
Spende. Nach der Verzehrung des eigenen Antheils am caru geht 
die Schöpfung ete. des mähendra graha vor sich. Doch kann sich 
derselbe auch gleich an die ujjiti-Sprüche anschliessen, so dass 
svishtakrit und idä des caru erst hinterdrein folgen. 
| Die siebzehn somagraha werden sodann unter die Becher der ritvij 
vertheilt, so dass auf jeden der neun camasa zwei Becher kommen, 
nur der camasa des neshtar erhält bloss einen dergl. — Zum Schluss 
erhält der adhvaryu die siebzehn Umhüllungen des Opferpfostens. 
Die goldenen Kränze behalten je die. welche einen getragen haben. 

Recapituliren wir kurz den ganzen Verlauf. 


' ef. dupursu peturpursus auf den Iguvinischen Tafeln. AurreEcHr- KırcaHor 


Umbr. Sprachdenkm. 2, 199. 202 (1851). 


800 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


Durch seinen Sieg bei dem mit feierliehem Pomp umkleideten 
Wettfahren hat der Opfernde die Berechtigung erlangt, auf den 
Opferpfosten, und von ihm aus gleichsam in den Himmel direet 
hinein zu steigen und sich in die Reihe der Unsterblichen selbst 
zu gesellen. So lustrirt wird er, auf einem Sessel, wie auf einem 
Throne, sitzend, zum samrä)j gesalbt und als solcher proclamirt. 
Und an diese Proclamation schliesst sich noch eine Art Siegesgesang an. 

Vor der Besteigung des Opferpfostens schon war er mit Sprüchen 
geweiht worden, die ihn symbolisch zum Herrn des Jahres (der 
ı2 Monate und 6 ritu) machen und bei dem Sich-Niederlassen auf 
dem Sessel wird ihm Gedeihen des Ackerbaus, des Hauswesens, 
des Reiehthums zugesichert. Die zur Salbung gehörigen Weihesprüche 
setzen ihn in den Besitz der bändigenden Kraft des in der Sarasvati 
Väc verkörperten heiligen Wortes, unter specieller Betonung der 
neuen Würde als einer Gabe des Brihaspati. 

Wenn in diesen letzteren Umständen speciell ein priesterliches 
Moment vorliegt, so ist dagegen in dem vorhergehenden Ceremoniell 
und in dem besonderen Betonen des väja als des Hauptgegenstandes 
der Feier, ein durchaus volksthümliches, oder so zu sagen ein 
ritterliches Motiv enthalten. Das Wettfahren als integrirender Theil 
einer sacralen Handlung ist geradezu überraschend. Dass ein Sieg 
darin als Grundlage für eine noch über die Königswürde hinausgehende 
Stellung erscheint, und dass auch die Gattin des Siegers mit heran- 
gezogen wird, an seinem Triumph Theil zu nehmen, macht einen 
durchaus volksthümlichen und alterthümlichen Eindruck. 

Es muss in der That wohl in einer bestimmten Periode der 
vedischen Entwickelung eine Phase gegeben haben, wo ein soleher 
Sieg im Wettfahren als das einfachste, Ausschlag gebende Mittel 
galt, um über die grössere oder geringere Tüchtigkeit eines Mannes 
zu entscheiden. Auch die Vorrangstellung bei den Göttern wird in den 
brähmanä-Legenden mehrfach durch einen solchen äji entschieden. 

Dieses dem väjapeya allem Anschein nach ursprünglich zu Grunde 
liegende volksthümliche Moment ist nun aber, nachdem einmal, eben 
seiner Popularität wegen, seine Aufnahme in das sacrale Ritual, um dem- 
selben einen Antheil an dieser Popularität zu verschaffen, erfolgt war, 
allem Anschein nach im weiteren Verlaufe als ein denn doch unliebsames 
empfunden worden, und wenn man auch die factischen Vorgänge nieht gut 
hat ändern können, hat man dochan den dazu gehörigen Sprüchen seine 
Lust gebüsst, und die alten Formen derselben möglichst brähmanisirt, 
vor allen Dingen Indra, der ursprünglich wohl der eigentliche Gott 
der Feier war, daraus nach Möglichkeit verdrängt, und durch die 
priesterlichen Gestalten des Brihaspati und der Sarasvati Väc ersetzt. 


Weser: Über den väjapeya. 801 


Wenn die vorstehende Darstellung allerdings im Wesentlichen aus 
den Texten des weissen Yajus geschöpft ist, die bis jetzt allein das 
betreffende Material mit einer gewissen Vollständigkeit enthalten, so 
bezieht sich dies doch nur auf das GCeremoniell selbst, über welches 
in den anderen Yajus-Texten nur sporadische und kümmerliche An- 
gaben vorliegen. Das Spruch-Material dagegen liegt auch in ihnen 
vollständig vor, und gerade die Vergleichung der Varianten in dieser 
Beziehung hat uns die verschiedenen wichtigen Daten geliefert, welche 
zu der obigen Anschauung geführt haben. 

Das so gewonnene Bild findet denn nun auch seine volle Bestätigung 
durch das, was uns aus dem übrigen Veda an Angaben über den 
väjapeya vorliegt. Allerdings wird in ihnen das Ritual des väj. über- 
haupt nur gelegentlich gestreift, nämlich eigentlich nur insoweit, als es 
sich in Texten des Rigveda um die Herstellung von castra handelt, die 
beim väj. zur Anwendung kommen, und bei den Texten des Sämaveda, 
um dergl. saman oder stoma. Indessen bei der hohen Bedeutung, die 
nun einmal dem väjapeya, schon als einer anerkannten, besonderen 
samsthä des soma-Opfers, zukommt, haben sich die sütra-Verfasser 
beider Veda doch gemüssigt gefunden, auch einige allgemeine Angaben 
darüber ihrer betreffende Darstellung vorauszuschieken. Und diese sind 
denn für uns eben von hoher Bedeutung, da sie uns mehrfach in ein 
früheres Stadium der rituellen Entwickelung, als selbst dasjenige ist, 
welches uns in den älteren Yajus-Texten vorliegt, hinzuweisen scheinen. 

Von ganz besonderem Belang in dieser Hinsicht ist die in der That 
sogar ziemlich detaillirte Darstellung bei Qänkhäyana (cr. 15, 1,1-3,17). 
Danach findet der väjapeya im Herbst statt, und ist bestimmt für 
(Jeden), der Nahrungsfülle wünscht'!, (annädyakämasya). Der Name 
wird (wie im Gatap. br.) erklärt durch: »Speise und Trank«. Und zwar 
sind unter peya (peyäh) speciell die das ganze Jahr vorher ein- 
nehmenden yajnakratu, vorbereitenden Feiern, zu verstehen; väja 
ist die Feier selbst; denn das Trinken gehe dem Essen voran.” Für 
diese Vorfeiern wird resp. eine doppelte Alternative angegeben. Ent- 
weder (monatlich) zwölf agnishtoma, oder der caturuttarastoma des 
Gotama abwechselnd mit einem einfachen (agnishtoma). Einige 
wollen von diesen pariyajna überhaupt nichts wissen. Indra (! voran) 
und Brihaspati haben durch dies Opfer Nahrungsfülle erlangt. Darum 
opfere damit, wer Nahrungsfülle wünscht. Väja Laukya” erlangte 
dadurch alle Wünsche. Darum opfere man mit dem väjapeya. 


! der durch den väjapeya zu erreichende Wunsch ist auch für den ersten 
sadyahkra maassgebend, s. Cankh. 14, 42, 5. 6. 

? pänam vai peyäh, annam väjah; pänam vai pürvam athä’nnam. 

> Repraesentant der »weltlichen Kraft«. 


802 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 

Es gehören dazu ı3 dikshä-Tage und drei upasad-Tage, der soma- 
Pressungs-Tag (sutyä) ist der siebzehnte. Der väjapeya repraesentirt 
nämlich den Prajäpati, der hierdurch als »Siebzehner«', erfreut 


wird. — Der Opferpfosten ist viereckig, von Bilva-Holz, hat einen Rad- 
kranz aus Weizenmehl und ist siebzehn aratni hoch. — Beim upa- 


vasatha giebt es statt des sonst üblichen einen agnishomiya-Opferthieres 
(Ziegenbockes) derer siebzehn, mit denen zugleich vorgegangen wird. 
— Als kratupacu fungiren: ein ägneya (-Bock), ein aindrägna (Bock), 
ein Schafbock für Indra, eine Schafmutter für Sarasvati und eine 
scheckige Kuh für die siegreichen Marut (marudbhya ujjeshebhyah). 
Dazu treten noch 17 dunkle (eyäva) hornlose, bärtige (Böcke) für Pra- 
japati:. Es wird mit ihnen bis zu ihrem paryagnikarana gleichzeitig 
mit den savaniya-Hostien vorgegangen. Sie werden unter Begleitung 
mit einem brahmasäman »herangeholt« (geopfert). Die adhrigu-Litanei 
wird bei jedem der 5 kratupacu wiederholt, ebenso die stoka-Verse. 
Hieran schliessen sich dann die anderen dergl., auf die Obliegen- 
heiten des hotar sich beziehenden, Details, unter wiederholtem Bezuge 
auf die Identität des väjapeya mit Prajäpati, dem »Siebzehner«. Ein- 
mal (3,1) wird dabei speciell auch auf das Paingyam verwiesen. 
Von den charakteristischen Vorgängen des väjapeya, dem Wett- 
fahren etc. ist nicht die Rede. Daher ist wohl auch kein Gewicht 
därauf zu legen, dass der caru für Brihaspati fehlt. Einen Hinweis auf 
das Ersteigen des Wagenrads durch den brahman, oder des Opfer- 
pfostens durch den Opfernden, enthält indessen wohl die Gleichstellung 
des väj. (2,26 fg.) mit dem vishuvant, Aequinoctium, weil es sich bei 
Beiden um Steigen handele: roho vai vishuvän, roho väjapeyah. 
Nur am Schlusse (3, 12-17) finden sich noch einige allgemeine An- 
gaben, über die zu gebende dakshinä nämlich: »Siebzehn Hunderte 
von Kühen giebt er, — siebzehn (Hunderte?) von Kleidern, — siebzehn 
angeschirrte Wagen, Streitwagen, Elephanten, Goldschmucke, Pauken, 
— dies sind sieben Siebzehnheiten, — das ist ein äptaväjapeya’, — 
von Jeder Art (vayaso-vayasah) je siebzehn, das ist ein Kuruväjapeya«. 
Nach dem Schol. soll es sich bei: vayaso-vayasah um die fünf 
Lebensstufen der Kühe handeln, so dass hiernach nicht bloss ı 700 Kühe, 
sondern 5X1700 zur Vertheilung kommen würden. Also eine Ver- 
grösserung der ohnehin schon grossen Zahl noch um das Fünffache! 
In Wahrheit aber handelt es sich vielmehr gerade umgekehrt um 
eine Abschwächung. Bei dem Kuruväjapeya sind nicht: siebzehn 


Hunderte von Kühen etec., sondern: von jeder der sieben aufge- 
! der Schol. bezieht dies auf die: 5 buddhindriya, 5 karmendriya, 5 vishaya, das 
ımanas (16) und den purusha Prajäpati selbst (17). 
® wohl: ein vollendeter, regulärer väjapeya. 


Weser: Über den väjapeya. 803 


führten Species (Kühe, Kleider ete.) nur je 17 Stücke zu geben, (ef. 
Käty.ı4, 2, 32 jäter jäteh, Läty 8, rı, 16 ekaikasya jätasya). 

In dem Vorstehenden erscheint Manches entschieden als alter- 
thümlicher als in den Yajus- Texten. Den Termin der Festfeier im 
Herbst hat ja auch Kätyäyana noch erhalten. Von dem samrä) aber 
ist gar nicht die Rede: das Opfer ist hier vielmehr für Jeden bestimmt, 
der Nahrungsfülle wünscht (annädyakäma). Der Väja Laukya, 
der »alle Wünsche« dadurch erreichte, weist durch seinen Namen auf 
den ursprünglich rein weltlichen Charakter der Feier hin. Auch 
wird hier Indra, nicht Brihaspati, als der eigentliche Träger der Hand- 
lung angegeben; Brihaspati tritt erst in zweiter Linie hinzu; dass 
der bärhaspatya caru gar nicht genannt wird, kann, wie schon be- 
merkt, event. nur auf der Kürze der hiesigen Angaben beruhen, ist 
nicht direet als Beweismittel geltend zu machen. Von besonderem 
Werthe aber sind die Angaben über den Kuruväjapeya. Der geringe 
Opferlohn, der bei dieser Form des väjapeya gegeben wird, scheint 
mir eine ältere Stufe zu repraesentiren. Je später, je maassloser 
werden diese Ansprüche; die falsche Interpretation des Schol. für: 
vayaso-vayasalı beruht auf dieser immer steigenden priesterlichen Hab- 
sucht. Vor Allem aber ist hierbei die Heranziehung der Kuru selbst 
von der grössten Wichtigkeit. Der Schol. zu Läty., s. im Verlauf, sucht 
zwar das Wort: kuruväjapeya nach Art von: kuväjapeya zu erklären, 
weil dabei eben geringerer Opferlohn gegeben werde. Dies ist indessen 
selbstverständlich gänzlich verfehlt. Der Name der Kuru führt uns 
vielmehr in die älteste vedische Zeit zurück. Zwar liegt das Wort 
in der Riks. nicht selbständig vor, indessen die Composita: Kurumga 
(Turvaceshu!) 8,4,19' und Kurucravana (Träsadasyava) 10,32,9. ER 
sowie die traditionelle Bezeichnung des Kurusuti Känva als Verf. 
von Riks. 8, 65-67, im Verein mit der hohen Stellung, welche die 
Kuru in den brähmana- und sütra-Texten einnehmen’, geben dem 
Namen Kuruväjapeya einen sehr alterthümlichen Hintergrund. Reicht 
derselbe doch sogar direet auch in die ärische Periode zurück, wie der 
Cyrus der alten Geschichte, der Kuru der altpers. Keilschriften, bezeugt. 

Die Bezeichnung des Prajäpati, als des »Siebzehners«, resp. als 
mit dem väjapeya identisch, weil nämlich Beide gleich reichen Segen 
spenden, und die Erklärung von väja und peya durch Speise und 
Trank bilden eine direete Brücke zum Yajus-Ritual. 


' Lied des Devätithi Känva. 

? Lieder des Kavasha Ailüsha. 

® cf. besonders auch die Stellung der uttara-Kuru (neben den uttara-Madra) im 
Aitar. br.; das Kurukshetram, die Kurupancäla und die Kuru-Srinjaya etc. gehören 
einer schon mehr seceundären, zum Epos hinüberführenden Stufe an. 


804 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


Ob die Auswahl der Verse für die einzelnen castra des väjapeya 
irgend welchen Schluss auf den ursprünglichen Charakter der Feier er- 
möglicht, ist zur Zeit noch, und vielleicht überhaupt, nicht zu ermessen. 

Von ganz besonderem Werthe für die höhere Alterthümlichkeit 
der Angaben Qänkhäyana’s über den väjapeya, denen der Yajus- Texte 
gegenüber, ist nun aber die zweite Stelle, in der er desselben spe- 
ciell gedenkt (16, 17, 1fg.). Der väjapeya wird nämlich daselbst (16, 
15,11) als samsthä für den sechsten Tag des sarvamedha ver- 
wendet', und dabei finden sich denn folgende, bei der eigentlichen 
Darstellung des väjapeya in ı5, ı-3 nicht erwähnte Details angeführt: 

ı. Der brahman besteigt ein Wagenrad von udumbara-Holz mit 
den Worten: »Mit des vdja (!)” Savitar Verlaub, dessen Befehl wahr- 
haftig ist, möchte ich den höchsten ndäka des Brihaspati ersteigen«; — 
3. »der Maruts, 


2. »des Indra«, wenn der Opfernde ein kshatriya ist; 


wenn er ein vaicya ist; — 4. auf diesem (in einem aufgepflanzten 
Pfosten) eingebohrten® Wagenrade sitzend, singt er, unaufgefordert, 
dreimal ein saman: — 5. oder er kann es auch dreimal nur murmeln; 


— 6. und (zwar)': »Sichtbar, ihr Leute?! gelangten zur Kraftthat die 
Rosse (d vdjam vdjino agman). Mit Verlaub des Gottes Savitar ersieget, 
o ihr Rosse! den Himmel«; — 7. mit demselben Spruche steigt er 


U nach Käty. 21, 2,10 (s.4) kann derselbe auch nach Weise des purushamedha 
begangen werden. 

® statt: väjasya, was hier gar nicht her passt, verwartet man: devasya, wie dies 
die solenne Formel in den Yajıs- Texten (s. auch unten bei Lätyayana, sowie auch hier 
in 6) ist; — väjasya ist hier wohl nur eine so zu sagen durch den »genius loci« 
inspirirte falsche Variante. 

® aviddhe näbhidaghnaviddhe, uddhrite. 

* ca ist hier eben wohl sö zu übersetzen: und (zwar lautet dasselbe); 
denn darüber dass der folgende Vers wirklich das vajinam sama repraesentirt, kann 
allein schon nach den Zeugnissen des Äcval. und des Läty., s. im Verlauf, kein Zweifel 
sein. Mädhava zu Panc. 18,7, ı2 eitirt dafür zudem den: ärscheyakalpa wie folgt: 
väjinam cai "va sama "dityänäm ca pavitram: ävir marya iti. 

°>d.i. wohl »vor Euren Augen ihr Leute«; — Mit ävir maryah beginnen 
Vs.10,9 die sogenannten ävid-Sprüche; ävir steht eben wohl für: ävid, von yvid 
iöcw »sehen« (im Veda auch sonst mehrfach in dieser Bedeutung!); das finale d ist 
zu r geworden; finales r lässt sich, nach anderen Vocalen als a @, von finalem s nicht 
scheiden, daher die übliche Aufführung der Partikel als: ävis. — Sö weit kommen 
wir, wenn wir uns auf Indien allein beschränken. Wir finden nun aber die Partikel 
avis (mit s) im Avesta direct vor (y.33,7) und daneben auch das daraus gebildete: 
ävishyay. 31,13. 49,5. Nun nimmt zwar Justi im Zend-Wörterbuch auch für dieses 
avis ebensowie, und zwar mit vollem Recht, für ävicti (ävitti), die Herleitung von 
yvid an, wie indessen d zu s werden soll, wenn nicht etwa eben doch durch das 
Medium von r, ist mir unklar. — maryäh ist ein zur Anrufs- Partikel gewordener 
Vocativ-Plur.; cf. Ind. Stud. 4,155, so wie Börruinek SW. 7, 367 Sp. 2 (1889), marya 
seibst ist hierbei nicht etwa von ymar, mori herzuleiten, sondern gehört zu ymar, 
smar und bedeutet eigentlich: lieb, dessen man gedenkt, cf. maryo na yoshäm abhy eti 
pageät; vielleicht gehört auch: maritus hierher, wenn es nicht zu Ymas zu ziehen ist. 


Weser: Über den väjapeya. 805 


herunter; — 8. »ich erstieg« ist die Variation beim Herabsteigen; — 
9. mittelst eines goldenen Gefässes vollzieht er die Einathmung (präna- 
bhhaksham) eines Bechers Meth und giebt dann das Gefäss hin; — 
ıo. »zum Himmel (divam) steigt dieser Opfernde«, oder »zur Himmels- 
welt (svargam) steigt dieser Opfernde«; — 11. sö (denkend) bewerfen 
sie ihn, wenn er den Opferpfosten ersteigt, mit Salzerde-Düten .«. 
Dies sind denn freilich der früheren Darstellung gegenüber viele 
Nova. Und es fragt sich daher vor Allem, wie wir uns dies zu denken 
haben. Sind es wirklich Nova, die nur hier zur Anwendung kommen, 
nicht dort, oder sind es nachträgliche Zusätze, die der Vf. von 
Buch ı6 macht, weil ihm die Darstellung: in Buch ı5 nicht genügte? 
Es lässt sich ja wohl für eine dergl. Zweiheit der Vff. von Buch ı5 
und 16 Allerlei anführen, was näher zu erörtern hier jedoch nicht 
am Platze ist; etwas Festes darüber liegt jedenfalls zur Zeit nicht vor. 
Andererseits hat die Annahme, dass alle die hiesigen Angaben wirk- 
liche Nova resp. nur für diesen Fall, nicht für den väjapeya über- 
haupt, bestimmt seien, denn doch sehr grosse Schwierigkeiten. 
Denn wenn auch das Wettfahren, das Besteigen des Wagenrades durch 
den brahman und des Opferpfostens durch den Opfernden, die hier so 
genau (bis auf das Bewerfen mit den Salzerde-Düten), zu dem Yajus- 
Ritual stimmen, in Buch ı 5 fehlen, so sind doch immerhin auch dort 
einige Indicien für sie vorhanden, in der Bezeichnung des väjapeya 
nämlich als eines roha »Steigens« und in der Aufführung der Pauken 
unter den Gegenständen des Opferlohnes. — Die wichtigste unter 
den hiesigen Angaben ist unstreitig die, dass das Opfer auch für 
die vaieya bestimmt war. Dies wirft ein ganz neues Licht auf 
die Situation. Dadurch tritt der annädyakäma in Buch ı5, und die 
Weihung des vom yüpa Herabgestiegenen für die »krishi« in Vs. 9,221, 
resp. der ursprünglich volksthümliche Charakter der Feier, in ein 
viel helleres Licht. Eine Spur davon liegt ja vielleicht auch noch 
in der Widmung eines der kratupacu (im Buch ı5, wie im Yajus- 
Ritual)' an die »siegreichen Marut« vor, deren Welt hier als die 
Welt der vaicya angegeben wird, wie sie ja auch anderweit mehr- 
fach als die »vie« der »Götter« erscheinen”. — Wenn die Darstel- 
lung in Buch ı5 darin alterthümlicher erscheint als die hiesige, dass 
sie den Indra voranstellt, Brihaspati erst in zweiter Linie aufführt, 
während hier die Reihenfolge; Brihaspati, Indra, Marutah vorliegt, 
nun, so erklärt sich dies wohl einfach dadurch, dass hier eben alle 
drei Kasten aufgeführt sind, somit auch ihre Götter in der dadurch 
bedingten Reihenfolge stehen müssen. — Dass die vaicya erst 


ck Catap. 5.9, 3,3. Katy. 14, 2, IT. 
® cf. daivir vigo marutah Käth. 21, 10; vico vai marutah Gat. 5, I, 3, 9. 


5 


S06 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


secundär, etwa speciell bloss für den sarvamedha', zur Feier des 
väjapeya dabei zugelassen seien, und dass ihre hiesige Aufführung 
eben hierauf beruhe, keine alte Übung repraesentire, scheint mir 
eine ziemlich schwierige Annahme. Wir sehen ja beim Yajus-Ritual 
zur Genüge, wie das Bestreben darauf gerichtet ist, den Indra, den 
Vertreter der zweiten Kaste, immer mehr in den Hintergrund zu 
schieben. Wie sollte man zu einer geflissentlichen Heranziehung der 
vaicya gekommen sein? Etwa speciell den kshatriya gegenüber? Un- 
möglich wäre es ja freilich nicht, dass man sich dabei von dem Grund- 
satz: divide et impera! hätte leiten lassen. Indessen bis jetzt liegt 
kein weiteres Indieium der Art vor, und bis auf Weiteres möchte 
ich daher die hiesige Zulassung der vaicya, im Gegensatz zu 
ihrem direeten Ausschluss im Yajus-Ritual, als etwas Alterthümliches, 
und Ursprüngliches ansehen. 

Die Übereinstimmung mit dem Yajus-Ritual ist im Übrigen eine 
so vollständige, wie man sie nur wünschen kann. Speciell auch die 
Formel: devasya (in ı freilich: väjasya!) savituh save satyasavasya er- 
hält dadurch weitere Beglaubigung. — Auffällig ist, dass der Wort- 
laut des säman, welches der brahman singt, durch ca angefügt ist. 
Als ob er es nicht sei. der demselben zu Grunde liege, sondern als 
ob er als etwas Neues dazu noch hinzutrete”. 

Die Darstellung des väjapeya bei Acvaläyana (9, 9) ist ziemlich 
dürftig, bringt wenig Neues und erweist sich, der des Gänkh. gegen- 
über, schon dadurch als secundär, dass ihr zufolge die vaicya davon 


3 


ausgeschlossen sind, vielmehr nur ein König” oder ein »brähmana« 


! dass sie gerade auch zu diesem hochheiligen Opfer, das noch über das Pferde- 
opfer (Cänkh. 16,1-9) und das Menschenopfer (Qänkh. 16, 10-14) hinausgeht, 
als Opfernde zugelassen waren, ihnen somit ebenso gut wie den beiden oberen 
Kasten die Möglichkeit, die allerhöchste Opferstufe zu erklimmen, freisteht,. ist 
Ja, dem System nach, welches alle drei Kasten zum upanayana zulässt, selbst- 
verständlich, immerhin aber doch der hiesige praktische Beleg dafür, dass das 
Ritual von vornherein darauf direet zugeschnitten ist, von erheblichem Interesse. 

?2 so auch das Schol. etac ca japed, gäyed vä. — In Wahrheit steht die Sache 
eben doch so, dass der Vers: ävir maryä ä& väjam.. wirklich die yoni zu dem 
säman ist, welches der brahman hier zu singen hat. Denn er wird factisch unter den 
voni-Versen der Samasamhistä 1,5, 1, 5,9 (1,433), mit der (irrigen) Variante: savam 
statt: save, aufgeführt, und wird auch im Comm. dazu ausdrücklich als: vajinam 
säma bezeichnet, s. Benrey Sämav. 1, 191; wie denn auch Läty. 5, ı2, ı4 unter den 
Obliegenheiten des brahman ausdrücklich anführt, dass er »ratheshv äjim dhavatsv avir 
maryä iti gäyet«. So werden wir uns denn wohl über das ca des hiesigen Textes 
einfach hinwegzusetzen haben. Auch hat ja der Schol. zu 5 ausdrücklich: pakshän- 
tare, väcabdät, tasyai 'va sämno yonim vakshyanänikäm trir japet. Und das Gleiche 
werden wir sofort bei Äcvaläyana vorfinden. 

> dieser steht immerhin noch voran; aber es ist nicht von einem räjanya, nur 
von einem räjan, die Rede. 


06) 


07 


WEBER: Über den väjapeya. - fe 
) 


damit zum Zweck des ädhipatya, der »Oberherrschaft«, opfern darf; 
der Erstere opfert danach das räjasuya', der br. den brihaspatisava. — 
Die Zahl siebzehn tritt zunächst in der Zahl der dikshä-Tage hervor 
(oder es sind im Ganzen 17 Tage, nämlich 31 dikshä, drei upasad, dazu 
der sutyä-Tag). — Während die übrigen Priester einfache »Goldkränze « 
tragen, wird von dem des hotar angegeben, dass er aus 100 Lotus- 
blumen (pushkara) bestehe, deren Staubfäden Diamanten(!) seien’. — 
Eine bärhaspatyeshti wird dabei besonders betont, und ein dem 
Rik fremder Vers an Brihaspati” dafür aufgeführt. — Wenn die 
adhvaryu (den Opfernden) in dem Wettkampfe siegen lassen‘, dann 
besteigt der brahman ein an der Passage-Stelle auf einem Pfosten be- 
festigtes Rad, und singt, während dies nach rechts gedreht 
wird’, das väjinäm säma°, dessen Wortlaut zugleich in der bei 
Gänkh. angegebenen Weise vorgeführt wird’, und zwar ohne dass hier 
ein ca dabei stünde (s. oben p. 804. 806). Interessant ist die hieran sich 
knüpfende Angabe: »wenn er das säman nicht gelernt hat (nicht 
singen kann), yadi säma na dhiyät, möge er diese ric (bloss) dreimal 
murmeln. — Am Schluss 9, 14—17 finden sich sehr mannichfache Alter- 
nativen für den Opferlohn: 14. Hunderte von Kühen, dazu je 17° mit 
Rossen bespannte Wagen, Reitpferde, Zugpferde, grosse Lastwagen, 
mit Goldschmuck am Halse geschmückte Sclavinnen (däsinam nishka- 
kanthinäm), mit goldenem Gurt versehene Elephanten; — 15. oder 
zehn andere Gruppen von Besitzthümern, zu je 100 bis zu unum- 


! wer ädhipatyam erreicht hat, sollte eigentlich über das räjasıyam hinaus sein. 
Aber auch im Yajus-Ritual steht der väjapeya vor dem räjasıya, während er doch 
im Rang darüber steht (durch v. wird man samräj, und räjan ist eine niedrigere 
Stufe als samräj): daher ist denn auch das räjasüyam nach Käty. 15, ı, 2 nur für einen 
König, der noch nicht mit dem v. geopfert hat anishtino väjapeyena. Und so steht 
denn im Cat. Br. selbst das räjasııya gelegentlich vor dem vajapeya, s. (at. 6,6, 1, 1. 
10,.155,9 (ebenso Aths. 11,7,7). 

? täni ca pushkaräni vajrakimjalkaih, vajranamakaih ratnaviceshaih, kritakimjalkäni. 

® brihaspatih prathamam jäyamäano brihaspatih samajayad vastıni . 

* yadi (für yada!) tv adhvaryava äjim japayeyuh; dies Causale der yji erklärt 
der Schol. durch: gamayeyuh! 

5 dies ist etwas Neues; hat wohl den Zweck dafür zu sorgen, dass die Stimme 
des brahman nach allen Seiten hin gleichmässig erschallt und ihre Wirkung thut. 

° brahmä tirthadece mayükhe cakram pratimuktam tad (! wozu dies: tad?) äruhya, 
(hier fehlt tasmin!) pradakshinam ävartyamäne vajinäm säma gäyät (! d.i, gäyet). 

” ävir marya A väjam väjino agnan, devasya savituh save svargäh arvanto ja- 
yatah, svargan arvato jayat? ’ti va. — Hierbei ist sowohl jayatah wie in der Variante 
Jayit falsch; es muss beide Male jayata (das zweite Mal resp. jayate 'ti) heissen; — 
ebenso ist die durch den Text als Variante hingestellte Form: arvato falsch; ar- 
vato kann nur Gen. Singul. oder Acc. Plur. sein, was Beides hier nicht passt. 

° saptadaca saptadacäni; der Schol. erklärt Letzteres für einen: apapätha; es 
sei nur saptadaca gemeint, resp. sö zu lesen. So bei 9, 14; dasselbe gilt dann natürlich 
auch für 9,17 (saptadaca saptadagäani sampädayet). 


808 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 23. Juli. 


schränkter Zahl'; — ı6. oder die sub ı4 aufgeführten Gegenstände 
je verdoppelt”; — ı7. oder er bringe (beliebige Gegenstände), je zu 


17, zusammen. Hier zeigt sich die priesterliche Habgier in ihrem 
vollen Glanze. Die letzte Alternative geht freilich, wohl im Interesse 
des faetisch Erreiehbaren, auf die geringen Dimensionen des Kuru- 
väjapeya zurück, ohne indessen diesen Namen zu nennen. 

Wie in dem Rigbrähmana’, so liegen auch in dem Sämebrähmana 
nur kurze Angaben über das Ritual des väjapeya’ vor. Dagegen im sütra 
des Lätyäyana finden wir dasselbe, natürlich speeiell mit Rücksicht 
auf die Obliegenheiten des udgätar dabei, ziemlich detaillirt, zunächst 
in 8,11.12, behandelt. Von grosser Bedeutung ist hierbei vor Allem 
die Angabe über den Zweck des Opfers (s. schon oben S. 768. 769). 
Nieht die Würde des samräj, oder svaräj, oder adhipati, wird dadurch 
erreicht, auch opfert damit nicht ein annädyakäma, sondern der- 
jenige, »den die brähmana und die Könige voranstellen wollen, 
so dass es sich diesem Wortlaut nach hierbei ganz gut bloss um die 
Ehrenerweisung an einen Sieger bei einem Wettfahren, event. 
also auch um einen vaicya handeln könnte, falls dies etwa ur- 
sprünglich die Grundlage der ganzen Feier gewesen sein sollte. Selbst 
Agnisvämin scheint noch etwas der Art zu fühlen, da er dem allge- 
meinen Ausdruck: yam..sa.. eine Stelle aus dem Taittiriyaka gegen- 
über stellt: brähmanakshatriyayor eva väjapeyah, na vaicyasya, die 
den vaicya direct ausschliesst. Diese Stelle selbst ist nun zwar bis 
jetzt nicht nachweisbar, wird ja aber für die Yajus-Texte durch 
die ebenfalls von Agnisvämin eitirte Stelle aus dem kalpakära (d. i. 
Käty. ı4,1,1): väjapeyah carady avaicyasya ersetzt, und ist ihrem 
Inhalt nach für sıe ja überhaupt notorisch. Nach dem aber, was 
wir soeben bei Qänkh. zu Gunsten der vaicya vorfanden, so wie 


! dhanänäm catävamä-’parärdhyanam; catävamanam cataprabhritinam; parär- 
dhyam paro ’vadhis, tad yasya na sti tad aparärdhyam, aparimitaparavadhinäm. 

? pürvän vä ganaco "bhyasyet; nach dem Schol. soll dies sogar: verzehnfacht 
bedeuten. 

> s.z.B. Cänkh. br. 10, ı (väjapeyayüpah .. saptadacäratnih .. ashtäcrih.), — 
30,11 (väjapeyasya cä’tiriktastotram). 

* väjapeyayajı vava prajapatim äpnoti Panc.ı8, 6,4; — viyonir väjapeya 
ity ähnh (ef. Käth. 14, 10) präjäpatyah san niruktasäme ’ti, yad aniruktam prätahsa- 
vanam tena sayonih ibid. 9; — tasmäd väjapeyayäjy apratyavarohi 18, 6,12 (asyam 
hi so "dhy abhishieyate), — prajäpatir akämayata: väjam äpnuyam svargam lokam 
iti, sa etam väjapeyam apacyad, väjä-”peyo vä esha,, väjam evai 'tena svargam lokam 
äpnoti 18,7,1, — aus den ibid. noch vorliegenden kurzen Angaben: »hirayasraja ritv- 
ijo bhavanti 6, äjım dhävanti yajamanam ujjapayanti og, näkam rohati ı0, väjınam sama 
brahmä rathacakre 'bhigäyati ız« ergiebt sich im Übrigen wesentlich dasselbe 


Bild des Vorganges, das wir vom Yajus-Ritual her kennen; — yo vai va- 
jJapeyah sa räjasüyah, yo räjasıyah sa varunasavah 19, 13,1; — saptadaga (-chadana, 


audumbari) väjapeyäptoryaämnoh Shadv. 4, 3. 


WEBER: Über den väjapeya. 809 


auch der allgemeinen Formel: yam... sa... gegenüber, scheint der 
direete Ausschluss des vaicya sich als ein seeundärer zu bekunden, 
der im absichtlichen Gegensatze zu der früheren Berechtigung 
desselben steht und dieselbe als früher bestehend implieite bezeugt! 
Die weiteren Angaben bei Läty. an der a. Stelle lauten: 
8, 11,2. Nachdem die Weihe am Vollmond stattgefunden, sollen es 
3. oder siebzehn; — 4. findet die Weihe 


ı3 dikshä (-Tage) sein; 
am Neumondstage statt, sollen die dikshä nach Gautama einen 
Monat dauern, — 5. nach Dhänamjayya ein Jahr lang; auch sollen 
sechs upasad (-Tage) und eine agnieityä dabei stattfinden. 

Diese Angaben erhalten durch die darin vorliegende Beziehung 
auf die bei Lätyäyana so vielfach neben, resp. in Widerspruch mit, 
einander genannten beiden Lehrer eine gewisse Solennität und Alter- 
thümlichkeit. Und das Gleiche gilt denn auch von den nun noch 
weiter sich anschliessenden Angaben (6-15) über die Vorfeiern und 
Nachfeiern, die im Wesentlichen zu Käty. 14,1, 2-9 stimmen, aber 
dureh die Berufung auf die verschiedenen Ansichten von: Lämakäyana 
(7; räjaslyavidhena yajeta), Dhänamjayya (12.), Cändilyäyana (13.) und 
Gautama (14) Zeugniss dafür ablegen, wie lebhaft dieser Gegenstand 
von den alten Ritualisten behandelt worden ist. Und zwar ist Kä- 
tyäyana hier eben wohl der entleihende Theil, wie er sich ja auch 
noch anderweit (22, 5, 1. 6, 25) direct auf das Chändogyam als seine 
Vorlage (Chändogye viceshah) beruft. 

Es folgen ziemlich detaillirte Angaben über die dakshinä. 

16. Selavinnen, Goldschmucke (nishka), Steitwagen, Elephanten, 


Wagen, Kühe, Packpferde', siebzehn von jeder Art’; — ı7. von den 
Kühen sind (17) Tausende oder Hunderte (zu geben); — ı8. oder 


auch nur 17 Kühe, das nennt man einen Kuruväjapeya. 

Diese letzte Angabe wird von Agnisvämin dahin erklärt, dass 
kuruväjapeya soviel sei: als kleiner v. (alpako v.), wie ja auch ein 
kleiner Strom: kurunadikä heisst, wofür er jedoch als Beispiel: »su- 
pürä® vai kunadikä« anführt. Da handelt es sich somit nieht um 
kuruna°, sondern um kuna°, für welches Wort diese Bedeutung ja 
auch ganz passend ist, während sie für kurunadikä sich schwerlich 
eignen möchte! — Was nun den Namen: Kuruväjapeya betrifft, so 
sahen wir bereits oben, dass in ihm wohl eine historische Erinnerung 
daran erhalten ist, dass der väj. ursprünglich eine einfache volks- 


! prishthyänäm cä ’cvänäm; Agnisvämin: prishthena vahati 'ti prishthyalı; hier ist 
wohl vielmehr: pashthyänäm zu lesen, cf. pashthaväh, pashthanhi; — pashtha von 
Wurzel: pac »binden, festmachen«, zu der neben pacu, päga auch (mit finaler Sonans): 
pafjara, myyvun, lat. pangere, pactum gehören. 

? ekaikasya jätasya, ef. jäter-jäteh bei Käty., vayaso-vayasah bei Cänkh. 

® lies vielmehr: supdrä, cf. Paücatantra ı, 31. 


810 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 28. Juli. 


thümliche Feier war, bei der es sich statt des späteren maasslosen 
Pompes nur um einen bescheidenen Opferlohn, ı7 Kühe, handelte. 

Die folgenden Angaben (19-25) Lätyäyana’s beziehen sich auf die 
Vertheilung der dakshinä: 


20. oder an die 
vier Hauptpriester' je das Beste; — 2ı. (und zwar) gebe er dem 
udgätar” den Wagen, mit dem er das Wettfahren bestanden, und den 
Sessel nebst Decke, den er nach! der Salbung besteigt, — 22. dem 
hotar das Bockfell nebst Goldschmuck, auf dem sitzend er gesalbt 
wird, — 23. die aus Kleidern bestehende Umgürtung (des Opfer- 
pfostens) dem adhvaryu, — 24. das goldene Gefäss voll madhu dem 
brahman, — 25. oder ein Metall-Gefäss oder mit madhu vermischte 
Goldspäne. 

Diese Angaben sind schon darum werthvoll, weil sie für die 
Identität des Rituals mit dem Yajus-Ritual direet eintreten. 

Von ganz besonderem Interesse aber sind die Angaben in 8, 12 
über die Obliegenheiten (vratäni), welche ein väjapeya-Opferer zu er- 
füllen hat. An der Spitze (12, ı) steht die hochwichtige Angabe: 
kshatravrittim vartayet, dass er das Leben eines kshatriya zu 
führen habe. Agnisvämin erklärt dies zwar dahin, dass er den Veda 
nur studiren, nicht lehren, und dass er zwar geben, aber nicht empfangen 
dürfe (adhiyita na "dhyäpayet, dadyät na pratigrihniyät), wie dies 
denn ja allerdings die secundär so beliebte priesterliche Systematik 
der Kasten entschieden verlangt. Ursprünglich wird der Sinn hier 


ı9. man vertheile sie gleichmässig an die ritvij; 


aber doch wohl ein ganz anderer gewesen sein, und liegt in diesen 
Angaben wohl vielmehr eben ein Beweis dafür vor, dass der väja- 
peya eigentlich nur dem zukommt, der, sei er welchem Volkstheile 
immer angehörig, sich ritterliche Lorbeeren nach Art eines ksha- 
triya errungen hat, und dass nur diejenigen »brähmana«, die als 
kshatriya lebten, die Feier begehen konnten. — Lätyäjana fährt fort: 

2. denen gegenüber, welche den väjapeya nicht geopfert haben, 
unterlasse er: das vor ihnen Aufstehen, das sie Anreden, das hinter 


ihnen drein Gehen, das mit ihnen zusammen Liegen; — 3. denen 
gegenüber, die den väjapeya geopfert haben, verfahre er hierbei 
dem Alter nach; — 4. nach Lämakäyana ist er von diesen Obliegen- 


heiten frei, sobald er mit dem pratyavarohaniya geopfert hat. 

Die väjapeya-Opferer bildeten hiernach eine aristokratische Gruppe 
für sich, die streng auf ihre Vorrechte hielt, die sonst nur dem 
Könige zukamen, über die sie somit erhoben, oder denen sie doch 


! madhyatahkäribhyah, den Centralstellen. 


®2 im Sämasütra steht eben der udgätar voran 


Weser: Über den väjapeya. s1l 


dadurch zum Wenigsten gleichgestellt wurden. — Wer da wollte, 
konnte sich indessen nach Lämakäyana dieser Vorrechte auch wieder 
begeben. Der pratyavarohaniya, der als Mittel dazu angegeben wird, 
ist nach Cänkh. 14, 11,1 Name eines besonderen ekäha; nach Mädhava 
zu Panc. (8, 6,13) versteht der ärsheyakalpa darunter einen be- 
stimmten jyotishtoma, während die Bahvrica den brihaspatisava; 
nach Lätyäyana selbst (8, 11,14) soll der pratyavarohaniya, nach 
Ansicht des Gautama, unter Ausschluss aller anderen pariyajna, 
den Schluss eines jeden väjapeya bilden. Aus der Differenz dieser 
Ansichten geht zum Wenigsten wohl das hervor, dass es sich hier 
um einen Gegenstand mannigfacher Discussion handelt, über den 
man nicht zum vollen Abschluss gelangt zu sein scheint, eine Bürg- 
schaft, wohl auch direet für das verhältnissmässige Alterthum der 
Sache selbst. 

Der Rest des Capitels (8,12, 5-15) behandelt die verschiedenen 
vikalpa des väjapeya in Bezug auf die Herstellung der stoma des- 
selben. Beim normalem (präkrita) väjapeya reichen die 17 stoma 
vom ekin an, je um zwei (anshara?) steigend, bis zum trayastrinca 
und führt er den Namen: »niederwärts zerrender (sich spreizender?) 
Pfau« mayüro nikarshi'. Bei einer Speeialität hierbei wird noch (9) 
Dhänamjayya als Autorität genannt, und am Schluss (15) wird die 
Meinung Gautama’s vorgeführt, dass von allen den angeführten Varie- 
täten keine wirklich der väjapeya, daher auch der Opfernde nicht 
verpflichtet sei, dafür dıe väjapeyadakshinäs zu zahlen. — Hier giebt 
sich eine sehr grosse Unsicherheit und Latitüde kund, die eben wohl 
auch als ein Zeichen des Alters anzusehen ist. 

Ausser diesen beiden Capiteln, in denen Lätyäyana den väjapeya 
direet behandelt, gedenkt er eines besonderen Umstandes dabei noch 
an einer anderen Stelle, und zwar in sehr eingehender Weise. Wie 
wir bereits sahen, ist das väjinäm säma von dem brahman zu 
singen’, nicht vom udgätar, und wird dieser Umstand daher in dem 
diesen Priester betreffenden Abschnitte (4,9-5,12), in einer dem Yajus- 
Ritual durchaus entsprechenden Weise, behandelt (5.12, 8-25): 


! sie! man sollte eigentlich das Gegentheil erwarten: ein sich von unten nach 
oben (resp. nach allen Seiten hin) spreizender Pfau! 

?® cf. noch: prathamena (mantrena) väjapeyasämno (°mnah stomam) yuüjyät 
Läty. 2, 5,23 — aindram saha iti camasasya sat(t)re trishtupchandasaä väjapeyasämni 
bhakshayed iti Gautamah 3,1,23, — drishtam cä’nena (brahmanä) saämagänam vä- 
Japeyasauträmanyoh 4, 10,14 (sollte nicht auch dieser Umstand, dass bei 
diesen beiden Opfern nicht der udgätar, sondern der brahman, die säman singt, 
als ein alterthümlicher Zug aufzufassen sein?) — stuta devena (Bibl. Ind. hat 
sruta°) saviträ prasütä ity anumantrayeta mänasam (stotran dagame’hani) väjapeye 
ca brihat 5, 11,9. 


Sitzungsberichte 1892. 71 


812: Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 28. Juli. 


8. ... (zur bestimmten Zeit) lässt er den sadasya' auf dem 


brahmäsana Platz nehmen und geht hinaus; — 9. vor dem ägnidhriya 
sei ein Pfosten eingegraben; — ı0. rechts vom märjäliya, innerhalb 
der vedi, nach Gändilyäyana; — 11. darauf sei ein siebzehnspeichiges 
Wagenrad aus udumbara-Holz befestigt; — ı2. in dessen Ermangelung 
irgend ein anderes Wagenrad; — 13. darauf lege er beide Arme mit den 


Worten: mit des Gottes Savitar Verlaub, dessen Befehl wahrhaftig ist, möchte 
ich zu dem höchsten Himmel des kräftigen, kraftersiegenden Brihaspati? hinauf- 
steigen; — 14. während die Wagen den Wettkampf laufen, singe er: ävir 
maryä iti, indem er das d bei Beginn des udgitha auslässt; — ı5. an 
Stelle dessen hole er die beiden Silben: agman herzu (und singe sie), 
wenn die Wagen fort sind; — ı6. wie überliefert? (singe er), wenn 
sie zurücklaufen oder angekommen sind; — ı7. oder in allen Fällen 
wie überliefert ist; — ı8. umwendend singe er‘, nach Umwenden 
singe er, gesungen habend wende er um, oder ein Anderer als der 
Singende wende um; — ı9. nach Norden zu denke er’ an den Ab- 
stieg mit: du bist des Vishnu Schritt, du bist des Vishnu Schreiten, du 
bist des Vishnu Erschreiten; -— zo. nach rechts sich wendend trete er 
(wieder) in das sadas ein; — 2ı. und dort sitzend nehme er Gold 
und madhu, je einzeln, in Empfang, — 22. Und beim ritapeya auch 
noch den als dakshinä dienenden Becher; — 23. das madhu gebe er 
einem (anderen) brähmana, das Gold lege er für sich bei Seite; — 
24. 25. (Bestimmungen über den Becher in 22.). 


! sadasya ist nach Läty. 8, ı1,ı5 ein neben den ı6 Priestern als Siebzehnter, 
als Gehülfe (resp. gelegentlicher Substitut, damit der betreffende Platz in sadas nicht 
leer bleibe) gewählter brähmana. 

?® brihaspater väjino väjajito varshishtham adhi näkam ruheyam; — hier ist 
nur von Brihaspati die Rede, nicht einmal von Indra, geschweige denn von den Marut, 
wie bei Cänkh. ; — varshishtha (sö. auch Ts.) ist ein altvedisches Wort, und überragt an 
Alterthümlichkeit bei Weitem das im (übrigen) Yajus-Ritual (ausser Ts.) und bei Cankh. 
16,17,1 in dieser Stelle gebrauchte Wort: uttama; es gehört nebst varshiyas, varshman 
(s. Ind. Streifen 2,117*), und vriksha (zend. varesha) zur ybrih, vrih und tritt für das alte 
Alterniren von d und v im Anlaute dieser Wurzel ein (cf.zend. bareshnu). Ähnliche Fälle 
liegen bei bala, bali, bäala neben lat. valor, sowie bei bandh, bädh, vadh etc. vor. 

® yathädhitam, eig. »wie durchgegangen«, »wie memorirt« (mündliche 
Überlieferung!), d.i. also: ohne Weglassung des d. — Es bleibt zunächst unklar, ob 
es sich um das @ von ävir oder um das vor väjino stehende @ handelt; eigentlich sollte 
letzteres gemeint sein, denn nur dieses d, nicht das in ävir steckende dgl., hat 
Beziehung auf die herankommende Bewegung der Wagen und ist somit dessen Weg- 
lassung, so lange die Wagen fort laufen, resp. fort sind, so wie seine Wieder- 
einsetzung, wenn sie heran kommen, oder da sind, eine dazu passende. 

* es sind dies lauter Alternativen; das Singen soll fortdauern, so lange die 
Wagen laufen. 

° im Yajus-Ritual sind dies nicht bloss Gedanken, mit denen er den Abstieg 
begleitet, sondern Sprüche, und zwar zu einer anderen Gelegenheit gehörig (im 
weissen Yajus fehlen diese Sprüche) s. Ts.1,7,7,2 (RoER p.1007). 


Weser: Über den vajapeya. 813 


Im weiteren Verlaufe der vedischen, oder gar der nachvedischen 
Litteratur spielt der väjapeya keine besondere Rolle mehr. Im Epos 
wird er zwar, cf. die im Per. W. aus MBhärata, Rämäyana und den 
Puräna angeführten Stellen‘, gelegentlich erwähnt, aber ohne rechtes 
Leben. — In den Scholl. sodann zu Pänini und zu den värttika 
dazu” findet sich noch mehrfach Bezug auf das Wort, doch im We- 
sentlichen eben nur auf die im Veda vorliegende Behandlung des Gegen- 
standes. — Die scholastische Systematik hat indessen an diesem Opfer, 
als einem nicht nur zu Recht bestehenden, sondern auch zur fac- 
tischen Ausführung gelangenden, bis in die moderne Zeit hinab fest- 
gehalten. Von Ananta, dem Vf. eines Commentar des Kätyäyana- 
crautasütra heisst es dabei (s.Käty. preface p. VIIn.), dass er ı2 (oder 
ı1) väjapeya, 5 (oder 3) agnieityä, 110 (oder 81) andere soma-Opfer 
vollzogen habe, und führt er daher den stolzen Titel: svarät-sam- 
rät-sthapati mahäyäjnika”. Ein anderer moderner Autor führt den 
Titel: saptasomayäji väjapeyi-Gopinätha, s. AUFRECHT Oxf. 142°. Und 
ein dritter nennt sich Räma-väjapeyin, ebend. 142°” 279° (im Verz. 
Berl. S. H. No. 1086: findet sich die Angabe: Rämaväjapeya uväca). 

Die alte volksthümliche Festfeier klingt somit in ihrer brähma- 
nischen Umgestaltung bis in die Neuzeit hinab. 


! kratün väjapeyän...yatase... kartum MBhr. 2,233, — tatra snätvä ... vajapeyam 
ca vindati 3, 6048, — trayo yuktä vajapeyam vahanti 3,10660, — väjapeyeshu dagasu 
prädam täny...13,4927, — väjapeyasamutthäni chatträni Rämäy. 2, 45, 22-24; — als 
somasamsthä im Bhavishyapur. bei Aurrec#r Oxf. 3ob ıo, — und in Paräcara ibid. 
266® 40, — väjapeyam sagosavam (sasarja) Bhäg. Pur. 3,12,40, — Daksha opferte 
hinter dem väjapeya mit dem brihaspatisava ib. 4,3, 3. 

® nach den Scholl. zu Pän. 4,3,66 värtt.2.3 bedeutet väjapeya auch soviel als 
vajapeye bhavo mantrah, oder väjapeyasya vyakhyanam kalpah; — durch 4, 3,68; 5,1,95 
wird, dem Schol. nach, die Bildung des Wortes väjapeyika resp. die des Feminins 
dazu: väjapeyiki (dakshina) gelehrt. 

® ebenso wie Prajapati, Vater des Deva, eines anderen dgl. Scholiasten: trirag- 
nieit-samrät-sthapati-tringatkratukrin -mahäyäjnika titulirt wird. 


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815 


Die aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit 
nach Papyrusurkunden. 


Von OrTo HigscHrELD. 


(Vorgetragen am 24. März [s. oben S. 213]). 


Aıs Nachtrag zu der von mir in den vorjährigen Sitzungsberichten 
veröffentlichten Untersuchung über die Sicherheitspolizei im römischen 
Kaiserreich mag hier eine Mittheilung über zwei unedirte Papyrus- 
urkunden eine Stelle finden, die ich mit freundlicher Erlaubniss der 
Einsender, der HH. Wessery in Wien und Wırcken in Breslau, zum 
Abdruck bringe. 

Die erste Urkunde, die sich in der von dem Königlichen Museum 
in Berlin angekauften Sammlung Brussca P. 6915 befindet und von 
Hrn. WiLckEN copirt ist, »enthält einen Erlass (rap&yyeAuz) oder genauer 
gesagt, wie aus dem Fehlen des Absendernamens und der sonst üblichen 
Formeln hervorgeht, die Abschrift eines solchen, der Schrift nach zu 
urtheilen wohl aus dem dritten Jahrhundert n. Chr.«, der folgenden 
Wortlaut hat: 


Kuuns Zoxvor[aiov Nycov. Halpayserreraı rois ürlo]- 

yeypanmevos Anoromaorails mpogejASeiv rois 775 Kwung 

Önmocicis xl dvalnrjoaı Touls dval|nrounsvous xuxoupyovs. 

"Eav d& dueryower, OlsJole]uevoe reulp]Sncov[r]aı Emi rov Auurpor(arov) 
5 Audv Hyenovd. 

Eicı d& 

Zereovds IaxUcews TOO 22... Taguuıs UnYavapıos. 

’Eievs (sie) "AAarovrews. Zwräs "Npiwvos. 

Oörnbäus Iauovs. 


Dazu bemerkt Hr. Wırcken: »Nach analogen vollständigeren Texten 
ist es so gut wie sicher, dass der Erlass von einem der beiden Stra- 
tegen des Arsinoitischen Gaues ausgegangen ist und zwar von dem- 
jenigen, in dessen Bezirk das Dorf 3oxvorsiov Nycos liegt, also dem 
Orparmyos Tns Hpaxreideu mepidos. Der Strateg fordert fünf Bewohner des 


816 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 28. Juli. — Mittheilung v. 24. März. 


Dorfes auf, den Dorfbehörden (dyuocıc) ihre Dienste zu leihen, um 
die Verbrecher, auf die man fahndet, aufzuspüren. Falls sie dieser Auf- 
forderung nicht nachkommen, sollen sie gefesselt an den praefectus 
Aegypti geschickt werden. 

Der Text lehrt uns also die Verpflichtung der Dörfler, unter 
Umständen als Diebsfänger (Aysrorızcrai)' den Polizeiorganen beizu- 
stehen. Dass die aegyptischen Bauern sich ungern dazu verstanden, 
zeigt die strenge Strafe, die ihnen angedroht wird. Da die Diebs- 
fänger hier als eine feste Kategorie erscheinen und die Verbindung 
Tols Umoyeypaumsvos Anoremiaotais geradezu auf einen titularen Gebrauch 
des Wortes hinzuweisen scheint, so dürfte anzunehmen sein, dass immer 
ein bestimmter Theil der Dorfbewohnerschaft zu diesem Posten de- 
signirt war, um dann im gegebenen Falle nach Aufforderung durch 
den Strategen in Action zu treten. 

Unter den dyuccıcı sind im Allgemeinen die Behörden des Dorfes 
(nicht die dyuecwc yewoyor) zu verstehen; im Besonderen mag hier aber 
an die Dorfpolizisten (®VAxxes) gedacht sein, die sich unter den dyuscicı 
befinden. Letzteres zeigt der Berliner Papyrus 2286 + 2287, der zum 
Theil von Monnsen in den » Eiudes archeologiques et historiques dediees 
a Mr. le Dr. Lexmans« (Leyden 1885 p.ı9) publieirt, später nach Zu- 
sammensetzung beider Fragmente im Hermes 23 S. 598 nochmals kurz 
von mir besprochen worden ist. Dieser Papyrus enthält, wie die Ein- 
leitung sagt, eine Liste, eine ypabn mpeod(urepwv) za dpy,sdodwv zul aAAwv 
Öönusciwv des Dorfes Muchis (im Arsinoitischen Gau), eingereicht an den 
Strategen von den mpeo Qurepa, die hier an Stelle des KWUOypauuareUs die 
Verwaltung leiten (vergl. Hermes a.a.0.). Demgemäss folgt zunächst 
die Liste von 8 wpeoßvrepoı (mit Angabe ihres cos), darauf 2 dpwehade, 
endlich 2 $iraxes. Die Letzteren sind also die &Arcı dymocuc.« 

Diesen Ausführungen des Hrn. WırLcken möchte ich nur hinzu- 
fügen, dass die Unterstützung der Beamten zur Aufspürung von 
Räubern und Missethätern seit alter Zeit in Aegypten unter Androhung 
harter Strafen vorgeschrieben war,” wie aus der Mittheilung Diodor’s 
(I, 77, 3) aus den altaegyptischen Gesetzen erhellt: e/ rıs &v 6d@ xara 
rnv Kupotv Idwv doveuowevov AvIpwrov n ro xaderou Aıaıov Tı maoyovra um 
 plodıro duvarıs Wv, Yararw mepımeneiv wabeırev- Ei d& mpos arygeıav dia To 
dduvarov um KATIOYUCEL Bondica, unvical ve TATWs WEIRE ToUs Ayoras 
al emekievaı Tyv mapavomiav- Tov dE TaUTa un ModEavra Kara Tov vonov Ede 


! Das bisher unbekannte Wort ist, wie Hr. Wırcken bemerkt, ein Analogon zu 


dem bei Hesychius vorkommenden srgouSorwstns (Vogelfänger). 

? Vergl. Lumsroso recherches S. 249, der Diodor und den Papyrus Nr. 42 an- 
führt; derselbe ist von Hrn. Wırcken nachverglichen und die Lesung in einigen wesent- 
lichen Punkten berichtigt worden. 


” * . . .. . I * . Loy 
Hırsc#reLp: Die aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit. 81‘ 


uasrıyevoYaı Terayusvas mANyas nal maons eipyeoIaı TpobAs Emi Tpeis Muepas. 
Zum Vergleich, obschon hier die Situation eine wesentlich andere ist, 
könnte auch an den Papyrus des Louvre (Nr. 42: notices et extraits des 
manuscrits XVII, 2 p. 307 ff.) erinnert werden, in dem ein wahrschein- 
lich im Jahre 156 v. Chr. geschriebener Brief eines Bapxaios [6] xa: 
"Auuwvios an einen "AroAAuwvios erhalten ist, der im Serapeum von Mem- 
phis wohnte und in einem anderen Papyrus (Nr. 45) als yysuwv xal Emı- 
orarys "Avoußısiov bezeichnet wird. Darin wird ihm der Dank für seine 
Hülfe bei Ermittelung von aus dem Gefängniss entsprungenen Übel- 
thätern ausgesprochen und ihm dafür als Belohnung (srepavıv, vergl. 
dazu die Bemerkung der Herausgeber) drei Kupfertalente gegeben: Arav 
co Yalpıv ueyaayv, fängt der Brief an, Eoynxauev onunvas (sie) Au Ta 
Kara Tous dAdoropas Tous OmAuevous Ex T7s buAaxıs. Es folgt der Bericht 
über eine von ihm eingebrachte Klage wegen Beleidigung seines Bruders 
durch einen $vAaxırys, den mit dem Beleidigten Barcaeus vor sich 
eitirt, ihm einen Verweis ertheilt, worauf sich der Bruder für befriedigt 
erklärt; demnach wird man Barcaeus für einen Vorgesetzten des dvAx- 


| . 


xirns, also wohl für den dpxıbvraxırys zu halten haben. Es wird dann 
Apollonios aufgefordert, in seinen Bemühungen fortzufahren: xagıeı de 
Suumapaoras MMiv Ev Teils Acımols xal masarnpnTas Tous ANKOTORUS xal Edv 
N xaı xaraßmcı Exros Toü KouAou (ohne Zweifel hatte der 
Tempelbezirk des Serapeums Asylrecht), diasdbnsev ma, Orws Fasayevn- 
Seis ovv co yevouevos moafwuev rı. Dann folgt die Belohnung: xai/ cc 
orsbavıov Eorıv YalAxoo) TalAdvruw) Y, ws ep ilou mpayuaros dıabaivwv 
xol Muiv Eos MEydAws KEy,apıoevos. 

Von grösserer Bedeutung ist der Papyrus, dessen Mittheilung ich 
Hrn. Wessery verdanke. »Er gehört«, so schreibt mir derselbe, »zu 
den bekannten Achmim-Papyri in der Pariser National-Bibliothek 
(vergl. Wırcken, Sitzungsberichte der Berliner Akademie 1887 S. 807 ff. 
und Hermes 23 S. 592 ff.) und gehört der Schrift nach der vor- 
eonstantinischen, wohl dem dritten Jahrhundert' an. Derselbe ent- 
hält eine Übersicht von Polizeibeamten mit Angabe des Vaters, der 
Mutter, des Alters und des Gehalts, ist jedoch sehr lückenhaft; ich 
theile daher nur die mittlere Columne des zweiten Stückes (Copte 135 
II ı— 2), die einzig vollständige, ganz mit; die anderen Listen sind, 
Je fragmentirter desto öder.« 

Das erste Stück beginnt mit ıı Namen; die Überschrift, die 
Qualität der Genannten enthaltend, ist verloren. Darauf folgen: 


! Wahrscheinlich ist die Urkunde, wie Hr. Wırcken mir bemerkt, in das fünfte 
Jahr (e+) des Septimius Severus (= n. Chr. 196/7) zu setzen, dem auch zwei andere 
Panopolitanische Urkunden (die eine ist von Wırcken im Hermes 23 S. 593 publicirt 
worden) angehören. 


818 Sitzung der phil. -hist. Classe v. 28. Juli. — Mittheilung v. 24, März. 


eionvodun(xxes) 2 Namen 
Emi TAs eiomuns 3 Namen 
dpyyuxroburaxes 2 Namen 
[pluraxes zürwv 8 oder mehr Namen. 


Das zweite Stück beginnt mit 

0. ıbirlaxes]' 
es folgen 6 aegyptische Namen mit Angabe von Vater und Mutter; 
bei n. 3.5. 6 ist auch das Alter: As, x, xe (= 35, 28, 25) erhalten. 
Daran schliesst sich unter der Überschrift 

em NS eion|vne] 

eine fast vollständig erhaltene Liste von 1o Namen, die ich, da hier 
ausser Vater und Mutter auch die Jahre und Geldsummen angegeben 


sind, nebst den nächsten Rubriken nach Hrn. Wessey’s Copie voll- 
ständig mittheile: 


Wevromenle.. ec. ATEXATOU. . SER LAST 
TıSons "Npov ... . mapxw un” Tapı L re su 
"Apsundis Iar..... ußos un Taren L xe sr 
"Arons Wevavor..... 105 un Taeipe L Au or 
5 TereveßSos 2222... un Tüos L un sc 
Haavoübis 3...... [un] Tarepuoo > L xa sr 
Ileregavi[os? ..... Jun un] Sevixes L xö sc 
"AroAAwvilos "Au]uwvos un Zevovr N 
Wevovrägis Tlexvoros un Tayonıos L xx sc 
10 "Arpns Ku.... mov un Zevlairos L xe st 
Eilpnvap?],(aı) Ä 
I4O[ı]s Birapaungıos un Zauros L wels® 
Yevoains Weraaimos ur Zeyut a: 
Buraxes dürav 
15 Bros Tlerpwvios (sic) wm Zevrvg... LA sr 
"Opsevoddıs Wevos un Zevmroiwuros L xe sr 
Ileßws TlovAw’vios un Oduyros re 
Iarey,arns Bncıos un Targıdıos L re sr 
Haryoußıs Muvpsros um Opeo« : 
20 “Dos Havacıos Aeyolmevos) Kaumdos un Zends kur 
Hareyoußıs TıSonros un Taspt Beer 
TıSons Ißyxıos Aecyo Tavxovryrios Li 


‘ Da hier sechs Namen folgen, so ist die allerdings naheliegende Ergänzung 


[ey lupurezes nicht unbedenklich. 
- = Ögayyuaı. 


Er — unTocs. 


Se 


. . . . .. . Re . ) 
HırscHreLn: Die aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit. 819 


Tlediopuraxes 
Iaupaus BeAdıos un Zavxarawapı L As sr 
25 "Apsudıs Tleßwrog rod Yoüxpe LA su 
2 
"Dpiwv Wramey,arou un Zevapoılos? ..... 
Tlerenoıs Tleßwros un @anous ..... Er. 


} eNw ’ 
"OpeobuAuxes odov "Ousews 
Noürıs Yevavoucı 


Hier schliesst die Golumne. 
Die nächste abgerissene Columne enthält: 


... oburaxels] 4 Namen 
löse aubenN. 3 Namen 
eionvobural[£?] kein Name 
dpywurtobu[lrexes] 4 Namen 

&p%,.bUra [2] ı Name 

diraxes [&]öro[d] 3 Namen erhalten 
eipnvopvraf ı Name 

dp wux[ropurgE] ı Name 

buraxes aür|oV?] 4 Namen 


xwuoyoaun[ar... 
[rö] &veorwr etd..... 

Die Urkunde ist in Achmim, dem alten Panopolis gefunden worden, 
das als unrpomorus des vouos Ilavororrns von Ptolemaeus IV, 5, 72 be- 
zeichnet wird. Man könnte daher zu der Annahme geneigt sein, dass 
der am Ende genannte xwuoypanuloreve] sich auf die Stadt beziehe und 
dafür geltend machen, dass auch grössere Ortschaften Aegyptens, in- 
soweit sie keine städtische Verfassung haben, als xwun angesehen worden 
sind, wie Diodor (I, 2ı) den Hauptort des Antaiopolitischen Nomos 
nicht Antaiopolis, sondern ’Avraiov xwun nennt und in einer Inschrift 
(C.1. Gr. 4551) die Stadt Phaena als unrpoxwuiz der Trachonitis be- 
zeichnet wird." Jedoch scheiden, wie mir Hr. Wırcken schreibt, »die 
Urkunden stets mit der grössten Consequenz zwischen der roAıs oder 
unrpomorus und den in ihren Verwaltungsbereich gehörenden xwuaı. 
Dem entsprechend stehen auch »oi rise Ferews ypauuareis« gegenüber 
den xwuoypauusreis der einzelnen Dörfer. Dieser Thatbestand wird 
durch so viele Urkunden bestätigt, dass der fragmentarische Passus 
des Pariser Textes uns nicht zur Aufgabe desselben nöthigen darf. 


! Vergl. Kunn, städt. und bürgerl. Verfass. II S.503; Marguarpr Staatsverw. I 
S. 449. Vielleicht erklärt sich aus der verschiedenartigen Qualität der zuu«: auch die 
verschiedene Rangstellung, die die zwuoypaunarsis im Verhältniss zu den roroyoan- 
karsis einnehmen; vergl. Marquarpr I S. 450 Anm. ı und die dort citirten Schriften; 
dazu WILckEn observat. ad histor. Aegypti provinciae Romanae S. z1fl. 


820 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 28. Juli. — Mittheilung v. 24. März. 


Vielmehr müssen die Beamten, die hier von den #wuoypauuareis ver- 
zeichnet werden, nothwendig einer zwun angehören. Dass die Polizei- 
mannschaften innerhalb eines einzelnen Dorfes sich als so bedeutend 
herausstellen, ist vielleicht überraschend; aber der Verwaltungsapparat 
des einzelnen Dorfes ist, wie die Urkunden jetzt zeigen, ein so com- 
plieirter, dass diese Thatsache sich doch gut den sonst bekannten 
einfügt. Natürlich gehören die auf den Pariser Fragmenten erhaltenen 
Titel nieht alle in ein und dasselbe Dorf, wie auch aus der Wieder- 
kehr des eiewobVira& und der dpyıwuxropuraxes am Schluss der Liste 
ersichtlich ist. Die zwei erhaltenen Überschriften (wahrscheinlicher als 
Unterschriften) einzelner Dorflisten, nämlich die fragmentirten Zeilen: 


KWMOYPaUM .... 

[75] eveorwrı &© Blaweı? 
und in einem anderen von mir copirten, zu demselben Papyrus ge- 
hörigen Fragment die Worte: | 

Jrev dro rys xwuns 

rw &veolrwrı et bawdı, 
die offenbar correspondiren, zeigen vielmehr, dass der Papyrus die 
Listen verschiedener Dörfer enthielt. An und für sich wäre es ja 
nicht ausgeschlossen, dass der vollständige Papyrus an seiner Spitze 
etwa auch die Polizeimannschaften der unTpomoAus nannte, worauf dann 
die der Dörfer folgten, aber wahrscheinlich ist dies mir nicht. Jeden- 
falls müssen diejenigen Listen, die von einem xwmoypsuusreus auf- 
gestellt resp. eingereicht werden, sich auf ein Dorf beziehen«. 

Genannt werden als Polizeibeamte: 


1. EionvodUAdxss 

2. Em 775 eipnuns 

3. eilpnvar]x,(aı), 
wenn die von Hrn. Wessery vorgeschlagene Ergänzung das Richtige 
trifft, mit den ihnen untergebenen $uA«xss 


4. dpxwuxrebuigxes mit ihren bUraxes 
5. dpuupUraE 
6. Püraxes [a]üro[ö] t 
7. mediohVUAdxes 

8. Epeopuraxes öded "Oxoews 

S) 


ee 


Um mit den drei letztgenannten zu beginnen, so treten die edıo- 
$UAwxes, die Wächter der Ebene, meines Wissens hier zum ersten Mal 
auf, während die £&psopuraxes in einer Glosse (s. Sitzungsber. 1891 
S. 874 Anm. 142) durch saltuarü wiedergegeben werden; hier sind 


HırschreLp: Die aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit. 821 


dieselben jedoch näher bezeichnet als Wächter des Oasenweges, d.h. 
der sogenannten grossen oder Thebäischen Oase. 

Ganz singulär sind die darnach genannten iBiw ... cı, deren Titel 
mit Sicherheit nicht zu ergänzen ist. Allerdings werden in einem Pa- 
pyrus des Louvre! iBioßsoxcı genannt, die in dem Serapeum von Memphis 
diese heiligen Thiere zu hüten und wie es nach diesem Papyrus den An- 
schein hat, auch eine Art Polizeiaufsicht dort auszuüben hatten. Aber 
an diese zu denken verbietet die Entfernung zwischen Panopolis und 
Memphis. Vielmehr dürften die hier aufgeführten Beamten nach einer 
Localität der Gegend benannt worden sein und eine solche bietet sich 
in dem Hauptort der grossen Oase, der den Namen ’I trug, vergl. 
Wiırxınson, topography of Thebes and general view of Egypt S. 361: »near 
El-Khargeh is a large temple dedicated to Amun... In the vicinity of 
the temple stood the ancient lowny; it bore Ihe name of Ibis or in Egyptian 
Hebi (the Copts write it hibe) = the plough, under which character it is 
Frequently designated in the hieroglyphies; and it was the capital of the 
great Oasis.« An dieser Stelle, in El-Khargheh oder Girge, ist im 
Jahre 1818 bekanntlich das grosse Decret des Praefeeten von Aegypten 
unter Galba: Ti. Julius Alexander über fiscale Missbräuche gefunden 
worden, das dort zur Kenntnissnahme der Bewohner der Thebäischen 
Oase von dem Grparmyos "Odcews @nßaldes Julius Demetrius nach einer 
ihm von Alexandria aus gesandten Copie in dem rechten äusseren Thor- 
pfeiler des grösseren altaegyptischen Tempels eingehauen war.” Später 
ist an einem Porticus desselben Tempels ein Epigramm zum Vorschein 
gekommen, das den Namen des Ortes enthält.’ 

Allerdings ist dieser Ort unzweifelhaft dem Strategen der Oase unter- 
stellt gewesen; doch scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, 
dass diese iSıw... mit dem Transport der zu der sogenanten Oasena de- 
portatio Verurtheilten,' die wahrscheinlich an diesem Hauptorte internirt 
waren, betraut gewesen seien. Zur Vergleichung, auch betreffs der un- 
mittelbar vorher genannten öpsopuraxes öded "Odcews, darf man vielleicht 
die ganz neuerdings aus den Flinders Petrie Papyri bekannt gewor- 


denen? £pmueburaxes aus der Ptolemaeerzeit (der Papyrus fällt in das 

ı Papyrus du Lowre p. 206ff. n. ıı Z.7 "OvJvsupges Tuv E# TOU Sagameıov iBo- 
Borzuwfv za raw] &v ru Iapamısıy Ns Adeodime wes|ropeogw]. Auch in dem näher 
gelegenen Thebae-Diospolis ist, wie mir Hr. Wırcxen nachweist, dieser Titel bezeugt 
(Revue Egyptol. II p. 266 ff., vergl. Nachtrag p. 51: zwei eißtoßorzor), doch können auch 
diese hier nicht in Betracht kommen. 

? C.I. Gr. III 4957; vergl. Ruporrr, Rhein Mus. 2 (1828) S. 64ff. und 133 ff. 

2>76>T. Gr. II 28024957 Rh. 

2rCod. Theod. IX, 32,ı mit Anm. GoTHOFRED’S; vergl. Zosimus (V, 9, 5): Tinarıos 
8 N "Odrewg oianreı magmdoIeis amnAauvsro, ur Rus aUrov Önmorias MagensWmoUTYe. 

5 Vergl. Mauarrv, on the Flinders Petrie papyri. Dublin 1891 p. 70ff.n. XXV, 2 


I 
Wone maos u, za Toüs eonuoburazes. 


822 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 28. Juli. — Mittheilung v. 24. März. 


35. Jahr des Ptolemaeus Philadelphus = 250 v. Chr.) heranziehen, die 
nach der Ansicht des Herausgebers protected the frontier of the Oasis from 
the invasion of wid desert tribes, which have from lime immemorial troubled 
the peace and security of Egypt. Wie man sieht, ist die Wüstenpolizei 
schon in früher Zeit in Aegypten sehr ausgebildet gewesen. 

Wenden wir uns jetzt zu den an erster Stelle genannten Polizei- 
beamten, so treten uns drei (wenn die allerdings nahe liegende Er- 
gänzung eilpwap],(aı) das Richtige trifft) mit ganz ähnlichem Titel 
bezeichnete Beamte entgegen: 1. eipyvobuAaxss, 2. Em 195 eiomvng, 3. eilpn- 
voo]x,(aı), und zwar folgen in der ersten Liste 3 Namen unter dem Titel 
emi ING eionuns den vor ihnen genannten zwei eipnvodu(Auxes), während 
in der zweiten Liste zuerst 10 Männer &mı rfs eicnuns genannt werden, 
denen sich 2 eionvapyaı anschliessen. Die Unterschiede dieser Kate- 
gorieen, die man früher als identisch zu betrachten geneigt war, fest- 
zustellen, dürfte schwer halten; als duAaxa TNS eiomvns und kurz darauf 
MpoeoTüra TAS eioyuns bezeichnet Libanius den dem kleinasiatischen Ire- 
narchen einigermaassen entsprechenden Beamten in der arabischen 
Stadt Elusa;' eiowapyaı in Aegypten werden, wie mir Hr. WıLcken 
nachweist, in einem Berliner Papyrus n. 1485 aus dem ıo. Jahre des 
Gallienus erwähnt; mit dem Titel &rı rs eionuns lässt sich zusammen- 
stellen der orparmyos Em ris eioyvns in Smyrna,” der demnach von 
den Irenarchen wohl zu scheiden sein wird. Schliesslich werden 
eipyvixol Ovdbes als Schiedsrichter in einem Wiener Papyrus aus Arsinoe® 
der späteren Kaiserzeit erwähnt, die aber vielleicht nicht als stehende 
Behörde, sondern, wie die Worte ueowy eipnvixwv dvdpuv ayaday Aan- 
deuten, als für den einzelnen Fall bestellte Schiedsrichter zu fassen 
sein werden.* — Der Rangunterschied dürfte nicht gross gewesen sein; 
bemerkenswerth ist, dass diese sämmtlichen Friedensbeamten in der 
Mehrzahl erscheinen, während die Irenarchie in den kleinasiatischen 
Städten nicht collegialisch organisirt gewesen zu sein scheint. — Die 
auf die eilervaolx(a) in dem zweiten Papyrus folgenden buAuxes aurav 
sind schwerlich von den eionvoburaxes des ersten Papyrus verschieden 
und im Wesentlichen wohl den kleinasiatischen Diogmiten gleich zu 
achten. 

Die dpywuxropuraxes mit den ihnen untergebenen huraxss sind 
unter diesem Namen neu; dieselben sind vielleicht eine Nachbildung 
des vuxrepwös orparmyes in Alexandria mit seinen Untergebenen. Jedes- 


1 


Vergl. Sitzungsber. 1891 S. 874. 

VICE ISLET 

Wessery, Wiener Studien 9 S. 266ff.; vergl. Mrrreis, Reichsrecht S. 170. 
Der Ausdruck vir bonus ist bei dem arbitrium technisch, vergl. BETHMANN- 
Horrwes, Civilprocess 2 S.105 mit Anm. 48. 


2 
3 
4 


HırscureLn: Die aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit. 823 


falls ist von ihnen der doyıpiraE (mit seinen dvVAaxss) zu scheiden, 
der wohl mit dem in Aegyptischen Papyri mehrfach erwähnten! ap%:- 
buAaxırys (Emiorarys puAaxırav heisst er in der Inschrift des Obelisken 
von Philae) zu identificiren ist: der chef de gendarmerie, wie ihn 
Lerronne” erklärt. 

Dass diese Polizisten sich, wie bereits L£erronxe” vermuthet hat, 
aus Aegyptern recrutirten, beweisen ihre eigenen Namen‘ und die 
Namen ihrer Eltern. Sie stehen, wie nicht anders zu erwarten ist, 
durchweg in jugendlichem Alter; die Angaben bewegen sich in den 
Grenzen von 20—35, nur ein Einziger zählt bereits 48 Jahre, und 
man wird vielleicht als Minimalalter zum Eintritt das zwanzigste Jahr 
annehmen dürfen. Eine Ausnahme machen jedoch die beiden eı|pn- 
vaolx,(&), von denen der Eine 60, der Andere sogar, wenn die Le- 
sung sicher ist, 85 Jahre alt ist, was, wie der Titel selbst, auf eine 
friedliche Beschäftigung deutlich hinweist. 

Die Geldsummen schwanken zwischen 200, 300, 400 Drachmen; 
Zwischenstufen innerhalb der Hunderter sind nicht bezeugt. Wäre 
es sicher, dass dieselben als Gehaltsstufen zu fassen sind, so wären 
gerade diese Angaben von besonderem Interesse, da Zeugnisse über 
die Besoldung der localen Subalternbeamten sonst fast gänzlich fehlen. 
Jedoch scheint mir mit Rücksicht darauf, dass in derselben Charge 
die Gehaltsansätze verschieden sind, die mir von Hrn. Wircken mit- 
getheilte Ansicht den Vorzug zu verdienen, »dass unter diesen Drachmen- 
summen das Einkommen (r£cpos) der Leute zu verstehen sei, mit dem 
sie bei den Steuerbehörden ihrer Ortschaften eingeschrieben waren. 
In dem Berliner Papyrus 2286 + 2287, der auch eine Liste von Dorf- 
beamten enthält, findet sich der Zusatz zu den einzelnen Namen: 
&%,wv mopov mit folgender Drachmenzahl, und derselbe kehrt wieder in 
einer Liste von eulrjopsı xai emırndl(e)ioı in dem Berliner Papyrus 689 1«. 

Wie bedeutend und mannichfaltig die Polizeiorganisation in Aegyp- 
ten gewesen ist, erhellt aus dem eigenartigen Document, dem diese 
kurzen Bemerkungen gewidmet sind. Sicher ist dieselbe nicht eine 
Schöpfung der Kaiserzeit, sondern geht, wie alle bedeutenderen In- 
stitutionen Aegyptens auf die Ptolemaeerzeit,’ theilweise wohl noch 


! Vergl. über denselben Sitzungsber. 1891 S.867 mit Anm. 112. 

® Papyrus du Lowore p. 165 f. 

® Papyrus du Lowvre p.1ı65 Anm. 5: »le chef des phylacites etait Grec; mais dl y 
avait des Egyptiens parmi les phylacites eux-memes, peut-etre meme etaient-ils tous Egyptiens.« 

* Auch der Name ArorAuvios (s. oben S. 818 Z. 22) gehört, wie die Eltern zeigen, 
einem Aegypter an. 

° Auf eine energische Reform der Polizei in Aegypten oder wenigstens in 
Alexandria durch Ptolemaeus II. Philadelphus deuten die Verse Theokrit's, an die 
mich mein verehrter College Vauten erinnert (XV, 46ff.): morA& ro, & Iroreuaie, 


824 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 28. Juli. — Mittheilung v. 24. März. 


weiter zurück. Wie viel das römische Kaiserreich für Verwaltung, 
Steuerwesen und Finanzwirthschaft von dem ihm gerade bei seiner 
Begründung zugefallenen aegyptischen Königreich gelernt und über- 
nommen hat, tritt mit der wachsenden Einsicht in die inneren Ver- 
hältnisse dieses Landes immer deutlicher zu Tage und wir dürfen 
die sichere Erwartung hegen, dass aus seinen sich uns endlich er- 
schliessenden Archiven auch auf dieses noch so dunkele Gebiet neues 
Licht fallen werde. 


meroimren ZaA« Eoya, 2 5 Ev aSavaroıs © 0 Ten. oudsıs Hanoegyos Öadsiraı Tov kovra Bar 
gegman Alyurrıssi, oia mow 34 araras HERgoTNWuEVOL auöges Erausdov, RAAAAcıS OMcrAor, Rarc 
Maiyvıa, mavTES Epwor (das letzte Wort ist allem Anschein nach verdorben; Hr. VABLEN 
vermuthet: zaz« mraiyvıc mavres agısroı). 


Ausgegeben am 7. September. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


28. Juli. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers. 


l. Hr. Schwenpener las: Zur Kritik der neuesten Unter- 
suchungen über das Saftsteigen. 

2. Hr. Kunpr legte die umstehend folgende Mittheilung des Hrn. 
Prof. A. Gorpsrein hierselbst vor: Über die sogenannte Schich- 
tung des Kathodenlichts inducirter Entladungen. 

3. Hr. VoeerL überreichte seine als I. Theil des VII. Bandes der 
Publieationen des Astrophysikalischen Observatoriums erschienene Ab- 
handlung: »Untersuchung über die Eigenbewegung der Sterne im 
Visionsradius auf spectrographischem Wege. « 


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827 


Über die soxenannteSchichtung desKathodenliehts 
indueirter Entladungen. 


Von Prof. E. GoLDSTEIKN. 


(Vorgelegt von Hrn. Kunpr.) 


Ds; Kathodenlicht GeıssLer’scher Röhren sondert sich bekanntlich 
scheinbar in drei Schichten von verschiedenem Aussehen. In ver- 
dünnter Luft z.B. folgt auf eine unmittelbar an der Kathode be- 
ginnende chamoisgelbe helle Schicht, deren Dicke gewöhnlich geringer 
als ı°” erscheint, eine lichtschwächere Schicht, die man bei hin- 
reichender Gasverdünnung in Dicken bis zu etwa 4°” beobachten kann. 
Diese Schicht wird von fast allen Autoren als lichtlos beschrieben und 
2. B. von Üroores ausdrücklich als dark space, von deutschen Autoren 
als dunkler Raum bez. dunkler Kathodenraum bezeichnet. Wiederholt 
habe ich darauf hingewiesen, dass ein sehr deutliches Leuchten (in 
verdünnter Luft von blauer Farbe) in diesem Raum sich zeigt. Das- 
selbe tritt namentlich hervor, wenn man das Licht der angrenzenden 
hellen Schichten durch ein geeignetes vor die Entladungsröhre ge- 
haltenes Diaphragma abblendet. Das Leuchten erfüllt nicht den ganzen 
durch die innere Grenze der dritten Schicht umschlossenen Raum der 
zweiten Schicht continuirlich, sondern breitet sich bei mittleren Eva- 
cuationen nur nach den Normalen der Kathode, bei starken Ver- 
dünnungen auch in etwas gegen die Normalen nach aussen geneigten 
Richtungen, stets aber geradlinig begrenzt, anscheinend nur bis zu 
der nach der Kathode gekehrten Grenze der dritten Schicht aus. 
Ist also die Kathode z. B. eine ebene Kreisscheibe, so bildet das in 
der zweiten Schicht wahrnehmbare blaue Licht einen von der ganzen 
Fläche der Kathode ausgehenden schwach divergenten Kegelstumpf. 
— Misst die anscheinende Dicke der ersten Schicht gewöhnlich 
nur einige Millimeter, die der zweiten einige Millimeter oder CGenti- 
meter, so dehnt sich die dritte Schicht in leicht erreichbaren Ver- 
dünnungen bis zu erheblichen Dimensionen aus und bildet für die 
unmittelbare Betrachtung meist die weitaus grösste Masse des Kathoden- 
lichts. Die Farbe und die Helligkeit der dritten Schicht sind unter 


Sitzungsberichte 1892. 72 


828 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 28. Juli. 


verschiedenen Versuchsbedingungen nicht ganz constant. Ihre grösste 
absolute Helligkeit, gemessen durch die Lichtemission gleicher Gas- 
volumina, besitzt sie bei relativ hohen Dichten, in denen sie nur 
eine dünne Lichthaut an der Kathode bildet. Mit abnehmender Gas- 
dichte nimmt ihre Dicke stetig zu, gleichzeitig die absolute Helligkeit 
stetig ab. Sehr viel langsamer nimmt die absolute Helligkeit des 
Liehtes der zweiten Schicht mit zunehmender Evacuation ab, so dass 
also die relative Helligkeit der dritten Schicht gegen die zweite mit 
zunehmender Evacuation sich vermindert. Schliesslich wird die anfangs 
bedeutend überwiegende Helligkeit der dritten Schicht geringer als 
die der zweiten. Dieser Gang spielt bei weiterhin zu erwähnenden 
Erscheinungen eine Rolle. Die Farbe der dritten Schieht nähert sich 
einem reinen Blau um so mehr, je grösser die Entladungsdichte ist; 
bei geringerer Entladungsdichte wird das Licht violettblau, dann 
indigofarben und selbst röthlich. 

Die gewöhnliche Auffassung dieses Schiehtungsphaenomens ist nun 
die, dass die drei Schichten Theile einer und derselben Strahlung sind 
und dass, entsprechend ihrer Bezeichnung als Schichten, jede vorauf- 
gehende nur bis dahin reicht, wo die folgende beginnt. Bereits 1886 
zeigte ich jedoch in den Sitzungsberichten der Akademie,' dass wenig- 
stens die sogenannte »erste Schicht« keine Schicht im Sinne dieser 
Auffassung sein kann; denn meine Versuche ergaben, dass sie nicht 
blos bis dahin reicht, wo die zweite Schicht zu beginnen scheint, 
sondern dass sie entgegen dem unmittelbaren Aussehen, tief in die 
beiden andern Schichten hineindringt. Ferner ergab sich, dass ihre 
Eigenschaften, namentlich die Art ihrer Ausbreitung, so absolut ver- 
schieden von denen des übrigen Kathodenlichts sind, dass die beiden 
anderen Schichten unmöglich als Fortsetzung der Strahlen der ersten 
Schicht angesehen werden können. Endlich lässt sich die erste Schicht 
von den beiden anderen ganz gesondert darstellen. Aus der Gesammt- 
heit dieser Ergebnisse folgte, dass die erste Schicht ein besonderes 
eigenartiges Strahlungssystem darstellt. 

Seitdem dieser Nachweis gelungen, hielt-ich es für wahrscheinlich, 
dass auch die beiden anderen Schichten besondere Strahlungen oder 
allgemeiner Lichtarten darstellen, welche einander durchdringen, aber 
dabei ihre besonderen Eigenschaften behalten. Über die Bestätigung 
dieser Vermuthung möchte ich heute berichten. 

Der gesuchte Nachweis gelang mir durch die Benutzung con- 
caver, regelmässig, z.B. als Kugelkappen geschliffener Kathoden. 
Diese Kathodenformen haben die Eigenschaft, die Strahlen der zweiten 


! GorpsrEın, Sitzungsber. d. Ak. 1886, S. 691. 


Gorpstein: Schichtung des Kathodenlichts indueirter Entladungen. 829 


Schicht in ein helles, konisch eonvergentes Bündel zu concentriren, 
die geometrische Vertheilung des Lichtes der dritten Schicht dagegen 
ungeändert zu lassen. Vermöge der grossen Helligkeit, welche die. 
Strahlen durch ihre Concentration erlangen und vermöge der scharfen 
Begrenzung des Concentrationskegels wird es deutlich erkennbar, dass 
die Strahlen der zweiten Schicht, zunächst also bei concaven Kathoden, 
sich in die Masse der dritten Schicht hinein fortsetzen und 
die letztere in ihrer ganzen Dicke, bis an ihre äussere 
Grenze, durchdringen. 

Andererseits nimmt man aber auch wahr, dass die Strahlen der 
zweiten Schicht nicht erst da beginnen, wo die erste Schicht aufzu- 
hören scheint, sondern dass die Strahlen der zweiten Schicht eben- 
falls schon unmittelbar an der Kathodenoberfläche ihren 
Ursprung nehmen. Sie durchdringen sich also im Beginne ihres 
Verlaufs ebenso mit der ersten 
Schicht, wie weiterhin mit der 
dritten. Fig.ı zeigt eine Zeich- 
nung eines solchen Strahlen- 
kegels bei einer an der Convex- 
seite isolirten Kugelschale.' Die 
Strahlen erscheinen, wo sie 
innerhalb der dritten Schicht 
verlaufen, ähnlich wie optische 
Strahlen in einem etwas trü- 
ben Medium. Ihre Farbe ist 
bei verdünnter Luft dort was- 
serblau, während die dritte 
Schicht selbst ein anderes Blau 
oder mehr röthliche Farbe 
zeigt. Die Strahlen der zwei- 
ten Schicht breiten sich innerhalb wie ausserhalb der dritten Schicht 
geradlinig aus; nur wenn sie auf eine feste Wand treffen, enden sie 
daselbst; sie convergiren bei concaven Kathoden bei nicht zu hohen 
Verdünnungen ungefähr nach dem Krümmungsmittelpunkt der Kathode 
und gehen dann wieder in einen divergenten Kegel auseinander. Bei 
zunehmender Gasverdünnung rückt die Kreuzungsstelle der Strahlen 
über den Krümmungsmittelpunkt hinaus, ihre Convergenz wird etwas 


! Dass durch Anwendung von concaven Kathoden Concentrationen des Kathoden- 
lichts und seiner Wirkungen erzielt werden, ist an sich natürlich nicht neu; unbeachtet 
war aber bei den früheren Beobachtungen geblieben, dass die Concentration sich nur 
auf einen einzigen Bestandtheil des Kathodenlichts bezieht, der dadurch sich von dem 
übrigen Lichte qualitativ sondert. 


18) 


330 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 28. Juli. 


geringer. Geht man von stark gekrümmten concaven Kathodenschalen 
successiv zu schwächer gekrümmten über, so gelangt man dazu, die 
Fortsetzung der Strahlen der zweiten Schicht durch die dritte hindurch 
auch bei ebenen Kathoden, ebenso bei convexen, also ganz allgemein, zu 
erkennen. Ist die Kathode z. B. eine ebene Kreisplatte, so fasst das durch 
die Erscheinungsbilder der concaven Kathode geschulte Auge mit Leich- 
tigkeit zunächst bei geringen Gasdichten die in der dritten Schicht ver- 
laufende wasserblau erscheinende Fortsetzung des leuchtenden Kegel- 
stumpfes der zweiten Schicht auf. Ebenso kann man die Erscheinung, 
wenn man erst darauf aufmerksam geworden, an jeder Drahtkathode 
wahrnehmen, wo von jedem Punkt der Oberfläche ein Strahl der 
zweiten Schicht sich bei hinreichender Evacuation durch die dritte 
hindurch bis zur Gefässwand fortpflanzt. Bei zunehmender Evacua- 
tion nimmt bekanntlich die Dicke der zweiten Schicht zu, von un- 
messbar geringer Dicke bis, wie ich Eingangs erwähnte, zu einer Dicke 
von schliesslich mehreren Gentimetern, und vermindert sich wieder bei 
zunehmender Gasdichte. Im Sinne der früheren Auffassung müsste 
man annehmen, dass hierbei die die zweite Schicht bildenden Strahlen 
wirklich eine Verlängerung oder Verkürzung erfahren; im Sinne der 
hier vertretenen Auffassung behalten die Strahlen der zweiten Schicht, 
wenn wir uns z.B. ein vom Kathodenlicht bis zur Wandung erfülltes 
Gefäss denken, hierbei identische Länge und nur die dritte Schicht 
gleitet längs der Strahlen der zweiten hin und her. 

Durch die bisherigen Ergebnisse verlieren die Bezeichnungen »erste, 
zweite, dritte Schicht« ihre eigentliche Bedeutung, da es sich nicht 
mehr um aneinander stossende, aneinander geschichtete Gebilde, son- 
dern um Lichtemissionen handelt, die einander völlig durchdringen 
und im grössten Theil des Kathodenlichts alle drei den nämlichen 
Raum occeupiren. Ich will indess trotzdem für den vorliegenden Auf- 
satz die bisherige Bezeichnung als Schichten noch beibehalten, weil 
eine neue zweckmässige Nomenclatur, wie ich glaube, noch Rücksicht 
zu nehmen hat auf andere neue Strahlungen des Entladungslichts, von . 
deren Beschreibung ich heute noch absehe. 

Das Eindringen der zweiten Schicht ist nicht bei allen Gasdichten 
gleich deutlich unmittelbar wahrzunehmen. Diess hängt mit der oben 
erwähnten Erscheinung zusammen, dass die relative Helligkeit der 
dritten Schicht gegen die zweite bei höherer Dichte viel stärker ist 
als bei geringer, wo die Helligkeit der zweiten Schicht schliesslich 
überwiegt. Bei geringer Gasdichte ist daher die Fortsetzung der 
blauen Strahlen in die dritte Schicht hinein viel leichter unmittelbar 
wahrzunehmen, als bei höherm Druck. Es kann selbst kommen, und 
das ist z. B. der Fall bei den Gasdichten, die für Spectralröhren oder 


Gorosrein: Schichtung des Kathodenlichts indueirter Entladungen. 831 


für als blosse Zierröhren gearbeitete Gefässe angewandt werden, dass 
die in der dritten Schicht thatsächlich eingebettet liegende Fortsetzung 
der Strahlen zweiter Schicht von der ersteren so überglänzt wird, 
dass man ausserhalb der zweiten Schicht, jenseits der inneren Grenze 
der dritten, unmittelbar nur das Licht der dritten wahrnimmt. Aber 
selbst in diesem Falle kann man sich von dem wirklichen Vorhanden- 
sein der Strahlen zweiter Schicht in der ganzen Dicke der dritten 
überzeugen, indem man das Kathodenlicht einfach durch ein blaues 
Glas von geeigneter Nüance betrachtet, welches die optischen Strahlen 
des Lichts zweiter Schicht besser durchlässt als die mehr röthlichen 
Strahlen der dritten Schicht. Man kommt so zu dem Schlusse, dass 
auch schon bei den stärksten Drucken, bei denen Kathodenlicht auf- 
tritt,die Strahlen der zweiten Schicht in der ganzen Dicke der dritten 
vorhanden sind. — 

Die dritte Schicht erschien bei früheren Untersuchungen stets 
als die Hauptmasse des Kathodenlichts; alle am Kathodenlicht beob- 
achteten Wirkungen und Eigenschaften wurden daher meist ohne 
weiteres als Eigenschaften der dritten Schicht angesehen, gegen 
welche die scheinbare Ausdehnung der beiden anderen Schichten so 
sehr zurücktrat. Zu diesen Eigenschaften des Kathodenlichts gehören 
ausser der geradlinigen Ausbreitung die Fähigkeit an der Glaswand 
da, wo das Kathodenlicht auf sie fällt, helle Phosphorescenz zu er- 
regen, die Fähigkeit an den bestrahlten Flächen auch starke Erwär- 
mung zu erzeugen, die deflectorische Ablenkung des Lichts durch 
eine zweite Kathode u. a. 

Nachdem sich nun gezeigt hat, dass sich zweite und dritte Schicht 
in der ganzen Dicke der letzteren durchdringen, dürfen wir nicht 
mehr alle, sei es an der äusseren Grenze, sei es im Innern der dritten 
Schicht beobachteten Wirkungen ohne weiteres auf die letztere zurück- 
führen, sondern es fragt sich, wie die eben genannten Eigenschaften 
des Kathodenliehts sich zwischen die zweite und die dritte Schicht 
vertheilen. 

Sehr leicht ist nun zu erkennen, dass die dritte Schicht gar nicht 
oder nur in äusserst geringem Maasse die Fähigkeit besitzt, Phosphores- 
cenz der Gefässwand hervorzurufen, und dass die helle Phosphorescenz, 
welche durch das Kathodenlicht verursacht zu werden pflegt, dort 
auftritt, wo die Strahlen der zweiten Schicht, vor oder nach der Durch- 
dringung der dritten, die Wand treffen. Am frappantesten constatirt 
man letzteres bei Benutzung der concaven Kathoden, z. B. einer Kugel- 
kappe in einem kugelförmigen Glasgefäss. Ist die Convexseite der 
Kathode isolirt, so phosphoreseirt die Glaswand bei geringer Gasdichte 
intensiv leuchtend in einer scharf begrenzten Kreisscheibe, die den 


832 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 28. Juli. 
8 phy 


Durchschnitt der Wandung mit dem Strahlenkegel der zweiten Schicht 
bildet, welcherletztere durch Helligkeit und Farbe sich bis zu äusserst 
geringen Gasdichten von dem umgebenden Theil der dritten Schicht 
abhebt. Rings um die intensiv helle Scheibe bespült die dritte Schicht 
weithin die Gefässwand, aber das Leuchten der nur von der dritten 
Schicht berührten Flächen ist so ausserordentlich matt, dass noch zu 
untersuchen ist, ob es nicht überhaupt bloss auf Reflexen beruht. 
Ganz analog verhält es sich mit den intensiven Wärmewirkungen des 
Kathodenlichts; die Glaswand wird brennend heiss, wo die Strahlen 
der zweiten Schicht auf sie treffen; die Wandung bleibt kühl, wo sie 
nur vom Lichte der dritten Schicht bespült wird. — 

Auf die geradlinige Ausbreitung des Kathodenlichts hat man haupt- 
sächlich aus der Beobachtung der Schattenphaenomene geschlossen, 
welche im Phosphorescenzlicht auftreten, wenn ein fester Körper 
zwischen Kathode und Glaswand angebracht wird. 

Wenn nun das Phosphorescenzlicht nicht von der dritten Schicht 
erzeugt wird, so werden auch die im Phosphorescenzlicht beobgehteten 
Schatten nicht von der dritten Schicht hervorgebracht; also beweisen 
die Schatten auch nicht die Geradlinigkeit der letzteren. Ob die dritte 
Schicht um die Ecke gehen kann, lässt sich ebenfalls nicht aus den 
Phosphorescenzerscheinungen schliessen, die an der Eeke scharf ab- 
schneiden, sondern die dritte Schicht selbst muss daraufhin untersucht 
werden. Hırrorr macht allerdings Angaben, aus denen man schliessen 
kann, dass er auf Grund direeter Beobachtung das Herumgehen der 
dritten Schicht um Ecken leugnet. 

Dem gegenüber ergeben meine Versuche, dass die bisher der dritten 

Fig. 2. Schicht zugeschriebene Eigenschaft der ge- 
radlinigen Ausbreitung nur den Strahlen der 
zweiten Schicht zukommt, dass hingegen die 
dritte Schicht sich auch in geradlinig von 
der Kathode aus nicht erreichbare Räume 
ausbreitet und um Ecken und Biegungen der 
} Entladungsgefässe sich fortpflanzt. Setzt man 
IN z. B. die ebene kreisförmige, oder als Kugel- 
/ \  kappe gestaltete concave Kathode Ak in den 

/ cylindrischen Hals eines sonst kugelförmigen 
RL | Ä Entladungsgefässes (Fig. 2), so lässt sich von 
N | k aus in die rechts und links von den ge- 
EU '/ strichelten Grenzen gelegenen Kappen keine 
a Gerade mehr ziehen; gleichwohl werden auch 
diese Räume vom Lichte der dritten Schicht ausgefüllt. Z. B. wurde 
eine Kugel von 10°” Durchmesser noch vom Lichte der dritten Schicht 


. r . . . )6,) 6 
Gorpsrein: Schichtung des Kathodenlichts inducirter Entladungen. 333 


völlig erfüllt, als in ihrem 18"" weiten cylindrischen Halse eine ro” 
im Durchmesser haltende Kathode bis zu 10°" von der Kugelmündung 
entfernt war. 

Man könnte vielleicht noch vermuthen, dass die dritte Schicht 
sich zwar nicht von der Kathode aus, aber doch von ihrer nach der 
Kathode gekehrten Grenze aus sich geradlinig verbreite; aber man 
findet leicht, dass auch diess nicht der Fall ist; denn schon bei Gas- 
dichten, bei denen die Grenze der dritten Schicht weniger als '/,°” von 
der Kathode entfernt ist, tritt bei der gedachten Anordnung ebenfalls 
die Erfüllung der ganzen Kugel mit dem Lichte der dritten Schicht ein. 
Bei Anordnungen des Versuchs, bei denen der Abstand der Kathode 
von der Kugelmündung geringer war, oder wenn die Form des Glas- 
gefässes nicht hinreichend geometrische Regelmässigkeit hatte, projieirte 
ich das Gefäss in natürlicher Grösse auf die Mattscheibe einer photo- 
graphischen Camera; man konnte dann durch Anlegen eines Lineals 
controliren, wie weit geradlinige Strahlen von der Kathode in die 
Kugel reichen können. 

Wenn der Schluss, dass die dritte Schicht sich entgegen den 
bisherigen Annahmen nicht geradlinig ausbreitet, richtig ist, so folgt 
daraus mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Thatsache, dass die 
zweite Schicht sich geradlinig ausbreitet, eine eigenthümliche Er- 
scheinung. Nach dem Vorhergehenden sind in dem von der dritten 
Schicht erfüllten Raume, soweit ihn von der Kathode aus Gerade 
durchmessen können, auch die geradlinigen Strahlen der zweiten 
Schicht vorhanden. Bringt man nun in den von beiden Lichtarten 
gemeinsam eingenommenen Raum einen festen Körper, z. B. einen 
senkrecht zur vertical gedachten Kathodenaxe in der Gefässkugel von 
Wand zu Wand reichenden Glasstab, der auf den Beobachter zugeht, 
so werden rechts und links von dem Glasstab sowohl die zweite wie 
die dritte Schicht sich ungehindert ausbreiten; die auf den Stab selbst 
fallenden Strahlen der nur geradlinig fortschreitenden zweiten Schicht 
aber werden aufgehalten; hinter dem Stabe muss also ein Schatten- 
raum in der zweiten Schicht entstehen; dieser Schattenraum darf aber 
nicht ganz dunkel sein, sondern er muss erfüllt sein mit Licht von 
der Farbe der dritten Schicht. Dem entspricht nun der Versuch in 
der That. Bei Anwendung verdünnter Luft sieht man wasserblaue 
Strahlen bis zum Glasstabe bez. Glasrohr selbst sich erstrecken (Fig. 3), 
jenseits derselben aber einen ganz geradlinig begrenzten Raum ein- 
schliessen, der von violettblauem oder rothblauem Lichte erfüllt ist. 
Ich habe in ca. ı°” Entfernung von einer 12'/,”" im Durchmesser hal- 
tenden ebenen Kathode Glasstäbe bez. Röhren von 6”" bis zu 30o"” 
Durchmesser gebracht; selbst bei diesen dieken Röhren war der 


834 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 28. Juli. 


Schattenraum noch völlig vom Licht der dritten Schicht ausgefüllt. 
Den aus diesen Versuchen zu ziehenden Schluss, dass die dritte Schicht 


keinen Schatten wirft, kann man auch noch direet verifieiren. Ich 
brachte bei Anwendung einer concaven Kathode, welche die Strahlen 
der zweiten Schicht in einem Kegel zusammenhält, ein Glasrohr in das 
neben dem Kegel liegende helle Licht der dritten Schicht. Dann zeigte 
sich (Fig. 4) hinter dem Glasrohr gar kein Schattenraum; das röthlich- 
blaue Licht umfloss es rings völlig gleichmässig. Wurde aber die 
Kathode ein wenig gerückt, so dass wieder ein Theil der konisch 
angeordneten Strahlung auf das Glasrohr fiel, so war hinter dem- 
selben wieder ein Schattenraum vorhanden, umflossen von wasser- 
blauem, erfüllt von Lieht von der Farbe der dritten Schicht. 

Wie für die unmittelbare Erkennung der in die dritte Schicht 
eingedrungenen geradlinigen blauen Strahlen selbst hat der Gang der 
relativen Helligkeit beider Lichtarten auch einen Einfluss auf die un- 
mittelbare Erkennbarkeit dieser Schattenphaenomene bei verschiedenen 
Gasdiehten. Mit Leichtigkeit erklärt sich aus dem über den Verlauf 
der relativen Helligkeitsänderung Gesagten der bei successiv ver- 
minderter Gasdichte beobachtete Gang der Schattenerscheinung: bei 
verhältnissmässig geringer Gasverdünnung, wenn die dritte Schicht 
sehr 'hell ist, ist scheinbar überhaupt kein strahlenleerer Raum vor- 
handen; bei etwas geringerer Gasdichte zeigt sich ein erst verwaschener, 
undeutlicher, bei wachsender Evacuation immer deutlicher werdender, 
von Lieht von der Farbe der dritten Schicht erfüllter Schattenraum; end- 
lich bei starker Gasverdünnung wird das den Schattenraum erfüllende 


Gorpsrein: Schichtung des Kathodenlichts indueirter Entladungen. 835 


Licht immer matter und schliesslich bleibt zwischen den wasserblauen 
Strahlwänden ein ganz dunkler Raum. 

Nach den vorhergehenden Versuchen ist zu erwarten, dass das 
Lieht der dritten Schicht auch in winklig gebogenen Gefässen um die 
Ecke herumgehen kann. In der That bestätigt dies der Versuch. 


Fig. 5. 


In einem wie Fig. 5 gestalteten, innen 22"”” weiten Rohr wurde als 
Kathode erst eine 20”” weite Aluminium-Halbkugelschale, dann eine 
20”" im Durchmesser haltende Kreisscheibe an derselben Stelle als 
Kathode benutzt. Die Strahlen der zweiten Schicht haben in beiden 
Fällen nahe der Biegung eine deutliche Grenze. Auch das Phosphores- 
cenzlicht schneidet scharf mit zungenförmiger Grenze nahe der Bie- 
gung ab. Das Licht der dritten Schicht aber ist nahe 10°” über 
die von der Kathode geradlinig erreichbare Grenze in dem langen 
Schenkel zu verfolgen. — 

Die Frage liegt nahe, weshalb die Thatsache, dass die dritte 
Schicht um die Ecke reicht, auch geübten Beobachtern, wie z. B. 
Hırrorr, entgehen konnte. Vermuthlich liegt die Erklärung in Fol- 
gendem. Bis zur Biegung des Rohres breiten sich zweite und dritte 
Schieht zusammen aus, jenseits der Biegung nur die dritte; bis zur 
Biegung addiren sich also die Helligkeiten beider Lichter, hinter der 
Biegung aber wird die zu beobachtende Helligkeit viel geringer, da 
das eine Licht fehlt. Das Auge des Beobachters aber erwartet, so 
lange er von der Existenz und dem differenten Verhalten zweier ver- 
schiedener Lichtarten nichts weiss, dass die vor der Biegungsstelle 
herrschende Helligkeit im Falle des Herumschmiegens der Lichter 
sich auch hinter derselben zeigen werde. Ist nun dort das Licht 
viel matter, so ist es erklärlich, dass man die geringe Helligkeit 
jenseits der Biegung ganz übersieht und auf ein plötzliches Abschneiden 
des Lichts an derselben schliesst. Es kommt namentlich auch in Be- 
tracht, dass man der Natur des Versuchs nach hier mit sehr langen 
Säulen von Kathodenlicht arbeiten muss, also bei ziemlich starker 


Sitzungsberichte 1892. 73 


836 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 28. Juli. 


Gasverdünnung. Gerade dann aber ist, wie ich erwähnte, die relative 
Helligkeit der dritten Schicht nicht mehr erheblich. 

Eine weitere Versuchsreihe betraf das Verhalten der beiden Lieht- 
arten zur Deflexion. Ich hatte mit diesem Namen die Erscheinung 
bezeichnet, dass ein Kathodenstrahl, an dessen Weg eine zweite 
Kathode gestellt ist, in der Nähe dieser zweiten Kathode aus seiner 
Anfangsrichtung um einen oft beträchtlichen Winkel abgelenkt wird. 
Da ich zur Zeit, als ich diese Erscheinung auffand und näher unter- 
suchte, von der Existenz heterogener Lichtarten im Kathodenlicht noch 
nichts wusste, war ich damals auch nicht veranlasst, zu untersuchen, 
wie sich das Licht der verschiedenen Schichten hinsichtlich dieser an- 
scheinenden Abstossung verhält. Ich habe diese Untersuchung jetzt 
nachgeholt und das Resultat erhalten, dass von den beiden Licht- 
arten nur die Strahlen der zweiten Schicht der Deflexion unterworfen 


Fig. 6. sind, dass die dritte Schicht dieser Ein- 

S wirkung nicht in erkennbarer Weise unter- 
N best. En wurde 2. B. durch au Kugelgefäss 
‚| wie Fig. 6, das eine ebene Kreisscheibe oder 


I eine flache Kugelkappe als Kathode enthielt, 
| | diametral ein dünner Metalldraht ungefähr ı°” 
| > unter der Kathode hindurchgeführt. Durch 


äussere Verbindung dieses Drahtes mit der 
N / Kathode konnte man ihn selbst ebenfalls zu 
RL 7 einer Kathode machen. That man das, so sah 
man sehr deutlich, dass die innerhalb der 
dritten Schicht in der Nähe des Drahtes verlaufenden wasserblauen 
Strahlen der zweiten Schicht rechts und links in grossem Winkel zur 
Seite springen, so dass sie einen breit klaffenden Keilraum mit dem 
Draht als Kante freilassen, dass aber in diesem von den wasserblauen 
Strahlen entblössten Raum das anders gefärbte Licht der dritten Schicht 
hell zurückbleibt. Der Einwand liegt nicht fern, dass das in dem Keil- 
raum beobachtete röthliche oder indigofarbene Licht zu der Entladung 
des Drahtes selbst gehöre. Daher wurde in anderen Versuchen der Draht 
mit der Kathode nicht metallisch, sondern nur durch einen feuchten 
Faden verbunden. Dann geht von dem Draht nur eine so schwache 
Entladung aus, dass sie kein merkliches Licht mehr erzeugt; die Ent- 
ladungsstärke reicht aber aus, um eine starke Deflexion der in der 
Nähe verlaufenden wasserblauen Strahlen zu bewirken. In dem von 
den letzteren dann freigelassenen Keilraum tritt dann hell wieder das 
Lieht dritter Schicht auf; soweit erkennbar in nicht geringerer Hellig- 
keit als ausserhalb dieses Raumes. — Man kann auch hier wieder 
den direeten Beweis liefern, dass das Licht der dritten Schicht nicht 


Gorpsrein: Schichtung des Kathodenlichts indueirter Entladungen. 837 


der Deflexion unterliegt. Man benutzt als Kathode wieder eine stark 
gekrümmte concave Kathode, welche die geradlinigen Strahlen in 
einem engen blauen Doppelkegel vereinigt. Bringt man den Hülfs- 
drath in irgend eine Stelle des Kegels; so tritt eine der eben be- 
schriebenen analoge Erscheinung ein, der Kegel klafft in zwei Stücke 
auseinander. Ist der Draht aber so gerichtet, dass er ganz ausserhalb 
. des Kegels liegt und nur vom Lichte der dritten Schicht umflossen 
wird, so erzeugt die Stromzuführung durch den feuchten Faden keinerlei 
Schattenraum in dem den Draht umgebenden Licht; die Anordnung 
wie die Helligkeit des letztern werden dadurch in keiner Weise be- 
einflusst. 

Die zuletzt erwähnten Resultate, dass wohl die Strahlen der 
zweiten Schicht, nicht aber die der dritten Schicht geradlinige Aus- 
breitung und Schattenphaenomene zeigen, führten zu einer unerwarteten 
Erweiterung der Kenntniss von dem secundären negativen Licht, 
sowie von dem geschichteten positiven Licht. In den Monats- 
berichten der Berliner Akademie zeigte ich 1876,' dass man an einer 
beliebig weit von der Kathode entfernten Stelle, mitten zwischen den 
positiven Schichten, Lichtbüschel erzeugen kann, die in allen damals 
Fig. 8. bekannten wesentlichen Charakteren mit dem 
Kathodenlicht übereinstimmten. Um ein solches 
Liehtbüschel zu erzeugen, braucht man nur in 
den Entladungsweg eine starke Verengung einzu- 
schalten, z. B. zwei weitere Theile des Ent- 
ladungsraumes durch ein enges Rohr, wie in 
Fig. 7. communieiren zu lassen; von der nach 
der Anode gekehrten Mündung des Verbindungs- 
rohres breitet sich dann ein derartiges Büschel 
aus, das ich als secundäres negatives Lichtbüschel 
bezeichnete. Die secundären negativen Büschel 
haben in verdünnter Luft rothgelbe Farbe, nur 
in der direeten Verlängerung des engen Rohres 
zeigen sie ein centrales, schmales, schwach di- 
vergentes, bläuliches, durch etwas grössere Hellig- 
keit ausgezeichnetes Bündel (s. Fig. 8). Bei hin- 
reichend starker Gasverdünnung können die se- 
cundären negativen Büschel sich zu erheblichen Dimensionen aus- 
dehnen, in denen sie Gefässe von mehreren Centimetern Weite und 
einigen Decimetern Länge ausfüllen. Die jetzt durchgeführte Unter- 
suchung der Schichten des Kathodenlichts führt zu der Frage, mit 


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! Gorpsreın, Monatsber. der Akademie 1876, S. 279. To 


Y)0 N . . . Al 13 . 
838 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 28. Juli. 


welcher der Schichten des Kathodenlichts diese dem Kathodenlicht 
qualitativ aequivalenten Büschel übereinstimmen? 

Ich brachte, analog dem S.834 beschriebenen Versuch, in das 
centrale blaue Bündel einen senkrecht zu dessen Axe gerichteten Glas- 
stab, der etwas schmaler als das blaue Bündel war. Es zeigte sich, 
dass die auf den Glasstab fallenden Strahlen des blauen Bündels ab- 
gefangen wurden, ganz wie Strahlen der zweiten Kathodenschicht, 
und dass sich hinter dem Glasstab ein von den noch übrigen blauen 
Strahlen geradlinig scharf begrenzter Schattenraum bildet. Aber 
auch dieser Schattenraum ist nieht dunkel, sondern er wird erfüllt 
von rothgelbem Lichte, von ganz derselben Farbe, wie das das blaue 
Centralbündel umhüllende Büschellicht sie zeigt. Bringt man den Glas- 
stab nur in diesen rothgelben Theil des secundären negativen Lichts, 
so entsteht gar kein Schattenraum, das Licht umfliesst den Stab gleich- 
mässig von allen Seiten. 

In einem wie Fig.g gestalteten Entladungsgefäss entwickelt sich 


secundäres negatives Licht von der etwa‘ ı'/,”” weiten Öffnung x 
Fig. 9. eines einige Millimeter weiten Rohres. Geradlinige 

= Strahlen können von der Mündung nur nach der 

AN unteren Hälfte der Kugel gehen. Das rothgelbe 


| | Licht des secundären negativen Büschels aber 

| erhellt auch die obere, von der Mündung abge- 

| kehrte Hälfte der ı 1°” im Durchmesser haltenden 
x I Kugel bis auf wenige Millimeter von der Wan- 
dung. — In einer Röhre wie Fig. 10 breitet sich 
von der 2”” weiten Öffnung x secundäres nega- 
tives Licht aus; dasselbe erfüllt die ganze 10°” 
weite Kugel, trotzdem an der Projeetion der 
Röhre auf die Mattscheibe der photographischen 
Camera sich erkennen lässt, dass in der Kugel 
Kappen von mehr als 2°” Höhe von x aus nicht 
geradlinig erreichbar sind. — Endlich geht in 
einer wie Fig. ıı geformten Röhre das von der Öffnung x aus- 
strömende rothgelbe Licht des secundären negativen Büschels mehr 
als 5°” über die äusserste von x aus geradlinig erreichbare Stelle 
hinaus. Das centrale blaue Bündel endet dort, wo es in gerader 
Richtung auf die Glaswand trifft. 

Aus diesen Versuchen schliesse ich, dass auch das secundäre 
negative Licht aus zwei heterogenen Lichtarten besteht, einer gerad- 
linig sich ausbreitenden, durch feste Wände zu hemmenden, und 
einer sich um Ecken schmiegenden Lichtart. Das letztere (in ver- 
dünnter Luft rothgelbe) Licht entspricht der dritten Schicht des Ka- 


Gorvsrein: Schichtung des Kathodenlichts inducirter Entladungen. 839 


thodenlichts, der geradlinige blaue Gentralkegel entspricht den Strahlen 
der zweiten Schicht. Nun gehen aber die Büschel des secundären 


Fig. 10. Fig. 11. 


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negativen Lichts, wenn man die Weite ihrer Ursprungsöffnung suc- 
cessiv sich der Weite des umgebenden Gefässes nähern lässt, über 
in die Schichten des positiven Lichts, und zwar dergestalt, dass 
aus je einem secundären negativen Büschel sich eine einzelne posi- 
tive Schicht bildet. Die Continuität der Umbildung lässt vermuthen, 
dass auch das positive Licht aus zwei verschiedenen Lichtarten zu- 
sammengesetzt ist. Den nähern Nachweis, dass diess wirklich der 
Fall ist, beabsichtige ich bei anderer Gelegenheit zu liefern. 


Ausgegeben am 7. September. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


Sitzungsberichte 1892. 74 


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841 
1892. 
Xal. 
SITZUNGSBERICHTE 
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


20. October. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs-Reymonv. 


l. Hr. Mommsen legte für Hrn. Dr. HırLer von GAERTRINGEN ein 
von letzterem bei Aufnahme der rhodischen Inschriften in der süd- 
liehen Vorstadt des heutigen Rhodos aufgefundenes Denkmal vor. 

- Die Mittheilung folgt umstehend. 

2. Hr. Dümmzer berichtete über zwei kürzlich vollendete Bände 
der Monumenta Germaniae. 

Mit dem als Epistolae III bezeichneten Bande beginnt eigentlich 
erst die Reihe der mittelalterlichen Briefe im engeren Sinne, für welche 
das Registrum Gregorii gleichsam nur als Vorläufer erscheint. Im 
Ganzen ist bei ihrer Ausgabe die Zeitfolge beobachtet, doch so, dass 
Briefsammlungen, die in den Handschriften als Ganzes überliefert sind, 
nicht zerrissen werden sollen. Der vorliegende Band, dessen Plan 
bereits von Hrn. WATTENBAcCH festgestellt wurde, umfasst das Mero- 
wingische Zeitalter, beschränkt sich aber nicht auf das Merowingische 
Reich, indem auch westgothische und langobardische Briefe Aufnahme 
verdienten und fanden. Überdies ist der grösstentheils schon der 
Karolingischen Zeit angehörende Codex Carolinus hinzugekommen. Für 
diesen wie für die Bonifacische Briefsammlung war durch die Aus- 
gaben Jarre's am besten vorgearbeitet worden, die nur durch einige 
handschriftliche Vergleichungen und durch, Verwerthung zahlreicher 
neuerer Untersuchungen eine Nachlese übrig liessen. Bei manchen 
..der übrigen rief die Frage grosse Schwierigkeiten hervor, in wie weit 


Sitzungsberichte 1892. 75 


842 Gesammtsitzung vom 20. October. 


die Barbarei der Handschriften den Verfassern selbst oder nur den 
Schreibern zuzutrauen sei, eine Frage, die vielleicht mehrfach in zu 
cönservativem Sinne gelöst worden ist. Etwa zwei Drittel dieses 
Bandes sind von Hrn. Dr. Gunpracn bearbeitet worden, der seitdem 
aus der Reihe der Mitarbeiter ausgeschieden ist. Ungedrucktes enthält 
derselbe kaum. 

Die Fortsetzung der Poetae aevi Carolini, welche den 3. Band 
derselben noch nicht abschliesst. verdanken wir Hrn. Dr. TRAUBE in 
München, dessen Leistungen hier besonders hervorgehoben zu werden 
verdienen. In der zum ersten Male gedruckten grossen Gedichtsammlung 
von S. Riquier sind die einzelnen Theilsammlungen von Mieon, Fredi- 
gardus u. a. scharfsinnig herausgeschält und für die Geschichte jenes 
wichtigen Klosters ausgenutzt. Auch das für die Philologen namentlich 
anziehende Florilegium Micon’s aus älteren Dichtern ist aufgenommen 
und erläutert. Den Miracula S. Germani von Heirich, Mönch in 
St. Germain zu Auxerre, gehen einlässliche Erörterungen über Leben 
und Werke dieses unter den Gelehrten seiner Zeit hervorragenden 
Mannes voraus. Dem umfangreichen Gedichte, das früher in inter- 
polirter Gestalt gedruckt worden, sind zum ersten Male die nach 
manchen Seiten hin interessanten Glossen der Pariser Handschrift 
hinzugefügt. Von einem Gedichte «des Bertharius von Monte Cassino 
auf den heil. Benediet hat Hr. TraugE sowohl die ursprüngliche wie 
die bisher allein bekannte überarbeitete Gestalt veröffentlicht. Zum 
ersten Male sind die (redichte Hinemar’s zusammengestellt. Auch. die 
übrigen Stücke wie das Leben der heil. Hathumod und die Verse auf 
Kaiser Ludwig Il. haben manche schöne Verbesserung erfahren, so 
dass eine baldige Fortsetzung dieser so fruchtbaren Arbeiten dringend 
zu wünschen ist. 

3. Hr. Momnsex legte zwei weitere Abtheilungen der Monumenta 
Germaniae vor, und zwar der unter seiner Direetion erscheinenden 
Auctores antiquissimi, tomi IX pars posterior, enthaltend die zweite 
Abtheilung der chronica minora, bearbeitet von ihm selbst. und tomus X, 
enthaltend die Gedichte Claudians, bearbeitet von Hrn. Bırr in Marburg. 


Die Akademie hat folgende Mitglieder durch den Tod ver- 
loren: den Correspondenten ihrer physikalisch -mathematischen Classe 
Hrn. Esrıco Berri in Pisa am ı2. August und die Correspondenten 
ihrer philosophisch-historischen Classe Hrn. Marruıas DE Vrıes in Leiden 
am 9. August, Hrn. RuporLpn von Inerine in Göttingen am 17. September 
und Hrn. Ernest Renan in Paris am 2. October. 


Gesammtsitzung vom 20. October. 843 


Die physikalisch-mathematische Classe hat zur Katalogisirung der 
in der Bibliothek zu Hannover befindlichen mathematischen Manu- 
sceripte von Leısnız 282 Mark als die Kosten einer zu gedachtem Zweck 
von dem Professor Ü. I. GErHArRnT zu Halle a.S. ausgeführten Reise 
nach Hannover bewilligt. 

Die philosophisch -historische Classe hat bewilligt: 600 Mark dem 
Hrn. Dr. Paur Viereck hierselbst für die im Winter d. J. auszuführenden 
Arbeiten bei der Publication der ägyptischen Papyri nach Anweisung 
der General-Direetion der K. Museen. 


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845 


Rhodische Inschrift. 


Von Tu. Monmnsen. 


ER Dr. F. HıLLer von GAERTRINGEN hat bei der Aufnahme der rho- 
dischen Inschriften ein Denkmal aufgefunden, welches hier in seinem 
Auftrag bekannt gemacht wird. Es ist bisher nicht veröffentlicht; 
nachträglich ist Hrn. v. Hiller von einem dortigen fleissigen Samnler, 
einem griechischen Arzt, Abschrift der ersten Zeilen der Inschrift mit- 
getheilt worden. Dieselbe befindet sich in der Vorstadt von Rhodos 
“Ayıoı Avdpyupoı südlich von der modernen Stadt in dem unmittelbar 
an die türkischen Friedhöfe grenzenden Garten des Hadschi Osman. 
Sie ist eingehauen auf einem vielleicht zu einem fortlaufenden Posta- 
ment gehörigen Blocke, hoch 93'/,°”, lang 48'/,”, tief 72°. Oben 
ist eine wohl durch die spätere Bestimmung des Blockes zum Brunnen- 
trog unter Abschrägung der Ränder veranlasste Einarbeitung wahr- 
nehmbar; rechts ist er abgearbeitet, wodurch einige Buchstaben ver- 
loren gegangen sind. Den Anfang der Inschrift hat ein jetzt fehlender 
oberer Block vielleieht von ähnlichen Dimensionen enthalten. 


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EITPATATIOINANIO NN MAT ON PIQIM AHO!N 
KAIMOTIAEYKIONKOPNHAIONAEYKIOYYION 
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KAIMOTIAEYKIONAIKINIONAEYKIOYYIONAEYKO]|) 
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S46 Gesammtsitzung vom 20. October. 
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I - e N / [2 IN er I 
[HAJovrapgols]| HAowpov Podtos eromae. 


Dass das Denkmal den in der zweiten Hälfte genannten fünf 
Römern gesetzt sei, wird durch das vorgesetzte ori ausgeschlossen.' 
Vielmehr wird der Anfang so, wie oben vorgeschlagen, zu ergänzen 
sein: rov deiva mpeoBevcavrs oder Yonuaricavra mori...., so dass die Be- 
ziehungen des Geehrten zu fünf römischen Beamten unter den Ehren- 
titeln erscheinen, das Denkmal selbst aber einem einzigen Mann ge- 
widmet war, dessen Name fehlt, vermuthlich einem der derzeitigen 
Häupter der rhodischen Gemeinde. Ausserdem können ein oder 
mehrere Personennamen oder auch die Nennung des römischen Volkes 
mit dem oberen Stein verloren gegangen sein. 

Die fünf in der Inschrift, soweit sie uns vorliegt, genannten 
Römer sind: | 

ı. L. Cornelius L. f..... praetor pro consule. 

Wer hier gemeint ist, weiss ich nicht. Man erwartet einen Statt- 
halter der Provinz Asia, nach der aus delischen Inschriften bekannten 
Titulatur (Staatsrecht 2°, 650) einen Praetorier mit Consularrang und 


! Die mit demselben Künstlernamen oder doch mit dem seines Bruders be- 


zeichneten und vielleicht von demselben Coneipienten redigirten rhodischen Basen 
(Loewy, Inschriften griechischer Bildhauer n. 194.195) sind in der gewöhnlichen Weise 
coneipirt: PıAwregav Agısravanxros “Hiıas Kardızdeüs rav Yuyarspa .... Seors und: 
Im AreEußgorida Fov marEon isgoYurcu u... [eureQeia]s Zvexa Tas wor rovs Yeovg [x 
@ger|as za eWvorns Hut pıiAodokias raus eis aurous STeoic. 


Monnmsen: Rhodische Inschrift. 847 


der Stellung nach einen vor Murena die Provinz verwaltenden genannt 
zu finden. Allein Murenas unmittelbarer Vorgänger Sulla kann nicht 
Frparayos dvSvraros heissen und es könnte dieser auch nicht wohl 
von Murena durch einen zwischengesetzten anderen dv$Vuraros getrennt 
werden. Da das Denkmal, wie gesagt, wohl nur angesehene Römer 
aufzählt, mit denen der Geehrte in Verbindung gestanden hat, so ist 
das Fehlen Sullas nicht weiter auffallend und ist es zulässig in den 
beiden zuerst genannten Personen vorsullanische Statthalter von Asia 
zu erkennen. 

2. L. Cornelius L. f. Lentulus pro consule. 

Nach der Titulatur sollte man erwarten diese Person in den 
Gonsularfasten zu finden, aber diese nennen keinen irgend geeigneten 
Mann; der Consul des Jahres 751' führt wohl den gleichen Namen, 
kann aber unmöglich gemeint sein. Aber auch wenn das Fehlen des 
Frparayos in der Titulatur auf blosse Nachlässigkeit oder etwa darauf 
zurückgeführt wird, dass der Betreffende erst nach Ablauf des Amts- 
jahres die Statthalterschaft antrat und die Titulatur dvriorpirnyos 
dvdumaros dem Uoneipienten missfiel, bietet sich unter den uns be- 
kannten Praetoriern des fraglichen Zeitraumes keine passende Persön- 
lichkeit; denn der Praetor L. Lentulus, bei dem einige Zeit nach dem 
Jahre 665 Q. Metellus Pius eine Anzeige machte (Cicero pro Mur. 5,0), 
kann vor Sulla Asia nicht verwaltet haben. 

3. L. Lieinius L. f. Murena imperator. 

Mit diesem Theil unserer Inschrift zu vergleichen ist die messe- 
nische bei Lebas-Foucart n. 318°: 


Mmonız 
NEYK/JNAIKINION/JEL JO Y 


/WMMOYPHNANIMMEPATOPA 
TON AMTAZEYEP.EETAN 


Beide gelten zweifellos dem Nachfolger Sullas im Commando von 
Asia, der den Krieg gegen Mithradates wieder aufnahm und in 
Folge dessen wahrscheinlich im Jahre 672 Imperator ward (Cicero 
pro Mur. 5,12) und im Jahre 673 triumphirte. Allerdings wird der- 
selbe jetzt durchgängig bezeichnet als P. f. so wie sein gleichnamiger 
Sohn, der von Cicero vertheidigte Consul des Jahres 692, als L. f. P. n.; 
auch in der messenischen Inschrift ergänzt Foucart [HorAı]ov und 
bemerkt dazu: je n’ai pu dechiffrer le nom du pere; WMorruv el Acvxiou 
seraient egalement possibles. Allein ein altes Zeugniss für den Namen 
seines Vaters lag bisher nicht vor. Cicero spricht allerdings im 


! Die athenische Basis C. 1. Att. Ill, 586 hat Dittenberger diesem wohl mit 
Recht beigelegt. 


848 Gesammtsitzung vom 20. October. 


Brutus 67, 237. 20, 31ı von einem Redner P.:Murena, welcher’ bei 
den Metzeleien des Jahres 672 umkam; aber derselbe braucht nicht der 
Vater des Statthalters Murena, sondern kann ebenso wohl ein Bruder 
desselben gewesen sein und also der Vater des Statthalters gleich 
diesem Lucius geheissen haben, wie unsere Inschrift es fordert. Wir 
werden demnach den Triumphator des Jahres 673 zu bezeichnen haben 
als L. Liemius L. f. -. n. Murena, den Consul des Jahres 692 als 
L. Lieinius L. f. L. n. Murena. — Bemerkenswerth ist noch das wohl 
nur in den beiden Inschriften des Murena von Messene und Rhodos 
(vergl. Staatsrecht ı°, 123 A.5) begegnende Festhalten des lateinischen 
imperator statt des schon von Sulla (im oropischen Deeret) und später 
allgemein dafür verwendeten auroxpsrwe. Belege aus vorsullanischer 
Zeit fehlen. 

4. L. Licinius L. f. Lucullus pro q. 

Benennung wie Titulatur passen vollständig auf den bekannten 
Feldherrn, welcher, nachdem er eine Reihe von Jahren als Quaestor 
oder Proquaestor unter und nach Sulla die Provinz Asia verwaltet 
hatte, als Consul im Jahre 680 das Commando gegen Mithradates 
übernahm. Die völlig gleichartigen in Delos, Thyatira und Synnada 
ihm gesetzten Ehrenbasen (C.I.L. II S. 7237) so wie die Stellung nach 
Murena, unter dem er fortfuhr als Proquaestor zu fungiren, machen 
es zur Gewissheit, dass auch hier an ihn gedacht werden muss, wie 
denn auch keine gleichnamige Persönlichkeit weiter begegnet. 

5. A. Terentius A. f. Varro legatus. 

Varro, heisst es in den pseudoasconianischen Scholien zu den 
Verrinen (zur divin. in Caec. 7, 24) p. 109g Orelli, consobrinus ‚frater 
Hortensü, reus ex Asia apud L. Furium praetorem primo de pecunüs 
repetundis, deinde apud P. Lentulum Suram (Praetor um 679: Drumann 
3,86) est accusatus absolutusque est a Q. Hortensio,; und weiterhin: qui 
(Appius Claudius adulescens nobilis) cum accusaret Terentium Varronem 
repetundarum ex Asia, vichıs ab Hortensio est, in quo iudicio discoloribus 
ceris signa sententiarum notabantur. Ferner bei dem Gronovischen Seho- 
liasten (zu act. ı, 6, ı7) p. 398 Orelli: figuram fecit in Hortensium de 
Varronis iudieio consobrini eius, quod discoloribus ceris iudicium corrupit, 
und bei Horaz sat. 2,1,49, wo der Praetor Turius, bei den Scho- 
liasten Gaius Turius oder Turius Marinus genannt wird. Die Notizen’ 
berechtigen nicht diesen Tereitius Varro unter die Statthalter von Asia 
einzureihen; in der rhodischen Inschrift erscheint er jetzt als Legat 
des Murena. Einigermaassen bestätigend tritt hinzu das zwischen den 
Lieinii Murenae und den Terentii Varrones bestehende Nahverhältniss, 
welches uns allerdings nur in der Nomenclatur entgegentritt. Der A. Varro 
Murena, der unter den Freunden Ciceros und in der Partei der Pom- 


Mommsen: Rhodische Inschrift. 849 


peianer auftritt," scheint derselbe zu sein, den unsere Inschrift nennt. 
Nicht derselbe, vielleicht sein Sohn ist der Consul des Jahres 73 1 
A. Tferentius A. f. Var/ro Murena, wie er in den capitolinischen Fasten 
heisst, während er bei den Schriftstellern gewöhnlich Murena oder Varro 
Murena genannt,” zuweilen aber auch ihm der Vorname Lxeius? und 
der Geschlechtsname Licinüus‘ beigelegt wird. In welcher Weise dies 
Nahverhältniss begründet ward, ist nicht überliefert und lässt sich 
nicht mit Sicherheit ermitteln: man kann vermuthen, dass L. Murena der 
Triumphator vom Jahre 673 ausser seinem gleichnamigen im Jahre 692 
zum Gonsulat gelangten Sohn einen zweiten hatte, den er einem A. Te- 
rentius Varro in Adoption gab und dass dieser zweite Sohn der Legat 
seines leiblichen Vaters in Asia und der Vater des Consuls 731 ge- 
wesen ist. 

Dass auf Rhodos, welches während des ganzen Krieges mit Mithra- 
dates in der Gewalt der Römer geblieben und von dem König ver- 
geblich belagert worden war, auch nach dem Friedensschluss von Sulla 
Belohnungen erhielt (Appian Mithr. 61), die römischen Beamten in 
hohen Ehren gehalten wurden, versteht sich von selbst. Von Betheili- 
gung der Rhodier an Murenas verkehrter und unglücklicher Krieg- 
führung wird nichts berichtet, und auch unser Denkmal fordert sie 
nicht. Gesetzt ist dasselbe nach dem Jahre 672, vor Chr. 82, in dem 
Murena den Imperatortitel angenommen haben wird, und wahrschein- 
lich vor dem Jahre 680, vor Chr. 74, da Lucullus in demselben noch 
als Proquaestor und nach Murena auftritt, als welehen und an welcher 
Stelle ein Hellene ihn schwerlich aufgeführt hätte, nachdem er als 
commandirender Consul nach Asia zurückgekehrt war. Dazu stimmen 
auch sowohl die Titulaturen orparnyss dvSuraros und iurspdrwp wie 
die sprachlichen Momente. Bemerkenswerther als der constante Ge- 
brauch von Asvxıos und die Form Asvxo[Aros] (Z. 7), über welche Ditten- 
berger (Hermes 6 p. 310. 311) gehandelt hat, ist in dieser Hinsicht 
die Schreibung Asvreros (Z. 4), vergleichbar dem Neuss (Dittenberger 
a.a.O. S. 297), aber hier zum ersten Mal begegnend. 

Von demselben Bildhauer, der die Statue dieser Basis gefertigt hat. 
Plutarchos dem Sohn des Heliodoros rührt, wie schon S. 846 A. ı 
bemerkt ward, eine zweite ebenfalls auf Rhodos gefundene (Loewy 
Inschriften griech. Bildhauer n. 194) her; zwei andere (daselbst n. 195. 


! Varro Murena: Cicero ad fam. ı3, 22. A. Varro: Cicero ad fam. 16, ı2, 6, 
Caesar b. c. 3, 19. 

? Terentius Varro: Strabon 4, 6,7 p. 206; Dio 53, 25. 

® Velleius 2, 91: L. Murena. 


* Dio 54, 3: Licinius Murena. Horatius carm. 2, 10: Iicinius, wie man annimmt, 
derselbe. 


Sitzungsberichte 1892. 76 


850 Gesammtsitzung vom 20. October. 


ı96) gehören demselben Künstler oder seinem Bruder Demetrios. 
Diese bisher für uns zeitlosen Denkmäler empfangen durch den neu- 
gefundenen Stein ihre Datirung. Es ist dies, wie der Entdecker 
schreibt, von Bedeutung für die Palaeographie und die Kunstgeschichte 
von Rhodos: Loewys Zeitansätze (a. a. ©. S. 127) werden durch das 
feste Datum, das dieses Denkmal gewährt, um etwa achtzig Jahre 
heruntergerückt. Die weitere Ausführung wird von ihm selbst seiner- 
zeit gegeben werden. 


Ausgegeben am 27. October. 


Berlin. gedruckt in der Reichsdruckerei. 


851 


1892. 
ALM. 
SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


27. October. Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe. 


Vorsitzender Seceretar: Hr. E. vu Boıs- Revnmonv. 


1. Hr. v. Heımnortz 'las über die 


elektromagnetische 
Theorie der Farbenzerstreuung. 


Die Mittheilung wird später erscheinen. 
2. Hr. Scnuurze legte die umstehend folgende Mittheilung des 


Hrn. A. GoETTE in Strassburg vor über die Entwickelung von 
Pelagia noctluca. 


Sitzungsberichte 1892. 


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Über die Entwickelung von Pelagia noctiluea. 
Von Prof. A. GoETTE 


in Strassburg. 


(Vorgelegt von Hrn. Schurze.) 


B:i meinem Studienaufenthalt in Neapel, im Herbst 1891, wozu mir 
die Königliche Akademie der Wissenschaften in dankenswerther Weise 
die Mittel gewährte, sollte u. A. die Entwickelung gewisser Nessel- 
thiere verfolgt werden. Die zunächst in’s Auge gefassten Formen 
ergaben jedoch in jener Zeit eine ungenügende Ausbeute, so dass ich 
mich entschloss, die Zucht der in Neapel ziemlich häufig anzutreffenden 
Pelagia noctiluca zu versuchen. Meine Wahl fiel auf diese Meduse, 
weil ihr nach den Angaben von Kroun, Asassız, KOwWALEVSKY und 
METscnnIKorr die unter dem Namen »Scyphostoma« bekannten Larven- 
stadien anderer Sceyphomedusen durchaus fehlen sollten, und weil 
dieser Unterschied noch in auffallender Weise gesteigert erschien, seit- 
dem ich nachgewiesen hatte, dass die Seyphostomen sich auf einer 
ganz anderen Grundlage entwickelten, als man früher angenommen hatte. 

Nach meinen früheren Untersuchungen besitzen die jüngsten Larven 
von Aurelia und Cotylorhiza den unverkennbaren Bau eines Anthozoons 
oder Seyphopolypen, so dass der centrale, von den vier Magentaschen 
umgebene Schlund ektodermal ist und sein Innenraum von den Taschen- 
räumen durch eine Doppelwand, nämlich des Schlundektoderm und 
die anliegende Taschenwand getrennt wird. Wo diese vier Doppel- 
wände oder »Taschenvorhänge« in der Tiefe mit freiem Rande auf- 
hören, communiciren sowohl die Taschen wie der Schlund mit dem 
Centralmagen (Östien-Schlundpforte). Dieser ursprüngliche Bau der 
Jungen Larve oder des polypoiden. Scyphostoma verwandelt sich früher 
oder später — bei Aurelia spätestens im achtarmigen Stadium — in 
den Bau des medusoiden Scyphostoma, indem die beiden Blätter der 
Taschenvorhänge auseinandergezogen werden und das ektodermale 
Peristom sich in die dadurch entstandene Bucht, also zwischen Schlund 
und Magentaschen einsenkt und mit ihnen in Berührung tritt (Sub- 
umbrella). Infolge dessen liegt die frühere Innenwand der Magentaschen 

Al 


854 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 27. October. 


unmittelbar unter der peripheren oder distalen Zone der Subumbrella 
und das Schlundektoderm unter ihrer proximalen Zone bis zum Mund- 
rande, so dass er auch die Auskleidung des röhrenförmig vortretenden 
Mundrandes oder der Proboseis bildet. 

Durch diese Metamorphose ist die frühere Gestalt des Schlundes 
und der Taschenvorhänge allerdings aufgelöst, ihr Substrat aber weder 
verschwunden, noch etwa dessen wichtigster Theil, das Schlundektoderm, 
zum Munde ausgestülpt, wie seither auf Grund ungenauer Nachunter- 
suchung angenommen wurde. Das Schlundektoderm bleibt vielmehr 
als Auskleidung umfänglicher Darmabschnitte im Inneren zurück, wenn- 
gleich es sich später von dem Entoderm der Magentaschen und des 
Uentralmagens gewöhnlich nicht mehr unterscheiden lässt. 

Das Wesentliche aller meiner Befunde war aber nicht sowohl das 
letzte Schicksal des Schlundektoderms als der Nachweis, dass erstens 
das Scyphostoma nieht in der beschriebenen metamorphosirten Form, 
in welcher es in der Regel allein bekannt war, aus der Gastrula 
unmittelbar hervorgehe, sondern dass vorher der. complieirtere antho- 
zoon-äÄhnliche Bau durchlaufen werde; zweitens dass dabei die Strahl- 
gliederung der Larve mit den Magentaschen beginne und fortschreite, 
während die Tentakel, welche früher als die eigentlichen Träger der 
Gliederung galten, erst secundär über den schon vorhandenen einzelnen 
Taschen entständen, und dass auch die Magenfalten eine Folge der 
Taschenbildung wären und nicht umgekehrt. 

Auf meine übrigen Angaben über die Septaltentakel, Septaltrichter, 
Ephyrabildung u. s. w. werde ich noch zurückkommen. 

Im Gegensatz zu dieser Entwickelung der Aurelia und Cotylorhiza 
sollte nur diejenige von Pelagia so verlaufen, dass ihre Gasirula, mit 
Übergehung der Seyphostomastadien, durch unwesentliche Verände- 
rungen und ziemlich unvermittelt zur Ephyrabildung hinüberführte. 
Das Prostoma sollte zum definitiven Munde werden, der Urdarm sich 
dem äusseren Ektoderm anlegen und in einem gewissen Abstande vom 
Munde sich in erst kreisförmig angeordnete Blindsäckchen ausstülpen, 
welche in entsprechende Vorsprünge des äusseren Ektoderms ein- 
wüchsen und so die Ephyralappen bildeten. 

Wie man sieht, unterscheidet sich die Entwickelung der Pelagia 
nach dieser Darstellung von der Entwickelung der Aurelia und anderer 
 Diseomedusen, sowie sie früher angenommen wurde, nur darin, dass 
bei Pelagia die Tentakel und die Magenfalten, die damals vermeintlich 
einzigen charakteristischen Merkmale der Seyphostomen, vermisst 
wurden. Diese Kürzung in der Entwickelung der Pelagia hatte daher 
bei der damaligen Ansicht keine weitere Bedeutung, da die Grund- 
lagen der Ephyra in beiden Fällen dieselben blieben, insbesondere der 


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Gorrre: Über die Entwickelung von Pelagia noctiluca. 855 


ganze Darmraum aus dem Urdarm, der Mund aus dem Prostoma her- 
vorgehen sollte. Anders gestaltete sich die Sache infolge meiner eben 
eitirten Befunde. Es ergab sich eben der Gegensatz, dass Aurelia und 
Cotylorhiza in ihren Seyphostomen nicht nur die Tentakel und Magen- 
falten sowie einige andere Einzeltheile vor den Pelagialarven voraus- 
hatten, sondern eine durchaus anthozoonähnliche Larvenform, welche 
in der Metamorphose nicht spurlos verschwand, sondern das Schlund- 
ektoderm als Auskleidung ansehnlicher Darmtheile zurückliess, während 
durch den angeblichen Ausfall dieser wie jeder anderen Vorfahrenform 
bei Pelagia der ganze Darm dieser Meduse von Anfang an und dauernd 
entodernal blieb. 

Ein soleher Gegensatz zwischen nahverwandten Formen, wie es 
Aurelia und Pelagia sind, ist so ungewöhnlich, dass er naturgemäss 
Zweifel an der Richtigkeit der einschlägigen Beobachtungen hervor- 
rufen muss. Und da gerade meine eigenen Untersuchungen die Ursache 
jener Zweifel sind, so lag es nahe genug, dass ich selbst die Entwiekelung 
von Pelagia einer neuen Prüfung unterzog. Dabei stellte sich nun heraus, 
dass jener vermeintliche Gegensatz gar nicht existirt, indem Pelagta 
in allen wesentlichen Punkten sich so entwickelt, wie ich 
es bei Aurelia und Cotylorhiza gefunden habe, und nur in 
weniger belangreichen Dingen abweicht. Gewisse Befunde bei Prelagia 
liessen es mir aber wünschenswerth erscheinen, sofort Controlunter- 
suchungen an der gleichzeitig in Neapel vorkommenden Cotylorhiza 
vorzunehmen, deren Ergebniss ich voranstelle, weil es meine früheren 
Befunde in erfreulicher Weise ergänzt. 


Die erste Anlage des Schlundes und der Magentaschen der Haupt- 
ebene fand ich bei Cotylorhiza jetzt genau so wie ich es früher angegeben 
habe. Daran reihten sich Larven (A), in denen beide schlauchförmigen 
Taschen noch unverändert dem Schlunde dicht anlagen, während er 
in den Centralmagen bereits durchgebrochen war, d.h. eine Schlund- 
pforte gebildet hatte. Selbstredend waren dabei die Taschenvorhänge 
der Hauptebene in der früher bezeichneten Art hergestellt. Während 
ich aber das zweite Taschenpaar der Querebene früher bei Aurelia und 
Cotylorhiza aus dem Centralmagen, unter der Schlundpforte, hervor- 
gehen liess, sodass alle vier und in der Folge überhaupt alle Taschen 
entodermal schienen, habe ich nunmehr bei Cotylorhiza und, wie ich 
gleich hinzufügen will, ebenso bei Pelagia feststellen können, dass 
das zweite Magentaschenpaar aus dem Schlunde selbst, also 


356 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 27. October. 


aus einem ektodermalen Theil entsteht und nebst allen 
seinen späteren Erzeugnissen ektodermal bleibt. 

Natürlich schränkt dieser wichtige neue Befund weder die An- 
thozoonähnlichkeit unserer Larven noch meine frühere Ansicht von 
dem Verbleib des Schlundektoderms ein, sondern erweitert und sichert 
nur die letztere. Dazu kommen aber noch weitere Belege. 

Neben solchen Larven von Cotylorhiza, wie ich sie eben beschrieb, 
fand ich andere (5) mit einem etwas abgeänderten Entwickelungsverlauf. 
Bevor nämlich die Schlundpforte sich geöffnet hatte, war der Schlund 
wenigstens in die eine der mit ihm verlötheten entodermalen Magen- 
taschen durchgebrochen und war somit die Anlage eines Taschen- 
vorhanges der Länge nach bis auf einen kleinen oberen Rest gespalten. 
Diese Spaltung setzt sich sodann auf den Boden des Schlundes fort 
(Schlundpforte) und von dort aus auf den gegenüberliegenden Taschen- 
vorhang. 

In solchen Fällen erscheinen der röhrenförmige Schlund und die 
Taschenvorhänge, sowie beide Taschen der Hauptebene gleich nach 
der Bildung der Schlundpforte ausserordentlich redueirt, ohne dass sie 
Jedoch wirklich verschwinden, bez. zum Munde ausgestülpt wären. Sie 
sind vielmehr wegen der angegebenen senkrechten und doppelseitigen 
Spaltung allerdings nur in ihren obersten Abschnitten kenntlich ge- 
blieben — der Schlund als kurze Röhre, die Taschen als kurze Blind- 
säcke und die dazwischenliegenden Taschenvorhänge als ebenso kurze 
Falten; in ihren grösseren unteren Abschnitten sind sie dagegen mehr 
oder weniger unkenntlich verwandelt — die geschlossenen Taschen in 
offene Rinnen, die Taschenvorhänge in die wulstigen Rinnenränder oder 
Magenfalten, das übrige Schlundektoderm in zwei getrennte, einander 
gegenüberliegende Buchten, welche um dieselbe Zeit sich in das zweite 
Magentaschenpaar umbilden. 

Zur weiteren Bestätigung dieses Thatbestandes dient noch der 
Umstand, dass während der beschriebenen Metamorphose die gewal- 
tige Verschiedenheit der ektodermalen und der entodermalen Theile 
noch recht deutlich ist und ihre Ausbreitung erkennen lässt. 

Eine solche seitliche Spaltung des Schlundes u. s. w. kann natür- 
lich völlig einwandsfrei nur festgestellt werden, wenn sie, wie in 
den Larven 5 vor der Eröffnung der Schlundpforte oder zuerst ein- 
seitig erfolgt und deshalb nur in das Gebiet des Schlundes verlegt 
werden kann. In den Larven A kann die nachträgliche Spaltung der 
Taschenvorhänge von der Schlundpforte aufwärts wenigstens in ihrem 
Effect auch als eine blosse Verkürzung des Schlundes, der Taschen 
und Vorhänge durch Zusammenziehung aufgefasst werden, und da 
ich bei Aurelia die Larvenform -B nicht angetroffen habe, sondern 


Tr . » . . Rr7 
GorrrE: Über die Entwickelung von Pelagia noctiluca. 857 


nur die Form A, so versteht sich, dass ich dort eine solche Ver- 
kürzung durch Zusammenziehung annahm, während mir jetzt die 
bloss scheinbare Verkürzung der genannten Theile infolge ihrer Spal- 
tung ebenso sicher erscheint wie die ektodermale. Entstehung des 
zweiten Magentaschenpaars. 

Für den weiteren Fortgang der Entwickelung sind die Unter- 
schiede der beiden Larvenformen A und D belanglos, weil schliesslich 
in beiden Fällen die ursprünglichen Theile in der gleichen Weise bis 
zur Unkenntliehkeit verwandelt werden. Die wesentliche Bedeutung 
dieser beiden Larvenformen liegt dagegen in folgenden zwei Punkten. 

Die Larvenform A ist die ursprünglichere, weil sie den Antho- 
zoonbau vollständig hervortreten lässt, bevor seine Rückbildung mit 
der Spaltung beginnt: in der Larvenform B kommt aber jener Bau 
nicht zu gleicher Vollendung, weil seine wichtigsten Anlagen, das 
erste Magentaschenpaar, der Schlund, die Taschenvorhänge sich zu 
spalten und somit zurückzubilden anfangen, bevor die Schlundpforte 
den Anthozoonbau ganz fertiggestellt hat. Bei Aurelia ist bisher nur 
die Larvenform A angetroffen und erfolgt die Metamorphose unter 
Umständen erst in der achtarmigen Larve; bei Cotylorhiza folgt nur 
ein Theil der Larven dem Typus A, der andere Theil dem Typus 5, 
und überall vollzieht sich die Metamorphose frühzeitig. Folglich 
bewahrt Aurelia die Vorfahrenform am vollkommensten und längsten, 
während sie bei Cotylorhiza zum Theil nur unvollkommen erscheint 
und früher vergeht. Es bestätigt sich somit das, was ich schon 
einmal aussprach (Craus und die Seyphomedusen S. 60), und ergiebt 
sich ferner der praktische Schluss, dass Aurelia über die Vorfahren- 
form leichter und vollständiger Auskunft giebt als Cotylorhiza. 

Dagegen hat die Entwickelung von Cotylorhiza ihre Vorzüge in 
einer anderen Richtung, welche freilich nur dann zu verwerthen sind, 
wenn die Untersuchung an den jüngsten Larven eingehend, mit Hülfe 
von Längs-. und Querschnitten vorgenommen und nicht auf die An- 
sicht einiger ganzer Larven beschränkt wird. Denn gerade die Larven 
B lassen die Metamorphose der ursprünglichen Anlagen am besten 
verstehen und gleichzeitig die Ausbreitung des Schlundektoderms bis 
in das zweite Magentaschenpaar und längs der vier Magenfalten er- 
kennen: woraus mit grösserer Bestimmtheit sich ergiebt, dass das 
Schlundektoderm unmöglich aus dem Innern der Larve verschwinden 
oder sich ausstülpen kann, weil damit gleichzeitig auch die Magen- 
taschen der Querebene, die Magenfalten und nothwendigerweise die 
mit ihnen zusammenhängenden übrigen Magentaschen ausgestülpt, 
d. h. die ganze innere Organisation der Larve aufgehoben werden 
müsste. 


7-4 Ze % s 3 < 
858 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 27. October. 


Von sonstigen Befunden an den Larven von Cotylorhiza erwähne 
ich nur kurz, dass ich die Bildung ihrer Septaltrichter und den Ur- 
sprung der Septaltentakel aus dem zweiten Magentaschenpaar allein 
lediglich habe bestätigen können. 


Nach diesen Ergänzungen meiner früheren Untersuchungen an 
Aurelia und Cotylorhiza ist die Entwickelung von Pelagia leicht zu 
verstehen, da ich von ihr schon erwähnte, dass sie entgegen den 
Angaben von Kronn u. A. im wesentlichen ebenso verläuft wie bei 
den erstgenannten Medusen, insbesondere bei Cotylorhiza. 

Dies zeigt sich schon an der eben ausgeschlüpften Schwärmlarve, 
welche als eine verlängerte Gastrula mit relativ kurzem Urdarm be- 
zeichnet werden kann, sodass die aborale Hälfte des Ektodermschlauchs 
nur eine mit Flüssigkeit gefüllte Höhle umschliesst. Denn sehr bald 
schliesst sich das Prostoma und stülpt sich seine ganze Umgebung 
zum Schlunde ein, sodass das Prostoma, statt sich in den Mund zu ver- 
wandeln (KowALewsky), nur die Stelle bezeichnet, wo sich später am 
Boden des Schlundes die Schlundpforte öffnete, während der eigent- 
liche Mund mit der Einstülpungsöffnung des Schlundes identisch ist. 

Unterdessen hat sich der Urdarm ebenso wie ich es für Aurelia 
und Cotylorhiza angab, in den Centralmagen und die beiden schlauch- 
förmigen Magentaschen gesondert, jener unter dem Schlunde gelegen, 
diese vom Üentralmagen aus den Schlund in der Hauptebene zwei- 
seitig umgreifend. Es ist bemerkenswerth, dass diese beiden Magen- 
taschen bei Pelagia ungleich entstehen, indem eine von ihnen sich 
gleich anfangs vom Centralmagen völlig abschnürt, um nach einiger 
Zeit sich wieder mit ihm zu verbinden. Der Schlund verlöthet seit- 
lich mit beiden Magentaschen und an seinem Boden mit dem Üentral- 
magen. Durch die Aneinanderreihung des Schlundes und beider 
Magentaschen in der Hauptebene verbreitert sich die Larve in der 
letzteren und wird in der Richtung der Querebene schmaler, also 
abgeplattet. 

Der Schlund erweitert sich darauf sehr bedeutend. Dabei bleibt 
sein Eingangstheil etwas halsartig verengt und röhrenförmig (Schlund- 
rohr); der weitere untere Theil bricht in die Magentaschen (Ostien) 
und den Centralmagen (Schlundpforte) durch wie bei den Larven BD 
von Cotylorhiza, sodass auch rudimentäre Taschenvorhänge entstehen. 
Die beiderseitige Ausbuchtung des Schlundes in der Querebene ver- 
wandelt sich ebenfalls in das zweite Magentaschenpaar, welches daher 
nebst seinen Grenzrändern (Magenfalten) ektodermalen Ursprungs ist. 


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GorrrEe: Über die Entwickelung von Pelugia noctiluca. 859 


Allerdings lassen sich an den Larven von Pelagia das Ektoderm und 
das Entoderm der Darmanlagen durch gewebliche Merkmale nicht 
gegeneinander abgrenzen, weil die Zellenbildung bei der gewöhnlichen 
Praeparation undeutlich bleibt. Dafür kann man die ganzen Larven 
sehr schön aufhellen und dadurch die geschilderte Verwandlung des 
Schlundes in allen Stadien im Ganzen übersehen. 

Während der Entwickelung des zweiten Magentaschenpaars hat 
sich die Larve auch äusserlich verändert. Die zwei kleineren ento- 
dermalen und die zwei grösseren ektodermalen Magentaschen, welche 
durch tiefe Kerben gesondert bleiben und längs der Mittellinie 
je eine äussere Kante entwickeln, übertragen diese Bildung auf 
‚das äussere Ektoderm, d. h. die Larve wird in der ganzen Ausdeh- 
nung der Taschen zwischen dem Schlundrohr und dem ÜUentralmagen 
vierkantig. Ferner plattet sich ihr ovales Ende ungefähr bis zur 
mittleren Höhe der Taschen ab, wodurch auch diese letzteren unter 
dem Rande der Endfläche oder des Peristoms, bez. der künftigen 
Subumbrella eine Biegung erfahren. An dieser Biegung behalten die 
Taschen ihre grösste Tiefe; ihre darunter liegenden exumbralen Hälften 
werden allmählich so flach, dass sie eigentlich nur an ihren mittleren 
Kanten kenntlich bleiben. Dasselbe gilt auch für die oberen sub- 
umbralen Taschenhälften, deren Kanten auch äusserlich vier radiale 
Kanten des Peristoms oder der Subumbrella und dazwischen natürlich 
vier interradiale Vertiefungen, die letzten Reste der Septaltrichter, 
hervorrufen. Die Reste der Taschenvorhänge gleichen sich dann 
ebenso wie bei Cotylorhiza, aus. 

So wie die Strahlgliederung der Larve mit den vier ersten Magen- 
taschen begann und von diesen erst nach aussen übertragen wurde, 
so hängt auch die weitere Gliederung von einer Vermehrung der 
Taschen ab. Diese geht aber nicht durch irgend welche Halbirungen, 
sondern durch ungleichmässige Theilungen vor sich. Auf das vier- 
zählige Stadium folgt ein achtzähliges, indem die zwei ektodermalen 
und grösseren Taschen durch Dreitheilung in je eine mittlere (radiale) 
und zwei seitliche (interradiale) Taschen zerfallen, während die zwei 
ektodermalen Taschen noch unverändert bleiben. Längs den vier 
neuen interradialen Taschen entstehen entsprechende äussere Kanten 
zwischen den vier alten, so dass die Larve nunmehr achtkantig er- 
scheint. Nur gehen diese neuen Taschen und Kanten über den Pe- 
ristomrand nicht hinaus, weshalb das Peristom die vierzählige Gliede- 
rung behält. 

Die Entstehung der interradialen Taschen von Pelagia verdient 
ein besonderes Interesse deshalb, weil der Ursprung der interradialen 
Taschen von Aurelia und Cotylorhiza durchaus nicht ebenso leicht zu 


860 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 27. October. 


verfolgen ist. Allerdings hatte ich gerade zuerst bei diesen letzteren Me- 
dusen gefunden, dass ihre vier Interradialtaschen als Träger der Septal- 
tentakel dem zweiten Magentaschenpaar angehörten; infolge gewisser 
Eigenthümlichkeiten der bezüglichen Seyphostomen ist aber ein solcher 
Nachweis nicht in jedem Fall durchzuführen, wesswegen auch ab- 
weichende Ansichten Platz griffen. Diese Unsicherheit dürfte durch 
den genannten Befund bei Pelagia beseitigt sein. 

Zu den radialen und interradialen Taschen kommen noch acht 
Adradialtaschen, welche ebenfalls dureh Dreitheilungen sich von den 
vier Radialtaschen abgliedern. Der Rythmus der Taschenbildung und 
folglich auch der Strahlgliederung ist also folgender: ı. zwei radiale 
Taschen der Hauptebene (entodermal), 2. zwei radiale Taschen der. 
Querebene (ektodermal), 3. vier Interradialtaschen durch Dreitheilung 
der letzteren (ektodermal), 4. vier Adradialtaschen durch Dreitheilung 
des ersten Taschenpaares (entodermal), 5. vier Adradialtaschen des 
zweiten radialen Taschenpaares (ektodermal) — im ganzen sechs ento- 
dermale und 10 ektodermale Taschen. 

Die acht radialen und interradialen Taschen entwickeln unter dem 
Scheibenrande je einen Blindsack oder eine Randtasche, welche als- 
bald zu einer Lappentasche auswächst, indem sie das Randektoderm 
in Form eines Lappens (Stammlappen der Ephyra) vortreibt. Die 
acht Adradialtaschen setzen sich ebenfalls in Randtaschen fort, welche 
aber keine eigenen Lappen bilden. Dafür treiben sie jederseits einen 
soliden Hügel hervor, welcher in den benachbarten Lappen hinein- 
wächst und sich in eine Medusoidplatte verwandelt. 

Ausser den Tentakeln fehlte der Larve von Pelagia auch ein 
eigentlicher Stiel, allerdings kann der lange und weite Ektoderm- 
schlauch, aus welchem der aborale Abschnitt der Larve besteht, als 
ein rudimentäres Homologon eines Stiels gelten, er diente aber mit 
seiner Bewimperung gerade der Bewegung, welche bis zur Herstellung 
der Ephyrascheibe in derselben Weise fortgesetzt wird. Dann zieht 
sich dieser konische Schlauch zusammen und geht unter schneller 
Verkürzung in die Exumbrella über. 

Die Proboseis tritt erst an der fertigen Ephyra hervor, nachdem 
der Mund sich bis dahin stetig verengt hatte. Sie ist anfangs rund, 
wird aber dadurch viereckig, dass die vier radialen Kanten des Pe- 
ristoms, welche von den oberen Hälften der vier ersten Magentaschen 
herrühren, sich bis zum Mundrande fortsetzen. Daher erscheint die 
vierzählige Gliederung an der Proboseis und den Mundarmen als eine 
unmittelbare Fortsetzung der ersten Gliederung überhaupt, während 
die ebenfalls vierzählig auftretenden Filamente als spätere und inter- 
radiale Bildungen dieselbe Gliederung nur mittelbar wiederspiegeln. 


GorrrE: Über die Entwickelung von Pelayia noctiluca. 861 


Nach Allem darf die Übereinstimmung in der Entwiekelung von 
Pelagia einerseits und von Aurelia und Cotylorhiza andererseits als eine 
sehr weitgehende bezeichnet werden. Von der Bildung eines Sey- 
phostoma fehlen den Larven von Pelagia nur die Tentakel und die 
Triehtermuskel vollständig, während der ganze innere Bau eines Sey- 
phostoma und der Verlauf seiner Strahlgliederung, sowie ich sie bei 
den anderen Medusen darstellte, bei Pelagia wiederkehrt. Freilich 
erscheinen die einzelnen Theile oft nur in rudimentärem Zustande; 
dies zeigt sich aber schon in den Seyphostomen von Cotylorhiza, so 
dass man geradezu in Aurelia, Cotylorhiza und Pelagia drei Stufen in 
der Rückbildung der anthozoon ähnlichen Vorfahrenformen der Scy- 
phomedusen erblieken kann. DBeruht aber das Charakteristische der 
Scyphostomen gerade in den wesentlichen Zügen jener Vorfahrenform, 
also in dem bezüglichen inneren Bau, so besitzen die Larven von 
Pelagia trotz mancher Rückbildungen in der That die Bildung von 
Sceyphostomen. 


Ausgegeben am 3. November. 


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1892. 
XLIN. 
SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


27. October. Sitzung der philosophisch-historischen Ulasse. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Monmnsen. 


Hr. Kırcnnorr las: Der Roman eines Sophisten. 
Die Mittheilung folgt umstehend. 


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Der Roman eines Sophisten. 


Von A. KırcHHorr. 


iR den Versen 649—662 der "Werke und Tage’ findet sich der 
Dichter veranlasst ausdrücklich zu erklären, dass er die 648 (de&zw 
N ra nerpa moAubAcıo Bao Saracoys) in Aussicht gestellten Anweisungen 
lediglich auf Grund der theoretischen Kenntnisse von diesen Dingen 
ertheilen werde, welche er der Eingebung der Musen verdanke, da 
er von Schifffahrt und Schiffen aus eigener Erfahrung so gut wie gar 
nichts wisse, weil er bis jetzt erst einmal zur See gewesen bei Ge- 
legenheit einer Überfahrt von Aulis nach Euboea, und erzählt im 
Anschluss hieran beiläufig, welche Umstände ihn zu dieser Fahrt ver- 
anlasst hätten: er sei nach Chalkis gegangen zu den Leichenspielen 
des Amphidamas, angezogen durch die zahlreichen Kampfpreise, welche 
von den Söhnen des Verstorbenen ausgesetzt gewesen, und er könne 
sich rühmen, im Vortrage -(duvw) den Sieg davongetragen und als 
Siegespreis einen Dreifuss zugesprochen erhalten zu haben, welchen 
er dann nach seiner Heimkehr den Helikonischen Musen als Weih- 
geschenk an dem Orte aufgestellt, an welchem er einst durch sie die 
Dicehterweihe erhalten habe. 

Als der Dichter, gleichviel in welchem Sinne und zu welchem 
Zwecke, diese Mittheilung über ein persönliches Erlebniss einzu- 
fleehten für gut fand, hat er keine Ahnung davon gehabt, welches 
Unheil er dadurch über sich selbst und andere heraufbeschwören 
sollte. Zunächst und an erster Stelle hat er selbst seine harmlose Red- 
seligkeit bitter zu büssen gehabt. In der ersten Hälfte des 4. Jahr- 
hunderts erkor sich ein Sophist die Erzählung des Dichters zum Vor- 
wurf einer romanhaften Ausgestaltung im Geschmacke seiner Zeit und 
fand es pikant, dem armen Hesiod den gefeierten Homer im Wett- 
kampfe gegenüberzustellen, den er als Zeitgenossen desselben zu be- 
trachten ohnehin gewohnt war: die Folge dieser sophistischen Finesse 
war, dass ihr Erfinder sich genöthigt sah, den stolzen Sieger eine 
ziemlich klägliche Rolle spielen und seinen Sieg nicht dem Werthe 
seiner Leistungen, sondern lediglich dem schiefen Urtheil eines ge- 


PL 1 . » . - er, 
S66 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 27. October. 


schmacklosen Kampfriehters verdanken zu lassen. Zwar wurde nun 
in späteren Zeiten, in denen eine ganz andere Vorstellung von dem 
zeitlichen Verhältnisse der beiden Diehter zu einander zu wenn auch 
nicht ausschliesslicher Geltung gelangt war, der Roman des Sophisten 
von vielen als das aufgefasst, was er wirklich war, und in Folge dessen 
als ein lächerliches und thörichtes Gerede kritisirt; allein diese ab- 
fällige Beurtheilung rief zugleich Verstimmung und Verdacht gegen 
die Grundlage hervor, auf der die verworfene Erfindung sich auf- 
gebaut hatte, und auch der Diehter musste büssen für das, was der 
Sophist gesündigt. Plutarch, und vielleicht schon andere vor ihm, 
erklärten die betreffenden Verse der "Werke und Tage’ für eine thö- 
richte Interpolation aus späterer Zeit und die moderne Kritik ist diesem 
Urtheile bis in unsere Tage, abgesehen von einigen Schwankungen und 
nothgedrungenen Modifieationen, mit seltener Einmüthigkeit blindlings 
gefolgt; noch immer muss der Dichter es sich gefallen lassen, dass ihm 
sein eigenstes Eigenthum streitig gemacht und die Verse, welche einer 
späteren Romandichtung zum Ausgangspunkt gedient haben, von seinen 
besten Freunden und in der Meinung, ihm einen Gefallen zu thun, 
in den Ausgaben seiner Werke mit Klammern umzirkt werden. Aber 
damit noch nicht genug: weit schwerer wiegendes Unheil haben die- 
jenigen angerichtet, welche im späteren Alterthum entweder die Er- 
findungen des Sophisten kritiklos als baare. Münze genommen oder 
trotz besserer Überzeugung zu ihren Zweeken mit denselben zu spielen 
sich erlaubt haben, ohne es damit besonders genau zu nehmen. Denn 
ihr Verhalten hat bei den Philologen unserer Tage die irrige Vor- 
stellung hervorgerufen, dass der Roman des Sophisten nicht die freie 
Erfindung eines bestimmten Individuums aus nachweisbarer Zeit, son- 
dern die Bearbeitung der Motive einer viel älteren Sagenüberlieferung 
gewesen sei, welche zu irgend einer Zeit nachträglich auch in die 
Hesiodische Dichtung auf dem Wege der Interpolation Eingang ge- 
funden habe. Die unausbleibliche Folge aber davon ist gewesen, dass 
die Darstellungen der älteren Litteraturgeschichte der Hellenen sich 
in unseren Tagen mit einem Gespinnst von Hypothesen zu überkleiden 
angefangen haben, die an romanhaftem Charakter dadurch nichts ver- 
lieren, dass ihre Urheber sie in gutem Glauben als die Ergebnisse 
wissenschaftlicher Forschung betrachten zu können meinen. Und doch 
ist und bleibt der Thatbestand, mit dem die Wissenschaft allein zu 
reehnen hat, einfach der, dass es im Alterthum nie andere Elemente 
der Überlieferung von diesen Dingen gegeben hat, als die Verse des 
Dichters und den im 4. Jahrhundert aus ihnen herausgesponnenen 
Roman, so wie, was später sich etwa an diesen weiter angesetzt 
haben mag. 


Kırcunorr: Der Roman eines Sophisten. 867 


Diese Auffassung, der ich andeutungsweise bereits an anderer 
Stelle einen Ausdruck gegeben habe, näher zu begründen und damit 
dem Dichter zu seinem ihm noch immer vorenthaltenen Rechte, wenn 
möglich, zu verhelfen, ist der Zweck der folgenden Auseinandersetzung. 


In einer Florentiner Handschrift vollständig und in einem Aus- 
zuge bei Joannes Tzerzes' ist uns unter dem Titel ren "Ounpev xaı 
“Howodov xal ToV Yevovs xaı dywvos aürwv (Agon) ein Traetat erhalten, 
welcher in seinem grösseren mittleren Theile eine ausführliche Schil- 
derung des zu Chalkis bei den Leichenspielen des Amphidamas statt- 
gehabten Wettstreites zwischen Hesiod und Homer vorführt. Dass 
die hier vorliegende Darstellung ihrem Inhalte nach nicht als eine Er- 
findung des unbekannten Verfassers, welcher, wie ausser allem Zweifel 
feststeht, in der Zeit der Regierung Kaiser Hadrian’s oder nach der- 
selben gelebt hat, zu betrachten, sondern einer älteren Quelle ent- 
‚nommen ist, war zwar längst einsichtigen Beurtheilern nicht zweifel- 
haft, hat aber vor Kurzem zum Überfluss eine thatsächliche Bestä- 
tigung dadurch erhalten, dass ein Bruchstück des Originales auf einem 
aus der zweiten Hälfte des 3. vorchristlichen Jahrhunderts stammenden 
ägyptischen Papyrusfetzen entdeckt und nachgewiesen worden ist.” Da- 
durch ist zugleich der Beweis erbracht worden, dass Nietzsche voll- 
kommen im Rechte war, wenn er seiner Zeit, gestützt auf den Um- 
stand, dass zwei ältere Spruchverse, welche im Texte des Agon (und 
auch dem des Papyrus, wie jetzt hinzugefügt werden kann) Homer 
in den Mund gelegt werden, im Florilegium des Stobaeus CXXX, 3 
(IV, p.ıo2 M.) das Lemma &* ro) AAxıdamavros Movceiov vorgesetzt 
tragen, in Verbindung mit dem anderen, dass der 'Agon als Quelle 
der ersten der beiden mitgetheilten Versionen der Sage vom Tode 
des Hesiodos ebenfalls Arxıdauazs &v Movoeiw bezeichnet, die Behauptung 
aufstellte, dass die Quelle, welehe der Verfasser des 'Agon für die 
Darstellung des Wettstreites der beiden Dichter benutzt hat, das Mov- 
ceıov des Sophisten Alkidamas von Elaea, des bekannten Zeitgenossen 
und Gegners des Isokrates, gewesen sei. Da diese Frage nunmehr als 


! Auch Eustathios kannte den Tractat, wie sich aus der Bemerkung in der 
Vorrede zum Iliascommentar ergibt: ei ds za ngırev "Oungos “Hrioöw ru Arzgarı za 
Yrenon, omg 6#V0S Toig "Oungdcas zu Azyew, Onryreov Ev Tols eis ToUro yonlasıw, ev 
019 erxeivrar zur ro onr« T7S Egıdoc. 

? Herausgegeben von ManaArry On the Flinders Petrie papyri (in den Cunningham 
memoirs n. VIII der Irischen Akademie zu Dublin 1891) Taf. XXV mit dem zugehörigen 
Commentar. 


Sitzungsberichte 1892, 78 


868 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. October. 


erledigt und zugleich als festgestellt betrachtet werden darf, dass das 
Papyrusfragment von einer Handschrift herrührt, welche den Text 
des Movceiov des Alkidamas enthielt, so habe ich mich für berechtigt 
gehalten, in der folgenden Analyse der uns erhaltenen Darstellung 
des Wettstreites durchweg Alkidamas als Urheber derselben zu nennen 
und verantwortlich zu machen, und hebe nur noch einen Punkt hervor, 
welcher für die richtige Beurtheilung der Überlieferung von Bedeu- 
tung werden kann. Die Vergleichung nämlich des Textes des "Agon 
mit dem seines Originales, soweit dasselbe uns zur Verfügung steht, 
zeigt, dass der Verfasser des Agon sich bei Wiedergabe seiner Vor- 
lage nicht nur mehrfach willkürliche Zusätze und Änderungen des 
Ausdruckes, sondern auch Zusammenziehungen und Auslassungen er- 
laubt hat. Es muss deshalb durchaus als selbstverständlich anerkannt 
werden, dass er auch in dem leider nicht mehr eontrollirbaren Theile 
seiner Darstellung in derselben Weise verfahren ist, und die Möglich- 
keit offen gehalten werden, dass er in diesem Theile ihm nebensäch- 
lich und unerheblich scheinende Details der Erzählung übergangen 
oder unterdrückt hat, welche in dem Originale vorhanden waren: 
und mit dieser Möglichkeit wird vorkommenden Falles nothwendig 
zu rechnen sein. 

Alkidamas’ Erzählung vom Wettstreite der Dichter hatte nach 
Ausweis der oben bezeichneten Quellen folgende Gestalt: Ganyktor, 
der Sohn des Königs von Euboea Amphidamas, will die Leichenfeier 
seines Vaters durch einen gymnischen und musischen Agon verherr- 
lichen und hat zu diesem Zwecke durch die Verheissung von Ehren- 
gaben ein Zusammenströmen Aller, die nicht nur durch Körperstärke 
und Schnelligkeit, sondern auch durch “Weisheit sich auszeichnen, 
veranlasst. Auch Homer und Hesiod hatten sich eingefunden und 
waren so zufällig in Chalkis zusammengetroffen. Zu Kampfrichtern 
waren einige vornehme Chalkidier, unter ihnen der Bruder des Ver- 
storbenen, Panedes,' bestellt. Die Leistungen der beiden Dichter im 
Wettkampf erregen allgemeine Bewunderung, aber Hesiod trägt den 
Sieg davon. Und zwar kam das so:” alle Kampfrichter sind bereit, 
auf Grund dessen, was sie gehört, Homer den Sieg zuzusprechen, 
nur allein Panedes nicht. In seiner Eigenschaft als Obmann des 


! Über diese Namensform wird weiter unten bemerkt werden, was sich darüber 
sagen lässt. 

®2 An dieser Stelle setzt der Text des Originals auf dem Papyrus ein. Im 
unmittelbar Folgenden hat der Verfasser des "Agon’ sich eine abkürzende Zusammen- 
ziehung erlaubt und der Text des Papyrus ist leider hier so arg verstümmelt, dass 
der Wortlaut nicht mit Sicherheit ergänzt werden kann: zum Glück ist davon wenig- 
stens so viel erhalten, dass tiber den Sinn- und Zusammenhang im Allgemeinen, wie 
er sich oben wiedergegeben findet, ein Zweifel nicht wohl bestehen kann. 


Kırcnnorr: Der Roman eines Sophisten. 869 


Richtereollegiums fordert er vielmehr den Hesiod auf, noch einmal 
vorzutreten und Fragen zu stellen, und Hesiod richtet, der Aufforde- 
rung Folge leistend, zunächst in zwei Hexametern die Frage an Homer, 
was für die Menschen das "Zuträglichste” ($eorzrov) sei. Von Panedes 
zur Erwiderung veranlasst, gibt Homer seiner Ansicht ebenfalls in 
zwei Hexametern Ausdruck, worauf Hesiod sofort die zweite Frage 
stellt, was denn nach Homer’s Ansicht das “Schönste” (z&Arucrov)! für 
Erdenkinder sei, und der Gefragte die Antwort mit den Versen der 
Odyssee ı. 6—ı1ı ertheilt, in deren erstem zum Zwecke der Verwen- 
dung in diesem Zusammenhange der Anfang 9 &r’ Euboorvvn in ömmor’ 
&v eübpoovvy umgesetzt erscheint. Diese Verse Homer’s sollen gleich 
damals die höchste Bewunderung bei den (anwesenden) Hellenen her- 
vorgerufen haben, und das hat zur Folge gehabt, dass sie die "gol- 
denen’ genannt wurden und man sie allgemein vor dem Beginn der 
Gastmähler und Trankspenden, gewissermaassen als Tischgebet, herzu- 
sagen pflegt. Erbosst über diesen Erfolg seines Gegners legt ihm 
Hesiod, wiederum in zwei Versen, eine kniffliche und unlösbar schei- 
nende “Aporie’ zur Lösung vor, welcher Aufgabe sich Homer, gleich- 
„falls in zwei Versen, in so geschickter Weise entledigt, dass Hesiod 
es aufgibt, in dieser Richtung weiter vorzugehen, und es vorzieht, 
dem Gegner nunmehr "Amphibolien’ (dudiBora yrancı) zur Auflösung 
vorzulegen. Zu diesem Zwecke reecitirt er nach einander eine Anzahl 
von Versen, deren jeder für sich genommen entweder gar keinen ver- 
ständlichen, oder in der Mehrzahl der Fälle nur einen zum Theil 
lächerlichen Widersinn ergeben würde, und stellt an seinen Gegner 
das Ansinnen, jedes Mal durch geschickte Weiterführung den schein- 
baren Unsinn in einen passenden Sinn zu verwandeln. Nachdem 
dieses Spiel sich längere Zeit fortgesponnen und Homer in jedem 
einzelnen Falle in schlagfertigster Weise der gestellten Aufgabe ge- 
recht geworden ist, stellt Hesiod am Ende nur noch die eine Frage, 
wie gross die Zahl der Achäer gewesen, welche mit den Atriden gen 
Ilios gezogen wäre, auf welche Zumuthung Homer ebenso schlagfertig 
durch die Aufgabe eines Rechenexempels antwortet, ‚welches dem 
Gegner einiges Kopfzerbrechen zu bereiten geeignet und bestimmt ist. 
Damit endet der erste Act dieses Fragespieles. Die Überlegenheit, 
welche Homer in demselben durchweg bewiesen hat, erregt Hesiod’s 
Neid und veranlasst ihn, noch einmal anzusetzen. Mit Pathos fordert 
er Homer bei seiner Dichterehre auf ihm zu sagen, was für Sterb- 


I Sulnrois zan|[Aurrov der Papyrus, Sımroisw &gırrov der Text des “Agon’, offen- 
bar ungenau, wie die Vergleichung des letzten Odysseeverses (roUro rı wor zaAAırrov 
evi ges ‚erderau eivaı) unzweideutig lehrt, auf den ja der zweite Vers der Frage (rt 
Tunrois zaAdırrov orewı Ev (boeriw ewen) oflenbar im Voraus zugeschnitten ist. 


78* 


870 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. October. 


liche das Sehönste ‘und das Verhassteste sei, und zwar so, dass er 
seiner Antwort den Begriff des 'Maasses’ einfüge. Homer erklärt sich, 
ebenfalls in Versen, gerne bereit, diesem Wunsche zu entsprechen, 
löst die gestellte Aufgabe und verspricht in höflicher Weise, auch 
jede weitere Frage, die der Gegner zu stellen etwa Lust habe, beant- 
worten zu wollen. So genöthigt fragt Hesiod noch siebenmal in je 
einem Verse und Homer antwortet sofort in derselben Form mit ebenso 
vielen Gnomen, welche seine hohe praktische Lebensweisheit bekunden. 
Damit scheint der Wettstreit zu Ende geführt und die Zuhörerschaft 
verlangt, dass Homer der Siegerkranz aufgesetzt werde; allein "König 
Panedes verlangt, dass zunächst noch jeder von den beiden Bewerbern 
die schönste Stelle aus seinen eigenen Gedichten recitire. Demgemäss 
reeitirt zuerst Hesiod die Verse 383— 392 der ‘Werke und Tage‘, 
und sodann Homer die Verse der Ilias, in denen das Auftreten der 
beiden Aias Hektor und den Troern gegenüber geschildert wird, 
N. 126-—ı33, indem er an sie unmittelbar noch N. 339— 344 an- 
schliesst. Auch durch diese Leistung erregt er die Bewunderung der 
(anwesenden) Hellenen, welche demgemäss ihr Verlangen wiederholen, 
dass ihm der Sieg zuerkannt werde. Trotzdem setzt der König (Pane- 
des) vielmehr Hesiod den Siegerkranz auf mit der Erklärung, die Gerech- 
tigkeit verlange, dass desjenigen Dichters der Sieg sei, der zur Be- 
treibung des Landbaues und Pilege des Friedens anleite, nicht dessen, 
der von Kriegen und Schlachten erzähle. In dieser Weise also geschah 
es, dass Hesiod den Sieg über Homer davontrug und als Siegespreis 
einen bronzenen Dreifuss erhielt, welchen er den Musen weihte mit 
der Aufschrift: 
“Hoiodos Mevcaus "EAızwvioı Tovd“ dveßyxev 
Uuvw viırnoas Ev Karzıdı Yelov "Ounpor. 

Vergleicht man diese Darstellung des Alkidamas mit den An- 
gaben in den Versen der "Werke und Tage‘, so springt in die Augen, 
dass zwischen beiden eine verwandtschaftliche Beziehung besteht, 
welche nicht auf blossem Zufall beruhen kann, aber je nach den 
Voraussetzungen, von denen man im Übrigen ausgeht, eine sehr ver- 
schiedene Erklärung zulässt. Je nachdem man nämlich annimmt, dass 
die Verse der ‘Werke und Tage’ ächt oder interpolirt, und in letz- 
terem Falle, dass sie vor oder nach der Zeit des Alkidamas in den 
Text eingefügt worden sind, ergibt sich eine Vielheit von Möglich- 
keiten, deren Zahl sich in beträchtlicher Weise steigert, wenn man 
daneben noch die Voraussetzung zu Grunde legt, welche heutigen 
Tages allgemein als selbstverständliche Thatsache angenommen zu 
werden pflegt, dass bereits lange vor der Zeit des Alkidamas sich 
gleichviel auf welchen Wegen und in welcher Form eine Legende 


Kırcnuorr: Der Roman eines Sophisten. 871 


vom Wettstreite der beiden Dichter herausgebildet gehabt habe, welche 
der Sophist seiner Darstellung zu Grunde legen konnte, ja, dass diese 
Legende bereits in verschiedenen Ausgestaltungen vorgelegen habe, 
zwischen deren Motiven er zu wählen hatte. Es gilt, gegenüber 
diesem Wirrsal von Meinungen und haltlosen Combinationen dem 
Urtheile eine sichere Grundlage durch die Feststellung von That- 
sachen zu verschaffen, mit denen unter allen Umständen gerechnet 
werden muss und die mit dem Rücken anzusehen in Niemandes Be- 
lieben gestellt werden darf. 

Ich eonstatire zunächst, dass das zeitliche Verhältniss zwischen 
der Episode der “Werke und Tage‘ und des Alkidamas Erzählung 
vom Wettstreite der beiden Dichter überhaupt nieht zweifelhaft sein 
kann, wie man nun auch über die Echtheit der ersteren denken mag. 
Denn Herz und Kern der Legende, wie sie bei Alkidamas vorliegt, 
ist die Gegenüberstellung von Hesiod und Homer im Wettkampf, alles 
Übrige blosse Staffage, während in den Versen der “Werke und Tage’ 
jener Kern gänzlich vermisst wird und vielmehr die Staffage die 
Hauptsache bildet, so dass der, Urheber jener Verse sie nicht mit 
Rücksicht auf die Legende gedichtet haben und ihre Einlegung un- 
möglich dureh letztere veranlasst sein kann." Es wird das auch von 
denen, welche die Hesiodischen Verse für interpolirt glauben halten 
zu müssen, zugegeben und unumwunden anerkannt, dass die be- 
hauptete Interpolation aus ‘sehr alter Zeit‘, also jedenfalls aus der 
Zeit vor Alkidamas, stammen müsse. In der That ist nichts gewisser, 
als dass die betreffenden Verse nicht nach Alkidamas eingeschoben 
worden sein können, vielmehr zu seiner Zeit bereits im Texte standen, 
dass er sie kannte, sie für Hesiodisch halten musste und sie darum 
als Quelle benutzt hat. Sind sie nun die einzige Quelle gewesen, 
welche Alkidamas zur Verfügung stand, so muss seine Erzählung in 
Allem, was über den Inhalt dieser Quelle hinausgeht, als freie roman- 
hafte Erfindung eigener Mache betrachtet werden und ist er dafür 
allein verantwortlich zu machen: es kann sich alsdann für uns allein 
darum handeln, zu begreifen, warum und zu welchem Zwecke er das 
Hauptmotiv und alle Einzelnheiten hinzuerfunden hat, durch welche 
in seiner Erzählung die Angaben seiner Vorlage erweitert und aus- 


! Dieser Einsicht müssten selbst diejenigen sich nicht verschlossen haben, welche 
nach ‚der Scholiennotiz zu vs. 657 der “Werke und Tage’ (@rR0ı yoabourw Umvo vırn- 
savr EvXarzıdı Ferov 'Oungor) an Stelle dieses Verses den über ihn gemachten des 
Dreifussepigrammes einzuschmuggeln versucht haben sollen. Dass dabei in so plumper 
Weise verfahren worden sein sollte, ist aber nieht glaublich. Wahrscheinlich ist durch 
das Missverständniss eines excerpirenden Schreibers eine exegetische Notiz, welche 
auf den anklingenden Parallelvers des Epigrammes verwies, thörichterweise in eine 
kritische verwandelt worden. 


872 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 27. October. 


geschmückt erscheinen. Ganz anders würde freilich die Sache für 
uns stehen, wenn wahr wäre, was allgemein angenommen zu werden 
pflegt, dass er nämlich daneben auch noch eine andere Quelle benutzt 
habe, und zwar eine Legende vom Wettstreit der Dichter, welche 
lange vor seiner Zeit in verschiedenen Formen zur Ausbildung gelangt 
sein soll; alsdann würde seine Erzählung nur ein Stadium in der 
Geschichte der Ausbildung dieser Legende darstellen und, was er 
von Eigenem etwa hinzugethan, sich mit Sicherheit nicht mehr er- 
messen lassen. Um nun diesem Dilemma gegenüber eine Entscheidung 
zu ermöglichen, halte ich für nöthig, die zweite Thatsache zu betonen, 
dass die gesammte uns zur Verfügung stehende Überlieferung vom 
Wettstreite Homer’s und Hesiod’s ohne Ausnahme nicht nur der Zeit 
nach Alkidamas angehört, sondern auch entweder ihn nachweislich 
zur Quelle hat oder auf ihn wenigstens mit höchster Wahrscheinlieh- 
keit zurückgeführt werden kann, und dass in ihr von der Benutzung 
oder Existenz einer Quelle, welche der Zeit vor Alkidamas angehörte, 
nicht die geringste Spur nachweisbar ist. Ich werde, um dies an- 
schaulich zu machen, im Folgenden die einzelnen Zeugen in chrono- 
logischer Reihenfolge vorführen und ihre Aussagen, so weit als nöthig, 
einer Prüfung unterwerfen. 

1. Der älteste dieser Zeugen ist für uns Varro. Von ihm be- 
richtet Gellius 3, 11. 1—3: Super aetate Homeri atque Hesiodi non con- 
sentitur. — M. autem Varro in primo de imaginibus uter prior sit nalus 
parum constare dieit, sed non esse dubium, quin aliquo lempore eodem 
viwerint, idque ex epigrammalte ostendi, quod in tripode seriptum est, qui 
in monte Helicone ab Hesiodo positus traditur. Will man das scriphum 
est pressen und zugleich annehmen, dass Gellius die Worte Varro’s 
und dieser den Sinn der Auslassungen seines Gewährsmannes correct 
wiedergegeben haben, so mag man annehmen, dass zu den Zeiten 
seines Gewährsmannes im Musenheiligthume auf dem Helikon wirklich 
ein Dreifuss mit der Aufschrift gestanden habe, die wir bei Alki- 
damas lesen; ich selbst halte das für mehr als zweifelhaft. Aller- 
dings wurde zu des Pausanias (oder seines Gewährsmannes) Zeiten 
dort unter anderen ein Dreifuss gezeigt, den man als den von Hesiod 
geweihten bezeichnete, 9, 31. 3: &v d& rw "EAıxwvi xal daAAcı Tpimodes 
Keiyraı xal dpwaoraros ov Ev Karxıdı Außelv rn Em Eipirw Aeyovow "Houo- 
dev vıxyoavra Won, und wenn bei dieser Gelegenheit des Epigramms 
keine Erwähnung geschieht, so folgt daraus freilich noch nicht, dass 
es nicht auf diesem Dreifusse gestanden haben könne; allein dass Pau- 
sanias Homer’s als des Besiegten mit keinem Worte gedenkt, scheint 
entschieden dagegen zu sprechen. Indessen, um ganz ehrlich zu sein, 
muss ich doch bekennen, dass auch dieser Umstand nicht ausreicht, 


Kırcnuorr: Der Roman eines Sophisten. 873 


den Sachverhalt ganz klar zu stellen. Denn lesen wir, in welcher 
Weise sich Pausanias kurz vorher 9, 30. 3 über seine Stellung zu der 
Frage nach der Lebenszeit Homer’s und Hesiod’s geäussert hat, (ep 
de “Howodov re Aıxias al "Ourpov moAumoayuomeavrı Es To dxpıeorarov 
ev Mor Yooubeiv MU Av, Emioransvw To dıAaırıov AAAwv TE xl ol, Arıora 
6001 Xar EuE Em momos TWv Erwv xadeoryxeodv), so werden wir die 
Vermuthung für nicht ganz unberechtigt erklären müssen, dass er an 
unserer Stelle die Erwähnung Homer’s absichtlich unterdrückt habe, 
um nicht auf diese für ihn so heikele Frage zurückkommen zu müssen. 
Geben wir aber auch zu, wozu wir eigentlich nicht genöthigt sind, 
dass die Gewährsmänner Varro’s und des Pausanias wirklich gemeldet 
hatten, auf dem Helikon befinde sich ein Dreifuss mit dem Epigramme 
des Alkidamas, und dass ihre Aussage nicht auf missverständlichem 
Hörensagen, sondern auf eigener Anschauung beruhte, so sind wir 
doch, da diese Gewährsmänner jedenfalls in der Zeit nach Alkidamas 
gelebt haben, nicht in der Lage festzustellen, seit wann dieser Drei- 
fuss dort seine Aufstellung gefunden hatte, und in keiner Weise be- 
rechtigt zu behaupten, er sei schon vor Alkidamas’ Zeiten vorhanden 
gewesen und beweise also die Existenz einer Legende vom Wettstreit 
der beiden Dichter schon vor der Zeit, zu der der Sophist seine 
romanhafte Darstellung verfasste, und die Benutzung einer, wenn 
auch gefälschten, älteren Urkunde durch denselben. Im Gegentheil: 
wer will, kann mit demselben Rechte behaupten, die Fälschung habe 
erst nach Alkidamas und mit Benutzung des bei ihm zu lesenden 
Epigrammes Statt gefunden. Ich selbst halte noch für zweifelhaft, 
ob wirklich zu irgend einer Zeit auf einem Dreifuss des Musenheilig- 
thumes auf dem Helikon das Epigramm des Alkidamas zu lesen ge- 
wesen ist. 

2. In seinem Aoyos eo Bacıreıas, welchem er die Form eines Ge- 
spräches zwischen Philipp von Makedonien und seinem Sohne Alexander 
gegeben hat, lässt Dion Chrysostomos (S.20— 23 Emp.) den letzteren 
die Behauptung aufstellen, dass die Gedichte Homer’s unter denen 
aller Dichter die einzig würdige Leetüre für Könige seien, und die 
Giltigkeit dieses Satzes durch die anregenden Fragen des Vaters ge- 
leitet auch einem Dichter wie Hesiod gegenüber verfechten. Bei der 
Durchführung dieses Themas hat dem jüngeren Sophisten die Dar- 
stellung des älteren vom Wettstreit Homer’s und Hesiod’s einzelne 
Motive herleihen müssen, wie die Vergleichung der folgenden Stelle: 
o0dE Ta mepi Tov FropoV, Eby, xal Tov dumrov, 6 Bidımmos, dpeoxsı Goı ToU 
“Houdov ueyarorperws ourws eipmueva' (W u. T. 383. 384.) 

Iryızdwv ArAayevewv EmirEeAAouEvdwv 
doyeoI” dunreu, dporoo de dumousvawv; 


874 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. October. 


morU Ye marNov, eimev 6 AAtZavdbos, TA Tap "Ounpw yewpyırd. xl ou mepi 
yewpyias eionxev "Ounpos; pero 6 Birırmos' A To &v T7 domidı mınAMare Asyeıs 
Tav dpouvruv xal Iepılovruv Kal TpuyWvrwv; AaıoTd Ye, eimev 6 AAckavdoos, 
Aa Exeivo moAU MarAov (Ilias A. 67—71.) 

ei 0, wor dumrmpes &vavrıoı AAAMAoıCW 

Oyuov EAauvweiv dvdpos Maxapos Kar’ dpoupav 

mupwv A xpıSewv' Ta de dbayuara Tabea irre 

ws Tpwes za Ayo Em’ dMyAcıcı Sopovres 

öyouv, ud Erepal uvwovr” 6Aooıo boßeıo 
mit dem Schlusse des Wettstreites bei Alkidamas unzweideutig be- 
weist. Wenn also im unmittelbaren Anschlusse an die soeben aus- 
gehobenen Worte es bei Dion weiter heisst: raura uevra ranv "Ouy- 
pos NTraro üro "Howdov, 6 Birımrwos eimev’ N 00x dxnXoas To Eriycauma To 
ev "Erızwvı To Em Tov TpImodos“ 

“Hoiodos Movoaus "Erızwyicı Tovo dveSnxev 

Uuvw vıryaas Ev Xarzıdı Yelov "Ounpov; 


za Mara dixalws, eimev 6 Arekavdoos, Yrraro U.S. W., SO wird man zu- 
geben müssen, dass er auch den Wortlaut des Epigrammes von Alki- 
damas entlehnt und ihm dafür eine andere Quelle nicht zu Gebote 
gestanden hat. | 

3. An dritter Stelle hören wir Plutarch, welcher der Legende 
vom Wettstreite der beiden Dichter dreimal zu erwähnen und ihr 
gegenüber mit seinem Urtheil Stellung zu nehmen Veranlassung hat. 
Zunächst in den Zuurosuaxa mpoßAnuare 5,2, wo wir das Folgende 
lesen: £&vioıs uEv odv Emidokos Aunv EwAa mopayceı modyuara, Tas OioAu- 
xou ToV @crtarol Tabds, zul Tas Aubidauavros ro) Xarxıdews, Ev als "Ouy- 
pov xaı "Horodov ioropoucıv ereow diayuvicaoda xaralaruv de Taura, TW 
diareIpunmyosaı Tavra Um Tuv Yyrauuarızıv, xaı Tous &mı rais MarpoxAou 
rabais (Ilias Y. 886) dvayıywoxousvous Umo Twwv oly, Muovas, AAAL pmuovas, 
ws M xl Aoywv AOAa TOO Ayuddews mpooDevros, dubeis eimov, Orı U. S. W. 
Offenbar traut er der Legende nicht und verschmäht er es aus diesem 
Grunde, von ihr überhaupt Gebrauch zu machen. Um so gewisser ist 
es, dass er dabei nur an die Erzählung des Alkidamas gedacht haben 
kann, die er als romanhafte Erfindung zu betrachten vollkommen be- 
rechtigt war. Er gab indessen diesem Misstrauen noch weitere Aus- 
dehnung und hatte in seinem Commentar zu den "Werken und Tagen 
auch die betreffenden Verse Hesiod’s für untergeschoben erklärt, ohne 
dass sich feststellen liesse, ob er in diesem Verfahren Vorgänger ge- 
habt oder nicht. Wir entnehmen das aus des Proklos Bemerkung 
zu v. 650: TaUra mavra me Ts NXarxıdos [xar] Food Aumidauavros xaıl 
Too aDAou xaı Too Tprmodos eußeßrnoIaı dnow 6 IlAourapy,os- oüdev EX,ovra 


Kırcunorr: Der Roman eines Sophisten. 875 


Konorov. Tv Mev olv Audidauavre vavuuayouvra (so auch TZETZES) roos 
"Eperpieng Umso ToV AnAdvrov dmosaveiv, AIAu de im alrw xal dıywWves &ye- 
vovro TEÄEUTYCAVTOS mapd TWv Eavrov maduv (za dywva Selvaı Tersuryoavros 
ToVs maidas ed. Trine.), vıryoaı de dywvigouevov rov 'Hoiodev xal AIAov uov- 
Gıxov rpımoda Aaudeiv xal dvadeivaı rourov Ev rw Erıxwvi, Gmov xal Karoy,os 
eyeyoveı rals Moucaıs, al Emiycanıa Em Tourw IpuAAaucı. TauTa oUv mayra 
Anpwon Acyuv Exeivos dm’ aurwv dpyeraı TWV Eis Tov Kaıpov TOD AED Guvrei- 
vovrwyv. — Wie aus diesem Auszuge zu ersehen ist, wendete sich die 
verwerfende Kritik Plutarch’s nicht nur gegen die in den Versen 
selbst enthaltenen Angaben, sondern daneben zugleich gegen die spe- 
cielleren einer anderen, weit verbreiteten Darstellung, deren Urheber 
nicht näher bezeichnet wird. Die Erwähnung des Epigrammes lässt 
auf Alkidamas schliessen und ich sehe durchaus nichts, was uns 
verhindern könnte, das hier zuerst begegnende andere Motiv, dass 
nämlich Amphidamas in einer Seeschlacht gegen die Eretrier im 
Kampfe um Lelantos den Tod gefunden habe, auf dieselbe Quelle zu- 
rückzuführen. Allerdings bezeichnet der Verfasser des "Agon' (der 
Papyrus lässt uns leider hier im Stich) Amphidamas einfach als König 
von Euboea und schweigt von den näheren Umständen seines Todes 
gänzlich; allein nichts steht der Annahme entgegen, dass er sich 
auch hier eine der gewöhnlichen Kürzungen und Zusammenziehungen 
erlaubt hat und im Originale selbst die betreffende Angabe zu lesen 
gewesen ist. 

Ganz anders ist die Stellung beschaffen, welche Plutarch bei einer 
dritten Gelegenheit der von ihm verworfenen Überlieferung gegenüber 
einnimmt, wo es sich nicht um kritische Prüfung zu wissenschaftlichen 
Zwecken, sondern um die Beibringung und spielende Benutzung inter- 
essanten Materials für die Ausschmückung einer bewusst freien eigenen 
Erfindung handelt. So lesen wir denn in dem romanhaften Dialog 
rav Erta cobuv ovureciwv ı0 das Folgende: üUroradwv oüv 6 Hlepiavdpes 
Erra unv za Tols warmes "ErAncw Eos Av, W Kasodwss, ToiduTas ÄAAAMAoıs 
dmopias mpoßardew. dxovouev Yap, orı xal Moos Tas Audideduavros Tabas eis 
Xarxıda ruv Tore Vobwv ol dexuwrarıı momrai auviAdov" Av d’ 6 Aubıdauds 
dvnp TONEULKGS, xal worAd modyuara TAROT Y,WV "Eperpevow Ev Tolis megl AnAav- 
Tov Udydıs Eweoev. &mei de Ta TODEOKEUAOUEVAd Tols momTals ERN Yareryv xal 
duoxoAov Emoiı TAv xplow did To Ehbdmımdov 7 Te doku ruv dywviorwv, "Onmpov 
xal "Houodov, ForAMV dropiav LETE aldous Tols Kpivovoı TapENg,EV, ETpaumavro Moos 
Toiduras Epwrycess, xal mooußare uev (oder Fpoüßaronev) ws dacı (oder Pueı) 
Aeoyns’ 

Meüoa nor Evers xelvd, Ta MMr' Eyevovro Tape 
nr Eotaı meromiodev, 


e) , NIE IN > N / 
amexpivaro ö Horodos Ex ToU Taparuy,ovros' 


876 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. October. 


AN örav dudı Aus rUnßw xavaymmodes Armoı 
oipmara ouvronlwoiw Emeiyoneval mepL vixye. 

did Fouro Asyerdı marıora Iaumacdeis ToV Tpimodos ruy,ev. Hier wird 
also mit völliger Unbefangenheit als Thatsache alles das vorausgesetzt 
und ausgegeben, was im Gommentar zu den "Werken und Tagen als 
Erfindung und leeres Gerede verworfen wird. Die hier benutzte Quelle 
ist, wie die Übereinstimmung in den Angaben über die Gelegenheit. 
bei welcher Amphidamas den Tod fand, beweist, dieselbe, wie die 
dort zurückgewiesene, und dass Alkidamas diese Quelle war, wird 
dadurch sicher gestellt, dass die spitzfindige Aporie, um derentwillen 
allein die Anekdote in diesem Zusammenhange erzählt wird, meines 
Erachtens unzweifelhaft der Darstellung desselben entlehnt ist. Es 
bedarf diese Behauptung allerdings einer eingehenderen Begründung 
und ich setze zu diesem Zwecke zunächst die betreffende Stelle in der 
originalen Fassung des Papyrus her; zur Vergleichung ist in der An- 
merkung die Fassung derselben in der Handschrift des "Agon mit- 
getheilt:' dySeoYas de 6 Horodos Elm rourcis | E]mı ryv omopiav As |eow- 
rncews| | Wende x Aeyeı r|ous oriyous| | revcde* 


> Sr; Se) 


Hovca y £uor |r& 7° Ecvral|ra 7° Eoooueva po 7’ Elovra”]| 
rav nev undev deile, vv 0° arAys|| uygozı deine. 
oe 0 Ei Bovro] I|meves Aloaı av dmolsev is e||wrnoews dmoblaczwv” 
Aeyeı ToUs || orıXovs Touode* 
[ouderor’ du] | Aıcs ruußov xavlaymmodes ir ||r.: 
dpmalre ouvronbousw epı||Covres [mepi vixns. 
zarws de] | "Oungev--. Auf den ersten Blick springen die unmöglich 
zufällige Übereinstimmung in dem Hauptpunkte, dem Wortlaute nämlich 
der sieghaften Antwort, und daneben die zahlreichen Abweichungen 


elle fe } b) a\ EN SEN m € ’ b) EN x - > ’ y} 
I 06 Hatodos nn En Fr Oungov EUNMEDLER eTe TYiv TWv aodav WoNTEV 
> SEN 
ET ED 
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Hour airye Mol (Mour' & ‚Ye nor, NIETZSCHE) r& 7 


IENTIV za nei rourde FoUg FTIy,oUs“ 


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’ Eovra ra Tr ETTOMEVE moo. (Lücke) 


„ 27 07 
To 1nEv undev asıds, ER CN RANG rrTaı «oıöye. 
> \ 7 Sad I 
0 "Oungos Bovrcuevos AroAouSwWs To amopov Aura bs" 
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ouderor amdı Arc ruu@w (Lücke) 
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ROMATR auvronbovsw € gıgovres mEot vIANG. 
\ 
ZaA soE ce ev Tour og ETAVTATEVTOS, ei Tas ad pı@or ovug yuaacs naunsev ö “Hriodos U.S. W. 
®? Ergänzt aus Theogonie 32. 38, deren Situation dem Verfasser (Alkidamas) 
offenbar vorgeschwebt hat, als er Hesiodos in dieser Weise seine Aufforderung ge- 
stalten liess. 
® In der Umschrift bei MAanarry folgt auf das $ noch ein =, welches indessen 
auf der Abbildung nicht deutlich erkennbar hervortritt. Ich glaube, dass eine sorgfältige 
Nachprüfung der Stelle des Papyrus ergeben wird, dass es sich vielmehr um die Reste 
eines «& handelt. 


Kırcunorr: Der Roman eines Sophisten. 871 


im Einzelnen in die Augen. Das Verhältniss der beiden Kämpfer 
zu einander erscheint völlig auf den Kopf gestellt: nicht Hesiodos 
stellt, wie bei Alkidamas, die heikele Aufgabe und sein Gegner löst 
sie mit siegreicher Schlagfertigkeit, sondern umgekehrt, Hesiodös über- 
trumpft mit seinem Scharfsinn den herausfordernden Gegner und er- 
wirbt in Folge davon durch eigenes Verdienst den umstrittenen Drei- 
fuss, ohne, wie bei Alkidamas, der parteiischen Unterstützung eines 
Panedes irgend benöthigt zu sein. Wollte man nun auch diese auf- 
fällige Verschiedenheit darauf zurückführen, dass Plutarch für seine 
Darstellung eine andere Erzählung vom Wettstreite der Dichter als 
Quelle benutzt habe, welche mit Alkidamas nur den Wortlaut der 
Antwort gemein hatte, so würde doch zugegeben werden müssen, 
dass "diese unbekannte Quelle nieht unabhängig von Alkidamas ge- 
wesen sein könnte, sondern lediglich als eine Verballhornung der 
Darstellung desselben und folglich als der Zeit nach Alkidamas an- 
gehörig betrachtet werden müsste. Denn weiter stimmt zwar der 
Wortlaut der beiden Antwortverse im Allgemeinen mit dem, der sich 
bei Alkidamas findet, überein (auf die Variante ereıyausva für Epilovres 
ist kein Gewicht zu legen), allein, während sie bei Alkidamas die 
grammatische Form eines vollständigen negativen Hauptsatzes haben, 
der einen begreiflichen Sinn ergibt, erscheinen sie hier in die Form 
eines in der Luft schwebenden positiven Vordersatzes ohne Nachsatz 
umgegossen, in dem im Verhältniss zur vorangehenden Aufforderung 
einen begreiflichen Sinn zu finden schwer fallen dürfte: es liegt ein 
augenscheinliches Missverständniss vor, welches nur durch einen Ge- 
dächtnissfehler hervorgerufen sein kann. Noch deutlicher tritt das- 
selbe in der Verschiedenheit zu Tage, die in der Fassung der Verse, 
in denen die Aufgabe gestellt wird, obwaltet: sie haben bei Plutarch 
einen ganz verschiedenen Wortlaut, eine ganz unpassende Form und 
einen nur entfernt an die Fassung bei Alkidamas anklingenden, im 
Grunde ganz abweichenden Sinn; ausserdem fehlt dem zweiten Verse 
der metrische Abschluse. Alkidamas lässt den Auftraggeber, welcher 
bei ihm Hesiodos ist, zunächst erklären, von dem, was war, was ist 
und was sein wird zu singen, sei sein (des Hesiodos) ausschliessliches, 
ihm von den Musen ertheiltes Privilegium (wobei, wie oben bereits 
bemerkt worden, an die bekannte Stelle der Theogonie gedacht ist), 
und an diese Erklärung die Aufforderung schliessen, der Gegner möge 
‘ihm nicht in sein Amt greifen, sondern sich ein anderes Thema 
wählen und behandeln, was alles zwar in ächt sophistischer Weise 
ausgeklügelt, aber doch vollkommen verständlich genannt werden 
muss. Bei Plutarch dagegen bittet in unpassender, ja lächerlicher 
Weise der Gegner Hesiod’s die Muse, ihm (dem Auftraggeber) von 


rm Ye . ” . . 
875 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. October. 


dem künden zu wollen, was weder früher geschehen, noch in Zukunft 
sein werde, als ob ‚er selbst die Aufgabe lösen solle oder wolle, und 
nicht Hesiodos, der eine solche Bitte als eine an ihn gerichtete Auf- 
forderung zu betrachten in keiner Weise verpflichtet ist. Wiederum 
liegt ein handgreifliches Missverständniss vor, in welches der aus dem 
Gedächtniss referirende und den Ausdruck nach willkürlichem Belieben 
gestaltende Urheber dieser Darstellung durch eine dunkle und unklare 
Erinnerung an den Buchstabencomplex wovszyeucı in dem ersten Verse 
bei Alkidamas gerieth, welches er fälschlich genau so, wie der Schreiber 
der Handschrift des 'Agon oder einer von dessen Vorgängern, in dem 
Sinne von Mooo aye ucı genommen hatte. Nur bei einer solchen, auf 
falscher Auffassung des Originales beruhenden Verkehrung des Sinnes 
aber war es möglich, die Verse Hesiod zu nehmen und seinem Gegner 
in den Mund zu legen, und dieser ursächliche Zusammenhang setzt 
es ausser Zweifel, dass auch die sonstigen Abweichungen von Alki- 
damas’ Darstellung, der Rollenwechsel der beiden Gegner und die 
Promovirung Hesiod’s zum wirklichen Sieger, durch eine gleiche Ge- 
dächtnisseonfusion veranlasst worden sind. Alkidamas bleibt aber auf 
alle Fälle die letzte Quelle auch dieser Form der Erzählung; für die 
angerichtete Verwirrung aber einen Unbekannten verantwortlich zu 
machen, nur um Plutarch zu entlasten, liegt keine Veranlassung vor. 
Plutarech konnte so gut irren, wie ein anderer Mann, und, da es sich 
für ihn nur um die spielende Ausnutzung einer anekdotenhaften Er- 
zählung handelte, an deren Wahrheit er selbst nicht glaubte, sich 
sehr wohl der Verpflichtung überhoben erachten, seine Handschrift 
des Alkidamas erst noch einmal nachzuschlagen, ehe er ihm nach- 
erzählte. Wenn ihn sein Gedächtniss dabei im Stich gelassen und 
er die Lücken desselben durch eigene Erfindung in nicht besonders 
geschickter Weise ausgefüllt hat, wie das ja nicht zu leugnen ist, 
so brauchen wir ihm deshalb nicht besonders böse zu sein; zuzu- 
trauen ist ihm dergleichen gar wohl. 

Sicher würde diese, wie ich überzeugt bin, einzig richtige Auf- 
fassung des Sachverhaltes sich grösserer Anerkennung, als ihr bisher 
zu Theil geworden, zu erfreuen haben, wenn das Unglück nicht gewollt 
hätte, dass in dem Text Plutarch’s an einer Stelle sich ein Verderbniss 
einschleichen sollte, welches das Urtheil der Leser zu verwirren aller- 
dings geeignet war und einen Widerstreit der Meinungen fast mit Noth- 
wendigkeit hervorrufen musste. Die Stellung der Worte in drexpwaro 
ö° “Horodes verlangt nämlich im Vorhergehenden hinter rpVßare uev eine 
ausdrückliche Bezeichnung des die Aufgabe stellenden Gegners. Nimmt 
man also in gutem Glauben die Worte zu Fooußare uEv Ws bacı Acoıyns 
in dieser Schreibung als unverdorben überliefert hin, so ist man ge- 


e 5 N R Je 
KırcnHnorr: Der Roman eines Sophisten. 879 


nöthigt, das letzte Wort, welches für sich betrachtet ebensowohl der 
Genetiv von Ascyn sein könnte, als Nominativ des bekannten Eigen- 
namens zu fassen und das Ganze im Sinne von xal moovßare mev, Ws 
baoı, Acoyns zu verstehen. Dann aber ist der unglückliche Kykliker 
Lesches der Gegner Hesiod’s, nicht Homer, der doch im unmittelbar 
Vorhergehenden ausdrücklich als solcher bezeichnet wird, und es bleibt 
nichts anderes übrig, als dort den erläuternden Zusatz "Ourgov zaı "Houcdou 
als Interpolation zu betrachten und aus dem Texte zu entfernen, es 
sei denn, dass man sich dazu entschliesst, Lesches nicht als Agonisten, 
sondern als Obmann der Kampfrichter fungiren zu lassen, der als solcher 
den Agonisten die zu lösenden Aufgaben stelle. Wer dagegen zwar 
an dem Eigennamen festhält, aber von der in den Handsehriften eben- 
falls vertretenen Lesung &$ysı ausgeht, sieht sich genöthigt, Lesches 
zum Verfasser der Erzählung zu promoviren, welche hier von Plutarch 
benutzt ist, dann aber auch hinter mooußane uev eine Lücke anzunehmen, 
in der sich der Name Homer’s oder irgend eine sonstige Bezeiehnung 
seiner Person unterbringen lässt, also etwa so zu lesen und zu ergänzen: 
x mpoußare ev ["Ounpos|, ws Pucı Acoyn. Alle diese Versuche, die 
Überlieferung verständlich zu machen, gehen von der Voraussetzung 
aus, oder führen zu der Folgerung, dass Plutarch hier und vielleicht 
auch bei seinen Angaben im Commentar zu den "Werken und Tagen 
einer anderen Darstellung des Wettkampfes der Diehter folgt, als sie 
Alkidamas gegeben hatte, und entlasten zwar Plutarch, machen aber 
an seiner Stelle den unbekannten oder auch bekannten Verfasser dieser 
abweichenden Darstellung für die angerichtete Confusion verantwortlich. 
Ohne mich auf Weiteres einzulassen, hebe ich nur hervor, dass auch 
alsdann immer nur geglaubt, niemals aber wird bewiesen werden können, 
dass dieser unbekannte Gewährsmann Plutarch’s vor Alkidamas gelebt 
oder eine in die Zeit vor Alkidamas hinaufreichende Quelle benutzt 
hat, und dass, wenn man seine Lebenszeit zwischen Alkidamas und 
Plutarch ansetzt, man nicht umhin können wird zuzugeben, dass er 
des Alkidamas Darstellung gekannt und sich zum Theil wenigstens 
an dieselbe angelehnt hat, so zwar, dass selbst die bei ihm allein 
begegnenden Angaben über Amphidamas’ Tod im Kampfe gegen die 
Eretrier um Lelantos immerhin aus Alkidamas’ Erzählung entlehnt sein 
könnten. Ich selbst halte diese Combinationen und die aus ihnen ab- 
geleiteten Folgerungen für falsch und glaube, dass die handsehriftliche 
Überlieferung der Worte za wpeußare udv ws dası Aecyye arg verstümmelt 
und verdorben ist, und Plutareh selbst vielmehr geschrieben hatte za 
moovBars usw "Onnpos Fpobacıv Acoyms "zum Zweck der Veranlassung 
(oder als Thema) einer Besprechung stellte Homer den Vorwurf. 
beweisen kann ich das natürlich nieht, aber ich beanspruche das Zu- 


380 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 27. October. 


geständniss, dass alle bisher gemachten anderen Versuche, die leidige 
Verderbniss der Überlieferung zu beseitigen, sammt den auf sie ge- 
bauten Combinationen nicht weniger unbewiesen und unbeweisbar sind, 
und durch den gemachten oder jeden anderen in derselben Richtung 
sich bewegenden Vorschlag die vorhandene Schwierigkeit in der ein- 
fachsten Weise ihre Erledigung finden würde. 

4. Als nächsten Zeugen lasse ich sodann, vielleicht etwas zu 
früh, den Verfasser des 'Agon folgen, von dem feststeht, dass er 
Alkidamas’ Darstellung gekannt und als einzige Quelle der seinigen 
in ausgiebigster Weise benutzt hat, und weise hier nur noch darauf 
hin, dass aus seiner Art der Benutzung mit Sicherheit zu entnehmen 
ist, dass das Movosiov des Alkidamas zu seiner Zeit und in seinen Kreisen 
noch allgemein bekannt war und gelesen wurde. 

5. Wenn sodann Lukianos in seiner "Wahren Geschichte’ 2, 22 
auf der Insel der Seligen am Feste der Thanatesien bei Gelegenheit 
des von ihm inscenirten gymnischen und musischen Agon den Homer 
im Kampfe der Dichter zwar in Wahrheit weit überlegen sein, Hesiod 
aber trotzdem den Sieg davontragen lässt (remrwv de rn uev dAySeie 
mapd morU Exparsı "Onmpos, Eviayoe de &uws "Horodos), so ist deutlich, dass 
er dieses Motiv der Legende vom Wettstreite der Beiden entlehnt hat. 
Dass aber seine Bekanntschaft mit derselben aus einer anderen Quelle, 
als Alkidamas, stamme, ist unerweislich und wird Niemand glauben 
oder Anderen zu glauben zumuthen wollen. 

6. Philostratos lässt in seinem "Hewixes p. 318 K. den Weinbauer 
dem Phoenikier folgende Belehrung ertheilen: yeyove yao, Zeve, yeyave 
momrns "Ounpos xol Mdev, Ws MeV daocıw Erspaı era Terräga na eixoow (oder 
TeTTapaxovTa) Ery rwv Tpwixwv, oi de uera EmTd Kal eixomı moos rols Exarov, 
re Tyv dmoiav (ci Adyvalcı wird von gewissen Handschriften hinzu- 
gefügt) Es "Iwviav Eareımav, ol de EEyxovra Hal Exarov Erm Yeyovevaı Merd 
ryv Tooiav Em (die Praeposition ist wohl zu tilgen) "Ounpev rE dacı zul 
“Houodov, öre 4 Coaı dudw Ev Xadxıdı rov uv ra Erra (das Zahlwort 
verdankt zweifellos einer fehlerhaften Dittographie seinen Ursprung) 
ern Ta me Toiv Aldvrov xal Ws ol bardyyes aüreis dpapuiaı TE Aoav Kal 
Kaprepai, Tov ÖE Ta Moos Tov AdeAbov Tov Eaurou Ileooyv, Ev ois aurov Epyuv 
TE EXENEUCEV AMTEOIaL xl Yewoyie moooxeiodaı, Ws um deoıro Erepwv Wunde 
mewum. xaı dAmSeoreoa, Eeve, me TWv "Oprpov Ypovwv Talra‘ Euvriderou 
Yalp aürais 6 Ilpwreoidews. ÖVo Youv Tomrav Üuvov Wort elmovrwv Es aurov 
Evraudoi xal dmerYovruv Apero ME 6 Aows Abızousvos, orw auruv adılomn, 
EMoD ÖE Tov dbauAorepov Emaweoautos" xal Yap MAAMoVv Erugev Honkws’ YEAd- 
cas 6 Ilpwreoirews “zu Iavıöys’ eimev, "dmmeroupye, Taurov voı memovIev 
Xarxıdas Ya ns em Eigimw Bacıreds wv Exeivos "Horodw xard “Onnpov aly- 
PICaTo xl TaUTa To yeveıov MElLov Exwv 1 CU’. yeyove ev dm, Zeve, momens 


Kırcanorr: Der Roman eines Sophisten. 881 


"Oumpos xal Ta mammard dvSpwrou raura u.8.w. Die Beschaffenheit der 
Angaben über den Inhalt des im Wettkampf von den beiden Diehtern 
Vorgetragenen, sowie die Rolle, welche der ‘König’ Panedes bei der 
schliesslichen Entscheidung zu spielen hat, lassen keinen Zweifel daran, 
dass der jüngere Sophist die Darstellung des älteren als Quelle be- 
nutzt und in frei gestaltendem Auszuge wiedergegeben hat; denn die 
Inhaltsangabe dessen, was Hesiod aus den ‘Werken und Tagen vor- 
getragen haben soll, greift über die Gränzen derjenigen Verse hinaus, 
welche nach dem Zeugniss des "'Agon Alkidamas ihm in den Mund 
gelegt hatte, und deutet, wenn dabei überhaupt eine bestimmte Ab- 
sicht zu Grunde gelegen hat, höchstens die Meinung des Benutzers 
an, dass die Auswahl der reeitirten Verse im Original eine zweck- 
mässigere hätte sein können. Mit diesen Angaben verbindet Philo- 
stratos eine chronologische Datirung des Herganges, welche, er auf 
nicht näher bezeichnete Gewährsmänner zurückführt, die Homer und 
Hesiod als Zeitgenossen betrachtet und 160 Jahre nach dem Falle 
Trojas angesetzt hätten. Ich gebe gern als möglich, ja wahrschein- 
lich, zu, dass dieser eigenthümliche Ansatz von Combinationen über 
die Lebenszeit des Amphidamas ausgegangen ist (Ronpe im Rhein. 
Museum XXXVI (1881), S.420 ff.); allein, da der oder die unbe- 
kannten Chronographen, um deren Ansicht es sich handelt, ohne 
allen Zweifel in der Zeit nach Alkidamas gelebt haben, so lässt sich 
zwar glauben, aber nie beweisen, dass ihre Kenntniss von Amphi- 
damas als dem zu Chalkis residirenden Könige von Euboea und 
seinen Schicksalen aus einer anderen oder gar älteren Quelle als Alki- 
damas abgeleitet sein müsse. Ich für meine Person glaube es nicht. 

Nebenher sei noch bemerkt, dass in den Worten, mit denen 
Philostratos das Verfahren des Panedes bezeichnet, ein fleissiger und 
belesener byzantinischer Gelehrter des 15. Jahrhunderts irriger Weise 
die Spuren einer sprichwörtlichen Ausdrucksweise erkennen zu sollen 
geglaubt hat. Denn der Artikel Navıdov iy®os, welchen Michael Apo- 
stolios seiner Sprüchwörtersammlung 14, ıı (II, S. 606) einverleibt 
hat, ist lediglich ein Auszug aus der Stelle des Philostratos, wie ein 
Jeder sich leicht durch Vergleichung des Wortlautes beider Texte 
überzeugen wird. Eine andere Quelle kannte Apostolios nieht, und 
diese Quelle sagt uns nichts von einem Sprüchwort, das vielmehr er 
erst gemacht und das vor ihm zu keiner Zeit, weder vor noch nach 
Alkidamas, im Gebrauche gewesen ist. Man kann es nur bedauern, 
dass in unseren Tagen dem Einfalle des Byzantiners unbedenklich 
Glauben geschenkt zu werden pflegt. 

7. Themistios erläutert XXX p. 348 Hard. die Behauptung, 
dass Hesiod’s Ruf als eines Weisen ein wohlbegründeter sei, mit Hin- 


882 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 27. October. 


weisung auf seinen Sieg über Homer durch die folgende Auseinander- 
setzung: dei de 109 xal Auds dxoroudouvras Emudeitar did mAEICvWV, WG dpa 
ob uaryv "Horodos Fobes Evoniosn, AAN Eis ToGoUTov EUXAEAaG did ToUs £ı6 
yewpyiav Aoyovs mponADes, worte x O Oumpe met Fopias xau Housuxms ev TA- 
palıs Augdainavros &ıs aywva Erd wv mapd Tv aa Tov Sredaven xal vixyv 
Eye. 6 1aev yalp ToAEKoUS Xaı uay,ds xal GUVAOTIOWAOV reiv Aldyrow xal dAAa 
Todura mooondev, 6 dE ns TE Üuvnoev Eoya xaı Mucpas, Ev als Ta epya BeAriw 
yıverdı' xal did TaUTa macı Tois xpırais xpareı. Alkidamas’ Darstellung 
ist auch hier unverkennbar die Quelle, muss sich aber dem Zwecke 
zu Liebe eine willkürliche Umgestaltung gefallen lassen: Hesiod erhält 
den Sieg durch das einstimmige Urtheil sämmtlicher Kampfrichter 
zugesprochen und eines Panedes bedarf es nieht mehr, ja er würde 
nur unbequem und hinderlich sein. Der Sophist wusste offenbar sehr 
wohl, was er sich dem Berichte des älteren Gollegen gegenüber heraus- 
nehmen durfte, und sah in ihm keine urkundliche Überlieferung von 
thatsächlich Geschehenem, sondern eine freie Erfindung, von deren 
Elementen benutzt werden konnte, was zum Zwecke passend erschien, 
aber auch ausgeschieden, was ihm hinderlich war. 

8. Libanios in der Apologie des Sokrates III p. 22 R.: yywvı- 
Caro more Ounpg “Horodos zul Toüro auros "Hoiodos Ev Emıypdumarı dideozei, 
biRoriuoumevos za Acyav vevixyxevaı. Man wird nicht behaupten wollen, 
dass der Sophist den Wettkampf der Diehter und das Dreifussepigramm 
aus einer anderen Quelle als Alkidamas gekannt haben müsse. Es 
ist nicht einmal nöthig anzunehmen, dass er als Verfasser des Epi- 
gramms wirklich Hesiod betrachtet habe, wenn er sich auch den 
Anschein gibt, das zu thun. 

9. Proklos in der Chrestomathie, im Leben Homer’s (Scholia 
in Tliadem ed. Disvorr I p. XXXIM): eior de oirwes dveilicv aurov (Homer) 
“Hoidov mapsdocav orpıdeis ovres momoews" TooeUrev yap dmeyoumı ToU eve 
moooNReıv e0ov N molmsıs dleoTnAEev aurWv. AAAWs de oUde Tois Ypovals cuv- 
ereßarov aAAmAcıs. A9Acı dE ci To avıyua WAdOdVTES TouTo‘ 


[d ’ [ ’ U ©) SE! 
Hoiodes Movous "Erızwvioı Tovd dvesmxev 
ec I b) r ‚ ee u 

Uuvw vıryoas Ev Narzıdı dlov Ounpov. 


Ara Yap EmAavyOycav &x rwv "Howdewv "Huspwv' Erepov Yap Tı omuaıven. 
Auch hier liegt keine Veranlassung vor, diese Kritik gegen eine andere 
Überlieferung, als die des Alkidamas oder eine aus dieser abgeleitete, 
sich gerichtet zu denken. 

Der Vollständigkeit wegen erinnere ich schliesslich an die bereits 
oben in einem anderen Zusammenhang erwähnte Thatsache, dass noch 
in die Sammlung des Stobaeos zwei Hexameter mit dem Vermerk, 
dass sie aus Alkidamas’ Moveeicv entnommen seien, gelangt sind, welche 


KırcnHorr: Der Roman eines Sophisten. 883 


nach dem Zeugniss des Papyrus und des Agon dem Homer im Wett- 
streit als Antwort in den Mund gelegt waren, und bemerke ausser- 
dem, dass das Dreifussepigramm auch in die Anthologie (Pal. VII, 53) 
Aufnahme gefunden hat. 

Durch die vorstehende Analyse erachte ich die Thatsache für 
festgestellt, dass in der gesammten Überlieferung der Zeit nach Alki- 
damas nirgends eine irgend sichere Spur einer Kenntniss vom Wett- 
streite der beiden Diehter nachweisbar ist, welche nicht mittelbar 
oder unmittelbar auf dessen Darstellung als einzige Quelle zurückginge. 
Es erübrigt uns nur noch zu prüfen, ob die Beschaffenheit dieser 
für unsere Kenntniss ältesten Darstellung selbst die Annahme noth- 
wendig macht, dass ihr neben den Alkidamas zweifellos bekannten 
Versen der "Werke und Tage’ noch eine, schon zu einer gewissen 
Ausgestaltung gelangte Form der Legende zu Grunde liege, oder nicht 
Alles, was Alkidamas uns mehr bietet, als in jenen Versen bereits 
enthalten ist, einfach als freie Erfindung des Sophisten betrachtet 
werden kann, wenn Gründe zu einer anderen Auffassung nicht vor- 
liegen. 

Zunächst bemerke ich, dass sämmtliche Motive der kurzen Er- 
zählung in den "Werken und Tagen ohne Ausnahme in die Dar- 
stellung bei Alkidamas hinübergenommen und Widerspüche oder Ab- 
weichungen innerhalb ihres Bereiches überhaupt nicht nachweisbar 
sind. Zwar hat man einen Widerspruch darin zu finden geglaubt, 
dass in den Versen der "Werke und Tage” der Dichter sich rühmt, 
Uuvw vixycas den Dreifuss zuerkannt erhalten zu haben, während doch 
bei Alkidamas der Hauptnachdruck auf dem Frage- und Antwortspiele 
zwischen den beiden Bewerbern ruhe und dieses Spiel doch nicht 
als Üuvos bezeichnet werden könne: allein mit Unreeht: denn auch 
nach Alkidamas’ Darstellung bildet dasselbe ja nur den Abschluss des 
Wettkampfes und sind ihm rhapsodische Vorträge der beiden Dichter, 
die allgemeine Bewunderung erregt, vorausgegangen (auborspwv — rwv 
ramrav Savuaoros dywvioauswv Agon'). die für die Bezeichnung der 
(resammtleistung doch auch in Betracht kommen. Es scheint mir 
klar, dass dieses Nachspiel überhaupt hinzuzufügen und in so unver- 
hältnissmässiger Weise zu betonen der Erfinder und Erzähler lediglich 
durch seine sophistische Geschmacksrichtung veranlasst und verleitet 
worden ist. Eine wirkliche Abweichung scheint allerdings in dem 
Umstande vorzuliegen, dass Alkidamas, wenn wir der Angabe des 
“Agon’ unbedingten Glauben schenken, nur einen Sohn des Amphi- 
damas (Ganyktor) als Veranstalter der Leichenfeier eingeführt hatte, 
während nach dem Bericht der Verse in den ‘Werken und Tagen es 
eine Mehrzahl gewesen sein soll (raides WEYaANTOpEc). Allein ich glaube 


Sitzungsberichte 1892. 79 


584 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 27. October. 


nicht zu irren, wenn ich annehme, dass TzErzEs, der in seinem 
Excerpt aus dem Agon neben Ganyktor auch der anderen Söhne des 
Amphidamas gedenkt (rwv viov Aumidauavros, Tavixropos TE xaı Twv 
Acızwy), zwar nicht ein vollständigeres Exemplar des Traetates benutzt, 
sondern, wie schon die Wahl des Ausdruckes lehrt, nur durch eine 
naheliegende Combination den wahrgenommenen Widerspruch auszu- 
gleichen versucht hat, doch ohne es zu wissen und zu wollen die 
Darstellung so gestaltet hat, wie sie bei Alkidamas wirklich zu lesen 
war, der Ganyktor als den ältesten der Söhne in Gemeinschaft mit 
seinen Brüdern das Todtenfest des Vaters begehen liess. Der Verfasser 
des 'Agon’ hat auch hier durch Auslassung von Nebendingen eine 
abkürzende Zusammenziehung der Darstellung des Originales vorge- 
nommen. 

Was nun diejenigen Züge der Darstellung betrifft, durch deren 
Einfügung bei Alkidamas die ältere Erzählung weiter ausgeführt er- 
scheint, so überragt alle anderen an Bedeutung dasjenige Motiv, das 
zur Weiterbildung offenbar die Veranlassung gegeben und dessen Ein- 
führung die aller übrigen mit mehr oder weniger Nothwendigkeit nach 
sich gezogen hat, die Gegenüberstellung nämlich eines bestimmten 
Gegners im Wettkampf für Hesiod den Sieger in der Person Homer’s 
als des Besiegten. Dass es sieh dabei nicht um eine historische Über- 
lieferung, sondern um eine willkürliche, gleichviel wie zu charakte- 
risirende Erfindung einer Zeit handelt, der Homer und Hesiod als 
Zeitgenossen galten, ist zweifellos. Nun war allerdings die Vorstellung 
von der Gleichzeitigkeit der beiden Dichter nicht erst im Zeitalter des 
Alkidamas, sondern schon lange vor ihm eine weit verbreitete; die 
Entstehung des Stammbaumes, welcher Homer und Hesiod als Ge- 
schwisterkinder einander gegenüberstellte, reicht in das fünfte Jahr- 
hundert hinauf, und wenn Alkidamas Hesiod seinen Gegner als Sohn 
des Meles, diesen Hesiod als Sohn des Dios anreden lässt, so folgt 
er auch hierin nur einer Überlieferung, welche bereits vor seiner Zeit 
zur Ausbildung gelangt war. Allein auch ihm und wohl den meisten 
seiner Zeitgenossen galten die beiden Diehter noch immer als gleich- 
altrig und Niemand wird behaupten wollen, dass die Legende vom 
Wettstreite der Dichter sich mit so zwingender Nothwendigkeit aus 
der Vorstellung von ihrer Gleichzeitigkeit heraus entwickelt habe, dass 
sie unmittelbar nach der Ausgestaltung der letzteren habe entstehen 
müssen. Im Gegentheil, es war nieht nothwendig, dass sie überhaupt 
entstand, und bleibt darum möglich, dass sie sehr viel später entstand. 
Es steht darum nicht das Mindeste im Wege, Alkidamas für den 
Erfinder eines Motives zu halten, das zu irgend einer Zeit, gleichviel 
weleher, während der Dauer der Herrschaft gewisser Vorstellungen 


Kırennorr: Der Roman eines Sophisten. 385 
erfunden sein muss, welche noch zu Alkidamas’ Zeiten notorisch fest- 
gehalten wurden. Die Möglichkeit, beide Diehter an einer Stelle zu- 
sammentreffen zu lassen, war für Jeden vorhanden, der sich Homer 
als wandernden Rhapsoden zu denken gewöhnt hatte: die Stelle selbst 
war durch die Verse der ‘Werke und Tage’ gegeben. 

Nur unter der Voraussetzung, dass der Sophist der Erfinder der 
behandelten Situation war, wird auch die Veranlassung zu der Erfin- 
dung überhaupt erst begreiflich. Denn nur ein sophistischer Geschmack 
konnte eine interessante Aufgabe darin finden, die beiden berühmtesten 
Dichter alter Zeit im Wettkampf einander gegenüberzustellen unter der 
Bedingung, dass der in der allgemeinen Schätzung höher stehende 
sein Übergewicht zwar im Kampfe bekunden, aber trotzdem den Sieg 
dem geringer geschätzten endlich überlassen müsse: nur ihm konnte 
die geschiekte Lösung einer solchen Aufgabe als ein würdiger Vor- 
wurf erscheinen, den zu gewinnen eine willkürliche, wenn auch nahe 
liegende Erfindung sich der Mühe wohl verlohnte. In vollem Ein- 
klange damit steht dann noch der Umstand, dass die eingehende 
Schilderung des W ettkampfes in allen seinen Einzelnheiten in den Mittel- 
punkt gestellt und in dem Maasse betont erscheint, dass alles Übrige 
dagegen zurücktritt, so wie die Form und der Inhalt, welche dieser 
Schilderung gegeben sind. Die Gegner sich im Vortrage grösserer Ab- 
schnitte ihrer eigenen bekannten Dichtungen messen zu lassen, war nicht 
gut möglich und konnte kein Interesse gewähren, ihnen eigene zu diesem 
Zwecke zu erfindende Improvisationen grösseren Umfanges in den Mund 
zu legen stellte eine Aufgabe, der man sich nicht gewachsen fühlte. So 
wird denn dieser wesentliche und Haupttheil des Wettkampfes in 
summarischer Berichterstattung nur gestreift, dagegen das Haupt- 
gewicht auf den zweiten und Schlusstheil gelegt, jenes Frage- und 
Antwortspiel, in welchem nach Analogie der Öroßery oder mooßory 
rhapsodischer Agonen die vorgeführten Kämpfer ihre Schlagfertigkeit 
zu bekunden haben, dem Erfinder aber Gelegenheit geboten wird, 
den eigenen Scharfsinn in glänzendster und ausgiebigster Weise zu 
bethätigen. Dass die Lösung der so gestellten Aufgabe, wie sie uns 
bei Alkidamas vorliegt, Spuren hoher Alterthümlichkeit an sich trage, 
kann ich durchaus nicht finden; im Gegentheil, ihre gesammte Be- 
schaffenheit weist ein so modernes Gepräge und einen so sophistischen 
Charakter auf, dass Alkidamas als denjenigen zu betrachten, der unab- 
hängig von jeder älteren Überlieferung aus eigener Erfindung das 
Thema sich stellte und im Sinne seiner eigenen Geschmacksrichtung 
behandelte, mir sogar geradezu geboten erscheint. Wenn er für die 
Zwecke seiner Darstellung als Material neben Homerischen und Hesio- 
dischen Versen auch zwei ältere Spruchverse verwendet und Homer 


79* 


886 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 27. October. 


in den Mund legt, welche bereits bei Theognis in erweiterter Gestalt 
begegnen: 
6) \ \ \ AN Ey Y2 b7 7 
Apymv EV m duvaı EmiySoviooı daLcTov, 
/ NO] „ / fi n 
duvra 0° omus wxrıoTa mUras "Aldao mepmodı 


(vergl. Theogn. 425 ff.), so wird durch diesen Umstand jenes Urtheil 
nicht berichtigt, sondern einfach bestätigt; er beweist eben nur, mit 
welch’ bewusster Freiheit «der Sophist sein erfinderisches Spiel be- 
trieben hat, keinesweges aber dass er bereits Vorgänger gehabt haben 
müsste. Dasselbe gilt von den beiden Versen, welche er zu Beginn 
des Spieles mit Amphibolien, den ersten Hesiod, den zweiten Homer, 
sprechen lässt: 


Sn „ a» 7. N > ’ J ’ Y 
deirvov ETWELT EIAOVTO Dowv KDEdL KAUMEVAS ITTWWV 


BI eN I & \ Su ! . 
EXAvov lÖpwovras, MEI MroAsuov xopeoSyv (so die Hs.). 


Diese hat er nämlich augenscheinlich, weil sie ihm für seinen Zweck 
zu passen schienen, entweder dem Aristophanes abgeborgt, oder der- 
selben Quelle entnommen, die dieser etwa benutzte, der im Frieden 
1270ff.. nachdem der Sohn des kriegswüthigen Lamachos vom fried- 
liebenden Trygaeos wegen des Inhaltes seiner Reeitationsproben einen 
starken Rüffel erhalten und darum gefragt hat, was er denn vortragen 
solle, damit jener Gefallen daran habe, Trygaeos aber darauf das 
Thema mit den Worten gestellt: 


e e\ \ N 7 nn» 2 \ \ 7 
Ws 01 MEV Öaıvuvro VowWv Xped, Kal TA TOIXUTI' 


„7 % \ e We) euN I 
apıoTov MpoTISevro Kdı ATS NÖCTE TACAOIaI, 
den Jungen die folgenden Worte: 


A e\ N N ! N N ’ > , nr 
Ws 01 MEV Odıvuvro Dowv XDEd, KAUYEVvAS ITTWV 


„ c I Bi \ ’ J ! 
EXAUOV idbwovras, EMEL TOAEKOU EXOpEO Dev 


zusammenstoppeln, dann aber zur Verzweifelung des Auftraggebers 
allmählich wieder in das gewohnte Geleise zurückgerathen lässt.! 
Indessen, obwohl es möglich war, auf diesem Wege und in dieser 
Form Homer seine entschiedene Überlegenheit in glänzender Weise 
bekunden und diese durch den einstimmigen Beifall der Festversamm- 
"Jung anerkannt werden zu lassen, so sollte doch nun einmal Hesiod 
als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen und dieser unerwartete und 
nicht zu erwartende Ausgang musste in irgend einer glaublichen Weise 


[Die Ausführungen von E. Meyer über den a@yav im Allgemeinen und die zuletzt 
angezogene Stelle im Besonderen in dem zuletzt ausgegebenen Hefte des Hermes 
(XXVII S. 377ff.) sind zu spät zu meiner Kenntniss gelangt, um näher auf sie ein- 
gehen zu können. Ich muss mich daher auf die Erklärung beschränken, dass ich mich 
ausser Stande sehe, ihr Ergebniss als richtig anzuerkennen und mir anzueignen.] 


\ 


r . x L - 
Kırcnuorr: Der Roman eines Sophisten. 887 


motivirt werden. Den Gepflogenheiten der Zeit gemäss lag in einem 
solchen die officielle Entscheidung in den Händen der vom Agono- 
theten dazu bestellten Kampfrichter, welche, obwohl in den Versen 
der "Werke und Tage nicht erwähnt, darum selbstverständlich in 
einer ausführlichen Darstellung des Herganges eine Rolle zu spielen 
hatten. Dieses Richtercollegium war also in der Weise zu organisiren, 
dass sein Wahrspruch in einen Gegensatz zu dem richtigen Urtheile 
der öffentlichen Meinung treten konnte. Zu diesem Zwecke gab, wie 
es scheint, Alkidamas den übrigen Beisitzern nur eine berathende 
Stimme, und legte die Entscheidung gänzlich in die Hände nur £ines 
Mitgliedes, nämlich ihres Obmannes, der dann ein falsches Urtheil 
fällte, weil er selbst kein richtiges hatte, und dafür die alleinige Ver- 
antwortung tragen muss. Lediglich, um eine solche Ausnahmestellung 
begreiflich zu machen, ist dieser unglückliche Sündenbock zum Bruder 
des Verstorbenen gemacht und zur Würde eines Königs’ avancirt, 
und weshalb diese ganze, in ihren Motiven so durchsichtige Erfin- 
dung auf Rechnung des spitzfindigen Scharfsinns einer älteren Zeit, 
und nicht vielmehr des Sophisten selbst gesetzt werden soll, vermag 
ieh nicht einzusehen. Auch der Name, welcher dem Übelthäter ge- 
geben wird, erweist sich bei näherem Zusehen als eine scherzhafte 
Gelegenheitserfindung. Schon, dass er nur hier und sonst nirgends 
begegnet, berechtigt zu der Vermuthung, dass er zu einem bestimm- 
ten Zwecke eigens erfunden ist und darum auch eine besondere Be- 
deutung hat, und diese Vermuthung wird durch seine Etymologie 
bestätigt. Die Lautform schwankt zwar in der späteren Überlieferung 
zwischen Ilavordys, wie in unserer Handschrift des "Agon’ zweimal 
geschrieben wird, und Havıdys, wie Joannes Tzerzes in der von ihm 
benutzten Handschrift las und auch in den Handschriften des Philo- 
stratos (Apostolios) sich geschrieben findet, und da keine von beiden 
Schreibungen eine befriedigende Erklärung möglich macht, hatte 
G. Herrmann Ilaveodys zu setzen vorgeschlagen. Allein durch das viel 
ältere Zeugniss des Papyrus, auf welchem an einer Stelle die Genetiv- 
form [I]avzdsv deutlich erkennbar ist, ist jetzt festgestellt, dass als 
die riehtige Schreibung vielmehr Havrdys zu gelten hat. Diese Wort- 
form aber ist offenbar eine Bildung nach Analogie von dryd4s, und 
soll den Träger des Namens als eine Person bezeichnen, der "Alles 
recht ist’, die an Allem, also auch dem Schlechten und Minderwerthen, 
Gefallen hat, und somit die Urtheilsunfähigkeit eines Mannes charak- 
terisiren, der Hesiod einem Homer vorziehen konnte, da er es nun 
einmal sollte. Die Anwendung der Genetivbildung auf -ov darf bei 
einem Schreiber aus der letzten Zeit des 3. Jahrhunderts nicht auf- 
fallen; Alkidamas selbst hatte natürlich Havydovs geschrieben, 


888 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 27. October. 


Die bisher besprochenen Zusätze und Erweiterungen der ursprüng- 
lichen Form sind die eigentlich wesentlichen und den Charakter der 
Neugestaltung bedingenden: sie sind durch die sophistische Tendenz 
eines neu eingeführten Hauptmotivs gewissermaassen gefordert und 
stehen mit einander in einem ursächlichen Zusammenhange. Von gar 
keiner oder doch nur nebensächlicher Bedeutung sind die zahlreichen 
anderen, welche lediglich zum äusseren Aufputz und zur Specialisirung 
der Darstellung dienen. und darum noch viel weniger als jene geeignet 
die Vorstellung zu begründen, als habe sie Alkidamas nothwendig einer 
älteren, in irgend einer Weise fest ausgestalteten Darstellung entlehnt 
und nieht selbst frei erfinden können. Dass dem Sieger ein Kranz 
aufgesetzt wird, dass der Dreifuss, der ihm als Siegespreis zufällt und 
den die Verse der "Werke und Tage nur als mit Henkeln versehen 
bezeichnen, als von Bronze gefertigt angegeben und vom Besitzer bei 
Gelegenheit der Weihung an die Musen mit einer Weihinschrift ver- 
sehen wird. das alles sind Einzelheiten, welche durch den herkömm- 
lichen Brauch in Fällen wie der vorliegende gegeben und gewisser- 
maassen selbstverständlich waren. Den Wortlaut des Epigrammes 
hinzuzufügen veranlasste den Erfinder die Absicht den Schein anzu- 
nehmen, als ob er die thatsächliche Richtigkeit seiner Angaben durch 
ein monumentales Zeugniss zu beurkunden im Stande sei: dass man 
ihm das glauben werde, braucht er darum noch nieht vorausgesetzt 
zu haben. Dass er aber zu diesem Zwecke das Erzeugniss einer vor 
seiner Zeit ausgeführten thatsächlichen Fälschung benutzt habe, ist 
nieht erweislich und dass eine solche Annahme trotzdem nothwendig 
sei, wird nur der behaupten wollen, der dem Sophisten nieht den 
Muth und die Fähigkeit zutrauen will, die Verse des 'Epigrammes, 
wie so viele andere, auf eigene Verantwortung und aus eigenen Mitteln 
zu Stande zu bringen. Der Inhalt des Epigrammes war durch die 
Absicht, in der es erfunden wurde, vorgezeichnet: Hesiod selbst be- 
zeugt, dass der von ihm besiegte Gegner Homer gewesen, und ergänzt 
dadurch die in den Versen der Werke und Tage von ihm gemachten 
Angaben. Daneben durch Anwendung der gleichen Ausdrucksform 
(duvw vixyoas; vgl. das Unvw virnoavra der "Werke und Tage’) an die 
letzteren zu erinnern, war durchaus zweckmässig und im Sinne des 
Erfinders geeignet, der Erfindung Wahrscheinlichkeit zu verleihen. 

Alle übrigen Zusätze dieser Gattung verdanken ihren Ursprung 
dem sehr begreiflichen Bemühen, der Darstellung des Herganges durch 
eine möglichst glänzende äussere Ausstattung erhöhte Bedeutung zu 
verleihen. So wird denn neben dem musischen Agon der ihm voran- 
gehende gymnische ausdrücklich betont, die berufensten Vertreter der 
dabei in Betracht kommenden körperlichen und geistigen Kunstfertig- 


r . @ . »)Q 
Kırcnnorr: Der Roman eines Sophisten. 589 


keiten werden durch geeignete Mittel veranlasst, sich an dem Kampf- 
spiel zu betheiligen, und ganz Hellas strömt nach Chalkis zusammen, 
um einer so hochinteressanten Schaustellung als Zuschauer und Zu- 
hörer beizuwohnen. Denn dass auch das letztere Moment in der Ein- 
leitung, welche in der Darstellung des "Agon' sich eine starke Zu- 
sammenziehung hat gefallen lassen müssen, von Alkidamas besonders 
hervorgehoben worden war, ergibt sich mit Sicherheit aus dem Um- 
stande, dass im Verlaufe der weiteren Darstellung wiederholt die Zu- 
hörerschaft, welche ihrem Urtheile Ausdruck zu geben fortgerissen 
wird, kurzweg als die Gesammtheit aller Hellenen, o "Errvves, bezeichnet 
wird. Eine so allgemeine Theilnahme an dem Hergange konnte nur 
dann glaublich erscheinen, wenn die Bedeutung der Persönlichkeit. 
welcher die Leichenfeier galt, und der Ereignisse, die sie veranlasst 
hatten, in zweckentsprechender Weise gesteigert wurde. So musste 
denn Amphidamas, der in Wirklichkeit vermuthlich dem Stande der 
Hippoboten von Chalkis angehört hat, es sich gefallen lassen, dass er 
zum Range eines Königes der Insel Euboea mit der Residenz in Chalkis 
erhöht wurde, und er durfte nicht eines natürlichen Todes gestorben, 
sondern musste als streitbarer Held in der Schlacht gefallen sein; 
auf ein solehes Ende schien ja schon das Epitheton daippwv, welches 
ihm in den Versen der "Werke und Tage gegeben ist und das natür- 
lich in dem Sinne von "schlachtenkundig genommen wurde, in nicht 
misszuverstehender Weise hinzudeuten. Natürlich durfte es dann auch 
nicht eine unbekannte und namenlose Winkelfehde gewesen sein, in 
der Amphidamas den Tod gefunden: es musste vielmehr ein sagen- 
bekanntes Ereigniss sein, das die Theilnahme von ganz Hellas auf 
sich ziehen konnte. Diese Erwägung führte dazu, den Hergang in 
die Periode der langandauernden Kämpfe zwischen Chalkis und Eretria 
um Lelantos zu verlegen, von denen die Überlieferung berichtete, und 
damit für solehe, die den Roman für Geschichte nehmen wollten, 
diese Überlieferung durch eine interessante und bedeutsame Thatsache 
zu vervollständigen; chronologischer Studien auf dem Gebiete der 
Litteratur- und politischen Geschichte bedurfte es zu diesem Ende für 
den Sophisten nicht und hat auch Alkidamas sicher nicht angestellt. 
Die Kunde von der hohen maritimen Entwickelung, den ausgedehnten 
Handelsbeziehungen und der erfolgreichen eolonisatorischen Thätigkeit 
der euboeischen Städte schon in sehr frühen Zeiten, gab dann Ver- 
anlassung, Amphidamas nicht in einer Landschlacht, sondern in einem 
Schiffskampfe (veuvuux;oüvra), der dann in den Gewässern des Euripos 
ausgefochten zu denken ist, den Heldentod sterben zu lassen und 
damit eine Situation zu schaffen, die den Zeitgenossen des Alkidamas 
sicher nicht so wunderbar und unglaublich erschienen ist, als den 


890 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 27. October. 


Kritikern neuerer Zeit, welche, an der Geschichtlichkeit der erfundenen 
Thatsache festhaltend, das unbequeme vauuaxovvrz der Plutarchischen 
Angabe mit K. F. Hrrmann (Gesammelte Abhandlungen 1849, S. 194) 
in novonanx,ovvre verbessern und dem Hergange dadurch eine alterthüm- 
lichere Färbung verschaffen zu können glauben." Dazu liegt in der 
That gar keine Berechtigung vor. Auch Apollonios von Rhodos (denn 
auf‘ dessen xricıs Nauxparews als Quelle sind meines Erachtens die An- 
gaben Strabon’s XVIL, p. 801 über die Zeit und die näheren Umstände 
der Gründung von Naukratis zurückzuführen) liess durch einen in einem 
Schiffkampfe über Inaros davongetragenen Sieg sich die Milesier den 
Weg zu der Stelle bahnen, an welcher sie dann des Erzählers Vater- 
stadt gründeten; freilich war es in diesem Falle die den Griechen 
naheliegende Etymologie des Stadtnamens, welche der Erfindung zum 
Ausgangspunkte diente und zu ihr gewissermaassen aufforderte, aber 
die Analogie ihrer Entstehungsweise zu der der älteren kann doch 
schwerlich verkannt werden. 

Ganz Ähnlich verhält es sich endlich mit einem weiteren speciali- 
sirenden Zusatze von Alkidamas’ Darstellung, welcher an letzter Stelle 
noch zu erwähnen bleibt. Die Verse der "Werke und Tage nennen 
die Veranstalter der Leichenspiele nicht bei Namen, sondern begnügen 
sich damit, sie als die Söhne des Amphidamas zu bezeichnen, Alki- 
damas aber hatte wenigstens einem von ihnen, wahrscheinlich doch 
dem ältesten, einen Namen, und zwar Ganyktor. gegeben. Und dazu 
hatte er alle Veranlassung. Nachdem einmal zu einem bestimmten 
Zwecke die Erzählung des Herganges in der Weise zu specialisiren 
beliebt worden war, dass ein Obmann der Kampfrichter eingeführt, mit 
Amphidamas und seinen Söhnen, den Agonotheten. in verwandschaft- 
liche Beziehung gesetzt und ihm ein erfundener bedeutsamer Name 
gegeben wurde, musste es unerlässlich erscheinen, auch diese Agono- 
theten in gebührender Weise hervortreten und darum wenigstens den 
ältesten der Söhne nicht ohne Namen zu lassen. Eines bedeutsamen 
Namens bedurfte es zu diesem Ende nicht, es genügte, wenn er nur 
ein alterthümliches Gepräge trug, und woher Alkidamas die Benennung, 
für welche er bei freigestellter Auswahl sich entschied, entnommen 
hat, ist zufälliger Weise noch nachweisbar: in derjenigen Fassung der 
Legende vom Tode Hesiod’s, in welcher nach dem Zeugniss des 'Agon’ 
sie Alkidamas, gleichfalls im Moveeiov, vorgeführt hatte, waren die 
Mörder des Dichters die Söhne des Phegeus, Amphiphanes und Ga- 
nyktor, in der Eratosthenischen Darstellung desselben Herganges 


m > ’ . . » . 
! Movonay,ouvr« mgös Eopsroısas gibt auch gar nicht den offenbar allein ge- 
wollten Sinn, was in der Eile gleich anfänglich übersehen wurde, und nun fortwährend 
weiter übersehen zu werden pflegt. 


Kırc#nuorr: Der Roman eines Sophisten. 891 


hiessen sie zwar Antiphos und Ktimenos, waren aber Söhne eines 
Ganyktor. Ob die getroffene Wahl auch eine passende war, ist 
meines Erachtens eine Frage, welche aufzuwerfen sich der Mühe nicht 
verlohnen würde. 


Auf Grund der vorgeführten Erwägungen halte ich mich zu der 
Behauptung für berechtigt, dass im Alterthum zu keiner Zeit eine 
andere Überlieferung vom Wettkampfe Homer’s und Hesiod’s bekannt 
gewesen ist, als diejenige, welche in der Darstellung des Alkidamas 
gefunden wurde, und dass diese alleinige Quelle der Überlieferung 
als ein auf deutlich erkennbarer Grundlage und zu begreiflichen 
Zwecken vom Verfasser mit freier Willkür aus den ihm wohlbe- 
kannten Versen der "Werke und Tage’ ohne jede sonstige Vermitte- 
lung herausgesponnener Roman zu betrachten ist. Für die Beant- 
wortung aber der Frage nach der Ächtheit jener Verse sind diese 
Thatsachen von entscheidender Bedeutung. Wer sie für interpolirt 
erklären will, ist verpflichtet, eine Veranlassung nachzuweisen, welche 
eine spätere Einschiebung herbeiführen konnte, und da angesichts 
des dargelegten Thatbestandes ein solcher Nachweis unmöglich ge- 
liefert werden kann, so ist damit die Ächtheit und Ursprünglichkeit 
der angefochtenen Episode indirect so gut wie erwiesen. Den di- 
recten Beweis zu liefern übernimmt der Dichter selbst einem Jeden 
gegenüber, der ihn ohne Vorurtheil verstehen will und kann. 


Ausgegeben am 3. November. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


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1892. 
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SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


3. November. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Seeretar: Hr. E. pu Boıs-Reymonv. 


1. Hr. Vırcnow las über den troischen Ida und die Porta 
von Zeitunlü. 

2. Hr. Weser theilte einige Bemerkungen mit über Bähli, 
Bählika. 

3. Hr. Harnack machte eine Mittheilung über Bruchstücke des 
Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 

Die ersten beiden Mittheilungen erscheinen in einem der nächsten 
Berichte; die Mittheilung 3. folgt umstehend. 


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or 


Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse 
des Petrus. 


Von Apour HARrNAcK. 


Di. von Hrn. U. Bourıant (Mem. publ. par les membres de la Mission 
Archeol. Francaise au Caire, T. IX, fase. ı, 1892) zusammen mit grie- 
ehischen Fragmenten der Henoch-Apokalypse edirten griechischen Bruch- 
stücke eines Evangeliums und einer Apokalypse des Petrus’ sind von 
dem Herausgeber nicht näher bestimmt worden. Zu dem Fragment 
aus dem Petrus-Evangelium hat er (S.137) bemerkt: »Cet evangile n’a 
jusqu’a present, A ma connaissance au moins, ete signale nulle part«, 
und zu dem Bruchstück aus der Petrus-Apokalypse (S. 142): »L’auteur 
n'est pas nomme et le texte ne se trouve ni dans Tuıo ni dans 
TiscHenporr; il est possible, etant donne le voisinage de l’evangile 
de S. Pierre, que notre fragment appartienne A un ouvrage attribue 
au meme apötre. Une apocalypse apoceryphe de S. Pierre etant eitee 
par Tiscuenvorr dans ses » Apocalypses apoeryphae«, j admettrai provi- 
soirement que notre morceau en est un debris.« 

Die beiden Fragmente sind Theile der alten, zur christlichen 
Urlitteratur gehörenden Schriften » Eiayyerıov zars Merpov« und » Amoxd- 
Audıs Ilerpov«, und wir begrüssen in ihnen eine sehr werthvolle Be- 
reicherung unserer Kenntniss der urchristlichen Schriftstellerei. Dass 
sie wirklich zu jenen alten Petrus-Schriften gehören, soll hier in Kürze 
bewiesen werden. 

I. Das evangelische Fragment (nach meiner Zählung etwa 174 
Stichen umfassend, den Stichos zu 36 Buchstaben gerechnet) beginnt 
(S. 137 Bovriant) mitten in der Leidensgeschichte mit einem Satze, der 
nicht in unseren Evangelien steht (rwv de Tovdaıwv ovdais Evnlaro Tas Welpars 


! Pergamentcodex, gefunden in einem Grabe zu Akhmim, saec. VIII— XII [sie; 
nähere Beschreibung und Facsimile fehlen], 33 fol., ohne Paginirung, 15 Xı2 m, S.r: 
Koptisches Kreuz mit den Buchstaben A und 2, S.2—-ıo: Fragment des Petrus- 
Evangeliums, S. 11. ı2: leer, S.13 —ı9: Fragment der Petrus-Apokalypse [der Text be- 
ginnt S.ı9 und endet S.ı3], S. 20: leer |hiernach scheint es, als sei bereits die Vor- 
lage lückenhaft gewesen], S. 21— 66: Zwei grosse Fragmente der Henoch -Apokalypse, 


sl* 


’ 


” . 
896 Gesammtsitzung vom 3. November. 


cüde "Howdns süd’ eis ruv zırWv aurev), giebt eine zusammenhängende Er- 
zählung von dieser und von der Auferstehungsgeschichte und bricht ab 
mit dem Satze (p. 142): uels de ci dwdexa madyrai Te) xupiou ExAdioev Ka 
EAUmOUNEIL xal Exaoros Aumoumsvos did To Duußav AmmAAdym Eis Tov olxov KuTel. 
eyw de Zıuwv Ilerpos xaı Avdpsas 6 adeAbos mov Anhovres yuwv ra Ava drmA- 
Sauev eis ryv Iaraccav, xal Av TUv Av Acveis 6 Too AAdalov dv KUplos.... 
Dieser Satz zeigt, dass Petrus als der Schreiber des Evangeliums ein- 
geführt war. Er ist es also auch, der (S. 139 Z. 5ff.) spricht: ’Eyw de nerd 
TuV Eraipwv Mov EAUTOURN Kal TETDWWEVO Kara didvorav Erpußousda: Elyrov- 
ua yap Üm' auruv Ws xauxoüpyoı xal Ws Tov vaov IeAovres Eumpyocı. Die 
Erzählung der Geschichte Jesu scheint auf den vier kanonischen Evan- 
gelien zu fussen (dass auch das Johannes- Evangelium berücksichtigt ist, 
lehrt z. B. S. 139, 3, s. Joh. 19, 41: xyros Iwond; S. 138,8 s. Joh. 19, 
32f.: dass Marcus benützt ist, zeigt der oben abgedruckte Schluss) 
und also jünger als diese zu sein. Aber, einige sehr merkwürdige Zu- 
sätze (das wandelnde Kreuz; die Stimme vom Kreuz), Ausspinnungen, 
Steigerungen und Modificationen abgerechnet, bewahrt sie im Wesent- 
lichen den synoptischen Typus und macht daher (vergl. das soge- 
nannte Evangelium des Nikodemus) durchaus den Eindruck, dem 2. Jahr- 
hundert anzugehören: freies Schalten mit dem Stoff, beträchtliche Er- 
weiterungen, aber im Rahmen der kanonischen Überlieferung (breite, 
aber nicht überall durchsichtige und geordnete Schilderung). Auf- 
fallend ist, dass der König Herodes als der eigentliche verurtheilende 
Richter erscheint, Joseph von Arimathia als Freund des Pilatus und 
des Herrn eingeführt, Pilatus also in günstigstem Licht vorgestellt wird. 
Noch bemerkenswerther aber ist Folgendes: nachdem der Erzähler 
von den Schlägen, Stössen und Geisselungen berichtet hatte, fährt er 
fort (S. 138, 3) Aveyxov ÖVo xuxoupyous xal Eoraupwoav dvd uEnov aurwv 
Tov xUupiov. auros de Eowra (Eowraoas God.) undev movev Eywv. Augen- 
scheinlich ist hier ein doketisches Element eingeführt, welches in 
den kanonischen Evangelien nicht vorkommt: Jesus soll schlechter- 
dings keinen Schmerz empfunden haben. Ferner ist nur ein Wort 
Jesu vom Kreuz wiedergegeben, aber es lautet in diesem Evangelium 
(S. 138, 13): % Öuvamıs mov, 9 dvvanıs (mov) xareren.ds me, und dann 
heisst es sofort: xai eirwv dverydSn. Dieses »averypIy« kann doketisch 
verstanden werden (doch s. Luc. 23, 43), und die seltsame Deutung 
des »’Hazı, yrei« als »9 Övvanıs mov« zeigt, dass dieser Evangelist an 
dem Ausdruck der Gottverlassenheit Jesu Anstoss genommen hat und 
daher nur von einem Erlöschen seiner Kräfte etwas wissen wollte 
(oder dachte sich der Verf. den &vw Xporos als die Kraft?). Wir 
haben also in unserem Stück ein Fragment einer Evangelienschrift 
‚zu erkennen, die sich ı. als von Petrus verfasst giebt, 2. mit den 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 897 


kanonischen Evangelien sehr verwandt war, aber sich in Einzelheiten, 
namentlich in der genauen Schilderung des Auferstehungsvorganges, 
von ihnen (zu Ungunsten) merklich unterschied, 3. doketische Ele- 
mente enthielt, 4. wahrscheinlich dem 2. Jahrhundert angehörte — 
denn es finden sich in dem Fragment keine Spuren einer späteren 
Zeit, und ausserdem spricht die Verbindung mit der Petrus- Apokalypse 
(s. unten) und dem Henoch-Buche für ein hohes Alter. 

Von einem alten Petrus-Evangelium wissen wir aus der Kirchen- 
geschichte nicht viel, aber doch einiges. Origenes bekundet (in Matth. 
T.X, ı7), dass er es gelesen hat. Über den Werth des Buches sagt 
er nichts (roüs de dderdous "Iysed dacı Tıves eva, Ex Tapadocsws öpMulevou 
ToD Emıyeypauuevov xard Ilerpov euayyeriov 4 rs BußAov IaxwPev, viovs Twonb 
Ex TpOrEDas 'yuvaızos, Ovvwxnkulas aurw po ns Mapıcc). HEusebius (h. e. 
HI, 3,2. II, 25, 6; nach ihm Hieronymus und das Deeret des Gelasius) 
verwirft es als häretisch. Theodoret (h. f. H, 2) will wissen, dass 
die Nazaräer es gebrauchen (?). Das wichtigste und zugleich das älteste 
Zeugniss (um 200) aber bietet der Bischof Serapion von Antiochien 
(bei Euseb. h. e. VI, 12). Wir erfahren hier, dass das Evangelium in 
der Gemeinde zu Rhossus gelesen wurde, dass sich ein Streit über 
dasselbe erhob und Serapion, ohne das Evangelium durchgelesen zu 
haben, die Lectüre gestattete, dann aber die Erlaubniss zurückzog, 
weil er sich nachträglich überzeugt hatte, »dass zwar das Meiste in 
dem Evangelium der rechten Lehre des Heilands angehöre, Einiges 
aber von Geboten hinzugefügt seic und das Buch der Meinung der 
Doketen Vorschub leiste (die es auch brauchten). Diese Charakteristik 
des Evangeliums — Serapion hält es übrigens nicht für jung — 
stimmt ganz vortreffllich zu dem, was wir aus unserem Fragment 
über die Beschaffenheit des Petrus-Evangeliums, aus dem es stammt, 
ermitteln konnten. Es ist demnach schwerlich zu bezweifeln, dass 
wir in dem Fragment von Akhmim wirklich ein Bruchstück des alten 
Petrus-Evangeliums erhalten haben, das wahrscheinlich bald nach der 
Mitte des 2. Jahrhunderts abgefasst worden ist (von einem anderen 
Petrus- Evangelium wissen wir überhaupt nichts). Wo es entstanden 
ist, ist nicht zu ermitteln — vielleicht in Syrien, wo es zuerst auf- 
taucht. Dass es im Anfang des 3. Jahrhunderts nach Aegypten ge- 
kommen ist, lässt sich wohl aus der Kenntniss des Origenes folgern. 
Immerhin bleibt es höchst merkwürdig, ja räthselhaft, dass es dort 
noch in der späten Zeit, aus der unsere Handschrift stammt, gelesen, 
mit der Apocalypse Petri und dem Henoch-Buch vereinigt und einem 
Mönch. mit in’s Grab gegeben worden ist; denn zwischen Eusebius 
und der Zeit unserer Handschrift fehlt uns jede selbständige Kunde 
von der Existenz des Evangeliums. Wie viel Alterthümliches hat 


898 Gesammtsitzung vom 3. November. 


doch die griechisch-koptische Kirche, bez. das Mönchthum in dieser 
Kirche, bewahrt! 

IH. Die Vermuthung des Hrn. Bovurınt, die namenlose Apo- 
kalypse, die in der Handschrift dem Petrus-Evangelium folgt, sei eben 
desshalb vielleicht eine Petrus-Apokalypse, lässt sich nicht nur erweisen, 
sondern es kann auch gezeigt werden, dass sie die Petrus-Apokalyse 
ist, d.h. jene uralte Schrift,. die in der ältesten Zeit neben: der 
Johannes-Apokalypse in Rom und im Orient gestanden hat, die noch 
um d.J. 440 nach dem Zeugniss des Sozomenos in einigen Gemeinden 
Palästina’s jährlich einmal während der Vorfeier des Osterfestes vor- 
gelesen worden ist und deren Geschichte in der Kirche wir minde- 
stens bis zur Zeit um d. J. 5300 verfolgen können. Über diese Apo- 
kalypse, die zuerst Clemens Alex. und das Muratorische Fragment er- 
wähnen und zwar als heilige Schrift (Jener hat sie in seinen Hypo- 
typosen neben den katholischen Briefen ausgelegt; dieses rechnet sie 
zum Neuen Testament, vermerkt aber den Widerspruch Einiger), sind 
wir ziemlich gut unterrichtet. Wir wissen auch, dass sie 270 (Catalog. 
Claromont.) bez. 300 (Nicephorus) Stichen umfasst hat; aber weder 
im Original, noch in einer Übersetzung ist sie bisher aufgetaucht. 
Nur ein paar kleine Fragmente waren uns erhalten; doch ist nicht 
alles, was als Fragment bezeichnet worden ist, sicher. Hr. Zaun 
(Gesch. des NTlich. Kanons I S. 8ı8f.) hat nur fünf (drei bei Clemens 
Alex. und zwei bei Macarius Magnes) gelten lassen. Die drei bei Ule- 
mens erhaltenen, unzweifelhaften Bruchstücke zeigen, dass die Apo- 
kalypse in einem noch phantastischeren Geiste geschrieben war als 
die Johannes-Apokalypse. Sie lauten: I. T& Bosdn efuunPrwuFevra Tns 
dusivovos EOoWEva meIpds (lies woipac). I. Kai AoToamy mUpos mnoWca dmo 
ruv Ooedwv Exeivwv xl mANCCoUOE Tols hIaAuols rwv yuvaızav. III. To 
de yara Tuv yuvamkwv, bEov dmo TWv MaorWv xal muyvumevov, Yevıyaeı Impio 
AEmTd CTaxchaya Kal dvarpey,ovra Eis aürds xarsoYıc. In der Apokalypse 
waren mithin ausgesuchte fürchterliche Strafen geschildert, die gewisse 
Classen sündigender Weiber in der Hölle treffen. Das ist das Sicherste, 
was wir bisher über den Inhalt dieses Buches wussten. 

Unser Fragment, dem der Anfang und Schluss fehlt, umfasst 
etwa 131 Stichen (nach meiner Berechnung; der Stichos zu 36 Buch- 
staben). Init.: HoAAcı EZ aurwv evovra beudorpopyran ru 6dous Kal day- 
Hard moxırao (moixıAd) Tys dmwäsias diddEwcw , expl.: oüraı de Acav ai 
&bIavres Tv dev Tod Seod. Es ist minder gut erhalten, als das 
Fragment aus dem Petrus-Evangelium. Mehrere Zeilen sind theil- 
weise unleserlich ; auch hat es ziemlich viele Schreibfehler. Es ist jetzt 
namenlos; aber dass es von Petrus herrühren will, macht der Satz 
S. 142, 4f. sehr wahrscheinlich. Dort heisst es: drspyoneva (drspy,omevos 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 899 


eod.) de mer’ auro) Yusis oi dwdexa Madyral EdenSInuev Orws deizn muiv Evo 
Tuv ddeAbuv Aumv dızammv rwv ELeAdovrwv dmo rev xoouou. Also waren die 
zwölf Jünger in der ersten Person eingeführt (ef. S. 143, 9: &xSawßaı 
yeyovanzıv. 143,16. 144, 2). In diesem Falle (s. das Petrus- Evangelium 
und das Kerygma Petri) ist aber gewöhnlich Petrus als der Sprechende 
und als der Schriftsteller gedacht; in der That spricht auch in unserem 
Fragment S. 143, 6 Einer im Singular: arius ou duvanıı EEnyncacdau 
2a, nerg].:S. 143, 10ff. 8: 144,2. 16. Er,d.h. Petrus; ist der eigent- 
liche Seher. Allein nicht nur eine Petrus- Apokalypse ist es, die wir 
vor uns haben, sondern die Petrus- Apokalypse; denn S. 144, Sff. ı6ff. 
S.145, 2. 3ff. 146. werden dem Apokalyptiker in der Hölle ver- 
schiedene Glassen von Weibern, die entsetzlich gesündigt haben, ge- 
zeigt, wie sie von ausgesuchten Strafleiden gepeinigt werden. S. 144, 
ı8ff. — die Stelle ist zum Theil unleserlich — heisst es: zdxe Exd- 
Invro yuvaizes Ey,ouodı Tov Iywpa MEXpL TÜV ToaynAwv Kal dvrixpüs aurwv 
moNAol Tales 0.... 00 . woaı Erixrovro Kanyusver ExAaov xal mponpwovro EE au. 
euenn. 6 WUPOS Kal Tas Yuvalxas EmANCCoV xara ruv öhIaAuuv. 
Ta DE NOV DE eenennn. 2... 0001 Kal Ertpwoacdı Dass dies die Stelle 
ist, aus der Clemens Alex. sein zweites Citat geschöpft hat (s. oben), 
ist offenbar. Die anderen Citate lassen sich allerdings nicht nach- 
weisen; aber unser Fragment umfasst noch nicht ganz die Hälfte der 
vollständigen Schrift (130: 270 bez. 300); übrigens passen jene Citate 
vortrefflich zu dem Geist und Inhalt des Fragments. 

In dem Codex von Akhmim ist uns also ein grosser Theil der ur- 
alten Petrus- Apokalypse wieder geschenkt. Ihre Anlage ist nun wesent- 
lich deutlich geworden. Sie enthielt Offenbarungen (bez. Schauungen) 
über den Zustand der Gerechten und der Sünder nach dem Tode, 
die der Herr selbst seinen zwölf Jüngern bez. dem Petrus »auf 
dem Berge« angeblich gezeigt (mitten in einer Rede Jesu beginnt 
unser Bruchstück) und die Petrus angeblich niedergeschrieben hat. 
Die Strafen, die der Seher in der Hölle schaut, sind raffınirt erdacht 
— eine merkwürdige Anticipation der »Hölle« Daxte’s, zwölf Jahr- 
hunderte vor Dawte. Aber schon in den älteren jüdischen Apoka- 
lypsen war Ähnliches erzählt. Hervorgehoben sei, wie kräftig der 
urchristliche Standpunkt in Bezug auf die Unzuchtsünden, den Reich- 
thum sowie auf das Zinsnehmen hervortritt (S. 145, 10f.: xui ev erepw 
Tv TOmW Yarızes Acav 6EUrepa Eibwv zo mavros 6ßerıcxov Ferupwuevo xal 
Yuvalkes xal avdpes far Dumapa Evdedunevon ExvAovro Em’ aurwv xoralouevar' 
obroı de Noav ci MAoUToUVTEs xdl TW MAoUTW alruv memadores za mm EAy- 
GavTes epbavous xaı Anpats AAN dusAyodvres TAG EvroAns ToU Seot. Ev de 
ETEDL An neyarn xaı ERAMpWIAEVN miou (mov cod.) xal aludaTos xaı Rop- 
Bopov dvaleovros IOTNKEIOaV dvdbes Kal yuvalxes Mey yovarwv" ovroı de Aoav 


900 Gesammtsitzung vom 3. November. 


ci Öuveilovres xal dmaıroüvres Toxovs roxwy). Sehr lehrreich ist es auch, 
dass nach einer Schilderung des Paradieses fortgefahren wird (S. 144 
1f.): Aeycı Auiv 6 xUmios" oUros Eorıy 6 Tomos Tuv dpxspeuwv (dew,spwv cod.) 
ümuv ruv dızalwv dvSpouruwv. Dieses »apxıspewv« giebt zu denken (vergl. 
Didache 13, 3). 

Direete geschichtliche Aufschlüsse über die Verhältnisse der 
ältesten Christenheit gewährt die Schrift nicht; aber sie ist sehr lehr- 
reich, denn sie lässt unzweideutig erkennen, von welcher Kost sich 
die ältesten Christen auch genährt und welch’ seltsame aber ernst- 
hafte Phantasieen sie für »Offenbarungen Christie ausgegeben und 
heilig gehalten haben. 


Im Folgenden gebe ich den Text des Evangelienfragments. Hr. 
Bovrriant hat sich begnügt, die Handschrift abzudrucken und eine 
französische Übersetzung beizugeben, in der jedoch einige Fehler der 
Handschrift bereits corrigirt sind. Die Verseintheilung stammt von 
mir. Den Text des Apokalypsenfragments werde ich in der nächsten 
Sitzung vorlegen. 


10 


20 


30 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 901 


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(fol. ı") Tfwv] de Tovdawv oVdeıs Evnlaro Tas %eipas oüde Howöys oud 
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Ileırare, &ı xaı MM TIs AUToV NTYKEL, NWUEIS aUTov EIATTOUEV, EMEL Kal aß- 
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Tov viov TOU DEov E£oucav AUTOU EOYNKOTES, 7 Kal MOopbUpav auTov mepıeQaAAcv 
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TISs TWV Kaxoupywv ExeivwWv WVEIoIOEev AUToUs Acywv' Mes Old TA Xard & 
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ANTEV UMds, 14 Kal AYAVAXTNOAVTES ET AUTW EXEAEUCAV va MM OxEAoxodY, 
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pußouvro Ko Nywviaoav MNMOTE 0 MAlos EOU, EmeiN ETı EN, Yeypamraı Yap 
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\ \ \ ! [Z cı I ) \ J ’ \ c I 
de moAAoı Werd Auyvwv vomlovres oTı vUE EoTıw, Kal EmEOavTo. 9X 0 XU- 
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pıos dveßoyoe Asywv 9 duvanıs mau, N Öuvanıs Mou xarereıds we, Kal 
> \ / 
EITWV dveAybIn. 


1 oUdeıs — 2 rav zur ego, za rav BoURIANT, zur © — 2 HaiAarys. — 4 Erereuneo 
— 17 TuumsapEv — 19 Erwmaras — 19 orı ewaguran, corr. DieLs — 22 wverdyrev — 
24 oHeAononnon — 26 mersmOgrce — 26 EIogoußouvro — 27 Nyavır av ae — 
27 Yap om. — 31 Ereravro, contulit Drers dıeEsmeravro: Polyaen. 4, 2, 14. 7,48 — 31 zaı 


om. — 32 mov sec. om. 


15 


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30 


35 


902 Gesammtsitzung vom 3. November. 


»0o Kaı aürys en Woas Ölepayn TE KATamErdOud TOD vaou TuS TIspovoarnu eis 
Vo 21 Xdl TOTE dmsomacav Tous NAous do TWVy KEIWV TOU *Uplov Kal EIyxav 
aurov Em TNs As, xdl,y 7 maca Eosıoy al boßos Weyas Eyevere. 22 TOTE 
Ars eraunbe, xaı eupySn od var, 23 EN aonaav d8 ci Toudalcı zul dedwaacı 
» lwondb To owma aurov, va auro Sarly, Ereıön Teaodusvos Av 000 dyadd 
Eroimgev. 21 Auwv de Tov xUpiov EAovce xal EIANGE owdorı xal eiomyayev 
eis Ldlov Taubov xarouuevov xymov Inond. 25 Tore ci Tovdalcı zaı ol mosoQure- 
por xl ol iepels iovres olov (fol. 3') xuxov Euros Emomonv, 1oEavro KOrTe- 
I xal Aeyer“ oval Tals Auaprıdıs Mawv, Ayyıoev 1 xpiois xal To TeAos 


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TEou. 3 KL SYaupaleny aurwv. & Eıdov AA Oopwoı EGEADOVTAS Amo TOoU 


radev Tpeis auöpais Kal ToÜs dUo Tov Eva Um epSouvras Kal Graupey AXoAOTCUVTA 
aurcis, go Xal TWv MEv dvo ryv zeharnv Kwpoucav MEXpL TV oupavov, Tuv de 


I auros sine 716 — 3 eyarın — 13 una revopaen -— E5 eUvay,Fevres — 17 nme 
— 19 puraEw — 24 HKaTE, eo NET _— 2 omou? — 26 Erreger av — 30 Övo sec. fort. 
expungendum —=30; wor Se EvTEOg — 32 Emiranras, corr. DieLs — 32 AsıYos —-)33 evonyn og 


35 za avroı Ego, zu &v co C — 36 sg. ogasıw £ LEEASOVTES ..» audges — 38 rov C, ryv ego 


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15 


25 


30 


35 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 903 


KEÜDL .... Um aurwv Umeobaiwvouoav Toüs oüpavous, a1 xal bwvms Yxovov Ex 
Tuv olpavwv Acyovons' Exnpukas Tols Kolvwmevais Kal Umaxon. a2 1xoUETo Xal 
OO TOD OTavpo) TIvd. 43 GUVECKEMTOVTE oÜv dAAMAcıs Exeivor dmwerdeiv (fol. 4°) 
ai Evpavıcaı ralra rw Merdarw. 4x1 erı diavoouusvuv aurwv balvovraı mar 
dvory,Sevres ol olpavoi Kal AvIpwros Tıs XarsAdwv Kal eineAdwv eis TO MAd. 
45 TADTa IÖOVTEs ol mel TEv KEvrupIWva vuXTos Eomeucav Moos MeıRarov dbevres 
Tov Tadov ov EbuAacaev Kal Eömnsavre mayra dr eidov &yumıwvres MEydAws 
xl Aeyovrss‘ dA SWS vios Av Teov. 46 droxpıSeis 6 MeıAdros pn eyW) KaIapeuw 
ToÜ aluaros To viob ToU Seou, UMiv de ToUTo EdoLev. 47 Eira mooneAYovres 
mavres EdeovTo AUTO) xal Tapexdhouv KEAEUGAL TW HEvrupwvı Kal Tols OTpd- 
Tıwraıs umdev eimeiv & Eidov' 48 Fuudepei Yalo, bacı, Auiv öbAyodı Meyioryv 
duapriav EumpooIev TV Deo) xal um Emreceiv eis Weipas ToU Aaol ray "Tovdarwv 
za AIaoIyvaı. a0 Exzheunev olv 6 Meınaros rw xevrunulı] xaı Fois orparıwrais 
undev eireiv. 

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boßeunevn did Tous Toudaisus, Emeidy EbAeyovro (fol. 5") Urs TAs öpyns, oUx 
EmONGEV EMI TW UyAMarı TOD xupiov d EiwIeoav Tosiv ai Yuvdixes Emi Tois 
dmoSvycxoumı xal Tols dyamwmsvos aurals. sı Aalouca MEI Euuris Tas birdc 
MDE Em TO wunMelov omov Av TeIes, 52 xaı Ehboßeuvro MN Idwew auras ci 


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905 


Ansprache an Se. Excellenz Hrn. von HELMHOLTZ 


zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums 
am 2. November 1892. 


Hochgeehrter Herr College! 


Kar den unzähligen Körperschaften, welche im vorigen Jahre Eurer 
Excellenz ihre Glückwünsche zur siebzigesten Wiederkehr Ihres Geburts- 
tages in bleibender Gestalt darbrachten, fehlte gewiss für Viele, viel- 
leicht für Sie selber, auffallender Weise Ihre eigene Akademie, die 
Berliner Akademie der Wissenschaften. Nicht dass sie an der die 
ganze mathematische, naturwissenschaftliche, ärztliche, philosophische 
Welt aufregenden Feier keinen Theil genommen hätte. Vielmehr liess 
sie Ihnen die Urkunde einer durch ihre Mitglieder in’s Leben ge- 
rufenen Stiftung überreichen, welche Ihren Namen tragen und als 
höchstes Zeichen der Anerkennung wissenschaftlicher Verdienste in 
gemessenen Zeiträumen eine goldene Denkmünze mit Ihrem Bilde aus- 
theilen sollte. Dagegen untersagte der Akademie ein Gebrauch, von 
welchem sie glaubte nicht abweichen zu dürfen, die Berücksiehtigung 
eines Geburtstages, und verwies sie, um sieh Ihnen mit feierliehem 
Glückwunsche zu nahen, auf den heute gekommenen Tag Ihres fünf- 
zigjährigen Jubilaeums als Doctor der Mediein und Chirurgie. Die 
Akademie ist dadurch freilich in die missliche Lage gerathen, nur 
wiederholen zu können, was Ihnen schon von den verschiedensten 
Seiten in begeisterten Worten ausgesprochen wurde: die Bewunderung 
alles von Ihnen Geschaffenen, den tiefen Dank der um Sie als Meister 
geschaarten Schüler und Fachgenossen. 

Doch eignet sich die heutige Erinnerungfeier ganz besonders dazu, 
den wunderbaren Gang Ihrer Entwickelung in’s Lieht treten zu lassen. 
Sie erscheinen zunächst als Zögling der Königlichen militär-ärztlichen 
Bildungsanstalten, zu einer praktischen, in vorgeschriebenen Formen 
aufsteigenden Laufbahn bestimmt. Wie anders sollte es kommen. 
Schon Ihre Inaugural-Dissertation gab ein Maass ab des von Ihnen 
zu erwartenden Ungewöhnlichen. Sie lösten eine Frage, welche Ihr 


906 Gesammtsitzung vom 3. November. 


Lehrer JoHAnnEs MÜLLER für die wichtigste im damaligen Zustande der 
Nervenanatomie erklärt hatte, die des Zusammenhanges der Nerven- 
fasern mit den Ganglienkugeln. Fast unmittelbar darauf folgte eine 
Untersuehung über das Wesen der Gährung und Fäulniss, welehe zu 
den Ineunabeln der heutigen Bakteriologie zählt, der Nachweis eines 
Stoffverbrauches bei der Muskelaction, sowie der sie begleitenden 
Wärmeentwickelung, und eine kritische Darstellung der thierischen 
Wärmelehre. Dies Alles bewegte sich indess noch in dem Rahmen 
der damals sich vollziehenden Umgestaltung der Physiologie zur Physik 
und Chemie der Organismen. Wie erstaunten aber nicht sogar die 
Ihnen am nächsten Stehenden, als Sie kurz darauf in Ihrer berühmten 
Schrift über die Erhaltung der Kraft ein mächtiges mathematisch- 
physikalisches Vermögen, ungeschult und doch in scheinbar voll- 
kommener Schulung, entfalteten. Ganz nebenher, in einer gemein- 
fasslichen Darlegung über die Wechselwirkung der Naturkräfte, gaben 
Sie, im Anschluss an die von Ihnen erweiterte Kanyrt-Larrack’sche 
Theorie des Planetensystems, die erste befriedigende Erklärung der 
Sonnenwärme. Inmitten dieser tiefen theoretischen Forschungen liessen 
Sie in Ihren experimentellen Fortschritten nieht nach. Denn während 
noch JoHannes MÜLLER die Unmöglichkeit beklagte, in dem kleinen Be- 
reich eines Thierkörpers etwas über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
des Nervenprineipes auszumachen, die er sich von gleicher Ordnung mit 
der des Lichtes dachte, zeigten Sie durch Versuche von bis dahin in der 
Physiologie ungeahnter Schärfe, dass diese Geschwindigkeit über zehnmal 
kleiner sei, als die des Schalles in der Luft, wobei Sie zugleich die auto- 
graphische Methode der Curvenzeichnung auf den zeitlichen Verlauf der 
Muskelzusammenziehung übertrugen, und die überraschende Thatsache 
eines Latenzstadiums der Reizung aufdeekten. Aber auch noch beinahe 
gleichzeitig traten Sie als kühnster Bahnbrecher in der Physiologie der 
Sinne auf. Durch messende Beobachtung der Sanson’schen Bildehen, 
welche bisher wohl mehr dem Dichter und Maler als dem Physiologen 
bedeutend erschienen waren, lösten Sie das alte Räthsel der Accom- 
modation des Auges für das Sehen in verschiedenen Entfernungen. 
In dem Augenspiegel, dessen Erfindung gerade deshalb um so ver- 
dienstlicher war, je näher sie lag und je weniger doch sonst Jemand 
sich etwas davon hatte träumen lassen, schufen Sie ein Werkzeug, 
welches alsbald in ALsreenr von Gräre’s Händen der Augenheilkunde 
neue Wege von unermesslicher praktischer Wichtigkeit eröffnete, und 
Ihren Namen durch die ganze Welt trug. In der Farbenlehre zer- 
streuten Sie Sir Davın BrEwSTEr's verfehlte Speetraltheorie und er- 
weckten Tuomas Youne’s fast vergessene glückliche Vermuthung zu 
sicherem neuem Leben, Nach fundamentalen Forschungen in der phy- 


2 


= 
Ansprache an Hrn. von HErnnor'tz. 907 


sikalischen Akustik bewältigten Sie in der physiologischen Akustik 
gleichfalls zwei uralte Probleme, das Pythagoraeische von dem Wesen 
der Consonanz und Dissonanz, und indem Sie Stimmgabeln die Vo- 
cale singen liessen, das Problem von der Natur der sogenannten 
Klangfarbe. Als Seitenstück zu Ihrer »physiologischen Optik« ent- 
stand so Ihre erstaunliche »Lehre von den Tonempfindungen als phy- 
siologische Grundlage für die Theorie der Musik«. Mittlerweile hatte 
bei Betrachtung der Meereswellen am Strande Ihres damaligen ost- 
preussischen Wohnortes die Hydrodynamik Ihre Aufmerksamkeit auf 
sich gelenkt. Aus Ihren transcendenten Studien in diesem Gebiete 
ging Ihre Theorie der Wirbelbewegungen hervor, welche Lord KeLvın 
zu dem Wagniss seiner Hypothese ermuthigte, dass die Atome der 
Materie ausserordentlich kleine, von Ewigkeit fort und fort sich 
drehende, mannigfach geknotete Wirbelringe seien. Durch alle diese, 
die ganze theoretische Naturwissenschaft umfassenden Arbeiten aber 
zieht sich endlich noch die eingehendste Beschäftigung mit der überall 
eingreifenden Elektrieität. Sie begann mit Ihrer Feststellung des zeit- 
liehen Verlaufes der dureh Stromsehwankungen indueirten elektrischen 
Ströme, und der Vertheilung elektrischer Ströme in körperlichen 
Leitern, wodurch Sie der thierisehen Elektrieität sichere Bahnen an- 
wiesen. Aber bald erhoben Sie sieh auch hier zur Behandlung der 
höchsten und letzten Probleme, zur Theorie der Elektrodynamik, 
welche für Sie eine besondere Wichtigkeit dadurch erlangte, dass, 
wie Sie zeigten, das von WırueLm WEBER aufgestellte Gesetz der 
Fernwirkung zwischen zwei elektrischen Theilchen mit der Erhaltung 
der Kraft in Widerspruch geräth. In neuester Zeit haben Sie das 
vor anderthalb Jahrhunderten aus dieser Akademie hervorgegangene 
Prineip der kleinsten Wirkung im Gebiete der Elektrodynamik frucht- 
bar zu machen gewusst, und haben sogar im weiteren Verfolg von 
Farapav's und Maxweıv’s Vorstellungen eine elektromagnetische Er- 
klärung der Farbenzerstreuung des Lichtes gegeben. Zur Chemie, 
die Sie seit Ihren ersten Arbeiten vergleichsweise weniger berück- 
sichtigt hatten, kehrten Sie noch einmal in Ihrer Thermodynamik 
der chemischen Vorgänge, wie überall Verständniss und Helligkeit 
spendend, zurück. Neben dem allen gehen noch Ihre erkenntniss- 
theoretischen Bemühungen einher. Ihrem früh ausgesprochenen Prineipe 
gemäss, dass wir von der Begreiflichkeit der Natur ausgehen müssen, 
verwerfen Sie den Nativismus, und huldigen der Lehre von dem empiri- 
schen Ursprung der Raumanschauung und anderer ähnlicher Denkformen. 
Sie haben ausgeführt, wie das Kind dahin gelangen könne, das ihm 
tlächenhaft vorschwebende Bild der Gegenstände als dreidimensio- 
nalen Raum auszudeuten, und sehen Moryn&zux’ Problem als durch 


908 Gesammtsitzung vom 3. November. 


ÜHESELDEN Ss und Warprop’s Erfahrungen im empiristischen Sinne ent- 
schieden an. In einer tiefsinnigen Untersuchung über die thatsäch- 
liehen Grundlagen der Geometrie haben Sie überdies gezeigt, dass 
die von Kant angenommene Kenntniss der Axiome der Geometrie aus 
transcendentaler Anschauung erstens eine unerwiesene, zweitens eine 
unnöthige und drittens eine für die Erklärung unserer Kenntniss der 
wirklichen Welt gänzlich unbrauchbare Hypothese ist. 

Wir schweigen von Ihren Untersuchungen über Eigenschaften 
des Eises und die. Gletschertheorie, Ihrer Bestimmung des Horopters 
und der Grenzen des mikroskopischen Sehens, Ihrem siegreichen Streif- 
zug in die Meteorologie, Ihren wieder in die erhabensten Regionen 
der Mechanik führenden Studien zur Statik monocyklischer Systeme, 
von nöch vielem Anderen, das hier Erwähnung verdiente. Doch es ist 
unmöglich, in den uns gesteekten Grenzen ein wirklich entsprechendes 
Bild von der Welt von Thatsachen und Einsichten, von Beobach- 
tungen, Versuchen und Gedanken zu geben, die Sie, die höchste 
Analyse wie die feinsten Instrumente mit gleicher Meisterschaft und 
Leichtigkeit handhabend, mit unerschöpflicher Arbeitskraft zu Tage 
gefördert haben. Das von uns Übergangene würde allein hinreichen, 
einen hervorragenden akademischen Namen zu begründen. Das Staunen 
über Ihre Leistungen wächst aber noch, wenn wir uns erinnern, dass 
Sie, durch ArLzxAnper’s von Hunsorpr Fürsprache von Ihren Verpflich- 
tungen als Militärarzt entbunden, zuerst an der hiesigen Akademie der 
Künste plastische Anatomie, dann in Königsberg Physiologie und all- 
gemeine Pathologie, dann in Bonn Anatomie und Physiologie, zuletzt 
endlich in Heidelberg Physiologie allein zu lehren hatten. Dabei 
machten Sie es noch möglich, durch eine Reihe gemeinfasslicher Vor- 
träge von reinster Formvollendung jederzeit auch weiteren Kreisen 
Einblick in Ihre Forsehungsergebnisse zu gewähren. Durch den 1870 
erfolgten Tod Ihres Lehrers Gustav Maenus trat dann für Sie die 
glückliche Wendung ein, dass Sie, ein unerhörter Vorgang in der 
Geschichte der deutschen Universitäten, vom Lehrstuhl der Physio- 
logie als Maenus’ Nachfolger auf den Lehrstuhl der Physik berufen 
wurden. Seit dem ı5. Januar 1857 correspondirendes, seit dem ı. Juni 
1870 auswärtiges Mitglied der Akademie, sind Sie so seit dem ı. April 
1871 ganz der Unsrige geworden. Nachdem Sie für die Universität 
ein die heutigen Anforderungen erfüllendes physikalisches Institut ge- 
schaffen hatten, sollten Sie indess noch eine Wandlung Ihrer Lage 
erfahren, indem Sie beauftragt wurden, für das Reich eine physikalisch- 
technische Anstalt zu gründen und zu leiten, welche Sie auf dem 
durch die grosssinnige Freigebigkeit Eines aus unserer Mitte dazu ge- 
schenkten Boden erbauen durften. Aber indem Sie zugleich fort- 


Ansprache an Hrn. von HermnHor'z. 909 


fahren, an der Universität Vorlesungen über ausgewählte Capitel 
der mathematischen Physik zu’halten, entrollt sich so mit Einem 
Blick die ganze Weite des von Ihnen durchlaufenen Weges: von 
Ihrer mikroskopisch-anatomischen Doetor-Dissertation bis zu der in 
Ihren Formeln gipfelnden höchsten dem Menschen gegebenen Natur- 
erkenntniss. 

Brauchen wir den Wunsch hinzuzufügen, dass Eure Excellenz in 
dieser, Ihrer würdigen Stellung noch lange der Wissenschaft eine weit- 
hin strahlende Leuchte, unserer Akademie eine ruhmreiche Zierde mit 
derselben unvergleichlichen Produetions- und Penetrationskraft bleiben 
mögen, welche die Welt seit einem halben Jahrhundert anstaunt 
und preist. 


Berlin, den 2. November 1892. 


Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften. 


Sitzungsberichte 1892. 82 


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Zur Kritik der neuesten Untersuchungen 
über das Saftsteigen. 


Von 9. SCHWENDENER. 


(Vorgetragen am 28. Juli [s. oben S. 825].) 


2 
Deit der Veröffentlichung meiner »Untersuchungen über das Saft- 
steigen«,' welche hauptsächlich darauf gerichtet waren, für die bei der 
Wasserbewegung in hohen Bäumen wirksamen physikalischen Kräfte 
annähernd das Maass ihrer Leistungen zu bestimmen, ist neuerdings 
von anderer Seite versucht worden, die von mir angenommenen oder 
durch Beobachtung gewonnenen Grundlagen meiner Berechnungen und 
Schlussfolgerungen als unsicher oder doch als unzulänglich hinzustellen 
und dementsprechend die Gesammtleistung der physikalischen Kräfte 
viel höher zu veranschlagen, als ich es gethan habe. Während meine 
Darlegungen zu dem Ergebniss führen, dass bei hohen Bäumen die 
Saugwirkung, welche von den beblätterten Zweigen ausgeht, nur etwa 
bis zur Basis der Krone oder in den oberen Theil des Stammes herunter- 


reicht, dass dagegen stammabwärts bis etwa auf Brusthöhe — von 
der Periode des Blutens abgesehen — hebende Kräfte von bekannter 


physikalischer Natur und Wirkungsweise nicht vorhanden sein können, 
soll nach Bönm und STRASBURGER die ganze Wasserbewegung. selbst in 
den höchsten Bäumen, ein rein physikalischer Process sein, bei dem 
freilich nach der Annahme des letztgenannten Autors ausser den be- 
kannten Thatsachen der Physik auch unerforschte und geheimnissvolle, 
jedoch empirisch constatirte Vorgänge eine wichtige Rolle spielen 
würden. Aber auch diese Vorgänge hätte man sich nicht etwa von 
der Mitwirkung lebenden Plasmas, wie ich sie a.a.O. zur Deekung 
des berechneten Deficits in den Leistungen der Kräfte angenommen, 
abhängig vorzustellen; denn sie lassen sich angeblich auch in todten 
Geweben beobachten und haben somit nichts Vitales an sich. Das 
Eingreifen der Lebensthätigkeit in die Wasserbewegung wird daher 
von Bönn und Srrassureer ausdrücklich abgelehnt und dafür eine 


! Diese Sitzungsber. Jahrg. 1886, S. 561. 
82* 


912. Gesammtsitzune vom 3. Nov. — Mittheilune vom 28. Juli. 


rein physikalische Theorie — von dem Einen geboten, von dem 
Andern in Aussicht gestellt. 

Nach Bönn! ist es einzig und allein die Capillarität, welche die 
Wasseraufnahme durch die Wurzeln und das Saftsteigen bewirkt; nur 
für das Blattparenehym wird die erforderliche Zufuhr von Wasser dem 
Luftdruck zugeschrieben. STRASBURGER” legt vorläufig nur Gewicht auf 
die von ihm beobachteten Thatsachen, hofft aber, seine Erfahrungen 
werden »von anderer berufenerer Seite« zu physikalischen Theorien 
verwerthet werden. 

Bei der grossen Zahl von Versuchen, welche namentlich STRaAs- 
BURGER ausgeführt und in seinem Buche beschrieben hat, halte ich es 
für zweckmässig, meine kritischen Bemerkungen über die mitgetheilten 
Beobachtungen und Folgerungen nach physikalischen Prineipien oder 
Vorgängen zu ordnen, nicht nach der Reihenfolge, in welcher der 
Autor sie vorführt. Manche von diesen Beobachtungen stehen übrigens 
mit den Grundlagen meiner Auffassung in keinem Zusammenhange und 
können daher füglich übergangen werden. Ich beschränke mich darauf, 
eine nach eigenem Ermessen getroffene Auswahl widersprechender An- 
gaben und Deutungen kritisch zu beleuchten. 


1 


Die capillaren Erscheinungen in Röhren mit imbibitions- 
fähiger Wandsubstanz. 


Da die Gefässe der Pflanzen ‚in der Regel eine von Luftblasen 
unterbrochene Wassersäule, eine sogenannte Jaum’sche Kette enthalten, 
so war es wichtig zu untersuchen, wie eine solche Kette von beliebiger 
Länge, beispielsweise in einem hohen Baume, sich verhält, wenn 
sie am oberen Ende in Folge der -Transpiration ihren Wassergehalt 
einbüsst und dann nur noch stark verdünnte Luft führt. Wie 
gross ist im extremsten Falle, wenn die Spannung der Luft gleich 
Null wird, die Tragweite der Saugung, d. h. bis auf welche Entfer- 
nung vom oberen Ende finden noch Verschiebungen der Wassersäulen 
und Spannungsänderungen in den Luftblasen statt? Um diese Frage 
zu beantworten, muss zum Mindesten die mittlere Länge der Glieder 
und ebenso die Grösse des Widerstandes bekannt sein, welchen die 
Menisken der Wassersäulen einer Verschiebung entgegensetzen. Die 
Bestimmung dieser Grössen ist nun aber nicht ganz leicht, und ich 


' Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1889, Generalversammlungsheft S. (53). 


®° Uber den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahnen in den Pflanzen, 
S. 539. — In der Folge werde ich diese Schrift unter dem Titel »Leitungsbahnen« 
eitiren. 


Da sure 7 .. .f, D *) 
Schwenpener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 913 


habe ausdrücklich auf die unvermeidlichen Fehlerquellen hingewiesen, 
welche die Zuverlässigkeit der-Messungen und Beobachtungen in sehr 
erheblichem Maasse beeinträchtigen. Diese Fehlerquellen entspringen 
Jedoch, meiner Auffassung zufolge, nur aus der Methode der Ver- 
suchsanstellung und aus der Blosslegung der Gefässe durch Längs- 
schnitte, nicht etwa aus der chemischen oder molecularen Zusammen- 
setzung der Wandsubstanz; für letztere ist bloss die mehr oder weniger 
vollkommene Benetzung maassgebend. 

Nach STRASBURGER' liegt nun aber der Fehler »hier ganz wo 
anders, nämlich in der Annahme, dass die für Jaum’sche Luft-Wasser- 
ketten in Glascapillaren gefundenen Gesetze auch für die Luft-Wasser- 
ketten in den trachealen Bahnen der Pflanzen gelten«. Das sei eben 
nicht der Fall. es bestehe hier vielmehr ein grosser Gegensatz. Von 
der imbibirten Wand der Gefässe werde nämlich durch Adhaesion eine 
Wasserschicht an der Innentläche festgehalten, welche »den Zusammen- 
hang zwischen den einzelnen Abschnitten der Wasserfäden vermittelt«, 
während in Glascapillaren nach Prarrau die Wände zwischen den 
Wassersäulen durch »die energische Saugung der Menisken« rasch 
trocken gelegt werden. Und in Capillaren mit trockenen Wänden 
bewege sich das Wasser schlecht. 

Diese letztere Angabe stimmt nun freilich nieht ganz mit der 
bekannten Thatsache überein, dass das Wasser in frisch ausgezogene 
Röhren, beispielsweise von o"”"'2 oder o""ı Durchmesser, im ersten 
Moment nach dem Eintauchen pfeilschnell emporschiesst und nur in 
Folge der Verlängerung des Wasserfadens und des dadurch gesteigerten 
Reibungswiderstandes sich allmählich langsamer bewegt. Wir wollen 
Jedoch bei solchen Betrachtungen, deren Beweiskraft ja doch der 
vollen Strenge entbehrt, nicht stehen bleiben, sondern sowohl die 
capillare Steighöhe in Röhren von micellarem Bau, als auch die 
Widerstände der Menisken in denselben auf experimentellem Wege 
nochmals direet zu ermitteln suchen. 

a) Die Steighöhe. Benutzt man die Luftgänge im Blüthen- 
stiel von Nymphaea alba als Capillaren, so ist es leicht, dieselben durch 
Eintauchen von Stielstücken in Wasser damit zu füllen oder auch ein- 
fach voll zu saugen, und dann durch langsames Herausziehen bei 
schwacher Vergrösserung das Niveau zu bestimmen, in welchem der 
Meniskus mit dem Spiegelbilde des Fensterkreuzes zu sinken beginnt 
und demnächst plötzlich verschwindet. Die capillare Steighöhe kann 
auf diese Weise, wie die folgenden Beispiele zeigen, mit ausreichender 
Genauigkeit bestimmt werden. 


! Leitungsbahnen, S. 815. 


3a Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


Eine im Juni 1891 ausgeführte Messung ergab nun folgende 
Zahlenwerthe. Durchmesser und Steighöhen in Millimetern. 
Durchm. der Luftkanäle 0.93 0.94 Dt 272 1.4 0:00, Fe1:02 
Beobachtete Steighöhen 31 32 205 NOTAR 32 30 

Das arithmetische Mittel dieser Zahlenwerthe gibt für den Durch- 


mm 


messer ı"”o8 und für die entsprechende Steighöhe 29”"27. Zur 
Vergleichung sei bemerkt, dass in Glascapillaren von gleichem Durch- 
messer die Steighöhe (nach Gay-Lussac) 2 beträgt. Die Differenz 


zwischen den beiden Werthen liegt offenbar innerhalb der unvermeid- 


) mm 


lichen Beobachtungsfehler. 

Eine zweite Reihe von Beobachtungen an demselben Objeet ergab 
eine fast vollständige Übereinstimmung der beobachteten und der für 
Glascapillaren berechneten Werthe. Die erhaltenen Zahlen sind in 
nachstehender Tabelle verzeichnet: 


Durchm. d. Luft- Beobachtete | Berechnete 
kanals | Steighöhe | Steighöhe 
1.075 28 28 
1.4 21.5 21.4 
0.475 63 63.6 


Ich füge hierzu noch die Bemerkung, dass die Zellwände, welche 


den Luftkanal begrenzen, eine eutieularisirte Aussenlamelle besitzen, . 


die jedoch vom Wasser vollständig benetzt wird. 

Weitere Versuche wurden mit der Epidermis von Tulpenblättern 
ausgeführt. Dieselbe wurde in Lamellen von der Grösse eines Objeet- 
trägers abgezogen und sodann mit der Aussenfläche Auf Glasplatten 
geklebt, wobei Canadabalsam oder Gummi arabicum als Klebemittel 
diente. Die Epidermiszellen bleiben hierbei vollkommen unversehrt 
und bilden eine ziemlich glatte Fläche, welcher nur ganz vereinzelt 
Chlorophylizellen anhängen. Je zwei solcher Platten wurden alsdann 
zu »Paralleltafeln« verbunden und mit dem unteren Rande in Wasser 
getaucht, welches nunmehr zwischen den Celluloseflächen der Platten- 
paare in die Höhe stieg. Die Versuche ergaben folgende Ziffern. 
Alle Werthe in Millimetern. 


Abstand Beobachtete |Berechnete Steighöhe 
der Platten | Steighöhe für Glasplatten 
1.08 13 13.8 
0:7 20 21.4 
1.14 13—13.5 13.2 
1.88 8 8 


Endlich mögen hier noch einige Versuche mit Kirschgummi 
Platz finden, welche ähnliche Resultate ergaben. Es wurden Glas- 


ER 


SCHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 915 


capillaren im Innern mit einer dünnen Schieht dieser Gummiart über- 
zogen, was am besten in der Weise geschieht. dass man einen eben 
noch flüssigen Tropfen mehrmals von einem Ende zum andern durch 
die Röhre gleiten lässt. Die so erzeugte dünne Schicht trocknet in 
24 Stunden genügend ein, und zwar ohne hierbei Risse oder Spalten 
zu bilden. Bei der Berührung mit Wasser findet allerdings Quellung 
statt, aber doch so langsam, dass zur Beobachtung der Steighöhe 
reichlich Zeit übrig bleibt. Ein Zerfliessen, wie beim arabischen 
Gummi, findet so bald nicht statt. Die Messungen ergaben in Milli- 
metern: 
Dem Beobacidte || Bereiinieie Steighöhe 


\ 
I 
der Röhre | Steighöhe | für Glascapillaren 


22 4% 13:7 
31 15 | 14-4 


Mit Kirschgummi überzogene Parallelplatten lieferten überein- 
stimmende Werthe. Die folgenden Beispiele mögen hierfür als Belege 


dienen. 
Abstand der | Beobachtete | Berechnete Steighöhe 
Platten | Steighöhe zwischen Glasplatten 
092 loan 16.4 
a1 14 13.5 
1.30 11.5 | 11.5 
1.08 214 14 
0.7 De 29, 21.4 


Aus diesen Versuchsreihen geht zur Genüge hervor, dass der 
micellare Bau und die Imbibitionsfähigkeit der Röhrenwand die ca- 
pillare Steighöhe nicht beeinflussen. Es ist im Gegentheil als fest- 
gestellt zu betrachten, dass es bei gegebenen Dimensionen nur auf 
die Benetzbarkeit ankommt; ist diese vollkommen, so erhält man 
stets die nämlichen Steighöhen, wie für Glascapillaren. 

Damit soll nun aber keineswegs bestritten werden, dass es 
Röhrenwände und speciell Gefässwände genug gibt, denen eine voll- 
kommene Benetzbarkeit nicht zukommt und die deshalb etwas kleinere 
Steighöhen ergeben, als frisch ausgezogene Glascapillaren. Auch kann 
es vorkommen, dass die Porenhöfe der Wand noch eine Zeit lang 
Luft führen, nachdem die aufsteigende Wassersäule bereits in das 
Lumen des Gefässes vorgedrungen, wodurch die Steighöhe voraus- 
sichtlich noch mehr redueirt wird. Man darf aber nicht vergessen, 
dass ähnliche Veränderungen der capillaren Eigenschaften auch an 
Glasröhren, welche längere Zeit gelegen haben, zu beobachten sind 
und dass meist eine gründliche Reinigung nothwendig ist, um die 
normale Steighöhe wieder herzustellen. 


916 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


Übrigens ist der Fehlbetrag in der Steighöhe, der sich z. B. für 
die Gefässe der Weinrebe herausstellt, in der Regel nicht sehr erheblich 
und kann im Mittel auf etwa 20— 30 Procent des Normalwerthes ver- 
anschlagt werden, erreicht aber allerdings in einzelnen Fällen eine 
beträchtlich höhere Ziffer. Einige Beobachtungen hierüber sind in 
folgender Tabelle zusammengestellt (die Werthe in Millimetern). 


Durchmesser | Beobachtete Berechnete | Differenz in Procenten 
des Gefässes Steighöhe |  Steighöhe | des Normalwerthes 
0.2 127 150 15 
0.17 113 175 35 
0.18 | 135 166 19 
0.17 115 175 34 
0.2 110 150 23 


Ähnliche Werthe, zum Theil aber noch etwas höhere Differenzen, 


erhielt auch STRASBURGER. 


Er folgerte daraus die vorhin besprochene 
» Wechselwirkung zwischen der imbibirten Wand und dem Inhalt der 
Gefässe«, welche jedoch’ in seinem Sinn, wie wir gesehen haben, nicht 
besteht. Auch deutet die Ungleichheit der Differenzen zwischen der 
beobachteten und der berechneten Steighöhe von vorne herein viel 
weniger auf ein neues, hier zur Geltung gekommenes Prinzip, als auf 
individuelle Abstufungen in der Benetzbarkeit der Gefässwand, welche 
ja auch thatsächlich vorhanden sind. 

Für die Orientirung über die Leistung der Capillarität beim Saft- 
steigen sind übrigens die im Vorhergehenden erwähnten Differenzen 
ohne Belang. 

b) Der Widerstand der Menisken. Die arithmetische Be- 
stimmung des Widerstandes, den die Menisken einer Verschiebung 
in der Längsriehtung der Röhre entgegensetzen, hat mit mancherlei 
Schwierigkeiten und insbesondere mit veränderlichen Faetoren zu 
rechnen, welche das Ergebniss der Beobachtung sehr erheblich be- 
einflussen. Die Physiker, welche sich mit Experimentaluntersuchungen 
über Capillarität befasst haben, kennen diese Sehwierigkeiten. Für 
Prarrau” waren sie z. B. Veranlassung, die mit Wassermanometern 
erhaltenen Werthe für den fraglichen Widerstand gar nieht zu ver- 
öffentlichen, so wenig Vertrauen flössten sie ihm ein. Auch die von 
ZIMMERMANN”® ausgeführten Messungen ergaben sehr ungleiche Wider- 
stände, und es ist wohl zu beachten, dass die in seiner Tabelle I 
(S. 389) mitgetheilten und immer noch wenig übereinstimmenden 


! Leitungsbahnen, S. 808. 

? Statique experimentale et theorique des liquides. Der Autor sagt p. 82: »a la 
suite de nombreux essais, j’ai renonce a ce procede«. 

? Berichte der Deutschen Bot. Ges. I. S. 384. (Jahrg. 1883.) 


.,. . Sn . ER 
ScHwENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 917 


Ziffern sich nur auf Ketten beziehen, die vor der Messung 16 bis 
48 Stunden geruht hatten. Betrug die Ruhezeit nur 5 Minuten oder 
noch weniger, so war die Beweglichkeit der Kette beträchtlich grösser, 
der Widerstand der Menisken also geringer. 

Nach eigenen, im Sommer 1892 angestellten Untersuchungen über 
diesen Gegenstand -sind übrigens die Zmmernmann schen Werthe im 
Allgemeinen viel zu hoch ausgefallen. Die höheren und höchsten 
Widerstände, welche die Messung nach seiner Methode ergibt, rühren 
nämlich stets von localen Hindernissen her, welche an. bestimmten 
Stellen der Röhre sich geltend machen. An solchen Stellen bleibt 
eine Wassersäule, die sich in der geneigten Röhre langsam bewegt, 
plötzlich stehen, und es ist oft eine viel stärkere Neigung erforder- 
lieh, um den Meniskus über das Hinderniss hinwegzuschieben. Darin 
liegt offenbar eine schwer zu eliminirende Fehlerquelle, sobald man 
Jam sche Ketten von grösserer Gliederzahl sich in der Röhre be- 
wegen lässt. Experimentirt man dagegen mit einer einzigen Wasser- 
säule von etwa ıo bis ı5"” Länge, so ist es möglich, sich an Röhren- 
strecken zu halten, in welchen bemerkbare locale Hindernisse nicht 
vorhanden sind. Man erhält alsdann, wie folgende Zusammenstellung 
zeigt, viel geringere Widerstände, welche höchstens einer Wasser- 


mm 


säule von 2 bis 3"" pro Meniskenpaar entsprechen. 


Röhre I | Röhre II | Röhre II | Röhre IV 
Röhrenweite in Millimetern ... 0.26 0:184 |. 117.0:224 | 0.3 


Widerstand pro Meniskenpaar 
in Millimetern Wasser. 


Ta nach 2 5/Min. Ruhe... 21... 0.50 2.7 0.45— 1.42 0.78 
Aynach? 30 Mine Ruhe.f:.. ... „wirnı 117 20.85 2.19 0.89 _ 
SSanach, 3 Stunden Ruhe... .. 0.85 2.5 _ — 
4. nach 16 Stunden Ruhe ....... 0.85 3.15 _ 21 


Auch diese Ziffern mögen theilweise wegen zufälliger kleiner Hin- 
dernisse noch etwas zu hoch liegen, obschon sie durchgehends nur 
einen kleinen Bruchtheil der von Zimmermann gefundenen Werthe bilden. 

Man ersieht aus alledem, dass wir in dieser Frage selbst für Glas- 
röhren, trotz der redlichen Arbeit, welche Physiker und Mikroskopiker 
darauf verwendet haben, zu physikalischen Constanten im strengen 
Sinne des Wortes und damit zu einer sicheren Basis für vergleichende 
Beobachtungen noch nicht gelangt sind. Und noch viel weniger wird 
man für die Gefässröhren der Pflanze auf genaue und übereinstimmende 
Angaben rechnen dürfen. Soviel aber ist sicher, dass ein durchgreifen- 
der und constanter Unterschied zwischen Glasröhren und den vege- 
tabilischen Gefässen bezüglich des Widerstandes der Menisken nicht 
besteht. 


} N . ö Ir > Sa : 
918 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


Die Angaben, die ich in meiner früheren Mittheilung über die 
Widerstände Janm’scher Ketten in den Gefässen einheimischer Laub- 
hölzer gemacht habe, dürften hiernach der Wirklichkeit sehr viel näher 
kommen, als ich damals. im Hinblick auf die Zimmermann schen Ver- 
suche, anzunehmen geneigt war. 

Schliesslich glaube ich noch ein Wort über die »Saugung« hin- 
zufügen zu sollen, welche angeblich von den Menisken ausgehen und 
auf die an der Innenwand von Glascapillaren haftende Flüssigkeits- 
schicht dergestalt emwirken soll, dass diese in kurzer Zeit vollstän- 
dig verschwinde. STRASBURGER beruft sich hierbei auf eine Stelle bei 
Prarzeau (Band I, S. 83), wo allerdings das Wort »succion« in dem 
angedeuteten Sinne gebraucht ist. Dieselbe lautet: »CÜ’est que, par 
suite de leur forte eourbure concave, les surfaces terminales des in- 
dex exercent, sur la couche d’eau qui mouille le tube entre elles, 
une sudeion energique, qui fait rapidement disparaitre cette couche«. 
Pratzau hat jedoch die fraglichen Erscheinungen selbst nieht näher 
untersucht, sondern er stützt sich auf diesbezügliche Angaben von 
Bkpe.!' welcher zuerst die Dieke der Flüssigkeitsschicht bestimmte, 
die beim Gleiten einer Flüssigkeitssäule vorübergehend an der Röhren- 
wand haften bleibt. Derselbe sagt hierüber (S. 150 der eitirten Schrift): 
»Les epaisseurs des couches laissees dans differents tubes par une co- 
lonne liquide qui y descend librement ne sont pas constantes. Elles 
croissent plus que proportionellement au rayon«. Von den zahlreichen 
vom Autor mitgetheilten Zahlenwerthen mögen einige als Beispiele 
hier Platz finden. 

1.4 Wasser. 


Radius der Röhre in Millimetern 0.18 0.28 0.057 
Dicke der Flüssigkeitsschicht in Millimetern 0.001 0.002 0.0004 


I. Absoluter Alkohol. 
Radius der Röhre in Millimetern 0.05 0.18 0.32 0.60 
Dicke der Flüssigkeitsschieht in Millimetern 0.0002 0.001 0.002 0.002 


Die Flüssigkeitsschichten, mit denen Bepr zu thun hatte, besassen 
hiernach eine sehr erhebliche Dicke, welche in den weiteren Capillaren 
ı bis 2 Mik. erreichte, während bekanntlich die directe Anziehung der 
Glaswände sich nach QuinckE für Wasser nur auf etwa 0.05 Mik. er- 
streckt. Man begreift also. dass von den beobachteten Flüssigkeits- 
schichten, deren Dicke diesen Grenzwerth um ein Vielfaches überstieg, 
der grössere Theil wieder abfliessen musste, wenn die Röhre lothrecht 
hingestellt wurde. Das ist denn auch das Resultat, zu welchem B£pe 


! Recherches sur la capillarite. Memoires couronnes et memoires des savants 
etrangers publies par l’Academie royale de Belgique. Tome XXX. 


ScHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 919 


gelangte und das er selbst! mit den Worten generalisirt: »Une eouche 
liquide d’epaisseur sensible ne peut pas rester adherente A une surface 
verticale«. 

Ich füge auf Grund von eigenen hierauf bezüglichen Beobachtungen 
noch bei, dass das Abfliessen der Flüssigkeit nach unten. nicht 
etwa zur Hälfte nach oben hin, stattfindet. War z. B. die Röhre 


mm 


etwa 0”. 2 weit und der Abstand zwischen einer oberen und einer 
unteren Flüssigkeitssäule = 100"", so erfuhr diese letztere durch Zu- 
fliessen aus dem benetzten Zwischenraum binnen 30 Minuten eine Ver- 
längerung von etwa 0”; bis 0”"8, während die obere unverändert 
blieb. Einige weitere Versuchsergebnisse folgen hier noch in tabella- 
rischer Form, die Werthe in Millimetern. Die Länge der Wassersäulen 
betrug 20— 40""; diese müssen nämlich zum Mindesten so lang sein, 
dass sie in der geneigten Röhre sich ziemlich rasch bewegen, /um 
dadurch die gewünschte Benetzung herbeizuführen. 


Röhre I 


| Röhre II | Röhre III 
>. Duschmesser der Röhre: 3%: 4. ....0...... 0.24 0.64 0.95 
2. Länge des luftführenden Zwischenraumes 
zwischen oberer und unterer Wassersäule . 63 81 30 
3. Verlängerung der unteren Wassersäule durch 
Zufliessen von oben binnen 20— 30 Min. . 0.2 0.75 0.25 
4. Berechnete Dieke der zugeflossenen Schicht | 0.0002 0.0015 0.0016 


Von Saugung ist in der Abhandlung von BepeE nicht die Rede. 
Aber selbst wenn eine solche vorhanden wäre, müsste doch die Vor- 
stellung, als ob der letzte Rest einer Flüssigkeitsschicht, auch wenn 
er den Quiscke' schen Grenzwerth nicht mehr erreicht, von den 
Menisken eingesogen werden könne, als unhaltbar bezeichnet werden, 
weil Reste von so geringer Dieke überhaupt nicht mehr normal be- 
weglich sind. Solche Reste gehören zum » Adhaesionswässer« im Sinne 
Näezır's’; sie verhalten sich also wie dasjenige Wasser einer imbibirten 
Membran, welches »die Oberfläche der Micelle zunächst umgibt«. 
Es ist deshalb schon aus theoretischen Gründen nicht recht verständ- 
lich, wie STRASBURGER in Bezug auf die besprochenen Erscheinungen 
zur Annahme eines principiellen Gegensatzes zwischen Glascapillaren 
und Röhren mit imbibirter Wandung gelangen konnte. Jedenfalls 
kann darüber, dass diese Annahme unrichtig ist, nach den im Vor- 
hergehenden mitgetheilten 'Thatsachen kein Zweifel bestehen. 


IEN.8. 0. 8.1632 
? Theorie der Gährung, S. 129. 


920 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


2. 


Die angebliche Verschiebung der Wasserschicht zwischen 
Luftblasen und Röhrenwand. 

Der Gedanke, dass zwischen der Wand einer Tracheide und den 
darin enthaltenen Luftblasen stets eine dünne Wasserschicht vorhanden 
sei, welche die scheinbar isolirten Wassertropfen mit einander ver- 
binden und ein Überfliessen vom einen zum andern ermöglichen soll, 
rührt von J. VesovurE!' her, welcher in der Annahme eines solchen 
Vorganges die Erklärung des Saftsteigens gefunden haben will. Diese 
Auffassung steht jedoch, wie ich bereits in der Eingangs erwähnten 
Mittheilung® hervorgehoben, mit den bisherigen Lehren der Physik 
in klarem Widerspruch: ausserdem glaube ich gezeigt zu haben, dass 
die von VESQUE ausgeführten Versuche nicht als Belege für das 
angenommene Überfliessen von Tropfen zu Tropfen gelten können. 

Einige Zeit nach dem Erscheinen meiner Mittheilung hatte 
Hr. Vesgue die Freundlichkeit, mich auf seine Versuche mit ellipti- 
schen Thermometerröhren aufmerksam zu machen. Vielgliedrige Luft- 
Wasserketten, welche den Inhalt solcher Röhren bildeten, zeigten 
nämlich beim Liegenlassen auffallende Veränderungen: einige Wasser- 
säulen wurden kürzer, andere länger als sie ursprünglich waren, was 
allerdings zweifellos auf ein Überfliessen von der einen zur andern 
hinweist. Bei der Wiederholung dieser Versuche in meinem Institut 
stellte sich indessen hald heraus, dass die erwähnten Veränderungen 
nur eintreten, wenn die Röhrenwände verunreinigt sind, in frisch 
hergestellten oder gründlich gereinigten Capillaren dagegen nicht vor- 
kommen. Dieses Ergebniss habe ich seiner Zeit Hrn. Vesaur brietlich 
mitgetheilt und dabei bemerkt, dass dasselbe mit seiner Auffassung 
des Saftsteigens nach meinem Ermessen nicht wohl vereinbar sei. 
Für mich war damit die Frage des Überfliessens bis auf Weiteres 
erledigt. 

Neuerdings hat nun STRASBURGER” den in Rede stehenden Ge- 
danken wieder aufgenommen und die Berechtigung desselben durch 
Experimente mit Tannenholz nachzuweisen versucht. Die erhaltenen 
Resultate bieten jedoch im Grunde nichts wesentlich Neues, sondern 
schliessen sich den Beobachtungen an, welche schon VESQUE an aus- 
getrockneten Tracheiden, die in Wasser getaucht wurden, gemacht 
und a. a. OÖ. mitgetheilt hat. Meine Ansicht hierüber habe ich be- 


! Ann. agronomiques, t. XI, p. 481. 
®2 Unters. über das Saftsteigen. Diese Berichte, Jahrg. 1886, S. 592. 
® Leitungsbahnen, S. 700 ff. 


ScHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteisen. 921 


reits in der wiederholt eitirten Mittheilung über das Saftsteigen aus- 
gesprochen, und ich kann sie «en Beobachtungen STRASBURGER'S 
gegenüber, soweit sich dieselben auf Alkohol-Material beziehen, das 
an der Luft liegen blieb, nur wiederholen. Es ist in solehen Fällen 
vollkommen klar, dass es sich um einfache, durch negativen Druck 
bedingte Saugwirkungen handelt. Der im Lumen der Tracheiden 
enthaltene Alkohol verdunstet, und da die Luft nur langsam in das- 
selbe einzudringen vermag, so entstehen luftverdünnte Räume, welche 
begierig Wasser einsaugen. Die Capillarität ist hierbei nur in ganz 
untergeordneter Weise betheiligt; die Hauptarbeit leistet der Luftdruck. 
Aber allerdings muss sich dieses Verhältniss umkehren, sobald die 
Tracheiden mit Luft von gewöhnlicher Spannung erfüllt sind. Die 
Druckdifferenz wird in diesem Falle gleich Null und die Capillarität 
allein bewirkt das Einströmen von Wasser. Eine erhebliche Steig- 
höhe ist aber unter solchen Bedingungen nur dann zu erwarten, wenn 
die durch den Einstrom comprimirte Luft leicht entweichen kann. 
In dünnen Lamellen ist dies wenigstens stellenweise möglich, in 
eylindrischen Pfropfen, die von einer luftdichten Hülle umschlossen 
sind, dagegen nicht. Hier steigt die Flüssigkeit in 10 bis ı2 Stunden 
meist nur wenige ‘Millimeter in die Höhe. Es sind dies alles leicht 
verständliche physikalische Vorgänge. 

Soweit also blos Saugwirkungen in Frage kommen, bei denen 
Luftdruck und Gapillarität in bekannter Weise, sei es einzeln oder 
gemeinsam, die Arbeit leisten, scheinen mir die angestellten Versuche 
keine besondere Beachtung zu verdienen. Dagegen ist es nothwendig, 
in der Darlegung STRASBURGER'S den kritischen Punkt, nämlich das 
Übertliessen von Tropfen zu Tropfen in der Jamm’schen Kette — 
einen Vorgang, «den der Autor direct gesehen haben will — mit 
einigen Worten zu beleuchten. 

Ich habe nicht versäumt, die einschlägigen Versuche mit Lamellen 
von Tannenholz zu wiederholen, um über den fraglichen Vorgang 
ein selbständiges Urtheil zu gewinnen; allein ich konnte hierbei nur 
constatiren, dass das vordringende Wasser zuweilen eine ziemlich 
rasche, fast stürmische Bewegung zeigt, wobei einzelne Luftblasen 
Formveränderungen erfahren und wohl auch von der Seite her vor- 
übergehend zusammengedrückt werden. Ein eigentliches Vorbeifliessen 
von Wasser zwischen Luftblase und Wand habe ich jedoch niemals 
beobachtet, und sobald die Bewegung sich etwas verlangsamt hatte, 
war überhaupt nichts mehr zu sehen, was als Vorbeifliessen hätte 
gedeutet werden können. 

Dagegen spielen sich im Gesichtsfelde des Mikroskops ‚jederzeit, 
so lange die Wasserbewegung andauert, einzelne Vorgänge ab, deren 


922 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


Speeialverlauf sich auf mikroskopischem Wege nicht befriedigend er- 
forschen lässt. Neben aufsteigenden Wasserfäden treten z. B. plötz- 
lich auch absteigende auf, die von oben nach unten in die Tracheiden 
eindringen. Man kann sich allerdings die Umstände, welche solche 
Vorkommnisse herbeiführen, ungefähr denken; allein es ist unmög- 
lich, sie durch Beobachtung vollständig zu ermitteln. Auch über 
die Kraft, welche die Filtration der Flüssigkeit aus einer gefüllten 
Traeheide in die nächst höhere bewirkt, bin ich in den Fällen, wo 
Differenzen der Luftspannung kaum anzunehmen waren, im Unklaren 
geblieben. Da jedoch diese Vorgänge mit dem Gegenstand der Gontro- 
verse, der uns hier beschäftigt, in keinem Zusammenhange stehen, 
so wäre es zwecklos, länger dabei zu verweilen. 

Das Überfliessen von Tropfen zu Tropfen ist übrigens nach 
STRASBURGER' auf kleinere Luftblasen beschränkt: grössere stellten 
dem Aufstieg der Flüssigkeit »einen deutlichen Widerstand entgegen, 
an noch grösseren vermochte sie nicht vorbeizukommen«. In einer 
Jamın’schen Kette, deren Luftblasen theilweise zu diesen »noch 
grösseren« gehören, wäre demnach ein wirklicher Aufstieg des 
Wassers durch Überfliessen nur zwischen den Wassertropfen mög- 
lich, welehe durch kleinere Luftblasen getrennt sind; einzelne dieser 
Tropfen würden sich also verlängern, andere verkürzen, wie bei dem 
oben erwähnten Versuch mit unreinen Thermometerröhren: aber eine 
Hebung der Gesammtkette oder auch nur eines grösseren Theils der- 
selben wäre gänzlich ausgeschlossen. Denn alle Luftblasen von ge- 
nügender Grösse bleiben nach der vorhin eitirten Angabe STRASBURGER’S 
unbeweglich an ihrer Stelle, da hier kein Überfliessen stattfindet; sie 
bezeichnen also gleichsam die ruhenden Punkte, an welchen die Kette 
festgehalten wird. Eine Leistung zu Gunsten des Saftsteigens ist 
unter solehen Umständen gar nicht denkbar. 

Die Wege, welche StrasBureser dem Wasser in der Janm’schen 
Kette anweist, um durch Überfliessen von Tropfen zu Tropfen in die 
Höhe zu gelangen, sind also verlegt; es sind, wie er selbst angibt, 
Hindernisse vorhanden, die ein Weiterkommen unmöglich machen. 
Wir haben es hier thatsächlich mit einem Aufstieg auf ungangbaren 
Pfaden zu thun. 

Aber selbst angenommen,. diese Hindernisse bestehen nicht, die 
genannten Wasserwege seien durchweg offen, so wäre damit der- Auf- 
stieg des Saftes durch Überfliessen noch lange nicht gesichert. Soll 
dieser Vorgang wirklich stattfinden und zwar vorwiegend oder aus- 
schliesslich in der Richtung von unten nach oben, so ist hierzu — 


! Leitungsbahnen, S. 704. 


x ee a SLR 2) 
Schwexpener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 923 


die Möglichkeit desselben vorausgesetzt — unter allen Umständen 
eine Kraft nöthig, welche die Flüssigkeit in Bewegung setzt. Welches 
ist diese hebende Kraft? Bei den Versuchen STRASBURGER's mit La- 
mellen von Tannenholz war es je nach Umständen der Luftdruck 
oder die CGapillarität, welche die Hebung bewirkten, oder auch beide 
zusammen. Zuweilen wurde die natürliche Saugung überdies mittelst 
Fliesspapier künstlich verstärkt. Die erforderliche Kraft war also 
gegeben. In der lebenden Pflanze ist dies aber keineswegs immer 
der Fall, und wenn wir die niederen Gewächse in dieser Frage un- 
berücksichtigt lassen und unseren Blick nur auf Bäume mit hohem 
Sehaft richten. so steht für mich fest, dass in diesem letzteren eine 
hebende Kraft von bekannter physikalischer Natur nicht vorhanden ist. 
Oder’ welche Betriebskraft könnte überhaupt noch in Frage kommen’? 
Die CGapillarität ist jedenfalls von vornherein ausgeschlossen, weil sie 
für sich allein unter den gegebenen Verhältnissen nur haltend, aber 
nicht hebend auf die Luft-Wasserketten einwirkt. Der osmotische 
Wurzeldruek, an den man ferner denken könnte, reicht während des 
Sommers höchstens bis auf Brusthöhe in den Basaltheil des Stammes 
hinein, und was endlich noch die Differenzen in der Luftspannung 
anbetrifft, so sind sie nach Allem, was wir hierüber wissen,' eben- 
falls nicht der Art, dass sie ein Überfliessen im angedeuteten Sinne 
veranlassen könnten. Auch STRASBURGER gibt dies zu, indem er 
S. 539 ausdrücklich sagt: »Der Luftdruck greift nur haltend, nicht 
hebend in die Vorgänge der Wasserleitung ein. Er hilft das Wasser 
suspendirt zu erhalten, veranlasst aber nicht den Wasseraufstieg. « 
Wie aber der letztere trotzdem zu Stande kommen soll, ist nirgends 
erörtert. Der Autor scheint die hier vorliegende Schwierigkeit gar 
nicht empfunden zu haben. 

Wir gelangen somit zu dem Ergebniss, dass die Vorstellung des 
Überfliessens von Tropfen zu Tropfen sowohl der theoretischen wie 
der realen Grundlage vollständig entbehrt. STRASBURGER meint zwar 
(S: 705). mit der direeten Beobachtung dieses Vorganges, die er für 
sich in Anspruch nimmt, werde in Zukunft zu rechnen sein, wenn 
auch die Anknüpfungspunkte für eine befriedigende theoretische Deu- 
tung zunächst noch fehlen. Allein ich muss auf das Entschiedenste 
bestreiten, dass eine solche »direete Beobachtung« hier vorliege oder 
überhaupt möglich sei. Was SrrasgßureEer wirklich beobachtet hat, 


en 


" Nach ParrenHeim, welcher neuerdings die Binnenluft im Stamme der Edel- 
tanne näher untersucht hat (Bot. Centralblatt, 1892, Bd. 49), beträgt die Spannung 
derselben ungefähr 3/, bis 4/, einer Atmosphaere. Eine mit der Höhe zunehmende 
Verdünnung war nicht vorhanden. Dieses Ergebniss stimmt mit der in meiner 
Mittheilung von 1886 vertretenen Ansicht überein, 


924 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


war bloss ein lebhaftes Einströmen von Farbstofflösungen in Lamellen, 
auf welche eine künstlich hergestellte energische Saugung wirkte. 
Und selbst an solehen Objeeten kann das angebliche Überfliessen 
zwischen Luftblasen und Tracheidenwand nach meinen eigenen Wahr- 
nehmungen keineswegs als Thatsache im naturwissenschaftlichen Sinne 
des Wortes bezeichnet werden. Vielmehr genügt die Annahme einer 
raschen Wasserbewegung, zuweilen auch von der Seite her, voll- 
ständig, um das Gesehene zu erklären. Mit dem Saftsteigen in 
lebenden, hochstämmigen Bäumen haben diese Vorgänge vollends 
gar keinen Zusammenhang. 


3. 
Die Wege des aufsteigenden Saftstroms. 

Auf Grund der Thatsachen, welche die bisherigen Versuche über 
das Saftsteigen, meine eigenen inbegriffen, ergeben haben, halte ich 
es für erwiesen, dass dem Aufstieg des Wassers in einer Jammw’schen 
Kette, wie sie in den Gefässen der Laubhölzer zu Stande kommt, er- 
heblich grössere Hindernisse im Wege stehen, als in einem Tracheiden- 
system mit eontinuirlichen Wasserfäden. Es geht dies schon aus den 
Beobachtungen hervor, zu welchen der Tn. Harrıe’sche Tropfenversuch 
Gelegenheit bietet, indem die an der unteren Sehnittfläche hervor- 
quellende Flüssigkeitsschicht bei geringem Wassergehalt des Holzes 
nur dem Libriform und den Tracheiden, nicht den Gefässen entstammt. 
Ebenso hört das Bluten im Frühjahr zuerst in den Tracheen, erst 
später im Libriform mit oder ohne Hoftüpfel auf. Dieselbe bewegende 
Kraft, der Wurzeldruck. bewirkt hier noch eine Verschiebung der 
eontinuirlichen Wasserfäden, während sie den Widerstand der Jamin- 
schen Ketten nieht mehr zu überwinden vermag. Es bedarf somit 
keines besonderen Beweises, dass dieser Unterschied in der Beweg- 
lichkeit auch bei der von den Blättern ausgehenden Saugung in 
gleichem Sinne zur Geltung kommen muss. 

Ist dagegen der Luftgehalt des Holzkörpers so gross, dass zu- 
sammenhängende Wasserfäden im Prosenchym nicht mehr vorkommen, 
so kehrt sich das Verhältniss um. Der wässerige Inhalt geschlossener 
Zellen ist alsdann sehr schwer beweglich, weil die einzelnen Tropfen 
oder auch kleinere Gruppen von solchen ringsum an Luft grenzen, 
welche die Membran bekanntlich nur äusserst langsam zu passiren 
vermag, während der Widerstand in den Luft-Wasserketten der Gefässe 
nach wie vor von der Zahl der Menisken abhängt. Aber allerdings 
ist diese Zahl während der Vegetationszeit stets gross genug, um 
eine ausgiebige Verschiebung der Wassertropfen durch Pressung oder 


ScHwENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 925 


Saugung auch in den Gefässröhren zu verhindern. Daher kommt es, 
dass selbst ein voller Atmosphaerendruck in solehen Fällen nicht aus- 
reicht, um eine nennenswerthe Saftmenge aus einem Bohrloch in ein 
anderes hinüber zu schieben, auch wenn der gegenseitige Abstand nur 
ein geringer ist und in die Längsrichtung des Stammes fällt.' 

Je nach den obwaltenden Umständen muss sich hiernach die 
Saftbewegung bald vorwiegend im Tracheidensystem, bald fast nur 
in den Gefässen vollziehen. Es ist daher unstatthaft, die einen oder die 
anderen, wie es zuweilen geschieht, von vornherein auszuschliessen ; 
nur die Beobachtung kann entscheiden, was unter bestimmten Be- 
dingungen vorgeht. 

Nun fehlt es freilich nieht an Versuchen der verschiedensten Art, 
die speeiellen Vorgänge der Saftbewegung und vor Allem die Saftwege 
genau zu ermitteln. Allein die einschlägigen Beobachtungen sind 
sämmtlich, soweit sie sich auf Baumstämme beziehen, indireeter Natur; 
man hat nicht die Wassertropfen in Gefässen und Tracheiden, sondern 
bloss die Tinetionen beobachtet, welche beim Aufstieg farbiger Lösungen 
oder nachträglich auf Zusatz von Reagentien zu Stande kamen, und 
es ist oft genug betont worden, dass diese Methode keine einwurfs- 
freien Resultate liefert. In vielen Fällen wurde überdies nicht mit 
unversehrten Pflanzen, sondern mit abgeschnittenen Zweigen oder 
Stämmen experimentirt, wobei die Lösungen dureh die Sehnitttläche 
aufgenommen, oft sogar mittelst Quecksilberdruck eingepresst wurden. 
Es ist klar, dass unter solehen Umständen zusammenhängende Wasser- 
säulen von der Schnittfläche aus in die Höhe steigen und dass die 
Geschwindigkeit des Aufstiegs da am grössten sein wird, wo diese 
Wassersäulen an schon vorhandene und ebenfalls zusammenhängende 
sich anschliessen. Besteht ein durchgreifender Zusammenhang ur- 
sprünglich nicht, so kommt er doch allmählich zu Stande, aber an 
der einen Stelle früher, an der anderen später, und bei kurzer Ver- 
suchsdauer vielleicht überhaupt nur auf einem kleinen Theil des Ge- 
sammtquersehnitts. Dieser Theil soll alsdann — so wird geschlossen — 
die wirklichen Saftwege bezeichnen, während der Versuch im Grunde 
bloss darüber Aufschluss giebt, wo zusammenhängende und deshalb 
leichter verschiebbare Wasserfäden zuerst hergestellt wurden. 

In hochstämmigen Bäumen, zu denen wir immer wieder zurück- 
kehren müssen, wenn es sich um prineipielle Fragen der Saftbewegung 
handelt, sind nun aber zusammenhängende Wasserfäden während der 
Vegetationszeit meist gar nicht vorhanden, und da im Stamme über- 


' Vergl. Parpenneın, Eine Methode zur Bestimmung der Gasspannung u. s. w. 


Bot. Centralblatt, Bd. XLIX (1892), S. 29 des Sonderabdruckes. 
Sitzungsberichte 1892. 83 


926 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


dies sowohl Druck von unten, wie Saugung von oben ausgeschlossen 
ist, so liegen hier überhaupt ganz andere Bedingungen vor, als bei 
der eben erwähnten Versuchsanstellung. Und eben darum ist es un- 
statthaft, die erhaltenen Ergebnisse ohne Weiteres als Thatsachen der 
normalen Saftbewegung hinzustellen. Wie weit sie von der Wirklich- 
keit abweichen, lässt sich allerdings nicht genau feststellen, weil 
diese Wirklichkeit selbst durchaus ungenügend bekannt ist; sicher ist 
nur, dass die in Rede stehende Methode keinenfalls zum erwünschten 
Ziele führt, oft sogar zu groben Irrthümern Veranlassung geben muss. 

Nach diesen Vorbemerkungen wird man es begreiflich finden, 
wenn ich den Versuchen mit farbigen Lösungen, die man von ab- 
geschnittenen Pflanzentheilen aufnehmen liess, keine entscheidende 
Bedeutung beilege. Das sind ja immer wieder dieselben alten Ge- 
schichten, die nun schon seit mehr als hundert Jahren von Zeit zu, 
Zeit aufgefrischt und neu eommentirt werden, ohne dass dadurch die 
Kenntniss der wirklichen Saftbewegung je wesentlich gefördert worden 
wäre. Was speciell die Versuche STRASBURGER’S betrifft, so bestätigen 
sie zunächst nur die in neuerer Zeit ziemlich allgemein anerkannte 
Lehre, dass die Lumina der Gefässe und Tracheiden sich an der Saft- 
leitung betheiligen und somit zu den normalen Leitwegen der Pflanze 
gehören. Dabei ist wohl zu beachten, dass hier der Ausdruck 
» Tracheiden« auch die hofgetüpfelten mechanischen Elemente umfasst, 
welche bekanntlich bei vielen Dieotylen, darunter auch baumartigen 
(Pomaceen, Plataneen, Proteaceen, Styraceen u.s.w.), die einzigen Skelet- 
zellen des Holzkörpers sind. Insoweit besteht also — wenn wir von 
den noch übrig gebliebenen Anhängern der Imbibitionstheorie ab- 
sehen — eine erfreuliche Übereinstimmung der Ansichten, und Srras- 
BURGER schliesst sich dieser neueren, herrschend gewordenen Auffassung 
an. Dass aber die von ihm beschriebenen Versuche mit Eosinlösungen 
hierfür eine bessere oder auch nur eine so gute Stütze darböten, als 
sie bereits durch anderweitige Beobachtungen gegeben war, wird man 
nicht behaupten können. 

STRASBURGER bleibt nun aber hierbei nicht stehen. Er beurtheilt 
auch das Maass der Betheiligung verschiedenartiger Elemente und die 
hierauf bezüglichen Unterschiede zwischen ungleichaltrigen Jahrringen 
ganz nur nach den erhaltenen, mehr oder minder intensiven Färbungen. 
Ob die weiten Gefässe vorwiegend als Wasserbehälter, die engen da- 
gegen als Leitröhren dienen, ob die Tracheiden den letzteren sich 
anschliessen, ob vielleicht nur wenige peripherische Jahrringe als 
wirkliche Leitungsbahnen fungiren u. s. w, das Alles wird auf diesem 
Wege »festgestellt«. Es ist das im Wesentlichen eine Beweisführung, 
die den Experimentatoren mit farbigen Lösungen von jeher geläufig 


3 r . £3 .. EN. U . af 
ScHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteiven.. 927 
>) o 


war. In neuerer Zeit hat sie besonders WIELER' in ziemlich extremer 
Weise zur Anwendung gebracht und gegen die von anderer Seite er- 
hobenen Einwände wiederholt zu vertheidigen gesucht. Sein Verfahren 
war folgendes. Abgeschnittene, etwa 2—6 jährige Zweige wurden 
mittels Quecksilberdruck oder durch Saugwirkung in Folge der Trans- 
spiration von der Schnittfläche aus mit Fuchsinlösung impraegnirt und 
die eingetretenen Färbungen hierauf mikroskopisch geprüft. An das 
so gewonnene Resultat knüpft sich dann die Schlussfolgerung, dass 
die roth tingirten Partien im Wesentlichen die wirklichen Saftwege 
bezeiehnen. Aber wie schon oben betont wurde, gelangen bei dieser 
Behandlung zusammenhängende Flüssigkeitsfäden in den Holzkörper 
hinein, welche in soleher Ausdehnung sonst gar nicht vorkommen, 
und es ist zweifellos, dass dadurch die Bedingungen der Saftbewegung 
unter Umständen total verändert werden. Die Methode ist also fehler- 
haft und deshalb entbehren die auf diesem Wege erhaltenen Resultate 
der Zuverlässigkeit. Sie mögen zuweilen der Wirklichkeit ziemlich nahe 
kommen, können jedoch unser volles Vertrauen niemals beanspruchen. 

Dasselbe gilt nun auch für die STRASBURGErR'schen Versuche mit 
abgeschnittenen Ästen und ganzen Bäumen, welche zuerst eine halbe 
Stunde, oft auch länger, in Wasser gestellt wurden, das sie in Folge 
der im Holze herrschenden Luftverdünnung ganz ebenso, wie die 
Wierer’schen Zweige, in zusammenhängenden Fäden einsogen, worauf 
dann die ihnen dargebotene Farbstofflösung in gleicher Weise nach- 
rückte. Auch hat STRASBURGER offenbar nur mit Objeeten experimen- 
tirt, bei welehen die Saugwirkung der transpirirenden Blätter bis zur 
Schnittfläche herunter reichte. 

Vergleicht man übrigens die Angaben der verschiedenen Autoren, 
soweit sie auf Versuchen mit Farbstofflösungen beruhen, etwas näher 
mit einander, so verräth sich die Mangelhaftigkeit der Methode schon 
durch die Nichtübereinstimmung der Resultate. Wiener” fand z. B., 
dass Frühlings- und Herbstholz gleich gut leiten; die Färbung nehme 
zwar im Holzkörper centripetal ab, aber unbekümmert um Frühlings- 
und Herbstholz. SrrasBureer” widerspricht dieser Angabe und stimmt 
der älteren Ansicht von Sacus bei, wonach das Herbstholz nicht leitet 
und somit gleichsam als isolirende Schicht zwischen den Frühlings- 
holzlagen eingeschaltet ist. Ferner beobachtete WIELER, dass einzelne 
Gefässe und Gruppen von solchen in den älteren Jahrringen noch ge- 
färbt sind, andere dagegen nicht; er ist geneigt, diese Verschieden- 
heit mit der ungleich starken Wasserabgabe der transpirirenden Flächen 


! Prisesheim’s Jahrb. Bd. XIX, S. 82 (1888). 
? Prinesueim’s Jahrb. XIX, S. 116. 
® Leitungsbahnen, S. 592. 


928 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


in Zusammenhang zu bringen. Auch diese Angabe erklärt STRASBURGER 
für unrichtig (S. 566), da bei seinen Versuchen »eine Bevorzugung be- 
stimmter Gefässe oder Gefässgruppen« nicht zu constatiren war. Über 
die Zahl der Jahrringe, welche nach Maassgabe der erhaltenen Fär- 
bungen sich ausschliesslich oder vorwiegend bei der Saftleitung be- 
theiligen, stimmen die Ansichten ebenfalls nicht ganz überein. WIELER 
sagt (a.a. 0. S.136): »Für die jeweilig vorhandene Menge Anhangs- 
organe sind die Leitungsbahnen repraesentirt durch das seeundäre Holz 
des letzten Jahrringes. Hier muss also die lebhafteste Wasser- 
bewegung stattfinden. Ältere Jahresringe betheiligen sich entweder 
gar nicht oder nur in geringem, nach Species verschiedenem Maasse 
(vielleieht von oben nach unten im Baum an Zahl zunehmend) an 
der Bewegung.« Und in einer neueren Mittheilung' des nämlichen 
Autors wird nochmals betont: »Es ist grundfalsch anzunehmen, dass 
ein Jahresring nicht ausreichend ist, um die Krone mit Wasser ge- 
nügend zu versehen.« STRASBURGER Spricht dagegen von den leitenden 
Jahrringen gewöhnlich im Plural, indem er z. B. auf S.591 seines 
Buches darauf hinweist, »dass in unseren Bäumen nur die Äussersten 
Jahresringe für die Wasserleitung benutzt werden«, und auch in der 
Überschrift des betreffenden Capitels den Singular vermeidet. Damit 
kommt er der Ansicht R. Harrıe’s,” die sich ‘bekanntlich auf ganz 
andere Grundlagen stützt, schon ziemlich nahe: diese Ansicht, die 
mir den Thatsachen noch am ehesten zu genügen scheint, findet ihren 
praegnantesten Ausdruck in dem Satze, »dass der 'Transpirationsstrom 
sich hauptsächlich in den jüngeren Splintschiehten bewegt und je 
weiter von dem jüngsten Jahresringe nach innen um so träger ver- 
läuft«e. Wie diese Abstufung in centripetaler Richtung sich quanti- 
tativ gestaltet, ist freilich zur Zeit nieht definitiv festgestellt; allein 
die Versuche mit Farbstofflösungen haben auch zu dem, was bereits 
erreicht ist, nicht viel beigetragen und erscheinen mir am wenigsten 
geeignet, in dieser Frage eine endgültige Lösung herbeizuführen. 
Die anatomischen Beziehungen, auf welehe WiIELER und STRAS- 
BURGER” hinweisen, um die Einschränkung der Wasserbewegung auf 
den äussersten Jahrring, oder doch auf den peripherischen Theil des 
Splintes, aus den Anschlussverhältnissen im Längsverlaufe zu erklären, 
bedürfen meines Erachtens ebenso, wie die experimentellen Ergebnisse, 
der Correetur. Die schematische Abbildung, welche STRASBURGER auf 
S. 491 seiner »Leitungsbahnen« entwirft, entspricht zwar ziemlich 


! 'Tharander Forstliches Jahrbuch, Bd. 42, S. 72 ff. Sonderabzug 8. 8. 


2 Berichte der Deutschen Bot. Ges., Bd.6, S.224 (1888). Vergl. ferner R. Harrıs, 
Lehrb. d. Anat. und Physiol. d. Pflanzen, 1891, S. 280. 
® Leitungsbahnen, S. 506. 


ScHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 929 


genau dem Bilde, welches in manchen älteren Lehrbüchern, z. B. bei 
UngEr', die Spitze eines wachsenden Stammtheils veranschaulichen 
sol. Aber während hier nur das Verhalten der Zuwachszonen im 
Allgemeinen Gegenstand der Betrachtung ist, legt STRASBURGER be- 
sonderes Gewicht auf die Zuschärfung des jedesmaligen innersten 
Jahrringes an seinem oberen Ende, wo der um ein Jahr jüngere 
Stammtheil beginnt. Eine solche Zuschärfung besteht nun aber that- 
sächlich nicht in der Form, wie die Figur es darstellt; es findet nur 
eine Verschmälerung statt und zwar nach Gattung und Art in ver- 
schiedenem Maasse; aber die Grenzlinien zwi- 
schen dem ersten und zweiten Jahrring der 
verschiedenen Internodien endigen nach oben 
blind, sie vereinigen sich nicht mit der nächst- 
inneren Linie, welche der Markscheide ent- 
spricht (s. die nebenstehende Figur, 1—4 die 
Jahrringe am unteren Ende, M das Mark). 
Physiologisch betrachtet folgt hieraus, dass 
die im einjährigen Trieb wirksame Saugung 
sich nach unten auf die beiden Jahrringe des 
zweijährigen Stammtheils fortpflanzen muss 
und ebenso weiterhin auf die drei Jahrringe 
des folgenden Theils, u. s. f£ Wenn wir also 
in Gedanken von oben nach unten fort- 
schreiten, so vollzieht sich anatomisch an 
der Basis der successiven Jahrestriebe jedes- 
mal eine Spaltung des innersten Jahrringes, 
indem derselbe nach unten in die zwei inner- 
sten übergeht, und somit physiologisch 
eine entsprechende V ertheilung der Saug- 
wirkung. Nehmen wir als einfachsten Fall 
an, diese Zweitheilung finde in der Art statt, 
dass die beiden Theile gleiche Querschnitts- 
fläche erhalten, so würden im zweijährigen 


Alan an Trieb die Wassermengen, welche die beiden 

Jahrringe ceteris paribus liefern, einander 

gleich sein, während für mehrjährige (unverzweigte) Triebe sich von 

aussen nach innen die in nachstehender Tabelle verzeichneten Ab- 

stufungen ergeben. Die Summe der Brüche in jeder Horizontalreihe 

ist — ı, d.h. gleich der im diesjährigen Trieb verbrauchten Wasser- 
menge. 


" Anat. u. Physiol. der Pflanzen, 1855, S. 238. 


930 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 
Einjährig I 
Zweijährig Ya, '/a 
Dreijährig 2 Er, U 
Vierjährig Ua, u, less tg 
Fünfjährig ie Urs, re 
Sechsjährig 1.11) 1a.) ss he, as) 
US. 
In Wirklichkeit gestalten sich die Verhältnisse natürlich etwas 


weniger einfach, theils wegen der hinzukommenden Verästelungen, 


532 


theils auch wegen der ungleichen Dicke der zwei innersten Jahrringe. 
Auch kommt es häufig genug vor, dass die älteren Jahrringe oder 
Theile von solchen zeitweise wegen zu hohen Luftgehaltes von der 
Saftleitung ausgeschlossen sind. 

Um dieses letztere Hinderniss zu beseitigen und für die ana- 
tomischen Anschlussverhältnisse einen unzweideutigen physiologischen 
Ausdruck zu gewinnen, wurden mehrjährige Zweige verschiedener 
Bäume (Ubnus, Platanus, Salix, Taxus u. s. w.) unter einem Druck von 2 
bis 3 Atmosphaeren mit Wasser injieirt. Die Injection war freilich, wie 
sich nachher herausstellte, nur eine unvollständige, da der Luftgehalt 
selbst nach 6 bis 7stündiger Dauer des Versuches sich noch immer 
sehr erheblich erwies. Es hatten sich aber doch in sämmtlichen Jahr- 
ringen stellenweise zusammenhängende Wasserfäden gebildet, welche 
durch Druck oder Saugung in Bewegung gesetzt werden konnten. 
Wurden solche Zweige nunmehr in Eosinlösung gestellt, so bewirkte 
die von den Blättern ausgehende Saugung einen ziemlich raschen Auf- 
stieg des rothen Farbstoffes und es konnte nachher leicht. constatirt 
werden, dass an manchen Stellen auch die inneren Jahrringe sich lebhaft 
gefärbt hatten. Diese waren somit von der Saugwirkung anatomisch 
keineswegs ausgeschlossen; nur enthielten sie noch so viel Luft, dass 
die Bewegung der Flüssigkeit auf die besser injieirten Gewebepartien 
localisirt blieb. 

Die günstigsten Ergebnisse lieferte bei diesen Versuchen Platanus. 
An einem vierjährigen Zweige, der 16 Stunden in Eosinlösung ge- 
standen und sehr viel Flüssigkeit aufgesogen hatte, waren z. B. alle 
Holzelemente, auch die Tracheiden und Markstrahlzellen, gefärbt. Nur 
das Mark, sowie einige Stellen des Holzes, welche sich dieht unter 
abgestorbenen Seitenzweigen befanden, waren ungefärbt geblieben. 
Hier konnte nicht der mindeste Zweifel darüber aufkommen, dass 
die Saugwirkung sich auf alle Jahrringe erstreckt. Es ist somit klar, 
dass wenn die Beweglichkeit des Zellsaftes in allen Punkten herge- 
stellt ist, auch der Aufstieg des Farbstoffes sich auf alle Theile des 
Holzkörpers erstreckt. 


SCHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 931 


Eine besondere Berücksichtigung verdienen die Angaben der. 
Autoren über die Betheiligung der Gefässe bei der Saft- 
leitung. Doch mag hierbei die Vorstellung, als ob der Saft in den 
Gefässröhren eontinuirliche Säulen bilde und somit gleichsam wie das 
Blut in den Adern des Thierkörpers dahinströme, ausser Betracht 
bleiben, weil sie für Bäume (abgesehen von der Blutungsperiode) mit 
bekannten Thatsachen unvereinbar und darum kaum noch ernst zu 
nehmen ist. Dagegen hat die von STRASBURGER' vertretene Ansicht, 
dass sich bei Ficus, Acaecien und Weiden der ganze Wasseraufstieg 
innerhalb der Gefässe vollziehe, wenigstens eine theilweise Berechti- 
gung und dürfte sogar für Dicotylen, deren Libriform einfach ge- 
tüpfelt und stark verdickt ist, nicht gerade selten das Richtige trefien. 
Es mag sogar vorkommen, dass die specifisch-mechanischen Elemente 
des Holzkörpers für wässerige Lösungen so wenig permeabel sind, 
dass ihre Betheiligung an der Saftleitung schon deshalb ausgeschlossen 
ist. Solche Fälle sind aber immerhin als Extreme zu betrachten, 
und es ist von vornherein wahrscheinlich, dass es auch entgegen- 
gesetzte Extreme gibt, welche durch hohe Leitungsfähigkeit der ein- 
fach getüpfelten Stereiden sich auszeichnen. In der That lehren uns, 
wie bereits oben bemerkt, die Beobachtungen an Carpinus und Betula, 
dass der Wurzeldruck im Libriform noch Bluten verursacht, nachdem 
in den Gefässen bereits eine unbewegliche Jaum’sche Kette zu Stande 
gekommen, und die Filtrationsversuche mit Weidenholz zeigen ebenso 
unzweifelhaft, dass hier das Libriform für Wasser durchlässig ist.” 
Wo aber ein mässiger Druck ausreicht, den Saft im Libriform in 
Bewegung zu setzen, da ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass 
die Kräfte, welche beim Saftsteigen betheiligt sind, nicht bloss auf 
den Inhalt der Gefässe, sondern auch auf den des Libriforms hebend 
einwirken. Gerade bei den Weiden ist diese Annahme jedenfalls 
wohlbegründet, und die gegentheilige Behauptung STRASBURGER'S be- 
weist nur, dass die von ihm angewandte Methode leicht auf Irrwege 
führt.  Ficus habe ich experimentell nicht untersucht; nach dem 
anatomischen Befunde erscheint es aber auch hier fraglich, ob die 
Gefässe ganz allein die Leitwege bilden. Das Libriform ist zwar 
sehr luftreich und darum grossentheils unwegsam; allein daraus lässt 
sich die Annahme einer absoluten Passivität nieht mit Sicherheit 
folgern. 

Die Frage, wie die Saftbewegung im Holzkörper unserer Bäume 
localisirt sei, bedarf jedenfalls einer weiteren Prüfung. Unsere Kennt- 


! Leitungsbahnen, S. 686 und anderwärts. 
2 SCHWENDENER, Unters. über d. Saftsteigen. Diese Berichte, Jahrg. 13886, 5.581. 


932 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


nisse hierüber sind gegenwärtig noch viel zu lückenhaft und in den 
tinzelheiten auch zu unsicher, als dass es gestattet wäre, aus der 
Verstopfung der Gefässe durch Thyllen oder Gummi ganz allgemein 
die Ausschaltung des betreffenden Jahrringes aus der Saftleitung zu 
folgern. In gewissen Fällen mag eine solche Folgerung der Wirk- 
lichkeit entsprechen; allein wir wissen ganz bestimmt, dass sie in 
anderen nicht zutrifft. Nach Beobachtungen an frisch aus dem Baume 
herausgebohrten Zapfen kann dagegen die Regel als festgestellt gelten, 
dass die peripherischen Jahrringe in Gefässen und Libriform durch- 
schnittlich weniger Luft führen als die inneren, was natürlich eine 
entsprechend grössere Beweglichkeit ihres wässerigen Inhaltes zur 
Folge hat. Aber auch dies ist eine Regel mit Ausnahmen. 

Als Schlussergebniss der vorstehenden Erörterung resultirt der 
Satz, dass gerade die Frage nach der Localisirung der Saftbewegung 
durch die Versuche mit farbigen Lösungen mehr verwirrt als gefördert 


worden ist 


4. 
Das Saftsteigen in getödteten Pflanzentheilen. 

Versuche mit Pflanzen oder Pilanzentheilen, deren Axenorgane 
eine Strecke weit getödtet worden waren, sind in neuerer Zeit von 
verschiedenen Autoren angestellt worden, meist in der Absicht, auf 
diesem Wege die Frage zu entscheiden, ob die Mitwirkung lebender 
Zellen bei der Wasserbewegung nothwendig sei oder nicht. Es ist 
jedoch klar, dass ein getödtetes aber noch safterfülltes Stengel- oder 
Wurzelstück, so lange es nicht durch Thyllen oder Gummi verstopft 
wird, nach wie vor die Fähigkeit besitzt, Wasser in der Längsrichtung 
zu leiten und dass diese Leitung in Wirklichkeit eintreten muss, 
sobald von dem einen Ende her Saugung stattfindet. Die dadurch 
veranlasste Bewegung kann sogar eine recht ausgiebige sein, wenn 
das andere Ende mit einem Wasserreservoir in Verbindung steht, 
welches den nöthigen Nachschub liefert. Ein solcher Pflanzentheil 
ist alsdann einem Lampendochte vergleichbar, der ja auch mit dem 
unteren Ende in Flüssigkeit taucht, während die Flamme am oberen 
Ende den Verbrauch regulirt. 

Bis zu welcher Höhe unter solehen Umständen ein Weasserauf- 
stieg möglich ist, hängt von der Beschaffenheit der leitenden Gewebe 
ab. Sind diese ganz mit Wasser gefüllt und an der Oberfläche durch 
Periderm hermetisch abgeschlossen, so erreicht die Steigung inner- 
halb der todten Strecke höchstens 10”, d. h. sie entspricht dem in 
Wasser ausgedrückten Barometerstand. Ist dagegen der Verschluss 


End “. { . DE 
Scnwenpener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 935 


undicht, so dass die atmosphaerische Luft sich überall eindrängt und 
die Wasserfäden unterbricht, so ist damit die Leitung gestört und 
jede weitere Zufuhr nach oben abgeschnitten. Es ist aber noch 
ein drittes Stadium denkbar, in welchem da und dort im Gewebe 
Jamın sche Ketten, vielleicht solche mit aussergewöhnlich langen 
Gliedern, für die Saftbewegung wirksam bleiben; dann ist es Sache 
der Rechnung, die mögliche Steighöhe unter den gegebenen, d.h. 
durch Beobachtung ermittelten Verhältnissen zu bestimmen. Wie das 
unten mitgetheilte Beispiel zeigt, kann die in diesem Falle erreich- 
bare Hebungsgrenze den. Betrag von 10" beträchtlich übersteigen, 
was bei einschlägigen Versuchen jedenfalls zu berücksichtigen ist. 

Die meisten der bisher angestellten Versuche geben übrigens zu 
besonderen Erwägungen keine Veranlassung, da der getödtete Stengel- 
theil sehr kurz war, so z. B. bei der von Bönm' erwähnten Feuer- 
bohne ı8°”, bei dem reichbeblätterten Pappelzweig, mit dem Hansen’ 
operirte, 15°” u.s. w. Etwas anderes war hier ja gar nicht zu er- 
warten, als dass die Saugwirkung der transpirirenden Blätter über die 
saftreiche getödtete Stelle hinausreichte und auch jenseits derselben zur 
Geltung kam; es lag für sie thatsächlich nicht der mindeste Grund vor, 
an der Grenze der abgebrühten Leitwege Halt zu machen. Nur die etwa 
neu entstandenen Verstopfungen konnten die Leitung unterbrechen. 

STRASBURGER tödtete dagegen seine Versuchspflanzen ( Wistaria, 
Hedera u. s. w.) auf einer Strecke von 10” Länge, und als nach dem 
Aufriehten derselben der unversehrt gebliebene belaubte Gipfel noch 
ein paar Tage am Leben blieb und seine Saugkraft auf den getödteten 
Stengeltheil und dann nachträglich ebenso auf die Eosinlösung, in 
welche derselbe nach dem Abschneiden gestellt wurde, geltend machte, 
da war nach seiner Darstellung der Beweis erbracht, dass eine Mit- 
wirkung lebender Zellen beim Saftsteigen nicht stattfindet. 

Über diese Schlussfolgerung hat sich vor Kurzem bereits Prerrer’ 
in folgenden Worten ablehnend ausgesprochen: »Doch ist in diesen 
Versuchen (STRASBURGER’S), wie ich hier nicht ausführen will, nicht 
die ausreichende Umsicht und Kritik angelegt, durch welche sie 
allein beweiskräftig werden könnten. Übrigens hat Srrasgurser nicht 
versucht, durch geistige Verarbeitung seines Materiales das Zustande- 
kommen der Wasserbewegung causal aufzuklären. « 

Diesem Urtheil schliesse ich mich an. Zugleich glaube ich auf 
einige Punkte, welche SrrAsgurGEer unberücksichtigt gelassen, noch 


! Ber. d. Deutschen Bot. Ges. 1889. Generalversammlungsheft S. 55. 

? Arbeiten des bot. Instituts zu Würzburg, Bd. Ill, S. 306. 

3 Studien zur Energetik der Pflanze. Abh. der math. phys. Classe der K. Sächs. 
Ges. d. Wiss. Bd. ı8, S. 262 (S. 114 des Separatabzuges), 1892. 


934 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


speeiell hinweisen zu sollen. Gebrühte Stengel lassen gewöhnlich, 
wenn man sie aufrichtet, Wasser abfliessen. Dasselbe stammt zwar 
zunächst von den getödteten Parenchymzellen; da jedoch ein gewisses 
Quantum nothwendig auch in den Holzkörper übergeht, so wird 
dieser letztere wasserreicher, als er vorher war. In diesem Zustande 
beginnt der Versuch. In Folge der Transpiration des belaubten Gipfels 
nimmt jedoch die künstlich herbeigeführte Saftfülle bald wieder ab; 
es dringt allmählich mehr Luft in die Leitwege ein, und es bilden 
sich Janin sche Ketten, über deren Beschaffenheit in den verschiedenen 
Stadien nähere Angaben erwünscht wären, weil hiervon das Maass 
der möglichen Verschiebungen abhängig ist. Da indess Beobachtungen 
nach dieser Seite nicht vorliegen, so mag es gestattet sein, an einem 
willkürlich gewählten Beispiel zu zeigen, dass unter Umständen die 
Steighöhe in getödteten Stengeln ı3 bis 15" betragen kann. 

Angenommen, der untere Theil eines solchen Stengels enthalte 
bis. auf 5” Höhe eontinuirliche Wassersäulen, an welehe sich nach 
oben Jamm’sche Ketten anschliessen. Eine dieser Ketten, deren Ver- 
halten hier genauer verfolgt werden soll, bestehe aus 500 Wasser- 
säulen von 10"" Länge und aus ebenso vielen Luftblasen von gleicher 
Länge und normaler Spannung. Die Gesammtlänge der Kette beträgt 
hiernach 10”. Ein Sinken derselben werde vorläufig durch Wurzel- 
druck verhindert. Nun beginne vom Gipfel her die Saugwirkung in 
Folge der Transpiration; es seien nach einer gewissen Zeit die oberen 
250 Wassersäulen verschwunden. Die Länge der Luftblasen, welche 
mit den noch übrig gebliebenen Wassersäulen alterniren, erfährt als- 
dann im Mittel eine Zunahme von 2 auf 3, folglich die Spannung 
eine Herabsetzung auf ?/, der ursprünglichen. Geben wir also der 
mittleren Luftblase diese Spannung und setzen wir den Widerstand 
eines Meniskenpaares = 5"" Wasser, so erhalten wir für die übrigen 
Luftblasen die Spannungsreihe 


6091,0040% 00,1%. : er 6666... : .. 729T. 


Dabei ist vorausgesetzt, dass die 5” lange continuirliche Wassersäule 
am unteren Ende, welche nunmehr an eine Luftblase von 7291" 
Spannung grenzt, einstweilen unverändert erhalten bleibe. 

Die Wassersäule, welche ursprünglich die 251°“ war und jetzt 
die oberste ist, steht in diesem Stadium nur etwa 17"" vom oberen 
Ende der Kette ab. während dieser Abstand vorher 5010"" betrug. 
Es hat also eine Verschiebung nach oben um rund 5” stattgefunden. 

Die 250 übrig gebliebenen Wassersäulen sollen nun, wie wir 
weiter annehmen, nach einiger Zeit ebenfalls verschwinden, und gleich- 
zeitig soll die bis dahin unverändert gedachte continuirliche Wasser- 


ler . af D ie 
ScuwEnpener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 955 


säule von 5” Länge sich in eine Jamm’sche Kette auflösen. Dann 
rückt das oberste Glied dieser neuen Kette weit nach oben, von 5" 
Höhe bis auf nahezu 15", und die übrigen Glieder vertheilen sich 
gesetzmässig auf die Gesammtlänge. Ist die Länge des einzelnen 
Gliedes wieder gleich 10 
dueirt), so ergiebt sich jetzt eine Spannungsreihe, welche je nach 


mm 


(die Luftblasen auf Normalspannung re- 


der Vorstellung, die man sich vom Auftreten der Luftblasen macht, 
etwas verschieden ausfällt. Aber wie dem auch sei, wenn das Ver- 
schwinden von Wassersäulen und die Ausgleichung der Spannungen 
sich in der bisherigen Weise wiederholt, so erhalten wir Verschie- 


n 


bungen, welche ı2 bis 13” und darüber betragen. 

Übrigens ist von vornherein klar, dass die 10” Steighöhe, mit 
denen STRASBURGER rechnet, nur für zusammenhängende Wassersäulen, 
aber nicht für Jaum’sche Ketten maassgebend sind. Für letztere kann 
die Tragweite der Saugung nur bestimmt werden, wenn die Länge 
der Glieder annähernd bekannt ist. Aus diesem Grunde habe ich in 
meiner früheren Mittheilung über das Saftsteigen einige Daten ver- 
öffentlicht, welche zwar dem Anspruche auf Genauigkeit nieht ganz 
genügen, aber doch immerhin eine Orientirung gestatten. 

Um Missverständnisse zu verhüten, sei hier noch ausdrücklich 


mm 


bemerkt, dass Jamm’sche Ketten mit 10”" langen Wassersäulen, wie 
ich sie im Vorhergehenden vorausgesetzt habe, im Schafte lebender 
Bäume (nach dem Aufhören des Blutens) nicht vorkommen ; ebenso- 
wenig in den Ästen. Die Länge der Glieder, und dementsprechend 
auch die Tragweite der Saugung, ist hier stets eine viel geringere. 

Auf die Versuche mit giftigen Lösungen habe ich keine Veran- 
lassung näher einzugehen. Es kehren im Wesentlichen dieselben Mo- 
mente wieder, auf welche soeben hingewiesen wurde. Das Ausgangs- 
stadium ist auch hier ein künstlich herbeigeführter wasserreicher Zu=- 
stand. Dann folgt eine Saugwirkung, welche sich zunächst nur auf 
den wässerigen (nicht giftigen) Zellsaft bezieht, wobei die Mitwirkung 
lebender Zellen natürlich nicht ausgeschlossen ist. Etwas später be- 
ginnt der Aufstieg der giftigen Lösung, eine Strecke weit voraussicht- 
lich in zusammenhängenden Säulen, dann in Jaum’schen Ketten, also 
unter Ähnlichen Verhältnissen, wie in dem vorhin erörterten Falle. 
Es ist also nicht zu verwundern, wenn bei diesem Versuche die Steig- 
höhe des Giftes gelegentlich etwas mehr als 10" betrug. Überdies ist 
es zweifelhaft, ob die lebenden Zellen immer sofort getödtet wurden. 

Wie die Vertheilung von Luft und Flüssigkeit sich innerhalb der 
Leitwege thatsächlich gestaltete, wurde hierbei ebensowenig unter- 
sucht, wie beim Experimentiren mit getödteten Stengeln. Die Ver- 
suche können deshalb nicht als beweiskräftig gelten. 


6 £) . w* . . 
936 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


a) 

Die Grundlagen der Bönm’schen CGapillaritätstheorie. 

Wie sehon Eingangs erwähnt, hat Joser Bönm' neuerdings die 
Ansieht zu begründen versucht, dass sowohl die Wasseraufsaugung 
durch die Wurzeln, als auch das Saftsteigen in den Stammorganen, 
mit dem wir es hier zu thun haben, einzig und allein durch Capil- 
larität bewirkt werde. Er, stützt sich hierbei namentlich auf Versuche 
mit ausgekochtem Wasser und mit Pflanzen, »deren untere Hälfte 
früher luftfrei gekocht wurde«. Diese Pilanzen, beispielsweise Weiden- 
zweige, die sich wieder bewurzelt hatten, wurden mittelst Kautschuk- 
pfropf luftdicht in Culturflaschen eingesetzt, welehe vollständig mit 
Wasser gefüllt waren und durch eine zweischenklige, ebenfalls Wasser 
führende Manometerröhre mit einem offenen, Quecksilber enthaltenden 
Gefäss eommunicirten.” Was geschah nun? Der frei in die Luft 
ragende, beblätterte Theil der Zweige transpirirte; der dadurch her- 
beigeführte Wasserverlust wurde durch Nachschub aus der Gultur- 
flasche wieder ersetzt, was aber sofort den Zufluss eines gleichen 
Quantums aus der Manometerröhre zur Folge hatte, da ja ein Vacuum 
nicht entstehen konnte. Das Wasser der Manometerröhre wurde also 
allmählich verbraucht und da sie in Quecksilber tauchte, so stieg 
dieses in der Röhre empor, zuletzt »bis zur Höhe des jeweiligen 
Barometerstandes«. Damit glaubt nun Bönm »ad oculos bewiesen « 
zu haben, dass die Hebung durch Gapillarität bewirkt wird. 

Sehr wahrscheinlich war indess die Capillarität bei diesem Vor- 
gange nur in ganz untergeordneter Weise, vielleicht gar nicht be- 
theiligt. Der untere Theil des Versuchsobjectes war’ ja luftfrei ge- 
kocht; capillare Menisken waren hier also nicht vorhanden. Im oberen 
lebenden Theil befanden sich dagegen voraussichtlich Janmıy’sche Ketten 
in den Gefässen und kürzere oder längere Wasserfäden im Libriform. 
Von den ersteren wissen wir, dass die Verschiebungen ihrer Glieder 
nur von den Spannungsdifferenzen der Luftblasen, nicht von der 
Capillarität, abhängig sind, und was die Wasserfäden im Libriform 
(oder in einem 'Tracheidensystem) betrifft, so bleiben bekanntlich die 
Luftblasen während der Bewegung des Wassers in Ruhe, wodurch 
auch die sie begrenzenden Menisken von der Hebungsarbeit aus- 
geschlossen sind. Hebend wirkt also im Allgemeinen wiederum der 
Luftdruck, d.h. die Spannungsabnahme von unten nach oben, und 
bei Wasserfäden, welche direct in das transpirirende Parenchym über- 


! Berichte der Deutschen Bot. Ges. 1889, Generalversammlungsheft S. 46. 
® Man vergleiche Fig. 2 der eitirten Mittheilung. 


\ 


er OT Fr er n De 
ScHwEnDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 997 


gehen, ausserdem die osmotische Saugung. Die Capillarität kann nur 
ganz ausnahmsweise zur Geltung kommen, z. B. da, wo in einem 
Gefäss eine zusammenhängende Wassersäule, die unten mit der Nähr- 
lösung in Verbindung steht, am oberen Ende mit einem Meniskus 
abschliesst, der einen capillaren Aufstieg herbeizuführen vermag. 

Es beruht also auf einem vollständigen Verkennen der Sachlage, 
wenn Bönm die von ihm beobachtete Wasserbewegung durch Capilla- 
rität zu Stande kommen lässt. Eine solche Auffassung kann nur als 
eine im Grundgedanken irrthümliche und folglich dem ganzen Inhalte 
nach verfehlte bezeichnet werden. Das Gute und Förderliche, das 
wir trotzdem diesem Autor bezüglich der Saftbewegung zu verdanken 
haben, lag von jeher und liegt heute noch in den unmittelbaren 
Versuchsergebnissen, nicht in den meist unhaltbaren Theorien, mit 
welchen dieselben verquickt sind. 

Ich kann daher der Ansicht Wirsner’s,' wonach die Bönm’schen 
Versuche »es sehr zweifelhaft erscheinen lassen, ob die herrschende 
Lehre, derzufolge die Capillarität beim Saftsteigen bloss als haltende 
Kraft wirksam ist, richtig ist«, nicht beipflichten. Nach meinem 
Urtheil, das hier mit dem Strasgurger’schen” übereinstimmt, geben 
diese Versuche über das, was die Capillarität zu leisten vermag, gar 
keine Auskunft. 

Dass die frühere Darstellung Bönn’s, welche die durch Trans- 
piration erzeugten »Saugwellen« auch in den höchsten Bäumen sich 
bis zu den Wurzelspitzen fortpflanzen "lässt, nicht weniger unhaltbar 
ist, glaube ich bereits in meiner ersten Mittheilung” gezeigt zu haben. 
Die daselbst angeführten Beweise, welehe nochmals sorgfältig geprüft 
wurden, scheinen mir durchaus zwingender Natur zu sein; auch sind 
sie nieht ohne Zustimmung geblieben.’ Ich war daher einigermaassen 
erstaunt, in dem vor Kurzem erschienenen Lehrbuch der Botanik von 
Frank den alten Bönm’schen Gedanken in etwas veränderter Form 
wiederzufinden. Es heisst hier auf S. 322: »Die Bewegung wird ganz 
allgemein durch eine Saugkraft erzeugt, welche in den oberen Theilen 
des Pflanzenkörpers ihren Sitz hat und das Wasser nach dort hinauf- 
zieht... Die Saugkraft der Wasserbewegung kann auf verschiedene 
Weise erzeugt werden, aber jedenfalls beruht sie unmittelbar immer 
darauf, dass nach der von Bönn herrührenden Theorie eine Luft- 
verdünnung in den Gefässen und Tracheiden der oberen Theile der 
Pflanze besteht«. Es wird dann weiter ausgeführt, dass die Saug- 


! Anatomie und Physiologie der Pflanzen, 3. Aufl. S. 334, Note 131 (1890). 
®2 Leitungsbahnen, S. 733. 

3 Diese Berichte, Jahrg. 1886, S. 597. 

* Vergl. z.B. Pr£rrer, Energetik, S. 261. 


10 n 5 < N c nn ° 
938 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Jnli. 


wirkung eine dauernde sei und sich bis in die Wurzelspitzen fort- 
pflanze. Sie soll namentlich auch dadureh erhalten und unter Um- 
ständen verstärkt werden, dass immer neue luftführende Gefässe aus 
dem Cambium hervorgehen und saugend auf die tieferen Theile wirken. 
Dies erkläre »in sehr einfacher Weise, wie selbst bis in die höchsten 
Ptlanzentheile das Wasser einfach beim Wachsen selbst mit nachgesogen 
wird«. Man sieht, dass die Höhe der Pflanzen, ob gross oder klein, 
hier gar keine Rolle spielt. Obschon die »Saugkraft« nach Angabe 
des Verfassers durch Luftverdünnung zu Stande kommt und somit in 
Wirklichkeit höchstens eine eontinuirliche Wassersäule von 10" Länge 
zu halten vermag, besitzt dieselbe, seiner Darstellung zufolge, eine 
ganz unbegrenzte Tragweite, die jedenfalls von den Blättern und 
Zweigenden beliebig hoher Bäume bis in die Wurzelspitzen reicht. 
Das ist es eben, was an die Bönm’schen »Saugwellen« erinnert und 
mit diesen in das Gebiet der Phantasie zu verweisen ist. 


6. 
Das Klappenventil der Hoftüpfel. 


Die Bedeutung der Hoftüpfel ist noch immer nicht vollständig 
aufgeklärt. Soviel ist indessen klar, dass die Erweiterung des Tüpfel- 
kanals nach der Mittellamelle zu eine Vergrösserung der Filtrations- 
fläche mit sich bringt, was für die Saftbewegung um so mehr in’s 
Gewicht fällt, als die Hoftüpfel unzweifelhaft die hauptsächlichsten 
Verkehrswege von Zelle zu Zelle repraesentiren. Andererseits ist 
nieht zu verkennen, dass die Überwölbung des Hofraumes durch 
eine Wand von normaler Dicke zur Erhöhung der Festigkeit wesent- 
lich beiträgt. Die Tüpfel wirken ja nahezu wie Löcher in der Wand, 
und darum erscheint es zweckmässig, die starke Einbusse an 'Trag- 
vermögen, welche Löcher von der Grösse des Hofes verursachen 
würden, durch Überwölbung auf ein geringeres Maass einzuschränken. 

Diese Deutung, durch die ich in einer früheren Mittheilung' die 
Form der Hoftüpfel wenigstens nach einer Seite hin dem Verständ- 
niss näher zu bringen suchte, erscheint mir auch heute noch wohl- 
begründet, denn sie enthält weiter nichts als einen Hinweis auf un- 
bestreitbare Thatsachen. Die Filtrationsfläche der Höfe ist thatsächlich 
im Vergleich mit gewöhnlichen Tüpfeln sehr erheblich vergrössert, 
und die Überwölbung des Hofraumes ist namentlich im Herbstholz 
so starkwandig, dass sie zweifellos der Gesammtfestigkeit zu Gute 


! Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen. Abh. der K. Akademie d. Wiss. 
zu Berlin, 1882. 


Schwenpener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 939 


kommt. Hätte sie bloss die Bedeutung eines Widerlagers für das 
Russow’sche Klappenventil, so würde eine viel geringere Wanddicke 
vollständig genügt haben. Soweit scheint mir die Sache vollkommen 
klar zu liegen. Allein ich behaupte keineswegs, dass damit »die 
ganze Einrichtung des Hoftüpfels« erklärt sei. wie man nach der 
Darstellung STRASBURGER'S' glauben könnte. Insbesondere habe ich 
mich über das Klappenventil, worüber die erste Mittheilung Russow’s 
1877 erschienen war, gar nieht geäussert, weder zustimmend, noch 
ablehnend. Wenn ferner STRASBURGER Jede Beziehung des Hoftüpfel- 
baues zur Festigkeit der Wand leugnet, weil im »trachealen Parenchym 
des Üentraleylinders der Pinus-Nadeln« 'Tüpfel vorkommen, deren 
Höfe der relativ schwach verdickten Wand »beiderseits gleichsam auf- 
gesetzt« seien, so vermag ich die Logik in dieser Beweisführung nicht 
zu erkennen. Kurz zusammengefasst würde dieselbe etwa folgender- 
maassen lauten: Weil gewisse tracheale Parenehymzellen wenig oder 
nichts zur Gesammtfestigkeit beitragen, so fällt diese letztere auch 
für typische Tracheiden ausser Betracht. Solche Folgerungen be- 
dürfen keiner Widerlegung. 

Dagegen verdienen die in neuerer Zeit veröffentlichten Beobach- 
tungen und Deutungen, welche sich auf das Klappenventil beziehen, 
an dieser Stelle eine genauere Prüfung. Als festgestellt kann jeden- 
falls die Thatsache gelten, dass die Schliessmembranen der Hoftüpfel 
dem Überdruck von der einen oder anderen Seite her nachgeben 
und sich nach der entgegengesetzten Seite hin vorwölben, bis end- 
lich der 'Torus unmittelbar auf die Mündung des engen 'Tüpfelkanals 
in den Hofraum zu liegen kommt und dieselbe verschliesst. Ob dieser 
Überdruck von Wasser oder von Luft ausgeübt wird, ist natürlich 
vollkommen gleichgültig; Bedingung ist nur, dass er gross genug 
sei. Wenn daher STrASBURGER” die Ansicht vertritt, es müsse durch- 
aus Luftdruck sein, durch Wasserstöme könne ein Verschluss nicht 
bewerkstelligt werden, so weiss ich nicht, wie er sich hierbei mit 
den Prineipien der Mechanik abfinden will. Nach meinem Ermessen 
sind solehe Aufstellungen doch gar zu paradox, als dass man sie 
ernst nehmen könnte. 

Welchen Betrag der einseitige Überdruck erreichen muss, um 
den Verschluss der Hoftüpfel herbeizuführen, ist dagegen nieht mit 
der nöthigen Sicherheit ermittelt. Parrenneım” berechnet denselben 
auf Grund seiner Filtrationsversuche zu etwa 5°" Quecksilber, was 
ungefähr dem 15. Theil einer Atmosphaere entsprechen würde; allein 


! Leitungsbahnen,, S. 768. 
® Leitungsbahnen, S. 736. 
3 Ber. der Deutschen Bot. Ges. Bd. VII (1889), S. ı7. 


940 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 23. Juli. 


die empirisch gewonnenen Zahlenwerthe, auf welehe die Rechnung 
sich stützt, fallen bei jedem neuen Versuche verschieden aus, so dass 
auf Genauigkeit derartiger Bestimmungen nicht zu rechnen ist. Andere 
Beobachtungen hierüber liegen nicht vor. Nur ist von Russow schon 
1877 eonstatirt und seitdem wiederholt bestätigt worden, dass beim 
Austroeknen frischen Splintholzes an der Luft der fragliche Verschluss 
in den weiten Tracheiden regelmässig eintritt, und zwar immer in 
der Art, dass die Schliessmembranen nach dem Orte der vorüber- 
gehend stärksten Luftverdünnung aspirirt erscheinen. Der hierzu 
erforderliche Überdruck beträgt also jedenfalls weniger als eine 
Atmosphaere. 

Über die Vollständigkeit des Verschlusses gehen die Ansichten 
auseinander. Russow hielt ihn für nahezu luft- und wasserdicht, 
was jedoch mit den neueren Beobachtungen nicht übereinstimmt. Es 
ist bekannt, dass im lufttrockenen Holz die Binnenluft der Tracheiden 
Normalspannung besitzt, auch wenn die Hoftüpfel bleibend ver- 
schlossen sind. Der Zustand der Luftverdünnung, welcher den Ver- 
schluss herbeigeführt hat, wird folglich durch nachträglichen Luft- 
zutritt wieder beseitigt. Ebenso wird die Filtrationsfähigkeit für 
Wasser, wie Parrennem gezeigt hat, durch den Verschluss nicht 
aufgehoben, sondern nur herabgesetzt. Zu demselben Ergebniss 
führten auch die Versuche STRASBURGER'S, die ich in diesem Punkte 
für beweiskräftig halte. 

Wenn wir uns jetzt nach Feststellung dieser 'Thatsachen die 
Frage vorlegen, wie die Verschlusseinrichtungen der Hoftüpfel in der 
lebenden Pflanze fungiren und welche Vortheile sich daraus für die 
Wasserbewegung ergeben, so gelangen wir sehr bald zu der Ein- 
sicht, dass eine befriedigende Antwort hierauf zur Zeit nicht gegeben 
werden kann. Wir begreifen zwar vollständig, dass im Bereich der 
Saugwirkung transpirirender Flächen Luftverdünnungen stattfinden, 
durch welehe unter Umständen das Klappenventil der hofgetüpfelten 
Leitzellen aspirirt wird; allein der Nachweis, dass hieraus der Pflanze 
ein nennenswerther Vortheil erwächst, ist mit Schwierigkeiten ver- 
knüpft. Der luftverdünnte Zustand mag ja in Folge des Verschlusses 
etwas länger erhalten bleiben, als dies sonst der Fall wäre, aber 
gerade in Blättern und jungen Trieben, wo die Absperrung den 
grössten Nutzeffeet versprechen würde, weil hier die Luftverdünnung 
ihr Maximum erreicht, treten bekanntlich die hofgetüpfelten Elemente 
mehr zurück und es kommen an ihrer Statt solche mit Ring- und 
Spiralverdiekungen zur Verwendung, welche besondere Verschluss- 
einrichtungen nicht besitzen. 


® Leitungsbahnen, S. 729, 766. 


ScuwEsvener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 941 


Für die Hoftüpfel im Stamme hoher Bäume fehlt vollends jede 
sichere Grundlage zur Beurtheilung ihrer Function. Wir wissen nicht 
einmal, ob ein Verschluss derselben im lebenden Stamme je zu Stande 
kommt. Denn voraussichtlich gehen die Spannungsänderungen der 
Binnenluft so langsam von statten, dass die Druckdifferenzen zwischen 
benachbarten Tracheiden nicht ausreichen, um das Klappenventil 
einem der beiden Tüpfelkanäle anzupressen. Und selbst wenn aus- 
nahmsweise an bestimmten Stellen im Holze ein Tüpfelverschluss 
erzielt würde, so ist nicht einzusehen, was damit gewonnen wäre. 
Die Luftspannung ist im Stamme ja durchgehends ungefähr dieselbe, 
und die etwaige Absperrung localer Depressionen bewirkt nur, dass 
Luft und Wasser sich etwas langsamer als bei offenen Hoftüpfeln 
nach diesen Stellen hinbewegen. Ein Vortheil für die Pflanze ist 
darin nicht zu erkennen. 

Dasselbe gilt von den hofgetüpfelten Zellen in der Nähe von 
Wundflächen, in Trockenästen u. dergl. Auch hier mag während 
des Austrocknens ein bleibender Tüpfelverschluss zu Stande kommen, 
der das Einströmen der Luft in die durch Verdunstung entleerten 
Tracheiden verlangsamt. Das hindert aber nicht, dass die Binnen- 
luft trotzdem in kurzer Zeit die gewöhnliche Atmosphaerenspannung 
erreicht. Der Ausgleich der Spannungen wird also, wie vorhin, 
durch den Verschluss, etwas verzögert, vielleicht um 24 Stunden, 
aber es bleibt durchaus fraglich, ob diese Verzögerung irgend welchen 
Nutzen mit sich bringt. 

Die nüchterne Betrachtung der wenigen bis dahin festgestellten 
Thatsachen führt uns demnach zu der Erkenntniss, dass die Bedeutung 
der Hoftüpfel noch sehr ungenügend bekannt ist. Es muss daher 
einigermaassen überraschen, wenn STRASBURGER diese Dinge so dar- 
stellt, als ob nun Alles vollständig aufgehellt sei. Er sagt S. 768 
seines Buches: »Überall sind solche Hoftüpfel als Verschlüsse in den 
Tracheiden des seeundären Zuwachses angebracht und stellenweise 
schliessen sie auch die Enden der Gefässe ab. Diese Abschlüsse ermög- 
lichen in allen Fällen, wo sie vorhanden sind, das Zustandekommen 
negativer Spannungen in einzelnen Abschnitten der Balın, oder in 
seitlich angrenzenden, dureh Hoftüpfel verbundenen Bahnen, und somit 
auch die Ausschaltung einzelner Bahnen aus der Wasserleitung. Diese 
Eigenschaften der Hoftüpfel sind jedenfalls auch die Ursache, warum 
die geschlossenen, des Dickenwachsthums ermangelnden Gefässbündel 
der Monoeotylen an ihren unteren Enden, bevor sie an andere 
Gefässbündel anschliessen, mit Hoftüpfeln ausgestattete Tracheiden 
fuhren. 22... Letztere allein sind auf zeitweise Entleerung ein- 
gerichtet«. 


Sitzungsberichte 1892. 34 


942 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


Diesen Angaben gegenüber sei hier bloss daran erinnert, dass 
negative Spannungen in todten Elementen, welche bald mit Wasser 
erfüllt, bald ganz oder theilweise entleert sind, überall vorkommen, 
und zwar ganz unabhängig von der Art der Wandverdickung. Man 
denke z.B. an die mit Faserverdiekungen versehenen » Wasserzellen « 
im Blattparenchym tropischer Orchideen, an die »Spiralzellen« von 
Nepenthes, die Haare von Campanula u.s. w. Es mag ferner bemerkt 
werden, dass über die angeblichen » Ausschaltungen einzelner Bahnen «, 
abgesehen von der oben erwähnten Erscheinung des Austrocknens 
und Absterbens in Folge von Verletzungen, meines Wissens keine 
Beobachtungen vorliegen. STRASBURGER selbst hat sich nur mit Ob- 
jeeten befasst, die an der Luft ausgetrocknet oder künstlich erzeugten 
Druckwirkungen ausgesetzt waren und folglich über die Zustände und 
Vorgänge im Leben keinen Aufschluss geben konnten. 

Wir befinden uns also nach wie vor in tiefer Unkenntniss über 
das Spiel und die Bedeutung des Klappenventils in lebenden, unver- 
sehrten Organen und ganz besonders in den Stämmen hoher Bäume, 
in welchen die Luftverdünnung stets nur einen geringen Grad erreicht. 
Aber auch die Rolle, welche StrAsgBurGer dem Tüpfelverschluss bei 
Verwundungen zuertheilt, erscheint mir bis auf Weiteres problematisch. 
Der Vergleich mit Kork-, Gummi- und Harzverschlüssen ist jedenfalls 
nicht als vollberechtigt zu erachten. 

Nach der Auffassung STRASBURGER'S spielt übrigens bei der Her- 
stellung von Verschlüssen ausser dem Klappenventil auch das im Hof- 
tüpfel capillar festgehaltene Wasser eine bedeutsame Rolle. Namentlich 
soll dadurch der Durchgang der Luft vollständig verhindert und die 
Schliessmembran zugleich vor dem Austrocknen geschützt werden.' 
Bezüglich dieses letzteren Punktes ist jedoch schwer einzusehen, wo- 
durch ein soleher Schutz in unversehrten Organen überhaupt nöthig 
werden könnte. Die Zellhäute stehen ja sämmtlich mit flüssigem 
Wasser in Berührung und haben folglich jederzeit Gelegenheit sich 
damit zu imbibiren; aus demselben Grunde ist die Binnenluft des 
Holzes mit Wasserdampf stets nahezu gesättigt, so dass die Gefahr 
des Trockenwerdens auch für die Schliessmembranen vollständig aus- 
geschlossen erscheint. Soll aber dieser Wasserverschluss etwa nur bei 
Verletzungen in Frage kommen, so bewirkt die Verdunstung unter 
solehen Umständen ein viel zu rasches Verschwinden desselben, als 
dass er für die Pflanze in’s Gewicht fallen könnte. 

Was sodann die angebliche Undurchlässigkeit solcher Wasser- 
verschlüsse für Luft betrifft, so weiss ich nicht, welche Versuche 


! Leitungsbahnen, S.766. 


“ 


.. 3 op, = ‘ 
Schwespener: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 943 


dieser Angabe zur Stütze dienen sollen. Was ich hierüber finden 
konnte (S.751 und anderwärts), sind bloss Deutungen des Autors, 
keine Thatsachen, auf die man sich verlassen könnte. Nach meinen 
Erfahrungen sind die Zellhäute überhaupt nie undurehlässig für Luft, 
wohl aber sehr sehwer durchlässig, so dass luftverdünnte Räume, 
sofern die Wasserzufuhr abgeschnitten ist, längere Zeit brauchen, um 
die dem Barometerstand entsprechende Normalspannung herzustellen. 
Eine vollständige Undurchlässigkeit ist überdies schon aus theoretischen 
Gründen ganz undenkbar, da jeder im Hoftüpfel festgehaltene Wasser- 
tropfen auf der Seite des Überdruckes mehr Luft als sonst absorbirt 
und daher auf der entgegengesetzten Seite wieder Luft abgiebt. Die 
letztere passirt also den Wassertropfen — ganz ebenso wie die im- 
bibirte Membran — im gelösten Zustande und zwar in Mengen, welche 
für jedes bestimmte Gas von seinem Absorptionseoöfficienten abhängig 
sind. Kohlensäure diffundirt demgemäss sehr viel rascher, als Stick- 
stoff oder Sauerstoff, aber eine vollständige Absperrung kann niemals 
stattfinden. 

Was übrigens das thatsächliche Verhalten der Hoftüpfel im Leben 
betrifft, so habe ich an Zapfen, welche aus dem Stamme heraus- 
gebohrt und frisch untersucht wurden, wiederholt eonstatiren können, 
dass wenn die Tüpfelkanäle beiderseits an Luft grenzen, in der Regel 
auch der Hofraum mit Luft erfüllt ist. Die in Rede stehenden Wasser- 
verschlüsse können deshalb bezüglich des Luftverkehrs nur eine sehr 
“nebensächliche Rolle spielen. — Aspirirte Schliessmembranen habe ich 
bei diesen Untersuchungen niemals wahrgenommen. 


Te 


Zusammenfassung und Schluss. 


Aus den vorstehenden Erörterungen geht meines Erachtens klar 
hervor, dass die Bestrebungen der genannten Autoren zu Gunsten einer 
rein physikalischen Theorie des Saftsteigens als erfolglos zu erachten 
sind. Denn obgleich die Thatsachen, die sie zu Tage gefördert haben, 
ein gewisses Interesse wohl beanspruchen dürfen, müssen doch die 
Deutungen, welche daran geknüpft wurden, als verfehlt bezeichnet 
werden. 

Was Böum als Capillaritätserscheinungen ansieht, hat sich bei ge- 
nauerer Prüfung als eine durch Luftverdünnung erzeugte Saugwirkung 
herausgestellt, bei welcher die Capillarität meist gar nicht betheiligt 
ist. Dasselbe gilt von dem angeblich direct beobachteten Vorbeifliessen 
des Wassers zwischen Luftblasen und Tracheidenwand, womit STras- 


944 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


BURGER nach dem Vorgange von J. VEsquE der‘Saftbewegung zu Hülfe 
kommen will. Was er wirklich gesehen, war ebenfalls nur eine durch 
negativen Luftdruck bewirkte Saugung, die aber in diesem Falle künst- 
lich durch Austrocknen von Alkoholmaterial erzielt und zuweilen über- 
dies durch Fliesspapier verstärkt wurde. Das sind Bedingungen, welche 
von den im lebenden Baumstamme vorhandenen weit abliegen. Übrigens 
konnte ich auch bei Wiederholung der STRASBURGER schen Versuche nur 
beobachten, dass Luftblasen zuweilen (bei starker Saugung nämlich) von 
der Seite her zusammengedrückt werden, indem die Wasserbewegung 
hier momentan eine schiefe oder transversale Richtung einschlägt. Ein 
Überfliessen des Wassers von einem Glied zum andern innerhalb einer 
Janm’schen Kette, also zwischen Luftblasen und Wand, kann aus solchen 
Vorgängen unter den in der Pflanze vorhandenen Bedingungen nicht 
gefolgert werden. 

Der Grundgedanke, von welchem "STRASBURGER ausgeht, erweist 
sich also als unhaltbar. Dadurch verlieren alle weiteren Ausführungen 
dieses Gedankens ihre Stütze. Diese sind aber auch an und für sich 
widerspruchsvoll und unbefriedigend. Schon die Einschränkung des 
Autors, dass nur die kleineren Luftblasen, nicht aber die grösseren, 
ein Überfliessen gestatten. macht die Hebung einer längeren Jammw’schen 
Kette unmöglich, und das gänzliche Stillsehweigen über die Frage, 
warum denn das Überfliessen gerade vorwiegend von unten nach oben, 
und nicht umgekehrt, stattfinde, beweist, dass STRASBURGER über die 
zu überwindenden Schwierigkeiten nicht im Klaren war. | 

Die weiteren Angaben über Capillarwirkungen, das Verhalten 
imbibitionsfähiger Wände u. s. w. betreffend, habe ich mehr ihrer 
theoretischen Ansprüche wegen, als mit Rücksicht auf ihre Bedeutung 
für die Lehre vom Saftsteigen geprüft. Für die letztere fällt ein 
Unterschied von 20 bis 30 Procent in den Zahlenwerthen nieht schwer 
in’s Gewicht. 

Was nun noch die Versuche STRASBURGER S mit farbigen Lösungen 
betrifft, so leiden dieselben hauptsächlich an zwei Fehlern. Der eine 
liegt im Zustandekommen zusammenhängender Flüssigkeitsfäden beim 
Eintauchen der abgeschnittenen Zweige oder Stämme in Wasser und 
dann in die betreffende Lösung. Dadurch werden nämlich Bedin- 
gungen für die Saugung hergestellt, welche im lebenden Baumstamme 
höchstens zur Zeit der grössten Saftfülle, nicht aber während der 
Sommermonate, gegeben sind. Der andere Fehler ist in der Voraus- 
setzung enthalten, dass der Luftdruck das Wasser nicht über 10” 
emporheben könne. Das ist richtig für zusammenhängende Wasser- 
säulen, aber unrichtig in all’ den Fällen, wo diese Wassersäulen nach 
oben in eine Jam sche Kette übergehen. In einem solchen Falle 


SCHWENDENER: Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen.. 945 


hängt die Grenze der Saugwirkung von der Länge der Glieder ah, 
aus welchen die Kette besteht. Die maximale Steighöhe kann als- 
dann unter Umständen, wenn die Glieder lang genug sind, wohl 13 
bisı4” erreichen. 

Zum Schlusse noch ein Wort zur Vertheidigung der »vitalen 
Theorien«, welche STRASBURGER widerlegt zu haben glaubt. Die an- 
gedeutete Bezeichnungsweise kann ich zwar nicht empfehlen, denn 
wo die »Vitalität« anfängt. da hört beim Saftsteigen die Theorie 
auf, und es treten blosse Vermuthungen an die Stelle, die nicht 
einmal (den Namen von Hypothesen verdienen. Allein an der 
Thatsache, dass die Lebensthätigkeit der Zellen irgendwie in die 
Saftbewegung eingreift, halte ich unbedingt fest. Ohne dieses Ein- 
greifen.ist die Hebung des Wassers auf Höhen von 150 bis 200 Fuss 
und darüber einfach unmöglich, und alle Bemühungen, die vor- 
handenen Sehranken mit unklaren physikalischen Vorstellungen zu 
durchbrechen, sind nicht viel mehr als ein Suchen nach dem Stein 
der Weisen. 

Selbst wenn wir beim Saftsteigen bloss den ersten Schritt in's 
Auge fassen, von dem hier bis dahin gar nicht die Rede war, ich 
meine die Wasserbewegung von den Wurzelhaaren bis zu den Ge- 
fässen des Wurzelkörpers und das Emporsteigen des Wassers in den- 
selben, so ist schon dieser einfache Vorgang ohne die Mitwirkung 
der Lebensthätigkeit unerklärlich. Das scheint übrigens in gewissem 
Sinne auch STRASBURGER anzunehmen;' doch spricht er bloss von einem 
»regulirenden Einfluss des protoplasmatischen Wandbelegs« in den die 
Gefässe umgebenden Parenchymzellen (Belegzellen) und lässt im Übrigen 
die Filtration des Saftes in die leitenden Elemente durch »tracheale 
Saugung« zu Stande kommen. Da aber bekanntlich die Filtration 
fortdauert, auch wenn die Gefässe mit Wasser ganz erfüllt sind, so 
steht diese Auffassung mit den Thatsachen in klarem Widerspruch. 
Wie soll unter solchen Umständen noch eine Saugung stattfinden? 
In Wirklichkeit haben wir es hier mit einer dauernden Wasserströmung 
zu thun, die in leblosen osmotischen Apparaten ohne Zuhülfenahme 
einer besonderen Kraft (Aufwand von Energie) nicht erzeugt werden 
kann.” Auch die experimentell leicht zu eonstatirende Thatsache, dass 
diese Strömung beim Abkühlen der Wurzelspitzen auf etwa 2° über 
Null nahezu stille steht und beim Erwärmen wieder lebhafter wird, 
während doch der osmotische Druck nach wie vor so gut wie unver- 


! Leitungsbahnen, S. 854. 
?2 Vergl. Prerrer, Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Vacuolen, S. 303. 


Abh. der math. phys. Classe der K. Sächs. Ges. d. Wiss. Bd. XV. 
Sitzungsberichte 1892. 85 


946 Gesammtsitzung vom 3. Nov. — Mittheilung vom 28. Juli. 


ändert bleibt,' weist deutlich auf Einflüsse hin, welche vom lebenden 
Plasma ausgehen. 

So begegnet uns immer wieder, so oft wir die Vorgänge in 
lebenden Organen näher verfolgen, neben der Wirkung physikalisch 
bekannter Factoren ein unbekanntes Etwas, die Lebensthätigkeit des 
Plasmas, deren Mechanik zur Zeit noch vollständig im Dunkeln liegt. 


!_ Diese speciellen Angaben nach Versuchen von Kra»ee. Dass das Bluten im 
Allgemeinen durch starke Abkühlung, beispielsweise auf 5° R., sehr abgeschwächt oder 
auch vollständig sistirt wird, darf als bekannt vorausgesetzt werden (vergl. PrEFFER, 
Pflanzenphysiologie I, S. 163). 


Ausgegeben am 10. November. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


947 
1892. 
AÄLV. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


10. November. Sitzung der philosophisch -historischen Ulasse. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen. 


l. Hr. Schraper legte eine weitere Mittheilung über die Asar- 
haddon-Stele von Sindjerli vor. 

2. Hr. Harnack legte als Fortsetzung seiner letzten Mittheilung 
das Bruchstück der Apokalypse des Petrus vor. 

Die Mittheilung folgt umstehend. 

3. Hr. Zeızer legte einen neuen Band der Aristoteles-Commentare, 
Alexandri Aphrodisiensis seripta minora 2., bearbeitet von Hrn. Ivo 
Bruns vor. 


Sitzungsberichte 1392. 86 


20 


949 


Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse 
des Petrus. 


Von Avpour HARrNACcK. 


Zweite Mittheilung. 


Das Bruchstück der Apokalypse des Petrus. 


(fol. 10") Morrcı E£ aurwv Eoovraı Weudorpopyrar xl ödovs xaL doyuara 
maxırda Tr: dmwisias didakovow. 2 Exeiva de via Ns dmwäeıds YEvNOOVTal, 
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EdenIyuev, Omws deicn Auiv Eva rwv aderbav Aumv dıxaiuv ruv ELeAdovrwv 
dmo ToÜ xoouou, va idwuev morama eioı TAv Mopbyv xal Iappyoavres Tapd- 
Yapslvwuev zul ToUs dxovovras Muuv dvdpwrovs. 6 xl euyousvwv Auav alhvw] 
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Iyuev dvrıßrelaı, 7 EENPWETO yap dmo ns jellews aurwv axris ws AAlov 
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TOAVTOG boden‘ 9 GUVEREXPATO de To EpuSpov auruv Asuxw, xdı dmAus cÜ duva- 

Enynsacyau TO x&AAos alruv, 10% TE Yop xoum aurwv ouAn Av xal div- 
Id xal Emımpemovoa auruv TW TE TOOCWTW xal Tols WuoLs WOTeEp Eis OTE- 
bavos Ex vopdootayvos METAEYUEVOS Kal moxıAwv dvSwv N Women Ipıs Ev depi' 
Toidurn Av aürwv A eUmpemeid. 11 ldovres olv alrwWv To xardos ExIaudor Ye- 
yovalev Tpos aurous, emedn odvw Ebavysav. 12 Kal mpoceAduUv TU xXupiw 
eimov' TIves Eloiv oUra; ı3 Acyaı Mor olra ziow ol aAdeAbor Tuwv ci dixaucı, 


I momıcı — 2 ddaguaw — 2 amoisiag — 3 Too mirtous — 3 TEIVWVTRG — 60 h) auB, 
— 6 sulumeIa — Amegy,olevos — 8 ‚Sagnraures — 10 Zu lesen ist wohl moös oUG, 
das = kann nicht richtig sein — I1 azrıv — 12 purrwov — 14 warm. . — 14 Sq. &Iau- 
en — 15 Aeuzoregov, cf. vers. 21 — 16 Asuzwv — 17 za eg0, 3 C. — 17 SQ. 
avSege — 19 vegÖUTT TaYXvos — 19 ren\ sUnEvVog — 20 ToIaurmv — 22 Yıaav 


86 * 


10 


5 


20 


30 


950 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 10. November. 


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#gsueuevor — 24 FUVELTOorES Gs suvsıdoras Dies — 24 aurovs = 6 ourws Fgeons EvoUG 
corr. GEBHARD — 27 ar0ANass — 27 HoAaleı — 30 w 0 ego, 60 — 33 or aurans aungor 
DieLs — 34 axrives Dies — 34 Clem. Alex., Eelog. ‚proph. au Au zau Hergos ev m 
Arozanıeı pri zu arroamn mugös en mo row Pgspav exeivum 20 mINFTOUr« 


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20 


25 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 3a 


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Grotewu xl maorılonevor Ümo mVsundrwv movmuv Kal EoTısuevo Ta OmALYYV« 
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Ödvres aurouc. 28 zul mANTIOV Exeivwv mar Yuvdixes Kal dvdpec MaOWWEvO duTWv 
Ta EAN Hal moAalouevor xal MEmUpWuEvov Giönpov Kara rwv öb>aruuv Auu- 
Bavovres, curcı d8 Acav oi Praobnunsavres al xuxwWs eimovres Av odov TAs 
(fol. 7”) dixamoovvns. 20 Xu Xaravrızpl Tourwv dAAcı Tarıv dvdpes xal Yuvalzes 
Tas YAuOCas alruv uacwuevor xal müp hAsyomevov EMovrss Ev TU OTEHATI, 
ouroı d& Moau ci \Leudoudprupes. 30 Kal Ev Erepw rıy) TomW Walnırss Acav öfUrE- 
por Eupwv xal mavros oPerLoKou, FERUGWMEVGH, xaı yuvalxes Kal dvöbes bar 
Purape Evdedumevor ExuAovro Em Auruv ‚xohaßoevan, ouroL de Ha oi MAOUTOUVTES 
Kaı zw mAoUTW alrav memoScoTEs xdl um ERengaures sppavavs xaı xmpas AAN 
mEeANCavtes TAS EvroAns To Teol. 31 Ev de Erepce Alun Meyary Kol mEmANW- 
Men mUov xaı aimaros xol Sopopov dvalcovros ioryxeioav dvdpes nal Yuvdixes 
MEXpı Yovarwv, ovroı de Noav ci daveovres xl dmaımouvres TOXOUS TOoxWV. 
32 aAAcı ovdbes Kal Yuvalxes dmo xpnavou Heyanav Karaorpedouevol NpXovro 
KaTw Xal marıy NAauuvovro Umo TWV En TiRENEVaN dvapyvaı avw (fol. 7") Emı rou 
Konuvoo Kal Kareorpehbovro EXEiDev Karw zul Youylav o0x Eiyov do Taurys 
INS Kordoews, odroı ÖL Aoav ol Widvavres TA OWMaTd Eduruv Ws Yuvaixes dvd- 
orpebouevan, ai de Mer’ aurwv Yuvalxes auraı Noav al Guyrommdeioaı dAAMAdıs 
Ös dv dvmp mpoc Yuvalxd. 33 xl Tapd TW xpmuvm Exeivw Tomas Mv mupos mÄc- 
Orov yeumv Aaxel iormxeioav dvdbes oirwes Tals ldinis Wepoi Eoava Eaureis 
Emoimoav dvri Yeov, xol map” Exeivois dvdpes Erspoı x yuvalzes bajßdous Eyovres 
Kal AAAMAOUS TUMTOVTES X UMderoTE mavcusvor TNS ToldUrNs KoAdTews, 34 Kal 
Ereooı mar Eyyls Exeivuv Yuvalikes xl dvdpes dAeyuevar nal orpebomevon Kal 
rnyavıkonevo, obroı de Acav oi dibevres TAV ödov To) Deo.. 


Im Folgenden gebe ich Bruchstücke, die sicher unserer Apoka- 
lypse angehören, aber sich in unserem Fragmente nicht finden: 

I. Aurıxa 5 Ilerpos Ev rY Amoxarıılaı pyow: Ta Ppebn Eau SAuIevra 
ns dueivovos Enomeva momas [Cod. vers] — Clem. Alex., Eelog. 48. 

I. To de yaru Tüv yuvaızıv, beov dmo Twv Maoruv Kal TEN yvolLEvoV, 
byaiv 6 Ilerpos Ev y Amoxaruıleaı, yerıycaı Iypia Aemra vaprobaya zul dva- 
Toey,ovra Eis aürds xareoSıc, — Ülem. Alex., 1. c. 49. 


1 Ara age yes rerolureı GEBHARDT — 3 srorwu — 5 Grm 5 s. Jes. 66, 24; 
Mare. 9,44. Apoc. Esdr. Christ. (Tıschennorr, Apocal. apoer. P- 28): Tov azuwAyKa Tov 
Grodumrov — 480. ‚magadires — 15 moiou — 15 BogBogy avageovres — 16 dann ovres _ 
17 aa — 18 eAauvovro — 19 gan ecbovro — 22 mugös Dıers, mes — 23 Yen @EO, 
yerav Ü — 27 adbevres GEBHARDT, abIavres Ü. 


332 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 10. November. 


II. °H yn rapaoryosı mavras TW Iew (xpivousvous), Ev NMEpE Apioews 
MEAAOUGE Kal aurm xpıveoIaı OUv Xu TW Tepiegovri oupavn — der heidnische 
Schriftsteller bei Macarius Magn. IV,6 und Macarius IV, 16. 

IV. Kal raxyceraı vaca Övanıs olpaven Kal EAry,Oyoerai 6 olpavos Ws 
Bıßrrv, zul marra To Ko Toa TWECEITAL WG bURAa e£ duUmeAou xal Ws TimTe 
bVAra dmo ouxys — der heidnische Schriftsteller bei Macarius IV, 7. 

Zu vergl., weil verwandt, vielleicht abhängig von der Petrus- 
apokalyse, sind die jungen Apocall. christ. Esdrae (TiscHExporr, Apocal. 
apocr. p. 24 sq.) und Pauli (ec. 31—40 l.c. p. 56—61). Blutsverwandt 
mit unserer Apokalypse sind einige Abschnitte im »Hirten des Hermas« 
(s. die Schilderungen verschiedener Classen von Sünder dort, vergl. 
Prolegg. zu meiner Ausgabe dieses Buchs p. LXXIX). Nicht bestätigt 
haben sich durch die Entdeckung unseres Fragmentes ältere und neuere 
Hypothesen über den Inhalt des Buchs bez. über die Zugehörigkeit 
einiger herrenloser christlicher Prophetensprüche zu ihm. Doch darf 
man nicht vergessen, dass wir z. Z. immer noch nicht mehr als die 
kleinere Hälfte der Apokalypse besitzen. 


Ich schliesse hier einige Bemerkungen über den Inhalt und den 
Charakter des Fragments, sowie über die Zeit der Apokalypse an. 

Das Fragment beginnt mitten in einer apokalyptischen Rede Jesu 
an seine Jünger. Diese soll nach v. 2 (eis r6 öpos zum Gebet, s. die 
Synoptiker, z.B. Luc. 6,12) — wenigstens ist das das Wahrschein- 
lichste — während des irdischen Lebens Jesu gesprochen sein: damit 
ist die ganze Apokalypse auf diese Zeit angesetzt und somit eine Ana- 
logie zu Matth, ı7,1ff. cum parall. (U. Pet. ı,ı6ff.)." Nach der apoka- 
lyptischen Rede folgen die beiden Visionen. Die erste zeigt Jesus 
seinen zwölf Jüngern auf ihre Bitte: sie schauen den seligen Zustand 
der Gerechten und das Paradies, um sich an diesem Anblick zu trösten 
und ihre Zuhörer später durch die Erzählung des Geschauten zu stärken 
(v.5— 20). Sodann schaut Petrus allein — so scheint es wenigstens 
— die Strafen der Sünder in der Hölle (v.21—34). Mit der Jo- 
hannes- Apokalypse hat diese Apokalypse schlechterdings keine Ver- 
wandtschaft (auch die Benutzung anderer NTlicher Schriften lässt sich 
nicht nachweisen; nur in v. 1—4 sind Reminiscenzen an Herrenreden, 
bez. an die evangelische Geschichte); sie stimmt vielmehr in ihrer 
Eigenart mit einigen Abschnitten der Henoch-Apokalypse überein. 


! Sie gehört somit nicht in die Reihe der Offenbarungen, die der erhöhte Christus 
veranstaltet, s. die Apocal. Joh., Pistis Sophia u. s. w. 


. 6 
Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 955 


Der religiöse Standpunkt charakterisirt sich als alttestamentlich -jüdisch 
gefärbt d. h. als der urchristliche durch die term. techn. »oi dixauor« 
(v. 5. 13. 14. 20. 27), »9 Oixauovvy« (v.22. 23.28), bez. »n ödos us di- 
Kanoovvns« (V.22. 28; v.34: % 6dos Tou YeoV, v. I: oda Ns dmwAsias) »M 
EvroAM ToV Ieov« (v. 30) und »oi via T4s dvonias« bez. rys arwAeas (V.2.3.). 
Nur einmal, und zwar im Munde Christi, heissen die Christen: »oı 
mıoroı mou« (v.2). Eben diese Stelle ist aber ganz besonders ar- 
chäistisch; denn ı. Christus spricht nicht, indem er vom zukünftigen 
Gericht redet, von seiner Wiederkunft, sondern wie im A. T. 
heisst es: »rore &Asloercı 6 Yeos....xal xowe, 2. werden die Christ- 
gläubigen, wie in der Bergpredigt, beschrieben als die »rewwvres xaı 
Inbavres zur Srußousva xal Ev rourw rw Bw Tas huyds Eaurwv doxınd- 
Coyres« (dieser Gebrauch von dexiuslw ist ungewöhnlich: es ist wohl 
an Askese zu denken). Die urchristliche Haltung tritt dann noch be- 
sonders deutlich in v. 30 und 31 hervor, wo »den Reichen und denen, 
die auf ihren Reiehthum vertraut und sich der Waisen und Wittwen 
nicht erbarmt, sondern das Gebot Gottes vernachlässigt haben« (vergl. 
den »Hirten«, bes. Sim. I, 8), sowie denen, die Zinsen nehmen, die 
Verdammniss angekündigt wird. Dagegen tritt ein jüngerer Zug 
in v.ı hervor, nicht in der Ankündigung der Pseudopropheten (8. 
Matth. 7, ı5 u. s. w.), wohl aber der Lehrer der »öda xaı doyuara 
Foxıra 71 dmwäsias« (s. I. Thess. 2, 3). Diese »doyuara« (das Wort 
fehlt bei Hermes) weisen auf gnostische Irrlehren. Zur Sache aber 
ist auch hier der »Hirte« zu vergleichen (s. Vis. IH, 7, ı; Sim. VII, 
BE X 31.95,59.235 IR, 22 ,.10sq.). „Mit dem), » Hirten. (Vis.IL,r25,27 
Sim. VII, 6, 4: IX, 19, ı. 3) stimmt unsere Apokalypse auch überein, 
wenn sie v.27 unter den Sündern bereits eine Classe von solchen 
unterscheidet, »die die Gerechten verfolgt und ausgeliefert haben «.' 
Man wird daher die Abfassungszeit schwerlich vor die trajanische Zeit 
verlegen dürfen.” 

Zu v.5] voosyv, s. Nestre i. d. Stud. u. Krit. 1893 H.ı. — 6] dVo 
&vdess, nicht Moses und Elias, sondern zwei unbestimmte vollendete 
Gerechte (s. v. 13). Die Schilderung ihrer Gestalt, Farbe und strahlen- 
den Sehönheit (v.6—ı1r) scheint mir kunstgeschichtlich von Wichtig- 
keit zu sein: man hat hier den Typus der Seligen, wie ihn sich die 


27 Mit Hermas Vis.Il, 2,2; Maud. IV, ı,0sqg.; Sim. VL,2,3; VII, 6,4; VII, 
8, 2; IX, 19, ı. 3 stimmt auch die Classe »blasphemi« in unserer Apokalypse überein. 
Merkwürdigerweise kommt sie hier zweimal vor, nämlich v. 22 und 28. 

? Später als um die Mitte des 2. Jahrhunderts kann die Apokalypse nicht wohl 
geschrieben sein. Das folgt aus ihrem Gebrauch in Rom und Alexandrien. Also 
stammt sie aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Genaueres weiss ich nicht zu 
sagen. Über den Ort der Abfassung lassen sich schwerlich Vermuthungen aufstellen. 


954 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 10. November. 


ältesten Christen dachten und wohl auch darstellten. Dasselbe gilt 
von der Schilderung des Paradieses (v. i54.),'zurder Act. Perpersvn 
zu vergleichen ist. Zu oux &duriSyuev dvrıdrelaı s. I. Cor. 3, 13. — 
7] 66$aAuos xrA. erinnert an I. Cor. 2,9. — 12] eirov, von hier an 
redet Petrus: rives einiv curcı s. Apoc. Joh. 7, 13. — 13] co dderApar Uuwv 
ci Sxaıcı, urehristliche Bezeichnung. — ı4] «wv nicht zeitlich zu ver- 
stehen: die zukünftige Herrlichkeit (die neue Zeit) ist bereits an einem 
bestimmten Ort vorhanden. — 15] &xros rourou rev xoouev, das Pa- 
radies gehört zu einer anderen Welt; Kaupmov eÜAoynuevov] s. die Apoe. 
Baruch. und die bekannte Schilderung des Papias bei Irenäus. — 
16] Vergl. Igrat. ad Ephes. 17, ı: va ven m Exryoie dpIapoıav und 
Zeitschr. f. Kirchengesch. Bd. U, S. 291 ff. — ı7] ae ist auffallend; 
doeh s. v.21. — 20] rwv dpxıspewv vuwv, weil sie für euch beten, 
s. Didache 13, 3: .... rois mpodyraıs ' auraı yap Ein oi dpyuspeis Üuwv. 
Aber im N. T. und im I. Clemensbrief wird nur Christus selbst als 
Hoherpriester bezeichnet. — 2ıff.] Es folgt nun die »Hölle« (der 
Ursprung dieser Phantasien ist nicht jüdisch, sondern griechisch-orphisch ; 
jüdisch, bez. christlich ist der strenge sittliche Sinn, der in sie hinein- 
getragen wird); aber abzubilden haben die ältesten Christen diese 
Strafen nicht gewagt, während sie das Paradies und die Seligen schon 
früh abgebildet haben. In unserem Fragment sind ı3 (bez. ı2, da ı 
und 7 identisch zu sein scheinen) Classen von groben Sündern unter- 
schieden: aber die Zahl war damit noch nicht erschöpft, wie die 
Fragmente bei Clemens Alex. beweisen. — 23] %: BAuobnuovvres vav 
5ööv 76 Öixcucovvys d.h. die frivolen Verächter. — 23] oi droorpepovres 
ro Öixaucolvyv (s. Tit. 1, 14: dmpoorpedousvwv ryv ar Seıav) d.h. die, welche 
die Gerechtigkeit (die Religion) verkehren. — 24] & POS Moryelav %00- 
undeioaı xaı ci oummi£avres aürais, die Ehebrecherin wird vor dem Ehe- 
brecher als die Schuldigere genannt; wichtig ist das «xoounSecaı«: 
christliche Frauen sollen sich überhaupt nicht putzen; denn Putz ver- 
führt zur Sünde; zu uidouarı s. I. Pet. 2, 20: ra WIAOUATa TOD xoouou. 
Trotz v. 25° ist &Aeyov auf Petrus zu beziehen, daher erısrevov nicht 
in Ewıoreiousv zu eorrigiren. — 25] 0 Yoveis zul ci ouveideres aurais, 
Ehebruch und Mord wird in der ältesten christlichen Litteratur oft 
zusammengestellt. oxwAnxes worep vedeAdı Gxorovs ist ein seltsames 
Bild. Dass die Seelen der Gemordeten die Mörder umschweben, passt 
eigentlich nieht in die Hölle. — 26] Nahe von den Mördern stehen 
die Weiber, die sich der Abtreibung schuldig gemacht haben; ihre 
unzeitigen Früchte sitzen vor ihnen, und Feuerstrahlen, die von den 
Kindern ausgehen, treffen die Augen der unnatürlichen Mütter. Die 
kühne Conjeetur v. GEBHARDT’s zu 26° möchte ich mir nicht aneignen, 
obgleich sie an dem Fragment bei Clemens Alex. (Eelog. 49) eine ge- 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 955 


wisse Stütze hat. — 27] & diwEaures Tois dikalous xaı mapadovrss, 8. 0. 
— 28] oi Pracbnuncavres xal xaxws EimovrEs Tv 6dev TA dixaionuvns, 
s. v.22; an unserer Stelle liegt der Nachdruck auf dem »xaxws eirovrec« 
(verleumden). — 29] co: eudouaprupes, s. Herm., Mand. VIII, 5: "Veudo- 
Hoprupia, mAecveZia, auch in unserer Apokalypse folgen nun die Reichen. 
sole 7rovrsüvres,0s. 0. gr] daveilovres, es ist die älteste 
Stelle gegen das Zinsnehmen in der christliehen Kirche (aber s. die 
ältere jüdische Litteratur). — 32] Die widernatürlichen Lastern Er- 
gebenen, s. Röm. ı, 26ff. Zu a uidvavres Td OwuaTa Eaurwv Ss. Jud. 8: 
Odpxa wiawovo. — 33] Die Verfertiger von Götzenbildern. — 34] Wer 
hier gemeint ist, lässt sich nicht mehr sagen, da der Text abbricht. 


Bemerkungen zum Fragment des Petrus-Evangeliums. 


Zu Vers ı] Die hier vorausgesetzte Situation ist eine ganz andere 
als in den kanonischen Evangelien. Sie scheint auf Grund einer Gombi- 
nation von Matth. 27, 24 (dwv d& 5 Meindros orı oUdEv Where ara uaAAov 
Sopußos YIVETAL Aadwv Udwp amevnbaro Tas XEIpas KarEvayrı TOD OU, AoU Aeywv 
wos ei dmo Fov aimaros rovrov) und Luc. 23, 6— 12 frei erfunden zu 
sein. Die Richter neben Pilatus und Herodes sind das »Presbyterion 
des Volks« (Luc. 22,66); der Verfasser schreibt, wie wenn sich Joh. 
ı8, 3ı verwirklicht hätte. Unerklärt bleibt, warum die Richter sich 
waschen wollten, aber es nicht thaten. Von »den Juden« spricht der 
Verfasser ähnlich wie der vierte Evangelist. Das Jüdische wird als 
ein fernstehendes behandelt, s. v. 6 795 £oprys aürwv, v. 15 aureis, v. 20 
vos vYs Iepovoadyu, v.23. 25.50.52 ol Iovdalaı, v. 48 5 Auos rwv "Toudauwv, 
v.ı5 macav ryv lovdarov (für yyv). — 2] Auch hier ist die Situation 
undurehsichtig; Herodes erscheint als der verurtheilende Richter. Zu 
FapdAnabI4var s. Matth. 27,27: rore oi orparıwraı Treu Myeuovos maparaBovres 
rov "Iycoiv. — 3] Joseph von Arimathia wird in allen vier Evangelien 
erwahms@(Mabthy2,72674., Marc. 15,431; , Lue:'23,56f., Joh.19,38.1.); 
aber nur hier trägt er (#ro ArmaSaizs fehlt; ist er als ein Bekannter 
eingeführt?) seine Bitte vor der Kreuzigung vor, in den kanonischen 
Evangelien erfolgt sie nach der Kreuzigung. Als Schüler Jesu ist er 
auch in ihnen bezeichnet (Matth.: &s xal auros EuaSyreusn rw "Inscu, 
Mare.: 66 xol aüros Av mpoodex,onevos nv Bacıdeıav rev Secv, ähnlich Lucas, 
Joh.: wv uasyrns roü 'Insod), aber nirgendwo wie hier als Freund des 
Pilatus. ‘Die Form orevgiozew kommt im N. T. nicht vor und ist mir 
auch sonst nieht begegnet. Das Wort ra$n findet sich im N. T. nur 
Matth. 27. 7. — 4f.| Auch hier erscheint Herodes als der eigentliche 
Gewalthaber und Richter über Jesus; Pilatus erbittet sich bei ihm 


956 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 10. November. 


für seinen Freund Joseph den Leichnam Jesu. — 5] Zu dere s. Lue. 
23,12: Eyevovro Öe diros 6 re Hpwöns zu 6 Ileiddros Ev adrn rn Muse 
Zu erıbwoxea S. v. 34. 35. und Luc. 23, 54: xai Amepa Av mapaoxeung, xal 
caßßarev Erebwexev, Matth. 28,1: ode de vaßßarwv, N Erıbwoxovon eis 
ua vaßßarwı. Zu yeyparraı s. Deut. 21, 22f. (die Stelle ist hier u. v. 15 
nur dem Sinne nach eitirt, s. übrigens Jos. 10, 27), aber eingewirkt 
hat vielleicht Joh. 19, 31: &wei rapaoxeun Av, va un nem Em TeV orau- 
pau ra owuara Ev ru ou ldrw, Av ya ueyaan 9 Mrcocl exeivou tod vaßSdrou. 
Über den Ausdruck 2 was rwv dlumwv, 775 Eoprys aürwv möchte ich mich 
hier nicht ausführlich äussern (s. Matth. 26, 17, Mare. 14, 12: mpwry Tv 
d£unwv. Matth. 28,1, Mare.16,2: mia oaßßarwv. Zu T.£op. our. s. Luc. 22,1). 
Dass aber die Stelle die johanneische Datirung des Todestages Christi 
unterstützt, ist mir sehr wahrscheinlich. — Awßovres s. Joh. 19, 6; Tpe- 
%ovres, dieser Zug und die folgende Rede fehlt in den Evangelien; 
evpwuey höhnisch: »lasst uns doch entdecken« (oder treffen); zu viev ou 
Seov s. Joh. 19, 7, Matth. 26, 63£. ete.; zu EZovoiav xrA. s. Joh. 19, 10f. 
— 7] Fopbipav nur Mare. ı5,17.20, aber repeßarrov nach Luc. 23,11 
oder Joh. 19, 2; das Folgende findet sich so in den Evangelien nicht 
(auch der Ausdruck xuedea zgirews fehlt); zu Bucıred rov Iopayr s. Matth. 
27,29, Mare. ı5,18, Joh.ı9, 3 (überall steht hier rwv "Iovdauwv). — 
8] Matth. 27, 29: wAefavres orebavov EE dxavdwv EmeInxav Emi Tys KEbarNs 
aurev, Mare. 15,17: meprIeuow aurw mAebavres dxayIwov orebavov, Joh. 
19, 2. 5: mAcEavres orebavov EE dxavIwv EmEeSnxav aurov TN XEba ... 
bopwv Tov dxavSıwov orebavov. — 9] &verruov s. Matth. 26, 67; 27,30; 
Mare. 14,65; 15,19; das Wort &ılıs im N. T. nur bei Joh. 7, 24; 11,44; 
ADoc. 1,10; zu cıwyovas s. Matth. 5, 39; Lue. 6, 29; Epamıcav nur Matth. 
26, 67; zu xarduw Matth. 27, 30: EAaßov Tov xarauov xl Erumrov Eis TA 
xebaryv aürov und Mare. 15,19; vuccew findet sich im N.T. nur Joh. 
19, 34, Maorıkew nur Act. 22, 25; die Worte Asyovres x7A. finden sich 
in den kanonischen Evangelien nicht. 

10] #&xoÜpycı so nur Lue. 23, 32. 33. 39; uerov Joh. 19,18. Zu Eowra 
s. Matth. 26, 63 und Mare. 14, 61; aber es steht hier an anderer Stelle; 
umdev rovov &y,wv ist doketisch, ähnliches findet sich in den Evangelien 
nieht. — 11] woSwoav fehlt in den Evangelien; ereypaulav nach den 
kanonischen Evangelien setzt Pilatus die Inschrift auf; reü "IopayA, 
s. v. 7, auch hier bieten die Evangelien rwv "Iovdaiwv (Matth. 27, 37; 
Mare.ı5, 26; Luc. 23, 38; Joh.1ı9,1g. — ı2] reSeıxores xrA. Matth. 
27, 35 (Mare. ı5, 24; Luc. 23, 34): disuepioavroe TE indria aurev OoAAovres 
»Anpov, Joh.19, 23f. ist ausführlicher; er bietet auch: Auxwnev ep 
. düro) rivos eotaı. — 13] Luc. 23, 40, aber bei Lue. sprieht der eine 
Schächer zum anderen (statt wvaoıoev steht bei Lue. erırıuwv, ferner 
Mmels uv dixeiws, dgıa yap wv Empafauev dmoramfavousv‘ couTos de oudev 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 957 


aromov Empakev, hier liegen zwei verschiedene, aber verwandte Über- 
lieferungen vor); zu owr1p ray dvSpwrwv s. I. Tim. 4,10. — 14] dya- 
vaxıncavres, s. Matth. 20, 24; 21,15; 26,8; Marc. 10,14. 41; 14,4; 
Luc. 13,14; aöro wäre sicher auf den sprechenden Schächer zu be- 
ziehen, stände nicht Joh. 19, 33. Dennoch ist die Beziehung auf den 
Schächer wahrscheinlicher; denn jedenfalls liegt hier eine andere 
Tradition vor als bei Johannes. In unserem Evangelium sollen ihm 
die Beine nicht gebrochen werden, damit seine Qualen sich noch 
verlängern; bei Johannes wird erzählt, das Beinbrechen sei nicht 
geschehen, weil Jesus bereits gestorben war. Also ist doch wohl vom 
Schächer die Rede, aber dann streitet der Bericht mit Joh. 19, 32; 
zu 6xeAoxoby s. das seltene oxeAoxomia. 

15] Zu veonwApie s. Matth. 27, 45; Mare. ı5, 33; Lue. 23, 44 (exrn 
wpa); statt vacav mv Iovdaıav bieten jene Evangelien ra» (6ry» Mare. 
Luce.) riv yyv. Das Wort Sepußeiv findet sich Matth. 9, 23; Mare. 5, 39; 
Act. 17,5; 20, 10. Zu Aywviaoav s. v. 45 u. Euseb. h. e. V, ı, 18: Fns 
deorolvng dywvwons, um oÜde Tyv öMoAoyıav Ouvycerdu mapennıdoaoNaı; zu ye- 
yparrtaı s.v.5. — 16] Die Verse Matth. 27, 34 u. 48 scheinen hier com- 
binirt zu sein (Mare. ı5, 23. 36, ef. Joh. 19, 29); die Einleitung aber 
(zart ıs aürwv eimev) findet sich in den kanonischen Evangelien nicht. — 
17] Dieser Vers hat keine genaue Parallele in den Evangelien, ebenso- 
wenig der ı8., der eine Ausmalung der Finsterniss ist. — 19] Nach 
Matth. 27, 46 und Mare. ı5, 34 (&Sonsev dw veydrn, das Aeywv nach 
Matth.). Die Wiedergabe »9 duvauıs mov« ist unserem Evangelisten 
eigenthümlich; er nahm an dem Ausdruck der Gottverlassenheit An- 
stoss. Statt xar&renles bieten Matth. und Mare. eyxareärres und über- 
setzen auch das hebräische »Aaud« (Asua). Statt dveäypIn (s. Act. 1, 2) 
bietet Matth. 27, 50 dbyxev ro mveüue, Marc. 15, 37 &£emvevoev (Luc. 23, 46 
eimwv &£emvsuoev), Joh. 19, 30 Tapsdwxev 76 mveuud. Das dverydbSn kann 
doketisch verstanden werden (doch s. Luc. 23, 43). 

20| aürns ns Was, so genau berichten die anderen Evangelien 
(Matth22 775.1: Maresiıs, 383, Luce. 23,45). nicht; statt diecyn bieten sie 
alle eoyıoSn; der Ausdruck »Tempel von Jerusalem« statt »Tempel« 
zeigt, wie fern unser Verfasser von Jerusalem stand; eis dvo Matth. und 
Marec., uecov Luc.; sehr beachtenswerth ist, dass unser Evangelium die 
Verse Matth. 27, 52. 53 nicht bietet, ebensowenig die Geschichte vom 
Hauptmann. — 21] Wir erfahren hier, dass die Hände angenagelt 
waren (nicht die Füsse); dieser Zug fehlt in den kanonischen Evan- 
gelien. Aber s. Ignat. ad Smyrn. ı, 2: xoSInAwuevov Umso Aumv Ev Dapxı 
(s. auch ı, ı). Die Nagelung scheint nach Martyr. Polye. 14, ı die 
Regel gewesen zu sein (co xadyrwoav, mpooedycav de aurov). Aristides, 
Apol. 2: »von den Juden wurde er mit Nägeln durchbohrt«. Melito, 


958 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 10. November. 


fragm. XV (Orro): »gui clavis in carne ficus est«. Hippol., Philos. 
IX, 10 (Noär): rev YAcıs zaramayeıra. Das A yy raca &0eıc9y nach Matth. 
27, 51 (ohne rau); aber dass die Erde erbebte in dem Momente, als 
der Leichnam Jesu auf sie niedergelegt wurde, ist dem Evangelium 
eigenthümlich; peßes weyzs, cf. v. 25, 28, Ähnliches steht nur Luc. 23, 


48. — 22] Anschaulicher erzählt als in den kanonischen Evangelien, 
. > / . . . 
aber sachlich dasselbe. — 23] exapncav seil. darüber, dass die Sonne 


wieder schien; 7% won xrA., hier ist summarisch erzählt, weil die 
Bitte schon v. 3 f. mitgetheilt worden war (Matth. 27, 57 £.; Mare. 
15,42 f.; Lue. 23, 54 f.); &reıdy Yeaodusvos xrA., dieser Zug fehlt in 
den kanonischen Evangelien. — 24] Aaßwv wie Matth. 27, 59; &Acuoe 
fehlt in den kanonischen Evangelien; aAäyse wie Marc. 15, 46: Eveıryoe 
(Matth. 27, 59 und Lue. 23, 53: &vervrufev, Joh. 19, 40: &dycav); cwvdarı 
nach den Synoptikern; xaı eioyyayev eis ıdıov r&bov, diese Ausdrucksweise 
ist unserem Verfasser eigenthümlich, die vier kanonischen Evangelien 
haben &I$yxev (zare$yxev) und uumuelov; xaAcumevov mov lwon®d, ähnlich 
nur Joh. 19, 41: Av de &v TW Torw Omou Eoraupwon xymos xal Ev rw KymW 
umuelov, aber das #aAcvuevov ist an sich und neben r&dbov auffallend; 
war der xyros "Iwond zur Zeit des Verfassers etwa eine bekannte Lo- 
calität (?). — 25] iepeis kommen in der Leidensgeschichte, wie sie die 
kanonischen Evangelien erzählen, nicht vor; der ganze Vers hat in 
ihnen keine Parallele (Luc. 23, 48 klingt entfernt an) und zeigt, wie 
fern der Berichterstatter den Ereignissen stand. 

26] 'Eyw xrA., nach v. 60 ist es Petrus. — Dieser und der folgende 
Vers haben in den kanonischen Evangelien keine genaue Parallele 
(annähernd Lue. 24, 17 £f., Joh. 20, 19. 26); Justin, Apol. I, 50, Dial. 53, 
103. 106, ÜCels. bei Orig. I, 9 gehören nicht hierher. Am wichtigsten 
ist die Mittheilung, dass die Jünger sich verfolgt glaubten ws rev vacv 
Serovres Euroncan, s. Matth. 26, 61 und den dem Stephanus gemachten 
Vorwurf; das Wort &vorevev ist mir sonst nieht bekannt; vuxros x. 
uspas Ews red oußBarev ist unbedacht geschrieben. 

28—33] Mit v. 28 beginnt die zweite Hälfte unseres Fragments. 
Sie sticht, mit Ausnahme der vv. 59. 60, sehr zu ihrem Nachtheil 
von der ersten Hälfte ab. Die Leidensgeschichte ist kurz und schlicht 
erzählt und steht im Ganzen den Berichten der kanonischen Evan- 
gelien wenig oder überhaupt nicht nach. Die Auferstehungsgeschichte 
zeigt die fortgeschrittene Legendenbildung. Eine breite Ausführung der 
Erzählung Matth. 27, 62—66, aber mit starken Abweichungen ; wört- 
lich ist v. 30 der Satz Matth. 27, 64 aufgenommen: wywore &A%ovres oi 
nadyral alrov »anbwew aurov. Zu dem dixaus v. 28 s. Luc. 23, 47. Der 
Name »Petronius« v. 31 findet sich m. W. nur hier. Nach Matth. 27, 60 
und Marc. ı5, 46 hat Joseph den Stein (uey«v Matth., s. auch Mare. 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 959 


ı6, 4) vorgewälzt; unsere Erzählung (v. 32) bietet eine Steigerung; 
auch die Grösse des Steins ist gesteigert. Statt wyuazros bieten Matth. 
und Mare. uvyueov. Fbenso sind die sieben Siegel (v. 33) eine weitere 
Ausschmückung (Matth. sagt v. 66 nur oppayıcavres), sowie das Wächter- 
zelt. — 34] Dieser Vers soll ebenfalls die Gewissheit vermehren, dass 
das Grab von Menschenhänden nicht gesprengt werden konnte und 
als fest verschlossenes gut bezeugt ist; bei Matth. findet sich nichts 
Ähnliches. Zu &rıbwexovros S. v. 5. 35. 

35—58] Diese Verse sind eine breite, in vielen Zügen vermehrte 
und veränderte Schilderung auf Grund von Matth. 28, 1— 8°, 1 1—1ı5 
oder einer ähnlichen Quelle (es fehlt Wichtiges aus dem Bericht des 
Matthäus); einige Züge aus Mare. (und Lue.?) sind eingestreut. Der 
Auferstehungsvorgang selbst, in dessen Andeutung Matth. v. 2—4 
unter den Evangelisten am weitesten gegangen ist, ist hier kühn aus- 
gemalt. Man erkennt, wie die Legendenbildung fortgeschritten ist. — 
35] Für m ds vurri 4 Erspwoxev 4 xupiaxn (zu xupiaxy Ss. v. 50) bietet 
Matth. 28, ı augenscheinlich die ältere, noch nicht vom christlichen 
Sprachgebrauch beeinflusste Fassung (v. 1): od& caßßarwv 147 Erıbwoxouen 


> , ' / b) . 

eis mov vaDBarwv. — 36] dvo avdas, s. Luce. 24, 4. — 37] Hier bewegt 

sich der Stein von selbst; nach Matth. 28, 2 wälzt ihn der Engel weg; 
. / 6) \\ w I, 

veavioxo, bietet nur Mare. — 38] Anders Matth. 28, 4: ars de rov doßov 


AUTOU EEIOSNCAV ol Typoüvres zul Eyevovro woe vexpa. Was in unserem 
Evangelium hier steht, ist singulär (auch, dass die Ältesten am Grabe 
mitgewacht haben), ebenso v. 39 (merkwürdig ist das UropIeuvras — 
ihn stützend aufriehten und das »nachwandelnde Kreuz«, das einen 
»enostischen« Eindruck macht) und v. 40—42. Im 40. Verse soll 
Jesus, der in der Mitte der beiden Engel geht, als sie überragend 
vorgestellt werden. Leider sind die Verse 41 und 42 schlecht über- 
liefert. Die Worte der Himmelsstimme verstehe ich nicht; wahr- 
scheinlich ist etwas ausgefallen. Ist statt zewwuevas vielmehr zauw- 
uevors (s. Matth. 28, 13 Auwv xomwuerwv) zu lesen? Aber was heisst 
xcu Umaxon Auch v. 42 ist unsicher; hat aus dem Kreuz eine Stimme 
gesprochen? So scheint es: das erinnert an die apokryphen Apostel- 
geschichten. In den Versen 43—48 ist Pilatus die Hauptperson, nach 
Matth. 28, 1 1 ff. sind es die Hohepriester und der ganze Rath; angedeutet 
sind diese in dem Petrusevangelium in den rayrss v. 47 f.— 43] evdavıcaı, 
s. v.45 Einynoavro und Matth. ı ı dmyyyarav. — 44] ovIpwros Tıs, NÄM- 
lich ein Engel; das ist der Engel Matth. 28, 2. 5 ff. und Mare. 16, 5 £. 
Unsere Erzählung, die erst zwei, dann einen Engel erscheinen lässt, 
sieht fast wie eine Combination aus Matth. und Luc. aus. — 45] &yw- 
vImvTes, S. V.15; dAySws vios Av Seod, so spricht der römische Haupt- 
mann bei Matth. 27, 54 (Mare. ı5, 54: dAnSws 6 dvSpwros oVros vios Av 


pp As . . . . r 
I60 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 10. November. 


$eov). — 46] S. Matth. 27, 24: dIwes eim dro ToV aiuaros Tov dixalou 
rovrou® Aueis obeodye. — 47fl.] Matth. erzählt hier ganz anders (der 
Rath fordert die Soldaten auf, die Lüge zu verbreiten, die Jünger 
hätten Jesum heimlich gestohlen, und giebt ihnen dafür Geld: x 
Ey AxovoIN ToUTo Em ToU Hyeuovos, MUES mEIToMEV auTov Kal Üuds ouepin- 
vous momoonev). — 48] Die Rede ist sehr ungeschiekt ausgedacht. 
50] "OpSpov, so nur Luc. 24, ı; xupaxns, Ss. v. 35 (term. techn., 
fehlt in den kanonischen Evangelien); Mapıau Maydaryyy, nur sie wird 
hier genannt; bei Matth. 28, ı und Marc. 16, ı steht sie voran (die 
joh. Erzählung kommt hier nicht in Betracht); vaSyrgz, das Wort im 
Neuen Testament nur Act. 9, 36; das oüx ist wohl zu tilgen; aber 
auch dann ist nicht alles plan. — 51] r&s diras, Magdalena ist unter 
den gläubigen Weibern die Hauptperson, wie Petrus unter den Aposteln ; 
omou Av redeis, s. Marc. 16, 6: omov EIyxav aurov (Matth. 28, 6: omou exeıro). 
— 52] umuaros, nur Luce. 23, 53; 24, 1. — 53] Fast wörtlich nach 
Mare. 16, 3: rıs dmoxuAice Auiv Tov Ardov Ex Tys Süpas To) Wmueou. — 
54] ueyas, s. zu v. 32; statt »Aauoousev za xorbouede ist vielleicht xaı 
xAavownev xaı xolwuseda zu schreiben. — 55] Avewyuevov (zur Form vergl. 
Euseb., h.e. V, ı, ı8), s. Matth. 27, 52: 7a wyueis dveuy,Sucav; Tope- 
xulav, s. v.56, Joh. 20, 5: wapuxunlas Brereı (Luc. 24, 12), 20, Iı 
Mapa ... maperulev eis 70 wunuelov; öpwow xrA. nach Mare. 16, 5: eidov 
veavioxov Xalmuevov Ev Tois deZuois, mepıdeßAnuevov OToANV Asuzyv (wpatov fehlt 
in den kanonischen Evangelien). — 56] rı 72%are; fehlt in den kano- 
nischen Evangelien. ra Lureire; un Tov OraupwIevra Exeivov; dveorn xal 
amnADev bis 09ev dreordry, s. Matth. 28, 5 sq.: un boßeioIe Unsis" oida yalp 
orı Imoolv Tov Eoraupwmsvov Qyreite. oÜx Eorw WdE: Myeooy Yao, xadws eire. 
ÖEUTE, Ldere Tov Tomov omou exeıro (Marc. 16, 6: un ExSaußeioIe: Inoouv Cnreire 
Tov Nalapıyvev, Tov EOTOAUDWILEVOV " MyEoSM, 0Ux Eorıv WOE" Ide, 6 Tomos omou EIy- 
xav adrov. Luc. 24, 5 Sq.: Ti Cyreire Tov Lwvra Werd TWV verpWv; 0UX Eoriv 
wöe, AAN Ayep&y xrA.). — 57] Nach Mare. 16, 8: &£:MoVoaı eduyov... 
eboßouvro yap (anders schon Matth. 28, 8). — 58] rerevrams nuspa, S. v. 5. 
Das hier Gesagte hat in den kanonischen Evangelien keine Parallele. 
Es wird erzählt, um darauf vorzubereiten, dass auch die Jünger in ihre 
Heimath, Galiläa, zurückkehrten (eEEnpxovro secil. aus Jerusalem). — 
59f.] ci dwoexa nadyrel rev xupiov, ist gedankenlos gesagt (Judas fehlte) 
oder als term. techn. für das Apostelcollegium; exAuıonev xrA., s. das 
zu v.26f. Bemerkte; ro ouußav, s. Luc. DAN EN. mepi Tavruwv TWV OUM- 
Beßnxorwv Tovrwv. — eis Tov oixov, seil. nach Galiläa. Das wird freilich 
erst durch v.60 (eis ryv Saraccay) deutlich (im anderen Fall müsste 
man dem Verfasser den unglaublichen Irrthum aufbürden, er habe 
den See Genezareth in die Umgegend von Jerusalem versetzt). _Der 
Verfasser des Petrus-Evangeliums lässt den Herrn vor seinen Jüngern 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 961 


erst in Galiläa erscheinen, also wie Matth. (28, 7. 10. 16) gegen Lucas 
und Johannes. — 60] ’Eyw de Zıuwv Ilerpos, damit ist der Titel des 
Evangeliums, aus dem unser Fragment stammt, gesichert; Alva, dieser 
Name für »Netze« findet sich in den kanonischen Evangelien nicht; 
eis ryv Saraccav, zum See Tiberias; also nicht auf einem Berg in 
Galiläa, wie Matth. 28, ı6 erzählt, fand die erste Erscheinung Jesu 
vor Aposteln (nach dem Petrus-Evangelium) statt, sondern man muss 
erwarten, dass es etwas Ähnliches erzählt hat wie Joh. 21, ıff. (nieht 
dasselbe, wie schon die verschiedenen Jüngernamen beweisen). Das 
ist um so beachtenswerther, als das Petrus- Evangelium sonst in der 
Auferstehungsgeschichte von Johannes ganz verschieden berichtet. 
Dass es hier abbrieht, ist um so mehr zu beklagen, als höchst wahr- 


scheinlich im Folgenden eine Erscheinung vor Petrus — und zwar 
als die erste — berichtet war, das Evangelium also mit I. Cor. 15, 5 


[Lue. 24, 34] stimmte. Eine Erscheinung Jesu vor den Weibern oder 
vor Maria Magdalena (Matth. Joh.), die der Erscheinung vor Petrus 
vorangegangen wäre, kennt das Evangelium nicht; auch schliesst es 
den Bericht des Hebräer-Evangeliums aus, Jesus sei zuerst dem Jacobus 
erschienen. Besässen wir den Schluss des Evangeliums noch, so hätten 
wir wahrscheinlich in ihm den relativ zuverlässigsten Bericht über die 
erste Erscheinung Jesu, die Paulus und Lucas eben nur erwähnen. 
Asvels 6 red "AAdbaiou, so nur Mare. 2,14; nach xupes ist vielleicht zu 
ergänzen: xaSynevov mi To TeAwviov &xareoev. Die Zusammenstellung: 
Petrus, Andreas, Levi (Matthäus) kommt sonst nicht vor. Schwerlich 
ist Levi (Matthäus) hier schon in seiner Eigenschaft als Evangelist 
genannt. 


In dem ersten Artikel habe ich bemerkt, unser Evangelium scheine 
auf den kanonischen Evangelien zu fussen und also jünger wie diese 
zu sein. Der letztere Eindruck bestätigt sich durch eine genaue Unter- 
suchung: in der Auferstehungsgeschichte ist es sogar der Darstellung 
des Matthäus gegenüber in wichtigen Abschnitten secundär.' Was 
nun das Verhältniss zu den einzelnen Evangelien und die directe Ab- 
hängigkeit betrifft, so scheint mir erwiesen, dass unser Verfasser das 
Marcus- Evangelium gekannt hat (s. das zu den Versen 7. 24. 37. 51.53. 
55. 57. 60 Bemerkte). Nieht mit derselben Sicherheit möchte ich be- 
haupten, dass er unseren Matthäus gelesen hat. Unzweifelhaft steht 
er von allen Evangelisten diesem weitaus am nächsten (das Fragment 


! Vergl. auch die Stellung zu den Juden und den term. techn. N zugıeen V.35- 50, 
den die kanonischen Evangelien nicht brauchen. 


962 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 10. November. 


beginnt mit dem Händewaschen des Pilatus [dies berichtet nur Matthäus] 
und schliesst mit einer oder mehreren Erscheinungen Jesu vor seinen 
Jüngern in Galiläa, ohne vorher solche in Jerusalem zu berichten 
[wie Matthäus]; es schildert den Moment der Auferstehung, was von 
den Evangelisten nur Matthäus — wenn auch mit viel grösserer Zu- 
rückhaltung — gethan hat; es berichtet über die Grabeswache, die 
nur Matthäus kennt u. s. w.); aber er weicht dann wiederum von 
Matthäus an sehr vielen wichtigen Stellen so stark ab und erzählt 
so anders, dass die Annahme näher zu liegen scheint, er habe aus 
demselben Traditions- und Legendenkreis geschöpft wie unser Matthäus, 
sei aber von diesem selbst nicht direet, sondern höchstens secundär, 
vielleicht gar nicht abhängig. Diese Annahme scheint sich auch des- 
wegen zu empfehlen, weil dort, wo die beiden Evangelien differiren, 
zwar öfters, aber keineswegs überall, der Vortheil auf Seiten des 
Matthäus liegt. Manches in unserem Evangelium sieht freilich wie 
eine wörtliche Copie (s. v. 30), manches wie eine einfache Ausspinnung 
des Berichtes des Matthäus aus; aber z. B. die Legende Matth. 27, 
52. 53 kennt unser Verfasser nicht; auch 27, 54 und 28, ı5” fehlen; 
noch wichtiger ist, dass die Christophanie vor den Frauen 28, 9. 10 
nicht aufgenommen ist. Dass Pilatus in Bezug auf die Stellung der 
Grabeswache in unserem Evangelium im Vordergrund steht, ist gegen- 
über dem Bericht bei Matthäus kaum ein Nachtheil. Das Dilemma 
ist dies: entweder fusst das Petrus- Evangelium auf unserem Matthäus 
— dann hat es dieses Evangelium als eine unvollkommene, zum Theil 
unglaubwürdige Darstellung mit höchster Freiheit behandelt und stark 
corrigirt — oder es fusst auf einem unserem Matthäus verwandten Bericht, 
den es weiter ausgesponnen hat. In letzterem Falle muss die Frage offen 
bleiben, ob dazu noch unser Matthäus seeundär benutzt ist oder nicht. 
Ähnlich steht die Frage in Bezug auf das Verhältniss zum Lucas-Evan- 
gelium. Die beiden Stücke v. 1— 5 (Herodes in der Leidensgeschichte) und 
v.ı3 (die Rede des Schächers) hat das Petrus- Evangelium nur mit dem 
Lucas-Evangelium gemeinsam. Aber wie anders hat jenes Evangelium 
erzählt! Hat es den Lucas gekannt oder nur ähnliche Traditionen wie 
Lueas benutzt? In dem Stück v.ı—5 ist es dem Lucas- Evangelium 
gegenüber entschieden secundär; aber gilt das auch von v.ı3? Im Lucas- 
Evangelium sprieht der Schächer zu seinem Mitgehenkten, in unserem 
Evangelium zur Menge — was ist ursprünglicher? Die Rede des 
Schächers dort und hier sieht wie verschiedene Übersetzungen einer 
Vorlage aus: Yusis dia Ta xaxa & Emoimoauev ourw memovIaev, oüros de 
und Aueis ev dixaws, dEian Yap wv Emodkamev dmorumdvousv‘ oüros de. 
Die Fortsetzung lässt die lucanische Fassung als die ältere erscheinen: 
oüdev dromov erpafev (Petrus-Evangelium: swryp yevonsvos Tuv dvSpwrwv 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 963 


Tı 9dırnoev üuas;). Finzelheiten, wo eine Abhängigkeit zu vermuthen 
ist, habe ich zu v.;5. (7.) 10. 21. 28. 36 (diese Stelle scheint mir be- 
sonders wichtig) 50. 52. 59 verzeichnet. Um ein sicheres Urtheil zu 
gewinnen, reichen sie nicht aus. Mindestens muss jedoch die Annahme 
offen bleiben, dass der Verfasser unser Lucas-Evangelium gekannt, 
es v. 1—5 höchst frei ausgeführt und v. ı3 corrigirt hat. -- Schliesslich 
ist das Verhältniss zum Johannes-Evangelium zu betrachten." In der 
Erzählung steht unser Verfasser dem vierten Evangelium am fernsten; 
2 der ‚Stellung zu den Juden (s. das. zu v.ı Bemerkte, v.6. 15. 20. 
23. 25. 48. 50. 52) trifft er mit ihm zusammen, ja übertrifft es durch 
die Art, wie er Pilatus zurückschiebt und die Leiter des jüdischen Volks 
(sammt Herodes) zu den eigentlichen Richtern Jesu macht. Für eine 
Abhängigkeit lässt sich allerdings hieraus nichts folgern, auch nicht 
aus den Wortparallelen, die ich zu (7.) 9. 10. ı2. 55 (die beiden letzt- 
genannten Stellen sind vielleicht doch nicht ganz ohne Werth) an- 
geführt habe. Ferner, dass unser Fragment mit einer Erscheinung 
Jesu in Galiläa am See vor Petrus schliesst, ist eine wichtige Paral- 
lele zu Joh. 21, ı ff., aber auch nicht mehr; denn, obgleich wir nur 
den Anfang der Geschichte in unserem Fragment besitzen, genügt 
das uns Erhaltene doch, um zu erkennen, dass das Erzählte nicht 
aus Joh. 2ı, ı ff. geflossen ist. Es bleiben somit nur drei Stellen 
übrig, nämlich ı. der xwAounevos x7ros 'Inoyb in v. 24 (nur Johannes 
hat 19, 41 den Josephsgarten), 2. der Hinweis auf das jüdische Gesetz 
in v.5 und ı5 (s. einen ähnlichen Hinweis Joh. 19, 31) und der Be- 
richt über das Brechen der Beine v.ı4. Hält man auf Grund dieser 
Stellen die Abhängigkeit vom vierten Evangelium für wahrscheinlich 
— erwiesen ist sie nicht —, so muss man auch die Consequenzen 
tragen, dass der Verfasser des Petrus-Evangeliums sich ı. um das 
Evangelium, obgleich er es gekannt, so gut wie gar nicht gekümmert, 
und 2. es an der sichersten Stelle, wo er es braucht, corrigirt hat; 
denn wie man auch v.ı4 deuten möge, immer steht der Vers mit 
der Darstellung des vierten Evangeliums in Widerspruch. Deutet 
man ihn auf Christus, so widerspricht das »erws Bacavılousvos dro- 
Sovoı« dem johanneischen Bericht: deutet man ihn — was viel wahr- 
scheinlicher ist — auf den Schächer, so widerspricht das Joh. 19, 32, 
wo ausdrücklich gesagt ist, beiden Schächern seien die Beine ge- 
brochen worden. Zu den Stellen, die eine Verwandtschaft der beiden 
Evangelien begründen, kommt aber endlich noch v. 5: nach der wahr- 
scheinlichsten, ja vielleicht einzig möglichen Erklärung dieser Stelle 


! Der Universalismus des Heils ist in unserem Evangelium stark ausgeprägt 
. f . \ m > I 
durch die Bezeichnung Jesu als,swrng rav avSgwruv v. 13. 


Sitzungsberichte 1892. 87 


964 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 10. November. 


steht der ı. Tag der süssen Brode noch bevor, d.h. Jesus ist nach 
diesem Bericht am 14. Nisan gekreuzigt worden, wie auch das 4. Evan- 
gelium behauptet. 


Weit entfernt, dass der neue Evangelienfund die literarhistorischen 
und historischen Probleme, welche die vier kanonischen Evangelien 
bieten, lösen helfe, complieirt er sie nur, wenigstens zunächst. Zu 
den vier Factoren, die — weil wir ihre Quellen nicht sicher kennen — 
zum Theil unbekannte Grössen sind, ist ein fünfter getreten. Mag man 
auch alle Nachrichten, die das neue Evangelium über die kanonischen 
Evangelien hinaus bringt, für unglaubwürdig, secundär, ja tertiär halten :' 
die Verwandtschaft mit den synoptischen Evangelien und wiederum die 
Selbständigkeit des neuen Evangeliums ist so gross, seine Beziehungen 
zu Matth., Marc., Luc. den Beziehungen so ähnlich, die diese Evangelien 
unter einander haben, dass Niemand in Zukunft stillschweigend über 
das Petrus-Evangelium hinweggehen kann, der sich kritisch mit den 
kanonischen Evangelien beschäftigt. Wie man auch über die Frage 
seines Verhältnisses zu diesen urtheilen mag — das Vorstehende will 
nur als eine vorläufige Mittheilung betrachtet sein —, soviel ist schon 
jetzt gewiss, dass unser Evangelium in eine Zeit gehört, da der 
evangelische Stoff noch im Fluss war.” Denn supponirt man, dass 
es seinen ganzen Stoff aus den kanonischen Evangelien habe, so folgt, 
dass man diese damals noch in freiester Weise behandelt und um- 
geformt hat; nimmt man an, dass es von ihnen unabhängig sei, so 
ergiebt sich, dass es aus einer Zeit stammt, in der neben den ka- 
nonischen Evangelien der Strom der evangelischen Überlieferung und 
Legende noch frei gefluthet hat und man noch kühn aus ihm schöpfte, 
ohne sich um bereits fixirte evangelische Schriften zu kümmern. Aus 
diesem Dilemma ist nur dann ein gewisser Ausweg möglich, wenn 
sich nachweisen lässt, dass das Petrus- Evangelium für eine ausser- 
kirchliche christliche Partei geschrieben ist, die sich an die Über- 
lieferungen und Ordnungen der grossen Kirche nieht gebunden fühlte. 
In diesem Falle wäre die Situation, die als Voraussetzung des Evange- 
liums zu ermitteln ist, für die Erkenntniss der Situation der grossen 
Kirche (gegenüber den kanonischen Evangelien) nicht schlechthin maass- 
gebend. Für eine solche nur particulare Bedeutung unseres Evange- 
liums fallen seine doketisch-gnostischen Züge schwer in’s Gewicht: 


! Doch ist eine solche Ausgabe wie z. B. die v.26b gewiss aller Beachtung würdig, 


s. auch das zu v. 5gff. Bemerkte. 

2 Dass unser Fragment die Bemühungen, letztlich auf ein aramäisches (hebräisches) 
Original zurückzugehen, unterstützen wird, sei nur angemerkt; vergl. das zu v. 12.13. 
19. 20. 24. 31.43. 56 Bemerkte. Auch Anderes wäre noch zu nennen. 


Harnack: Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 965 


die eigenthümliche Wiedergabe des Wortes Jesu am Kreuz (v. 19) und 
das dveryb% (l. e.), der sich selbst bewegende Stein (v. 37), das wan- 
delnde Kreuz (v. 39) und die Stimme aus dem Kreuz (v. 42). Der- 
gleichen mag das vollständige Evangelium noch mehr enthalten haben. 
Wie man über diese Frage aber auch urtheilen möge (»doketische« 
Züge beweisen an sich noch nicht die Unkirchlichkeit im 2. Jahr- 
hundert) — seiner Verwandtschaft mit den kanonischen Evangelien 
wegen (bei relativer Selbständigkeit) wird dieses bedeutende Fragment 
einer evangelischen Schrift stets einen hervorragenden Platz in der 
urchristlichen Litteratur einnehmen und auch innerhalb der » Einleitung 
in das N. T.« beachtet werden müssen. Seinem Entdecker gebührt der 
wärmste Dank. 


Ausgegeben am 17. November. 


87* 


. 967 


1892. 
XLVI. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


10. November. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ulasse. 


Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs-Reymonn. 


Hr. Prinesuem las über Wachsthum chemischer Nieder- 
schläge in Gallerte. 

Die Mittheilung wird in einem späteren Stück erscheinen. 

Der Vorsitzende berichtete über Versuche an im hiesigen Aquarium 
neugeborenen Zitterrochen, welche ihm durch die Güte des Hrn. Dr. 
Orro Herues zur Verfügung gestellt wurden. Das Nähere wird an 
einem anderen Orte veröffentlicht werden. 


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969 


Über den troischen Ida, die Skamander-Quelle und 
die Porta von Zeitunlü. 


Von Rup. VIRcHow. 


(Vorgetragen am 3. November [s. oben S. 893].) 


je ist eine sonderbare Erscheinung, dass eines der ältesten geogra- 
phischen Probleme, an welches sich zugleich ein hervorragendes Inter- 
esse für das Verständniss poetischer und historischer Überlieferungen 
knüpft, noch bis auf den heutigen Tag nieht so weit aufgeklärt ist, 
dass unsere Karten ein sicheres Bild der thatsächlichen Verhältnisse 
gewähren. Ich meine den troischen Ida, der durch die homerische 
Diehtung allen Gebildeten fast so vertraut geworden ist, wie es nur 
die Gebirge der Heimath zu sein pflegen. 

Die erste Schwierigkeit hat sich daraus ergeben, dass schon im 
Alterthum der Name des Gebirges in sehr schwankender Weise ge- 
braucht worden ist. Strabon' stellt dasselbe als langgestreekt und 
daher wegen seiner vielen Ausläufer (Tporodss) einem Tausendfusse ähn- 
lich (oxoAorevdpwörs) dar; jederseits ende es in eine Höhe (dxpwrnpuov): 
gegen Westen in das Vorgebirge Lekton, gegen Norden mitten im 
Lande (uessyaıw), in der Nähe der Propontis bei Zelea. Dazu komme 
die dritte Höhe, Gargaron, deren Lage durch den Hinweis auf die 
an ihrem Südfusse gelegene aeolische Küstenstadt Gargara bezeichnet 
werde. 

Diese Darstellung, welche sich im Allgemeinen der homerischen 
anschliesst, unterscheidet sich von derselben in einem Hauptpunkte. 
Sie beschäftigt sich vorzüglich mit den unmittelbar an der Küste 
oder doch in geringer Entfernung davon gelegenen Endpunkten der an- 
genommenen Kette, aber nur wenig mit dem Centralstock, der doch 
in der homerischen Auffassung im Vordergrunde steht. In der Ilias“ 
wird auch das Vorgebirge Lekton zum Ida gerechnet, aber der Gar- 
garos, die eigentliche Höhe des Ida, steht im Mittelpunkte der poe- 
tischen Betrachtung.” 


! Strabonis Geographia Lib. XII. cap. 1. 5. 
2 Ihas X], 283. 
& Jlias VIII. 47. XIV, 292. 


970 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


In der That ist dieser Theil des Gebirges auch für die natürliche 
Betrachtung der entscheidende. Wer die Reise nach der Troas über 
Constantinopel macht, kann schon von dem 'Thurm von Galata aus 
an einem klaren Tage über die Propontis hin am fernen Horizonte 
die Spitze des Ida, einen stumpfen Kegel auf breitem Rücken, wahr- 
nehmen. Dieselbe sieht man von der Höhe von Hissarlik, wo die 
niedrigen Vorberge eine freiere Aussicht gestatten. Und ebenso er- 
scheint sie in grösserer Nähe vom Karadagh über Ineh, wo sie als 
Schluss des mittleren Skamanderthals hervortritt. Sehr viel schwächer 
stellt sie sich von der Südseite dar. Wenn man am Südrande der 
Bucht von FEdremit, z. B. auf den Ruinen des alten Adramyttion, 
auf dem Karatasch, steht, so sieht man längs der ganzen Nordküste 
des weiten Golfs die fast in einer Linie fortziehende Kette des Ge- 
birges von der Gegend von Assos her bis weit über Edremit hinaus, 
wo sie sich in die Höhen von Mysien verliert; die Gegend des Gar- 
garos ist deutlich erkennbar, aber sie bildet hier nur eine längliche, 
wenig hervortretende Anschwellung des Höhenkammes. 

Nichts in der ganzen Ausdehnung des Gebirges kommt dieser 
Stelle auch nur nahe. Ihre bis fast zu 1800” ansteigende Höhe hebt 
sie auch über die anderen, ihr benachbarten Berge empor. Westlich 
gegen Assos hin senkt sich das Gebirge so weit, dass hier eine Art 
von Unterbrechung eintritt; erst allmählich hebt es sich wieder gegen 
Lekton hin. Der nördliche Ausläufer, den Strabon bis gegen Zelea 
hin sich erstrecken lässt, hat keine Continuität mit dem Hauptstock ; 
zwischen beiden liegt eine weite, hie und da von ganz niedrigen 
Rücken durchsetzte Felsebene, die nur in den Flussthälern einige 
Fruchtbarkeit entfaltet. 

Ich war auf zwei Reisen, die ich mit Scuuirmann von Hissarlik 
aus unternahm, in der Lage, die Verhältnisse dieser Region genauer 
kennen zu lernen. Die erste, Ende April 1879 unternommen, führte 
uns auf einem Umwege über Alexandria Troas und den Chigredagh 
nach Ineh in das mittlere Skamanderthal, dann nach Beiramitsch und 
von da durch das obere Skamanderthal nach Ewjilar und an die 
Skamander-Quelle. Ich habe der Akademie darüber in meinen »Bei- 
trägen zur Landeskunde der Troas ı880« Bericht erstattet. Die Witte- 
rung gestattete uns damals nicht, den Idastock zu ersteigen; wir 
waren genöthigt, unsere Reise westwärts längs des Fusses des Ge- 
birges bis zum Ineh-Tschai' und nach Aiwadschik fortzusetzen; von 
da wandten wir uns zum Thal des Satnioeis und nach Assos, und 


! Wegen der grossen Irrthümer, welche die gewöhnlichen Karten über diesen 
Flusslauf wiederspiegeln, verweise ich auf die Landeskunde der Troas. S. 103. Anm. 3. 


VırcHow : Der troische Ida, die Skamander-Q@uelle u. d. Porta v. Zeitunlü. TE 


machten dann auf einer Felucke unsere Rückfahrt zum Hellespont um 
das Vorgebirge Lekton (Cap Baba) und längs der Küste des Sigeion. 
Die zweite Reise, welche in der griechischen Osterwoche, ıı1. bis 
ı8. April 1890, und zwar ganz zu Pferde, ausgeführt wurde, ging über 
Neochori und den Karadagh nach Ineh und von da nach Beiramitsch 
und Ewjilar, wir bestiegen den Idastock und besuchten zum zweiten 
Mal die Skamander-Quelle, wandten uns dann über Ovakioi zu dem 
östlich vom Hauptstock gelegenen Pass, der in das Thal des Zeitunlü- 
Tschai führt, und stiegen auf schmalem Gebirgspfade dieses Thal bis 
in die Ölbaumebene von Zeitunlü hinab. Von da besuchten wir die 
hoch am Gebirge gelegene Porta, wandten uns dann nach Edremit, 
besuchten von da den Ruinenberg Karatasch und ritten längs des 
Strandes des Golfes von Edremit nach Ludjia Hammam und durch 
die schmale Ebene der alten Thebe, des Geburtsortes der Chryseis 
und der Andromache, nach Awjilar, das beiläufig an der Stelle von 
Antandros, »der Stadt der alten Leleger«, gelegen ist. Von da klommen 
wir auf fast senkrecht aufsteigendem Pfade zum Saschlik hinauf, der 
höchsten Erhebung westwärts vom ldastock und von diesem nur durch 
ein tiefes Querthal getrennt. Ein schmaler Reitweg führte uns über 
den Rücken zu dem Längsthal des Köpri Deressi an der Nordseite 
und von da unter dem Sarikis vorüber durch sehr wechselndes Terrain 
zu dem eigentlichen Nordabhange des Ida und zu der kleinen Ebene 
im Westen von Ewjilar. Den weiteren Rückweg nahmen wir wieder 
über Beiramitsch, gingen aber von da direet in nordwestlicher Richtung 
über Ischiklar zu dem alten Aquaeduet über den Thymbrios (Kimar 
Su) und endlich nach Hissarlik. Auf dieser zweiten Reise gelangten 
wir also nicht bloss auf den Gipfel des Ida, sondern wir umgingen 
auch den ganzen Idastock (Kazdagh) in einer grossen, vollständig 
geschlossenen Schleife. 

Der beherrschende Charakter dieses Stockes, sagen wir der Kürze 
wegen, des Gargaros wurde dadurch nach allen Richtungen klar ge- 
legt. Gegen Süden fällt derselbe überall ganz steil ab, sowohl gegen 
den Golf, als gegen das Delta von Edremit. Selbst die engen Thäler 
bieten für Wege kaum einen Platz. Längs des Küste des Golfes zieht 
sich ein sehr fruchtbares Vorland mit südlicher Vegetation (Ölbäume, 
Feigen, Quitten, Oleander, Jasmin, Pistacien, Tamarisken, Arundo donax, 
Cistus, Iris, Asphodelos u. A.) hin, aber nur bei Zeitunlü erreicht es 
eine gewisse Breite; von da nach Westen verschmälert es sich schnell, 
vielfach unterbrochen durch Felsstürze und vorgeschobene Gebirgs- 
massen. Gegen Norden fällt das Gebirge langsamer ab; eine Reihe 
von Vorbergen mit zwischengeschobenen Längsthälern erstreckt sich 
bis gegen das linke Ufer des mittleren Skamander. Bäche von längerem, 


972 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


meist gegen Norden gerichtetem Lauf und grossem Wasserreichthum 
treten an die Stelle der kümmerlichen Bäche des Süd- und West- 
abhanges, von denen die ersteren sehr schnell das Meer erreichen, 
während ein Theil der letzteren in Längsthälern zum Tuzla Tschai 
(Satnioeis) zieht. Gegen Osten giebt es hier weder Fluss noch Bach; 
erst in grösserer Entfernung kommen die nach O und NÖ abfliessenden 
Quellbäche des Aisepos. Ein hoher Querriegel verbindet den erwähnten 
Pass mit dem Vorberge von Ovakioi, der sich bis ‘gegen Ewjilar 
erstreckt. 

Von der Höhe des Sarikis sieht man die ganze Troas vor sich 
ausgebreitet von Meer zu Meer, wie ein grosses Reliefbild. Als wir 
die Spitze erreichten, brauste ein so gewaltiger Sturm, dass wir uns 
nur kriechend oder hinter Felskanten fortbewegen konnten. Dichtes 
Gewölk mit fast horizontal geschleuderten Regentropfen umhüllte uns. 
Aber von Zeit zu Zeit zerriss das Gewölk, bald im Norden. bald im 
Süden, bald im Westen, bald im Osten. Dann sahen wir den Helles- 
pont und das Aegaeische Meer, Samothrake, Lemnos und Tenedos, oder 
fast senkrecht zu unseren Füssen den Golf von Edremit, Mitylene und 
die lange Wasserstrasse bis nach Chios und Smyrna; wir sahen die 
Katakaumene und die ganze Kette des Ida bis zum Vorgebirge Lekton, 
die Berglandschaften um das mittlere Skamanderthal und die troische 
Ebene mit dem Sigeion und dem Hügel von Hissarlik, — und überall 
war viel Einzelnes erkennbar: Städte und Dörfer, Wald und Feld, 
Fluss und Berg. 

Das ist der Ida im engeren Sinne. An seiner Nordseite 
tritt der Skamander als ein fertiger Fluss hervor. Eine Be- 
schreibung der Quelle, oder, wenn man will, der Quellen habe ich 
früher! geliefert. Zur Charakteristik derselben will ich nur einige zu- 
sätzliche Bemerkungen machen. Wir stiegen bei der letzten Reise direet 
vom Gipfel des Ida, vom Sarikis, zu dem Quellthal herunter. Oben lag 
noch Schnee und kleinere Quellen rieselten aller Orten hervor, selbst 
hart unter dem Gipfel. Ein direeter Abstieg von da zum Quellthal ist 
zu steil, als dass wir denselben versuchen konnten. Wir gingen daher 
auf einem grösseren, gegen Westen ausbiegenden Umwege abwärts, 
kamen aber auch hier auf sehr abschüssige, vielfach durch Quer- 
schrunden unterbrochene Abhänge, auf denen sich die Pfade immer 
wieder sehr schnell in üppigem Waldwuchs verloren. Das eigentliche 
Quellthal liegt fast senkrecht unter den höchsten Gipfeln; es ist eine 
kurze, sehr enge, schnell ansteigende, gerade von Norden her ein- 
dringende Schlucht. Diehtes Gesträuch und hohe Bäume umgeben 


! Landeskunde der Troas S. 38 ff. 


VırcHow : Der troische Ida, die Skamander-Quelle u. d. Porta v. Zeitunlü. 973 


von allen Seiten den jungen Fluss, ihn so weit verdeckend, dass ein 
voller Anblick seines ersten Laufes nicht gewonnen werden kann. Er 
brieht in mächtigem Schwall aus einer Marmorhöhle hervor, welche 
ganz verborgen und heimlich zwischen dem Gehölz am Ende der 
Schlucht liegt; in zahlreichen Cascaden, vielfach die Riehtung ändernd, 
stürzt er über die Felsen herunter, hie und da ein kleines Becken 
bildend. Endlich, fast am Ende der Schlucht, empfängt er von seiner 
linken (westlichen) Seite her die »warme Quelle«, die freilich nicht 
warm im strengeren Sinne des Wortes, aber doch nach meiner Messung 
um 7°4 C. wärmer ist, als die obere, die eigentliche oder kalte Quelle, 
deren Temperatur ich zu 8°4 C. bestimmte." Die Angaben anderer 
Beobachter lauten etwas anders, aber sie stimmen doch darin überein, 
dass hier eine kalte und eine wesentlich wärmere Quelle über ein- 
ander hervortreten, und sie gestatten daher, die uralte Tradition von 
den zwei Quellen zu bestätigen, wenngleich dieselben nicht, wie Homer 
es schildert, bei llios liegen. 

Dicht unterhalb der »warmen« Quelle, wo der Fluss schon als 
solcher strömt, breitet sich, gleichfalls auf dem linken Ufer desselben, 
eine ebene, von mächtigen Platanen umstandene, übrigens ganz freie 
Fläche von gerundeter Gestalt aus, »fast wie eine Schöpfung der Kunst«, 
sagte ich schon in meiner früheren Beschreibung.” Jetzt erfuhr ich 
von unseren Führern, dass dieser, etwa zwei Stunden von Ewjilar befind- 
liche Platz den Namen Agıasma (heiliger Ort) führt und zu gewissen 
Zeiten von Leuten, selbst aus grösserer Entfernung, zahlreich be- 
sucht wird. Sie wussten sogar zu erzählen, dass an dieser Stelle 
Paris seinen Schiedsspruch zwischen den Göttinnen gefällt habe, indess 
ist dies wohl eine Weisheit späterer Zeit, da im Alterthum der 
fragliche Platz auf einem über Antandros gelegenen Berge, welcher 
deshalb Alexandreia hiess, also in der Nähe des Saschlik, gesucht 
wurde.” Immerhin ist es bemerkenswerth, dass in dieser menschen- 
leeren Gebirgseinsamkeit gerade dieser Platz seit langer Zeit als ein 
geheiligter betrachtet worden zu sein scheint. 

Wirkliche Thermen sind in der südlichen Troas nicht selten. 
Sie schliessen sich überall ‚den Gebirgszügen an. Die nächste ist die 
von Ludjia Hammam am Südfusse des Öentralstockes; mehrere finden 
sich im Westen in der Nähe des Chigredagh und bis in die Nähe 
von Lekton. Hier sind auch vulcanische Bildungen häufig zu sehen; 
die schönste unter ihnen ist der mächtige Trachytkegel von Assos, 
der hart am Meeresufer aufsteigt. Im Centralstock des Ida fehlen 


* Landeskunde der Troas S. 33. 
?2 Landeskunde S. 38. 
® Strabon XII, ı, 51. 


974 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


diese Formationen; man sieht fast überall krystallinische Schiefer, viel- 
fach von Marmoradern durchsetzt, und erst am Nordfusse Syenit. 
Auch die höchsten Erhebungen bestehen aus Schiefern. Die leichte 
Zersetzbarkeit dieser Gesteine erklärt es, dass scharfe Spitzen auf 
der Höhe nirgends vorhanden sind. Auch der Sarikis, den wir be- 
stiegen, ist in der Höhe aus einem Gewirr über einander gestürzter 
Steinblöcke gebildet, die, wie man bei uns zu sagen pflegt, ein 
Felsenmeer bilden. Vegetation fehlt hier fast vollständig; hie und 
da ragt zwischen den nackten Gesteinen eine niedrige Fichte oder 
ein Daphnestrauch oder eine dieke Grasnelkenstaude hervor. 

Aber noch oberhalb der Baumgrenze quellen auf dem Nordab- 
hange an vielen Stellen Wässer hervor, unter denen einige von den 
Hirten, die im Sommer bis hierher mit ihrem Vieh kommen, ge- 
fasst sind, — ein Beweis, wie reichlich hier die Niederschläge sind. 
Schnee liegt häufig noch bis'zum Mai an den Gipfeln, wenngleich 
nicht in grossen Mengen, so doch weithin sichtbar. Dann beginnen 
die Wolkenbildungen über dem Kamm des Gebirges, wo die kalten 
Winde vom Schwarzen Meere her gegen die wärmeren Strömungen des 
aegaeischen Meeres stossen. Häufig ballen sich die Wolken zu langen 
Zügen zusammen, die bis auf das westliche Meer reichen und in denen 
es ganze Nächte hindurch wetterleuchtet oder von. denen sich schwere 
Gewitter gegen die Thäler herabsenken. Daher der schon von Homer 
besungene Quellenreichthum des Ida und sicherlich auch der Grund, 
dass über die Schneeperiode hinaus der »gotterzeugte« Fluss in stets 
mächtigem Strome hervorbricht. Daher auch der üppige Waldwuchs 
des Gebirges, der alle Völkerstürme überdauert hat. Denn noch 
heutigen Tages ist der Ida ein grosses Waldgebirge, nicht mehr eine 
»Mutter der Thiere«, denn diese sind fast ganz vernichtet, aber eine 
Mutter der Bäume. 

Hier wächst noch immer Pinus Parolinü in prächtigen Stämmen 
und mit schönem Scehirmdach, das nicht selten an Pinien erinnert. Ich 
habe auf dem Rücken von Ovakioi Gruppen solcher Bäume vom Pferde 
aus photographirt, die es mit den besten Vegetationsbildern aufnehmen 
können. Sie erregten mein besonderes Interesse, weil nicht weit von 
da einstmals die »schöne Fichte« (x4?9 reixy) stand, von der nach 
Strabon’s Bericht! König Attalos von Pergamon eine Beschreibung 
geliefert hat: er schätzte den Umfang des Stammes auf 24, die Höhe 
desselben auf 67 Fuss, die Höhe des ganzen Baumes bis zu seinem 
Gipfel auf 230 Fuss. Laubholz ist viel seltener; es erfüllt hauptsäch- 
lich die Flussthäler und die Schluchten, hier allerdings ziemlich hoch 


! Strabon XII. ı. $. 44. 


Vırcuow.: Der troische Ida. die Skamander-Quelle u. d. Porta v. Zeitunlü. 975 


hinauf. In einer der westlichen Schluchten am Sarikis bildeten edle 
Kastanien den Hauptbestand; in den oberen Absehnitten des Zei- 
tunlü-Thales aber sah ich zum ersten Male Buchen, die ich früher 
vergeblich in der Troas gesucht hatte, neben zahlreichen anderen 
Bäumen und Sträuchern, die in ihrer Zusammenordnung an unsere 
Waldthäler erinnerten. Da gab es Erlen und Zitterpappeln und Hasel- 
nüsse; sogar Vaceinüum Myrtillus und eine kleine Strauchweide fehlten 
nicht. Nur eine Birke konnte ich nicht entdecken. 

Das reizendste Vegetationsbild aber bot eine, am Südrande des 
Sarikis tief eingesenkte Bucht dar, welche wohl dem Dichter der Ilias 
bei seiner Schilderung der nächtlichen Zusammenkunft der Here mit 
dem Götterkönige als Muster gedient haben mag: ' 

Unten die heilige Erd’ erzeugt’ aufgrünende Kräuter, 
Lotos mit thauiger Blum’, und Krokos, sammt Hyakinthos, 
Dicht und locker geschwellt, die empor vom Boden sie trugen. 

Als wir von dem wüsten Felsmeer des Berges in dieses heim- 
liche Eden eintraten, fühlten wir uns wie in einem Zaubergarten. 
Ganze Beete üppigster Blumen, meist in gleichfarbigen Gruppen ge- 
ordnet, bedeekten den Boden: vorzugsweise gelber Crocus, rothe Cory- 
dalis und blaue Seilla” Welcher Gegensatz gegen die ausgebrannte 
Ebene um Ischiklar und die öden Höhen der vorderen Troas! Welche 
Verlockung für die Menschen da draussen! 

Und doch, wie einsam ist der Ida und wie sehr ist er es stets 
gewesen! Da giebt es keine eigentliche Strasse, am wenigsten eine 
fahrbare, welche quer durch das Gebirge führt und die Verbindung 
der nördliehen Anwohner mit den südlichen vermittelt. Da ist kein 
Dorf, ja eigentlich kein Haus im eigentlichen Gebirge, und es ist 
auch wahrscheinlich nie eines darin gewesen, wenigstens ist bisher 
noch keine Spur einer alten Ansiedelung gefunden worden. Da giebt 
es während eines grossen Theiles des Jahres auch keine Menschen. 
Denn die Hirten trauen sich wegen der Kälte der Luft und des 
Mangels an Futterkräutern nieht vor dem Juni in die Berge. Dann 
freilich ziehen sie heran und sehr bald gehen die Flammen auf, denn 
der Wald ist ihr Feind, sie brauchen für ihr Vieh Weideflächen und 
die gewinnen sie, wenigstens für eine Reihe von Jahren, auf den 
durch Brand entblössten Flächen. Wir sahen deren in der Grösse von 
vielen Hektaren an den verschiedensten Stellen mitten im Waldgebirge. 
Erst in den letzten Jahren, seit meiner ersten Reise, hat die türkische 


! Voss, Übersetzung der Ilias XIV. 47. 

? Man vergleiche die Funde von SchLiemann in seiner »Reise in der Troas im 
Mai 1881« Leipzig 1881. S.46. Im Widerspruch mit Hrn. v. Herprrıcn möchte ich 
glauben, dass der Lotos Homer’s in der Corydalis zu suchen sei. 


976 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


Regierung angefangen, den Holzhandel zu organisiren. Man war eben 
damit beschäftigt, einen fahrbaren Weg von Ewjilar bis zum Agi- 
asma anzulegen; schon stand eine grosse Sägemühle weiter abwärts 
am Skamander und an den Abhängen gab es umfangreiche Blössen 
in Folge der Holzfällung. Eine zweite kleinere Sägemühle trafen wir 
im Thal des Köpri Deressi, aber die Balken und Dielen,. die dort 
geschnitten waren, wurden noch Eseln angebunden, und so über das 
Gebirge geschleppt. Immerhin ist der Tag angebrochen, wo auch 
der idäische Wald gelichtet werden und diese wunderbare Landschaft 
ihren klassischen Charakter, vielleicht auf immer, verlieren wird. 
Mögen daher diese kurzen Aufzeichnungen wenigstens etwas dazu bei- 
tragen, die Erinnerung zu erhalten. 

Wunderbar genug! Jahrtausende sind dahingegangen, ohne dass 
der Mensch sich im Ida ansiedelte. Das Geheimniss dieser Wälder 
ist bewahrt worden: die Welt hat, genau genommen, nichts davon 
erfahren, als poetische Aphorismen. Der Besuch der Troas durch 
europäische Gelehrte hat erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts 
begonnen, aber die Mehrzahl derselben ist nicht über die vordere 
Troas hinaus gekommen oder hat sich auf die Küste des Golfes von 
Edremit beschränkt. Die Erforschung des Idastockes ist erst in diesem 
Jahrhundert, und zwar durch ganz vereinzelte Reisende, unternommen. 
So erklärt es sich, dass der Ida unseren Kartographen noch immer 
unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet. Jetzt aber, wo sich das Ge- 
heimniss zu lichten beginnt, wo der Mensch eindringt in das Waldes- 
dunkel, jetzt gerade beginnt die Zerstörung. Bis dahin fürchtete man 
sich allgemein, in diesen Wäldern auf Räuber zu stossen, und die 
Furcht mochte nicht ganz unbegründet sein, allein diese Räuber 
wohnten nicht im Ida, es waren Wilderer der Nachbarschaft oder 
nomadisirende Hirten. Von jetzt ab werden andere Bedrücker an 
ihre Stelle treten. 

Die Unkenntniss der Menschen von den Verhältnissen der Ida- 
Gegend ist die Quelle jener Verwirrung, in welche die Geographie 
und Hydrographie dieses Gebietes schon im Alterthum gerathen ist. 
Strabon stützte sich in seinen Angaben auf das Zeugniss eines Landes- 
kindes, das er als besonders ortskundig betrachtete, des berühmten 
Demetrios von Skepsis'. Leider ist das Buch dieses Gelehrten nicht 
erhalten und wir wissen nicht einmal, wo Skepsis lag”. Demetrios 
sagt nach Strabon: »Eine Berghöhe des Ida heisst Kotylos; sie liegt 
etwa 120 Stadien über Skepsis, und von ihr strömen der Skamandros, 


&] ZU \ Ley X U EN > ’ ourL c ’ 
! Strabon XIII. 1.8.42 sureıgos Ö Wv Tu Tor WE cv eriy,wgtos auyp, 0 Anuyrgos. 
? Die meisten neueren Karten legen es weit nach Osten. ScHLiEmann (Reise in 
der Troas S. 56) glaubte, dass es an der Stelle des heutigen Beiramitsch zu suchen sei. 


Vırcnow: Der troische Ida, die Skamander-(Quelle u. d. Porta v. Zeitunlü. DT 
N 


der Granikos und Aisepos; diese, aus mehreren Quellen zusammen- 
fliessend, gegen Norden und die Propontis, der Skamandros aber aus 
Einer Quelle gegen Westen. Alle diese Quellen sind einander nahe 
und in einem Zwischenraume von 20 Stadien eingeschlossen.«' Es 
ist bisher nicht gelungen, den Kotylos, der hier zum ersten Mal 
genannt wird, zu identifieiren. Indess alle diese Angaben scheinen 
auf einen mehr östlich gelegenen Punkt, jenseits des mehrfach er- 
wähnten östlichen Ida-Passes, hinzuweisen. Dies hat viele Karto- 
graphen veranlasst, auch die Skamander-Quelle nach Osten zu ver- 
schieben und den oberen Lauf des Flusses von Beiramitsch aufwärts 
in einer nach ONO gezogenen Richtung, vor den Vorbergen des Ida 
vorüber, bis in die Nähe der Quellen des Granikos und des Aisepos 
zurückzusetzen. Dieser Irrthum erklärt sich wohl aus dem Um- 
stande, dass der Skamander, nachdem er in der Nähe von Beiramitsch 
seinen bis dahin fast südnördlichen Lauf in einen ostwestlichen um- 
gewandelt hat, auf seiner Rechten eine Reihe wasserreicher Zuflüsse 
empfängt, welche das Urtheil über die Frage, welches der verschie- 
denen zusammenfliessenden Gewässer der eigentliche Skamander sei, 
sehr erschweren. Über die Richtigkeit der Karten in Bezug auf diese 
Zuflüsse vermag ich kein abschliessendes Urtheil auf Grund eigener 
Localuntersuchung abzugeben. Ich will nur kurz angeben, was ich 
auf unserem Ritt von Beiramitsch nordwärts gesehen habe. 

Wir passirten den Skamander ganz in der Nähe von Beiramitsch 
auf einer hohen und langen Holzbrücke. Der Fluss hat hier eine 
schnelle Strömung und ein breites Bett, dessen trockene Ränder mit 
grossen Massen von Rollsteinen bedeckt waren. An vielen Stellen 
zeigte das Ufer deutliche Alluvion, welche aus wechselnden Schichten 
von Humus und fast reinem Geröll bestand. Jenseits breitete sich 
eine weite Wiesenfläche aus, besetzt mit endlosem Platanengebüsch, 
zahlreichen rothen Lychnis und blauen Geranien. Unsere Leute be- 
stritten entschieden. dass hier ein nennenswerther östlicher Zufluss 
herantrete. Dagegen kamen wir sehr bald an einen starken Fluss 
mit kräftigem Strom, den die Leute Kudschak- oder Kurschak -Tschai 
(im Gegensatze zu dem Mendereh) nannten, und von dem sie be- 
haupteten, er nehme einen Nebenfluss Tsan-Tschai auf und münde 
gegenüber vom Chalidagh in den Mendereh. Die Richtung dieses 
Flusses war da, wo wir ihn kreuzten, fast parallel mit der Richtung 
des Mendereh, dagegen schien es, dass er weiter östlich eine nörd- 
liche Quelle habe. Jedenfalls entsprach seine Richtung der voraus- 
gesetzten Lage des Kotylos nicht. Jenseits dieses Flusses gelangten 


. > 
! Übersetzung von Groskurp (ll. S. 578). 


978 Sitzung der phys.-math. Classe v. 10. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


wir auf fruchtbares Ackerland, etwas höher, als die Wiese, aber noch 
mit deutlichen Zeichen alter Alluvion. Weiterhin folgte dann ein 
grösserer Bach, der gleichfalls nach Westen, vielleicht genauer WSW, 
floss; sie nannten ihn Ludjia Deressi. Dann trafen wir niedrige Er- 
hebungen aus rother Erde, durch die Verwitterung des Bodengesteins 
entstanden, mit zahlreichen weissen Rollsteinen untermischt. 

Keiner dieser Zuflüsse entsprach der Voraussetzung, dass er der 
wahre Skamander sei oder dass er vom Kotylos herkomme. Ich will 
damit nicht in Abrede stellen, dass vielleicht ein weiter oberhalb zu- 
fliessendes kleines Gewässer der Richtung gegen den vermeintlichen 
Kotylos entsprechen möchte, aber ich betrachte es als ausgeschlossen, 
dass ein solches als Quelltluss des Skamander angesehen werden könnte. 
In dieser Beziehung schien mir das Zeugniss unserer Leute, von 
denen einige Eingeborene waren, ganz unverdächtig. Ich halte daher 
bestimmt an der alten Tradition fest, dass der Skamander an der 
mehrfach bezeichneten Stelle unter dem Gargaros hervorbrieht. — 

Schliesslich ist noch ein Umstand zu erwähnen, der ausserordent- 
lich viel Verwirrung in der Literatur hervorgebracht hat. Ich meine 
die Beschreibung, welche Herodot' von dem Wege giebt, den Xerxes 
auf seinem Zuge gegen Griechenland eingeschlagen hat, um von Sardes 
nach »dem Pergamon des Priamos« zu gelangen. Er sagt: dro de 
Kaixov öpuswusvos, Kayns Opos Exwv Ev dpıarep, dia ToV Arapveos Es Kapınv 
Form. ame 8 TaUTHS die Enns TEÖIcU EFopeLETo, Arpauurreiov TE morRW Kal 
Avravdpov ryv Heraoyıda mapaeıSotevos. nv Iövv de Außwv Es dgıorepnv 
Kepa Nie &s ryv "Dudda ya. Und dann heisst es weiter (cap. 43): Arızo- 
uevou de Tov GToareu Emi Tov Ixduavdoov, 65 MoWros Torauuv, EMEI TE EX 
Zapdımv OpunDevres ETEX.EIONOaV TN dw, EWErLmE To beeIoov. Diese Darstel- 
lung ist in den uns berührenden Stellen unverständlich. Wenn Xerxes 
von Sardes aus sein Heer längs der Küste und durch die Ebene von 
Thebe gegen den Ida führte, so musste er allerdings bei Adramyttion 
vorüber, aber Antandros lag dann jenseits der thebischen Ebene. 
Die Reihenfolge sollte also sein: Adramyttion, thebische Ebene, An- 
tandros. Der Ida befand sich ferner auf der Rechten des Heeres 
und nicht auf‘ der Linken. Und wenn Xerxes, wie nach dieser Route 
angenommen werden müsste, erst von Antandros aus in das iliadische 
Gebiet einrückte, so hätte der eigentliche Idastock erst recht auf 
seiner Rechten bleiben müssen. Wollte man interpretiren, es sei 
hier unter dem Namen Ida die westliche Fortsetzung des Gebirges 
gegen Assos hin gemeint, so hiesse das dem thatsächlichen Verhältniss 
grosse Gewalt anthun; höchstens könnte es dann doch heissen, Xerxes 


! Herodot VII, 42. 


VıreHow: Der troische Ida. die Skamander-Quelle u. d. Porta v. Zeitunlü. 979 


habe den Ida »durchquert«. Der von uns verfolgte Pfad von Awjilar über 
den Saschlik ist für ein Heer an sich ungangbar: der Weg müsste also 
über die niedrigeren Höhen weiter westwärts gewählt sein und dann 
hätte das Heer den beschwerlichen Durchmarsch durch das hier schon 
sehr enge und beschwerliche Vorland nehmen müssen, der es noch weiter 
vom Idastock entfernte und letzteren noch mehr auf die Rechte brachte. 

Solche Betrachtungen hatten mich zu der Schlussfolge gebracht, 
dass die Erzählung des Herodot nur dann verständlich werde, wenn 
ein Weg aufgefunden werden könne, der östlich vom Idastock 
über das Gebirge führte. SCHLIEMAnN, dem ich meine Bedenken 
mittheilte,' sah sich dadurch veranlasst, diesen Theil des Gebirges 
zu durchforschen, und es gelang ihm in der That, einen Weg auf- 
zufinden, der von Zeitunlü gerade aufwärts zu einer Höhe führt, auf 
welcher sich höchst bemerkenswerthe alte Felsdurchbrüche zur Her- 
stellung einer Strasse finden. Diese Durchbrüche führen den Namen 
Porta. Da die Beschreibung meines verstorbenen Freundes nicht ganz 
klar die örtlichen Verhältnisse erkennen lässt, so will ich dieselben, 
unter Beigabe einer von mir aufgenommenen photographischen Abbil- 
dung, etwas genauer beschreiben. 


r - - = m — 


Gegen Zeitunlü, das schon ganz in der Ebene liegt, schiebt sich 
vom Idastock aus ein mächtiger Gebirgsvorsprung heran, der jeder- 


! SchLiEMANN, Reise S. 37. 


Sitzungsberichte 1892. 58 


YS0 Sitzung der plıys.-math. Classe v. 10. Nov. — Mittleilung v. 3. Nov. 


seits von tiefen Schluchten begrenzt ist. Durch die östliche Schlucht, 
durch welehe wir von dem Pass heruntergestiegen waren, und zwar 
auf einem so schmalen Pfade. dass er für ein Heer absolut unpracti- 
cabel sein würde, fliesst der Zeitunlü-Tschai. Da, wo die Schlucht 
sich gegen die Ebene öffnet, liegt das Dorf Turkmanlü. Schon auf 
diesem Pfade abwärts hatten unsere Führer uns auf eine senkrechte 
und ganz steile Felswand zu unserer Rechten (westlich), hoch über 
uns hingewiesen, auf welcher ganz oben die Porta gelegen sei. Wir 
verzichteten auf den höchst gewagten Kletterversuch, von der Schlucht 
aus die Höhe zu erreichen. Am nächsten Morgen, am ı5. April, 
brachen wir von Zeitunlü auf, erreichten sehr bald den Fuss des 
Gebirgsvorsprunges und ritten auf einer breiten, sehr abschüssigen, 
mehrfach in Serpentinen verlaufenden Strasse die Bergkante hinauf. 
Der untere Theil des Weges führt über nacktes Gestein, zwischen dem 
zahlreich Lavendel, Cistus, Iris und andere Blumen hervordrängten; 
je höher wir kamen, um so häufiger wurden die Bäume (Pinus) und 
endlich gelangten wir in wirklichen, wenngleich etwas dünnen Wald. 
Fortwährend genossen wir die herrlichsten Ausblicke auf den Golf und 
den Südabhang des Gebirges: Lesbos und die Katakaumene liessen alle 
Einzelheiten ihres Auf’baues erkennen. Nach ein paar Stunden langten 
wir bei der Porta an, genauer bei dem ersten Thor, hinter dem genau 
gegen Norden in einer Entfernung von 320 Schritten noch ein zweites 
ähnliches liegt. 

Das erste, südliche Thor ist dadurch gebildet, dass eine quere 
Felswand durchbrochen wurde, welche bis unmittelbar an den Rand 
des Steilabfalles gegen die Schlucht des Zeitunlü-Tschai reichte. Rechts 
(östlich) steht noch der Rest der alten Wand in einer Höhe bis zu 
5”, links hat man den Durchschnitt des Bergabhanges selbst vor sich. 
Der Boden des Durchbruches misst in querer Richtung am südlichen 
Eingange 4”8 und verengt sich in der Mitte bis auf 4769, am nörd- 
lichen Ende bis auf 3”9. Dieser enge Abschnitt hat eine Länge von 
29 Schritten. Dann hört die Ostwand auf, aber der ausgebrochene 
Weg setzt sich noch 23 Schritte fort. 

An dem zweiten, nördlichen Thor, das nur 3"45 — 2"45 breit ist, 
hat der enge Abschnitt eine Länge von zwanzig Schritten. Dann folgt 
gegen Norden ein treppenartiger, wenig hoher, aber ziemlich steiler 
Abstieg, an den sich die offene Strasse anschliesst, welche an dem 
Rande der Schlucht weiter geht und von der sich später links ein 
Pfad zu der Idahöhe, rechts ein Weg zu dem mehrfach erwähnten 
Ostpass fortsetzt. 

Das Gestein ist auch hier krystallinischer Schiefer mit breiten 
Marmoreinsprengungen. Die gedeckten Stellen um die vorspringenden 


Vircuow : Der troische Ida, die Skamander-Quelle u. d. Porta v. Zeitunlü. ys1 


Felsen herum waren mit blühendem Crocus, Scilla und Viola in reicher 
Fülle bedeckt. Scnuiemann hatte schon früher die Meereshöhe des 
ersten Thores zu 1306”5, die des zweiten zu 1310.8 bestimmt. Vor 
dem ersten Thore steigt der Felsgrund, auf dem die Strasse läuft, 
ziemlich schnell an. Von da an tritt der nackte Fels im Boden zu 
Tage, während vorher die Strasse durch verwitterndes Gestein sandig 
erschien. Auch innerhalb der ersten Pforte steigt der Boden noch 
etwas. um zu dem höheren Strassenabschnitt zwischen beiden Pforten 
zu gelangen: erst hinter der zweiten Pforte läuft die Strasse, wenigstens 
zunächst, mehr horizontal fort. Boden und Seitenwände sind aus 
dem anstehenden Gestein direct herausgearbeitet: die Absprengung ist 
offenbar ohne Explosivstoffe vorgenommen. Daher sind die Spreng- 
flächen an dem Gestein der Wände verhältnissmässig uneben und eckig, 
nirgends geschliffen oder sorgsam regulirt. Alles trägt den Charakter 
mehr primitiver Zustände, ich möchte sagen, der Eile. Insofern liesse 
es sich recht wohl mit Xerxes in Beziehung bringen. 

Dass dies keine neue Einrichtung ist, kann man schon daraus 
schliessen, dass keiner der Anwohner etwas über die Geschichte der 
Porta weiss, woraus mindestens folgt, dass sie schwerlich ein Werk 
der türkischen Regierung sein kann. Man muss dabei in Erwägung 
ziehen, dass die Türken in der Troas überhaupt keine Wege gebaut 
haben. Erst bei meinem letzten Besuch sah ich eine kurze Strecke 
einer ganz neuen Chaussee, die von Tschanak Kalessi (Dardanellen) 
nach der Quarantäne führt, in grösster Nähe des Strandes des Helles- 
ponts, sowie die schon aufgeführte Holzabfuhrstrasse im obersten Ska- 
manderthal. 

Es blieben dann aus neuerer Zeit wohl nur die Genuesen übrig, 
welche lange die Herrschaft von Lesbos hatten und von denen in 
Assos und anderen Plätzen der Nachbarschaft Bauten erhalten sind. 
Dafür könnte der fränkische Name der Porta angeführt werden, der 
indess auch einer schon vorhandenen Einrichtung beigelegt sein mag. 
Gegen die erstere Annahme lässt sich sagen, dass sonst meines Wissens 
in der Troas keine Wege existiren, die nachweislich von Genuesen 
angelegt sind. Die lange Küstenausdehnung der Troas begünstigte 
die Seeverbindung so sehr, dass für Landwege wenig Bedürfniss vor- 
liegen mochte, zumal da das Gebiet nördlich vom Ida damals wohl 
schon völlig verwüstet war. Es scheint daher wohl möglich, die 
beiden Thore mit dem Xerxeszuge in Verbindung zu bringen. Dass 
ein lange dauernder nennenswerther Verkehr auf dieser Strasse nicht 
stattgefunden hat, ersieht man daraus, dass eine stärkere Abnutzung 
des Bodens nicht bemerkbar ist. Ein einmaliger Übergang auch eines 
grösseren Heeres, zumal eines solchen, das schwere Wagen nicht mit 


982 Sitzung der phys.- math. Classe v. 10. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


sich führte, konnte recht wohl bewerkstelligt werden, ohne dass 
dauernde Spuren der Abnutzung zurückblieben. 

Ein soleher Übergang müsste in der Art ausgeführt sein, dass 
das Heer aus der kleinen Ebene von Thebe, die man sich ostwärts 
bis über Zeitunlü hinaus ausgedehnt denken kann, den Bergabhang 
hinauf zu den Portae und von da zum östlichen Pass marschirte, 
und dass es sich dann zum Skamander wandte. Jeder andere Über- 
gang würde nur so mit dem Text Herodot's zusammengebracht werden 
können, dass man in Bezug auf rechts und links eine Verwechselung 
durch den Vater der Geschichtsschreibung annimmt. Für eine solche 
lässt sich noch ein Citat über die Lage von Gergis beibringen, auf das 
ich schon bei einer früheren Gelegenheit! hingewiesen habe. Herodot’ 
lässt nämlich den weiteren Zug des persischen Heeres von Ilios aus 
so vor sich gehen, dass es Gergis (TeoyıSas Tevxpovs) zur Rechten 
hatte. Die Stelle von Gergis aber setzen Mr. Frank CALverrt und 
Scuuizmann nach Bunarbaschi. obwohl dieses so gelegen ist, «dass es 
bei einem Durchmarsch des Heeres durch den Engpass des Ska- 
mander auf der Linken hätte bleiben müssen. 

Wer weder den östlichen Weg, noch einen Irrthum Herodot’s 
zugeben will, dem würde nur ein Ausweg aus diesen Schwierigkeiten 
bleiben: er müsste annehmen, dass Herodot die Bezeichnungen rechts 
und links nieht in dem Sinne des marschirenden Heeres gebraucht 
habe, sondern in dem Sinne eines Berichterstatters, der seinen Stand- 
punkt am Hellespont gewählt hatte und von da aus seine Beschrei- 
bung entwarf. Ich wage diese Interpretation nicht als eine zulässige 
zu vertheidigen, will sie aber doch auch nieht unterdrücken. 


! Verhandl. der Berliner anthropol. Gesellschaft 1879 S.208 (Zeitschr. f. Eth- 
nologie Bd. XI). 
Aöflerodot’ VII. 43. 


Ausgegeben am 17. November. 


Berlin. gedruckt in der Reichsdruckerei. 


983 
1892. 
XLVE. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


17. November. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs-Revmonp. 


1. Hr. Zerrer las über die Entstehung ungeschichtlicher 
Überlieferungen. 

Die Mittheilung wird an einem anderen Ort erscheinen. 

2. Hr. Dies legte die Abhandlung des correspondirenden Mit- 
gliedes Hrn. H. Usener in Bonn vor, betitelt: Die Unterlage des 
Laertius Diogenes. 

3. Hr. vow DER GABELENTZ berichtete über Inschriftenfunde 
am Jenissei und Orkhon. 

Die Mittheilungen 2. und 3. werden später in den Sitzungs- 
berichten erscheinen. 

4. Hr. Dümnter legte die ı. Abtheilung des ı. Bandes der Deut- 
schen Chroniken vor, die von Hrn. Prof. E. Schröper in Marburg 
bearbeitete Deutsche Kaiserchronik, welche ursprünglich diese Ab- 
theilung der Monumenta Germaniae eröffnen sollte. Auf Grund eines 
reichen handschriftlichen Apparates, in welchem die von Diener ent- 
deekte Vorauer Handschrift die erste Stelle einnimmt, erhalten wir 
nach der zwar überaus fleissigen, aber ungenügenden Ausgabe Mass- 
MAnN’S hier erst einen kritisch gesichteten Text mit Glossar nebst sorg- 
fältigen Untersuehungen über die Quellen und den Verfasser. Als 
solcher wird der Pfaffe Konrad in Regensburg mit höchster Wahr- 
scheinlichkeit nachgewiesen, der um 1150 eine etwas ältere bis auf 


Sitzungsberichte 1892, 89 


984 Gesammtsitzung vom 17. November. 


den Papst Silvester herabreichende Vorlage eines anderen Verfassers 
wesentlich erweiterte und bis auf seine Zeit fortsetzte, seinen Stoff 
zum grössten Theil der Sage und Dichtung, zum geringsten geschieht- 
lichen Quellen entnehmend. Wie dennoch einzelne Abschnitte aus 
dem letzten Theile des Werkes, so sind auch eine bairische und 
schwäbische Fortsetzung desselben nieht ganz ohne geschichtlichen 
Werth. Wenn der Druck dieser Ausgabe unter mancherlei Hem- 
mungen sich auch durch sieben Jahre hingezogen hat, so haben wir 
in ihr nunmehr eine um so gereiftere und wahrhaft abschliessende 
Leistung anzuerkennen. 


985 


Über Bähli, Bählika. 


Von ALBR. WEBER. 


- (Vorgetragen am 3. November [s. oben S. 893].) . 


An ich kürzlich (D. L. Z. 9. Juli 1892 p. 910 ff.) in meiner Besprechung 
von Lissıc#’s Schrift über Pänini (1891) einige Synehronismen besprach, 
die sich zu dessen Zeit und der Zeit seiner beiden grossen Collegen 
an der Spitze der indischen Grammatik, Kätyäyana und Patanjali, auf- 
weisen lassen, habe ich leider einen Umstand ausser Acht gelassen, 
den ich schon vor längerer Zeit (s. Monatsberichte der K. Akad. 1879 
p. 462) dafür herangezogen hatte, die Erwähnung nämlich von Bähli. 

Am letztern Orte sagte ich: 

»in diese Zeit vör Kanishka gehört denn jedenfalls die Herüber- 
nahme des Namens Bähli für Bäkhdhi des Avesta, seeundär Balkh 
(Lassen I, 432) nach Indien. Das älteste Vorkommen desselben liegt 
im värttika zu Pän. 4, 2, 99 vor, s. Ind. Stud. 13, 369, und zwar in 
der Form Välhi (so' die Cale. Ausgabe; die Benares Ausgabe des 
Mahäbhäshya, fol. 7ı", aber hat” Vähly°, Vählä°); später erscheint 
dann Välhika (Bähl°), mehrfach im MBhärata und Rämäyana, s. meine 
Abh. über das Rämäyana p. 22). — Der Name Valhika in der Atharva S. 
und im Cat. Br. ist hiervon zunächst abzutrennen, s. Ind. Stud. 1, 205. 
4, 217 sowie Zmmer’s altind. Leben p. 431. 432. — Gegen Zimmer’s 
Annahme auf p. 432 übrigens, »dass erst um Chr. Geburt oder 
etwas später« das alte Bäkhtri zu Bähr und noch später erst 
zu Balh geworden sei, tritt eben wohl das värttikam des Kä- 
tyäyana ein, »welches die Form Vähli, resp. Välhi bereits kennt.« 

Wenn ich gegenwärtig nicht mehr dieser letzteren Ansicht bin, 
sondern Zimmer darin beipflichte, dass wir das Alter eines indischen 
Textes, in dem Bähli (Bählika) vorkommt, nach dem zu bemessen 
haben, was uns über die Möglichkeit der Entstehung dieses 
Wortes aus seiner Heimath’ her vorliegt, so bin ich dazu durch 
die nachstehende Antwort, resp. Darstellung hierüber, die ich Tu. Nör- 
DEKE'S Güte (2. August 1892) verdanke, veranlasst. Dieselbe stimmt 

! ob mit i oder ? ist im Übrigen unbestimmt, da der Text Välhy°, resp. Vähly° hat. 

?2 ebenso Kırraorn’s Ausgabe 2, 292 (1882). 


89 * 


986 Gesammtsitzung v. 17. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


im Wesentlichen mit dem überein, was Zimmer bereits ausgeführt 
hatte, fügt indessen doch einzelne wichtige Daten hinzu, wie folgt: 

»Ich kenne von Baktra folgende Formen: 

altp. Bächtari, griech. B&xrzz Herodot (das Gentilicium Baxroıcı 
Aesch. Perser 204. 216. Vermuthlich hat schon Hekataeus Baxrpz ge- 
habt). Dieselbe Form wird noch repräsentiert durch das syrische 
lusus, etwa zu sprechen Bahträjäthä' »Baktrerinnen« in dem alten 
Traetat de fato oder »über die Gesetze der Länder« aus dem Anfang 
des 3.Jahrh. n.Chr. in Cureton’s Spieilegium syriacum p. ı5, woneben 
(ib.) die Entstellungen Yarus und fuduas für Wiaus Bahträje »Baktrer». 
Das = (n h) weist darauf hin, dass diese Formen nicht aus "dem 
Griechischen stammen, denn x wird nie durch „ 7 wiedergegeben; 
auch stände dann 3 D& für r. 

Einen Reflex dieser alten Form bietet noch das arabische, sehr 
beliebte «Su bocht »baktrische (zweihöckrige) Kameele«:; Einheits- 
wort Su bochti »baktrisches (zweihöckriges) Kameel«. Ob in dem 
seltenen bachtari, Epitheton eines Kameels, noch die ursprüngliche 
Form dieses Namens vorliegt, oder ob es wirklich, wie die arabischen 
Philologen meinen, »majestätisch, stolz gehend« heisst und zu einer 
alten arabischen Wurzel gehört, hier also nur ein zufälliger Anklang ist, 
lasse ich dahingestellt. Auf alle Fälle erinnert bocht stark an die 
Avestä-Form Bäkhdhi schon ohne r. (Ich halte diese Form für die 
an Ort und Stelle übliche, ebenso wie Möuru für Margu. In der 
Local-Mundart werden die eignen Ortsnamen bekanntlich am ärgsten 
verstümmelt. Natürlich nehme ich dabei an, dass das Avestä baktrische 
Mundart zeigt). 

Auf alle Fälle ist also zu constatieren, dass sich eine ältere, voll- 
ständigere Form des Namens noch lange erhalten hat, nachdem schon 
eine abgeschliffene daneben vorkam. Die Form Bahl kenne ich aller- 
dings erst aus bedeutend späterer Zeit. Sie scheint im Pehlevi allein 
zu herrschen: 582 (wohl trotz des x Bahl, nicht Bähl zu sprechen), 
schwerlich vor dem 6. Jahrh. n. Chr. nachzuweisen. Die syri- 
schen Belege für die Form »r2 Bahl, auch >>3 Bachl, sind noch 
etwas Jünger; doch kann uns jeder Augenblick ältere syr. Docu- 
mente mit dieser Form bringen. 

Wie es mit den armenischen Formen Bahl und Balh steht, 
kann ich nicht sagen. Die Chinesen schreiben (nach Aseı RemusAr) 
Polo für Bactra (s. meine Tabari-Übersetzung p. ı8). 

Die Liebhaberei der Iranier, /und r zu versetzen, erzeugt endlich 
die Form Balh. Sie herrscht durchaus bei den Arabern als a Balch 


! j hier, im Briefe, als Halbvokal zu nehmen. 


WeBER: Über Bähli, Bählika. 987 


und findet sich auch auf der Inschrift von Singanfu als m>2 Balch. 
Sie wird die um 600 im wirklichen Leben übliche gewesen sein. 

Die Form Bahl über die Zeit vor Chr. Geburt hinaufzu- 
schieben, dürfte bedenklich sein, wenn auch nicht ganz un- 
möglich. Die Form bocht und die Formen in dem alten syrischen 
Tractat sprechen dafür, dass etwas wie Bachtr noch lange wirklich 
von Iraniern gesprochen ist. Sollten nieht die ähnlichen Formen in 
den &lteren Skr.-Werken nur zufällig entsprechen? Die Verfasser 
der Epen können ja immerhin an Balch (Bahl) gedacht haben. 

Ich bemerke noch, dass die altp. Form vermuthlich Bächtari 
zu sprechen ist,' nicht Bächtri, denn dann müsste es Bächthri, 
mit dem Zeichen für thr heissen. « 

Zimmer geht davon aus, dass die im Vendid. ı, , vorliegende 
Form Bäkhdhi »schwerlich durch Abfall des r und Erweichung des { 
aus der altpers. Form Bäkhtri entstanden sei«; dh sei nur möglich 
vor r, wie in yaokhdhra ete., es sei daselbst einfach Bäkhdhri zu lesen, 
und die überlieferte Form beruhe nur auf Unkeuntniss der Parsen des 
4. Jahrh. n. Chr., die bei der Umschreibung des Avesta, der alten 
Form des Namens unkundig, diesen Fehler begingen. Denn um Chr. 
Geburt oder später wurde aus altem Bäkhiri (BäkhdAri) lautlich Bähr 
(vgl. Meherdates bei Tacitus)’, welche Form die Parsen-Version zu 
obiger Stelle zeigt: Moses von Chorene hat die Form Bahl, Hiuen 
Thsang besuchte auch die Stadt Pohola; und in der Form Balkh 
erscheint die Stadt erst bei arab. Historikern und Firdusi; ebenso in 
dem jüngeren Bundehesh. « 

Wie sich die Frage über die Avesta-Form Bäkhdhi nun auch 
entscheiden mag, soviel steht nach dem Obigen wohl fest, dass die 
Entstehung der Namensform Bähr, Bähl zur Bezeichnung von Baktra 
nicht wohl über Christi Geburt zurückversetzt werden kann, dass 
sie resp. ausserhalb Indiens zuerst in der Avesta-Übersetzung der 
Parsen des vierten Jahrh. nachweisbar ist. Da nun immerhin doch 
auch noch ein gewisser Zeitraum für die Herüberkunft dieser 
Namensform nach Indien anzunehmen ist, so dürften sich hiernach 
die ersten vier Jahrhunderte n. Chr. als die denkbar früheste Zeit 
hierfür ergeben. Alle indischen Texte somit, resp. Stellen darin, welche 


I cf. Srieser Eranische Alterthmskunde ı, 41. In seiner Bearbeitung der altp. 
Keilinschriften? 1881 (S.ı3) zieht Srieser die Lesuug ohne a vor. 

2 (dies Beispiel passt insofern nicht ganz, da es sich bei Meher aus Mithra bloss 
um Zr, thr, nicht um tr (khthv) handelt, dessen Wandel zu hr doch noch weit schwie- 
riger ist, als der vom einfachem £r, ihr. Für Mithra, Meher ist im Übeigen auch noch 
die Form MIIRO (mihira) auf den Münzen der Indoskythen heranzuziehen, die der 
Zeit des Taeitus ziemlich gleichzeitig sind. 


985 Gesammtsitzung v. 17. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


den Namen in der Form Vähli (B°), oder hieraus weiter gebildete 
Wörter, wie Vähläyana (B°), Vählika (B°), enthalten, verfallen somit 
dem Verdiet. nicht in eine frühere Zeit gesetzt werden zu 
können'!. Und zwar gilt dies Verdiet denn also zunächst von fol- 
genden Texten: 

ı. von Kätyäyana’s värttika zu Pänini, sowie von Patafjali’s Ma- 
häbhäshya, in welchem dieses värttikam mitgetheilt ist. Pänini selbst 
lehrt (4, 2.90) nur, dass an das Wort Käpiei das Affix shphak an- 
tritt, d.i. äyana°’, fem. äyani. Kätyäyana’s värttikam besagt, dass Pä- 
nini dieselbe Regel auch in Bezug auf Vähli (oder “hli), Urdi, Pardi 
hätte geben sollen, und Patanjali registrirt dies, ohne eine Bemerkung 
dazu zu machen, erkennt somit die Berechtigung des värttika, resp. die 
Bildungen Bähläyana”, °ni, Aurdäyana, “ni, Pärdäyana, ni direet an. 
Beiden Autoren waren dieselben also geläufig. Die Frage entsteht nun, 
ob wir anzunehmen haben, dass (für Kätyäyana scheint dies durch die 
Form des värttika: Vähly“bhyac: ce’ti vaktavyam »er hätte sagen 
sollen: [shphak tritt] auch an Vähli U.P.« in der That als dessen An- 
sicht involvirt zu sein) auch Pänini diese Wörter schon kannte, resp. 
hätte kennen sollen? oder ob dieselben erst in der Zwischenzeit, 
von Pänini bis zu Käty. hin, in Indien bekannt geworden sind? ‚Im 
ersteren Fall würde das obige Verdiet auch für Pänini selbst gelten! 
im zweiten Fall (und dies ist für uns, mag auch Käty., und seinem 
Schweigen nach etwa auch Patanjali, darüber anders gedacht haben’, 
zunächst das Sichere) trifft es auf ihn nicht zu‘. 

2. Der Nakshatrakalpa und die Atharvaparicishta. 


ı cf. das fast identische Verdiet, welches durch J. OLsuausen und Tu. NÖLDEKE 
über alle indischen Texte verhängt ist, die das Wort Pahlava kennen (s. meine akad. 
Vorl. ind. L. G.? 338 (Nachtrag 1878 S. 16). 

? resp. Bälhäyana, und nach dem Pet. W. auch Bälhyäyana. 

3 es trifft dies ja übrigens auf alle diese vaktavya-Fälle zu; entweder sind 
sie eine wirkliche Kritik des von Pänini Gesagten, constatiren von ihm begangene 
Auslassung, die er hätte vermeiden können, resp. sollen (eigentlich liegt dies 
in der That in der Form vaktavya), oder es sind Zusätze (‚man soll sagen. .«) 
von neuem Material, das er noch nicht kannte, resp. kennen konnte. 

* nach Ujjvaladatta zu Unädisütra 4,117 soll ja das Wort Valh-i (sö ist daselbst 
statt Valh-i zu lesen) sogar zu den von dieser angeblichen Vorlage Pänini’s 
im Sinne gehabten Bildungen durch das Affıx: in(@) gehören (Vahlih, Vahlika näma 
kshatriyä janapadac ca). Auch führt er vählikam in der Bedeutung: Safran auf. 
Aurrechr im Index bemerkt hierzu: »the correct spelling of this word and its deri-" 
vatives is Balh-i. Balhika, Bälhika ete.«; er abstrahirt also dabei von Balkh, da er es 
nicht nennt, sondern Valhika nur als: »the name of a country« aufführt; auch eitirt 
er zu Valhika ausdrücklich Ath. S. 5, 22, 5, bezieht somit Valhi auf das dort genannte 
Volk. — Sollte etwa auch im värttika oben Välhy° zu lesen, und Ujjvaladatta’s Välh-i 
(yvalh mit i) gemeint sein? dann wäre däbei an Balkh freilich garnicht zu 
denken. 


Weser: Über Bähli, Bählika. 989 


Im Nakshatrak. 6, ı8 (s. Naksh. 2, 392) erscheinen die Vählika 
mitten unter anderen indischen Völkern (nach den Magadha Vanga 
Matsya vor den Ikshväku), und in den beiden grahayuddhaparieishta 
(sms. Verz. Berl. S..H. 1,91. 2,592) neben fremden: Völkern; in ı, 
v.8 Bälhöikän Yavana-Kämbojän, in 2, v.4 Gaka- Yavana- Tukhära- 
Bälhikäh. 

3. Die beiden grossen Epen, Mahäbhärata und Rämäyana. 

Im MBhär. erscheinen die Bählika vielfach. So in einem Völker- 
kataloge 6, 354 neben den Vätadhäna, Abhira, Kälajoshaka, Aparänta 
und Pahlava, und bald darauf (361) nochmals, als Vählika', neben 
den Käcmira, Sindhusauvira, Gändhära, Darcaka, Abhisära, Utüla 
und Gaibäla. In 5, 125 werden sie wegen ihres anritam (ihrer Lüge) 
als: Schmutz der Erde malam prithivyäh bezeichnet. Nach 2, 1030 
besiegte Arjuna in seinem digvijaya unmittelbar nach den Vählika, 
auch die Darada und Kämboja. Es ist klar, dass es sich hier um 
ein Volk im Nordwesten handelt, das in sehr schlechtem Rufe stand. 
Sie erscheinen auch direct am Kampfe der beiden Parteien betheiligt. 
Und zwar stand ihr König Somadatta auf der Seite der Kuru’. Ausser 
ihm werden aber auch noch andere Vählika-Könige mit Namen auf- 
geführt; so Brihadratho Vählikac ca ı, 7001, Karamdhamo Vählikac ca 
2,327, Darado’näma Vählikah ı, 2694, der als eine Sonne der Asura 
bezeichnet wird”, und unmittelbar hinter ihm (2696) Mahäviro’tha Väh- 
likah’. 

Und zwar bringt das MBhärata den Königsnamen Vählika in 
direeten Bezug zu einem älteren Kuru-Könige, dem Sohne des Pra- 
tipa. Denn in 8,119 bezeichnet Samjaya dem Dhritaräshtra gegen- 
' (pitämahas tava tathä 
ta Vählikah saha Vaählikaih| nihato Bhimasenena..), was sich doch wohl 
nur auf ihn beziehen lässt‘, so dass hiernach für das MBhär. die Zu- 


über den »Vählika« als dessen »Grossvater«‘ 


" Wirson in Vishnupur. p. 191, wo er diese Aufzählung eitirt, hat Bählika (»the 
Bactrians or people of Balkh). 

? 5.4, 1243. 5, 1791. In ı, 5707 wird Somadatta vielmehr Kaurava, und nach 
einem Vählika genannt: Dronam ca Vählikam cai "va Somadattam ca Kauravam. 

® dieser Name für einen Vählika - Fürsten ist sehr eigenthümlich! die Aagdo: (Dar- 
distan) gehören speciell nach dem Nordwesten. — Ganz entsprechend ist es, wenn 
die Mädri, d.i. die Tochter des Königs der Madra, Gemahlin des Pändu, als Väh- 
liki angeredet wird (1,4886). 

* im Vorhergehenden werden noch zwei andere asura als unter den Vählika 
zur Geburt gekommen bezeichnet (1, 2642. 2661). 

° cf. noch Cekitänah sa-Bälhikah Hariv. 5013. 5494 (neben Madra u. Kagmira). 

° pitamaha bedeutet hier nicht direct: Grossvater, sondern: Grossonkel, denn 
dem Epos nach (MBh. ı, 3750) ist Pratipa Vater des Deväpi, Caämtanu und Bälhika; 
Cäntanu aber ist Vater des Bhishma und des Viecitravirya, welches letzteren Gattin Satya- 
vati durch Vyäsa mit Dhritaräshtra, Pändu und Vidura befruchtet wurde. 


990 Gesammtsitzung v. 17. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


sammengehörigkeit des Pratipa-Sohnes mit den sonst darin genannten 
Bählika sich ergiebt. 

Zu erwähnen ist noch, dass wiederholentlich die Rosse der Väh- 
lika gerühmt werden; so: prishtyänäm (wohl: pa°?) api eä’ "cvänam 
Vählikänam .. dadau ı, 801: ebenso: Vählijätair' hayottamaih 5, 
3045, Kaikeyam .. Saindhaväh (geradezu — Rosse! .. cighram ä& ’va- 
ham] .. Vählijätäh 7, 973 vajinam Vaählijätänäm ayutänyadadam daca 
13, 4921. 

Im Rämäyana, s. meine Abh. darüber (1876) S. 22-26, erscheinen 
die Välhika, Vählika in Völkeraufzählungen des Westens (neben den 
Yavana, Kamboja, Darada, Pahlava) und des Nordens (neben den 
Yavana. Caka, Odra, Pärada, Mälava, Rishika, Paurava). Die daher 
stammenden Rosse (Vählija) werden gerühmt 1, 6,24 Gorr. (Välhi- 
kaic ca hayottamaih, Bomb. ed.) 5, 12, 36. 

Auf’ die Puräna ete. gehe ich hier nicht weiter ein. — Die Frauen 
der Vählika (Vahali) spielen auch in den heiligen Anga der Jaina® 
bei der Aufzählung der aus fremden Völkern zu nehmenden Ammen 
eine Rolle (s. Verz. Berl. S. H. 2,431. 587 etc. Ind. Stud. 16, 380), 
erscheinen resp. daselbst zwischen den Pulindi und Murandi. 

4. alle die Lexica, Amarakoca ete. (s. Pet. W.) die das Wort 
Vählika, Bälhika in den Bedeutungen: Ross, Safran, Asa foetida auf- 
führen. (Auch die Käcikä mit ihrer Angabe zu Pän. 8, 4,9, dass die 
Vählika sauvira tranken. s. Ind. Stud. ı 3, 369, Verz. Berl. S. Hss. 2, 1005, 
gehört hierher.) 

Freilich aber, obiges Verdiet gilt nur für den Fall, dass man 
diese Wörter auf Balkh bezieht, was ja allerdings für die Form Vähli”, 
Vähläyana, Vählika sich speciell empfiehlt”, da die geographischen 
ete. Beziehungen hierbei so trefflich passen. Ob auch die mercan- 
tilen Angaben? d. i. ob das gebirgige Balkh wirklich ein Land für 
Pferdezucht’ ist, und ob Safran und Asa foetida zu seinen spe- 


! zur Kürze des i von Vähl’-jäta cf. Wörter wie Mädrinandana, resp. Pän. 6, 3,63. 

? aus der Päli-Litteratur dagegen ist, mir wenigstens, keine Erwähnung der 
Bählika bekannt. Wenn sich dies bewahrheitet, ist es von Bedeutung. Denn man 
kann daraus schliessen, dass der Name zur Zeit der Entlehnung dieser Texte in 
Indien noch nicht bekannt war. Ein testimonium ex silentio ist freilich immer nur 
ein schwaches! | 

> ef. jedoch Ujjvaladatta’s Valh-i. 

* Wırson (Vishnu P. 2,3 p.ıgı ed. Harı 2,175) weist dieselbe vielmals den 
Nachbarländern des »people of Balkh« zu: »it is specified in the MBhär. Udyoga- 
parvan as famous for its horses, a reputation the country bordering upon it, at least 


Bokhara and Maimena, still preserves«; — s. noch ÜoBEBROORE, Mise. Ess. 2, 68. 
— Im Catapathabr. werden die Taurvaga- und die Saindhava-Rosse gerühmt, 
von den Vählika-Rossen ist daselbst nicht die Rede. — Die spätere Zeit spricht von 


persischen Rossen (z.B. Bäna in der Kädambari, s. Ind. Streifen ı, 359). — Das 


WeBER: Über Bähli, Bählika. 991 


ciellen Ausfuhrartikeln gehören? das vermag ich leider nicht zu er- 
härten. 

Wem denn nun also obige Verdiet absolut nicht passen will, nun 
dem bietet sich ja ein Ausweg. Im Westen resp. Nord westen müssen 
die Bählika, Bälhika wohnen. Nun wohl, die Atharvasanhitä (5, 22) 
kennt ein noch »über die Müjavant hinaus« wohnendes, »fremdes« 
(arana) Volk, die Valhika. das dem Anschein nach vom takman, 
Fieber, arg heimgesucht ward. Müjavant ist der Name eines Berges 
Nir. 9,8, auf dem eine besonders gute Art soma (Maujavata) wuchs, 
Rik-. 10, 34, 1; die Müjavant bezeichnen resp. in Vs. 3,61, Cat. 2,6,2, 17, 
Ts. 1,8,6,2, Käth. 9,7, wie es’ scheint, die äusserste Grenze des be- 
kannten Landes (paro Müjavato 'tihi), und zwar vermuthlich doch 
eben nach dem Westen hin‘. 

Dass bei diesen Valhika an Balkh nicht gedacht werden kann, 
liegt auf der Hand. Die Ath. S. könnte dann nicht »vor dem Ende 
des 7. Jahrh. abgefasst sein«, sagt Zimmer, freilich wohl damit etwas 
zu tief hinabgreifend; aber seine Ablehnung des Gedankens selbst 
ist durchaus berechtigt. 

Das Wort Valhika findet sich aber ausser in dieser Stelle der 
Ath. S. noch einmal im Veda, im GCatap. Br. 12.9,3,3, vor, und zwar 
als Name jenes Kuru-Königs, Sohnes des Pratipa, den das MBhär. 
(8, 119), wie wir sahen, in der That direct als Bählika aufführt, 
sowie als pitämaha des Dhritaräshtra, und als mit seinen Bählika 
von Bhimasena getödtet. Wenn hiernach für das MBhär. der Sohn 
des Pratipa unmittelbar mit den darin anderweitig so oft erwähnten 
Vählika, Vählika, verbunden erscheint, so ist auch bei uns bisher der- 
selbe stets direet mit Balkh, resp. Baktrien in Bezug gesetzt worden. 
2 Und ebenso hat man dies dann auch ohne Weiteres für die 
Valhika der Ath. S. gethan. So Rora (zur Lit. u. Gesch. des Weda p. 41), 


in Indien einheimische Ross mit seinen durch die Pferdeopfersprüche des vedischen 
Rituals (dessen reiche Aufzählung der einzelnen Körpertheile des Pferdes überhaupt 
von hohem anatomischen Interesse ist) bezeugten 34 vankri, Ribben, scheint eine geringe 
Race zu repraesentiren, cf. die aus dem »Pandit« etc. in Ind. Streifen 3, 229. 230 
angeführten Stellen, speciell die Correspondenz M. Mürrzer's mit Huxrey in der 
Academy vom 20. 2. 1875, p.196. -—— Für die Einfuhr fremder Pferde nach Indien 
in moderner Zeit sind von hohem Interesse die bei Hemacandra 1237fg. aufgeführten 
Pferdenamen auf äha und üha, so: kokäha (Schimmel), khongäha (weissgelb), 
seräha (milchweiss), khungäha (Rappe), kiyaha (Fuchs), triyüha (braun), 
volläha (braun mit heller Mähne und hellem Schweif), uräha (hell mit schwarzen 
Beinen), surühaka (Eselfarbig), vorukhäna (pätala, röthlichweiss, BöHtLinek), 
kuläha (gelb, mit schwarzen Knieen), ukanäha (gelbroth oder schwarzroth), hälaka 
(gelbgrün!), haläha (scheckig). Welcher Sprache gehören diese Wörter wohl an? 

! in Ath. S. 5,22 werden neben den Balhika und Müjavant direet noch die Ma- 
hävrisha, Cüdra und Cakambhara genannt, welche Namen in dieser Verbindung sämmt- 
lich nach dem Westen zu führen scheinen. 


992 Gesammtsitzung v. 17. Nov. — Mittheilung v. 3. Nov. 


Kern (in sehr specieller Weise) in Muir’s S. Texts 2 2,446, Wuıtney 
zu Ath. Prät. ı, 46 (welche Stelle für die Aussprache mit /h, nicht 
/l. entscheidet), endlich auch das Per. W. 

In den Drucken und Handschriften werden, eben die hierher- 
gehörigen Wörter, sowie bald mit D, bald mit V im Anlaut, so auch 
bald mit a oder d in der ersten, bald mit /A resp. Al, und mit © 
resp. { in der zweiten Silbe geschrieben. Und dieser Umstand hat 
sieh denn eben als sehr verhängnissvoll erwiesen, weil hierdurch 
eine Verwechselung des vedischen Valhika, Balhika mit dem epischen 
Väahli, Vählika', die von einander völlig abzutrennen sind, stattge- 
funden hat, und die Bedeutung Balkh, Bactrien von letzteren Wörtern 
auch auf die Stellen, wo ersteres Wort vorkommt, übertragen worden ist. 

Insbesondere haben Lassen und Bunsen an den Namen des im 
MBhärata als ein Sohn des Pratipa aufgeführten Kuru -Königs Bählika, 
für den jetzt aus dem. Gat. br. die richtige Namensform Valhika vor- 
liegt, weitgehende historische Folgerungen in Bezug auf die Ver- 
bindung zwischen Indern und Bactriern geknüpft. Ich habe nun zwar 
meinerseits wiederholtlich (Ind. Stud. ı. 205. 4, 217. 13, 369) auf das 
Bedenkliche dieser Schlüsse, resp. auf die dabei vorliegende Verwechse- 
lung hingewiesen. Trotzdessen hatte auch noch Zimmer, durch seine 
Vorgänger verleitet, in seinem »altindischen Leben«, p.ı30, die 
Stelle der Atharva S. resp. die darin genannten Valhika, auf das 
»eranische Land und Volk« der Bactrer bezogen, und ist erst in 
seiner Retractatio, am Schluss, p. 432 zu der richtigen Auffassung 
gekommen, wobei er denn leider aber bei seiner Ablehnung (s. so eben) 
etwas zu tief hinab gegriffen hat. 

Ich selbst hatte zwar schon gleich bei meiner ersten Erwähnung 
(1850) des Namens Valhika die richtige Schreibung (mit /A, nicht Al) 
und Etymologie dafür erhärtet, sowie die Trennung desselben von 
Bählika als nothwendig bezeichnet, hatte dann auch (1853) unter 
nochmaliger Constatirung der richtigen Schreibung des Wortes (mit /A), 
die »baktrischen Folgerungen« aus dem Namen des Kuru-Königs als 
»bedenklich « bezeichnet, hatte ferner (1873), gegenüber dem Per. W., 
auf die Nothwendigkeit der Scheidung zwischen Valhika und 
Vählika hingewiesen, aber ich habe andererseits doch, auch noch 
(s. im Eingang) nachdem Zmmer bereits den riehtigen Weg in Be- 
zug auf die chronologische Verwerthung der Namensform Bählika ein- 
geschlagen hatte, mich dagegen ablehnend verhalten, weil mir eben 
Zimmer’s Ansatz » Ende des 7. Jahrh.«) zu tief hinabging. 


! die ihrerseits übrigens, wie schon Lassen (1827) und Wırson (1846) an- 
nahmen, mehrfach wohl auch mit den ähnlich klingenden: Bähika verwechselt sein 
mögen. 


Weser: Über Bähli, Bählika. 993 


Jetzt jedoch, nachdem NöLpereE's Ausführungen einen früheren 
Termin für die Entstehung des Wortes in Erän selbst anzunehmen 
gestatten, stehe ich nicht mehr an, diesem auswärtigen Zeugnisse 
seine volle Bedeutung für die literarische Chronologie Indiens zu- 
zuerkennen. 

Es erübrigt noch, über den ächt indischen Namen Valhika 
Einiges zu bemerken. »Die Wurzel balh neben barh (vardh, trennen) 
und vrih, erscheint ziemlich häufig in den Brähmana« heisst es Ind. 
St.ı, 205. An dieser Zusammenstellung möchte ich noch jetzt fest- 
halten (abgesehen etwa von der, wie mir nun scheint, ungehörigen 
Parenthese in Bezug auf vardh). Für ybarh giebt das Pet.W. als 
Grundbedeutung »ausreissen« an, »ausziehen«, und nimmt da- 
neben eine zweite Wurzel barh an: »fest machen, kräftigen, stärken«. 
Sollten nicht beide Wurzeln zusammengehören? und auf den Be- 
griff: »heben, empor-, heraus- heben« zurückgehn? balh betrachte 
ich als eine Variation hierzu, unter Wandlung der physischen Be- 
deutung in die psychische, im Sinne von: »herausholen, herausfordern, 
auf die Probe stellen (z. B. mit Räthselfragen)«. So: etad brahmann! 
upa valhämasi tvä Vs. 23, 5sı. Gänkh. 16,6,3 (bei Läty. 8, 10,11 die 
svarabhakti-Lesart: upa bakihämahe), ya evai 'nam upavalheta Gat. 
[1,4 1.9, tad dhai ’ka upa valhante 12, 4,2,8, pravalhikäbhir vai devä 
asurän pravalhya Ait. br. 6, 33. ef. noch upavalha, pravalha (Manu), 
pravalhikä' — Cänkh. br. 30,7. Gänkh. er. s. 12, 21,7. 

valhika »herausfordernd, keck, kühn« eignet sich somit 
trefflich als Name eines (feindlichen) Volkes’, und es ist ferner diese 
Bedeutung gerade auch für den Kuru-König dieses Namens” speciell, 
in der Stellung, in der ihn das Gatap. br. 12,9, 3,3 aufführt, vor- 
trefflich geeignet. Es wird nämlich daselbst erzählt, dass der Kuru- 
König Balhika, Sohn des Pratipa, sich der Srinjaya® gegen ihren von 
ihnen vertriebenen sthapati, Pätava Cäkra, mit dem Beinamen: Revot- 
taras’, annehmen wollte, der seinerseits aus Rache für seine Vertrei- 
bung beschlossen hatte, den Dushtaritu Paunsäyana, der aus Dacapu- 
rusham-räjya vertrieben war, zum König der Srinjaya zu machen. 
Balhika zog daher aus, um die Opferweisheit des Pätava auf die 
Probe zu stellen (in Wahrheit wird es sich wohl um einen Kriegs- 


sollte etwa das spätere prahelikä hieraus entstanden sein? (Leumann). 
cf. auch Ujjvaladatta’s Valh-i, oben S. 988 n. 4; eine Wurzel: vahl giebt es nicht. 
»hat mit Balkh nichts zu thun,« heisst es in meinen Beiträgen zum Pet.W. 
dieselben waren den Kuru befreundet, hatten nach Cat. 2, 4,45 sogar zeitweise 
einen gemeinsamen purohita (Devabhäga Crautarsha, ef. Ts. 6, 642,2) 

5 dieser Beiname bezeichnet ihn doch wohl als einen »der die Revä über- 
schritten hatte«, führt uns somit, für ihn wenigstens, in das südliche Indien; die 
Srinjaya ihrerseits gehören mit den Kuru dieser Zeit in das mittlere Indien. 


PP 8 


994 Gesammtsitzung v. 17. Nov. — Mittheilunge v. 3. Nov. 
8 S 


zug gehandelt haben); er fand ihn aber auf die an ihn gestellten 
Fragen hin so gut beschlagen, dass er den Versuch, die Srinjaya vor 
ihm zu retten, aufgab, was die Vernichtung ihres selbständigen Bestehens 
als eignes Reich' zur Folge hatte (na tad asti yat Sriüjayänä- räsh- 
team, k. 3). 


Als Name eines nördlichen Volkes spuken die Bählika auch 
noch bei den späteren Rhetorikern und Präkrit-Grammatikern fort. Um 
nun den Schwierigkeiten zu begegnen, welche die Angaben derselben 
über den Bählika-Dialect (Bahlika-bhäshä) machen, wenn man sie 
auf Bactrien zu beziehen hätte, hat denn auch schon Lassen selbst in 
seiner Präkrit-Grammatik (1837) p. 37 sich dahin ausgesprochen’, 
dass essich um zwei Völker bei den B. handele, »populo et Penta- 
potamico et Bactriano«°. Es hat ihn dies indessen nicht verhin- 
dert, im App. p. 25 und im Index p. 7ı das Wort auch in seinem 
Bezug auf die Sprache der Bählika wieder auf die »Bactriani« 
zu beziehen, wie er denn eben auch später in seiner Alterthums- 
kunde (1,597) den Namen des Kuru-Königs direet mit Bactrien in 
Bezug bringt. 

In dem von Lassen a. a. OÖ. behandelten bhäshävibhäga des Sä- 
hityadarpana (nr. 432) ist übrigens die von ihm, sowie auch noch von 
BALLANTYNE in seiner Ausgabe (Bibl. Ind. 1851) und von Muir (Orig.- 
Sanskr.- Texte 2, 61) gegebene sehr befremdliche Lesart: Bählika- 
»bhäshä divyänäm« nach Premacanora’s Übersetzung (1861): »belongs 
to the people of northern India« offenbar in: »“bhäsho "dieyänäm « 
zu verbessern. 

Märkandeya kavindra im Präkritasarvasva (AurrecHt Uatalog. Bibl. 


! über den Untergang der Srinjaya s. auch Ts. 6, 6,2,2.3, Käth. ı2,3 (tena vai 
Srihjaya ayajanta, ta ida» sarvam atyayaws, tad enan muhuh prayujyamänam avä 'dhü- 
nuta). — Beiläufig, auch die Vertreibung der Kuru aus dem Kuruksheta wird be- 
richtet (Cankh. cr. s. 15, 16,3). 

” indem er zugleich die in seiner Schrift der Pentapotamia Indica (1827) p. 21 
aufgestellte Annahme, dass Bählika in den Texten melırfach mit Bähika verwechselt 
sei, zurücknahm und beide Worte für identisch erklärte. »Bählica idem est ac 
Bähica .. distinetio quam proposui nulla est; nomen est veluti Gandhära populo et 
Pentapotamico et Bactriano; de Bactrianis autem in nostro loco (es handelt sich um 
die Stelle im Sähityadarpana) cum Colebrookio cogitare noli vide As. Res. 10, 395« 
[s- resp. mise. ess. 2, 68: »Bählica-bhäshä, perhaps the language of Balkh in the 
Transoxana«]. 

® damit wäre dann freilich eine indische Etymologie für das Wort, zum Wenig- 
sten für dessen erste Bedeutung, indieirt. 


Weser: Über Bähli, Bählika. 995 


Bodl. 181° 27) berichtet, dass sich die Vähliki von der Mägadhi im 
Wesentlichen nur dadurch unterscheide, dass sie / statt r setze (was 
jedenfalls nicht gerade besonders iränischen Typus verräth!). 


Wie Parcu (Tirimdira) und Turvaca für die gentilen Be- 
ziehungen Indiens zu Iran und Turan in vedischer Zeit eintreten, so 
Bählika und Pahlava, Kämboja und Gaka für die epische Zeit, wäh- 
rend dies Pärasa, Pärasika (vielleicht auch in secundärer Verwendung 
Yavana) für die eigentliche Sanskrit-Periode thun. Nach anderen Be- 
ziehungen treten für jene drei Stadien der Reihe nach u. A. ein: die 
Legenden von dem Streite der Angiras mit den Äditya (der asura und 


der deva), — sodann mudrä und der nrisinha- Typus, Maga (Cäkadvi- 
piya) und mihira, — endlich bandin, sähi, mädhi, divira, paikka, pilu'. 


Dagegen führen uns z. B. ärya und däsa, asura und yätu, soma und 
yama, Kävya Ucanas und Näbhänedishtha in die ärische, varuna 
und aryaman, näsatya und gandharva, Traitana und Manu gar noch 
in die indogermanische Zeit zurück. 


' für die ganz moderne Zeit cf. die beiden von mir (1887. 1888) publieirten Pä- 
rasiprakäca des Krishnadäsa. 


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Adresse an Hrn. FRIEDRICH VON SPIEGEL 


zur Feier seines fünfzigjährigen Doetorjubilaeums 
am 8. November 183. 


Hochverehrter Herr College! 


(A Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften, der Sie seit 
30 Jahren als Mitglied angehören, gereicht es zur besonderen Freude, 
Ihnen heute an Ihrem Ehrentage auch ihrerseits die besten Glück- 
wünsche darzubringen. 

Dieser Tag krönt eine mühevolle und von reichem Erfolge ge- 
segnete Thätigkeit, welche Sie der Erforschung der beiden gross- 
artigsten Religionssysteme zugewendet haben, die auf ärischem Boden 
entstanden sind, den Religionen Buddha’s und Zarathustra’s. 

Ihre ersten Arbeiten waren speciell der alten Kirchensprache des 
Buddhismus, dem Päli, gewidmet. Ihre Ausgaben des Kammaväkya 
(1841) und der Anecdota Pälica (1845) waren in Europa die ersten 
Textausgaben dieser Art überhaupt, und haben, im Verein mit 'TuRNoURr’s 
Mahävanso, sowie mit Burnour-Lassen’s Essai sur le Päli, den Grund 
gelegt für das jetzt in so hoher Blüthe stehende Päli-Studium. Ihr 
trefflicher Katalog der durch Erasmus Rask gesammelten Päli- Hand- 
schriften der Kopenhagener Bibliothek (1843/45) ist noeh jetzt das 
einzige Werk dieser Art. 

Gerade aber Ihr Aufenthalt in Kopenhagen, Ihr Bekanntwerden 
mit den ebenfalls durch Rask dorthin gebrachten Avesta- Handschriften, 
und Ihre dort angeknüpfte Verbindung mit Justus OLSHAUSEN, unserem 
späteren langjährigen hochverehrten Mitgliede, war es, was Sie von 
Indien fort, nach Erän hinüber führte. 

ÖLsHAusEn theilte Ihnen (ähnlich wie dann auch Joser MÜLLER) 
seine eigenen, für eine früher von ihm selbst, wie sein Specimen des 
Vendidad 1829 zeigt, geplante Ausgabe in Paris gemachten Copien 
dortiger Avesta-Handschriften mit, und erleichterte Ihnen dadurch 
die gewaltige Arbeit der handschriftlichen CGopien und Üollationen, 
der Sie sich in Kopenhagen, London, Oxford, Paris mehrere Jahre 
hindurch mit unermüdlicher Ausdauer hingegeben haben, und als 


998 Gesammtsitzung vom 17. November. 


deren schöne Frucht Ihre Avesta-Ausgabe in Verbindung mit der 
Huzväresh-Version und einer deutschen Übersetzung (1852— 1863) 
vorliegt. 

Dieses Werk hat auch neben der gleichzeitig (1852—54) durch 
N. L. WestereaArnp in Kopenhagen publieirten, allerdings mit noch 
reicherem kritischem Material ausgestatteten Avesta-Ausgabe seinen 
eigenen hohen Werth, theils durch die Beigabe der dort fehlenden 
Huzväresh-Version, theils und vor Allem dadurch, dass Sie mit 
kühnem Muthe sich eben auch an eine deutsche Übersetzung wagten. 
Zwar hat das von Ihnen hierbei befolgte Prineip, sich streng an 
die in jener Version vorliegende traditionelle Auffassung zu halten, 
bald, besonders aus den Reihen der Indianisten, lebhaften Widerspruch 
erfahren. Aber Sie haben doch die Genugthuung gehabt, nicht nur, 
dass einer Ihrer heftigsten Gegner nach einem längeren Aufenthalt 
in Indien, wo er die betreffende Tradition selbst näher kennen ge- 
lernt hatte, als ein bekehrter Paulus zurückkehrte und nun bloss 
noch über das Maass des richtigen Verständnisses derselben mit Ihnen 
haderte, sondern auch, dass Mehrere der namhaftesten Forscher auf 
diesem Gebiete sich im Wesentlichen Ihren Ansichten angeschlossen 
haben, während Andere zum Wenigsten für die späteren Theile des 
Avesta den Werth der Tradition anerkannten. 

Wie sich nun diese Frage auch im weiteren Verlaufe noch ent- 
scheiden mag, jedenfalls gebührt Ihnen das Verdienst, der durch 
Eustne Burnour in das Leben gerufenen Zend-Philologie, ja der erä- 
nischen Philologie überhaupt, zu hoher Entwickelung und kräftigem 
Leben verholfen zu haben. Denn Sie haben Ihre Thätigkeit dafür 
nicht bloss auf die Bekanntgebung des Avesta- Textes selbst, und auf 
das, was Sie zum unmittelbaren Verständniss desselben für nöthig er- 
kannten, wobei vor Allem Ihr eingehender Commentar zu Ihrer Über- 
setzung (2 voll. 1864. 1868) sowie Ihre Publication von NERIOSENGHS’ 
merkwürdiger Sanskrit- Übersetzung des Yaena (1861) zu nennen ist, 
beschränkt, sondern dieselbe auch auf alle irgendwie einschlagenden 
Fragen und Untersuchungen ausgedehnt. Ihren Grammatiken des Pärsi 
(1851), Huzväresh (1856) und des Alt-Baktrischen (1867; so nannten 
Sie die Sprache des Avesta) reiht sich zunächst noch eine eingehende 
Untersuchung über die traditionelle Literatur der Parsen (1860) an. 
Sie zogen dann aber auch die altpersischen Keilinschriften (1872.. 
ı881 zweite Auflage) und deren Sprache (vergleichende Grammatik 
der alt-eränischen Sprachen 1882) heran, und leiteten durch eine 
Reihe einzelner Abhandlungen (gesammelt in Ihrem Eran 1863) Ihr 
grosses zunächst einmal abschliessendes Werk: die eränische Alter- 
thumskunde (3 voll. 1871—78) ein, in welchem Sie die Resultate 


Adresse an Hrn. von SPIEGEL. 999 


Ihrer Forschungen auf diesem Gebiete in klarer, übersichtlicher Form 
niederlegten. Daran hat sich später noch (1837) Ihre interessante 
Sehrift: die ärische Periode und ihre Zustände angeschlossen. Auch 
dem Neupersischen sind Sie selbstverständlich stetig zugewandt ge- 
wesen, wie schon Ihre Chrestomathia Persica 1846 bezeugte. 

Bei den vielfachen nahen Beziehungen Erän’s zu den Semiten 
in alter und neuer Zeit, ist es Ihren Arbeiten sehr zu statten ge- 
kömmen, dass Sie, ein Schüler Rückerr'’s, Lassen’s und GILDEMEISTER’S, 
zu der alten, jetzt kaum noch möglichen Generation von Orientalisten 
gehören, welche in den ärischen, wie in den semitischen Sprachen 
gleichmässig bewandert und zu Hause sind, wie Sie dies auch in Ihrer 
seit 1849 in Erlangen ausgeübten akademischen Thätigkeit stetig be- 
währt haben. 

Seit Kurzem haben Sie sich veranlasst gesehen, diese letztere 
Ihnen so liebe Thätigkeit, die denn doch zu vielseitige Ansprüche 
an Sie machte, aufzugeben. Wir hoffen, dass die Ihnen hierdurch ge- 
wordene Musse noch weitere Arbeiten im Interesse der Wissenschaft 
zeitigen wird und bringen Ihnen hierzu unsere besten Wünsche dar. 


Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften. 


Ausgegeben am 24. November. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


Sitzungsberichte 1892. 90 


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1892. 
ALVIN. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 
ZU BERLIN. 


24. November. Sitzung der physikalisch -mathematischen Ulasse. 


Vorsitzender Seeretar: Hr. E. pu Boıs- Reynumonn. 


Hr. Munk berichtete über seine fortgesetzten Untersuchungen 
über die Schilddrüse. i 

Die Mittheilung wird später erscheinen. 

Hr. Fucus legte der Akademie auf Gesuch des Verfassers das 
Werk des Hrn. Prof. Runoren Sturm in Breslau vor: Die Gebilde 
ersten und zweiten Grades der Liniengeometrie in systematischer Be- 
Handlungs 1. u. IE Band. (Leipzig bei Teubner, 1802.) 


Ausgegeben am 1. December. 


Sitzungsberichte 1892. 91 


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1005 
1892. 
AÄLIX. 
SITZUNGSBERICHTE 
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 
ZU BERLIN. 


2 »vember. Sitzung der philosophisech -historischen Ulasse. 
24. Nc ıbe Sitzung d hil hiseh -hist l Cl 


Vorsitzender Secretar: Hr. Monmusen. 


Hr. Vanten las über das Säculargedicht des Horatius. 
Die Mittheilung folgt umstehend. 


1005 


Über das Säculargedicht des Horatius. 


Von J. VAHLEN. 


Es ist uns allen wohl noch erinnerlich, wie Hr. Mommsen zuerst in die 
Classe die Nachricht brachte, dass am Tiberufer ein neues Denkmal 
ausgegraben sei, das Aufschluss gebe über das von Augustus angeordnete 
Säcularfest und den Horatius als den Dichter der bei diesem Fest 
gesungenen Ode mit den Worten carmen composuit (. Horatius Flaccus 
bezeichne. Wir bedurften der Urkunde nicht, um über den Ursprung 
des uns erhaltenen Gedichtes nicht in’s Schwanken zu gerathen, aber 
das in Marmor gegrabene gleichzeitige Zeugniss wird doch wohl 
manchen, der noch ein Herz hat für die jetzt viel gescholtenen alten 
Dichter, eigen angemuthet haben. Seitdem die erhaltenen Reste des 
Denkmals wieder zusammengefügt und im Auftrag der Accademia dei 
Linecei in Rom durch unseres Mommsen Meisterhand erläutert und 
bis in die Ritzen hell beleuchtet worden', ist die unvergleichliche 
Bedeutung dieser Urkunde für das Augusteische Fest und die zahl- 
reichen damit zusammenhängenden Fragen voll zu Tage getreten. 
Auch Horatius’ Carmen saeculare hat Gewinn aus der neu eröffneten 
Quelle gezogen, Gewinn für unsere Erkenntniss, der auch dann be- 
stehen bliebe, wenn für den Diehter und sein Gedicht der Gewinn 
sich zum Nachtheil kehren sollte. Über die Festfeier fehlte es auch 
vordem nicht durchaus an Zeugnissen: wir besassen die Sibyllinischen 
Verse, auf welche die Abhaltung des Festes zurückgeführt ward, bei 
Phlegon und bei Zosimus, bei letzterem auch den von Atejus Capito 
ausgearbeiteten Plan für die Ausführung der Feier, beides zuletzt von 


! In den Monumenti antichi pubblicati per cura della R. Accademia dei Lincei vol.1. 
punt. 3a. ı891 und daraus in besonderem Druck unter dem Titel I commentarü dei ludi 
secolari Augustei e Severiani scoperti in Roma sulla sponda del Tevere con una illustrazione 
di Teodoro Mommsen, welcher ausser dem eingehenden. Fundbericht der italienischen 
Gelehrten, denen die Ausgrabung verdankt wird, Commentarium ludorum saecularium 
quintorum qui facti sunt imp. Caesare divi f. Augusto trib. pot. vı edidit illustravit Theodorus 
Mommsen enthält. Letzterer im Wesentlichen wieder abgedruckt in der Zphemeris 
epigraphica 1891 S. 225ff. Nach diesem Druck als dem vermuthlich zugänglicheren 
ist eitiert worden. Vergl. dazu Mommisen’s Aufsatz ‘Die Acten zu dem Säculargedicht 
des Horaz’ in der Wochenschrift ‘Die Nation’ vom ı2. Dee. 1891. 


1006 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 24. November. 


Hrn. Diels in den Sibyllinischen Blättern (S. 125 ff.) herausgegeben 
und besprochen. Mit den hierin dargebotenen Angaben befand sich 
im Wesentlichen die Darstellung des Horatius im Einklang. Aber 
Anordnung und Gliederung des Festes im Ganzen und nach den ein- 
zelnen Tagen ist aus den Acten des Quindeeimviralcollegiums, die uns 
der neue Fund gebracht, mit schärferer Bestimmtheit hervorgegangen, 
und ist zugleich der Platz, den der von Horaz geleitete Chorgesang 
in dem Gange des Festes einnahm und die Beziehungen des Gesanges 
zu der Feier und ihren Theilen deutlicher erkannt worden. Aber 
zugleich sind Thatsachen an das Licht getreten, die vordem nicht 
leicht Jemand vermuthen konnte, und haben in das Gedicht des Horaz 
einen Schatten geworfen, der sehr geeignet ist, den reinen Genuss zu 
beeinträchtigen. Hr. Mommsen hat die von ihm erkannten und mit 
Schärfe hervorgehobenen Schwierigkeiten durch eine Lösung zu be- 
seitigen gesucht, die nicht eben zu Gunsten des Säculargedichtes und 
seines Dichters ausgeschlagen ist. Das Interesse der Sache rechtfertigt 
es vielleicht, wenn ich diese Seite der Frage noch einmal aufnehme, 
zumal abgesönderte Behandlung derselben Einiges zur Klärung der 
Controverse beizutragen verspricht, mag dann auch die Entscheidung, 
wie billig, anderen und vor allem Hrn. Mommsen selbst anheimgegeben 
bleiben. Ich schlage aber den entgegengesetzten Weg ein, nieht von 
der Urkunde zum Gedicht, sondern von der Analyse des Gedichtes 
zu dem was die Urkunde Neues bringt. Dabei kann vieles was der 
Einzelerklärung des Horaz aus den Acta zuwächst auf sich beruhen, 
das den Interpreten des Horaz nicht entgehen wird. Mir kommt es 
nur auf den Aufbau des Gedichtes im Ganzen und die Gliederung 
desselben an. Um aber dieser Betrachtung eine geeignete Grundlage 
zu geben, schicke ich voraus die aus den Acta gezogene Vertheilung 
der auf drei Nächte und drei Tage anberaumten Festfeier nebst Be- 
zeichnung der jeder Nacht und jedem Tage zugewiesenen Gottheit 
nebst den besonderen Opfergaben und Gebeten. 

Nach den voraufgegangenen Mittheilungen über die Vorbereitungen 
zum Fest heisst es in dem Bericht über die abgehaltene Feier. 

Erste Nacht. 

2.90. Nocte insequenti (zwischen dem 31. Mai und ı. Juni) in 
campo ad Tiberim .. Moeris imperator Caesar Augustus üimmolavit hostias 
prodigivas Achivo ritu... mit dem Gebet Moerae, uli vobis in illis libris 
scriptum est, quarumque rerum ergo, quodque melius siel populo Romano 
(Quiritibus, vobis novem agnis feminis et novem capris feminis sacrum fiat; 
vos quaeso precorque uli imperhum maiestatemque populi Romani (Quiritium 
duelli domique auwitis ulique semper Latinum nomen tueamini, . . ün- 
cohumitatem sempiülernam victoriam valetudinem populo Romano (Quiritibus 


Vaunen: Über das Säculargedicht des Horatius. 1007 


tribualis faveatisque populo Romano (Juiritinom legiomibusgque populi Romani 
(Quiritium remgue publicam populi Romani (Quiritium salvam servelis USW. 
Erster Tag. 

2.103. K. Iın. in Capitolio bovem marem lovi oplimo masximo 
proprium immolavit imp. Caesar Augustus, ibidem  alterum M. Agrippa, 
precali autem sunt ita: Iuppiter optime mazime, ui tibi in ülis lübris seriplum 
est quarumque rerum ergo quodque melius siet populo Romano (Quiritibus 
tibi hoc bove mare pulchro sacrum fiat te quaeso precorquez cetera uli supra. 

Zweite Nacht. 

2.115. Noctw autem ad Tiberim sacrificium feeit deis Ilithyis libis 
novem popanis novem plhoibus novem imp. Caesar Augustus; precalus est 
hoc modo: Ilithyia, wli tibi in ülis libris — — uli supra. 

Zweiter Tag. 

2.119. ıv nonas Tun. in Capitolio immolavit Tunoni reginae bovem 
feminam imp. Caesar Augustus, ibidem alteram M. Agrippa et precalus est 
hoc modo: Juno regina, uti tbi — — uli supra. Deinde cx matribus 
familias nuptis, quibus denuntiatum fu... praeit in haec verba: Juno 
regina, ası quid ‚est quod melius siet populo Romano (Quiritibus (kolgt ein 
Gebet wie oben in der ersten Nacht). 

Dritte Nacht. 

7.134. Noch autem ad Tiberim suem plenam Terrae matri ün- 
molavit imp. Caesar Augustus precatusque est hoc modo: Terra mater, uli 
tibi — — cetera uli supra. 

Dritter Tag. 

2.139. A. d. ım non. Jun. in Palatio Apollini et Dianae  sacri- 
fieium fecerunt imp. Caesar Augustus, M. Agrippa libis novem  popanis 
novem pthoibus novem precalique sunt ita: Apollo, uli tbi — — uli 
supra .... Zäsdem verbis Dianam ... 

Sacrifieioque perfecto pueri xxvır quibus denuntiahum erat paltrimi et 
matrimi et puellae totidem carmen cecinerunt; eodemque modo in Capitolio 

Carmen composuit (9. Horatius Flaceus. 

Es ist nicht zu bezweifeln, dass Horaz von dem Sibyllenorakel 
gewusst hat, das die Säcularfeier geboten, und dass er über die 
darauf gegründete speeielle Anordnung des Festes im Voraus unter- 
richtet war. Sein Gedicht, bestimmt am dritten Tage des Festes 
nach Vollendung der Opfer für Apollo und Diana am Palatinischen 
Tempel des Apollo von einem Chor auserwählter Knaben und Mädchen 
gesungen zu werden, verlieh der eigentlichen Säcularfeier ihren ge- 
wichtigen Abschluss. Er hebt demnach mit Apollo und Diana an, 
den Gottheiten, denen dieser Tag des Festes gehört, und bezeichnet 
Grundton und Ziel des Gedichtes in den Versen (1 — 8) 


1008 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 24. November. 


Phoebe silwvarumque potens Diana, 
hueidum caeli decus, o colendi 
semper et culti, date quae precamur 
tempore Sacro, 


s quo Sibyllini monuere versus 
virgines lectas puerosque castos 
dis quibus septem placuere colles 
dicere carmen. 


Das Sibyllenorakel hatte V.ı8 fg. (desdousvai re Aarivor maıdves xoupocı 
xoonaı TE vnov Ey,ciev dNavaruv usw.) an das Opfer für Apollo das Gebot 
dieses Chorgesanges der Knaben und Mädchen geknüpft. Demnach 
hiess es in der Epistola Augusti Z. 20 pueros virginesque patrimos malni- 
mosque ad carmen canendum chorosque habendos frequentes ut adsint und 
entsprechend in dem späteren Bericht über die Abhaltung der Feier 
Z.149 (s. oben). 

‘Verleihet uns, um was wir bitten, am heiligen Fest’ rief der 
Chor Apollo und Diana an. Das Gebet selbst aber, von diesem 
Eingang abgelöst, schliesst sich selbständig an (V. 9— 32). 


alme Sol, curru nitido diem qui 
ıo promis et celas aliusque et idem 
nasceris, possis nihil urbe Roma 
visere maius. 
rite maluros aperire parlus 
lenis, Ilthyia, tuere matres, 
15 sive bu Lacina probas vocari 
seu Genitalis : 


diva, producas subolem , patrumque 
prosperes decreta super iugandis 
feminis prolisque novae feraci 

2» lege marila, 
certus undenos deciens per amnos 
orbis ut cantus referatque ludos 
ter die claro totiensque grata 
nocte frequentes ; 


»5 vosque veraces Ccecinisse, parcae, 
quod semel diebum est stabilisgue rerum 
ierminus servet, bona tam peraclis 
vungite fata. 


! Nur Zosimus weicht ab, aber vermuthlich irrthümlich. S. Mommsen, Ephem. 
8.250. 


Vauren: Über das Säculargedicht des Horatius. 1009 


fertilis frugum pecorisque tellus 

30 spicea donel Cererem corona, 
nulriant fetus et aquae salubres 
et Jovis aurae. 


Denn wenn der Sonnengott auch Apollo ist, woran selbst die Sibyl- 
linischen Verse erinnern (16 xal ®olßos Arcrruwv, core zul "Heros zıxrY- 
oxeraı), so muss man doch bekennen, Horaz hat von dieser Iden- 
tität abgesehen und nicht gewollt, dass sie den Hörern in das Be- 
wusstsein falle: denn das Gebet, dessen Erhörung der Chor von 
Apollo und Diana erwartet, ist, wie ich sage, ein freies und selbst- 
ständiges, und schliesst sich nicht fortschreitend an die Eingangs- 
verse an. ‘Sonnengott, der du auf deinem glänzenden Wagen den 
Tag bringst und den Tag begräbst, immer ein anderer und immer 
derselbe, mögest du auf deiner Fahrt durch den Weltenraum nichts 
grösseres erschauen können als die Stadt Rom.’ Ich nehme maius 
V.ı2 nicht in irgend welcher ‚abgeblassten übertragenen Bedeutung, 
sondern im strengen und eigentlichen Sinne und verstehe es demnach 
von der Grösse der Stadt die in der Bevölkerungszahl sich kund 
giebt: denn dieser Begriff enthält das Grundmotiv, das in den sich 
anschliessenden Strophen (4.5.6) seine Ausführung empfängt. ‘Ili- 
thyia, schütze die Mütter die gebärenden und bringe, Göttin, die 
Sprösslinge an’s Licht, und gesegne die Beschlüsse der Väter, die 
durch Ehegesetz der Verminderung des Nachwuchses zu steuern sich 
bemühen, auf dass, wenn der Kreislauf der rıoJahre sich vollendet, 
das Fest in zahlreicher Betheiligung (referatque ludos .. frequentes) 
wieder begangen werde.” Auch Ilithyia ist nicht identisch mit Diana’ 
zu fassen und es hiesse die Absicht des Dichters verkennen, wollte 
man Sol und Ilithyia paaren und mit Phoebus und Diana (V.ı) in 
Parallele bringen. Sinnreich aber hat Horaz den Anruf an die Ge- 
burtsgöttin in Beziehung gesetzt zu den Bestrebungen des Augustus 
(Horaz nennt den die Beschlüsse fassenden Senat), durch Gesetz und 
Strafe der Abnahme der Bevölkerung entgegenzuwirken, und zugleich 
in Verbindung gebracht mit dem jetzt begangenen Fest, das, wenn 
es zur bestimmten Zeit wiederkehre, unverminderter Theilnahme sich 
erfreuen möge: dies alles, um den in maius (V.ı2) wie in der Schale 
eingeschlossenen Gedanken zu entfalten. An den Hinweis aber auf 
das nach ııo Jahren wiederkehrende Fest ist (auch in der Form) auf 
das engste geknüpft der Anruf an die Parzen oder Mören vosque (vgl. 
49 und 69) veraces cecinisse, parcae usw.; dessen Wortsinn im Allge- 
meinen Peerlcamp gut wiedergegeben hat mit den Worten: o parcae 


1 


Mommsen, Ephem. S. 258. 


1010 Sitzung der philosophisch- historischen Classe vom 24. November. 


non mendaces , felix et faustum porro facite imperium Romanum , quod 
vos esse fachiwras semel diwistis quodque certus rerum eventus comprobet 
(vgl. den analogen Wunsch V.65£.). Die Sibylle hatte verkündigt, 
dass wenn das Säcularfest begangen werde, r&0% Swv "Iran xai 
maca Aarıvuv aitv Ümo Oxymrooow Emavy,gviov Quyov e£aı (V.37£), ähnlich 
Zosimus 8.133, 10.12D. Den gleichen Gedanken hat Horatius auf 
die Parzen übertragen, die hier nicht wie sonst oft', als die, welche 
bei der Geburt das Schicksal kündigen, mit den Geburtsgöttinnen ge- 
paart werden, sondern mit der nächst vorangegangenen Erinnerung 
an die Wiederkehr des Säcularfestes in engster Verbindung gedacht 
sind. Wie sie nämlich an die Begehung des Festes das Heil der 
Stadt geknüpft haben, so mögen sie nun, nachdem die Feier eben 
glücklich von Statten gegangen, ihr einmal gegebenes Wort wahr 
machen und so immer, so oft das Säcularfest wieder gefeiert wird. 
Fassen wir so die Parzenstrophe in fest gefügtem Zusammenhang 
mit der ihr unmittelbar voraufgegangenen, so wird es auch gelingen, 
der nun folgenden ihre rechte Beziehung anzuweisen: fertlis frugum 
pecorisque tellus usw. V.29 ff. ‘Die an Früchten und an Heerden 
reiche Erde” möge die Getreidegöttin Ceres mit einem Ährenkranz 
schmücken, und die Früchte der Erde und der Heerden möge heil- 
samer Regen und die Lüfte des Himmels nähren.’ Zu diesem Gedanken . 
führt von den Parzen kein Weg. Aber je fester von der llithyia 
durch die folgenden Strophen der Gedanke sich zur Einheit ver- 
knüpft hat (V. 13— 28), wie ich zu zeigen versuchte, um so leichter 
wendet der Blick sich zurück zu dem auf seinem Wagen den Himmels- 
'aum durchfahrenden Sonnengott, womit dieser Gedankenzug eröffnet 
ward (V.9— 12). Denn dem Sonnengott tritt die Erdgöttin als die 
rechte Hälfte an die Seite. Auf dem Panzer der berühmten Augustus- 
statue ist dargestellt wie oben ‘der Sonnengott im langen Gewande 
der griechischen Wagenlenker auf rothem Wagen ein Viergespann 
lenkt’; “entsprechend ist ganz unten die Erdgöttin gelagert, einen 
Ährenkranz im blonden Haar: neben ihr spriessend Getreide und Mohn’. 
O. Jahn (Aus der Alterthumswissenschaft S. 288 ff.), dem ich diese Be- 
schreibung entnehme und der auch das bemerkt, dass häufiger auf 
ähnlichen Kunstwerken der Sonnengott auf seinem Viergespann und 
unten Göttinnen der Erde und des Wassers dargestellt seien, hat nicht 


! Mommsen, Ephem. S. 259. 

®2 Ob Erde oder Erdgöttin, verschlägt nicht viel. Dennoch bin ich geneigter 
Tellus als Erdgöttin zu fassen, die den Boden hergiebt, auf welchem Ceres ihr Getreide 
wachsen lässt, und ihr dafür mit emem Kranze lohnen soll. Dass beide, Tellus und 
Ceres, als zwei einander entsprechende Göttinnen zusammengehören, zeigt Ovid. Fast. 
1,671 placentur frugum matres, Tellusque Ceresque . . officium commune Ceres et Terra 
tuentur: haec praebet causam frugibus , illa locum, 


VAnten: Über das Säculargedicht des Horatius. 1011 


unterlassen, unsere beiden Strophen vom Sol und der Tellus mit jener 
Darstellung zu vergleichen, und wer sich erinnert, wie oft griechische 
Dichter und Schriftsteller Sonne und Erde, Sonnengott und Erdgöttin 
zusammenstellen', wird nicht zweifeln, dass wir zusammen nehmen, 
was in des Dichters Gedanke Eins war. — Mit dieser Bitte um Frucht- 
barkeit des Bodens und der Heerden ist das erste Gebet, für welches 
der Chor Gewährung von Apollo und Diana erflehte, geschlossen. 
Blicken wir auf die Acta zurück, so sehen wir, den Mören, der Ilithyia, 
der Tellus, sind in dieser Reihenfolge in der ersten, zweiten, dritten 
Nacht die ihnen gebührenden Opfer und die zugehörigen Gebete dar- 
gebracht worden: aber sie erscheinen dort verbindungslos neben ein- 
9), und 


ander, wie es auch im Sibyllenorakel der Fall ist (V.S 
nur darin sind sie unter einander verknüpft und gleichgestellt, dass 
ihre Verehrung der Nacht und dem Dunkel anheimfällt. Horatius hat 
diese Gottheiten, aber in anderer Ordnung und nicht in loser Reihe, 
sondern in einer ideellen Verknüpfung, wie sie dem Dichter ziemt, der 
auch nicht die diesen Gottheiten dargebrachten Opfer mit seinem Liede 
begleitet, sondern vom letzten Moment des Festes zurückblickend auf 
die bereits vollzogenen Opfer die allgemein gehaltenen bei allen gleich- 
artigen Gebetsformeln der Acta in speciellere der Natur der Gottheiten 
angepasste Gebete umgesetzt hat. Es sind aber, wenn wir auf den 
ideellen Gehalt sehen, die natürlichen Grundlagen, auf denen der Be- 
stand der Stadt und des Staates beruht, die in diesen Gebeten ihren 
Ausdruck gefunden haben: und was konnte angemessener erscheinen, 
bei einem Fest, an dessen Feier die dauernde Wohlfahrt des Reiches 
geknüpft worden, als der Wunsch, der Stadt und dem Reiche möge 
es nicht an Menschen fehlen und den Menschen, die geboren werden, 
nieht an Brot, und die Beziehung auf Augustus selbst, die, wie an- 
gedeutet, hierin enthalten ist, musste diese Fassung des Gedankens 
um so wohlgefälliger erscheinen lassen. Auf die Verordnung gegen 
die Ehelosigkeit nehmen die Acta selbst Bezug, indem sie für dieses 
Fest eine Ausnahme statuieren, insofern sie die Zuwiderhandelnden von 
der seltenen Feier, die keiner zweimal erlebt, nieht wegweisen”. Es 
ist bekannt, dass in dem Jahr vor dem Säcularfest das Gesetz de mari- 
landis ordinibus erlassen wurde, welches dem Diehter vor Augen schwebt 
‚bei den Worten (V. 18) patrumque prosperes decreta super dugandis feminis 
prolisque novae feraci lege marita. Und so hat Horaz hier wie auch sonst 


z Euripides Hippolyt. 601 5 ya umreo MAdoU $ AaRTU, ‚ct. 67 2 1 ya za pe. 
Medea 746 Opa mEöon Ins Mare egu SS’ "Hrıov murgos. 752 Oavur T7v zu Aayumgov “HAlov 
pas. Bas io) U« TE zu matpens ars Asdıov. Supplie. 260. Diodor 37, ıı Smvunt . 
za Fov Yardayınv "Hrıov zer Fa evegry: erw Cum TE zu burov Inv. 


®? Mommsen, Ephem. S. 248. 


1012 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 24. November. 


vielfach', in einer wichtigen Frage den Ideen seines Herrschers einen 
wirksamen Ausdruck gegeben: denn die Verhältnisse der Hauptstadt 
mochten wohl von der Art sein, dass gesetzliches Einschreiten, um den 
Rückgang der Bevölkerung zu hemmen, geboten erscheinen konnte, Ver- 
hältnisse etwa denen vergleichbar, die heut zu Tage unseren westlichen 
Nachbarn den ängstlichen Ruf abpressen Faites des enfants. 
Die erneute Anrufung an Apoll und Diana ‘Höre die Knaben, höre 
die Mädchen’ (33—35) 
condito mitis placidusque telo 
supplices audi pueros, Apollo ; 
35 siderum regina bicornis audi 


Luna puellas. 


indem sie zurückgreift auf die beiden Eingangsstrophen mit der ent- 
sprechenden Anrufung, schliesst den Rahmen, der das in ungehemmtem 
Fluss sich ergiessende Gebet (V. 9 


32) umfängt, aber so, dass diese 
gleichsam in die Mitte zwischen zwei gesonderte Läufe gestellte Strophe, 
bei der das Gedicht einen Augenblick still zu stehen scheint, zugleich 
ein neues Gebet eröffnet, für welches Gehör von Apollo und Diana er- 
fleht wird. Denn auch hier, wie V.9, nimmt das Gebet, von der An- 
rufung der beiden Gottheiten getrennt, einen neuen Anlauf (37 —52). 


Roma si vestrum est opus lliaeque 

itus Etruscum tenuere turmae, 

iussa pars mutare lares et urbem 
40 sospile cursu, 


cui per ardentem sine fraude Troiam 
castus Aeneas patriae superstes 
liberum munivit der, daturus 
plura reliclis: 

45 di probos mores docilis iuventae, 
di senectutis placidae quwietem 
Romulae genti date remque prolemque 
et decus omne ; 
quaeque vos bobus veneratur albis 

so Glarus Anchisae Venerisque sanguis, 
impetret, bellante prior , iacentem 
lenis in hostem. 


In diesem von den Interpreten, wie mir scheint, nicht immer richtig 
aufgefassten Abschnitt erkenne ich einen gedoppelten Gedankenlauf, 


' Nicht bloss in diesem Gedicht, wenn auch in diesem ganz besonders; Ss. 
Mommsen’s Festrede in den Sitzungsberichten d. Akad. 24. Jan. 188g. 


Vauten: Über das Säculargedicht des Horatius. 105 


aber so geformt, dass die beiden Vorder- und die beiden Nachsätze ge- 
paart sind. ‘Wenn Rom euer Werk ist, ihr Götter', so gebet dem Ro- 
mulusgeschlecht was ihm zum Heil und zur Zierde gereicht, der Jugend 
fromme Sitten, des Alters ruhigen Frieden und Reichthum und Nach- 
wuchs und jegliche Zier.’ Zweitens. “Wenn auf euer Geheiss, ihr Götter, 
unter Aeneas Führung die Trojanerschaar am Tiberstrand sieh angesie- 
delt, so gewährt dem erlauchten Sprössling aus Anchises und der Venus 
Blut, um was er am festlichen Opferaltar euch anfleht.” Die tragen- 
den Stützen dieses wunderbar aufgebauten Gedankengefüges sind Roma 
(V.37) und Romulae genti (V.47) und hinwieder Aeneas (42) und Anchusae 
Venerisque sanguis (50). — Aber was soll ihm für Opfer und Gebet zu 
Theil werden? (53—72) 


iam mari terraque mamus potentes 
Medus Albanasque timet secures ; 
iam Scythae responsa petunt , superbi 
nuper, et Indi; 


in 
un 


iam Fides et Pax et Honos Pudorque 
priscus et neglecta redire Virtus 
audet, adparetque beata pleno 

60 Copia cormu: 
augur et fulgente decorus arcu 
Phoebus acceptusque novem camenis, 
qui salutari levat arte fessos 
corporis artus, 

65 si Palatinas videt aequus aras , 
remque Romanam Latiumque felix 
alterum in lustrum meliusque semper 
prorogat aevum; 


quaeque Aventinum tenet Algidumque 

70 quindecim Diana preces virorum 
curat et volis puerorum amicas 
adplicat aures. 


Eine geschlossene mit dem vorigen fest verschlungene Gedankenkette, 
deren Ringe in iam (53.55) und sö (65) gegeben sind, indem der 


! Ich kann mir A. Kiessling’s Auffassung nicht aneignen, der doeili und senectuti 
beibehält und wegen der Häufung der Dative probos mores d. i. nicht von date abhängig 
machen will; sein Hinweis auf di meliora mit Ergänzung eines allgemeinen Begriffs 
des Gewährens scheint mir aber aus mehr als einem Grunde bedenklich. Mit dem 
doppelten di vgl. C. 4, 6, 37. 38 

rite Latonae puerum canentes, 
rite crescentem face Noctilucam. 


1014 Sitzung der philosophiseh -historischen Classe vom 24. November. 


Dichter das bereits Erreichte zur Grundlage nimmt für den Wunsch 
und die Zuversicht auf ferneres Gedeihen. Anknüpfend an die schöne 
Zeichnung des glücklichen und milden Siegers bellante prior, iacentem 
lenis in hostem‘ lässt Horatius in gewählten Bildern einige der grossen 
Erfolge an den Hörern vorüberziehen, die Augustus in dem Decennium 
nach dem Actischen Siege im Innern und nach Aussen errungen hat. 
‘Schon sind die mächtigen Kriegsschaaren zu Wasser und zu Lande 
den Medern ein Schrecken und wenden Seythen und Inder” in Ehr- 
furcht sich an den Herrscher in Rom; sehon ziehen Treue und 
Friede und Schamhaftigkeit und alle Tugenden wieder ein und mit 


ihnen das Füllhorn des Reiehthums. Sieht Apollo — und er thut 
es gewiss — gnädigen Blicks auf die am Palatinischen Hügel auf- 


gepflanzten Altäre (an denen eben-die Opfer dargebracht worden), so 
führt er Rom und Latium in ein zweites glückliches Lustrum (felix 
alterum” in lustrum prorogat) und immer bessere Zeitenläufe; und Apollo’s 
Schwester Diana leiht dem Gebet der Priester und den Gesängen der 
Knaben ein geneigtes Ohr.’ Es bedarf kaum eines ausdrücklichen 
Hinweises darauf, wie fest sö (65) in dem aufgewiesenen Gedanken- 
gefüge seinen Platz behauptet: dennoch hat man die Bedeutung des- 
selben und damit den Zusammenhang, dem es dient, verkennen können. 
Selbst Madvig (Adv. erit. 2 S.55), indem er die Partikel dureh Ave er- 
setzte, hat die Absicht des Dichters geschädigt. Und wie sollte doch 
si, weil es eine Bezeichnung des Zweifels (significationem dubitationis) 
enthielte, hier weniger angebracht sein als 37 in Roma si vestrum 
est opus und an den vielen Stellen, an denen die Partikel freilich 
eine Bedingung, aber eine Bedingung, deren Erfüllung zuversichtlich 
vorausgesetzt wird, einzuführen dient. — Dem Bruder ist hier, wie 
im ganzen Gedicht, die Schwester angeschlossen, und die sie an- 
gehende Strophe (wie quaeque V.69 ihr auch in der Form engeren An- 
schluss giebt; s. zu V.25) steht gewissermaassen noch mit unter dem 
Regime von Phoebus si videt aequus (V.65). Hat nun hier (bei der 
Diana) Horaz Gelegenheit gefunden, auch der Priester zu gedenken 
(quindecim preces virorum V.70), denen bei diesem Feste vorragende 
Bedeutung zukam und deren Anwesenheit bei der Palatinischen Feier 
die Acta (2.150; Mommsen, Kphem.S.254; 246) ausdrücklich bezeugen, 
so ist doch der Hauptgedanke, wie billig, an den Gott geknüpft, an 


! Mommsen, Res gestae divi Augusti ed. ıı (1883) S.6. 

?2 Mommsen a. a. O. 8.135 f. und S. 132 —134. 

® Dass felix alterum .. lustrum zu verbinden sei (anders Kiessling) zeigt wie mir 
scheint meliusque semper aevum. Siehe auch die Formeln bei Mommsen, Ephem. S. 265 
fiet res vestra melior u. a. 

* Ovid. Fast. 5, 573 sö mihi bellandi pater est auctor, sagt Augustus, Mars, ades. 
Metam. 3, 263 ff. sö maxima Iuno Rite vocor. Horaz selbst C. 3, ı8, 5. Sat.2, 6, 6 syq. 


Vanren: Über das Säcnlargedicht des Horatius. LOT5 


dessen Altären eben die Opfer dargebracht worden. Auch ist es nur 
Schmuck, wenn es von der Diana heisst (V.69) guae Aventinum tenet 
Algidumgue (denn dahin hat sich die Opferfeier' unseres Wissens nicht 
erstreckt), wie es meines Erachtens auch nur poetischer Schmuck ist, 
wenn V.61—64 Apollo’s Charakterismen in knappem aber treffenden 
Ausdruck zusammengefasst werden, denen in specieller Ausdeutung des 
Einzelnen ebenso viele ‘Beziehungen zu dem hiesigen Gebete abge- 
winnen zu wollen,” schwerlich der Absicht des Dichters entsprechend 
sein dürfte. 

Das Gebet ist zu Ende; dass es nicht vergeblich sei, dass viel- 
mehr Jupiter und alle Götter für die Gewährung des Erflehten stim- 
men, mit diesem Wunsch und dieser Zuversicht beschliesst der Chor 
sein Lied, das mit den letzten Worten zum Anfang zurückkehrt und 
wie es am Tempel des Palatinischen Apollo gesungen worden, so als 
ein Lied zum Preis des Apollo und der Diana sich darstellt.’ 


haec lovem sentire deosque cunctos 
spem bonam certamque domum reporto, 

75 doctus et Phoebi chorus et Dianae 
dicere laudes. 


Überblicken wir das Ganze, so erkennen wir eine einfache Gliederung. 
Ein doppeltes Gebet, beide in geschlossenem Gedankenzug sich ent- 
wickelnd (9— 32; und 37 —72), aber gesondert durch die zwischen 
gestellte Anrufung an Apollo und Diana (33 — 36), die als Mittelstück 
zu beiden - gehörig, zusammen mit den beiden ersten und mit der 
letzten Strophe, welche das ganze Gedicht einschliessen, beiden eine 
sinnige Umrahmung verleiht. Als gemeinsamen Inhalt beider Ge- 
bete ergab das Fest und die Weissagungen, die dasselbe verlangten, 
die Dauer und die Wohlfahrt der Stadt und des römischen Staates, 
aber sie behandeln ihn verschieden: das erste, wie wir sahen, die 
physischen Bedingungen des Staatswohls, die in der Bevölkerung und 
der Fruchtbarkeit des Bodens gegeben sind, das andere mehr die 
ethischen und die politischen Elemente, auf denen das Gedeihen und 
das Ansehen des Staates beruht, beides in Beziehung gesetzt zu den 
Bestrebungen des Herrschers, auf dessen Anordnungen das erste Gebet 


! In den Acta geschieht der Diana in Aventino nur bei der distributo suffimen- 
torum 2.10 und frugum acceptio Z. 32 Erwähnung; vgl. Mommsen, Ephem. S. 251. 
® Wie Kiessling versucht hat; doch vergleiche man auch die schmückenden Be- 
zeichnungen des Apollo und der Diana im Eingang V.ı.2 und wieder V. 33 — 35. 
= V8l5 014,6437 
rite Latonae puerum canentes, 
rite crescentem face Nochilucam, 
prosperam frugum celeremque pronos 
volvere menses. 


1016 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 24. November. 


hinwies, und der in dem zweiten persönlich als leuchtender Mittel- 
punkt des Ganzen in einem anschaulichen und die Phantasie anregen- 
den Bilde (5of.) hervorragt. In ähnlichem Verhältniss stehen auch 
die Gottheiten zu einander, welche hier und dort als die bewegenden 
Kräfte angerufen werden. Denn wer immer die nicht namentlich ge- 
nannten Götter sind, die V. 36.45 angeredet werden, dass sie, wenn 
nicht Apollo und Diana selbst, doch mit Apollo und Diana in Eine 
Reihe gehören, ist ebenso gewiss, wie dass sie von llithyia, Parzen 
und Tellus, den Gottheiten des ersten Gebetes, getrennt sind. 

Nun schreibt Hr. Mommsen in dem Aufsatz ‘die Acten zu dem 
Säculargedicht des Horaz’ a. a. O. S.ı63 ‘Die beiden Götterreihen, 
nach welchen diese Feier geordnet ist, die der überirdischen Gott- 
heiten Jupiter, Juno und Apollo nebst der Schwester, die unter- 
irdische der Mören, der Iithyien und der Mutter Erde müssten für 
denjenigen Dichter, welcher es versteht ‘“der Gelegenheit ein Gedicht 
zu schaffen”, die rechten Schwingen sein, um Sinn und Folge sei 
es aus ihnen zu entwickeln, sei es in sie hineinzulegen, und‘ den 
auf dem Boden der Erde zwischen dem Himmelsgewölbe und dem 
Schoosse der Tiefe wandelnden Menschen die Herrlichkeit wie die Be- 
dingtheit ihres Looses in zwiefacher Bilderpracht vorzuführen. Das 
hat Horaz nicht gethan. Die Gottheiten werden wohl alle genannt 
und gefeiert, aber in aufgelöster Folge, was der rechte Dichter sicher 
nicht gethan hätte, und ohne die so nahe liegende ideale Verknüpfung. 
Wer wollte leugnen, dass auch auf dem hier angedeuteten Wege ein 
begabter Dichter ein schönes Festlied zu schaffen vermocht hätte? 
Allein ich meine, und versuche durch Heraushebung der das Ganze be- 
herrschenden poetischen Ideen zu zeigen, dass auch Horaz einen Plan 
ersonnen, der dem römischen Diehter und dem römischen Nationalfest 
nicht übel angestanden und ihm nieht zur Schande gereicht haben werde. 
Doch wie dem sei: denn darüber muss jedem das Urtheil frei bleiben, 
wichtiger ist die schon berührte aber nicht erledigte Frage, wer die 
nieht namentlich benannten Götter seien, auf deren Geheiss Rom aus 
der Asche Trojas sich erhoben habe. (V. 37—45). Es lag nahe an 
Apollo (und die stets mit ihm verbundene Schwester) zu denken, 
nicht weil sie unmittelbar vorher angerufen werden, denn wir nehmen 
das Gebet abgetrennt von jener Anrufung, sondern weil Horaz auch 
in dem mit dem Carmen saeculare eng verbundenen und darauf vor- 
bereitenden Gedicht ©. 4,6 den Apollo preist, dass, indem er den Achill 
erschlug, die Gründung Roms durch die übrig gebliebene Trojanerschaar 
ermöglicht ward!. Und wenn im Sibyllenorakel (V. ı2) die Favaevzu 


! Denn das ist der Sinn der beanstandeten : Verse 21—24. 


Varten: Über das Säculargedicht des Horatius. 1017 


rau, als Opfer des Zeus bezeichnet sind und auch sonst die weissen 
Stiere an Jupiter zu denken veranlassen, so gilt dies doch nicht aus- 
schliesslich (s. Diels, Sibyll. Blätt. S. 38), und im Sibyllenlied selbst 
heisst es, nachdem die ravrevxaı raüpaı des Zeus und daudans Boos deuas 
&yraov der Hera genannt sind, V.ı6 za boißos Aroaruv.. Ina dedey,Su 
Suuare Ayroiöys, d.h. gleiche Schlachtopfer mit den eben genannten. 
Daher es unverwehrt scheinen konnte, bobus albis (V. 49) bei Horaz 
auf Apollo zu beziehen und demnach die Palatinae arae (V.65) als 
die Altäre zu verstehen, an denen eben die weissen Stiere dem Apollo 
zum Opfer geschlachtet worden, und so die beiden Theile dieses Ge- 
betes noch enger zu verknüpfen. Allein diese Auffassung ist durch 
die neue Urkunde hinfällig geworden: wir entnehmen den Acta des 
Quindecimviralcollegiums die Angabe, dass dem Apollo nieht Stiere 
geschlachtet, sondern Opferkuchen dargebracht worden in Zahl und 
Art denen der llithyia gleich; überdies ist das scheinbare Zeugniss 
der Sibyllinischen Verse durch eine auch von Hrn. Mommsen gebilligte 
einleuchtende, neuestens freilich wieder bestrittene', Berichtigung von 
Wilamowitz-Moellendorff mit den Acta in Übereinstimmung gebracht 
(Beides Arorruv. .ica dedeySw Wuar "EreiSurew). Es hilft zu nichts, 
sich zu wundern, dass Apollo, dem der letzte Tag des Festes ge- 
widmet ist, in den Opfergaben den Ilithyien gleichgehalten worden: 
an der Thatsache ist nieht Zu rütteln, und Horatius’ bobus veneratur 
albis (V. 49) geht nicht Apollo und Diana, sondern Jupiter und Juno, 
die CGapitolinischen Gottheiten, an; denn auf beide, denen am ersten 
und am zweiten Tage Stiere oder Kühe geschlachtet worden, darf 
man des Dichters Ausdruck beziehen. .Dieses sichere und für das 
Verständniss des Horaz werthvolle Ergebniss hat Hr. Mommsen aus 
den Acta gezogen und das Sachverhältniss in gebührendes Licht ge- 
rückt (Ephem. 256f.). Indem er aber darin einen Fehler des Dichters 
erkennt, dass er die Capitolinischen Gottheiten meine, aber nicht 
nenne, und den Hörer in die Versuchung führe, statt ihrer an 
Apollo und Diana zu denken, hat er aus diesem Grunde und einem 
anderen Zeugniss der Acta zu Liebe eine besondere Vortragsweise 
des Carmen saeculare angenommen, die den Fehler des Dichters zwar 
nicht beseitige aber verringere. Weil nämlich der Bericht der Acta 
über die Feier an dem Palatinischen Tempel des Apollo 2.147 f. 


! Stengel, ‘Zum Säcularorakel’ Hermes 27 (1892) S. 446ff. tritt für die über- 
lieferte Fassung ein: airız deyIw Sünara Anroiöns, die er mit V. gf. EirsSvles agesar- 
n J I I ’ ed . . B .. » 
Iaı madororous Tusessw omn Jeuis parallelisiert. Mir scheint seine Erklärung keines- 
wegs alle Bedenken zu beseitigen: aber wenn auch, würden auch so Apollo's Opfer von 
den nächst vorangegangenen der weissen Stiere getrennt, mit denen, die den Eileithyien 
gebühren, zusammengeordnet erscheinen. |Eben sehe ich, dass auch Hr. v. Wilamowitz 
selbst im Hermes 27 (1892) S. 648 sich seiner Berichtigung annimmt. 23. Novemb.]. 


Sitzungsberichte 1892. 92 


1018 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 24. November. 


besagt sacrificio perfecto pueri xxvm.. et puellae totidem carmen cecine- 
runt; eodemgue modo in Capitolio, woran sich die Worte Carmen composuit 
(@. Horatius Flaceus anschliessen, so hält er dafür, das Carmen saecu- 
lare sei Processionslied gewesen und in grossen Pausen auf dem Wege 
vom Palatin zum Capitol und von da zurück zum Palatin gesungen 
worden, damit auf diese Weise erreicht werde, dass der mittlere Theil 
des Gedichtes, der an die Gapitolinischen Gottheiten sich wende, An- 
gesichts dieser Gottheiten gesungen, dem Hörer das Verständniss er- 
öffne, das dem Leser durch Schuld des Dichters verschlossen sei. So 
sinnreich diese Vermuthung ist, die Beifall und Zustimmung bereits 
bei mehreren Gelehrten gefunden hat', so glaube ich doch nicht, dass 
es nöthig sei, diese Vortragsart zu statuieren, über deren Ausführbarkeit 
nieht zu streiten ist, wenn auch das Carmen selbst in seiner festen 
Fügung, die ich darzulegen versuchte, der Annahme nicht gerade 
Vorschub zu leisten scheint: aber ich meine, dem Dichter in anderer 
Weise gerecht werden zu können, ohne dass es jener äusseren Krücke 
des Verständnisses bedurft hätte. 

Wir halten fest, was früher bemerkt worden, dass das mit Roma 
si vestrum est opus (V.37) beginnende Gebet von den vorangegangenen 
Anrufungen des Apollo und der Diana abgetrennt stehe, und erinnern 
uns auch, was für das ganze Gedicht zu gelten hat, dass Horaz vom 
letzten Tag der Festfeier zurückbliekend gleichsam den ganzen Inhalt 
des Festes in seinem Gesange erschöpft und mit den jetzt am Apollo- 
tempel dargebrachten Opfern in Verbindung setzt. Wenn er nun dieses 
Gebet anhebend sagt ‘Wenn Rom euer Werk ist, ihr Götter, so ge- 
währet dem römischen Volk was ihm frommt’, so hat er sich des 
Diehterrechts bedient, das Allgemeine statt des Besondern zu setzen, 
wie doch auch V.7 dis quibus septem placuere colles dicere carmen nicht 
auf die eben genannten Apollo und Diana eingeschränkt ist und C. 4, 6 
ego, dis amicum saeculo festas referente luces reddidi carmen eine allge- 
meinere Bedeutung hat (vgl. Sibyllenor. V.20). Dieses Allgemeine aber 
auf das gemeinte Besondere zu deuten, war durch den Gang des Festes 
und die entsprechende Anlage des Gesanges besonders leicht gemacht, 


ı 


! Der Ansicht von Mommsen haben Stengel, Hermes 27 S.447 n.2, und be- 
sonders Dressel sich angeschlossen, der im Anhang zu Mommsen’s Ausführungen in der 
Ephem. ı891 unter der Aufschrift Nummi Augusti et Domitiani ad ludos saeculares per- 
tinentes die auf die Saecularia bezüglichen Münzen einer Revision unterzogen, und die 
S. 313 n. 10 besprochene Münze auf diese Procession der singenden Knaben und Mädchen 
beziehen zu können geglaubt hat. Ob er die Figuren richtig beschreibt, darüber werde 
ich mit einem so gewiegten Kenner nicht streiten: aber erklärt, so dass sich darauf 
bauen liesse, sind sie gewiss noch nicht vollständig; und erscheint mir daher diese 
Unterlage zu wenig fest, um Schlüsse über die Vortragsart des Horazischen Chor- 
gesangs daraus zu ziehen. 


Re 


VAuLEen: Über das Säculargedicht des Horatius. 1019 


so dass man jetzt, nachdem wir durch die neu aufgefundenen Acta 
klüger geworden sind, glauben möchte, man hätte auch früher ein- 
sehen müssen, dass, nachdem Hithyia, Parcae, Ceres vorangegangen, 
mit Diana und Apollo aber geschlossen wird, die di der Mitte die 
Hauptgottheiten des Festes, Jupiter und Juno, seien. Denn dass dies 
Horatius’ Meinung ist, dafür giebt uns auch hier das C.4,6 einen 
nützlichen Fingerzeig, das zwar den Apollo feiert, weil er den Achill 
erschlagen und so Rom’s Gründung durch Aeneas ermöglicht habe, 
aber nieht unterlässt, die glückliche Ausführung von Jupiters Zustim- 
mung und Genehmigung zu leiten: ni twis (Phoebi) ‚flewus Venerisque 
gratae vocibus divum pater adnuisset rebus Aeneae potiore ductos alite 
muros (V.2ıff.). Nun hätte freilich Horaz, wie er allgemein mit di 
begann, so auch mit einer allgemeinen Bezeichnung der Opfer seinen 
Gedankenzug beschliessen können (‘Habt ihr Götter den Aeneas ge- 
leitet, so möge Aeneas’ Sprössling erlangen um was er unter Opfer- 
darbringung euch anfleht’), zumal, wie wir aus den Acta erfahren, 
Augustus die sämmtlichen Opfer dargebracht hatte, er allein oder er 
und Agrippa (Mommsen, Ephem. S.260). Allein obwohl damit der 
Gleichartigkeit des Ausdrucks besser gedient war, zog es Horatius 
vor, damit die allgemeine Bezeichnung der di ihre besondere Be- 
ziehung auf die Capitolinischen Gottheiten erhalte, in den bobus albis 
ein bestimmtes, diesen Göttern dargebrachtes Opfer zu nennen, das 
überdies einem Jeden, der es zwei oder einen Tag zuvor mit ange- 
sehen, in lebendiger Erinnerung haften musste, auch wenn jetzt das 
Lied nicht Angesichts des Capitolinischen Jupiter gesungen wurde. 
Und wie diese Nennung des Opfers dem Hörer wie dem Leser das Ver- 
ständniss auch des Vorangegangenen eröffnet, so gewährte es auch dem 
Dichter angemessenen Fortschritt von der Capitolinischen Opferfeier zu 
den jetzt am Palatin dargebrachten Opfer, und gewinnt auch so das 
ganze Gebet innerlich festen Zusammenschluss. Was aber die Worte 
der Acta betrifft eodemgue modo in Capitolio (seil. carmen cecinerunt),, aus 
denen Hr. Mommsen den Gedanken an Processionslied geschöpft hat, 
so bin ich geneigter nach dem Wortlaut! wiederholten Vortrag des gan- 
zen Liedes zu verstehen, nur nicht als integrierenden Theil der religiö- 
sen Feier, sondern als ein Corollarium, das dem grossen Erfolg des Ge- 
diehtes eingeräumt wurde. Horaz war selbst mit seiner Dichtung nicht 
unzufrieden, die gewiss auch den Intentionen des Augustus entsprach. 
In dem C. 4,6, das nur kurze Zeit vor der Aufführung des Carmen 
saeculare gedichtet worden, wendet sich Horaz an Apollo, der wie 
er Antheil habe an der Gründung Roms, so auch das dem Andenken 


! Vgl. Z. 109 eodemque modo sellisternia matres familiae habuerunt, das mit Z. 101 
zu vergleichen. Vgl. auch Z. 82, 


92* 


1020 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 24. November. 


an die Gründung der Stadt gewidmete Festlied schirmen werde (V. 27): 
Dauniae defende decus camenae, dann aber mit den Worten (V.29) spi- 
ritum Phoebus mihi, Phoebus artem carminis nomenque dedit poetae an 
den Chor der Knaben und der Mädchen, welche das Lied zu singen 
auserwählt sind, virgimum primae puerique claris patribus orti ... Lesbi- 
um servate pedem meique pollieis ictum usw. Die Säcularode, erkennt 
man, liegt fertig und ist zu des Dichters eigener Befriedigung ge- 
rathen: was noch erübrigt, ist der Erfolg der Aufführung, und diesen 
sich zu sichern, hat er des Gottes Hülfe angerufen und ermahnt ein- 
dringlich den Chor, es an sich nicht fehlen zu lassen. Aber er setzt 
Hoffnung auf das Gelingen; den Mädchen, die im Chore singen, er- 
öffnet er die Aussicht: nupta iam dices ‘ego dis amicum saeculo festas 
referente luces reddidi carmen docilis modorum vatis Horati”'. Und die 
Hoffnung hat ihn nicht getäuscht: Gedicht und Gesang muss mit 
gleichem Beifall aufgenommen sein, wenn anders C.4,3 nichts ist als 
der Widerhall von dem grossen Erfolge, den das Säcularlied seinem 
Dichter eingetragen’. Wäre es bei dieser Sachlage undenkbar, dass, 
wie Terentius’ Eunuchus, wie Aristophanes’ Frösche des grossen Bei- 
falls wegen an demselben Tag und Fest ein da capo erlebten, von dem 
die Aufführungsberichte melden, so auch dem Carmen saeculare, um 


! Ich sehe daher auch in diesem Gedicht so sehr ein festgefügtes Ganze, dass 
ich der Annahme nicht beitreten kann, der jüngst auch M. Hertz sich angeschlossen, 
dass das Gedicht in zwei zu zerlegen sei, deren eines die VV.ı— 28, das andere den 
Rest umfasse. Dieses erste, das nach volltönender Lobpreisung des Apoll nichts weiter 
besagt als Dauniae defende decus camenae (V.27), bliebe unklar und empfinge doch erst 
aus dem zweiten sein Verständniss, aus dem wir entnehmen, dass es das Lied sei, 
welches saeculo festas referente luces (V.42) gesungen werden soll; und dass nun auch 
die ganze Ausführung über Phoebus, den Bezwinger des Achill, aus dem Gedanken 
an die Gründung Roms hervorgegangen, der die Säcularfeier eingegeben, entnimmt 
man in diesem Zusammenhang zwar auch den VV.21ı— 24, aber man entnimmt es 
noch deutlicher, wenn man damit das Säcularlied selbst (V.37ff.) vergleicht. Bei so 
enger Gedankenverbindung kann der rein äusserliche Umstand, dass V.2gff. die An- 
rede wechselt, kein Bedenken erregen, zumal auch dies aus der Grundstimmung 
des Gedichtes sich fast nothwendig ergab. 

2 Das Säcularlied ist freilich hier nicht genannt. Aber wenn Horaz singt: 

Romae, principis urbium, 
dignatur suboles inter amabiles 
15 vatum ponere me. choros, 
et iam dente minus mordeor invido 
und wieder 
21 Zotum mumeris hoc tuist, 
quod monstror digito praetereumtium 
Romanae fidicen Iyrae 
so ist nicht zu verkennen, es muss etwas geschehen sein, das ihm diesen Ausdruck 
befriedigten Hochgefühls eingegeben hat. Und fragt man, was das gewesen sein könne, 
so kann bei einer in das vierte Buch aufgenommenen Ode die Antwort nicht anders 
lauten als der Erfolg des Säcularliedes. 


VARLen: Über das Säculargedicht des Horatius. 1021 


dem beim Fest versammelten Volk diesen Genuss noch einmal zu be- 
reiten, eine wiederholte Aufführung zu Theil geworden und die Quin- 
deeimviri, als sie den Bericht über das abgehaltene Fest aufsetzten, 
diese Nachrieht zugleich mit des Dichters Namen zu verzeichnen werth 
gefunden? Dass dazu nicht der Palatinische Tempel sondern das Ca- 
pitol gewählt ward, konnte äussere Gründe haben, und genügend 
wäre allein, dass die zweite Aufführung eben nicht als ein Theil des 
Festes angesehen werden sollte. Auch so hätten wir den Acta zu 
danken, dass sie uns diese des Interesses nicht ermangelnde That- 
sache aufbewahrt, und Hrn. Mommsen, dass er durch seine Behand- 
lung auch dieser Fragen die Aufmerksamkeit der Gelehrten dahin 
gelenkt hat, die nicht verfehlen werden, die hier angeregten Zweifel 
endgültig zu erledigen. 


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Die Unterlage des Laertius Diogenes. 
Von H. Usenxer. : 


(Vorgelegt am 17. November [s. oben S. 983].) 


D. antike Überlieferung über die Geschichte der griechischen Philo- 
sophie spaltet sich bekanntlich in zwei selbständig neben einander 
herlaufende Arme: sie war entweder doxographisch oder biographisch. 
Jene Strömung hat durch Herwm. Dress nieht nur die treffende Be- 
zeichnung, sondern auch eine so erschöpfende Beleuchtung erhalten, 
dass ich von jeder Bemerkung absehen kann. Die biographische 
Geschiehtsschreibung wurde aus der isolirenden Behandlungsweise, in 
welcher noch die umfassenderen Schriftsteller der älteren Generation, 
ein Antigonos von Karystos und ein Satyros sich gefallen hatten, her- 
ausgeführt und in feste, geschlossene Form gebracht durch Sotion.' 
Er führte als Ordnungsprineip die Abfolge von Lehrer und Schüler, 
die Succession (dıadoyy) ein; sein ausführliches Werk trug ebenso wie 
viele gleichartige Schriften der Nachfolger geradezu den Titel Ausdoyaı. 
Den Faden, an welchen die einzelnen Biographien aufgereiht wurden, 
bildeten zwei Successionsreihen ,’ eine ionische, die mit Anaximandros 
dem Schüler des Thales anhob, durch Vermittelung des Archelaos 
den Sokrates einreihte und von diesem die verschiedenen Linien der 
Sokratischen Schulen, vor allem Akademie und Peripatos, Kynismus 
und Stoa ausgehen liess; und eine italische, die an Pythagoras und 
seine Schule die Eleaten, an diese die Atomisten und daran einer- 
seits die Skeptiker, andererseits Epikur anknüpfte. Das grundlegende 
Werk des Sotion fand schon in der nächsten Generation, unter dem 
sechsten Ptolemaeer (181-146), einen Epitomator in Herakleides 
Lembos, dem Sohn eines Serapion, und noch spätere Darsteller dieser 
Suecessionsgeschichte, wie Nikias und Hippobotos, werden in einer 
Weise mit Sotion zusammen genannt, welche keinen Zweifel daran 
lässt, dass ihre Arbeiten das Werk des Sotion oder vielmehr den 


! Vergl. H. Dies, Doxographi S. 147 ff. 
2 Genaueres gibt Ronpe in den Verhandluugen der 34. Philologen -Versammlung 


zu Trier 1879 S. Sıff. 


1024 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 24. Nov. — Mittheilung v. 17. Nov. 


Heraklidischen Auszug daraus zur Unterlage hatten." Doch würde 
es ein Irrthum sein daraus zu folgern, dass durch Sotion die Arbeit 
in dieser biographischen Darstellung der griechischen Philosophie ab- 
geschlossen gewesen wäre und alle weitere Schriftstellerei nur in 
Auszügen oder Abschriften bestanden hätte. Um davon nicht zu 
reden, dass das Leben der Philosophie um 200 v. Chr. nichts weniger 
als abgeschlossen war, es blieb den Nachfolgern noch manche Gelegen- 
heit zu selbständiger Förderung. Namhafte Männer wie Herakleitos® 
und Diogenes von Apollonia hatten sieh nicht ohne weiteres dem 
Diadochensystem anpassen lassen; bei Diogenes scheint das erst dem 


2) 


Antisthenes gelungen zu sein,” der nicht füglich vor dem Jahre 50 v. Chr. 


geschrieben haben könnte, wenn er wirklich gegen. das Homonymen- 
werk des Demetrios polemisirte, wie Nirrzscne meinte.“ Vor allem 
wurde in späterer Zeit das Bedürfniss empfunden, genauere Überblicke 
über die Lehrmeinungen der einzelnen Philosophen und Schulen zu 
erhalten. Das umfassende Werk, das in Sullanischer Zeit auf der 
Grundlage Theophrast’s geschaffen und durch den Auszug erst des 
Aötios, dann des sogenannten Plutarch auf uns gebracht wurde, und 
vergleichende Darstellungen der von den maassgebenden Schulen ver- 
fochtenen Lehren, wie sie Antiochos von Askalon zu geben pflegte 
und in Augusteischer Zeit Didymos Areios herstellte, mochten dazu 


! Nikias: s. Athen. IV p. 162° ws Nizies 6 Nizasls iorogei ev rn reg) Twv ırorecdum 
Irogie za Dwriwv 6 ArsEavögeus £v rais Aradoy,cis und XI p. 505’ ws Nizias 0 Nixzasüs 
S Nee : ı IR En ERRON < Ne EN 
Iarogei za Iwriu. Hippobotos: Laert. Diog. 9, 115 we 0e Immoßoros dyrı zaı Zwrimv. 
U. v. Wıramowırz, Antigonos von Karystos (Philol. Untersuchungen IV) S. 105 Anm. 4 
denkt an ‘namentliche Anführung’ Sotion'’s. 

® S. Krısche’s Forschungen S. 58. 

Nach Laert. Diog. 9, 57: 

Nırrzsche, Rhein. Mus. 24, 203 f., seine Annahme beruht auf Laert. Diog. 9, 27: 
aus demselben 6, 87 f. 9,35 könnte man aber mit gleichem Recht das umgekehrte 
schliessen. Eher dürfte man aus dem Homonymenverzeichniss bei L. D. 6,19 za 
Podtos rıc irrogiros entnehmen, dass Demetrios Magnes den Diadochenschriftsteller nicht 
kannte und nur den von Polybios 16, ı4f. genannten Geschichtsschreiber erwähnt. 
Mir scheint auch dies eine zweischneidige, unbrauchbare Waffe. Zeruer hat in diesen 
Sitzungsberr. 1883 S. 1069 f. die Fälschung der von Phlegon aus dem Peripatetiker 
Antisthenes berichteten Wundergeschichte treffend nachgewiesen. Aber den Diadochen- 
schriftsteller mit dem-älteren Rhodischen Geschichtsschreiber zu identificiren, dafür 
reicht das Praedicat 6 wsgıraryrızes diRorobes nicht aus, und dagegen scheinen mir 
Bedenken zu sprechen, die sich aus der Geschichte der Diadochenschriftstellerei er- 
geben. Anf die Fabulistik des Diadochenschriftstellers hat Dıers in den Verhandlungen 
der 35. Philol.-Vers. zu Stettin S. 103 Anm. 24 ein Streiflicht geworfen. Wie wenn 
er (so meinten schon Jossıus und Nietzsche a. a. O.204) eins wäre mit dem Peripate- 
tiker Phlegon’s und in der Zeit des Mithridatischen Krieges jene Geschichtsfälschung 
sich erlaubt hätte, die zwar dem Zeitraum, der von dem Rhodischen Historiker 
des Polybios behandelt war, nicht fremd ist, aber zur Insel Rhodos gar keine Be- 
ziehung hat? Weder der Antisthenes Phlegon’s noch der Verfasser der Adoy,aı ist 
als Rhodier bezeugt. 


“= 


4 


Usener: Die Unterlage des Laertius Diogenes. 1025 


beigetragen haben, das Interesse am eigentlichen Inhalt der Geschichte 
der Philosophie wieder zu beleben. Die jüngeren Compilatoren konnten 
nicht umhin diesem Bedürfniss entgegenzukommen, und so nahmen 
die vorher wesentlich biographischen Darstellungen seit der Augustei- 
schen Zeit unwillkürlich einen wachsenden Bestandtheil doxographi- 
scher Überlieferung in sich auf. 

Von der überaus reichen Litteratur, die durch Sotion hervor- 
gerufen war, ist uns nur das Werk des Larrrıus DioeEnes erhalten. 
Es hat die Vorgänger in Schatten gestellt und verdrängt, nicht weil 
es das beste, selbständigste oder übersichtlichste, sondern weil es 
das vollständigste seiner Art war. Die doxographischen Übersichten 
fand man darin aus einer zweiten, specielleren Quelle ergänzt‘; zur 
Dogmatik der grossen Schulen war Diokles’ "Erikcun herangezogen, 
für Epikuros sogar vier kleine Schriften des Meisters eingelegt und 
dadurch vor dem Untergang bewahrt, die den Schulgründer mit 
eigenen Worten den Überblick seiner Lehre geben lassen sollten; und, 
was den grösseren Theil der Benutzer immer am meisten anzog, das 
Biographische und Anekdotenhafte hatte zu allem, was inzwischen 
hinzugewachsen war, eine beträchtliche Vermehrung erhalten durch 
den reichen Ertrag, den Favorinus’ Sammlung geistvoller Aussprüche 
(Arouvyuoveuuare) und ‘Mannigfaltige Geschichte” dem Compilator ge- 
boten hatten. Wir dürfen uns Glück wünschen, dass Sotion’s 
Werk uns nicht in einem dürftigen älteren Auszug sondern in der 
reichhaltigsten Umgestaltung, die es im Alterthum erfahren hat, über- 
liefert worden ist.” Wir werden in dieser Erkenntniss auch dank- 
barer sein gegen einen Schriftsteller, dessen Nachlässigkeit und Un- 
ordnung allenthalben die Benutzung ernstlich erschwert. Diese Mängel, 
die unzertrennbar waren von der ganzen Überlieferungsgeschichte 
dieses Litteraturzweigs, lassen sich durch genaue Interpretation und 
Quellenforschung heben. 

Wie der Mann seine Schrift hergestellt hat, tritt am hand- 
greiflichsten hervor in’ seinem Abschnitt über die Epikurische Ethik.’ 
Er hat ein älteres Werk gleicher Art vorgenommen, einzelnes ge- 
strichen, seine zahlreichen Zusätze theils am Rande beigeschrieben, 
theils auf eingelegten Blättern gegeben, wenig bemüht um sachgemässe 
Einfügung: die Herstellung des Zusammenhangs, der einheitlichen 
Schrift blieb thatsächlich den Schreibern und ihrem Dietator über- 
lassen. Bei dieser Entstehung liegt es auf der Hand, dass das einfach 


1 S. Dırrs, Doxographi Gr. p. 163 ff. 
? Ich freue mich darin mit v. Wıramowrrz’ Antigonos v. Kar. S. 328 über- 
einzustimmen. 


® S. Epicurea p. XXVII ff. 


1026 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 24. Nov. — Mittheilung v. 17. Nov. 


hinübergenommene Werk des Vorgängers in der neuen, unter des 
Laertius Namen erschienenen Gestalt nicht genannt und als Autorität 
angezogen sein kann. Aber je unselbständiger Laertius. gegenüber 
dem Grundstock seiner Schrift verfahren ist, um so lebhafter empfinden 
wir das Bedürfniss, den Verfasser dieser Unterlage und damit den 
ungenannten Gewährsmann für einen grossen Schatz geschichtlicher 
Nachrichten zu ermitteln. Die Erwägung, dass seit dem Epitomator 
Sotion’s die Vorgänger des Laertius doch auch im Wesentlichen nur 
einer den anderen abgeschrieben haben, kann dieses Wissensbedürfniss 
zwar etwas abkühlen, aber nicht gänzlich unterdrücken. Es war 
daher sehr natürlich, dass seit V. Rose zuerst die Frage gestreift, 
ein wahrer Wettstreit zur Auffindung der Quelle des Laertius sich 
erhoben hat. Die Namen freilich, auf die man verfiel, Demetrios 
und Diokles aus Magnesia, Favorinus, führten in die Irre; es sind 
Schriftsteller, die, wie Favorinus, sicher erst von Laertius oder, wie 
die beiden ersteren, vermuthlich schon von seinem Quellenschriftsteller 
zur Ergänzung der älteren Unterlage benutzt worden sind. 

Wir müssen, wenn wir der Frage näher treten wollen, aus- 
gehen von der selbstverständlichen Einsicht, dass ein Schriftsteller 
nicht sich selbst als Zeugen dessen was er schreibt nennen kann. 
Nieht nach dem Namen, sondern nach stehen gebliebenen Beziehungen 
und Anspielungen, welche uns die Person des älteren Verfassers näher 
bringen können, haben wir bei Laertius Diog. Umschau zu halten. 
Es fehlt nicht ganz daran; und in einem Falle wenigstens ist die 
Sachlage klar und anerkannt. Wenn gegen Ende der Einleitung 
Laertius berichtet, dass ‘vor Kurzem’ (725 öAryov) eine eklektische Schule 
von dem Alexandriner Potamon gegründet worden sei, wird Niemand, 
der weiss, dass Potamon der Zeit des Augustus angehört, das als ein 
Wort des Laertius in Anspruch nehmen." So gut als es diesen ‘Ver- 
fasser’ nicht gestört hat, dass seine Schreiber die Epikurischen Ein- 
lagen mit Haut und Haar, die Randscholien mitten im Text, wieder- 
gaben, konnte es ihm begegnen, dass er Beziehungen seines Quellen- 
schriftstellers, die mit seinen eigenen Verhältnissen unvereinbar waren, 
übersah und fortpflanzen liess. 

Wir ersehen ferner aus L.D.3,47, dass das ältere Werk einer 
Dame gewidmet war, welche für Platon schwärmte”: und da gerade 


! Laert. D. 1,21 &rı de 796 Orıyou Ha EHMEHTIAN To aigesıG En üms Moranuwvos 
rov ArsEuvdgews vergl. Suidas u. Horeuwv. Richtig hat über die Natur dieser Worte 
schon Nietzsche. Rhein. Mus. 24, 205 f. geurtheilt, ebenso Diers, Doxogr. S. 81, Anm.4; 
ZELLER, Philos. d. Gr. IN ı?, S. 617 f. und v. Wıramowrrz, Antigonos v. Kar. S. 327 
Anm. 8. Vergl. unten S.1033, Anm. ı. 

® Vergl. Epieurea p. XXXIUI, und über die Benutzung des Thrasyllos Nachr, 
v. d. Göttinger Gesellschaft der Wissensch. 1892 N.6 8.210 fi, 


Usener: Die Unterlage des Laertius Diogenes. 1027 


hier des Thrasyllos Einleitung in das Studium Platon’s benutzt wird, 
so ergibt sich weiter, dass diese Darstellung der griechischen Philo- 
sophie erst nach der Regierungszeit des K. Tiberius abgefasst sein 
kann. Unbeachtet aber blieb bisher meist eine Andeutung, weil sie 
in der Regel missverstanden wurde. Ein dem Kaiser Tiberius, dem 
bekannten Förderer des Studiums Alexandrinischer Poesie gewidmeter 
Commentar zu Timon’s Sillen wird 9.109 mit den Worten angeführt: 
"Amorruviöns 6 Nixaels 6 map Aumv Ev TU moWrw TWv Eis Tols O1AAous Ümo- 
Hınudrwv, & mpoopwvei Tıßssw Kaıvapı, dyoi xrA. An dem war uwv hatte 
schon Menagius Anstoss genommen; er vermuthete mp0 Y., und diese 
Vermuthung ist auch später nachgesprochen worden. Allmählich hat 
man eingesehen, dass ein triftiger Grund zur Änderung nicht vorliegt, 
und zu verstehen gesucht. Brrek glaubte darin eine Beziehung auf 
die philosophische Secte des Verfassers sehen zu sollen." Das liesse 
sich hören, wenn Apollonides Philosoph und nicht vielmehr Grammatiker 
gewesen wäre.” Indess sehe ich einen Einwand voraus. Wenn den 
Zusatz © rap Yuwv ein späterer, nicht hinlänglich unterrichteter An- 
hänger der skeptischen Schule machte, so konnte er auf die einfache 
Thatsache hin, dass Apollonides über Timon geschrieben, denselben 
‚als einen der seinen in Anspruch nehmen: ‘ein Skeptiker wie wir. 
So hat in der That C. Wacksmurn geurtheilt, der die Vermuthung 
aufstellte, der gute Laertius selbst sei ein Skeptiker gewesen.” Dass 
dazu sein Abschnitt über die Skeptiker nicht stimmt, brauche ich 
nicht näher zu zeigen.” U. v. Wıramowırz schrieb den Ausdruck auf 
Reehnung des späten Skeptikers, dem Laertius die bis auf Sextus 
empiricus und dessen Schüler hinabreichende Suceessionsliste dieser 
Schule (9,116) entnahm.’” Aber diese Liste steht nicht in innerem 
Zusammenhang mit dem vorhergehenden, und ist Zuthat des letzten 
Herausgebers Laertius, vielleicht aus einer gar nicht öffentlich um- 
laufenden Quelle. Eine Bezeichnung der Secte konnte mit dem Aus- 
druck also in keiner Weise bezweckt sein. Aber was hindert anzu- 
nehmen, dass damit der von Laertius ausgeschriebene Schriftsteller 
seine Heimath andeuten wollte? So verstand ©. WaAcusmuru® in seiner 
ersten Bearbeitung der Sillen; ebenso, wie wir jüngst erfahren haben, 


1 


BERGK, Opusc. phil. 2,300. 
Vergl. auch Priscianus de figuris numerorum 6 in Krır's Gramm. lat. Ill p.407, 2. 
Wacnasmur# im Corpusculum poesis epicae ludibundae, fasc. Il p. 32. 
Vergl. Epieurea p. XXII und Susenminr’s Gesch. d. griech. Litteratur in der 
Alexandrinerzeit I S. 109 Anm. 505. 

5 v. Wıramowırz, Antigonos von Karystos S. 32. 

° De Timone Phliasio (Gratulationsschrift desBonner philol. Seminars zu WELCKER’S 
Professorenjubilaeum 1859) p. 27 ‘verbis istis voluit fortasse Diogenes Apollonidem muni- 
cipem suum dicere’. Reıske’s Bemerkung theilt Diers im Hermes, 24,324 mit. 


2 
3 
4 


1028 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 24. Nov. — Mittheilung v. 17. Nov. 


schon J. J. REıske: nur dass beide an Laertius selbst dachten. Später 
hat W. den gesunden Gedanken fallen - lassen. Fr. NıerzscHE hatte 
diese Erklärung kurzweg unmöglich genannt.‘ Aber was in aller Welt 
kann denn © rar Auwv anders heissen als ‘der von uns ausgegangene' 
d. h. in diesem Falle ‘unser ehemaliger Mitbürger’ oder ‘unser Lands- 
mann’? Jedem Schüler, der Xenophon gelesen, ist dieser den ver- 
schiedensten Beziehungen des Ausgehens von einer Seite sich an- 
sehmiegende Gebrauch der Praeposition ra%# mit dem Genetiv bekannt. 
Man wird vielleicht einwenden, dass auf diese Weise die Bithynische 
Heimath doppelt ausgedrückt würde. Allerdings, aber aus gutem 
Grunde. Der Schriftsteller nennt zuerst in der üblichen Form des 
genauen Citats seinen Gewährsmann ‘Apollonides aus Nikaia’, um 
dann sielr und sein nächstes Publicum in eine ethische Beziehung zu 
demselben zu setzen und mit einem gewissen Stolz hinzuzufügen 
‘unser Landsmann’. Dieselbe Häufung, nur umgekehrt, findet man 
bei Platon im Sophist p. 242° ro d& map Auuwv "EAeurıxov EIvos do 
Zevobavous ... dofauevov: unsere Handschriften bezeugen hier den Genitiv, 
der, weil er nicht verstanden wurde, schon bei Eusebios und dann 
seit HEINDORF von den neueren Herausgebern durch „uiv ersetzt wurde. 
In dem Werk des Laertius Diogenes werden ausser Sotion und 
Herakleides Lembos folgende Diadochenschriftsteller zur Ergänzung 
herangezogen: Alexander (Polyhistor), Antisthenes, Diokles, Hippo- 
botos, Philodemos (von dessen Compilation uns nun die beiden Rollen 
der Akademie und Stoa vorliegen) und Sosikrates. Das sind denn 
auch ungefähr alle Vertreter dieses Litteraturzweiges, die wir kennen. 
Denn das gleichartige Werk des Rhodiers lason, des Neffen des Posei- 
donios, hat keine Spur hinterlassen; wir kennen nur eben den Buch- 
titel aus Suidas, angeführt wird es meines Wissens nirgends. Aber 
eine Quelle dieser Art ist allerdings noch übrig, das von Athenaios 
benutzte Handbuch: die Awdoyaı des Nıxias 6 Nıxaevs. Laertius 
Diogenes nennt ihn nirgends: er kennt ihn zu gut, er lässt ihn an 
seiner Statt sprechen. Das ist die einfache und, wie mir scheint, ein- 
wandfreie Lösung der vielbehandelten Frage. Ich freue mich damit 
schon vor der Veröffentlichung dieser Zeilen nicht allein zu stehen. Dass 
& rap yuwv aus der Feder des Nikias stamme, hat schon H. Diers erkannt 
und an einem Orte, wo es mir bis jetzt entgangen war, geäussert.” 
Ihre Richtigkeit muss sich durch die Vergleichung dessen, was 
aus Nikias bezeugt wird, mit den bezüglichen Angaben des Laertius 
bewähren. Nur dürfen wir bei dieser Prüfung nicht übersehen, dass 


! Nıerzsche im Rhein. Mus. n. F. 24,206: ‘at hoc verba non significant’. 
® In einer Bemerkung zu ‘Reiskii animadversiones in’ Laertium Diogenem’, Her- 
mes 24, 324f. 


Usener: Die Unterlage des Laertius Diogenes. 


1029 


unser Laertius, den wir doch frühestens unter Elagabal und Alexander 
Severus uns thätig denken dürfen, von dem Schriftsteller der Nero- 
nischen Zeit durch anderthalb Jahrhunderte getrennt ist, also das 
Werk seines Vordermannes schwerlich in seiner ursprünglichen Ge- 


stalt, sondern in einem Auszug vor sich gehabt haben wird. 


Ich 


stelle zu unbefangener Prüfung die Angaben des Athenaios und die 


Stellen des Laertius zusammen. 
\ \ b) m 

I. Ath. XI, p. 505" po yap aurou 

n2 & re. = / 

(MAdrwvos) FoUI” eüpe To Eidos rwv Ao- 

e / > / c + , e 

ywv 6 Tnios Arekuuevos, ws Nixıas 0 

Nıxasls ioropei zul Zwriwv. Apıoro- 
’ s J m Se c 

TEN 0 Ev TW Te momrWv oUTWs 
ypauber Ovxouv oUde EuMErpous KA. 

e \ / 

II. Ath.XI, p. 506° ö ydp deurepos 
> I c I = 
(Arxıßıadys TAdruves) Us Tıvwv Zevo- 
bwvros eivaı Asyeraı, Ws Kal N AA- 

\\ I a N n cl 
xuwv Acovros TOoV Axadyuiaxov, Ws dyCL 
7 e / 

Nixıas 6 Nıixaevs. 


III. Ath. XII, p. 592” xou Biwv ö° © 
BopvoSevirns BiAoTcbos Eraupas Av vios 
"Orvurias Auxaıvns, Ws bycı Nixias 6 Nı- 
Kauels Ev Tais rwv dıAoCodwv dadoy;die. 

IV. Ath. IV, p. 162° Av yop (Ilep- 


mw „7 > ’ \ mw I 
Galos) OVTWs OIKETNS Yeyovws Tov ZY- 
ir e = 7} c = \ ce wm >» 
vwvos, ws Nixıas 0 Nixaeus LOTopei Ev 


mn me Tuv dıAoocbwv ImTopie Kal 
Zwriwv 6 Arekavdeels Ev Tais Aus- 
doy,ais. 

V. Ath.X,p.437° av de 6 Auo- 
vuOLs ETI EX veov, Ws oycı Nixias 6 
Nixasüs Ev Tals Adoy,ais, Moos Ta 
dchpodioın Eruavns, al mpos Tas M- 
uonias eioyeı maldıoxds ddlabopws. Kai 
MOTE MopevoWEvos METL TIvwv Yvworamv 
Ws Eyevero Kara To Maldıokeiov, Eis 
6 N Moorspaie mapernAudws were 
KAAKOUG, EX,WV TOTE Kara TUyNv EX- 
TEIVAGS TAV XElpa Tavruv Opwvruv dire- 


didav. 


1 


! 

L. D. 3, 47f. diaroyous rowuv bacı 

v ); / \ > ’ 
Tpwrov yoanlau Zyvwva Tov EAcdaryv 
> or ©) ! m 
Anıororeing Ö Ev TowWru mepl TomTwv 
3 \ 3 ’ a j} e 
Arekaevov Drupen 91 Tnıov, ws xdı 
Badwpivos Ev Amouvnuovevunon. 


L.D. 3,59 nennt den Alkibia- 
des II. ohne pinakographisches Be- 
denken. 

Ders. 3,62 wv 9 AAxuwv Asovros 
Tıvos eivaı doxei, xada ducı baßw- 
Plvos Ev rw E ruv Amoumuoveuudrwv. 

Vergl. Bion bei L. D. 4,46 ur» 
de okay 6 TOIODToSs dv YyAudı, dr’ oixy- 
Maroc. 


L. D. 7, 36 Ilepoatos Anuyrpiov Kı- 
TIeUs, ov ol uev Yuwpimov düre) (Zyvw- 
vos), 01 de oixeryv eva Tv eis BußRuo- 
ypabıav TeWrouEvW dur mapd Avrı- 
Yovou. 


y \ 
L. D. 7,167 as Te Ta Xaucuru- 
m N ou > 7 
meia Eloyeı Kal TAU drapaxaAumtws 
BEN ’ 
NdvraSeı." 


Vergl. v. Wıramowırz, Antigonos von Kar. S. ı25. 


1030 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 24. Nov. — Mittheilung v. 17. Nov. 


Durchweg gibt sich bei dieser Vergleichung die Fassung des 
Laertius als die verkürzte zu erkennen. Besonders lehrreich ist der 
erste Fall, wo die beiden Zeugen sich ergänzen; und es ist wichtig, 
dass derselbe sich gerade in dem Abschnitt über Platon findet, den 
der Vorgänger mit der Apostrophe an die Platonbegeisterte Dame ein- 
leitete. Hier hat Laertius den Aristotelischen Schrifttitel genauer be- 
wahrt, aber er gibt nur den Inhalt des Zeugnisses an, während Ath. 
aus Nikias den Wortlaut des Aristoteles beisetzt. Die Variante der 
Heimathsangabe (Styra statt des Aristotelischen Teos) hat dann Laertius 
aus Favorinus zugesetzt, den er nicht unterlässt als Mitzeugen (xaı) 
zu nennen. Der ungenügende Einklang bei Nr. H darf nicht auf- 
fallen. Das verkürzte Exemplar des Laertius hatte in den beiden Listen 
der Platonischen Werke (3, 55 — 6ı die in Tetralogien geordneten, 
62 die voSa) jede Angabe eines pinakographischen Zweifels oder ab- 
weichender Verfassernamen unterdrückt; und nur für die Alkyon holt 
das dann L. aus Favorinus nach. Bei Bion (Nr. UI) giebt L. statt der 
überkommenen Angaben über die Eltern, wie sie Nikias hatte, das 
werthvollere Fragment des Bionischen Briefs an Antigonos Gonatas, ob 
aus Favorinus? Diese Einlage scheint es bewirkt zu haben, dass der 
alte Bestand, sei es von den Schreibern, sei es von Laertius selbst, 
unterdrückt wurde. Die beiden weiteren Fälle sprechen für sich selbst. 

Eine Anführung macht Schwierigkeit: 

VI. Ath.VI p.273° & de Tlovrıxos "Eorıioc xaAWs Exauyaro WMTE 
dvarerAovra MMTE Haraduonevov Tote Tov AAıov Ewpaxevaı did TO 
madeıe Mayrı xaıpw mponeyew, ws 6 Nixaeis Nixias ioTopei ev Tais 
Audoy,dis. 


Jonsius bezog dies auf Hestiaios aus Amisos, den Lehrer des 
Tyrannion in der grammatischen Kunst, und meinte daraus eine Zeit- 
grenze für Nikias zu gewinnen'. Aber wie kam der Grammatiker in 
die Asadoyaı dirccobuv herein? Der bekannte Schüler Platon’s stammte 
aus Perinthos in 'Thrakien, war also Iporovrics, nieht Novrızos: über- 
dies wird er bei Laertius 3, 46 gerade so wie in Philodemos’ Buch 
über die Akademie (col. 6, 3) mit einfacher Namensnennung Eoridios 
IepıvSıocs abgethan, und es ist wenig wahrscheinlich, dass ihm von 
Nikias ein besonderer Excurs gewidmet worden wäre. Das Räthsel 
hellt sich vielleicht bei genauerer Besichtigung der Athenäusstelle auf. 
Es wird dort der Fleiss des Hestiaios in einen beabsichtigten Gegen- 
satz zur Schwelgerei des Sybariten Smindyrides gesetzt, eines seit 
langem in der moralischen Populärschriftstellerei geläufigen Beispiels. 


x ! Jo. Jonsius, De scriptoribus historiae philos. 1. IV c. 39, t.II p.262 der zweiten 
Ausgabe. 


Usener: Die Unterlage des Laertius Diogenes. 1031 


Zu einem solehen Gegensatze konnte Nikias nur in dem Vorwort Raum 
finden, wenn er dort den Gemeinplatz über das Streben nach Bildung und 
Das ganze Vorwort, an die Freundin Platon’s 
gerichtet, musste selbstverständlich, wenn es nieht schon vom Epito- 
mator preisgegeben war, von Laertius gestrichen werden. Es hindert 
nun nichts mit Jonsius unter dem Pontiker den Amisener zu verstehen. 

Auf indireetem Wege gewinnen wir noch zwei Fragmente des 
Nikias, welehe den angenommenen Zusammenhang zwischen Laertius 
und Nikias besonders deutlich zeigen: 


VE: Ath.IVyp.163° Zw 


Wissenschaft erörterte. 


EBs6,T3 


I U 5) s! 
GıXpd- 2 Swoixparys Ö Ev 


74: 6° &v or diRocobwv diadoyns 

Baseı rw Yonoaodaı Tov Auod 
ei rWywvı YpncaoDaı rov Auöw- 

pav rov Aomevdıov 163°) ioropei xau 


m I 
Torrn Oladoy,wv Aradwpov Tov Aomev- 
\ wu ! 
diov Kal Tuyuva xadeivaı xaı Gax- 
! u / \ 
Tow xal mia YpyoDaı (l. Kpycacnaı). 


roıwva dvanaBeiv zoum re bopyoaı, 
Kara va rüber ryv Emirndevow TaU- 
Tyv Eloayayovra, rWv mp6 aurov Iv- 
IayopızWv Adumpe TE EoIyri dudiev- 
vumevWv Kol Aourpols xul dAEIUUECı 
Kovp& TE TN OUvMSe Ypwuevwv. 


VII. Ath. X, p.422°% 


Dune: / c/ I 5 
6 KuviXoc, Ws bycı la MR RENG Ev 


E..D.6, 90 


D ’ N ); \ D 
EL WEIL l UT AUTW UADTOUS Kal CLVOoV 
Au 2 


Kal Kodrns Ayunrpov rev bary- 


Tadis Oladoy,dis, Ereppaimıge Anmrgicv wveidicev (Krates) eirwv 'eiIe yop ai 


Tov Bahnpeaovı mn mpg Twv dera xogvaı »al diprous Ebepov. 
Ka Adıyuvov meunbaura olvou‘ "eiSe Yo 
Ebn Tas xpnvas xaı dprous Av depew. 

Athenaios nennt ausser Nikias überhaupt nur noch zwei Dia- 
dochenschriftsteller, Sotion und Sosikrates. Sotion wird zweimal ge- 
nannt und beidemal im Gefolge des Nikias (Fr. I, IV); den Sotion hat also 
Athenaios nur in der Gestalt gekannt, die er bei Nikias erhalten hatte 
(s. oben S. 1024 Anm. ı). Dass er gerade so den Sosikrates nur durch 
Nikias kannte, das ergeben die Parallelen des Laertius unter Nr. VII 
und VII. Es ist also gewiss, dass Athenaios nur ein einziges Hand- 
buch für die biographische Geschichte der Philosophie zu benutzen 
pflegte, die Diadochen des Nikias. Laertius, der jüngere Zeitgenosse, 
verwendete eine epitomirte Abschrift desselben Werkes als Unterlage 
seiner Bio xaı yrauzı ruv Ev dıAovobıe eüdoxunodvrwv. Das verstehen 
Das Werk des Nikias, gegen Ende der Neronischen Zeit 
abgeschlossen, war bis in die spätere Antoninenzeit das geachtetste 
und verbreitetste Handbuch seiner Art, offenbar weil es bis zu Laer- 
tius die reichhaltigste Sammlung bot. 

Auch anderes wird deutlicher. So die ungleichmässige Fort- 
führung der einzelnen Successionsreihen bei Laertiuss. Während die 


wir nun. 


1032 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 24. Nov. — Mittheilung v. 17. Nov. 


Liste der Skeptiker bis auf Saturninus den Schüler des Sextus, also 
bis zur Zeit des Laertius herabgeführt ist, waren die Stoiker bis zu 
Cornutus! behandelt, die Akademie nur bis Kleitomachos, der Peri- 
patos gar nur bis zum vierten Schulhaupt Lykon, und die Nachfolger 
Epikur’s nur in ganz summarischem Überblick bis zum vierten Sue- 
cessor Basileides (10, 25) fortgeführt. Sotion hatte noch den Akade- 
miker Lakydes (+ 215) und den Stoiker Chrysippos (7 207) behandelt 
(L. D. 7, 183 am Ende); die Möglichkeit wenigstens lässt sich nicht 
abstreiten, dass er die Nachfolge des Aristoteles schon mit Theophrast 
abgeschlossen hatte.” Durchweg ausser bei der Stoa, wo uns die 
mitten im Schriftenverzeichniss Chrysipp’s eintretende Lücke jede Mög- 
lichkeit einer Nachprüfung entzieht, lässt sich bei Laertius noch der 
Schluss des Sotionischen Werks erkennen. In der Akademie sind 
nach Lakydes freilich noch Karneades (7 129) und Kleitomachos mit 
Biographien bedacht, von den jüngeren Umbildungen der Lehre durch 
Philon von Larissa und Antiochos aus Askalon ist nieht die Rede. 
Aber zwischen Lakydes und Karneades liegen zwei Generationen; sie 
sind in dem Capitel über Lakydes abgethan (4. 60) mit den Worten: 
Kal wovos TÜV dm’ almvos luv mapsdwxe yv oyoAyv TnAsxiei za Eidvdow reis 
Bwxelcı mad de Eudvöpov dıedekaro "Hyyoıvous Iepyawunvos, db” co) Kapveadye. 
Euander war also noch Schulvorstand, als Sotion sein Werk abschloss, 
und wurde darum einfach erwähnt. Die beiden berühmtesten Nach- 
folger, Karneades und Kleitomachos, müssen in diese Überlieferung 
eingeführt sein zu einer Zeit, wo die Kunde von der dureh Philon 
und Antiochos geschaffenen Wandelung noch nicht in weitere Kreise 
gedrungen war: man denkt unwillkürlich an Alexander Polyhistor. 
Aber wer immer jene zuerst eingeführt hat, er besass entweder nicht das 
Pfliehtgefühl oder nieht die erforderlichen Hülfsmittel, um die beiden 
Schulvorsteher zwischen Lakydes und Karneades entsprechend zu be- 
arbeiten. Bei den Skeptikern liegt biographische Überlieferung that- 
sächlich nur für Pyrrhon und Timon vor., Beim letzteren merkt 
L. D. 9, 115 an: rovrov diddoy,os, ws ev Myvoderos dmou, Yeyovev oudeis, 


! S. Val. Rose im Hermes ı, 370 f. 

2er Do durd zararnyeı de 9 mev eis Krsıronay,ov PR Xousımarov PR Ozopgasrov 
lwvien.... 15 &s d8 Ozohgasrov ourws Mrerwvos "Agısroreäng, oV Osobgarros. Das 
beruht jedenfalls auf eben so starker Bevorzugung des Theophrast wie Geringschätzung 
der Nachfolger; und dies Urtheil wäre eher bei einem Peripatetiker bestimmter Rich- 
tung als bei einem dieser Schule indifferent gegenüberstehenden denkbar. Man müsste 
an Sotion denken, wenn diese Successionsliste nicht schon den Karneades und Rleito- 
machos hätte. Es ist also eben so möglich und nach meinem Gefühl auch das allein wahr- 
scheinliche, dass der Schriftsteller, welcher die Akademie fortführte, auch der Vater der 
Schrulle war, den Peripatos nicht über Theophrast hinaus zu führen. Eine Spur davon 
findet sich bei Laertius insofern, als erst nach Lykon der Phalereer Demetrios und Hera- 
kleides (dieser nachweisbar auf der Grundlage Sotion’s s. 5, 86) abgehandelt werden. 


Bes) 
N 


UsEser: Die Unterlage des Laertius Diogenes. 1033 


mr 


arra dlerımev 9 dywym, ws aüryv Irersudios 6 Kurmvaios dvermoaro. ws d 
Irmoßoros dycı zul Zwriwv, dmxoucav aurou Auooxousidys Kurses xol 
Nıxoroy,os "Podios xuı Eühpavwp Derevxels Ipaürcos re dmo Towddos ds #rA.: 
also nur unmittelbare Schüler des 'Timon hatte Sotion aufgezählt, 
aber weder einen Schulnachfolger hervorgehoben, den es nicht gab, 
noch gar eine Abfolge von Schulnachfolgern vorgeführt. Die Namen- 
liste der Successoren von Euphranor bis Saturninus, die zum Schluss 
bei L. D. (9, 116) gegeben wird, ist bis zu Ainesidemos handgreitlich 
ungenügend und lückenhaft; sie kann, wie schon oben S. 1027 bemerkt 
wurde, erst von Laertius nach einer ihm vielleicht zufällig in die 
Hände gefallenen Aufzeichnung jüngster Zeit zugefügt sein. 

Nikias hatte die Successionen Sotion’s zu Grunde gelegt, der- 
gestalt, dass der Benutzer überall, wo kein besonderer Zeuge angerufen 
war, überzeugt sein durfte, den Bericht des Sotion vor sich zu haben 
(S. 1023 f.). Sotion’s Werk hat daher auch den Rahmen für Nikias’ 
Schrift abgegeben und die Grenzpunkte der einzelnen Reihen bestimmt. 
Nur für die Stoa hat Nikias eine Ausnahme gemacht, indem er sie 
bis auf seine Zeit fortführte; er muss der Stoa nahe gestanden, wenn 
nicht angehört haben. Dass der Akademie Karneades und Kleitomachos 
zugewachsen sind, ist nicht das Verdienst des Nikias: er hatte sie 
schon in seiner Vorlage vorgefunden ', 

Was aber für Nikias gilt, die durchgängige Zugrundlegung Sotions, 
muss auch für seinen Abschreiber Laertius gelten. Es scheint dagegen 
die Thatsache zu sprechen, dass bei Laertius sowohl Sotion als sein 
Epitomator Herakleides angeführt werden. Ich will das Gewicht dieses 
Einwands nicht durch den Hinweis auf einzelne Fälle abschwächen, 
in welchen die Anrufung des Sotion nachweisbar einem Berichte an- 
gehört, der einer ausserhalb der Diadochenschriftstellerei stehenden 
Quelle entnommen ist.” Es mag sein, dass das öfter vorgekommen ist, 
als wir nachweisen können. Doch werden dadurch schwerlich alle Fälle 
gedeckt. Aber die Erscheinung lässt sich nicht von einer anderen 
trennen. Auch die Compilatoren Sotion’s bis auf Hippobotos, der zu 


! Die S. 1032 Anın.2 besprochene Successionsliste, welche bereits die beiden Aka- 
demiker hat, gehört zum älteren Bestand der Einleitung; erst am Ende derselben ist die 
oben S. 1026 Anm. ı erwähnte Bemerkung über die eklektische Schule nachträglich ange- 
schoben. Nikias fand also die Übersicht über den Verlauf der Sokratischen Schulen 
(1,14 f.) mit dem übrigen schon vor. v. Wıramowırz nahm für jenen Zusatz Hippo- 
botos in Anspruch: das scheint mir nicht eben unmöglich, aber weniger wahrscheinlich. 
Hippobotos ist von Nikias gewissermaassen collationirt worden, um ihm Ergänzungen 
und Berichtigungen zu entnehmen, aber wird in der Regel genannt. Die Zeitangabe 
700 öAryov spricht nicht gegen Nikias, auch wenn er erst um 70 n. Chr. schrieb: er 
misst das Aufstehen der neuen Schule an der Entstehungszeit der älteren. 
2So z. B.. Laert.#9, 110 ws zcı Noriav Zu Tu Evdszaru drei, was aus der Ein- 
leitung des Apollonides zu seinem Sillencommentar stammt. 


Sitzungsberichte 1892. 93 


1034 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 24. Nov. — Mittheilung v. 17. Nov. 


Rom, gewiss nicht vor Beginn der Kaiserzeit geschrieben hat.' werden 
bei Laertius zur Ergänzung herangezogen. Nach Sotion haben alle 
Bearbeiter seines Gegenstandes sich nicht an das vollständige Werk, 
sondern an den Auszug gehalten; ihre Absicht ging darauf, nutzbare 
Handbücher zu schaffen. Der alte Stock wurde dünner und dünner. 
Aber wie es bei fortschreitender Verkürzung geht, die verschiedenen 
aus dem alten Grundstock abgeleiteten Darstellungen bewahrten die 
eine hier die andere dort mehr des ursprünglichen Stoffes. Es musste 
eine Zeit kommen, wo das Bedürfniss der Ergänzung und Vervoll- 
ständigung sich regte. Schon Philodemos zog zu dem Zweck die 
Chronik des Apollodoros heran. Andere verglichen mit ihrer Vorlage 
die verwandten Bücher, deren sie habhaft werden konnten, wie der 
Correetor eines Textes andere Handschriften herbeizieht, und sorgten 
so für Vervollständigung und Berichtigung der vorliegenden Übersicht. 
So konnte es kommen, dass sogar die Herakleidische Epitome und 
in besonderen Fällen das Originalwerk des Sotion zur Ergänzung auf- 
geschlagen wurde: ebenso wie Sotion’s Angaben jüngeren Diadochen- 
schriftstellern entlehnt wurden. Dies ist mit Sotion’s Liste der Schüler 
Timon’s geschehen, die in Nikias’ Vorlage ausgelassen war und nun 
von ihm aus Hippobotos nachgetragen wurde (oben S. 1032). 

Und in diesem letzten Falle können wir mit Händen greifen, 
was uns oben (S. 1029£f.) die Vergleichung des Athenaios ergab, dass 
Laertius auch den Nikias nur in einer jüngeren verkürzten Gestalt 
benutzt haben kann. Dem Bericht des Hippobotos-Sotion wird die 
Angabe des Menodotos entgegengesetzt, dass Timon überhaupt keine 
Nachfolge gehabt habe.” Das ist der bekannte Empiriker aus der Zeit 
etwa des Trajan. Die Bemerkung rührt also nicht von Nikias selbst 
her. und hatte doch schon ihre feste Einfügung in dem von Laertius 
der Schreiberstube übergebenen Auszug aus Nikias: sie war von einem 
älteren Leser oder von dem Urheber des verkürzten Exemplars ein- 
getragen worden. Im gleicher Weise werden wir die Berücksichtigung 
des in der Zeit zwischen 70— 90 n. Chr. schriftstellernden Juden 
Justus von Tiberias (L. D. 2, 41), des Plutarch (9, 60) und des der 
Hadrianischen Zeit angehörigen Sabinus (3, 47) zu beurtheilen haben. 


ıS. Laert. D. 8,72 über die Statue des Empedokles #95 roU "Puma Pourev- 
Fnpiov. Über Hippobotos vergl. v. Wıramowrrz im Antigonos S. 103f. 327 ff. 

® Genau genommen besteht zwischen beiden Berichten ein Gegensatz nur im 
Ausdruck, nicht in der Sache. Auch Sotion hatte mit Timon die Skepsis geschlossen, 
zwar Zuhörer aber keinen Öw@öcy,os genannt. 


Ausgegeben am 1. December. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckevei. 


1035 


1892. 
L. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


| KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


l. December. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Seeretar: Hr. E. pu Boıs-REeymondD. 


l. Hr. von Syvgen las über Mythenbildung in der Gegenwart. 

Die Veröffentlichung wird später an einem anderen Orte stattfinden. 

2. Hr. Weser liess durch Hrn. Scumiwr überreichen eine Abhand- 
lung des Hrn. Prof. Dr. Ernst Leumann in Strassburg über: Jinabha- 
dra’s Jitakalpa. 

Die Mittheilung wird in einem späteren Stück erscheinen. 

3. Hr. Harnack legte das mit Unterstützung der Akademie ge- 
druckte Werk des Hrn. Dr. Carı Scnmwr vor: Gmnostische Schriften 
in koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus (Leipzig. 1892). 


Ausgegeben am 8. December. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


Sitzungsberichte 1892, 94 


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1037 
1892. 
L1. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


S. December. Sitzung der philosophisch -historischen Ulasse. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Momnsen. 
Hr. Dirımann las: Über den neugefundenen griechischen 


Text des Henoeh-Buches. 
Die Mittheilung folgt umstehend. 


Sitzungsberichte 1892. } 95 


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1039 


Über den neugefundenen griechischen Text 
des Henoch - Buches. 


Von A. DiLLmann. 


|ure bei den Ausgrabungen in Akhmim im Winter 1886/7 gefundene 
Pergamentmanuscript von 33 Blättern enthält ausser den Fragmenten 
des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus, über welche Hr. 
A. Harnack in der Sitzung vom 3. November d. J. Ihnen berichtet 
hat, als seinen Hauptbestandtheil den Anfang des griechischen Henoch- 
32, 6), und Hr. U. Bovrıanr hat sich das grosse Ver- 


Buches (Cap. ı 


dienst erworben, in den Memoires publies par les membres de la 


Mission archeologique Francaise au Caire, t. IX fase. ı P.93 
diesen Text, versehen mit werthvollen einleitenden Bemerkungen, 


130, 
durch einen genauen Abdruck bekannt zu geben. Da ich selbst 
seiner Zeit das aethiopische Henoch-Buch herausgegeben, auch in’s 
Deutsche übersetzt und erklärt habe,' so habe ich diesen Fund mit 
besonderer Freude begrüsst und ihn einer eingehenden Untersuchung 
unterzogen. Die Ergebnisse derselben beabsichtige ich Ihnen hiermit 
in Kürze darzulegen. 

Im Manuseript umfasst der Henoch-Text S.21—66, während 
die 20 ersten Seiten die Petrusbruchstücke enthalten. Die ersten 
2'/, Seiten (S.21— 23 Z.7) geben aber nicht den Anfang des Henoch- 
Buches, sondern den Abschnitt Hen.ı9, 3 (die letzten 4 Worte) bis 
21,9 (die ersten 5 Worte). Dann erst kommt von 8.23 Z.8 an 
bis S. 50 Hen. ı, 1— 14, 22, und von anderer Hand geschrieben 
S. 51— 66 der Schluss von ı4, 22 und das Weitere bis 32, 6 (Mitte), 
worin also auch Hen. 20, 1— 21,8 noch einmal vorkommt (von mir 
als & bezeichnet). Dass die Anfangsseiten 21—23 Z.7, welche dieses 
Stückehen auch enthalten (von mir als 8 bezeichnet), von einer an- 
deren Hand geschrieben sind, als S.23 Z2.83—S.;5o, ist anzunehmen, 
obwohl vom Hrn. Herausgeber nicht ausdrücklich gesagt. Datirt ist 
keiner dieser 3 Theile des Manuseripts. Seules, les particularites 


! Liber Henoch, Aethiopice, Lips. 1851. 4°; Das Buch Henoch, übersetzt und 
erklärt, Leipz. 1853. 8°. 


95* 


1040 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. December. 


qu’on releve dans l’eceriture ou dans la langue elle-meme, peuvent 
nous mettre sur la voie, et montrent que le manuserit n'est pas an- 
terieur au VIN® sieele ni posterieur au XI. Eine Bestätigung dieser 
seiner Vermuthung über den terminus ad quem findet Hr. Bourıant 
darin, dass das Mönchsgrab, in welchem das Manuseript gefunden 
wurde, innerhalb des vom 5.—135. Jahrhundert von den Christen 
benutzten, bis zu 700” sich ausdehnenden Begräbnissplatzes zu Akh- 
mim von dem ältesten und zuerst benutzten Theil desselben schon 
etwa 200” entfernt liegt. -Schriftproben der dreierlei Handsehrift- 
theile hat der Herausgeber nicht mitgetheilt. Die itacistische Schreib- 
weise beherrscht alle drei: &, ı, 7, a, v wechseln beliebig, ebenso 
cı, &, % Aber auch o und w, ov und w, selbst o und & werden ver- 
tauscht. Zweimal (Cp. 22, ı. 2) ist vor einer mit o anlautenden Doppel- 
consonanz ein i-Laut vorgeschlagen: sıuorepexs, eusxorwo (für GTEpeds, 
oxorewa). Schreibfehler, Versetzungen von Wörtern, Dittographien, 
Auslassungen (z. B. von ganz Cp. 3 und 4), Weglassung von Casus- 
endungen, barbarische Grammaticalformen finden sich sehr viele. Die 
Sorgfalt der Schreiber, denen wir diesen Text verdanken, war dem- 
nach keine grosse. Trotzdem haben wir allen Grund, für diesen 
Textfund dankbar zu sein. 

Wenn ich nun daran gehe, den Werth desselben zu beleuchten, 
so kommt für mich zunächst in Betracht 

ı. Das Verhältniss dieses griech. Textes zu den schon früher be- 


kannten Bruchstücken des griech. Henoch. Das kurze Citat im Judas- 
brief V.ı4 f. = Hen.ı, og stimmt in seinem Anfang mehr mit dem aeth., 


in seinem Verlauf und Ende mehr mit dem griech. Text, hat aber in 
seiner Mitte rdvras roüs dveßeis gegen racav odpxa des Ae. und Gr., 
was alttestamentlicher und darum ursprünglicher klingt, während rav- 
Tas rovs aceßeis christlich variirt sein kann. Das Citat des Origenes de 
prine. IV. 35 »ambulavi usque ad imperfeetum«, welches ich seinerzeit! 
trotz der unvollkommenen aeth. Übersetzung als aus Hen. 21, ı ge- 
schöpft vermuthet habe, erweist sich jetzt durch das griechische x« 
Ehwdeuou meypı (Ews) rrs dxaraczevacrov wirklich als dorther genommen. 
Dagegen das andere des Clemens Al. (eclogae proph. ed. SyLBur& p. So1) 
und Origenes (a. a. O.) xal eidov rds ÜAas Tdcds, »universas materias 
perspexi« findet sich nicht (denn Hen. 19, 3, auf welche Stelle ich 
S. LVI gerathen habe, kommt jetzt ausser Betracht); es scheint aber 
auch kein eigentliches Citat zu sein, sondern nur eine zusammen- 
fassende Hinweisung auf all die mannigfaltigen Naturdinge, welche 
Henoch auf seinen Reisen Cap. 17ff. gesehen hat. Von grösserer 


! Henoch übersetzt nnd erklärt, S. LVI der Einleitung. 


Dirrmann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch - Buches. 1041 


Wichtigkeit sind die ausführlicheren, bei Ge. Synkellos erhaltenen 
Bruchstücke,' nämlich S. 20— 23 (der Disvorr'schen Ausgabe = Hen. 
Bo, A, Kerner S. 42-47 = Hen./8, 4 >10, 14.15, 8-16, 1,, nebst 
einem im aeth. Henoch fehlenden Abschnitt (Busspredigt an die Men- 
schen). Über das Verhältniss dieses Synkellos-Textes zum aeth. Henoch- 
buch habe ich mich seinerzeit” dahin ausgesprochen, dass nach ge- 
nauer Vergleichung des Einzelnen dem Synk. keineswegs durchweg 
der Vorzug der besseren Lesart zuzuerkennen sei, dass vielmehr, weil 
Synk. das zweimal von ihm mitgetheilte Stück Hen. 8, 4—9,4 das 
zweitemal ziemlich anders, als das erstemal anführt, und weil er hinter 
den Engelnamen Hen. 6, 7 eine sicher von ihm selbst stammende 
ehronologische Bestimmung in sein Citat hinein verwoben hat, endlich 
in Anbetracht der Freiheit, welche er auch sonst bei Anführung an- 
derer Schriftsteller sich erlaubt, manche Differenzen zwischen beiden 
Texten eher aus der Ungenauigkeit der Anführung bei Synk. sich 
erklären, dass jedoch mit Rücksicht auf die grössere Ausführlichkeit 
des dem Hen. 7 u. 8 entsprechenden Abschnitts bei Synk., und na- 
mentlich mit Rücksicht auf die von Synk. überlieferte, aber im aeth. 
Henoch fehlende längere Busspredigt (Henoch’s oder Noah’s) an die 
Menschen anzunehmen sei, dem Synk. habe ein asiatischer Text des 
Henoehbuches vorgelegen, welcher in den Erzählungen über den Fall 
der Engel und das dadurch in der Menschheit angerichtete Verderben 
reichhaltiger war, als der in Aegypten gelesene Text. Ich habe dort 
zugleich die Meinung ausgesprochen, dass diese vollere Recension nicht 
ohne weiteres als die ältere gelten müsse, sondern ebensowohl auf 
allmählicher Erweiterung des ursprünglichen Erzählungsstoffes beruhen 
könne. Diese meine Ansieht hat Hr. O. von GesnArpT" lebhaft be- 
stritten. Er machte geltend, die Abweichungen des Aeth. vom Text 
des Synk., im Ausdruck sowohl als im Umfang, seien so überwiegend 
viele, und das Plus des Synk. trage den Stempel der Ursprünglich- 
keit in einem Maasse, dass der Recurs theils auf die dem Synk. bei 
derartigen Anführungen eigenthümliche Freiheit, theils auf verschie- 
dene dem Synk. und Ae. vorgelegene Textesrecensionen nicht aus- 
reiche; vielmehr müsse daraus auf die Ungenauigkeit und Unzuver- 
lässigkeit der aeth. Übersetzung geschlossen werden. Für diese seine 
These konnte er sich, scheinbar sehr plausibel. auf ein von mir bei 
meiner Ausgabe noch nieht gekanntes, von A. Mar in Patrum Nova 
Biblioth. t. II veröffentlichtes, mit tachygraphischen Noten geschrie- 


! Abgedruckt in meinem Henocheommentar S. 32 — 86. 

N as O0 STERXL 

3 In Merx’ Archiv für wissensch. Erforschung des Alten Testaments. Bd. 2 
872) 8.294211. 


1042 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 8. December. 


benes, von GILDEMEISTER' entziffertes und bekannt gemachtes Bruch- 
stück des griech. Henoch, nämlich Cap. 89, 42—-49, berufen, sofern 
sich aus diesem ergebe, dass die aeth. Version dort fast in jedem 
der 8 Verse lückenhaft und ungenau sei. Dieser Ansicht von GEB- 
HARDT’S gegenüber habe ich jetzt die Genugthuung, durch den neu- 
gefundenen griech. Text mein vor bald 40 Jahren gefälltes Urtheil wohl 
bestätigt zu finden. In diesem griech. Text fehlen ebenfalls. alle die 
bei Synk. überschüssigen Partien, und stimmt, von Einzelheiten ab- 
gesehen,” der Aeth., sowohl im Inhalt als in der Ordnung des Vor- 
getragenen, so vollkommen mit dem Griechen überein und gegen 
Synk., dass man unmöglich mehr die grösseren Abweichungen des 
Aeth. von Synk. auf Rechnung der Ungenauigkeit und Nachlässigkeit 
des aeth. Übersetzers setzen kann, sondern zugestehen muss, dass 
man in Aegypten einen gegenüber von Synk. kürzeren griech. Text 
las. Ob die Mangelhaftigkeit des aeth. Buches in Cap. 89, 42—49 
nicht dennoch ihren Grund in der Ungenauigkeit des aeth. Über- 
setzers oder in allmähliger Textverderbniss bei den Abessiniern habe, 
ist natürlich damit noch nicht entschieden, aber die Möglichkeit, dass 
auch dort schon die griech. Vorlage des Aeth. Abweichungen enthielt, 
kann ebensowenig zum voraus bestritten werden. Wenn man bedenkt, 
dass in dem Stück Hen. 20, 1— 21,8, das in dem neuen Fund zwei- 
mal vorkommt, beide Abschriften (« und £) mehrmals erheblich von 
einander abweichen, theils in Lesarten (20, 5.6. 21,4), theils durch 
Auslassungen (20, ı und Anfang von V. 2 fehlt in &; 20, 8 und damit 
der 7. Erzengel fehlt in «, wie im Aeth.), so wird man die Ver- 
muthung, dass schon die griech. Vorlage der aeth. Übersetzung des 
Henoch theilweise mangelhaft gewesen sein kann, nieht im voraus 
abweisen dürfen. Die Entwerthung, welcher das griech. Henochbuch 
in der griech. Kirche allmählig anheimfiel, liesse es wohl glaublich 
erscheinen, dass die Abschriften weiterhin nicht mit der Sorgfalt 
gemacht wurden, die man auf die eigentlich biblischen Bücher ver- 
wandte, und die Verderbniss der Handschriften durch Auslassungen 
oder Zusätze leichter um sich greifen konnte. 

Des weiteren handelt es sich um das Verhältniss des neugefun- 
denen griech. Texts und der aeth. Version zu einander. Im allgemeinen 
steht freilich zum voraus fest und bewährt sich auch hier, dass wo 
von einem Buch ein griech. Text und eine daraus erst abgeleitete, 
zumal orientalische Übersetzung vorliegt, dem ersten unbedingt der 
Vorzug zukommt. Wenn aber der griech. Text nur in einer einzigen 


! In ZDMG. IX (1855) 8. 621 


2 Worüber unten mehr. 


DıirLmann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch - Buches. 1043 


und zwar, wie zum Eingang gezeigt wurde, wenig correeten Abschrift 
vorhanden ist, dann behält auch eine Afterübersetzung trotz ihrer 
Mängel ihren Werth, den Werth einer weiteren Abschrift. Ich werde 
deshalb zunächst 

2. nachweisen, dass und wo der griech. Text nach dem Aeth. 
verbessert werden kann. Cap. ı,8 im Ae. etwas verworren, ist es 
auch, obwohl in anderer Weise, im Gr. Fehlerhaft ist ı, 3 ou 
nach &yıos, wohl auch 1,4 Em yw und &x ns mapsußorns (für ouv oder 
Ev Ty maR.). ı, 6 hat mehrere unnöthige oder störende Erweite- 
rungen, ebenso 1, 8 z.B. xaı ravrwv dvrirnunberan xar Bonsyce yulv (schon 
durch Apiv verdächtig) und xal vemesı Er’ aürovs eionuuv; 1. 9 erscheint 
cUv reis dyicıs aürov auch nach dem Judasbrief als minder ursprünglich, 
denn NTAAZLT: P9.A%: (ev rais Mupdoı ruv dayıwv). 2,2 ist eoıv 


—i9 


#Sorr& sinnlos und fehlt im Aeth. 2,3 fehlt nach xanwva 
vieles. Sofort von Cap. 3 sind blos die 6 Anfangsworte erhalten, 
und fehlt alles weitere, was der Ae. hat; ebenso ganz Cap. 4, und 
von Cap. 5,1 die Paar ersten Worte, alles ob homöoteleuton. 55 
ist für zara ns Cwns nach Ae. xaı ra ern As Cwns herzustellen. 5,6 
ist alles nach xuı &dosßeis Ev Univ ömovvraı folgende ein durch Ae. nicht 
bezeugter Zusatz, zum Theil Vorausnahme von V.7. Ebenso 5,8 
ist rore doyceras Tols Endexrois dWs Kal Yapis Kal aürei KAnpovougaounı 
nv yyv falsche Wiederholung aus V. 7; ferner eÜ xar dryseav falsch 
für o0 xar’ doeßeiav (oder oo zara Anm? Ae. hat A.NdA,d:. was »aus 
Vergessenheit« bedeuten kann, wahrscheinlich aber »aus Gottlosigkeit« 
bedeutet, vergl. 10,20); endlich am Schluss za eoraı & dvIoWmw redw- 
rıousevw dus zul avdowrw Emormuoi (gegen das einfachere Ad: BIFR: 
unov-: pgn:), schon durch seine Wortfassung verdächtig. 5,9 
erscheint @A,BTDYr-: richtiger als cüde un dudsrwow, da über das 
Niehtsündigen V. 8 schon genug gesagt ist. 6,5 fehlt der Schluss 
Dr: Iran: ER, und ebenso ganz 6, 6 ob homöot. (dAANAous Ev 
aurw). 6,8a.E. fehlt (das auch durch Synk. bezeugte) @N647: 
mr: P’AAyYon-: 8,3 ist nach Ae. und Synk. Bapaxıya für PaxırA, 
und Xuxaßma (vergl. 6,7) für Xwyyma zu lesen, und nach % (mit 
BouRIANT) dw einzusetzen. 9, ı a. E. ist ob homöot. ausgelassen 
xl macav TyV dvomıav Tyv Ywonevyv Emi 795 ns (auch nach Synk.). 9,2 
ist für dwvn Bowv rav Em ns ns (wo Verb. fehlt) vielleicht richtiger 
(Ae.) dwwmv Bowv aurwv yumım xpale 4 9,3 a. A. wird xai vüv 
Univ oi dyıcı Tod oüpavov (Ae.) ob homöot. ausgelassen sein. 9, 4 hat 
Ae. und Synk. besser rwv Bacırwv für rwv aiwvwv, und ist xaı neya 
weder durch Ae. noch durch Synk. bezeugt. 9,5. E. ist (nach 
Ae. und Synk.) za oüx corıv 6 xpußnvar ve Öyvardı ausgelassen, ebenso 
9,6 a. A. opes oder eidec. 9, 7 ist vielleicht das Praedicat zu Ze- 


1044 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 8. December. 


nıacas ausgefallen. 10, ı ist IoroayA auch im Ae. ähnlich eorrumpirt, 
aber 10,4 hat Ae. richtiger Acvdayr als Griech. AsxdovyA. 10,7 


ist (für u Syoera 9% yn) mit Aec. und Synk. izoaı ryv av zu lesen, 
ebenso ist, &rdra£av (obwohl auch im Ae. ebenso) falsch für sdefav 
(Synk.). 10,8 ist ddavioSeioa zu streichen; 10, 10 für epyenıs eoraı 
zu lesen &pwrycis oUx Earoı. 10,11 ist (für xaı eımev Mıyanı) za rw 
Miyanı eimev 6 xuoos herzustellen. (Ebendort ist zwar dyAuoov Zenızdı 
xaı Tols Aoımois rois auch durch Ae. bezeugt, aber nach dem folgenden 
Accusativ uryevras muss eine andere Lesart, beiSynk., dy0ov Zenialav xal rovs 
ardovs gewesen sein. Auch 10, 14 steht dem xaraxavosy des Gr. und 
Ae. das zaraxcıyy des Synk. gegenüber). 10, 15 fehlt Fo-Z2T: @A 
@-A-P.00-: was doch wohl echt ist. 10,16 ist @&Nn@-F: u. S. W., 
d.h. xai eoraı 9 Eoyacıw eis eUAoylav, dixduoauvy xal dAmSea doch wohl 
nur ob hmt. ausgelassen. 10, 19 ist für yns ayarızcovraı wohl 
richtiger (Ae.) 15 &yarrızcews zu lesen. Ob weiterhin das Plus des 
Ae. DO: NCh: NEHZA: 3.Y: Ark: oAd.cTt: TINC: auf einer 
Einbusse des Gr. ob hmt. beruhe (wie sicher der Ae. dort eine andere 
Einbusse erlitten hat), kann man zweifeln, ebenso 10,21 bei @ßn- 
ee: NA: AP: 11,1 wird (für xaı xareveyxev aura) Tou 
Karsveyxeiv aura eis ryv yyv (Ae.) zu lesen sein. 12, 2 ist aurov für 
aörwv und di ymepas für dimusre herzustellen, ebenso 12, 4 xal dpavızwov 
HEyay Abarıcav ryv yyv (Hebraismus) für adavıouov weyav xaı Nbavıcare 
ryv uw. 12, 5 lies avros für üuiv (vergl. V. 6). 13, ı ist opeu- 
Seas für ropevov zu lesen und hinter Evay, zu stellen. 137 ee 
ews für ws, 13,9 & &Qer.... für oeveßeroara. 13,10 a. A. fehlt 
xal EAAANCa. 14, 3 ist os falsch für ws, ferner nach edwxev ob hmt. 
ausgefallen dvSpwreis voeiv Aoyous yywoews, xal Zus exrıce zul eöwxev, auch 
exrekaoIaı falsch für ereykaodau. 14, 4 wird rwv dyyerwv Glosse sein, 
und das Plus des Ae. am Ende vielleicht richtiger. 14, 6 lies po 
rovrwy (für re r.), und weoovvrar (für weooure). 14, 13 scheint reupy 
des Ae. richtiger als rgopy des Gr. 14, 14 fehlt eis ro mposwrov mov 
xaı hinter eresov, ebenso 14, 16 xal neyaAwovvm wore un nach rıun, 14,18 
ev aürw hinter eidov. Für opzs d. i. opacıs hat Ae. pw. 14, 25 ist 
&is To &yıov an seiner Stelle jedenfalls unriehtig, und könnte auf eine 
Variante am Schluss des V.24 xai eis rov dyıov Aoyov mov (dxoucov, vergl. 
Ae. mAPAr: PY.h:) hinweisen. 15,2 scheint Eypnyopeus ToU oUpavou 
roıs hinter roıs, ebenso ep aurwv. epwrycai hinter epwrycaı ausgefallen. 


15,7 lies ra rveunare yalp für 7a Tvsuud. 15, 8 ist mveunare xAy- 
Sycovraı (Ae., Synk.) für rveuus zu setzen. Für ioxvpz hat Ae. Synk. 
rovnpdl. 15,9 a.E. ist wohl (für rveuuare movmpa xAnSycere) TVEUUATA 


223), > m nv ! \ I 
movnpd EGovraı EMI TNS ns Kal TVeuuare Mond xAysycovrdı herzustellen. 
. ! \ ! . 
15, 11 wird wveunare oxAra yıyavrwv (nach Ae. und Synk.) zu tilgen 


Dirtmann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch- Buches. 1045 


sein. 15,12 i. A. lies xai eEavaornoovrau TA TVEUUATE TAUTA. 1743 
hat Ae. noch xui Zibos Fuss hinter Iyxas aurwv. 17, 4 wird wapa- 
deyomevov (für rapeyov) zu lesen sein; 17,5 #%ov (für 1ASopev). 17,6 
ist xaı mey,pı ToV meyadou morauso zu tilgen, 17, 8 rys yys hinter Toramwv 
zu stellen. 18,3 a. A. fehlt ob hmt. @CA.n: neo: 74AT: LLNN 
pP: AAdASG: AB: und a. E. Am TE: @-AFao-: AbTIP: N7R:; 
18,5 BCAM: ETW: nAAnNT: 18,4 ist diwsvovras (für dıavevovras) 
zu lesen. 18.6 wird Trpos vorov nach mapmAIov, und rpeis nach 7o- 
AureAwv einzusetzen sein. 18, 10 hat Ae. xaı romov eidov Exei (für Fomos 
eorıv). 18,15 ist örı Tomos EEw ToÜ oüpavon xevos Eorıy zu streichen. 
20,1 hat Ae. eine viel längere Überschrift. 20,4 ist exdixwv (für 
exdaıcavy in a, und exexwv in ©) zu setzen. 20,5 geht Ae. mehr 
mit ®, als mit «. In 20,6 ist « von ® verschieden, aber beide 
sind unklar, ebenso wie Ae. 20,8 und damit der 7. Erzengel 
fehlt, wie in Ae., auch in «. 21,4. ist « durch Ae. bestätigt gegen 
ß. 21,7 ist in & (mit Ae. u. 8) $oßepd (für doßepwrepx) zu lesen; 
ebenso in « und 8 neyarwv xurabepousvuv (Ae.). 21,9 ist Odoma 
vor 6 eis einzusetzen; 21,10 uexgı aiwvos (für nexpı evos) zu lesen, und 
ist eıs rov duwva wohl eine Variante dazu. 22,1 wird aA%o zu tilgen, 
und 22,2 nach &yovres einzusetzen sein xaı mAdres. 22,3 lies exrıc- 
Sncav für expesycav. 22,5 ist im Gr. schon ebenso lückenhaft, 
wie im Ae. 22,6 i. A. lies rore Aowryca, 22, 8 Euwpiosnoav Ev dmo 
To) Evos für egwmoIycav yv amo Tov wuwvoc. 22,13 ist für oca 2° 
(Ae. öAcı) zu lesen ws oı. 24,1 i. A. scheint xaxeiIev Ebwodeuow Eis 
&AAov Temwov ns yAs ausgefallen, ebenso 24, 2 rpia eis vor dvarords. 24, 2 
a. E. ist op zu tilgen, und xai ro zu V.3 zu nehmen. 24, 3 ist edwön 
(Ae.) besser als ezveidy. 24, 4 ist x ovdeıs erepos aurwv yudpavım 
fehlerhaft, ebenso cı de weg rTov xapmov. 25, 2 ist drexpın (obwohl 
durch Aw-2rh: Zehn: in e f bestätigt) doch minder richtig als &re- 
xoiSyv (Ae.) 25,6 hat xaıi eis ro dyıov keinen rechten Sinn; Ae. hat 
ev TW ayım. 26, 2 lies fucw für dvow, 26, 5 racaı statt woce. A: 
hat Ae. noch xal rAdros oöx eyovcaı hinter Baseiaı. 26,6 ist hinter 
Sauuaca ob hmt. ausgelassen reg T7s Terzas xal ENauuaoe. 27,1 
a. E. fehlt dva ueoov aurwv, und 27,2 a. A. rore drexpisn Oo 6 eis 
Tav Ayımv dyyeAuv 65 Wer’ Euoo Av xal eiwev. Ferner ist % daayE für 7 
m, und für cı xexarmauevo res zu lesen oirwes (unter Tilgung von 
xex.); auch hat a. E. für oıxerypiov der Ae. KoAauoTnDLov oder ÖlxaoTApLoV. 
27,3 i. A. hat Ae. besser &v rais Eoyaraıs Nuspeıs Eoraı Em’ aüreus To 
SIeouo (oder 9 öpaoıs) ns xpioews. Ebenda ist &oekeis falsch für euce- 


Reis (Ae. AAsyueva?). 28,ı hat Ae. noch uk dvarords hinter Ero- 
I I ) . > er 
peuIyv, und rov öpovs hinter eis ro ueoov (vergl. 29, 1). 28,2 hat für 


\ b) \ m / (u 2) \ m , / N 
Kal dmo Tuv omsnarwv Udwp der Ae. dmo ToD omepMaros ToUToV xal dp. 


1046 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. December. 
s 1 ji 


31,2 für rov weparwv T4s yns, was hier kaum einen Sinn gibt, hat 
Ae. xal Ev alrw devooa dAons, und in dem fehlerhaften e£ aur4s wird 
etwas wie Ad: (hart) stecken. 32,11. A. fehlt ob hmt. x«ı mo 
rourwv ruv dowudrwv, und für wps dvarords gibt Ae. Erexewa (Emavw) 
TWv Opewv. 32,3 für duw uev hat Ae. puoueva, und nach &xei hat 
er noch eiwiy. -» 32,4 ist Tpoßıra (rrerze?) und ıRaua (Ae. xaAcı) 
jedenfalls verdorben. 

Diese Übersicht zeigt, dass auch nach Auffindung dieses greh. 
Textes die aeth. Übersetzung noch ihren Nutzen hat. 

3. Umgekehrt aber ergeben sich aus der Vergleichung in dem 
von mir nach den 5 Handschriften, welche bis zum Jahr 1851 in 
Europa vorhanden waren, herausgegebenen aethiopischen Text eine 
Menge von Fehlern und Ungenauigkeiten dieses Textes. Dieselben 
sind dreierlei Art: ı. solche, welche sich aus der Freiheit, die sich der 
Übersetzer nahm, oder aus Missverständniss des griech. Textes er- 
klären, welcherlei in allen übersetzten Büchern wahrzunehmen sind, 
wie denn der Übersetzer oft mehr den Sinn, als den Wortlaut wieder- 
gab; 2. solche, welche auf eine andere Lesart der griech. Vorlage 
des Übersetzers zurückgehen; 3. solche, welche auf einer (innerabessi- 
nischen) allmählichen Depravation des aeth. Textes beruhen. Von den 
ersteren werde ich nachstehend nur solche verzeichnen, welche aus 
Missverständniss entstanden sind. Bezüglich der zweiten Art kann 
man im einzelnen Fall oft zweifeln, ob man es wirklich mit einer 
Variante zu thun hat. Die Frage wird aber in der Regel dann ver- 
neinend zu entscheiden sein, wenn die vom Griechen gegebene Lesart 
auch in den Varianten des aeth. Textes vertreten ist. Und wirklich 
ist das öfters der Fall, schon wenn man die in meiner Ausgabe ver- 
zeichneten aeth. Varianten zu Rath zieht. Die vielen seither nach 
Europa gebrachten Henoch -Handschriften habe ich noch nicht alle ver- 
gleichen können, wohl aber einige derselben, die ich nachstehend 
mit e d f bezeichnen werde. In der That geben diese theilweise 
(namentlich e und f) manche Stellen in einer ursprünglicheren Gestalt. 
Wo diese Handschriften mit dem griech. Text zusamınenstimmen, 
wird die oben aufgeworfene Frage zu Gunsten der griech. Hand- 
schrift zu entscheiden sein, und werde ich deshalb in der folgenden 
Übersicht das immer bemerken. Doch ist auch so nicht alles ganz 
sicher, denn Stellen wie 8,1. 10,10. 11. 25, 2. 30,2 können die 
Vermuthung an die Hand geben, dass die mit dem greh. Ms. stim- 
menden Lesarten des e und f auf einer nachträglichen Revision des 
aeth. Textes nach einer andern griech. Vorlage beruhen. Bei der 
dritten Art, den innerabessinischen Corruptionen, ergeben sich als 
Ursachen weniger die Nachlässigkeit der Schreiber (wie z. B. bei den 


- : = ” 
Dirumann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch-Buches. 1047 


Namen), als die Absicht, dunkle oder unverstandene Stellen des 
aeth. Textes durch Interpretamente, Einfügung von Partikeln, Wort- 
umstellung u. dergl. dem aethiopischen Leser verständlicher oder mund- 
gerechter zu machen. Ausserdem aber bemerkt man sehr oft, was 
ich auch sonst schon in der aeth. Bibelübersetzung nachgewiesen 
habe, dass viele schlechte Lesarten durch falsche Vocalisation der 
aeth. Gonsonanten herbeigeführt sind, welche dann im Zusammenhang 
weitere Änderungen nach sich zog. Man muss ja immer bedenken, 
dass in der ältesten Zeit, da die Bibel in’s Geez übersetzt wurde, 
die Anfügung der Vocalzeichen an die Consonanten noch nicht regel- 
mässig durchgeführt war, und die Späteren, welche diese Texte ab- 
schrieben, leicht in der Vocalisation irrten. Ich gebe nun im Fol- 
genden die Übersicht über die Verbesserungen, die auf Grund des 
griech. Textes vorgenommen werden müssen, zugleich aber über die 
wichtigsten andern Varianten, über deren Werth kein sicheres Urtheil 
gefällt werden kann (soweit sie nicht schon in der Übersicht unter 
Nr. 2 aufgeführt sind). 

‚3 ergibt sich PNA: als Ace. von PNA: mapaorn, und ist 
BO5A: (f) für NBmdAR: zu lesen. 1.4 1.A. ist O@AMPYP: zu streichen 
und @A9’An: YA9J°: von V.3 herüberzuziehen. 1, 5 fehlt x: [ox]- 
acwaw amoxpuba ev mACı Tois axpoıs Tns (Sic) xdı GEIoSyCovrdı Tavra To 
axpa Tys Yas vor DRYZP AOD-: 1,7 zu lesen @twnT: für @Tw 
ım9®?:; der Schluss mAdA: 3&P7F: Iheoo-: fehlt im Gr. 1, 9 scheint 
etwas gekürzt. 2,ı fehlt @ vor NEY/ST:. und ist AP ZPCOFov-: 
(e f) für AyTAHHaP-: zu lesen. 3, 1 lies mpt: DCHR: N. 

5, I hat der Gr. für DBZ2.CE: zu was 6 x ap 65 dürwv Eis TıuNv Kal dokav. 
5, 3 fehlt xaı oux dAAoovow und dro rwv Aoywv aürev, ebenso 5,4 


orı Karerargoare Ev rois Wevouscw üuar. 5,5 ist für DQBNNI: @C 
79°: zu lesen @ga0 J-F: VP-AN-: EN NT: NCIT: (NCIaor: haben 
auch ef). xaı eionvn fehlt. 5,6 ist Aan: (e) für AAan: herzustellen. 


5, 7 las Ae. Wapck statt Kalpıs. 5, 5 vocalisire @AP7Y: (für OA 
aw',:). 6,3 ist Hk: von AH: zu streichen (f). 6,5 IeNneam-: 
2° zu tilgen (e). 6,7 sind die Engelnamen bis zur Unkenntlichkeit 
verdorben, zum Theil völlig verschieden, zugleich in anderer Ordnung 
als’ im Gr. 6,8 hat ef At: Am-YE: UN&TF: DwCHt: H,AVoo-: 
wie Gr. 7,3 ist Ad: für Ar: zu lesen, 7,5 a.E. AWP3Y: zu 
streichen. S, ı ergibt sich das schwierige HAPL-I4W/Pov-: als 
Aequivalent von 7& ueraia, was Ae. wer aurous las oder verstand; 
Folge dieser Übersetzung war dann DPINLWoV-: Am-P4-f: statt 
DPINFOO-: @AD-P4-t: (ef). Das a. E. des Verses stehende @F@- 
Am: YA9°: muss dann eine später nachgeholte, aber am unrichtigen 
Ort eingetragene Übersetzung von 74 WeraAAa sein. 8,2 ist; für 


1048 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. December. 


Da: HP: (oder DHPP: ohne NiEAF: D) zu lesen ayaı.: 


(f). 8,3 erweist sich Argnzn: (oder APIN2.N: ef) als falsche 
Lesart für Zeuiecas, und ANd-&%A: als verderbt aus a Auch 
ist Ye: vor aANPF: zu streichen (e f). 9,ı ergibt sich 


(nach Gr. und Synk.) @-CPF: @H-CP7YF: als innerabessinisches Mach- 
werk (fehlt in f) aus ursprünglichem ®A-C}h,A: (was e hinter *7,n 


1A: noch hat) und für das verlorene Padan. 9,4 ist AFTFZ®: 
zu tilgen, ebenso T@-AR: 2° (ef), für Allav: zu lesen AyFt:, endlich 
das letzte Wort (AF7Tt:) zu V. 5 zu ziehen. 9,6 ist CA.n: 
(statt CA,M:) zu vocalisiren (d f); am Ende ist EMITNÖELOVTES Eyvwodv 
avSpwmroı ausgelassen. 9, 7 ist ANDOFJ-T: verderbt aus Adna: (ef). 


9, 8 scheint IM@&: Einsatz für ein geschwundenes P£&g:; von 
nA: KHan-: AFhrt: ist noch eine Spur in Synk.; Ane7f: verderbt 
aus ne: (f). 9,10 ist gEAT: zu vocalisiren, ebenso @A.PNA: 
(e ff). 9,11 für za &&s aürovs hat Ae. übersetzt xaı ra aurwv; eben- 
dort ist @ von @PYF: (oder DPF-F:) zu tilgen. 10, ı ist @ von 
DAPZY: zu streichen (ef), und &M: nach AQ-A: einzusetzen. Die 
Lesart ACHPAARL: (KcHRAPRA: ef) für &ChA: (Synk.) zeigt sich 
als durch die griech. Vorlage veranlasst. 10,3 ist &£Al.z: zu tilgen, 
und für P&C: zu lesen FT®-APR: (e f) oder FALL: PRC: 1.095 
hat Ae. ewıdes statt ÜroIes übersetzt. 10, 7 ist APP&-C: 2° (fehlt in 
A und d) statt eines geschwundenen rn (etwa Am@mbwegr:) herein- 
gekommen. Dagegen ist PfA-: in der griech. Vorlage (erdra£av) be- 
gründet. 10,9 ist Am-A-R: HJ: @ Glosse. 10,10 ist AAFTtA 
WPav-: zwar durch griech. zu ep aurwv geschützt, aber in ef und 
Synk. fehlt es. 10,11 ist für AM.AndhC: zu lesen AN,A: 
rh-C: oder AMm.ANndhlC: h-C: (ef, AE). 10,12 1. A. lies mAfl: 
(e) für All:, und 10,13 AYAP: (ef) für AYAaD: YAy°: 10,14 
lies @AN: (e f) für @AibY: 10,16 vocalisire &TnA: (d e E). 
10,17 ist 877%: aus BPRR: (ef) verderbt. 10, 20 hat Ae. Ib: 
statt daxapIacıas 1°; 10, 22 duaprıas für dxapdacıac. 0, 22 her 
fehlt in ef, wie im Gr. ı1,2 fehlt x rore, und ji rwv dvSoWrwv 
hat Ae. rwv aiwvwv. 12,1 a. A. ist ®@ zu streichen (ef), und Ak: 
für PA: zu lesen. ı2,2 sind $#8.4%: und TFY%: unter sich zu 
umstellen (e f). 12,3 hat Ae. &yw für 'Eorws, ferner fehlt rev 
dyıov Too meydAou, und ist a. E. rov yoaumarez rn dixauoouvms hinzu- 
gesetzt. 12,5 ist NN: PC: zu tilgen (ef), ebenso 13, 2 
het: (ef), und Adna: (f) für Am AR: ANA: zu setzen. 19,4 
ist für IN: AM. ANdC: hr7E: zu lesen PR: A.A: AIR: (ef). 

13,6 lies A277: (ef) für @Ar%7: Das mAA& Pandoo-: fehlt 
im Gr. 19,7 hat Gr eu Adv für N9%: 13, S’hat TrundYEr. 
cAPr: für ZAP:, und fehlt beim Ae. xaı YA%e bwvn Aeyoucd. 


Diremann: Über den neugefundenen griech. Text-des Henoch - Buches. 1049 


13,9 hat Gr. oweonA für A2bl: 13,10 fehlt xaı dvnyyaıra durois. 
Von NF7P9°’P: ist E zu streichen (ef). 14, 2 ist vom Ae. ziemlich 
frei übersetzt. 14,5 hat für aa-At: PC: der Gr. xaı &v rois 
desmeis ne ne: - 14,8 a. E. kann D@PPrF-O-Z: (zei zareomevdalov ne) 
ein aeth. Zusatz sein. 14,13 ist @ vor hB@t: zu tilgen (f). 

14,14 ist NI%@: im Gr. nicht bezeugt. 14,15 sind die beiden 
ersten Sätze beim Aeth. umstellt. 14,16 @ONB: fehlt im Gr. 


14,17 lies HAhT: (ef) für AnT: BD. 14,18 für DPA: n.: hat Gr. 
za opaclıs] %ep- 14,19 ist ON,&: zu tilgen (ef), und @A,PNA: (N) 
für DA,eENA-: zu vocalisiren. 14, 21 fehlt eis rov oixov, und ist 
DChe: (ef) für AP: zu sprechen; AP’Ag: fehlt im Gr., und Eory- 
xzacıv im Aeth.; für Om Aki: APP: Pnd: Peat: hat Gr. Kaı 
masMMoyos alreu Epyov. 14,23 Tov dyyarwy nach @P4.4%: fehlt im 
Aeth., dagegen omYgAT: im Gr. (auch in ef). 14,24 hält, Are. 
(mepı)xexarunuevos (FAN: für Behrnuevos, und für a aPAap: $#4.h: hat 
Gr. x Tov Aoyov Lou dxoumev. 15,1 N PA: fehlt im Gr., ebenso A706: 
OATELU: 15,2 @ von ®sh-C: ist zu tilgen. 15,4 ist mg. 
@-P%7: P9.4%: zu umstellen (ef). 15,5 ist für &FiNc: zu lesen 
AeTTI: (ef). 15,8 Amgaent: zu vocalisiren (für A997 
hr:)- 15,11 Pany: (für Berdr:): Bad: ist schlechte Über- 
setzung von Erırırrovra, wie hg: schlechte Lesart für Obonous (ob 
TpoWov?); in DA,BZAIH-: ist (Gr. Synk) A, zu streichen, und Aß'T 
omw#&: wohl verderbt aus &TOP%-: (schwerlich urspr. @&To@E: 
schlechte Übersetzung des in Gr. fehlenden, aber bei Synk. stehen- 
den xaı basuara Tolovvra). 15,12 ist A, von @A,RT7ZUh-: zu 
streichen (e f); hinter @dh«: ist APZWPav-: ausgefallen, ferner für Aam: 
(wPAN:) zu vocalisiren A9°, und das Wort zu 16, ı zu ziehen. 16.1 
ist PT: (für DPF: 2Z0BTZ:). AIPTFAT: für AIITENAT:, HPMAT: 
(für nBeJ:) und Peyny: (für BKay:) zu vocalisiren, vor 7%: 2° ein- 
zusetzen F&4°7-F: (was AE, def noch statt 72: haben), APIAI”: 
in AFt: YA”: zu verbessern, und a. E. APTr77: @LhYFT7: zu 


tilgen. 16, 3 scheint 9°%.7: eine Lesart e£ouSevouuevov (für ex rou Su 
yeyevyuevov) vorauszusetzen. 17,2 ®@@NY.7: zu vocalisiren. 173 


NC/Y: für N4Y%: zu vocalisiren:; weiterhin scheint a-Nt: ARTE: 
AN: dot: (f) Part: AT: zu lesen. 17,4 Pt: (ef) für Je: 
zu lesen; NH&T77GC: fehlt im Gr. 17,6 Ar: zu tilgen (f); vor 
PFAh-: die Negation A,: einzusetzen. 17,7 für Afnd: (cpn) hat 
Gr. dveuovs, auch ist im Gr. PAß: und 098: umstellt. 18,6 zu 
eidov rorov fehlt. 18, 7 entspricht dem &.a-M: raSev.' 18,9 lies 
Ah: für Ihe: 18,10 gibt Ae. @CA.M-: UP: aohy: für Toms Eorıv; 


! Worüber unten. 


1050 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 8. December. 


für TEpas las er EDV, und &TINA«: 07T: ist unrichtig für ouvere- 


AeoIycav ol oupavaı. 18,117 ist PC: zu tilgen (ef), ebenso A097: 
2° (e); überhaupt ist der Vers sehr frei übersetzt, und RAP*: un- 
genau für WETDOV. 18,12 ist Add: 2° ungenau für vro auro. 

18,13 0@94-9°: zu vocalisiren und zu V.ı2 zu ziehen. Das ana: 
PYEÄ: NPAAAZ: (Gr. Fe wv mUSavouevov mo) setzt eine unrichtige 
Lesung xa ws ma evruyyavolevov ML VOTAUS. 18,14 ist AI: ı° zu 
streichen (ef). 18,15 ist APPRaD: ungenau für NPRLan: (ev 
dp): 18,16 beruht Ngaw-f: Pr mc: auf der Lesung &viavro 
nuornaov (Gr. EviaurwWv uvowv). 19,1 ist DAGEdtV’oo-: (für od: 


D) und DPZ/H-APav-: (für Ach» :) zu lesen, ebenso Ad: dar: (für 
Aha: NdAT:);: AANA: 2° zu streichen (ef); auch steht nam: AA: 


nT: nicht im Gr. 19, 2 ist A7ßB: zu tilgen (ef), und entpuppt 
sich jetzt das auffallende AAI@-PY: (wofür e noch AAFIPPT: hat) 
als missverstandenes es ceıpyvas. 20,1 hat einen längeren (ob 


jüngeren?) Text als Gr. x und %. 20523 wird HEY: DNLYL:: 
schwerlich inneraethiopische Verderbniss von ro) xoomov xal To) Tap- 
rapov sein. 20,4 lies AgAm: NCEYTT: (rov Kooov Twv dworyuv). 

20,5 kann AHN: (73 Aa0) richtiger sein, als rw yaw (aß). 26,6 für 
NCPnA: haben &ß ZapınA. 20,7 ist zu stellen Pr: @AnßAT: 
Dn.7MbA: (ef). 20,8 der 7. Engel fehlt im Ae. ganz (wie in o), 
ebenso die Unterschrift (& ß) Ovonarcı ETTO. 21,2 vor A,NIe: ist 
CA,N-: einzusetzen (e), AdA: für AQ-A: zu vocalisiren (f);: und HR 
A@-: entweder zu streichen (e), oder HA,RA@-: zu lesen. 318 
fehlt xaı EDuAEvOUG (7%.6.:). und steckt vielleicht in IMd: 2:00 
hat Ae. ayeiro uov statt Ayaro aürwv. 21,6 fehlt rov oUpavov hinter 
nPnnTt:, ist AO-A: zu streichen (e f), und Yan: statt YA: zu 
lesen. 21,7 ist DA: aus oh: (ef) verderbt, und ist FAaros 
ungenau mit IN®: übersetzt, ebenso eixacaı mit JA: 0RF-: DA 
feht aA Am: vor NAFTMN: 22,1 ist w@gPT: fehlerhaft und 
wohl aus 22,2 (ev aürs xomcı QdIos ey,ovres, wo Ae. xarcı gelesen hatte) 
hereingekommen. 22,2 nam: Aav-%: NPFNedItl.: ist inneraethio- 
pische Glosse zu Am-4:; ausserdem fehlen aber nach demselben ein 
paar Zeilen des gr. Textes. 22,3 beruht wqP-F: auf der falschen 
Lesung xarca (für xoAoı). 22,4 ist DANN: Aw: HZ, av-: DAR: 
,: @ht: ON,P: verderbte Übersetzung von x& ueypı roü diorsuoo za 
Ölopıomevou Y,povov. 22,5 fehlt evruyyavovrec. 22,6 ist im Aeth. 
verkürzt. 22,7 ist N&@mdA: schlechte Übersetzung von ro &EeAdov 
(für yadA:. 22,8 @NAFTM: zu tilgen (ef). Ferner ist vielleicht 
NArrtkAv-: ONAYT: 172: Ar: inneraethiopische Verderbniss für ep 
TÜV KURAWNATWV rdyrwv, indem ursprüngliches 0@-P:: (zuxrwna) als Forum 
verstanden und durch 7fF42: ersetzt wurde. 22,9 ist für No 


Diremann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch-Buches. 1051 
]f:: zu lesen H@-Art:: (oder AN: ahrt::). 22,ı1ı hat Ae. rwv xary- 


paevwv medial (N&4Jav-: statt pass. HBTFZIO0-:) gefasst; ferner ist 
Adhn: AYAP: ONPA: Aythov-: (ueygıs diavos zaı Erdinyoews rav Luyav) 


über den gr. Text überschüssig. 22,12 DAmy: Dh: AWPPLD: 
YA: fehlt im Gr. 22,13 lies ana}: (für neoy:). Das Ad: 
4.4.0777: ANA: beruht auf der Lesung Aa (gr. ovc, statt ws %), und 
A,TTPTrA: ist blosses Surrogat für einen längeren Text. 22,14 ist 
Ar: und Am.A: ANhT: und rar: (von HifAe:) zu streichen 
(ef). 23,4 ist zu übersetzen: »der Lauf, den du gesehen hast«. 
24, 1 & NG: entspricht dem 609, ist also Gebirg. aha rhat 


Ae. aUrwv nach erı exew& nicht gelesen, daher a3z14U-:: übersetzt; 
D37:9Y%: 2° ist zu tilgen (DE, ef). 24.3 ist Du Taf: BFeINde: 


« 


Ag°If-Arov-: verderbt aus @4P4: AT AMoo-: @RTaofA: 2458 
las Ae. eveıdes für euwdes, und gab Zuy mit 4: 24.6 ON: 
fehlt im Gr. 25,1 fehlt xai ri eSauuaoas. 25,4 für Th-F7: 
hat Gr. ca. 25,5 hat Ae. eis Bopiav (für eis Bopav) gelesen und 
xcdı umgestellt. 25,6 hat Gr. ßacava für hN%: 26,1 ist @P 


AA: überschüssig, dafür das unentbehrliche & » devocs ausgelassen. 
— = do c I c ! = 
26,3 ist AM: für @nepy: zu lesen; vUro (Üroxarw) ist ungenau durch 


any: übersetzt. 26,4 für Ft: hat Gr. Baseiav zur Enpav; für 
ohAaAT: — DBßIMAT: ist onAAhT: BA: HP PT: a &-nAT: zu lesen. 
26,5 &ThA: ist im Gr. negirt (cüx &purevero). 27,3 ® von @N 


2322 zw\.tilgen (ef). 27,5 Ar: zu tilgen (ef); @IICH-: Ark: ist 
schlechte oder verstümmelte Übersetzung von xa) mv dofav auToD Eiy- 
Auca. 28,1ı Aht:F: zu streichen (ef). 28, 3 sehr verderbt, ist 
herzustellen: PATCA,: ne: Add: (ef) nr: HPÄACN:, dann POCI: 
(für POC:) zu lesen seq. 7P: @mäA: 29, 2 entspricht dem sonder- 
baren BABN: gr. rveovra; A: vor 12%: ist zu streichen (ef) oder N: 
zu lesen (DE). Hinten ist xapves (nGhb:) ausgefallen, und deshalb aus 
ursprünglichem ®59@-7: &ranfiA-: (ef) gemacht worden Dd9@7: A, 
era: 30, ı ist der Anfang xai &rexewa Tourwv Wy,omnv Mpos dva- 
ToAds Waxpey im Ae. sehr entstellt. Wie hier mit AdA:, so ist auch 
30,3. 31,2 mit fl: das erexewa ungenau übersetzt. Auch weicht 
Pat: 77: nao: HA.RTPBAO: vom griech. ueyav (sie) Papayya Üdaros 
stark ab. 30, 2 beruht wgP: (fehlt in f) vielleicht auf einer Lesung 
pda (statt %pox). Aber e hat hinter wge@: für ang: neo: yA: viel- 
mehr (dem Gr. mehr entsprechend) NHBaOAA: 60: angN: na: AYF+: 


HAn.77: (vielleicht nach revidirter Übersetzung). 30,3 ist N74®: 
(f) oder N7&6.00-: (e) statt 17&4,Wov-: zu lesen, und H: von HaoYıA: 
zu streichen (e f). 31, ı ist für HAh: end: NAME: zu verbessern 


hAkT: AENZ: In: @-Mirt: oder @NL-Rov-: (def,E). Ausgelassen ist 
&?oy, und zu streichen ist DR @dAh: 2° (mit A) oder FB: @&@dh: 


1052 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. December. 


(mit ef). 31,3 ist 872”AP: vermuthlich verderbt aus PANBP: 
(orav reußwew). 32,"1. hat"Gr.) "besser xcı apa) für DOM: angN: 
32,2 soll @APZU-: Ch-P : nYn-: dem gr. x wor a Er drpwv xl dmo 
rovrov entsprechen. 32,4 ist nach DBamA: ro devdsov Exeivo po- 
Bırea ro Unbos, ra de bUAAa aurov ausgelassen oder weggefallen. 

4. Betreffend die Frage nach dem Urtext des Buches Henoch 
habe ich seinerzeit in Übereinstimmung mit Scausser (der nur die 
Synkellos-Bruchstücke vor sieh hatte), LAURENncE, Horrmann, Ewarp 
u. a. als selbstverständlich angenommen, dass das Buch, wenigstens 
seine Hauptbestandtheile, ursprünglich hebräisch oder armäisch ge- 
sehrieben und dann in’s Griechische übersetzt sei. Inhalt, Dietion 
und speciell die apokalyptischen Abschnitte, sowie die 'Thatsache, 
dass viele seiner Stoffe in der jüdischen Literatur noch bis in’s 
Mittelalter hinein wieder vorkommen, schienen mir genügende Be- 
weise dafür zu enthalten. Seither hat Har£vy' in seiner Weise den 
Beweis für diese selbe These zu führen gesucht, während VoLKmar’ 
und Ferp. Prinippr” in dem Interesse, das Buch als ein nachchristliches 
zu erweisen, behaupteten, das Griechische sei die Originalsprache des- 
selben. Eine genauere Erörterung dieser Frage gehört nicht hierher. 
Gegenüber von Behauptungen, wie dass auch ein hellenistisch gebil- 
deter Jude den hebräischen Styl habe schreiben oder hebr. Engel- 
und andere Namen habe bilden können, lässt sich nur durch um- 
fassende Darlegung des gesammten Sachverhalts ein Gegenbeweis 
führen, und an Aufzeigung von Übersetzungsfehlern konnte man, so 
lange man nur den aeth. Text hatte, nicht denken. Um so erfreu- 
licher ist es, dass der neue Fund uns einige Beiträge zur Erledigung 
auch dieser Frage bringt. In Hen. 10, 9 sagt Gott zum Engel Gabriel: 
ch-C: 3,000: AmYNLT: DATY-TT: @IN: @-A-P.: N7:, was ich 
übersetzt habe: »ziehe aus gegen die Bastarde und die Verworfenen und 
gegen die Hurenkinder«. Dass @®3712.%: dem hebr. mn entspricht, 
war klar. Da aber ®3y1C: auch im Amharischen in der Bedeutung 
»Wüstling« vorkommt, und da Synkellos für jene Worte mopelou em 
ToUs yıyayras, Emi Tous Ku@dnAous, Em Tous vioos Tys mopveias hat, so war 
die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, dass erst der Aethiope den 
Ausdruck ®®312.%: hier eingeführt habe. Nun hat aber der neu- 
gefundene griech. Text wopsvov &mi roUs Malnpeovs, Emi Teüs xıBdnAous za 
Tous vIOUS TAG mopveids, d. h. der Grieche hat den hebr. Ausdruck 
unübersetzt in’s Griechische herübergenommen, und der Aethiope 


! J.ı867 im Journ. As., Ser. VI Vol.IX S. 352 —95. 

?2 J. ı860 in ZDMG. XIV S. ı31£. 

® Prıuıprı, Das Buch Henoch, sein Zeitalter und sein Verhältniss zum Judas- 
brief, Stuttg. 1868, S. 124 fl. 


Diru.mann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch-Buches. 1053 


hat ihn von dorther erhalten; Synkellos aber, der ihn nicht ver- 
stand, hat dafür falsch yıyavras gesetzt. — In 10,19 wird ver- 
heissen: Acht: eond.Ccth: »APdh: TINC:T PnPAT: HRT: »ein Maass 
Oliven wird 10 Pressen Öl geben« (jetzt würde ich übersetzen 
»10o Kufen«, weil PnPL-: gewöhnlich dem Anvos, UmoAAvuv, mooAAvIoV 
entspricht). Der Grieche aber hat an jener Stelle ava Adrous dexa, 
d.h. er hat in seiner Übersetzung den hebr. Ausdruck na beibe- 
halten; dass ein hellenistischer Verf. Bzrovs statt eines griech. Aus- 
drucks geschrieben hätte, ist sehr unwahrscheinlich. — In 18, 7 steht, 
dass einer der Berge APANT: d.m-: war. Diesen Ausdruck, bedeu- 
tend Heilstein, habe ich seinerzeit mit Spiessglas übersetzt, weil 
die späteren Abessinier ihn in diesem Sinn gebrauchen (z. B. N%N%: 
e.D-N: Noch: 08%7:), auf Grund von Apoe. 3,18, wo Za*-N: medi- 
camentum dem xoAAsvgiev entspricht. Nun liest man aber Hen.ı8,7 
beim Griechen dro AıSou raSev. Was raSev sei, weiss niemand, und 
ein griechisches Wort, woraus es verderbt wäre, ist nicht zu errathen. 
Ohne Zweifel ist auch dies ein vom griech. Übersetzer beibehaltenes, 
aber in der Abschrift entstelltes hebr. Wort, ich vermuthe mo» Topas, 
was hier gut passt. Der Aethiope aber las oder emendirte das un- 
verständliche Wort etwa als ı@Sev, ıarrp, ıwrng oder dergl., und über- 
setzte 4.@-Ah: An Stibium ist um so weniger zu denken, als dieses 
sofort in 18,8 wirklich vorkommt. Hier nämlich heisst es, dass der 
dem Thronsessel Gottes gleichende Berg APArN?: Th: war. Ich habe 
das in der deutschen Übersetzung mit Alabaster gegeben, weil die 
einheimischen Vocabularien und demnach Luporr im Lexikon den Aus- 
druck mit album marmor erklären, habe aber später in meinem 
Lexikon Sp. 1392 es mit 72 zusammengestellt. In der That bringt uns 
nun der griech. Text &ro AıSov dovxa, und das ist nichts anderes, als 
ein vom griech. Übersetzer beibehaltenes hbr. Pe stibium (vergl. dazu 
Jes. 54, ıı. ı Chron. 29, 2), vielleicht (aber nicht sicher) aram. x>"2. 
Original griechisch wäre so nicht geschrieben worden. — In 28, ı geht 
Henoch ostwärts ANA: AR-NZL: am P-fi£-: »mitten hinein in das Gebirg 
der Wüste«, und 29,1 geht er an einen andern Ort AP: mp-fl&-: »von 
der Wüste«. Der Ausdruck ist, wie schon die Form ausweist, nicht 
Geez, sondern hebr. 127% oder aram. 87372; er konnte aber dem Aethiopen 
aus Jos. 5, 6 (vergl. 18, 12), wo im gewöhnlichen LXX-Text Maßdagirıdı 
als Glosse zu 7 &oyuw steht und der Aeth. amßnZ«: übersetzt hat, ge- 
läufig sein, und liess sich also auch hieraus ein Beweis für ein hebr.- 
aram. Original nicht mit Sicherheit entnehmen. Nun hat aber der griech. 
Henochtext wirklich Cap. 28, ı eis ro ueoov uavdoßape, und 29,1 &s 
arAov Temov Ev rw Baßdnpa, was sich sofort sowohl durch seine Form, 
als durch die Variante als ein vom Übersetzer herübergenommenes 


Sitzungsberichte 1892. 96 


1054 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 8. December. 


Fremdwort ergibt. — Endlieh in Cap. 31, ı heisst es DB BOAAR: AI’ 
20.: Nov: zpPE: Hho®-: AL.: »und es kam etwas daraus hervor wie 
Nektar, das man Sarirä nennt«. Im meiner deutschen Bearbeitung ver- 
muthete ich, dass dieses sonst nicht bekannte Wort Add: aus orupaf 
oder aus 2 verdorben sei. Im griech. Text heisst es nun &xrogevo- 
Wevov EE aUToU vertap TO xaAouuevov oappav. Daraus ist klar, dass orupa£ 
nicht mehr in Frage kommen kann, sondern ein hebr.-aramäisches, 
vom Übersetzer beibehaltenes Wort darin steckt. Ich kann auch jetzt 
nur an hebr. "2 denken, etwa in seiner aramäischen Form I i. Löw! 


zwar wollte auf Grund des aethiopischen %4:!: das arabische _u 
GH ! J ! 5 . . . 
32,0 zaAuuos dpwuarızes hierher ziehen, aber angesichts des griech. 


Sappav muss diese Vermuthung aufgegeben werden. Durch die bei- 
gebrachten Stellen des griech. Textes halte ich ein hebr.-aramäisches 
Original wenigstens von Hen. 1—36 für hinlänglich erwiesen. 

5. Und nun noch ein Paar Worte über den Ertrag, den der neue 
Fund für das Geez-Lexikon bringt. Der Ausdruck @®37}C: ist nach dem 
zuvor Auseinandergesetzten vermuthlich erst durch die Henoch-Stelle 
in die äthiopische Literatur eingeführt, und aus dieser in’s Amharische 
übergegangen nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung, sondern in 
dem Sinn, den man conventionell dem Fremdwort jener Stelle bei- 
legte. Ferner der Gebrauch von Ans: d&.a-h: als stibium bei den 
späteren Abessiniern verdankt seine Entstehung dem Missverständniss 
eines Fremdworts, wie die spätere Deutung des Anz:Eh: als Ala- 
baster blosser Einbildung. Das Wort Alldzefl:, das sonst dem KoATalp- 
barraı und &ußgeı entspricht, ist dureh Hen. 28, 3 als Äquivalent für 
Udpaywyos gesichert, wie es auch im Hexaömeron” p. ı2 dem arabischen 
a1; entspricht. Ebenso ist jetzt Andi: nach der Hen. 28, 3 noth- 
wendig gewordenen Correetur in der Bedeutung irrigare belegt 
(s. mein Lexikon Sp. 240 unter ArZN:. Dass für n74,@: durch 
Hen. 30, 3 ein Beleg erbracht ist, habe ich schon im Lexicon Sp. 858 
bemerkt. Endlich ist jetzt im Lexicon Sp. 824 der Artikel Nnhndht: 
zu streichen, und die Stelle Hen. 32, 3 ebendort Sp. 823 unter NA: 
$. 2 einzureihen, denn Acht: V’av-: entspricht dort dem griech. uz- 
KpoSsv (zirwv), und da def NhhtVoo-: oder Hyuhtar-: bieten, so 
ist es von Mhn: oder Nhilch: = msdrn — ultra abzuleiten. 


! Aramäische Pflanzennamen, Leipzig 1881. $ 291. 
° E. Truner, Das Hexaömeron des Pseudo -Epiphanius, München 1882, 4° (aus 
den Abhandlungen der K. Bayr. Akademie der Wissenschaften). 


Ausgegeben am 15. December. 


’ 
un 


1055 


1892. 
Lil. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADENIE DER WISSENSCHAFTEN 
ZU BERLIN. 


8. December. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ulasse. 


Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs-Revmonv. 


l. Hr. WaLoever gab Beiträge zur Kenntniss der Anatomie 
des harten Gaumens. 

Die Mittheilung soll später in den Abhandlungen der Akademie 
erscheinen. 

2. Hr. Lanporr legte eine Abhandlung des Hrn. LADEnBURG in 
Breslau vor über das Isoconiin, ein neues Isomeres des Co- 
niins und über den asymmetrischen Stickstoff. 

Die Mittheilung folgt umstehend. 


96 * 


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1057 


Uber das Isoconiin, 
ein neues Isomeres des Coniins, und über den 
asymmetrischen Stickstoff. 


Von A. LADENBURG 


in Breslau. 


(Vorgelegt von Hrn. Lanvorr.) 


Dir Ausgangspunkt der folgenden Untersuchungen bildet eine Beob- 
achtung, die ich vor etwa acht Jahren machte. Schon als die ersten, 
sehr kurz gehaltenen Mittheilungen über das Conyrin erschienen, ver- 
suchte ich, da ich mich damals schon mit der Synthese des Coniins 
beschäftigte, diese Verbindung darzustellen. Die erhaltene Base reinigte 
ich durch das Platinsalz, indem ich dasselbe dureh Waschen mit 
Ätheralkohol, in welehem das Coniindoppelsalz leicht löslich ist, 
von diesem trennte. Ich ’erhielt so ein sehr gut krystallisirendes 
Platindoppelsalz, dessen Analysen aber auffallenderweise nieht auf 
Propylpyridinplatin, sondern auf Propylpiperidinplatin stimmten. Ich 
hatte damals diese Beobachtungen nieht weiter verfolgt, sondern mich 
begnügt, mir die betreffenden Praeparate aufzubewahren und einige 
Notizen in meine Tagebücher zu bemerken. 

An diese Versuche, die mir längst aus dem Gedächtniss ent- 
schwunden waren, wurde ich kürzlich wieder erinnert, als ich die 
in meinem Laboratorium gefundenen Thatsachen über die Piperidin- 
earbonsäuren mit denen anderer Forscher verglich. Ich kam so nämlich 
auf die Möglichkeit von Stereo-Isomerie in dieser Reihe, und da trat 
plötzlich jene Beobachtung wieder in mein Bewusstsein, und der 
Wunsch, jene Isomerie etwas näher zu untersuchen, ward angeregt. 

Mit IHülfe der noch vorhandenen Notizen und Praeparate ward 
es nicht schwer, die früheren Beobachtungen zu bestätigen und durch 
neue, weit eingehendere zu ergänzen. 

Ich fand bald eine Methode, die neue Base, die ich früher schon 
Isoconiin genannt hatte, welchen Namen ich vorläufig beibehalten 
will, in genügender Ausbeute, 25 Procent vom angewandten Coniin, 


1058 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 8. December. 


zu erhalten. Man braucht nur das Chlorhydrat der Schierlingbase 
mit "/, des Gewichts an Zinkstaub unter Zusatz von wenigen Tropfen 
Wasser zu destilliren. Die Trennung der im Destillate befindlichen 
3 Basen, des Coniins, Isoeoniins und Conyrins, bietet keine besonderen 
Schwierigkeiten. Doch bemerke ieh, dass die Darstellung der Nitros- 
amine keine vollständige "Trennung von Conyrin ermöglicht, sondern 
(lass diese erst dureh Abdampfen in neutraler Lösung bewirkt: wird. 
Die Trennung von Contin und Isoconiin beruht auf dem ganz ver- 
schiedenen Verhalten der entspreehenden Platinsalze gegen Äther- 
alkohol (2 Vol. Äther auf ı Vol. Alkohol), indem sich Coniinplatin 
spielend löst und Isoconiinplatin ganz unlöslieh ist. 


Das Isoeoniin ist eine farblose fNlüssiee Base, die mit dem Coniin 
[w) 


die grösste Ähnlichkeit zeigt. Der Siedepunkt derselben liegt unter 


750""5 Druck bei 164.5, während unter genau denselben Bedingungen 


Coniin bei 165° siedet (die eorrig. Siedepunkte sind 167°2 und 16777). 
Die Zusammensetzung O,Il,,.N der neuen Base wurde dureh die 


17 


folgenden Analysen bestätigt: 


Base: G,IL.N 


17 
Gefunden Berechnet 
v 75.54 75.59 
u 13.53 13.38 


Chlorhydrat: G,H,NIIOI 


Gefunden Berechnet 
Ü 58.75 58.75 
B 197 1207 
Cl 211407 21.66 


Platindoppelsalz: (C,H,NMON, PtCl, 


(tefunden Berechnet 
Ü 20.03 28.96 
u 5.55 5.43 
Pt 20.20 20.39 


Das speeifisehe Gewicht des Isoconiins wurde bei 0° zu 0.8595, 
bei 20° zu 0.8425 gefunden, während ieh früher für Coniin 0.8626 
und 0.845 angegeben habe. Der Geruch ist dem des Conins sehr 
ähnlich, doch finde ieh ihn ammoniakalischer. Der Schmelzpunkt 
des Chlorhydrats liegt bei 216— 217°, der des aetiven Goniins ist 
(früher zu 217— 218° bestimmt worden. Der Hauptunterschied im 
Verhalten beider Basen liegt in den Platindoppelsalzen, von denen, 
wie erwähnt, das des Isoconiins in Ätheralkohol unlöslich ist. Das- 


selbe lässt sieh leicht in schönen durchsichtigen, gut ausgebildeten 


nn 


l,anennunrd: Uber das Isoconiin, 1059 


Krystallen gewinnen, die Hr. Dr. Minen krystallographisch bestimmte, 
Danach gehört es dem rhombisehen System an." Der Sehmelzpunkt 
des Salzes liegt bei 168°. 

In dem Verhalten gegen Goldehlorid, Jodkadmiumkalium, Pikrin- 
sure und Sublimatlösungen zeigt das Isoconiin keinerlei Unterschiede 
von Coniin. A 

Die bemerkenswertheste Kigensehaft der neuen Base liegt in 
dem Verhalten gegen polarisirtes Lieht. Sie besitzt nämlich ein be- 
dleutendes Drehungsvermögen nach rechts, das aber doch wesent- 
lieh geringer ist als das des Goniins. Ks beträgt 8°19, während 
das des letzteren früher zu 13.79 bestimmt wurde. (Der Versuch 
wurde mit der Base selbst im Deeimeterrohr angestellt, Der be- 
obaehtete Drehungswinkel betrug 679 als Mittel aus drei Beobach- 
tungen.) 

Diese Thatsache hat mich sehr überrascht, und ich habe zunächst 
ocrlaubt, sie dureh eine Beimengung von inaetivem Goniin erklären 
zu sollen. Denn wenn auch das Platinsalz des Isoconiins dureh 
Waschen mit Ätheralkohol, bis dieser eanz farblos abläuft, vom 
Doppelsalz des innetiven und linksdrehenden Coniins, die darin leicht 
löslich sind, getrennt werden kann, so war doeh die Möglichkeit 
nicht von der Hand zu weisen, dass bei der Abscheidung der Base 
aus dem Doppelsalz innetives Coniin gebildet werden könne. Um 
diese Frage zu erledigen, wurde das Isoconiin wieder in Ghlorhydrat 
verwandelt, dies zur Troekne gebracht und eine bestimmte Menge 
davon in Platindoppelsalz übergeführt und eingedampft. Dieses wurde 
nun mit Ätheralkohol von Neuem gewaschen, wobei eine kleine 
Menge in Lösung ging, die in Chlorhydrat umgewandelt und ge- 
wogen wurde. Danach waren 15 Procent Goniin entstanden, Bei 
einem zweiten Versuch derselben Art wurde das aus «der Base ge- 
wonnene trockene Chlorhydrat längere Zeit auf dem Wasserbad er- 
wärmt und dann 1-2 Stunden mit Wasser gekocht, ehe es in Platin- 
salz verwandelt wurde. 3jeim Auswaschen mit Ätheralkohol gingen 
hier 26 Proeent in Lösung, Danach darf man also annehmen,‘ «dass 
dem Isoeoniin höchstens 20 Procent Goniin beigemengt sind. (Kigentlieh 
nur 10 Procent, denn bei der Rückverwandlung der Base in Platinsalz 
wird wohl ebenso viel Coniin entstehen, wie bei der Herstellung der 
Base aus dem Salz.) Wäre nun dieses Coniin innetiv, so würde der 
Rest, wenn er noch das Drehungsvermögen «des Goniins besässe, ein 


oO 


solehes von etwa ı 1°, also ein wesentlich höheres als «dns des Isoeoniins 


zeigen MÜSSEN. 


' Die Messungen werden a. 0, n. 0 publieirt, 


1060 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 8. December. 


Ich habe aber noch durch besondere Versuche erwiesen, dass das 
als Nebenproduct auftretende Coniin fast genau das Drehungsvermögen 
der ursprünglichen Base zeigt.' 

Es kann also keine Rede davon sein, die Veränderungen des 
Drehungsvermögens, bei der Verwandlung des Coniins in Isoconiin 
Verunreinigungen zuzuschreiben. Im Gegentheil scheint mir die That- 
sache erwiesen, dass das Isoconiin wesentlich anders auf polarisirtes 
Licht wirkt als Coniin. 

War auch hierdurch die Art der Isomerie der beiden vielgenannten 
Körper als Raumisomerie wahrscheinlich gemacht, so fiel mir doch 
die Aufgabe zu, nachzuweisen, dass zwischen den beiden Verbindungen 
keine Structurverschiedenheiten bestehen, namentlich dass nicht etwa 
die Verwandlung der Propylgruppe in das Isopropyl als Ursache der 
Verschiedenheit angenommen werden könne. Diesen Nachweis konnte 
man führen durch Darstellung des bisher unbekannten A-- Isopropyl- 
piperidin. Allein selbst wenn hier die Verschiedenheit mit dem Iso- 
coniin erwiesen wäre, was ich mir für spätere Versuche vorbehalte, 
so hätte der Einwand, dass dieses mit S- R- Isopropylpiperidin identisch 
sei, schwerlich widerlegt werden können, da vorläufig zu dessen Ge- 
winnung keine Methode bekannt ist. 

Ich habe daher einen anderen Weg eingeschlagen, um die Frage, 
ob Structurisomerie vorliegt oder nicht, zu entscheiden. Ich versuchte, 
das «-Pipecolin, welche sich früher aus dem «-Pieolin dureh Reduetion 
gewonnen hatte, durch Destillation mit Zinkstaub einer Ähnlichen Um- 
wandlung zu unterwerfen wie das Goniin, da die Anzahl der möglichen 
structurisomeren Verbindungen hier weit geringer ist und durch be- 
kannte Körper repraesentirt wird. Der Versuch wnrde wie beim Coniin 
ausgeführt und das Product wie dort gereinigt. Das erhaltene Chlor- 
hydrat schmolz bei 208— 210°, während ich für reinstes Pipeeolin- 
chlorhydrat 207— 208° fand. ‚(Früher war der Schmelzpunkt zu 
niedrig angegeben worden.) Das Platindoppelsalz krystallisirt in eben- 
solchen durchsichtigen Tafeln wie das des Pipecolin’s. Der Schmelz- 
punkt wurde bei 201— 203° gefunden, während der des unverän- 
derten Pipecolinplatins bei 199— 200° liegt. Auch die Löslichkeit 
beider Salze war nahezu dieselbe. In Ätheralkohol waren beide 
unlöslich, in 100 Th. Wasser lösten sich 26 bez. 27 Th. der Salze 
bei 20°5. Danach schien das Ausgangsmaterial durch die Reaction 


"Auch habe ich mich durch den Versuch überzeugt, dass bekannte Gemenge 
von Coniin und Isoconiin eine Drehung zeigen, die fast genau der Summe der 
Drehungen der Gemengtheile entspricht, was mit früheren ähnlichen Beobachtungen 
übereinstimmt. (Vergl. Lanporr, Das optische Drehungsvermögen organischer Sub- 
stanzen. 


LADENBURG: Über das Isoconiin. 1061 


unverändert geblieben, und es entstand die Frage, ob nicht, angesichts 
dieser Thatsache, das Isoconiin doch als eine Isopropylverbindung 
anzusprechen sei. Eine nähere Überlegung führte aber dazu, den eben 
beschriebenen Versuch als für die Frage nicht beweisend zu erklären. 
Es konnte doch immer erst das R-z-Pipecolin als mit dem Coniin 
analog betrachtet werden, während zu dem Versuch gewöhnliches 
inactives «-Pipecolin benutzt worden war. So unwahrscheinlich es auch 
zunächst erschien, dass die Reaction mit Zinkstaub sich in ihrem Ver- 
lauf durch die Anwendung physikalisch oder optisch isomerer Körper 
ändere, — es liegen hierüber übrigens fast keine Beobachtungen vor —, 
war die Frage einmal aufgeworfen, so musste der Versuch entscheiden. 

Ich habe deshalb die Zinkstaubreaction ı. mit inactivem Coniin, 
2. mit rechtsdrehendem Pipecolin wiederholt. 

ı. Zu diesem Versuch diente synthetisches inactives Coniin, 
welches aus «&-Picolin nach der von mir früher angegebenen Methode 
hergestellt worden war." Die Reaction wurde genau unter denselben 
Bedingungen ausgeführt, wie die oben beschriebene mit R-Coniin. 
Das vom Conyrin möglichst vollständig getrennte, aus dem Nitrosamin 
regenerirte Chlorhydrat wurde in Platindoppelsalz verwandelt, dieses 
möglichst vollständig eingedampft und nun mit Ätheralkohol behandelt. 
Es löste sich ziemlich rasch Alles, bis auf eine kleine Menge eines 
gelben Pulvers, das sich auch in Wasser unlöslich zeigte und bei 
näherer Untersuchung als Platinsalmiak erwies. Es war also keine 
Spur von Isoconiin entstanden, während nach den angewandten 
Mengen und der beim Goniin beobachteten Durchsehnittsausbeute 3° 
Platinsalz hätten entstehen "sollen. 

2. Das #-k-Pipecolin wurde nach der von mir früher angege- 
benen Methode gewonnen.” Dabei zeigte es sich, dass es sehr leicht 
ist, rechtsdrehendes Pipecolin zu gewinnen, dass es aber verhältniss- 
mässig schwierig, zeitraubend und mit grossen Verlusten verknüpft 
ist, wenn es sich um die Darstellung von chemisch reinem ZR-Pipe- 
colin handelt. Ich glaube dies jetzt einigermaassen erreicht zu haben, 
indem ich das zuerst abgeschiedene Bitartrat umkrystallisirte und die 
daraus gewonnene Base abermals in weinsaures Salz verwandelte u.s. w. 
Schliesslich ward ein Drehungswinkel von 29°29 im Decimeterrohr 
beobachtet, woraus sich das Drehungsvermögen zu 34.62, also we- 
sentlich höher als früher angegeben, berechnet. 

Das Chlorhydrat dieses R-Pipecolins ward nun auch mit '/, seines 
Gewichtes am Zinkstaub destillirt und das Product in durchaus gleicher 


! Ann. Chem. 247, ı. 
2 Ann. Chem. 247, 1. 


1062 Sitzung der physikalisch -mathematischen Classe vom 8. December. 


Weise wie beim R-Coniin und inactiven Pipecolin weiter behandelt. 
Die Trennung der vorhandenen Piperidinbasen von den Pyridin- 
basen geschah wieder durch Darstellung des Nitrosamins, welches 
aus der sauren Lösung durch Äther ausgeschüttelt wurde, wonach 
die ätherische Lösung wieder mit verdünnter Salzsäure geschüttelt 
wurde, um kleine Mengen von’in den Äther übergegangenen Picolin 
zu entfernen. Das Nitrosamin wurde dann wieder in Chlorhydrat 
verwandelt und dieses wiederholt abgedampft und in Platinsalz über- 
geführt. Dies wurde durch mehrfaches Umkrystallisiren zu reinigen 
versucht. 

Das schliesslich erhaltene Platinsalz, dessen Einheitlichkeit aller- 
dings nicht sicher steht, wurde in trüben Prismen oder in Warzen 
erhalten, die selbst an feuchter Luft zu verwittern scheinen und zu 
einer glanzlosen Masse nach und nach zerfallen. Der Schmelz- und 
Zersetzungspunkt liegt bei 203°. Die Zusammensetzung wurde durch 
eine Platinbestimmung controlirt: 

Gefunden Berechnet für (C6 Hız NH Ch, Pt Cl, 
Pukan.a 32.03 


Das R-Pipecolinplatin dagegen bildet bei langsamer Verdunstung 
durchsichtige schön ausgebildete Prismen oder weiche seideglänzende 
Nadeln, die selbst bei längerem Liegen an der Luft ihren starken 
Glanz beibehalten und bei 193°5 schmelzen. Auch die Löslichkeit 
beider Salze wurde etwas verschieden gefunden. Es lösen nämlich 
100 Th. Wasser bei 19°: 14.6 Th. R-z-Pipecolin, während unter den- 
selben Bedingungen 17.2 Th. des veränderten Salzes gelöst werden. 

Jedenfalls sprechen diese Beobachtungen dafür, dass nicht mehr 
der ursprüngliche Körper vorliegt. Dies habe ich auch noch in 
anderer Weise zu bestätigen gesucht. 

Das Produet der Zinkstaubreaetion wurde, nachdem es von dem 
gebildeten Kohlenwasserstoff und Picolin sorgfältig getrennt war, im 
Base verwandelt und diese nach peinlichem Trocknen und Destillation 
auf ihre optische Aetivität untersucht. Der Drehungswinkel fand sich 
im Deeimeterrohr zu 26°3, also 3° niedriger als der von reinem Z-Pipe- 
colin. "Trotzdem hat die Base genau die Zusammensetzung des Pipe- 
colin, wie folgende Analyse zeigt: 


Gefunden Berechnet für C6 Hız N 
07 ,9208 12.72 
I 713.20 13.13 


Die Annahme, dass die Verminderung des Drehungsvermögens 
durch die Anwesenheit von inactivem Pipecolin bedingt ist, erscheint 
nach dem Versuchen beim Coniin sehr unwahrscheinlich. 


R Me a 
LADEngBURG: Über das Isoconiin. 1063 


Dadurch glaube ich den Nachweis wirklich erbracht zu haben, 
dass auch hier eine dem Isoconiin entsprechende Isoverbindung 
entsteht. 

Damit aber fällt die Hypothese, dass (das Isoconiin eine Iso- 
propylverbindung sein könne. Ich glaube sogar behaupten zu dürfen, 
dass die hier beschriebenen Umwandlungen nicht durch Struetur- 
verschiedenheit erklärt werden können. Bei einer solchen Auffassung 
bliebe es vollständig unverständlich, warum nur die optisch activen 
Körper derartige Isoverbindungen zu bilden im Stande sind, und auch 
die Erklärung der Veränderungen des Drehungsvermögens würden dieser 
Ansicht sehr grosse Schwierigkeiten bereiten. 


Kl Ich glaube daher diese Isomerie als Stereo- 
Fig. 1. 


2 Isomerie auffassen zu müssen. Betrachtet man 


aber die Formel des Coniins (Fig. ı), so findet 
man darin nur einen, den mit» bezeichneten, 
Bazl. ii, N H asymmetrischen Kohlenstoff. Nach der herr- 
schenden Theorie sind also ausser der race- 
| ri nischen Verbindung nur 2 Isomere möglich. 


el er Es muss daher die Theorie erweitert werden. 

I | 5 Die folgenden Vorstellungen gebe ieh in 

Form einer Hypothese, die mir aber wahr- 

vr scheinlich erscheint, weil sie den beobachteten 

Thatsachen in genügender Weise Rechnung trägt. doch bedarf sie noch 
weiterer Bestätigung. 

%s soll nämlich die Annahme gemacht werden, dass in dem 
Piperidin und ähnlichen ringförmigen Gebilden, die Valenzen des 
Stiekstoffs nieht in einer Ebene liegen, so dass schon bei den Mono- 
substitutionsprodueten des Piperidins durch die Lage der 3., nicht 
dem Ring angehörenden Valenz des Stickstoffs, Asymmetrie und 
optische Activität hervorgerufen bez. verändert werden können. 

Am einfachsten gestalten sich die Verhältnisse, wenn man an- 
nimmt, dass die den Ring bildenden Atome und die dazu nöthigen 
Valenzen in einer Ebene liegen, welche ich die Ebene des Rings 
nennen will. Es werden dann die H-Atome der CH,-Gruppen auf zwei 
verschiedenen Seiten der Ringebene zu liegen kommen, welehe eben 
dadurch verschieden sind, dass einer der zwei #-Kohlenstoffatome ein 
Alkyl enthält.‘ Es wird nun die dem Ring nicht angehörende Valenz 
des Stickstoffs, die ich der Kürze wegen die räumliche Valenz_ des- 


! Der Einfachheit wegen will ich vorläufig nur von «-substituirten Piperidinen 
sprechen, für welche allein die Theorie geprüft ist. Ich bemerke jedoch, dass meiner 
Ansicht nach bei den 2-Verbindungen ähnliche Verhältnisse sich finden werden, worüber 
demnächst berichtet, werden soll. Auf die y-Verbindungen komme ich weiter unten. 


1064 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 8. December. 


selben nennen will, entweder auf derselben Seite mit dem Alkyl oder 
auf der entgegengesetzten Seite zu liegen kommen, d.h. man wird 
auch hier, wenn man sich der von BaEYErR eingeführten Nomenelatur 
bedient, von Cis- und von Transverbindungen sprechen können. 

Diese Gedanken lassen sich an Modellen sehr anschaulich zeigen. 
Man kann sie aber auch dureh schematische Zeichnungen leicht ver- 
ständlich machen. 

Bei den hier gewählten Zeichnungen ist angenommen, der Ring 
sei an einer Stelle aufgeschnitten und auf die Ebene des Papiers 


Fig. 1 aufgerollt. Es ist ferner die 
H durchaus willkürliche Annahme 
He Von A ht hö li 
ee en 
4 & : a nn N gemacht, es gehörten die 
’ ’ f ! ' | : schon länger bekannten Rechts- 
a a 06-0, 0, .R und Linksverbindungen der 
H ; ; Ih ® = 

| | | N | Cisreihe an. Dann stellt Fig. ı 

H H H H H . . . 
das Rechtspipecolin und Fig. 2 
Fig. 2. (las Linkspipecolin dar, die nur 
e ’ 5 2 = der Einfachheit wegen statt 
1 ! ! T T der Propylverbindungen ge- 
<— 0 0 © IC Oo 70 2 "zeichnet „sind. "Die optische 

d h N 
| | \ l J | Activität der beiden Körper 
Ele werde durch die Summe der 
} r. .. 

H Wirkungen erklärt, welche der 


asymmetrische Kohlenstoff G° und der asymmetrische Stickstoff 
hervorrufen. 

Die von mir entdeckten und hier beschriebenen Isoverbindungen 
entstehen nun meiner Ansicht nach dadurch, dass die Cisstellung in 


eine Transstellung übergeht, 


Fig. 5. x so dass Fig. 3 und Fig. 4 die 
Beta Anschauung für Rechts- und 
u BI a H ©. Links-Isopipecolin verdeut- 
ini ER ED Duke Se lichen sollen. Das seunyz 
( | ( C C N Ce Drehungsvermögen dieser 
ir il 1 Hl i Mr Verbindungen erklärt sich 
dadurch, dass jetzt die Wir- 
Fig. 4. kungen der asymmetrischen 
s = n e n > Atome entgegengesetzt sind 
3 i N Hai | \ > L-Iso nd daher das beobachtete 
r e = a N Drehungsvermögen als Diffe- 

El e\ renz derselben erscheint. 
RR: Soweit besteht also voll- 


ständige  Ubereinstimmung 


“ M ar 
LADEnBURG: Uber das Isoconiin. 1065 


zwischen Theorie und Experiment. Etwas anderes gestaltet sich die 
Sache, wenn wir jetzt auf die Versuche mit den racemischen Ver- 
bindungen eingehen. Das inactive Pipecolin muss als eine Verbindung 
von #£- und Z-Pipecolin (Fig. 2 und 3) angesehen werden. Bei der 
Destillation mit Zinkstaub wird daraus wahrscheinlich die racemische 
Isoverbindung entstehen, die als eine Aneinanderlagerung der Spiegel- 
bilder Fig. 3 und 4 aufgefasst werden muss, aber bis jetzt noch hypo- 
thetisch ist. Diese neuen racemischen Verbindungen werden den zur 
Reaction benutzten viel näher stehen müssen, als der Rechtskörper 
dem daraus gebildeten Rechts-Isokörper, schon weil beide optisch in- 
activ sind. Sie werden aber untereinander nicht identisch sein können 
und so finden wohl die kleinen Differenzen in den Eigenschaften, wie 
sie Oben bei dem Versuch mit dem racemischen Pipeeolin geschildert 
sind, und andere, die hier noch nieht erwähnt wurden bei dem Ver- 
such mit inactivem Coniin, ihre Erklärung. In einem Punkt aber 
müssen sich die beiden racemischen Verbindungen sehr wesentlich 
unterscheiden, wenn sich diese Anschauungen bestätigen sollten: die 
inactive Isoverbindung muss auch spaltbar sein, sie darf aber nicht 
in die bekannten R- und Z-Verbindungen, sondern soll in die erst 
nach dieser Theorie möglichen und nur zum Theil hier beschriebenen 
R-Iso- und ZL-Isokörper zerfallen. Hier muss also das Experiment 
erst die Folgerung der Theorie bestätigen. 

Auch ist dies nicht die einzige Aufgabe, die dem Experimen- 
tator noch zu lösen bleibt. Es ergeben sich aus den vorgetragenen 
Anschauungen eine ganze Reihe von näher und entfernter liegenden 
Folgerungen, die dem Versuch zugänglich sind. Von diesen will ich 
nur einige hier anzuführen mir erlauben. 

Die Ausdehnung der Versuche auf die &-Reihe des Piperidins und 
die Hydrochinoline ist selbstverständlich. Dabei sind in der letzteren 
Reihe einige Versuche auszuführen, welche von entscheidender Wichtig- 
keit werden können. 

Die y-Derivate des Piperidins, die nach der vav'r Horr-Le Ber’schen 
Theorie keine Raumisomerie gestatteten, müssen in eine Isoform ver- 
wandelt werden können. Die ringförmigen Gebilde mit zwei Stickstoff- 
atomen, wie z.B. das von mir und Asgeı entdeckte Piperazin, das 
bereits eine Rolle als Arzneimittel spielt, ferner die Dipiperidyle und 
viele ähnliche Körper müssen in zwei isomeren Formen auftreten können, 
und — Jast not least — Ammoniakderivate, die nicht geschlossene 
Ketten bilden, könnten sich auch durch die Asymmetrie des Stick- 
stofls, in optisch active Modificationen spaltbar erweisen. 

Diese letztere Folgerung ist nicht als eine nothwendige, wohl 
aber als eine mögliche Consequenz der hier vorgetragenen Hypothese 


1066 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 8. December. 


zu betrachten." Und hier begegne ich mich mit den Vorstellungen 


Le Ber’s, der, schon voriges Jahr einer solchen Möglichkeit Rech- 
nung tragend,” sie experimentell — aber ohne Erfolg — zu bestätigen 
suchte. Auch ich habe bisher nach dieser Richtung nur negative Ver- 
suche aufzuweisen. Doch habe ich neue Versuche in Angriff genommen, 
über die ich vielleicht später etwas berichten kann. 

Hier soll noch ein Punkt zur Sprache gebracht werden, der einer 
näheren Aufklärung bedarf. Es giebt Verbindungen, die keinen 
asymmetrischen Kohlenstoff, wohl aber einen asymmetrischen Stiek- 
stoff, der einem Ring angehört, besitzen. Diese müssten, entsprechend 
obigen Vorstellungen, als racemische Körper aufgefasst werden und 
sich als spaltbar erweisen. Die bisher, namentlich beim Tetra- 
hydrochinolin angestellten Versuche, sind aber ganz erfolglos ge- 
blieben, obgleich dieselben bei sehr verschiedenen Temperaturen aus- 
geführt wurden, 


Hier sei ferner ausdrücklich betont, dass schon etwa vor drei 
Jahren Hantzscn und Werner’ die Idee eines asymmetrischen Stick- 
stoffs ganz allgemein ausgesprochen haben, namentlich um durch 
dieselbe die Isomerie bei den Oximen erklären zu können. Später 
hat aber Werner diese Auffassung dahin verändert,‘ dass optische 
Isomerie bei Ammoniakderivaten nicht möglich sei, weil derartige 
Moleeüle nur dann stabil sein könnten, wenn die drei am Stickstoff 
gebundenen Radicale mit diesem selbst in einer Ebene liegen, und 
dem hat sieh Hayzzsen angeschlossen.’ 

Andererseits hat Le Ber in der schon oben eitirten Abhandlung 
experimentell die Spaltung asymmetrischer Ammoniakderivate, (d.h. 
solcher die drei verschiedene an N gebundene Radicale enthalten), 
aber mit negativem Erfolg versucht. Dagegen ist ihm die Spaltung 


B 


! Man kann sich vorstellen. dass die Bindungen dureh die Stiekstoffvalenzen so 
labil sind, dass im Allgemeinen eine asymmetrische Form eines Moleeüls nieht in Er- 
scheinung tritt. Anders ist es bei den Piperidinen, Hydrochinolinen und ähnlichen 
Ammoniakderivaten, wo zwei Valenzen des Stickstoffs durch die Ringbildung gewisser- 
maassen festgelegt sind. 

? Comptes rendus, 112, 11; vergl. auch -Krarrr, Ber. cheın. Ges. 1890, 2780. 

® Ber. chem. Ges. 23, ır u.s. w.; vergl. ferner: WırrGeropr, Journal für prakt. 
Chemie 37,449; Buren und Marsh, Journ. chem. Soc. 1889, 656; Bıscuorr, Ber. chem, 
Ges. 1890, 1967 u. S.W. 

* Vierteljahrsschrift der Züricher naturforsch. Gesellschaft. Bd. 36. 

5 Zeitschr. phys. Chemie X., 2. 


-S ER APpT 
LADEngurRG: Über das Isoconiin. 1067 


eines Salmiakderivats, des Methylaethylpropylisobutylammoniumehlorids 
in zwei optische Isomere gelungen. 

Es darf daher schliesslich darauf hingewiesen werden. dass als 
neue Resultate dieser Untersuchung das Folgende erscheint: 

1. Chemische Reaetionen können durch optische Isomerie wesent- 
lieh beeinflusst werden. 

2. Bei gewissen Ammoniakderivaten ist die Asymmetrie des 
Moleküls und die optische Activität durch die Asymmetrie des Stick- 
stoffs mitbedingt. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei, 


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1069 


1832. 
LAN. 


SITZUNGSBERICHTE 
- KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


15. December. Gesammtsitzung. 


Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs- Revmonv. 


l. Hr. Lannporr las über die Zahlenbeziehungen zwischen 
den Atomgewichten. 

Die Mittheilung wird später in diesen Berichten erscheinen. 

2. Derselbe legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. Rımsacn, Privat- 
doeenten an hiesiger Universität, vor: Über das Atomgewicht des 
Bors. 

3. Hr. Dıirımann übergab eine zweite Mittheilung über den neu- 
gefundenen griechischen Text des Henoch-Buches. 

Die Mittheilungen 2 und 3 folgen umstehend. 


Die Akademie hat durch den Tod verloren: am 3. December das 
correspondirende Mitglied der philosophisch-historischen Classe, Hrn. 
WiEseLER in Göttingen, am 6. December das ordentliche Mitglied 
Hrn. WERNER VON SIEMENS. 


Sitzungsberichte 1892. 97 


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Rah 


1071 


Zum Atomgewicht des Bors. 
Von Dr. E. Rımsach 


in Berlin. 


(Vorgelegt von Hrn. Lasvorr.) 


IN chaem Berzeuıus' im Jahre 1824 das Atomgewicht des Bors aus 
dem Glühverluste des krystallisirten Borax zu ır.or(o = 16 wie 
stets im Folgenden) bestimmt hatte, ruhte, abgesehen von einigen 
durch Drvirre” ausgeführten Versuchen, durch welche ein endgültiges 
Ergebniss jedoch nicht erzielt wurde, die Angelegenheit lange Zeit 
hindurch. Erst vor Kurzem erschienen einige Arbeiten, die sich 
mit der Feststellung dieser Constante befassen. Apranaıı” fand für 
dieselbe aus dem Halogengehalt des Borbromides die Zahl 10.825, 
Ransay und Aston’ folgerten aus dem Wassergehalt des krystallisirten 
Borax den Werth 10.921, aus dem Natriumgehalt des geschmolzenen 
Borax, bestimmt nach Verflüchtigung der Borsäure in Form von Bor- 
säuremethyläther, die Zahl 10.966. Diein Nachstehendem beschriebenen, 
vor Bekanntwerden der ebengenannten Beobachtungen begonnenen 
Versuche suchen das gleiche Ziel auf anderem Wege zu erreichen, 
nämlich durch direete Titration des im Borax enthaltenen Natrons 
vermittelst einer Säure bekannten Gehalts. 

Jory’ machte zuerst darauf aufmerksam, dass einige Farbstoffe 
wie Tropaeolin, Helianthin, Methylorange, von Borsäure nicht ver- 
ändert werden, dass es also möglich ist, in Boraten die alkalische 
Basis unter Zuhülfenahme eines dieser Indicatoren alkalimetrisch zu 
bestimmen wie ein freies Alkali. Direete Zahlenbelege für diese An- 
gabe liefert er nicht; einige nachstehend aufgeführte Vorversuche be- 
stätigen jedoch die Richtigkeit derselben. — Versetzt man eine 


= 


! Pogg. Anm. 2. 129. 1824. 

® Anm. chim. phys. (3) 55. 181. 1859. 
> Journ. chem. soc. 61. 650. 1892. 

* Chem. News 66. 92. 1892. 

> C. R. 100. 103. 1885. 


Or 


1072 Gesammtsitzung vom 15. December. 


Lösung von Borsäure und Chlornatrium, der Endproduete der mittelst 
Salzsäure vorgenommenen Titration des Borax, mit einer bestimmten 
Menge Methylorange, so muss, bei Indifferenz des Gemisches gegen 
diesen Farbstoff, die zur Hervorbringung eines rothen Farbentones 
erforderliche Menge Säure die gleiche sein. für die Salzlösung wie 
für eine genau ebenso behandelte gleiche Menge reinen Wassers. 
Die verwendete Salzsäure war die der Hauptversuche; die Feststellung 
ihrer Menge geschah mittelst der später zu beschreibenden Gewichts- 
pipetten. Es fanden sich folgende Zahlen: 


Serbraneht IE Angewendet 1. 
98 H;BO,, 55 NaCl 58 NaCl 
Salzsäure: | = ee ER 
| en. Far | Mittel 


| 
zur Salzlösung . . || 0.0695| 0.0612| 0.0777 a 0.0653 | 0.0593| 0.0622 0.0496| 0.0496) 0.0552 
95 320 | 9 q c 


zum Wasser ... .||0.0743| 0.0756| 0.0620 


0.0519 0.0659 | 0.0608 0.0554| 0.0484| 0.0528| 0.0544 


Die genaue Übereinstimmung der Mittel in Reihe I beweist die 
Indifferenz des Gemisches beider Stoffe gegenüber Methylorange, sub- 
sidiär zeigt Reihe II die Neutralität des benutzten Chlornatriums. — 
Die Methode war demnach für die Bestimmung des Natriumgehaltes 
im Borax verwendbar; im Nachfolgenden gebe ich die Beschreibung 
der unter Zugrundelegung derselben ausgeführten Versuche. 


Versuchsanordnung. 


Zu den Wägungen diente eine grosse OErTLINe' sche Wage, als 
Gewichtssatz ein neuer Westpnar'scher, dessen Fehler bestimmt und 
unter einander ausgeglichen, jedoch erst in den Hundertstelmilli- 
grammen liegend befunden wurden. Sämmtliche Wägungen sind nach 
dem Gauss’schen Verfahren, mit theils zweimaliger, theils einmaliger 
Umwechslung ausgeführt worden. Die in Tafel I aufgeführten, bei 
denen es sich um eine möglichst sichere Massenbestimmung handelte, 
bestanden aus je sechs, zur Eliminirung der inneren Veränderungen 
der Wage symmetrisch zur Mitte angeordneten Theilwägungen; für 
die übrigen Bestimmungen, die im Zusammenhang mit analytischen 
Arbeiten standen, genügte die durch je drei Einzelwägungen hervor- 
gebrachte Genauigkeit. Die Gleichgewichtslage der Wage berechnete 
sich aus je drei, durch Fernrohrablesung ermittelten Elongationen; 
zur Vermeidung etwaiger Fehler der Balkentheilung wurden die Milli- 
gramme nicht durch Gewiehtshäkchen, sondern durch einen Satz 
Differentialgewichte von 4, 5 und 7"# bestimmt. Die Gorreetion für 


Rımsacn: Zum Atomgewicht des Bors. 1073 


den Luftauftrieb anlangend, so wurde in Reihe a der Tafel I die 
jJedesmalige Diehte der Luft aus den Werthen des Drucks, der Tem- 
peratur und der dureh ein Haarhygrometer ermittelten relativen 
Feuchtigkeit bestimmt, bei Reihe d derselben Tafel war das zu 
wägende System so angeordnet, dass die Volumdifferenz zwischen 
ihm und den Gewichten nur etwa o°2 betrug, die Correction also 
mit dem Durchsehnittswerth der Luftdichte ausgeführt werden konnte, 
bei sämmtlichen anderen Wägungen erschien gleichfalls die durch 
Einsetzen des gewöhnlichen Mittelwerthes (1"®2 pro Gubikcentimeter) 
erzielte Genauigkeit ausreichend. Nach diesen Ausführungen sind bei 
den Wägungen der Tafel I die Zehntelmilligramme wohl ganz, die 
Hundertstelmilligramme ziemlich verlässlich; für die übrigen Wägungen 
gilt das Letztere mit gewisser Einschränkung. 

Das Versuchsmaterial wurde in folgender Weise gewonnen. 

Den Borax stellte man dar aus seinen Componenten. Reinste 
Borsäure des Handels wurde geschmolzen, um die geringe derselben 
fast immer anhaftende Spur Fettigkeit und freie Schwefelsäure zu 
entfernen, dieselbe alsdann einmal aus verdünnter Salzsäure, dreimal 
aus Wasser, unter jedesmaligem Absaugen und Auswaschen umkry- 
stallisirtt. Die so erhaltene Säure, die mit Fluorwasserstoff abgeraucht 
keinen Rückstand hinterliess, gab mit reinem, aus durch Alkohol ge- 
fälltem Natriumbicarbonat durch gelindes Glühen gewonnenem Natrium- 
carbonat im stoechiometrischen Verhältniss zusammengebracht den Bo- 
rax, den man dann dreimal, jedesmal unter Verwerfung der gesammten 
Mutterlauge, umkrystallisirte. Alle diese Operationen wurden in Platin- 
gefässen ausgeführt. — Zur Erlangung der Salzsäure wurde reine 
Salzsäure, die bei der Untersuchung grösserer Mengen keine andere 
Verunreinigung als eine Spur Schwefelsäure auffinden liess, zu dem 
bei 110° siedenden Hydrat verdünnt, über eine geringe Menge Chlor- 
baryum, unter Verwerfung des ersten und letzten Viertels, reetifieirt 
und das Destillat mit frisch destillirtem Wasser auf die Stärke von 
ungefähr halbnormaler Säure gebracht. Die Destillation, die Auf- 
bewahrung der Säure, ebenso die später zu beschreibenden Titrationen 
erfolgten in Gefässen, die aus dem von Kähler und Martini in Berlin 
in den Handel gebrachten widerstandsfähigen Glase gefertigt und auf 
deren Innenfläche durch längeres Auskochen und wochenlanges Hin- 
stellen mit Säure und Wasser die Alkaliabgabe möglichst beschränkt 
war.' — Zur Feststellung des Gehaltes an Chlorwasserstoff wurden 
endlich gewogene Mengen der Säure mit überschüssigem Silbernitrat 
gefällt und das gewonnene Chlorsilber nach Erhitzung zum theilweisen 


' Myrius und FoErsrer, Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1891. 311—330. 


1074 Gesammtsitzung vom 15. December. 


Schmelzen dem Gewiehte nach bestimmt. Folgendes sind die er- 
haltenen Zahlen: 


- = Gewichts- | 
Verwendete n Entspreehend a j 
y ® Erhaltenes ; procentgehalt Abweichung 
Nr. | verdünnte : : Chlorwasser- : 5 
SCHERE Chlorsilber 3 | an Chlor- vom Mittel 
Salzsäure stofl N 
|  waserstofl 
) 53.0583 3.836009 0.981505 1.8498 — 0.00003 
2 50.8610 3.069990 0.094077 1.8496 — 0.000237 
8 48.0523 3.49719 0.889231 1.8505 -+ 0.000067 
Total:| 151.9716 11.05718 2.811216 


Mittel aus den Summen berechnet: 1.84983 Procent HCl.' 
005 


Versuehsreihen. 


Es war zuvörderst nothwendig festzustellen, ob es gelänge, dem 
krystallisirten Borax das anhängende Wasser zu entziehen, ohne dass 
derselbe Krystallwasser verliert. Berzerius verfuhr seiner Zeit so, dass 
er gleiche Mengen des Salzes verschieden lange Zeit der Luft aussetzte 
und aus der Gewiehtsgleichheit der aus denselben erhaltenen Glüh- 
rückstände rückwärts die vorhanden gewesene Gonstanz der Zusammen- 
setzung des verwendeten Salzes folgerte. Diese Schlussweise ist nicht 
ganz unanfechtbar: es schien zweekmässiger, durch länger fortgesetzte 
Wägungen einer bestimmten Menge des Salzes die Grösse und den 
Gang der Verwitterung desselben zu bestimmen. Bei den betreffenden 
Versuchen befand sich das feingeriebene Salz in Mengen von etwa 
20° in einer geräumigen, offen an der Luft, jedoch vor Staub ge- 
schützt stehenden Platinschale; nach jeder Wägung wurde vollständig 
umgerührt. Die angegebenen Zahlen sind die Gewichte der Schale 
mit Inhalt. 


' Man sieht, dass nur bei völligem Ausschluss einer Alkaliabgabe seitens des 
Aufbewahrungsgefässes diese Zahl zugleich die wirkliche Acidität angiebt. Die Grösse 
des Einflusses dieser unvermeidlichen Fehlerquelle zeigt für den vorliegenden Speeial- 
fall nachstehende Beobachtung. 184.888 der zu den Versuchen benutzten Salzsäure 
lieferten, nachdem die Säure drei Monate in ihrem Aufbewahrungsgefäss gestanden 
hatte, beim Eindampfen einen Trockenrückstand im Gewichte von 0800154. Derselbe 
löste sich unvollständig in Wasser, bestand also zum Theil aus Kieselsäure; das Filtrat 
gab mit Silberlösung schwache Opalisirung. Nimmt man den Rückstand als zur Hälfte 
aus Alkalichloriden bestehend an, so erleidet der Säuregehalt hierdurch eine Schwächung 
von 0.00024 Procent. Von wohl gleich niederer Ordnung, jedoch in gerade entgegen- 
gesetztem Sinne wirkend sind aber die unvermeidlichen Fehler der Bestimmungs- 
methode selbst (geringfügige Reduction des Chlorsilbers, Löslichkeit desselben im 
Waschwasser), und so folgt, dass obige für den Chlorwasserstoffgehalt erhaltene Zahl, 
innerhalb der durch die Versuchszahlen gelieferten Fehlererenzen, auch als Maass der 
Acidität volles Vertrauen verdient. 


Rımpacn: Zum Atomgewicht des Bors. 1075 


Tafel I. 
a b 
Dauer des Dauer des 
Stehens Gewicht Stehens Gewicht 
in Tagen in Tagen 
143.63434 136.71350 
2 143.63412 4 136.71175 
3 143.63423 5 136.71199 
6 143.63204 7 136.71159 
7 143.63360 S 136.71115 
8 143.63379 9 136.71 113 
9 143.63357 | 11 136.71114 
10 143.63350 NachAufstellen über H, SO, u. P, O, 
> 1 136.534 
12 143.63349 2 136.323 
| 3 136.182 


Man sieht, wie in beiden Versuchsreihen nach etwa sieben 
Tagen die Gewichtsabnahme längere Zeit hindurch nur auf Zehntel- 
bez. Hundertstelmilligramme sich erstreckt; die Verwitterung ist also 
so gering, wenigstens für die Zeit, auf die sich die Beobachtungen 
beziehen, dass sie als nieht vorhanden betrachtet werden kann. Un- 
zulässig ist hingegen die Anwendung von Trockenmitteln. — Alle 
zu den folgenden Versuchen nöthigen Salzmengen wurden deshalb 
in obiger Weise behandelt; man wog jeden Tag und erst, wenn die 
Gewichtsabnahme sich nur mehr in den Hundertstelmilligrammen be- 
wegte, brachte man die zu den Einzelyersuchen dienenden angenäherten 
Mengen in sofort fest zu verschliessende Wägegläser. Das abgewogene 
Salz wurde, je nach seiner Menge, in 200 


300°“ Wasser gelöst 
und die Lösung mit genau 10°“ einer Methylorangelösung, die im 
Liter 0°010o des Farbstoffs enthielt, versetzt; in einem zweiten 
Becherglase gleicher Grösse befand sich eine gleiche Menge reinen 
Wassers mit ebensoviel Methylorange. Die Salzsäure wurde aus einer 
Gewichtsbürette hinzugegeben, deren Glasschliffe Fehler durch Ver- 
dunsten während der Wägung u. s. w. ganz ausschlossen. Durch 
Vergleich mit dem zweiten Becherglas gelang es, den Punkt des 
Farbenumschlags mit grosser Genauigkeit zu treffen. Nach eingetre- 
tenem Umschlag gab man aus einer kleinen, in einen leichten Stand- 
eylinder luftdicht eingepassten, gewogenen Pipette zu dem mit Methyl- 
orange gefärbten Wasser von der auf '/, verdünnten Salzsäure hinzu 
bis zu genau gleicher Nüance der Färbung und zog diese Säure- 
menge (sie schwankte, auf die stärkere Säure berechnet, zwischen 
0°0o5 und 0%06) vom Gesammtverbrauch der Salzsäure ab. In der 
folgenden Tabelle finden sich die derartig corrigirten Werthe. Hier- 


1076 


Gesammtsitzung vom 15. December. 


durch eliminirte sich zugleich der Einfluss eines minimalen Alkali- 


gehaltes des verwendeten Wassers. 


Es ergaben sich folgende Resultate: 


Bafel T. 


I 2 3 4 5 6 7 R) 
Verbraucht | Auf 10° | Abweichung | Gefundener Ab- 
Aneewendet Borax ver- \vommittleren | Atom- 2 
5 von Kraueht Solrssun | Gehalt an || i weichune 
Nr. es titrirter Salz- praucen Dalzsaule- | gewicht oO 
Borax - Se | Er N | r 
N von titrirter | verbrauch a | vom 
säure [a r h des Bors j 
| Salzsäure | (103.1953) \in Procenten Mittel 
8 | & | 8 g | I 
1 10.00214 | 103.1951 | 103.1734 | — 0.0214 12.07081 10.9646 || + 0.0200 
2 15232772 | 158.1503 | 103.1794 | — 0.0159 12.07138 10.9598 || + 0.0152 
3 15.08870 155.7271 | 103.2105 | + 0.0142 12.07530 || 10.9273 || — 0.0173 
4 '10.12930 104-5448 | 103.2103 | + 0.0150 12.07517 || 10.9298 || — 0.0148 
5 5.25732 54.2571 | 103.2003 | + 0.0050 12.07435 10.9361 || — 0.0085 
Ö 15.04324 155.2307 | 103.1899 | — 0.0054 12.07283 10.9486 || + 0.0040 
7 15.0.4761 155.2959 | 103.2039 | + 0.0086 12.07448 || 10.9356 || — 0.0090 
S 10.43409 107.6602 | 103.1811 —0.0142 12.07 176 10.9571 || + 0.0125 
9 5:04713 | 52.0897 | 103.2065 + 0.0112 | 12.07480 || 10.9330 || — 0.0116 
Summe| 101.37723 | 1046.1509 | | | 
| | j ! 


Aus den Summen bereehnetes Mittel: 


Na-Gehalt des Borax [2.07334 Procent 


Atomgewieht des Bors 10.94457- 
Mittlerer  Wahrscheinlicher Fehler 
der Einzelbestimmung 20.074) =+.0.009 
des Resultats . +.0.005 = 0.003 


Die zur Berechnung verwendeten Atomgewichte sind: O = 16; 
Le 1.0082° (Krıser); Na =.23.0575 306] =)35.1529; Ag =107.9350 
(die drei letzten Zahlen aus den Srtas’schen Bestimmungen berechnet 
durch Ostwarp, Lehrb. d. allgem. Chemie I, 30 — 39. 1891). 

Bei der Fehlerrechnung ist die verwendete Salzsäure als absolut 
richtig angenommen. Man überzeugt sich leicht durch Differentiation 
der zur Berechnung des Atomgewichts dienenden Formel, dass eine 
Schwankung im Procentgehalt der titrirten Säure im Betrage von 
eine Verschiebung des Atomgewichtes um + 0.01 nach 


+ 0.0002 + 
Setzt man, nach den oben gegebenen Ausführungen, die 


sich zieht. 
erstere Zahl als Fehlergrenze für den Chlorwasserstoffgehalt der be- 
nutzten Säure, so ergiebt sich der maximale Gesammtfehler in der 


+ 0.013, der wahrscheinliche etwa 


Bestimmung des Atomgewichts zu 
Seo) (0 

Nachstehende Zusammenstellung zeigt die bis jetzt aus der Zu- 
sammensetzung des Borax für das Atomgewicht des Bors erhaltenen 
Werthe. Die Zahlen der Spalte 2 sind die von Ransay und Aston unter 


zu 


x ; -- 
Rıngacn: Zum Atomgewicht des Bors. 1077 


Zugrundelegung der Atomgewichte o= 16; H= 1.008; Na = 23.05; 
Cl = 35.45; gefundenen; diejenigen der Spalte 3 sind des Vergleichs 
wegen mit Benutzung der in vorliegender Arbeit verwendeten, oben 
aufgeführten Atomgewichte aus den direeten Versuchsergebnissen dieser 


Autoren berechnet. 


Aus dem Glühverlust des Borax, BERzELIUS I824........... 11.01 _ - 
Aus dem Glühverlust des Borax, Ramsay und Aston 1892 .. — 10.921 10.902 
Aus dem Natriumgehalt des Borax durch Überführen in Chlor- | 
natknum, RAmMSAy und ASTON IOQ2... ...0sersenunecaune — 10.9066 10.070 
Aus dem Natriumgehalt des Borax durch direete Titration | | 
BIMERBIR TOD ee et ee te ame 2 Wehner 4 — — 10.945 


Die von Rausay und Asrtox aus dem Glühverluste des Borax er- 
haltene Zahl stellt, wenn die Beobachtungen von ABraHaıı (a.a. 0.654) 
über eine unter Umständen beim Glühen eintretende theilweise Ver- 
flüchtigung von Borax oder Natrium aus dem geschmolzenen Borax zu- 
treffend sind, eine untere Grenze für das Atomgewicht dar: die zweite 
von ihnen gebrauchte Methode, bei welcher geschmolzener Borax das 
Ausgangsmaterial bildete, würde aus gleichem Grunde eher einen oberen 
Grenzwerth liefern; die wirkliche Zahl fände sich dann in der Mitte. 
Sehen wir von dem Berzeuıvs’schen Werth, dessen Versuchsgrundlagen 
nur auf Gentigramme angegeben sind, ab, und legen den übrigen von 
einander unabhängigen Reihen gleiches Gewicht bei, so erhalten wir 
für das Atomgewicht des Bors, berechnet aus den Zahlen der Spalte 3, 
als Gesammtmittel 

— 7059 39, (016) 
B-=110.912.0°— 15.96). 

Hiervon weicht nicht unbedeutend ab die durch ABrAHALL (a. a. O.) 
aus dem Bromgehalt des Bromids abgeleitete Zahl 10.825. Es ist nicht 
meine Absicht, in eine Kritik der verschiedenen Methoden einzutreten, 
doch scheint es von vorne herein, als ob die von den Halogenverbindun- 
gen des Bors ausgehenden Verfahrungsweisen, bei der Schwierigkeit der 
Reindarstellung und Handhabung dieser Körper, in Bezug auf Fern- 
haltung constanter Fehler gegenüber denjenigen Methoden, die auf 
der Verwendung des Borax fussen, sich doch wesentlich im Nachtheil 
befänden. 


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10 


15 


1079 


Über den neugefundenen griechischen Text 
des Henoch-Buches. 


Von A. DiLımaAnn. 


Zweite Mittheilung. 


Denit das S.1039 ff. über den neugefundenen griechischen Text des 
Henoch-Buches Vorgetragene für den, der diesen Text nieht bei der 
Hand hat. leiehter verständlich werde, habe ich mieh entschlossen, 
noch einen Abdruck des "Textes, den Hr. Bourmant in den Memoires 
S.ıı1— 136 veröffentlicht hat, beizugeben. Ich habe ihn von den 
Itacismen umd den offenbaren Schreibfehlern gereinigt, im Übrigen 
ihn belassen, wie er lautet, und nur die allernothwendigsten Vor- 
reeturen in den Fussnoten beigesetzt, ihn auch accentuirt und inter- 


pungirt. Die Vers- und Gapitel-Eintheilung stammt nieht aus der 


Handschrift, sondern ist aus meiner Ausgabe des aethiopischen Textes 
und der deutschen Übersetzung eingetragen. 

(Pag. 23) Aoyos eüroyias "Evo, Kay" Ov NÜAOYNTEV EXAEXTOUG dixalous, 
oirwes Erovraı Eis NMepav ovaryans &Eapaı MavTas ToUs EX DpoUs, Kal WNY- 
covrar dixaıcı. 2 Kal dvaradwv Tyv apa DoAnv auto) eimev Evwy,' avSowrros 
draus Eoriv, 00% 016 Ex Yeov Auru AVEwyILEVN NV, EX, WV nv coaoıy ToU: you 
Kal TOoU olpavau, EdEILE Mor Kal ayıoloywv ayımv NKouca EyW, xal Ws NKouod 
map’ auruv Mavra, Kal E'yvwv Ey Ieopwv, Kal oÜX Eis Tyv vUv YEveav dlevoouunv, 
Aa Emi moopw (P. 24) cloav. 3Eyw aAAw xal ep TWv EXÄeXTuv vuv Aeyw 
xal mepi aurwv aveAaov av mapaBoryv mov, xul EFereunerdi 6 dyıos Mou 6 
MEyaS EX TNS KATOIXKNCEWs AUTO), ara 6 Deos TOoU aiwvos Emi yyv maryaeı 
EMI TO GEIV 0p0s, Kal dammoerdı Ex TNs mapsuDoAy: aurou, Xu bamoerdı Ev 
N dwvaneı TS IOyVos AuTov Amo TOD olpavou TWv oUpavwv. 5 Kal boßny- 
Govraı MÄVTES Hal mIOTEVGOUEW oi Eypmyopaı, Kal |ow|aowew amexpupe Ev 
macı Tols dnpas TNS, Kal GEOINCOVTaL Mavre Ta xp TNS ns, Kal Annbe- 
Tau AüroLs Tootos xau «bodos nEeyas MEY,pL rwv TED WV T1S AGs 6. Kal GE- 
oIycovraı xal meooüvrean al diarudyaovraı opn UnlnAd, xal TamewnWINCovra 


5 [| dee: 401. ayyerar (D). 7 yo «ar delendum. 8 nov 2° delendum. 


\ n f x ‚ k ‚ m n 
9 Fr m. 10 Live. 12 ar nrovra(?) pro mırrevus. [ryYlarovsew. 13 715 ms, 


15 


30 


35 


1080 Gesammtsitzung vom 15. December. 


Powvor ulyAor ToV diappunver con xal (P. 25) Taxyoovraı ws xnpos dmo moos- 
WmoU mUpOS Ev PAoyı, 7 xdl Öaoyıodyoera a yy OYıoud paywdcı, za mare 
00a Eoriv Em INS Ms dmoreiraı, Kal 2015 Eoraı Hard mayruwv. 8 Kal Hera 
Tuv dızalWv Av ein moimGeı, Hal Emil TOÜG ExAsxtols Eoraı Suvraendis xaı 
eioyvn, Kal Em aurous ve EREos, Kal Evovraı mautes To) Seo), xal av 
eudoxıav dweesı a2 xal Wavras EÜAOYNTEL, Kal Fayrwv avrinquleran, xaı 
ensnse 7 nulv, | dannoeraı AUTOLG ws, xaı Famaı ER auToUs eipyunv, 
9 0TE1 EPWErEL CUv Tois ayınız AUTOD FOMTaL Xpiolv Kata Mavruv dl amoieoeı 
mavras Tous avsßeis, xal Acykeı macav Dora met Tavrwv Epyar TNs dce- 
Pens aurwv (p- 26) wv 76 veonsav, Xal OxAnpwv Wv EAuAyCav Aoywv, Kal regt 
mavruv uv xXareraiycav Kar’ aurou audorwic doeßels. I, ı Karavonaere 
mayra Ta Eoya Ev TW oloavw, mus cUx AMMoiwoav Tas ödels auruv, xal Tabs 
Bwormpas ToUs Ev TW olgavı, Ws TA Mara dvurereı xal ÖUvei, Terayuevos 
ERLOTOE Ev TW TETAYUEW Kal Kal TEs eoprys aurwv bawovrai, xal ol Tapd- 
Bauveucı rav idiav Tag. zidere mv Av zul dlavondyre mepl TWV Epywv Tuv 
Ev AUrN Yıvoevwv Am’ dpyns MEWDL TEREIWOEWS Eiı bIapra, Ws 00x AAAU- 
ovraı coüdev Tuv Em ns, AAMd Tara Eoya Seo) Univ daiverau 3idere Tüv 
Sepeiaı Kol Tov Weava. II, ı KaraudIere xul idere wdvrd ro (p- 2 7) Bevdpe v, 
ı TWS To Pure WAwWDE Ev AUTOIE OXEWOVTA Ta Öe evOpe, xar mas 6 Kapmos aurwv 
eis Tıumv xal dogav. diavondyre xal yvWre me Moytuv Tuv Epywv Aureu, Xal 
vonoars, orı Yeos lwv Eromosv düra oUrws, xal CN Eis Mdyrds ToUs alWvds, 
2 Xdl TA Epya auto) marra 05 0’ Emomoev Eis ToÜs aluvas dmo Evidurel eis 
EvIaUTEv Yıvousva Tara, oVTus xal Tara 604 dmorshoüc aurw Ta Eeya 
xal 00x dAAooUyraı aurwv Ta Eoya, AA WSTEpEl Kara Emırayyv Ta mare 
yıveraıl. 310ETE TÜS N Sardoca Kal ci moranel Ws dmoiws dmorskoucı xal 
00x AAAKUCIW auruv Ta Eoya dmo Tuv Acyuv auto). Aauuels OF cUx &veuei- 
vare ode Emomoars *d- (P. 28) Ta Tas Evrords auto), dA dreoryre Kal 
xareAdANoare nEydAovs xal ORANpOUS Aoyous Ev Frouarı dxapIacıas Umwv 
Kara As MEyaAWOUM: alte), Orı AareAaryoare &v reis Vevousew ünwr. 
GxAypordpdieı, oUx Eor ziomm Univ. s Torydp Tas Auspas Üuuv Uleis Karmpd- 
caoIaı xard TNs Cwns Unwv droreiran, xal Ta Ery Ts drwäsias Uuwv mAN- 
SuvSycerdi Ev Kardpıe ulwvuv, Kal 00x Eoraı UMIv EAcos xal eionvn. 6 ToTE 
eoTaı Ta dvouara UMmv Eis. xardoav aluıv macı reis dixaicıs xal Ev mi 
Karapdoovrai MÄAVTEs ol KarapWmevor, Kal Mares ol dudprwic xu aoeBeis Ev 
Uplv Ouolvrai, Kal TAvTEs ci auapryron Yapyoovrai, xal Eoraı aurels (p. 29) 
Aucıs duapTınv Xu av EAcos Kal em xal Emisixeid, EOTdı durals GWrypie 
bwWs dyadov, xal auroı KAupovoumaovoL rnv yyv, xaı macıv Uulv Tols Super 
Adıs 00%, Urapkeı SWrnpid, AA Em Tavras Ünds Xararucıv Karapav. 7 Kal 


SS ’ 2 Funk > ' ; ) e ir 
2 daryndec. 5 YEIMTETOL. 8 orı (ore?). amorssa(?). 9 eyEa(?) vel erE- 

yEaı. 14 Tais soprais (om12n2). 16 eaısı PIagra delendum videtur. MAAooUraı. 
N BEA k h 

19 Fremovren. 22 ws. 30 errar. zaragussıSe. 31 zu ra Emm. 35 avanırg- 


2 3 
FrYro0t. 38 zaraAursı zarage. 


20 


25 


30 


35 


7 » . 9) 
Dırrmann: Uber den neugefundenen griech. Text des Henoch - Buches. 1081 


Tols Exdextois Eotaı bWüs xal Ydpıs xl eipyvn, xal aurol KAnpovounoucı TAV 
ya, üuiv de Tols doefeow Eoraı Kardpa. 8 Tore dodmoera Tois ExAexrois dws 
Kal Yopıs, Kol Mlror KAmpovonmooucı TAv av. Tore dodyoeraı macı Tols EnAex- 
Tols Dodıav, xl mavres curoı Cyoovrai, xl oÜ un duapryoovraı Erı od xar 
aryDeiav cUTE Kara Umeoybavaav, xaı Eotaı Ev dvdpourw mebwrıouevw dus 
za dvSowWrw Emio- (P.30) TyWovi vorun, za oÜ un mANumeANGoUCIW. 9 oUde 
un duderwoı macas Tas Auspas TNs Luis aurwv, za od um dmoddvwaw ev 
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opyn DIumov, AAAd Fov dpmmov aurwv Lwys Auspwv mAnpWooUoW, zul 7 Lwy 
aürwv augnnoerai Ev Eioyvn, Kal Ta Ern TNs Yapds abruv mAnduyoersi ev 
dyamdıdreı xal eionvn auwvos Ev maocıs Tals Nuspais TYs ugs aürwv. VI,ı Kal 
Eyevero ou av EmANDUvSyCav ci vier TwWv AvSpuwmruv Ev Exeivaıs Tals NuEDdıs Eyev- 
vnonoav Suyarspss wWpeleı zul xandı. 2 xaı &Iedoavro durds 0 dyyero Dial 
oüpavov, xaı EmeIuungav auras, xol eimav Moos AAAnAous‘ deure EnAekwuede 
gdurois yuvalkas dmo Tuv dvdpwrwv, xl (P. 31) Yerıyowmev edureis Texvd. 
3 xl EImE Oeualas Mpos Aureus, os Av dpy,wv aurwv" boßoumaı, un ol Iery- 
GETE momoaı To Tpdyud ToUTo, xl Evomdı Eyw Movos ühsiaerng duaprias WE- 
yarns. 1 dmenpionoav oÜv AürW Tavres' guonwpev 127 WavTeS za AVATEIId- 
TIOWuEV MaAvTes ARIAAeUs, un dmoorpelaı rıv vun rauen, he 7225 ol dv 
TEMEOWUEV AUTAV xl TOIMTWuEV TO ToRyud ToUTo. 5 TOTE WWOTAV MEUTES OMU 
al dveIeudrıoav dAAMAous Ev Aurw. 7xal TaUTa Ta dvomara Tuv dpy,ovruv 
auruv" oemala, ouTos Av dpymv auruv. apadar zım Spa’ vaumarn davemd 
upedpws veumA wmpem Yuyapına elexma (P. 32) Barpını cadına arpımd 
rapın! Bapuxına avavdva’ Iwvıma’ mama amearpa xemA TovpmA. 800701 
EIOW apy,E aAurwv oi dexa. VIL,ı ar EAuBov Euurois yuvaltas, ErdoTtos aurwv 
eEerefavro Eaureis yuvalzac, xal MpLavro EismopsueoIa Mpos durds xul Mıcı- 
veoIaı Ev aurais, al Edidafav würds hapmaxeias xal Emacıdds Kal bıloronias, 
za Tas Bordvas EöyAwoav aurais. 2.ui de Ev yacrıı Aulovonı Erexooav Yı- 
Yavras MEyarous EX TAYWV Tpisyihiwv, 3 0lrıves KarEoIooav Tols Komous Tu 
dvSpurwv. ws 8 00x Eduvadnoav auras cı dvIpwrei ERIWOpNyEID, 4 01 Yıyavres 
Erorunoav Em au- (P. 33) Tos, xaı xursodooav Toüs dvdowmous. 5 xdl Ap- 
Eavro äuapraven Ev TOlS TETEIWOLG Xal Tois Snpiois xal Epmerois xal Taols IX,- 
Iycıw, za Arm Tas Galpxas xareoTıew, Kal To diua emimvov. 6Tore NM 
EVETUYE Hard TWv dvamuy. VII, ı &didafe Tols dvdowmous AlanX Mayaıpas 
mosiv xal Omia zul domidas za Swoaxas, didaryuare dyyeruv, ai Ümedeizev 
Murois TA MEraMa xal Tyv Epyamıav alruv, za era xal xoouous Xal 
oraßes xal To zandıSAsbapev zul mavracus Aous Exdexrous xaı Ta apızd. 
2 xal Eyevero dosDein moAAN, Xu Emopvevoav za dmemiavnoycav xal Abavı- 
oIycav Ev maoaıs Tals odeis aürwv. (P. 34) 3 vemialds Edidafev emadas za 
biloronias. apuapws Emaoıdwv Auripiov. paxıma dorpoloyias‘ Yun Ta 


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4 Fohee. 5 arsßeıcev (an zare AySyv?). 8 Tuw ns Cugs aurum. II or. 24 ROY, 
„ ’ „ n ! ? > l 
(aoyyorres?). 27 Yasroı. 32 emwor. 36 arıßeıs.(?). 38 zraondes. 


5 


30 


35 


1082 Gesamntsitzung vom 15. December. 


Onuswrird. 0adımAa KoTEpooxomiav. GepımA GEANvov@yıdc. 4 Tov vouv AvIeumwv 
dmorrvuswv 9 [pwwn]| eis eupawous aveiO4. IX, ı Tore mlapa]euVavres urfamA 
za olueılna xuı Baubaen Kol vage? oÜTOL EX ToU oupavou &Ieao|av|ro alu 
moAU EXYUVVOMLEV Em TS Ns, 2 xal eirav os AAANAcUs* bwwn Bowv Twv Emı 
TR as MEypı mUAWV ToU oupavou. 3 Evruyyaveuow ai Wuyal ruv dvIpwruv 
Asyovruv’ eisaydyere ryv xpiow Munv mpos rov Unbiorov. ıxdl eıma Tw xupw 
SU) Ei xusos ruv (P. 35) xupwv ul 6 Ieos ruv Yeuv zu Bauoıreis Twv aiw- 
vwv. 6 Spovos Tys dogns Tou eis TAOas TuS Yeveds To) alwvos, Kal TO von 
Fou To dyıov Xal meya Hal suAoyyrov Eis Tavras ToUs diwvas. 5001 Ydp Emom- 
Gas 7% Mavrd, za maoav Tyv EEovoiav EYwv, al Mavra Evwmıov Gou bavepd 
al dxdAumte, xal mavra OU öpde, 6 Emoimaev dlanı, os Edidafe macas Tas 
ddızıas Emi TAs is, xl EdyAwos Ta MuoTAa ToU lmvos Ta Ev TW oUpaum, 
& Erırmdeuevres Eyvworav avIpwrai, 7 x Veudlds, Ö Tv EEovoiav EdWwxdLs 
apyen Twv OUv düry ana ovrwv. 8xal dm opeuSnoav Moos Tas Suyarspas Tv 
dvspumu 715 yns; Kal GUVERONAM SAT uüreis, xl Euidvincav, zal EdyAweav 
aürais Mdoas TAs dmaprıas. 9 xal ai yuvalxes Eyev- (P. 36) vnoav reırwvas, 
Ub Wv EAN 4 m ErANOSN aludros xal ddizias. 10 xl vüv der Bowow ai 
huyal TWv ETNAEUTNKOTWV, Kol Evruyyavoucı MEI Tuv mUAWV TOU oUpavau, 
ka dveßy 5 orevayuos aurwv, xl oU duvaraı EfeAdeiv dmo Mooswmov TWV 
EMI TIS As ywousvwv dvoumudruv. ıı Xdl OU mayta oldas mp ToU Mure yeve- 
oda, xal TU öpus TaUTa, xl Eis aurcls, Kal cüde Amiv Asysıs, TI dei moleiy 
abrois mepl Tourwv. x,ı Tore Unbıoros eime mept ToUTWwv 6 WEyas dyıos, Kal 
Darnve xul eime, xul emeunbev ioroayA Moos Tov viov Acusy' 2Eimov dur 
em TO Eu dvomarı" apunbov Oeaurov, Xu MAwmcov aur TEAoS Emepy,olevov, 
dr nm dmemuraı (Pp. 37) Face, zul zaraxiusmos erde yweodaı Taons 
en MG, Xdı dmodeosı mavra 60% Eoriv dumm. 3 xl Sido aurToV, OmWs Ex- 
duyn xl Mevaı ro Sep auToU Eis TACAL Tds yeyeaic ToU alwvos. 4 xdı TW 
Papa eimev' Onnov Tov aLamı mooı xdı KEpel; zo Bare aurov eis TO 0X0- 
705, Xdı ovoıZov rav Eonuov Tav oUCau Ev Tu dadounA, xarel Qare auren, 5 Kal 
Umodes auto Ardous rpayeis xal öfeis, xol EmindAunlev aure TW 0X0Tos, Kal 
oiencdru EHE Eis Tols alwvas, zu ryv ob aurov Tmwuano, x dws WM 
Sewpeiru, 6xXal &v m muspe Tns Heyanns INS zpiseus draysmoeren Eis Tov 
ETUI uov, 7 Kal inomaera n m, A Abanısan Mi ayyekoı, xal NV iaoıw T9S 
yns NAwcoy (p- 38), va Idowvraı ruv many; Lv 77 dmorwvraı maävres ol 
vie TWv dıSguimun ev TW Muormw Aw w eraraga Mi Eypmyapaı xal ed 
ToÜs vVIOUS aurwv, 8 xaı nen Taoa N ’ apanoDeisa ev Tols epyans Tys 
ddarzaras alanı, za Em aürn yocıbov Tas dusprias maoas. 9 xdı TW Ya- 
Bpıma eimev 6 KUplos“ mopeVou em ToÜs Walnpeous, Ei ToÜs KıadnAous Xu ToUs 


7 m 5 ’ RR ’ = 
I TEANvarYUrJaS. TU OUV. 4 Ery,uvouevor. 6 sımav. 9 u. 16 rıravas. 
’ - I m ’ m» m «aA 
18 rereAsuryzorwr. 26 Ev au. 27 ey. 30 auru. 32 rs delendum. 35-0 
IR ERer 2 7 
edsıcav. 2ördagan. 38 macngaovs. 


15 


20 


25 


30 


35 


[2 . rp\ j 9, 
Dirumann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch-Buches. 1083 


viols TAG Topveiac, xl omoAsvov ToUs viel; TWv Eyomyopwn demo Tuv dvdoumuv. 
ep )LoD aurous Ev more dmwäAsıds. Haxporns yap as 0UX EOTıv aurwv, 
10 xaı maAOd epyenıs EoTaı Tais rarpaoı aurTWv, xl ep aurwv orı EA iLauo 

Cycaı Lwyv aiwwov, al orı Cuoerdı Exaoros aurwv (P. 39) ern mevraxocı. 
11 Kal EITEV" MIXOMA Topsvov xl ÖMAwcov vemale xal Tols Acımals Tols GuV 
aurw Tais yuvaıkı miyevras miavImvei Ev aurdis Ev TH dxapIacıe aürwv. 12 Kal 
orav Kar. pryacı 0: vior aurun, x wo my drwAsıdv TWv Ayamıay, xal 
ÖNCov aurous :Odaunrovra yeveds Eis TAs vards TNG yne uE xp muspars zpiTews 
aurwv xaı SuvreAsouen, Ss TeAeoy To xpin TOU alwvos TWV alwvwv. 13 FTOTE 
dmaySmeovra Eis To Kaas TU Ups Hal Eis Tv Idoavev Kal Eis To deouw- 
TipIOv GUyYXAEITEUS Aiwvos. 14 ul oTav Karaxavoiy zul Ada dmo ou 
vov per aurwv Snav desnavran HExpı TEAEIWOEWS 'Yeveds. 15 dmoAeTov Tara 
Ta mieUHare Tuv Eyenyopaı did TO Adızyoaı Tous (p- 40) duSpumove. 16 Koll 
dmoAsoov Fnv adızlav macav do INS YAS, Kal rau epyov movmplots Exheımeru, 
Kal dvabaırw 70 burov ns dixauonuvng Kal Ins EINOSEIET eis ToUs alWvas 
META apds bursumerau 17 xl vür mavrss ci dixaıcı Exhevkovrau xal Evovrai 
Cwvris, Ews Yevyowaı Yırıddas, xl mandı dı muepaı veoryros dürwv zul Ta 
caBara aurwv merd eiomuns mAnwWaovow. ı8 Tore Epyaodycerdi mäoa m A 
Ev dixaisiouvn xal xarahureusmoerdi Öevdpov Ev aurf, xal mAnoIyGerXL EÜRo- 
Yıas. 19 al Mavta To Övöpe TNs ns ayarıamovrai bursudmserdi, zal Evovraı 
burevovres dumerous, aı 1 dumeAos, Av dv bUTEUCWeL, memGoucı MpOY,OUS oivou 
Yırddas, xdı (P. 41) Um’ opov momoeı Xu” Exaorov METDOV EAaıas Fomceı 
diva Barous dexd. zo Xu OU xadanıoov ryv av dmo maons dxadanıds Kai 
imo maons ddımas za dmo |melons dudprias zul dmebeids, xaı mASas Tas 
dxadapmias Tas Yıvouevas Em Tns As Efanenbov. 21 xal Enovraı mavtes Aurpeu- 
ovTes oi Anal Kal EÜAOYOUvrEs MovTes &mol xal moosxuveuvres. 22 xaı Kadapnıayy- 
Gera mACa N yN dmo mavres widuudrtos xl dmo mans dxadapoids xl öp- 
ms xal udorıyos, xal oüx erı memnlw Em’ alroüs eis maoas Tas 'yevsds ToU 
Aluvos. XI,ı Xal TOTE dvaikw TA Tanien Tys EUAoyias To ovra Ev TW oUpav 
Ka KOATEVEVKEV AÜTE EMI TA Eoya, Em Tov Komov TWv viav dvdoWmw. a Xu 
Tore AANDEA xal eioyn xowwwmcousw (P. 42) öMeV eis marras Tas Mueods ToU 
ainvos Kal Eis MAOaS Tas 'yeveds TWV dvIpurun. XII, ı 6 Tourwv TWv Aoywv 
BROS) "Evay,, Xu oUdels TwWv AvIowmuv eyvw, ToD EIAUBIN Kal mo Eorıy 
Kal TI EyEvETO AÜTW. 2 xl TA Epya auTuv MErd TWv Eypyıyopwv Kal Mere TWv 
ayımv Ömmepe adürov. 3 xal Eorus yuyv "Evwy, eÜAoywv TW zum TA Meyaru- 
ouvys, TW Pacık rwv alwvuv, Xal io) ci Eyomyopoı TOD Ayıov TOD MEyarou 
ExdAouv ne 4 Evwy,, ou YoOLIMMOTEUG 715 ÖlXaoOUvNg , Mopeuou Kal EIME TOls Eyonyo- 
poıs TOD oUp&uvou, orrıves dmoALmOVTEs Tov oUpavav Tov uNbyAov, TO Aylaoua Ts GTEoE- 


7 ’ > . , . 
2 erran. 3 Egwrynis ovx. 6 de Accusativo nwyerres videas supra pP. 1044. 
«aA EN fr , ’ \ ’ m > 2 e 
II 05 (a Synk. 16 ureuoyseran. 17 Tasas Tas Nusgees INS. 20 ayarrıarens(?). 
7 ’ 55 Ev 
21 zuu. 21 Tomes:. 22 romrsı delendum. 27 MIRTWATOG. 30 FToU zareveyaeiv. 


34 avrou. ASScH Yaegaes (an Örnnazgeve?). 37 ©. 


30 


1084 Gesammtsitzung vom 15. December. 


WS TOD Almvos, META Tuv yuvamwv EMidvincau, Kal WETTE ci viel TyS YAs moloU- 
ow, cörws (P. 43) xal aurer Maui, xal EAuDov Euurois yuvaltas, dibavıojov 
aeıyay xaı npavıoare TUv ya‘ 5 xal oUx Eoraı uMıv eipmum oUTE apemıs, xal 
Tepi wv Yaıpovsı Tav viov aurwv. 6Tov dovov TWV KyamırWv duTwv oyeyrau 
za em m ATWAEE TWv vIWv aurwv Grevagousı xal denSmcovrai eis Tov dıimvd, 
Kal 00x Eoraı Aurel EIG EAcov xdı sioyvnv' xı,ı6 de 'Evwy, rw alanı eımev 
mopevou' oUX Eoraı Tor eipyvn. Apıua eye EEMANE Kara Co Noal 08, 2 xdl 
dvoym Kal Epurmois Cor oUx EoTaı ep wv edeıfas ddınmudruv xal me Mmav- 
Tuv Tuv Eoyuv ruv dosBemv zul TNs dölrids xal Tys duaprıac, 000 Umedeıfos 
role dvdowmais. ı3 Tore mopeudeis eipmxa mac aüreis, *ai au- (P. 44) Toi 
mavres eboßmomoav, 'xul EAuDev aürous TpoMos xaı oo. 4 xal pwrycav, 
emws yoalw avrois UTOHMUATE Epwrncsws, iva Yevovraı aUrols dbecıs, Kol 
va ey dvayva aurois To Ümonımua TA EowTucewWs Evumıov KUplov To oUpeLvoU, 
soTı AuToL 00x Erı Öuvarrdı Aarmaas, oude emapaı aüruv Tols obIaruous eis 
Tov eüpavov mo AiayUvns, mept wv MAapTNREISEN xal KaTexpiongeN. 6 Tore 
eypanla To ÜrotuALe T7S epwrnsews Kuruv xdl Tas denceis ep Tuv FVeunaer u 
auruv, Aal ep Wv deovral, OmWs aurwv Yevwvraı dubenis Kal Haxperns. 7 Kdı 
mopeuSeis eradıca Emi rau Üda- (P. 45) Twv dav Ev ym dan, Mrıs Eoriv ex 
definv Epumv cu Em dunews, aveyıyvwakun To Örenumac Tuv denoewv aurwv 
ws Exonanon. 8 Xal ıIdov aveıpaı em Eus ASov, xaı opaweıs ET EUE ERETITTOV, 
Kal eidov opaloeıs opyns; za ANNe van Aeyovoa‘ eimov Tols Vils Tou aupavov 
ToU RE eybau Aurous. 9 xl EZUmVos Yevouevos naSoy mpos aöreis, xl maures 
SuumyBeven EraaIyvro mevtouvres Sevebergara, Arıs Eoriv dvd Hesev ToV Aude- 
vov xal GeveomA, Be 1EvoL Tnv em. 10 EVWTIOV AUTWV Kal dvyyyeıra 
aurois maoas TAG opalceıs, ds Eldov Kara ToUs Umvous, Kal ApEanv Aurelv Toug 
Aoyous TA5 Öixauoovuns (P. 46) Ereyywv Tovs Eypmyopous roL oupavou. xıv,ı QußAos 
Acywv dixauouums xaı EAeyEews &ypmyopwv TWv dmo ToU diwvos Kara TAv Evro- 
lv TOD ayıov To) Meydäou Ev Taurn Ty öpdaeı. 2EyW Eldov Kara Tous Umvous 
uev wv vov Aeym Ev YAucoy Vapxıım &v TW mVeluarı ToU GToWATOS MoU, © 
Edwxev 6 Meyas Tols dvdpwmos Addeiv Ev aürels xl vonmei Xapdıdc. 306 Exrıoe 
xaı Edwxev endefoaodeı Eypmyopovs Tols VIoUs ToL cUpavou. A EyW TAV Epwrnow 
una Tuv dyyeru eyonla, xl Ev öpdo ei ou TOoUTO ee Kal oUTe 9 
epurnıs Unwv mapedex SM; siva mxerı eis Tov oUpavov dvalyre Em mavras 
Tous allıvels, xaı Ev Tols deomois (P. 47) TS "Ms ep oycaı ü Unds eis TACaS 
TAG Yeveds TO aimvos, 6 xal Iva mep Tobrwv löyre Tyv dmWAcav TWv vimv UMwv 
TOv dyamnruv, Kal 9Tı cUX Eoraı Umiv ovyCIs durwv, AAAd EOOUTE Evwmıov ÜMwv 


2/3 za apanızmcv Paeycrn npavırav. 3 avrosc. 6/7 zb: sugeis eime TU) agemn. 
12 e EUNFOL. 17 ye ZUNTa. 19 & eu ] za 22(?); 9 oa Dirns |[seriba verbis N oma 
conieeturam suam Öyrews pro deEwv proponebat]. u Vayeyuarru. 20 Ews. 23 @ 
Ber... 24 [ze 2r.ernre] Evwarıov. 29 &. 30 von »agöras(P). uG. 
34 [evSgwrois vosiv Aoyous YUWTEWS, HC Zus Errıse ac eöwzev] eycasTca. 35 me0. 
36 meroWvrau. 


15 


30 


Diremann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch -Buches. 1085 


ev Maya. 7 xl 9 Epurnoıs UMwv ep alrwv oUx Eoraı, cUde ep ÜMmv, xail 
UMEIS xAulovres al deonevor zul MM AadAouvres may inud Emo TuS Yoadbys, Ms 
eypanla. 8 rd &uoi Eh’ öpaveı curws Edeny,n" ideu vedeAuu Ev my bpaveı Exd- 
Acuv xl suryAdı Me Ehbwvouv, xl diadpouai TWv doTeuv xal ÖldoTpamaı WE 
Karsomevdalov xal EDopußalev me, xl dvemo Ev rn öpdosı mov Efemeraodv 
ue (p. 48), 9x0 Emypdv me dvw xal eisyveyxav Me Eis TEv olpavov, ul EbNA- 
dov MEXpis nyyıpa TIyous oixodeuns Ev Alois Wandens za YAwoons TUpos 
xUrdw raw, »adı Npkavro Exboßeiv me. 10x EiomAdev eis Tas YAuOOas Tou 
mupoc, x ANyyıoa Eis olxov neyav orxodoummevov Ev Adoıs Yardlys, xal oi 
Tolyı To) oixov Ws AdomAaxes, nal maoaı Yoav Ex Yuovos, xl Edahn Ylo- 
veixd, ıı al ai oreyaı Ws diadbouai dorsmwv xal dorpamal, xal uerafU dürwv 
Kepovdiv Rn Kol oUpavös dürwv Udwp, ı2 Kal TÜp dAeyauevov KUxAU Tu 
TUXWV, Kal Sypaı mUpl xduomevor. 13 eioASov eis Tov (P. 49) oixov Exeivov, 
Iepuov Ws müp xaı Vuxpev Ws Yıwv, xl TACd Tpopn Same oux Av Ev aurw* 
boßes me Exdrunbe xal Tpouos me EAadev. 14 xal Aumv TeImEvos xal FEIN, 
Kal Emeoov eSeopouv Ev N öpdosı Mou, ı5 Xal ide aAAyv Yıoav dveuynevnv 
Karevavrı Hau, Kal 6 olxos Mellwv Toureu, Kal 6Aos ouxoduunuevos Ev YAuocaıs 
mupos, 16 Xal 0Aos duupepuv ev doEn xal &v run duvaodaı me EZeimeiv üpdv 
mwepi Tns doEns nal me TA MeyaAwovvys aurou. ı7 To Edeubos aurev: Av mupeS, 
To 08 dvwrepov auto) Aoav dorpamal xal Öldöponai dOTsowv, Kal A OTEyN auToU 
Av mÜp bAE- (P. 50) yov. 18 &Iewpouv de xal eidov Ipovov UnlyAov, xaı TO Eidos 
auTeD ws ApuoraAAwv, xl TpEXos Ws MAlou Adumovros xl opds X,epoußır. 
19 xl Ümoxdrw rou Ipovov EFemopevovro moramol TUpos bAeyousvor, Kal 00x 
&duvaaodyv ide. zoxaı m doka 1 Meydaan ExdIyro Em’ auto, To mes BoAauov 
auro) Ws Eidos MAıou, Adumporspov dans Yiovos. 2ı Xal 00x Eduvaro mas dyye- 
Aos TapeADeiv Eis Tov OlXov ToUToVv Kal Idelv To EOCWmoV aureu, did To evrınov 
Kal evdogov, Kal 00x Eduvaro maca Gapz ideiv aurou. 2 70 mÜD (bAeyoevov 
KUrAw, xal mÜp ueya mapsıoryxeı auTw, Kal obdeis Eyyıgaı aurw. KUxAw uUpIctı 
uvpddes eoryxa (P. 51) Evwmıov auroU, zul mas Aoyos aureu Epyov. 23 Xu ci 
dyıcı rwv dyyeruv oi Eyyıkovres aUTW oUx dmoywpouaı vurTos oure dbioravrai 
auto). HXayW Nur Ews TouTou Em Tposwmov OU BehAnusvos xaı TDEU.WV, 
al 6 xUpos TW OToHarı dur) ExdAcce uE xl Eime wor” mposeATE WdE "Evo, 
Kl Tov Aoyov MoU axouoov. 25 Kal TDOSEeAIWV nor EIS Tov Ayıov Myeıpe ME 
Kal moosmyaye me wen Ti Spas‘ Eyw ÖL TO mposwmov mov xdrw Exuper. 
xv,ı zal dmoxpideis eime Mor: 6 dvpwros dAyIwos xal ypaumareus T1s dAy- 
Ieias, mpo0eAdE WdE, xl TAG bwvAs ou dxovaov. 2 mopeusyri xal eime Tols 
meunbacı 08° Epwrioaı ÜUuds &dsı me ruv dvSpwruv, za Mn ToUs oivSpumrous 
me Üuwv. 3 did TI dmeAimere Tov oupavov rov UnbnAov Tov dyıov TOD aiwvos, 


% arrgamen. 7 Nyyıza TEIY,oUS. YAurraıs. 9 uRodoWnLEvoV. 11 Krovıza. 
13 Foryon. zopevet, 16 [eis ro rEOSumOV mov ze] EFemgouv. Le grodoumusvos. 
18 [z«: Meyaduruvr urTE vn] divarIcaı ‚Me. 22 agurrannn. Fewo ogurı6. 
27 aUrov. 29 ermzalrw). 3ı [ro] maosu mov Wo. 33 eis row ya. 


Sitzungsberichte 1892. 98 


10 


30 


35 


1086 Gesammtsitzung vom 15. December. 


| MET TWv u) eXomndyre, Xal Merd TWv Suyarepuv Tuv dvSpumun 
Zuand (P- 52) TE xou Eraßere ENUTOIG Yuvalxds, Uwe vier ans NG Emomoure 
za Eyeumoare Eavrols TEXVE, VIOs yıyavras; 4 xal UWels Are ayıcı xal mVeUl 
Cuvra alwvin, Ev TW dimarı Tuv Yuvamzuv ämidvIyre, za Ev dimarı Gapxos 
Eyeumoare, al Ev almarı dvdoumwv Emedunnoare, XaSws xal aureı maucı 
Tapra Kaı au, oirwes dmodvioxoucı xl dmoAAuvrau. 5 did Teure Edwxa 
aurols SmAeias, va GEgLATIS ou Eis auTdc Kal TEXVWOOUTIV Ev duroIs TEXVA 
ourws, wa 1m ErAeimH aureis may Epyov Emi TS ‚ns. 6 Üneis de Urnpyere 
mveuua Luvra aiwvia Kal oUX dmeSvmoxovra Eis mWaCas Tas ‘yeveds TOD alwvos. 
7 xal dia ToUTo oUx Emoimoa Ev Op Smreias‘ Tl TMVeund Tol eüpaweu ev TW 
eigen N Krroiknaıs aurwv. 8 x%dı vuv ol yıyavres ol yevunYevres do TWV TVEu- 
Hera xal Oapxos aaa Ioyupa Emmi TuS yne x Ev nm KOATOlAmOIE aurwv 
EoTau. 9 mveuual movnpd eEeADwv dmo ToU ow wnaros aurwv, dlorı do rwv dvw- 
TepWV Eyevovro (P-53); zul Ex TWV ayıay Eyonyopwv Y oxıM Ns Krisews auruv 
Kal DZ Senedlov, mVEUnATE move ON NOBE, 10 TVEUUE apotvo Ev TW 
ar a xaromncıs duTwv Eordı, xl To mVEUnaITeL Em TIS yne To yerınSevra 
ml The is a Haralyoıs aruv Eoraı. 1 Kal Ta MVEUUaTE Tav yeyavrun vecbe- 
as ddızedvra, dbavikovra xal EumImTovra xal OUumaAdlovTd nal GUDpImToVTe 
mi IS As Mveuuara Grand Yyıydıruy Kal Öpemous Folsuvra Kal umdev E0.Ieiov 
AAX dorroüvra al dnbuvra xl Tmposxomrovra, ı2 mveund xdı eFavaoryc 
Talra Eis Tols vIovs uv dvdourwv xl Tuv yuvaızıv, orı EEermAudacıw 
dm’ alrav dme Ausoas adayns zul dmwäeıds xal Savarou, XVL,ıdd wv Ta 
mveuura Exmopevousva EX TAG Yuan TNS Tapnos aurwv EoTaı apavıkovra 
Xupls xpiOews, OUTWS dpanıovoı MEXpIS MEDES reNemgews TNS XpIoews TAG 
Heyadns, ev 7 6 alwv 6 HEyas TEREOIACETAL. 2 Kal vüv Eypnyapaıs ToIG epacı 
GE epurnoau men! Aura, oirwes &v olpavn Aoav' 3 uneis ev TW oöpenvı Ars, 
xal Tau ı HuoTNgIoH, 6 oÜ- (p. 54) * dveranipSn Univ, xaı HuoTngIoV To EX ToU 
Ieov yeyeumpaevey Ewure, Xal ToUTo Eumuoare Tells yuvaufıv Ev Tals we 
Karpdieus una, xal Ev To puma 9 TourW mAuSUvouoı a Smaeıcı Kal ol av- 
Iwroı TE Xord Em Tns ve. vehrov oUv alrois‘ 00x Eorıv eionvn. XVII, ı Kol 
mapanaBovres uE Eis Twa Tomov dmmyayov, &v W oi ovres Exel Yıyovral ws Up 
bAeyov, xal orav Serum, hawvoyras ws & auSpwmo. 2 Kdı dmnyayev Be &ıs 
Sopwon TomWoV Kal Eis op0s; oÜ Y xebann UDREIUTE Eis Tov eüpaven. 3 Ko Eidov 
Tomov TWV duarnpwy al eve Smoaupovs Tuv dorepuv Kai Twv Spovrwv, ul 
eis To depoßaSm, mov Too mupds Kal To Bern xl Tas Imxas aurwv xal 
Tas AnTpommas manas, a Ko dmmyaryov 1AE BEXpe bdarwv Lwyrwv Kal MEYXDL 
mupos durews, © 6 Eorı xaı a Taoas Tas ÖucEIs ToU NAov. 5 xal Nr%o- 
ev MEXPL ToTaMo) TUps, Ev W KATarpex,eı To mÜp üs Üdwp xXal peei eis Ia- 


’ b} wm ’ } \ 
3 TVEURTO. 7 a, RUTAIS. 9 TVEUNATÜ. 1O TVEUMATER [ye2]- 
’ ’ ! ren 
12 re 13 mVeunoret, 2Enn SIov. 15 AANDYTErO.  TIVEUMATE. 19 EHTLIovra. 
3 m ce Qo»_> > m \ e 
38 PR EEavarnrovreu 7a mveuuare. 33 ahızverTo. 35 [647 DINACL auvruv Kar Al 


ArFoama TAT. 3 mugadey,o OJAEVOV, 


15) 


w 
nn 


35 


Dırı.mann: Uber den neugefundenen griech. Text des Henoch - Buches. 1087 


Aauocav neyanyv ducews. 6 Eldov ToUs MEyaAoUs TOTAWOUG, Ko MEX,pL TOU MEYaAoU 
Moralov, Kal MEN ToU MEyKAoU Oxorous Karyvryod, Kal dmnAIov OmoU macd 
ae (p. 55) oe mwepmarei. 7Eeidov ToUs dveuous TWv yvobwv ToUs Y,eusepvous 
Kal NV Exyvow Tis dBvocov marrwv üderwv. 8 Eıdov TO GTOUN TAs yns Tavrwv 
Twv morauwv xal To oreua Ts dvocov. XVII, ı dous Toüs Imoaupous TWV 
diveuwv Tavruv, Eidov Orı Ev aurois Exoounge macas Tas Krioeis Kal Tov Se- 
Werov FRE Ne, 2 Hal Fov Ardov Eidov TAS Ywvias TnG Ya. Eidov Tous TEOOApKS 
dveuous yv yyv Raordlovras, Kal TO GTEDEWMA TOU cüpavou, 3 Kal durou EIOTd- 
GW WerafU yAs Aal olpavo). 4Eidov dvemous TWv oupavwv GTpedovras Aal did- 
vEUOVTAG TOV TooY,ov ToU MAlov, Xu mäytas Tols doreas. 5 Eldov ToUs Em TAG 
ns dveuovs Qaordlovras ev veberm. Eidov Mepara TiS As To Ornpıyud ToU 
oüpavov Emdvw. 6 mapmATov Kal Eidov Tomav Kaolevov VUXTOG Kal MMEDAG, DTroU 
Tl EmTa 0on imo Adwv morUTEeAWV Es dvarorAds xdl Tpeis Eis vorov BarAovras. 
7X To Wev DOG dvarords dmo Aıdou Yowuaros, To de Av imo AıSou Mapya- 
dmo Ardou mußDoV, 8 To dk 
Ieol dire AIov bouxd, xKaı 


pirov, Kal 16 dmo Adou raSev, T6 dE KAT vorov 
ueoov aurwv (P. 56) My Eis oupavov, Wores Spovas 
N xopubn Tou Ipovov dmo Arou owmheipov. 9% Up Kalolevov EIdov Kaxeıvd 
Twv area ToUTWV. 10 Toms Eori mega TNS WEYarys Ns, exe GUVFEREOSMOEVTeN 
ol eüpavar. 11 Kal Eldov YAOUa MEyd Eis ToUs OTUAos ToU mupes zaraBaivovras, 
ol 00x Mu Merpov, ovre eis Bedas oUre eis Unbos. 12 zul Emexewa ToU Yacud- 
To: Tourou eldov Tomov, Omou cÜdE Orepewua oupavou Erdvw, oUTE yyv Tyv TEIE- 
UEAIWUEVNV ‚ÜMOXATW auToU, oUrE udwp Av Umo auro, oUTE mereivov, AAAd Tomos 
Av epnuos a doßepos. 13 Exei Eidoy EmTa dorsoas ws copy WEyAAd KALOlLEVd, 
regt wv Und Szlvokkeuay, Movı n eimev 06 yyeros‘ ourOs Eorıv 6 Tomos To TEAos 
ToÜ a xal yns, despwrnpiov ToUTO Eyevero Tols anzpais xal Tals Öuvauecı 
Tou odpavev, 15 Kal ol arTepes ol KURIEHEVOH ev TW up, o0raoı Eicw ol mapd- 
Bavres mposrayna Aupisv Ev doyn TNS dvaroans aurwv, orı romos EEw Tou 
oupavou KEvos Erw, OTI 00x EanASau. ev TOls Kaupeis aurwv, 16 Xu dev 
(P. 57) aüreis xol Eedncev Mürous HExypı xaıpov TEAEIWOEWG EAUTWV GaapTias 
aurWv, EviaurWv KUgiwv. XIX, ı X eime Wal op" evIade oı Myevres ayyeroı 
Tais yuvaıfı OrNCoVTo, Kal TA TVEUuaTa aurwv morumopbe Yevousvd AUMeverdu 
Toug AvSpwmous, Kal mA düroüs emitusv Tols Ödımovias, MEY TNS UE- 
yarys xpioews, &v fi zpiSmooVTaN eis dmorsreiwow. 2 Xal al Yuvaixes dürwv 
TWv rap Bayrw äyyarav Eis Geipnvas yerno Covral. 3 3 Rayw "Evwy, eidov Ta Se- 
WONMATE WOVos, Tal Tara mayrwv, xal co 1m lön oUdE eis dvdowrwv, ws &yu 
eidov. xx, ı dyyeAcı ruv 


1 au mexgge ToU MEyarou moranou delendum. 4/5 mavra Tov TorKamv TAG yis- 

iöov vel za eıdov. 6 ro. 8 avroı eirryzan. 9 rov oVgavov. Öwsvovras. er ras 

vecheras. mreos Ta me gar. 13 Fgeis &is. PBanrovra. 17 Emrerewe. 19 Hai orU- 

Aous (?) 21/22 yn red Semeruen. 22 Um are. 24 muVSavonevov Mou. 25 us 
yns. 29 776. zı Aumaverraı, 32 mAavITEN emı Susw (). 


el“ 


20 


25 


30 


35 


1088 


& 
Öuvaiuswv. 2 olpmA, 6 eis Fuv dyımv 
dyyeAwv, 6 EMI TOU xXoouov Kal ToU 
Taprapou. 3 daubamA, 5 eis ruv ayımv 
dyyeruv, 6 Em Tu mVeuudrwv Tuv 
AvSpwmruv. 4boayoumA, ö eis TWv Ayıwy 
dyyeruv, 6 EXdEIOaV ToVv Kooluov TWV 
Bworipwv. 5 nıyanı, 
ayyeruv, 6 Em ToV Adod dyaduv Te- 


, BE 
TayWEVOG xXaı Emil 


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0 EIS TWV Ayıwv 


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6 GapınA, 
c ° > c / > ’ c EN m 
0 ES TWv Ayıwv AyyeAwv, 0 Em TWV 
TVEUUATWV, 


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TW mVvsuuarı 
7 yaßoına, 6 
Ayıwv dyyeAwv, 06 Em To) Tapadeınou 
xl Tuv Öpaxovrwv xl Y,epovßen. 
Yayyeruv övoudta EmTd. 


oitwes Emi 
duoproavouonw. eis TWv 
dp- 
(p- 58) xxı, 
ı x Ebwdeuoa Ews TNG dXATATKEU- 
dorov. 2 xdxei EIeaodumv Epyov do- 
Bepov. Ewpaxot OUTE cüpazvov Erdvw, oUrE 
yyv TeIeaudı TeIeuEeAIWuEvMV, dAAL To- 
WOV ÜKUTACKEULOTEV Kal boßepov. 3 Kal 
ExXEL TEIEAUK EMTA TWV dOTepwv ToU 
cUpavov ÖedenEvous xl Epimuevous &v 
duru), ololous opauaıy Meyddoıs, Xu Ev 


\ ’ / & \ ’ 
Du AKAORLOWEVOUS. 4 TOTE EITOV' dia TOoLav 


alriav Emede Smoan, xal did Ti Woe ehr 
bycavz 5 ToTE eime ol cuoımA, 6 Eis Twv 
dyıwv dyyeAuv, 06 MET’ Eu) Av Xaı 
autos Nyelro aurwv, xal eime nor" "Evwy, 
mepl Tivos Epwris, 9 ep Tivos TYV dNY- 
Seıav diAoorevdeis; 6 era Eicı TWv 
dorepwv ToU oüpavo) ci mapaovres TyV 
Emrıraynv ToU xuplov, Kal EdEINOav WOE 
MEXpL Tob mANWOAL mupIa ErN, ToV 
Kpovov TWv duaprnudruv düruv. 7 Xd- 
xElIev Epuidevon EIS dAAoV TOmov TOUTOU 
paßepurspev, za TeIYeaudı epya poße- 


pwrepd, müp MEya Exei Haıolevov Ka 


6 Erdızow. 


11 mveunceru To auSgu- 
ru (?). 13 0. 


37 doßege. 


23 ogest. 


Gesammtsitzung vom 15. December. 


ß 


(p- 21) dvIpwrov os ıw Eidov. xX,2 ws 
eis TWv dyıwv dyyerwv, 6 Ei ToV XooWou 
3 badanı, 
6 EMI TWV TVeuudrwv 


\ m ! < a m 
Kal TOU TAPTADOV. 0 ES TWV 


c ’ > 4 
Ayıwv ayyceAwv, 
0 Eis TWv 


mn > I [a \ 
Twv dvIpwruwv. 4payoumA, 


’ / [q \ ! 
ayımv ayyeAwv, 0 EXEXWV ToV Koolov 

Ey I \ (@ e 2% 
Tuv bworypwv. 5MiXANA, 0 Eis TWVv 


ayımv aAyyerAuv, 65 EM TWV TE) Acov 
dyaduv Terantaı, xal Em TU Ya. 
6 Van, 6 Eis TWv Adyıwv ayyerwv, 6 
Em TWwv Mveumarı duapravouow. 7 yd- 
Bpmı, 6 eis TWv Ayıwv dyyerAwv, 6 Em 
ToÜ Tapadsınou xaı Tuv Öpaxovrwv Kal 
epovßıv. 
Awv, ov eragev 6 Seos em Twv NoTa- 


re m CHR. > ’ 
8 peMEıNA, Eis TWV Kyıwv dy'ye- 


nevwv. Ovouareı C doyayyeiwv. XXI, 
ı Kal EbWOEUGE MEXPL TIS AKATACKEU- 
dorev. 2x0 Exel &Ienodumv Eoyov bo- 
Bepov. Ewoaxa OUTE oupavov Erravu) oUTE 
mv (P-22), 


I 2) I \ I 
Tomov AXaTaoxXEVUaoTov xl olepov' 


’ > \ 
TEIEWEALWMEVNV Arad 
\ b) nv [A >) > /} m 
3 Kol EXEL TEDEdMdı L MOTEDLE Tou 
= N ’ \ > ’ b) 
oupavoU OEdEUEVOUE xl Epimevous Ev 
m e 7 CI uf) 
aÜTW, OWOIUS opaceı MEYAAN Kal Ev 
\ 4 4 5% N \ ’ 
TUDL KoloMEVOUS. 4 TOTE Eimov" Old ToLdv 
5 30V DEN NE ER 
airiov Ebouhycav wWoe. 5 xadl EImE Mol 
> \ c re n {e / > U e 
ovpmA, 0 Es TWwv dAyımv dyyeAwv, 0 
MET 
) 
Kol EITE MOL 


Eu wWv, Kal durTos durwv nyeiro, 
’Evoy, TrEpl Tivos EoWTds, 
N mepl Tivos av AAySeiav diAooTeudeis; 
6olror Eicı TWv AoTeowv ToU oUpavou 
ci Tapadvres Tyv Emıraynv FoU xUpiou, 
xaı EdeIycav WOE MEXpL TANWINvaL 
Mupin Ern, Tov Kpovov TWv duaprmud- 
Tuwv aürwv. 7 xdxreidev EbwWdevoa Eis 


J / / 
AAAov Tomov Tourou boßepwrepov, xXaı 


reIeauaı Eoya doßepd, mp ueya exei 


ce 


1 auSgumun ws eyan 0. 6 Exdızaw. 
Il Tuv arSgumun, co: Zmı Tu zveunari(?). 


15 Öurrapevan(?). 24 ogesı neyan, 016. 


10 


25 


35 


30 


DiLLmAnnN: 


& 

/ \ \ N e / 
DAEyYoueEvov, Ka ÖlaKommv EIEv 6 Tomas 
co nn > Ü ! ! \ 
Ews TS aSUCToU MANN OTUAWV MUpoS 

’ 
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Y / 6) I EINGG >N\ EL 
OUTE mAATOS AdurnYnv ideiv oUde eıxdoaı. 


„7 
MEYAAOU Kurachbepomevov, OUTE 


/ N e 
8 TOTE EImoVv" wg boßepes 6 TOwoS Kal 
e \ EIKE: U / > 
ws des TN Opdas. 9ToTE dmerpım 


Über den neugefundenen griech. Text des Henoch -Buches. 1089 


ß 


! \ I 
xoıomevov Xal bAeyomE (P. 23) vov, Koı 
N \ » e ! ec Ey I? 
ÖlaKoTmNv EIWEVO TOmWos Ews TNs dBUcCoL, 
I I \ 
mANpYS OTUAWV TUDOS MEYAaAOU KATd- 
„Y ’ „ ! 
bepoMEvov, OUTE METDOV oUTE WEYEIOG 
N / EINWLY „ 4 / 5 
NdUvnINv LdEIV OUTE EIXdOaL. 8 TOTE EITOV* 
e \ [d I e e N \ 
ws dboßepos 6 Tomas oUTOg Kal ws deivös 


ce er m A} > ’ A n e ! Ü U \ 
nor 6 Eis Twv dyıwv dyyeAwv, 05 Mer | TN Opaceı. 9 ToTE dmexpisn Mor xaı 
3 ES 08 \ De ee 
EUOV Av, Kal EImE Eimev 


(P- 59) mar "Evwy,, dia ri EdoßnIns curws zul Emronons; xal amexpisy‘ 
ep! ToUToU Toü boßepov xul mepi TuS moosonlews TNS deiwvAs. 10 Kal eimev' 
euros 6 Tomos deouwrnpiov dyyeAuv. wWOE FUEXEINTOVTEL MEXpL Evos Eis TOv 
Aldvd. XXIL,ı Xaxeidev Ebwoevon Eis aAAov Tomov, xaı Edeife Mor mp6s duouas 
ANNO Opos neya zul UnbnAov, MErDas OTEpeds. 2 Kl TEOGApES Tomol Ev Aurh 
xonoi, Bddos Eyovres nal Alay Adler, Tpeis aurüv Oxorewol xal eis DWTEwöc, 
xaı muyn Uoaros dvd Meoov Aurel. xal Eimov' mis Asia Ta xaAWMaTa Taüre 
xl oAoßadn xaı oxorewa T7 öpaveı. 3 Tore dmerpinn padand, 0 Eis Tüv ayımv 
dyyeruv, 05 MET’ EuoD N, 
varywyrdı Eis durTols TA mveunara Toy Wuyav Tüv vexpüv. EIS auTo Touro 


Kal eime Mor’ ovror ol Toma ci XolAcl, vd EmiOU- 
expeityoav WdE Emiowvaysosaı maoas ras buyde TÜV dvSpwrwv. 4 xal oUroL 
oi Tomoı Eis EMICUVOYEOL AuTÜV EMOmGEVv MEXPL TNG NUEDdS TS XpIGEWs düTwv 
Kol WEXPL TOD diopinmod zul dimpiomevou Wpovov, Ev W N xpiois 1 MeyaAn Eoral. 
5 ev aurels rEeIesunı dvSpwrrous vExpoUs EvruyXalvoyros zo dam auroU HEXpL 
ToV oupavod TpoeBouve xall Everüygaven. 6 xal Npurnoev papanı (p. 60) rov 
dıyyeAov, 05 MET” EUO Nv, Xal eima aurw‘ Tolro To mVEUud TO EvTuyy,avov 
TIvos Eoriv, dio ourws 9 bwvn durou mpoßaiveı Kol Evruyyalvei Ews TOD oUpavol; 
7 xoı amerpinn uoı Ascywy‘ ToDTo To mueÖul eorı 70 EGerSeV dmo AQer, ov 
Epevevoe Kaiv 6 AdENDOs, xal Ader EvTuyyglvel ep auToL, HEXpL Tod dmoAcoaı 
To Omepua aürov dimo mposuimeu Ts Yis; xl dmo ToÜ Gmepnamos TWv dv- 
Ipwruv abavıcdm To omepus aürev. 8 Tore Apwryca mep TÜV KUXAWUdTUV 
mayruv, Old Tı eXwmoINGav yv oma Tou auwvos. 9 xl dmexpinm Mor Acymy' 
odror ol Tpeis Emomdnoav Wwpileodaı TA Tvsunara Tuv verpuv, Hal oUrWs 
EXWpIONN Es TA mVeuuara TÜV dikaiwv, od A muyn Tod Udaros &v düra dw- 


! \ 2] 5 nl er > Jä \ ns 
TeIWN' 10 Xdl OUTWS EXTIONN TWv auaprwAwv, ordv amosavwar Kal Tabwaıy 
b) \ 2 > ll > > m > n n > m 2 , 
Eis TYV AV, Kol Kploıs oUx Eyeryın Em aurüv Ev TH Qwf aurüv, 11 WIE YwpigeoIau 
\ 7 m 5 \ h 7 r ‚ en 7 SR; 
Ta TVEUMATO aurwv Eis Tv Meyaryv Oaoavov FaUTyV, MEXpL TA MEyaAns Muepas 


m / m B nv I m ’ / ww 
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3 MEeyaAu zarcbegopsevuv. | 3 MEyaAuv zaranbegolsevuv. 
IT @iwvos. 16 MolaSeie(?). 

22 ante Evruyyavorros ‚quaedam omissa videntur. 


32 eig eic(?). 


’ > ’ f 
9 amsrguoyn. 19 ExrıoIyrav. 20 emirvosy,crw (?). 


> 2 ’ 
eromSnrav(?). 23 NgWrnTe. 


- m c m 
29 aba Iyvaı (). 30 EYwg INT an Ev @mo roU Evoe. 33 ros amagrwAoıS. 


30 


35 


1090 Gesammtsitzung vom 15. December. 


Moe aurols ueypis oimvos. 12 xul cUTWs Ey wpioIm Tols mveunacı TÜV Evruyya- 
vevrwv, olrıwes Eubavıkovcı mepi (P. 61) is drwAsıas, Gray beveutänw Ev Tals 
nuepdis TÜV duaprwAuv. 13 Ka eUTWS ExrioIm Tols mveunacıw Tüv dvSpwrwv, COoL 
eux Evovraı Ovıc, dAAd auaprwäc 000 doeßels, xal HErd TWv dvammv EWovrai 
ueroya. Ta Ö8 mVeuuara, ori oi &vDade SAußovres EAarrov KoAdlovraı aürüv, 
ou TuwpnSyoovraı Ev Auepe Ts Kpioews, oUde un mMereyepIücw £vreüsev. 
14 TOTE NOAOYNCa Tov xUptov TnS dofns, xa EiIma' euAoynros &ı KULIE, 6 T%5 
ÖlKduonUvNs, KUpieuwv TOU aimvos. XXI, ı KuxelIev Ebwdeuoa Eis aAAov Tomev 
mpos dvonds TÜV Meparuv TAS YA. 2 ua EDeuodunv müp Öarpexov nal oux 
Avamsojuevov oUdE EvAsımov TOoU Opaued, nuspas Kal vUXTOSs du dtalevov. 3 Kal 
pwrnca Aeywv Ti Eorı ” um 22 dvamavow; 4 Tore dr Exp Rai paryeunı, 
6 Eis TÜV ayıay dyyerwv, 06 per EIOU iv euros 6 Öpamos TOD TUp6s To pas 
duouas möp To Exdıwxov Eorı mayras ToUs BaoTupne Toü eüpaved. XXIV, ı Xal 
EdeıEE Mor Op Tupos Kausueva vuRTos. 2 Kal Em Exewa aurüv ErOpEUSNV Ka 
Seaodun emra om Evdofa Mavra, Exdrepa TOD Exarepev ÖaAAaoTovre, wv 

ASoı Evrıncı TN xaAAovf xal mavra Evriua xl Evdora zul EÜEION, avarords 
Eorypıyueva Ev TO Evi, nal role Emi vorov Ev TO Evi. nal halpayıyes DarTeicı zo Tpa- 
gie, wla TH wie cux &y- (p. 62) yıgovaaı, 3 xaı Tw opı E@damov Epos dva uEacv 
TOUTWV, KL ÜMepEhgE TO unbeı, omolov xaSedoe Ipcvov, xal TEDLERÜKAOU devope 
aurw Ebel. 4 xaı Av Ev ourois devdpov, oUde more wohpavumı Kal cUdels Erepos 
aurwv nubpavIn, Hal oUdev Erepev oMolov MurW, Soumv Eiyev EÜWÖEOTEDEV mayrwv 


N 


/ \ \ SEEN > = \ Y \ \ NEIN b) ’ 3 
dpwudruv, aa TA hUAAd aurou Hal To dvSos Kal To devopov ou bowei eis 


\ 3.0 \ \ \ \ e > nt ’ ! [cy c 

Tov dulva. 01 de ep Tov Xapmov ws & ee bowıxwv. 5 TOTE 'EImOoV" WG 
=! \ N q e nm \ ’ \ \ „ 

Karov TO Ken ToüTo Eorı xal euWdes, xolu PRAG, x To an 


aurov a N üpaeı. 6 Tore arexpion Mol KIXama, eis TWv ayıay Ayyerum, 66 
user” EuoD Hv, zul auros aurwv Nyeiro. XXV,ı zul eime nor’ Evwy, Ti Epwr&s xal 
Fi ESaumaoas ev TH coun Toü ‚Sevopov xl dia Tı Sercıs TAV ärdjIeıay uaSelv; 
2 TOTE amerpINN auTW" mepi mayruv eidevar IeAw, MarıoTa de weg Tov Bevdpov 
Fourou Obodpa. 3 xal amerpinn Aeywv‘ ToUTO To opos ünbyAcv, ou % xopubn SMoi 
Ipovov Ieod, xaSedgw Eorıv, ou xalafeı 6 ueyas xUpios, 6 Ayıos Ts docns, 6 
Bacırsls rov aiwvos, orav xaraıın Erısnelaosaı Tav yav Em Kyamın. 4 Koll TOUTO 
To Beuöpov euwdids, nal oudenia GapE Eöeumiav € eycı aıhaoIaı aurov Weygt (p- 63) 
Fns heyaldıns xpioews, an ErdiKnGS FavTWy KATEAEIWOIG WEY,PLE alwvos, Tore 
dixdiois Kal oCloıs dosmoera 50 rapmos AUTOU TOIG EXAEXTOIG &is Cuv Eis Bopan, Kal 
Herapursusnoerau Ev Tomw aim apa Tov oixov TOD Ieov Pacıreus FoU diwvoc. 
6 Tore eüppauSnovTen eüppamausva, xal Kartaovran xoı EIG TO Ayıov EIGEAEU- 
Fovraı ai doual auto) Ev Teils ooralcıs aurav, xdl Zumv mAsıova Cycovraı Em 
ns, Av Elnoav ol TMATEDEs ToV, xl Ev Tals Amepais MUTWv xl Bacavoı Kal 


ec ’ e > ’ 6 nm ud 
4 ws ol. 5 Srıßonevor (?). 10 avamavonevov. 2AAsımov (ErAetrov). 12 rov. 
’ | I 27 / \ ’ 
16 [ro eis] avaror«ec. 18 ro. 21 aurou wrpgavum. 23r0ilb): 28 arena. 
& \ I 
30 Rasiert ale 31 za TEREIWTIG. 35 Barırews. 36 &v ru ayıa) zart. 


37 orrecı. 


in 


15 


30 


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Diremann: Über den neugefundenen griech. Text des Henoch-Buches. 1091 


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\ ’ m 3m A ec , I \ m [2 > \ 
rov QaoıREa Tel aiwnvos, 66 Mroinacev dyNpwmois TA ToIaura Ölxaicıs, Kal dur 
b) » N m N 5 n > 4 > \ ’ n 
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a )} a a = \ 5 \ ! \ EIN \ 
ToU Opous Udwp EE dvaroAuv, xal Tnv dumı EINEv TpoSs voTov. 3 xl Eidov Tpos 
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avarords dAAo 0pos unlnAorepov TOUTOU, Kal avd MEOOVv KUTov bapav'yav Raselav, 
b) „ I NEN SEN AN h I e ! c \ N +3 
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\ \ N \ ’ „ „ / on \ > „7 eo R 
4 Kal TMpOs OUOUdS TOUTOV dAAO Opos TATEIVOTEDOV aÜTOU xal oUx eyX,ov Ubos, xaı 
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zal Enpav em axpwv TWv TDIWv Opeuv. 5 Xdı ToGE bapayyes E01 Bassiaı Ex 
’ mn ING > J ’ > b) I \ b) ! \ 
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a \ , > I \ [3 \ WE NIE N c/ e 
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AMpERN, xal mepı TNG Öocns düToU OxAnpd AaAycounıv. WOE ERITUVEYIATOVTEL, Koll 
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wos EoTaı To oLXyrnpLov. 38m EOYATOIS Alma Ev Tals NWEDdG TYS XpIOEWs 
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TNS AANSıwns Evavrıv TWv ÖIXdıWv EIG Tov AmavTd Y,povov, WOE EUAOyAToUCV 
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TNS ApITEWE aurwv EUAOYNTOUTIV £v EAEE, WG EILEPLOEV AUTOLC. 5 TOTE NUAoynOa 
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Tov xupiov TAS doEns, xal Tnv dokav aurov EIMAWOT Xal Uuvyoa MEYAAOTDET WS. 
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(P- 65) XXVII, ı xaı ExeiTev Emopeusyv Eis To WEOOV navdodape, xal eidov duro 
7 N \ I a NS, \ \ N I [7 Y 
Epmmov, 2 xl dÜTo Movov mANpES devdowv, Xu oo Twv OTEDAATWV udwp avomSpov 
„ I e e \ \ e \ B3rm DB N N 4 
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ToIEv avayeı Udwp Kol Öpocov. XXIX, 1 ET EXEIDev EMopeusyv Eis dAAov Tomov 
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Ev TW Babdnpe, xl Tpos aAvaroAds ToU OpoUs TOUTOU WXOMNVS 2 Kal eidov 
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EI0ov ToTov AAAov MEyAV, dapav'yav UoaTos, 2 Ev W xl devonov Ypod Apwuarw 
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UmEp Tav dpwuarwv. XXXI, 1 E16 Boppav mpos dvaroAds TEIeaudı EmTd opy 
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TAnpN vopdou KPNTTOV Kal OYUvov Xal Kıvvalwikou Kal TIMEDEWG. 2 Kal EXEIDEV 


’ ’ 
1 NuAoyyee. 6 auaw. 7 pagayya. 8 vo] apud Bovrıant (vo). 10 be- 
gayya. dageyya. 11 maraı. 13 Pdagayıyos. 16 mwavres orrwec. 20 sureleis. 
’ 
28 Außavov (?). Slavovev (?). 29 zaglaus vel zagVcs. 30 hagayya. 35 mAngN. 
/ DR WA 


> SLR > ’ 
36 anuydaron vel ANUyYORAoU. 37 TORVTO ROWMATE. 


10 


1092 Gesammtsitzung vom 15. December. 


spwdeuoa em Tas dpxas ar Tov Spewv TOUTWV, Maxpav ÄmeRa mpos ava- 
ToAds TNS vn; za don Emravw Tns EpuIpats Saraoons; x W ya Er 
AXpWV, Kal dmo ToUroU dreßnv eravw ToU Lwriei. 3 Kal EAIWv mpos Tov mapd- 
deivov TAG dixnuonuums, xl Eidov MaxpoIev TWv devopwv Tourwy devdpa mAsIoVd 
al MEyoara duw Mev Exil MEyaAa holen ara xal Evdoga xl MEyarorpemi, 
Kol TO devdpov TNS dpovyoews, c EOTiouow ayıov TOD Kaupmol dUTCU xal EmIOTavTau 
bpovnaw meyadnv. a omoov To devöpov Exeivo mpoßıren To übes, Ta de dUAAa 
NÜTOD xeparı omoit, 6 E Xapmos Aurel Ws Ei Borpuss dumerov ılamor Aıav, 
n 8 60m aurou dIETpEX,E ohpu mo ToD devdpou. s Tore eimov' ws xanov TO 
devöpov, xal Ws emiyapn TN öpaceı. 6 Tore Amexpinm babanı, 6 Ayıos ayıyeAos, 
6 wer” &uol wu‘ Touro vo devdpov bpowmaews, EE 00 Edbayev 6 Tarp Tov. 


29 


3 


Anmerkung: Die auf S.1044 Z. 10—7 von unten zu Hen. ı4,25 gemachte 
Bemerkung ist zu streichen. Bei nochmaliger Vergleichung mit dem Original habe 
ich gesehen, dass dort nicht sıs ro ayıov, sondern sıs rov ayıcr steht, was als sis rur 
ayıov gelesen einen guten Sinn gibt. 


‘ / > ’ 
YASov 5 puoueve(P). 8 asperım. 10 Emiy,agss. 


1093 


Elektromagnetische Theorie der Farben- 
zerstreuung. 


Von H. vox HELNMHOLTZ. 


(Vorgetragen am 27. October [|s. oben S. 851].) 


Fine genügende Erklärung der Farbenzerstreuung auf Grundlage der 
elektromagnetischen Theorie des Lichts scheint mir bisher gänzlich 
zu fehlen. Dass eine solche nicht ohne Rücksichtnahme auf die 
ponderablen Massen, die dem Äther eingelagert sind. zu bilden ist. 
dürfte keinem Zweifel unterliegen, da die Dispersion des Lichts zu 
denjenigen Vorgängen gehört, welche, wie auch die Brechung des- 
selben, die galvanische Leitung, die Ansammlung wahrer Elektrieität 
und das Bestehen magnetischer Pole niemals im reinen Äther eines 
Vacuum, sondern nur in oder an der Grenze von Räumen vorkommen, 
die ausser dem Äther auch ponderable Masse enthalten. Nun zeigt die 
mathematische Theorie von Maxweır allerdings an, dass auch pondero- 
motorische Kräfte innerhalb des von elektrischen Oseillationen durch- 
zogenen Äthers wirksam werden müssen und eventuell schwere Atome, 
die im Äther liegen, in Bewegung setzen könnten. Aber wenn die 
ponderablen Theilchen nicht selbst elektrisirt sind, wären diese Kräfte 
den Quadraten der elektrischen und magnetischen Momente des 
oseillirenden Äthers proportional, und also für negative Werthe der- 
selben in Grösse und Richtung gleich denen für positive. Sie würden 
deshalb während jeder Schwingungsperiode zweimal ihren grössten 
und zweimal ihren kleinsten Werth erreichen, so dass sie in der 
Regel nicht Schwingungen von der Länge einer einfachen Periode 
hervorbringen oder unterstützen könnten. 

Nur wenn die wägbaren Theilchen Ladungen wahrer Elektrieität 
enthalten, können die periodischen Wechsel der elektrischen Momente 
im Äther ponderomotorische Kräfte der gleichen Periode hervorbringen. 
Die entsprechende Annahme, dass eingelagerte Atome nur nördlichen 
oder nur südlichen Magnetismus enthalten sollten, lasse ich als zu 
unwahrscheinlich bei Seite liegen. Dagegen haben uns die elektro- 


1094 Gesammtsitzung vom 15. Dec. — Mittheilung vom 27. Oct. 


lytischen Erscheinungen, namentlich Faranay's Gesetz der elektro- 
Iytischen Aequivalente, schon längst zu der Annahme geführt, dass 
elektrische Ladungen von bestimmter Grösse an den Valenzstellen 
chemisch verbundener Jonen haften, die bald positiv, bald negativ 
sein können, aber überall dieselbe absolute Grösse für jede Valenz- 
stelle eines jeden Atoms haben müssen. 

Obgleich diese Annahme die Elektrieität wieder an einen sub- 
stantiellen Träger heftet, so ist sie in keiner Weise im Widerspruch 
mit Maxwerr’s mathematischer Formulirung seiner Theorie. Denn 
auch in dieser kommt die Möglichkeit unveränderlicher Ladung ge- 
wisser Volumelemente in Isolatoren vor, und Maxwerr's Gleichungen 
sagen aus, dass diese Quanta bei allem Wechsel elektrischer, magnetischer 
und ponderomotorischer Bewegungen unverändert bleiben, wenn sie 
auch nach seiner Deutung der Erscheinungen nur als Integrations- 
eonstanten, nicht als reelle Substanzen anzusehen sind. 

Das schliesst nieht aus, dass die Kräfte, die von diesen Jonen 
als ihren Centren ausgehend sich im Raume ausbreiten, bei eintretenden 
Lagenänderungen der Molekeln sich in solcher Art verändern, und im 
Raume fortschieben, wie es Maxweır's Gleichungen beschreiben. 

Das Einzige, was die elektrochemische Theorie mehr verlangt, 
als bisher in Maxwerrv’s Gleichungen vorgesehen ist, ist die Möglich- 
keit, dass diese CGentralpunkte elektrischer Kräfte bei chemischen 
Umsetzungen von einem zum anderen Ion herübergleiten können, 
und zwar unter grosser Arbeitsleistung, so als ob sie an einem sub- 
stantiellen Träger hafteten, der von den Valenzstellen verschieden- 
artiger Jonen mit verschiedener Kraft angezogen würde. 

Wird der ein Paar verbundener Jonen umgebende Äther von 
elektrischen Kräften getroffen und dadurch dielektrisch polarisirt, so 
werden die entgegengesetzt polarisirten Jonen den in Richtung der 
Kraftlinie fallenden Spannungen ausgesetzt, also zwei gleich grossen, 
aber entgegengesetzt gerichteten Kräften, die mit einander ein Kräfte- 
paar bilden, welches den Schwerpunkt des Molekels nicht in Be- 
wegung setzen, wohl aber die elektrische Axe des Molekels verlängern 
oder verkürzen, sie der Richtung der Kraftlinie zu- oder ablenken würde. 

Wir wollen im Folgenden die Bezeichnungsweise meines letzten 
Aufsatzes vom Mai d.J. beibehalten, und also die Componenten der 
elektrischen Momente der Volumenseinheit mit X,9),3 bezeichnen. 
Dabei ist aber zu bemerken, dass in den dort aufgestellten Gleichungen 
die Momente X,9),3 betrachtet werden, als nur abhängig von den 
elektrischen Kräften X, Y,Z, und diesen proportional. Die mög- 
licherweise in einzelnen Stellen des Raumes lagernde wahre Elek- 
trieität, deren Dichtigkeit dort in Gleichung ı mit 


vow Hersmorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 1095 


OX 0) 03 


Ge r— 7 Ir en DD. 00,0 ro a OD I 
RE RE er 


bezeichnet wurde, spielt dort allerdings eine Rolle, indem sie Verthei- 
lung und Richtung der Momente mit bestimmt. Aber sie wird nicht 
derjenigen Elektrieität zugerechnet, welche «die Polarisation der Volum- 
elemente bewirkt. So sind auch in den nun zu bildenden Bewegungs- 
gleichungen die elektrischen Momente, welche durch die wahre Elektri- 
eität der Jonen gebildet werden, da sie von veränderlicher Grösse und 
Riehtung sind, und auch von nicht elektrischen Kräften, Beharrungs- 
vermögen, Reibung u. s. w. angegriffen werden, von denen des freien 
Äthers zu trennen; wir bezeichnen sie mit d. d, 3, für die Volumeinheit. 
Ein soleher mit Äther und Jonenpaaren gefüllter Raum würde für die 
theoretische Betrachtung nach der älteren Vorstellung von der Existenz 
bipolarer magnetischer Molekel, dem Innern eines magnetisirten Kör- 
pers ganz analog sein, und da die Gesetze der Vertheilung magne- 
tischer und elektrischer Kräfte für ruhende Zustände aus MAaxweur's 
Theorie sich vollkommen übereinstimmend mit denen von Poıssox’s 
Theorie ergeben, die mit magnetischen Molekeln und Fernkräften 
rechnet, so lassen sich auch die aus jener älteren Theorie herge- 
leiteten Berechnungen des Energievorraths in den Volumelementen 
eines solchen Raumes mit moleeularer Vertheilung der Elektrieität 
hier verwenden. Dass sowohl die Erscheinungen der dielektrischen 
Polarisation, wie die der ponderomotorischen Kräfte solcher polarisirter 
Massen auf denselben Werth der Energie zurückführen, habe ich in 
einem früheren Aufsatze erwiesen.' 

Nach der hier aufgestellten Hypothese unterscheiden sich unsere 
Jonenpaare von den dielektrisch polarisirten Molekeln isolirender 
Substanzen nur dadurch, dass sie träge Masse haben und deshalb 
nicht immer in der Gleichgewichtslage sich befinden, vielmehr um 
diese oseilliren können, so dass die 7,),3 unabhängig von den X,9,3 
sich verändern können, und dass also die potentielle Energie der 
Elektrisirung nicht bloss von den letzteren drei Grössen, sondern auch 
von den ersteren abhängt. Ich habe es vorgezogen, statt von den 
Maxweır’schen Gleichungen auszugehen, die neu hinzukommenden 
Einflüsse in die von mir für die Elektrodynamik entwickelte Form 
des Prineips der kleinsten Wirkung aufzunehmen, weil man dadurch 
vor dem Übersehen einzelner nothwendig vorhandener Gegenwirkungen 


! S. meinen Aufsatz: Ȇber die auf das Innere magnetisch oder dielektrisch 
polarisirter Körper. wirkenden Kräfte « in Monatsberichte d. Berliner Akademie, 
17. Februar 1881. — WiırpEmAann’s Annalen Bd. XIII S. 385—400. Gleichung 2 und 4°, 
nebst den Bemerkungen am Schlusse. 


1096 Gesammtsitzung vom 15. Dec. — Mittheilung vom 27. Oct. 


in dem hier schon ziemlich verwickelten Spiel der Kräfte geschützt 
wird, und dadurch die Anzahl der unabhängigen Hypothesen von 
zweifelhafter Richtigkeit wesentlich vermindert wird. 

Übereinstimmend mit Poısson und Maxwerı setzen wir die elek- 
trische Kraft, welche nothwendig ist, um ein Moment x in der Vo-. 
lumeinheit einer mit bipolaren Molekeln beladenen Substanz hervor- 
zubringen, diesem Momente proportional also 


Aa b: Bee ee 5. 0 oo or 8 re 

ANGE . 

Y=x ER A RA IT; 
I 

Zu 8 las lielelge ne Te utelrer ie Meifer uhren eigje,Letketzetke 


Darin ist, wenigstens innerhalb gewisser Grenzen der Polarisations- 
stärke, $ eine Constante. Wenn wir mit ox,0dy,c} verschwindend 
kleine Änderungen dieser Werthe bezeichnen, so erhalten wir 

I 
23 
Die linke Seite dieser Gleichung ist offenbar gleich der Arbeit, welche 
die polarisirenden Kräfte bei der Änderung der Momente gethan haben, 
und deshalb stellt die rechte Seite der Gleichung die Änderung der 
durch die Polarisirung gewonnenen Energie dar, ohne dass die Gültig- 
keit dieses Ausdrucks, wie in meiner früheren Arbeit, auf den Fall des 
Gleichgewichts zwischen den polarisirenden Kräften und der dadurch 
gewonnenen Polarisation beschränkt ist. 

Denken wir uns die beweglichen Molekeln, deren Momente wir 
mit %,),3 bezeichnet haben, eingelagert in ein continuirliches Medium, 
dessen dielektrische Constante wir mit e bezeichnen. so dass seine 
Momente und elektrischen Spannungen zusammenhängen durch die 
Gleichungen 


X- + + Z = — IE +Y HR] ....... Ban 


Kr ee 
2004 
See Z, 


so wird der Werth der elektrischen Energie (Gleichung 3° entsprechend): 


nz M2 O2 Or Y\. s „2 2 2 
o. — || jar-ay-us- Das Mr > y+3 Da ar a il 


DE & 2% 


Denkt man sich den Äther zwischen den Molekeln ungemischt 
mit indueirbarer ponderabler Substanz, so wäre e= 47 zu setzen. 
Der zweite, mit ®,, bezeichnete, magnetische Theil des kinetischen 
Potentials kann unverändert bleiben, da die Jonen nicht nothwendig 


Q 


- ; i m 
von Hernnorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 1097 


ein anderes magnetisches Induetionsvermögen zu haben brauchen als 
der Äther, und die Unterschiede in Wirklichkeit meist sehr klein sind. 
Die Anwesenheit permanent magnetisirter Substanz brauchen wir nicht 
zu berücksichtigen. Also: 


[ff a u (U OB) 
TB zer 02 de Y da) 


Der dritte, elektromagnetische, Theil ®, redueirt sich, indem 
wir die Glieder dritten Grades kleiner Grössen (zu denen aber © nicht 
gehört) weglassen auf: 


ıyı nn Na 


AD! \9 
— A EN! z +a0)+®B- + +M. = +y.6 ne 
(No ot \ 


Das s ist überall gleich Null ausser an den elektrisch geladenen 


U 


Stellen der Jonen; also kommen auch nur deren Geschwindigkeiten 
in Betracht. Da die elektrischen Kräfte, die auf sie wirken, reine 
Kräftepaare sind, so muss, wie schon bemerkt, der Schwerpunkt der 
Molekeln in Ruhe bleiben, und unter diesen Umständen ist zu setzen 


und also: 
B: 3 I 
A| | [mas hu,, EHVA+R- LOHMAR LH 1 


Endlich in den letzten Theil der Arbeit /, haben wir einzusetzen mit 
negativem Vorzeichen, die lebendige Kraft und die Reibung der be- 
wegten Jonen. 


N da\: “ N: 
[fr % == d2, = Sr +] gt, +Y-r,+3T,]dw-dy-dz 


wo t,, rt, und t, die der Variation nicht unterworfenen Componenten 
der Reibungskraft darstellen, deren Werth durch 


dr 
, EM pain Beikis! ar A herniertastteidetgefr ei /a 
eh Vi 
Men ee ee een LerneLahn el een ee ee IST 
0 
N ea ne ran. aeg 


ausgedrückt werden mag. 


a 
5 


1098 Gesammtsitzung vom 15. Dee. — Mittheilung vom 27. Oct. 
Wenn man nun die Bedingungen dafür sucht, dass 
OR Ye N Deo ee 12 


werde, so ergiebt sich: 
ı. Bei Variation der £,9),3 


FR TER | 
€ ot 
) -— OM \ 
Ba An u Ber era 12% 
€ ot 
ae a re \ 
€ o/ 


woraus auch in der schon früher angewendeten Weise (s. Gleichungen 
2, 4° und 4" der früheren Abhandlung) die Gleichungen gewonnen 
werden können: 


A. Ku = a = 
et oy 


„IN en elle et 
En ot = 92 € dx € ORNITIDE DD / . 


Ar AR = a 99 
ot Pr € 
2. Bei Variation der U,VB,W: 
oe. oO /M ON 
A . Ar (X + v) = DE (N) Fr (%) nn 
ON oft 
\) DE TR) We = ar“ c 
A ar) =) =) ER N 12 
0 RT oO /M 
ee) 2) — U — a 
_ „ar» (4) =) Te 


3. Endlich bei der Variation nach %,d,3 


92 
-(&)+ all mi net, is 
ot? 


ul Sl, 


was combinirt mit den Gleichungen (1 1") und (12°) giebt: 


SE SD ES 0% or 
=. Se: g+m, PrZ +Kk: ne. 
und entsprechend 
>D)) ee 0’Yy av Von 
ar a Nm km, iR me 
23 es 0° 03 
ee 


von Hernuorrz: Elektromagnetische, Theorie der Farbenzerstreuung. 1099 


Der kürzeren Schreibweise halber setzen wir 


Ba N 
ee ET u AR RL IER 
2 Ss 
€ h 
MU MER Serge Aare Srerehehe larie ce 12, 
€ 
VE RN nn a lan. ae 
somit wird 
ort oL 
a a De a a 
=! ay+m AT7 + ap 
N— a-r ee 2x. 
ee ee 
or 0? 
DE En ne ln IE ARM N 
3 Far et ot 


System ebener Wellen in Richtung der &-Axe ablaufend. 


Setze 


a 
DT Rn AR A ern. | 13 
Sala, 


K-3=-t-M=,=;=0, 


so geben die Gleiehungen (12”) für die Werthe der Coeffieienten: 


B-I 
e Re BR 
B 
und(122): 13: 
: £ 
ee N \ 
4 
endlich (12'): 
Br abe my b- inkl. sen. \ u 
Setzt man | 
ER N ee 
also: e 
I ; 
h= — a 
a — mn? + ink 
so geben die Gleichungen (13°): 
N) eu Ä I nl 


1100 Gesammtsitzung vom 15. Dee. — Mittheilung vom 27. Oct. 
Nach der Art des Vorkommens in den Gleichungen ı4 ist offen- 


bar s die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen. Wenn’ nicht 
k —= 0 ist, wird deren Werth complex sein, was bekanntlich Dämpfung 
der fortlaufenden Wellen anzeigt. 

Um die physikalische Bedeutung dieses Ausdrucks deutlicher zu 
machen, und um die reellen und imaginären Theile von einander zu 
trennen, bemerken wir zunächst, dass die Fortpflanzungsgeschwindig- 
keit €, im continuirlichen Äther gegeben ist durch: 


I 
RS NE I 
FR Ar see a 
Setzen wir dann 
q I | 
a EEE Tao 
l in 86 | ® 


so ist nach der oben gemachten Anwendung des Exponenten p offenbar 
6 die reelle Fortpflanzungsgeschwindigkeit der von uns betrachteten 
Wellen und g der Dämpfungscoeffieient für die Längeneinheit des 


Weges. 
Dadurch wird Gleichung (13°) 
a we 
en ia 
ı+h a@—- mn’ + kin ı 
ı-h @— m > kin—ı 
Setze 
DR = MN u 10. COS Se 
a = MINEN. PCI Ne ee Wal, 
fa — Sin DE Sn \ 


wobei ;, und g, immer positiv genommen werden können, und die 
Winkel $, und $, in den zwei ersten Quadranten, so dass sinS, und 
sinS, immer positive Grössen sind, so wird 


Bee m 
P= gr) ER Re | IA 
und 
DI /sinSı RE e 
- ee 6, ) N sın 5 IS, nat ee | Au, 
(0 I I 
a Ve Se SR : 
6 Sin, > an z 


schwach gedämpfter Wellen für die betreffenden Schwingungen bei 


voxn Herumorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstremmng. 1101 


dem Übergang aus dem mit beweglichen Molekeln beladenen Äther 
in den davon freien. 

Zu bemerken ist, dass der Wurzelausdruck, der in den beiden 
Gleichungen (14°) und (14') vorkommt, in beiden dasselbe Vorzeichen 
haben muss. 

Aus den Gleichungen ergeben sich die Werthe der Tangenten: 


kn 
tang%, = — —— 220. isn 
© mm 1 N 
14° 
kn 
tangy, = — Be en 
Ba: 
oder wenn wir 
sure 
NE he 
m 
R D5 
Na 
P? eh ——_—_ Melia m ee ,e 0) ei sei le) wiie/te, a: ‚eye e \ 
m 
setzen, 
angS & 
an nn a ee re 
SYo mN N n 
N N 5 
1 I 5 2 
i 5 k I 
Anno “ = NE Eee 
Zu mP P n 
N RP 


welche zeigen, dass der Winkel $, ein Rechter wird, wenn n=N. 
N ist aber der Werth, den » annehmen würde, wenn die Phasen 
der elektrischen Verschiebungen X im Äther und x im Molekel gleiche 
Riehtung haben und ohne Reibung unter dem Einfluss ihrer eigenen 
Anziehungskräfte vor sich gehen, die in der Constante a’ zusammen- 
gefasst sind. 


m 
Wenn @ >— und daher P reell ist, bezeichnet P eine andere 
€ 


kleinere Schwingungszahl, welche eintreten würde, wenn die genannten 
beiden elektrischen Kräfte einander gerade entgegenwirken. 

Die in den Gleichungen (15°) für die beiden Tangenten gegebenen 
Werthe zeigen, dass, wenn die Reibungsconstante % sehr klein ist, 
die Tangenten nur dann endliche Grösse haben können, wenn auch 
ihr Nenner nahe gleich Null wird, d.h. n nahehin gleich N oder 
gleich P wird. Wenn dies eintritt, so wird für n = P der Winkel 
Sr = für n = N dagegen I, = - 


y 


Sitzungsberichte 1892. 99 


1102 Gesammtsitzung vom 15. Dee. — Mittheilung vom 27. Oct. 


Das Verhältniss der beiden in (14°) und (15°) gegebenen Tangenten 
findet sich: 


tang 9, : tangS, = (N — ?): (PP — 9). 


Da zum absolut grösseren Werth der Tangente auch der grössere 
Sinus gehört, und für Winkel die nahehin = o oder = = sind, das 
Verhältniss der Sinus mit dem der Tangenten zusammenfällt, so er- 
giebt sich hieraus, dass der in den Gleiehungen (14°) und (14') vor- 


2 


kommende Factor "fürn = o den Werth hat, also grösser als 
fe) 


SID, iD: 
Eins ist; fürn = oo dagegen wird sin 9, = sin S.- 
Der genannte Factor wird steigen, bis n = P geworden ist, 
I 2 2 . . 
wird = I sein, wenn n’ = — (P?+ N’); wird noch weiter abnehmen, 
D) 


bis n— N geworden, endlich wenn n sehr gross, wieder zunehmen, 
bis er für n = co wieder = ı geworden ist. 
IS 

Wie schon früher hervorgehoben, ist C — n das Brechungs- 


verhältniss zwischen leerem und belastetem Ather, dagegen 


ist der Erlöschungseoeffieient für eine Wellenlänge der betreffenden 
Strahlen, dessen Werth sieh auch aus (14°) und (14) ergiebt, gleich 


— tang (9, —- SE MR 
2 


während 


i a sine) Ns 
en 


Für kleine Werthe von % ergiebt sich aus den vorher angestellten 


. . I . 
Betrachtungen, dass der hier vorkommende Winkel — ($,— S,) bei 
2 


T 


n=o sehr klein ist, bei n= P ziemlich schnell bis nahe an — 
2 


steigt und bei n = N wieder ebenso schnell auf seinen früheren 
kleinen Werth zurückgeht. Sein Sinus ist also für n = o, wie für 
2 = ©0, sehr klein, zwischen n=P und n= N dagegen wird er 
nahe gleich ı, und wird also nach Gleichung 16° zwischen beiden Linien 
starke Absorption hervorbringen. 


von Hernunorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 11035 


Die Werthe des Brechungsverhältnisses dagegen ergeben sich aus 


Be - siny, Na 
Er ee e | de 


sie werden also in dem ganzen Streifen starker Absorption herab- 


obigen Gleichungen: 


gedrückt gegen die durch den Ausdruck ] an dargestellten Werthe. 
Letztere sind aber, wie wir gesehen, auf der Seite vom Absorptions- 
streifen gegen das Roth hin höher als auf der Seite gegen das Violett 
hin. Es zeigt dieses Verhältniss also anomale Dispersion an für 
die neben dem Absorptionsstreifen sichtbar bleibenden Farben. 

Bei den farblos durchsichtigen Körpern, bei denen gewöhnlich 
die Brechungsverhältnisse untersucht worden sind, finden wir in dem 
sichtbaren Theile des Speetrum keine deutliche Absorption, diese 
kann nur jenseits der Grenzen desselben vorkommen. Der Verlauf 
der Curve der Brechungsverhältnisse, wie er der viel gebrauchten 
Formel von Caucav zu Grunde liegt, stimmt in unserer Theorie mit 
dem Theil der Curve für Werthe von n, welche kleiner sind, als P. 
Es wären also im Allgemeinen die Absorptionsstreifen, welche dies 
veranlassen, jenseits des Ultraviolett zu suchen. Natürlich ist nicht 
ausgeschlossen, dass auch Molekeln vorkommen können mit mehreren 
eigenen Schwingungsperioden, die mehrere Absorptionsstreifen und 
entsprechend verwickeltere Brechungsverhältnisse geben. 

Zu bemerken ist noch, dass in stark absorbirten Stellen des 


I ER: r . 
Spectrum, wo der Factor cos — (S,—,) sehr klein wird, unsere Theorie 


- 


die Möglichkeit offen lässt, dass Brechungsverhältnisse kleiner als 1, 
oder Geschwindigkeiten höher als im leeren Äther vorkommen, wie 
das nach den Untersuchungen von Hrn. Kunpr in einigen Metallen 
der Fall ist. 


Fälle mit imaginärem P. 
Die Fälle, 
or IT, 


bei denen P imaginär wird, ergeben einen anderen Verlauf. In diesen 
wird tang(S,) immer negativ, also $, > — und desto grösser, je höher n; 
2 


wenn % klein ist, ist $, immer nur wenig von = unterschieden. Da- 
gegen verhält sich $, wie in den früher besprochenen Fällen. Sobald 
n den Werth N passirt hat, wird auch S, sich schnell dem Werthe 7 


Se)“ 


1104 Gesammtsitzung vom 15. Dee. — Mittheilung vom 27. Oct. 


de (=% ß . N 5 : 
nähern. ———, welches vorher immer wenig kleiner war als ein 
22 


Rechter, wird für >N klein werden, und erst für solche Werthe 
würde also die Dämpfung schwach werden, so dass die betreffenden 
Strahlen gesehen werden könnten. Die Brechung würde ein Minimum 
in der Gegend von n = N erreichen, von da ab, wo die Strahlen 
anfangen sichtbar zu werden, weiter steigen und endlich für n = © 
den festen Werth =ı asymptotisch erreichen. Körper von diesem 
Typus der Brechung lassen sich unter den bisher untersuchten noch 
nicht erkennen. 


Phasendifferenz. 


Zu bemerken ist noch, dass aus Gleichung ı 3° folgt: 


b Barry) ir 
En ne okalie Yanpeize) von ante ee hie 16 
B+b bo 
Aus 13° aber folgt: 
B-+b BD 
De 


da andererseits 


gefunden ist, ergiebt sich 


b er I + 
C Verurpop: 
Daraus geht hervor, dass eine Phasendifferenz zwischen den magneti- 


| I 
schen und den ponderablen Schwingungen besteht, welehe — (S,+%,) 
22 


e7 


beträgt. Das Verhältniss ihrer Amplituden wird durch den ersten 
Factor bestimmt: 


I 
Vermporpi 

Die Grössen 7, und 2, können nieht Null werden, aber sie werden bei 
kleinem Werthe von k sehr klein, wenn entweder n = N oder n—=P. 

Die Gleichung (13°) lässt erkennen, dass zwischen der Osecillation 
der elektrischen Momente und der der Jonen auch eine Phasendiffe- 
renz ist. Setzt man 

A MAN PN 6OSR, 
kn = p,:sinS,), 


\ . rg‘ . a BY 
von Hernnorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 1105 


so Ist 


l 
EU RL. 


B j 


i9: 


ON ns 


Das Verhältniss der Amplituden wird ein Minimum, wenn 


"= —(P+ N) 

Starke Schwingungen dieser Art würden möglicherweise die 
Jonen aus ihren Verbindungen reissen können, namentlich wenn noch 
eine elektrostatische Ladung der Substanz hinzukommt, und bei allen 
Substanzen, wo starke Absorption an der Grenze des Ultraviolett 
vorkommt, würde die von Hrn. Hrrrz beobachtete Entweichung der 
Elektrieität unter dem Einfluss der ultravioletten Strahlen eintreten 
können. Dass überwiegend leicht negative Elektrieität ausströmt, weist 
allerdings auf eine besondere Beschaffenheit der negativen Jonen hin. 


Verhalten in nieht absorbirenden Medien. 


Wenn der Absorptionscoeffieient k=o ist, ist A reell, und die 
Fortpflanzungsgeschwindigkeit 


6 I S /ı-h ) 
= —_l SS ae FRA 1 
p Be AE \ 7 
wird alsdann rein reell.e. Der erste Factor dieses Werthes 
= I . ! 
U ee er I ER OL EEE 12 
h AVeu \ 


ist bekanntlich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes im con- 
tinuirlichen Ather, und für reelle Werthe ist 

Ih de 7— mn? 

ih ae — mn’ — ı ; 


Dieser Factor ist positiv und das Verhältniss C:6, = ı:n demnach 
reell, wenn entweder 

m’ <ae—ı 
oder 

m’ > (dc -+ 1. 


Der erste Fall ergiebt constant werdendes Brechungsverhältniss für 
langsamere Schwingungen; die Geschwindigkeit ist in durchsichtigen 
nicht absorbirenden Medien kleiner als im Vacuum. Der zweite Fall 
ergiebt constant werdendes Brechungsverhältniss für sehr schnelle 
Schwingungen, und das Brechungsverhältniss kleiner als Eins. Der 


1106 Gesammtsitzung vom 15. Dee. — Mittheilung vom 27. Oct. 


erste Fall entspricht also besser den Beobachtungen an den bekann- 


teren sehr durchsichtigen Medien. 
2 


a 2 
Wenn wir bemerken, dass — = N das Quadrat der Schwingungs- 
m 


zahl der vom Ather befreiten Jonen bezeichnet, so wird 


s I 
N —n? — — 
Sk m 
el 
z Non 
m 
G 
und da % = — ist, kann män setzen 
n 
2 72 G 2 2 
(E-&)(N,-—;)+E +) 
2 2 54 ”G 9) 22 0) ; 
EI ae) er > ZEN 0 


SE Mei ER 
Gere gen. (8 eV (m een &)+ 
2 \ m 


Da &° <6, sein soll, kann nur das untere Zeichen gelten. 
Dürfen wir 


2 I >. 
r&|— —- N 
m 
als klein ansehen, so lässt der letzte Ausdruck eine Entwickelung der 


Wurzel zu 


u 
6 a 
N: 72 AL (4 ce 2 
m 
ee 
BL m 
N! 
ne 
,, & 
Be . u 2 nz 
IH m_i 
m 


Dies ist eine Formel, die sich der von Gaucenv nähert, wenigstens 
für Medien mit kleiner Dispersion, in der TI als klein gegen N be- 


trachtet werden kann. Denn dann kann man annähernd die Wurzel 


. N . 7 
von Hermsorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 1107 


durch den binomischen Satz aus der letzten Gleichung ausziehen, und 
erhält 


Polarisation dureh Breehung. 
Elektrische Schwingungen in der Einfallsebene. 


Für den einfallenden Strahl sei beim Einfallswinkel & die ya- 
Ebene die Einfallsebene, die Amplitude der magnetischen Schwingung €, 
dem z parallel; die der elektrischen Schwingungen liegt dann in der 
Einfallsebene, hat den Betrag nach Gleichung (13°) und (14) 


Dr I 
C  &.Ar-(i+h 


und der Winkel zwischen diesen Schwingungen und der y-Axe ist 
gleich dem Einfallswinkel «, und ihre in die Richtung der y fallende 
Componente ist also 

C.» cos a 


GAu(ı +4) 


Die Grenzbedingungen ergeben sich aus den Gleichungen 12" und 
ı2° dadurch, dass an der Grenzfläche die dort nach x genommenen 
Differentialquotienten nicht unendlich werden dürfen, d.h. dass die 
Werthe, von denen sie genommen sind, ebenda nicht discontinuirlich 
N } a und — 

€ € m 


N —=ıBec0so = 


sein dürfen. Es müssen also die Werthe von 


sowie — auf beiden Seiten der Grenzfläche gleich gross sein. Bezeich- 
” 


nen wir die Grössen, die sich auf das Mittel des einfallenden Strahls 
beziehen, mit dem Index ı, die des gebrochenen Strahls mit dem 
Index 3, so ist also an der Grenze zu setzen: 

ı. Für den einfallenden Strahl: 


Vz er) 


== COS & 


1108 Gesammtsitzung vom 15. Dee, — Mittheilung vom 27. Oct. 


2. Für den gebrochenen Strahl: 
N, 2 

Br 

N, ih Be —b 


— 3.c0sß. 


3 &z 


3. Für den gespiegelten Strahl: 


N. zB mb. 


— — 2.08% 
& & 
N, C, 
Kı KM, 
Nach Gleichung 13° ist für die verschiedenen Indices 
B—b As 
= ——=(.A.: 
C p 
oder 
B,—b 
I 1 % 
= C, £ 6, „A 
& 
B,—b, 
en === G,.&,-A 
&, 
B,—b 
=) er &,.0,. A 
o =) 
€. 
3 
Die Grenzbedingungen fordern also 
C+6, C, 
” Ze herngungpionläctenik, ' | 
| lt 
und \ 
(0 CAR eos — 0, AB. cos 2 


Da die Wellenphasen an der Grenztläche x = o, beiderseits mit gleicher 
Geschwindigkeit fortlaufen müssen, ist bekanntlich 


G, = ß, 
sind sin® 


und die Gleichungen I ergeben 
u (GC, +0) cosß - sinß = (©, —C;)- cosa -sin«..... | I> 
Mı 


Da u, und u, bei den bekannten ungefärbt durchsichtigen Körpern 
kaum unterschieden sind, kann man ihr Verhältniss gleich ı setzen, 
und erhält 


C, (sin2ß — sin2a) = — (, (sin (26) + sin 2a) 


von Herunorrz: Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 1109 


also C, = o, wenn 
sin 28 = sin 2@, 
was eintritt, wenn ta = =. 
Es ist dies der Fall, wo der refleetirte Strahl: auslöscht. Die 
Grösse des Polarisationswinkels entspricht Fresser's bekanntem Ge- 
setze, und zwar für alle Farben. 


Magnetische Schwingungen in der Einfallsebene. 


Wir bezeichnen wieder die Amplitude derselben in den drei 
Strahlen mit C,, C,, C, und die der elektrischen mit B,, B,,B.. 
ur) 2 3 I 2 i) 
Die Grenzbedingung für die magnetischen Osecillationen wird 
0G—6, C. 


?.c0osa = — cosß 
m u, 


DEN BEN. GR 
Zi -F x BET I 


Indem wir diese Grössen wieder durch die entsprechenden C aus- 
drücken, erhalten wir 


[+ 0]%-A= 0,84 


oder wenn wir u, = 4, setzen: 
(GC) =c0s&.sin& = (C, + Ö)sina .cosß ........: | Ik 
@ssm (Ba), Gina Bliss... EN E ls, 


was FresseL’s bekannter Werth für die Intensität des reflec- 
tirten Strahles in der anderen Polarisationsrichtung ist. 

Sobald Absorption stattfindet, haben wir, wie bekannt, elliptische 
Polarisation. Ihre Gesetze sind aus der vorgetragenen Theorie ohne 
Lücke abzuleiten. 


Ausgegeben am 22. December. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


Sitzungsberichte 1892. 100 


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TEE 


1892. 
LIV. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


22. December. Sitzung der physikalisch -mathematischen Ulasse. 


Vorsitzender Secretar: Hr. E. pu Boıs- REevmonv. 


1. Hr. Fucus las über die Relationen, welche die zwischen 
je zwei singulären Punkten erstreckten Integrale der Lö- 
sungen linearer Differentialgleichungen mit dem Üoefficien- 
ten der Fundamentalsubstitutionen der Gruppe derselben 
verbinden. 

2. Hr. Kunpr legte vor eine Mittheilung der HH. DD. H.E. J. 
G. pu Boıs, Privatdocenten der Physik, und H. Rusens, desgl. und 
Assistenten am physikalischen Institut hierselbst, über Polarisation 
ultrarother Strahlen beim Durchgang durch Metalldraht- 
gitter. 

Beide Mittheilungen folgen umstehend. 


Sitzungsberichte 1892. 101 


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1113 


Über die Relationen, welche die zwischen je zwei 

singulären Punkten erstreckten Integrale der 

Lösungen linearer Differentialgleichungen mit 

den Coeffieienten der Fundamentalsubstitutionen 
der Gruppe derselben verbinden. 


Von E- Ruens. 


I. folgende Notiz nimmt auf meine Arbeit im 76. Bande des 
Creize’schen Journals S. 177 ff. Bezug, welche den Titel führt: »Über 
Relationen, welche für die zwischen je zwei singulären Punkten er- 
streekten Integrale der Lösungen linearer Differentialgleiehungen statt- 
finden«. In dieser Notiz soll auf die Rolle hingewiesen werden, 
welche die Coeffieienten der Fundamentalsubstitutionen der Lösungen 
der Differentialgleichung in jenen Relationen spielen. Zu diesem Ende 
ist nur eine etwas veränderte Schreibweise der rechten Seite der in 
der eitirten Arbeit mit (S) bezeichneten Gleichung erforderlich. Durch 
diese Schreibweise tritt der Umstand besonders hervor, dass die rechte 
Seite der Gleichung (S) lediglich von den Coeffieienten der Funda- 
mentalsubstitutionen der Gruppe der Differentialgleiehung abhängt. 
Dieser Umstand aber bringt es mit sich, dass die Relationen (S) und 
(T) einen invarianten Charakter haben, in dem Sinne, dass sie für die 
gesammte Ülasse von Differentialgleichungen, zu welcher eine vor- 
gelegte Differentialgleichung gehört, die gleiche Form beibehalten. 
Diese Invarianz macht es möglich, gewisse beschränkende Voraus- 
setzungen, welche in der oben eitirten Arbeit über die Wurzeln der 
determinirenden Fundamentalgleichungen gemacht worden sind, auf- 
zuheben. Indem wir dieses in gegenwärtiger Notiz nachweisen, haben 
wir, um Complieationen in der Darstellung zu vermeiden, hier noch 
vorausgesetzt, dass die Differenzen zweier jener Wurzeln, wenn sie 
nicht sämmtlich ganzzahlig sind aber zum Auftreten von Logarithmen 
keine Veranlassung geben, nicht zum Theil ganzzahlig sein sollen, 
und behalten uns vor, an anderer Stelle diesen Punkt einer beson- 


1012 


1114 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


deren Erörterung zu unterwerfen. Ebenso haben wir die Anwen- 
dungen, welcher die Relationen (S) und (T) fähig sind, für eine 
andere Gelegenheit aufsparen müssen. 


1. 


Wir behalten hier, mit einigen unwesentlichen Abänderungen, 
die Bezeichnungen der Abhandlung in B. 76 des Crerre’schen Journals 
S.177-—213, die wir im Folgenden mit dem Zeichen Abh. eitiren 
wollen, bei. 

Es sei hiernach 


Ha) = le -a)a a)... =a)le -b)& 5)... @ 6) 


n 


19 — We 
(B) [v]; =» Fu- 4) @—1)(&) ä F(x) Ua 
o 
wo F(x) eine ganze rationale Function #“" Grades von x bedeutet, 
und wo 
(1) 7 ro 
gesetzt ist. 

Wir haben mit a,,4a,,...a, diejenigen singulären Punkte be- 
zeichnet, in welchen sich die Integrale so verzweigen, dass nicht 
ihre Quotienten sämmtlich ungeändert bleiben, mit db,,b,,...b_ die- 
jenigen, bei deren Umkreisung sämmtliche Integral-Quotienten un- 
geändert bleiben. 

Die zu Gleichung (B) adjungirte Differentialgleichung: 


(6) [2] Te Zi ı)° em ns a ı,(%) . Rin)2] =—=(0) 


bringen wir ebenfalls in die Form: 
n 


„ N y a SE 
2) [2]? = I,0n-0 Gn®) Er) 0, 
{0} 


G,(x) eine ganze rationale Funetion von &. 

Wir setzen vorläufig noch wie in Abh. voraus, dass die Wurzeln 
der zu a,,@,,...a, gehörigen determinirenden Fundamentalgleichungen 
in ihren realen Theilen negativ und grösser als die negative Einheit 
sind. Dann haben! auch bei der Gleichung (C) die Wurzeln der zu 
A,,Q,,...a, gehörigen determinirenden Fundamentalgleichungen die 
gleiche Eigenschaft. 


7 'S. Abh. 8.180. 


Fuens: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 06) 
Setzen. wir 
AN ——,H (n — x) PN) z F(x)*, 
und bezeichnen mit A, diejenige Function von &, welche aus A, durch 


Vertauschung von x mit & hervorgeht, sowie mit P, den Ausdruck 


x 


en | \ ul RE 
———, so hat der in Abh. S. ı78 eingeführte Werth U die Form 


Pe) 
2 op. ep. 0 
(3) Ü —- Fr‘ P% + ‘ TIER are = um in 2 or orr® Ere 7 N} Fa . 
dw dw dx" 
Es sei 9,,.9,,...9, das zu <= 00 gehörige Fundamentalsystem 
I 2 n fo) fo) © 
von Integralen der Gleichung (B), &,,&,,...Ld, das entsprechende 


Fundamentalsystem von Integralen der Gleichung (C), und zwar der- 
art, dass 9,, Ö, adjungirte Integrale darstellen. 

Herner bedeute 9,.,n,.. 0... das. zum!singulären «Punkte a 
gehörige Fundamentalsystem von Integralen der Gleichung (B), 


Ga near Om 


das zu demselben singulären Punkte gehörige Fundamentalsystem von 


#“+ 1 


Integralen der Gleiehung (C), derart, dass wieder n,,. £,, adjungirte 
Elemente sind. Wir setzen, wie in Abh. S.ı9o0: 


S 


c 


ur 


(4) i 
& 3 > ae a ? 
so ergiebt sich: ” 
(5) DR Doc: — Oase 


(0) > bi Ci —eln 
I 


wenn über die willkürlichen Faetoren in n,, &,, sowie in N, &u , auf 
dieselbe Weise wie in Abh. S.193 Gleichung (8) und 8.195 Gleichung (3) 
disponirt wird. 


Sind 7,, 73, ... 7, die Wurzeln der zu a,,, gehörigen determini- 
renden Fundamentalgleichung, für Gleichung (B), so fanden wir 
im Abh.:S. 206: 


(S) N dx 


n A,-+1 


+1: Ayo n at i 
7 = 
j da» Un, = (1m D DuCa —— 


r 
a" la 
ee SINE 


! Abh. S. 179. 
2 Cf. Abh. S. 194 — 195. 


1116 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


Au-+ı A, I 
(T) de (de-Uny= o 


a, a, 


x=1I,2,...25 


an ER le 


(a,, @,,, von jeder der Grössen a,, a,,, verschieden). 


In diesen Ausdrücken bedeutet 3, diejenige Funetion 
aus C, durch Vertauschung von x mit & hervorgeht. 
Bezeichnen wir die Substitution 


OR MAR, 
(7) mit D, 
by. A an Be 
die Substitution 
AO © 
2 AS 4 
(8) EN mit L 
0.20, 78 
A =: e? Trail 


a . 


von , welche 


und endlich die Substitution, welche das Fundamentalsystem 


Ns Mas Mn 
durch einen Umlauf um a,,, erleidet, mit S,, so ist: 
(9) SS. eBLD 
Wir wollen 


, Ir» *»*- Iın 
(10) Su £ 


Inı a ee SR Inn 


setzen, und nunmehr um Complicationen zu vermeiden, zu den oben 
über die Wurzeln der zu a,,... a, gehörigen determinirenden Funda- 


mentalgleichungen gemachten Voraussetzungen noch die hinzufügen, 


dass nicht die Differenz zweier einer ganzen Zahl gleich ist. 
Alsdann ergiebt sich,' dass die Verhältnisse der Coeffieienten der 
Substitution B”', folglich auch die Verhältnisse der Coefficienten 5, 


sich rational durch die Grössen g, und A, ,%,,-..A, 
stimmen lassen. 
Aus den Gleichungen (5) und (6) folgt 


(11) a. 
AN 
wo A die Determinante 
Dr bin 
(1 2) | A=|: 
DEAD: 


IS. m. Arb. Crerre’s Journ., B. 66, S.133, woselbst 9; mit 
zontalreihen von (B)-! typisch mit x, , %2 , ... #„ bezeichnet sind. 


vollständig be- 


car und die Hori- 


. . . . . lud 
Fuc#s: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 1117 


und 
0A 
I Bı= 
( 3) »l ob, 
Wir setzen (11) in Gleichung (S) ein, und erhalten 
Y%+ı fUu+2 ) 
Ss’ da IMs (Zı)-2mi-N =, ago 
( ) A fe N, = ( j" Neue nd .n 
+1 
wo 
DB 
ER l A ia 
(14) AR) — er 


Die Grössen A sind nur von den Verhältnissen der Grössen 


bia$ Öza> --- du. abhängig. Es ergiebt sich also: 


1a» 

Die Grössen 4% sind wohlbestimmte rationale Func- 
tionen der Grössen A,,A,,.-. , und 9;, sie sind daher ledig- 
lich dureh die auf Urı bezügliche Fundamentalsubstitution 
bestimmt. 

Die Gleichungen (S’) repraesentiren hiernach n’ Glei- 
chungen für die n? Coefficienten 9, der zu a,,, gehörigen 
Fundamentalsubstitution des Fundamentalsystemes 


N,> Na> - +» I 


Betrachten wir nunmehr eine lineare Differentialgleichung 
! 
(1) Ay Ay al Ay® = oo, 


deren Coefficienten ganze rationale Funetionen von x, und deren Inte- 
grale überall bestimmte Werthe haben. Wir wollen für dieselbe die 
einschränkenden Voraussetzungen, welche wir in Abh. S. 183 —ı84 
über die Wurzeln der determinirenden Fundamentalgleichungen ge- 
macht haben, fallen lassen, und vorläufig um Complieationen zu ver- 
meiden nur Folgendes festsetzen: Die singulären Punkte b,,b,.... b, 
seien so beschaffen, dass die sämmtliehen Differenzen der Wurzeln 
der ihnen zugehörigen determinirenden Fundamentalgleichungen ganze 
Zahlen sind, ohne dass sie zum Auftreten von Logarithmen in ihrer 
Umgebung Veranlassung geben. Dagegen seien a,, a,,...a, singuläre 
Punkte, in welchen sich sämmtliche Integrale verzweigen. und für 
welche nieht die Differenzen zweier Wurzeln einer determinirenden 
Fundamentalgleichung ganze Zahlen sind. 
Ist nun 


(2) is N ae 2 Se ap 5) RR 


1118 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


N N 5; 


n—ıI 


rationale Funetionen von x bedeuten, so genügt 
u einer linearen Differentialgleichung r. Ordnung 


(3) Cu =+ Cu + ... + C,u” ==) 
derselben Classe mit (1). welche ebenfalls die singulären Punkte 
q,, ) 


besitzt, und deren Integrale denselbenFundamentalsubstitutionen 


us 2@ 


zugehören, welchen die Integrale von (1) unterworfen sind. 

Wir wollen jetzt zeigen, dass wir die rationalen Funetionen 
P,, P,,::. P,, so wählen können, dass die Gleichung (3) @ber- 
haupt dieselben singulären Punkte wie (ı) besitzt, und dass 
dresrealen Theile, der Wurzeln der aut a,,@,,..:.a, bezus, 
lichen determinirenden Fundamentalgleichungen zwischen 
Null und der negativen Einheit enthalten sind. 

Wir können zunächst durch eine Substitution der Form 


=— = —.} 
(4) y=(z-a) "(@—a,) ”°...(e a) 'w, 
wo die Grössen &,,&%,,...%, Null oder positive ganze Zahlen sind, 
aus (1) eine Differentialgleichung in :v herstellen von der Beschaffen- 
heit, dass die Wurzeln der zu a,. a,....a, gehörigen determinirenden 


Fundamentalgleichungen in ihren realen Theilen positiv sind. Wir setzen 
demnach voraus, dass schon die Gleichung (1) diese Eigenschaft habe. 

Sei nunmehr »m,— ı die höchste ganze Zahl, welche in den realen 
Theilen der Wurzeln der zu a, 
mentalgleichungen enthalten ist, alsdann werde 


gehörigen determinirenden Funda- 


nm Ina 


(5) I(2) =A2—- a) ea) 2.2. a,) 


gesetzt. 
Sei ferner 


(6) ve) Ne Sa) a Na) 
und 
pa) (@)” ne | 
P De A ON Narnao We —— 
(7) „(@) a 
wo ®,(2), ®,(&),. -. ®,_,(&) noch näher zu bestimmende ganze rationale 


Funetionen bedeuten. 

Wir wollen alsdann in Gleichung (2) für P,(&) die durch die 
Gleichung (7) bestimmten rationalen Funetionen setzen. 

Bezeichnen wir mit r,,7,;,... r„ die Wurzeln der zu einem Punkte a 
gehörigen determinirenden Fundamentalgleichung, wo a aus der Reihe 
Q,,@,,...a, entnommen ist, und mit y,,%,,...%, das bezüglich zu- 


gehörige Fundamentalsystem von Integralen der Gleichung (1). Sei 


Fucns: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 109) 


ferner 'r, diejenige der| Grössen r,,r,,...r,, deren realer Theil die 
höchste ganze Zahl m — ı (die oben dem Punkte a zugeordnet worden) 
enthält. Wird $,(a) von Null verschieden angenommen, so gehört «, , 
welehes aus (2) durch die Substitution y = y, erhalten wird, zu einem 
Exponenten, dessen realer Theil zwischen Null und der negativen 
Einheit gelegen ist. Möge der reale Theil von r, die grösste ganze Zahl 
m—ı-—p, enthalten (p, eine positive ganze Zahl oder Null) und sei 


(8) MEICHUE ae. N RN 
gar wollen wir 6.0, ,.. 2, so einrichten, dass 
=D: Ar Se rast De V Er. Karte D I: zZ 
| la Kal Er ea Aa Green 
ale ie ia I a er II a n—I 
+...+rlr, 1)... —n-+2)- Ara NG (6,_,V | 


+r, +ı)r,°— Er N (8,4?) + 


: E 
BD n—I WR 
Be (U) a 


76 Ne: air ne + FA) (+ — ee He 


er 
Wenn in diesen Gleichungen successive a = 2, 3,...n gesetzt wird, 


so erhalten wir für A= o n—ı Gleichungen für die Unbekannten 
DIA BNA), 2.0, Q).: 

Ebenso erhalten wir für X! =ı n-—1ı nu für die Un- 
bekannten &,(a), ®,(a), --. ®n_1la); $,(a), Bla), ... P,_.(a), ebenso 
für i=2n-—1 Gleichüngen für (die Unbekannten" #,(e),' ®,(@); ..: 
2, (a Dora), a) la), BR a),’. :. HN (a) U. s. w. 

Denken wir uns die Grössen r,,r,,...r, so geordnet, dass 

m PD, 00 Dh 
so liefern die Gleichungen (9) demnach für die Unbekannten 
6% (a), (a), I ) BO. dl 
im Ganzen p, (n — ı) Gleichungen. Da die Anzahl der Unbekannten 
gleich p,n ist, so sind die Gleichungen immer erfüllbar. 
Dieselbe Schlussweise bleibt für jeden der singulären Punkte a, gültig. 


n 


1120 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 22. December. 


(10) 4.) = at — a,)®t' ee ayea 2 


9 Ia + I c® 


> 2,2, («—a,) 


worin C% 


willkürliche Grössen, /, positive ganze Zahlen bedeuten. 
Nach dem Zusammenhange, welcher aus der Theorie der Zerlegung 
einer rationalen Function in Partialbrüche zwischen den Grössen (0 
und den Werthen we sich ergiebt, folgt daher, dass auch 9 (a,) 
IE AG, Lee. Dior, RE 1 Dt pwallkuckeh 
vorgeschrieben werden dürfen. Ist daher A = /, mindestens so gross 
als der höchste Index A der im Gleichungssystem (9) für a = a, auf- 
tretenden Grössen ®y’(a,), so ergiebt sich demnach, dass wir stets 
n ganze rationale Funetionen 6,(2),'0,(8),:.. d,_,(@). von der 
Beschaffenheit angeben können, dass $/)(a,) den (pa + Pa + -- 
+2p,) (a — 1) Gleichungen genügen, die sich aus (9) füra = a, 
G,,... a, ergeben, wenn.p, für den singulären Punkt a, die- 
selbe Bedeutung hat wie oben allgemein p, für den singu- 
lären Punkt a. 

Da die Wurzeln der zu a, gehörigen determinirenden Fundamental- 
gleichungen sich nicht um ganze Zahlen unterscheiden, und da die 
höheren Ableitungen ®,’(a,), die noch nicht im Gleichungssystem (9) 
(für a = a,,a,,...a,) auftreten, ebenfalls willkürlich wählbar bleiben, 
so ergiebt sich, dass daher (8). ®,(&),...®,_,(&) noch so gewählt 
werden können, dass in (dem Resultat der Substitution von %,; 
für y in (2)) nicht höhere et von £—a, verschwinden, als es 
die Gleichungen (9) erfordern, so dass die realen Theile der Wurzeln 
der sämmtlichen zu a, ,ay,...a, gehörigen determinirenden Fundamental- 
gleichungen bei der Gleichung (3) zwischen Null und der negativen 
Einheit liegen. | 


la a 


Hiermit ist das am Eingange dieser Nummer ausgesprochene 
Theorem bewiesen. 

Für den Fall, dass bei Gleichung (1) unter den Wurzeln der zu a, 
gehörigen determinirenden Fundamentalgleichung eine solche sieh be- 
findet, deren realer Theil ganzzahlig, also unter den Wurzeln der 
entsprechenden Fundamentalgleichung bei (3) eine solche, deren realer 
Theil Null, wenden wir auf Gleichung (3) die Substitution 


u) u= (et — a)" (x — a): .. (a — a)‘ .Ww 


an, wo g, eine reale positive zwischen Null und Eins gelegene Grösse 


bedeutet, von der Beschaffenheit, dass r,, — & > Pas — &a >: Tan — & noch 


Fuchs: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 1121 


immer zwischen Null und der negativen Einheit gelegene reale Theile 
haben, während e, die Null ist, falls sich unter den Wurzeln der zu a, 
gehörigen determinirenden Fundamentalgleichung bei (3) nicht eine 
solche befindet, deren realer Theil Null." 
Sei wiederum die Fundamentalsubstitution der Integrale der 
Gleichung (1), welche dem Umlaufe um a,,, entspricht 
I DT Iın 
=|: | 
Rate 
so ist dieses auch die Fundamentalsubstitution der Integrale der 
Gleichung (3), welche demselben Umlauf entspricht, während die In- 
tegrale der Gleichung in w (die aus (3) durch die Substitution (11) 
hervorgeht) für denselben Umlauf der Substitution 


II 24575 In 


unterliegen, wo J= e 72%... 

Es sind aber auf Gleichung (3) oder die Differential- 
gleichung für w die Relationen (S), (S’) und T unmittelbar 
anwendbar, aus welchen sich alsdann die Beziehungen für 
die Substitutionscoefficienten g, bei Gleichung (1) ergeben. 


3. 


Die Gleichungen (S’) und (T) repraesentiren Relationen zwischen. 
den Coeffieienten der Fundamentalsubstitutionen der Integrale 9,.9,....n, 
und den bestimmten Integralen der Form 


A,+1 
(1) Ir lun.de 
a, 
du -ı 
() 22 = (ertar. 
a 


7 


Man erkennt, dass diese Ausdrücke den Gleichungen 


(3) elenui —M, amip,, 
(4) BD mn. 


* 


wo M, den Factor bedeutet, mit welchem », bei einem nur um die Punkte 


US. Abh. S. 208. 


1122 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 22. December. 


4,,dy,...a, vollzogenen Umlauf multiplieirt werden, und die Grössen 
Ks, ganze Zahlen oder Null bezeichnen. Die Ausdrücke J®, H® 


bedeuten in den Gleichungen (3) und (4) bez. die Integrale 


» dt, (tl, 
Jane ! je Felck 


a dt 


7 P] 
> 5 


erstreckt längs des von a, über a,,a,,...a, führenden Schnittes, und 
zwar auf demjenigen Ufer desselben, welches dem Ufer gegenüberliegt, 


längs dessen die Integrale J% 


„u? 


Hu Düne 2 222 vollzogen sind. 


Setzen wir in Gleichung (B) y = „,, multiplieiren dieselbe mit «*, 
und integriren zwischen den Grenzen a,,q,}, so erhalten wir mit 
Rücksicht darauf, dass die realen Theile der Wurzeln der zu a,,qa,,.. .@, 
gehörigen determinirenden Fundamentalgleichungen zwischen Null und 
der negativen Einheit gelegen sind, durch wiederholte Anwendung 


der theilweisen Integration 


du,-ı 
(5) feln.de —a) 
a, 
Ebenso ergiebt die Integration von (C), nachdem wir 2 = d, gesetzt 
und mit x" multiplieirt 
Ayı 
(6) J1arl.2.de oh 


[2 


M 


Die Grössen [x], und [x], sind, wie aus Nr. ı hervorgeht, ganze 
rationale Funetionen von x vom Grade x(r—ı)-+ a. 


Wird suecessive dA =.0/,1, 2. ....in. (5); und (6), gesetzt,!so 
ergiebt sich das Resultat: Sämmtliche Grössen Ji% lassen 
Siehsdurch JU, JH nn Jan und sämmtliche Grössen, 
durch Hure, Be 22, linear undhomogen. darstellem 


4. 


Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich, dass die Coefficienten der 
Fundamentalsubstitutionen der Integrale 9,,9,..., vermittelst der 
Gleichungen (S’) mit den Grössen J®, A füra=0,1, 2,...n(r—ı)—1, 
und den Parametern der Differentialgleichung (B) algebraisch ver- 
bunden sind. Zwischen den Grössen J®, H% bestehen überdies die 
Gleichungen (3) und (4) voriger Nummer, deren Anzahl gleich 2n’(r— ı) 
(nämlich für a = 0,1, 2...n(r—ı)—ı, x =1,2...n) und die im All- 


gemeinen 2n°o(e — 3) Gleichungen repraesentirende Gleichung (T). 


Fucens: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 1125 


Indem wir uns vorbehalten auf diese Relationen, ihre Reduetion 
und ihre Anwendungen bei anderer Gelegenheit näher einzugehen, 


beschränken wir uns hier darauf noch die Reehnungen für ı und 
n = 2 auszuführen. 
Es sei 
ler}, 
(1) (yı = Fe). Yy + File) y = 0 
(2) [2], = [-F._, (a) + Fia)]az + F(a)2’= 0 
Sei 
N 
Fe_(®) &, %, N, (vb 
(3) Te +... + 1 +..4 | 
F(x) —a, x —-a ı—b o—b 


wo die realen Theile von &,,...«, positiv und kleiner als Eins, und 
ß,,...9, ganze Zahlen bedeuten. Dann ist 


4) n=le -a) '..@— a) rw a HT M (a B.\ 9 
6) g=Ww- a"T"...@— a) (# un d,/ı=" NE u 


Bezeichnen wir mit N,>» . das zu 4 eehörige Integral bez. der 
mM m „I 8 fen) > 
Gleichungen ( l ) und (2) .„ s0 ist 


(6) ea, 
und es wird nach einem Umlaufe von x um a,,,,n und £ bez. in 
6) “mi ? 24 m . RL 
Nas tl md det et übergehen. Auf‘ der rechten Seite der 
Gleichung (S) haben db und ce den Werth Eins. 
Es wird ferner 
Y r \ 
'_()—- F_(a . d[F(&) — Fla) 
(7) U= — + 


c—ıu dx x & 


’ 


und (5) und (T’) nehmen die Form an 


Ayu-hı "dat m au kıi 
(8) de Ide-Um = 
Sin mar, 


Ay Ay 


"+ PAyrı 
(9) dx da » Um == 0 


“ « 


[ER du 
wo 3 aus & durch Vertauschung von x mit & hervorgeht. 
Betrachten wir den besonderen Fall, dass die Gleichung (1) mit 
ihrer adjungirten übereinstimmt. Hierzu ist nothwendig und hin- 
reichend, dass 


(10) F 


1124 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


Es fallen alsdann die Punkte d,,...d, weg, und es wird 


I 
u, =m=U,... I IF Zi 
Die Gleichungen (ı) und (2) werden: 
(1) Fa)y'+ —F (a9) 0 
(22) Fix)2’+ - Fl0)27 0 
Ferner ist 
(4) = 
j "YEla) 
(5) = — 
; VFle) 
Ela) # I|F(x) — F 
ee 
du-1 du-2 ? 
(8°) fa fe: —= — ES = m 
Ay Au-+ı 
Au-+ı ER 0% 
N VER VEG) 


Die Gleichungen, ei (09), sind unter Berücksichtigung der ab- 
weichenden Bezeichnungsweise vollkommen übereinstimmend mit den 
von Hrn. WEIERSTRASS' für die Periodieitätsmoduln der hyperelliptischen 
Integrale aufgestellten Relationen, wie ich schon in Abh. 8.177 an- 
gemerkt habe. 


I 2 
In diesem Falle ist 
(11) [y), = Fa)y = Ra) Hay Fr Bi a), 0 
ee ES nn] 19 > 2e ;E Pe 
x —ı dx De.) 
d? | Fix)” — Fa)’ 
da” 2 —& ; 


in Bezug auf jede der Variablen x und & vom 27 — 3°” Grade. 


! Programm des Braunsberger Gymnasiums August 1849 Nr. ı Gll. (4) und (3). 


Fuchs: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 1125 


Aus Nr. ı Gleichung (14) folgt 


(13) A? 7 we i Aa N Au? 
ae ER a Aw IR Aw) 


(14) Ab bb, 
Daher ist 
a A, — I 
As) —' I I s AU» EU ( I ) 
„.—A, 1,—A, 
P 
i A» Eve A =. Jia 
(15) \ a 
A®ı u A ig. Iaı i 
z 1,—A 


Bei dieser Rechnung ist zu berücksichtigen, dass A,,?, der 
Gleichung 


(16) N LEN NN = 
genügen, und dass 
(17) I 922 — I1292ı — ER 


Die Gleichungen (S’) werden daher, wenn wir 


Ay 1 Au 2 
(18) f@ ‚(ein ya, 


Ay du 1 
setzen: 
am 
a, = Pe 
(A, DE 1) (a 1) 
— 2m 
Ta g, 
: De (ne: 
R 1) @&- 1) 
— 2m a 
eo 
2m 5 
I [9 er les 


(A, = 1) (A, 42) 1) 


! Vergl. meine Arbeit CrELze Journ. B. 66 S. 133. 
® Bei dieser Gelegenheit möge ein Rechenfehler angemerkt werden, der sich in 
dem Beispiele Abh. S. 2ı1ı eingeschlichen hat. Aus den dortigen Gleichungen (15) er- 


1126 Sitzung der plıysikalisch- mathematischen Classe vom 22. December. 
BeirzuB. 
2 R 
20) Wh =slı DM” Hr eror+NYaly’—Bay=o. 


Setzen wir 


(21) Do pl oo 
also 
Belyeut- 2,0 = - (1—-o—p+2p), ß —_ Go 0 
Substituiren wir 
| — (1 + 6) (+ m) 
(23) y-« nr "U, 
so geht (20) über in 
(202) F(a) -u®+2F(a)-F(ia)wW + Au=o 
wenn wir 
(24) F(a) = a(@— ı), 


I 2° I 22 I 2 2 2 
(25) Jah, = Pur —,) (w — ar a are 


setzen. 
Die Wurzeln der determinirenden Fundamentalgleichung bei (20°) 


sind 
nie I I 
fr = 0: = Rt; te —=—lo 1) 
2 2 
I I 
DT = le Te we) 
3 I 3 I 
Sl ar era han 
2 2 2 2 


Setzen wir voraus, dass f,, f,, fs Positive Grössen sind, kleiner 
als -Eıns, 2so, hiegenr,,, 7, > La: zwischen‘ o und — Tr, dagegen 
7 "x; zwischen ı und 2. 


* . 
1? 02 


In unserem Beispiele ist 
El EL; 1 ER 
(12°) a a | ee 


geben sich nicht die Gleichungen (16) — (16%), da bei der dortigen Bestimmung von 
&15 62 (9.22.10), und? 95 (S. 21) 


[&u2 » Su2] = — [wu Su] 
le, 82] = — lwı, £ı] 


(ef. Abh. S. 192— 194) sein muss, und demgemäss aus der für dieses Beispiel hiernach 
abzuändernden Gl. (J.) sich nur dy1 d22 — biz daı = ı ergiebt. 


und 


Fuchs: Zur Theorie der linearen Differentialgleichungen. 1127 
Die zu (20°) adjungirte Differentialgleichung lautet 
(26) Pla) - ESF) (a). + Au = 


dieselbe ist also mit (20°) identisch. 
Es ist demnach 


(27) & — N, ; & an N, 


wo 9, 7, bez. &,, £, das zu # = 00 zugehörige Fundamentalsystem von 
Integralen der Gleichung (20) bez. (26) bedeutet, und es ist 


NE 
tohe 2 a 


FR u 9, 


Die Gleichung (5) Nr. 3 lautet in unserem Beispiele: 


+ 1 
Be ala— ı)e —- ı? +2 —- 1) 2 —- 1)a+A]en.de=o. 


Demnach ist unserem Falle J“ folglich nach Gl. (28) auch 


zu 
HB“ linear durch JY, J“) ausdrückbar, wie es nach Nr.3 er- 
forderlich ist. 


Bezeiehnen wir mit 


(0) (0) 
Kr nn 
RN 
21 22 


und mit 
(1) „(u 
& NR, 11 912 
J ma 
" (1) „(1) 
G51 922 
bez. die zuxz= o und x = ı gehörige Fundamentalsubstitution von 
1,9, so ergeben die Gleichungen (19), wenn wir 


(30) fr [« Ureb, Di 
(31) I de I 


und 
Ti 
T 
2 sin? Po 
» 
2 h 
(32) ri 
m — ee 
T 
2 sin? Pi 


Sitzungsberichte 1892. 102 


1128 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 22. December. 


setzen: 
\ N) 
oe (0) 
(33) Ä Ps TE 012 
3 
Sy (ra (0) 
RB en 951 
I ) 
\ m er lo. un) 
m er (1) 
(34) Pi — 8,912 
- PV) — u.g" 
| 21 ne ı 921 


I —d, (a e 1) z 


In den Ausdrücken (30) und (31) bedeuten 4,,v, Funetionen von a, 
die aus ,.n, durch Vertauschung von x mit & hervorgehen. 

Nach dem Obigen sind die linken Seiten der Gleichungen (33) und 
(34) homogene Funetionen zweiten Grades der Grössen: 


210) u) [0] 0 
I» den, da; * da fr da 
x & & 


co co 


Fa | 1 al »1 


IK ee I da nad. 


Man würde, wie wir nebenbei bemerken, wenn man in die 
Gleichungen (33), (34) die bekannten Ausdrücke von ,,, vermittelst 
bestimmter Integrale substituirt, aus diesen Gleichungen die Funda- 
mentalsubstitutionen in der bekannten Form durch Evrer’sche Inte- 
grale (Gammafunetionen) darstellen können. 


1129 


Über Polarisation ultrarother Strahlen beim Durch- 
gang durch Metalldrahtgitter. 


Von. H. BJ G-nu Boisskund H: Rusens 


in Berlin. 


(Vorgelegt von Hrn. Kvnpr.) 


r einer früheren Untersuchung hat der eine von uns' den Nach- 
weis geliefert, dass polarisirtes Licht, welches ungebeugt durch 
ein enges Gitter aus parallelen Metalldrähten hindurchgegangen ist, 
im Allgemeinen eine Drehung der Polarisationsebene erfährt. Diese 
Drehung konnte dann als Folge des Umstandes gedeutet werden, dass 
das Gitter für Strahlen, welche senkrecht zur Richtung der Drähte polari- 
sirt sind, eine andere Durchlässigkeit besitzt, als für solche, deren 
Polarisationsriehtung mit der Richtung der Gitterdrähte zusammenfällt. 
Das Phänomen erwies sich als stark abhängig von der Wellenlänge 
der angewandten Strahlen und zwar derart, dass der Unterschied mit 
wachsender Wellenlänge erheblich zunahm. Es erschien uns daher 
von Interesse, darauf bezügliche Messungen auch jenseits der Grenze des 
sichtbaren Spectralgebiets vorzunehmen und möglichst weit in das 
Gebiet der längeren Wellen vorzudringen. Es eröffnete sich uns hier- 
bei die Aussicht, die Versuche mit Wellenlängen von der Grössen- 
ordnung der freien Öffnung zwischen zwei benachbarten Gitterdrähten 
ausführen zu können. 

Da Energiemessungen im Wärmespectrum mit Hülfe des Bolo- 
meters leicht und relativ genau ausgeführt werden können, beschlossen 
wir, die Energie der senkrecht, bez. parallel zur Richtung der Gitter- 
drähte polarisirten Strahlen nach ihrem Durchgang durch das Gitter 
direet zu messen und mit einander zu vergleichen. 

Wir bedienten uns zu diesem Zweck der folgenden Einrichtung, 
welche in Fig. ı schematisch dargestellt ist. A bedeutet einen in 
einem Kasten eingeschlossenen Lixxenans’schen Zireonbrenner, dessen 


' H. pu Boıs. Reflexion und Transmission des Lichts durch gewisse äolotrope 
Gebilde, Wırn. Ann. XLV], S. 542. 1892. 


102 * 


1130 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


Strahlen durch die Linse /, 

(von kurzer Brennweite) 
Fig.1. auf dem Diaphragma d ver- 
einigt werden, so dass an 
dieser Stelle ein reelles 
Bild des Zirconplättchens 
entsteht, von welchem 
das Diaphragma ein klei- 
nes Stück herausschnei- 
det. . Hinter dem Dia- 
phragma werden dieStrah- 
len durch die Linse /, pa- 
" rallel gemacht und dann 
unter dem Polarisationswinkel an einem Glasplattensatz Preflectirt. Der- 


mm 


dicken Glasplatten, welche in möglichst 
starken, auf der Rückseite geschwärzten 


selbe besteht aus zwei etwa '/, 
paralleler Lage auf einer 3"” 
verticalen Glasplatte befestigt sind. Man erreicht, wie wir uns über- 
zeugt haben, durch diese Vorrichtung, dass die refleetirten Strahlen 
nahezu vollkommen in der Horizontalebene linear polarisirt sind und 
behält, da die Reflexion an fünf hinter einander liegenden Flächen er- 
!/; der ursprünglichen Energie. Durch die ge- 
ringe Dicke der Glasplatten wird ferner deren Absorption von Strahlen 


folgt ungefähr '/, bis 


grosser Wellenlänge möglichst vermindert. 
Nach der Reflexion an dem Glasplattensatz P durchlaufen die 
Strahlen den Tubus Q, welcher zur Aufnahme des Gitters dient. 
5 Dieser Apparat ist in Fig. 2 perspectivisch 
Fig. 2. gezeichnet. Er besteht aus einem 5°” weiten 
Messingrohr F F’, welches an seinem einen 
Ende senkrecht, an dem andern unter 45° 
Neigung zu seiner Axe abgeschnitten ist. Beide 
Enden sind mit Verschlussplatten (A und 5) 
versehen, von denen sich die eine (A), welche 
die senkrecht abgeschnittene Rohröffnung 


verschliesst, nach Belieben entfernen lässt. 
Beide Platten, sowohl A als B besitzen centrisch gebohrte Diaphragmen, 
welche ein Strahlenbündel von genau kreisförmigem Querschnitt durch 
den Tubus hindurchlassen. Es wird dies erreicht, indem man dem 
Diaphragma der Platte B die Form einer Ellipse giebt, deren Axen 
sich wie ı zu Y2 verhalten. Durch zwei kreisförmige Blenden von 
entsprechendem Durchmesser, welche sich in unmittelbarer Nähe 
der Platten A und D befinden, kann der Querschnitt des durch den 


Apparat hindurchgehenden Strahlenbündels nach Bedürfniss verringert 


H. ou Boıs u. Rusens: Über Polarisation ultrarother Strahlen. 1131 


werden. Der Tubus FF’ ist im Innern eines Metallringes @ von 
4°” Breite derart befestigt, dass er um seine Axe gedreht werden 
kann. Durch sorgfältiges Einschleifen des Rohrs F F’in den Metall- 
ring G wurde bewirkt, dass bei seiner Drehung die Axe eine un- 
veränderte Lage beibehielt. Der Metallring ( bildet das obere Ende 
eines massiven Messingstativs, welches durch Kniegelenke nach jeder 
Richtung verschoben und durch Schraubklemmen in jeder Lage fest- 
gestellt werden kann. Das Gitter selbst wird nach Belieben auf der 
Endplatte A oder B mit Hülfe zweier Schraubklammern befestigt, 
so dass die Gitterebene der betreffenden Platte genau parallel ist, 
d. h. entweder auf der Strahlrichtung senkrecht steht, oder mit 
dieser einen Winkel von 45° bildet. Eine auf dem Tubus ange- 
brachte Kreistheilung ermöglicht mit Hülfe einer auf dem Ring @ 
befindlichen Marke die Einstellung des Tubus bez. Gitters in be- 
stimmte Azimuthe. 

Hinter dem Apparat Q befand sich eine Sammellinse /,, welche 
die Strahlen in die Spaltebene eines zu Messungen im Wärmespeetrum 
geeigneten Speetrometers vereinigte. Hier entstand also ein scharfes 
Bild des ersten kreisförmigen Diaphragmas d, dessen vertiealer Durch- 
messer auf den Spalt s des Speetrometers fiel. Wurde ein Metallgitter 
in der beschriebenen Weise auf dem Apparat Q befestigt, so erblickte 
man neben dem Üentralbild eine Reihe von Beugungsbildern in der 
bekannten symmetrischen Anordnung. Da es sich in der vorlie- 
genden Arbeit ausschliesslich um die Untersuchung des Öentral- 
bildes, d.i. der nicht gebeugten Strahlen handelt, wurde die 
Grösse des Diaphragmas d und die Länge des Spalts s stets so ge- 
wählt, dass in keiner Stellung des Gitters eins der Beugungsbilder auf 
den Spalt fiel. Die Änderung der Spaltlänge, bez. des Durchmessers 
des Diaphragmas d geschah durch Einsetzen besonderer Blenden. Da 
der Abstand der Beugungsbilder vom Centralbild unter sonst gleichen 
Umständen der Wellenlänge der betreffenden Strahlung proportional 
ist, so ist es mit den Versuchsbedingungen verträglich, mit wachsender 
Wellenlänge weitere Diaphragmen und grössere Spaltlängen anzu- 
wenden, deren Dimensionen sich in einfacher Weise aus den Brenn- 
weiten der Linsen /, und /, sowie aus den Gitterconstanten berechnen. 
Das erwähnte Wärmespeetrometer war ein Instrument von Schmivr und 
Hänscn, bei welchem das Fadenkreuz des Fernrohrs durch den tem- 
peraturempfindlichen Widerstand eines Linearbolometers ersetzt war. 
Die Einrichtung dieses Bolometers ist von dem einen von uns! bei 
Gelegenheit einer früheren Untersuchung beschrieben worden, Der 


! H.Rusens. Über Dispersion ultrarother Strahlen. Wırv. Ann. XLV, S. 238, 1892. 


Dy Se F 2 a n N: 
1132 Sitzung der physikalisch - mathematischen Classe vom 22. December. 


mm, 


Belichtungswiderstand bestand aus drei o""2 breiten und ı0"" langen 
neben einander aufgespannten Streifen eines sehr dünnen Eisenblechs, 


ı/ mm 


welches dureh Aushämmern eines '/,"" dieken Eisendrahts entstanden 


mm 


war. Die Breite des Bolometers betrug 0""7, sein Widerstand 4.5 Ohm. 


1 


Durch Anwendung eines Galvanometers‘ von hoher Empfindlichkeit 


und relativ constanter Lage des Nullpunkts, gelang es uns, bei grosser 
Empfindlichkeit zu arbeiten und dennoch kleine Ausschläge von ı"" 
sicher messen zu können. Meist betrug die Stärke des Hauptstroms 
in der WnraAtstone' schen Brücke 0.05 Amp. Dies entsprach einer 
Empfindlichkeit des Bolometers, welehe ungefähr durch den Umstand 
definirt ist, dass durch Belichtung des Bolometerwiderstandes durch 
eine in ı" Abstand befindliche Herser'sche Amylacetatlampe ein Sealen- 


mm 


ausschlag von etwa 750"" hervorgebracht wurde. 

Da es unsere Absicht war, unsere Untersuchungen bis zu mög- 
lichst grossen Wellenlängen auszudehnen, mussten wir die Einschaltung 
von stark absorbirenden Substanzen in den Strahlengang vermeiden. 
So bestehen nur die — sehr dünnen — Platten des Polarisators P aus 
Glas, dagegen die Linse /, aus Sylvin, /, und /, aus Steinsalz, ferner 
die Speetrometerobjective /, und /, sowie das Prisma p aus Fluorit. 
Dennoch ist es uns nicht möglich gewesen unsere Messungen 
für, Strahlen, deren Wellenlänge A = zu =,” überschreitet, 
fortzusetzen, da in diesen Gebieten die Energie des Brenners, 
selbst abgesehen von den zahlreichen Schwächungen, welche die 
Strahlen in Folge der Versuchsanordnung erleiden, eine sehr ge- 
ringe wird. 

Das benutzte Fluoritprisma ist das gleiche, welches in der Arbeit 
von Rugens und Snow” bezüglich seiner Dispersion untersucht wurde 
und dessen Bereehnungsindices daher bis zu einer Wellenlänge A = 8u 
bekannt sind. Die folgende Tabelle enthält die zu einer Reihe von 
Minimalablenkungen & gehörigen Wellenlängen A, bei welcher die 
meisten Versuche der vorliegenden Arbeit ausgeführt sind. Die Werthe 
der Ablenkungen sind aus den Zahlen von Rusens und Snow durch 
Interpolation erhalten. Dabei ist die Ablenkung für die D-Linie =o 
gesetzt.‘ Die Minimumstellung des Prismas wurde durch eine auto- 
matische Vorrichtung bewirkt. > 


' Die Beschreibung dieses von uns construirten Galvanometers soll demnächst 
in einer gesonderten Abhandlung folgen. 

2 H. Rusens und B. W. Snow. Über die Brechung der Strahlen von grosser 
Wellenlänge in Steinsalz, Sylvin und Fluorit. Wırv. Ann. XLVI, S. 529, 1892. 

° Die Minimalablenkung für die D-Linie betrug 31° 36’, so dass sich der ab- 
solute Betrag der. Ablenkung irgend eines Strahls von der Wellenlänge A= $#, — $, 
= 31° 36’ — db, ergiebt. 5 


”r 
ww 


H. ou Boıs u. Rugens: Über Polarisation ultrarother Strahlen. 113 


Tabelle 1. 


0.67 u O8 1.75 u 0° 44 3.00 u | 1.10% 
0.80 » 16 2.00 » 50 3:50 3) 30 
1.00» | 25 2.25 » 56 4.00» | 46 
125» | 31 2.50 » I 02 Au5oRe 024 2 
1.50 » 38 2.75 » 0) 5.00 » 932 19 


Bei unseren Untersuchungen standen uns ausser dem Silberdraht- 
gitter, welches zu den optischen Versuchen des einen von uns a. a. O. ge- 
dient hatte, zwei weitere Gitter zur Verfügung, von denen eines aus Gold- 
das andere aus Platindraht gefertigt war. Da auch die beiden neuen 
Gitter in der gleichen Weise hergestellt waren wie das Silbergitter, 
nämlich durch bifilares Aufwickeln zweier gleich starker Drähte aufeinen 
doppelten Metallrahmen und nachheriges Abwickeln des einen von beiden, 
so ist ihre »Gitterconstante« gleich der doppelten Dicke des betreffenden 
Drahts, oder die freie Öffnung zwischen zwei benachbarten Drähten 
gleich der Drahtdicke. Der Durchmesser des Golddrahts betrug 
d= 0""028, derjenige des Platindrahts d = 0""o24. Die Herstellung 
der Gitter aus so feinen Drähten ist mit grossen Schwierigkeiten 
verknüpft und ist nur durch die ausserordentliche Geschicklichkeit des 
hiesigen Institutsmechanikers Hrn. E. Nönpen möglich geworden. 

Selbst wenn man jedoch von den Schwierigkeiten bei der An- 
fertigung der Gitter absieht, scheint es uns kaum durchführbar, 
wesentlich feinere Drähte in Anwendung zu bringen, da die Her- 
stellung direct gezogener Drähte in so langen Stücken wie sie zu den 
Gittern verwendet werden (50 bis 100”) mit der Kleinheit des Quer- 
schnitts rasch an Schwierigkeit zunimmt und wir die Benutzung von 
Wollastondraht wegen seiner schlechten Oberflächenbeschaffenheit nicht 
ohne Weiteres für zulässig halten. 

Bevor wir zur Ausführung der definitiven Versuche schritten, 
haben wir uns durch einige Controlmessungen davon überzeugt, dass 
unsere Apparate gut funetionirten und unsere Methode einwurfsfreie 
Resultate lieferte. 

Zunächst wurde mit Hülfe eines zwischen Q und /, eingeschalteten 
Nicols das von dem Glasplattensatz / retleetirte Licht auf seinen Polari- 
sationszustand geprüft. Es wurde zu diesem Zweck das Bolometer auf 
verschiedene Wellenlängen des ultrarothen Speetrums eingestellt und 
bei einer Reihe von Azimuthstellungen des Nicols, welches mit einem 
Theilkreis versehen war, Ausschläge gemessen. Es zeigte sich, dass 
die von P reflectirten Strahlen nahezu vollständig in der Horizontal- 
ebene linear polarisirt waren, denn es gelang, durch Drehen des 
Nicols die Galvanometerausschläge bis auf ungefähr '/, Procent ihres 


1134 Sitzung der physikalisch- mathematischen Classe vom 22. December. 


maximalen Werths zum Verschwinden zu bringen und dies wurde 
erreicht, wenn der Hauptschnitt des analysirenden Nicols vertical war. 

Es wurde ferner durch besondere Versuche festgestellt, dass durch 
Drehung des Tubus Q, wenn sich kein Gitter auf demselben befand 
eine Ausschlagsänderung am Galvanometer nicht bewirkt wurde, ein 
Beweis für die ausreichende Centrirung des Apparats. 

Wir haben drittens den Glasplattensatz P durch eine vorderseitig 
versilberte Glasplatte ersetzt, so dass das refleetirte Licht, welches 
wiederum durch ein zwischen Q und /, eingeschaltetes Nicol in der 
beschriebenen Weise analysirt wurde, sich als nahezu unpolarisirt 
erwies. Befand sich nun auf dem Tubus Q eines der Gitter, so 
konnte bei Drehung desselben keine merkliche Ausschlagsänderung 
wahrgenommen werden, während bei Anwendung linear polarisirten 
Liehts, wie es von dem Glasplattensatz P retleetirt wird, unter sonst 
gleichen Umständen die bei einer Gitterdrehung um 90° sich er- 
gebenden Differenzen mehr als 20 Procent des gesammten Ausschlags 
betragen. Wir schliessen aus diesem Versuch, dass die von uns be- 
obachteten Änderungen der Strahlungsintensität lediglich durch Ein- 
wirkung der Drahtgitter auf die polarisirten Wärmestrahlen hervor- 
gebracht werden. 

Schliesslich möchten wir noch erwähnen, dass wir für einige 
Punkte im sichtbaren Spectralgebiet die Grösse ee d. i. das Verhältniss 
der durchgelassenen Energiemengen, wenn die Gitterdrähte parallel 
bez. senkrecht zur Polarisationsrichtung stehen, sowohl nach unsrer 
holometrischen Methode als auch auf optischem Wege ermittelt und 
zwischen beiden Versuchsergebnissen befriedigende Übereinstimmung 
gefunden haben. 

Bei den ersten quantitativen Versuchen, welche wir mit Hülfe 
der oben beschriebenen Versuchsanordnung ausführten, wurde das 
Bolometer auf eine bestimmte Stelle des Speetrums eingestellt, der 
Tubus FF’ so gedreht, dass die Gitterdrähte horizontal, d. h. der 
Polarisationsriehtung parallel waren, und nun durch Aufziehen eines 
in den Strahlengang eingeschalteten mit Schnurlauf versehenen Fall- 
bretts den Strahlen der Zutritt zu dem Belichtungswiderstand gestattet. 
Der hierbei entstehende Galvanometerausschlag wurde notirt, das Fall- 
brett niedergelassen, das Gitter um 90° gedreht und so mehrere Male 
hinter einander in sämmtlichen 4 Quadrantenstellungen des Gitters 
die hindurchgegangene Energie beobachtet. Dann wurde aus den 


verschiedenen Beobachtungen bei der gleichen Gitterstellung das Mittel 
B} 


genommen und schliesslich der Quotient RT gebildet. Wir gewannen 


H. pu Bois u. Rurens: Über Polarisation ultrarother Strahlen. 1135 
jedoch bald die Überzeugung, dass wir schneller und sicherer zum 


Ziele gelangten, wenn wir nur am Anfang und Schluss einer jeden 
Versuchsreihe durch Messung einiger Ausschläge die Grösse P fest- 
stellten und uns im Übrigen darauf beschränkten, nur die bei einer 
Drehung des Gitters um 90° erfolgenden Ausschlagsänderungen 
möglichst genau zu bestimmen. Da diese Differenzen meist beträchtlich 
kleiner sind als die Ausschläge selbst, ist an der genauen Messung 
der ersteren mehr gelegen als an der Bestimmung der Gesammt- 
ausschläge. Es braucht kaum hinzugefügt zu werden, dass auch hier 
stets in allen 4 Quadrantenstellungen des Gitters beobachtet wurde. 
Jedes der drei Gitter wurde nieht nur bei normaler Stellung der Gitter- 
ebene gegen die Strahlrichtung, sondern auch bei einer Neigung um 
45° vollständig untersucht. In diesem letzteren Falle erscheint die 
Entfernung zwischen zwei benachbarten Gitterdrähten im Verhältniss 
Y2-1ı): 


In der nachfolgenden Tabelle II geben wir die Resultate der an 


ı vermindert. 


Die für erhaltenen 


& 
4 - 


den drei Gittern angestellten Beobachtungen. 


Zahlen werden im Allgemeinen einen Fehler von 2 Procent nicht über- 
schreiten und in denjenigen Speetralgebieten, in welehen die Energie 
sehr gross ist, erheblich genauer sein. Die mit einem Sternehen (‘) 
versehenen Werthe sind nach der von dem einen von uns früher an- 


gegebenen Methode im hiesigen Institut optisch beobachtet worden. 


Tabelle I. 


Silber 


Gold 


Platin 
Wellenlänge | Drahtst. = 0""048 | Drahtst. — 0""028 | Drahtst. = o""024 
% B=0° | P=45° | E=0° | P=45° | P=o° | P=45° 
PIS P/S P/S P/S Pisa. IS 
(F) 0.49 u 0.981” 0.956* 0.980* 0.967* 0.964" 0.880" 
(Li«) 0.67 » 0.968* 0.913* 0.970* 0.932” 0.936* 0.830* 
0.80 u 0.90 0.85 0.93 0.85 0.93 0.84 
1.00 » 0.90 0.81 0.91 | 0.76 0.95 0.86 
125 0.93 — 9:91.4410076 = 0.90 
1.50 » 0.96 0.88 0.92 | 0.78 BOZEN L0:93 
2.00 » 0.99 0.99 0.95 | 0.89 1.01 1.02 
2.50 Frog Ton} 0.08 0.94 1.03% © 11 21.09 
3.00 » 1.04 1.09 FI = KO, 
3.50 » — 1.16 1.05 1.10 L-1O.2,  WEERAO 
4.00 1.10 = 1.08 _ 1.14 | 1.60 
4.50 » = 1.22 — — 1.20 1.80 
5.00 » 403 1.25 1.12 = 1.24 | — 


In den Figuren 3, 4 und 5 ist der Inhalt der Tabelle II graphisch 


dargestellt und zwar ist das Verhältniss als Funetion der Wellen- 


Sl 


1136 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


° Bu 
1,2 Fig. &, BE 
Silberdrahtgitter Po, 


Drahtstärke - 0048 mm. Z : 


4,1 


p 
5 sichtbar 
10 EN _ 


0,9 


0,8 


Fig. A. 
a Golddrahtgitter 
Drahtstärke - 0,028 mm 


P 
S sichtbar 


40 PORDE 
404 2,0 
a 0 
& & ? oO > 
0,9 \ 2 \ 
\ % 
\ / 
® / 
\ / 
0,8 \ 2 
! \ / 
\ Ir 
as E04 
1,8 
4,7 
23 Fig.5. 
154 Platindrahtgitter 
‚‚ı Drahtstärke -0,024.mm 
13 YA 
%% 0° 
12 Be I) pP 
A - 
ıtp = 
h o 
5 sichtbar Bi ; 
10 ZU „ee 
5 a 4,0% 97720 3,0 40 50 e 
Nase ze 
09 a. Kr 
0,8 5 


Yu 


H. ou Boıs u. Rusess: Über Polarisation ultrarother Strahlen. 1137 


länge A aufgetragen. Es ist zunächst zu erkennen, dass für jedes 
einzelne Gitter die Beobachtungen bei senkrechter und schiefer Lage 
gegen die Strahlenriehtung qualitativ genau die gleichen Resultate 
liefern. Nur die Grösse der Wirkung ist bei den schief gestellten 
Gittern, der kleineren scheinbaren Breite der Gitteröffnungen ent- 
sprechend, eine stärkere. Die Abseissen der charakteristischen Curven- 
punkte sind in beiden Fällen innerhalb der Grenzen der Versuchsfehler 
identisch. | 

Ferner lehren uns die Gurven der Figuren 3 bis 5, dass für alle 
drei Gitter die Grösse g im Ultrarothen ein Minimum erreicht, dann 
mit wachsender Wellenlänge ununterbrochen zunimmt, so dass die 
Curve 3 — (A) diesßerade - — 1 sehneidet. 

LS 

Drittens tritt in den Gurven das individuelle Verhalten der ver- 
schiedenen Metalle deutlich hervor.' Die Lage der charakteristischen 
Punkte ist für diese sehr merklich verschieden, wie aus der folgenden 
kleinen Tabelle hervorgeht. 
Tabelle I. 


Abseisse des 


Abseisse des 
Metall I | 2 
Minimums |\Punktes R —ı 
Silben... 0.9 u 2.1 u 
Golden... 1.2 » 2.8» 
Blatine 2. 0.7 » | 1.9 » 


Dennoch zeigen sämmtliche Curven denselben typischen Verlauf, d.h. 


zunächst abnehmende, dann aber beständig wachsende Werthe von 7% 


KL 

In der schon mehrfach erwähnten optischen Untersuchung des 
einen von uns über äolotrope Gebilde ist bereits auf die Analogie 
der am Silbergitter beobachteten Polarisationswirkung mit den Gitter- 
versuchen des Hrn. Hertz hingewiesen worden. Es wurde jedoch 
darauf aufmerksam gemacht, dass nach dem heutigen Stande der 
elektromagnetischen Liehttheorie die elektrischen Schwingungen als 
zur Polarisationsebene senkrecht angenommen werden müssen,” und 


! Dass die polarisirende Wirkung des Gitters qualitativ nicht nur von der schein- 
baren, sondern auch von der thatsächlichen Breite der Gitteröffnungen unabhängig ist, 
haben uns vorläufige Versuche mit einem aus stärkerem Draht angefertigten Platingitter 
gelehrt. Zwar waren die Wirkungen beträchtlich geringer, jedoch ergab sich die Lage 
P 

des Minimum sowie des Punktes a als innerhalb der Beobachtungsfehler mit 
[> 

den in Tabelle III angegebenen Werthen identisch. 

2 Vergl. Trourox, Phil. Mag. (5) 32. S. 80. 1891 und Krementic Wien, Ann. 45, 
S. 62. 1892. 


‘ 1. . . . 95 
1138 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 22. December. 


dass daher die Analogie der beobachteten optischen Erscheinung mit 
der Wirkung der Herrz’schen Gitter auf elektromagnetische Wellen 
in einer Hauptsache, d. h. im Sinne der Polarisation versagte. 

Durch die vorliegenden Versuche wird nun dieser scheinbare 
Widerspruch in der einfachsten Weise beseitigt, da sich bei den drei 
untersuchten Metallen der Sinn der Polarisation im Ultrarothen um- 
kehrt. Freilich ist es auch diesmal nieht möglich gewesen, in Be- 
ziehung auf die Wellenlänge und die Abstände der Gitterdrähte zu 
räumlichen Verhältnissen zu gelangen, wie sie den Herrz’schen Ver- 
suchen zu Grunde liegen. Immerhin aber war es bei einzelnen Ver- 
suchen möglich, die Wellenlänge so gross und die Gitteröffnungen so 
schmal zu nehmen, dass beide Grössen derselben Ordnung angehörten. 
Dann ist, wie aus dem vorgelegten Beobachtungsmaterial hervorgeht, 
die Wirkung stets sehr beträchtlich und in dem von Hrn. Herrz be- 
obachteten Sinn. 

In der Ausdrucksweise der elektromagnetischen Liehttheorie lassen 
sich die Versuchsergebnisse, welche in Tab. II bez. in den Fig. 3 bis 5 
niedergelegt sind, auch folgendermaassen formuliren: »So lange die 
» Wellenlänge einen bestimmten, für das betreffende Metall charakteri- 
»stischen, Betrag nicht überschreitet, wird ein grösserer Bruchtheil 
»der auffallenden Strahlung hindurch gelassen, wenn die Richtung 
».er elektrischen Schwingung mit der Drahtrichtung zusammenfällt; 
»für grössere Werthe der Wellenlänge ist dagegen die Durchlässig- 
»keit des Gitters eine grössere, wenn die magnetischen Schwingungen 
»in der Drahtriehtung erfolgen. « 


! Bei dem unter 45° zur Strahlenrichtung geneigten Platingitter ist die schein- 


are ite der Gitteröffnungen = 0.024 » 0.41 = 098, währen ie grösste 
bare Breite der Gitteröffnung 0.024 » 0.41 ommo098, während die grösste 
Wellenlänge, bei welcher noch beobachtet wurde, A — ommo045 beträgt Die 
Grösse ergiebt sich hierbei = 1.80. 


1159 


Der Wärmeaustausch an der Erdoberfläche und 
in der Atmosphaere. 


Von WILHELM von BeEZoLD. 


(Vorgetragen am 28. Mai 1891 [s. S. 467].) 


Erste Mittheilung. 


Einleitung. — Allgemeine Sätze. —- Der Wärmeaustausch 
im Erdboden. 


Seit ALEXANDER Von Hunsorpr ist die » Wärmevertheilung an der Erd- 
oberfläche« oder richtiger gesprochen »die Temperaturvertheilung in 
der untersten Luftschicht« zum Gegenstande vielfacher und eingehender 
Untersuchungen gemacht worden. 

Insbesondere waren es DovEe, Wırp und Hann, welche das von 
HunsoLpr nur in wenigen Zügen flüchtig entworfene Bild mehr und 
mehr vervollständigten, und für einen grossen Theil der Erdoberfläche 
bis in’s Einzelne ausarbeiteten. 

Hiedurch hat man wenigstens im Allgemeinen die Einflüsse kennen 
gelernt, welche neben der vor Allem in Betracht kommenden Be- 
strahlung durch die Sonne die Wärmevertheilung bedingen, und so 
den Linien gleicher Temperatur eben jene Gestalt verleihen. wie man 
sie in den von den genannten Forschern entworfenen Karten vor 
sich sieht. 

Hiebei beschränkte man sich jedoch im Allgemeinen auf rein 
qualitative Betrachtungen. Man begnügte sich damit, den Einfluss 
der Vertheilung von Festland und Wasser, sowie von Luft- und Meeres- 
strömungen dem Sinne nach anzugeben, Versuche diese Einflüsse nach 
Maass und Zahl zu bestimmen, oder gar den gesammten Wärmehaus- 
halt in der Atmosphaere und an der Erdoberfläche im Zusammenhang 
zu betrachten, sind bisher nur im bescheidensten Umfange gemacht 
worden. 

Zu nennen ist in dieser Hinsicht vor Allem ein Abschnitt aus 
S. Hausnton’s Physical Geography.' Ferner gehören hieher in gewissem 


! Samver. Hausnron. Six lectures on physical Geography. Dublm and London 1380. 


1140 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


Sinne die Arbeiten von Zenker.' Auch bei WosEıkorr” begegnet man 
Bestrebungen nach ähnlicher Richtung und das Gleiche gilt von einer 
kürzlich erschienenen hochinteressanten Abhandlung von W. TRABERT." 

Nur einer Seite dieser Aufgabe hat man bisher die Aufmerksam- 
keit in erhöhtem Maasse zugewendet, nämlich der Lehre von der Be- 
strahlung der Erde durch die Sonne und von der Ausstrahlung nach 
dem Weltraum, ein Capitel. über welches bekanntlich eine reiche Litte- 
ratur vorhanden ist. 

Aber wenn man auch zugeben muss, dass exacte Bestimmung 
dieser beiden Elemente mit die wichtigsten Punkte der ganzen Frage 
sind, so darf man doch anderseits nicht vergessen, dass sich gerade 
hier die allergrössten Schwierigkeiten entgegenstellen, sowie man sich 
nicht auf rein theoretische Betrachtungen beschränken will, wie dies 
J. H. LAnßert, Mreon und WIENER gethan haben. 

Wie bedeutend die Schwierigkeiten sind, und wie gross dem- 
entsprechend die Unsicherheit ist, welehe trotz alles aufgewendeten 
Seharfsinnes auf diesem Gebiete noch immer besteht. dies hat Hr. 
OÖ. Cuworson’ erst kürzlich vortrefflich klar gelegt. 

Dass der Grad der Genauigkeit, den man bei Bestimmung der 
Intensität der Sonnenstrahlung bisher erreicht hat. zur Zeit noch ein 
recht mässiger ist, geht übrigens schon aus dem einfachen Umstande 
hervor, dass sich der Einfluss von Sonnennähe und Sonnenferne bis 
jetzt in den Messungen noch nicht zu erkennen giebt, obwohl er doch 
!/; des Gesammtbetrages ausmachen muss. 

Angesichts der Schwierigkeiten, welche schon die Lösung dieser 
scheinbar einfacheren Fragen bietet, und im Hinblick auf die Un- 
sicherheit, welehe noch hinsichtlich der wichtigsten Constante besteht, 
mag es freilich verwegen erscheinen. die Untersuchung auf die un- 
gleich verwickelteren Vorgänge ausdehnen zu wollen, ‚welche die von 
der Sonne gelieferten Wärmemengen von ihrem Eintritt in die Atmo- 
sphaere bis zu ihrem Wiederaustritt nach dem Weltraum zu durch- 
laufen haben. 

Und dennoch muss dieses Wagestück einmal unternommen werden. 
Es muss versucht werden, wenigstens annäherungsweise zu bestimmen. 
welcher Bruchtheil der Wärmemenge, die an irgend einer Stelle der 
Erdoberfläche oder der Atmosphaere in gegebener Zeit zum Austausch 


! Die Vertheilung der Wärme an der Erdoberfläche. Berlin 1880. Ferner in 
Hann u. Herımann Met. Ztschft. f. 1892. S. 336— 344 u. S. 380 — 394. 

2 Die Klimate der Erde. ‚Jena 1887. 

3 Der tägl. Gang d. Temp. u. d. Sonnenscheins auf d. Sonnblickgipfel. Denkschrftn. 
d. Wien. Akad. math. Cl. Bd. LIX. 1892. 

! Über den gegenwärtig. Zustand d. Actinometrie. Wırp. Rep. XV. Nr. ı. 1892. 


von BezorLn: Wärmeanstausch. 1141 


kommt, durch direete Einstrahlung geliefert, und durch direete Aus- 
strahlung entzogen wird, wie viel durch einfache oder zusammen- 
gesetzte Convection gebracht und weggeführt wird, wie viel zur Ver- 
dunstung des Wassers oder zum Schmelzen des Eises dient. wie viel 
in dem Erdboden aufgespeichert wird, um später wieder abgegeben 
zu werden u.s. w. Wenn es gelingt, diese Fragen, sei es auch nur mit 
grober Annäherung, ja nur der Grössenordnung nach, zu beantworten, 
so ist dies schon als ein grosser Gewinn zu verzeichnen. 

Treten doch dann erst die vielen Einzelfragen hervor, aus denen 
sich die Gesammtaufgabe zusammensetzt, und werden doch nur so 
die Gesichtspunkte gewonnen, die man schon bei der Sammlung des 
Beobachtungsmaterials festhalten muss, wenn es überhaupt jemals 
gelingen soll, das Endziel im vollkommenerer Weise zu erreichen. 

Diese und später folgende Abhandlungen sollen einen Versuch 
in diesem Sinne enthalten. 

Hiebei will ich nach einigen einleitenden Betrachtungen zunächst 
eine Anzahl ganz allgemeiner Sätze aufstellen, und dann erst die ein- 
zelnen Capitel zur Bearbeitung bringen. 

Hinsichtlich der Ordnung, in welcher diese Einzeluntersuchungen 
auf einander folgen, werde ich mich an keine vorausbestimmte Reihen- 
folge binden, ich werde dies vielmehr einzig und allein davon ab- 
hängen lassen, wie es mir gerade gelingt, die einzelnen hieher ge- 
hörigen Fragen zu einem gewissen Abschluss zu bringen. 

Dabei will ich mich bei Aufstellung der allgemeinen Sätze der 
grössten Strenge befleissen, während ich mich bei Behandlung der 
Einzelfragen vielfach mit ersten Annäherungen begnügen werde, da 
ich es nicht für richtig halte, mit fünf Deeimalen zu rechnen, wo man 
kaum die Ganzen verbürgen kann. oder kunstvoll gebaute Formeln 
zu entwickeln auf einem Gebiete, auf dem man erst über die Grund- 
lagen Klarheit zu schaffen hat. 

Bevor ich jedoch der eigentlichen Aufgabe wirklich näher trete, 
scheint es mir zweckmässig, einmal einen flüchtigen Streifzug durch 
das ganze Gebiet zu unternehmen, und zu versuchen. an der Hand 
der wichtigsten bekannten Constanten wenigstens ein oberflächliches 
Bild davon zu gewinnen, mit welchem Gewichte die später genauer 
zu betrachtenden Vorgänge in die Rechnung eintreten, da man nur 
dadurch erfahren kann, welche Punkte man in erster Linie zu be- 
rücksichtigen hat, und was man vernachlässigen darf, so lange man 
doch noch keinen hohen Grad der Genauigkeit erreichen kann. 

Zu einem solehen Überblick gelangt man am leichtesten indem 
man die Wärmemengen aufsucht, welche erforderlich sind, um gewisse 
Wirkungen an der Erdoberfläche hervor zu bringen, und wenn man 


1142 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


sie in Vergleich setzt mit jenen Mengen, die im Stande sind eine 
Eisschicht von bestimmter Mächtigkeit zu schmelzen oder eine Wasser- 
schicht von bestimmter Höhe zur Verdunstung zu bringen, ein Mittel 
der Versinnlichung, das übrigens schon öfter, insbesondere auch von 
Havsnron, angewendet worden ist. 

Hiebei wähle ich als Wärmeeinheit immer die grosse, oder 
Kilogrammealorie, als Längeneinheit, sofern nicht ausdrücklich eine 
andere angegeben ist, das Meter, als Zeiteinheit die Minute. 

Dies vorausgesetzt, findet man als Zahl der erforderlichen Wärme- 
einheiten: 

zur Erwärmung von ı°®" Wasser um ı° .. 1000 

zur Erwärmung von ı°”" Erdreich' um ı° . 300—-600 

zur Verdunstung einer Schicht Wasser” von 
ı"””® Höhe pro Quadratmeter Grundfläche . 600 
zum Schmelzen einer Schicht Eis von ı"" Höhe 


pro Quadratmeter ATI 76 
zur Erwärmung der über 1°" Grundfläche 

lastenden Luttsäule  umrew.ulin Le. 2454 
zur Erwärmung von ı°°" Luft von 0° bei 

constantem Druck von 760”" um 1°... 0.307. 


So elementar diese Zusammenstellung ist, so giebt sie doch schon 
werthvolle Fingerzeige. Zunächst sieht man, dass der Unterschied in 
der Wärmecapaeität von Wasser und festem Erdreich, den man nicht 
selten als einen Haupterklärungsgrund für die Verschiedenheit von 
Land- und Seeklima angeführt hat, sich wesentlich vermindert, wenn 
man nicht gleiche Massen, sondern was hier weit richtiger ist, gleiche 
Volumina mit einander vergleicht. d. h. wenn man die Volumencapa- 
eitäten betrachtet statt der Gewichtscapaeitäten. Vor Allem aber zeigt 
sie, weleh’ ganz enorme Rolle im Wärmehaushalt der Natur der Ver- 
dunstung zufällt, und wie sie es ist, welche neben der Beweglichkeit 
des Wassers bei der eben berührten Frage in erster Linie in Betracht 
kommt. ein Umstand, den übrigens schon Dove in seiner Abhandlung 
über Linien gleicher Monatswärme' betont hat, während man später 
trotzdem noch manehmal den Unterschied der Wärmecapaeitäten über 
Gebühr hervorgehoben findet. 


ıS.S. 1177 dieser Abhandlung. 

2 Bei der Verdampfung des Wassers an der Erdoberfläche kommen vorzugs- 
weise Temperaturen zwischen 0° und 30° in Betracht. Für diese Temperaturen liegt 
die Verdampfungswärme nach Resnaurr zwischen 606.5 und 585.6 und kann deshalb 
rund 600 gesetzt werden. 

3 Unter der Voraussetzung, dass der Druck am Erdboden 760Wm betrage. 

* Abhandlgn. d. Berl. Akad. 1848, S. 219. 


von BezorLp: Wärmeaustausch. 1143 


Noch mehr fällt dieser gewaltige Einfluss der Verdunstung in die 
Augen, wenn man sich an der Hand der mitgetheilten Zahlen klar 
macht, dass zur Verdunstung von ı"" Niederschlag ebensoviel Wärme 
erforderlich ist, als zur Schmelzung einer rund achtmal diekeren Eis- 
schieht und dass diese Wärmemenge hinreicht, um den Erdboden auf 
ı bis 2” Tiefe um ı° zu erwärmen oder die gesammte auf der gleichen 
Grundtläche lastende Luftsäule bis zur Grenze der Atmosphaere um '/,”. 

Im Anschluss an diese Betrachtung ist es auch unschwer, sich 
eine Vorstellung davon zu bilden, mit welchem Betrage die gesammte 
in der Atmosphaere vorhandene actuelle Energie, wie man sie in der 
translatorischen Bewegung, d. h. im Winde vor sich hat, im äussersten 
Falle bei diesen Untersuchungen in Betracht kommen kann: 

Angenommen ein Kilogramm Luft bewege sich mit der Ge- 


> 


Pr 


schwindigkeit v, so entspricht dies der Energie — = gh, wo gh die 
= D) 


e 


dieser Energie entsprechende Arbeitsleistung ist. Denkt man sich 
- IR . 2 2 l { ; ; 
diese Arbeit in Wärme verwandelt, so giebt dies —— Üalorien, eine 


424 
Wärmemenge, die hinreicht, um ein Kilogramm Luft bei eonstantem 


h { h x 

oe d.i. um rund —— Grade zu erwärmen. 
424 0.2375 100 

Diese Zahl giebt demnach die Temperaturerhöhung an. welche die 
Luft erfahren würde, wenn man sie plötzlich zum Stillstand bringen 


und ihr dabei gestatten würde, sich auszudehnen bis Gleichgewicht 


Druck um 


erreicht ist. 

Hätte man für » der Reihe nach die Werthe 10, 20, 30" gehabt, 
so würde dies Erwärmungen um rund o0°o5, 0°2 und 0°45 ent- 
sprechen. 

Nun ist es aber wohl schon zu hoch gegriffen, wenn man als 
mittlere Windgeschwindigkeit der ganzen Atmosphaere 20" annehmen 
wollte — für die unterste Luftschicht wäre 10” schon zu hoch — 
und doch würde dann erst bei plötzlicher Verwandlung der trans- 
latorischen Bewegung der ganzen Atmosphaere in Wärme eine 'Tem- 
peraturerhöhung der gesammten Luftmasse um o?2 eintreten. 

Diese Temperaturerhöhung entspricht aber nur einer Wärme- 
menge, die noch nicht einmal hinreicht, um eine Wasserschicht von 
ı”" Höhe zur Verdunstung zu bringen. Die potentielle Energie, wie 
man sie in Form von Differenzen des Luftdruckes bez. in gehobenen 
Flächen gleichen Druckes vor sich hat, ist selbstverständlich von der 
gleichen Ordnung, wie die aus ihrer Umwandlung entstehende actuelle 
Energie translatorischer Bewegung und so sieht man, dass die Mengen, 
welche in diesen Formen von Energie vorhanden sind, sehr klein 


Sitzungsberichte 1892. 103 


1144 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


sind gegen jene, welche bei der Änderung des Aggregatzustandes des 
Wassers, insbesondere bei der Verdunstung und Condensation, zum 
Austausch kommen. 

Der Gehalt an Wasserdampf muss dementsprechend auch bei Be- 
stimmung der totalen Energie eines Stückes der Atmosphaere in erster 
Linie mit berücksichtigt werden. 

Um den hier angestellten Schätzungen ihren vollen Werth zu 
verleihen, ist es jedoch nothwendig, den Wärmeaufwand zu den eben 
aufgezählten Zwecken noch mit den Wärmemengen zu vergleichen, 
welche innerhalb gegebener Zeit von der Sonne geliefert werden. 

Leider befindet man sich hiebei in recht schwieriger Lage, da 
die Solareonstante, d. i. die Zahl der Grammcalorien, welche ı 
Oberfläche an der Grenze der Atmosphaere bei senkrecht auffallenden 
Strahlen in ı Minute von der Sonne erhält, noch nicht mit Sicher- 
heit bestimmt ist. 

Die Werthe, welche man für diese Constante, die ich mit s be- 
zeichnen will, erhalten hat, schwanken nämlich zwischen den Grenzen 
1.763 und 4.0.' Da jedoch die Mehrzahl derselben zwischen 2 und 
3 liegen, so will ich, um wenigstens eine gewisse Vorstellung zu ge- 
winnen, hier den Werth s = 2.5 benutzen, oder wenn man Quadrat- 
meter und Kilogramm zu Grunde legt und die so erhaltene Constante 
durch S bezeichnet, S = 25. 

Unter dieser Voraussetzung erhält die ganze Erde in der Minute 
25 zr” Wärmeeinheiten, wenn man unter r den Halbmesser der Erde 
mit Einschluss der Atmosphaere versteht. Diese Wärmemenge ver- 
theilt sich auf die von der Sonne beleuchtete Halbkugel, d. h. auf 
eine Fläche von der Ausdehnung 2rr’, und liefert demnach die Sonne 
jedem Quadratmeter der gerade von ihr beschienenen Erdhälfte im 
Durehsehnitt 12.5 Calorien in der Minute, oder da die mittlere 'Tages- 
länge — immer abgesehen von der Excentrieität der Erdbahn — für 
alle Punkte der Erde ı2 Stunden beträgt, 12.5xX60%X 12 Üalorien 
im Tage. 

Diese Wärmemenge wäre im Stande eine Eisschicht von ı 184 
zu schmelzen oder eine Wasserschicht von 15"” zur Verdunstung zu 
bringen, was auf das Jahr berechnet einer Wasserhöhe von rund 
550°" oder einer Eisschicht von 43" entspricht. 

Fügt man vorgreifend (s. S. 1177) hinzu, dass die im Erdboden 
während eines Jahres ausgetauschten Wärmemengen im äussersten Falle 
eine Wasserschicht von 40”" zur Verdunstung bringen können, und 
drückt man überhaupt die hier in Betracht kommenden stets auf die 


I S.o. Cuwouson a. a. 0. S.10—14. 


er / = 
von BzzoLp: Wärmeaustausch. 1145 


ganze Erdoberfläche bezüglichen Grössen durch die Höhe einer hie- 
dureh verdampften Wasserschicht oder einer geschmolzenen Eisschicht 
aus, so erhält man die nachstehende Tabelle: 


Es entspricht Verdunstung Schmelzung 
em em 
Ber Ssonnenstrählung im. Tag; .. 2... .2...2.. L.5 12.0 
» » De EDER Ar Ra 4 75350:0% , 43250 
dem jährlichen Wärmeaustausch im Erdboden... < 4.0 31.0 
der Erwärmung der Atmosphaere um ı°....... 0.4 322 
der kinetischen Energie der Atmosphaere ...... =,0.08 0.6 


Vergleicht man die hier als Aequivalenzwerth der gesammten 
Sonnenstrahlung angegebene Verdunstungshöhe mit den beobachteten 
Niederschlagshöhen, so kommt man zu dem Schlusse, dass entweder 
selbst der Werth s = 2.5 noch viel zu hoch ist, oder dass von der 
gesammten auf die Grenzfläche der Atmosphaere fallenden Strahlen- 
menge nur ein viel kleinerer Theil in die unteren Schichten gelangt, 
als man nach den an ganz heiteren Tagen angestellten Messungen 
über die Absorption in der Atmosphaere vielleicht erwarten möchte.' 

Diesen Bruchtheil könnte man recht gut schätzen, wenn die 
mittlere Niederschlagshöhe der. ganzen Erde bekannt wäre, da nach 
dem eben Gesagten gerade die Wiederverdunstung der gefallenen 
Niederschläge die Hauptarbeit darstellt, welche die Sonnenwärme zu 
leisten hat. 

Leider ist man aber nicht im Stande über diese Niederschlags- 
höhe einigermaassen sichere Angaben zu machen, da für den grössten 
Theil der Erdoberfläche nämlich für das Meer Niederschlagsmessungen 
so gut wie gänzlich fehlen. 

Wäre die mittlere Niederschlagshöhe 55°" und s = 2.5 so betrüge 
die zur Verdunstung dieser Mengen erforderliche Wärme !/,o der ge- 
sammten von der Sonne gelieferten und müsste man demnach an- 
nehmen, dass die in die tieferen Schichten der Atmosphaere gelangenden 
Wärmemengen nicht viel mehr als '/;o betrügen, wäre die mittlere 
Niederschlagshöhe ı 10”, was wohl zu hoch sein dürfte, so müsste 


man daraus schliessen, dass etwa !/, der gesammten Strahlung den 


em 


unteren Schichten zu gute käme. 

Jedenfalls aber werden die wirklich zum Erdboden gelangenden 
Wärmemengen einen viel kleineren Bruchtheil der Gesammtstrahlung 
ausmachen, als die Messungen an vollkommen wolkenlosen Tagen er- 
geben haben. 

Es wird eben ein sehr erheblicher Bruchtheil der auffallenden 
Strahlen von den Wolken absorbirt, und wohl ein noch viel grösserer 


ı S. Ancor-PErnter in Hann u. Körren Zschft. f. 1886 S. 545. 
103 * 


1146 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


an der oberen Begrenzungsfläche derselben retleetirt und so eine Menge 
strahlender Energie gleich an der Schwelle zurückgewiesen. 

»Es bedarf eines einzigen Blickes von einer Bergspitze auf das 
»darunter. liegende von der Sonne bestrahlte Nebelmeer, um sich 
»davon zu überzeugen, dass die dort auftretende diffuse Reflexion 
»unvergleichlich stärker ist als die Reflexion an der Erdoberfläche 
»oder von einem Wasserspiegel, und dass sie deshalb im Wärmehaus- 
»halt der Erde eine höchst bedeutende Rolle spielen muss. « 

Wie stark diese Reflexion ist, auf die ich übrigens schon häufig 
hingewiesen habe, die aber sonst noch wenig Beachtung gefunden zu 
haben scheint, geht auch aus Beobachtungen im Luftballon hervor, 
welche Hr. Assmann demnächst veröffentlichen wird. 

Es wäre sehr wichtig, Methoden auszudenken, welche in den 
Stand setzen, die Rückstrahlung von der Oberfläche der Erde und 
der Wolken wenigstens annäherungsweise zu messen. Doch dies sind 
Fragen, die später ausführlich zu erörtern sind. 

Hier handelte es sich nur darum, einmal einen flüchtigen Über- 
blick zu gewinnen über die wichtigsten hier in Betracht kommenden 
Grössen. 

Dieser Zweck dürfte erreicht sein, und so will ich nun der Sache 
selber näher treten. 

Bevor ich jedoch daran gehe, die einzelnen Aufgaben, welche 
sich hier darbieten, eingehend zu behandeln, will ich eine Reihe all- 
gemeiner Sätze aufstellen, welche für alles Folgende als Faden und 
Führer dienen sollen. 

Diese Sätze sind so einfacher Natur, dass sie beinahe als selbst- 
verständlich gelten können und sich leicht in Worten ausdrücken lassen. 

Ich will sie jedoch auch in Formeln bringen, obwohl die letzteren 
viel verwickelter ausfallen als man es nach dem einfachen Wortlaute 
der Sätze erwarten sollte. 

Trotzdem halte ich es für zweckmässig, ihnen auch ein solches 
Gewand zu verleihen. 

Man gewinnt nämlich dadurch nicht nur an Strenge des Aus- 
druckes und schliesst somit jedes Missverständniss aus, sondern man 
kann aus den Formeln auch eine Menge von Einzelheiten herauslesen, 
die man sonst übersehen würde. 


Allgemeine Sätze. 


Die nachstehenden Sätze beruhen sämmtlich auf der Annahme, 
dass man den Wärmezustand der Erde als einen stationären oder 
richtiger gesagt, als einen periodisch stationären ansehen dürfe. 


“ (mi 
von BezoLp: Wärmeaustausch. 1 


Sie setzen demnach voraus, dass es für alle in Betracht kommenden 
Grössen Mittelwerthe giebt, die innerhalb kleiner Fehlergrenzen immer 
denselben Betrag aufweisen, soferne man sie nur aus einer hinreichend 
langen Reihe von Beobachtungsjahren abgeleitet hat, ohne Rücksicht 
darauf, wie gross die Zahl der Beobachtungsjahre an sich ist, noch 
darauf, mit welchem Jahre die Reihe begonnen hat. 

Sie stützen sich auf die gewiss berechtigte Annahme, dass die 
Erde wenigstens innerhalb der Zeiträume, die unserer Beobachtung 
zugänglich sind, weder merklich wärmer noch kälter geworden sei, 
und dass auch der Wechsel der Jahreszeiten sich an jedem Punkte 
der Erdoberfläche im Durchschnitt immer in der gleichen Weise ab- 
spiele. 

Alle im Folgenden - vorkommenden Grössen, mit Ausnahme der 
Zeiten oder Dimensionen u. s. w. stellen demnach Mittelwerthe dar, 
wie man sie aus Beobachtungsreihen erhalten würde, die lang genug 
sind, um das Gesetz der grossen Zahlen auf sie anwenden zu dürfen, 
und doch nicht so lang, um jene Änderungen berücksiehtigen zu 
müssen, wie sie in geologischen Perioden vor sich gehen. 

Den Gleichungen, welche im Nachstehenden aufgestellt werden, 
wäre demnach streng genommen jederzeit noch eine Grösse + e bei- 
zufügen, wobei sich e auf die Unsicherheit bezöge, welche den Mittel- 
werthen ihrer Natur nach eigen ist: der Einfachheit wegen soll dies 
Jedoch unterlassen werden. 

Bevor ich jedoch daran gehe, die angekündigten Sätze wirklich 
aufzustellen, sollen von Allem erst Bezeichnungen eingeführt werden, 
und zwar seien: 


t die Zeit in Minuten von Jahresanfang gerechnet, 

T= 525949 die Dauer eines Jahres in Minuten, 

qg’ die Wärmemenge, welche zur Zeit tin der Zeiteinheit durch 
die Oberflächenheit an einer beliebigen Stelle der Erdober- 
fläche oder der Atmosphaere eintritt, d. h. in dem einen 
Sinne hindurchströmt, | 

q” die Wärmemenge, welche durch das Element austritt, d.h. 
im entgegengesetzten Sinne hindurchströmt, 

q, und q, die Wärmemengen, die durch die Oberflächen- 


I,2 1,2 


- . 


einheit in dem Zeitintervall Z, bis £, ein- bez. austreten, 
oder abgekürzt g/ und g,, wenn der Zeitabschnitt ,, d.h. 
von Z, bis £, kurzweg durch 7 bezeichnet wird, 

q die zur Zeit an der Grenze der Atmosphaere in der Zeit- 
einheit durch die Oberflächeneinheit eintretende Wärme- 
menge, 


1148 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


qg, — g und Q die entsprechenden Mengen für das Zeitinter- 
T 


2 


vall {,, und für das Jahr, 
g; q, — g und Q die entsprechenden durch die Obertlächen- 
T 


I,2 
einheit an der Grenze der Atmosphaere austretenden Wärme- 
mengen, 

q und q” die in der Zeiteinheit durch eine geschlossene Fläche 
von endlicher Ausdehnung zur Zeit ? ein- und austretenden 
Wärmemengen, 

q und q die entsprechenden Werthe für die Grenze der Atmo- 
sphaere, d.h. für eine die ganze Atmosphaere einschliessende 
Kugeltläche, 

4, 4, 4, 1% oder abgekürzt q/, q/, q,, q, die ent- 


sprechenden Werthe für das Zeitintervall {, bis Z,, 

& und ©” sowie Q und Q die entsprechenden Werthe für 
das»ganze Jahr, d.h. ir „eu ='"T 

> > > 9: as > Qu U. Ss. w. die entsprechenden Grössen 
für bestimmte endliche Stücke a, b u. s. w. der oben ge- 
nannten Fläche oder der Begrenzung der Atmosphaere für 
die Zeiteinheit, 

Qu. 9. u. s. w. die entsprechenden Grössen für das Zeitinter- 
vall i 

DO, und ©, O, und ©, die innerhalb eines ganzen Jahres dureh 
ein Stück a der genannten Fläche bez. der Begrenzung der 
Atmosphaere ein- und austretenden Wärmemengen, 

u die in einem allseitig begrenzten Stücke der Erdoberfläche 
oder der Atmosphaere zur Zeit ? enthaltene totale Energie, 
u, die entsprechende Grösse zur Zeit it, u. s. w., 

r der Radius einer um den Erdmittelpunkt geschlagenen Kugel, 
welche die ganze Atmosphaere umschliesst, also eine Grösse, 
die den grössten Radius der Erde etwa um 100°" übertrifft, 

ds das Flächenelement, 

® die geographische Breite, 

? die geographische Länge, 

S die Solarconstante auf Quadratmeter, Kilogramm und Minute 
bezogen. 

Überblickt man diese Bezeichnungen noch einmal, so sieht man, 
dass bei der Wahl derselben die folgenden Gesichtspunkte festgehalten 
wurden: 

Die auf die Oberflächeneinheit bezüglichen Grössen sind durch 
lateinische, die auf ein grösseres Stück bez. auf die Begrenzung der 


I,2? 


ganzen Atmosphaere bezüglichen durch deutsche Buchstaben bezeichnet. 


von Bezorp: Wärmeanustausch. 1149 


Die auf die Zeiteinheit bezogenen Grössen sind dureh kleine Buch- 
staben bezeichnet: handelt es sich um einen anderen Zeitraum, der 
jedoeh nicht die Länge eines Jahres umfasst, so sind ebenfalls solche 
Buchstaben benutzt, aber mit besonderem Index. Für alle auf ein 
ganzes Jahr bezüglichen Grössen sind grosse Buchstaben gewählt. 

Die Wärmemengen sind als absolute Grössen betrachtet, und zwar 
werden alle zugeführten durch einen, alle entzogenen durch zwei 
Striche markirt. Diese Striche sind wie die gewöhnlichen oberen 
Indices rechts oberhalb der Buchstaben angebracht, wenn der Wärme- 
austausch durch Flächen erfolgt, die innerhalb der Begrenzungstläche 
der Atmosphaere liegen, über den Buchstaben aber und zwar in hori- 
zontaler Riehtung, wenn der Austausch durch diese Begrenzung selbst 
hiedureh stattfindet. 


Dies vorausgeschickt lassen sich nun die nachstehenden Sätze 
aufstellen : 

I. »Die im Laufe eines Jahres der ganzen Erde durch Bestrahlung 
»zugeführten und durch Ausstrahlung entzogenen Wärmemengen sind 
»im Durchschnitt einander gleich. « 

Wären nämlich diese Mengen einander nicht gleich, so müsste 
entweder fortgesetzte Erwärmung oder fortgesetzte Abkühlung ein- 
treten, was wenigstens innerhalb der genauerer Untersuchung zugäng- 
lichen Zeiträumen nicht der Fall ist. 

In Buchstaben übersetzt nimmt der Satz die einfache Form an 

= N (1) 

Hiebei ist nach den gegebenen Definitionen 

= | Qds, 
wobei das Integrale über die ganze Kugelfläche vom Radius r aus- 
zudehnen ist, mithin 
ar + 


9 — r [dr |Q cos Bdß, 


.— 
D 
— 


o 212 


oder da die Wärmemenge Q. welche der Flächeneinheit an einer 
bestimmten Stelle der Grenzfläche der Atmosphaere im Laufe eines 
Jahres durch Strahlung zukommt, nur eine Funetion der geographi- 
schen Breite ist 


I 
ne or [Q cos Bdß. (3) 


2 


1150 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


Überdies gilt, wie schon Langer nachgewiesen hat, für diese Function 
Q = (6) die Gleichung 
pP) = HP), 
d. h. unter gleicher Breite gelegene Punkte der nördliehen und süd- 
lichen Hemisphaere erhalten im Laufe eines Jahres die gleichen Wärme- 
summen durch Strahlung. 
Man kann demnach die Gleichung (2) auch in die Form bringen: 


r 


D = 4rr? |9(ß) eos Laß. (4) 
o 

Die Werthe der Funetion $(%) sind nach den Untersuchungen 
von Mercn und WıEner' angebbar und nur noch mit der Unsicher- 
heit behaftet, wie sie der als Coeffieient auftretenden Solarconstante 
innewohnt. 

Übrigens erhält man den Werth von O bekanntlich auch auf die 
einfachste Weise aus der Überlegung, dass die der ganzen Erde inner- 
halb eines gegebenen Zeitraumes zukommende Strahlensumme jener 
gleich ist, welche auf den zur Verbindungslinie von Erde und Sonne 
senkrecht stehenden grössten Kreis der ersteren trifft. 

Es ist demnach auch 


QD = sr TS (5) 


wenn man die Solarconstante mit S bezeichnet und diese für die 
mittlere Entfernung zwischen Erde und Sonne bestimmt ansieht. 
Auch für O lassen sich ähnliche aber bei weitem nicht so ein- 
fache Formeln aufstellen. 
Es gilt nämlich für Q ebenfalls die Formel 


27 E 
= | [ac Bd (6) 


v|a 


aber die Grösse Q ist nicht wie Q nur eine Funetion der geographischen 
Breite, sondern auch eine solche der Länge, insoferne für die Aus- 
strahlung die individuelle Beschaffenheit jedes einzelnen Elementes der 
Begrenzungsfläche bez. des unterhalb gelegenen Theiles der Atmo- 
sphaere und der Erdoberfläche in Betracht kommt. 

Die Strahlensumme, welche ein an der äussersten Grenze der 
Atmosphaere gelegenes Element im Laufe eines Jahres von der Sonne 
erhält, hängt nur von der geographischen Breite ab, die Menge, 


' Österr. Zeitschrift f. Meteorologie, Bd. XIV 1879 S. 113 ff. 


es R 
von BezoLw: Wärmeaustausch. 1151 


welche durch ein solches Element wieder nach dem Weltraum aus- 
gestrahlt wird, wechselt im Allgemeinen von Punkt zu Punkt. 

Es ist demnach Q — /(8,?r) wobei die Funetion Y niemals in 
einfacher Form, ja kaum empirisch angebbar sein wird. 

Die Formel 


a ji Yß, ?1) cos Bdß (7) 


ist mithin keiner weiteren Umformung oder Vereinfachung fähig; 
während sich freilich das Endresultat auf Grund der eben durch- 
geführten Überlegungen, d. h. der mit Hülfe der Gleichungen (4) und 


(5) @.h. 


unmittelbar angeben lässt. 

Die auf die Ein- und Ausstrahlung bezüglichen Grössen zeigen 
demnach eine recht grosse Verschiedenheit, indem die einen durch 
streng mathematische Formeln darstellbar sind, während dies bei den 
anderen nicht der Fall ist, sofern man nicht nach Sätzen, die sich 
auf die Gleichheit ein- und ausgestrahlter Mengen beziehen, die 
letzteren durch erstere ausdrücken kann. 

Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen von Grössen 
wäre noch auffallender, wenn die sogenannte Solarconstante ihren 
Namen wirklich mit Recht trüge, d. h. wenn die Strahlungsintensität 
der Sonne thatsächlich unverändert bliebe. 

Unter dieser Voraussetzung wären nämlich alle auf die Ein- 
strahlung bezüglichen Grössen mathematisch scharf angebbar, im 
Gegensatz zu den auf die Ausstrahlung bezüglichen, die nur als 
Mittelwerthe denkbar sind. 

Übrigens machen es die Veränderungen, die maı an der Sonnen- 
oberfläche beobachtet, höchst unwahrscheinlich, dass die Strahlungs- 
intensität unveränderlich sei, und so muss man wohl annehmen, dass 
auch die auf die Einstrahlung bezüglichen Werthe immer nur den 
Charakter von Mittelwerthen an sich tragen. 


I. »Die Wärmemengen, welche einem bestimmten Stücke der 
»Erdoberfläche oder der Atmosphaere auf den verschiedenen möglichen 
»Wegen im Laufe eines Jahres zugeführt oder entzogen werden, sind 
»einander im Durchschnitte gleich. « 

Der Satz ist ebenso wie Satz I eine unmittelbare Folge der Vor- 
aussetzung, dass sich Sonne und Erde in gewissem Sinne in einem 
stationären Zustande befinden, d. h. dass man überhaupt berechtigt 


1152 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


sei, von Mittelwerthen der verschiedenen in Betracht kommenden 
Grössen zu sprechen. 


II. »Die Wärmemengen, welche einzelnen Stellen der Erdober- 
»tläche oder der Atmosphaere im Laufe eines Jahres durch Strahlung 
»zugeführt und durch Ausstrahlung entzogen werden, sind im All- 
»gemeinen einander nicht gleich, es giebt vielmehr Theile der Erde, 
»an denen die Einstrahlung und andere, an denen die Ausstrahlung 
»überwiegt. « 

Die Richtigkeit dieses Satzes folgt aus der einfachen Thatsache, 
dass fortgesetzt warme Luft und warmes Wasser aus den aequatorialen 
Gegenden polwärts fliesst, während umgekehrt kalte Luft und kaltes 
Wasser bzw. Eis aus den polaren Gegenden nach den aequatorialen 
strömen. 

Es wird demnach dem aequatorialen Gürtel immerfort Wärme 


durch Conveetion — wohl auch in Form von Energie translatorischer 
Bewegung — entzogen, die durch überwiegende Einstrahlung ersetzt 


werden muss, wenn die Mitteltemperaturen constant bleiben sollen, 
während für die polaren Gegenden das umgekehrte gilt. 

Man kann mithin die ganze Erde in drei Zonen theilen, in eine 
acquatoriale, in welcher die Einstrahlung und in zwei polare, in 
welchen die Ausstrahlung überwiegt. 

Diese Zonen will ich als »Strahlungszonen« oder als » Radiations- 
zonen« bezeichnen. 

Die Linien, welche an der Begrenzungsfläche der Atmosphaere 
diese Zonen von einander trennen, sollen »Linien gleicher Aus- und 
Einstrahlung« oder »Linien des Strahlungsgleichgewichtes« oder noch 
kürzer »neutrale Linien« heissen. 

Es giebt zwei solcher Linien des Strahlungsgleichgewichtes, von 
denen die eine der nördlichen. die andere der südlichen Halbkugel 
angehört. Es wäre jedoch nicht undenkbar, dass ausserdem noch 
kleinere, in sich geschlossene derartige Linien vorkommen, die als 
Begrenzung inselartiger Gebiete erscheinen müssten. 

Giebt man den von der Sonne zugestrahlten Wärmemengen das 
positive, den nach dem Weltraum ausgestrahlten das negative Vor- 
zeichen, so ist die algebraische Summe der durch die Begrenzungs- 
fläche der Atmosphaere ausgetauschten Wärmemengen in der aequato- 
rialen Zone positiv, in den polaren negativ. 

Man kann sich demnach im Jahresmittel den ganzen Wärme- 
austausch innerhalb der Atmosphaere und an der Erdoberfläche sche- 
matisch durch einen Wärmestrom ersetzt denken, der in der aequato- 
rialen Zone durch die Begrenzungsfläche der Atmosphaere eintritt, und 


. ‘ 
von Bezorp: Wärmeanustausch. 1153 


nachdem er sich in zwei Äste gespalten hat, in den polaren Zonen 
austritt. 

Die Bestimmung der Linien des Strahlungsgleiehgewichtes und 
die Ermittelung der Intensität dieses schematischen Stromes, d.h. 
der Wärmemengen, welehe auf diese Weise zum Austausch kommen, 
bilden eine wichtige Aufgabe des hier betrachteten Capitels der Physik 
des Luftmeeres. 

In Wirklichkeit hat man es freilich nicht mit einem solch ein- 
fachen Strome zu thun, sondern mit Doppelströmen, indem gleichzeitig 
warme Massen polwärts und kalte gegen den Aequator hingeführt 
werden, deren Summe erst den einfachen Strom des Schemas liefert. 
Es zeigen demnach die hier anzustellenden Betrachtungen eine gewisse 
Verwandtschaft mit jenen, dureh welche man von der Vorstellung 
eines Doppelstromes, wie ihn die binäre Theorie der Elektrieität an- 
nimmt, zu der unitarischen Anschauung übergeht. 

In Buchstaben ausgedrückt nehmen die eben aufgestellten Sätze 
die nachstehenden Formen an: 

Q > Q in der aequatorialen Zone, 
Q < Q in den polaren Zonen, (8) 
Q = auf zwei Linien, 
die sich durch die Gleichungen 
®(+ß,r2)=o und #(-ß,r)=o 
darstellen lassen, wenn man $ seinem absoluten Werthe nach ver- 
steht, und die nördlichen Breiten positiv, die südlichen negativ rechnet. 

Hiezu will ich vorgreifend bemerken, dass, soweit ich es bis 
jetzt übersehen kann, die Werthe von 3 um Mittelwerthe schwanken. 
die zwischen 35° und 40° zu suchen sind. 

Bezeichnet man nun die in der aequatorialen Zone im ganzen 
Jahre durch Strahlung ausgetauschten Mengen durch Q, und Q,, die 
in den beiden polaren zusammengenommen ein- und ausgestrahlten 


aber durch Q, und Q,, so erhält man 


= 


und 


2 9,19% 
Hieraus ergiebt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, dass 


Sa 


DD —D, (9) 
d.h. der Überschuss an Einstrahlung in der aequatorialen Zone wird 
dureh einen genau gleich grossen Überschuss der Ausstrahlung in 
den polaren Zonen ausgeglichen, und zwar erfolgt diese Ausgleichung, 


1154 Sitzung der phys -math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


indem der in der aequatorialen Zone gewonnene Überschuss durch 
Uonveetion nach den polaren geschafft wird. 

Die Differenz Q, — Q, ist demnach gleich den Wärmemengen, 
welche im Laufe eines Jahres durch Convection — im weitesten 
Sinne des Wortes mit Einschluss der Energie bewegter Luftmassen — 
durch die beiden neutralen Querschnitte von der aequatorialen Zone 
nach den polaren Zonen hin abfliessen. 

Der Quotient 


ED 
T 7 
aber stellt die mittlere Intensität des in der Aequatorialzone ein- 
tretenden und nach den Polen hin abfliessenden Wärmestromes dar, 
welchen man im Schema an die Stelle des wirklich stattfindenden 
Austausches innerhalb der Atmosphaere gesetzt denken kann. 
Dieser Quotient soll deshalb durch J, bezeichnet werden, so 


dass man hat 


a — (10) 


Dagegen zerlegt man die auf die Polarcalotten bezüglichen 


e] 


Grössen zweckmässiger Weise in zwei Theile, von denen sich der 
eine auf die nördliche, der andere auf die südliche Halbkugel bezieht. 

Giebt man den auf die nördliche Halbkugel bezüglichen Grössen 
den Index n, den auf die südliche bezüglichen den Index s. so erhält 
man (die Formeln 


a Sn 98 
= 


| re 
und 
ee (11) 
sowie 
I: = N, ), 
1 
und 
ee 
TE 


von BEzotLp: Wärmeanstausch. 1155 


Da man nun alle auf die Einstrahlung bezüglichen Grössen 
unter Zugrundelegung eines bestimmten Werthes der Solarconstante 
wenigstens annäherungsweise berechnen kann, wenn man den Ver- 
lauf der neutralen Linien kennt, und da auch die angenäherte Er- 
mittelung der Intensitäten J, und J, der beiden Zweige des schematischen 
Wärmestromes keineswegs auf unübersteigliche Schwierigkeiten stossen 
wird, so ist demnach auch die Möglichkeit gegeben, die in den 
einzelnen Strahlungszonen ausgestrahlten Mengen zu. finden, mit Ein- 
schluss der in den höchsten Regionen der Atmosphaere zurück- 
geworfenen. 

Diese Formeln lehren, dass man Aufschlüsse erhoffen darf über 
den Wärmeaustausch in den höchsten unzugänglichen Schichten der 
Atmosphaere, sowie es nur gelingt, die Solarconstante genau genug 
zu bestimmen. sowie die Intensität des durch die neutralen Q@uer- 
schnitte fliessenden schematischen Wärmestromes. 

Die letztere Aufgabe aber erscheint wenigstens innerhalb gewisser 
Grenzen nicht unlösbar, da für diesen Strom vorzugsweise die unteren 
erreichbaren Schichten in Betracht kommen dürften. 

Ähnliche Sätze, wie sie eben für das ganze Jahr ausgesprochen 
wurden, lassen sich auch für kürzere Zeitabschnitte aufstellen. Einige 
derselben mögen hier Platz finden: 


IV. »Die Wärmemengen, welche einzelnen Theilen der Erdober- 
»fläche oder der Atmosphaere innerhalb bestimmter Abschnitte des 
»Jahres zugeführt und entzogen werden, sind einander im Allgemeinen 
»nicht gleich. « 

Der Beweis des Satzes liegt in der einfachen Thatsache, dass 
der thermische Zustand der Erdoberfläche und der Atmosphaere perio- 
dischen Schwankungen unterworfen ist, d. h. er ist nichts anderes 
als ein Ausdruck der Thatsache, dass es Zeiten überwiegender Ein- 
strahlung und solche überwiegender Ausstrahlung giebt. 

Unter Benutzung der oben eingeführten Bezeichnungen nimmt 
dieser Satz die nachstehenden Formen an: 


/ >= „ h 
Ta she = Ga E ( I 3) 
oder auch 


„ 


g.do Ts Aa,r — A Ma,r 


oO, 


AIIV 


wenn das Integrale über die geschlossene Fläche @ ausgedehnt wird, 
wobei das Weglassen der Striche bei g, und q,,, andeutet, dass die 
Grössen als algebraische zu betrachten sind, und dementsprechend ver- 
schiedene Vorzeichen haben können. 


1156 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 
5 pn") S 


Handelt es sich nieht um eine geschlossene Fläche, sondern nur 
um endliches Stück der Begrenzungsfläche der Atmosphaere, so er- 
hält man 


= Au,r- (14) 


Hiebei ist der Fall, in welchem die aufgestellten Ungleichheiten 
in Gleichungen übergehen, nur als Ausnahmefall zu betrachten, und 


An, T 


wird man im Allgemeinen die Zeichen Z zu benutzen haben. 

Ist q,., > 0, so stellt dies den Überschuss der zugeführten Wärme- 
menge über die abgegebenen dar, ist q,,, <o den Verlust, welchen 
die in dem Raume a enthaltenen Körper während des Zeitabsehnittes r 
d.h. von {, bis i, erfahren haben. 

Man kann mithin auch schreiben 


[4 „ 
or = les == U, == U, ; (1 5.) 


Ein positiver Werth dieser Differenz bedeutet demnach einen Zu- 
achs von Energie in dem betrachteten Raumstück, ein negativer 
Werth eine Abnahme. 

Der Zuwachs besteht in Zunahme der Temperatur, Vermehrung 
der vorhandenen Dampfmenge, Verwandlung von Eis in Wasser, Er- 
zeugung oder Vergrösserung von Druckdifferenzen oder Bewegungen. 

Häufig wird man eine solche Vermehrung der Energie auch 
passend als Aufspeicherung von Wärme bezeichnen. 

Ist dagegen q, negativ, so lehrt dies, dass sich die Energie in 
dem betrachteten Zeitraum vermindert hat, was sich als Sinken der 
Temperatur, Condensation oder Gefrieren des Wassers sowie durch 
Verminderung der Druckdifferenzen oder der vorhandenen Bewegungen 
kund geben muss. Handelt es sich dabei um Veränderungen an Körpern, 
die wenig oder gar nicht beweglich sind, wie das zu Eis erstarrte 
Wasser oder gar der Erdboden, so könnte man auch von auf- 
gespeicherter Kälte sprechen. 

Für ,— 4, = Twird 9, = 0 oder u, ee da nach der Voraus- 


setzung, wie sie der ganzen Untersuchung zu Grunde liegt, der ther- 
mische und Bewegungszustand der Erde nach Verlauf eines Jahres 
immer wieder derselbe ist, welchen Augenblick {, man auch als Aus- 
gangspunkt wählen mag. 

Da dementsprechend die gesammte Wärmezufuhr innerhalb eines 
Jahres gleich Null ist, während sie doch in den einzelnen Abschnitten 
endliche Werthe besitzt, so zerfällt das ganze Jahr für jeden Punkt 
der Erde in Perioden überwiegender Wärmezufuhr und überwiegender 
Wärmeentziehung, oder kurz ausgedrückt in Abschnitte der Erwärmung 
und der Abkühlung. 


von Bezorp: Wärmeaustausch. 57 

Bei dem Ubergange von einem Abschnitte der einen Art zu 
LER da 

einem solehen der anderen wechselt der Differentialquotient E das 
di 


Vorzeichen, und q selbst erreicht dementsprechend zu diesen Zeit- 
punkten Maximal- oder. Minimalwerthe. 

Solche Extremwerthe werden innerhalb jedes Tages erreicht, die 
absoluten Maxima und Minima aber im Allgemeinen innerhalb Jahres- 
frist je einmal, unter dem Aequator zweimal. 

Sieht man von den täglichen Extremen ab, so kann man wenigstens 
ausserhalb der Tropen und bei passender Wahl des Anfangspunktes 
das Jahr so theilen, dass es in zwei Hälften zerfällt, von denen die 
eine der Wärmeaufnahme die andere der Wärmeabgabe dient. 

Diese Hälften werden im Allgemeinen ungleich sein, da die 
Wärmezufuhr nach ganz anderem Gesetze erfolgt als die Wärmeabgabe. 

Ist demnach 4 = o so gewählt, dass u, das absolute Minimum 
ist, und hat man die secundären Maxima und Minima durch ein ge- 
eignetes Ausgleichsverfahren beseitigt, ist ferner u,, der absolut grösste 
Werth von u, 4, aber der Zeitpunkt zu welchem dieser Werth 
erreicht wird, dann ist 


dk ln 
ga ICH 
dt > Im 
und 
dq, = 
u <amWrh, 
dit < 
und ausserdem ist 
da,r, == Ua,t Ua,o 
und 
Ya,r, == Ug,0i7 Ua ,t,, 


wenn unter r, der Zeitraum von o bis £, und unter r, der Zeitraum 
von Z, bis T verstanden wird. 
Es ist mithin auch 


Ya,r, u Im,r, 5 (16) 


d. h. die Wärmesumme, welche von einem bestimmten Stücke der 
Erde oder der Atmosphaere in der Jahreshälfte überwiegender Wärme- 
zufuhr aufgenommen wird ist genau gleich jener, welche in der Hälfte 
überwiegender Abgabe verloren wird. 

Übrigens gilt Gleichung (16) auch, wenn man das Jahr in zwei ganz 
beliebige Abschnitte theilt, sofern nur r, + r, = T ist, jederzeit muss 
die Wärme, die in dem einen Theile aufgenommen wurde, in dem 
anderen wieder abgegeben werden, nur ist bei solcher beliebigen 
Theilung gar, kein Maximum. Ist jedoch dieser Werth ein Maximum, 


1158 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dee. —- Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


dann soll er als »der jährliche Wärmeaustausch des betrachteten 
Stückes« bezeichnet werden. 

Hieraus folgt: »Der jährliche Wärmeaustausch in einem aus der 
»Erde oder der Atmosphaere oder aus beiden zusammen heraus- 
»geschnittenen Stücke ist gleich der Differenz zwischen dem Maximum 
»und Minimum der in dem Stücke enthaltenen Gesammtenergie «. 

Für die kleineren Perioden bez. für die tägliche Periode be- 
darf der Satz einer kleinen Modification, da für diese im Allgemeinen 
in der Zeit der Wärmeabgabe nicht eben so viel entzogen wird, als 
während des Abschnittes der Wärmeaufnahme gewonnen worden ist, 
sondern in der einen Jahreshälfte weniger in der anderen mehr. 

Bezeichnet dementsprechend wieder gr, die Wärmezufuhr vom 
Zeitpunkt eines secundären Minimums der Gesammtenergie, bis zu 
dem des nächsten seeundären Maximums, gq:, den Verlust von diesem 


Zeitpunkt bis zu- dem des nächsten secundären Minimums, so ist 
= 
Ir, > Ur, 


wobei jedoch der Unterschied zwischen den beiden Mengen gr, und 
dr, immer nur ein kleiner ist. 


Das Maass des täglichen Austausches aber bildet consequenter 
Weise die Grösse: 


Diese Betrachtungen haben von selbst auf die Bestimmung der 
Gesammtenergie geführt, die einem Stücke der Atmosphaere oder der 
Erde innewohnt. 

Für die vorliegenden Zwecke ist es wichtig, dieses Stück zweck- 
mässig zu wählen, und mit einem abgegrenzten Theile der Erdoberfläche 
in Verbindung zu bringen. 

Ich will deshalb unter der »Gesammtenergie eines Theiles der 
Erdoberfläche« die totale Energie in dem Stücke der Erdrinde und 
der Atmosphaere verstehen, das durch eine Gerade ausgeschnitten 
wird, welehe durch den Mittelpunkt der Erde gehend jenen Theil der 
Erdoberfläche umläuft, während es nach oben durch die Grenze der 
Atmosphaere seinen Abschluss findet, nach unten aber durch eine der 
Erdoberfläche parallele Fläche, die so gewählt ist, dass in ihr die 
jährliche Periode der Temperatur nicht mehr merkbar ist. 

Unter der »Gesammtenergie einer bestimmten Stelle der Erdober- 
fläche« aber verstehe ich die Energie innerhalb eines abgestumpften 
Kegels, dessen Spitze in dem Erdmittelpunkte liegt, während sein 
Mantel aus der Erdoberfläche die Flächeneinheit ausscheidet, und 


von BezorLp: Wärmeaustausch. 1159 


dessen obere und untere Fläche wieder durch die Grenzfläche der 
Atmosphaere und eine hinreichend tief unterhalb der Erdobertläche 
verlaufende mit letzterer parallele Fläche gebildet werden. 

Die Bestimmung der Gesammtenergie für die verschiedenen Punkte 
der Erdoberfläche sowohl ihrem Mittelwerthe nach als auch nach ihrem 
zeitlichen Verlaufe bildet eine wichtige Aufgabe der Lehre vom Wärme- 
haushalt der Erde. 

Ihre Amplitude, d. h. der Unterschied der Extremwerthe, giebt 
das Maass des Wärmeaustausches sowohl für die jährliche als auch 
nach kleiner Modification für die tägliche Periode. 

Die Zeitpunkte dieser Extreme führen zu einer Theilung des 
Jahres in Abschnitte der Erwärmung und Abkühlung, die andere 
Gesichtspunkte eröffnet, als die Theilung auf rein astronomischer 
Grundlage. 

Die Vertheilung der Gesammtenergie über die Oberfläche der Erde 
giebt erst ein Bild von der wirklichen Vertheilung der Wärme an der 
Erdoberfläche, während man bisher nur die Temperaturvertheilung 
in der untersten Luftschicht mit diesem Namen belegt hat. 

Freilich muss man sich erst noch über einen Nullpunkt ver- 
ständigen, wenn man die Energie für die verschiedenen Stellen der 
Erdoberfläche mit einander vergleichen will, ein Umstand, der bei 
der Untersuchung .des jährlichen oder täglichen Ganges an einer 
bestimmten Stelle ganz ausser Betracht bleibt. 

Doch ist dies ein Punkt, auf den ich erst in einer späteren 
Mittheilung näher eingehen will. ) 

Hier mag nur bemerkt werden, dass die angenäherte Berech- 
nung der Gesanmmtenergie in dem eben festgestellten Sinne kaum auf 
unübersteigbare Schwierigkeiten stossen dürfte. 

Der auf die feste Erdrinde bezügliche Antheil lässt sich sogar 
verhältnissmässig leicht ermitteln, wie noch im zweiten Theile dieser 
Mittheilung gezeigt werden soll. 

Wie ausserordentlich wichtig aber die Lösung dieser Aufgabe 
ist, dies mag schon aus den Bemerkungen entnommen werden, die 
gleich zu machen sind, wenn von den merkwürdigen Schwankungen 
gesprochen wird, welche die sogenannte Mitteltemperatur der ganzen 
örde, d. h. der untersten Luftschicht auf der ganzen Erde, im Laufe 
der Jahresperiode erfährt, wobei sich ergeben wird, dass es nicht zu- 
lässig ist, hieraus unmittelbar auf Schwankungen in der Gesammt- 
energie der ganzen Erde zu schliessen. In ähnlicher Weise wird die 
Bedeutung dieser Frage hervortreten bei Beleuchtung des eigen- 
thümlichen Verhaltens, das die Polarregionen zur Zeit «des höchsten 
Sonnenstandes zeigen. 


Sitzungsberichte 1892. 104 


1160 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28.Mai 1891. 


V. »Die im Laufe bestimmter Abschnitte des Jahres durch die 
»Begrenzung der ganzen Atmosphaere ein- und austretenden Wärme- 
»mengen sind einander nicht nothwendiger Weise gleich.« 

Wäre die Erdoberfläche und die Atmosphaere wenigstens in jeder 
den Erdmittelpunkt concentrisch umgebenden Schicht vollkommen 
homogen, und wäre überdies die Erdbahn kreisförmig, so müsste 
solche Gleichheit bestehen, da jedoch diese Bedingungen nicht erfüllt 
sind, sondern da sich die Gebiete überwiegender Einstrahlung und 
überwiegender Ausstrahlung im Laufe des Jahres verlagern, und zwar 
an Stellen mit ganz verschiedener Oberflächenbeschaffenheit, so ist kein 
Grund zu solcher Gleichheit vorhanden. 

Es giebt demnach vermuthlich auch für die ganze Erde Ab- 
schnitte des Jahres, in denen die Wärmeaufnahme und andere, in 
denen die Abgabe das Übergewicht hat, mit anderen Worten »die 
Gesammtenergie der ganzen Erde ist wahrscheinlich innerhalb des 
Jahres periodischen Schwankungen unterworfen«. 

Die Thatsache, dass die Mitteltemperatur der untersten Luft- 
schieht der ganzen Erdoberfläche in dem nördlichen Sommerhalbjahre 
eine höhere ist als in dem Winterhalbjahre, scheint in diesem Sinne 
zu sprechen. 

Freilich darf man hiebei nicht vergessen, dass diese Temperatur 
noch lange kein Maass für die Gesammtenergie ist. Es ist im Gegen- 
theile sehr wahrscheinlich, dass die Änderungen der Gesammtenergie’ 
der ganzen Erdoberfläche mit Einschluss der Atmosphaere lange nicht 
so gross sind, als man nach der Änderung der Mitteltemperatur der 
untersten Luftschieht erwarten sollte. | 

Da nämlich die Wassermassen, welche im Laufe eines Jahres 
zu Eis erstarren, und nachher wieder geschmolzen werden, auf der 
südlichen Halbkugel vermuthlich viel grössere sind als auf der nörd- 
lichen, und da wohl das Gleiche von jenen Wassermengen gilt. die 
verdampft und eondensirt werden, so wird auch während des Sommers 
der südlichen Halbkugel ein -grösserer Theil der zugeführten Energie 
zu den Arbeiten des Schmelzens und Verdampfens verwendet werden 
als im Sommer der nördlichen. Es wird deshalb selbst bei gleicher 
Gesammtenergie die Mitteltemperatur der ganzen Erde im nördlichen 
Winterhalbjahre niedriger sein müssen als im Sommerhalbjahre, da 
im Winterhalbjahre der Nordhemisphaere die überwiegende Wärme- 
zufuhr auf Gegenden trifft, in welchen der Aufwand an Energie für 
Änderungen des Aggregatzustandes beträchtlicher ist, als er auf der 
nördlichen Halbkugel jemals werden kann. 

In welchem Umfange aber die ebenangedeutete Compensation ein- 
tritt, oder anders ausgedrückt, ob und inwieweit die Gesammtenergie 


von BEzoLp: Wärmeaustausch. 1161 


der ganzen Erde an der Jahresperiode theilnimmt, dies lässt sich nur 
auf Grund eingehender Untersuchung entscheiden. 

Freilich wird man sich auch hiebei wie auf diesem ganzen Ge- 
biete zunächst mit Schätzungen begnügen müssen, jedenfalls aber ist 
die Aufgabe, die sich hier aufdrängt, wieder ein schlagendes Beispiel 
dafür, zu welch’ eigenartiger Fragestellung man durch diese ganz 
allgemeinen Betrachtungen geführt wird. 

Um diesen Satz in Formeln zu bringen, genügt es, die bereits 
aufgestellten Gleichungen (14) und (15) allgemeiner aufzufassen bez. ein 
klein wenig zu verändern. 

Man hat nämlich einfach den Index a wegzulassen, der oben 
beigefügt war, um anzudeuten, dass von einem aus der Erde oder 
der Atmosphaere ausgeschnittenen endlichen Stück die Rede war, und 
die horizontalen Striche oberhalb anzubringen, um hervorzuheben, dass 
es sich um die Begrenzungsfläche der Atmosphaere handelt, so ver- 
wandeln sich die Gleichungen in die nachstehenden 


und (17) 
.-,=M—U 
wobei man jedoch stets im Auge behalten muss, dass die Differenz 
u,—u,; die ich mit u, bezeiehnen will, hier, wo es sich um die 
ganze Erde handelt, immer klein bleibt im Vergleiche zu den Grössen 
7 und da. 
Natürlich gilt auch hier wieder die Gleichung (16) nach der ent- 
sprechenden Modification, und muss demnach, wenn man u, —U,, durch 
u, bezeichnetund ul, durch U,,; und wenn man dann rs, +r,=T 


setzt, 


sein; d.h. wenn man das Jahr in zwei beliebige Abschnitte theilt, so ist 
der Zuwachs an Energie, den die ganze Erde in dem einen Abschnitt 
gewonnen hat, dem Verluste gleich, den, sie in dem anderen erleidet, 

Denkt man sich nun den Jahresanfang so gewählt, und die Theilung 
in Abschnitte so vorgenommen, dass in dem einen Theile u immer über, 
im anderen immer unter dem Jahresmittel liegt, so zerfällt das Jahr 
in zwei, im Allgemeinen ungleiche Hälften, von denen man die 
eine die wärmere, die andere die kältere Jahreszeit der ganzen Erde 
nennen kann. 

Da die Einstrahlung an den verschiedenen Punkten der Erd- 
oberfläche zu jeder Zeit des Jahres ausserordentlich grosse Verschieden- 
heiten aufweist, indem sie an einzelnen Stellen sogar gleich Null ist, 


104 * 


1162 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dec. — Mittheilung v. 28.Mai 1891. 


während die Ausstrahlung überall zur Geltung kommt, und da ander- 
seits die Gesammtenergie der ganzen Erde innerhalb des Jahres jedenfalls 
nur kleinen periodischen Änderungen unterworfen ist, so dass u, immer 
klein bleibt gegen q und q, so kann man jedenfalls die ganze Be- 
grenzung der Atmosphaere so in Theile zerlegen, dass an den einen 
die Einstrahlung, an den anderen die Ausstrahlung das Übergewicht hat. 

Bezeichnet man die auf das Gebiet überwiegender Einstrahlung 
bezüglichen Grössen durch den beigefügten Index a, die anderen durch 
den Index p, so kann man demnach die Gleichung (17) umformen in 


dur ER = Te nr Gi. = u. $) (18) 


wobei u, klein ist gegen die Differenzen, die hier auf beiden Seiten 
stehen. 

Man kann diesen Satz so aussprechen, dass man sagt: 

»Die Erdoberfläche zerfällt zu jeder Zeit des Jahres in Gebiete 
»mit überwiegender Einstrahlung und in solche mit überwiegender 
» Ausstrahlung. « 

Der aequatoriale Gürtel gehört, sofern man von der täglichen 
Periode absieht, immer zu dem Gebiete überwiegender Einstrahlung, 
die begrenzenden neutralen Linien aber sind im Laufe des Jahres 
bedeutenden Änderungen unterworfen. 

Der Beweis für diesen Satz liegt einfach darin, dass von den 
Tropengegenden zu jeder Zeit des Jahres warme Ströme polwärts 
fliessen, während Ein- und Ausstrahlungsverhältnisse sich dort das 
ganze Jahr hindurch ziemlich gleich bleiben und diese Ströme dem- 
entsprechend nur zu einem kleinen Bruchtheil durch aufgespeicherte 
Energie gespeist werden können. 

Die polaren Gegenden gehören einen, wenn auch nur kleinen 
Theil des Jahres zu dem Gebiete überwiegender Einstrahlung, da sie 
während des Hochsommers der betreffenden Hemisphaere innerhalb 
begrenzter Zeiträume mehr Wärme von der Sonne empfangen als die 
Orte niedrigerer Breite oder gar als jene der anderen Hemisphaere. 

Während demnach die beiden neutralen Linien von der mittleren 
Lage, die sie zur Zeit der Aequinoetien einnehmen, in gleichem Sinne 
weiter schreiten, also im nördlichen Frühjahr beide nordwärts, im 
südlichen beide südwärts, so verengert sich das von der einen um- 
schlossene polare Gebiet fortwährend, bis es im Hochsommer gänzlich 
verschwindet. 

Wenn trotzdem die Wärmezufuhr durch Conveection aus niedrigen 
Breiten auch während des Hochsommers der betreffenden Hemisphaere 
andauert, so erklärt sich dies nur daraus, dass die gesammte durch 
überwiegende Einstrahlung und durch Conveetion gewonnene Wärme 


von BezoLp: Wärmeaustausch. 108 


zur Deckung des Energieverlustes verbraucht wird, den die Polar- 
gegend während des Winterhalbjahres erlitten hat und der die Bildung 
enormer Eismassen und die Verringerung des Dampfgehaltes der 
Atmosphaere im Gefolge hatte. 

Die Gleichungen der neutralen Linien für beliebige Zeitpunkte 
des Jahres nehmen demnach die Form an: 


Be Koh undh el or) oo 


wobei für bestimmte Werthe von ? die eine oder die andere dieser 
Gleichungen gegenstandslos wird, da die betreffende Linie ganz ver- 
schwindet. 

Wäre die Erdoberfläche vollkommen homogen, und die Erdbahn 
kreisförmig, so bestände zwischen den Funetionen ® und Y die 
Gleichung: 

, 
Be OR .(- BEREEE z) 
d. h. unter dieser Voraussetzung würde die neutrale Linie auf der 
einen Halbkugel in einem gegebenen Augenblick genau dieselbe Lage 
einnehmen, welche sie vor oder nach einem halben Jahre auf der 
anderen eingenommen hat. 

Auch würden beide Halbkugeln gleich lang ausschliesslich dem 
Gebiete überwiegender Einstrahlung angehören. 

Zwischen dem Gebiete überwiegender Einstrahlung und jenem 
überwiegender Ausstrahlung findet nun ähnlich wie im Jahresdurch- 
schnitt ein Wärmeaustausch durch Conveetion statt. 

Die Gleichungen für diesen Conveetionsstrom werden jedoch für 
kleinere Zeiträume viel verwickelter als für den Jahresdurchschnitt. 
da im letzteren Falle alle auf die Aufspeicherung von Energie bezüg- 
liehen Grössen in Wegfall kommen, während sie bei kürzeren Ab- 
schnitten eine wesentliche Rolle spielen. 

Um diess zu übersehen zerlegt man am besten die Energie u, 
in Gleichung (18) in zwei Theile uw, und u,, von denen sich der eine 
auf das Einstrahlungs- der andere auf das Ausstrahlungsgebiet bezieht. 

Thut man diess, so nimmt die Gleichung die Form an: 


du FR du B 55 U, = In [7 g, Ein u, (19) 


Hiebei stellt die linke Seite der Gleichung den Rest von Wärme 
dar, der noch übrig bleibt, wenn man von der im Einstrahlungs- 
gebiete zugestrahlten Wärme die ausgestrahlte, so wie die aufge- 
speicherte Wärme abzieht. 

Dieser Rest muss offenbar als Convectionsstrom nach dem Aus- 
strahlungsgebiete hin abtliessen. 


1164 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dee. — Mittheilung v. 25. Mai 1891. 


Die mittlere Intensität dieses Stromes ist: 


ATi _ ul 


a (20) 


- 


und dieser Strom ist es, der im Ausstrahlungsgebiet theilweise den 
dureh die überwiegende Ausstrahlung bedingten Verlust ersetzt, während 
der noch verbleibende Rest durch Energieverlust, d. h. durch Ab- 
kühlung, Eisbildung u. s. w. zu decken ist. 

Diese Formel unterscheidet sich nun recht wesentlich von der 
früher als Gleichung (10) für das ganze Jahr aufgestellten. Während 
dort der Conveetionsstrom nur von der Differenz zwischen Ein- und 
Ausstrahlung abhängig war, sind hier auch noch die Mengen von 
Energie zu berücksichtigen, welche innerhalb des betrachteten Zeit- 
raumes in dem Gebiete aufgenommen oder abgegeben werden. 

Es wäre deshalb theoretisch gesprochen nicht undenkbar, dass 
der Einfluss der Strahlungsdifferenz durch Aufspeicherung von Energie 
ganz aufgehoben ja vielleicht sogar übercompensirt würde. 

Dies ist nun freilich für das Gesammtgebiet der überwiegenden 
Einstrahlung nicht der Fall, da jederzeit ein Ausströmen von Wärme 
nach der Winterhälfte hin stattfindet, dagegen macht sich dieser Um- 
stand zur Zeit des höchsten Sonnenstandes in den Polargegenden in 
der allereinschneidensten Weise geltend. 

Bekanntlich fliessen auch im Hochsommer dem Pole noch 
immer warme Ströme aus niedrigeren Breiten zu, während kalte 
Luft und kaltes Wasser von dort her abströmen, sofern nicht etwa 
föhnartige Erscheinungen an einzelnen Stellen Ausnahmen im Gefolge 
haben. 

Es bleibt demnach der polwärts gerichtete Convectionsstrom auch 
während jener Jahreszeit bestehen, in welcher der Pol mehr Sonnen- 
strahlen erhält als irgend ein anderer Punkt der Erde bez. der Grenz- 
fläche der Atmosphaere. 

Denkt man sich nun irgend eine den Pol umschliessende Linie, 
über welche dieser Strom hinfliesst, als Trennungslinie zwischen einem 
polaren Theile und dem übrigen Einstrahlungsgebiete, das deshalb als 
aequatoriales bezeichnet werden mag, und bezeichnet man alle auf das 
erstere bezüglichen Grössen durch den Index p, so erhält man für 
die Intensität J, des Stromes die Gleichung 


eg (21) 


. 12 


Da nun der Strom nach dem Pole hinfliesst, so muss J, das näm- 
liche Vorzeichen haben, welches sich ergäbe, wenn g, und u, beide 


von BEezoLp: Wärmeaustausch. 1165 


gleich null wären, d.h. wenn innerhalb der Trennungslinie nur Aus- 
strahlung vorhanden wäre. J, muss demnach negativ sein. 
Da aber um die Zeit des Sommersolstitiums jedenfalls 


9 rs 9 os 
® (22) 


ist, so muss 


sein. 

Der Überschuss an Einstrahlung, wie er um diese Zeit in der 
Polarregion in so hohem Maasse vorhanden ist, reicht demnach noch 
immer nicht hin, um den Wärmebedarf zu decken, wie er zur Ver- 
mehrung der Energie d. h. zum Schmelzen des Eises und zur Ver- 
dampfung erforderlich ist. 

Es wäre nicht schwer, aus diesen Sätzen noch weitere abzu- 
leiten und so ihre Zahl zu vermehren. 

Da es sich jedoch hier nur darum handelte, die allgemeinen 
Gesichtspunkte zu gewinnen, unter denen nun verschiedene Einzel- 
untersuchungen auszuführen sind, und da die bereits aufgestellten Sätze 
für diesen Zweck hinreichen, so mag es bei ihnen sein Bewenden 
haben. 

Die angestellten allgemeinen Betrachtungen zeigen, dass es im 
Wesentlichen drei Punkte sind, welchen man bei den Untersuchungen 
über den Wärmehaushalt die Aufmerksamkeit zuzuwenden hat: 

Erstens: Ein- und Ausstrahlung mit Einschluss der Reflexion. 

Zweitens: Zu- und Abnahme der Energie an den einzelnen 
Theilen der Erdoberfläche und in der Atmosphaere. 

Drittens: die Conveetion d. h. die Übertragung der Wärme dureh 
Luft und Wasser. 

Das erste dieser Capitel hat bekanntlich schon viele Bearbeiter 
gefunden und soll deshalb hier zunächst nicht zum Gegenstande 
neuer Untersuchungen gemacht werden. 

Dagegen soll die Aufmerksamkeit den beiden anderen Gapiteln 
zugewandt werden, die, wie mir scheint, keine so grossen Schwierig- 
keiten darbieten als das erstgenannte, aber trotzdem bisher nur wenig 
bearbeitet wurden. 


Der Wärmeaustausch im Erdboden. 


Der Erdboden nimmt während der warmen Tages- und Jahres- 
zeit Wärme auf, die er während der kalten wieder abgiebt. Er spielt 
dementsprechend die Rolle eines Accumulators, der zu bestimmten 
Zeiten Energie aufspeichert, die zu anderen wieder verbraucht wird, 


1166 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


Dabei tritt die Energie hier in der einfachsten Form auf und 
bietet deshalb diese Untersuchung unter allen auf den Wärmeaustausch 
bezüglichen weitaus die geringsten Schwierigkeiten. 

Enthält nämlich der Erdboden gar kein Wasser, was freilich 
nur bei Felsgestein und in der Wüste annäherungsweise der Fall sein 
wird, oder bleibt der Wassergehalt unverändert, während zugleich 
die Temperatur desselben niemals unter dem Gefrierpunkt sinkt, so 
ist die gesammte aufgespeieherte Energie nur in der Form thermo- 
metrisch messbarer Wärme vorhanden. 

Ist er wasserhaltig, und wird der Gefrierpunkt in dem einen 
oder anderen Sinne überschritten, so werden die Verhältnisse etwas ver- 
wickelter, die hierauf bezüglichen Aufgaben bleiben jedoch immer noch 
viel einfacher als die meisten anderen aus dem hier behandelten Gebiete. 

Überdies kommt dieser Umstand, wie später gezeigt werden soll. 
bei Bestimmung der innerhalb der Jahresperiode, d. h. abgesehen von 
dem täglichen Austausch, aufgenommenen und abgegebenen Wärme- 
mengen, wenigstens in niedrigen und mittleren Breiten gar nicht in 
Betracht. 

Für den hier verfolgten Zweck handelt es sich nun im Wesent- 
lichen um Lösung der beiden nachstehenden Fragen: 

ı. Wie gross ist der Unterschied zwischen den innerhalb eines 
gegebenen Zeitraumes durch die Oberflächeneinheit aufgenommenen 
und abgegebenen Wärmemengen, d. h. wie gross ist der Zuwachs oder 
die Abnahme an Energie, welchen der unterhalb der Oberflächeneinheit 
liegende Erdboden innerhalb dieses Zeitraumes erfahren hat? 

2. Wie gross ist der Unterschied zwischen dem Maximal- und 
Minimalwerth der innerhalb eines gegebenen Zeitraumes in dem be- 
trachteten Stücke des Erdbodens vorhandenen Energie? 

Die Beantwortung der ersten Frage giebt die während eines be- 
stimmten Zeitraumes in dem Boden aufgespeicherte oder von dem 
vorhandenen Vorrath abgegebene Energie. 

Durch Beantwortung der zweiten aber erhält man einen Maass- 
stab für die Wirkung des Erdbodens als Wärmeregulator sofern man 
nur den untersuchten Zeitraum so wählt, dass er eine volle Periode 
des Wärmeaustausches, also einen ganzen Tag oder ein ganzes Jahr, 
umfasst. 

Die Beantwortung dieser beiden Fragen ist, wie gleich gezeigt 
werden soll, ausserordentlich einfach, da sie nur die Kenntniss der 
"Temperaturen in verschiedenen Tiefen und jene der Wärmecapaeität 
der Volumeneinheit, die sogenannte Volumencapaeität voraussetzt, wäh- 
rend die Leitungsfähigkeit des Erdbodens sowie die Strahlungsverhält- 
nisse der Oberfläche ganz aus dem Spiele bleiben. 


von BezoLp: Wärmeanstausch. - 1167 


Überdies genügt es zur Lösung der zweiten Frage, wenn man die 
Bodentemperaturen zu jenen Tages- oder Jahreszeiten kennt, zu welchen 
das Wärmegefälle in der obersten Bodenschicht gleich Null ist. 

So leicht deshalb gerade diese Fragen zu beantworten wären, und 
so wichtig sie vom meteorologischen Standpunkte aus scheinen, so ist 
doch das Material, welches die fast überreichen Beobachtungen über 
Bodentemperaturen zur Beantwortung derselben bieten, ein äusserst 
dürftiges, da man nur in wenigen Fällen .die Volumencapaeität des 
betreffenden Erdbodens direet bestimmt hat, und somit die unentbehr- 
liehste Constante fehlt. 

Hier sollen nun die gestellten Fragen zunächst theoretisch be- 
antwortet und dann erst versucht werden, inwieweit sich die ge- 
fundenen Formeln in Zahlen übersetzen lassen, auch soll der Ein- 
fachheit wegen zunächst angenommen werden, dass die Temperaturen 
entweder stets oberhalb des Gefrierpunktes bleiben oder dass der 
Boden ganz wasserfrei sei. 

Dies vorausgesetzt, beantwortet sich die erste der beiden Fragen, 
d. i. Frage nach dem Energiezuwachs des Erdbodens innerhalb eines 
gegebenen Zeitraumes Z#, ,t,, aus nachstehender Betrachtung: 

Sei € die Wärmecapacität der Volumeneinheit, 4% die nach ab- 
wärts gerechnete Entfernung eines Punktes von der Erdoberfläche, 
9, die Temperatur desselben zur Zeit i,, 9, die entsprechende Grösse 
zur Zeit Zt, und denkt man sich unterhalb der Oberflächeneinheit ein 
Prisma aus dem Erdboden ausgeschnitten, so hat ein unendlich nie- 
driges von horizontalen Ebenen begrenztes Stückchen dieses Prismas 
von der Höhe dh in dem betrachteten Zeitraum die Wärmemenge 


eo jan 
aufgenommen. 
Die Wärmemenge aber, welche das ganze Prisma bis zu der 
Tiefe H aufgenommen hat, d. i. die Änderung der Energie in dem 
betrachteten Prisma, ergiebt sich aus der Gleichung 


H 
Dee Send 
oder wenn (Ü constant ist 
H 
[ne (23) 


Hiebei sind 9, und 9, Funetionen von Ah, die sich bei wachsenden 
Werthen von A sehr schnell der Gleichheit nähern, so dass man so- 
fern es sich nicht um grosse Genauigkeit handelt schon für 7 = ıom 


1168 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 28.Mai 1891. 


die Differenz #, —#, = o setzen darf, selbst wenn Z, und t, sehr ver- 
schieden sind. Handelt es sich nun um kleine Zeiträume etwa um 
24 Stunden so darf man schon bei HA = ı diese Grenze als erreicht 
ansehen, und 9, = 9, setzen. 

Bringt man die Gleichung (23) in die Form 


H H 
= cf. dh — [in +u, 


und wählt man 4 als Ausgangspunkt für die Zählung der Zeiten so 
dass 4 = o ist, so.kann man auch schreiben 


H 
U, = o (%an +K 


oder indem man den Index weglässt, kurzweg (24) 
«H 
1 = Cl dan Er, 
6 


wo K eine Gonstante ist, deren Werth davon abhängt, was man als 
Nullpunkt der Energie betrachten will. Theoretisch wird es am 
richtigsten sein hierfür den absoluten Nullpunkt zu wählen, manchmal 
wird es sich jedoch als vortheilhaft erweisen, von dem Nullpunkte 
der gewöhnlichen Thermometerscala auszugehen. Freilich kann man 
alsdann in bestimmten Fällen auch negative Werthe der Energie er- 
halten, was jedoch keinen Anstoss erregen wird, sofern man sich nur 
über die Bedeutung derselben klar ist. 

Die zuletzt aufgestellte Gleichung kann man übrigens auch in 
die Form bringen 


wenn man 
7 ddh—= © (25) 


setzt. 

Dieser Werth © ist aber nichts anderes als die Mitteltemperatur 
eines aus dem Erdboden ausgeschnittenen Prismas von der Grund- 
fläche ı, und der Höhe H, CH hingegen ist der sogenannte Wasser- 
werth dieses Prismas, wenn man sich des in der Öalorimetrie gebräuch- 
lichen Ausdruckes bedienen will. 


von BEzoLp: Wärmeanstausch. 1169 


Bezeichnet man nun wieder die den Zeiten f und Z, entsprechenden 
Werthe von © durch ©, und ©, so erhält man: 

u, - u, = CH(09, — ©,) (26) 

In Worten heisst dies: 

Die Änderung der Energie im Erdboden während eines bestimmten 
Zeitraumes, bezogen auf die Oberflächeneinheit, ist gleich der Än- 
derung der Mitteltemperatur des Bodens von ‘der Oberfläche bis zu 
der Tiefe, in welcher die Schwankungen unmerkbar werden, multi- 
plieirt mit dem Wasserwerthe eines Prismas von der Grundfläche ı, 
das man sich bis zu dieser Tiefe aus dem Boden ausgeschnitten denkt. 

Die in dem Boden aufgespeicherte Energie erreicht demnach ihre 
Extremwerthe gleichzeitig mit den Mittelwerthen der Bodentemperatur, 
wenn man bei Bestimmung der letzteren die Temperaturen bis zu 
jenen Tiefen berücksicht, in denen die Schwankungen verschwindend 
klein werden. 

Die Gleichung (23) gestattet eine höchst einfache geometrische 
Versinnlichung. 

Wählt man nämlich die Tiefen A als Ordinaten, wobei man natur- 

Fig. 1. gemässer Weise die nach abwärts ge- 
S richteten als positiv ansehen wird, die 


A, A, 


Temperaturen 9 aber als Abseissen, so 
wird die Temperaturvertheilung im Erd- 
boden zur Zeit 4 und bis zu der Tiefe A 
(Fig. ı) dargestellt durch eine Curve A,B.. 

Ist nun die Temperaturvertheilung 
zur Zeit ft, eine andere geworden, und 
wird sie durch die Curve A,5, versinnlicht, dann giebt das von den 
beiden Curven, sowie von der Abseissenaxe und einer ihr parallelen 
um A davon abstehenden Geraden begrenzte Flächenstück A,B,B,A,, 
das durch f bezeichnet werden mag, sofort ein Maass für die auf- 
genommene Wärmemenge, da 


en — je — d)dh 


{0} 


ist. 

Gleichzeitig giebt diese Art der Darstellung sofort Aufschluss 
darüber, in welchem Sinne die Wärmebewegung zu den betrachteten 
Zeiten in den verschiedenen Schichten des Erdbodens vor sich geht, 
da die Linien durch ihren Verlauf unmittelbar erkennen lassen, ob 
die Temperaturen nach der Tiefe hin zu- oder abnehmen. 

In der Figur ist die Richtung des Wärmestromes durch Pfeile 
angedeutet. 


1170 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


Wegen der grossen Vortheile, welche die Betrachtung dieser 
Curven gewährt, will ich ihnen einen besonderen Namen beilegen, 
und zwar will ich sie »’Tautochronen« nennen, da jede dieser Curven 
die Temperaturen darstellt, wie sie zu der nämlichen Zeit in den 
verschiedenen Tiefen herrschen. 

Ks mag nebenbei bemerkt werden, dass man sich von diesen 
Curven ein ausserordentlich anschauliches, man kann sagen. hand- 
greilliches Bild machen kann. 

Nimmt man nämlich an, man habe in den verschiedenen Tiefen 
ganz genau gleiche "Thermometer, d.h. solehe, bei denen der Grad 
genau die nämliche Länge hat, und denkt man sich diese horizontal 
und parallel in dem Boden eingebettet, in der Art, dass alle Null- 
punkte senkreeht über einander liegen, dann ist eine die Endpunkte 
aller Quecksilbersäulen verbindende Curve die Tautochrone des be- 
treffenden Augenblicks. 

Da die Phase der innerhalb der täglichen und jährlichen Periode 
in jeder Schicht vor sich gehenden Oseillation von Schicht zu Schicht 
wechselt, so schneiden sich die Gurven A,B, und A,B, in bestimmten 
Tiefen und zwar allgemein gesprochen unendlich oft; da sie sich 
Jedoch mit zunehmender Tiefe fortgesetzt nähern und schon in sehr 
mässigen Tiefen beinahe zusammenfäallen, so wird man nicht leicht 
mehr als zwei solcher Durcehschneidungen zu beachten haben. 

Natürlich sind die Flächenstücke zu beiden Seiten soleher Schnitt- 
punkte bei Berechnung der gesammten Wärmeaufnahme oder Wärme- 
abgabe mit verschiedenen Vorzeichen zu versehen, wie in Fig. 2 dureh 
Einschreiben dieser Zeichen angedeutet ist. 

(Ganz besonders werthvoll aber wird die Betrachtung dieser Gurven 
dadureh. dass sie sofort erkennen lassen, wann die unterhalb einer 
bestimmten Horizontalebene im Erdboden enthaltene Wärmemenge 
einen Maximal- oder Minimalwerth an- 


Fig. 2. 


nimmt. 

Dies ist natürlich nur dann der Fall, 
wenn dureh die betreffende Ebene 
weder in dem einen noch in dem an- 
deren Sinne Wärme hindurchgeht, d.h., 
wenn das Temperaturgefälle in der- 
selben gleich null, oder wenn 


d9 
dh 


=> ..O,tjst; 


An solehen Stellen ist demnach die Tangente der zur Versinn- 
liehung benutzten 'Temperatureurve eine Verticale. 


von BzEzorLv: Wärmeaustausch. 1171 


Kennt man dementsprechend nur die mittleren Tagestemperaturen 
für die obersten Bodenschichten, so findet man unmittelbar die zwei 
Tage des Jahres, an denen die im Boden enthaltenen Wärmemengen 
ihr Maximum oder Minimum erreichen, indem man eben jene Tage 
sucht, an denen die oben aufgestellte Bedingung erfüllt ist, bez. 
die Temperatureurve auf der Erdoberfläche senkrecht steht. 

Ist dann auch noch für diese Tage die Temperaturvertheilung in 
den darunter liegenden Schichten bekannt. so giebt die Fläche zwischen 
den diesen beiden Tagen »entsprechenden Tautochronen unmittelbar 
ein Maass für den Unterschied zwischen der grössten und der kleinsten 
innerhalb der Jahresperiode im Boden enthaltenen Wärmemenge 
natürlich immer unter dem Vorbehalte, dass die Volumencapaeität 
des Bodens bekannt sei. 

Dieser Unterschied ist aber die Wärmemenge. welche innerhalb 
eines Jahres durch die Erdoberfläche hindurch zum Austausch kommt, 
natürlich abgesehen von den Wärmemengen, die innerhalb der täg- 
liehen Periode ausgetauscht werden und von denen hier nur der nach 
Ablauf jedes Tages verbleibende Rest in Rechnung zu ziehen ist. 

»Die eben angestellte Betrachtung hat zu dem überraschenden 
»Ergebniss geführt, dass es zur Bestimmung des jährlichen Wärme- 
»austausches genügt, wenn man die Temperaturvertheilung im Erd- 
»boden zu jenen Zeiten des Jahres kennt, zu welchen die Wärme- 
»aufnahme in Abgabe übergeht und umgekehrt. « 

Diese Zeitpunkte scheinen in mittleren Breiten annäherungsweise 
mit den Tag- und Nachtgleichen zusammen zu fallen. 

Selbstverständlich lässt sich der Wärmeaustausch innerhalb der 
Tagesperiode in ganz ähnlicher Weise ermitteln. 

Man erfährt nämlich den Wärmeaustausch innerhalb der täglichen 
Periode, indem man von den Tautochronen für einzelne Stunden 
wiederum jene beiden aussucht, welehe auf der Erdoberfläche senkrecht 
stehen, und dann den von beiden eingeschlossenen Flächenraum 
bestimmt bez. das entsprechende Integral bildet. 

Eine Bestimmung der Zeitpunkte, zu welchen dies eintritt, d. h., 
der Tagesstunden zu welchen die Energie im Erdboden ihren Maximal- 
und Minimalwerth erreicht. ist natürlich nur dort möglich. wo für 
die obersten Schichten des Erdbodens stündliche Beobachtungen oder 
wenigstens solche für ziemlich kurze Intervalle vorliegen. 

Allgemein lässt sich einstweilen nur angeben, dass das Um- 
springen von Wärmeaufnahme in Wärmeabgabe einige Zeit nach 
Sonnenaufgang und ziemlich lang vor Sonnenuntergang eintritt. In 
Pawlowsk' erfolgt dies zu den nachstehenden Tagesstunden: im De- 


' Leyse, Bodentemperaturen. Wırv. Rep. Bd. XIII. Nr.7. 1890. 


1172 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 28.Mai 1891. 


cember um ı1ı* und kurz vor ı?, im Januar nach ıı" und vor >P, 
im Juni dagegen nach 5° und etwa um 5'/,, im Juli um 5° und vor 
6’, wie daraus hervorgeht, dass um diese Zeiten die Differenz zwischen 
den Temperaturen in o”oı und 0"o2 Tiefe das Vorzeichen wechselt. 

In Nukuss' fällt dieses Umspringen im Januar ungefähr auf 8° 
und 4'/,, im Juli aber auf 6* und 6?. 

Leider werden diese Zeitpunkte der Tagesperiode kaum jemals 
sehr genau bestimmbar werden, da sich gerade in den obersten 
Bodenschichten die meisten Störungen geltend machen. 

Noch ungünstiger aber gestaltet sich die Bestimmung der inner- 
halb der täglichen Periode zum Austausche kommenden Wärmemengen, 
da die Volumencapaeität des Erdbodens gerade in diesen Schichten 
wegen des wechselnden Wassergehaltes fortgesetzten Schwankungen 
unterworfen ist. 

Bei Bestimmung des jährlichen Austausches wird man deshalb 
gut thun, die allerobersten Schichten zunächst ganz aus dem Spiele 
zu lassen, und sich auf Ermittelung der Wärmemengen zu beschränken, 
welche durch eine etwas unterhalb der Erdoberfläche z. B. in 0”5 
Tiefe verlaufende Ebene ausgetauscht werden, den hiedurch began- 
genen Fehler aber durch einen Zuschlag zu verbessern, der jedoch 
seiner Natur nach immer weniger Vertrauen verdienen wird als die 
übrigen Zahlen. 

Alle bisher angestellten Betrachtungen ruhten auf der Voraus- 
setzung, dass man es entweder mit einem vollkommen wasserfreien 
Boden zu thun habe oder dass die Temperaturen 9, und 9, das 
gleiche Vorzeichen haben. 

Bei Ermittelung des jährlichen Austausches ist die letztere Be- 
dingung stets erfüllt, so lange man die Untersuchung auf Gegenden 
beschränkt, in denen der Boden zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen 
frostfrei ist. 

Will man von den eben erwähnten Einschränkungen absehen 
und auch solche Fälle in Betracht ziehen, in denen 9, <o und 9, > o, 
und überdies der Boden wasserhaltig ist, so erhält man die ent- 
sprechenden Formeln aus der nachstehenden Überlegung: 

Sei c die Volumencapaecität des vollkommen trockenen, porösen 
Bodens, x der Wassergehalt der Volumeneinheit ausgedrückt in Bruch- 
theilen der Masseneinheit so erhält man für die Volumencapaeität des 
durchfeuchteten Bodens © den Werth: 


C=c+tx, für 9>o 


! H. Wırp., Über d. Bodentemp. in St. Petersburg u. Nukuss. Wiırp. Rep. VI. 
Nr. 4. 1878. 


von BezoLp: Wärmeaustausch. 1175 
für jene des gefrorenen Bodens aber 
ee Pose, tür lo. 


Ausserdem bedarf es zum Aufthauen der Volumeneinheit des 
gefrorenen Bodens von 0° einer Wärmemenge von 80.0 Calorien. 

Nimmt man nun an, der Boden sei bei dem betrachteten Anfangs- 
zustande d.h. zur Zeit £ bis zu der Tiefe F, gefroren und es sei 
dementsprechend db <ofürA<H, und d,>o für A>H,, während 
zur Zeit i{, der Boden vollkommen eisfrei, also De onsersssohtrikt 
an die Stelle der Gleichung (23) die nachstehende etwas verwickeltere: 


n je EI, :H 
w,— u = a) Bar 0,dh + SorH, + |(c + x)9,dh + |(c+x) (0, — 9,)dh 
° 0 H, 
H. H, RR 
—=c16,—9)da+= ||, —— \dh+(c+ a) |(9,—9,)dh+8osxH,, (27) 


2 


H, 
wobei man jedoch stets darauf zu achten hat, dass 9, immer positiv 
ist, während 9, in die beiden ersten Integrale mit dem negativen 
Vorzeichen einzuführen ist. 

Man kann natürlich auch diese Formel wieder geometrisch ver- 
sinnlichen, da jedoch die dabei erhaltene Darstellung bei weitem 
nicht so einfach und durehsichtig wird als oben, wo die in Betracht 
kommenden Temperaturen entweder sämmtlich über oder sämmtlich 
unter dem Gefrierpunkt lagen, so soll hier von einer Wiedergabe 
dieser Darstellung abgesehen werden. 

Aus diesen Darlegungen sieht man, wie ausserordentlich leicht 
es ist, die durch die Erdoberfläche ausgetauschten Wärmemengen zu 
bestimmen, sofern man nur den Gang der Temperatur in verschie- 
denen Tiefen kennt, sowie die Volumencapacität des Bodens, bei 
Temperaturen unter 0° auch noch den Wassergehalt. 

Umsomehr ist es zu bedauern, dass die Zahl jener Beobachtungs- 
reihen über Erdbodentemperaturen, für welehe die Volumenecapaeitäten 
des betreffenden Bodens aus direeten Versuchen bekannt sind, .nur 
so ausserordentlich geringfügig ist.' 


! Ich habe solche für die Bodenart auf welche sich die Temperaturmessungen 
beziehen, bisher nur in der Abhandl. von Lord Kervın (Wırzıan Tnonson) On the 
reduction of underground temperature. Edinbgh. Trans. Vol. XXI. Pt. II p. 405—427. 
ı860 finden können, in welcher die von Forges angestellten Bestimmungen discutirt 
sind. Die dabei angegebenen Werthe sind: Trapp-Felsen von Calton Hill 0.5283, Sand 
des Beobachtungsgartens 0.3006, Sandstein vou Craigleith 0.4623. 


1174 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


In einer später zu gebenden Mittheilung will ich versuchen, wie 
weit sich die vorhandenen Beobachtungen verwerthen lassen um 
daraus den jährlichen, vielleicht auch in einzelnen Fällen den täg- 
lichen Wärmeaustausch im Erdboden für verschiedene Orte und unter 
möglichst verschiedenen klimatischen Bedingungen ziffernmässig zu 
ermitteln. 

Hier will ich mich darauf beschränken einstweilen beispielsweise 
die Tautochronen für München und für Nukuss mitzutheilen. 

Für München hat Hr. Sıseer' aus den fünfundzwanzig Jahre 
umfassenden Beobachtungen v. Lamont’s zehntägige AMittelwerthe 
abgeleitet, und eignet sich diese Reihe deshalb ganz besonders zur 
örmittelung der Zeitpunkte, zu denen der Wärmegehalt des Bodens 
ein Maximum und ein Minimum wird, und damit zur Bestimmung 
des jährlichen Wärmeaustausches. 

Leider fehlen jedoch bei dieser Reihe Beobachtungen aus geringen 
Tiefen, so dass für die oberste ı"29 mächtige Schicht die Werthe 
extrapolirt werden mussten. 

Diese Extrapolation habe ich auf graphischem Wege unter Be- 
nutzung der Lufttemperaturen freilich nur in sehr roher Weise vor- 
genommen; da jedoch wie sich gleich bei den Beobachtungen von 
Nukuss zeigen wird, die Temperaturen der obersten Schichten bedeu- 
tenden Störungen ausgesetzt sind, so schien es nicht angezeigt, viel 
Zeit und Mühe auf die Gewinnung eines Resultates aufzuwenden, 
das schliesslich doch nicht die Bürgschaft grösserer Genauigkeit in 
sich trüge. 

Um diese Unsicherheit jedoch gleich in der Figur erkennen zu 
lassen, sind die ergänzten Theile der Curven gestrichelt worden. 

Übrigens sind die 
Tautochronen nur für 
Intervalle von je 20 Ta- 
gen in die Figur (Fig. 3) 
eingetragen, obwohl man 
in der Abhandlung des 
Hrn. Sınser die Anga- 
ben von ıo zu ıo Tagen 
findet, da sonst die Fi- 
gur zu stark mit Linien 

50 0° 5° 10° s® 20 überladen worden wäre. 
‘Nur die Curven für den ı. April und für den 28. September 
glaubte ich noch aufnehmen zu müssen obwohl sie bei der Benutzung 


! Lang u. Erk, Beobachtungen für 1389. Anhang, S. 10. 


„ m 
von BEzoLp: Wärmeaustausch. 1175 


der mit dem ı. Januar beginnenden 2otägigen Intervalle unberück- 
sicehtigt hätten bleiben sollen, da eben diese beiden Tage es sind, 
welehe unter den in der Smerr'schen Tabelle enthaltenen den Zeit- 
punkten des minimalen und maximalen Wärmegehaltes des Erdbodens 
am nächsten zu kommen scheinen. 

Es ist übrigens sehr wohl denkbar, dass am 2ı. März und 
22. September diese Bedingung noch genauer erfüllt ist, ich wollte 
mich jedoch absichtlich an das Material, wie es gerade vorliegt, 
halten, ohne irgend weiter rechnerische oder graphische Operationen 
vorzunehmen, um nicht den Schein einer grösseren Genauigkeit zu 
erwecken, als ich sie wirklich verbürgen kann. 

Merkwürdig ist gerade bei dieser ungekünstelten Benutzung der 
Zahlen die grosse Symmetrie, welche die beiden in der Figur dureh 
das Aneinanderdrängen der Linien leicht kenntlichen Curven für die 
genannten Zeitpunkte zeigen. 

Eine besondere Erläuterung der Figur ist wohl kaum nöthig, 
dla die Temperaturgrade unterhalb derselben, die Tiefen in Metern 
aber, zu beiden Seiten eingetragen sind. Die kurzen gestrichelten 
Linien an den Seiten geben die Tiefen, in denen sich die Thermo- 
meter befanden, die Durehsehnitte der verlängert gedachten Graden 
mit den Curven sind demnach die aus den Beobachtungen abgeleiteten 
Punkte derselben. 

Der Zeitpunkt, auf welchen sich jede einzelne Curve bezieht, 
ist durch Beischreiben des Datums in arabischen und römischen 
Ziffern markirt. 

Als Gegenstück zu den Münchener Curven zeigt Fig. 4 die 'Tau- 
tochronen von Nukuss. 


Fig. 4. 
Dim u Bi XN VR vi va vI 
Ss Bewfenzalien T ; - iR a 
Sms 
j = les 
men mn: (IL u U 2 
3 4 ser == 3 
CE | 4 
-5° 0? 5° 10° 15° 20° 25° 30° 35° 


Sie bieten insofern besonderes Interesse, als diese Station, am 
Amu Darja gelegen, einem Gebiete ausserordentlich starker Ein- und 
Ausstrahlung und sehr geringer Niederschlagsmenge angehört. 

Überdies ist die Beobachtungsreihe eine der wenigen, welche 
das nöthige Material für die Bestimmung des Ganges der Temperatur 
in den allerobersten Schichten enthält. 


Sitzungsberichte 1892. 105 


1176 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 23. Mai 1891. 


Freilich sind die Temperaturen dieser Schichten nur aus ein- 
jährigen Beobachtungen abgeleitet, während die Zahlen für die 
grösseren Tiefen dreijährige Mittel sind. 

Dies macht sich auch in der Figur, die ohne alle weitere Intra- 
polation oder Abrundung einfach nach den von Hrn. Wiırp! mit- 
getheilten Zahlen construirt ist, auffallend geltend, indem die Curven 
in den obersten Theilen die grössten Unregelmässigkeiten zeigen. 

Dies ist auch leicht erklärlich, da bei den vielen Störungen, 
mit denen man dicht unter der Erdoberfläche zu rechnen hat, erst 
nach vieljährigen in kurzen Intervallen angestellten Beobachtungen 
einigermaassen sichere Mittelwerthe zu erwarten sind, 

Da für Nukuss nur monatliche Mittelwerthe vorliegen, so müsste 
man es als einen reinen Zufall bezeichnen, wenn unter den nach 
diesen Werthen eonstruirten Tautochronen sich solehe befänden, die 
auf der Erdoberfläche genau senkrecht stünden und demnach den 
Extremwerthen der im Boden aufgespeicherten Energie entsprächen. 
Es würde dies ja voraussetzen, dass die Zeiten, zu denen diese Extreme 
eintreten, ziemlich nahe in die Mitte zweier Monate fielen. 

Lässt man jedoch die Werthe für die allerobersten Schichten 
als zu unsicher unberücksichtigt und fasst man die Curven erst von 
o”4 an in’s Auge, so findet man auch hier als Monate des geringsten 
und des grössten Wärmevorraths im Boden den März und den Sep- 
tember. Dabei hat es jedoch den Anschein, als ob die September- 
curve nicht mehr dem vollen Maximum entspräche, während anderseits 
im August dieses Maximum noch nicht erreicht ist. 

Dies scheint darauf hinzudeuten, dass in Nukuss die Wärme- 
aufnahme schon vor dem Herbstaequinoetium ihr Ende erreicht und 
in Abnahme übergeht, wenn man anders berechtigt ist, aus Mitteln, 
- die nur so wenige Jahre umfassen, derartige Schlüsse zu ziehen. i 

Berechnet man nun auf Grundlage dieser Betrachtungen that- 
sächlich den jährlichen Wärmeaustausch für München und Nukuss, 
indem man im ersteren Falle die Bodentemperaturen vom ı. April 
und vom 28. September, im zweiten die Monatsmittel dieser Tem- 
peraturen für März und September zu Grunde legt, so findet man 
als Maximalwerth von u, —u, annäherungsweise 

für München 36 (,, 
für Nukuss 48 G,, 
wenn man unter (C, und €, die Wärmemengen versteht, welche in 


7 


München bez. in Nukuss erforderlich sind um die Volumeneinheit 


des betreffenden Erdbodens um ı° zu erwärmen. 


EN a. 0. SAA5 UND: 


von BEezorLn: Wärmeaustausch. TA 


Leider lässt sich über diese beiden Grössen gar nichts anderes 
sagen, als dass sie auf das Cubikmeter bezogen, kaum kleiner als 
300 und nicht wohl grösser als 600 sein dürften.‘ 

Übrigens sind auch die Zahlen 36 und 48, wie sie eben für 
München und Nukuss angegeben wurden, noch mit grosser Unsicherheit 

8°5 8 
behaftet, da die Angaben in München erst in ı"29 Tiefe beginnen 
> 5 9) 5 > 


m 


während sie in Nukuss bereits bei 4” endigen, so dass in dem einen 
Falle nach oben, in dem anderen nach unten extrapolirt werden musste. 
Freilich war das letztere, wenn auch in geringerem Maasse bei der 
Münchener Reihe ebenfalls nothwendig. 

Als Werthe des »täglichen Austausches« erhält man in Nukuss, 
natürlich wiederum nur in roher Annäherung, 0.5 €, für den Januar 
ul 1.5 C, im Juli. 

Immerhin genügen diese Zahlen, um die Rolle, welche der feste 
Erdboden als Wärmereservoir bez. als Temperaturregulator spielt, 
wenigstens der Grössenordnung nach zu bestimmen. 

Setzt man nämlich, um eine runde Zahl zu erhalten, kurzweg 
C 


n 


— (0, = 500, so würden. die innerhalb der Jahresperiode aus- 
getauschten Wärmemengen genügen, um in München eine Wasser- 


mm 


schicht von 30"”” und in Nukuss eine solche von 40"" Höhe zur 
Verdunstung zu bringen. 

Verglichen mit der jährlichen Niederschlagshöhe, die in München 
rund 800”" beträgt, in Nukuss aber nur 85””, ergiebt sich demnach 
das Resultat, dass die innerhalb der warmen Jahreszeit im Erdboden 
aufgenommene und in der kalten wieder abgegebene Wärmemenge in 
München kaum !/s6 der jährlich fallenden Niederschlagsmenge wieder 
zur Verdunstung bringen könnte und selbst in Nukuss, das dem regen- 
ärmsten Gebiete des ganzen europäisch -asiatischen Continents angehört, 
noch nicht die Hälfte. 

Dagegen sind die innerhalb der Tagesperiode in Nukuss zum Aus- 
tausch kommenden Wärmemengen jedenfalls erheblich grösser als sie 
zur Verdunstung der mittleren täglichen Regenmenge daselbst erforder- 
lich wären. 

Hiebei darf freilich nicht vergessen werden, dass die zur Ver- 
dunstung verbrauchten Wärmemengen theilweise schon in den 'Tem- 
peraturen der obersten Schichten zur Geltung kommen, so dass die 
im Boden ausgetauschten Wärmemengen in Folge dieses Umstandes 
schon etwas kleiner erscheinen müssen, als sie wirklich sind. 


I S, v. LierengerG, Über den gegenwärtigen Stand der Bodenphysik. Worsv, 
Forschungen Bd. I S. 3 ff. 1878. Ferner C. Lang, Wärmecapaeität der Bodenconsti- 
tuanten. Ebenda S.ı0g ff. Vergl. auch A. Scamivr, Schriften d. physik.-ökon. Ges, 
zu Königsberg i. Pr. XXXI S. ı23. 


105° 


1178 Sitzung der phys.-math. Classe v. 22.Dec. — Mittheilung v. 28. Mai 1891. 


Die in dem zweiten Abschnitt dieser Abhandlung durchgeführten 
Untersuchungen haben zu den nachstehenden Ergebnissen geführt: 

»Die in dem festen Erdboden zum Austausch kommenden Wärme- 
»mengen sind im Allgemeinen klein gegen diejenigen, welche zur 
» Verdunstung der Niederschläge erforderlich sind. 

»Zur Bestimmung der innerhalb der Jahresperiode im Erdboden 
»ausgetauschten Wärmemengen genügt in mittleren Breiten die Kenntniss 
»der Bodentemperaturen im Frühjahr und Herbst, im Verein mit der 
»Kenntniss der Wärmecapaecität der Volumeneinheit des betreffenden 
» Bodens. « 

Hiebei sind jedoch die nachstehenden Punkte zu berücksichtigen: 

Die Bodentemperaturen sind wenigstens in den genannten Jahres- 
zeiten, mindestens für Dekaden, noch besser für Pentaden, zu ermitteln. 
unter der Erdoberfläche be- 


em 


Die Beobachtungen sollten in 5 
ginnen und sich mindestens auf 6” Tiefe erstrecken. 

Innerhalb der obersten ı” mächtigen Schicht ist die Temperatur 
mindestens an drei Stellen zu ermitteln und zwar so, dass die Ent- 
fernung der aufeinanderfolgenden Thermometer mit der Annäherung 
an die Erdoberfläche immer abnimmt. 

»Zur Bestimmung des täglichen Wärmeaustausches sind wenigstens 
»in den Stunden nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang 
»stündliche Beobachtungen jener Thermometer nothwendig, auf welche 
»die tägliche Periode ihren Einfluss äussert.« 

Noch wünschenswerther wären Registrirungen aus diesen Schichten, 
doch gelangen die letzteren erst dann zu ihrer vollen Bedeutung, 
wenn es sich ermöglichen lässt, zugleich, sei es auch nur in grösseren 
Intervallen, fortlaufende Bestimmungen der Wärmecapaeität der Vo- 
lumeneinheit in diesen Schiehten anzustellen, bez. sieh über den Wasser- 
gehalt derselben zu unterrichten. 

Überhaupt erhalten alle Messungen von Bodentemperaturen erst 
dann ihren wahren Werth, wenn zugleich die Wärmecapaeität der 
Volumeneinheit des betreffenden Bodens, und zwar bei mittlerer 
Durchfeuchtung, direet bestimmt wird. 

Es wäre ausserordentlich wünschenswerth, wenn diese Bestim- 
mungen für alle Orte, von denen bereits Bodentemperaturen vorliegen, 
noch nachträglich ausgeführt würden. 


Ausgegeben am 12. Januar 1893. 


SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


22. December. Sitzung der philosophisch -historischen Classe. 


Vorsitzender Secretar: Hr. Mommsen. 


Hr. Currius las: Die Deichbauten der Minyer. 


Die Mittheilung folgt umstehend. 


VE > 


Be 


A 
< 


F 


1181 


Die Deichbauten der Minyer. 
Von E. Currius. 


Mit einer Karte der Kopais von Dr. J. A. Kaurerr (Taf. VIII). 


B; ist eine merkwürdige Thatsache in der Geschichte unserer Alter- 
thumsstudien, dass ein einzelner Stamm der hellenischen Vorzeit, 
welcher bis dahin keine besondere Beachtung erweckt hatte, gleich- 
zeitig von zwei hervorragenden Forschern zum Gegenstande eigener 
Schriften gemacht wurde. Im Jahre 1820 trug Burrmann der Akademie 
der Wissenschaften seine Abhandlung über die Minyer vor und in 
demselben Jahre veröffentlichte K. ©. Mürrer sein Buch über Orcho- 
menos. Beide Gelehrten schrieben vollkommen unabhängig von ein- 
ander und kamen zu sehr verschiedenen Ergebnissen. BUTTMAnN 
betrachtet die Minyer als einen mythischen Stamm der Legende, 
welehem nieht mehr geschichtlicher Inhalt zu Grunde liege als den 
Lapithen und Kentauren; MürLrr erkannte in den böotischen Königs- 
sagen einen festen Kern von Geschichte und stützte sich dabei auf 
die Denkmäler, welche damals zu Tage getreten waren, namentlich 
auf den durch Lord Erem aufgegrabenen Kuppelbau des Minyas. In 
ein neues Stadium trat die von den beiden Gelehrten angeregte Unter- 
suchung, als Hr. vox Proxzscn den mit Inschriften bedeckten Kalk- 
felsen bei Hag. Stephanos in Santorin entdeckte und Böckn 1836 die 
akademische Abhandlung über die theräischen Inschriften vorlegte. 
Der Meister verstand es, aus den eingekritzelten Namenreihen histo- 
rische Schlüsse von grosser Tragweite zu ziehen und in Ortsnamen 
wie in Gottesdiensten die weitverbreitete Wirksamkeit der Minyer 
nachzuweisen. 1840 besuchte Mürzer selbst die Denkmäler der Stadt, 
über deren Geschichte er sein erstes Buch geschrieben hatte, und 
wenig Jahre später folgte seinen Spuren Urrıcns, der erste Gelehrte, 
der mit voller Musse die Landschaften Mittelgriechenlands durch- 
forschte. In seinen »Reisen und Forschungen« (1840) wurde von dem 
wichtigsten Schauplatz minyscher Vorzeit zuerst ein zusammenhängendes 
und anschäuliches Bild gegeben. Die Denkmälerkunde machte seitdem 
keinen Fortschritt; ja die wichtigsten der von Lord Erem entdeekten 


1182 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. December. 


Überreste wurden ı867 für die Herstellung von Neubauten vernichtet, 
bis noch in letzter Stunde ScHLiEmann veranlasst wurde, auch auf 
böotischem Boden die geschichtliche Bedeutung der Heroenzeit auf- 
zudecken. 1880, 1881, 1886 erfolgte die Ausgrabung des Kuppel- 
grabes, welche, wenn auch unfertig gelassen, dennoch unsere Kenntniss 
der heroischen Vorzeit in wesentlichen Punkten gefördert hat. Endlich 
ist in den letzten Jahren die Geschichte der Minyer durch ganz neue 
Entdeckungen erhellt worden, welche alle früheren Ergebnisse weit 
überragen: denn sie stellen uns nicht einzelne Gründungen und Bauten 
vor Augen, sondern ein weitverzweigtes, in sich zusammenhängendes 
grosses Werk antiker Cultur, wodurch eine ganze Periode vorzeitlicher 
Landesgeschichte in ein klares Licht gestellt wird. 

Das Thalbecken der Kopais kennen wir in der Geschichte nur 
als ein ungesundes und dem Anbau widerstrebendes Sumpfland. Von 
Pherekrates, dem Dichter der alten Komödie, haben wir das ge- 
flügelte Wort: »Bist du verständig, geh nieht nach Böotien« (MEINExE, 
Fragm. Com. II 343) und Orrrıep Mürter’s Tod wurde von den grie- 
chischen Ärzten damit in Verbindung gebracht, dass wir ‚auf unserer 
Reise im Sommer 1840 durch Verspätung gezwungen waren, eine 
Nacht innerhalb des Dunstkreises der sumpfigen Niederung unter freiem 
Himmel zuzubringen; die Hirten stellten einen Kreis von Büffeln um 
unser Lager herum, um uns dadurch vor Stechmücken zu schützen. 

In diesem unheimlichen und verödeten Zustande hat die Regierung 
des Königreiches das böotische Binnenland aus den Händen der Türken 
empfangen. Sie ist unablässig bestrebt gewesen, den Übelständen 
abzuhelfen, den Abfluss des stockenden Wassers zu regeln, die natür- 
lichen Abzugshöhlen zu reinigen; aber alle vereinzelten Maassregeln 
erwiesen sich wirkungslos und die Gitter, welche man vor den Abzugs- 
höhlen anbrachte, um ihre Verstopfung zu verhindern, wurden von 
dem steigenden Wasser in die Höhlen hinabgerissen. Endlich hat 
man sich entschlossen die Trockenlegung der Kopais als eine Gesammt- 
aufgabe den Bemühungen einer Gesellschaft französischer Ingenieure 
zu übergeben." Über die Ergebnisse ihrer mehrjährigen umfassenden 
Arbeiten ist im letzten Heft des Bull. de corr. hell. ein erster Bericht 
von Hrn. Kamranıs veröffentlicht; zugleich eine Karte von Hrn. LALLıEr, 
welche, von Hrn. Dr. Kaurerr bearbeitet, diesem Aufsatze beigegeben 
ist. Diese Karte und der darauf bezügliche Bericht der französischen 
Techniker sind jetzt die wichtigsten Urkunden zur Geschichte der 
alten Minyer. 


! In den »Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft«, Wien 1892, Nr. 7—8 
ist unter dem Titel »Sumpf- und Seebildungen in Griechenland« von Franz Kraus 
über die technischen Arbeiten der Franzosen gehandelt. 


Schilf und Buschwerk, das den Seeboden überwuchert. 

Die dritte Leitung (canal de la rive droite) ist von ihrem Anfang 
bei Marmura — 2"” vom Sumpfrande — deutlich zu verfolgen. Sie 
hatte die kleinen Zuflüsse des Südufers, die von Koroneia (Phalaros, 
Koralios), den Lophis von Haliartos und das Quellwasser der Tilphusa 


ar Rgsber. d. Berl. Akad. d. Wiss 1892. 


Bearb. u. ae aller auf Crund der französischen Karte in 1:2.00000 Die e Er RER ER 


v. JA Kaupert. Feen,  Aeste der Deich-u. Canalbauten im Seeboden. 
ET ER TE BR Schwarz bezeichnet sind die gegenwärtigen Orts-u_Bergnamen 
. it 5 = 3 30 E sw Yeinche Curtius :Die Deichbauten der Minyer. u.Wege. 


Currius: Die Deichbauten der Minyer. 1183 


Das grosse Werk war ein dreifaches. Zuerst galt es die Wasser- 
masse des Kephisos und des Melas, welche ihrer Nähe wegen aus- 
einander zu halten unmöglich war, durch die tiefste Senkung des 
Thalbodens am Nordrande hindurch zu führen. Das ist der so- 
genannte Canal de la rive gauche. Hier war die grösste Wasser- 
masse zu bewältigen. Der Kephisos strömt, wenn der Winterschnee 
am Parnassos schmilzt, mit steigender Fluth in den eingeschlossenen 
Bergkessel, der wesentlich durch ihn zum Seeboden wird; daher auch 
seit ältester Zeit der kephisische See genannt. Der Melas (Schwarz- 
bach), am nordwestlichen Seerande, nördlich von Orchomenos, aus 
reichen Quellen gebildet, ist ein träge fliessendes Wasser, welches das 
Jahr hindurch mit gleicher Fülle den Moorboden durchzieht. Beide 
Gewässer werden durch fächerartig sich ausbreitende Deiche auf- 
gefangen, in kanalisirtem Bette am Nordrande des Seethals entlang 
geführt, dessen linkes Ufer dureh das natürliche Steilufer gebildet 
wurde, das rechte aber durch einen starken Deich. Er geht hinter 
der Insel Stroviki vorbei, wendet sich bei dem alten Kopai (Topölia) 
vom Ufer ab und schneidet, von hier ab an beiden Seiten eingedämmt, 
die östliche Bucht in der Richtung auf die geräumigsten aller Abzugs- 
höhlen, im Ostwinkel der langgestreckten Bucht. So ist das Fluss- 
wasser, das oberhalb des Sees seiner natürlichen Strömung über- 
lassen werden konnte, südlich von Orchomenos ein erst einseitiger, 
dann doppelseitiger Kanal geworden, dessen ursprüngliche Tiefe sich 
aus der Masse des zu den Deichen benutzten Materials abschätzen lässt. 
Die untere Breite der Deiche wird auf 40 — 50” berechnet, die er- 
haltene Höhe auf ı"50. 

Die zweite Leitung (canal central) hat ihren Anfang bei dem 
Dorf Rakhi. Auch ihre Dämme erweitern sich fächerförmig nach 
der Landseite, um das Wasser wie in einen Triehter zu fassen. Sie 
war bestimmt, die Gewässer vom Helikon aufzunehmen, namentlich 
die Herkyna von Lebadeia, und zugleich die unterirdischen Quellen, 
welehe in der Südwestecke des Seethals auftauchen. Sie geht durch 
die Mitte des Seebeckens; das Kanalbett ist verschüttet, die Dämme 
sind siehtbar geblieben, bei denen nach den Ergebnissen der Techniker 
auf einen Meter Länge 100°”" Erde verwendet worden sind. In der 
Mitte des Beckens werden die Spuren des eingedeichten Kanals un- 
kenntlicher; sie verlieren sich in undurchdringlichem Dickicht von 
Schilf und Buschwerk, das den Seeboden überwuchert. 

Die dritte Leitung (canal de la rive droite) ist von ihrem Anfang 
bei Marmura — 2°” vom Sumpfrande — deutlich zu verfolgen. Sie 
hatte die kleinen Zuflüsse des Südufers, die von Koroneia (Phalaros, 
Koralios), den Lophis von Haliartos und das Quellwasser der Tilphusa 


1184 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. December. 


aufzunehmen. Sie zieht sich in geringer Entfernung um die Abhänge 
des Sphinxberges herum und fliesst dann, am Rande des Östufers 
mit dem Central-Kanale vereinigt, der Bucht von Topolia zu. Kopai 
gegenüber bei der Felsinsel Gla, gehen alle drei Kanäle zusammen 
den grossen Katabothren zu. Dort, wo die Kanäle sich einst ver- 
banden, waren die Arbeiten mit ganz besonderer, wie die Techniker 
urtheilen, übertriebener Solidität ausgeführt. Die mächtigen Deiche, 
die sich nach aussen mit flacher Böschung abdachen, sind nach innen, 
wo der Wasserschwall andrängte, mit Polygonmauern unterstützt, deren 
zum Theil wohlerhaltene Stücke unverkennbar dem ältesten Baustil 
von Tiryns und Mykenai gleichen. 

Die Katabothren, die für Sage und Geschichte so wichtige Natur- 
form des hellenischen Bodens, sind von FORCHHAMMER in seinen Hellenika 
zuerst in den Kreis unserer Alterthumsstudien gezogen worden. Neuer- 
dings haben sich die französischen Geologen mehrfach mit denselben 
beschäftigt und auch die der Kopais sind von Hrn. SavvacE! unter- 
sucht worden; es liegen uns aber bis jetzt noch keine ausführlicheren 
Mittheilungen vor. 

So bleiben wir einstweilen noch ohne nähere Einsicht in Betreff 
der unterirdischen Verbindungen der Kopais mit dem Meere sowie 
mit den östlich gelegenen Seethälern, dem hylischen und dem See 
Paralimni, welche beide nach alten Beobachtungen mit der Kopais 
steigen und sinken. Zu den schon jetzt vorliegenden Thatsachen ge- 
hört der Nachweis, dass in der Richtung auf das Kephalari bei Larymna 
ein künstlicher Tunnel durch den Höhenrücken geht, welcher aber 
nur zwei Kilometer weit ausgeführt worden ist. Zum Bau dieses Tunnels 
haben, wie die Untersuchungen des Hrn. SauvacE zeigen, die sechzehn 
Schachte gedient, welche in gewundener Linie der 'Thalsohle folgen. 
Der tiefste derselben geht 35" auf den unterirdischen Gang hinunter. 

Andere unvollendete Versuche künstlicher Ableitung sind auch 
an anderen Stellen gefunden, und zwar in Form oberirdischer Kanäle, 
so am llügel von Karditza bei Moriki und am Meeresrande beim alten 
Anthedon: die betreffenden Punkte sind auf der Karte bezeichnet. 

Auch in Beziehung auf die Werke im Innern des Seethals ent- 
halten wir uns billig eines näheren Eingehens auf die Technik der 
Anlagen, da die gegebenen Berichte nur vorläufiger Art sind und 
genaue Aufnahmen noch fehlen. Das Ganze liegt aber schon jetzt 
mit erfreulicher Klarheit vor Augen und wir sehen, wie die Alten 
nach langem Ringen mit den schwierigsten Naturverhältnissen end- 


! Öbservations sur la geologie d’une partie de la Grece confinentale et de l'ile 
d’Eubee. (Annales des Mines, 1V® Serie, Tome X, p. 101.) 


een 


Curris: Die Deichbauten der Minyer. 1185 


lich dahin gelangt sind, ein Werk herzustellen, welches erprobte 
Wassertechniker unserer Tage als eine unübertreffliche Leistung in 
seiner Gesammtanlage sowohl wie in der Ausführung des Einzelnen 
mit Bewunderung anerkannt haben. 

Die ganze Anlage ist auch dem Laien eine durehaus verständliche, 
denn ihre Genialität beruht wesentlich darauf, dass ein schwieriges 
Problem der Landescultur auf die einfachste Weise endgültig erledigt 
worden ist. Es galt -eine Bodenfläche von 239°” (= 4.365 geogr. 
Quadratmeilen) dem menschlichen Anbau zu sichern; die regellosen 
Wasserläufe und stockenden Quellen mussten in geordneten Fluss ge- 
bracht werden, um den durch die Fülle des Wassers veranlassten 
Unsegen in Segen zu verwandeln. Zu dem Zwecke hat man dem 


qkm 


Kephisos, dem von Natur zur Beherrschung des Thalgebietes berufenen 
Strome, seine Hegemonie zurückgegeben, und die abtrünnigen Bäche 
von SW. und S., welche sein Bett nicht erreichen konnten, wieder 
mit ihm vereinigt, so dass dort, wo das runde Seebecken selbst in Form 
eines langgestreckten Flussthals nach Osten ausläuft, der Kephisos mit 
gesammelter Wasserkraft in gerader Linie den grossen Katabothren 
zuströmt, um am jenseitigen Fusse der einschliessenden Felsberge in 
das Meer von Euboia zu münden. 

Am Rande der Bucht finden sich neun Abzugshöhlen; der Ab- 
fluss aber ist wesentlich ein zwiefacher. Im äussersten Ostwinkel 
öffnet sich die »grosse Katabothra«, welche einen Theil des Gewässers 
gerade nach Osten in die Meeresbucht von Skroponeri führt; nördlich 
liegen die Zwillingsgrotten der Bineia, deren unterirdischer Gang sich 
nordwärts bei Anchoe öffnet, und hier taucht der parnassische Fluss 
nach seinem abenteuervollen Laufe als Kephisos neugeboren aus der 
Tiefe hervor und strömt im Frühjahr reichlich nach Larymna hinunter. 
Den neugriechischen Namen Mriyvas hat Urrıens, wie ich glaube, 
richtig auf eurivev zurückgeführt; ein Name, der die das Wasser auf- 
trinkende oder einschlürfende Höhle passend bezeichnet. 

Der Anschluss an die Natur giebt sich auch darin zu erkennen, 
dass man alle von derselben dargebotenen Hülfen sorgfältig und ver- 
ständig benutzte. Man zählt aber im Ganzen einige zwanzig Kata- 
bothren, welche am Ostrande der Kopais, dem ein vielfach zerrissenes 
und zerklüftetes Steilufer eigenthümlich ist, in langer Reihe vertheilt 
sind. Hier haben sich im Laufe von Jahrhunderten durch Alluvion 
hohe Ränder vor den Mündungen der Höhlen gebildet, die dem 
Wasser den Eingang sperren. Dagegen sind im Alterthum noch 
heute kenntliche Gräben angelegt worden, welche das Anstauen des 


! Uber die Terminologie alter und neuer Zeit vergl. Peloponnesos I S. 56. 


1186 Sitzung der philosophisch historischen Classe vom 22. December. 


Wassers verhindern und auch die kleinsten Wasseradern den nächsten 
Katabothren zuleiten. So namentlich am südöstlichen Rande bei 
Haliartos. 

Eine andere, aber unwesentlichere Nachhülfe war die, dass man 
die Mündungen der Höhlen zur Aufnahme des Wassers erweiterte; 
senkrechte Bearbeitung der Höhlenwände ist an mehreren Stellen be- 
obachtet worden. 

Als das ganze Kanalsystem vollendet war, konnten nur noch in 
einzelnen Buchten. welche zwischen den Kanälen und dem Seeufer 
lagen, Reste des alten Sumpfsees sich erhalten. Diese Buchten wurden 
bei ihrem Eingange durch besondere Dämme geschützt, wie dies bei 
der Bucht von Akraiphia der Fall war, die wir als das athamantische 
Feld des Alterthums ansehen dürfen. 

Wo die Natur den Menschen so entgegengekommen ist, um das 

schwierige Landgebiet zu einem gedeihlichen Anbau tauglich zu machen, 
lag es den Alten fern, ganz neue Vorkehrungen zu diesen Zwecke 
zu veranstalten. Wenn uns also durch die letzten Entdeckungen ein 
Felstunnel bekannt geworden ist, der die natürlichen Höhleneingänge 
theilweise überflüssig machen sollte, so glaube ich nicht zu irren, 
wenn ich diese Arbeiten der makedonischen Zeit zuschreihe, als man sich 
von der Natur immer mehr entfernte und eigenwillig, mit mechanischen 
Mitteln, in die Bodenverhältnisse eingriff. Schon Alexander hat die 
böotischen Culturarbeiten von neuem in Angriff genommen, wie wir 
aus dem Briefe des berühmten Ingenieurs Krates an den König wissen 
(Strabo p. 407). Krates meldet, dass seine Arbeiten an der Uneinigkeit 
der umliegenden Städte gescheitert seien; es ist mir also wahrscheinlich, 
dass der Anfang des Tunnels und die 16 Schachte dieser Zeit an- 
gehören. Ganz entsprechend ist der Tunnelbau, den die Römer am 
Fueinersee gemacht haben. 
Ein grosses Werk, planmässig ausgeführt, in einer Zeit von 
einer mächtigen Gentralstelle aus durchgeführt, wo man die reichsten 
Mittel hatte und Werkleute, die im Deich- und Dammbau erfahren 
waren. Bei aller Fülle der Mittel doch eine weise Oekonomie, die 
sich besonders darin zeigt, dass man sich an der Nordseite mit einem 
Deiche zu begnügen wusste. Auch am Südrande scheint nur auf 
einer Seite, und zwar hier auf der Landseite, ein Schutzdeich gewesen 
zulsein. 

Es leuchtet ein, von welcher geschichtlichen Bedeutung die in 
der Kopais gemachten Entdeckungen sind. Es sind auch ohne Schrift 
redende Denkmäler der Vorzeit. Sie ergänzen in denkwürdiger Weise 
die bisher zu Tage getretenen Monumente des heroischen Zeitalters. 
welche sämmtlich den Herrenburgen angehören und den lebenden 


Currius: Die Deichbauten der Minyer. 1187 


Herrschern zu Schutz und Trutz sowie zur Ausstattung ihrer Paläste, 
den Verstorbenen zu unvergänglicher Ehre bestimmt waren. Hier 
haben wir ein grosses Werk gemeinnütziger Landescultur, ein Denk- 
mal friedlieher Verwaltung, und wenn auch nicht die wiederaufge- 
fundenen Überreste polygoner Futtermauern für das Zeitalter von 
Tiryns und Mykenai zeugten, so kann man bei dem ganzen Werke, 
das, wie aus einem Guss gemacht uns jetzt vor Augen liegt, nur an 
die Zeit denken, von der in den Homerischen Gedichten ein ferner, 
aber deutlicher Nachklang erhalten ist, an die Zeit der Blüthe des 
minyschen Orchomenos. Was dem, der jetzt die verödeten Sumpf- 
gelände umwandert, wie ein Märchen erscheinen muss, dass sie einst 
eine wohlhabende Landschaft von einem dichten Kranze blühender 
Städte umgeben gewesen seien, tritt uns jetzt als ein historisches 
Bild anschaulich vor Augen. 

Die Minyer haben, wie Strabo glaubwürdig berichtet, erst am 
Südrande des Seebeckens gesessen und sind dann an den Fuss des 
Akontion übergesiedelt, wo sie die Herrschaft des ganzen Landgebietes 
errangen. Es ist die erste Stadt des griechischen Binnenlandes, die 
wir in grossartigen Überresten des höchsten Alterthums nachweisen 
können; es ist eine Stadtlage einzig in ihrer Art, wie bereits die 
Alten erkannten; denn auf der einen Seite zieht sich der Strom des 
Kephisos in gewundenem Schlangenlauf um den Fuss der Burg, erıy- 
uevos eicı Opaxwv Ws Hesiod bei Strabo 424. auf der andern taucht 
der Melas auf, der gleich aus der Quelle zum Flusse wird; es ist 
der unvergleichliche Quellort der Chariten, der Schutzgottheiten der 
altgeborenen Minyer, wie sie Pıspar Ol. XIV nennt, der erste Sammel- 
ort böotischer Landesteste. 

Wenn man also wohl über Ortrrıep MÜLLERS » Orchomenos « 
spötteln konnte, als wenn er in abenteuerlicher Weise für seine Minyer 
ein ausgedehntes Reich ersonnen habe, so ist seine Anschauung jetzt 
voll gerechtfertigt. Beim Eintritt der beiden Hauptgewässer in das 
Seethal herrschend gelegen, war Orchomenos berufen, den Segen zu 
erkennen, welehen für den Wohlstand der Landschaft diese im öst- 
lichen Griechenland beispiellose Fülle von Wasser. schaffen könne, 
wenn sie mit Energie und sachkundiger Technik behandelt würde. 
Dämme und Deiche sicherten die zu beiden Seiten liegenden Weide- 
und Ackerfluren der umwohnenden Gemeinden. Die Deiche waren 
schon während der grossen Arbeit unentbehrliche Transportbahnen und 
nach ihrer Vollendung bildeten sie, während der Reisende jetzt auf 
beschwerlichen Umwegen das weite Thal umwandern muss, ein Netz 
bequemer Verkehrswege von einer Uferstation zur andern. So wurde, 
was schon den Alten wie eine Fabel klingen musste, Orchomenos 


\ “9 A . c > oc 
1188 Sitzung der philosophisch -historischen Classe vom 22. December. 


eine der belebtesten Verkehrsstädte des Alterthums, wo man von ver- 
schollenen Menschen, wie Orestes, am ehesten Kunde zu erlangen 
hoffen konnte, die goldreiche Königsstadt, in der so viel Einkünfte 
zusammenströmen, wie in dem hundertthorigen Theben; darum konnte 
man sich auch den alten Grabbau, dessen würdevolle Ausstattung wir 
erst durch Senruıemann näher kennen gelernt haben, nur als die Schatz- 
kammer des reichen Minyas denken. Das Bild dieser alten Landes- 
hauptstadt tritt uns jetzt erst in geschichtlicher Wirklichkeit vor Augen. 
Auf dem breiten Rücken der Deiche haben die französischen Techniker 
auch Spuren alter Anlagen gefunden, so z. B. eines Tumulus, und 
wenn diese Beobachtung richtig ist, so waren auch hier, wie an be- 
suchten Verkehrsstrassen, Grabhügel auf den Deichen aufgeschüttet. 
Bei solehen Werken handelt es sich nicht nur um Macht und Mittel, 
sondern um eine langerprobte Technik. 

Die Minyer kennen wir nur als ein Seevolk,;, und wenn ihr 
glänzendster Wohnsitz ein binnenländischer war, so ist dies nur so 
zu erklären, dass sie, von der Küste kommend, hier einen Thalgrund 
erkannten, der bei weiser Bewirthschaftung zu einem hervorragenden 
Wohlstande sich entwickeln konnte. Die Argonauten sind Minyer; 
an der Küste von Attica, in Euboia, am Euripos, in Thessalien kennen 
wir ihre Stationen. Sie waren einer der doppelseitigen Stämme 
griechischer Vorzeit. Das hat schon Burrmann (was mir früher ent- 
gangen war) bei der Person des Erginos deutlich anerkannt, des 
minyschen Königs, der in Milet zu Hause ist; denn er spricht (Mytho- 
logus II S. 210) seine Ansicht dahin aus, dass Ionier und Achäer vor 
uralten Zeiten auf beiden Seiten des ägäischen Meeres und auf vielen 
Inseln ansässig gewesen seien. So sehr es also auch seiner geistigen 
Richtung entsprach, den Inhalt der Heroensage mythologisch zu ver- 
flüchtigen, gehört er dennoch in die Reihe der Forscher, die ich 
von der Zeit des Uasaubonus bis auf unsere Tage zusammengestellt 
habe (Griech. Gesch. I° S.637. Hermes 25, ı51 £.), der Männer, welche 
der natürlichen Gestaltung der Insel- und Küstenwelt gemäss, in den 
Wechselbeziehungen der Gegengestade die Anfänge aller Cultur- und 
Staatenbildung erkannten. 

Wir finden zuerst die Uferbazare und Emporien der Phönizier, 
welche in Heiligthümern, Ortsnamen und Industriezweigen zu er- 
kennen sind. Den stammfremden Nationen sind Mischvölker gefolgt, 
wie Karer und Leleger. deren schwärmende Züge auf Küsten und Inseln 
ihre Spuren zurückgelassen haben; endlich die Ansiedlungen stamm- 
verwandter Völker, die, von ritterlichen Geschlechtern geleitet, Städte 
und Staaten in Hellas gegründet haben, von denen die Denkmäler 
zeugen. Es liegt in der Natur der Verhältnisse, dass die jenseitigen 


Currius: Die Deichbauten der Minyer. 1189 


Ausgangspunkte dunkel bleiben, wie es bei abenteuernden Seevölkern 
nicht anders sein kann; was uns aber bei unserer so rasch erweiterten 
Kenntniss vorzeitlicher Denkmäler immer mehr wie ein Entwickelungs- 
gesetz entgegentritt, das ist die Thatsache, dass mit dem Übertritt 
auf den diesseitigen Boden eine wesentlich höhere Entfaltung volks- 
thümlicher Kraft erfolet ist. Denn wenn auch die in den Denk- 
mälern bezeugte Kunst auf jenseitiger Gultur und herübergebrachten 
Mitteln beruht, so ist doch unseres Wissens in der überseeischen 
Heimath nichts zu Stande gekommen, was mit den Baudenkmälern 
auf europäischem Ufer wetteifern könnte. 

Der Minyer asiatische Herkunft, die schon Burrmann erkannte, hat 
Böck bei den theräischen Inschriften näher besprochen und sieh ihre 
Züge ähnlich wie die der aus Lydien stammenden Tyrrhener gedacht. 
Er hat zugleich die bei Niederlassungen der Minyer wiederkehrenden 
Ortsnamen benutzt, um ihre Wanderzüge sicherer zu erkennen: sie 
sind zugleich ein deutliches Zeugniss von der den Hellenen verwandten 
Nationalität der Minyer. Endlich führt auf die asiatischen Wohn- 
sitze des Stammes auch die örtliche Überlieferung von Tralles: dort 
bestand nach Plut. quaest. graee. 46 ein Gesetz, welches bestimmte, 
dass, wer einen Minyer oder Leleger todtgeschlagen habe. rein sein 
solle, wenn er den Verwandten einen Scheffel Feldfrucht zugemessen 
habe. Hier finden wir also die Minyer mit den Lelegern als einen 
Rest alter Einwohner, welche von den Stadtgründern in den Zustand 
einer untergeordneten Landbevölkerung gebracht wurden, nachdem die 
ritterlichen Geschlechter in die Ferne ausgewandert waren. Sie waren 
wie die Aeolier in Thessalien zu Penesten geworden. 

Was die Minyer aus ihrer jenseitigen Heimath an Cultur mit- 
gebracht haben, können wir aus ihren Denkmälern erkennen. Wasser- 
bau ist eine Kunst, die nur unter besonderen Verhältnissen erlernt 
wird. Auch in Deutschland haben Ausländer sie eingeführt, wie die 
Friesen in Schleswig-Holstein die reichen Marschländer bebauen 
lehrten (Wartz: Geschichte von Schleswig-Holstein S. 91). Bei den 
Griechen war der älteste auf diese Technik hinweisende Ausdruck: 
yedvpa, ein aus einheimischer Wurzel unerklärliches Wort. welches 
in verschiedenen peloponnesischen und böotischen Localformen vor- 
kommt und zwar zunächst in der Bedeutung künstlicher Einfassung von 
Flüssen und Seen. Die Werkmeister heissen Gephyräer; man kannte 
sie in Böotien ansässig, namentlich in dem sumpfigen Asoposthale, 
wohnhaft &v oyedizıs zunaıs (Etym. M.; Preuver: Demeter p- 392); das 
sind leicht gebaute, durch Deiche geschützte Dörfer im Gegensätze 
zu den Stadtburgen. Sie dürfen ihrem Namen gemäss als die typischen 
Urheber der böotischen Deiche und Dammwege angesehen werden, 


1190 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 22. December. 


Nach alter Überlieferung sind sie, aus Böotien verdrängt, in Athen 
zu ungleichen Rechten aufgenommen worden und haben den Cha- 
rakter des Fremdartigen immer in besonderem Grade behalten. Auch 
das Adjectiv yedypis wird als Synonym von £em, Eraioaxros angeführt 
(Suidas). Depus« (der ältere Name des böotischen Tanagra) kennen 
wir als Stadt in Syrien; Tepvowry in Libyen. Im Nildelta, wo alle 
Städte auf Dämmen liegen und alle Gewässer künstlich gefasst sind, 
war Deichbau seit ältester Zeit zu Hause. 

Die Techniker des Wasserbaues haben nach Herodot auch die Kunst 
der Schrift zu den Griechen gebracht. Er ist den Spuren dieses Ge- 
schlechts mit besonderer Wissbegierde sorgfältig nachgegangen, und 
wenn er die Herkunft der attischen Gephyräer, welche sich selbst 
aus Eretria ableiteten, über Euboia hinaus nach dem Morgenlande 
verfolgte, so ist diese Ansicht nicht dadurch zu widerlegen, dass man 
darin einen Widerspruch gegen die Familientradition erkennt; denn 
dass die Gephyräer, denen Harmodios und Aristogeiton angehörten, 
die Wurzel ihres Stammes nicht im fernen Osten suchen wollten, das 
begreift sich leicht, wenn man die seit der homerischen Zeit tief- 
gewurzelte Abneigung der Hellenen gegen alles Semitische erwägt; 
man weiss ja auch, dass der alte Geschichtschreiber schwer verlästert 
wurde, weil er die Freiheitshelden mit den verhassten Phöniziern in 
Beziehung setzte. 

Auf keinem Punkte aber kommen, so viel ich sehe, so viel merk- 
würdige und von einander durchaus unabhängige Zeugnisse morgenlän- 
discher Herkunft zusammen, wie bei diesem vielgewanderten Geschlecht, 
und nirgends ist das dem hellenischen Wesen widersprechende Fremd- 
ländische so deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Denn als nach 
- delphischer Überlieferung die Gephyräer dem Apollo gezehntet wurden, 
wurden sie von der Pythia mit dem denkwürdigen Spruche gekenn- 
zeichnet: divdpi Tepupaw oixos Qıros, oixos apıores. Das Vorherrschen 
von Stamm und Familie im Gegensatz zu Staat und Vaterland gilt 
auch heute noch als ein besonderer Charakterzug der Semiten.' So 
haben die Entdeckungen in der Kopais, wie ich glaube, auch auf 
die Gephyräer ein neues Licht geworfen, welche dem Herrscherstamm 
der Minyer als Werkleute dienten, wie die Lykier den Dynasten in 
Argos. 

Das neuaufgeschlagene Blatt alter Denkmälerkunde wird weitere 
Forschungen anregen; ich begnüge mich einige Gesichtspunkte anzu- 
deuten. 

An grossartiger Pracht kann Orchomenos mit Tiryns und Mykenai 
nicht wetteifern. Die Hochstadt der Minyer mit ihrer steilen Fels- 


! NÖLDERE, Orientalische Skizzen S. ı2. 


Currıus: Die Deichbauten der Minyer. 7291 


treppe erscheint mehr wie eine Ritterburg, ein Lug in’s Land. Es 
ist ein enger Mauerring, (wie man auch ’Epxeueves mit &pxos in Ver- 
bindung gesetzt hat). Dennoch sind die Überreste des Alterthums, 
wie wir sie jetzt vor Augen haben, noch charakteristischer und ur- 
kundlicher. Auf den Terrassen der argivischen Stadtburgen wird es 
schwer sein. alles mit Sicherheit als Überrest einer Zeit nachzuweisen, 
und wer wird es in Abrede stellen können, dass noch in einer spä- 
teren Zeit, namentlich damals, als die antidorische Bewegung sieg- 
reich war, Tyrannen wie Pheidon die alten Achäersitze bewohnt und 
neu eingerichtet haben, ebenso wie die Pisistratiden die Akropolis 
wieder zum Fürstensitze machten? Der böotische Wasserbau ist, was 
auch im Einzelnen daran ausgebessert sein mag, im Grossen und 
Ganzen ein einheitliches Werk, das einer Zeit angehört. 

Was die Ortslage der Heroensitze betrifft, so unterscheiden wir 
solche, die aus Landungsplätzen der Seestämme Fürstensitze geworden 
sind (wie die Strandfeste Tiryns und die Burg bei Hissarlik), von 
denen, die von Anfang an zur Beherrschung einer Landschaft aus- 
erlesene Gentralpunkte waren, wie Mykenai, das durch die Sterren’sche 
Aufnahme zuerst als eine zwei Meerseiten und ihre Verkehrsstrassen 
beherrschende Stadt erkannt worden ist. So ist auch Orchomenos 
ein Centralpunkt, der nicht auf den ersten Griff gewonnen werden 
konnte, und wenn die Minyer erst im Süden des Thalbeckens sassen, 
wo die versunkenen Städte Athen und Eleusis genannt werden, so 
dürfen wir, den Forschungen Böckr's nachgehend, der die Minyer- 
namen von Thera nach dem attischen Ufer verfolgt hat, wohl die 
Vermuthung aussprechen, dass die Minyer von Attika weiter nach 
Süd-Böotien vorgedrungen sind. 

Die anderen Einwanderungen des Seestammes erfolgten vom 
Euripos, (dessen stilles Fahrwasser nicht weniger geeignet war, die 
jenseitigen Seevölker anzulocken, wie der Golf von Argos) und vom 
thessalischen Meere, wo wir die Bucht von lolkos als die älteste 
Station diesseitiger Seefahrt kennen. 

Von diesen drei Seeküsten aus denken wir uns die Minyer in das 
Binnenland vordringend, wo sie unerwartet eine Landschaft fanden, 
die ihren klugen Unternehmungsgeist. in ausserordentlicher Weise an- 
regte. Die Überreste ihrer W erkthätigkeit sind in ihrer Art ungleich 
lehrreicher und ergiebiger als die argivischen Königsbauten, indem 
wir ein ganzes Landgebiet von dem eingewanderten Fürstengeschlechte 
mit hervorragender Weisheit und Energie organisirt sehen, eine Land- 
schaft von waldreiehen Gebirgen schützend umgeben, mit unerschöpf- 
lichem Weideland und reichen Ackerfluren mitten im Lande, zur 
Fischerei vorzüglich geeignet, mit einem bequemen Netze von Wasser- 


Sitzungsberichte 1892. 106 


!192 Sitzung der philosophisch - historischen Classe vom 22. Decembe:. 


und Landstrassen. Wir würden also. wenn wir auch nichts von 
den Schätzen des Minyas bei Homer gehört hätten, doch aus den 
Überresten das Bild eines vollgesegneten Landgebiets vor Augen haben. 

Was das Verhältniss der herrschenden Städte zu den Heilig- 
thümern betrifft, so war hier ein besonders enges Band vorhanden. 
Denn ein solches kann doch nicht nachdrücklicher bezeugt werden 
als wenn Pindar die in formlosen Steinen verehrten Chariten »Or- 
ehomenos’ Königinnen« und Schutzgöttinnen nennt, deren Auge über 
den Minyern wacht (Ol. XIV). Dies Heiligthum war nicht so fern 
wie das Heraion von Mykenai, aber auch kein Burgheiligthum wie 
der Athenatempel in Ilion und in Athen, sondern in der Niederung bei 
der Melasquelle, wo des Minyas Grab, in einem Bergwinkel heimlich 
und versteekt gelegen, als heiliger Mittelpunkt festlicher Kampfspiele 
die Herrschaft der Minyer lange überlebt hat (Pind. Isthm. I.: r0v Mwva 
nur). 

Die Minyer sind immer Argonauten geblieben. Sie sind der sagen- 
reichste Seefahrerstamm, dessen Wanderzügen auch Böckn gegen seine 
sonstige Gewohnheit nach 'Thera, Lemnos, Attika, 'Tainaron, Sparta, 
Triphylien, Kyrene, Sieilien mit warmer Liebe gefolgt ist, indem er 
die wiederkehrenden Gottesdienste des Poseidon, der Unterweltsgott- 
heiten, deren Gultus die Lieder der Minyas erfüllte, sowie den Demeter- 
dienst an weit entlegenen Stellen nachwies und auch in der böo- 
tischen Siebenzahl eine geschichtliche Spur der Minyer erkannte. Als 
ein vor allen zur Herrschaft berufener Stamm blieben sie in lebendiger 
Erinnerung des Volkes bis in die historische Zeit hinein, so dass, wie 
Pausanias berichtet (IV. 3,6), die Aufnahme der Herakliden und Dorier 
in Messenien dadurch erleichtert wurde, «dass die neuen Herrscher sich 
von den Minyern in lolkos ableiteten (vergl. Peloponn. II, 188). Wie 
man Geschlechter der Heroenzeit bei Gründung von Neustaaten heran- 
zuziehen suchte, zeigt auch die Berufung des Achäers Agorios aus 
Helike nach Pisa (Paus.V. 4, 3). 

So glorreich das Andenken der Minyer bei den Griechen war, so 
haben wir doch erst durch die neuesten Entdeckungen das Bild ihrer 
vorgeschichtlichen Wirksamkeit vor Augen. Der grosse Deichbau der 
Kopais, unter sicherer Landeshoheit von Orchomenos ausgeführt, war 
ein Friedenswerk. Es ist so wenig wie die anderen Denkmäler der 
Heroenzeit aus eigener Schwäche zu Grunde gegangen, sondern durch 
absichtliche Zerstörung. Künstliche Wasserbauten sind immer am 
meisten zum Schaden der Landesbewohner verwerthet worden, indem 
die Schutzwehren des einheimischen Wohlstandes die gefährlichsten 
Angriffswaffen kriegerischer Nachbarn wurden. So hat man auch an 
unserer Nordsee das Versinken fruchtbarer Ufergelände lange Zeit 


\ 


Currius: Die Deichbauten der Minyer. 1193 


Naturgewalten zugeschrieben, während neuere Forschungen gezeigt 
haben, dass solche Überschwemmungen, wie die des Dollart bei 
Emden nicht dureh Sturmfluthen hervorgerufen, sondern in Folge er- 
bitterter Nachbarfehden entstanden sind. (Vergl. FÜürgBrınser, Stadt 
Emden, 1892, S. 7.) Als. Theben sich gegen Orchomenos erhob, um 
sich aus seiner bis an das Meer reichenden Übermacht zu befreien, hat 
auch in Böotien ein soleher Nachbarkrieg begonnen. Der thebanische 
Herakles soll die Abzüge der Kopais verstopft und das austliessende 
Wasser auf die Felder der Minyer zurückgeleitet haben (Diod. 4, ı8: 
Eudpa£os 10 bei >pov EmONTE Auuvalew TAv Kupav Kal bIapyvaı TR Kar ar 
aravra). So ist nach böotischer Landessage die blühende Orehomenia 
zu einem Sumpfsee geworden, und wir warten jetzt mit Spannung 
ab, ob es gelingen wird, der Landschaft den Wohlstand zurück- 
zugeben, den sie vor drei bis vier Jahrtausenden unter der Herr- 
schaft der Minyer erreicht hatte. 


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1195 


Jinabhadra’s Jitakalpa, 
mit Auszügen aus Siddhasena’s Cürni. 


Von Ernst LEUMANN 


in Strassburg. 


(Vorgelegt von Hrn. Weser am 1. December [s. oben S. 1035|.) 


De hier gebotenen Materialien geben uns ein chronologisches Räthsel 
auf. Mochte man auch die einheimische Ansicht über das Alter der 
beiden im Titel genannten Autoren nicht theilen, man war mit der- 
selben doch wenigstens darin einig, dass Siddhasena früher als Jina- 
bhadra gelebt habe. Nun zeigt sich ein Commentar des ersteren zu 
einem Werke des letzteren, und zwar einer, der sogar noch zwei 
frühere Commentare zum selben Werk voraussetzt, indem er einen 
von diesen (zu 70°) als ‘den zweiten’ eitirt. Allerdings beruht die 
Thatsache, dass unsere Cürni von Siddhasena verfasst sein soll, bloss 
auf der Schlussangabe des MS.; allein dieselbe ist durchaus un- 
verfänglich, umsomehr als sie (mit dem Ausdruck krti) in eine 
Form gekleidet ist, welche schon nach Haribhadra kaum mehr ge- 
braucht wird. Weitere Forschungen müssen zeigen, ob wirklich 
Jinabhadra und er allein einer so frühen Zeit angehört, wie die 
Tradition annimmt. 

Der Text ist eine Bussenliste für Jaina-Mönche. In neuerer 
Zeit, seitdem nämlich eine ähnliche Bussenliste für die frommen 
Laien (Sräddha-Jitakalpa) ' hergestellt worden ist, heisst die unsrige 
zum Unterschied von dieser in der Regel Yati-Jitakalpa, so z. B. 
in dem samvat 1456 von Sädhuratna dazu verfassten Skt-Commentar. 

Jinabhadra giebt als Inhaltsübersicht in Vers4 eine Auf- 
zählung der bekannten ‘zehn Bussen’ (dasaviha pacchitta), die man 
mancherorts im Canon (z. B. in Aupap. $30T’) genannt findet; seine 
Strophe ist eine Adaption der für diese Aufzählung von jeher cur- 


! Ein Sävaga-pacchitta in bloss ı6 Pkt-Äryäs folgt in unserm MS. dem 
Jitakalpa als eine Art Appendix. 


1196 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee, 


Mittheilung v. 1. Dee. 


renten', die bei ihm zur Anknüpfung an das Vorhergehende einfach 
die Worte tam dasaviham vorgesetzt bekommen hat. Jeder der zehn 
Bussen widmet er eine Anzahl von Versen, am meisten (23—79) 
der Fasten -Busse (6). Nach Str. 102 können die beiden letzten Bussen, 
der bedingungsweise (9) und der gänzliche” (10) Ausschluss aus dem 
Orden, seit Bhadrabähu nicht mehr durch Fasten (6) ersetzt werden, 
während früher allerdings (nach Str. 9ı und 100) fortgesetzte Fasten- 
übungen als Aequivalent gegolten hatten, wobei sich die erforderliche 
Dauer bei Lästerungen (äsäyanä) auf 6—12 Monate und bei geschlecht- 
lichen Vergehen (padisevanä) auf 1—ı2 Jahre belief. 

Das Werk will nach der Anfangs- und Schluss-Strophe nur ein 
samkshepa oder samäsa des Jitakalpa oder Jitavyavahära sein, d. h. eine 
summarische Darstellung des gewohnheitsmässigen Straf- 
verfahrens’”. Es giebt im Ganzen fünf verschiedene Arten der Straf- 
praxis, unter denen jene die letzte ist. Ihre Namen findet man in 
Vyavahära-sütra X, 2, wozu das betreffende Bhäshya mehrere hundert 
Strophen (X, 50 - 718) beisteuert. Darnach kann das Strafverfahren 
r. dem ägama, 2. dem sruta (der Tradition), 3. der äjnä (einem Auftrag), 
4. der dhäranä, 5. dem jita (der alt hergebrachten Gewohnheit) folgen. 
Indem Nisitha-, Kalpa- und Vyavahära-sütra wesentlich die zweite 
Art zur Darstellung bringen, tritt also Jinabhadra’s Versificat diesen 
Werken als eine weit jüngere Ergänzung an die Seite, die in der 
That in moderner Zeit zuweilen als sechstes Chedasütra aufgefasst 
wird. Sie ist nothwendig geworden, weil nach und nach das ‘ge- 
wohnheitsmässige” Strafverfahren den andern Vyavahära- Arten gegen- 
über die Oberhand gewann, wie aus Vyavah.-bh. X, 690f. zu ersehen ist. 

Siddhasena’s Commentar ist durchaus in Pkt abgefasst, während 
bekanntlich die eanonischen Cürni-Texte (Avasyaka-, Kalpa- u. s. w.) 
zum "Theil in’s Skt übergehen. Er beginnt mit ıı und schliesst mit 
2 Gana-Distichen, deren Zeilen meist 8, zuweilen auch 7'/, oder 
8'/, Füsse zu 4 Moren haben. Wir werden das Metrum, das im 
Jaina-Canon den Namen vedhaya führt, in einem Aufsatz über Nandi- 
shena’s Ajitasänti-stava genauer besprechen. 

Ausser den identifieirten Citaten aus der Äcärachdä (zu Str. ı) 
sowie aus dem Kalpa-bhäshya (zu Str. 71”), Vyavahära-bhäshya, 


aloyana ı padikamane 2 misa 3 vivege 4 tahä viussagge 5 
tava 6 cheya 7 müla 8 anavatthayä 9 ya pärancie 10 ceva || 

So in Äv.-niry. XIX, 1, Vyavah.-bh. pedh. 53. X, 351, u. s. w.; ferner bei Haribh. 
zu Das.-niry. 48, ı, Abhay. zu Sthän. IV, ı, Sänty. zu Ütt. XXX7 31, Hemac. zu 


Visesh. V, 779, u. s. w. ? päranciya aus *päräncika von paränc, während bei den 
Buddhisten päräjika für *päräcika steht und auf paräc zurückgeht. ® Es heisst 


desshalb bei Sädhuratna in der vierten Einleitungsstrophe samkshipta-Jitakalpa. 


Leumans: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1197 


Viseshävasyaka-bhäshya (zu Str.96) und der Ogha-niryukti führt 
Siddhasena (zu 46 Anf., 67’ und 92 Anf.) eine Menge anderer Strophen 
auf, die wohl meist dem Kalpabhäshya entnommen sind. Von den 
Textstrophen giebt er nur die pratika, bloss 97 in extenso. 

Die Materialien zu dieser Arbeit verschafften mir Erziehungs- 
direetor K. M. CuatrieLn in Bombay und Prof. Buanparkar in Poona. 


Jita-Kalpa von Jinabhadra. 


Poona Palmbl.-MS. Kielh. Rep. 80/8ı p. 5ı N® 75. 


kaya-pavayana-ppanamo voccham paechittadäna-samkhevam 


E 


samvara-vinijjaräo mokkhassa paho, tavo paho täsim, 


Jiyavvavahära-gayam jivassa visohanam paramam 


tavaso ya pahän’angam pacchittam, jam ca nänassa 


säro caranam, tassa vi nevvänam, carana-sohan’attham ca 
pacchittam, tena tayam neyam mokkh’atthinä "vassam 


E 
tam dasaviham: äloyana ı padikamanöbhaya 2 f. vivega 4 vosagge 5 
tava6 cheya7 mülaS anavatthayäg ya pärancie1o ceva 


| 4 
ı. karanijjä je jogä tes’ uvauttassa niraiyärassa 
chaumatthassa visohi jaino äloyanä bhaniyä 


5 
ähär’äi-gahane taha bahiyä niggamesu 'negesu 
uecära-vihäravani-ceiya-jai-vandan’äisu || 6 
Jam ec’ annam karanijjam jaino hattha-saya-bähir’äyariyam, 
aviyadiyammi asuddho, äloento tayam suddho || 
kärana-viniggayassa ya sa-ganäo para-gan'ägayassa vi ya 
uvasampayä-vihäre äloyanam anaiyärassa || s 
gutti-samii-pamäe guruno äsäyana vinaya-bhange 
icch’äinam akarane lahusa musä’dinna-muechäsu || o_ 
avihiya käsi-jambhiya-khuya-väyasamkilitthakammesu 
kandappa-häsa-vikahä-kasäya-visayanusange ya 
khaliyassa ya. savvattha vi himsam anävajjao jayantassa 
sahasä 'näbhogena va micchakkäro padikkamanam || : 
äbhogena vi tanuesu neha-bhaya-soga-bäus’äisu 
kandappa-häsa-vikah’äie ya neyam padikkamanam ||: 
3. sambhama-bhay’äur’ävai sahasa anäbhog’ anappa-vasao vä 

savva-vvayaiyäre tad-ubhayam äsankie ceva || » 

duceintiya dubbhäsiya duecetthiya evam-äiyam bahuso 

uvautto vi na jänai jam devasiy’äi-aiyäram || 14 

savvesu vi biya-pae damsana-näna-caranavarähesu 

äuttassa tadubhayam sahasakkär’äinä ceva | 


[87 


| oo 


15 


ı0 Anf. °hie käsa jimbh°; (C wie oben.) 13 Anf. -vay°, auch C. 
ı4> yäan° C. 15 Anf. ya statt vi C. 


1198 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 1. Dee. 


4. 


II. 


III. 


DEIENGN 


pindövahi-sejj’äi gahiyam kadajoginövauttenam 

pacchä näyam asuddham, suddho vihinä vigincanto || 6 
käl’addhänaiechiyam anuggay’atthamiya-gahiyam asadho u 
kärana-gahi’uvvariyam bhatt’äi vigineiyam suddho | 
gaman’ägamana-vihäre suyammi sävajja-suvinay’äisu ya 
nävä-nai-samtäre päyacchittam viussaggo || ı5 

bhatte päne sayan’äsane arahanta-samana -sejjäsu 
uccäre päsavane panuvisam honti üsäsä | 


17 


19 
hattha-saya-bähiräo gaman’ägaman’äiesu panuvisam, 
pänavah’äi-sumine sayam, atthasayam cautthammi 


20 
desiya räiya pakkhiya cäummäsa varisesu parimänam: 
sayam addham tinni sayä& panca-say’ atth’uttarasahassam || >: 
uddesa-samuddese sattävisam anunnavaniyäe 

atth’ eva ya üsäsä patthavana-padikkamana-m-äi || » 
uddes’ajjhayana-suyakkhandh’angesu kamaso pamäissa 
kälaikkaman’äisu nän’äyäraiyäresu: 


23 


nivvigaiya purim’addh’egabhattam äyambilam ce’ anägädhe, 
purim’äi khaman’antam ägädhe, evam atthe vi 


24 


sämannam puna sutte mayam, äyamam cauttham atthammi, 
appattapattavatta väyan'uddesan’äisu ya || > 
kälavisajjan’äisu mandali-vasuhä-"pamajjan’äisu ya 
nivviiyam a-karane, akkha-nisejjä y’ abhatt’attho 
äagädha-m-anägädhe savva-bhange ya desa-bhange ya 
Joge ehattha eauttham cauttham äyambilam kamaso 
sank’äiesu dese khamanam micchövabühanäe ya, 
purim’äi khaman’antam bhikkhu-ppabhiina va caunham 
evam eiya patteyam uvabüh’äinam akarana jaina, 
äyäm’antam nivviyag’äi päsattha-saddhesu || »o 
pariväar’äi-nimittam mamatta-paripälanä& vacchalle 
sähammio tti samjama-heum vä savvahim suddho 


26 


»7 


28 


|» 
egindiyäna ghattanam agädha-gädha-pariyävan’uddavane 
nivviyam purimaddham äsanam äyämagam kamaso || 3: 
purim’äi khaman’antam ananta-vigal’indiyäna patteyam, 
paneindiyammi egäsan’äi kallänagam ah’ egam || » 
mos’äisu mehuna-vajjiesu davv’äi-vatthu-bhinnesu 

hine majjh’ ukkose äsanam äyäma-khamanäim || 
levädaga-pariväse "bhattattho sukka-sannihie ya, 

iyari@ chattha-bhattam, atthamagam sesa nisibhatte || 
uddesiya carima-tige kamme päsanda sa-ghara mise ya 
bäyara-pähudiyäe sapaccaväy’ähade lobhe || 5 


- 


26b Anf. ?vviy° C; lies akk°. 29° °han’äinam. 


Leumann: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1199 


AA 


airam ananta nikkhitta pihiya sähariya misiy Aisu 
samjoga sa-ingäle duviha-nimitte ya khamanam tu 


E 

2. kamm’uddesiya-mise dhäy’äi-pagäsan’äiesum ca 
purapacchakamma kuechiya samsatt’älitta-kara-matte || 
RS | aimäna-dhiima-kärana vivajjae vihiyam äyämam || ss 

3. ajjhoyara kada püiya mäyä 'nante paramparagae ya 
misänantänantaragay’äie ce’ egam äsanayam || » 

4. oha-vibhäg’uddesövagarana püiya thaviya pägadie 
lo’uttara pariyattiya pameya parabhävakie ya || « 
saggäm’ähada daddara jahanna mäl’ohade jhare padhame 
suhuma-tigiechä samthava tiga makkhiya däyago vahae || «ı 
patteya parampara thaviya pihiya mise anantar’äisu 
purimaddham, sankäe jam sankai tam samävajje || « 

5. ittara thaviyaga suhuma sasaniddha sasarakkha makkhie ceva 
misa parampara thaviy’äiesu biesu nivvigai || 4 
sahasä 'näbhogenam jesu padikkamanam ähiyam tesu 
äbhogao 'ibahuso aippamäne ya nivvigai | 


44 

dhävana devana samgharisa-gamana kiddä kuhävan’äisu 
ukkutthi giya cheliya jivaruy’äisu ya cauttham 
tivihövahino viccuya-vissariyapehiyaniveyanae 


| 


nivviiyam purim’ egäsan’äi, savvammi e’ äyämam | 46 
häriya-dho’-uggamiyaniveyanadinna-bhoga-dänesu 
äsanam äyäma-cautthagäi, savvammi chattham tu || x 
muh’anantaya rayaharane phidie nivviiyam cauttham ca 


näsiya häravie vä jiena cauttha-chatth’äi || 


käl’addhänaie nivviiyam khamanam eva paribhoge, 
avihi-vigincaniyäe bhatt’äinam tu purimaddham || # 
pänassasamvarane bhümitigapehane ya nivvigai, 
savvassasamvarane agahana bhange ya purimaddham || so 
eyam ciya sämannam navapadimä’bhiggah’äiyänam pi 
nivviyag’äi pakkhiya-puris’äi-vibhägao neyam || sı 

phidie sayam ussäriya bhagge v’ eg’äi vandan’ussagge 


a A 


nivviiya-purim’egäsanäi, savvesu c’ äyämam | 


52 
akaesum purim’äsanam äyämam, savvaso cauttham ca 
puvvam apehiya thandila nisi vosirane divä suvane || ss 
kohe bahudevasie äsava-kakkolag’äiesum ca; 

lhasun’äisu purimaddham, tann’äi-vanca-muyane ya 


E 
ajhusira-tanesu nivviiyam tu, sesa-panaesu purimaddham 
appadilehiya-panae äsanayam tasa-vahe jam ca || ss 
thavanam anäpucechäe nivvisane viriya-gühanäe ya 


38? — 364, bloss paritta statt an°. 43 Schl. avigai. 46 Anf. °vih°, auch C. 
46% Anf. °vvüy°. 49° Schl. °go. 53 Schl. diya C. 54° Anf. °san°. 


1200 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 1. Dec. 


jien’ ekkäsanayam,' sesiya-mäyäsu khamanam tu I 56 
dappenam pancindiya-voramane samkilittha-kamme ya 
dih’addhän’äseviya giläna-kappavasäne ya 


5 
savvövahi-kappammi ya purimattä’pehane ya caramaäe 
cäummäse varise ya sohanam panca-kallänam || ss 

chey’äim asaddahao miuno pariyäya-gavviyassa vi ya 
chey’äie vi tavo jiena. ganahivaino ya 


r 

jam-jam na bhaniyam ihaim tass’ ävattiya däna-samkhevam 
bhinn’äiyäya voccham chammäs’antäna Jjienam || 

bhinno avisittho eeiya mäso cauro ya chaec ca lahu-guruyä 
nivviig’äi atthamabhatt’antam dänam_ eesim || 6: 

iya savv’ävattio tavaso näum jJaha-kkamam samae 


jiena dejja nivviig’äi-dänam Jahä’bhihiyam || 


eyam puna savvam eiya päyam sämannao viniddittham 
B 
davvam ı khettam ır kälam ım bhävam ıv purisa v padisevanäo vı ya 


dänam vibhägao puna davv’äi-visesiyam jäna 


näum iyam ciya dejja tam-mattam hinam ahiyam vä || &4 

ı. ähär’äi-davvam baliyam sulabham ca näum ahiyam pi 
dejjä hi, dubbalam dullabham ca näuna hinam pi || 6 

ı. lukkham siyala sähäranam ca khettam, ahiyam pi siyammi 


66 


lukkhammi hinatarayam: ım. evam käle vi tivihammi 
gimha-sisira-väsäsum dejj atthama-dasama-bäras’antäim 
| 67 


ıv. hattha-gilänä bhävammi: dejja hatthassa, na u gilänassa, 


näum vihinä navaviha-suyavavahärövaesenam 


jävaiyam vä visahai tam dejja, sahejja vä kälam || os 

v. purisä giyagiyä sahasahä taha sadhasadhä kei 
parinämaparinämä aiparinämä ya vatthünam || so 
taha dhii-samghayanöbhaya-sampannä tad-ubhaena hinä ya, 
äya-paröbhaya-nöbhayataragä taha annataragä ya 
kappatthiy’ädao vi ya cauro je seyar& samakkhäyä 
sävekkheyara-bhey’ädao vi je täna purisänam || ı 


I» 


Jo jaha-satto bahutara-guno vva tassahiyam pi dejjä hi, 
hinassa hinataragam, jhosejja va savva-hinassa || 7 
ettha puna bahutarä bhikkhuno tti akayakaranä 'nabhigaya ya 
jantena jiyam atthamabhatt’ante nivviy’äiyam || 7 
vı. äuttiyäya dappa-ppamäya-kappehi vä nisevejja. 
davvam khettam kälam bhävam vä sevao puriso || 7 
Jam jJiya-dänam uttam eyam päyam pamäya-sahiyassa, 
etto eeiya thän’antaram egam vaddhejja dappavao || 75 
Auttiyä& thän’antaram ca, satthänam eva vä dejjä, 


5ZaCOr. 61b Anf. nivvüig?, 64® Anf. oder näu miy? C, 


10)0 


. jo jena jattha düsai padisiddho tattha so khette | 
II. 


Levmann: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1201 


kappena padikkamanam tad-ubhayam ahavä viniddittham || 76 
äloyana-kälammi vi samkesa-visohi-bhävao naum 

hinam vä ahiyam vä tam-mattam vä vi dejjä hi || 

iti davv’äi-bahu-gune guru-seväe ya bahutaram dejjJä, 
hinatare hinataram, hinatare jäva jhosa tti 


er 


Jhosijjai subahum pi hu jien’ annam tavarıham vahao, 


veyävaccakarassa ya dijjai sänuggahataram vä ||» 
tava-gavvio tavassa ya asamattho tavam asaddahanto ya 
tavasä ya jo na dammai aiparinämappasangi ya || 
subahuttara-guna- bhamsi chey’ävattisu pasajjamäno ya 
päsatth’äi jo vi ya jaina paditappio bahuso || sı 
ukkosam tava-bhümim samaio savasesa-carano ya 
cheyam panag’äiyam pävai Ja carai pariyäo | 82 
äuttiyä& paneindiya-ghäe, mehune ya dappena, 

seses’ ukkosäbhikkha-sevan’äisu tisum pi || s 
tavagavviy’äiesu ya mül’uttara-dosa-vaiyara-gaesu 

5 


accant'osannesu ya paralinga-duve ya mülakamme ya 


damsana-caritta vante eiyatta-kiecce ya sehe ya 


bhikkhummi ya vihiya-tave 'navattha-päranciyam patte || ss 
cheenam pariyäe 'navattha-päranciyavasänesu 


mülam mül’ävattisu bahuso ya pasajjane bhaniyam || s6 


ukkosam bahuso vä pauttha-citto vva teniyam kunai 
paharai ya jo sa-pakkhe niravekkho ghora-parinämo || % 
abhiseo savvesu vi bahuso päranciyavarähesu 
anavatthapp’ävattisu pasajjamäno ya 'negäsu || ss 

kirai anavatthappo, so lingaı. kkhetta ır. kälao ım. tavao ıv. 
lingena davva bhäve bhanio pavvävananariho | 
appadivira’ osanno na bhävalingariho 'navatthappo; 


89 


90 


Jattiya-mettam kälam; ıv. tavasä u jahannaena cham mäsä 
samvaccharam ukkosam äsäi jo jin’äinam II o: 

vasam bärasa väsä padisevi, kärane ya savvo vi 
thovam thovataram vä vahejja, muccejja vä savvam | 


92 
vandai na ya vandijjai, parihära-tavam su-duccaram carai, 
samväso se kappai, n’ älavan’äini sesäna || os 

titthagara pavayana suyam äyarıyam ganaharam mahiddhiyam 
äsäyanto bahuso äbhinivesena päranei || oı 

Jo ya sa-linge duttho kasäya-lingehi räya-vahao ya 

ray aggamahisi-padisevao ya bahuso pagäso ya 
thinaddhi-mahädoso annonn’äsevanä-pasatto ya 


| 


$ı Schl. °ppao (°tarpakah) © (). 


1202 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 1. Dec. 


carima-tthän’ävattisu bahuso ya pasajjae jo u || #6 
so kirai päranei lingäo ı. khetta ıı. kälao ım. tavao ıv. 


1. sampägada-padisevi lingäo thinagiddhi ya || 
ı. vasahi-nivesana vädaga sähi nioya pura desa rajjäo 
khettäo päranei kula-gana-sangh’älayäo vä || 08 
I sau 5 \ 


jatth’ uppanno doso uppajjissai ya jattha näünam 
tatto tatto kirai khettäo khetta-päranci | 


99 

ım. jattiya-mettam kälam; ıv. tavasa päranciyassa u sa eva 
kälo du-vikappassa vi anavatthappassa jo "bhihio || ıo 
egägi khetta-bahim kunai tavam su-viulam mahäsatto, 
avaloyanam äyario pai-dinam ego kunai tassa 


| IOI 
anavatthappo tavasä tava-päranci ya do vi viechinnä 
eoddasapuvvadharammi, dharanti sesä sayä kälam || ı: 
iya esa Jiyakappo samäsao suvihiyanukampäe 
kahio, deo so puna pattesu pariechiya-gunesu || 10 


Jitakalpa-Cürni von Siddhasena. 
Poona Palmbl.-MS. Kielh. Rep. 8%/g, p. ı7 N® 23. 


sildhattha-siddha-säsana siddhattha-suyam suyam ca Siddhatthassa 
vira-varam vara-varayam vara-varaehi mahiyam namaha jiva-hiyam || ı 
ekkärasa vi ganahare duddhara-guna-dhärae dharä’hiva-säre 
JambuPpabhav’äie panamaha sirasä samatta-sutt’attha-dhare || > 
dasa-nava-puvvi aisesino ya avasesa-nänino ya jattenam 

savve vi savva-kälam tigarana-suddhena namaha jai guna-ppavare || 3 
etto nevvän’angam nevvänam gamayatıti nivvänam-gam 

pagayam pasattha-vayanam pahäna-vayanam ca pavayanam namaha sayä || 
namaha ya anuoga-dharam jugappahänam pahäna-nänina mayam 
savva-sui-sattha-kusalam damsana-nänövaoga-maggammi thiyam 


|; 
jassa muha-nijjharamaya-maya-vasa-gandhahiväsiyä iva bhamarä 
näna-mayaranda-tisiyä ratti diyä ya muni-varä sevanti sayä 
sasamaya-parasamay ägama-livi-ganiya-cchanda-sadda-nimmäo 

dasasu vi disäsu jassa ya Anuoge bhamai anuvamo jasa-padaho || 
nänänam nänina ya heüna ya pamäna ganaharäna ya puechä 
avisesao visesä visesiy’ Ävassayammi anuvama-mainä | 8 

jena ya Cheyasuy’atthä ävattidäna-virayanä& jattenam 
purisa-visesena phudä nijjüdhä jiyadänakappammi vihi || o 
para-samay’ägama-niunam su-samiya-su-samana-samähi-maggena gayam 


16 
| 


32, lies -nnän°. 6b. °ttim MS. 7b. °go bh’ MS. 8a. ya vor pam? zu streichen. 


Leumann: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1203 


Jinabhadda-khamäsamanam khamäsamanänam nihänam iva ekkam || ıo 
tam namium maya-mahanam män’ariham lobha-vajjiyam jiya-rosam 
tena ya jiya-viraiya-gähänam vivaranam bhanihämi jah’attham || :: 

ko vi siso vinio ÄvassayaDasakäliyaUttarajjhayanÄyäraNisihaSüyagada- 
DasaKappaVavahära-m-Aiyam angapavittham bähiram ca suttao atthao 
ya ahijjiüna gurum uvagamma...... vinnavei: bhagavam, KappaVa- 
vahäraKappiyakappiyalullakappaMahäkappasuyaNisih’äiesu Chedasutte- 
su aivittharena pacchittam bhaniyam,...... || tao gurunä...... "Ji- 
yavavahärassa esa jogo’ tti gurunä' bhannae: suna...... 


Vyavah.-bh. X, 687°. 638— 649’. eine andere Fassung von 
650— 655 (welche er vom Skt-Comm. der Äcäracnlä zu- 
gewiesen werden). 632. 634f. 630. 656—667. 687. 

2°. *täsim samvara-vinijjaränam. 

2. Schl. mit dem Anf. von 3 zu verbinden. 

3”. ‘neyam’ jäniyavvam. 

4. Oghaniry. 1136 (Vyavah.-bh. u. s. w.) 

6”. Anf. avani = bhümi (uecärabhümi-vihärabhümi). 

7, Schl. ee 1o parenam jam äyariyam tam äyarittä..... 
avassa äloeyavvam,  jam Dun hatthasay' abbhantar' äyariyam 
tattha kimei äloijjai kimei n’ äloijjai. 

ı0. Anf. ‘avihie’ hattham adäuna muhapottiyam vä. 

10°. väyakamma zweierlei Art: nach oben (wobei die Hand oder die 
muhap. vorzuhalten ist) oder nach unten (kuechiya-sadda, den 
man puyavakaddhana-lambanena unterdrücken muss); asam- 
kilitthakammam puna cheyana-pilana-bheyana-ghamsana-abhi- 
ghäya-sincana-käya-khär’äi -asusira - susiranantara - parampara- 
bheya-bhinnam. 

Ant. VWyayah.-bh. X ,228f. 

13. Anf. ‘*bhayam’ dassu-milakkhu-bohiya-Mälav’äi-sagäsäo. 

16°. ‘kadajogi’ giyattho bhannai, Pind’esanäVatthaPä’esanäthhe- 
yasuy äiyam sutt’atthao ahiyäni jena so giyattho. 

ı8”. ‘nävä’ cauvvihä: samudda-nävä ujjäni oyäni tiriechagämini; 
aima samudde, paechillä tinni naie, ujjäni padisottagämini, oyäni 
puna anusoyagämini, tiriechagämini naim chindanti gacchai. 

19°. ‘arahantase]jä’ ceiyagharam, ‘samanasejjä padissao. 

21. Schl. värisiya-padikkamane cattälisäe ujjovehim panuvisä gu- 
niya sahassam ussäsänam hoi, anne attha üsäsä namokkäre 
kajjanti, tao atth’uttarasahassam hoi. 

23. Schl. nän’äyära achtfach (vergl. Das.-niry. 190). 


ob. lies °mas“! n®. ııb. lies gg° (?) und °nih° oder °nämi. 


! asyndetisch wiederholt. ® 645 —-649 bloss in summarisch abgekürzter Form. 


1204 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 1. Dec. 


26. Anf. kälassa apadikkamanam, ‘äi’-saddena aniogassa avisa- 
‚Janam. 

26°. mandali-bhümi, sa tihä: sutte atthe bhoyane, eesim tinha 
vi appamajjane. 

26. Schl. sutte atthe va nisejjam na karei, akkhe vänara- patite, 
khamanam, ‘ca’-saddä vandana-käussagge na karei, tahä vi 
khamanam ceva. 


28. Anf. (damsan’äyära, cf. Das.-niry. ı88); die Zeile ist ohao 


gemeint. 
28”. vibhägao' puna: sank’aisu atthasu vi dese bhikkhussa puri- 


maddham, vasabhassa ekkäsanagam, uvajjhäyass’ äyambilam, 
äyariyassa abhatt’attho”. 

29°. mit 30 zu verbinden. 

33. Anf. musäväya-adatta-pariggahesu. 

34°. sukka(‘sauer‘)-sannihiesu vi, sunthi haradai- vahedag’äisu 
abhatt’attho°; 

34”. iyarä gilla-sannihi gula-kakkaya-ghaya-tell’äi, tie chattham; 
‘sesa nisibhatte’ atthamam, oha-uttäo Jam annam tam sesam, 
kime’ oh’uttam padhama-bhango; sesä tinni bhangä sesa-nisi- 
bhatta-saddena bhannanti. evam eyam mülagunaiyäre mehuna- 
vajjie pacehittam bhaniyam, mehunaiyärassa puna müla-tthäne 
bhanihii. 

35. Einl. iyänim uttaragunaiyära-pacchittam bhannai; ...... ee 
savve vi Pindanijjutt'anusärena bhäniyavvä. 

35f. Aufzählung der Fälle, welche die khamana(abhattattha°)- 

Busse erfordern; ebenso 37f. Fälle für äyäma, 39 für ekkä- 

sana, 40—42 für purimaddha, 43 für nivviüya. 

*. samgharisena gamanam ‘ko siggha-gai?'tti, jamalio vä 
gacchai. kiddä atthävaya-cauranga-jüy’äi, kuhävanam indajäla- 
vattakhedd’äi, ‘äi’-saddena samäsa - paheliya-kuhedagä ghep- 
panti. 

45". “ukkutthiya’ pukkäriya-kalakalo, ‘cheliyam’ sentiyam, jiva- 
ruyam’ mayüra-tittira-suya-särasa-särag’ädi-laviyam, ‘äi’-sad- 


45 


dena ajivarue® vi arahatta-gaddiyä°’-päuyä-saddesu vi. 
46. Anf. (ef. Oghaniry. 993 ff.) 
Oghaniry. 1002 f. 
° padie puna laddhe. 
53°. eauttham auch mit 53” zu.verbinden, ebenso noch mit 54*. 
54°. ‘äsavo’ viyadam, tam äpiyante cauttham; ‘kakkolaga’-lavanga- 


46°. “viceue’ 


I! 2500 .MS5" 2u/abbhi° MS. 03° ravamıMS. ı 14 OP rüye MS @eamdd° MS, 
6 vieynte, 


Leumann: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1205 


pügaphala-jäiphala-tambol’äisu savvattha ‘cauttham’ puvva-gähäo 
(53°) anuvattävijjai. 54”. ‘tannaga’ mayüra-tittir’äi. 
55. Anf. beim akärana-paribhoga von ajh”. 
55°. Die übrigen panaya (Pentaden) sind tana-, düsa-, pottha-, 
camma-, das zweite doppelt, daher im Ganzen fünf; (cf. Av.- 
ey SV 1227 2): 56. Anf. thavana -kuläni. 
56”. Anf. jiya-vavahäre eyam, suyavavahär'äisu annahä. 
57f. Fälle für pancakall. 
59°. jo cheyam na saddahai kim vä chijjai na chijjai evam bhanai: 
‘miuno’ tti jo ehijjamäne vi pariyäe na samtappai Jahä me pa- 
riyäo chinno tti, ahavä annesim omaräinio jäo tti; 

‘pariyäya-gavvio’ jo diha-pariyäo so pariyäe vi chinne tahä vi 
annehimto abbhahiya-pariyäo na omaräinio hoi, na vä bihei 
pariyäya-cheyassa. 

59”. eesim jah’udditthänam cheyam ävannäna vi tavo dijjai; 
‘Ai’-saddena mülanavattha-päranciya-pay ävannäna vi Jiyavava- 

hära-maena ..... 

60°. “iha’ jiyavavahäre, ....‘ävatti päyaechitta-tthäna-sampatti, 
sä ya NisihaKappaVavahärabhihiyä suttao atthao ya änä-ana- 
vattha-miechatta-virähanäa sa-vittharä tavaso, so ya tavo pa- 
nag’ädi chammäsa-pajjavasäno aneg’ävattidäna-virayanä-lakkhano 
tesu savvesu ganthesu, iha puna jiyavavahäre samkhevenam 
ävattidänam nirüvijjai. 

61. Wo der suyavavahära einen bhinna (mäsa) irgend welcher 
Art (avis°, nämlich panaga lahuga guruga dasaga' 1°' g°' pan- 
narasaga ]° g° visaga 1° g° pancavisaga 1° g°) verhängt, da 
wird jiena überall nivvigai verlangt: so entsprechen sich lahu- 
mäsa und purimaddha, gurumäsa und ekkäsanaya, lahu-cau- 
mäsa und äyäma, cau-gurumäsa und cauttha, chal-lahumäsa 
und chattha, cha-gurumäsa und atthhama. 

65. jammi dese täim (ähär’äini) baliyäim jahä annavaese sälikkharo 
balio’ sahävenam ceva sulaho ya evam nälna Jjam Jiya- 
bhaniyam dänam tass’ abbhahiyam avi dejja; Jattha puna 
canaka-nipphäva-kanjiy äi-lukkh’ähäro dullaho va tattha Jiya- 
dänam hinam avi dejjä. 

66. Anf. “lukkham’ näma neha-rahiyam khettam väya-pittalam 
vä; siyalam puna siniddham bhannai annavakhettam vä; nid- 
dhalukkham sähäranam bhannai: iha ya Jiya-däne niddhakhette 
ahiyam dejjä, sähärane jahäbhaniya-samam dejja, lukkhakhette 
hinam dejjä. 


! fehlt im MS. ? cal? MS.; ‘in einer Seegegend’ (arnavadese, nachher 


[zu 66 Anf.] in derselben Bedeutung annavakhetta). 3, 


1206 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 1. Dee. 


67°. Im gimha (lukkha) sind die drei tava-Stufen (jahanna majjha 
ukkosa): cauttha ch° atth°, im hemanta (sähärana): ch” atth° 
dasama, im väsäratta (niddha): atth° das” bärasa: esa navaviho 
vavahäro. 

67". so ya navaviho vavahäro imo: Vyavah.-bh. II, 85 —90 
(137 — 142). 

68. Schl. ‘man warte eine Zeit lang’ bis er gesund ist. 

70*. dhii-samghayane caubhango, dhiie samghayanena ya pa- 
dhamo sampanno, iha ya padhama-paechimä bhangä duve sam- 
gahiyä suttena, majjhamillä duve bhäniyavvä. ahavä bitiya- 
CGunnikärabhippäena cattäri vi sutten’ eva gahiyä. kaham? 
dlhii-sampanna na samghayanena, samghayanena vä sampannä 
na dhiie, ubhaya-sampannä, ubhaya-hinä ya. (Natürlich ist die 
zweite Ansicht allein richtig.) ; 

70”. ‘äyatarago’ näma jo upaväsehim dadho, ‘paratarago’ näma 
jo veyävaccakaro gacchövaggahakaro ya tti, ‘annatarago’ näma 
jo ekkam sakkei käum tavam veyävaccam vä, na puna do vi 
sakkei. 

71*. Die Vier sind kappatthiyä parinayä kadajogi taramana; sey°: 
ak° ap® ak° at; kapp° sind die in dem zehnfachen kappa — 
Kalpabh. VI, 302 --- befindlichen. 

71. Schl. gen. zu 72. Anf. jo jaha sakkei tavam käum. 

72. Schl. ‘sosejjä’ na kimei dejjä‘. 

73. Anf. ‘ettha’ eyammi jiyavavahäre. 

73”. “janta’-vihänam bhanämi: tiriyäe terasa gharae käum hetthä- 
hutto vva jäva nava gharäim punnäim täva thäveyavvam, 
paechä eesim navanham hetthä jäim dähinena ante thiyäni 
donni gharayäim täim mottünam aho egam gharayam vaddhä- 
vijjai, tähe tiriy’äyayä ekkärasa-gharayä hoti, evam duve-duve 
chaddantenam gharayäim hetthilla-dähinilläim tä neyavvam aho 
ekkekka-gharaya-vuddhie jäva ekkam eva gharayam savvaho 
jäyam. evam eyassa ghara-jantayassa savv'uvarim tiriy’äyayä 
sedhi, tise sedhie uvarim savv’äie niravekkham thävejja, nira- 
vekkhassa dähinena...... 

75. Das Gesagte gilt im Allgemeinen nur für den dritten (pa- 
mäya) der in 74* genannten vier Fälle; beim zweiten (dappa) 
tritt ega-tthäna-vuddhi ein (statt nivviy’äi atthamabhatt’anta 
also: purim’äi dasam’anta). 

76°. ebenso beim ersten (ekkäsan’äi duvälas’anta), ahavä satthä- 
nam 2 pänaiväe mülam satthänam jam jammi vä avarähe savva- 
bahuyam tassa dijjai tam ceva satthänam hoi. 


! dijjai MS. ? 


Leunmann: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1207 


76°. beim vierten ist pad° (miechädukkada) oder ‘Beides’ (älo- 
yana und micch°) vorgeschrieben. 

78. Schl. savva-hinassa jhoso vä kajjai. 

79. Schl. (san° =) thovataram. 

8o. Schl. aiparinämago aipasangi vä. 

8Sı. Schl. paditappai veyävaccam karei. 

83”. bei den andern drei Hauptsünden im Wiederholungsfalle 
(abhikshnam). 

84. Anf. in den 8o* und 80” Anf. genannten Fällen. 


84”. damsane vante niyamä carittam vantam, carittammi dam- 
sane bhayana,......: kiecäim damsan’äini, tap-pariccäena ci- 


yatta-kicco. 

85°. ‘paralinga-dugam’ gharattha-lingam annatitthiya-lingam ca. 
"mülakammam’ itthigabbh’ädäana-sädanam. 

86. Anf. chijjamäne 2 jayä pariyäo niravaseso chinno tao se 
mülam. 88. Anf. ‘abhiseo’ uvajjhäo. 

89°. Schl. ‘so’ ya anavatthappo cauvviho: lingao khettao kälao 
bhävao (!); [ef. 97°]. 

91. Schl. “Wer die Jina u. s. w. (cf. 94°, resp. Aupap. $ 30 II’ 2”) 
lästert”', z. B. sagt mokkha-desanäe JoisaJonipähudaGäni- 
tena va kim paoyanam!? 

92. Anf. Beim pad” dagegen ist das Minimum ı Jahr und das 
Maximum ı2 Jahre. 

95°. kasäya-dutthe udäharanam: säsava-näle muhanantae ya si- 
hirini uluyacchio tti. 95. Schl. *öffentlich'. 

96. Anf. paduttha-puvvabhiläsiövari sutto va värae Kesava-bal’a- 
ddham ca jäyae. 

udäharana ime: Visesh. I, 234* evam-äi uyäharana°. 

97°. Auch hier (wie zu 89* Schl.) bhävao! 

101”. jmakappiya-padirüvio khetta-bähim thäi, atthajoyana- bä- 
hirao, jJao viharai äyario tao 2 so vi viharai. 

102. tava-anavatthappo tava-pärancio ya Bhaddabähu-sämimmi 
carima-caudasapuvvadhare do vi vocchinnä, die andern drei 

103. Anf. Jiyakappo Jiyavavahäro kappo vannana parüvana- tti 
eg’atthä. 

iti jena Jiyadänam sähtin’ aiyära-panka-parisuddhi-karam 
gähähi phudam raiyam mahura-pasatthähi pävanam parama-hiyam |: 


" asäti yo jin’ädinäm. ” Dies ist eine Paraphrase von Kalpabh. I, 497®; un- 
mittelbar vorher wird auch @ paraphrasirt. ® Paraphrase von Visesh. I, 234b. 


Sitzungsberichte 1892. 107 


1208 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dec. — Mittheilung v. 1. Dee. 


Jinabhadda-khamäsamanam nicchiya-sutt attha-däyagamala-caranam 
tam aham vande payao paramam paramövagära-kärina mah’aggham || : 
Jitakalpacunni samaptäa. Siddhasena-krtir eshä. 


Übersetzung der Einleitungsstrophen zur Jıtakalpacurni 
auf Grund eines Skt-Commentars!. 


ı — 4 Preisstrophen an Mahavıra (1), die Ganadhara (2). die Sthavira (3) 
und das Pravacana (4). 
5— 10 » » Jinabhadra, den Verfasser des Jıtakalpasutra. 

ı. Der seinen Zweck erreicht, seine Lehre bekannt gemacht und die 
Überlieferung (sruta) der (neun) Prineipien (artha) gesichert hat, 
den Sohn Siddhartha’s | 
den besten der Helden, den beste Wünsche gewährenden und von 
den besten der Besten” geehrten verehret. der da den Seelen 
Heil bringt. 

2. Die elf Schaarenführer (d. h. Hauptjünger), die schwer zu er- 
werbende Vorzüge besitzen und des Erderhalters (Meru unerschütter- 
liches) Wesen theilen | 
Jambu, Prabhava und die übrigen verehret (durch Verneigung) 
mit dem Haupte, die da alle Texte und deren Erklärungen kennen. 

3. Die da noch zehn oder noch neun Purva(-Texte) kennen und 
magische Kenntnisse (atisesha)” oder anderes Wissen besitzen’, mit 
Eifer | 
sie alle und allezeit, mit dreifach reinem’, verehret, die durch 
Tugenden ausgezeichneten Asketen‘. 

4. Ferner jenes ‘Nirvana-Mittel’, das wegen seiner ‘Mittheilung des 
Nirvana’ auch ‘Nirvana-Mittheil’ heissen könnte 


das als vorgeschrittenes vorzügliches Wort und vortreffliches 
Wort aufzufassende ‘Vor-Wort (d. h. die heilige Lehre) ver- 
ehret immerdar. 

5. Und verehret (Jinabhadra) den als Meister des Unterrichts und als 
Führer seines Zeitalters von den hervorragendsten Kennern an- 
erkannten | 


! Siddhatthety -Adi-gathäcatushtaya-vivaranam (sollte heissen °dy -ekädasagäthä- 
v°): Kıera. Rep. 1880/8ı p.5ı N° 75 Schl. 2 ‘varä' dev’ädayo yatayas ca tebhyo 
‘varakäh’ pradhänäh Sakr'ädayah ganadharäs ca taih. > avadhi- manahparyäaya- 
‚Näninah. * matiSrutajhaninah. > Der Comm. verbindet tig° nicht mit jattenam, 
sondern ergänzt bhävena ‘Innern. 6 “die durch Asketen - Tugenden ausgezeichneten’ 
(yati-guna-pravarän) nach dem Comm.; doch muss jaı der Länge wegen Accus. plur. 
sein. Oder ist jai-guna-pavare zu lesen, worauf dann wohl anch in der ersten Zeile 
das letzte ya, das indessen vom Comm. gestützt wird. zu streichen wäre? " Der 


Leusass: Jinabhadra’s Jitakalpa. 1209 


den in allen Lehrbüchern der Tradition® bewanderten und auf 
dem Pfade der Glaubens- und Wissens-Förderung” befindlichen, 

6. welchen", von seines Mund-Teiches"' Lotusblumen - Gewaltduft 

bienengleich erfüllt” | und von seines Wissens Blumensaft'' ge- 

sättigt, Tag und Nacht die besten Mönche immerdar umringen, 
und dessen auf eigene und fremde Religions-Überlieferung, Schrift- 
kunde, Rechenkunst, Metrik'” und Grammatik'" gegründete | 

Ruhmestrommel nach (allen) zehn Richtungen auf dem Gebiete 

des Unterrichts (Anuyoga)" als eine unvergleichliche umher- 

wandert, 

8. durch den'” die Unterschiede (1) der Wissensgrade und Wissenden 
sowie (2) der Gründe und Axiome'” und (3) die Fragen der 
Hauptjünger” | 
unterschiedslos (d. h. gleichmässig vollständig) im Avasyaka” 
unterschieden (d. h. klargelegt) worden sind mit unvergleich- 
lichem Verständniss, 


1 


9. und durch den ‚aus der die Bussen - Verhängungen zusammen- 
stellenden Cheda-Tradition mit Sorgfalt | 
und Kennerschaft”” der klare im Verhängen von gewohnheits- 


Comm. umschreibt pradhänajhäninäm bahumatam und bezieht also die Anerkennung 
nicht ausdrücklich auf die Meisterschaft und Führerschaft. ° sarvasrutisästräni 
Sabdasästra - prabhrtini. ° darsanajnänayor yo 'säv upayogamärgas tatra. 10 jassa 
für jam, weil attrahirt durch muha und näna; der Comm. ergänzt padapadmıam ‘dessen 
Fusslotus’. !! <mukham’ eva ‘nirjharo’ 'mbhasäm prasastasthänam tatra. 2? amr- 
tam jalam tena nirvrttam ‘“amrtamayam’ padmam tasya ‘vaso’ ’dhino yo ‘gandhas’ tena. 
Also etwa ‘“Lotusblumen-entströmtem Duft’; doch scheint uns vasagandha synonym 
init gandhavasa zu sein; auch ist vorher vielleicht eher °ta-mada zu transcribiren: 
“Mund-Baches Nectar-Rauschtrank‘. Eine zweite Auffassung des Comm. nimmt maya 
im Sinne von mata: ‘amrtam’ iva yan ‘matam’ jin’ägamas tasya ‘vaso’ 'dhino yo ‘gandhah’ 
parimalah mähätmya-rüpas tenäabhiväsitäs tad-äkrshta-mänasäh. ® “abhi’ sama- 
styena ‘vasitah’ ahutah sabditä iti yävat, väsr Sabde ity. Der Comm. transeribirt also 
eigentlich abhiväsitäh *hergebrüllt’ (!) statt adhiväsitäh. * kimjalkas tatra. » Pin- 
gal’ädıni. 1° Sabdasästram. Offenbar Anspielung auf ein bestimmtes Werk, 
etwa auf die Bhäshya-Bestandtheile des Anuyogadvära - sütra 1° jena aus der 
folgenden Strophe zu entnehmen. ” .... (Lücke) ca viseshäh pramänänäm viseshäh. 
?° In der That findet sich die Behandlung von (1) in Visesh. ], 80—835 (zu Av.-niry. 
I, 1—79) und von (3) in Visesh. I, 1—475 (zu Av.-niry. VI, 1—64). 22°2d. heim 
Visesh’ävasyaka, indem sich das Wort visesha ‘Unterschied’ aus dem Zusammenhang 
ergiebt. °* wörtlich ‘durch den vorzüglichen Mann’ — ein Epithet analog dem am 
Schluss von Strophe 8 stehenden. Anders der Comm., welcher auch das Übrige zum 
Theil verschieden auffasst: 

yena ‘Chedasruta-sthä’ präyascittänäm “Apattir" ya sa ‘vidhir niryüdhah' äecäryo- 
pädhyay'ädikam purushavisesham äsritya*, ‘sphutah’ prakatah. kena krtvä? "dänasya 
viracanät yo yatnas tena kva? jitena dänam tasya Kalpasütre. 'nye tu: yena Cheda- 
Srutärthät katham-bhütat? äpattidänayor viracanam yatra tasmät Jitadänakalpa - vishayo 
vidhih purusha-visesham äsritya * sphuto yatnena niryüdha nddhrtas tam namateti 
vyacakshate. 

* asrtya MS. 


1210 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 22. Dee. — Mittheilung v. 1. Dec. 


mässigen (Bussen) geltende Grundriss (d.h. das Jıtakalpasutra) 
ausgezogen worden ist, 

ı0. den in fremder Religions-Überlieferung erfahrenen und auf dem 
Andachts-Pfad” wohlgezügelter guter Mönche befindlichen | 
Jinabhadra-kshamasramana, der gleichsam ein einziger Hort von 
‚milden Mönchen’ ist °*, 

ıı. diesen verehrend, den Dünkel-brechenden, Hochmuthfeind- ver- 
nichtenden”, Gier-befreiten, Zorn-besiegenden | 
will ich eine sinngemässe Erklärung der von ihm nach altem 
Brauch verfassten Strophen vortragen”. 


23 samädhi-märgah pratidin’äcaraniyam anushthänam tena. ?: kshamä-pradhä- 
na ye Sramanäs teshäm nidhänam ivaikam, anenänekasusishyasampat-samanvitatvam 
tasy’äha. 25 manärim hanti manärihas tam. Näher läge natürlich zu übersetzen 


den Ehre-verdienenden’; doch scheint die spitzfindige Deutung vom Verfasser bezweckt 
zu sein, da die vier Attribute offenbar die Überwindung der vier kashäya (krodha 
mana maya lobha) andeuten wollen. 2° Die zweite Zeile ist schlecht oder ver- 
dorben: ya hat keinen Sinn, jıya ist auffällig und die metrische Dehnung der Silbe 
vor gah® ungehenerlich. Der Comm. übergeht die Zeile ganz, weil sie deutlich genug sei. 


Ausgegeben am 12. Januar 1893. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


1211 


Nachtrag. 


Adresse an Hrn. RuDoLF VoN JHERING 


zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums 
am 6. August 1892. 


Hochverehrter Herr! 


>: Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften nennt Sie 
mit Freude und Stolz den ihrigen; sie betrachtet es daher als Recht 
wie als Pflicht Sie am heutigen Ehrentage mit den herzlichsten Glück- 
wünschen zu begrüssen. 

Als Sie vor funfzig Jahren in die gelehrte Laufbahn eintraten, da 
schlossen Sie Sich zuerst der geschichtlich -eonstructiven Methode Ihres 
Meisters Pucnta an. Und auch später folgten Sie in zahlreichen grund- 
legenden Abhandlungen der Richtung, die leitenden Grundgedanken 
der Rechtsinstitute zu erforschen und sie von innen heraus als die 
Entfaltung einer immanenten Idee zu entwickeln. Aber Sie waren 
wohlberechtigt, in späteren Jahren über die »Begriffsjurisprudenz « 
Ihren aristophanischen Spott auszugiessen. Denn trotz einer macht- 
vollen Dialektik, deren Sie Sich als Ihrer besonderen Gabe bewusst 
waren, haben Sie doch das praktische gesellschaftliche Leben und den 
Zweck aller Rechtsordnung, ihm eine schützende Form zu sein, nie- 
mals aus den Augen verloren. Ihr praktischer Sinn bewährte sich 
schon 1847, als Sie zum ersten Male Ihre »Civilrechtsfälle« erscheinen 
liessen, die im anmuthigsten Erzählertone die feinsten Fragen zur 
Entscheidung stellen. 

Indessen nicht in diesen drei Bände füllenden Abhandlungen liegt 
Ihr eigentliches Lebenswerk beschlossen. Es besteht vielmehr in dem 
von verschiedenen Seiten her unternommenen Versuche, das Problem 
der Entstehung und Fortbildung des Rechtes überhaupt zu lösen. In 
diesem Sinne suchten Sie zuerst den »Geist des römischen Rechtes « 
zu bestimmen. Aber das Buch gestaltete sich wie von selber zu einer 


Sitzungsberichte 1892. 108 


1212 


Darlegung der in jeder Rechtsentwickelung schaffenden Kräfte und 
führte Sie naturgemäss auf eine der wirksamsten und bedeutendsten, 
den Zweckgedanken. Indem Sie dieser neuen Idee in Ihrem zweiten 
grossen Werke nachgiengen, wuchs die Arbeit zu einem Systeme der 
Recehts- und Soeialphilosophie. Es ist erklärlich, dass beide Werke 
nicht vollendet sind: sie haben den Rahmen des ursprünglichen Planes 
gesprengt und sind selbst über die Grenzen der Rechtswissenschaft 
weit hinausgegangen. Gerade damit aber haben Sie anregend und 
befruchtend auf dem Gesammtgebiete der Geisteswissenschaften ein- 
gegriffen, so dass Ihnen der Dank nicht bloss der Juristen heute wie 
in alle Zukunft gesichert ist. 

Freilich nur mühsam unter Kampf und Streit konnten Sie all- 
mählich ®egen die überlieferte Wissenschaft Sieh Bahn schaften; es 
war nicht anders möglich, wo an den Grundlagen der bisherigen 
Auffassung und Methode gerüttelt wurde. Haben Sie doch selbst 
die anscheinend festgefugte Besitzlehre des grossen Erneuerers der 
Rechtswissenschaft in ihren Grundgedanken und ihrem Aufbaue rück- 
haltslos angegriffen. Allein Sie Selbst haben es schön und treffend 
ausgeführt, wie der neue Gedanke im Rechte nicht still und pflanzen- 
haft wächst, sondern aus dem Widerstreite geboren wird und sich 
kämpfend emporringt. Und so ist es auch in der Wissenschaft vom 
Rechte. 

Wir aber, die wir Sie noch so willenskräftig und waffenmächtig 
auf dem Plane sehen, wir wünschen nicht nur am heutigen Tage, 
sondern wir sprechen die zuversichtliche Hoffnung aus, dass Ihnen 
noch lange Jahre rüstiger Thätigkeit und uns noch viele reife Früchte 
Ihrer Arbeit beschieden sein möchten. 


Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften. 


Berlin, gedruckt in der Keichsdruckerei 


VERZEICHNISS DER EINGEGANGENEN DRUCKSCHRIFTEN. 
ERSTES VIERTELJAHR. 


(Die Schriften, bei denen kein Format angegeben ist, sind in Oetav. — Die mit * bezeichneten 
Schriften sind mit Unterstützung der Akademie erschienen, die mit ? bezeichneten durch Ankauf 
erworben.) 


Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher. 
Heft XXVI. N. 23—24. 1891. Heft XXVII. N.1-—-4. 1892. Halle a. S. 1891. 
1892. 4. 

Abhandlungen der historischen Classe der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 
Bd. XIX. Abth. 2. 3. München 1891. 4. 

Rırzrer, S. Gedächtnissrede auf WILHELN voN GIESEBRECHT gehalten in der öffentlichen 
Sitzung der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München zur Vorfeier 
ihres 132. Stiftungstages am 21. März 1891. München 1891. 4. 

Siützungsberichte der philosophisch- philologischen und historischen Classe der K. Bayerischen 
Akademie der Wissenschaften zu München. 1891. Heft III. — Der mathematisch- 
physikalischen Classe. 1891. Heft III. München 1891. 1892. 

Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg- Augusts- Universität 
zu Göttingen. 1891. N.8—11. Göttingen 1891. 

Abhandlungen der mathematisch- physischen Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissen- 
schaften. Bd. XVII. N. I1.—IV. Leipzig 1892. 

Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu 
Leipzig. Mathematisch-physische Classe. 1891. III. IV. Leipzig 1891. 1892. — Der 
‚philologisch- historischen Classe. 1891. Il. III. Leipzig 1892. 

Jahrbücher der K. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. N. Folge. Heft XVII. 
Erfurt 1892. 

Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. VI. 1891. Heft 4. Berlin 
1892. 4. 

Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abtheilung. Bd. V1. 
Fase. 2. 3. Rom 1891. Athenische Abtheilung. Bd. XVI. Heft 3. Athen 1891. 
Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1894 mit Angaben für die Oppositionen der Planeten 

(1) — (283) für 1892. Berlin 1892. 

Neue Heidelberger Jahrbücher. Herausgegeben vom hist. philos. Vereine zu Heidelberg. 
Jahrg. 11. Heft 1. Heidelberg 1892. 

Mittheilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins in Giessen. N.Folge. Bd.3. Giessen 1892. 

Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XXT. (1892.) Heft 1. 2. Berlin 1892. 

Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Heft XCI. Register zu 
den Jahrbüchern LXI—-LXXXX. Bonn 1892. 

Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. XLII. Heft 3. Berlin 1891. 

Abhandlungen des K. Preuss. Meteorologischen Instituts. Bd. I. N.5. — Assmann, R. 
Das Aspirations- Psychrometer. Ein Apparat zur Bestimmung der wahren Tem- 
peratur und Feuchtigkeit der Luft. Berlin 1892. 4. 


Sitzungsberichte 1892. A 


(2) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. 


Preussische Statistik. N. 114. 115. Berlin 1891. 4. 

Zeitschrift für Naturwissenschaften. Herausgegeben von Dr. O. LuvEDecke. Bd. 64. Heft4. 5. 
Leipzig 1891. 

Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen-Wesen im Preussischen Staate. Bd.XXXIX. 
Statist. Lief.2. Bd. XL. Heftl. 2. Mit einem Atlas enthaltend die Tafeln 1—7 
und Heft2. Berlin 1891. 1892. 4. u. Fol. 

Verhandlungen der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin im Jahre 1891. Zehnter Jahr- 
gang. Berlin 1892. 

Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. 24. N. 19. Jahrg. 25. N. 1—4. 
Berlin 1892. 

Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 26. Heft 4. Leipzig 1891. 

Astronomische Nachrichten. Bd. 128. Kiel 1891. 4. 

Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 67.2. Görlitz 1891. 

Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde 
von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften. Bd. 10. Frei- 
burg i. B. 1891. 

®Die Fortschritte der Physik im Jahre 1885. Dargestellt von der physikalischen Gesell- 
schaft zu Berlin. Jahrg. XLI. Abth. 1. Jahrg. XLII. Abth. I. Berlin 1891. 1892. 

Sitzungsberichte der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin. Jahrg. 1891. Berlin 
1891. 

Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel. Bd. 10. Heft 2. Berlin 1891. 

# Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. XXI. Jahrg. 1889. Heft1l. Berlin 1892. 

Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1890. Beobachtungs-System der Deutschen 
Seewarte. — Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen an 9 Stationen 
II. Ordnung, an 9 Normal-Beobachtungs-Stationen in stündlichen Aufzeichnungen 
und an 43 Signalstellen. Jahrg. XIII. Hamburg 1891. 4. 

Deutsche Seewarte. Wetterbericht 1891. Jahrg. XVI. N. 274— 365. Hamburg 1891. Fol. 

Deutsche übersichtliche meteorologische Beobachtungen. (esammelt und herausgegeben von 
der Deutschen Seewarte. Heft IV. Hamburg 1892. 4. 

Monatsbericht der Deutschen Seewarte. Juli. August 1891. Hamburg 1891. 

Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen im System der Deutschen Seewarte für das 
Laustrum 1886 — 1890. Herausgegeben von der Direction der Deutschen Seewarte. 
Hamburg 1891. 4. 

tHedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXX. 1891. Heft 6. Dresden. 

Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. Jahrg. VIll. 1890. IX. 1891. 
Hamburg 1891. 

=H.v. Syger und G. ScHwoLLEer. Preussische Staatsschriften. Bd.3 Berlin 1892. 

Numtiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken. Abth. 1.1.2. 1533 — 
1539. Herausgegeben durch das K. Preuss. Historische Institut in Rom und die 
K. Preuss. Archiv-Verwaltung. Gotha 1892. 

tJ. Grimm und W. Grimm. “ Deutsches Wörterbuch. Bd. VIIl. Lief. 8. Leipzig 1891. 

Monumenta Germaniae historica. Epistolarum T. 1. P. II. Gregorii i Registri L. V—VII. 
Berolini 1891. 4. 

Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde Bd. XVll. Heft 2. 
Hannover 1892. 

Verzeichniss der Kunstdenkmäler der Provinz Schlesien. Bd. 3. Lief. 4. (Schlusslieferung). 
Lursch, H. Die Kunstdenkmäler des Reg.- Bezirks Liegnit.. — Die Denkmäler der 
Markgrafschaft Oberlausitz. Breslau 1891. 

v. Esersrein, L. F. Beschreibuny der Kriegsthaten des General- Feldmarschalls ERNST 
ALBRECHT VON EBERSTEIN. Berlin 1592. 2. Ausgabe. 


r ” . * .r rs . ° 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (3) 


7189 — 190ste Publication des litterarischen Vereins in Stuttgart. Tübingen 1890. 1891. 

BErGBoHM, J. Neue Integrationsmethoden auf Grund der Potenzial-, Logarithmal- und 
Numeralrechnung. Stuttgart 1892. 

ReınkE, J. Dr. Atlas deutscher Meeresalgen. Heft II. Lief. III—V. Tafel 36—50. 
(Schluss). Herausgegeben im Interesse der Fischerei von der Commission zur 
wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere. Berlin 1892. Fol. 

Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten über die physikalischen Eigen- 
schaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrgang 1891. Heft I—IN. 
Jan.— März. Berlin 1592. 4. 

Separatabdruck aus dem Centralblatt für Bibliothekwesen. Herausgegeben von Dr. O.Harrwiıc. 
— Die deutschen Bibliotheken auf der Weltausstellung in Chicago. Von A. GräseEL. 
Leipzig 1892. 

OÖrzEn, J. Der evangelische Kirchenbau. Rede zur Feier des Allerh. Geburtstages 
Sr. Majestät des Kaisers und Königs am 27. Januar 1892. Veranstaltet von der 
K. Akademie der Künste. Berlin. 4. 

Allgemeiner Kunst - Ausstellungs- Kalender 1892. Jahrg. XIV. München 1892. 

CaviezEeL, H. KRäto-romanische Kalender - Litteratur. Halle a. S. 1891. Sep. Abdr. 

Die landeskundliche Litteratur der Provinzen Ost- und Westpreussen. Heft 1. Königsberg 1892. 

(fOPPELSROEDER, FR. Studien über die Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung, zur 
Veränderung und zur Zerstörung der Farbstoffe, ohne oder in Gegenwart von vegetabi- 
schen oder animalischen Fasern. Frankfurt a.M.1891. Fol. Sep. Abdr. 

Jenrzsch. Höhenschichtkarte von Ost- und Westpreussen mit kurzen Begleitworten. Heraus- 
gegeben von der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg i. P. 
3 Bll. in Fol. 

Busse, A. Die neuplatonischen Ausleger der Isagoge des Porphyrius. Beilage zum Pro- 
gramm des Friedrichs- Gymnasiums zu Berlin. Berlin 1892. 4. 

SCHREIBER, P. Untersuchung über die Periodieität des Niederschlages im Königreich Sachsen. 
1891. Sep. Abdr. 4. 

Flavüi Josephi Opera. Edidit et apparatu eritico instruxit B. Nırse. Vol. Ill. Antiqui- 
tatum Judaicarum libri XI—XV. Berolini 1892. 

Herondae Mimiambi. Edid. Fr. Burcnter. Bonnae 1592. 

Bulletin mensuel de la Societe des sciences, agriculture et arts de la Basse-Alsace. T.XXV. 
1891. Fasc. N. 10. T. XXVI. 1892. Fase. 1.2. Strassburg 1891. 1892. 


Anzeiger der math.-naturwissenschaftlichen Classe der K. Akademie der Wissenschaften in 
Wien. Jahrg. 1891 N. 25.— 28. Jahrg. 1892 N. 2.4.5.6. Wien 1891. 1892. 

Verhandlungen der K. K. zoologisch- botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1891. Bd. XLI. 
Quartal 3.4. Wien 1891. 4. 

Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XXI. Heft 4—6. Wien 
1891. 4. 

Mittheilungen der K. K. Geographischen Gesellschaft in Wien 1891. Bd. XXXIV. Wien 1891. 

Verhandlungen der K. K. Geologischen Reichsanstalt. N. 15—18. (1891). N.1. 1892. 
Wien 1891. 1892. 

Annalen des K. K. Naturhistorischen Hofmuseums. (Separatabdruck aus Bd. VII. Heftl.) 
Franz v. Haver's siebzigster Geburtstag. Wien 1892. 

Astronomische Arbeiten des K. K. Gradmessungs- Büreau. Herausgeg. von E. Weıss und 
R. Schram. Bd.Ill. Längenbestimmungen. Wien 1891. 4. 

Astronomische Arbeiten der Österreichischen Gradmessungs- Commission. Bestimmung der 
Polhöhe und des Azimutes auf den Stationen Krakau, Jauerling und St. Peter 
bei Klagenfurt. Herausgegeben von Dr. W. Tınrer. Wien 1891. 4. 


PAS 


(4) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. 


Mittheilungen der Section für Naturkunde des Österreichischen Touristen-Chub. Jahrg. IV. 
N. 1.2. Wien 1892. 4. 

Wiener Entomologische Zeitung. Jahrg. XI. Heft 1. Wien 1892. 

STEENSTRUP, J. Die Mammuthsjäger - Station bei Predmost im Österreichischen Kronlande 
Mähren nach seinem Besuche daselbst im Juni- Juli 1588. Aus dem Dänischen über- 
setzt von Dr. R. Muc#. Wien 1890. 4. Sep. Abdr. 

Abhandlungen der mathematisch -naturwissenschaftlichen Classe der K. Böhmischen Gesell- 
schaft der Wissenschaften von den Jahren 1890/91. — Der Classe für Philosophie, 
Geschichte und Philologie 1890/91. Folge Vll. Bd.4. Prag 1892. 2 Bde. 4. 

Sitzungsberichte der K. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Mathematisch - natur- 
wissenschaftliche Classe. 1891. — Der philos. hist. philol. Classe. 1891. Prag 1891. 

Jahresbericht der K. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften für das Jahr 1891. Prag 
1892. 

Böhmische Preisschrift. VI. Weyr, E. OÖ Theorii Ploch. Praze 1891. 

Rechenschafts - Bericht erstattet von dem Vorstande der Gesellschaft zur Förderung Deutscher 
Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen in der Vollversammlung am 3. Februar 
1892. Prag 1892. 

Lotos. Jahrbuch für Naturwissenschaft. N. Folge. Bd. XII. Prag 1892. 

Marına, G. Romania e Germania ovvero ll Mondo Germanico, secondo le relazioni di 
Tacito e nei suoi veri caratteri, rapporti e influenza sul mondo romano. 'Trieste 1892. 

Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften in 
Hermannstadt. Jahrg. XLI. Hermannstadt 1891. 

Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1891. Dec. 1892. Januar. Febr. 
Krakau 1891. 1892. 

Atlas geologieny Galieyi. Zeszyt IV. Kart Piec: Tuchla (X. 9), Ökörmezö (X. 10), 
Dolina (XI. 9), Porohy (XI. 10), Brustura (XI. 11); Opracowat Dr. E. Dusıkowskı. 
Kraköw 1891. Fol. 

Collectanea ex Archivo Collegü historici. T. Vl. Kraköw 1891. 

DEnmETRYKIEwICZz, W. Index Osobowy i Rzeczowy do Tomow I, II, III, IV. Sprawozdan 
Komisyi dla badania Historyi Sztuki w Polsce. Kraköw 1891. 4. 

Sprawozdania Komisyi do badania Historyi Sztuki w Polsce. 'T.V. Zeszgt. I. Krakowie 
1891. 4. 

Rocznik Zarzadu, rok 1889. Krakowie 1890. 

Pamietnik Wydziatu filologieznego i historyczno-filosoficznego. T.S. Kraköw 1890. 4. 

Pamietnik Wydzialu matematyezno-przyrodniezego. T.18. ı. Krakowie 1891. 4. 

Rosprawy Wydziatu filologieznego. T. 14. 15. Krakowie 1391. 

Rozprawy Wydziatu historyczno-filozoficeznego. T. 25 — 27. Krakowie 1891. 

Rosprawy Wydziatu matematyezno-przyrodniezego. Ser. U. T.1—3. Kraköw 1891. 

Monumenta mediü aevi historica. T.12. Krakowie 1891. 

Sprawozdanie Komisyi fizyjograficznej. T.25. Krakowie 1890. 

Zbior wiadomosci do antropologü krajowej. T.14. 15. Kraköw 1890. 1891. 

Sprawozdania Komisyi jezykowej). T.4. Krakow 1891. 4. 

Sprawozdanie Komisyi do badania history sztuki. 'T.1V.4. Krakow 1891. 4. 

Biblijoteka pisarzow polskich. 'T.9—15. Krakowie 1890. 1891. 

Korura, B. Distributio Vasculosarum in montibus Tatrieis. Krakow 1889/90. 

Verhandlungen des Vereins für Natur- und Heilkunde zu Presburg. N. Folge. Heft 7. 
Jahrg. 1857—1891. Presburg 1891. 

Almanach der Ungarischen Akademie der Wissenschaften für 1891. Budapest 1891. (ung.) 

Mittheilungen aus dem Jahrbuche der K. Ungarischen Geologischen Anstalt. Bd. IX. Heft 6. 
Budapest 1891. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (5) 


Földtani Közlöny. (Geologische Mittheilungen). Kötet XXI. Fuzet 10—12. Budapest 1891. 

Archäologischer Anzeiger. N. Folge. Jahrg. X. 3—5. X1.1—3. Budapest 1890. 1891. (ung.) 

Archäologische Mittheilungen. Bd. XVI. Budapest 1591. (ung.) 

Ungarische Revue. Herausgeg. von K. Heinrich. Jahrg. XII. 1892. Heft 1—3. 
Budapest 1892. 

Philologische Mittheilungen. Bd. XXU. Heft 1.2. Budapest 1590. (ung.) 

Sprachwissenschaftliche Abhandlungen. Bd. XV., Nr. 6—10. Budapest 1890. 1891. (ung.) 

Naturwissenschaftlicher und mathematischer Anzeiger. Jahrg. VIll. Nr. 6—9. IX. 1—9. 
Budapest 1390. 1391. (ung.) ö 

Naturwissenschaftliche Abhandlungen. Bd.XX.1—4. XXI. 1.2. Budapest 1590. 1891. (ung.) 

Mathematische und Naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. Bd. VIII. (Det. 1859 bis 
Oct. 1890.) Bd. IX. (Oct. 1890 — Oct. 1891.) Budapest 1891. 1892. 

Archaeologiai Közlemenyek. Kötet XVI. Budapest 1590. 4. 

Sociahwissenschaftliche Abhandlungen. Bd. XI. Heft 1—4. Budapest 1590. 1891. (ung.) 

Mathematische Abhandlungen. Bd. XIV. 4. Budapest 1890. (ung.) 

Mathematische und naturwissenschaftliche Mittheihungen. Bd. XXIV. 1—7. Budapest 1590. 
1891. (ung.) 

Monumenta Hungariae ‚Juri- hist. Corpus statutorum Hungariae Munieipalium. T.1l. P. 2. 
Budapest 1890. (ung.) 

Barassa, J. Ungarische Dialekte. Budapest 1591. (ung.) 

Ungarische Sprachdenkmäler. Bd. XIV. Budapest 1590. (ung.) 

Szıräsyı, S. Siebenbürgen und der Nord-Ost- Krieg. Bd.1I. Budapest 1890. (ung.) 

Munxäscı, B. Votjakisches Wörterbuch. Heft 1. Budapest 1390. (ung.) 

Verics, A. Defteran der türkischen Schatzkammer in Betreff Ungarns. Bd. 11. 1540—1639. 
Budapest 1590. (ung.) 

Litteraturgeschichtliche Denkmäler. Bd.1l. Werke italienischer Autoren des XV. Jahr- 
hunderts zur Verherrlichung des Königs Mathias. Budapest 1890. (ung.) 

Uistorische Abhandlungen. Bd. XIV, Heft 10. XV, Heft 1. Budapest 1891. (ung.) 

Ginpery, A. Dokumenten-Sammlung zur Geschichte GABR. BETHLENS. Budapest 1890. 

Ormay, A. Insectophobos und Zooanophor. Ein Nachklang zum XL. Jahrbuche (1390) 
des Hermannstädter naturwissenschaftlichen Vereins. Beregszasz 1891. 

Gömöri, Havas Sandor. Budapest Regisegei. III. Budapest 1891. 4. (ung.) 

Rad Jugoslavenske Akademije znanosti i umjetnosti. Knjiga CVll. Razred matematicko- 
prido rodoslovni. Xlll. Zagrebu 1891. 

Ljetopis Jugoslavenske Akademije znanosti i umjetnosti za Godinu 1891. 6° Suezak. 
Zagrebu 1891. 

Viestnik hrvatskoga arkeologickoga Drustva. God. XIV. Br. 1. Zagrebu 1892. 

Rapvınsky, V. Die prähistorischen Fundstätten, ihre Erforschung und Behandlung mit be- 
sonderer Rücksicht auf Bosnien und die Hercegovina sowie auf das österreichisch- 
ungarische Fundgebiet. Sarajevo 1891. 


Proceedings of the Royal Society. Vol.L. N. 303. 304. 305. London 1892. 

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. LIl. N.2—4. London 1891. 1892. 

Journal of the Chemical Society. Vol. LXI u. Vol. LXII. N. CCCLI 1892. Jan. Febr. 
March. Supplementary Number, containing Title-Pages, Contents and Indexes. 1891. 
Vols. LIX and LX. London. 

Proceedings of the Chemical Society. Session 1390/91. N.90. Session 1891/92. N. 104—109. 
London 1891. | 

Proceedings of the Royal Geographical Society and Monthly Record of Geography. Vol. XIV. 
N. 1—3. 1892. London. 


* . . . . . * 
(6) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. 


The Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXIX. P.XVI. Dublin 1591. 4. 

Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Session 1890/91. Vol. XVIH. (Pp. 261— 
374). Edinburgh 1892. 

Proceedings of the Philosophical Society of Glasgow. 1890/91. Vol. XXI. Glasgow 1891. 

Journal of the Royal Microscopical Society. 1891. P.6. Dec. 1892. P. 1. Febr. London. 

Transactions of the Cambridge Philosophical Society. Vol. XV. P.II. Cambridge 1891. 4. 

Proceedings of the Cambridge Philosophical Society. Vol. VII. P.V. Cambridge 1892. 

Proceedings of the London Mathematical Society. Vol. XXI. XXI N. 426 — 432. 
London 1891/92. 

The Quarterly Journal of the Geologieal Society. Vol. XLVIM. P.1. N. 189. London 1892. 

Catalogue of Scientifie Papers (1874— 1883) compiled by the Royal Society of London. 
Vol.IX. London 1891. 4. 

Cavıev, A. Collected Mathematical Papers. Vol.IV. Cambridge 1891. 4. 

Catalogue of the Birds in the British Museum. Vol. XX. London 1591. 

The Jataka together with its Commentary being tales of the anterior births of Gotama Buddha. 
For the first time edited in the oriental Päli by V. Fausserr. Vol. V. London 
1891. 

Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. Challenger during the years 1873—76. 
Deep-Sea Deposits. London 1891. 4. 

Memoirs of the Geological Survey of India. Palaeontologia Indiea. Ser. UI. Vol. IV, P. 2. 
Caleutta 1891. Fol. 

Memoirs of the Geological Survey of India. Vol. XXI. — Grisspacn: Geology of the 
Central Himalayas. Caleutta 1591. 

Records of the Geological Survey of India. Vol. XXIV, P.4. 1891. Caleutta 1891. 

Epigraphia Indica and record of the archaeological Survey of India. P. VI. Vol. 1. 
Caleutta 1591. 4. 

Results of Observations of the fixed stars made with the Meridian Circle at the Government 
Observatory, Madras, in the years 1871, 1872 and 1873. Madras 1392. 4. 

Archaeological Survey of India. South-Indian Inseriptions. — Hunizscn, E. Tamil inserip- 
tions. Vol. Il, P.I. Inseriptions on the Walls of the Central shrine. Madras 1591. 4. 

The Canadian Record of Science. Vol. IV. N.8. Montreal 1891. 

Geological and Natural History Survey of Canada. R. Jones. Contributions to Canadian 
Miero- Palaeontology. P. 111. Montreal 1591. 

Geological and Natural History Survey of Canada. Annual report (New Series) V ol. IV. 
1858— 89. Montreal 1590. 

1891. New South Wales. Australian Museum (Report of Trustees for the year 1890.) 
Sydney 1891. Fol. 

Transactions of the Royal Society of Vietoria. Vol.1. P.1. 1890. Vol. I. P.1. 1891. 
Melbourne 1591. 4 

Proceedings of the Royal Society of Vietoria. Vol. Il. (New Series). Melbourne 1891. 

Victoria. Reports and statisties of the Mining Department for the quarter ended 30th 
September. 1891. Melbourne. Fol. 

Public Library, Museums, and National Gallery of Vietoria. Rules and regulations. 
Melbourne 1891. 

Report of the Trustees of the Public Library, Museums, and National Gallery of Victoria, 
for 1890. With a statement of income and expenditure for the financial year 1889/90. 
Melbourne 1891. 

1889. Meteorological Observations made at the Adelaide Observatory, and other places in 
South Australia and the Northern Territory, during the year 1889. under the Direction 
of Ca. Topv. Adelaide 1891. Fol. 


. . . . Rn r* . 77 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (‘) 


Comptes rendus hebdomadaires des scances de l’Academie des Sciences. 'T. CXIII. 1891. 
Sem. 2. N. 25.26. T. CXIV. 1892. Sem. 1. N. 1—12. Paris 1891. 1892. 4. 

Bulletin de la Societe zoologique de France pour Pannde 1891. 'T.XVl. N.9.10. (Nov. 
u. Dec.) T. XVII. N. 1.2. Paris 1891. 1892. 

Memoires de la Societe zoologigque de France pour Vannde 1891. T.1V. Part. 5 et derniere. 
T. V. Part. 1. Paris 1891..1892. 

Bulletin de l’Academie de Medecine. Ser. Il. T. XXVI. N.5l. T.XXVN. N.1-—12. 
Paris 1891. 1892. 

Bulletin de la Societe mathematique de France. T. XIX. N.7.8. T.XX. N.1. Paris 
1891. 1892. 

Bulletin de la SocietE de Geographie commerciale de Bordeaux. Annce 14. Ser. 2. 1891. 
N. 21.23—24. Annee 15. Ser. 2.1892. N. 1—6. Paris. 

Compte-rendu des scances de la Commission centrale de la SocidtE de Geographie. 1891. 
N. 19.20. 1892. N. 1—5. Paris. 

Bulletin de la SocietE de Geographie. Ser. VI. T. XU. Trim. 3. 1891. Paris 1891. 

Bulletin de la Socidte geologique de France. Ser. 11. T. 19. 1891. N. 8. 10. Paris 1890/91. 

Compte-rendu sommaire des scances de la Societe philomatique de Paris. 1892. N.5—10. 
Paris. 

Bulletin de la SocietE philomatique de Paris. Ser. VII. T. III. N.4. (1890/91). Paris 1591. 

tComptes rendus des scances de U Academie des Inscriptions et belles-lettres. Ser. IV. T. XIX. 
Sept. Oct. 1891. Paris 1891. 

Annales de la Faculte des sciences de Toulouse. T.V. Annce 1801. Fase. 3.4. Paris 1591. 4. 

Fewlle des Jeunes Naturalistes. Ser. III. Annce 22. N. 254—257. Paris 1891. 1892. 
Catalogue de la Bibliothöeque. Fase. 14. Paris 1892. 

Polybiblion. Revue bibliographique universelle. — Part. tech. Ser. Il. T. 17. Livr. 12. 
7.18 Live. 1—3. Part. litt. Ser. II. T. 34. Livr. 6. T. 35. Livr. 1-3, Paris 
1891. 1892. 

tRevue archeologique. Ser. 3. T. XVII. 1891. Nov. Dee. T. XIX. 1892. Janv.-Fevr. 
Paris 1891. 1892. 

Revue scientifigque. T.49. 1892 N.1—13. Sem. 1. Paris 1892. 4. 

Annales des Ponts et Chaussces. Memoires et documents. Ser. 7. Annce I. Cah. 11. 1891. 
Nov. Dec. Ser. 7. Annee II. Cah. 1. 1892. Janv. Paris. 

!Annales de Chimie et de Physique. Ser. VI. 1892. T.XXV. Jan. Fevr. Mars. Paris 
1891. 1892. 

Annales des Mines. Ser. VIll. T.XX. Livr. 5. 1891. Ser. IX. T.I. N.1. 1892. Paris 
1891. 1892. 

Vivien DE Saıwr-Marrın. Noweau Dietionnaire de Geographie universelle. Yase. 61. 62. 
Paris 1891. 1892. 4. 

Rıcour. La carte du Maroni. Paris 1892. Extr. 

Denırte, H. Chartularium Universitatis Parisiensis. 1200-— 1286. T. 1. Il. Seet. 1. 1286-— 
1350. Paris 1889. 1891. 4. 

Le Prince ArLserr I pe Monaco. Sur une nowelle Carte des courants de Ü Atlantique nord. 


Paris 1892. 4 u. Carte in Fol. Extr. 


Atti della Reale Accademia dei Lincei. Anno CCLXXXVIU. 1891. Ser. IV. Rendieonti. 
Vol. VII. Fasc. 11. 12 e Indice del Volumine. Sem. 1. Ser. IV. Sem. 2. Ser. V. 
Vol. I. Fasc. 1.2. (1892). Classe di scienze morali, storiche e filologiche. Vol.IX. 
T. II. Notizie degli scavi. Sett. Ottobre Novembre. 1891. Roma 1891. 4. Anno 
CCLXXXIX. 1892. Ser. V. Classe di scienze fisiche matematiche e naturali. Vol.l, 
Sem.]. Fasc. 3.4. Roma 1891. 


(8) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. 


Atti della Societa Toscana di scienze naturali residente in Pisa. Processi verbali. Vol. VII. 
1891 — 1893. Memorie Vol. VI. Fasc. 3 e ult. Pisa 1892. 

Monitore zoologico Italiano. Annoll. 1891. N 12. Firenze 1891. 

Atti della Societa Veneto- Trentina di scienze naturali residenti in Padova. Anno 1891. 
„Padova 1892. 

Rendiconto dell’ Accademia delle Scienze fisiche e matematiche. Ser. 11. Vol.V. Fase.1—12. 
Napoli 1891. 4. 

Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXV1N. Disp. 1. 2. 1891—1892. 
Torino. 

Atti della Accademia Pontaniana. Vol. XXI. Napoli 1891. 4. Indice del lavori scienti- 
fiei e letterarii contenuti nel Rendiconti dell’ Accademia Pontaniana pubblicati 
del 1853 al 1877 Napoli. 4. 

Bolletino della Societa geografica itahana. Ser. Il. Vol. V. Fase. 1. Gennajo 1892. Roma 
1892. 

R. Stazione bacologica di Padova. E. Verson. Altre cellule glandulari di origine post- 
larvale (Cellule glandulari epigastriche.) VII. Padova 1892. 

Bullettino di Archeologica cristiana del Commendatore G. B. pe Rossı. Ser. V. Anno. 
N#l. Roma 18917 

Rendiconti del Circolo matematico di Palermo. T.V. Fasc. VI. 1891. Nov. Dec. Palermo 
1891. 

Societa Reale di Napoli. Atti della Reale Accademia delle Sceienze fisiche e matematiche. 
Ser. II. Vol. IV. Napoli 1891. 4. 

Societa de letture e conversazioni scientifiche. Ponsiglioni, A. Commemorazione di Jacopo 
Virgilio. XIX Novembre 1891. Genova 1892. 

Annali del! Universita di Perugia. Yacolta di Medieina. — Atti e rendiconti della 
Accademia medico-chirurgiea di Perugia. Vol. Ill. Fase. 2—4. Perugia 1891. 
Annali dell! Ufficio meteorologico e geodinamico italiano. Ser. 11. Vol. IX. P.I—V. 1887. 

Roma 1889/91. 4. 
Rassegna delle Scienze geologiche in Italia. Anno]. 1891. Sem. 2. Fase. 3. 4. Roma1892. 
Commentari dell’ Ateneo di Brescia per "anno 1891. Brescia 1891. 
Archivio della R. Societa Romana di storia patria. Vol. XIV. Fasc. III—IV. Roma 1891. 
Morrı, G. A.M.S. A. Risoluzione della (Quadratura del Circolo. Pavia 1892. 
Pırrarore, F. Flora italiana continuata da T. Carver. Vol.IX. P.U. Firenze 1892. 
Bacnasco, G. G. Americae retectio. Atlas-Monography. Palermo 1892. 
R. Osservatorio astronomico di Brera in Milano. Pını, E. Osservazioni meteorologiche 
eseguite nell’ anno 1891. Col riassunto composto sulle medesime. Milano 1891. 4. 
VeccHi, St. Teoria geometrica delle restituzioni prospettive per immagini date sopra super- 
‚ficie curve. Parma 1891. 2 Ex. 
VıncEnTIo ALBANESE DI BorERNo. Del potere temporale. Discorso secondo. Modica 1892 


Memoires de U’ Academie Imperiale des sciences de St. Petersbourg. Ser. VII. T.XXXVII, 
N. 4—6. St. Petersbourg 1891. 4. 

Bulletin de U’ Academie Imperiale des sciences de St. Petersbourg. N. Ser. II(XXXIV). N. 3. 
St. Petersbourg 1892. 

Gelehrte Schriften der K. Kasanschen Universität. Jahrg. 59. N. 1. 1892. Kasan 1892. (russ.) 

Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1891. N.2.3. Moscou 1892. 

Sitzungsberichte des Senats der K. St. Petersburger Universität. N. 43.44. St. Petersburg 
1891. 1892. (russ.) 

Denkschriften der neurussischen Gesellschaft der Naturforscher. Bd. XV1, I. II. Mathematische 
Abtheilung. Bd. Xl1l. XIII. Odessa 1891. 1592. (russ.) 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (9) 


Universitätsnachrichten. Bd. XXXI. N. 11.12. Kiew 1891. 
Wirp, H. Annalen des Physikalischen Central-Observatoriums. Jahrgang 1890. St. Peters- 
burg 1891. 4. 
Wiırv, H. Repertorium für Meteorologie. Bd. XIV. St. Petersburg 1891. 4. 
Weinrauen und A. v. Orwringen. Meteorologische Beobachtungen angestellt in Dorpat in 
den Jahren 1886 —1890. Jalırg. 21— 25. Bd. 5. Dorpat 1892. 
Fennia. 4. Bulletin de la Societe de Geographie de Finlande. Helsingfors 1891. 
MiELBERG, J. Beobachtungen der Temperatur des Erdbodens im Tifliser Physikalischen Obser- 
vatorium im Jahre 1884. 1885. Tiflis 1886. 1891. 
, Magnetische Beobachtungen des Tifliser Physikalischen Observatoriums im 
Jahre 1890. Titlis 1591. 
, Meteorologische Beobachtungen des Tifliser Physikalischen Observatoriums im 
Jahre 1890. Tiflis 1891. 


Öfversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar. Ärg. 48. 1891. N.S—10. Ärg.49. 
1892. N.1. Stockholm 1891. 1892. 

Antiquarisk Tidskrift för Sverige. Genom Hans Hırpeerann. Deel XI. Häft 8,4. 9.3. 
10,6. 11,1. Stockholm 1884/91. 

Bergens Museums Aarsberetning for 1890. Bergen 1891. 

Jahrbuch des Norwegischen Meteorologischen Instituts für 1889. Herausgegeben von Dr. 
H. Moun. Christiania 1591. 4. 

Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Bd. 32. Heft 3. Christiania 1891. 

Archiv for Mathematik og Naturvidenskaberne. Udgivet af S. Liz 08 G.O. Sars. Bd. XV, 
Hefte 1. Christiania 1891. 


Academie Royale Danoise des sciences et des lettres. Bulletin. 1891. N.2. Copenhague 1891. 
Memoires de U’ Academie Royale Danoise des sciences et des lettres. Classe des sciences. 
Ser. VI. Vol.V. N.4. VI. N. 3.4. Copenhague 1891. 4. 


Bydragen tot de Taal- Land-en Volkenkunde van Nederlandsch- Indie. Volg.V. Deel VII. 
Afl. 1. ”sGravenhage 1892. 

Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkunde. 'Tiende Deel. — N. Reeks, Deel 2. 
Afl.4. Leiden 1891. 

t Mnemosyne. Bibliotheca philologiea Batava. N. Ser. Vol. XX.P.1.2. Lugd. Bat. 1892. 

Levensberichten der afgestorven Medeleden van de Maatschappij der Nederlandsche Letter- 
kunde. Leiden 1591. 

Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden 
wer het Jaar 1890/91. Leiden 1891. 

Oewres completes de Christian Huygens. Publ. par la Soeiete Hollandaise des sciences. 
T. IV. Correspondance 1662—1663. La Haye 1591. 4. 

Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kumsten en Wetenschappen. Deel 
XLVI. Batavia 1891. 

Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXXIV. Atl.6. Batavia 1391. 

Notulen van de Algemeene en Bestuurs-Vergaderingen van het Bataviaasch Genootschap van 
Kumnsten en Wetenschappen. Deel XXIX. 1891. Afl. II. Batavia 1591. 

VAN DER Unıss. Dagh-Register gehouden int Casteel Batavia vant passerende daer ter plaetse 
als over geheel Nederlandts- India Anno 1663. Batavia 1891. 

VERBEER, R. D.. M. Oudheidkundige Kaart van Java. (Behoort bij de Verhandelingen 
van het Bataviaash Genootschap van Kımsten en Wetenschappen, Deel XLVL) 
Batavia 1891. Fol. 


Sitzungsberichte 1892. B 


(10) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. 


Bulletin de l’Academie Royale des sciences de Belgique. Annee 61., Ser. 3., T. XXI. 
N. 11. 12. Bruxelles 189]. 

Annuaire de l’Academie Royale des sciences de Belgique. 1892. Annee 58. Bruxelles 1892. 

Annales de la SocietE geologique de Belgique. T. XVII. Livr.2. T. XIX. Livr. 1. Liege 
1891/92. 

Coutumes des Pays et Comte de Flandre. Quartier de Bruges. — Coutumes des petites Villes 
et Seigneuries enclavees. T.2.3. Par L. Gırrionrs van SEVEREN. Bruxelles 1891. 4. 

Ansracn, L. L’Ecole alsacienne a-t-elle raison contre Zeuner? Le role de l’eau dans les 
eylindres a vapeur. Bruxelles 1891. 


Publications de la Section historique de U Institut Royal Grand-Ducal de Luxembourg. 
XXXIX (XVII) Cartulaire du Prieure de Marienthal. Vol. 2. 1317—1783. Luxem- 
bourg 1891. Vol. XLI. XLU. Fase. 1. Luxembourg 1390. 1891. 

Publications de U’ Institut Royal Grand-Ducal de Luxembourg. (Section des Sciences naturelles 
et mathematiques). T. XXI. Luxembourg 1891. 

Observations meteorologiques, faites «a Luxembourg de 1584—1888. — Moyennes de 1584 — 
1888 et de 1854—-1888. Par F. Reuter-Chome. Vol. V. Luxembourg 1590. 


Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel. Bd. IX. Heft2. Basel 1891. 

Worr, R. Astronomische Mittheilungen. LXXIX. Zürich 1892. 

Nivellement de preeision de la Suisse execute par la Commission geodesique federale sous la 
Direction de A. Hırscn et E. Prawramour. Livr. 9. 10. Geneve et Bäle 1391. 4. 

Beiträge zu einer geologischen Karte der Schweiz. Text. Lief. 25. 31. Bern 1891. 4. 

Bulletin de la Societe Vaudoise des Sciences naturelles. N. 102. Ser. 3. Vol. XXVI XXVNH. 
N. 105. Lausanne 1891. 1892. 


Memorias de la Real Academia de Ciencias exactas, fisicas y naturales de Madrid. T. XV. 
Madrid 1890/91. 4. 

Boletin de la Real Academia de la Historia. T. XIX. Cuad. VI. Dee. 1891. T.XX. Cuad. 1. 
Enero II. Febr. 1892. III. Marzo 1392. Madrid 1591. 1392. 

Almanaque Nautico para 1893, caleulado en el Instituto y Observatorio de Marina de la 
Ciudad de San Fernando. Madrid 1891. 

pE BertangGa, M.R. El nuevo bronce de Italica. Malaga 1891. 

Garav, F. Las Matematicas fuera de la Logica. Madrid 1857. 2 Ex. 

—— Filosofia practica. Madrid 1891. 2 Ex. 


Buletinul Societatu de scünte fizice din Bucuresei- Romänia. Anul.1. N. 1—-4. Bucuresei 
1892. 4. 

Academia Romänd. Serbarea aniversarä de la 1 (13) Aprile 1591 pentru implinirea a 
XXV ani dela Infiintarea Ei 1866 — 1891. Bucuresci 1891. 4. 

pE Hurnmuzarı, E. Documente provitore la Istoria romänilor. Vol.Il. P.1. 1451 — 1575. 
Bucuresci 1891. 4. 


Glasnik. Vol.73. Belgrad 1892. 


Transactions of the New York Academy of Sciences. Vol. X. N. 2—6. 1590/91. New York. 

Annals of the New York Academy of Sciences late Lyceum of Natural History. Vol.V. 
Extra N. 1—3. New York 1891. 

The Journal of Comparative Neurology. Ed. by C. L. Herrıex. Vol. 1. pag. 1— 358. 1891. 
Vol. II. pag. 1—23. 1892. Cincinnati, Ohio. 1891. 1892, 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. (11) 


The American Journal of science. Ser. III. Vol. XLII. N. 253 — 255. New Haven. 1892. 

Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. 1891. P.., April — 
August. Philadelphia 1891. 

Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. XXU. N. 1-—4. 
Cambridge, U. S. A. 1891. 

The Annual Report of the Curator of the Museum of Comparative Zoology at Harvard 
College, to the President and Fellows of Harvard College for 1890/91. Cambridge, 
UNSSA. 1891. 

Annals of Mathematics. Vol. VI. N.4. (Jan. 1892). Charlottesville 1592. 4. 

The Astronomical Journal. N.251—258. Boston 1891. 1892. 4. 

Bulletin of the United States Geological Survey. N. 62.65. 67— 81. Washington 1890. 1891. 

Technology. Quarterly. Vol. IV. 1591. N. 3. Boston 1891. 

The American Naturalist. Vol. XXV. N.298. 299. Philadelphia 1891. 4. 

Proceedings of the California Academy of Sciences. Ser.1l. Vol. III. P.1. San Franeisco 
1891. 

Proceedings of the Boston Society of Natural History. Vol. XXV. P. Il. 1891. Jan.— May. 
Boston 1891. 

Annals of the Astronomical Observatory of Harvard College. Vol. XXVI. P.I. XXX. P.1. 
Cambridge 1891. 4. 

U. S. Department of Agriculture. Division of Ornithology and Mammalogsy. North 
American Fauna. N.5. Washington 1891. 

Astronomical Observations made during the year 1886 at the United States Naval Observatory. 
Washington 1891. 4. 

Report of the Commissioner of Education for the year 1888— 89. Vol.1.II. Washington 
1891. 

Geological Survey of Missouri. Bulletin N.5. Jefferson City 1891. 

Astronomy and Astro-Physics. January 1592 New Series 1. Chicago. 

Bulletin of the Buffalo Society of Natural Sciences. Vol.V. N.3. Buffalo 1891. 

Reports on the Observations of the -Total Eclipse of the Sun, Dee. 21—22, 1889, and of the 
Total Eclipse of the Moon, ‚July 22, 1888, to which is added a Catalogue of the Library, 
published by the Lick Observatory. Sacramento 1891. 

Geological Survey of Pennsylvania. Atlas. 1891 Union. Snyder. Mifflin. Juniata. F.3. 
1539 Western Middle Anthraeite Field. P. III. AA. 18389 Atlas Southern Anthracite 
Field. P.IV. VI. AA. Philadelphia. 

Hare, G. E. Recent results in Solar prominence photography. Chicago 1891. Sep. -Abdr. 

Pıickering, E. C. Forty- sivth annual report of the Director of the Astronomical Observatory 
of Harvard College for the year ending October 31, 1891. Cambridge, Mass. 1891. 

Pıckering, E. C. Harvard College Observatory. — Time service. Cambridge, Mass. 1891. 4. 

Power, J.W. Tenth Annual report of the United States Geological Survey to the Secretary 
of the Interior 1888—1889. P.1. Geology. P. 11. Irrigation. Washington 1890. 4. 

Johns Hopkins University Circulars. Vol. XI. 1891. N.94. 1892. N.95. 96. Baltimore 
1891. 1892. 4. 

Dwicnı Wureney, W. Max MÜLLER and the science of language: a critieism. New 
York 1892. 

Smithsonian Miscellaneous Collections. N. 140,1. 156. 167, I. 238. 325. 478. Washington 
1863. 1872. 1879. 1882. 

Smithsonian Institution. Bulletin of the United States National Museum. N. 41. 42. 
Washington 1891. 

Proceedings of the United States National Museum. Vol. XIII. 1890. Vol. XIV. N. 858 — 
860. 866. 880. 881. Washington 1891. 


Sitzungsberichte 1892. C 


(12) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Erstes Vierteljahr. 


Smithsonian Institution. United States National Museum. — Report 1888/89. pag. 1— 
277. 427— 445. 447— 552. 5953 — 5989. 609 — 649. 651— 708. 709 — 728. 735. und 
Appendix, pag. 1--50. Washington 1891. 


Memorias y Revista de la Sociedad cientifica » Antonio Alzate«. T.V. Cuad. Num. 1—4. 
1891. Mexico 1891. 1892. 
Bibliografia meteorologica Mexicana. Formada por R. A. SanrıLän. Mexico 1890. 


Revista do Observatorio do Rio de Janeiro. Anno VI. Nov. de 1891. — N. 11.12. Rio 
de Janeiro 1891. 

Revista Argentina de Historia Naturel. T.J. 1891. Entr. 6%. Buenos Aires 1891. 

Morrno, Fr. P. Anales del Museo de la Plata. Palaeontologia Argentina I. Buenos 
Aires 1891. Fol. 


The Korean Repository. Vol.Il. N.1. Korea 1892. 


ZWEITES VIERTELJAHR. 


Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carolinischen Deutschen Akademie der Natur- 
Jorscher. Heft XXVIM. Nr.5—8. Halle a. S. 1892. 4. 

Sitzungsberichte der philosophisch- philologischen und historischen Classe der K. Bayerischen 
Akademie der Wissenschaften. 1891. Heft IV. München 1892. 

Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg - Augusts- Universität 
zu Göttingen. 1892. Nr. 1——4. Göttingen 1892. 

t,Journal für die reine und angewandte Mathematik. Bd. 109. Berlin 1891. 4. 

#Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik. Bd. XXI. Heft 2. Jahrg. 1589. Berlin 1892. 

Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXV. Nr.5—8. 11. Berlin 1892. 

Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XX (1891). Ergänzungsband Ill. Berlin 1892. 

Preussische Statistik. 117. Die Geburten, Eheschliessungen und Sterbefälle im preussi- 
schen Staate während des Jahres 1390. Berlin 1892. 4. 

Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abtheilung. Bd. VI. 
Fasc. 4. Rom 1891. — Athenische Abtheilung. Bd. XVI. Heft 4. Athen 1891. 

‚Jahrbuch des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. VII. 1892. Heft 1. Berlin 1892. 4. 

Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten. 
Bd. IX, Heft3. X, Heft 3. Neue Folge, Heft 5. 

Atlas zu den Abhandhıngen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen 
Staaten. Bd. IX. Heft 3. 4. Berlin 1391. 1892. 

Acta Borussica. Denkmäler der Preussischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. 
Herausgegeben von der K. Akademie der Wissenschaften. Bd. 1—3. Berlin 1892. 4. 

Astronomische Nachrichten. Bd. 129. Kiel 1892. 4. 

Publicationen der Sternwarte in Kiel. VII. — Der Brorsen’sche Comet. — 1. Theil. 
Die Verbindung der Erscheinungen 1873 und 1879 und die Vorausberechnung für 
1890 von Prof. Dr. E. Lane. Kiel 1892. 4. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (13) 


Astronomische Mittheilungen von der K. Sternwarte zu Göttingen. Th. ll. Herausgegeben 
von Dr. W. Scuur. Göttingen 1891. 4. 

Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preussischen Rheinlande, Westfalens und 
des Reg.- Bezirks Osnabrück. Jahrg. 48. 2. Hälfte. Bonn 1391. 

Jahresbericht und Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Magdeburg. 1891. 
Magdeburg 1892. 

Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bd. 17. Heft3. Han- 
nover 1892. 

Mittheilungen aus dem naturwissenschaftlichen Verein für Neu-Vorpommern und Rügen in 
Greifswald. Jahrg. 23. 1891. Berlin 1892. 

Deutsche Seewarte. Resultate meteorologischer Beobachtungen von deutschen und hol- 
ländischen Schiffen für Eingradfelder des Nordatlantischen Ozeans. Quadrat 113. 
Herausgegeben von der Direction. Nr. X. Hamburg 1891. 4. 

Monats- Bericht der Deutschen Seewarte. Jahrg. XVI. 1891. Sept. Oct. Nov. u. Beiheft II. 
Dec. Hamburg. 4. 

Deutsche Seewarte. Wetterbericht vom 1. Jan. bis 31. März 1892. Jahrg. XVII. Nr.1— 91. 
Hamburg 1892. Fol. 


Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1891. — Beobachtungssystem des Königreichs 
Preussen und benachbarter Staaten. — Ergebnisse der Meteorologischen Beob- 


achtungen im Jahre 1891. Herausgegeben durch W. von Bezorv. Berlin 1892. 4. 

Abhandlungen des K. Preussischen Meteorologischen Instituts. Herausgegeben von W. von 
Bezorp. Bd. 1. Nr. 4.5. Berlin 1892. 4. 

Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1890. — Ergebnisse der meteorologischen Beob- 
achtungen im Reichsland Elsass-Lothringen im Jahre 1890. Strassburg i. E. 1892. 4. 

Die Attischen Grabreliefs. Herausgegeben im Auftrage der K. Akademie der Wissen- 

schaften zu Wien von A. Conze. Lief. 1—3. Berlin 1890. 1891. 1892. Fol. 

Königstädtisches Gymnasium in Berlin. XV. Ostern 1892. Bericht über das Schuljahr 
1891 bis Ostern 1892. Nebst einer wissenschaftlichen Abhandlung. Berlin. 4. 

Fünfter Jahresbericht über die II. Städtische Höhere Bürgerschule in Berlin. Schuljahr 1891/92. 
Hierzu eine wissenschaftliche Beilage. Berlin 1392. 4. 3 Ex. 

IV. Städtische Höhere Bürgerschule in Berlin. — IV. Bericht über das Schuljahr von 
Östern 1891 bis Ostern 1392. Nebst einer wissenschaftlichen Abhandlung. Berlin 
1892. 4. 3Ex. 

V1. Städtische Höhere Bürgerschule in Berlin. 11. Ostern 1892. Bericht über das Schul- 
jahr Ostern 1891 bis Ostern 1892. Nebst einer wissenschaftlichen Beilage. Berlin 
1892. 4. 3. Ex. 

VII. Städtische Höhere Bürgerschule in Berlin. 1. Ostern 1892. — Bericht über die Zeit 
von Michaelis 1890 bis Ostern 1892. Nebst einer wissenschaftlichen Beilage. Berlin 
1892. 4. 3 Ex. 

VII. Städtische Höhere Bürgerschule in Berlin N. 1. Bericht über die Zeit von Michaelis 

1890 bis Ostern 1892. — Hierzu eine wissenschaftliche Beilage. Berlin1892. 4. 3 Ex. 

Lessing - Gymnasium zu Berlin. — X. Jahresbericht. Ostern 1892. — Nebst einer wissen- 
schaftlichen Abhandlung. Berlin 1892. 4. 3 Ex. 

Jahrbücher der K. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. N. Folge. Heft XVI. 
Erfurt 1892. 


Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum ex Monumentis Germaniae hist. recusi. 


— Gesta Federici I. Imperatoris in Lombardia auct. Cire Mediolanensi. Hannoverae 
1892. 
Bericht der zur Untersuchung der Rheinstromverhältnisse niedergesetzten Reichskommission. 


s.l.e.d. Fol. 
(Bis 


(14) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. 


Verhandhıngen der vom 8. bis 17. October 1891 zu Florenz abgehaltenen Conferenz der per- 
manenten Commission der Internationalen Erdmessung. Berlin 1892. 4. 

Urkundenbuch der Stadt Lübeck. Th. IX. Lief. 5.6. Lübeck 1892. 4. 

Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 27. Heft 1. Leipzig 1892. 

Abhandlungen herausgegeben vom naturwissenschaftlichen Vereine zu Bremen. Bd. Xll. Heft 2. 
Bremen 1892. 

Abhandlungen der math. physischen Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. 
Bd. XVII. N. V. VI. der philol. hist. Classe. Bd. XIII. N.IV. Leipzig 1892. 

Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. 
Mathematisch-physische Classe. 1591. V.1892.1. Leipzig 1892. 

‚Jahresbericht der Fürstlich Jablonowski’schen Gesellschaft. Leipzig, im März 1892. 

Zeitschrift für Naturwissenschaften. Herausgegeben von Dr. OÖ. LvEDEckE. Bd. 64. Heft 6. 
Leipzig 1892. 

Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd.45. Heft 4. Bd. 46. Heft 1. 
Leipzig 1891. 1892. 

! Hedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXXI. 1892. Heft 1—3. Dresden 
1892. 

Acht und zwanzigster Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 
Giessen 1892. 

Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Neue Folge. Jahrg. I. 1892. 
Heft 1.2. nebst Beilage: Württembergisch Franken. Neue Folge. IV. Schw. Hall. 
Stuttgart 1892. 4. 

Bulletin mensuel de la Societe des sciences, agrieulture et arts de la Basse- Alsace. T.XXVI. 
1892. Fasc. 4. 5.6. Strassburg 1892. 

Sitzungsberichte der physikalisch - medicinischen Gesellschaft zu Würzburg. Jahrg. 1891. 
Würzburg 1892. ; 
Verhandlungen der physikalisch - medicinischen Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge. 

Bd. XXV (1890/91). Würzburg 1892. 

Anzeiger des germanischen Nationalmuseums. Jahrg. 1591. Nürnberg 1891. 

Mittheilungen aus dem germanischen Nationalmuseum. Jahrg. 1891. Nürnberg 1891. 

Katalog der im germanischen Museum befindlichen Bronzeepitaphien des 15.—18. Jahr- 
hunderts. Nürnberg 1891. 

Katalog der im germanischen Museum befindlichen Kunstdrechslerarbeiten des 16.— 18. Jahr- 
hunderts aus Elfenbein und Holz. Nürnberg 1891. 

WERNER SıEmENs. Wissenschaftliche und technische Arbeiten. Bd.1.2. 2. Aufl. Berlin 
1889. 1891. 

Drei grosse Mappen mit Photographien etc. der sämmtlichen Werke des Prof. Dr. ADoLPpH 
MENZEL. 

tJacog Grimm und WırHerm Grimm. Deutsches Wörterbuch. Bd.V1ll. Lief.9. Leipzig 1892. 

Conwentz, H. Die phytopaläontologische Abtheilung des Naturhistorischen Reichsmuseums 
in Stockholm. Danzig 1839. Sep.-Abdr. 

‚ Über die Verbreitung des Suceinits, besonders in Schweden u. Dänemark. 
Danzig 1890. Sep. - Abdr. 

#——, Untersuchungen über fossile Hölzer Schwedens. Stockholm 1892. 4°. Sep.- 
Abdr. 


, Die Eibe in Westpreussen. Ein ausgestorbener Waldbaum. Danzig 1892. 4. 
Sep. -Abdr. 
—, Monographie der baltischen Bernsteinbäume. Danzig 1890. 4. 
Beinsrein, F. Handbuch der organischen Chemie. 3. Aufl. Lief.1. (Bd. 1. Lief. 1.2.) Ham- 
burg und Leipzig 1892. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (15) 


DorrGEns, R. Über die Ursachen der heutigen socialen Missstände. — Rede zum Geburts- 
feste S. Maj. des Kaisers und Königs Wilhelm Il. Berlin 1892. 4. 

#*Voıer, W. Bestimmung der Constanten der Elastieität und Untersuchung der inneren 
Reibung für einige Metalle. Göttingen 1392. 4. Sep. -Abdr. 

® AurRECHT, TH. Florentine Sanskrit Manuscripts. Leipzig 1392. 2 Ex. 

BREVER, And. Die einfachste Lösung des Apollonischen Tactionsproblemens. Erfurt 1892. 

, Die goniometrischen Functionen complexer Winkel. Erfurt 1892. 
‚ Imaginäre Kegelschnitte. Erfurt 1392. 
‚ Die Logarithmen complexer Zahlen in geometrischer Darstellung. Erfurt 1892. 

v. Körtiker, A. Nervenzellen und Nervenfasern. Leipzig 1892. Sep. - Abdr. 

WALDEYER, W. Beiträge zur Kenntniss der Lage der weiblichen Beckenorgane. Bonn 1892. 
Fol. 

Pziser, F.E. Die Hetitischen Inschriften. Berlin 1892. 4. 

Huserrı, L. Gottesfrieden und Landfrieden. Rechtsgeschichtliche Studie. Buch I. Ans- 
bach 1892. 

Tafel zur Ermittelung der Dichte von americanischem Petroleum und dessen Producten mittelst 
des Thermo- Aräometers. Herausgegeben von der K. Normal- Aichungs - Commission. 
Berlin 1892. 

ABEL, Fr.W. Die neuen Behörden - Papiere ( Wasserzeichen-Normalpapiere). Magdeburg 1892. 

Troosr, B. Eine Lichtäther- Hypothese. 4. Ausgabe. Düsseldorf 1392. 


Denkschriften der philosophisch- historischen Classe der K. Akademie der Wissenschaften. 
Bd. 40. Der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe. Bd.58. Wien 1891. 4. 

Sitzungsberichte der philos.- historischen Classe der K. Akademie der Wissenschaften. Bd. 124. 
125 und Register Nr. XII. — Der math.-naturw. Classe. Abth.1. 1891. Nr.1—7. 
Abth. IIa. 1891. Nr. 1—7. Abth. IIb. 1891. Nr. I—7. Abth: Ill. 1891. Nr. 1—7. 
Wien 1890. 1891. 1892. 

19 Separatabdrücke aus den Denkschriften der K. Akademie der Wissenschaften u. aus dem 
Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Wien 1891. 1892. 4 u. 8. 

Anzeiger der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der K. Akademie der Wissen- 
schaften. 1892. Nr. VI. VIII. IX—XIIL Wien 1892. 

Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Bd. 77. Hälfte II. 1391. Wien. 

Almanach der Akademie der Wissenschaften. 1891. Wien. 

Mittheilungen der Section für Naturkunde des Österreichischen Touristen- Club. J ahre. IV. 
1892. Nr. 3—6. Wien 1892. 4. 

Schriften des Vereines zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in Wien. Bd. 31. 
Vereinsjahr 1890/91. Wien 1891. 

Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XXU. Heft I. II. Wien 1892. 

Mittheilungen der K. K. Öentral- Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunmst- 
und historischen Denkmale. Bd. XVll. Heft 3.4. Wien 1891. 4. 

‚Jahrbuch der K.K.@Geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1891. Bd. XLI. Heft 2.3. Wien 1892. 

Verhandlungen der K. K. geologischen Reichsanstalt. 1892. Nr. 2—5. Wien 1892. 

Ärstlicher Bericht des K.K. Allgemeinen Krankenhauses zu Wien vom Jahre 1890. Wien 1892. 

Ordnung der Vorlesungen an der K. K. Deutschen Carl- Ferdinands- Universität zu Prag im 
Sommersemester 1892. Prag 1892. 

Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde. N. Folge. Bd. 24. Heft 1. Hermann- 
stadt 1892. 

Jahresbericht des Vereines für Siebenbürgische Landeskunde für das Vereinsjahr 1890/91. 
Hermannstadt 1891. 

Mittheilungen des Musealvereines für Krain. Jahrg. 5. Abth. 1.2. Laibach 1892. 


(16) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. 


Archivio Trentino. Anno X. Fasc. Il. Trento 1891. 

Bollettino della Societa Adriatica di Scienze naturali in Trieste. Vol. XII. P.1.2. Trieste 
1891. 1892. 

‚Jahresbericht der Kgl. Ungar. Geologischen Anstalt für 1890. Budapest 1892. 

Földtani Közlöny. — Geologische Mittheilungen. Köt. XXI. Füzet 1.2. Budapest 1392. 

Ungarische Revue. Herausgegeben von Prof. Dr. K. HerımrıcH. Jahrg. XII. 1892. 
Heft IV. V. Budapest 1892. 

Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. — 1892. — März. April. Mai. 
Krakau 1892. 

Rad Jugoslavenske Akademije znanosti i umjetnosti. Knjiga CVUI. Razredi filol. hist. i 
filos. jur. XXXIV. Knjiga CIV. Razredi matem. pridodoslav. XIV. Zagrebu 1892. 

Viestnik hrvatskoga Arkeologickoga Druztva. God. XIV. Br. 2. Zagrebu 1892. ' 

Srossich, M. I distomi degli Uccelli. Trieste 1892. Sep. Abdr. 

. Nuova Serie di Elminti Veneti Raccolti dal Dr. ALESSANDRO ÜONTE NINM. 

Zagreb. 1891. Sep. Abdr. 


Proceedings of the Royal Society. — Vol. L. LI. London 1892. 

Transactions of the Zoological Society of London. Vol. XllI. P.4. London 1892. 4. 

Proceedings of the Scientific meetings of the Zoological Society of London. Index. 1881/90. 
London 1892. 

Proceedings of the General meetings for scientific business of the Zoological Society of London 
Jor the year 1891. P.1V. November and December. 1892. P. I. Jan. London 1892. 

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. Lil. N.5-—-7. London. 

The (Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XLVI1,2. 1892. N.190. London 1892. 

Journal of the Chemical Society. Vols. LXI. u. LXI. N. CCCLI. CCCLIV. CCCLV. 
London 1892. 

Proceedings of the Chemical Society. Session 1891/92. N. 110. 111. 112. 113. London. 

Journal of the Royal Microscopical Society. 1892. P. 2. 3. — Charter and Bye-Laws. List 
of Fellows. 1892. London 1892. 

Proceedings of the Royal Institution of Great Britain. Vol. XIII. — P.1I. N.85. London 
1892. 

Royal Institution of Great Britain, 1891. — List of the Members, Officers and Professors, 
and lists of leetures and donations in 1890. London 1891. ) 

Proceedings of the Royal Geographical Society and monthly record of Geography. Vol. XIV. 
N.4. New Monthly Ser. 1892. April. May. London 1892. 

Proceedings of the Royal Physical Society. Session 1890/91. Edinburgh 1892. 

Memoirs and Proceedings of the Manchester literary and philosophical Society. 1890/91. 
Ser. IV. Vol.4. N. 4.5. Manchester. 

The Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXIX. — P. XVIl. XIX. Dublin 
1892. 4. 

Proceedings of the Royal Irish Academy. Ser. 111. Vol. II. 1892. N.2. Dublin 1892. 

The Irish Naturalist. A Monthly Journal of General Irish Natural History. Vol.1. N.1. 
1892. Dublin. 

GeEIKIE, A. The history of Volcanic Action in the area of the British Isles. London 1892. 
Sep.- Abdr. 

FLercHer, L. The optical indicatrivw and the transmission of light in Crystals. London 1892. 

Records of the Geological Survey of India. Vol. XXIV., P.1. 1591. Caleutta. 

Contents and Index of the 24 Volumes of the Records of the Geological Survey of India, 
1868 to 1887. Calcutta 1891. 

Memoirs of the Geological Survey of India. Vol. XXIV. P.3. Caleutta 1890. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (1 ‘) 


Archaeological Survey of India. — South-Indian Inseriptions. Tamil inseriptions of 
Rajaraja, Rajendra-Chola, and Others in the Rajarajesvara Temple at Tanjavur. 
Ed. and transl. by E. HurrzscHh. Vol.Il. P.I. Madras 1891. 4. 

Smırn, M. Results of the Meteorological Observations made at the Government Observatory, 
Madras during the years 1861— 1890. Madras 1592. 4. 

The Canadian Record of Science. Vol.V. N.2. Montreal 1892. 

Institute of Jamaica. — Bulletin N. 1. — CockEreır, T.D. A. A provisional List of 
the Fishes of Jamaica. Kingston, Jamaica 1892. 4. 

Journal and Proceedings of the Royal Society of New South Wales. Vol. XXIV. P. II. 1890. 


Sydney. 

‚Journal and Proceedings of the Royal Society of New South Wales. Vol. XXV. 1891. 
Sydney. 

Australian Museum, Sydney. Catalogue N. 15. — Catalogue of the Marine Shells of 


Australia and Tasmania. P.I. Brazıer, J. Cephalopoda. Sydney 1892. 

Records of the Australian Museum. Edit. by the Curator. — Contents and Index. Vol.1. 
Sydney 1892. 

Liversinvge, A. On some New South Wales and other minerals. (Note N.6.) Sydney. 
Sep. - Abdr. 

Hecror, J. Report of the third meeting of the Australian Association for the Advancement 
of science held at Christchurch, New Zealand, in January 1891. Sydney 1891. 

Transactions of the Royal Society of Vietoria. Vol.Il. P.1l. 1891. Melbourne 1892. 4. 

Transactions and Proceedings and Report of the Royal Society of South Australia. Vol. XIV. 
P.Il. Adelaide 1891. 


Oomptes rendus hebdomadaires des seances de l’ Academie des sciences. 1892. Sem.1. T.CXIV. 
N.13--26. Paris 1892. 4. 

Tables des Comptes rendus des seances de l’ Academie des sciences. 1391. Sem. 2. T. CX1l. 
Paris 1892. 4. 

tComptes rendus des seances de l’ Academie des inscriptions et belles-lettres de l’annee 1891. 
Ser. IV. T. XIX. Nov.Deec. T.XX. Jan. Fevr. Paris 1892. 

Memoires de la Societe zoologipue de France. AnneeV. T.5. N.2.3. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe zoologique de France pour l’annee 1892. T.XV1l. N.3—5. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe mathematique de France. T.XX. N.2.3. Paris 1892. 

Polybiblion. — Revue bibliographique universelle. Part. litt. Ser. Il. T. 35. Livr. 4— 6. 
Part. teehn. Ser. U. T. 18. Liyr.4—6. Paris 1892. 

Bulletin de l’Academie de Medecine. Ser.3. T. XXVIl. 1892. N. 13 —26. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. ll. T. XIX. 1591. N. 12. Paris 1892. 

Revue scientifique. T.49. 1892. Sem.1. N. 14—26. T.50. 1892. Sem.2. N.1. Paris1892. 4. 

Compte-rendu sommaire des seances de la Societe philomatique de Paris. 1892. N. 11.13. 
16. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe phnlomatique de Paris. Ser. VII. — T.IV. N.1. — 1891/92. 
Paris 1892. 

Compte-rendu sommaire des seances de la Societe philomatique de Paris. 1892. Nr. 12 —14. 
Paris 1892. 

Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Aunce 15. Ser. II. 1892. 
N. 7—12. Bordeaux 1892. 

Comptes rendus des seances de la SocietEe de Geographie. 1892. N.6—11. Paris 1892. 

Bulletin trimestriel de la Societe botanique de Lyon. 1891. N. 3.4. (Jul.-Dec.) Annee IX. 
Lyon 1891. 

Annales de la Faculte des sciences de Toulouse. T.VI. — Annee 1892. Fase.1. Paris 1892. 4. 


) ” n . . 5 r 2 . A 
(18) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. 


Annales des Mines. Ser. VII. T.XX. Livr. 6. 1891. Ser. IX. T.I. 1892. Livr. 2—4. 
Paris 1891. 1892. 

Annales des Ponts et Chaussees. Me&moires et documents. 1891. Avril. Mai. Planches. 
Ser. VII. Annee I. Cah. 4. 5. Annee II. Cah. 2. Paris 1891. 1892. 4. 

t Annales de Chimie et de Physigue. Ser. VI. T.XXV. 1892. Avril. Mai. Paris 1892. 

Institut de France. — Academie des sciences. — Bulletin du Comite international per- 
manent pour l’exeeution photographique de la Carte du Ciel. 'T. II. Fase. I. 
Paris 1892. 4. 

Fewlle des Jeunes Naturalistes. Annce XXI. 1892. Ser. III. N. 258— 261. Paris. 1892. 

Feuille des Jeunes Naturalistes. Catalogue de la bibliotheque. Fase. N. 15. Paris 1892. 

Harız, E. Une mandibule de singe du repaire de Hyenes de Montsaunes (Haute-Garonne). 
Toulouse 1892. Extr. 

Vıvırn pe Saınr-Marrın, M. Noweau Dietionnaire de Geographie universelle. Fasc. 63. 
Paris 1892. 4. 

LoEwENBERG, Dr. D’Otite Grippale, observee a Paris en 1891. Tours 1892. Extr. 

Dancer, L. Theories geometriques diverses avec deuw nouveaux postulatums d’Euclide et 
’ewaction de la racine cubigue. — Duplieation fantaisite du Cube. Pauilhae 1892. 4. 

Tr£EPrıED » Cu. Commentaires des decisions prises par les Conferences internationales qui se 
reumirent a l’Observatore de Paris en 1887, 1889 et 1891 pour l’ewecution photo- 
graphique d’une Carte du Ciel. Paris 1892. 4. 

Rırarv, P. Sur une cause de Magnetisme terrestre et de l’eleetricitd atmospherique. 'Toulon 1892. 


Atti della Reale Accademia dei Lincei. Anno CCCLXXXVII. CCLXXXIX. 1891. 1892. 
Ser. IV. Classe di scienze morali, storiche e filologiche. Vol. IX. P.2. Notizie 
degli scavi. Dec. 1891. — Indice per 1891. Vol.X. P.1.2. 1892. — Ser.V. Vol.I. 
Jan. Febr. 1892. Roma. 

Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Ser.IV. 1892. Vol.I. Fase. 1—-10. Sem. I. 
Roma 1892. 

Atti e Memorie della R. Accademia die scienze, lettere ed arti in Padova. Anno CUXCH. 
(1890/91.) Nuova Serie. — Vol. VII2. Padova. 1891. 

Bollettino della Societa geografica italiana. Ser. 111. Vol. V. Fase. V. Roma 1892. 

Bullettino di Archeologia ceristiana. Del Commendatore G.B. pe Rossı. Ser. V. Anno Il. 
N.2. Roma 1891. 

Bullettino della Societa Veneto -Trentina di scienze naiurali. T.V. N.2. Padova 1892. 

Bollettino della Biblioteca Nazionale di Palermo. Anno Ill. N. 11. Aprile- Giugno 1891. 
Palermo. 

Atti della Societa Toscana di Scienze naturali. Processi verbali. Vol. VIII. 1892. Pisa. 

Att della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXV1. Disp. 3—6. 1891/92. 
Torino. 

Atti della R. Accademia dei Fisiocritiei in Siena. Serie IV. Vol. IV. Fase. 1—4. Siena 
1892. 

Rendiconto dell’ Accademia delle scienze fisiche e matematiche (Sezione della Societa Reale di 
Napoli). Ser. 2a. Vol.VI. (Anno XXXI.) Fasc. 1—5. 1892. Napoli 1892. 4. 

Rendiconti del Circolo matematico di Palermo. T.VI. Fase. 1. Il. Palermo 1892. 

Rassegna delle scienze geologiche in Italia. Anno 1. 1891. Sem. 2. Fase. 3. 4. (P2’aN) 
Roma 1892. 

Annali dell’ Umiversita di Perugia. Facoltä di Medieina. Atti e rendiconti della Acca- 
demia medico-chirurgiea di Perugia. Vol. IV. Fasc. 1. Perugia 1892. 

Monumenta papyracea aegyptica bibliothecae Vaticanae. Recensuit et digessit H. MArucenı. 
Romae 1891. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (19) 


Il grande Papiro egizio della Biblioteca Vaticana, contento il libro di useire dalla vita. Deser. 
ed illustrato da OÖ. Maruccnt. Roma 1888. 
Tatiani Evangeliorum harmoniae arabice. Nune primum ex dupliei codice edidit et 
translatione latina donavit P. Aususrinus Crasca. Romae 1888. 
Tomması, B. Thermae Selinuntinae. Napoli 1892. 
Onsonı, G. Frutto fossile di Pino (Pinus Priabonensis n. sp.) da aggiumgersi alla flora 
terziaria del Veneto. Venezia 1892. Estr. 
Bıanpeco, G. Storia della Biblioteca Comunale di Verona con documenti e tavole statistiche. 
Verona 1892. 
‚ Catalogo descrittivo dei Manoscritti della Biblioteca Comunale di Verona. 
Verona 1892. 
„ Per il primo Üentenario della Biblioteca Comunale di Verona. Verona 1892. 
Spezia, G. Sull’ origine del solfo nei giacimenti solfiferi della Sicilia. Torino 1892. 


Memoires de l’Academie des Sciences de St. Petersbourg. Ser. VII. T.XXXVII. N.7—9. 
T.XXXIX. P.1. St. Petersbourg 1891. 1892. 4. 

Bulletin de l’ Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. N. Ser. UI. (XXXIV), 
(Feuilles 34— 41.) St. Petersbourg 1892. 4. 

Repertorium für Meteorologie. Herausgeg. von der K. Akademie der Wissenschaften. 
Bd. XV. N. 1. St. Petersburg 1892. 4. 

Archives des sciences biologiques. Publ. par I’ Institut Imperial de Medeeine experimentale 
a St. Petersbourg. T.I. N.1.2. St. Petersburg 1892. 4. 

Bulletin de la SocietE Imperiale des Naturalistes de Moscou. 1892. N.1. Moscou 1892. 

Universitäts- Nachrichten. Bd. XXXIH. 1892. N. 1—3. Kiew 1892. (russ.) 

Acta horti Petropolitani. T. XI. Fasc. Il. St. Petersburg 1892. 

Orrowsky, J. Die nichtmetallenen Elektroden im allgemeinen, Befestigung derselben an 
metallene Vorrichtungen etc. und die hindurch erzielten Vortheile. St. Petersburg 1892. 

Memoires de la Societe finno-ougrienne. 1. Antguisr, A. Wogulisches Wörterverzeich- 
niss. Helsingissä 1891. 

Journal de la Societe finno-ougrienne. X. Helsingissä 1892. 


Öfversigt af Kongl. Vetenskaps - Akademiens Förhandlingar. Ärg. 49. 1892. N.2. Stock- 
holm 1892. 

Acta Universitatis Lundensis. T. XXVI. 1.2. 1890— 1891. Lund 1890— 1891. 4. 

Bulletin mensuel de "Observatoire meteorologique de 1’ Universite d’Upsal. Vol. XXUl. Annee 
1891. Par H. Hırpesrann Hındesranosson. Upsal 1890— 1891. 4. 

STENZEL, G. Palmacites Fıligranum Stenz. Beschreibung eines fossilen Palmenholzes. Stock- 
holm 1892. 4. Sep. Abdr. 

Den Norske Nordhavs- Expedition 1876—1878. XXI. Zoologi. Danıerssen, D. C, 
Crinoida. Christiania 1892. Fol. 


Winner, L.F. A. Festskrift fra Kjobenhavns Universitet i Anledning of deres Majestaeter 
Kong Christian IX. og Dronning Louises Guldbryllup den 26. Maj. 1892. (Heri: 
Sonderjyllands historiske Runemindesmaerker.) Kjebenhavn 1892. 4. 


Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch- Indie. Vol.V. Deel X. 
Afl.2. 's Gravenhage 1892. 

Tijdschrift voor Nederlandsche Taal- en Letterkumde. Deel XI. N. Reeks Deel Il. Atl.1. 2. 
Leiden 1892, 

Treug, M. Anmales du Jardin botanique de Buitenzorg. Vol. XI. P.1. Leide ‘1892. 


Sitzungsberichte 1892. D 


(20) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. 


Jan Kors und F.W. van Erpen. Flora Batava. Afl. 295.296. Leiden. 4. 

Ovpemans, J. Tu. Die accessorischen Geschlechtsdrüsen der Säugethiere. Haarlem 1892. 
4. Sep. Abdr. 

Archives du Musece Teyler. Ser. II. Vol. II. Partie 7. Haarleın 1892. 

Archives Neerlandaises des sciences ewactes et naturelles. T. XXV1. Livr. 1. Haarlem 1892. 

Die Triangulation von Java. Ausgeführt vom Personal des Geographischen Dienstes in 
Niederländisch Ost-Indien. Abth. 3. Haag 1891. 4. 

Observations made at the Magnetical and Meteorological Observatory at Batavia. Vol. XII. 
1890. Batavia 1891. 4. 

Notulen van de allgemeene en bestuurs-vergaderingen van het Bataviaasch Genootschaft van 
Kunsten en Wetenschappen. Deel XXIX. 1891. Afl. Ill. Batavia 1391. 

Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXXV. Afl.I. Batavia 1891. 

van DER Ounss, 1. A. Nederlandsch- Indie Plakaatbock 1602— 1811. DeelIX. Batavia1891. 

Iszerman, I.W. Beschrijving der oudheden nabij de grens der Residentie's Soerakarta en 
Djogdjakarta. Met Atlas. Batavia 1891. 4. u. Fol. 

VAN DER Sror, I. P. Regenwaarnemingen in Nederlandsch-Indie. Jaarg. XII. 1890. 
Batavia 1891. 


Bulletin de I Academie Royale des Sciences de Belgique. Annee 62. Ser. 3. T.33. N.2.3.5. 
Bruxelles 1892. 

Memoires de la SocietE Royale des Sciences de Liöge. Ser. 11. T. XVII. Bruxelles 1892. 

DE ÖEULENEER, A. De Verovering van Tongeren door Sicambers, Usipeten en Tenchters in’t 
jaar 53 v.C. Leuven 1892. 

Botanisch Jaarboek. Uitgegeven door het kruidkundig Genootschap Dodonaea te Gent. 
Jaarg. IV. 1892. Gent 1892. 


» Fauma«. Verein Lauwemburger Naturfreunde. Jahrg. 1892. N. 1. Luxemburg 1892. 


Abhandlungen der schweizerischen paläontologischen Gesellschaft. Vol. XVII. 1891. Rörı- 
MEYER, L. Die eocäne Säugethier-Welt von Egerkingen. Zürich 1891. 4. 

Vierteljahrschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Redigirt von Dr. R. Worr. 
Jahrg. 36. Heft 2—4. Zürich 1891. 

Annalen der Schweizerischen Meteorologischen Central- Anstalt 1889. Der Schweizerischen 
meteorologischen Beobachtungen Jahrg. 26. Zürich 1890. 4. 

Memoires de la Socidt de physique et d’histoire naturelle de G@eneve. Vol. suppl. Cente- 
naire de la fondation de la Soeiete. Geneve 1891. 4. 

Bulletin de la Societe Vaudoise des sciences naturelles. Ser. 3. Vol. XXVIM. N. 106. 
Lausanne 1892. 

37 Akademische Schriften der Universität Basel aus dem Jahre 1891/92. 4 u. 8. 

Cavırzen, H. Verzeichniss der Münz- Präge-Stempel- Stöcke und Walzen (Cylinder) auf- 
bewahrt im rätischen Museum zu Chur. Genf 1892. Sep. Abdr. 

Her, J. J. Die Atmosphäre. Eine Schöpfungsstudie. Schwanden (Glarus) 1892. 


Boletin de la Real Academia de la Historia. T.XX. Cuad. IV. Madrid 1892. 
Resumen de las Observaciones meteorolögicas efectuadas en la Peninsula y algunas de sus 
islas adyacentes durante el ano de 1889. Por el Observatorio de Madrid. Madrid 1891. 


Commissäo dos Trabalhos geologicos de Portugal. Fauna Silurica de Portugal. Der- 
GaDo, J. F.N. Deseripgäo de uma förma nova de Trilobite Lichas (Uralichas) 
Ribeiroi. Lisboa 1892. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr. (21) 


Analele Academiei Romane. Ser. Il. T. XIII. 1590—1891. Parte administrativa si des- 
baterile. Bucuresei 1892. 4. 

Analele Institutuhui meteorologie al Romaniei. T.V. 1889. Bucuresti 1892. 4. 

Haspeu-Prrricucu, B. Etymologium magnum Romaniae. Dietionarul limbei istorice si 
poporane ä romanilor. T. II. Fase. IV. Bucuresci 1892. 

pe Hurmuzarı, L. Documente provitöore la Istoria Romänilor. Vol.II. P.3. 1510 —1530. 
Cu unu Apendice Documente Slavone. 1510—1527. Bucuresei 1892. 4. 

ÖBEDENARU, M.G. Texte Macedo- Romäne de la Orusova. Publ. dupa Manuser. orig. 
de J. Bıanu. Bucuresei 1891. 


Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution for the year ending 
‚June 30, 1889. Report of the National Museum. Washington 1891. 

Smithsonian Institution. United States National Museum. Report 1888/89. pag. 427—445. 
1891. pag. 1—50. Washington 1891. 1892. 

Proceedings of the U. S. National Museum. Vol. XIV. pag. 589 —694. 705— 720. 
883 — 888. Vol. XV, pag. 1—26. Washington 1892. Bulletin. N. 41.42. Washing- 
ton 1891. 

Smithsonian Institution. Bureau of Ethnology: J. W. Powerr, Director. 'Tmomas, C. 
Catalogue of Prehistorie works east of the Rocky Mountains. Washington 1891. 

Dorsev, J. OÖ. Omaha and Ponka letters. Washington 1891. 4. 
U. S. Department of Agriculture. Division of botany. Illustrations of North American 
Grasses. Vol.I. Prates and descriptions by Dr. G. Vasry. Washington 1891. 
Powerr, J. W. Department of the Interior U. S. Geographical and Geological Survey of 
the Rocky Mountain Region. Contributions to North American Ethnology. Vol. 1. 
P.I. U. Vol.VI. Washington 1890. 4. 

Astronomical Papers prepared for the use of the American Ephemeris and Nautical Almanac. 
Vol.II. P.VI.' Vol. III. P.V. Washington 1891. 4. 

Observations made during the year 1887 at the United States Naval Observatory. With 
3 appendices and 10 plates. Washington 1892. 4. 

Bulletin of the Chemical Society of Washington. 1891. N.7. Washington 1892. 

Bulletin of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. XXI. N. 1.2 
Cambridge, U. S. A. 1892. 

‚Journal of the American Oriental Society. Vol.XV. N. 11. New Haven 1892. 

The American Journal of Science. Ser.III. Vol. XLIII. 1892. N.256. 257. New Haven 1892. 

Eighth Annual Report of the Agricultural Experiment Station of the University of Wisconsin 
for the year ending June 30, 1891. Madison. Wisconsin 1892, 

Proceedings of the Rochester Academy of Science. Vol.1. Broch. 2. Rochester, N. G. 1892. 

Bulletin of the scientific Laboratories of Denison University. Vol.VI. P.I. II. Granville, 
Ohio 1892. 

The American Naturalist. Vol. XXVI. 1892. N. 301— 305. Philadelphia 1892. 

The American ‚Journal of Philology. Vol. X1I. 2.3. Baltimore 1891. 

Transactions of the American Philological Association. 1891. Vol. XXI. Boston, Mass. 

Technology. Quarterly. Vol.IV. N.4. 1891. Boston. Massachusetts Institute of Technology. 

American Chemical Journal. Vol. XII. N.7.8. Vol. XIV, N.1. Baltimore 1891. 1892. 

Proceedings of the Academy of Natural science of Philadelphia 1891. P.IM. Philadelphia 1891. 

Proceedings of the American Philosophical Society held at Philadelphia. Vol. XXIX. 1891. 
N. 136. Philadelphia. 

Prıwuıps, H. List of surviving Members of the American Philosophical Society, held at 
Philadelphia for promoting useful knowledge. Jan. 1892. Philadelphia. 

Annals of Mathematics. Vol.VI. N.5. 6. Charlottesville 1892. 4. 


Sitzungsberichte 1892. E 


. r . . Is 3 2 “ er 6 r . E, Y. x . 
u TZ > I Te a [> ) . 4 er 3 ’ k r 
(22) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Zweites Vierteljahr 


The Astronomical Journal. Vol. XI. N. 19— 24. Vol. XII. N. 1—5. Boston 1892. 4. 
‚Johns Hopkins University Studies in historical and political science. Ser. IX. N.IX— XI. 
Ser. X. N. I—Ill. Baltimore 1891. 1892. 
‚Johns Hopkins University Circulars. Vol. Xl. N. 97—99. Baltimore 1892. 
Proceedings of the Trustees of the Newberry Library for the year ending January 5, 1892. 
Chicago 1392. 
Hate, G.E. Solar Photography at the Kenwood astro- physical Observatory. Chicago 
1892. Sep. Abdr. 
, Spectroscopic Observations in the Great Sun-Spot Group of February, 1892, 
Chicago 1892. Sep. Abdr. 
‚ The astronomical exhibit at the World’s Columbian Exposition. (Reprint 
from Astronomy and Astro-Physies, N. 104.) s.l.e.a. 
American Journal of Mathematies. Vol. XIV. N.1. Baltimore 1892. 4. 
WınsLow, A. A preliminary report of the Coal Deposits of Missouri from field work pro- 
secuted during the years 1890 and 1891. Jefferson, City 1891. 
University of Nebraska. Bulletin of the agriceultural experiment Station of Nebraska. 
Vol.V. N. 21. Lincolm, Nebraska 1892. 
Fifth Annual report of the Agricultural experiment statim of Nebraska. 1891. Lincolm, 
Nebraska 1891. 


Memorias y Revista de la Sociedad cientifica » Antonio Alzate«. T.V. Cuad. 5.6. 1891. 
Mexico 1892. 


Revista do Observatorio do Rio de Janeiro. AnnoV1. 1892. N.1. Rio de Janeiro 1891. 
Burmeister, G. Anales del Museo Nacional de Buenos Aires. Entr. 18. Buenos Aires 
1891. 4. 


Mittheilungen der Deutschen. Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokio. 
Heft 47. Yokohama 1891. 4. 

Transactions of the Seismological Society of Japan. Vol.XVI. Yokohama 1891. 

The Korean Repository. Vol.l. N.4. Korea 1892. 


DRITTES VIERTELJAHR. 


Leopoldina. Amtliches Organ der Kaiserlichen Leop. Carol. Deutschen Akademie der Natur- 
forscher. Heft XX VII. N. 11—14. Halle a. S. 1892. 4. 

Sitzungsberichte der mathematisch-physikalischen Classe der K. Bayerischen Akademie der 
Wissenschaften zu München. 1892. Heft Il. — Der philos.-philologischen und histo- 
rischen Classe. 1892. Heft 1. München 1892. 

Abhandlungen der mathem.-physischen Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissen - 
schaften. Bd. XVII. N. 11. 

Berichte über die Verhandhmgen der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu 
Leipzig. Math.- physische Classe. 1892. ll. Leipzig 1892. 

Abhandlungen der K. Preuss. (Geologischen Landesanstalt. N.F. Heft2. Berlin 1892. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (23) 


Jahrbuch der K. Preuss. Geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin für das 
Jahr 1890. Bd. XI. Berlin 1892. 

Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. XLIV. Heft 2. 1892. Berlin 1892. 

Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XXI. (1892.) Heft5 und Ergänzungsband I. Berlin 
1892. 

Geognostische Jahreshefte. Jahrg. IV. Cassel 1592. 

#=Die Fortschritte der Physik im Jahre 1886. Jahrg. XLII. Abth. 1.2. Berlin 1892. 

Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. Jahrg. XXV. N. 12—14. Berlin 1892. 

Preussische Statistik. Statistik der Preussischen Landesuniversitäten 1987/88. 1888/89. 
1889/90. N. 106. 112. 116. 118. Berlin 1892. 4. 2 Ex. 

Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinen- Wesen im Preussischen Staate. Bd. XL. 
1. Statist. Lief. Bd. XL. Heft3 und Atlas. Berlin 1892. 4. Fol. 

Deutsche Seewarte. Wetterbericht 1892. Jahrg. XVII. N.121—182. Hamburg 1892. Fol. 

Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte. XIV.Jahrg 1891. Hamburg 1892. 4. 

Deutsches Meteorologisches Jahrbuch für 1891. Beobachtungs-System des Königreichs 
Sachsen. Ergebnisse der Meteorologischen Beobachtungen im Königreich Sachsen 
im Jahre 1891. I. Hälfte, Abtheilungen I und II des Jahrbuches des K. Säch- 
sischen Meteorologischen Institutes. IX. Jahrgang 1891. Herausgegeben von Dr. 
P. ScHREIBER. Chemnitz 1892. 4. 

Beiträge zur Naturkunde Preussens herausgegeben von der Physikalisch- Oekonomischen Ge- 
sellschaft zu Königsberg 7.8. Königsberg i. P. 1590. 4. 

Register zu den Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg. 
Bd. 1— 40. (1832 — 1886.) Regensburg 1892. 

Jahrbuch der K. Deutschen Archäologischen Instituts. Bd. VII. 1892. Heft 2. Berlin 1892. 

Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 27. Heft 2. Leipzig 1892. 

Zeitschrift für Naturwissenschaften. Herausgegeben von Dr. O. Lurveeke. Bd. 65. Heft 1. 
2. Leipzig 1892. 

Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg - Augusts- Universität 
zu Göttingen. 1892. Nr. 5—10. Göttingen 1892. 

Ergebnisse der Untersuchung der Hochwasserverhältnisse im Deutschen Rheingebiet. Be- 
arbeitet und herausgegeben von dem Centralbüreau für Meteorologie und Hydro- 
graphie im Grossherzogthum Baden. Berlin 1891. 4. 

40. und 41. Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover für die Geschäfts- 
jahre 1889/90 und 1890/91. Hannover 1892. 

Mittheilungen aus der Zoologischen Station zu Neapel, zugleich ein Repertorium für Mittelmeer- 
kunde. Bd. 10. Heft 3. Berlin 1892. 

Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 68. Heft 1. Görlitz 1892. 

Neue Heidelberger Jahrbücher. Herausgegeben vom Hist. Philosoph. Vereine zu Heidel- 
berg. Jahrg. II. Heft 2. Heidelberg 1892. 

39. Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Mit einem 
Ergänzungsheft I. Breslau 1892. 

tHedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXXI. 1892. Heft 4. Dresden 1892. 

Tafel zur Ermittehmg der Dichte von Braunkohlentheer - Destillaten mittelst des Thermo- 
Aräometers. Herausgegeben von der K. Normal- Aichungs- Kommission. Berlin 
1892. 

Festgabe zum Jubiläum der vierzigjährigen Regierung Seiner Königlichen Hoheit des Gross- 
herzogs FRIEDRICH von Baden. In Ehrfurcht dargereicht von der Technischen Hoch- 
schule in Karlsruhe. Sonderabdruck. Karlsruhe 1892. 4. 

35 akademische Schriften der Universität Giessen aus dem Jahre 1891/92. 

74 Schriften der Universität Kiel aus dem Jahre 1891/92. 


E* 


( 24) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. 


Mittheilungen der naturhistorischen Gesellschaft in Colmar. Neue Folge. Bd. I. Jahre 1839 
und 1890. Colmar 1891. 

92 Schriften der K. Universität Strassburg i. E. aus dem Jahre 1891/92. 

Monumenta Germaniae historica. Auctorum antiquissimorum T.IX. P.2. — Chronica 
minora Saec. IV. V.VI. VU. Edid. Ts. Mommsex. Vol.I. P.1l. Berolini 1892. 4. 

Ephemeris epigraphica corporis inscriptionum Latinarum Supplementum. Vol. VII. Fase. IV. 
Berolini 1892. 

Mittheilungen des K. Deutschen Archaeologischen Instituts. Athenische Abtheilung. Bd. XV. 
Heft 1. Athen 1892. 

Ephemeris archaeologica. 1892. Heft 3. Ser. alt. Athen 1892. 4. 

Die Handschriften-Verzeichnisse der K. Bibliothek zu Berlin. Bd. V. Verzeichniss der 
Sanskrit- und Präkrit-Handschriften von A. Weger. Bd. ll. Abth. 3. Berlin 1892. 4. 

tJ. Grium und W. Grıum. Deutsches Wörterbuch. Bd. VIII. Lief. 10. Leipzig 1892. 

Perıscn, W. Die Arabischen Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha. Bd. 5. 
Gotha 1892. 

SAALMÜLLER, M. Lepidopteren von Madagascar. Abth. I. Rhapalocera, Heterocera: 
Sphinges et Bombyces. Abth. II. Heterocera: Noctuae. Geometrae. Microlepidoptera. 
Frankfurt a. M. 1884. 1891. 4. 

von Repeur- Pascuwriz, E. Über Horizontalpendel- Bewegungen in Wilhelmshaven, Pots- 
dam und Puerto Orotava auf Teneriffa. 1892. Sep. Abdr. 4. 

ZACHARIÄ VON LinGENTHAL, K. E. Geschichte des griechisch-römischen Rechts. Dritte 
verbesserte Auflage. Berlin 1892. 

GEGENBAUR, C. Die Epiglottis. Vergleichend-anatomische Studie. Leipzig 1892. 4. 

Leyvis, F. Zum Integument niederer Wirbelthiere. Leipzig 1592. Sep. Abdr. 

BeEirsvein, F. Handbuch der organischen Chemie. 3. Aufl. Bd.1. Lief. 4. 5.6. Hamburg 
und Leipzig 1892. 


Anzeiger der math. naturwissenschaftlichen Classe der K. Akademie der Wissenschaften in 
Wien. Jahrg. 1892. N. XVI—XVIll. Wien 1892. 

Mittheilungen der K. K. Oentral- Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- 
und historischen Denkmale. Bd. XVII. Heft 1.2. Wien 1892. 4. 

Mittheilungen der Section für Naturkunde des Österreichischen Touristen-Club. Jahrg. IV. 
1892. N.7.8. Wien 1892. 4. 

Jahrbuch der K. K. Geologischen Reichsanstalt. Jahrg. 1892. Bd. XLII. Heft 1. Wien 1892. 

Abhandlungen der K. K. Geologischen Reichsanstalt. Bd. XVII, 1.2. Wien 1892. 4. 

Jahrbücher der K. K. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus. _Officielle 
Publication. Jahrg. 1890. N. Folge. Bd. XXVII. Wien 1892. 4. 

Verhandlungen der K. K. zoologisch - botanischen Gesellschaft in Wien. Jahrg. 1892. Bd. XL. 
Quartal 1.2. Wien 1892. E 

50. Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Linz 1892. 

Publicationen der v. KUrFFNeER'schen Sternwarte in Wien (Ottakring). Herausgegeben von 
Dr. N. Herz. Bd. 11. Wien 1892. 4. 

Magnetische und meteorologische Beobachtungen an der K. K. Sternwarte zu Prag im Jahre 
1891. Jahrg. 52. Prag 1892. 4. 

‚Jahresbericht des naturhistorischen Landesmuseums von Kärnten für 1891. Klagenfurt 1892. 

Nachrichten der Museumsgesellschaft für Krain. 2. Jahrg. Ljubljani 1892. (kroat.) 

Ordnung der Vorlesungen an der K. K. Deutschen Carl- Ferdinands- Universität zu Prag im 
Wintersemester 1892/93. Prag 1892. 

Srossıch, M. I Distomi dei Mammiferi. Trieste 1892. Estr. 

Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1892. Juni. Juli. Krakau 1892. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (25) 


Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde. N.Folge. Bd. 24. Heft 2. Herman- 
stadt 1892. 

Programm des evang. Gymnasiums A. B. in Schässburg und der damit verbundenen Lehr- 
anstalten zum Schlusse des Schuljahres 1891/92. Schässburg 1592. 4. 

Almanach der Ungarischen Akademie für 1892. Budapest 1892. (Ung.) 

Archäologische Mittheilungen. N. Folge. XV,4.5. X11l, 1.2. Budapest 1891. 1892. (Ung.) 

Ungarische Revue. Herausgegeben von Dr. K. Heinrich. 1892. Jahrg. XII. Heft VI. 
VI. Budapest 1592. 

Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte. 1X,1.2. Budapest 1592. (Ung.) 

Mathematische und naturwissenschaftliche Mittheilungen. XXIV, S—10. Budapest 1891. 
. (Ung.) 

Naturwissenschaftliche Abhandlungen. XXI, 4. XXII, 1.2.3. Budapest 1891. 1892. (Ung.) 

Mathematische Abhandlungen. XIV,5. XV, 1. Budapest 1891. 1892. (Ung.) 

Sociahvissenschaftliche Abhandlungen. X1.5.6. Budapest 1891. 1892. (Ung.) 

Naturwissenschaftlicher und mathematischer Anzeiger. X, 1—7. Budapest 1891. 1892. (Ung.) 

Philologische Miüttheilungen. XXI, 3.4. Budapest 1591. (Ung.) 

Historische Abhandlungen. XV, 2—6. Budapest 1891. 1892. (Ung.) 

Ungarländische Studierende im Auslande. 11. Budapest 1892. 

Munkacsı BernAr. Sammlung vogulischer Volksdichtungen. 1.11. Budapest 1892. (Ung.) 

Karäcsonvı, J. Urkunden des Königs Stefan des Heiligen. Budapest 1891. (Ung.) 

Sımoxyı, Z. Die Bestimmungsworte im Ungarischen. 11,1. Budapest 1892. (Ung.) 

Szıräayı SAnvor. Siebenbürgen und der Krieg im Nord-Osten. 11. Budapest 1891. (Ung.) 

Codex diplomaticus Hungaricus Andevagensis. VI. (1353 —1357.) Budapest 1891. 

Körösı, J. (Comitats- Monographien. 1. Budapest 1391. (Ung.) 

Rapport sur Pactivitd de U Academie hongroise des sciences en 1891. Presente par C. SzıLy 
Budapest 1892. 

Die Rumänische Frage in Siebenbürgen und Ungarn. Replie der Rumänischen akade- 
mischen Jugend Siebenbürgens und Ungarns zu der von der Magyarischen aka- 
demischen Jugend veröffentlichten » Antwort« auf die »Denkschrift« der Studenten 
der Universitäten Rumäniens. Wien, Budapest, Graz, Klausenburg. 1892. 

Societas historico-naturalis croatica. Swossich, M. Össervazioni elmintologiche. Zagrebu 
1892. 

Viestnik hrvatskoga arkeologiekoga Druztva. God. XIV. Br. 3. Zagrebu 1892. 

Rad Jugoslavenske Akademije znanosti i umjetnosti. Knjiga COX. Razr. filol.-hist. i filos. 
Jur. Zagrebu 1892. 


Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Vol. 182. A.B. London 1892. 4. 

The Royal Society 30! November 1891. 4. 

The Transactions of the Linnean Society of London. Botany. Vol. Il. S.4—7. London 
1891. 1892. 4. 

The Journal of the Linnean Society. Botany. Vol. XXVI, 176. XXVIIL, 194— 198. Zoo- 
logy. Vol. XXII. XXIV, 148— 151. London 1891. 1892. 

Proceedings of the Linnean Society of London. From November 1888 to June 1890. 
London 1891. 

List of the Linnean Society of London. 1891/92. London 1891. 

Proceedings of the Royal Geographical Society and Monthly Record of Geography. Vol. XIV. 
N. 6.7.9. 1892. London 1892. 

Proceedings of the Royal Society. Vol. L,N.307. Vol. LI. N. 310— 313. London 1892. 

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. LII. N.8 and List of fellows, 
London 1892. 


° g . . ” .pn * r. . 
(26) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. 


Proceedings of the general meetings for scientific business of the Zoological Society of London 
for the year 1892. P.11. London 1892. 

Astronomical and magnetical and meteorological Observations made at the Royal Observatory, 
Greenwich in the year 1889. London 1891. 4. 

Proceedings of the Chemical Society. Session 1892/93. N. 114. London. 

Report of the 61. meeting of the British Association for the Advancement of Science. 1891. 
London 1892. 

‚Journal of the Royal Microscopical Society. 1892. P. IV. London 1892. 

Journal of the Chemical Society. N. CCCLVYI— CCELVIM. 1892. Vol. LXI. LXII. London 
1892. 

The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XLVUI. 1892. N.191. London 
1892. 

Memoirs and Proceedings of the Manchester litterary and philosophical Society 1891/92. 
Ser. IV. Vol.5. N. 1. Manchester 1892. 

Proceedings of the London Mathematical Society. N. 440 — 444. London 1892. 

Catalogue of the Birds in the British Museum. Vol. XV1. XVII. London 1892. 

Hooker, J. D. The Flora of British India. P. XVII. (Vol. VI.) London 1892. 

Disranı, W.L. A monograph of oriental Cicadidae. Published by Order of the Trustees 
of. the Indian Museum, Caleutta. . P. V. pp. 97’—120. 1892. P. VI. pp. 121—144. 
London 1892. 4. 

Transactions of the Royal Society of Edinburgh. Vol. XXXVIl. P.I. (N. 4.) Edinburgh 
1892. 4. 
Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Session 1891/92. Vol. XIX. (Pp. 1—80.) 

Edinburgh 1892. 

Reports from the Laboratory of the Royal College of Physicians, Edinburgh. Vol. IV. Edin- 
burgh and London 1892. 

Tenth Annual Report of the Fishery Board for Scotland, being for the year 1891. P.1. 1. II. 
Edinburgh 1892. 

Royal Irish Academy. Cunningham Memoirs. N. VH. Dublin 1892. 4. 

Journal of the Asiatie Society of Bengal. New Series. Vol. LX. P.I. N. II. 111. 1891. 
P.U. N.II-—-W. 1891. Vol.LXL B.I. N.I. P.B>N.1. 1892 and Title page and 
Index for 1891. Calcutta 1891. 1892. 

Proceedings of the Asiatie Society of Bengal 1891. N.7—10. 1892. N.1— UI. 

Records of the Geological Survey of India. Vol.XXV. P.2. 1892. Caleutta 1392. 

Mavravı Mırza Asurar Arı. Catalogue of the Persian books and manuseripts in the 
Library of the Asiatic Society of Bengal. Fasc. 1.11. Caleutta 1892. 4. 

Epigraphica Indica of the Archaeological Survey of India. P.IX. Vol.1. 1892. Supple- 
mentary of the Corpus inser. Indicarum of the Archaeol. Survey by J. Burgess. 
Vol. I. Caleutta 1892. 4. 

Archaeological Survey of India. (New Series.) Fünrer, A. The Monumental Antiquities 
and Inseriptions, in the North-Western Provinces and Oudh. Allahabad 1891. 4. 

Results of Observations of the Fixed Stars made with the Meridian Circle at the Government 
Observatory Madras in the years 1874, 1875 and 1876. Madras 1892. 4. 

Geological and Natural History Survey of Canada. Rüsr, D. Contributions to Canadian 
Micro-Palaeontology. P. IV. Catalogue of Canadian Plants. P. VI. Musci by 
J. Macoun. Montreal 1892. Ottawa 1892. 

The Canadian Record of Science. Vol. V. N. 3. Montreal 1892. 

The Benefactors of the University of Toronto, after the great fire of 14th February 1890, 
Toronto 1892. 

Transactions of the Canadian Institute. 1892. Vol.11. P.2. Toronto 1892. 


a 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (27) 


Fremminc, S. An Appeal to the Canadian Institute on the rectification of Parliament. 
Toronto 1892. 

Annual archaeological Report and Canadian Institute. (Session 1891). Being an appendix 
to the report of the Minister of Education, Ontario. Toronto 1891. 

The Proceedings and Transactions of the Nova Scotian Institute of Science, Halifax, Nova 
Scotia. Session of 1890/91. Sec. Series. Vol.I. P.I. Halifax 1891. 

Cape of Good Hope. Geodetic Survey of South Africa. Cape Town 1892. 

Australian Museum, Sydney. (Catalogue N.15.) BrazıEr, J. Catalogue of the Marine 
shells of Australia and Tasmania. P. Il. Petropoda. Sydney 1892. 

1892. Victoria. Annual Report of the Secretary for Mines during the year 1891, 
Melbourne. Fol. 

Transactions of the Royal Society of South Australia. Vol. XV. P.I. Adelaide 1892. 


Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’ Academie des Sciences. 1892. Sem. 2. T.CXV. 
N.1—11. Paris 1892. 4. 

! Academie des inscriptions et belles-lettres. Comptes rendus des seances de l’annee 1392. 
Ser. IV. T.XX. Bulletin de Mars- Avril. Paris 1892. 

Compte-rendu sommaire des Scances de la Societe philomatique de Paris. 1892. N. 17.18. 
19. 20. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe philomatique de Paris. Ser. VIII. T.IV. N.2. 1891/92. Paris 1892. 

Polybiblion. Revue bibliographique universelle. Partie techn. Ser. II. T. 18. Livr. 7— 9: 
Partie litt. Ser. II. T. 36. Livr. 1—3. Paris 1892. 

Annales des Mines. Ser. IX. T.I. Livr. 5. 1892. Paris 1892. 
Comite international des poids et mesures. (Juartorzieme rapport aux Gouvernements signa- 
taires de la Convention du Metre sur l’exereice de 1890. Paris 1891. 4. 2 Ex. 
Annales du Musee Guwimet. Revue de l’histoire des religions. Annee Xll. T. XX11l. 
IN 23% I-AXIV.EN: 1.52. Paris.1891. 

Annales du Musee Guimet. 'T.XVIll. Avadäana-Cataka. Cent legendes (Bouddhiques) 
trad. du Sanskrit par Leon Feer. Paris 1891. 4. 

Bulletin archeologique du Comite des travaux historiques et scientifiques. Annee 1891. N. 1. 
2. Paris 1891. 

Bulletin de la Societe de Geographie. Ser. VH. T. XIII. Trim.1. 1892. Trim. 2. Paris 1892. 

Comptes rendus des seances de la Societe de Geographie. 1892. N. 12—14. Paris 1892. 

Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et documents. Tables generales. VI® Ser. 
Periode decennale 1881 —1890. Paris 1891. 

Bulletin de la Societe zoologique de France pour l’annee 1892. T. XVII. N.6. Paris 1892. 

Memoires de la Societe zoologique de France pour l’annee 1892. T.V. P.4. Paris 1892. 

!Revue archeologique. Ser. IH. T. XIX. 1892. Mai-Juin. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe mathematique de France. T.XX. Nr. 4. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. III. T. XIX. 1891. N.13. T.XX. 1892. 
N.1. Paris 1892. 

!Annales de Chimie et de Physique. Ser. VI. T.XXVI. 1892. Juli-Sept. Paris. 1892. 

Nomwelles Archives du Musee naturelle. Ser. 11. T.3. Fase. 1. Paris 1391. 4. 

Feuille des Jeunes Naturalistes. Ser. Ill. Annee XXN. 1892. N. 262. 263. Paris 1892. 

Revue scientifique. T.50. Sem. 2. N.2—14. Paris 1892. 4. 

Bulletin de l’Academie de Medecine. Ser. 3. T. XXVII. Annee 56. 1892. N. 27— 38. 
Paris 1892. 

Bulletin de la Societe d’etudes scientifiques de Paris. Annee 14. 1891. Sem. 1.2. Paris 1892. 

Annales des Ponts et Chaussees. Memoires et documents. Ser. VII. Annee II. Cah.5.6.7. 
Paris 1892. 


(28) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. 


Vivien DE Saınr-Marrın. Nouveau dictionnaire de Geographie universelle. Fasc. 64. 65. 
Paris 1892. 4. 

Bibliothegue Nationale. Manuserits latins et francais ajoutes anx fonds des nouvelles 
acquisitions pendant les annees 1875—1891. Deriste, L. Inventaire alphabetique. 
PAS Barisal89l: 

LEmoıseE, E. Sur les transformations systematiques des. formules relatives au triangle. 
Paris 1891. 

‚ Trois theoremes sur la geometrie du triangle. Paris 1891. 4. Extr. 
___, Etude sur une nowelle transformation dite transformation continue. Gand 
et Paris 1892. Extr. 

SCHRADER, F. Nouvelles Geographiques. Annee II. 1892. N.1. Paris 1892. 4. 

Catalogue de l’Observatoire de Paris. Etoiles observees aux instruments meridiens de 
1837 a 1881. T.II. (VIPA XIIh). Positions observees des £toiles. 1837—1881. 
T.H. (VIk A XIIb). Paris 1891. 4. 

Bisourvan, M. G. Observations de Nebuleuses et d’amas stellaires. Paris. 4. Extr. 

„ Histoire de l’ Astronomie a Toulouse. Paris 1883. 4. Extr. 


a Observations pour determiner la parallaxe de @) Victoria. Paris 1883. 
4. Extr. 
‚ Mesures d’etoiles doubles faites a l’equatorial de la tour de l’Ouest 
de 1880 a 1884. Paris 1883. 4. Extr. 


Annales de la Faculte des Sciences de Toulouse pour les sciences mathematiques et les 


sciences physiques. T.V1l. Annee 1892. Paris 1892. 4. 

Annales de la Faculte des Sciences de Marseille. T.1I. Marseille. Paris 1891. 4. 

Memoires de la Societe Nationale des sciences naturelles et mathematiques de Cherbourg. 
T.XXVN. (Ser. II. T. VII.) Paris- Cherbourg 1891. 

Memoires de la Societe d’emulation du Doubs. Ser. Vl. Vol. V. 18590. Besancon 1891. 

Memoires de l’Academie de Stanislas 1890. Annee CXLI. Ser. V. T. VIII. Nancy 
1891. R 

Bulletin de la Societe des sciences de Nancy. Ser. Il. T. XI. Fasc. XXV. Annce XXIV. 
1891. Paris 1892. 

Memoires de U’ Academie des sciences, arts et belles-lettres de Dijon. Ser. IV. T.1I. Annee 
1890/91. Dijon 1891. 

Memoires de l’Academie des Sciences et lettres de Montpellier. — Section des Lettres. 
Tome IX. N. 1.2. Section de Medecine. Tome VI. N.2. Montpellier. 4. 

Bulletin de la Societe d’etudes scientifiques d’ Angers. Nouvelle Serie. XX® Annee 1890. 
Angers 1891. 

Union geographique du Nord de la France, siege « Douai. Bulletin. T. XII. 1891. Jan.- 
Aug. Donai 1891. 

Bulletin de la Societe Geographie commerciale de Bordeaux. Annee XV. Ser. 2. N. 13—16. 
Bordeaux 1892. 

Annales de la SocietE Linneenne de Lyon. Annee 1888. 1889. 1890. (N. Ser.) T. 35 — 37. 
Lyon 1889. 1890. 1891. 

Precis analytique des travaux de l’Academie des sciences, belles-lettres et arts de Rouen 
pendant l’annee 1889/90. Rouen 1891. 

Bulletin d’histoire ecclesiastigue et d’archeologique religieuse des Dioceses de Valence ete. 
Annee XI. Livr. 69— 75. 1891. Romans. 

Memoires publies par les membres de la Mission archeologique frangaise au Caire. T. V1. 
Fase-#L..T. VI. -Base.2.. Paris 189121892: 4. 

BarTHELENY-Saımr Hıraıre, J. Traduction generale d’Aristote. Table alphabetique 
des matieres. T.1.2. Paris 1892. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (29) 


Sııyr-Lager. La guerre des Nymphes suivie de la nowvelle incarnation de Buda. Paris 
1891. 

-, La priorite des noms de Plantes. Paris 1590. 

Crova, A. Sur les observations actinometriques faites pendant lannee 1887 a l’Observa- 
toire meteorologique de Montpellier. (Section des sciences.) T. XI. N. 2. Montpellier. 
Sep.-Abdr. 4. 

Pranche, A. Balarue-les- Bains. De ses boues minerales. (Sect. Medicine.) T.VI. N. 2. 
Sep.-Abdr. 4. 


della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXXIX. 1892. Ser. IV. Classe di scienze 
morali, storiche e filologiehe. Vol. VI—VII. X,2. Memorie. Roma 1890. 1892. 4. 
della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXX. 1892. Ser. V. Rendiconti. CUlasse 
di scienze fisiche, matematiche e naturali. Vol.I. Sem. I. Fase. 11. Sem. ll. Fase. 


Attı 


= 


Attı 


= 


1—5. Classe di seienze morali, storiche e filologiche. Ser. V. Vol.I. Fase. 5—7. 
Roma 1892. 8°. 

Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXXINX. 1892. Rendiconto dell’ adunanza 
solenne del 5 Giugno 1892. Roma 1892. 4. 

Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino. Vol. XXVII. Disp. 9—15. 1891/92. 
Torino 1892. 

Össervazioni meteorologiche fatte nell’ anno 1891 all’ Osservatorio della R. Universita di 
Torino. Torino 1892. 

Bullettino di Archeologia ceristiana. Del Commendatore G. B. pr Rossı. Ser. V. Anno ll. 
N. 3.4. Roma 1892. 

Bullettino della Reale Accademia di Scienze, lettere e belle arti di Palermo. Anno IX. 
N.1—3. 1892. Palermo 1892. 4. 

Rendiconto dell’ Accademia delle Scienze fisiche e matematiche (Sezione della Societa Reale 
di Napoli. Ser.22. Vol. VI. (Anno XXXI.) Fasc.6. 1892. Napoli 1892. 4. 

Atti del Reale Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti. (T.38.) Ser. VII. T.U. Disp. 10. 
(T. 50.) Ser. VII. T. III. Disp. 1— 3. Venezia 1890/91. 1891/92. 

Memorie del Reale Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti. Vol. XXIV. Venezia 1891. 4. 

Atti della R. Accademia dei Fisiocritiei in Siena. Ser. IV. Vol.1V. Fasc. 5. 6. Siena 1892. 

Archivio della R. Societa Romana di Storia Patria. Vol. XV. Fasc. 1. Il. Roma 1892. 

Rendiconto del Circolo matematico di Palermo. T. VI. 1892. Fasc. III e 1V. Palermo 1892. 

Annali dell’ Ufficio centrale meteorologico e geodinamico italiano. Ser. 2. Vol.X. P.I—IV. 
1883. ,Ser.2. Vol. XI. P.111. 1889, Roma,1891. 18927 Kol. 

Bollettino della Societa di letture e conversazioni scientifiche di Genova. Anno XV. 1892. 
Genn. -Giugno. Genova 1892. 

Annali dell’ Universita di Perugia. Facolta di Medieina. Atti e rendiconti della Ac- 
cademia medico-chirurgica di Perugia. Vol. IV. Fasc. 2. Perugia 1892. 

FarcaHı, J. Vetulonia e la sua Necropoli antichissima e replica alle Össervazioni del 
P.C. A. DE Cara sul libro » Vetulonia e la sua Necropoli antichissima.«. Firenze 1892. 

‚ Replica alle Osservazioni del P. C. A. DE Cara sul libro » Vetulonia e la sua 

Necropoli antichissima«. Firenze 1892. 

La Biblioteca comunale e gli antichi Archivi di Verona nell’ anno 1891. Verona 1892. 4. 

Bacrıonı, B. II concetto etico nella scienza moderna. Firenze 1392. 2 Ex. 

' Rama, M. Sull’ escursione diurna della declinazione magnetica a Milano in relazionr col 
periodo delle macchie solari. Milano 1891. Estr. 

Sylloge epigraphica Orbis Romani cura et studio H. DE RussıEro edita. Vol. 11. Inscriptiones 
Itäliae continens. Ed. Dawres Vacrıesı. Fasc. I. Romae 1892. 

PorArı, G. Una primizia dell’ Etrusco e le lingue tirreno-pelasgiche. s.1. 1892. Estr. 


Sitzungsberichte 1892. F 


D > . . . . 7. . 
30 Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. 
(olo) fe) J 


Memoires de l’ Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. Ser. VU. T. XXXVIIL N. 9. 
11—13. St. Petersbourg 1892. 4. ” 

Bulletin du Comite geologique. 1890. T.IX. N.9.10. 1891. T.X. Nr. 1I—5. Suppl. au 
T.X. St. Petersbourg 1891. 

Memoires du Comite geologique. Vol. XI. Nr. 2. St. Petersbourg 1891. 4. 

Nachrichten von der Universität Kiew. Bd. XXXNH. 1892. N.4.5. Kiew 1892. 3 

Sitzungsberichte der Naturforscher - Gesellschaft bei der Universität Dorpat. Bd.9. 1891. 
Dorpat 1392. 

Schriften herausgegeben von der Naturforscher - Gesellschaft bei der Universität Dorpat. N. VI. 
v. Kenner, J. Die Verwandschaftsverhältnisse der Arthropoden. Dorpat 1591. 4. 

Öfversigt af Finska  Vetenskaps - Societetens Förhandlingar. XXXNI. 1890/91. Helsing- 
fors 1891. 

Acta Societatis scientiarum Fennicae. T. XV1l1l. Helsingforsia 1591. 4. 

Fennıa, S. Bulletin de la Societe de Geographie de Finlande. Helsingfors 1892. 

Verhandlungen der russisch-kaiserlichen mineralogischen Gesellschaft zu St. Petersburg. 2. Serie. 
28. Bd. St. Petersburg 1391. (russ.) 

Archives des sciences biologiques publ, p. U’ Institut imperial de Medecine experimentale a St. 
Petersbourg. T.1. N.3. St. Petersbourg 1892. 4. (russ. u. franz.) 

Schriften der historisch-philosophischen Facultät der Kais. Universität St. Petersburg. Bd.12.13. 
St. Petersburg 1358— 90. (russ.) 

Arbeiten der naturforschenden Gesellschaft an der Kais. Universität Kasan. Bd. 21. Hft.1. 
W. Rosuansky, Zur Lehre über das Verhältniss des Rückenmarks und der sym- 
pathischen Ganglien zum Gefässsystem. Kasan 1539. (russ.) 

Bericht über den Stand und die Thätigkeit der Kais. Universität St. Petersburg f. 1890 zu- 
sammengestellt vos BErscHarzeı. St. Petersburg 1890/91. 

Bericht über den Stand und die Thätigkeit der Kais. Universität St. Petersburg f. 1891 zu- 
sammengestellt von Konowarow. St. Petersburg 1891/92. (russ.) 

Übersicht über die an der Kaiserl. Universität St. Petersburg gelesenen Wissenschaften im 
Herbst- und Frühlingsjahr 1891/92. St. Petersburg 1891. (russ.) 

Nachrichten der Kais. Gesellschaft der Freunde der Naturforschung, Anthropologie und 
Ethnographie. Bd. 28. Arbeiten der ethnographischen Abtheilung der Kais. Gesell- 
schaft der Freunde der Naturforschung an der Universität Moskau. Buch 4. Moskau 
1877. (russ.) 4. - 

Verhandlungen der Neurussischen Gesellschaft von Naturforschern. 16. Bd. 1. Lfg. Odessa 
1891. (russ.) 

Verhandlungen der mathematischen Abtheilung der Neurussischen Gesellschaft von Natur- 
Jorschern. 13. Bd. Odessa 1391. (russ.) 

Gelehrte Schriften der Kais. Universität Kasan. 59. Jg. Buch 1— 4. Kasan 1392. 
(russ.) 

Verhandhmgen der ostsibirischen Abtheilung der Kais. russischen geographischen Gesellschaft 
für allgemeine Geographie. Bd.1. Lfg. 1. Arbeiten russischer Handelsleute in der 
Mongolei und China. Irkutsk 1890. (russ.) 

Verhandhingen der Ostsibirischen Abtheilung der Kais. Russischen Geographischen Gesellschaft 
in der Section Ethnographie. Bd.1. Heft 1. Sagen und Erzählungen von Burjat, 
ges. v. CHANGALOW, SArToPLaJEw u.a. Bd.2. Heft2. Schamanensagen der Fremd- 
völker Ostsibiriens. Irkutsk 1839/90. (russ.) 

Nachrichten der ostsibirischen Abtheilung der Kais. Russischen Geographischen Gesellschaft. 
Bd. 23. N.1. Irkutsk 1892. (russ.) 

Denkschriften der histor.- philologischen Facultät der Kais. Universität St. Petersburg. H.19. 
Heft 1. St. Petersburg 1383. (russ.) 


ayL . . ” ., ” ” . ‘ 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (31) 


G.D. Romanarskı. Materialien zur Geologie des Turkestanischen Landes. 3. Lfg. St. Peters- 
burg 1590. (russ.) 4. 

D. A. Pzsonrscuurow. Chinesisch - russisches Wörterbuch. (Nach dem graphischen System.) 
St. Petersburg 1891. (russ.) 

J. I. Trussewrrsch. Historische, klinische und therapeutische Materialien zum Studium der 
Seekrankheit. Kasan 1891. (russ.) 

NıkoL. GERKEN. Zur Frage über die proliferirenden Kieferwurzeln und die Höhle. Kasan 
1892. (russ.) 

A. .J. SAcHAarJEwSKı. Versuch einer Erforschung des Stickstoffwechsels in den letzten Tagen 
der Schwangerschaft und den ersten der Periode nach der Geburt. Kasan 1892. (russ.) 

WssEewoLop Sroryrısskı. Zur Frage über die Technik der Operation des Kaiserschnitts. 
Kasan 1590. (russ.) 

DıoG. Kursarow. Untersuchung einiger thierischer Fette. Kasan 1892. (russ.) 

W.W. Kurımonow. Bakteriologische Untersuchung des Wassers des Kabansees und die 
Wasserleitung der Stadt Kasan. Dissert. Kasan 1390. (russ.) 

Nik. SERGEJENKO. “Materialien zum Studium der Wirkung des Adonidins auf den Orga- 
nismus der Lebewesen und des Menschen. Kasan 1888. (russ.) 

A. J. Ponsseuskı. Untersuchung der Mikroben der Mundhöhle Erwachsener und Kinder 
in gesundem Zustande. Dissert. Kasan 1890. 

M. A. Aprawın. Zungen- Pharyngotomie (Pharyngotomia subhyoidea). Dissert. Kasan 
1590. (russ.) 

S. V. Ter-MikAaeranz. Zur Frage über die Operation » Hysteropaxia abdominalis anterior 
intraperitonealis« bei vollständigen Gebärmuttervorfällen. Kasan 1892. 

A. E. Sumirwow. Materialien zur Histologie des peripheren Nervensystems der Batrachier. 
Kasan 1891. (russ.) 

W. P. WassıLsew. Chinesische Chrestomathie hrsg. zur Anleitung der Studenten. 1. Bd. 
1890. (0.J.) Fol. (russ.) 

O. Wirsscuinskı. Der Anfang Russlands nach den Erzählungen von Zeitgenossen und nach 
Denkmälern. St. Petersburg 1392. (russ.) 


Kongl. Vitterhets Historie och Antiquitets Akademiens Manadsblad. Äre. XIX. 1890. Stock- 
holm 1890/92. 

Öfversigt af Kongl. Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar. Ärg. 49. 1892. N.5. Stock- 
holm 1392. 

Acta Mathematica. Zeitschrift herausgegeben von G. MrrrAG-Lerrter. 16: 1-3. Stock- 
holm 1892. 4. 

Stavanger Museum- Aarsberetning for 1891. Stavanger 1892. 

Jahrbuch des Norwegischen Meteorologischen Instituts für 1890. Herausgegeben von Dr. 
H. Moun. Christiania 18592. 4. 

Norske Rigsregistranter. Bd.9,2. 10, 1.2. 11. ı.2. 12. Christiania 1387—91. 

Kunst og Haandverk fra Norges fortid udgivet ved N. Nıcozarsen. Hefte 6—10 und 
Suppl. I. 1. HI. (Medfolger Foreningens Aarsberetning for 1885 — 1890.) Kris- 
tiania 1586—1891. Fol. 

Foreningen til Norske Fortidsmindesmerkers bavaring. Aarsberetning for 1835. 1890. 
Kristiania 1386— 1891. 

Det Kongelige norske Frederiks Universitets aarsberetning for budgetterminen 1890/91 samt 
universitetets matrikul for 1891. Christiania 1392. 

Diplomatarium Norvegicum. Samt. 24—26. Christiania 1388. 1889. 1891. 

S. Lie og G. O. Sars. Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. Bd. XV. Hefte 2.3. 
Christiania og Kjebenhavn 1892. 


(32) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. ; 

Memoires de U’ Academie Royale Danoise des Sciences et des lettres a Copenhague. Ser. VI. 
Classe des Sciences. T. VII. N.5. Naturvid. og Mathematik. Kjsbenhavn 1891. 4. 

Oversigt over det K. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger og dets Medlemmers 
Arbejder i aaret 1891. 1892. N.1. 3. Kjpbenhavn. 

Regesta diplomatica historiae Danicae cura Societatis Regiae scientiarum Danicae. Ser. II. 
T.ID.1. Kjebenhavn 1892. 4. 


Verslagen en Mededeelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Afd. Natunrkunde. 
3° Reeks. DeelVIlI. Afd. Letterkunde. 3° Reeks. Deel VIII. Amsterdam 1891. 1892. 

‚Jaaerboek van de Koninklijke Akademie van Wetenschapen gevestigt te Amsterdam voor 1891. 
Amsterdam. 

Verhandelingen der K. Akademie van Wetenschappen. Afd. Natuurkunde. Deel XXIX. 
Afd. Letterkunde. Deel XX. Amsterdam 1891. 1892. 4. 

Prysvers-Veianius, Carmen. Amstelodami 1892. 

Catalogus van de Boekerij der K. Akademie van Wetenschappen gevestiged te Amsterdam. 
Verv. I. met Register. Amsterdam 1891. 

!Mnemosyne. Bibliotheca Philologica Batava. N. S. Vol. 20. P. III. Lugd. Batava 1892. 

Archives Neerlandaises des sciences exactes et naturelles. T. XXV. Livr. 1—5. T.XXVl. 
Livr. 1.2. Harlem 1891. 1892. 

Anmales de T’ Ecole Polytechnique de Delft. T. VII. 1891. Livr. 2.3. Leiden 1892. 

Nederlandsch Meteorologisch Jaarboek voor 1880. Jaarg. XXII. Deel 2. voor 1891. Jaarg. 
XLIHI. Utrecht 1892. 4. 

Nederlandsch Krwidkundig Archief. Ser. I. Deel 6. Stuk 1. Nymegen 1892. 

Jan Kors F. W. van Eeoen. Flora Batava. Ati. 297.298. Leiden. 4. 

Bijdragen tot de Taal- Land- en Volkenkunde van Nederlandsch - Indie. Volg. V. Deel V]l. 
Afl. 3. "s Gravenhage 1592. 


Bulletin de U Academie Royale des sciences de Belgique. Annee 62. Ser. 3. T. 23. N. 6.7. 
Bruxelles 1892. 

Coutumes des Pays et Comte de Flandre. Quartier de Bruges. Coutumes des Petites 
Villes et Seigneuries enclavees. T.IV. Ostende. Oudenbourgh. Sluis. Par L. Gır- 
LIODTS VAN SEvEREN. Bruxelles 1892. 4. 

Annales de la SocietE Geologique de Belgique. T. XIX. Livr. 2. Liege 1891/92. 

MEERENnNS, CH. Acoustigue musicale. Articles publies dans la federatian artistique. Bruxelles 
et Paris 1892. ' 

Anspacn, L. Le role de l’eau dans les cylindres « vapeur. Liege 1892. Extr. 


Vierteljahresschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Jahrg. 37. Heft 1. Zürich 
1892. 

Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. Bd. XXI. Heft 3. 4. Leipzig 
1891. 1892. 4. 

Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Natur- 
wissenschaften. Bd. XXXUH, Abth. 2. Zürich 1891. 4. 


Fünfter Jahresbericht der Physikalischen Gesellschaft in Zürich 1891. Uster- Zürich 1892. j 
Worır, R. Astronomische Mittheilungen. LXI—LXXX. Zürich 1854 — 1892. 


Bulletin de la Societe Waudoise des sciences naturelles. Ser.3. Vol. XXVII. N. 107. £ 
Lausanne 1892. 

Archives des sciences physiques et naturelles Nov.- Dec. 1891. Compte rendu des travaux 1 
presentes a la soixante-quatorzieme session de la Societe Helvetique des sciences | 
naturelles reunie a Fribourg les 19, 20 et 21 aoüt 1891. Geneve 1891. 


s = = ap 7 =. r 5W 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. (3 >) 


Actes de la _Societe Helvetique des sciences naturelles reunie «& Fribourg les 19, 20 et 21 aoüt 
1891. Session 74. Compte-rendu de 1890/91. Fribourg 1892. 

Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem Jahre 1891. N. 1265—1278. 
Bern 1892. 


Boletin de la Real Academia de la Historia. TV. NX. Cuad. VI. 1892 Jun. Madrid 1892. 
Almanaque Nautico para 1894. Calculado en el Instituto y Observatorio de Marina de la 
Ciudad de San Fernando. Madrid 1892. 


Buletinul Societatii de Sciente fizice (Fizica, Chimia si Mineralogia) din Bucuresci- Romania. 
Annull. 1892. N. 5—8. Bucuresci 1892. 4. 


Serbische Königliche Akademie. Nachrichten. 14. 13—29.31—35. Belgrad 1390—92. (serb.) 
Serbische Königliche Akademie. Denkmäler. 2—18. Belgrad 1390—92. (serb.) 

Serbische Königliche Akademie. Jahrbuch II 1888. Belgrad 1589. (serb.) 

Der Bote der Serbischen Gelehrten-Gesellschaft. Beh. 75. Abhandlungen. Belgrad 1892. (serb.) 
M. Ds. Mıricevic, JoHanN Dsar. Eine biographische Skizze. Belgrad 1891. (serb.) 


Smithsonian Institution U. S. National Museum. Report for 1390 pp. 253—680. Bulletin 
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Bulletin of the Philosophical Society of Washington. Vol. XI. W ashington 1892. 

Smithsonian Institution. ‚Bureau of Ethnology. Pıruins, J. C. Bibliography of the Al- 
gonquian Languages. Washington 1891. 

Annual report of the board of regents of the Smithsonian Institution to July, 1890. Washing- 
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Transactions of the American Philosophical Society, held at Philadelphia, for promoting useful 
Knowledge. Vol. XVII. New Series. P. I. I. Philadelphia 1892. 4. 

Proceedings of the American Philosophical Society, held at Philadelphia, for promoting useful 
Knowledge. Vol. XXX. 1392. N. 137.138. Philadelphia. 

Proceedings of the Academy of Natural sciences of Philadelphia, 1892. P.1. Philadelphia 1892. 

The American Journal of Science. Ser. Ill. Vol. XLIV. 1892. N. 259. 260. 261. New 
Haven 1892. 

Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences. N.Ser. Vol. XVIII. Boston 1892, 

The Astronomical Journal. Vol. XII. 1892. N. 6— 10. Boston 1892. 4. 

The American Naturalist. Vol. XXVI. 1892. N. 307. 309. Philadelphia 1892. 


Bulletin of the Museum of Comparative Zooloyy at Harvard College. Vol. XXIII. N.3. 
Cambridge, U.S. A. 1892. 
Memoirs of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College. Vol. XIV. N.2. 


Cambridge, U. S.A. 1892. 4. 

Report of the Superintendent of the U. S. Coast and Geodetic Survey showing the progress 
of the work during the fiscal year ending with June 1890. P.1. Text. P. II. Sketches. 
Washington 1892. 4. 

Report for the year 1891/92, presented by the board of Managers of the Observatory of 
Yale University to the President and Fellows. Yale University. 1892. 

Unwersity of California. College of Agriculture. Agrieultural experiment station. Report 
of work of the agrieultural experiment Stations of the University of California, 
for the year 1890 by E. W. Hırsarv. Bulletin N. 95. 96. Sacramento 1891. 

University of California. Riverside Addresses. 1391. Berkeley 1892. 

University of California. Library Bulletin N.4. (Sec. Edit.) Saeramento 1892. 

Register of the University of California 1891/92. Berkeley 1892. 


Sitzungsberichte 1892. G 


‘ . . . .p . r. . 
(34) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Drittes Vierteljahr. 


Academic Senate of the University of California. Memorial of Prof. Joun LE Corte. 
Berkeley 1892. 4. 

University of California. Biennial Report of the President of the University. 1890. 
Sacramento 1891. 

Annual Report of the Secretary to the Board of Regents of the University of California for * 
the year ending June 30, 1891. Sacramento 1891. 

Pensylvania Geological Survey. 1891. Atlas Southern Anthraeite Field. P.IV. B—AA. 
V. VI. AA. Philadelphia 1892. 

Report of the Superintendent of the U. S. Naval Observatory for the year ending 1891, 
‚June 30. Washington 1891. 

Bureau of Education. Circular of Information. N. 2.4.8.9. Washington 1891. 

Peabody Institute of the City of Baltimore. 25t" Annual Report. June 1, 1592. Baltimore 
1892. 

American Academy of arts and sciences. Memorial of Joserrn Loverıng. Cambridge 1892. 

Missouri Botanical Garden. Third Annual Report. St. Louis, Mo. 1892. 

RınawAy, R. Descriptions of two new forms of Basileuterus rufifrons, from Mexico. 
Washington 1892. Sep.- Abdr. 

Johns Hopkins University Oirculars. Vol. XI. N. 100. Baltimore 1892. 4. 


Memorias y Revista de la Sociedad cientifica » Antonio Alzate«. T.V. (1891/92.) Cuad. 
N. 7— 12. Mexico 1892. 

Boletin de la Sociedad de Geografia y Estadistica de la Republica Mexicana Cuarta Epoca. 
T.U. N.3—5. Mexico 1891. 1892. 


Moreno, Fr. P. Revista del Museo de la Plata. T.1Il. Entr. 22. La Plata 1891. 

Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokio. 
Heft 48.49. Yokohama 1892. 4. 

The Journal of the College of Science, Imperial University, Japan. Vol. V. P.1l. Tokyo, 
Japan. 1392. 

Imperial University of Japan. The Calendar for the year XXIIT—XXIV. (1890/91.) 
AXIV—XXV, Meiji. (1891/92.) Tokyo 1891. 1892. 


VIERTES VIERTELJAHR. 


Leopoldina. Amtliches Organ der K. Leop. Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher. 
Heft XXXVII. N. 15.18.20. Halle a. S. 1892. 4. 

Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen Classe der K. Bayerischen 
Akademie der Wissenschaften in München. 1892. Heft 2.3. München 1892. 

Abhandlungen der mathematisch-physischen Classe der K. Sächsischen Gesellschaft der Wissen- 
schaften. Bd. XVII. N. Vlll. Leipzig 1892. 

Berichte über die Verhandlungen der K. Sächsischen Gesellschaft zu Leipzig. Math.-physische 
Classe. 1892. 111. Leipzig 1892. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (39) 


Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. 
Philologisch -historische Classe. 1892. I. II. Leipzig 1892. 

Abhandlungen der K. Preussischen geologischen Landesanstalt. Neue Folge, Heft 6—8 
und 13 -und 1 Karte in Fol. Berlin 1892. 

Abhandlungen zur geologischen Spezialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten. 
Bd. X. Heft 4. Berlin 1892. 

Jahrbuch des K. Deutschen Archäologischen Instituts. Bd.Vll. 1892. Heft 3. Berlin 
1892. 4. 

Mittheilungen des K. Deutschen Archäologischen Instituts. — Athenische Abtheilung. Bd. XV1. 
Heft. 2. Athen 1392. — Römische Abtheilung. Bd. VII. Fase. 1.2. Rom 1892. 
Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft. 1892. Jahrg. 25. N. 15—18. Berlin 1892. 
Zeitschrift für das Berg- Hiütten- u. Salinen-Wesen im Preussischen Staate. Bd. XL. 

Heft 4. Text u. Atlas in Fol. Berlin 1892. 4. 

Ergebnisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten über die physikalischen Eigen- 
schaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Jahrg. 1891. Heft IV— XI. 
Berlin 1892. 4. 

Mittheilungen aus dem Telegraphen - Ingenieurbüreau des Reichs - Postamts. 1. Juni 1889 bis 
März 1892. Berlin 1892. 

Zeitschrift des K. Preussischen Statistischen Büreaus. Jahrg. 30. 1890. Vierteljahrsheft 4. 
Jahrg. 31. 1891. Vierteljahrsheft III. IV. Berlin 1890. 1891. 4. 

Preussische Statistik. 119. Die Ergebnisse der Ermittelungen des Ernteertrages im 
Preussischen Staate für das Jahr 1891. Berlin 1892. 4. 

Astronomische Beobachtungen auf der Königl. Sternwarte zu Berlin. 2. Serie. Bd. I. Zonen- 
beobachtungen der Sterne zwischen 20 und 25 Grad nördlicher Declination, aus- 
geführt und bearbeitet von Dr. E. Becxer. Th.1. Berlin 1892. 4. 

Beobachtungs- Ergebnisse der K. Sternwarte zu Berlin. Heft N. 6. Berlin 1892. 

®Die Fortschritte der Physik im Jahre 1886. Dargestellt von der Physikalischen Gesell- 
schaft zu Berlin. Jahrg. XLI. 1889. Heft3. Jahrg. XLII. 1890. Abthl. 1—3. 
Berlin 1592. 

Landwirthschaftliche Jahrbücher. Bd. XXI. (1892). Heft 6. Berlin 1892. 

Ephemeris epigraphica Corporis inscriptionum Latinarum supplementum. Vol. VIll. Fase. 11. 
Berolini 1892. 

Übersicht über die Geschäftsthätigkeit der Aichungsbehörden während des Jahres 1891. 
Herausgegeben von der K. Normal - Aichungs- Commission. Berlin 1892. 4. 

Mortke’s Militairische Werke. 11. 1. Morrke’s taktische Aufgaben aus den Jahren 
1855 — 1882. Herausgegeben vom grossen Generalstabe. Berlin 1892. 

Wizrueım Wepger's Werke. Herausgegeben von der K. Gesellschaft der Wissenschaften 
zu Göttingen. Bd.I. Akustik, Mechanik, Optik und Wärmelehre. Bd. II. Magnetis- 
mus. Berlin 1892. 

®Politische Correspondenz FRıEDrICH's des Grossen. Bd. 19. Berlin 1892. 

"Supplementum Aristotelicum. Vol.1l. P.1I. Alexandri Aphrodisiensis praeter Commentaria 
seripta minora. Ed. Il. Bruns. Berolini 1892. 

#SCcHUMANN, K. Morphologische Studien. Heft1. Leipzig 1892. 2. Ex 

®TASCHENBERG, OÖ. Bibliotheca zoologica. 11. Lief. 10. Leipzig 1892. 2 Ex. 

"Gnostische Schriften in Koptischer Sprache aus dem Codex Brucianus. Herausgegeben, 
übersetzt und bearbeitet von Dr. C. Scamipr. Leipzig 1892. 2 Ex. 

®KrÜünner, OÖ. Reisebeschreibung der Plankton - Expedition. Kiel u. Leipzig 1592. 4. 2 Ex. 

#VANHÖFFEN, E. Die Akalephen der Plankton- Expedition. Kiel u. Leipzig 1892. 4. 2 Ex. 

Astronomische Nachrichten. Bd. 130. Kiel 1892. 4. 

Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinland. Heft 93. Bonn 1892. 


G* 


‘ Q . . . .n r. Y. . 
(36) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. 


Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande, Westfalens und 
des Reg.- Bezirks Osnabrück. Jahrg. 49. Neue Folge. Jahrg. 9. Hälfte 1. Bonn 1892. 

Schriften der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. Folge. Bd. VIII. Heft 1. 2. 
Danzig 1592. 1893. 5 

Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1890/91. 
Frankfurt a. M. 1892. 

Bericht über die SENCKENBERGische naturforschende Gesellschaft in Frankfurt a. M. 1892. 
Frankfurt a.M. 

BoerrGer, O. Kataloy der Batrachier- Sammlung im Museum der SENCKENBERGISchen 
naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M. 1892. Frankfurt a.M. 

Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. Jahrg. 27. Heft 3. Leipzig 1592. 

Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 46. Heft 2.3. Leipzig 1892. 

Deutsche Seewarte. Wetterbericht von N. 183—274. 1892. Jahrg. XVII. Hamburg. 4. 

Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen Anstalten. Jahrg. IX. Hälfte 2. 1591. 
Hamburg 1892. 

Bremisches Jahrbuch. Herausgegeben von der Historischen Gesellschaft des Künstler- 
vereins. Bd. XVI. Bremen 1892. 

Urkundenbuch der Stadt Lübeck. 'T’h.IX. Lief. 7.8. Lübeck 1892. 4. 

Beiträge zur Kunstgeschichte. Neue Folge XIX. Sremmann, E. Die Tituli und die 
kirchliche Wandmalerei im Abendlande vom V. bis zum XI]. Jahrhundert. Leipzig 
1892. 

V. und VI. Jahresbericht (1889. 1890) der Ornithologischen Beobachtungsstationen im König- 
reich Sachsen. Bearbeitet von Dr. A. B. Meyer und von Dr. Hern. Dresden 1890. ' 
1892. 4. 

tHedwigia. Organ für Kryptogamenkunde. Bd. XXXI. 1892. Heft 5. Dresden 1892. 

Abhandlungen und Berichte des K. Zoologischen und Anthropologisch-ethnographischen Mu- 
seums zu Dresden. 1886/87. 1388/89. 1890/91. Herausgezeben von Dr. X. B. Meyer. 
Berlin 1887. 1889. 1892. 4. z 

Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Jahrg. 48. Stutt- 
gart 1892. 

Bulletin mensuel de la Societe des Sciences Agriculture et Arts de la Basse-Alsace. T. XN\V. 
1892. Fasc. N.7 —9. Strassburg 1892. 

SELEnKkA, E. Studien über Entwickehmgsgeschichte der Thiere. Heft 5. Hälfte 2. Wies- 
baden 1892. 4. 

Bervsrein, F. Handbuch der Organischen Chemie. 3. Auflage. Lief. —10. (Bd.1. Lief. 7 
bis 10). Hamburg und Leipzig. 1592. 

Srurm, R. Die Gebilde ersten und zweiten Grades der Liniengeometrie in systematischer 
Behandlung. Th.1. 2. Leipzig 1892. 1893. 

Rever, Ed. Geologische und Geographische Experimente. Heft Il. Vulkanische und Massen- 
Eruptionen. Leipzig 1892. 

Mever, A. B. Abbildungen von Voygel-Skeletten. Lief. NII— XVII. Dresden 1888/92. 4. 

Henry, J. Aeneidea, or ceritical, exegetical, and aesthetical remarks on the Aeneis. Indices. 
Meissen 1892. 

Rawrrz, B. Der Mantelrand der Acephalen. Th. 3. Jena 1892. Sep.- Abd. 

Linguae Guarani Grammatica hispanice a Paulo Restivo secundum libros A. Ruiz de Mon- 
toya, Simonis Bandini etc. ed. et »Arte de la lengua Guarani« inseripta, opera et 
studiis Ca. F. Sevsorp. Stuttgardiae 1892. 


Anzeiger der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der K. Akademie der Wissenschaften 
in Wien. Jahrg. 1892. N, XIX— XXU. Wien 1892. 


T . . 0 ” r. r. ” U f 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (37) 


Jahrbuch der K. K. Universität Wien für das Studienjahr 1891/92. Wien 1892. 

Übersicht der akademischen Behörden, Professoren u. s.w. an der K. K. Universität zu Wien 
für das Studienjahr 1892/93. Wien 1892. 

Öffentliche Vorlesungen an der K. K. Universität zu Wien im Sommer -Semester 1892. — 
Winter - Semester 1892/93. Wien 1892. 

Die feierliche Inauguration des Rectors, der Wiener Universität für das Studienjahr 1892/93 
am 24. October 1892. Wien 1892. 

Publicationen der v. Kurrner’schen Sternwarte in Wien (Ottakring). Herausgegeben von 
Dr. N. Herz. Bd. II. Wien 1892. 4. f 

Publicationen für die Internationale Erdmessung. — Astronomische Arbeiten des K. K. 
Gradmessungs-Bureau. Bd. IV. Längenbestimmungen. Wien 1892. 4. 

Verhandlungen der österreichischen Gradmessungs-Commission. — Protokolle über die am 
21. April und 2. September 1892 abgehaltenen Sitzungen. Wien 1892. 

Mittheilungen der Section für Naturkunde des Österreichischen Touristen- Club. Jahre. IV. 
1892. N. 9—12. Wien 1892. 4. 

Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XXI. Heft II—V. Wien 
1892. 4. 

Astronomische Beobachtungen an der K. K. Sternwarte zu Prag in den Jahren 1888, 1889, 
1890 und 1891, nebst Zeichnumgen und Studien des Mondes. Appendix zum 49. bis 
52. Jahrgang. Prag 1893. 4. 

Mittheilungen der Deutschen mathematischen Gesellschaft in Prag. Prag. Wien. Leipzig 1892. 

Lotos. Jahrbuch für Naturwissenschaft. N. Folge. Bd. XIll. Prag 1893. 

Personalstand der K. K. Deutschen Carl- Ferdinands- Universität in Prag zu Anfang des 
Studien- Jahres 1892/93. Prag. 

Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 3. Folge. Heft 36. Innsbruck 1892. 

‚Jahresbericht des Kärntnerischen Geschichtsvereines in Klagenfurt für 1891 und Voranschlag 
für 1892. Klagenfurt 1892. 

Carinthia. Mittheilungen des Geschichtsvereines für Kärnten, I. — Jahrg. 82. N. 1—6. 
Klagenfurt 1892. 

Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark. llerausgegeben von dessen Aus- 
schuss. Heft XL. Graz 1892. 

Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen. Werausgegeben vom historischen 
Vereine für Steiermark. Jahrg. 24. Graz 1592. 

BErGBonm, J. Entwurf einer neuen Integralrechnung. Wien 1892. 

Neuwırın, J. Geschichte der bildenden Kunst. Bd.1 mit Lichtdrucktafeln. Prag 1893. 

Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1892. October. November. 
Krakau 1892. 

Rozprawy Akademii umiejetnosci. Wydziat. Filologiezny. Ser. I. T.I. — Historyezno- 
filolozofiezuny. Ser. I. T. Il. IV. Matematyezno - przyrodniezy. Ser. II. T. II. 
Kraköw 1892. 

Archiwum do Dziejow literatury i oswiaty w Polsce. T. VII. Krakowie 1892. 

Markarowskı, W, Budownictwo Laıdowe na Podhalu. C. Tab. in Fol. Kraköw 1892. 4. 

Sprawozdania Komisyi do badania Historyi sztuki w Polsce. T.V. Zesz. II. Krakowie 
1892. 4. 

Pamietnik Akademüu miejetnosci w Krakowis. — Wydzial matem.-przyrodniezy. Zeszyt 1. 
Krakowie 1892. 4. 

Biblioteka Pisarzow Polskich.h — ÜzERMmAR, W. Praszvert, Sr. Korzenıowskı. Rosra- 
FINSKI, J. KRAUSHAR, A. Czusek, J. 6 Hefte. Krakowie 1891. 1892. 

Gercich, G. Breve appendice ai documenti per Ülstoria politica e commerciale della Re- 
publica di Venezia dei Sign. Tarzı e Tuomas. Ragıusa 1892. 


‘ r . . . .p r. r. . 
(38) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. 


Heinrich, K. Ungarische Revue. 1892. Heft VIII=IX. Jahrg. XII. Budapest 1892. 

Mathematische und naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. Redigirt von J. FrönLıcn. 
Bd. X. Hälfte 1. (Oct. 1891 — Oct. 1892). Budapest 1892. 

Mittheilingen aus dem Jahrbuche der K. Ungarischen Geologischen Anstalt. Bd. X. Heft 1.2. 
Budapest 1892. 

Geologische Mittheilungen. Zeitschrift der Ung. Geol. Gesellschaft. (Földtani Közlöny.) 
Bd. XX. 1892. Heft 5—10. Budapest 1892. (Ung.) 

Geologische Aufnahmen der K. Ungarischen Geologischen Anstalt. 6 Blatt in fol. Budapest 
1889/90. 

Bruck, J. Dritter Nachtrag zum Katalog der Bibliothek und allg. Kartensammlung der 

K. Ung. @Geol. Anstalt. 1889/91. Budapest 1892. 

Termeszettudomänyi Könyvkiado-Vallalat. Vol. 41— 45. 47—49. Budapest 1890/92. 

PunGur, G. A magyarorszagi tücsökfelek Termeszetrajza. (Histoire naturelle des Gryllides 
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1892. 

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London 1892. 

Proceedings of the Chemical Society. Session 1892/93. N. 115. 116. London 1892. 

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. Lil. N. 9. Suppl. Number, 
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Proceedings of the London Mathematical Society. N. 445 — 448. 449. London 1892. 

The Quarterly Journal of the Geological Society. Vol. XLVII. P.4. 1892. N. 192. 
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Journal of the Royal Microscopical Society. 1892. P.5.6. London 1892. 

Proceedings of the General Meetings for scientific business of the Zoological Society of London, 
for the year 1892. P.Ill. May and June. London 1892. 

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- N. 10—12. 1892. London 1892. 

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Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (39) 


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Reports of the Mining Industry of New Zealand. Session 1892. Wellington 1892. Fol. 


Comptes rendus hebdomadaires des seances de ÜAcademie des sciences. T. CXV. 1892. 
Sem. 2. N. 13—25. Paris 1892. 4. 

Tables des Comptes rendus de secances de Ü_Academie des sciences. 1892. Sem 1. T. CXIV. 

"Comptes rendus des seances de lannee 1892 de Ü_Academie des Inscriptions et belles-lettres. 
Ser. IV. T.XX. Bulletin de Mars- Aoüt. Paris 1892. 

Comptes rendus des seances de la SocietE de Geographie. 1892. N. 15.16. Paris. 

Bulletin de la Societe de Geographie. Ser. VII. T. XIll. 1892. Trim. 3. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe geologique de France. Ser. 3. T. XIX. 1892. N.2. Paris 1892. 

Bulletin de la Societe zoologique de France pour Fannee 1892. T. XVII. N.7. Paris 1892. 

Bulletin de la SocietE mathematique de France. T. XX. N.5.6. Paris 1892. 

Bulletin de U Academie de Medecine. Ser. 3. T. XXVIlI. Annee 56. N. 39—51. Paris 1892. 

Compte-rendu sommaire des seances de la Societe Philomatique de Paris. 1892. N. 2.3. Paris. 


- 


(40) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. 


Feuille des Jeunes Naturalistes. Annee XXU. Ser. II. N. 264—266. Paris 1892. 

Revue archeologique. Ser. Il. T.XX. 1892. Jul. - Aug.- Oct. Paris 1892. 

Annales des Mines. Ser. IX. 1892. T.I. Livr. 6. T.U. Livr. 7—10. Paris 1892. 

Annales des Ponts et Chaussdes. Memoires et documents. Ser. VII. Annee ll. Cah. 8. 
bis 10. 1892; Baris. 

Annales de Chimie et de Physique. Ser. VII. T. XXVU. 1892. Octobre -Decembre. 
Paris 1892. 

Revue scientifique. T.50. Sem.2. N. 15—26. Paris 1892. 

Polybiblion. — Revue bibliographique universelle. Part. techn. Ser. U. T. XVIN. Livr. 
10—12. Part. litt. Ser. I. T. XXXVI. Livr. 4—6. Paris 1892. 

Annales de la Faculte des sciences de Toulouse. T. VI. Annee 1892. Fasc. 3. Paris 1892. 4. 

Bulletin de la Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Annee 15. Ser. 1. N. 17 
— 22. Bordeaux 1892. 

Jannerraz, E. Nouvelles recherches sur la propagation de la chaleur dans les corps 
cristallises. Paris 1592. Extr. 

Notice sur les travauz scientifiques de E. Jannerraz. Paris 1892. 4. 

Gvichon DE Granpront, A. Le Vice- Amiral (omte de GUEYDON par un administrateur 
de la Marine. Brest 1587. 

Resultats des Campagnes scientifiques accomplies sur son Yacht par ALBERT 1. Prince sou- 
verain de Monaco, publies sous sa direction avec le concours du Baron J. DE GUERNE. 
Fasc. II. Contribution ä l’&tude des spongiaires de l’Atlantique Nord par E. Torsenr. 
Monaco 1892. 4. 


Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCLXXXIX. 1892. Ser. IV. Classe di scienze 
morali, storiche e filologiche. Vol. X. P. 22. Notizie degli scavi. Magg.-Agosto 1892. 
Roma 1892. 

Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Classe di science morali, storiche e filo- 
logiche. Ser. V. Vol.I. Fasc. 8. Roma 1392. 

Atti della Reale Accademia "dei Lince. Anno CCLXXXIX. 1892. Ser. V. Rendiconti 
Classe di scienze fisiche, matematiche e naturali. Vol. 1. Fase. 6 — 10. Sem. 2. 
Roma 1892. 

Atti dell’ Accademia Pontifica de Nuovi Lincei. Anno XLIV. Sess. VI. del 17 Maggio 1891. 
Sess. VII. del 14 Giugno 1891. Anno XLV. Sess. 1. del 20 Die. 1891. Sess. 2. 
del 17 Genn. 1992. Roma 1891. 4. 

Memorie del Reale Istituto Lombardi di scienze e lettere. — Classe di scienze matematiche 
e naturali. — Vol. XVI.— VI. della serie Ill. Fase. III ed ultimo. Vol. XVH— VII. 
della serie III. Fase. I. Milano 1891. 4. 

Rendiconti del Reale Istituto Lombardo di scienze e lettere. Ser. II. Vol. XXIV. Milano 1891. 

Atti della Societa Toscana di scienze naturali. Processi verbali. Vol. VIII. Pisa 1592. 

Atti della Societa italiana di scienze naturali. Vol. XXXII. Fogli I—7. Fasc. 2. Fogli 
8—11'/,. Milano 1890. 1891. 

Annali del Museo civico di storia naturale di Genova. Ser. 2%. Vol.X. XI (XXX. XXXI) 
Genova 1890/91. 1991/92. 

Memorie della Reale Accademia delle seienze di Torino. Ser. 11. T. XL1l. Torino 1892. 4. 

Rendiconti del Circolo matematico di Palermo. T. VI. 1892. Fasc. V. Palermo 1392. 

Rassegna delle scienze geologiche in Italia. Anno ll. 1892. Sem.I. Fase. 1.2. Roma 1892. 

Atti della R. Accademia dei Fisiocritiei in Siena. Ser. IV. Vol. IV. Fasc. 7.8. Siena 1892. 

Cataloghi dei Codiei orientali di alcune Biblioteche d’Italia. Fasc. 5. Biblioteca Casanatense 
di Roma. Codiei arabi, persiani e turchi. Firenze 1392. 

Marrone, M. Introduzione alla teoria delle Serie. Parte Il. Catanzaro 1892. 4. 


Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (41) 


Sylloge epigraphica orbis romani cura et studio H. px RussıEro edita. Vol. 11. Inseriptiones 
Italiae continens. Ed. D. Vacrıerı. Fasc. Il. Romae 1892. 
Omsonı, G. Achille de Zigno. Padova 1892. 


Travaux de la Societe des Naturalistes de St. Petersbourg. Vol. XXI. 1892. Section de 
botanique. Red par Boropıne. St. Petersbourg 1892. (russ.) 

Bulletin du Comite geologique. 1891. Vol»X. N.6—9. 1892. Vol. XI. N. 1—4. St. Peters- 
bourg 1891. 1892. 

Memoires du Comite geologique. Vol. XIll. N.1. St. Petersbourg 1892. 4. 

Acta horti Petropolitani. T. X11. Fasc. 1. St. Petersburg 1892. 

Allgemeine Gesetzssammlung des russischen Reiches für 1891. St. Petersburg 1892. (russ.) 

Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1892. N.2. Moscou 1892. 

Bulletin de la SocieteE Quralienne d’amateurs des sciences naturelle. T. X111. Livr. 1. 2. 
Ekatharinburg 1891/92. 4. 

Gelehrte Schriften der K. Kasanschen Universität. Jahr 59. Sept.-Oct. (1892). Kasan 1392. 
(russ.) 

Universitäts - Nachrichten. Bd. XXXIl 1892. N. 6—9. Kiew 1892. (russ.) 

Congres international d’ Archeologie prehistorique et d’ Anthropologie. 11" © Session, a Moscon. 
Aoüt 1892. T.I. Moscou 1892. 

Congres international de Zoologie. 
Part. 1. Moscou 1892. 

Bocpanov, A. (Quelle est la race la plus ancienne de la Russie centrale? Moscou s. a. 


Session II, a Moscou du 10/22. — 18/30. Aout 1892. 


L’ Association russe pour Ü’avancement des sciences phisico-chimiques, naturelles 


et biologiques. Rapport aux congres internationaux de Moscou. Moscou 1892. 4. Extr. 

OÖBrurschew, W. Die altpaläozoischen klastischen Gesteine des Lenathales zwischen Katschug 
und Witimsk in Ost- Sibirien. Bd. Il, 1. Irkutsk 1892. (russ.) 2 Ex. 

Korrespondenzblatt des Naturforscher - Vereins zu Riga. XXXV. Register zu XVI—-XXXIV. 
Riga 1892. 

Bericht über die Ergebnisse der Beobachtungen an den Regenstationen der kaiserlichen liv- 
ländischen gemeinnützigen und ökonomischen Sozietät für die Jahre 1889, 1890 und 1891. 
Dorpat 1892. 4. 

v. ÖrrrinGENn, A. Meteorologische Beobachtungen angestellt in Dorpat im Jahre 1891. 
Jahrg. 26. Bd. VI, Heft 1. Dorpat 1892. e 

Inseriptions de ’Orkhon. Recueillies par l’expedition finnoise 1890 et publieces par la 
Soeiete finno-Ougrienne. Helsingfors 1392. Fol. 

Finlands Geologiska Undersökning. — Beskrifning till Kartbladet N. 13— 21. Text 8 und 
3 Karten in Fol. Helsingfors 1892. 


Öfversigt af Kongl. Vetenskaps -Akademiens Förhandlingar. Ärg. 49. 1892. N.6—8. 
Stockholm 1892. 

Skrifter utgifna af Humanistiska Vetenskaps- Samfundet i Upsala. Bd.1I. Upsala 1890/92. 

Förteckning a tryckta och otryckta Källor till Landskapet Uplands och Stockholms Stads. 
Utgifven af L. Brepen. Upsala 1892. 

26 Akademische Schriften der Unwersität Upsala 1891/92. 

23 Akademische Schriften der Universität Lund aus dem Jahre 1891/92. 

DantGren, E. W. Sveriges Offentliga Bibliotek. Stockholm. Upsala. Lund. Göteborg 
— Accessions - Katalog 6. 1891. Stockholm 1892. 

Stavanger Museum. — Aarsberetning for 1891. Stavanger 1892. 

Marniesen, H. Etude sur les courants et sur la temperature des eauw de la mer dans 
l’Ocean atlantique. Christiania 1892. 


(42) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. 


Fortegnelse over de af det Kongelige Danske Videnskabernes Selskab i Tidsrummet 1742—1891 
udgiene videnskabelige Arbejder. Kobenhavn 1892. 


Bijdragen tot de Taal- Land- en Volkenkunde van Nederlandsch- Indie. Volg. V. Deel 7. 
Aft 4. 'SGravenhage 1892. 

Tijdschrift voor Nederlandsche Taal-, en Letterkunde, witgegeven van wege de Maatschappij 
der Nederlandsche Letterkunde te Leiden. 3° Deel XI. Atl.3.4. Leiden 1892. 

Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden 
over het Jaar 1891—1892. Leiden 1892. 

Levensberichten der afgestorven Medeleden van de Maatschappij der Nederlandsche Letter- 
kunde. Bijlage tot de Handelingen van 1592. Leiden 1892. 

"Mnemosyne. Bibliotheca philologica Batava. N. Ser. Vol. XX. P. IV. Lugd. Bat. 1892. 

Annales de I’ Ecole Polytechnique de Delft. T.\VIl. 1591. Livr. 4. Leide 1892. 4. 

Archives Neerlandaises des sciences exactes et naturelle. T"XX\V1. Livr. 3. Harlem 1892. 

Kon. Ned. Meteor. Institut. — Onweeders in Nederland. Naar vrijwillige Waarnemingen 
in 1891. Deel XII. Amsterdam 1892. 

ScHLEGEL, G. La stele funeraire du Teghin Giogh. Leide 1892. Extr. 

Notulen van de algemeene en bestuurs-vergaderingen van het Bataviaasch Genootschap van 
Kunsten en Wetenschappen. Deel XXIX. — 1891. — Atl. IV. Deel XXX. 1892. 
Afl.1.2. Batavia 1892. 

Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel XXV. Atl.2—4. Deel XXVI. 
Afl. 1. Batavia. 1892. 

JELLESMA, E. J. Biüjdragen tot de Kennis van het Tompakewasch verzameld. (Verh. van 
het Bat. Genootschap van Kunsten en Wetenschappen.) Deel XLV11. St. 1°. Ba- 
tavia. 1892. 

VAN DER Untss, J. A. Nederlandsch-Indisch Plakaatboek, 1602—1811. Deel X. 1776—1786. 
Batavia. 1892. 


Bulletin de U’ Academie Royale des sciences de Belgique. Annee 62. Ser.3. T.24. N.S—11. 
Bruxelles 1392. 

Analecta Bollandiana. T.I—XI. Bruxelles 1852 — 1892. 

Annales de la Societe Geologique de Belgique. T. XIX. Livr. 3. Liege 1891/92. 

DE HrEn, P. Sur un etat de la matiere caracterise par lindependance de la pression et 
du volume specifique. Bruxelles 1892. 

VAN WEDDINGEN, A. KEssai sur le principe du mouvement et la marche des corps celestes. 
Hasselt 1892. 

DE Harrıez, Ü. La Poesie chinoise. Bruxelles 1892. Extr. 


Generalregister der Publicationen der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich und Übersicht 
des Tauschverkehrs. Zürich 1892. 

Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Jahrg.37. Heft2. Zürich 1892. 

Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. Bd. XV. Zürich 1892. 

Grar, J. H. Das Leben und Wirken des Physikers und Astronomen JOHANN JAKOB HUBER 
aus Basel. (1733—1798). Bern 1892. 

Bulletin de la SocietE Vaudoise des sciences naturelles. Ser. 3. Vol. XXVIlI. N. 108. 
Lausanne 1892. 

Die Neuenburgischen Marine-Chronometer , beobachtet und prämürt auf der Neuenburger 
Sternwarte. Neuchatel 1892. 4. 

Kannermann, A. Resume meteorologique de l’annee 1891 pour Geneve et le Grand Saint- 
Bernard. Geneve 1392. Extr. 


r . . . .p . y. . ‘ 
Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. (43) 


Boletin de la Real Academia de la Historia. T. XXI. Cuad. I—III. Jul. — Sept. IV. Oct. 
V, Nov. VI. Die. Madrid 1892. 

Memorias del Instituto geografico y estadistico.. T. VIIl. IX. Madrid 1889. 1892. 

Anales del Instituto y Observatorio de Marina de San Fernando. Publicados de Orden 
de la Superioridad por el Director Don Juan Vınırsra. Sece. 2%, Observaciones 
meteorolögicas y magneticas. Ano 1591. San Fernando 1892. Fol. 


Buletinul Societätii de scünte fizice (Fizica, Chimia si Mineralogia) din Bucuresci- Romänia. 
Anul I. 1892. N. 9.10. Bucuresci. 

Prince Grıcorı Strourpza. Reponse a la critique que M. Gourız a faite de mon owverage 
sur »les lois fondamentales de Uunivers«. Jassy 1892. 


Proceedings of the United States National Museum. Vol. XV. N. 915. Washington 1892. 
Smithsonian Institution: Report of the National Museum for 1890, pp. 1—116. 385— 394 


503—591. Proceedings Vol. XV, pp. 399—403. (N.910.) N.911—914. Washington 
1892. 
United States Coast and Geodetie Survey. Bulletin N. 25. Washington 1892. 4. 
Department of the Interior. U. St. Geological Survey. — Day, D. Mineral resources of the 


United States. 1839/90. Washington 1892. 

Smithsonian Contributions to knowledge. Vol. XXVIII. Washington 1392. 4. 

Observations made during the year 1888 at the United States Naval Observatory. With 2 Ap- 
pendices. Washington 1892. 4. 

Annals of the Astronomical Observatory of Harvard College at Cambridge, U. S. Vol. XV. 
P. II. Karlsruhe 1892. 4. 

The Astronomical Journal. Vol. Xll. 1892. N. 11—18. (N. 275—282.) Boston 1892. 4. 

The American Journal of Science. Vol. XLIV. 1892. N. 263. 264. New Haven 1892. 

Annals of the New York Academy of Sciences, late Lyceum of Natural History. Vol. V1. 
1891. N. 1—6. New York 1891. 1892. 

Transactions of the New York Academy of Sciences. 1890/91. Vol. X. N.7. 8. 1891/92. 
Vol. XI. N. 1—5. New York. 

Proceedings of the American Oriental Society at Washington. April 21—23. 1892. 
New Haven 1892. 

The American Naturalist. Vol. XXV]. 1892. N. 310— 312. Philadelphia 1892. 

‚Johns Hopkins University Circulars. Vol. XII. N. 101. 1892. Baltimore 1892. 4. 

Annals of Mathematics. Vol. VI. N.7. Charlottesville 1392. 4. 

Transactions of the Academy of Science of St. Louis. Vol.V. N.34. Vol.VI. N.1. 
St. Louis 1892. 


Geological Survey of Missouri. — WınsLow, A. The Higginsville Street in Lafayette 
County. Jefferson City 1892. Fol. 
Publications of the Cincinnati Observatory 12. — PortER, J. G. Catalogue of proper 


Motion Stars. Cincinnati 1392. 4. 

The Kansas University Quarterly. Vol.1. N.2. Oct. 1892. Lawrence. 

Hate, G. E. The Ultra-Violet spectrum of the Solar prominences. Extr. und fernere 
2 Extr. Chicago 1892. 

Wisckert, N. H. The Geological and Natural History Survey of Minnesota. 19. Annual 
report for the year 1890. Minneapolis 1892. 

MaAcrFARLANE, A. Principles of the Algebra of Physics. Salem Mass. 1891. Sep.-Abdr. 


Memorias y Revista de la Sociedad cientifica » Antoxıo Arzark«. T. VI. (1892/93.) 
N. 1.2. Mexico 1892. 


(44) Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften. Viertes Vierteljahr. 


Repüblica Oriental del Uruguay. Reglamento de la Ofieina de depösito reparto y canje 
internacional de Publieaciones aprobado por el Superior Gobierno. Montevideo 
1892. 

Verhandlungen des Deutschen wissenschaftlichen Vereines in Santiago (Chile). Bd. 11. Heft 4. 
Santiago 1892. 

Actes de la Societe scientifique du Chili. Annee Il. (1892.) Livr. I. II. Santiago 1592. 


Mittheilungen aus der medicinischen Facultät der K. Japanischen Universität. Bd. 1. N.V. 
Tokio 1892. 2 

Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokio. 
Heft 50. (Bd. V, S. 439—512) und Supplement zu.Bd.V. Nihongi. II. Theil. 
Buch 22— 24. Yokohama 1892. 4. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. (45) 


NAMENREGISTER. 


Aıry, Sir G.B., starb am 2. Januar zu Greenwich. 23. 
ASCcHERSson, Prof. Dr. P. in Berlin, erhält 2000 Mark zu Vorarbeiten für eine neue 
Ausgabe von Kocn’s Synopsis der Flora von Deutschland. 616. 
=AUWERS, Beiträge zur Kenntniss des Sirius-Systems. 29. 
= __————-, Festrede zur Feier des Leisnızischen Gedächtnisstages. 601. 
,„ Antwort auf die Antrittsrede des Hrn. Vocer. 604—-606. 
Baumnaver, Dr. H. in Lüdinghausen, erhält S00 Mark zu Untersuchungen über die 
Ätzfiguren der Krystalle. 616. 
Berrı, starb am 12. August in Pisa. 842. 
von Bezorp, zur Thermodynamik der Atmosphaere. Vierte Mittheilung. 207. 
279 — 309. 
— —— , der Wärmeaustausch an der Erdoberfläche und in der Atmosphaere: 
1139 — 1178. 
puü Boıs-Reymonn, Mavperrivis. Festrede zur Feier des Geburtstages Frır- 
prie#’s Il. und des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs. 393. 


393 — 442. 


-, Bericht über die Humsorpr -Stiftung. 39— 40. 
5 =, Antwort auf die Antrittsrede des Hrn. Danss. 608 —610. 


— ——  , fiber Versuche an im hiesigen Aquarium neugeborenen Zitter- 


rochen. 967. 
nu Bois, Dr. H. E. J. G. in Berlin und Rusens, über Polarisation ultrarother 
Strahlen beim Durchgang durch Metalldrahtgitter. 1111. 1129 —1138. 


von Brücks, starb am 7. Januar in Wien. 23. 
=BRUNNER, Untersuchungen zur Rechtsgeschichte des Eides. 209. 
Burmeister, starb am 2. Mai in Buenos Aires. 563. 
Conze, liber Darstellung des menschlichen Auges in der antiken Seulptur. 23. 47—598. 
— — —  _, jiber einen auf Samothrake gefundenen Inschriftenstein. 213. 
— —_—_—__, Jahresberieht über die Thätigkeit des Kaiserlich deutschen archaeologischen 
Instituts. 385. 565-571. 
Cvurrıus, Adresse an ihn zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums 23. 
25—27. 
‚ die Deichbauten der Minyer (hierzu Tafel VII). 1179. 11851 — 1193. 
Danmes. Prof. Dr. Wilhelm in Berlin, zum ordentlichen Mitglied der physikalisch- 
mathematischen Classe gewählt. 347. 
— , Antrittsrede. 606 — 608. 
DıeErs, zu Herodas. 1. 17 —19. 
‚ zum sechsten und siebenten Gedichte des Herodas 373. 357 — 392. 


und Zerter, Bericht über die Ausgabe der Aristoteles - Cummentatoren. 99. 


(46) Namenregister. 


Dırımann, über die griechische Übersetzung des Qoheleth. 1. 3— 16. 

‚ über den neugefundenen griechischen Text des Henoch -Buches. 1037. 
1039 — 1054. — Zweite Mittheilung. 1069. 1079 — 1092. 

=Diıutaey, Erfahren und Denken. 373. 

®DÜNNLER, zur Lebensgeschichte Alchvin's. 477. 


‚ Jahresbericht der Centraldireetion der Monumenta Germaniae historica. 
671 — 676. 

‚ Vorlage neuer Bände der Monumenta Germaniae. 841—842. 983 — 984. 
®ENGLER, über die systematische Anordnung der monokotyledonen Angiospermen. 375. 
Fausgörr, Prof. in Kopenhagen, erhält 1000 Mark zur Herausgabe des 6. Bandes 

des Jataka-Werkes. 563. 
Freıscnmann, Dr. A. in Erlangen, der einheitliche Plan der Placentarbildung bei 
Nagethieren. 443. 445 — 457. 


Franz, Prof. Dr. J. in Königsberg, erhält 3200 Mark zur Anschaffung eines Appa- 


rates zur Ausmessung der auf der Liek -Sternwarte aufgenommenen Mondphoto- 
graphien. 616. 

Fucns, über lineare Differentialgleichungen, welche von Parametern unabhängige 
Substitutionsgruppen besitzen. 155. 157 — 176. 

‚.über die Relationen, welche die zwischen je zwei singulären Punkten er- 
streckten Integrale der Lösungen linearer Differentialgleichungen mit dem Coef- 
ficienten der Fundamentalsubstitutionen der Gruppe derselben verbinden. 1111. 
1115— 1128. 


VON DER GABELENTZ, Vorbereitendes zur Kritik des Kuan-tsi. 125. 127 — 152. 


‚ zur Beurtheilung des koreanischen Schrift- und Lautwesens. 
585. 587 — 600. 


,„ über Inschriftenfunde am Jenissei und Orkhon. 983. 


®GABRIEL, Prof. A. in Berlin, und von Hormann, über das Produet der Einwirkung 
des Jods auf Thiobenzamid. 443. 

77. 183 — 204. 3 

‚ erhält 282 Mark zur Katalogisirung der in der Bibliothek zu Hannover 


GERHARDT, Desargues und Pascal über die Kegelschnitte. 


befindlichen mathematischen Manuscripte von Leisnız. 843. 

Graf GıurLıarı, starb am 24. Februar in Verona. 211. 

GoerrE, Prof. A. in Strassburg, über die Entwickelung von Pelagia noctluca. 
851. 853 — 861. 

Gorpsrein, Prof. E. in Berlin, über die sogenannte Schichtung des Kathodenlichts 
inducirter Entladungen. 825. 827 — 839. 

Harnack, die ältesten christlichen Datirungen und die Anfänge einer bischöflichen 
Uhronographie in Rom: 615. 617—658. 

—— , Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 893.895 — 903. 
947. 949 — 965. 

Harrwıc, Dr. E. in Bamberg, erhält 1200 Mark zur Fortsetzung einer Beobachtungs- 
reihe über die Veränderungen der Polhöhe und zur Bestimmung der Aberrations- 
constante. 616. 

HEıBERG, J. L. in Kopenhagen, Handschriftliches zum Commentar des Simplieius 
zu Aristoteles de caelo. 23. 59 —76. 

von Hernsorrz, das Princip der kleinsten Wirkung in der Elektrodynamik. 207. 
459 — 475. 

, elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung. 851. 1093— 1109. 


- ‚ Ansprache an ihn zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums. 


905 — 909. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. (47) 


Herz, Dr. N. in Wien, erhält 1000 Mark zur Bearbeitung seiner auf der Kuffner- 
schen Sternwarte angestellten Beobachtungen. 44. 

HırscHhrerp, die aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit nach Papyrusurkunden. 
213. 815 — 824. 

und Mounusen, Bericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften. 


34— 55. 
von HormAnn, starb am 5. Mai. 385. 
= und GABRIEL, über das Product der Einwirkung des Jods auf 
Thiobenzamid. 4453. 


Janun, Dr. Hans in Berlin, und Laxporr, über die Molecularrefrraction einiger ein- 


facher organischer Verbindungen für Strahlen von unendlich grosser Wellenlänge. 
727. 1729 — 758. 
VON JHERING, starb am 17. September in Göttingen. 842. 


,‚ Adresse zur Feier seines fünfzig jährigen Doctorjubilaeums. 1211—1212. 


=Kavser, Prof. H. in Hannover, und Runge, über die Spectren der Elemente. 
29.619. 

Kerser, Dr. in Freiburg i. B., erhält 1000 Mark zu Untersuchungen über die Ent- 
wickelungsgeschichte des Schweins. 44. 

Kırcunorr, Bericht über die Sammlung der griechischen Inschriften. 33 — 34. 

#2 Er ‚ der Roman eines Sophisten. 863. 865 — 891. 

Krarr, Dr. J. in Berlin, Specimen eines Jaina-Onomastikons. 347. 349 — 362. 

Kreın, über das Krystallsystem des Apophyllits und den Einfluss des Drucks und der 

4422153210 265: 

Köuter, die Zeiten der Herrschaft des Peisistratos in der rorıraıa Ayyvarw. 311. 
259-345, 

—  ., über das Verhältniss Alexander's des Grossen zu seinem Vater Philipp. 495. 
497 — 514. 


von KÖLLıKkEr, zum auswärtigen Mitgliede der physikalisch - mathematischen Classe 


Wärme auf seine optischen Eigenschaften. 43 


gewählt. 267. 

Korr, starb aın 20. Februar in Heidelberg. 205. 

Kränzrın, Oberlehrer Dr. F. in Berlin, erhält 900 Mark zu Untersuchungen über 
die Orchidaceen. 616. 

KRONECKER, starb am 29. December 1891. 23. 

*Kunpr, über die Doppelbrechung bewegter reibender Flüssigkeiten. 277. 

LADENBURG, Prof. A. in Breslau, über das Isoconiin, ein neues Isomeres des Coniins, 
und über den asymmetrischen Stickstoff. 1055. 1057—1067. 

Laune, Prof. in Berlin, erhält 1000 Mark zur Herausgabe der »Fortschritte der 
Mathematik«. 44. 

®LAanporr, über den vermutheten Einfluss etwaiger bei chemischen Reactionen ein- 
tretenden Gewichtsänderungen auf die Werthe der Atomgewichte. 43. 

*__, über die Zahlenbeziehungen zwischen den Atomgewichten. 1069. 

— nnd Jann, über die Molecularrefraction einiger einfacher organischer 
Verbindungen für Strahlen von unendlich grosser Wellenlänge. 727. 729 — 758. 

494. 

=LEUMANN, Dr. Ernst in Strassburg, Jinabhadra’s Jitakalpa, mit Auszügen aus 
Siddhasena’s Cürni. 1035. 1195 — 1210. 

Lınck, Dr. G. in Strassburg, erhält 600 Mark zum Abschluss seiner petrographischen 


Larvysc#ew, Bürgereid der Chersonesiten. 477. 479 


Untersuchungen in Veltlin. 616. 
MEıER, Dr. Jonw in Halle, erhält 900 Mark zur Herausgabe rheinischer Sprach- 
studien. 563. 


(48) * Namenregister. 


®MILCcHHÖFER, Prof. A. in Münster, Untersuchungen über die Demenordnung des 
Kleisthenes. 385. 
Mösıus, die Behaarung des Mammuths und der lebenden Elephanten, vergleichend 
untersucht. 267. 527— 538. 
Mommsen, Bericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften. 34— 35. 
und Hırscurern, Bericht über die Prosopographie der römischen Kaiser- 
zeit. 39. 


‚ Bericht über das Corpus nummorum. 36. 

‚ über die Stellung der juristischen Person im römischen Vermögensrecht. 725. 

,„ Rhodische Inschrift. 841. 845 — 850. 

,„ neue Bände der Monumenta Germaniae. 842. 

MüÜrtEer, Dr. G. W. in Greifswald, erhält 1000 Mark zu Untersuchungen über die 
Östracoden. 615. 

Munk, über die Fühlsphaeren der Grosshirnrinde. 385. 677. 679 — 723. 


=___—_, fortgesetzte Untersuchungen über die Schilddrüse. 1001. 

Nacer, Dr. W. in Berlin, über die Entwickelung der Harnblase beim Menschen und 
bei Säugethieren. 155. 177—181. 

®PERNIcE, über den sogenannten Realverbalvertrag. 153. 

#PRINGSHEIM, über Wachsthum chemischer Niederschläge in Gallerte. 967. 

RAMMELSBERG, über die Leueit- Nephelingruppe. 541. 543 — 561. 

RAnGABE, starb am 29. Januar in Athen. 44. 

Rınmsacn, Dr. in Berlin, über das Atomgewicht des Bors. 1069. 1071—1077. 

Röse, Dr. €. in Freiburg i. B., erhält 1000 Mark zu Untersuchungen über die Zahn- 
entwickelung bei den Beutelthieren, Edentaten und Reptilien. 616. 

Roupve, Dr. Emil in Breslau, Muskel und Nerv bei Nematoden. 495. 515 — 526. 

—— ——, Muskel und Nerv bei Mermis und Amphioxus. 615. 659 — 664. 

‚ gibt es Holomyarier? 615. 665 — 667. 

Rosenrnar, Prof. I. in Erlangen, calorimetrische Untersuchungen an Säugethieren. 
Fünfte Mittheilung. 267. 363 — 372. 

Rorn, starb am 1. April. 385. 

Rusens, Dr. H. in Berlin und H.E.J.G. vu Boıs, über Polarisation ultrarother 
Strahlen beim Durchgang durch Metalldrahtgitter. 1111. 1129 —1158. 

#=Runge, Prof. ©. in Hannover und Kayser, über die Speetren der Elemente. 29. 615. 

SacHau, zur historischen Geographie von Nordsyrien. 311. 313 — 338. 

#SCHEINER, J., Assistent am Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam, über 
den grossen Sternhanfen im Hercules (Messier 13). 583. 

ScHEenck, Dr. H. in Bonn, erhält 1000 Mark zur Herausgabe des zweiten Theils seines 
Werkes über die Anatomie der Lianen. 615. 

Scumirz, Prof. Fr. in Greifswald, erhält 600 Mark zum Abschluss seiner Bearbeitung 
der Florideen. 615. 

SCHMOLLER und von Syser, Bericht über die Politische Correspondenz FRıEDRICH'S 
des Grossen. 36— 37. 

eu eg E ‚„ Bericht über die Acta Borussica. 37— 38. 347. 


SCHRADER, die Vorstellung vom novozeows und ihr Ursprung. 211. 573—581. 


#® __——, über Dr. F. E. Pzıser's Versuch einer Entzifferung der hetitischen In- 
schriften. 585. 

=, weitere Mittheilung über die Asarhaddon-Stele von Sindjerli. 947. 

SCHRÖTER, starb am 3. Januar in Breslau. 23. 

Scrürt, Dr. Franz in Kiel, über Organisationsverhältnisse des Plasmaleibes der 
Peridineen. 215. 377— 384. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. -(49) 


SCHULZE, über freie Nervenendungen in der Epidermis der Knochenfische. 77. 87— 88. 

ö ‚ über die inneren Kiemen der Batrachierlarven. Zweite Mittheilung. 205. 

#_ ____, iiber einen Fall schützender Ähnlichkeit. 677. 

SCHUMANN, Dr. in Berlin, erhält 300 Mark zur Herausgabe eines Nachtrags zu 
seinem Werk über den Blüthenanschluss. 44. 

#=SCHWENDENER, über ÖOrientirungstorsionen der Blätter und Blüthen. 21. 


——, zur Kritik der neuesten Untersuchungen über das Saftsteigen. 825. 
911 — 946. 

VON SIEMENS, starb am 6. December. 1069. 

VON SPIEGEL, Adresse an ihn zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums. 
997 — 999. 

"von SysBer, über Mythenbildung in der Gegenwart. 1035. 

und ScHmoLLEr, Bericht über die politische Correspondenz FrıEDrıc#’s 

des Grossen. 36 — 37. 

en ‚ Bericht über die Acta Borussieca. 37 — 38. 


TASCHENnBERG, Prof. Dr. OÖ. in Halle, erhält 1000 Mark zur Fortsetzung seiner 
»Bibliotheca zoologica«. 615. 

*ToBLER, über Handschriften und Ursprung der Proverbes dou vilain. 31. 

Toerter, Beitrag zur Kenntniss der elektrischen Oscillationen von sehr kurzer 
Schwingungsdauer. 267. 269 — 276. 

TorNntER, Dr. in Berlin, erhält 900 Mark zu Untersuchungen über die Phylogenese 
des terminalen Segments der Säugethier- Hintergliedmaassen. 44. 

UsENnER, die Unterlage des Laertius Diogenes. 983. 1023—1034. 

VAHLEN, über das Saeculargedicht des Horatius. 1003. 1005— 1021. 

VIEREcCK, Dr. Paul in Berlin.- erhält 600 Mark zum Zweck der Publication der 
aegyptischen Papyri. 843. 

VırcHmow, über den troischen Ida, die Skamander-(Quelle und die Porta von Zeitunlü. 
893. 969 — 982. 

Voszr, Geh. Regierungs-Rath Prof. Dr. Hermann Karl in Potsdam, zum ordentlichen 
Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe gewählt. 347. 

——, Antrittsrede. 601 — 604. 

Vor, Prof. Dr. H. W. in Charlottenburg, erhält 171 Mark zur Instandsetzung 
speetrographischer Apparate. 616. 

DE Vrıes starb am 9. August in Leiden. 842, 

WALDEYER, über die Plastik des menschlichen Auges am Lebenden und an den 

Bildwerken der Kunst. 43. 45 — 46. 

‚„ über den feineren Bau des Magens und Darmkanales von Manatus 

americanus. 71. 79 — 8. 
—, Beiträge zur Kenntniss der Anatomie des harten Gaumens. 1055. 

WarrEnBaAcH, über erfundene Briefe in Handschriften des Mittelalters, besonders 
Teufelsbriefe. 89. 91 — 123. 

‚ Jahresbericht des Königlichen Historischen Instituts in Rom. 669—670. 


‚„ Adresse an ihn zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums. 
727. 759 — 761. 

WEBER, über den väjapeya. 763. 765 — 813. 

— — —-, über Bähli, Bählika. 893. 985 — 995. 


WEIERSTRASSs, Bericht über Herausgabe von Jacorı's Werken. 39. 
’ > 


, erhält 782 Mark als Rest der Kosten der neuen Ausgabe der Werke 
Jacorı's. 44. 
=WEınHoLD, Glücksrad und Lebensrad. 539. 


Sitzungsberichte 1892. H 


(50) Namenregister. 


WELTNeErR, Dr. W. in Berlin. erhält 600 Mark zu Untersuchungen über den Bau 
der Sisswasserschwämme. 615. » 

Wernıcke, Mediecinalrath in Breslau, erhält 800 Mark zur Herstellung eines Atlas 
des Grosshirns. 616. 

WIESELER, starb in Göttingen am 3. December. 1069. 

Wvrrr, Dr. L. in Schwerin i. M., erhält 1000 Mark zur Beschaffung von Instrumenten 
für krystallographische Untersuchungen. 616. 

ZacHarıas, Dr. OÖ. in Plön, erhält 1000 Mark zur Vervollständigung der Ausrüstung 
der biologischen Station daselbst. 44. 

ZELLER und Dırrs, Bericht über die Ausgabe der Aristoteles-Commentatoren. 35. 

#=______, über die Entstehung ungeschichtlicher Überlieferungen. 983. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. (ad) 


SACHREGISTER. 


Acta Borussica, Bericht. 37—38. 347. — Publicationen. 585. 

Adressen: an Övurrıus zur Feier seines fünfzigjährigen Doctorjubilaeums. 23. 25—27. 
— an Warrengach desgleichen. 727. 759—761 — an von Hrrnnourz desgleichen. 
905 — 909. — an von SPıEGEL desgleichen. 997—999. — an von JHERING des- 
gleichen. 1211—1212. 

Aegyptische Polizei der römischen Kaiserzeit nach Papyrusurkunden, von Hırsca- 
FELD. 213. 815 — 824. 

Ähnlichkeit, über einen Fall schützender —, von Senvurze. 677. 

Alchvin, zu dessen Lebensgeschichte, von Dünmter. 477. 

Alexander der Grosse, über das Verhältniss desselben zu seinem Vater Philipp, von 
Könter. 495. 497 — 514. 

Amphioxus, s. Mermis. 

Anatomie und Physiologie: pu Boıs-Reynonnv, über Versuche an im hiesigen Aquarium 


neugeborenen Zitterrochen. 967. — A. Freischmann, der einheitliche Plan der 
Placentarbildung bei Nagethieren. 443. 445— 457. — A. GorrrE, über die Ent- 
wickelung von Pelayia noctiluca. 851. 8553 — 861. — W. Nacer, über die Ent- 


‚wickelung der Harnblase beim Menschen und bei Säugethieren. 155. 177—181. — 
E. Ronpe, Muskel und Nerv bei Nematoden. 495. 515—526. — Derselbe, 
Muskel und Nerv bei Mermis und Amphiowus. 615. 659— 664. — Derselbe, Gibt 


es Holomyarier? 615. 665— 667. — 1. Rosentuar, Calorimetrische Untersuchungen 
an Säugethieren. Fünfte Mittheilung. 267. 363— 372. — ScHuLzE, freie Nerven- 
endungen in der Epidermis der Knochenfische. 77. 87—88. — Derselbe, über 
die inneren Kiemen der Batrachierlarven. Zweite Mittheilung. 205. — WALDEYER, 
über die Plastik des menschlichen Auges am Lebenden und an den Bildwerken 
der Kunst. 43. 45—46. — Derselbe, über den feineren Bau des Magens und 


35. 


Angiospermen, über die systematische Anordnung der monokotyledonen —, von 


Darmkanales von Manatus americanus. 77. 79 


Enter. 375. 
Apophyllit, über sein Krystallsystem und den Einfluss des Drucks und der Wärme 
auf seine optischen Eigenschaften, von Kreın. 43--44. 215. 217 — 269. 
Archaeologie: Conze, über Darstellung des menschlichen Auges in der antiken 
Sculptur. 23. 47—58. — Warpever, über die Plastik des menschlichen Auges 
am Lebenden und an den Bildwerken der Kunst. 43. 45 — 46. 
Archaeologisches Institut: Jahresbericht. 355. 565 —571. 
Aristoteles de caelo, Handschriftliches zum Commentar des Simplieius dazu, 
"von J. L. Hrısere. 23. 59-76. 
rorırsia AIyvaiow, die Zeiten der Herrschaft des Peisistratos in derselben, 
von Könrer. 311. 339—345. 
Aristoteles-Commentatoren: Bericht. 35. — Geldbewilligung. 563. — Neue 
Publieationen. 947. 
Asarhaddon-Stele von Sindjerli, weitere Mittheilung über dieselbe, von Schraper. 947. 


als 


(52) Sachregister. 


Astronomie: Auwers, Beiträge zur Kenntniss des Sirius-Systems. 29. — J. ScHEiNER, 
über den grossen Sternhaufen im Hercules (Messier 13). 583. 

Atomgewichte, über den vermutheten Einfluss etwaiger bei chemischen Reactionen 
eintretenden Gewichtsänderungen auf die Werthe derselben, von Lanporr. 43. — 
Über Zahlenbeziehungen zwischen den Atomgewichten, von Demselben. 1069. 
— Über das Atomgewicht des Bors, von Rımsacn. 1069. 1071—1076. 

Auge, über Darstellung des menschlichen, in der antiken Senlptur, von Conze. 25. 
47 —58. 

— —., iber die Plastik des menschlichen, am Lebenden und an den Bildwerken der 
Kunst, von WALDEYER. 43. 45 — 46. 

Bähli, Bählika, über —, von WEBER. 893. 985 — 995. 

Batrachierlarven, über die inneren Kiemen derselben, von Schutze. 205. 

Bopp-Stiftung, Bericht. 40. 


Botanik: Enerer, über die systematische Anordnung der monokotyledonen Angio- 


spermen. 375. — ScHwENDENER, über Orientirungstorsionen der Blätter und 
Blüthen. 21. — Derselbe, zur Kritik der neuesten Untersuchungen über das 


Saftsteigen. 825. 911-— 946. 

Briefe, über erfundene, in Handschriften des Mittelalters, besonders Teufelsbriefe, 
von WarrEnBAcH. 89. 91—123. 

Calorimetrische Untersuchungen an Säugethieren, von I, Rosentrnar. 267. 363— 872. 

Charlotten-Stiftung, Preis. 612- 

Chemie: von Hormann und A. Gasrien, über das Produet der Einwirkung des Jods 
auf Thiobenzamid. 443. — A. Lapvensurg, über das Isoconiin, ein neues 1so- 
meres des Coniins, und über den asymmetrischen Stickstoff. 1055. 10571067. 
— Lanporr, über den vermutheten Eintluss etwaiger bei chemischen Reactionen 
eintretenden Gewichtsänderungen auf die Werthe der Atomgewichte. 43. — 
Derselbe, über Zahlenbeziehungen zwischen den Atomgewiehten. 1069. — 
Prın6sucım, über Wachsthum chemischer Niederschläge in Gallerte. 967. — 
Rınsacn, zum Atomgewicht des Bors. 1069. 1071 — 1076. 

Chersonesiten, Bürgereid derselben, von Larvscnew. 477. 479 — 494. 

Christliche Datirungen, die ältesten, und die Anfänge einer bischötlichen Chrono- 
graphie in Rom, von Harnack. 615. 617 — 658. 

Corpus Inseriptionum Graecarum: Bericht. 33—34. — Geldbewilligung. 563. 
_ — — Latinarum: Bericht. 34— 35. 

Nummorum: Bericht. 36. 

Desargues und Pascal über die Kegelschnitte, von Gernarpr. 77. 183 — 204. 

Diez-Stiftung, Preis. 612. 


Differentialgleichuneen, über lineare —. welche von. Parametern unabhängige 
fe} > 


Substitutionsgruppen besitzen, von Fuens. 155. 157— 176. 

Doppelbrechung bewegter reibender Flüssigkeiten, über dieselbe, von Kunpr. 
277. 

Eid, Untersuchungen zur Rechtsgeschichte desselben, von Brunner. 209. 

Elektrische Öseillationen von sehr kurzer Schwingungsdauer, Beitrag zur Kennt- 
niss derselben, von TorrLer. 267. 269 — 276. 

Elektrodynamik, das Prineip der kleinsten Wirkung in derselben. von von Hrın- 
Horrz. 207. 459 — 475. 

Elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung, über dieselbe, von von Hrun- 
Horrz. 851. 1093— 1109. 

Elephanten, s. Mammuth. 


Eller'sches Legat, Preisausschreiben. 613. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. (53) 


Erfahren und Denken, von Divruev. 373. 

Farbenzerstreuung, elektromagnetische Theorie derselben, von v. Hernnortz. 
851. 1093—1109. 

Festreden: zur Feier des Geburtstages Frıepdrıcr's II. und des Geburtstages Seiner 
Majestät des Kaisers und Königs (pu Bois- Reynmonn). 33. 393 — 442. — zur Feier 
des Leisnizischen Gedächtnisstages (Auwers). 601. 

Friedrich der Grosse, s. Politische Correspondenz. 


Fühlsphaeren s. Grosshirnrinde. 


Gaumen, Beiträge zur Anatomie des harten —, von WALDEvER. 1055. 

Geldbewilligungen zur Fortführung der wissenschaftlichen Unternehmungen der 
Akademie: Jacosı's Werke. 44. — Politische Correspondenz Frırnrıcn's des 
Grossen. 563. — Corpus Inseriptionum Graecarum. 563. — Aristoteles - Commen- 


tatoren. 563. 

Geldbewilligungen für besondere wissenschaftliche Untersuchungen und Veröflent- 
liehungen: Ascherson, Kocns Synopsis der Flora von Deutschland. 616. — 
Baunnaver, Ätzfiguren der Krystalle. 616. — Faussörn, Jataka-Werk. 563. — 
Franz, Ausmessung der Mondphotographien. 616. — Gernarpr, Manuseripte 
von Leisnız. 843. — Harrwıc, Veränderungen der Polhöhe. 616. — Herz, 
astronomische Beobachtungen. 44. — Keıser, Entwickelungsgeschichte des 
Schweins. 44. — Kränzuın, Orchidaceen. 616. — Lampe, Fortschritte der 
Mathematik. 44. — Liner, petrographische Untersuchungen im Veltlin. 616. 
MeEıER, rheinische Sprachstudien. 563. — Mürrter, OÖstrakoden. 615. — Rösz, 
Zahnentwickelung bei Beutelthieren, Edentaten und Reptilien. 616. — Scuenck, 
Anatomie der Lianen. 615. — Scnnrrz, Florideen. 615. — Senumann, Blüthen- 
anschluss. 44. — Tascnenpers, Bibliotheca zoologiea. 615. — Tornıer, Phylo- 
genese des terminalen Segaments der Sängethier - Hintergliedmaassen. 44. — 
VIERECK, aegyptische Papyri. 843. — H. W. Voser, speetrographischer Apparat. 
616. — Werrner, Süsswasserschwämme. 615. — Wernıcke, Atlas des Gross- 
hirns. 616. — Wvrrr, krystallographische Untersuchungen. 616. — ZacHARrtas, 
biologische Station in Plön. 44. 

Geographie: Sacnau, zur historischen Geographie von Nordsyrien. 311. 313—338. 
Vırcnow, über den troischen Ida, die Skamander-(Wuelle und die Porta von 
Zeitunlü. 893. 969 — 982. 

Geologie und Mineralogie: Krrın, über das Krystallsystem des Apophyllits und 


den Einfluss des Drucks und der Wärme auf seine optischen Eigenschaften. 


43 — 44. 215. 217— 265. — Rannersgerg, über die Leueit- Nephelingruppe. 541. 
543 — 561. 

Geschichte: Acta Borussica. 37—38. 347. 585. — Corpus nummorum. 36. 
Currıuvs, die Deichbauten der Minyer. 1179. 1181—1193. — Dünmnter, zur 
Lebensgeschichte Alchvin’'s. 477. — Hırscrrenp, die aegyptische Polizei der 
römischen Kaiserzeit nach Papyrusurkunden. 213. 815—824. — Historisches 
Institut in Rom. 495. 669 — 670. — Könter, die Zeiten der Herrschaft des 
Peisistratos in der rorıraıa Asvvarwv. 311. 339— 345. — Derselbe, über das 


Verhältniss Alexander's des Grossen zu seinem Vater Philipp. 495. 497— 514. 
— Larvscnhew, Bürgereid der Chersonesiten. 477. 479—494. — MircHHörer, 
Untersuchungen über die Demenordnung des Kleisthenes. 385. — Monumenta 
Germaniae historica. 671—676. 841— 842. 953— 984. — Politische Correspondenz 
Frıeprien's des Grossen. 36— 37. 563. —— Römische Prosopographie. 35. — 
von SygBEL, über Mythenbildung in der Gegenwart. 1035. — Warrensgacn, über 
erfundene Briefe in Handschriften des Mittelalters, besonders Teufelsbriefe. 89, 


(54) Sachregister, 


91—123. — ZeELLER, über die Entstehung ungeschichtlicher Überlieferungen. 983. 
— Vergl. Kirchengeschichte. 

Gewichtsänderungen, über den vermutheten Einfluss etwaiger bei chemischen 
Reactionen eintretenden — auf die Werthe der Atomgewichte, von Lanporr. 43. 

Glücksrad und Lebensrad, von WeEınHoLn. 539. 

Grosshirnrinde, über die Fühlsphaeren derselben, von Munk. 385. 677. 679— 723. 

Harnblase, über die Entwickelung derselben bei Säugethieren, von W. Nager. 
155. 177—181. 

Helmholtz - Stiftung, Errichtung derseiben und Verleihung ihrer ersten vier 
Medaillen. 610 —611. 

Henoch-Buch, über den neugefundenen griechischen Text desselben, von DirLmann. 
1037. 1039 — 1054. 

Herodas. zu demselben von Diers. 1. 17—19. — zum sechsten und siebenten Ge- 
dichte desselben, von Demselben. 373. 387— 392. 

Hetitische Inschriften, über Dr. F. E. Prıser'’s in Breslau Versuch einer Entzifferung 
derselben von SCHRADER. 589. 

Historisches Institut in Rom, Publicationen. 495. — Jahresbericht. 669 — 670. 

Holomyarier, über deren Vorkommen, von E. Roupe. 615.. 665 — 667. 

Humboldt-Stiftung: Bericht 39 — 40. 


Jacobi, Ausgabe seiner Werke. Bericht. 39. — Geldbewilligung. 44. 

Jaina-Onomastikon, Speeimen eines solehen, von J. Krarr. 347. 349 — 362. 

Ida, über den troischen —, die Skamander - Quelle und die Porta von Zeitunlü, von 
Vırcnow. 893. 969 — 982. 

Jenissei und Orkhon, über Inschriftenfunde am —. von v. D. GABELENTZ. 983. 


Jinabhadra’s Jitakalpa, von E. Leumann. 1035. 


Inschriften: Conze, über einen auf Samothrake gefundenen Inschriftenstein. 23. 


47T— 58. -— von DER GABELENTZ, über Inschriftenfunde am Jenissei und Orkhon. 
983. — Laryschew, Bürgereid der Chersonesiten. 477. 479— 494. — Monmnsen, 
Rhodische Inschrift. 841. 8345— 850. — ScHrADER, über Dr. F. E. Peıser’s in 
Breslau Versuch einer Entzifferung der hetitischen Inschriften. 585. — Derselbe, 
weitere Mittheilung über die Asarhaddon -Stele von Sindjerli. 947. — Vergl. Corpus 


Inseriptionum. 

Jod, über das Product der Einwirkung desselben auf Thiobenzamid, von v. Hor- 
MANN und GABRIEL. 443. 

Isoconiin, über das —, ein neues Isomeres des Coniins, und über den asyınmetrischen 
Stickstoff, von A. Lapensurc. 1055. 1057—1067. 

Juristische Person, über die Stellung derselben im römischen Vermögensrecht, 
von Momnsen. 725. 

Kathodenlicht indueirter Entladungen, über die sogenannte Schichtung derselben 
von E. Gorpsreın. 825. 827— 839. 

Kegelschnitte, Desargues und Pascal über dieselben, von GErHARDTr. 77. 183 — 204. 

Kirchengeschichte: Dirrmann, über die griechische Übersetzung des @oheleth. 
1. 3—16. — Derselbe, über den neugefundenen griechischen Text des Henoch- 
Buches. 1037. 1039 —1054. — Harnack, die ältesten christlichen Datirungen und 
die Anfänge einer bischöflichen Chronographie in Rom. 615. 617— 658. — Der- 
selbe, Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus. 893. 
895 — 903. 947. 949 — 9693. 

Kleinste Wirkung, das Prineip derselben in der Elektrodynamik, von v. Hern- 
HoLrz. 207. 459 — 475. 


Kleisthenes, Untersuchungen über die Demenordnung desselben, von MiLcHHörer. 399. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. (55) 


Knochenfische, freie Nervenendungen in der Epidermis derselben, von Scnurze. 77, 
87—88. 

Koreanisches Schrift- und Lautwesen, zur Beurtheilung desselben, von vox DER 
GaABELENTz. 585. 587— 600. 

Kuan-tsi, Vorbereitendes zur Kritik desselben, von v. p. Gagerentz. 125. 127—152. 

Laertius Diogenes, über die Unterlage desselben, von Usexer. 983. 1023—1034. 

Leucit-Nephelingruppe, über dieselbe, von Rammeısgere. 541. 543 — 561. 

Mammuth, die Behaarung desselben und der lebenden Elephanten, vergleichend 

538. 


Manatus americanus, über den feineren Bau des Magens und Darmkanales des- 


untersucht. von Mößsıvs. 267. 527 


selben, von WALDEYER. 77. 79—85. 

Mathematik: Fuchs, über lineare Differentialgleichungen, welche von Parametern 
unabhängige Substitutionsgruppen besitzen. 155. 157—176. — Derselbe, über 
Relationen, welche die zwischen je zwei singulären Punkten erstreckten Integrale 
der Lösungen linearer Differentialgleichungen mit den Coefficienten der Fun- 
damentalsubstitutionen der Gruppe derselben verbinden. 1111. 1113— 1128. — 
GERHARDT, Desargues und Pascal über die Kegelschnitte. 77. 183 — 204. — 
Jacosı, Ausgabe seiner Werke. 39. 44. 

Maupertuis. Festrede von pu Boıs-Reymonn. 33. 393 — 442. 

Mensch, über die Entwickelung der Harnblase bei demselben und bei Sängethieren., 
von M. Nacer. 155. 177—181. 

Menschliches Auge, über Darstellung desselben in der antiken Sceulptur, von Coxze. 
23. 47 —58. 

-, über die Plastik desselben aın Lebenden und an den Bildwerken 
der Kunst, von WaALrpEeyEer. 43. 45—46. 

Mermis und Amphioxus, Muskel und Nerv bei derselben, von E. Ronune. 615. 659-664. 


Meteorologie: von Bezorv, zur Thermodynamik der Atmosphaere. 207. 279—309. — 
Derselbe, der Wärmeaustausch an der Erdoberfläche und in der Atmosphaere. 
1139—1178. 

Mineralogie, s. Geologie. 

Molecularrefraction einiger einfacher organischer Verbindungen für Strahlen 
von unendlich grosser Wellenlänge, von Lanporr und H. Jaun. 727. 729 


— 758. 

Movoxsgows, die Vorstellung von demselben und ihr Ursprung, von Scnraper. 211. 
573 — 581. 

Monumenta Germaniae historica, Jahresbericht 671 —676. — Neue Publieationen. 
841— 842. 983 — 984. 

Muskel und Nerv bei Nematoden, von E. Ronpe. 495. 515-—526. — bei Mermis 


und Amphioxus, von Demselben. 615. 659 — 664. 
Mythenbildung in der Gegenwart, über solche, von v. Syeer. 1035. 
Nagethiere, der einheitliche Plan der Placentarbildung bei denselben, von A. Freısch- 
MANN. 443. 445 — 457. 
Nematoden, Muskel und Nerv bei denselben, von E. Rnope. 495. 515 — 526, 
Niederschläge, über Wachsthum chemischer — in Gallerte, von Prinasueım. 967, 
Nordsyrien, zur historischen Geographie desselben, von Sacnav. 311. 313— 338. 
Orientirungstorsionen der Blätter und Blüthen, über solche, von ScHwENDENER. 21. 
Pascal und Desargues über die Kegelschnitte, von GErHARDT. 77. 183 — 204. 
Peisistratos, die Zeiten der Herrschaft desselben in der rorırsı« ASyveiov, von 
Könter. 311. 339 — 345. 
Pelagia noctiluca, über die Entwickelung derselben, von A. Gorrre. 851. 853 — 861, 


(56) Sachregister. 


Peridineen, über Organisationsverhältnisse des Plasmaleibes derselben, von F. Scnürr. 


215. 377 — 384. 
Personaländerungen. 41—42. — Vergl. Todesanzeigen und Wahlen. 


Petrus, Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse desselben, von Harnack. 
893. 895 — 903. 947. 949 — 965. 
Philologie, allgemeine: ScHRADER, die Vorstellung vom Movorsgus und ihr Ursprung. 
211. 573— 581. 
‚ griechische: Aristoteles- Commentatoren. 35. 563. 947. — Dirıs, zu 


Herodas. 1. 17—19. — Derselbe, zum sechsten und siebenten (Gedichte des 
Herodas. 373. 3837 —392. — J. L. Heıgers, Handschriftliches zum Commentar 
des Simplicius zu Aristoteles de caelo. 23. 59 —76. — KırcHHorr, der Roman 


eines Sophisten. 863. 865 — 891. — Usener, die Unterlage des Laertius Diogenes. 
983. 1023 — 1034. 
„ lateinische: Vanren, über das Säculargedicht des Horatius. 1003. 
1005 — 1021. 

_—__, orientalische: von DER GABELENTZ, Vorbereitendes zur Kritik des 
Kuan-tsi. 125. 127—152. — Derselbe, zur Beurtheilung des koreanischen 
Schrift- und Lautwesens. 585. 587— 600. — J. Krarr, Specimen eines Jaina- 
Onomastikons. 347. 349— 362. — E. Leumann, Jinabhadra’s Jitakalpa, mit Aus- 
zügen aus Siddhasena’s Curni. 1035. 1195—1210. — Weser, über den väjapeya. 
763. 765— 813. 

— _ , romanische: Toster, über Handschriften und Ursprung der Proverbes 
dou vilain. 31. 

Philosophie: Dirrnev, Erfahren und Denken. 373. 

Physik: H.E. J. G. ou Boıs und H. Rusens, über Polarisation ultrarother Strahlen 
beim Durchgang durch Metalldrahtgitter. 1111. 1129 —1138. — E. Gorpsteın, 
über die sogenannte Schichtung des Kathodenlichts indueirter Entladungen. 825. 


827-—-839. — vos Hernmorrz, das Prineip der kleinsten Wirkung in der Elektro- 
dynamik. 207. 459—475. — Derselbe, über die elektromagnetische Theorie der 
Farbenzerstreuung. 851. — H. Karyser und C. Ruxse, über die Speetren der 
Elemente. 29. 615. — Kunxpr, über die Doppelbrechung bewegter reibender 
oO oO 
Flüssiekeiten. 277. — Laxporr und H. Jaun, über die Molecularrefraction einiger 
{eo} 9 fe) 


einfacher organischer Verbindungen für Strahlen von unendlich grosser Wellen- 
länge. 727. 729—758. — Torrrer, Beitrag zur Kenntniss der elektrischen 
Öscillationen von sehr kurzer Schwingungsdauer. 267. 269— 276. 
Physiologie, s. Anatomie. 
Placentarbildung, der einheitliche Plan derselben bei Nagethieren, von A. FLEıscH- 
mann. 443. 445 —- 457. 


Politische Correspondenz Frieorıcn’s des Grossen: Bericht. 36 


37. — Geld- 
bewilligung. 563. 

Preise: Dırz- Stiftung. 612. — Cnuarrorrex - Stiftung. 612. — Errer’sches Legat. 613. 

Prosopographie der römischen Kaiserzeit, Bericht. 35. 

Proverbes dou vilain. über Handschriften und Ursprung derselben, von Tosrer. 31. 

Qohelet, über die griechische Übersetzung desselben, von Dırımann. 1. 3—16. 

Realverhalvertrag, über den sogenannten, von PErnıcr. 153. 

Rechtsgeschichte: Monusen, über die Stellung der juristischen Person im römi- 
schen Vermögensrecht. 725. — Pernice, über den sogenannten Realverbal- 
vertrag. 153. 

Rhodische Inschrift, von Monnmsen. 841. 845 — 850. 


Römische Prosopographie, s. Prosopographie. 


Der erste Jahresband endet mit Seite 542. (are 


Römisches Vermögensrecht, über die Stellung der juristischen Person in derselben, 
von Monnsen. 725. 

Roman eines Sophisten, der —, von Kırcunorr. 863. 365— 891. 

Säugethiere, über die Entwickelung der Harnblase bei denselben und beim Menschen, 
von W. Naser. 155. 177—181. — Calorimetrische Untersuchungen an denselben, 
von I. Rosenruar. 267. 363—372. 

Saftsteigen, zur Kritik der neuesten Untersuchungen über dasselbe, von SchwEn- 
DENER. 825. 911 —946. 

Samothrake, über einen dort gefundenen Inschriftenstein. 213. 

Savigny-Stiftung, Bericht. 40—41. 

Schilddrüse, fortgesetzte Untersuchungen über dieselben, von Musk. 1001. 

Simplicius, Handschriftliches zum Commentar desselben zu Aristoteles de caelo, 
von J. L. Heıgere. 23. 59—76. 

Sindjerli, s. Asarhaddon -Stele. 

Sirius-System, Beiträge zur Kenntniss desselben, von Auwers. 29. 

Skamander-Quelle, s. Ida. 

Spectren der Elemente, von H. Kayser und C. Runge. 29. 615. 

Sternhaufen im Hercules (Messier 13), von J. ScHEiser. 533. 

Teufelsbriefe, s. Briefe. 

Thermodynamik der Atmosphaere, von v. BzezoLnd. 207. 279 — 309. 

Thiobenzamid, s. Jod. 


Todesanzeigen: Aıry. 23. — Berrı. 842. — von Brücke. 23. — BurMEISTER. 563. 
— Graf Gıurıarı. 211. — von Hormann. 385. — von JHERING. 842. — Kopr. 
205. — Kronecker. 23. — Rıancase. 44. — Rorne. 385. — ScHRÖTER. 23. — 
VoN SIEMENS. .1069. — DE VrıEs. 842. — WIESELER. 1069. 


Treischer Ida, s. Ida. 

Ungeschichtliche Überlieferungen, über die Entstehung solcher, von ZErzer. 983. 

Väjapeya, über denselben, von Weser. 763. 765—813. 

Volkskunde: Über Glücksrad und Lebensrad, von WeınHoLp. 539. 

Wahl von auswärtigen Mitgliedern: vow KörLixer. 267. 

von ordentlichen Mitgliedern: Daumzs. 347. — VogeEL. 347. 

Zeitunlü, s. Ida. 

Zitterrochen, über Versuche an im hiesigen Aquarium neugeborenen, von nu Bors- 
Reymoxn. 967. 

Zoologie: Mösıus, die Behaarung des Mammuths und der lebenden Elephanten, 
vergleichend untersucht. 267. 527— 538. — F. Schürr, über Organisationsverhält- 
nisse des Plasmaleibes der Peridineen. 215. 377—3834. — SchuLzE, über einen 
Fall schützender Ähnlichkeit. 677. 

Vergl. Anatomie und Physiologie. 


Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei. 


Sitzungsberichte 1892. J 


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SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


XXIX. XXX. 


2. Junı 1892. 


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BERLIN 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


relerzteraleelepeleraletelegetereleteleteleTeIeTeISTeI-TeIST=IeTZISTeIST-ISTSISTeISTSISTSISTSISTSIT SET ITSITIeTSISTSIT IT] 


Anzeige. 


7x 


Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die » Monatsberichte der Königlich 


Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind 


an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, 
Bestimmungen gelten. 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«. ». 


SaE 
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 


Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 


nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der phuosopuchz -historischen Classe ungerade 
Nummern. 

322. 


1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung Be Seneen 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten Hber 
wiesenen rgenseBaniehen Arbeiten, Fund zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen BehdE 
tigen Stücken nieht erscheinen konnten. 


ga. 


2 Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 


wird vierteljährlich ausgegeben. 
8 28. 

‘1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes. Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 


akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


S 6. 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
‚nur nach ausdrücklicher Ziistimmune der Gesammtaks- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 


tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


für welehe unter anderen folgende 


‚ < 


Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz. einer "Mit- 
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der i in den 
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von. 
besonders beizugebenden Tafeln us volle erforderliche 
Auflage a ist, 


7. 


Eine für die Sitzungsberichte bestimmte ee 


liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe 
des betreffenden. Stückes anderweitig, sei es auch“ nur 


auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- = 
‚scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. 


Wenn. F 
der Verfasser 
Mittheilung diese andersveit früher zu veröffentlichen 
ae als ihm dies gesetzlich zusteht, 5 bedarf er 
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der. 
betreffenden Clässe, TEE 
: y 8 8. 

a Ausware werden Correeturen nur auf] besonderes 
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten damit 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht; Tagen, = SE 


SE. © Sr ae 


1: ENEBEn der vollständigen Ausgabe der Ban 2 
‚beriehte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher 


Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt 
werden, dass EINEN mit Sondertitel und fortlaufender 
Paginirung versehen und. mit ‚besonderem Verkaufspreis 
in den Buchhandel Bebzanı werden. ERBETEN. 


N ie er “: X ee + 


l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- 


. lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- 


geltlich fünfzig rs mit einem Umschlag, auf 
ne der Titel der Arbeit. wiederholt wird. 

2. Dem Verfasser steht frei, auf ‚seine Kosten weitere 
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von ‚noch zweihundert 
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 


sofern er hiervon rechtzeitig dem re di igiren d en 8 ecre- 


tar Anzeige gemacht hat, N Alle REN 


; $ DEE } « ; E 
Den Bericht über jede einzelne. Sitzung, stellt. der. 
Secretar zusammen, welcher darin den Vorsitz "hatte. 


Derselbe Seeretar führt. die Oberaufsieht ü er die Redae- - 


tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- 
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in di ze 
heisst er der Anl Secretar. ae 


ET N. 29. 
1. Der reiligirende Seeretar ist“ für. den Tal de 


geschäftlichen Theils der Sitzungsb hte e verantwortlich. 
Für alle übrigen Theile derselben s ind ı 


ven : 
ur) nur er en: N ortlich, 


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einer aufgenommenen wissenschaftlichen ee 


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SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 
ZU BERLIN. 


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16. Junı 1892. 


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1892. 


BERLIN 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Anzeige. 


Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben ‚die Mensthenehe der Köni; ich 
sang g 
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sınd 


an deren Stelle sSaunssberienle 


getreten, 
Bestimmungen gelten. 


für welche unter ‚anderen eae 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte« Bye P%% er % 


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3. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die simmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 


Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 


nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der Philosopbjsch- -historischen Classe ungerade 
Nummern. 

N 2. 


1. ‘Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 


die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in a 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
tigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


SA. 


2 Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 


wird vierteljährlich ausgegeben. 
8 28. 

1. Die zur’ Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder ‚ haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache "angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8 6. 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 ‚Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift "der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses. 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text ‚einzuschal- 


tenden Holsschnkten sollen Abbildungen auf durchaus | 


Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- 
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind. und von 
besonders beizugebenden. Tafeln die volle. rforderliche 
Auflage eingeliefert ist. ” 


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des beireifendih. ‚Stückes ee s ‚auch. nur 
auszugsweise oder auch in weiterer Ausfüh "ung, in deut- 
‚scher ‚Sprache Yasha sein. oder werden. Wenn, 


Mittheilung diese. ee früher 
beihsichuit, als ihm dies gesetzlich steht, bedarf. er 
‚dazu der Einwilligung der Gesamimtakademie ‚oder der 
betreffenden Olasse. Be 2) : y = j 


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au Kosyege‘ werden een A auf een 
Verlangen verschiekt. Die Verfasser. verzichten damit 
aus Erscheinen ihrer. en ‚nach acht Tagen. a 


u Nehet Ber vollständigen. Aus abe der Sitzungs- 
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher B 
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt 
werden, NE, dieselben mit Sondertitel und fortlaufender 
Paginirung versehen und mit beson rem Verkupre 
in | Buchhandel gebracht werden. Fe ei Be 


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Senn fünfzig Sönden 
»welchem der Titel der 
‘2. Dem Verfa 
gleiche Sonderabd 
zu unentgeltlichen eigene: 


SITZUNGSBERICHTE 
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU. BERLIN. 


AXXH. XXX XXXIV. 


23. 30. Junı 1892. 


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BERLIN 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die Monntsbekehken der Königlich 


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Preussischen Akademie der Ines zu erscheinen aufgehört, und. “es. sind 


an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, für welche unter anderen folgende % 
Bestimmungen gelten. ale i AR: E u . 
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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine dureh den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 


Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade | 


Nummern. \ 
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1. Jeden Sitzungsberieht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung Berjeneren 
geschäftlichen Angelegenheiten. 
2. Darauf folgen die den Sitzungsberiehten über- 


wiesenen wissenschaflichen Arbeiten, rn zwar in der 


Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, \ 


druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren.) 


Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 


rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


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2 Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 
wird a ausgegeben. 


$ 28. 

1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. 
sowie alle Niehtmirshieder, haben hierzu die Vermittelung 


eines ihrem Fache "angehörenden ordentlichen Mitgliedes. 


zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 


Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 


zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 


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oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu Be 


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2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 


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nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 


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der Akademie nicht ‚angehören, sind auf die Hälfte dieses | 


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nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden. Classe statthaft. 


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3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 


tenden Holzsehnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


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KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


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BERLIN 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die „Monaisberichte der Königlich 
Preussischen Akademie der Wissen zu erscheinen aufgehört, und es sind 


Stelle 


an deren »Sitzungsberichte« 


(Auszug aus dem Reglement für die Bee der »Sitzungsberichte«.) 


S1l. 

2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 

. Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine dureh den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 


kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 


Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 
8.2. 


Jeden Sitzungsberieht eröffnet eine Übersieht über 


die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 


theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
. geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, nad zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 


druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 


rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


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2 Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriten 
wird vierteljährlich ausgegeben. 


8 28. 

1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichiiteheder ‚ haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Miteliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- 
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 


vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
Mittheilungen , deren. 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 


glied zum Vortrage zu bringen. 


zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 


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oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 


akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8 6. 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift nr Sitzungsberiehte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von eresern welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung, der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 


3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 


tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


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allen Umständen hat die Gesammtakademie 


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Nothwendiges beschränkt werden. _ Der Satz. einer Mit- 


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beabsichtigt, als ihm ‚dies gesetzlich zusteht, bedarf er 


dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der 
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geltlich fünfzig. Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
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zu unentgeltlicher eigener Vertheilung. abziehen zu lassen, 
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Den Bericht über jede. einzelne Sitzung. BR der 
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Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redac- 
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VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, 


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Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- $: 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi-=7]°. 
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theilungen und über die zur Veröfenlichung. geeigneten / 
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stimmte Mittheilung muss in ‚einer akademischen itzung® 
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sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung. 
‚eines ihrem Fache "ngehörenden. ordentlichen. Mitgliedes 
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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


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VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die » Monatsberichte der Königlich | 


Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, und es sind. 
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, 


Bestimmungen gelten. 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 


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3%. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophisch -historischen Classe ungerade 
Nummern. 
8 2. 


1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nieht erscheinen konnten. 


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2 Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 

wird vierteljährlich ausgegeben. 
8 28. 

1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8.16: 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern , welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung ‚dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher an. der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 


3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- - 


tenden Holsschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


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Nothwendiges beschränkt werden. 


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Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit 
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Mittheilungen auch abgesondert: in der Weise publieirt 
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SITZUNGSBERICHTE 


DER 
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 


AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


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XXXIXN. XL. 
28. Juzı 1892. 


MIT DEM- VERZEICHNISS DER IM ZWEITEN VIERTELJAHR EINGEGANGENEN 
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BERLIN 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die » Monatsberichte der Königlich 
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ausserdem eine “Aurch len Band ohne Unterschied der 
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nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch-mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 


Nummern. 
$ 2. 


l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

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wiesenen wisdensphaftlichen Arbeiten, Fund zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
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Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 


rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


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2 Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 
wird vierteljährlich ausgegeben. 
$ 28. 


1. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 


stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung _ 


druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder eorrespon- 
dirender Mitglieder, welehe direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsimässig zu gr 


8 6. 


2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift "der Sitzungsberichte 
Mittheilungen von Verfassern, welche‘ 
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besonders beizugebenden Tafeln die volle ‚erforderliche 
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ZU BERLIN. 


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VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich 


Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen ‚aufgehört, 
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, 


und es sind 
für welche unter anderen folgende 


Bestimmungen gelten 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 


Salz 
2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Oectav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über 
‘Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 
S 2. 


l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
‘wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
‚Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
vigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


S4. 

2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 

wird vierteljährlich ausgegeben. 
8 28. 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
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akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Secretar selber oder dureh ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


86. 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Öctav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- 
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von 
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche 
Auflage eingeliefert ist. 


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Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenschaft- 
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des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur 
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scher Sprache veröffentlicht :sein oder werden. Wenn 
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen 
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen 
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er 
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der 
betreffenden Classe. 


58. 
3. Auswärts werden Correceturen nur auf besonderes 
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 


829, 

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berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher 
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publicirt 
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender 
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis 
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l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- 
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- 
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
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2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere 
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert 
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 
sofern er hiervon reehtzeitig dem redigirenden Secre- 
tar Anzeige gemacht hat. 


8.5. 

Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der 
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. 
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht über die Redae- 
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- 
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft 
heisst er der redigirende Secretar. 


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l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des 
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. 
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder 
Richtung nur die Verfasser verantwortlich. 


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27. Octogßer 1892. 


MIT DEM VERZBICHNISS DER IM DRITTEN VIERTELJAHR EINGEGANGENEN 
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BERLIN 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich | 


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an deren Stelle » Sitzungsberichte« getreten, 


zu erscheinen aufgehört, 
für welche unter anderen De 


Bestimmungen gelten. > ENR EN 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte. % Ro 


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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 


Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 


jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- _ 


jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 
$ 2. 

l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück ‚gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


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2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 
wird vierteljährlich ausgegeben, 


8 28. 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer nen Sitzung 
druekfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 


vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- 


glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


S 6. 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


'Nothwendiges beschränkt werden. 


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theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 


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besonders. beizugebenden Tafeln. ‚die volle erforderliche 
Auflage eingeliefert ist. \ | 5 
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Eine für die Sitzungsberiehte em di 
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe 


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des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur 


auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- 
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn 
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen 
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen 
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf” er 
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der 
betreffenden Classe. RE: Aal 
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3. Auswärts werden ne nur auf besonderes 
Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit 
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1. Neben der Folldländisen Ausgabe BR Be 
beriehte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher 
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werden, dass dieselben. mit Sondertitel und fortlaufender _ 
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1. Jeder Verfasser einer. el ‘den »Wissenschaft- 


lichen Mittheilungen « ‚abgedruckten Arbeit erhält unent- 


geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
taher der Titel der Arbeit wiederholt wird. 
2. Dem Verfasser steht: frei, auf seine Kosten weitere 


gleiche Sonderabdr ücke bis zur Zahl von noch zweihundert 


zu unentg eltlicher ‚eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 
sofern er hiervon rechtzeitig dem redig ir ende en S ecre-’ 
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IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich 
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, 
an deren Stelle $; Sitzungsberichte« getreten, 


Bestimmungen gelten. 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte«.) 


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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die Enmilichen zu einem Blende 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 


l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen , Ad die, welehe in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


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2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 

wird vierteljährlich ausgegeben. 
$ 28. 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen . Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8 6. 

2. Der Umfang der Mittheilung dr 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von en welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


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Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- 
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Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- 
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des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur 
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- 
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Verlangen verschickt. Die Verfasser verzichten damit 
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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich 


Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört. 
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten, 


und es sind 
für welche unter anderen folgende 


Bestimmungen gelten. 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der »Sitzungsberichte.«.) 


81. 

2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 

82. 

l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen -die den Sitzungsberiehten über- 
wiesenen wissenschaftliehen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nieht erscheinen konnten. 


SA, 

2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften 

wird vierteljährlich ausgegeben. 
8.28. 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8.6. 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nieht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text: einzuschal- 
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- 
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von 
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche 
Auflage eingeliefert ist. 


8.7. 

Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissenschaft- 
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe 
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur 
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- 
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn 
der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen 
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen 
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er 
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der 
betreffenden Classe. 

SB. 

3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes 
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten damit 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 


89 
l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- 
berichte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher 
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt 
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender 
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis 
in den Buchhandel gebracht werden. 


SalslR 

l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- 
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- 
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird, 

2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere 
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert 
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigirenden Secre- 
tar Anzeige gemacht hat. 


S 5. 

Den Berieht über jede einzelne Sitzung stellt der 
Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte. 
Derselbe Seeretar führt die Oberaufsiceht über die Redac- 
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- 
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft 
heisst er der redigirende Secretar. 


$ 29. 

l. Der redigirende Secretar ist für den Inhalt des 
geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. 
Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder 
Richtung nur die Verfasser verantwortlich. 


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2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gros 


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kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 


Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 
8.2. 


1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 


die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 


theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 


druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren | 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 


rigen Stücken nieht erscheinen konnten. 


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wird vierteljährlich ausgegeben. 


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l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 


stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtnitelieder, haben hierzu. die V amelder 


eines ihrem Fache "angehörenden ordentlichen Mitgliedes 


zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 


vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- 


glied zum Vortrage zu” bringen. Mittheilungen, deren 


Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 


zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 


Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 


akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8 6. 


2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 


Oetav in der gewöhnlichen Sehrift der Sitzungsberichte 
nieht übersteigen. 


Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 


nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesamnitaka- 


demie oder der betreffenden Classe statthaft.. 


3. Abgesehen von einfachen in den Text ‚einzuschal- 2 


tenden Holvachnitten sollen Abbildungen auf durehaus 


an deren Ställe. » Seaimeeherichrr getreten, 
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ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
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kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 


Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 


Nummern. $ 
$2. 

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geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 


wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 


Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
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rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


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8.28. 

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vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- 
Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 


glied zum Vortrage zu bringen, 


zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


S 6. 
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Octav in der gewöhnlichen Sehrift der Sitzungsberichte 


nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
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Überschreitung dieser Grenzen ist 


Nothbiwendiges beschränkt werden. 
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des hetrelfnden Stückes anderweitig, sei es auch nur 


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dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder" der 
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3. Auswärts werden Cor reeturen nur auf Heron 
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verziehten. damit 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach. ‚acht Tagen. 


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Mittheilungen auch abgesondert in der Weise. publieirt 


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lichen Mittheilungen « abgedruckten Arbeit. erhält unent- 


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zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 
sofern er hiervon rechtzeitig dem redigir enden Secere- 

tar Anzeige gemacht hat. % . 


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Den Bericht über jede einzelne Se stellt der 


Seeretar zusammen, welcher darin den Vorsitz hatte.“ 


Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht “über die Redac- 
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- 


nenden wissenschaftlichen Arbeiten; ‚in ‚dieser EUSEn SEAN E 


heisst er der redigirende Seeretar. he 


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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 


ZU BERLIN. 


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VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. 


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Anzeige. 


Mit dem Decemberheft des J ahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich 
Preussischen Akademie der Wissenschaften « zu erscheinen aufgehört, 
an deren Stelle »Sitzungsberichte« getreten ,- 


und es sind 
- für welche unter anderen. folgende 


Bestimmungen gelten. 


(Auszug aus dem Reglement für die Redaction der » Sitzungsberichte«.) 


81. 

2. Diese erscheinen in einzelnen Stücken "in Gross- 
Oetav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch - mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophisch - historischen Classe ungerade 
Nummern. 

52 

1. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


SA. 
2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 
wird vierteljährlich ausgegeben. 


$ 28. 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 


eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 


zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direct bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende‘ Secretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 


oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 


akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


8 6. 


2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in. 
Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 


nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welehe 
der Akademie nieht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


Überschreitung dieser Grenzen ist 


Nothwendiges beschränkt werden. Satz e 
theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 


Der Satz einer Mit- 


Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von . ; 


‚besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche, 


Auflage eingeliefert ist. 


Eine für die Sitafhgeberiähte bestimmte wissenschaft- 
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe 
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es ‚auch nur 
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, | in deut- 


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scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. . Wenn Fr 


der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen h 


Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen 
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er 
dazu der Einwilligung. ‚der Gesammtakademie. ‚oder der 
betreffenden Classe. ee Bu h, 


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3. Auswärts werden Correeturen nur auf Bahr 
Die Verfasser verzichten damit 


Verlangen verschickt. 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht: Tagen. 


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l. Neben der vollständigen Ausgabe ae Bee 
berichte können bestimmte. Kategorien wissenschaftlicher 


Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt vi 


werden, dass! dieselben mit Sondertitel und fortlaufender 
Paginirung versehen und mit besonderem Vi au 
in den Buchhandel gebracht werden. a 


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1. Jeder Verfasser einer unter den „Wissenschaßt- 


lichen Mittheilungen « abgedruckten Arbeit erhält. unent- 


geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 


2, Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere a 


gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert 
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 
sofern er hier von rechtzeitig dem redigiren deı ns e Kr e- 
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Den Bericht über jede BER Sitzung. stellt der 


'Seeretar zusammen, welcher darin den Vor: tz "hatte. 


Derselbe Seeretar führt die Oberaufsicht. über die Redac- 
tion und den Druck der in dem gleichen Stüc k erschei- 
'nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft 


heisst er der redigirende Seeretar. us 


1. Der redigirende Seeretar ist, für en Inhalt kin j N 
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Für alle Bene ‚Theile, derselben an nach jeder b: 


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ZU BERLIN. 


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VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


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So gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
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ausserdem eine dreh den Band ohne Unterschied de ; 
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2, Das Verzeichniss der 

wird vierteljährlich. ausgegeben. ne 
$ 28. 

1. Die zur Be in die nee be- “ 
stimmte. Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, Eh 
sowie alle. Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
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VERLAG DER KÖNIGLICHEN ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


IN COMMISSION BEI GEORG REIMER, 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberiehte der Königlich £ 
Preussischen Akademie der Wissenschaften« zu erscheinen aufgehört, | 
getreten, 
Bestimmungen gelten. 


an deren Stelle »Sitzungsberichte« 
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(Auszug aus dem Reglement für die 


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in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtliehen zu einem. Kalender- 
jahr gehörigen Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
fortlaufender Pasinirung. Die einzelnen Stücke erhalten 
ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der 
Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophiseh - historischen Classe ungerade 


un 


2. Diese erscheinen 


Nummern. 
S.2. 

l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 
wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 
Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 

SA. 

2. Das Verzeichniss der eingegangenen Drucksehriften 
wird. vierteljährlich ausgegeben. 

5228: 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsherichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Niehtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder 
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Seeretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er einem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässis zu beschliessen. 

S.6 

2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 
Oetav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberiehte 
nieht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 
der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 
Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
tenden Holzsehnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


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—— 


| 
| 
| 


und es sind 


Redaction der »Sitzungsberichte«.) 


Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- 


für welche unter anderen folgende n 


theilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 3 


Text einzuschaltenden Holzsehnitte fertig sind und von 


besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche = 


Auflage eingeliefert ist. 


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Eine für die Sitzungsberichte bestimmte wissenschaft- 


liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgabe 


des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur 


auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- 
Wenn 


scher Sprache. veröffentlicht sein oder werden. 


der Verfasser einer aufgenommenen wissenschaftlichen 
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen 


beabsichtigt, als ikm dies gesetzlich zusteht, bedarf er 
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der 
betreffenden Classe. 
8 
3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes 
Verlangen verxschiekt. Die Verfasser 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. 


89. 


l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- 
beriehte ‘können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher 
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt 
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender 
Paginirung 
in den Buchhandel gebracht werden. 


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l. Jeder Verfasser einer unter den » Wissenschaft- 
lichen Mittheilungen« abgedruckten Arbeit erhält unent- 
geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird, t 

2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere 
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundert 
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 


sofern er hiervon reehtzeitig dem redigirenden Secre- " 


macht hat. 


85. 


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Den Bericht über. jede einzelne Sitzung stellt der 
weleher darin den Vorsitz hatte. 
die Oberaufsieht über die Redae- 


Seeretar zusammen, 
Derselbe Seeretar führt 


verziehten damit. 


versehen und mit besonderem Verkaufspreis: 


tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- 


nenden wissenschaftlichen Ar beiten; in dieser Eigenschaft: ; 


heisst er der redigirende Seeretar. 


$ 29. 


1. Der redigirende Seeretar ist für den Inhalt des 2 


geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. 


Für alle übrigen Theile derselben sind nach jeder 


Richtung nur - die Verfasser verantwortlich. 


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SITZUNGSBERICHTE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN 
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN 
ZU BERLIN. 


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BERLIN 1892. 


VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 


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Mit dem Decemberheft des Jahrganges 1881 haben die »Monatsberichte der Königlich 
Preussischen Akademie der Wissenschaften « 


zu erscheinen aufgehört. und es sind 


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an deren Stelle » Sitzungsberichte« getreten, für welche unter antlebah folgende 
Bestimmungen gelten. 


(Auszug aus dem. Reglement für die Redaetion der »Sitzungsberichte«.) 


$ 1. 

3. Diese erscheinen in einzelnen Stücken in Gross- 
Octav regelmässig Donnerstags acht Tage nach 
jeder Sitzung. Die sämmtlichen zu einem Kalender- 
jahr Erhoriben Stücke bilden vorläufig einen Band mit 
Polklaufender Paginirung. Die einzelnen Stücke erhalten 


ausserdem eine durch den Band ohne Unterschied der’ 


Kategorien der Sitzungen fortlaufende römische Ordnungs- 
nummer, und zwar die Berichte über Sitzungen der physi- 
kalisch- mathematischen Classe allemal gerade, die über 
Sitzungen der philosophiseh - historischen Classe ungerade 
Nummern. 
8.2. 

l. Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über 
die in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mit- 
theilungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten 
geschäftlichen Angelegenheiten. 

2. Darauf folgen die den Sitzungsberichten über- 


wiesenen wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar in der 


Regel zuerst die in der Sitzung, zu der das Stück gehört, 
druckfertig übergebenen, dann die, welche in früheren 
Sitzungen mitgetheilt, in den zu diesen Sitzungen gehö- 
rigen Stücken nicht erscheinen konnten. 


Ss 4. 

2. Das Verzeichniss der eingegangenen Druckschriften 
wird vierteljährlich ausgegeben. 

$ 28. 

l. Die zur Aufnahme in die Sitzungsberichte be- 
stimmte Mittheilung muss in einer akademischen Sitzung 
druckfertig vorgelegt werden. Abwesende Mitglieder, 
sowie alle Nichtmitglieder, haben hierzu die Vermittelung 
eines ihrem Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes 
zu benutzen. Einsendungen auswärtiger oder correspon- 
dirender Mitglieder, welche direet bei der Gesammt- 
akademie oder bei einer der Classen eingehen, hat der 
vorsitzende Secretar selber oder durch ein anderes Mit- 
glied zum Vortrage zu bringen. Mittheilungen, deren 
Verfasser der Akademie nicht angehören, hat er cinem 
zunächst geeignet scheinenden Mitgliede zu überweisen. 

Unter allen Umständen hat die Gesammtakademie 
oder die Classe die Aufnahme der Mittheilung in die 
akademischen Schriften ordnungsmässig zu beschliessen. 


S 6. 
2. Der Umfang der Mittheilung darf 32 Seiten in 


Octav in der gewöhnlichen Schrift der Sitzungsberichte 
nicht übersteigen. Mittheilungen von Verfassern, welche 


der Akademie nicht angehören, sind auf die Hälfte dieses 


Umfanges beschränkt. Überschreitung dieser Grenzen. ist 
nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Gesammtaka- 
demie oder der betreffenden Classe statthaft. 

3. Abgesehen von einfachen in den Text einzuschal- 
tenden Holzschnitten sollen Abbildungen auf durchaus 


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Nothwendiges beschränkt werden. Der Satz einer Mit- 
tlieilung wird erst begonnen, wenn die Stöcke der in den 
Text einzuschaltenden Holzschnitte fertig sind und von 
besonders beizugebenden Tafeln die volle erforderliche 
Auflage eingeliefert ist. 2 | 
57. 5 

Eine für die Sitzungsberiehte bestimmte wissensehaft- 
liche Mittheilung darf in keinem Falle vor der Ausgahe | 
des betreffenden Stückes anderweitig, sei es auch nur 
auszugsweise oder auch in weiterer Ausführung, in deut- 
scher Sprache veröffentlicht sein oder werden. Wenn 
der Verfasser einer aufgenommenen wissensehaftlichen 
Mittheilung diese anderweit früher zu veröffentlichen 
beabsichtigt, als ihm dies gesetzlich zusteht, bedarf er 
dazu der Einwilligung der Gesammtakademie oder der 
betreffenden Classe. 


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‚3. Auswärts werden Correeturen nur auf besonderes 
Verlangen verschiekt. Die Verfasser verzichten damit ü 
auf Erscheinen ihrer Mittheilungen nach acht Tagen. ; 
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l. Neben der vollständigen Ausgabe der Sitzungs- 
beriehte können bestimmte Kategorien wissenschaftlicher 
Mittheilungen auch abgesondert in der Weise publieirt 
werden, dass dieselben mit Sondertitel und fortlaufender i 
Paginirung versehen und mit besonderem Verkaufspreis 
in den Buchhandel gebracht werden. 


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lichen Mittheilungen« abgedruekten Arbeit erhält unent- an 

geltlich fünfzig Sonderabdrücke mit einem Umschlag, auf 
welchem der Titel der Arbeit wiederholt wird. 2 
2. Dem Verfasser steht frei, auf seine Kosten weitere 1 
gleiche Sonderabdrücke bis zur Zahl von noch zweihundeıt . 
zu unentgeltlicher eigener Vertheilung abziehen zu lassen, 
sofern er hiervon Fechireihen dem re er ERÜFR Secre- 

tar Anzeige gemacht hat. 


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Den Bericht über jede einzelne Sitzung stellt der 3 
Seeretar zusammen, weleher darin den Vorsitz hatte. } 
Derselbe Secretar führt die Oberaufsicht über die Redac- N 
tion und den Druck der in dem gleichen Stück erschei- 
nenden wissenschaftlichen Arbeiten; in dieser Eigenschaft, 4 
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geschäftlichen Theils der Sitzungsberichte verantwortlich. 
Für alle übrigen "Theile derselben sind nach jeder 
Richtung nur die V erfasser verantwortlich. 


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