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Friedrich von Matthiffong
ſaͤmmtliche Werke.
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Enthält:
Gedichte.
FFT
Wien, 1814.
In Commiſſion bey Cath. Gräffer und Härter.
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2
Gedichte
von
Friedrich von Matthiſſon.
Se ey rer L:hieni.d
Neueſte, ſehr vermehrte und vollftändigfte
Ausgabe.
Wien 1815.
In Commiſſion bey Cath. Gräffer und Härter.
Matthiſſons Gedichte.
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Sn b a .
Diet. 1a Bm
1.7370 68 1208
ö Seite.
Opferkränze auf Dankaltäre. Vevay.
Bern. 2 2
„
Rom. 2 P 2 2 2 7 2 P z 2
Magdeburg. -
Frankfurt am Mayn. 2 = 2 > 2 2 : 11
Bogen in Tyrol. ; ⸗ 2 = 2 E : 15
Anſpach. 2 2 2 2 z z 2 7 g 16
Baſel. 2 2 2 2 z . 2 2 2 2 19
Stuttgard. 2 2 3 3 2 2 2 2 2 21
Nyon. z z 2 2 2 . = z 25
Sandersleben. 2 z E 2 e e : e 30
Wörlitz. 1806. z 2 2 2 2 2 2 z 34
Wörlitz. 1807. = 2 e 2 : 2 2 2 37
Auf der Reife. : 2 z s 2 z s c 39
Vury bey Vevay. . 2 2 2 2 2 2 4
Im Livinerthale. = 2 2 2 2 z 2 44
Lugano. : aM 2 e 2 P 5 2 45
Die Landſchaft. 2 2 2 2 z 5 2 : 40
Blume des Andenkens. = z 2 2 2 2 z 47
Villa Pliniana. z z 2 2 z z 2 48
Hesperiens Zauber. 2 z 2 2 z 2 E 50
Der heilige Plinius in Como. RER e e 52
Petrarchs Virgil in Mailand. s P EINE : 55
Der Herbftabend. = 2 2 2 2 : 2 54
Tibur. Am letzten Abend des Jahrs 1795. 56
Sympoſium in Tibur, z 2 z 2 2 z 2 57
Angelika. Arent eee 50
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era VI S
Angelika's Kranz. - p e s . 2 60
Gemähldeausſtellung. = E r z z 2 2 61
Raphaels Verklärung. = : z 2 E z e 62
Campo Vaccino. “ ⸗ . - 2 z z 7 63
Monologen in Italien. z : : 2 2 2 65
Raphaels Madonnen. Guido's Madonnen. 2 2 70
Raphaels Cäcilia. Domenigino’s Cäcilia. 2 N 71
Guido's Aurora. Guercino's Aurora. - + 2 22
Lord Blockhead in Rom. < 2 2 + - 2 73
Halcyoniſche Tage. > 2 . - P 2 74
Baja. . z 2 2 7 7 2 z z 2 75
Der Lorber an Virgils Grabe. 335 Ei > 76
Die Enpreffen im Weingarten. z : 2 : z 727
Hamiltons Vaſen. = 5 5 2 z D r : 78
Paſtum. z z z z 2 : 2 z z 79
An eine Auelſe 32 se se Ye sage 80
Stummes Dulden. E : 2 * 2 z 81
An die Nymphen. 2 e . - 2 2 2 82
Der Fremdling. = 3 * 0f% e e We 93
Die Schatten. 2 z 2 z 2 z z z 86
Der Geiſtertanz.⸗ : : z z ER 87
Strophen, dem Geburtsfeſte eines ee Prinzen geweiht. 89
Lied der Nixen. 2 2 2 z + 2 2 2 91
Sehnſucht nah Rott. = = 2 se „ 3% 93
Hygea. 2 2 2 2
Gemählde der Zei. 12 2 2 02.2 2 „1:05
Erkannte Wohlthat. 2 2 2 2 z . z 110
*
Vergebliche Frage. . z - P 33 zen 111
Pomona's Haine. 2 2 . - z z P 112
An Salis. 2 7 z z a z z 2 2 115
Todtenopfer. = . 5 2 2 5 2 z T 114
Klage der Oreaden. : e : P 2 „Nu 115
Geßners Schatten. z z 2 z FIIR 2 116
Verheerte Wälder. ⸗ - 5 2 2 z 117
Abeli's Landſchaften. z 2 2 2 2 2 z 118
Die Stimme in der Wüfte, > zu , mn re
Abendſpatziergang bey Innsbruck. = 2 x ⸗ . 120
Tyrols Landſtraßen. z : 2 2 2
Ermahnung in Tyrol. D 2
Die Eypreffe an Gräbern. . - 2 z = 123
Abenteuer des weiſen und tapfern Ritters Alin. 8 124
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Nandgloſſen. -
Zauberlied. =
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Das Grab. D : s ⸗ 2
Hochzeitlied. An Heinrich von Saldern.
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Zwey Jünglin ge an ihre Mutter.
Epitaph. 2 2 2 z x
Regentenſpie gel, = 2 z z
Angebinde auf Eduards Wiege.
Feldblumen. Carlsbad und Eger.
Die neuen Argonauten. 1
Heldenſkolie. - :
Opfergeſang. = : P
Lied am Zeitenſtrome.
*
* *
*
*
Opfergeſang an Hygea. :
An Haug und ſeine Luiſe. 8
Zuruf. 7 z 2 2 2 2
Theatergeſange zur Churwürdenfeyer in Stuttgard
An den Frieden. z z u
An die Muſen im Pantheon zu Wörlitz.
*
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Danklied. Dem Landesretter von den Einwohnern der Stadt
Worlitz mit einem Eichenkranze geweiht.
Gebeth für den Landesvater. 6
An den Weltgeiſt. : ;
*
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Fragment einer afademifchen Rede.
Empfindſamkeiten am Rheinfalle. -:
Goldene Lehren eines phlegmatiſchen Kosmopoliten an
nen auf Reifen gehenden Sohn.
Charaͤden. z e z D
Logogryph. An den Oberforſtmeiſter von Wildungen.
Die Naſenfeyer. Eine Tafelcantate.
Guckkaſtenlied. P 2 z 7
Morgenhymnus einer neuen Sappho.
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Reiſeplan. An Herrn Scherer von Grandclos.
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224
227
251
235
253
239
241
essen VIII ere
Seite.
Wortſpieldialog. 2 D B z 2 a = 244
Unauflösbares Räthſel. Prolog. - ⸗ 7 a 2 245
Stammbuchsblatt für Peregrinus. 2 2 2 247
Poſſe. x z 2 . 3 2 2 2 250
Lob der Bewegung. 7 7 7 D 2 2 252
Ideal eines Hauslehrers. 2 7 7 2 2 = 255
Verlobungsanzeige. z ⸗ 2 2 2 a ⸗ 257
Heirathsanzeige. ⸗ z 2 z z 2 2 3 258
Entbindungsanzeige. # 7 z - 5 2 2 259
Porträt eines Hundes. 5 = z P 7 261
Anmerkungen. a z z : z 7 „
iter Zeilr um.
1795 bis 1799.
Matth. Werke. 2. B. N
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DIIIHITIITTII I TIFI . . <a ce ee ee << ce <<<
Opferkränze auf Dankaltare,
Gen u.
1799.
Wo der See, mit grüner Welle,
Dumpf der moosbedeckten Zelle
Schroffe Klippenwehr umſchäumt,
Hallt dein Nahm', in ſtiller Feyer,
Wenn der Berge Silberſchleyer
Sich mit Abendgold beſäumt.
Der Gewährung Stunde ſegnet,
Da ſein Auge dir begegnet,
Dankend hier ein Eremit,
Deſſen Bruſt, im freyen Schooße
Wilder Felſen, für das Große,
Schon und Gute reiner glüht.
Wenn der Alpen Rieſengipfel,
Wenn des kleinen Landhofs Wipfel,
Sanft gewiegt im Vollmondsſchein,
Und des Seewalds Buchenhallen
Deinem Blick vorüberwallen,
Dann, Electra, denk' auch ſein.
A 2
III LIN 4 DIILE
Der Erinn'rung ſoll im Gärtchen,
Vor der Clauſe Weidenpförtchen,
Ein Altar ſich fromm erhöh'n;
Da wird einſt am Fluthenſpiegel
über des Entſchlaͤfnen Hügel
Einſam die Cypreſſe wehn.
Selig, ſelig ſey dein Leben!
Selig dein Hinuberſchweben
Zu verwandter Geiſter Chor!
Walle, ſpaͤt, im Sternenkranze,
Hoher Geiſt, von Glanz zu Glanze,
Aus dem Nebelthal' empor.
EE S S S SCC K
II.
1794.
*
Schweb', erhabener Geiſt! empor zum Gipfel,
Wo im ewigen Atherglanz die Hoffnung
Des unſterblichen Seyns ihr Götterantlitz
Freundlich entſchleyert.
Gleich dem Hirten auf hoher Alpenſpitze,
Der im Sonnenſchein ſingt, indeß Gewitter
Unten donnern: erblickſt du da des Grabthals
Nebelgefilde. |
Aber golden und rein ſiehſt du der Heimath
Sterne leuchten! O Seele! bis zum Hinflug
Dir dein Genius winkt, weil' auf dem heitern
Gipfel der Hoffnung!
— 6 —
CCC
III.
C 0 m 0.
1795.
An Como's Waſſerſpiegel, wo ſchlank und hoch
Aus Myrthenblüthen ſich die Cypreß erhebt,
Und brauſend bey der Pliniana
Luftiger Halle der Strom herabſchaͤumt:
Da hellte meinem Auge dein Genius
Der Zukunft Fernen. Sieh! deine Lebensbahn,
Nicht mehr ein ſchroffer Bergpfad, neigte
Sanft ſich am Arno durch Lorberhaine!
DIIIIDIIIIDIPII II II ya << << ec eeeece
Pk in der Hoffnung
Magiſchen Spiegel,
Schau' deiner Zukunft
Liebliche Landſchaft:
Lorber und Pinje!
Myrth' und Cypreſſe!
Glänzender Ather!
Blumen im Winter
Noch auf den grauen
Reſten der Vorwelt!
Dort ein umbüſchtes
Freundliches Landhaus,
Hoch an der Tiber
Heiligen Ufern!
Da wird, beym Reigen
Scherzender Horen,
N 2 8 9
Lacheſis Händen
Golden des Daſeyns
Faden entgleiten,
Bis dich der hehren
Gruft - Pyramide
Todtenfeld aufnimmt.
Harre nur muthvoll!
Dulde mit Hochſinn!
Sicher, ſo ahn' ich,
Wirſt du des Circus
Stäubende Laufbahn
Durch das Triumphthor
Siegend verlaſſen.
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v.
Magdeburg.
EFT
Ich preiſe die Götter,
Die Frieden dir ſandten;
Es hörten die Hohen,
Die Guten, mein Flehn!
Ich preiſe die Götter!
Als Pſychen ſie ſandten,
Die Bothinn des Friedens:
Da tagte die Nacht!
Als Pſyche, wie Hesper
Nach Alpengewittern,
Dein Innres durchſtrahlte:
Da floh das Gewölk!
Als ihrer Gefühle
Melodiſchem Einklang
Die deinen erbebten:
Da ſchwieg der Orcan!
nur 10 usa
Ich preiſe die Götter,
Die Milden, die Großen,
Die Rettung verhießen
Dem Dulder Oreſt.
Sie preiſ' ich, bis Odem
Und Laute mir ſchwinden:
Sie ſandten Electra
Zum Genius ihm.
Vernimm, o Electra!
Vom Nebelgeſtade
Der öden Verbannung
Des Einſamen Lied.
Wann lachſt du entnebelt,
O Ather! mir wieder?
Wann winkſt du Befreyung,
O Genius! mir?
ren 11 e
F TTT
VI.
Frankfurt am Mayn.
1798.
Die Sonnen, die Erden,
Die Sterne ſie ſchwinden
Im Strome der Wandlung:
Das Ewige bleibt!
Die Freuden der Menſchen
Sind flüchtig wie bunte
Gewölke des Abends:
Das Ewige bleibt!
Was iſt es, was länger
Als Erd' und Orion
Und Sirius dauert,
Das Ewige, was?
Was iſt es, Electra,
Das noch auf den Trümmern
Zerſcheiterter Welten
Den Edlen beglückt?
era 12 1
Das biſt du, o Gleichklang
Der ahnlich geſchaffnen
Harmoniſchen Seelen,
So ewig, wie Gott!
Du wandelſt Orcane
In Hauche des Lenzes,
Schaffi Oden zu Garten
Hesperiens um!
Du hallſt, durch die Bahnen
Der Sonnenſyſteme
Entzlcken, der Geiſter
Unſterblichem Chor.
Ihr tönſt du, der hohen
Vertrauten des Himmels,
Ergebung und Hoffen
Im Thale der Nacht!
2 13 d
DIIIINIIIDIIDIIIIIII>I<<CLE CI EI EL SE LEE EEE
VII.
Boten in Tyrol.
11985
Noch toſen die Fluthen,
Noch brauſen die Stürme,
Noch walten Dämonen
Im Wolkengezelt!
Wir ſchweben umnachtet,
Auf donnernder Woge;
Es funkelt am Himmel
Kein leitender Stern!
Doch herrſcht noch die Hoffnung
Gewaltig am Steuer,
Und raſcher nach Süden
Beginnt ſchon der Lauf,
Wo werden wir ſcheitern?
Wo werden wir landen?
Wo deckt uns die Erde?
Wo birgt uns die Fluth?
*
9 14 nn
Das wiſſen die Götter!
Weir ahnen und harren,
Wir kämpfen und ſtreben,
Wir opfern und flehn!
O laßt uns, ihr hohen
Unſterblichen Herrſcher,
Noch ein Mahl gelingen
Die ſüdliche Fahrt!
Ihr hört unſer Flehen!
Es hat euch Electra
Mit himmliſchem Auge
Den Buſen bewegt!
Schon ſinken die Wogen,
Schon ruhn die Orcane,
Und herrlich im Oſten
Steigt Eos empor!
Wie ſchwellen die Segel
Vom günſtigen Hauche!
Wie fliegen die Küſten
Des Winters vorbey!
Und blauer und blauer
Verkläͤrt fih der Ather,
Und linder und linder
Umweht uns die Luft!
m 15 Nen
Elyſiſche Töne
Durchbeben die Fluren!
Elyſiſche Düfte
Durchathmen den Hain!
Die Götter ſind mit uns:
Wir landen! wir landen!
Und alles iſt Himmel,
Und alles iſt Ruh'!
Hier ſtröme Kronion
Des Friedens die Fülle
Voll Huld auf Electra’s
Umſchatteten Pfad!
Umwall' ihr, o Schleyer
Beglückender Täuſchung,
Getaucht in den Purpur
Aurorens, die Stirn!
Der Sterbliche müßte
Dem Elend erliegen,
Durchwebte ſein Leben
Nicht freundlicher Wahn!
A 16 neuen
CCC T SC EEE SETS ee ec ee
„Die nächtlichen Stunden,
Die lichten Secunden
Enteilen
Gleich Pfeilen;
Ach! hier iſt kein Weilen.“
*
Als du, Electra,
Dieſes geſungen,
Grub das Verhängniß
Streng' in des Schickſals
Eherne Tafel:
„Lang' auf der Erde,
Tochter der Prüfung.
Sollſt du noch weilen!
Viel noch erdulden,
Hoffen und harren,
nen 17 nem
Wähnen und fürchten,
Zweifeln und glauben,
Saen in Fülle,
Selber nicht ernten,
Überall ahnen,
Nirgends erlangen;
Hebe die Blicke
Zu den Geſtirnen!
Dort nur iſt Heimath;
Hier nur Verbannung.
Du biſt unſterblich!
Schnell, wie des Stromes
Wechſelnde Woge,
Schwindet des Lebens
Angſtender Traum.“
Und durch des Athers
Nachtende Fernen
Wandelt' in grauſen
Wettern Jehovah.
Als du, Electra,
Jenes geſungen,
Grub auch ein Seraph
Mild in des Schickſals
Eherne Tafel:
„Lang' auf der Erde,
Tochter der Prüfung,
Sollſt du noch weilen!
Balſam in tauſend
Matth. Werke. 2. B. 5
18.
Wunden zu träufeln,
Thranen zu trocknen,
Menſchen vom Tode
Muthig zu retten,
Lebensgeſchicke
Göttlich zu leiten,
Und als ein hoher
Himmliſcher Schutzgeiſt
Unter den armen
Kindern der Erde
Segnend zu wandeln,
Bis du zur Heimath
Wieder dich aufſchwingſt.
Hebe die Blicke!
Froh zu den Sternen,
Tochter des Himmels,
Der deiner Thränen
Keine vergißt!“
Und durch des Athers
Glänzende Bläue
Wandelt' im ſanften
Säuſeln Jehovah.
23 1 9 re
PIDIIDIIIIIIIII II > 7 ae SS
Noch haſt du, Electra,
Die Borde des Lemans
Im Blüthengewande
Des Frühlings erblickt;
Noch ſtrebteſt, Electra,
Den rauh'ſten der Pfade
Zum eiſigen Bernhard
Du muthig empor;
Noch haſt, an der Schwelle
Des Throns, du den König
Der ſilbernen Alpen
Mit Wonne begrüßt;
Noch wehten vom Eismeer,
Auf Montanverts Höhen
Olympiſche Lüfte
Verjüngung dir zu;
B 2
mr... — 0 see
Noch hat auf dem Eiland
Von Biel dich des Genfers
Gefeyerter Schatten
Im Lenzhauch umſchwebt;
Noch hallen die Chöre
Der ewigen Schöpfung
Dir Himmelsaccorde
Ins ahnende Herz;
Noch ſiehſt du mit Blicken
Voll glühenden Lebens
Den Schleyer der Zukunft
Mit Velde beſumt;
Noch knospen am Wege
Dir Blumen die .
Der Odem des Lenze
Enthüllt ſie gewiß!
D'rum trockne die Zähren!
Entſchattet erhebe
Dein Auge gen Himmel:
Des Guten iſt viel!
nn 2 nn
DIIPAIIFIFIIIII II III SS SAS S S cTice se ec <<
Du, das dem Erwachen
Des Tags, der Electra
Dem Himmel entwinkte,
Neun Mahl ſchon erklang:
Gedämpft, wie das Beben
Aoliſcher Harfen
Im Winde des Frühlings,
Ertön', o mein Lied!
Denn Wehmuth umſchleyert
Mir heute die Seele,
Wie Duft in der Mondnacht
Den VBlüthenbaum hüllt.
Und wollt' auch die Freude
Mit Jubel ihr goldnes
Gefieder verbreiten,
Vermöchte ſie's nicht!
nern 22 .
9
Ihr himmliſches Antlitz,
Der Sterblichen Wonne,
Hat noch von den Edlen
Hygea gewandt.
Ach! drücken den Schleyer
Der ahnenden Pſyche
Nicht Wettergewölke
Mit ängſtendem Grau'n?
Hygea, du hehre,
Du freundliche Göttinn,
O neig' auf Electra
Dein Antlitz herab!
Sie ſpendete Roſen
Mit ſegnenden Händen,
In Fülle: o duftet
dicht Eine für fie?
Vernimm es, o Göttinn!
Und ſpende der Edlen
Noch Blumen! Du haſt ja
Der Blumen ſo viel.
Dann ſoll meinen Saiten
Ein Hymnus entrauſchen,
Hoch bis zu der Sphaͤren
Melodiſchem Tanz.
2
ern 2 5 *
Und nun, meine Harfe,
Geweiht nur der Tugend,
Der Freundſchaft und Liebe,
Und dir, o Natur:
Nun halle den Jubel
Der vollſten Accorde,
Und werde zur Stimme
Des heiligſten Danks!
Wem dank' ich's, du Hohe,
Daß gern meinem Liede
Germanien horchte?
Wem anders, als dir?
Dir dank' ich den Edlen
Mit kindlichem Herzen
Und männlichem Geiſte
Am Ufer des Inns!
Daß mir, von Lugano
Bis Päſtum, die Gärten
Hesperiens blühten,
Ich dank es nur dir!
Nur ein Mahl vergönne
Mir gnädig, Kronion,
Dir, wo du auch wandelſt,
doch Roſen zu ſtreu'n:
7 2 4 *
Dann winke das düſtre
Verhängniß; ich ſchwebe
Mit Wonne zum Lande
Der Schatten hinab!
i „ 29 K—
e CL EEE SEHE E<c€
Willkommen willkommen!
Am Rebengeſtade
Des Lemans, du hehrer,
Du freundlicher Tag!
Dir töne die Harfe
Mit feſtlichem Klange,
Dir bebe die Seele
gelodiſch, wie fie!
Mit der holden Purpurblume,
Der Sylphid' im Reiche Florens,
Die in Maglans Götterhaine
Jüngſt Electra freudig grüßte,
Biſt du ſchön bekränzt.
Dir zur Seite ſchwebt Hygea
Mit entwölktem Himmelsantlitz,
„een 2 6 ernsten.
u der Rechten die kryſtallne
Hochge efüllte Nectarſchale,
Hell, wie Thau der Morgenröthe,
„ Heil und Kraft.
—
O Wonne! dir duftet,
Electra, die Schale;
O Wonne! dir ſpendet
Sie Labung und Heil.
Nun ſteigen, im Schimmer
Aurorens, auf's neue
Dir freundliche Bilder
Der Hoffnung empor!
dicht zum letzten Mahl erblickte
Trunken dein geweihtes Auge,
In des Niedergangs Verklärung,
Des erhabnen Berges Gipfel,
Den die heil'gen Sterne krönen;
Nicht zum letzten Mahl umhauchten
Dich die reinen Balſamlüfte
Auf den Höh'n von Bionace
Wo noch Treu' und Einfalt N
Wo des Weltlaufs Donnerſtürme
Nur aus dumpfer Ferne brauſen,
Pan und Bacchus und Pomona
Gern in trauter Eintracht wandeln,
Und des goldnen Alters Sitten
Kraftgefühl und Frohſinn lohnt.
essen 27 n
Drum blicke mit feſtem,
Erhabnem Vertrauen
Zum freundlichen Sterne
Der Hoffnung empor!
Mild ſchimmert in heitrer
Hesperiſcher Bläue
Die Sonne des Lebens
N Im Weſten dir einſt!
—
Doch noch Manches iſt zu tragen,
Zu erkämpfen, zu erſiegen,
Eh des heitern Erdenabends
Linde Mayenlüfte ſchmeichelnd,
Die vom rauhen Pilgergange
Heiße Stirn umwehn!
Aber, wie die Kraft des Pulvers
Die granitnen Rieſenmaſſen
In des Simplons Schaueröden
Endlich doch zum Heerweg ebnet:
So, mit Muth und Selbſtvertrauen,
Wirſt du, durch die dunkle Landſchaft,
Die vom Ziele noch dich ſcheidet,
Eine Bahn dir endlich ebnen,
Wo dir Schattenbäume faufeln,
Wo dir Nachtigallen flöten,
Wo dir tauſend Blumen duften,
Wo dir Silberquellen rauſchen,
Und mit treuen Mutterarmen
Du die treue, gute Tochter,
O Natur, umfängſt!
. 2 8 rea
Der Menſchen Geſchlechter
Erſcheinen und ſchwinden,
Wie Blumen der Wieſe,
Wie Blätter des Hains:
Du, ſegnende Mutter
Der Weſen, bleibſt ewig,
Im wechſelnden Tanze
Der Horen, dir gleich!
Natur! wenn je von meiner Harfe
Ein dir gefällig Lied ertönte:
O ſo vernimm, was ich dir heute
In dieſes Haines Dämmrung flehe,
Vo Genien des Friedens walten,
Und deines Allerheiligſten Altar,
Der Montblanc, in entwölkter Majeſtät
Der fanft bewegten Erle Laub durchblinkt!
Laß Sie, der dieſe Saiten beben,
In deines Tempels Feyerſtille
Vergeblich nie den Frieden ſuchen,
Den Ihr die Welt verſagt!
Nimm Sie an deinen Buſen, wenn es ſtürmt!
Gewähr' Ihr Alles, was Sie kindlich fleht!
Der Himmelsgaben, ſo Ihr Herz erfreu'n,
Haſt du die Fülle, ewig gute Mutter!
O ſtröme ſie herab auf Ihren Pfad,
So lange Pfyche, von der Heimath fern,
Noch ahnend, mit gebundnem Atherflügel,
Im Lande der Entſagung einſam wandelt!
* 29 .
Du haſt mich vernommen,
Allgütige Mutter!
Zum glücklichen Zeichen
Entſchwebt eine Taube
Auf ſilbernen Schwingen,
Als Bothinn des Friedens,
Zur ländlichen Wohnung,
Wo ſinnend Electra
Im Schatten jetzt weilt.
PR
nrsen JO „28
C
XII.
Sanders leben.
1805.
— 2.
Ach! kein hesperiſches
Zaubergefilde
Spendet mir Myrthen,
Und des Cyklamens
Duftenden Purpur;
Ach! nicht Bolz ano's
Rebengebirge
Beut der Cypreſſe
Zarteſten Sprößling
Mir aus entwölktem
Glänzenden Ather;
Ach! nicht am herrlichen
Spiegel Geneva's
Winkt mir von ſchroffer
Klippe des Sinngrüns
Flatternde Ranke:
Deinem Erwachen
Kränze zu winden,
Heiliger Tag!
— 3 .
An des Bructerus Felſenfuße,
Wo des Legionentödters
Hermann großer Schatten
Oft in monderhellten Nächten,
Zürnend dem entarteten Geſchlecht der Enkel,
Durch der Tannen Wipfel rauſcht,
Und wo der hohe Sänger Gottes
Und des Vaterlandes, Klopſtock,
Den erſten Lichtſtrahl trank:
Füg' ich Moos, der Hoffnung ſchönſtes Sinnbild,
(Der Winter ſieht es grünend, wie der Lenz /)
Zum Opferkranz.
O nimm ihn huldvoll an, Electra!
Des Dankes fromme Thräne
Hat ihn geweiht.
Auch unter nordiſchen
Tannen, mit hoher
Feſtlicher Wonne,
Und mit den vollſten
Jubelaccorden
Der dir geweihten
Einſamen Leyer,
Sey mir geſegnet,
Sey mir willkommen,
Heiliger Tag!
Drey Mahl geſegnet,
Drey Mahl willkommen,
Bringſt du Hygeas
Roſenumkränzte
Schale des Heils!
— 32 voron
Bringſt du des Friedens
Himmliſche Blüthe,
Lieblich der Wehmuth
Schleyer zu kränzen,
Der noch Electra’s
Locken umwallt;
Sey mir geſegnet,
Sey mir willkommen,
Heiliger Tag! ö
O Vater der ewigen Liebe!
Der du der allbelebenden Sonne
Den Flammenocean,
Jahrtauſenden zu leuchten,
Und dem Lichtwurm ſeinen kurzen Schimmer,
Ein ſpannenlanges Räumchen zu erhellen,
Mit gleicher Huld verliehſt:
O ſtärke deine Dulderinn
Mit neuer Lebenskraft!
O ſegne deine Trauernde
Mit neuer Lebensfreude!
Daß kein Ton auf deinem Pſalter
Unvernehmlich ihrem Ohr verwehe,
Daß deiner Schöpfung Herrlichkeit
Zurück aus ihrer Seele ſtrahle,
Wie der goldne Sternenhimmel
Aus unbewegter Fluth,
Und Hoffnung, deine holde Tochter,
Nicht mehr durch Thränen lächelnd
Im Traum der Zukunft ihr erſcheine!
ern 35 e
Laß ihres Erdenlebens letzte Schimmer
Sich ſanft verlieren in das Morgenroth
Des großen Tages, dem kein Abend folgt,
O Vater der ewigen Liebe!
—— rn nn nn nennen ne
C
Matih. Werke. 2. B.
wu. 34 un
DIIIDIIIIIZIIII II rr
Tochter des Himmels, Erinnrung!
Trockne mit den goldnen Locken
Mitleidsvoll den Thau der Wehmuth
Heute von Electra's Auge!
Tochter des Himmels, o Hoffnung!
Kränze mit dem Blüthenzweige,
Der noch ſpäte Frucht verkündet,
Heute der Erhabnen Scheitel!
Und du, ſeit zwölf Mondeswechſeln
Unberührte Harfe, töne
Ihr ein feſtlich Lied.
Wie hell von des Abends
Verklärung die Alpen
Noch glänzen, wenn Dunkel
Die Thäler ſchon hüllt:
— 55 —
So glänze vom Strahle
Des Himmels, Electra,
Hoch über dem Dunkel
Der Erde dein Haupt!
Dann wird ſie dir lächeln
Die Hore des Morgens,
Der in der Entſagung
Gefilde dich rief.
Dann wird ſich durch reines
Erhabnes Bewußtſeyn
Beflügeln im Sturme
Des Lebens dein Geiſt!
Empor zu den Sternen!
Wo herrlich des Friedens
Unſterbliche Blume
Dem Dulder einſt blüht.
Dort wird ſie dir duften,
Die hier auf den Steppen
Des Lebens den Waller
Im Traume nur kränzt.
Mit ſtürzender Schnelle
Verrauſchen die Jahre,
Und eh' wir's noch wähnen,
Iſt alles vollbracht.
C 2
Ach! bier ift kein Bleiben!
Kein Haben, kein Halten,
Kein dauernd Umfangen,
Nur Täuſchung und Schmerz!“
Schon müſſe mein Grabmahl
Sich dunkel bemooſen,
Wenn zu den Geſtirnen
Electra ſich ſchwingt!
Dann rufet von einem
Der heiligen Sterne
Oreſtes: Willkommen!
Dem Genius zu.
Der Genius wandelt
Mit glänzenden Schwingen,
- Und hebet zum Gruße
Die ſegnende Hand.
OIIDR 5 7 7777
DIPIIII>IIIIII I IF III EC Sei ces << ces
i Im ſtürzenden Strome
Der Zeiten verſchwinden
Die Kinder der Erde,
Wie nichtiger Schaum.
Electra! noch ſchwebſt du
Auf zürnenden Wogen,
In ſchwankender Barke, z
Doch haͤltſt du das Ruder
Mit kräftiger Hand.
Sey muthvoll, und ſteure,
Wie Nadel und Sterne
Dich leiten: denn länger
Als, fern von den Fluren
Der heimiſchen Inſel,
Der herrliche Dulder
Odyſſeus das Grollen
Poſeidons, die Tücke
Des grauſen Cyklopen,
„ 38 —
Das Raſen der Stürme,
Den Aufruhr der Meere,
Durch Klugheit und Mannfinn ,
Ein Sieger, bekämpfte:
Sollſt noch auf den Fluthen
Des Lebens du ſchiffen!
So wollen's die hohen
Unſterblichen Mächte!
Drum hat ſich Ergebung
Dir freundlich geſellt;
Drum gießt in die Sturmnacht
Ihr Morgenroth Hoffnung.
Vertrau'n auf die Götter
Hat nie zum Verderben
Am Steuer geherrſcht!
— 59 were
T>FIII III III II III II I ET ET CE ec ec ee ce
XV.
Auf dei Reihe.
1808.
Muthig nach Süden
Strebten wir Schiffer;
Doch es erwachte
Plötzlich ein Sturm.
Sieh! da gewahrten
Wir eines Eilands,
Blühend, gleich Tempe's
Herrlicher Flur.
Und es erkämpfte
Sicher den Hafen
Unſer umwogtes
Krachendes Boot.
unter der Freundſchaft
Wirthliches Obdach
Barg die Verſchlagnen
Rettend ein Gott.
* 4 0 92 22
Und wir erharrten
Ruhig den Fahrwind,
Ohne zu wünſchen,
Ohne zu flehn.
Was uns die Götter
Gnädig verſagen,
Was uns die Götter
Gnädig verleihn:
Sollen mit Hochſinn
Still wir erwarten;
Guten ergeht es
Ewig doch gut!
Ja! der bekränzten
Gegenwart Lächeln
Hellt des Vergangnen
Düſtres Gewölk;
Heitert der Zukunft
Nebelgefilde,
Heitert des Ausgangs
Nächtlichen Pfad.
Friede dir, Hohe!
Freude dir, Edle!
Bis zu des Ausgangs
Nächtlichem Pfad!
mus 41 nern
„ f
DRI>IIIIIIIIINIIIDIII< Ce <e < ce i ce i ec <<ce
XVI.
rh ee ein.
| 180.
Einſt konnt' ich mit hoher
Begeiſterung Jubel
Dich feſtlich begrüßen,
Du heiliger Tag!
Einſt lachte dein Morgen,
Einſt lachte dein Abend
Mir ſanftes Entzücken
Und Frieden in's Herz!
Da ſtrahlten des Athers
Gefilde mir lichter,
Da blinkte mir heller
Der weſtliche Stern.
Warum hüllt ein düſtrer Schleyer
Heute deine Morgenröthe?
Warum ſchließen ſich die Blumen?
— 42 —
Warum bebt in Trauerklängen
Und in dumpfer Todesklage,
Wie am Grabe trauter Lieben,
Die gedämpfte Saite dir?
Sie, von ungezählten Edelthaten
Die fromme Vollbringerinn,
Electra, Gottes Freundinn und der Menſchen,
Sie ringt mit bitt'rer Qual!
Schmerzvoll ſind ihre Tage,
Schlummerlos ſind ihre Nächte,
Und die Hoffnung wendet
Oft ihr holdes Antlitz
Von ihr ab!
Darum iſt der Tag mir trübe,
Der in goldnem Himmelslichte
Vormahls mir erſchien;
Darum ſchließen ſich die Blumen,
Die zu Kränzen einſt ich wand,
Darum tönt in dumpfer Klage
Das mit Trauerflor umwundne
Saitenſpiel.
O du, der du droben den Reihn der Geſtirne
Leiteſt an Banden der ewigen Liebe,
Der du die heiligen Alpen
Deinem Himmel zu Säulen gabſt;
Aus deſſen Hand die Oceane quollen
Und der Morgenröthe Thau;
O du, der du der Freuden ſo viel ſchaffſt,
Jedem ein überſtrömend Maß:
nn AI neree
Allerhalter! Allerbarmer !
Neig', o neige dein Ohr
Gnädig dem Sohne des Staubes,
Und erquicke der Dulderinn Herz!
Nimm von ihr die ſtechende Qual,
Und laß der Hoffnung Auge
Wieder freundlich ihr lächeln!
Auf daß deiner herrlichen Schöpfung,
Die ſelbſt in dieſem Eden
Ihr wintertrüb' und unerquicklich ward,
Sie wieder ſich freue!
Daß der Abendhimmel
In freundlichgoldner Heitre
Deinen Frieden ins Herz
Ihr ſenke, du Vater der Liebe,
Bis wolkenlos ihr Erdentag ſich neigt!
Dein Nahm' iſt Erbarmen!
Drum harrt nach dem Sturme
Der Dulderinn Seele,
Mit ſtillem Vertrauen,
Im friedlichen Säuſeln,
O Herr, deines Heils!
ä—qZu— — — —
wen 4 4 .
SINN N ee ee ee ee cc
—
Im Liv WERTET
1795.
Hinter uns hob ſich der Gotthard nun ſchroffer den
Sternen entgegen
Und der Cikade Geſchrill hallte durch Reben und
Korn.
Freudig begrüßt’ ich die traute Verkünderinn füdli—
cher Milde,
Wie man des Nachtigallhains Erſtlingsgeſänge
begrüßt.
mr 45 emwue
EEE en ne Te 7727977277755. 2 7277257
S ug a n 0
Heitres Lugano! du lachteſt uns Pilgern des eiſigen
Gotthards,
Wie nach Orkanen der Port Schiffern im Abend⸗
roth lacht.
Ciner Gondel gewahrten wir auf der bepurpurten
Klarheit
Deines romantiſchen Sees; uferwärts wogte ſie
raſch.
Schneller durchgleitet Poſeidons Geſild', in der zier⸗
lichen Muſchel
Mit dem Delphinengeſpann, Pſyche, die Schif—
fende, kaum!
Und wir erkannten die nordiſche Sappho von fern an
dem Schleyer,
Der in Luiſiums Hain luftig die Stirn ihr um
flog.
eva 46 essen
SCC ETC CE LE IE SE EEE
Die Landſchaft.
Hier in des Feigenbaums dunkler Umlaubung das
friedliche Moosdach,
Jene Cascade, die wild über den Felſenhang
ſchäumt,
Nah, die mit Pinjen bekrönten, mit Lorbern umgür:
teten Hügel,
Fern, die Ruinen der Burg, kühn in die Bläue
gethürmt:
Herrlich vor Tauſenden mußte dieß heute dem Wan—
drer erſcheinen,
Der ſich auf Alpenſchnee noch geſtern im Nebel
verlor.
use 47 won
e r ic ieh
Blume des Andenkens
Blüht im Frühlingskranze dir noch die Roſe,
Wenn du, beym geflügelten Abendreigen,
Leichter wie Sylphiden auf Blumen hinſchwebſt,
Liebliches Mädchen?
Oder krönt ſie trauernd, als Todtenopfer,
Das der Sehnſucht Genius fromm dir weihte,
Schon dein Grabmahl? Wandelt dein freyer Geiſt
ſchon
uber den Sternen?
Jahre ſchwanden: aber dein Bild erſcheint mir,
Wo durch Alpenſchlünde der Waldſtrom donnert,
Und wo Nachtigallen am Quell auf Myrthen
Flötend ſich wiegen!
127 48 sure
DIT TI I IF IFSTIII FI III IE ES << ce <ce ce << ce
Villa Pliniana.
Unter Cypreſſen und Lorbern, am luftigen Sturze
der Quelle,
Welche dir, Plinius, einſt ländlichen Schlummer
gerauſcht,
Und wo du dankbar ein Wäldchen den Muſen und
Grazien weihteſt,
Hatte zum fröhlichen Schmaus Komus die Freun—
de geſchaart.
Und wir erhoben die Hände zur Speiſ' und zum köſt⸗
lichen Tranke,
Den uns die Quelle gekühlt, gleich den Heroen
Homers.
Plinius machte den Wirth; doch keinem Geſpenſte
des Kirchhofs
Oder dem ſteinernen Gaſt Don Juans glich die
Geſtalt.
Freundlich, in Agathons Bildung, vertheilt' er des
attiſchen Salzes,
Vieles erzählt' er von Rom, Vieles vom weiſen
Trajan.
Schon war die Sonne geſunken; die Ruderer mahn—
ten zur Heimfahrt;
f
na 49 S
Eleitend auf ſpiegelnder Fluth, ſangen wir:
„Kennſt du das Land?“
Luſtig begrüßte von Como's Geſtad' uns die gellende
Syrinx.
Alſo beſchloß noch Muſik dieſen harmoniſchen Tag.
5
Matth. Werke. 2 B. D
1 50 1
S e e e e e SEELE e ee
Hens pet ens Za ub
Iſt's ein elyſiſcher Traum? ein holdes mileſiſches
Mährchen,
Was mit ſo warmer Magie freundlich die Bruſt
mir umfängt? SEHR
Die Muſe.
Selbſt in der Wirklichkeit ſanften, dich brünſtig um—
ſchlingenden Armen,
Ahnt, wie's dem Sterblichen ziemt, Täuſchung
dein zweifelndes Herz.
Kein aus den Düften elyſiſcher Blumen gewobenes
Traumbild
Hat, unter Myrthen am Quell, ſo dich mit
Wonne berauſcht.
Sieh! dieſe glänzende Reine des Athers, dieß ewig
vermählte
Zeitigen, Keimen und Blühn, dieſe ſo mild vom
Olymp
„
uͤber die Schöpfung ergoßnen lebendigen Tinten der
Jugend,
Und der Begeiſtrung Hauch glühend am Grabe
. der Zeit:
Fremdling! das iſt es, was Menſchen und ſelber un—
ſterblichen Göttern
Hier mit ſo warmer Magie freundlich den Buſen
umfängt.
D 2
wsıen 52 sr
DIIIIIIIIIIIIDIIIIIFII<c< ee ee ee ee ee ee <ce
Der heilige Plinius in Como.
Unter den Heiligenbildern, gereiht in den Hallen
des Domes,
Strahlſt du, Sanct Plinius, auch, Como's be—
rühmteſter Sohn.
Freund, wie kamſt du herein, im Schwefelgewande
der Hölle?
Weil dir dieß Wunder gelang, warſt du des
Nimbus auch werıh!
ern 53 m
DEPIIIIIIIIII>IyI> >>> z<izeel tie te ee
Petrarchs Virgil in Mailand.
Schwärmen wir Kinder der Erde doch alle, nur an—
ders und anders
Tief in der Stille der Bruſt oder mit Pomp und
Geſang.
Offentlich küßt in Loretto der Pilger den heiligen
Breynapf:
Heimlich ein frommer Poet hier den Geliebten
Petrarchs.
— — — —
7 54 2
XS SSS r > << ee ce ee ee ee ce
Der BETT TA de:
Hespers bleiche Trauerkerze
Lodert an des Tages Gruft,
Durch der Kiefern öde Schwärze
Sauſt ſo bang die Abendluft.
Dunſtige Phantome gleiten
Auf des Moores Nebelmeer,
Und ein halb verwehtes Läuten
Tönt vom fernen Kloſter her.
Schwermuth ſchauert durch die Haine,
Wenn der Wind die Wipfel regt,
Auf des dürren Laubes Bräune
Hat der Tod ſein Bild geprägt.
Lunen gleich, nach Ungewittern,
Lacht mir des Befreyers Bild,
Und durch Pſyches Kerker zittern
Strahlen, wie Aurora mild.
un 55 K
Bis den Nebeln der Verbannung
Rettend ihn der Tod entreißt,
Steh, mit kräftiger Ermannung,
Jedem Sturm des Edeln Geiſt.
Wenn er, ſelbſt in morſcher Barke,
Durch der Fluthen Aufruhr ſchwebt,
Herrſcht am Steuer kühn der Starke,
Bis die Brandung ihn begräbt.
Wandte thatenloſes Trauren
Je des Schickſals ernſten Plan? —
Feſt, mit Hochſinn auszudauren,
Trotz dem Schickſal, weiß der Mann!
.
irn 56 vo
C r
Am letzten Abend des Jahrs 1795.
Geeich Elyſiums Lenzen lacht der Winter
In den Gärten der Hesperiden; herrlich
Prangt ihr Apfel im Grun der Haine; Zephyr
Wiegt ſich auf Blumen.
Sieh! wir Fremdlinge weihn, auf Tiburs Hügel,
Dir, venuſiſcher Schwan, der keuſchen Daphne
Dunkel glänzendes Haar, und ſprengen opfernd
Milden Albaner.
Schauerund flüſtern die Wipfel, und melodiſch
Hallt's, wie Silbergetön: Die Jahr' entſtürmen!
Morgen Schatten und Aſche, kraͤnzt mit Myrthen
Heute den Becher!
— 57 —
. Eee ceeeeE
Sympoſium in Tibur.
Hurtig, mein wackrer Francesco, den Tempel der
Veſta zu ſchmücken!
Siehe! den Korb, der des May's holdeſte Kinder
| bewahrt.
Flicht um die Säulen den Sprößling der Myrthe mit
ſilbernen Blüthen,
Und auf den Eſtrich ergeuß Purpur und Gold und
Azur.
Dorthin die gaſtliche Tafel! So ſchirmt auch vor
Heltos Gluthen
Uns den gehenkelten Krug ſichrer des Feigenbaums
Zelt.
Luſtig s nun, ihr Freunde! Hier dampfen ge—
dupfte Forellen,
Die durch die Grotte Neptuns wagten den tödtli—
chen Sprung;
Hier, in bekränzten Pokalen, blinkt echter horazi—
ſcher Nektar,
Deſſen der Halbgott mit Luſt noch im Olympus
gedenkt,
wa 58 men
Ihm, dem Unſterblichen, ſprengen wir feſtlich des
Trankes zum Opfer!
Dort, wo der Pfaffe nun plärrt, ſang er, von
Göttern belauſcht:
„Heute verſcheucht, o Genoſſen, mit Weine die
Schmerzen der Seele!
Morgen auf's neue durchpflügt ihr das unendliche f
Meer!“
— 99 —
NN e e e e ce i<<
oe bike
Dres Mahl beſucht ich nun ſchon Angelika's Woh—
nung; doch immer
Sah' ich Angelika nur, ihrer Gemaͤhlde nicht
eins. j
D'rum hab' ich heute die Stunde, wo nach der Bor:
gheſiſchen Villa
Oder zur Meſſe ſie fährt, klüglich vom Diener
erforſcht.
Träf ich zum tauſendſten Mahl Angelika bey den Ge—
mählden,
Würd' ich zun tauſendſten Mahl doch nur Angelika
ſehn.
erwa 6 0 99 7
drs sss Eee ee ee Se
Ang eli k a d Ka
Als, auf Apollons Geboth, Aglaja die Krone des
kachruhms
Flocht für Angelika's Haupt, ſangen die Muſen
im Chor:
„Mög'ſt du an Schöne die Blumen der lächelnden
Hebe verdunkeln,
Du, die wir ſegnen und weih'n, Zierde der edel—
ſten Stirn!“
„Hauche, gleich Cypriens Kranz, ambroſiſche Düfte!“
rief Pallas.
„Blüh' unverwelklich durch mich!“ ſprach die Be—
ſcheidenheit ſanft.
wun 61 nn
PIIIDIIIIIIIIIIIIII>IEL LE EL EL ELLE ELLE LE EEE
Gemähldeausſtellung.
Meiſter und Jünger der Kunſt bewundern dieß Zau—
bergemahlde
Unſrer Angelika laut; knirſchend verbirgt ſich der
ö Neid.
Nur eine Tochter Apolls und Vertraute der hohen
Kambnen
Spricht: Eures Preiſes fürwahr ſchämt ſich der
ſchwache Verſuch!
„Was dem Pasgquin wir verzeihn, darf Kindern dee
Götter nicht hingehn!
Rede! die Tochter Apolls nennt sh” Angelika,
Freund!
5
e 62 F
— . > I > >>> <<< <<< ee ec ce
Raphaels Verklärung.
Als er das Wunderbild kaum der hohen Verklärung
vollendet,
Trug ſeine Seele zu Gott freundlich ein Seraph
empor.
Göttlich das Göttliche lohnend, erhub, in der Fun
des Lebens |
Und in der Slüthe des Ruhms, ihn zur Verklä—
rung der Herr.
C
Seht! wie der bärtige Mönch zur Kanzel die Tonne
ſich aufſtellt, |
Dicht vom unendlichen Troß lungernder Bettler
umdrängt.
Hier, wo die Roſtra ſich einſt am Tempel Kronions
erhoben,
Und ihres Redners Triumph über den Erdkreis er—
ſcholl.
Cicero's Donner verhallten; es folgte die Capuzi—
nade;
Feldherrn, im Pompe des Siegs, wichen der
Prozeſſion.
Mäͤrtyrerbilder, geweiht in Loretto, küßt gläubig der
Pilger,
Wo dein bekränzter Altar, heitre Concordia,
ſtand!
Dort, um den Bogen Severs, wo Krüppel ihr Jam—
merlied heulen,
Thürmten Jahrhunderte ſtets höher und höher
den Schutt.
wm 64 ren
Dürftigkeit flickte das Obdach an traurende Marmor—
portale,
So wie die Schwalb' an den Sims klebte das
luftige Neſt.
Wo ſich mit Wundern der Kunſt, o Friede, dein
. Heiligthum ſchmückte,
Lagern, dem Fleiſcher zur Wahl, Stiere ſich
käuend umher.
Wo, vor dem Kaiſerpallaſte, die Prätorianer in
ſtolzer
Herrlichkeit ſchimmerten, dreht einſam der Sei—
ler das Rad.
Krähend nimmt Poliſchinell ſeinen Stand, wo, nach
heiliger Sage,
In den flammenden Riß muthig ſich Curtius
warf.
Ha! wie zum komiſchen Liebling des Markts die Ge—
meinde der Frommen
Schnell ſich vom tragiſchen kehrt, welcher die
Tonne beſtieg!
7 vd e SEE ee
Monologen in Italien.
1.
Der Dichter.
5 daß ein Lied mir gelänge zu Roma's unſterbli—
f chem Preiſe, i
Hier, wo die Leyer Virgils weilte den horchen—
den Strom!
Ha! ſchon entſteigen den finſtern Ruinen der Vor—
zeit Gebilde,
Silbern, wie Luna dem Schooß nächtlicher Flu—
then entfteigt.
2.
Der Mahler.
Selig wie Götter durchſchweb' ich den Himmel der
Kunſtideale,
Wo mit der Palme von fern Raphaels Genius
| winkt.
So muß die ärmlichſte Koſt ſich mir in Ambroſia
wandeln,
Und mir die Nymphe des Borns reichen der Hebe
Pocal.
Matth. Werke. 2. B. E
„ 66 mem
3.
Der Kaufmann.
Schon war Livorno mir hold, noch freundlicher lacht
mir Venedig,
Spielt nur zu Hamburg indeß nicht ein Gewiſſer
Bankrot.
Hoffentlich meid' ich nun Roms geldkaperndes Künſt—
lergeſindel;
Leider noch zog ich von Rom nicht einen Groſchen
Profit.
4.
Der Krieger.
Würde doch Florenz, die Schöne, zum Winterquar—
tiere genehmigt!
Nirgends behagte der Kuß, nirgends der Wein
mir fo ſuß. |
Mahomet, wären ihm je Toscana's Brünetten er-
ſchienen,
Hätte ſein himmliſches Reich ſicher nach Florenz
verlegt.
2
Der Pilger.
Tauſend Mahl küſſ' ich den Boden, wo Bethlehems
Hüttchen, vom Arme
Göttlicher Träger umfaßt, leuchtenden Wolken
entſank, i
Und man in Truhen von Silber, geſchmückt mit Ru⸗
binen und Perlen,
Märtyrerſchädel bewahrt und Patriarchengebein!
6.
Der Prieſter.
Herrliche Stimmung des Volks! Ich hab' es mit
Wonne betrachtet,
Jüngſt als die Prozeſſion über den Waffenplatz
809 ,
Wie der Soldat, mit dem Kolben, den hyperborei—
ſchen Ketzern,
Die nicht im Kothe gekniet, Rippen und Arme
zerſtieß.
7.
Der Cameraliſt.
Während man fern ein Geſümpf in Hungerland müh—
ſam verwandelt,
Wildert ein Segensland hier, das nur des Pflu—
ges bedarf.
Wenn Monopole tyranniſch den Arm der Cultur nicht
entmarkten, ’
Sproßten, ſtatt Reben und Korn, ſchwerlich hier
7 und Genſt.
— 68 um
8.
Der Reiſebeſchreiber.
Kletternd in altem Gemäuer zu ſpähn, hat ſo man—
che Beſchwerde;
Kunſtgallerien zu durchſchau'n, koſtet ſo manchen
Zechin!
Darum begnüg' ich mich bloß, für's Publicum nie=
der zuſchreiben,
Was der Bediente vom Platz mir auf dem Zim—
mer dictirt.
9.
Der Antikenſammler.
Daß dieß entzückende Bein, den Bädern des Titus
i entgraben,
Einem Apollo gehört, zeigt uns die Muscula—
tur.
Täuſchend wird Freund Cavaceppi das Bruchſtück
ergänzen, und freudig
Rühmt ſich Britannia dann eines antiken Apolls.
10.
Die Opernſängerinn.
Statt der Guineen bringt nun Amor Zechinen. Der
Lordſchaft von London
Iſt auf dem nähmlichen Fuß Roms Cardinalſchaft
gefolgt.
69 mann
Völlig im Grunde das alte Syſtem! Denn, von
Moskau bis Napel,
Bleibt ja der Mann immer Mann, bleibt ja das
Gold immer Gold.
11.
Der Seiltänzer.
Fröhlich nun ſpann' ich mein Seil! Mir klingen har—
moniſch die Taſchen!
Hungernd verflucht' ich Paris, hungernd ver—
wünſcht' ich Berlin.
Aber dich ſegn' ich, Neapel, wo glänzenden Künft:
lertalenten
Täglich durch edles Metall glänzendes Recht wie—
derfährt.
12.
Der Bettler.
Suppe wird hier in den Klöſtern zur Stunde des
Mittags geſpendet,
Und iſt man irgend nur flink, füllt man der
5 Töpfe wohl drey.
Selig in päpſtlicher Huth ſchlag ich der Juſtiz nun
ein Schnippchen,
Welche mir Galgen und Rad jüngſt auf den
Rücken gebrannt.
rasen 70 .
Ss Draa ann 7 ee
Raphaels Madonnen.
Gnädig zum Bildniſſe ſaß dem Jüngling die gött—
liche Jungfrau,
Und von den Seraphim ward freudig ihr Bild—
niß erkannt.
Guido's Madonnen.
— —
Lieblich, mit Geniuswärme gezauberte Mädchenge—
ſtalten,
Trügt ihr doch Myrthen im Haar, ohne den
Phosphoruskranz!
een 71 n
Sr ..
Raphaels Cäcilia.
Urbild begeiſterter Liebe! Dir ſchwingt auf ätheri—
ſchen Flügeln
Mächtig die Seele ſich nach! Heilige! bethe für
uns!
Domenichino's Cäcilia.
Würdig des Meiſters biſt du, ſobald man als Ha—
remsprinzeſſinn,
Oder als Potiphars Weib, reitzende Schöne,
dich ſieht!
. A > II I > ELLE LEE ELLE ELLE
Guido's Aurora.
Weder der Schwächling Apoll, noch Eos die Bäu—
rinn aus Flandern, a
Eine der Horen allein feſſelt mit ſüßer Gewalt.
Guercino's Aurora.
Nur die getiegerten Roſſe der Göttinn ſind herrlich;
doch Tithon,
In Lazaronigeſtalt, bettelt um einen Bajock.
use 7 3 rer
E TTT
, En 0 M
Der Cuſtode.“
Hier noch Newtons höchſt ähnliche Büſte von
ö Roſſo antico,
Aus einer Säule gehau'n, die man zu Tivoli
fand.
Der Lord.
Herrlich! vortrefflich! bezaubernd! Ein Kopf im er—
habenſten Style!
Doch, mit Erlaubniß, mein Herr, iſt er auch
wirklich antik?
rn 7 4 nes
FCC
on
HSalcyonıfbe Tage.
1796.
Mild umglänzten zu Napel uns halcyonifhe Tage;
Ruhig blieb immer das Meer, ſtill der erſchöpfte
Veſuv.
Warfſt du da, murrend wie Jonas, dein Tagebuch
nicht in den Winkel?
Aber die Menſchlichkeit, Freund, opferte Kränze
des Danks!
ron 7 5 u
DWIIDIMIIMWIID II III III <EI ELLE LEE EL LEE EEE
Neben der Aloe wuchern hier indiſche Feigen am
| Steinwall,
Welcher des Kaiſerpallaſts glänzenden Porticus
trug,
Und der miſeniſche Golf noch ſchirmt er die Barke
des Fiſchers
Wirthlich, wie er einſt Roms mächtige Flotten
geſchirmt.
CC LEE ELLE LE CL
Der Lorber an Virgils Grabe.
Lange von Pilgern zerzauſt, verdorrte der heilige
Lorber,
Welchen Kalliope zog, endlich am Grabe Vir—
gils.
Aber ſo weiſſagte Cuma's erhabne Prophetinn: Ein
andrer
Grünt, von Apollon gepflegt, einſt über Klop—
ſtocks Gebein.
DIIIIIIIH II II) I > ID > >>> ect CAC CS
Die Cypreſſen im Weingarten.
Jenes „ dem Schooß' Amphitritens entſchwellende
Thyrſusgefilde
Ladet vom ſtäubenden Pfad uns zur erquicken⸗
den Raſt.
Seht! es geſellt ſich der düſteen Cypreſſe dort freund—
lich die Rebe,
Wie ſich dem Schmerze die Luſt freundlich im
Leben geſellt.
. III II FI I > ES Eee ee ee
Hamiltons Vaſe n.
Unſre Gemählde copirteſt du, Tiſchbein! zur Freude
der Muſen,
Doch dem Erläutrer, beym Styx! flögen wir
gern an den Kopf.
Send' uns nach Weimar! Der Magus der griechi—
ſchen Lampe wird glorreich
Dieſen verfinſternden Qualm gothiſcher Fackeln
zerſtreu'n.
. . . >> CL Lee Le EEE Ei
Nur im Geſange der Dichter blüht Päſtums ge
| feyerte Roſe!
Traurig umwanken des Schilfs bräunliche Kol⸗
ben ihr Grab. |
Wallte nicht Opfergewölk, beym Jubel der Hymne,
vom Altar,
a, wo der Asphodell nun Düfte des Orkus
verhaucht?
Klangſt du auf Marmor, o Münze! die tief den
Ruinen der Landmann
Schwarz und gepräglos entgräbt, nicht in den
Hallen des Markts?
Aber die mächtigen Tempel der poſeidoniſchen Meer—
ſtadt
Bothen Jahrtauſende ſchon Trotz der verzwei—
felnden Zeit.
nossa Bo era
DIIDIIIIIIDII Hy II > ya . ⁵—m.ü— ee e<<
un ine e
Quelle des einſamen Thals, von ſchirmenden Wi—
pfeln umfaufelt,
Wenn auch kein Wandrer dich nennt, wenn
auch kein Barde dich pries,
Bleibſt du dennoch vor allen Gewäſſern der Erde
mir theuer,
Bis dein erbleichendes Bild ſanft in die Lethe
ſich taucht. 0
Ach! in Hesperien ſelbſt erklang dir die Laute der
Wehmuth,
Dir auf Parthenopes Flur, dir am entbrann—
ten Veſuv,
Dir in den Göttergefilden der Poſeidoniſchen Tempel,
Wo noch des ſcheidenden Jahrs Hora mit Blu—
men ſich krönt;
Dir auf 955 grauen Ruinen, am Grabe der heili—
gen Roma,
Dir an des Anio Sturz, und am blanduſiſchen
Quell.
O daß die ſilbernen Alpen erſt wieder im Süden
mir glänzten!
Alles zieht mich zu dir unwiderſtehlich zurück.
. 81 4
( T e EEE EL ELEEIE
u me Dude n.
Feige Sterbliche nur und aberwitzige Schwärmer
Schrey'n von den Dächern ihr Weh, Mitleid er—
bettelnd vom Volk. |
Klage geziemt nicht dem Starken. Im Kampf mit
a dem eiſernen Schickſal
Siegt nur die rüſtige That; Worte ſind Beute
des Sturms.
Schlägt ihm ein ähnliches Herz, fo güb' er ſich ganz
und auf ewig:
Ward ihm dieß Kleinod verſagt, werd' er ſich
ſelber die Welt.
Matth. Werke. 2. B. 5
—— 82 *
r / e
An die Ry m pe
Schützt allgütig, ihr Nymphen, die Stätte des hei—
ligſten Bundes!
Nimmer bekränze der Faun hier der Mänade den
Kelch.
Nur den Grazien ſpendet beym Reigen die duftenden
Glöckchen,
Welche die Schläfe des Mays, ſchimmernd wie
Silber, umblühn.
2 83 wenn
CCC <«
Der Fremdling.
Ergebung ſtrahlt vom beſſern Stern
Wie Morgenſchein herab.
Der Erdkreis, überall des Herrn,
Beut überall ein Grab.
Empor durch Eisgefilde drang
Ich ſonder Pfad und Spur;
Verzweiflung nur wagt ſolchen Gang!
Die Wüſte ſtarrte Meilen lang,
Ein Beinhaus der Natur.
Hier, wo der Grashalm wieder wallt,
Die Bergluft milder hauchte,
Im Thal der Heerde Läuten hallt,
Und fern ein Dörfchen raucht:
Hier denk' ich dein, o Vaterland!
Wie, tief in Harm verſenkt,
Des Jünglings, der am Klippenſtrand
Sein Grab in Schiffbruchstrümmern fand,
Getreue Liebe denkt.
Cr
F 2
„
Wild loderte, gleich Atna's Gluth,
Der Todesgötter Zorn;
Zerſchmettert, ach! verſank in Blut
Des UÜberfluſſes Horn.
Verwüſtung donnerte die Schlacht,
Wo jüngſt von Luſtgeſang
doch Saatfeld, Anger, Strom und Schacht,
Und freudig vom Gewühl der Jagd
Gebirg' und Forſt erklang.
Ein Chaos von Ruinen thürmt
Sich längs der Felſenwand,
Wo ſtill, vom Nußbaumhain' umſchirmt,
Der Väter Wohnung ſtand.
Die Thräne, die hier brennend fällt,
Sie muß die letzte ſeyn!
Wem Selbſtgefühl den Buſen ſchwellt,
Der trägt im Innern eine Welt,
Wo nimmer Stürme dräu'n.
Ihm flammt der Unſchuld Göttermuth,
Den kein Verhängniß raubt!
Des Mißgeſchicks Tyrannenwuth
Beugt nie des Edlen Haupt!
Er weiß, daß der Befreyung Plan
Durch Irrgewinde führt,
Und herrlich ſich, am Ziel der Bahn,
In Glanz das Dunkel, der Orkan
In Frühlingswehn verliert.
—
nun BD mom
Drum kann im weiten Schöpfungsraum
Er, ein Verlaßner, ſtehn,
Und doch des Daſeyns öden Traum
Mit Lächeln dauern ſehn;
Wenn ſelbſt bis an des Grabes Rand
Ihn ſchwarze Nacht umfließt,
Kein Herz an ihn ſich liebend band,
Und eine kalte Miethlingshand
Sein brechend Auge ſchließt.
2
2 86 un
CCC ann nn 2 22227
Die Schatten.
Freunde, deren Grüfte ſich ſchon bemoosten!
Wenn der Vollmond über dem Walde dämmert,
Schweben eure Schatten empor vom ſtillen
Ufer der Lethe.
Seyd mir, Unvergeßliche, froh geſegnet!
Du vor Allen, welcher im Buch der Menſchheit
Mir der Hieroglyphen ſo viel gedeutet,
Redlicher Bonnet!
Längſt verſchlürft im Strudel der Brandung wäre
Wohl mein Fahrzeug, oder am Riff zerſchmettert,
Hättet ihr nicht, Genien gleich, im Sturme
Schirmend gewaltet.
Wiederſehn der Liebenden! Wo der Heimath
Goldne Sterne leuchten, o du der armen
Pſyche, die gebunden im Grabthal ſchmachtet,
Heiligſte Sehnſucht!
— — — —
>I I’ I’ IH IH I>IIDII>I>>I III I I EL EL E EEE ELE ELLE ELLE
Den G ite zu u z.
Pulvis et umbra sumus.
Nor.
Die breterne Kammer
Der Todten erbebt, _
Wenn zwölf Mahl den Hamme
Die Mitternacht hebt.
Raſch tanzen um Gräber
Und morſches Gebein
Wir luftigen Schweber
Den ſauſenden Reihn.
Was winſeln die Hunde
Beym ſchlafenden Herrn?
Sie wittern die Runde
Der Geiſter von fern.
Die Raben entflattern
Der wüſten Abtey,
Und fliehn an den Gattern
Des Kirchhofs vorbey.
Wir gaukeln, wir ſcherzen
Hinab und empor,
Gleich irrenden Kerzen
Im dunſtigen Moor.
O Herz! deſſen Zauber
Zur Marter⸗ uns ward,
Du ruhſt nun, in tauber
Verdumpfung, erſtaͤrrt.
Tief bargſt du im düſtern
Gemach unſer Weh;
Wir Glücklichen flüftern
Dir fröhlich: Ade!
russea 89 rss”
>>>>>>>>>>>>>>7> .
Strophen
dem Geburtsfeſte eines deutſchen Prinzen geweiht.
9 75
Zu oft entheiligt ward die Leyer,
Die von der Großen Lob' erklang:
Drum hülle du, zu dieſes Tages Feyer,
Dich in der Wahrheit Atherſchleyer,
Und weihe deinen Preisgeſang
In ihres Tempels Heiligthume,
O Muſe! wo des Lobes Blume,
Von keines Heuchlers Blick vergiftet,
Den Würdigen zu kränzen, düftet.
Doch überliefert eine Sage,
Ihr ſchwinde Duft und Farbenglanz,
Wenn niedre Selbſtſucht ſie zu brechen wage,
Im Trauerlaub am Sarkophage,
Und in des Feldherrn Lorberkranz:
Dir blüht ſie fort in holder Schöne,
Daß ſie Georg den Edlen kröne;
Preiswerth, wo bey der Kriegsdrommeten
Geſchmetter Land und Strom ſich röthen;
5 n
Preiswerth, wo im Olivenhaine
Apollons Kunſte friedlich blühn;
Preiswerth, wo am bethränten Leichenſteine
Verwaiste bang, im Sternenſcheine,
Wie an des Mitleids Altar knien;
Preiswerth im häuslich frohen Kreiſe,
Wo, nach der beſſern Griechen Weiſe,
In Sokrates beſcheidnen Hüllen,
Die Grazien den Becher füllen.
Georgium! wo Lethes Friede
Mild in der Schwermuth Buſen ſinkt,
Mit Wonne grüß' ich heut' auch dich im Liede!
Du lachſt voll Reitz, als hätt' Armide
Dem finſtern Chaos dich entwinft.
Kühn hat, was nur nach Idealen
Delille's Zaubertöne mahlen,
In dir, der Sandflur abgerungen,
Zur Wirklichkeit ſich aufgeſchwungen.
Mög' Er ſich deiner Schattenhallen,
Wo Roſen ihm die Horen ſtreu'n,
Und ſinnend beym Geſang der Nachtigallen,
Die Muſen gern im Mondlicht wallen,
Noch zehn Olympiaden freu'n:
Sanft, wie der Aolsharfe Beben,
Verhalle dann ſein erſtes Leben,
Indeß Heroen ſich im neuen
Zu ſeines Laufs Genoſſen weihen.
EFT
id ner Nit e n.
Ihr Knaben, roſig wie der May,
Der Tag iſt ſchwül, herbey! herbey!
Flink tummelt euch zum Bade!
Kennt ihr der Niren muntre Schaar,
Von Auge ſchwarz und grün von Haar?
Sie lauſcht am Schilfgeſtade!
Wer uns die Händchen herzhaft reicht
Und, wenn die Fluth an's Kinn ihm ſteigt,
Nicht bang' um Hülfe wimmert:
Der folgt uns, ha! zu welchem Schmaus!
Wohl in des Waſſergottes Haus,
Ganz von Demant gezimmert.
Da ſpendet ſtets ein Weihnachtsbaum,
Die Zweige blank von Silberſchaum,
Bald Feigen, bald Roſinen;
Den ſchüttelt ihr, wenn's euch behagt,
Rumort und ſchwärmt, ſo lang' es tagt,
Und reitet auf Delphinen.
Was ihr begehrt, wird ſtracks vollbracht!
Dukaten kann euch Nacht für Nacht
Ein ſchwarzer Kobold münzen.
Dann heißt's nicht mehr: Man ſoll und muß!
Ihr ſauſt und braußt im Überfluß,
Und ſchimmert wie die Prinzen.
Drum tummle, wer ſich tummeln kann!
Kreiſch' immerhin der Schultyrann
dach euch die Bruſt ſich heiſer:
Ihr taucht hinab, ihr ſchwebt uns zu,
Und endet wohlgemuth im Nu
Die Schmach der Birkenreiſer.
row. 99 4
Sars S Ir N EL << ce Le<e<iceeeceies
Sehnſucht nach Rom.
Alme Sol, curru nitido diem qui
Promis et celas, aliusque et idem
Nasceris, possis nihil urbe Roma
Visere majus.
Hor.
Wie Philoktets umwölkten Blicken
Der Vatererde lachend Grün,
Auf Lemnos unwirthbarem Rücken,
In jedem Halm zu weben ſchien:
So mahnt mich, wo der Wildniß Ranken
Hier um des Kloſters grauen Dom
Im goldnen Morgenſtrahle wanten,
Selbſt jedes Moos an dich, o Rom!
Es brauſen, Königinn der Tiber,
Nur deines Nahmens Feyerhall
Der Alpen Stürme mir herüber,
Ihn donnert mir der Ströme Fall!
nen 94 mw
Wenn Eos früh die Wipfel vorher,
Grüß' ich Borgheſes Paradies;
Wenn Philomel' ihr Nachtlied flötet,
Den Lorberwald von Medicis.
Wenn ſich die Frühlingsblum' entfaltet,
Pamphilis Anemonenflur;
Doch ach! bis dieſe Bruſt erkaltet
Aus öder Fernung Nebel nur.
Daß, eh' des Daſeyns Fackel ſänke,
Ich ein Mahl noch den Himmelsduft
Der Hesperidengärten tränke,
Und ihres Athers Zauberluft!
Daß mir der Hohen Schluß vergönnte,
Im Abendlicht' Anthuſa's Höhn
Und ihre Göttermonumente
Mit Einem Blick nur noch zu ſehn!
Euch, Siegesbogen, Baſiliken,
Dich, ſtillerhabnes Pantheon,
Und Obelisken, euch! Antiken
Am Nil der Vorwelt Pilgern ſchon.
Und, Coliſeum, dich! So brauſend
Sich auch des Zeitſtroms Woge bricht,
Du trotzteſt mächtig dem Jahrtauſend,
Nur dem gekrönten Freoler nicht!
one 95 en
Dich, Forum, wo der Strom der Wahrheit
Sich von den Lippen Cicero's
So oft, mit Arethuſas Klarheit
Und mit des Rheinfalls Kraft, ergoß.
Wo er, der glücklichſte der Streiter,
Für Freyheit, Recht und Vaterland,
Der ernſten Nemeſis Gewethter,
Ein Fels im Wogenaufruhr, ſtand;
Und, würdiger der Siegespalme,
Als wen Bellonens Wagen trug,
Wie Hagelſturz der Ceres Halme,
Der Mordwuth Rotte niederſchlug.
Von Roma's Wundern ſeyd vor allen,
Des Bildners Wunder, mir gegrüßt!
Ihr Göttlichen, in deren Hallen
Der Schönheit Urquell ſich ergießt!
Wie Bienen zum Hymettus, kehrte
Selbſt vom erhabnen Meiſterſtück,
Wo Raphael den Herrn verklärte,
Zu euch, doch nur zu euch mein Blick;
Vom Nachglanz der geſunknen Sonne,
Die einſt den Praxitelen ſchien,
Sieht euch mein Geiſt, mit Schmerz und Wonne,
Noch ſtets im Traum der Sehnſucht glühn!
na 96 1 0
Dich, deſſen Qual die Seele tiefer
Als Ugolino's Qual bewegt,
O Dulder! dem des Unthiers Kiefer
Sich grau'nvoll in die Seite ſchlägt;
Euch, quirinaliſche Koloſſe!
Die ihr den Hall des Ruhms vernehmt,
Indeß der Arm die Flammenroſſe
Jach, wie Neptun die Fluthen, zähmt;
Dich, Torſo! weitgepriesne Trümmer
Des Sohns der langen Wundernacht,
Dem, an der Thaten Ziel, der Schimmer
Von Hebe's Nektarſchale lacht;
Dich, Sonnengott im Belvedere!
Doch Mnemoſynens Jammerton
Füllt deines Tempels dumpfe Leere,
Und Echos ſeufzt: Er iſt entflohn!
Wann winkt die ernſte Pyramide,
Die ſich am Scherbenberg' erhebt,
Zum Thal mich hin, wo Lethes Friede
Um ſtille Fremdlingsgräber ſchwebt?
Werd ich, an Veſta's Tempelrunde,
Ach! unter Götterſchwärmerey'n,
Den Grazien, in heil'ger Stunde,
Nie mehr den erſten Becher weihn?
Wie oft, bis zu der Sterne Schwinden,
Hab' ich dem Katarakt gelauſcht,
Der wild in Tiburs Felſenſchlünden
Und ſtolz in Flaccus Hymnen rauſcht!
*
Wann werd' ich wieder dich erklimmen,
Albanos Berg, auf deſſen Höhn,
Im Mondlicht, oft Heroenſtimmen
Des Donnrers Tempelhain entwehn?
Hoch ſey der hehre Tag gefeyert,
Als hier, von Rom bis Oſtia,
Mein Blick, vom Zeitgewölk entſchleyert,
Der Thatenbühnen größte ſah!
Verweht, gleich einem Nachtphantome,
War plötzlich der Verödung Graun;
Des Tempes Haine, rings am Strome,
Durchſchwaͤrmten Oread' und Faun.
Froh ſtaunte da die Morgenhore
Der goldnen Zeiten Wiederkehr;
Die Bann- und Fluchſtadt der Gregore
Und Alexander war nicht mehr.
Wie jauchzten des Olymps Päane,
Als um den alten Palatin
Die Roma der Vespaſiane
In ſtolzer Herrlichkeit erſchien!
Matth. Werke. 2. . G
erren 8
Als aus dem Grauſe der Vernichtung
Der Tempel Majeſtät ſich hob,
Und ihren Roſenflor die Dichtung
Mild um die Schöpfung wieder wob!
Wie ſcholl, an lodernden Altären,
Dem Gotte, der zum Indus drang,
Der milden Spenderinn der Ahren,
Und ihm, dem Heerdenſchützer, Dank!
Wie ſchwebte, bis die Berge weſtlich
In Grau ſich tauchten, dir zum Preis,
Der Hekatomben Wolke feſtlich
Um deine Burg, Befreyer Zeus!
Wie ſorglich waltete, vom Scheine
Der heil'gen Opfergluth verklärt,
In göttlich hoher Seelenreine,
Der Jungfrau'n Chor um Veſta's Herd!
Wie glänzten vom Tyrrhenermeere
Der Flotten Purpurſegel her!
Wie drängten Heere ſich an Heere,
Von ferner Zonen Beute ſchwer!
Wie wälzte die entzückte Menge
Sich brauſend, längs der Tiber Bord,
Beym Donnerhall der Siegsgeſänge,
Mit des Triumphzugs Pompe fort!
Am Capitol, dem Felſenſitze
Des Adlers, der mit ſtolzem Flug',
Im Thatenſturm, Kronion's Blitze
Voran den Weltbezwingern trug:
Soll da nicht einmahl meine Seele
Noch dem Tyrannenmörder glühn,
Und vor dem hohen Mark-Aurele,
Dem Genius der Menſchheit, knien?
Dort iſt's, wo, im verklärten Lichte
Des Abendſtern's in ſtillen Seen,
Der Vorwelt göttliche Geſichte
Lebendig vor uns auferſtehn!
Wo Rom in ernſter Heldenſchöne,
Indeß der Weltkreis ahnend ſchwieg,
Im Waffenſchimmer, wie Athene,
Verhängnißvoll der Nacht entſtieg;
kind, mit Alcidens Kraft, ſchon muthig
Der Drachen viel als Kind bezwang,
Eh' ſie, von tauſend Kämpfen blutig,
Des Erdballs Diadem errang!
Wie lauſchte, ſchwebten ſtill der Manen
Geweihte Chöre dort empor,
Den Scipionen, den Trajanen,
Und, Cato, dir mein trunknes Ohr!
G 2
nme 100 wu
Dort, wo der fernſten Nachwelt Sohne,
Dem Himmelsgluth im Buſen wallt,
Ein jeder Stein, mit Heroldstone,
Ins Herz noch dieſe Nahmen hallt!
wen 101 wer
FFT I I LE LS ELLE ELLE ES CE E ES E
S hg e a,
1798.
—
(Die Scene ſtellt ein mit Stat en und Büften geziertes Vor—
zimmer dar.)
Iſt's doch, als dürfte mir auf Erden
Die bleibende Stätte nirgends werden!
Anſiedle mich kaum in einem Ort,
So muß ich Armſte ſchon wieder fort.
Bald zwingt mich Bacchus zu entfliehn,
Bald heißt mich Amor weiter ziehn.
Auch fährt ſo oft der Schlangenſtab
Des grämlichen Vaters Asculap
Mir durch den jovialen Sinn,
Daß ich ſchier hypochondriſch bin.
(Der Schauplatz verwandelt ſich in einen prächtig decorirten
Saal, mit vielen Gemählden großer Meiſter.)
Will jetzt in dieſen Saal eintreten,
Zum großen Vater der Götter zu bethen,
Daß er ein ſtilles Sorgenfrey
Der irrenden Pilgerinn verleih.
(Umher blickend.)
Fürwahr! in ſolchem Zaubergemache
Zu haufen, wäre recht meine Sache.
102 rm
Wie herrlich, wohin das Auge blickt!
Mit Bildern die Wände ſo reich geſchmückt!
Wo die Magie der Kunſt gefällt,
Vergeſſ' ich Körper- und Geiſterwelt.
Heg' ein Mahl tief in meiner Bruſt
Am Schönen glühende Jugendluſt;
Auch ohne meinen Beyſtand wär'
Das Reich der Künſte wüſt' und leer.
War’ ich dem Homer nicht hold geweſen,
Wir würden wohl keine Ilias leſen;
Hätt' ich in des Vatikans Pallaſt
Den Raphael nicht mit Lieb' umfaßt,
Er hätte, Trotz aller Geniusmacht,
Kein Meiſterwerk ans Licht gebracht!
Doch ſich zu loben in's Angeſicht
Ziemt einer Göttinn ſelber nicht.
Will hier indeß meinen Blick berauſchen!
(Nach einer Pauſe.)
Doch ſtill, die zierlichen Diener lauſchen!
(Der Herr des Pallaſtes erfcheint,)
Da tritt ein ſtattlicher Mann herein,
Das wird des Hauſes Gebiether ſeyn!
Mein Roth den Wangen aufgelegt,
Ein ſtattlich Feldherrnkleid er tragt;
D'ran zeigt, als hoher Thaten Preis,
Sich Friedrichs Adler, einem Kreis
Von Silberſtrahlen eingeſtickt:
Doch ihn ſein Antlitz beſſer ſchmückt,
Der Spiegel edler Menſchlichkeit,
Dem ihren Glanz die Wahrheit leiht,
won 1 03 Aa
Drum darf ich ſonder Scheu wohl wagen,
Des Herzens Wunſch ihm vorzutragen.
(Ihn anredend.)
Mich, die der Synodus der Arzte
Oft bis zur Ungebühr verſchwärzte,
Hygea von den Griechen genannt,
Durchzog dieß elyſeiſche Segensland,
Wo, mit Minervens Kranz geziert,
Ein menſchenbeglückender Fürſt regiert;
Wo ſich die Wüſte zum Tempe verſchönt,
Und aller Muſen Hymnus tönt:
D'rum hat dieß Feenland vor allen
Mir Weltumſtreiferinn wohlgefallen.
Im Süden iſt's noch dumpf und ſchwühl,
Gewähr', o Herr, mir ein Aſyl!
Zwar könnt' ich im Olympus thronen,
Doch iſt's auch dort jetzt übel wohnen;
Parteywuth raſ't in Wettern
Auch unter den ganzen und halben Göttern.
Geſtatteſt du gaſtfreundlich mir
In dieſem Bilderſaal Quartier,
So ſcheidet mich von dir fortan
Nichts mehr auf deiner Lebensbahn.
Du nimmſt mich nach Georgenhaus
Zur ſchönen Mapzeit mit hinaus.
Ich folge dir zum Fürſtenſchloſſe,
Schwing' hinter dir mich flink zu Roſſe,
Begleit', in Amazonentracht,
Dich bey der muntern Klapperjagd,
Ruh' neben dir, zu ſüßerm Traume,
Wohl auf des Lagers weichem Flaume;
rs 104 ruweon
Auch theilt' ich treu, zögſt du in's Feld,
Die Strohmatratz' im Kriegsgezelt.
Ich will bis an des Lebens Gränzen
Mit Roſen deine Stirn umkränzen,
Und ſpät einſt ſoll an Charons Nachen
Zum letzten Mahl mein Blick dir lachen.
(Donner aus heitrer Luft.)
O glückliches Zeichen!
Mich hörte der Vater
Der ſeligen Götter!
Er donnert Gewährung
Aus glänzender Bläue;
Sein Adler entſandte
Den zückenden Strahl!
nn 105 rssee
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Gemählde der Zeit
Quem vocet diyùm populus ruentis
Imperi rebus?
Hor,
1799
Von Afrika bis zu des Gotthards Wolkenpfaden
Raſ't furchtbar der Zerſtörung Wuth;
Die Nymphen in den Seen und allen Strömen baden
Mit Grauſen ſich in Blut.
Aus Meeren brüllt der Tod, der Tod von Berg' zu
Berge,
Wo donnernd Heer an Heer ſich drängt,
Und ohne Beben hat der Vorzeit ſtille Sarge
Die Raubgier aufgeſprengt.
Mit hundert Rachen würgt des Rottengeiſtes Hyder;
Europa ſieht's und ſtarrt betäubt.
Erſcheint kein Cherub, der zurück das Unthier wieder
Mit Flammenruthen ſtäubt?
„ 106 rum
Die Zwietracht ſchaut mit Luſt ſtatt Sicheln Dolche
ſchleifen;
Triumphe ziſcht ihr Vipernmund;
Ihr wild ergoßnes Haar thut, gleich Kometen—
ſchweifen,
Der Völker Drangſal kund.
Schuf, o Gerechtigkeit! dein Schwert der Arm des
Stärkern
Zur Mörderaxt nicht frevelnd um?
Ward, Ariſtide gleich Verworfnen ae .
Nicht Patriotenruhm?
Der Künſte Tempel dampft, geſchmettert von den
Bomben;
Des Krieges eh'rner Fuß zertrat,
Von Irlands Rieſendamm bis zu den Katakomben
Parthenopes, die Saat.
Altar der Menſchlichkeit! den Jubeltön' umhallten,
Du trauerſt auf entweihter Flur;
Von deinem heitern Pfad, wo Millionen wallten,
Birgt hohes Gras die Spur.
Das Mitgefühl verdumpft: man hört mit kaltem
Lächeln,
Was tief die Seele ſonſt bewegt,
Seit jeder Zephyr, der uns kühlt, ein Todesröcheln
Auf ſeinem Fittig trägt.
nern 107 vorm
Wohin verſcheucht, wohin, dich, die auf Tiburs
Hügel
So ſüß in Flaccus Laute ſang,
O Freud', als lieh' der Sturm dir ſeine ſchnellſten
Flügel,
Der Kampfdrommete Klang?
Willſt du, entgöttert von Europa's Nationen,
Auf Au'n der beſſern Heimath nur,
Im Schirm des Brotbaum's und der Kokuspalme,
wohnen,
Bey Kindern der Natur!
Ach! ſoll auf ewig keins der blutbeträuften Lande
Dein Frühlingsantlitz wieder ſehn,
Wo, rauher Lüfte Spiel, noch deiner Blumenbande
Verwelkte Blätter wehn?
O Göttinn! eh' du flohſt, küßt' ich, mit heißen Zähren,
Dir des Gewandes Roſenſaum:
Da goß dein letzter Blick den Abglanz beßrer Sphären
In meines Daſeyns Traum.
Des Winzers Hochgeſang verſtummte längſt am
Rheine,
Wo ſchaudernd nun die Sonne ſteigt,
Und von Erſchlagnen rings die dorrenden Gebeine
Auf allen Rebhöh'n bleicht.
en 106 .
Seht! wie der Landmann im Ruin der Hütte jam⸗
| mert,
Die jüngft fein ganzes Glück umfaßt,
Und ihn ein Knabe feſt im Todeskrampf umklammert,
Nach Brot weint und erblaßt! f
Den Kranz der Grazien um Hochheims Wonnebecher
Riß der Verwildrung Strudel fort;
Der Jungfrau'n Angſtruf ſchallt durch dunkle Blätter—
daͤcher;
Der Tanzplan raucht von Mord.
Hoch aus den Burgen ſchau'n der Helden Geiſter
nieder,
Und ſehn ergrimmt, wie Deutſche fliehn,
Wie die Parteywuth ſiegt und Brüder gegen Brüder,
O Grau'n! die Schwerter ziehn.
Auf Naſſau's Peſte jüngſt weilt' ich mit Ahnungs—
ſchauern,
Das Herz der düſtern Zukunft voll,
Als, fernem Donner gleich, dumpf durch die öden
Mauern
Der Geiſter Zürnen fhol:
„Seyd ihr noch Hermanns Blut? Zurück zum Ca—
pitole
Schreckt' er des Römeradlers Flug!
Werth Luthers noch, der kühn die ſcheußlichen Idole
Des Irrwahns niederſchlug?“
f
vr 109 em
„Thuiskons Volk! du bothſt Jahrhunderte den Stür—
men,
Gleich deinen Eichenwäldern Trutz?
Du ſtandſt, ein Alpenfels, den Wetter ſchwarz um—
thürmen,
Der Unterdrückten Schutz.“
„Da tönt' aus Herzensgrund noch bey der Feinde
Toben:
Ein' feſte Burg iſt unſer Gott!
Wie die Gewaltigen im Schlachtorkan zerſtoben!
Ha! deinem Schwert' ein Spott!“
Ein Mitter zog herauf. Der Sturm, in wildem
Grimme,
Verwehte, was von Zwietracht, Schmach,
Nr Sittenpeſt und Knechtſchaft noch die
Stimme
Der Heldengeiſter ſprach!
4 110 errra
. II > IIDI II FI II DI<a << ece ce te << ce
Erkannte Wohlthat.
1798.
Wer noch zum Gipfel der Dole vom Ufer des Le—
i mans empordrang,
Eh' vor Parteywuth und Krieg Eintracht und
Sicherheit flohn;
Wer an den galliſchen Küſten des Mittelmeers ruhig
noch weilte,
Eh' der Entvölkerung Fluch traf das geſegnete
Land;
Wer noch in Frieden das heilige Rom, vor der Kunſt—
commiſſäre
Plündrung begrüßte: der dankt niemahls den
Göttern genug.
we 111 .
FEE > << <<< ee < ee << << cc
Vergebliche Frage.
Sind wir ein Spiel der Dämonen? So fragt' ich,
| als auch von den Alpen
Blut ſich in Strömen ergoß, als auch Helvetia
fiel. i
Lange ſchon harr' ich der Antwort; doch fürchterlich
raſen Orkane,
Welche den tröſtenden Laut freundlicher Götter
derwehn.
*
, 112 „
C re
Pomon as Heine
Schrecklich! die Haine Pomona's, mit purpurnem
Segen belaſtet,
Stürzt ohne Frommen und Nutz grauſam der
wüthende Feind. i
Schändlicher kann ich doch nichts als dieſe Verheerung
mir denken;
Minos verdamm' euch dereinſt, Frevler! zu Tan:
talus Qual.
2 1 13 son
EE . SSA ASA SKS SKK CAS SSS 1
An Sali.
1799. ’
*
Salis! dich ſucht' ich umſonſt am Ufer der blutigen
Limmat;
Heil! dem Geſtade, wo nichts weiter den Su⸗
| chend en täuſcl ht.
Salis! ich drang, dich zu ſehn, durch Rußlands und
Auſtriens Heere,
Mancherley Mühſal und Noth ſchuf mir der e
Ser mende Troß.
Ach! ſchon im Geiſte vernahm ich ͤtheriſche Silber—
accorde,
Wie du im Königspallaſt, wie du im Waffen:
gezelt, 3
Wie du in Rhätiens Wäldern, am Fuße des grauen
Kalandas,
Und vor dem ländlichen Herd frommer Penaten
ſie ſchlugſt.
Aber ich ſpähte vergeblich dir nach an der blutigen
Limmat:
Heil! dem Geſtade, wo nichts weiter den Su—
chenden täuſcht.
Matth. Werke. 2 B. H
wa 114 user
>DII>5II3y zz e te<ceice
Todtenopfer.
Heilige Mächte des Orcus! blickt gnädig empor zu
den Kränzen,
Einem Geliebten, und, ach! einer Geliebten ade
weiht.
Dieſer den Manen des treuſten Gefährten der Kind—
heit und Jugend,
Der in der Blüthe mir ſtarb: dieſer den Manen
der Schweitz.
wi. 14 5 sr...
IDIDIDIIDYDDDIYDI III e
Kade Ner Or enad eig.
Auch auf den Alpen verſtummte das friedliche Yan:
ten der Heerden,
Neben der Freyheit Altar blutet erſchlagen der
Hirt.
Geister durchächzen die Luft; der Adler ſchwebt über
der Wahlſtatt;
Pan der Verſorgende zürnt; Wales die Ländliche
floh, f
Und von der Wappenfigur der berniſchen Burgen und
Münzen
Herrſcht in der Ode nun bald wieder das Urbild
allein.
5 2
ma 116 „
FFC . 0K . ELEIELE
Geß ners Schatten.
— —— —
Der Hirt.
Schatten des redlichen Geßners! nicht mehr, bey
der Helle des Mondes,
Wallſt du im heiligen Hain, welcher dein Denk—
mahl umweht.
Ach! wann entſchwebſt du den Ufern der heiligen
Lethe wie vormahls,
Daß uns, geſegnet von dir, neu ſich beblüme
die Trift?
Der Genius.
Wenn aus dem Graus der Verödung ein beßres Hel—
vetien aufblüht,
Und das erweichte Geſchick Winkelrieds Manen
verſöhnt.
nme 117 .
DIDIIDIIIDIIIIIIIIII > << ce like ee ecce
Biechbrrrte Walde.
Denen das Leben du ſorgſam gefriſtet, o Pan! die
| Dryaden
Würgt nun der eiſerne Mars täglich zu Tauſen—
den hin. |
O daß nur jene dem Todesverhängniß entrännen,
. die ſegnend
Einſt, an der Limmat und Sihl, Geßner dem
Enkel erzog.
ra 11 8 5
>> IIIII>>I>I III II . ⁵— ͤ 7 —— ee ee
KIeriV9 Lan di cas en.
Aberlbs Alpengemählde find jetzo, wie von der
geftorbenen
Mutter das redendfte Bild einem Verwaisten,
mir werth.
An des Larariums Wänden, der ernſten Erinnerung
heilig,
Häng' ich zu Roms und Athens düſtern Ruinen
fie auf. |
na 119 „uns
57577 e Dee ce . tetcceeiegs
Die Stimme in der Wüſte.
Der Wanderer.
Nein! dich verewigt kein Milton, Europa's ver—
lorenes Eden!
Weil ſich die Muſe vor Schmerz und vor Ent—
ſetzen verhüllt.
Traun! dem Thuepdides wäre der zitternde Griffel
entſunken,
Hätt' uber Attika Zeus ähnlichen Jammer ver—
hängt.
Die Stimme.
Nichts iſt verloren, ſo lange nicht Mannſinn und
; Selbſtgefühl wanken.
Einſt, wenn die Aſche verglüht, ſchwingt ſich der
Phönix empor.
aich, das weiland an goldenem Seil uns zur
Thorheit gegängelt,
Leitet am Bettelſtab nun wieder der Weisheit
uns zu.
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DIIIIIIII>I III I II > I > EEE LE ESEL EEE TEE
Abendſpatzier gang
bey Innsbruck.
Blumenduft athmen die Winde des Abends empor
von den Triften; 5
uͤber den Alpen Tyrols leuchtet der filberne Mond.
Feyernd verſtummen die Ihäler, nur dumpfig am
Felſengeſtade
Brauſen des reiſſenden Inns grünliche Fluthen
vorbey.
Sey mir geſegnet, o Friede! der von den helveti—
ſchen Alpen
und vom lemaniſchen See rraurend fein Antlitz
gewandt, ö
Heilig ſey jetzo dem Wandrer das Land, wo mit
Weinlaub und Ähren
Deinen goldnen Altar ſicher die Fore noch kränzt;
Wo der Vergangenheit Bilder um Nebel der Ferne
verdämmern,
Und nur die Gegenwart ihm treu an den Buſen
ſich ſchmiegt.
. 121 wem
T ̃⁵ —K . I>ESEISTEeL EEE e<cc<ie
Tyrols Landſtraßen,
Segen den menſchlichen Fürſten „ die kräftig den
Straßenbau fördern,
Eichenlaub hätte zu Rom ihnen die Scheitel um⸗
kränzt.
Segen der großen und guten Thereſia, welche den
2 Heerweg,
Feſt, wie gegoffen aus Erz, kühn durch die Al:
pen geſprengt.
So durch die ſtarrende Wildniß, bekränzt von der
Wieg' und dem Sarge,
Ebnen mit göttlicher Huld Freundſchaft und Liebe
den Pfad.
9 1 7 122 2
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Ermahnung in Tyrol.
Wollt ihr denn ewig vergleichen? Schon iſt nun
Tyrol euch zuwider,
Weil es nicht völlig die Schweitz, wie aus dem
Spiegel, euch zeigt.
Soll der Gedank' an das Große, was fehlt, mit dem
Großen, was da iſt,
Immer uns thöricht entzwey'n? Seht in Tyrol
doch Tyrol!
vores ı 23 sr
II PII>>III II III II I< ee ee eek SSA CSA SS
Die Cypreſſe an Gräbern.
Du, deren ſchlanke Geſtalt zum Ather ſo nymphen—
haft aufſchwebt,
Nächtlicher Melancholie wardſt du mit Unrecht
geweiht, |
Warum ſoll Urnen und Grüfte dein liebliches Haar
nur umwallen,
Und nur durch Todtengebein wurzeln dein mäch—
3 tiger Fuß?
Weil du Hesperiens Gärten mir hold vor die Seele
gezaubert,
Kränz', o Cypreſſe! dein Laub heute der Freude
Pocal.
ww. 124 errra
FCC EL ee ee
*
Abenteuer
des
weiſen und tapfern Ritters Alin.
—
*
An den Sylphen Ariel.
Daß du nicht mehr um Hesperiens Blüthen ſchwebſt,
o Sohn der Morgenröthe, vernahm ich geitern vom
Salamander Flox, den, auf ſeiner letzten Reiſe nach
dem Kaukaſus, die wohlbekannten Accorde deines
ätheriſchen Saitenſpiels, in einem ſchönen Thale von
Ger rgien, ſehr unerwartet überraſcht hatten.
Die Nachricht traf gerade mit einem kleinen
Feſte zuſammen, das dem Andenken jener Frühlings—
abende geheiligt war, wo auch ich, in Frascati's blü⸗
henden Myrthengebüſchen, und unter den goldnen
Orangenwipfeln bey Fondi, dieſen ſchmelzenden Har—
monien der Geiſterwelt mit ſchwärmeriſcher Entzü—
ckung lauſchte, wie die heilige Cäcilia des göttlich—
ſten der Mahler dem über ihr auf Lichtwolken ſchwe—
benden Orcheſter des Himmels.
Flox findet dringende Urſachen, ſeine Rückreiſe
nach Aſien zu beſchleunigen. Ungeſäumt, wie es ei⸗
, 125 wm
nem praktiſchen Weiſen ziemt, faſſe ich die Gelegen—
heit bey der Stirnlocke; und ſo empfängſt du das
Lied von den Abenteuern des weiſen und tapfern Rit—
ters Alin. Nimm die Bagatelle mit Nachſicht auf.
Sie mag dir zugleich beurkunden, daß die Nebel des
Spleens und der Mißlaune tief unter dem ſonnigen
Alpengipfel hinziehen, zu welchem du, liebenswür—
diger Sylphe, durch die Magie deiner überirdiſchen
Töne, mein Gemüth fo mächtig erhobſt.
Ich grüße dich, o Sohn der Morgenröthe, und
hauche den geiſtigſten Kuß, den die eingeſchleyerte
Pſyche durch das grobe Medium des Erdenſtoffes zu
hauchen vermag, auf den Saum deiner unſterblichen
Schwingen!
rw. 126 wen
. III I > > eceLeeeieeeeeeeee
A wigt le was, whose very sight wou'd
Intitle him: Mirrour of knighthood.
Butler.
Früh, bey des Morgenſterns Erbleichen,
Verließ Alin der Väter Schloß;
Laut wieherte, zu gutem Zeichen,
Drey Mahl ſein andaluſiſch Roß.
Gleich den Alciden und Rinalden,
Grüßt' er, mit ſeinem Schildkumpan
Hans Degenhaupt von Unterwalden,
Der Helden lorbervolle Bahn.
Zuerſt erſchien er in Marokko,
Wo ihm ein abgefeimter Skies,
Des Gauklers Urbild im Tarokko,
Der Kaiſerſtadt Armiden pries.
Taub, wie Ulyß, der Vielgereiſ'te,
Dem ſchmelzenden Sirenenton,
Eilt' er, gewarnt vom beſſern Geiſte,
In ſauſendem Galopp davon.
„ 127 tere
Den Dey, der Mörderhorden ſchirmte/
Durchrannt' er mit demantnem Spieß,
Und malmte ſeine ſtolzbethürmte
Granitne Felſenburg zu Kies.
Entkerkerte gefangner Weiber
Ein ganzes Türkenparadies,
Indeß der Schildknapp' ihre Räuber
In ſiedend Bergöhl tauchen hieß.“
Zwölf Ritter, durch Cytherens Gnade
Mit Roſen Amathunts bekränzt,
Höhnt' er zurück zum ſteilen Pfade,
Wo hehr des Nachruhms Tempel glänzt.
Hüllt' einen Fant, der, halb verſchifert,
Oft mit Sonnet und Madrigal
Des Hains Dryaden eingeſchlafert,
Zu beſſerm Zeitvertreib in Stahl.
Aus eines Magus Zauberparke
Erlöſt' er eine Prinzenſchaar,
Die, Trotz der Ahnherrn Göttermarke,
Zum Grabſcheit hier verurtheilt war.
Die ganze Macht und Wehr des Feigen,
Den Ring, vor deſſen Talisman
Sich alle Geiſter dienſtbar neigen,
Verſenkt' er in den Ocean.
2 128 .
Jetzt näherte ſich dem Giganten
Von Afrika des Helden Zug;
Der Wüthrich ſpannte den Geſandten
Des Papſtes grade vor den Pflug.
Da ſtürzte, jach wie Hagelwetter,
Durch Mehren- und Eunuchentroß,
Alin, der Unterdrückten Retter,
Sich auf den gräulichen Koloß;
Ward Meiſter vom gewalt'gen Stecken,
Dem Eichſtamm, den der Halbmenſch trug,
Womit er ſtracks den Kopf des Recken
Zu Millionen Splittern ſchlug.
Flink über Berge, Seen und Ströme
Ging's nun, das Fabelreich zu ſchau'n,
Wo finſtre Wolkendiademe
Des Atlas Rieſenſtirn umgrau'n. N
Auch hier, den Frevler nur zu ſtrafen
Schied er vom tauben Stoff den Kern;
Erniederte bald Herrn zu Sclaven,
Erhöhte Sclaven bald zu Herrn.
Den Vicekönig, noch verwundet
Durch edler Frau'n gerechte Wehr,
Sandt', in ein Stachelfaß geſpundet,
Er auf dem nächſten Strom' in's Meer.
run 129 neuen
Den Oger, der, den Hexengäſten
Zum unerhörten Abendmahl,
In Schäferhütten und Palläſten,
Den Säugling aus der Wiege ſtahl:
Ihn ſtieß, den Leib voll Schwefelholzer,
Des Ritters Arm zur Unterwelt;
Dort ward er, nach Gebühr, dem Wälzer
Des ſchweren Marmors beygefellt.
Im Irrgewinde ſeiner Fahrten
Sah Japan auch den Paladin;
Beflorte Prieſterchöre ſchaarten
Mit lautem Jammer ſich um ihn:
„O Held! ein grauſes Ungeheuer
Verödet rings der Inſel Strand,
D'rum hat, als Schutzgeiſt und Befreyer,
Dich unſrer Väter Gott geſandt.“
„Schon irren, blaß wie Mormordujien,
Der Wohner viel in Wüſteney'n;
Gleich Bergen thürmt ſich an den Küſten
Der Brüder dorrendes Gebein!“
Im Sprung, wie ein Tarantelkranker,
Stürmt' er bergabwärts raſch zum Sund,
Und drehte den geglühten Anker
Nachbohrend in des Drachen Schlund.
Math. Werke. 2. B. a
wen 130 r
Durch Bußgebeth und Faſten gelber
Als Bernſtein oder Türkenkorn,
Schlug der Monarch ihn huldreichſt ſelber
Zum Cavalier vom goldnen Horn.
D'rauf bäumt ſich vor dem biedern Degen
Ein ee Haſelwurm!
Sein Wuthgebrüll gleicht Wetterſchlägen,
Sein Schnauben raſ't wie Donnerſturm.
Leicht ſchwang, als wär's ein Feen,
Alin der Keule ſichre Wucht,
Und ſchmettert' in den Eiſenſchädel
Des Unthiers eine weite Schlucht.
Willkommen! jauchzt' ihm nun Agypten,
Wo er noch freudig manchen Band
Von Caglioſtro's Manuſcripten
Im Schooß der Pyramiden fand.
Schnell drang er in die dunkeln Tiefen
Der alten Obeliskenſchrift,
Daß kaum das Wort vom Logogryphen
Ein Bel-Esprit geſchwinder trifft;
Durchwüuͤhlte nach geſchnittnen Steinen,
Kanopen, Münzen, Skarabeen
Und morſchen Mumiengebeinen
Den Schutt verſunkner Mauſoleen.
1351 0.
Der Alterthümer ſandt' er viele
Dem Hofmuſeum nach Madrid,
Auch ſchwamm der größten Krokodile
Lebendig eine Sammlung mit.
Heil dem, durch den die Künſte blühen!
Als Mitglied grüßt ihn das Diplom
Der ſämmtlichen Akademieen
Von Kopenhagen bis nach Rom.
Ein Bruchſtück vom erhabnen Streben
Des Ritters in Minervens Hain
Hier epiſodiſch einzuweben,
Haucht uns die Göttinn ſelber ein.
Alin, am Königshof erzogen,
Ward früh die Zierde von Madrid
Durch Kolb' und Speer, durch Schwert und Bogen,
Durch Stierduell und Lanzenritt. baer
Doch ſchmückte, zu des Jünglings Ruhme,
Dieß goldne Motto ſeinen Schild:
In der Kamönen Heiligthume
Bleibt auch der Sinn des Kriegers mild.
Drum ſchweift' im Freyſtaat der Stienzen
Alin als kühner Volontär,
Mit Pallas Ohlzweig ſich zu kränzen,
Durch Saat- und Brachgefild' umher.
82
Pr
—
ren 1 3 2 nee
Maß geometriſch alle Gänge
Im Labyrinthe der Natur;
Schrieb vom Calcül der Meereslänge
Und von des Zirkels Quadratur;
Entdeckte, mit des Sehrohrs Hülfe,
Als königlicher Aſtronom:
Den Mars regier' ein weißer Sylphe,
Den Uranus ein ſchwarzer Gnom.
Im tiefſten Thal, am ſchroffſten Kegel
Der Alpen hieß er Kräuter mäh'n,
Und, präparirt nach Rouſſeau's Regel,
In Folianten zierlich nähn.
Alinia equestris taufte
Der Held, was ihm als nahmenlos
Ein Apotheker ſchlau verkaufte,
Vom Hainſtamm bis zum Aftermoos—
Das dem Linnäus einzupaſſen,
Schien unſerm Ritter nicht bequem;
Er ſchob allein zwölf neue Claſſen
Ins alte Sexualſyſtem.
In Klüfte ſah man ihn ſich zwangen,
Und manchen Fels der Pyrenä'n
Vom Fuße bis zum Wirbel ſprengen,
Der Urwelt Grundſtoff zu erſpähn.
rusıa ı 33 era
Auch der Zergliedrungskunde Meiſter,
Drang bey des Mittags Glanz' Alin
In Wüſteney'n, wo dir, o Heiſter,
Aurora kaum zu dämmern ſchien.
Er zählt' im zarten Lebenskeime
Die Sippſchaft bis zum jüngſten Tag,
Und jede Million der Bäume,
Die deutlich in der Wallnuß lag.
Welch Staunen! als vom Erſtlingspipen
Der Brut im Ey, ſein Preistractat,
Verherrlicht durch Bodoni's Typen,
Ans Licht in Salamanka trat.
Des Paradoxen großer Prieſter,
Sprach er dem Anerkannten Hohn;
Merkurs germaniſchen Torniſter
Warf er im Zorn vom Helikon.
Wie blühſt du, rief er, hier fo ſpärlich,
O Zauberblume des Genies?
In Fülle zog dich, Seltne, jährlich
Vordem das Treibhaus zu Paris!
Naoch immer in Apolls Revieren,
Claciſſa, Triſtram, Agathon?
Nach Rußland euch zu deportiren,
Bemannt ſich die Fregatte ſchon!
„ 154 —
Hier dulden wir nur Mönchsgeſichter, -
Der Humpen Klang, des Turneys Kampf,
Geſpenſterclubb, vermummte Richter,
Banditengräu'l und Höllendampf!
A 'ordre! brüllt er ungezogen,
Als bey der Muſen Weihgeſang,
Sich königlich zum Sternenbogen
Ein Rieſenadler, Göthe, ſchwang.
Wer ſchnöder Gleißner Myſtik haßte,
Wer Garve, Mendelſohn und Kant
In Kopf und Herz lebendig faßte,
Hieß Frömmler ihm und Obſcurant.
Er läſterte der Vorwelt Schätze
Im Vatikan und Capitol;
Bernini, Mylord Briſtols Götze,
Ward auch des Ritters Kunſtidol.
Bey Raphaels Apotheoſe
Ließ er des Aufruhr Fahne wehn,
Und ſchmäht', in Capuzinerproſe,
Was Engel mit Entzückung ſehn.
Ihn dünkten, wie ſelbſt mit Erröthen
Sein Biograph uns referirt,
Barbariſch Angelos Propheten
In Fiſchbeinwämſer eingeſchnürt.
un 135 mm
In Guido's blonden Himmelskindern
Erblickt' Alin die Büßungsqual
Von Sünderinnen unter Sündern
Vor einem Keuſchheitstribunal.
Oſtad' und Kallot! jauchzend leerte
Zu eurem Preis, beym Bacchanal,
Daß Lethes Geiſterchor es hörte,
Der Paladin den Feſtpokal.
Ihm lag Athen in gleicher Ferne
Mit Grönland und Botanybay;
Drum zeigt' er klar: wie das Moderne
Des Bildners echter Kanon ſey.
Die Luſt am Nackten zu verwürzen,
Moderniſirte, ſehr galant,
Alin durch Pantalons und Schürzen
Des Paradieſes Urgewand;
Vergoldete die Zwickelbärte
Den Heiligen des Laterans;
Pflanzt' einen Cherub mit dem eee
Fromm auf das Grabmahl Hadrians;
Ließ Hörner, die den Mönch entzücken,
Der Stirn des Pantheons verleihn,
Und ſchanzt' in marmorne Perrücken
Der Kaiſer Büſten grämlich ein;
. 1356 —
Loft am Gebälke die Verkröpfung,
Durch ein Decret, vom Künſtlerbann,
Und predigte, bis zur Erſchöpfung,
Im Volkston, gegen Winkelmann;
Pries auf Lutetiens Theater
Den Gang des griechiſchen Kothurns,
Und ſchaute voll entbrannter Krater,
Den Mond? O nein! den Ring Saturns.
Dieß jedermännlich zu beweiſen,
Galt, in der Vollkraft Ungeſtüm,
Des ritterlichen Sarras Eiſen
Den ſchärfſten Syllogismus ihm.
Auch hieß er tief des Erdballs Adern
Nach Philoſophenſtein durchhau'n,
Um eine Stadt von goldnen Quadern
Für Platons Republik zu bau'n.
Von dem, was, mit und ohne Nahmen,
Alin in's Publicum geſandt, |
Bewahrt, als Almanach für Damen,
Die Quinteſſenz ein Foliant.
Genug für den geweihten Kenner!
Ins Gleis, o Muſe, nun zurück!
Alin! wo tummelſt du den Renner?
Wo bändigſt du das Mißgeſchick?
DIESER 197 u...
Hoch auf des Bructers grauen Zinnen
Zerſprengſt du den Walpurgisball
Der braunen Beſenreiterinnen,
Sammt ihrem ganzen Carneval.
doch ſpielt Beelzebub den Braven,
Der unerträgliche Pedant!
Nur waren ſchier des Rachens Laven
Schon gegen Luthern ausgebrannt.
Längſt, ohne Schweif und Hahnenkralle,
Ward uns der Wicht in's Hirn geprägt,
Und ſchließlich hatte man zu Halle
Ihm Klau'n und Hörner ſtumpf geſägt.
Wir ſehn zum jämmerlichſten Fetiſch
Den alten Herrn hier degradirt,
Und ſo vom Duodram' äſthetiſch
Die Kataſtrophe motivirt.
Jetzt an des Wunderſchildes Nabel,
Den ihm der Held entgegenſchwang,
Zerſplitterte die Seelengabel,
Daß dumpf der Abgrund wiederklang.
Der Trappen Spur vom Pferdehufe
Ward prieſterlich mit Blut bekreutzt,
Und Satanas in einer Kufe
Geweihter Naphta todt gebeitzt.
1 1 3 0 *
Die Trauerpoſt ſtand auf der Stelle
Gedruckt in Hamburgs Zeitungsblatt,
Wobey, nach deutſchem Brauch, die Hölle
Des Beyleids Thränen ſich verbath.
Der Chronik Schluß, die bey den Reiſen
Alin's den Griffel uns gelenkt,
Hat, ach! im Bunde mit den Mäuſen,
Saturn ins alte Nichts verſenkt.
Was knittert plötzlich, wie die Kruſte
Des Sees behm erſten Schlittſchuhlauf?
Schlug in des Schreins beſtäubtem Wuſte
Ein Buch ſich nicht von ſelber auf?
Es war kein Blendwerk! Bey den Göttern,
Des Ritters Fata ſonnenklar!
Auf Löſchpapier, mit rothen Lettern,
Zu Kölln gedruckt in dieſem Jahr.
Ihn ſchaut, in ſaubern Holzſchnittbildern,
Man hier im Kampfe, dort im Zelt,
Und muntre Knittelreime ſchildern,
Wie er zuletzt ſein Haus beſtellt.
O Jammer, deſſen Centnerſchwere
Den Körper ſchauerlich zum 8
Uns zu verkrüppeln fähig wäre,
Er ſtarb den Tod des Sokrates!
ee
Auch in den letzten Abenteuern,
So fern wir unſerm Urtheil trau'n,
Erneu't der Schwarm von Ungeheuern
Und Rieſen ſtets des Leſers Grau'n.
Doch ſehn die Herrn einander ähnlich
Wie Goliath und Holofern:
Die Langeweile leiht gewöhnlich
Dem Einerley die Krücken gern!
Das Einerley verwünſcht ein Jeder,
Selbſt in den Mährchen der Magie,
Und ſchrieb' ein Seraph mit der Feder
Aus ſeinem eignen Fittig ſie!
nur 1 4 0 42
. EC LELEL LEE
Randgloſſen.
Alinia equestris faufte |
Der Held, was ihm als nahmenlos
Ein Apotheker ſchlau verkaufte.
Die Idee, ſeinen Nahmen in einer ſchönen Blume
zu verewigen, hat etwas fo Reitzendes und Gefälli—
ges, daß die Verſuche, auf dieſe Art in den Tempel
der Unſterblichkeit einzuſchlüpfen, beſonders unter un—
ſern botaniſirenden Damen, ſich immer mehr verviel—
fältigen. Folgender denkwürdigen Blumentaufe haben
wir unlängſt ſelbſt mit beygewohnt.
Frohlockend, wie der badende Archimedes, als
er die Waſſerwage erfunden hatte, kam die ſchöne
Donna Gabriele, am Arme ihres gelehrten Haus—
freundes, mit einer neu entdeckten Pflanze vom Spa—
Biergange zurück. Ehe noch eine Viertelſtunde verfloſ—
ſen war, hatte man ſchon den botaniſchen Findling,
unter dem lieblich tönenden Nahmen einer Gabriela
formosissima, der Pflanzenpreſſe übergeben. Da
begann der Chevalier von St. R*** mit der ihm
eigenthümlichen Feyerlichkeit: Savez- vous bien,
muss 1 4 1 nn
Madame, quelle plante vous venez d’immor-
taliser par le plus beau nom de univers? Une
plante de la plus hasse extraction! Une gueuse,
ui court tous les grands chemins de l’Europe!
Enfin, lignoble Zchium vulgare] La vilaine
Viperine!
Juste ciel! rief die ſchöne Entdeckerinn, mit
einem Ausdrucke des Entſetzens, der uns alle ver—
ſteinerte, floh in ihr Boudoir, und hatte die Grau—
ſamkeit, acht Tage lang, ſelbſt fuͤr den gelehrten
Hausfreund, unſichtbar zu bleiben.
Heinrich Frauenlob.
Er ſchob allein zwölf neue Claſſen
Ins alte Sexualſyſtem.
Das Pflanzenſyſtem des ſchwediſchen Ritters
Linnäus, womit ein reiſender Arzt aus Deutſch—
land mich kurzlich bekannt machte, iſt ſeitdem mein
angelegentlichſtes Studium geworden. Ich werde da—
her gewiß eifrig darauf bedacht ſeyn, meinen Zu—
hörern, denen die vier und zwanzig Claſſen ſchon
ziemlich geläufig ſind, auch die zwölf neuerdings
hinzugekommenen ins Gedächtniß zu prägen. Unſer
botaniſche Garten iſt zwar eine ſcheußliche Wildniß,
wo der Senecio vulgaris und das Leontodon
tar axacum ihre ſeit Menſchengedenken ufurpirte
Oberherrſchaft immer noch zu behaupten fortfahren;
dagegen aber hat unſere Bibliothek die koſtbarſten
botaniſchen Kupferwerke des vorigen Jahrhunderts
aufzuweiſen. Auch bringen die zahlreichen Ruinen
essen 1 4 2 R —
der alten Königinn der Städte einige der intereſſan⸗
teſten Moosarten hervor-
Rom. Gregorio Bandettini.
17 9 8. Prof. der Botanik.
Welch Staunen! als, vom Erſtlingspipen
Der Brut im Ey, ſein Preistractat,
Verherrlicht durch Bodoni's Typen,
Ans Licht in Salamanka trat.
Fragment eines Geſprächs.
Fopp. Was, um aller Muſen willen! kann
Bodoni's Offizin, dieſe ruhmwürdige Zierde von
Parma, mit, Salamanka zu verkehren haben?
Fapp. Deine Frage trifft, welches dir viel—
leicht nicht allzu häufig begegnet ſeyn mag, dießmahl
gerade den rechten Mann. Während meines Aufent—
haltes in Salamankg beſchloß der akademiſche Senat
dieſer ehrwürdigen, alten Univerſität, nach vieljäh—
rigen Debatten, Alin's Preisſchrift, zum Ruhme
Spaniens, mit möglichſter typographiſcher Pracht,
auf eigene Koſten heraus zu geben. Was konnte nun
wohl natürlicher ſeyn, als den Druck derſelben durch
den unübertroffenen Meiſter in Parma beſorgen zu
laſſen? Umſtändlicher habe ich dieſes Vorganges in
meinen ſpaniſchen Kreutz- und Querflü⸗
gen Meldung gethan, zu welcher höchſt humoriſti—
ſchen und originellen Toilettenlectüre ich ſchon lange
vergeblich einen Verleger ſuche.
Fopp. Mein edler Freund, in ſolchem Falle
thut man wohl, ſein eigener Verleger zu werden.
wm 1 45 reren
Nimm dieſe verroſtete Piſtole, laß, bey Überrei—
chung des Pränumerationsplans, ihre, dem Herzen
zugekehrte Mündung dein Rednertalent unterſtützen,
und, ich verwette mein eleganteſtes Ballkleid gegen
dei nen ſchäbigen Mollrock, und meinen lockenreichen
Haarwuchs gegen deine ſtrohfarbene Ziegenperrücke,
daß du dich nächſtens, gleich mir und jedem andern
Lieblinge des Plutus, geachtet, gefeyert, beneidet,
und deine ſchmale, dunkle Hühnerſteige in eine breite,
hellbeleuchtete Treppe verwandelt ſehen wirſt. Zwar
folgt vielleicht, aus dem Fenſter engherziger Philiſter,
dir mancher pathetiſche Nachruf, der ungefähr wie
Voleur, Hihgwayman oder Induſtrieritter klingt;
aber das achteſt du wie Lettenkugeln aus dem Blas—
rohre muthwilliger Knaben, und wandelſt, ſtets den
Blick auf das vergoldete Ziel geheftet, deine Bahn
hehr und raſtlos, wie der ſtillkreiſende Mond.
Clariſſa, Tristram, Agathon.
Titel dreyer alten Romane, die zu ihrer Zeit,
wie ich mich aus meiner Kindheit noch gar deutlich
erinnere, beynahe denſelben Applausum fanden,
deſſen ſich in unſern Tagen, wo die Sonne des Ge—
ſchmacks im ominöſen Zeichen des Krebſes leuchtet,
die zwölf ſchlafenden Jungfrauen und
der Alte Überall und Nirgends zu erfreuen
haben. Dermahlen habe ich keinen der bemeldeten
drey Artikel mehr vorräthig. Schon vor mehreren
Jahren hat ſich ein junger Otaheiter, der nähmliche,
welchen Capitän Cook nach England mitbrachte,
und der aus lobwerther Curioſität auch das heilige
144 —
römiſche Reich frequentirte, während ſeiner Winter—
reſidenz in unſerer guten Stadt nicht entblödet, mir
dieſelben diebiſcher Weiſe abzuführen und ſich damit
auf flüchtigen Fuß zu ſetzen. Geſchahe dieſes am Mit—
telgute ſchon damahls, welch ein Unſtern, o ihr Huld
göttinnen und Muſen! würde jetzt erſt meinen Ritter—
und Geſpenſterbüchern aufgegangen ſeyn!
Termiculus Pulſatorius,
Privatgelehrter und Bücherverleiher.
Hier dulden wir nur Mönchsgeſichter,
Der Humpen Klang, des Turneys Kampf,
Geſpenſterelubb, vermummte Richter,
Banditengräu'l und Höllendampf.
Wie bezaubert mich ein fo glorwürdiger Triumph
unſerer adorirten Romane aus den Zeiten der Ritter—
ſchaft und des Vehmgerichts! Die Leſung dieſer über—
herrlichen Bücher hat den Verſtand und das Herz
meiner geliebten Pflegetöchter, die alle dereinſt mu—
ſterhafte Hausmütter und Gattinnen zu werden hof—
fen, ſo treibhauskräftig entwickelt und veredelt, daß
ſie von den angeſehenſten jungen Gelehrten und Bel—
lettriſten dieſer von allen Göttern und Göttinnen ge—
benedeyeten Königsſtadt nicht nur des intimſten Um—
ganges, ſondern auch eines fruchtweiſſagenden, äthe—
riſch-moraliſchen Briefwechſels gewürdiget werden.
Es iſt ein ſeelenerhebender Anblick, die holden und
lernbegierigen Schülerinnen am Arme der muntern
und liebenswürdigen Weltweiſen, geröthet vom ſter—
benden Scheine des Tages, oder beſtrahlt vom Sil—
berlichte der keuſchen, ſympathetiſchen Gedankenfreun—
wen 145 N
dinn Luna, in den Alleen des Thiergartens luſtwan⸗
deln zu ſehen! Von welchem erhabenen, faſt an
platoniſche Schwärmerey gränzenden Feuereifer muß⸗
ten die Gemüther der edlen Jünglinge ſich nicht elecz
triſirt fühlen, um jener Beharrlichkeit fähig zu were
den, mit welcher ſie ihre gleichſam im Sturmſchritte
eroberten Kenntniſſe der zarten Wachstafel des weibe
lichen Herzens einzugraben bemüht fi ind! Auch aus
dem Militärſtande nehmen einige würdige Cavaliere
ven Bildung und Geſchmack nicht ſelten an dieſen
wiſſenſchaftlichen Promenaden Antheil. Solche öffent⸗
liche Liaisons, als das bewährteſte Verhutungsmit⸗
tel heimlicher Liebesintriguen, auf das thätigſte zu
befördern, bin ich, wie es einer gewiſſenhaften Pfle—
gemutter ziemt, von jeher eifrig bemüht geweſen.
Wohl ward in meinen Frühlingstagen der echten und
allein humaniſirenden Geiſtescultur noch das Wiegen
lied geſungen!
La Citoyenne Maillard,
Vorſteherinn einer Töchterſchule.
Bernini, Mylord Briſtol's Götze,
Ward auch des Ritters Kunſtidol.
Ich war Zeuge von der bacchantiſchen El
ckung, mit welcher mein hoher Gebiether, oft Stun⸗
den lang, in der Villa Borgheſe vor Bernini's Da—
vid verweilte. Er pflegte zu behaupten, jener un⸗
nachahmliche Künſtler habe in ſeinem Wettkampfe mit
der Natur den rühmlichſten Sieg errungen, und im
Ganzen bey weitem mehr geleiſtet, als die große
ai Werke. 2. B. K
3 rm 146 79
Mutter der Dinge ſelbſt, nach der einmahl herge—
brachten Regel, zu leiſten gewohnt ſey; denn kein
Sterblicher vermoͤge, ſelbſt durch die gewaltſamſte
Leibesverdrehung, die Attitude des ſchleudernden Hir—
tenknaben nachzuahmen. Auch habe der menſchliche
Körper, nach der genaueften anatomiſchen Zählung,
mit nichten eine ſo anſehnliche Menge von Muskeln
aufzuweiſen, wie der Pluto, Apollo und andere
Werke des gedachten Meiſters: folglich ſehe die Mae
tur auch hier ſich im allerevidenteſten Nachtheile ge⸗
gen Bernini's ſchöpferiſchen Genius.
Der wackere Lord Briſtol darf mit vollem
Rechte der Ehre ſich freuen, an der Seite meines
unvergeßlichen Gebiethers zu erſcheinen, und wahr⸗
lich! nur die grüngelben Lippen der Schelſucht kön⸗
nen einer ſolchen Auszeichnung ihn für unwuͤrdig er⸗
klären. War er es nicht, den der gerechte Abſcheu vor
Raphaels Transfiguration zu dem kühnen Gedanken
erhob, dieß von ganz Europa abergläubiſch angeſtaunte
Gemählde in die Nacht der Vergeſſenheit zu ſtür—
zen? Und wodurch anders, als durch eine neue Be—
handlung des Gegenſtandes „ welche alle die Voll⸗
kommenheiten witklich in ſich vereinigen ſollte, die
das getäuſchte Vorurtheil in der alten fälſchlich zu
entdecken wähnte? Ein gutmüthiger Franzos brachte
dieß für die Veredlung und Berichtigung des Kunff:
geſchmacks ſo wichtige Werk mit dem glücklichſten Er⸗
folge zu Stande. Es ward im Pantheon ausgeſtellt;
aber, leider! deutete das Thermometer der echten
Kunſtwürdigung noch immer auf Null, und, ſiehe
7773 147 von
da! das genialiſche Product müßte den ai zur Un⸗
En incognito antreten.
Scanarello,
ehemahliger Secretär des Ritters Ali
Die Luft am Nackten zu verwurzen,
Moderniſirte, ſehr galant,
Alin durch Pantalons und Schürzen
Des Paradieſes Urgewand.
Ewiger Sonnenſchein umſtrahle das theure a
Haupt des gottſeligen Prinzen Colonna dereinſt im
neuen Jeruſalem! uͤppige Gräuelbilder und nackte
ſteinerne Götzen aus dem Heidenthume hatten den
prächtigen Saal ſeines Pallaſtes zu Rom bisher zum
Sammelplatze von leichtfertigen Weltkindern gemacht,
deren verderbter Sinn, unter dem Deckmantel des
Kunſtſtudiums, an dieſer Gallerie Sodoms ein mehr
als animaliſches Behagen fand. Da hieß er, durch,
einen geübten Pinſel, die nackten Figuren der Ge⸗
mählde auf das Anſtändigſte mit den nöthigen Klei-
dungsſtücken verſehen, und den ſteinernen Götzen
Schärpen von Gips), die den Marmor in größter
Vollkommenheit nachahmen, um den frechen Leib her-
ziehen, fo daß Erſtere wie Letztere nunmehr ſelbſt
von zarten Jungfrauen und unſchuldigen Kindern
ſonder Argerniß angeſchaut und e werden
mögen. N
Die Hölle trauerte, * Himmel freute ſich.
sin ungenannten Sefandifgattoprdige:
K 2
. 148 eva
Welch eine angenehme Überraſchung für mich,
daß auch competente Richter des Auslandes meinen
geringen Drapirungstalenten den gewünſchten Bey—
fall nicht vorenthalten! Hier, in meiner durch Hel—
den der Kunſt und Helden der Kirche gleich berühm—
ten Vaterſtadt, hat eine hohe Nobleſſe die Gnade
gehabt, vorzüglich den Faltenwurf des weißen Ge:
wändchens, das ich einem niedlichen Amor vom Paul
Veroneſe um die Hüften legte, mit dem huldreichen
Lächeln eines unzwepdeutigen Beyfalls zu beehren.
Bamboccio,
Hiſtorienmahler zu Nom.
Ließ Hörner, die den Mönch entzücken, 0 17
Der Stirn des Pantheons verleihn.
Sollte der Verfaſſer, wie zu, vermuthen ſteht/
durch dieſes triviale und unedle Bild die beyden Thür⸗
me haben andeuten wollen, welche das Pantheon
zieren, ſo erweiſet er dem verewigten Ritter eine
Ehre, die derſelbe, vermöge der aus dem Chore ſei—
ner übrigen Tugenden fo, hell hervorglänzenden Bes
ſcheidenheit, ſich, allem Vermuthen nach, ſelbſt
würde verbethen haben. Nicht der große Alin, ſon⸗
dern der große Bernini ſetzte dem alten Tempel jenen
Hauptſchmuck auf. Suum cuique. |
| Scanarello. i
n Secretär des Ritters Alin.
Auch hieß er tief des Erdballs Adern
Nach Philoſophenſtein durchhau'n. a
Grabe bis zum Centralfeuer des Erdballs, pro—
faner Empiriker, dein Streben iſt fruchtlos. Hier,
* 149 *
auf der ehrwürdigen Scheitel des Kaukaſus, lodern
meine Schmelzöfen, glühen meine Tiegel und bro—
deln meine Retorten, zur endlichen Bändigung des
bis hierher unbezabmbaren rothen Leuen! Kein Hohn—
geziſch lucianiſcher Poliſchinelle ſoll das große, unter
günſtigen Augurien begonnene Werk in ſeinem Rie—
ſenlaufe hemmen! Mein aus dem feinſten Urſtoffe
der Schöpfung gebildeter Wunderſtab und der hohe
Aſtralgeiſt orphiſcher und hermetiſcher Sublimirung,
Coagulirung und Präcipitation, führen es raſch der
Vollendung entgegen.
Der Einſtedler auf dem Kaukaſus.
Von dem, was, mit und ohne Nahmen,
Alin in's Publicum geſandt.
Zahlreich waren meines großen Gebiethers Werke,
und feine Feder glich an Schnelle dem hin- und her—
ſchießenden Schifflein des Webers. Mir lag es ob,
die Schriften Alins aus dem beynahe ganz unleſerli—
chen Manuſcripte für den Druck in's Reine zu ſchrei—
ben, und wie glücklich, wenn es beym bloßen Copi⸗
sen fein Bewenden gehabt hätte! Aber da waren zu:
gleich verrenkte Perioden auf die Beine zu bringen,
abgeſtandene Anecdoten in Laugenſalz zu beißen, Eric
tiſche Rattenpulver durch allerley chemiſche Prozeſſe
in unſchädliche Bonbons zu verwandeln, Faunen⸗
ſprünge auf Menſchenſchritte zu reduciren, dunkle
Götterſentenzen in die Sprache der Erdenkinder zu
nbertragen, tauſend und aber tauſend grammatiſche
Böcke zur Linken zu ſtellen, und die ſämmtlichen
. 150 —
Gran; : und Feldmarkungspoſten der Interpunction
zu beſetzen. Bey dieſer wahrhaft herkuliſchen Arbeit
bin ich nicht ſelten vor Mißbehagen und überdruß
zum tinten- und federſcheuen Hypochondriſten ge—
worden. O wie oft hätte ich, nach dem Beyſpiele
von Alkmenens erhabenen Er rzeugten bey einem ähn⸗
lichen Tagewerke, den unter meinem Fenſter vorbey—
rauſchenden Guadalquivir durch die dickbäuchigen Fo—
liohefte des fingerfireften unter allen Polygraphen
leiten mögen!
Der große Mann gerieth gewöhnlich in eine laut
aufjauchzende Jubelextaſe, wenn er Titel für ſeine
gelehrten Productionen erſonnen hatte, die prächtig
und majeſtätiſch in's Ohr fielen und zu ungemeinen
Erwartungen berechtigten; aber leider! wurden ſelbſt
feine gutmüthigſten Leſer dadurch faſt immer an das
Wort Hotel auf dem Schilde ſchmutziger und uner:
quicklicher Zigeunerkneipen erinnert.
„Der Herr Ritter von Alin,“ hieß es r einſt
in einem angeſehenen kritiſchen Zeitblatte „ „wolle
uns die vielleicht allzu freymüthige Außerung verzei⸗
hen, daß der Titel des hier mit unbefangener Par—
teyloſigkeit zu prüfenden Quartanten ſich einer hand—
greiflichen Unwahrheit ſchuldig zu machen, oder, um
den weiſen Houynhmuß des brittiſchen Lucians
einen milderen Ausdruck abzuborgen, mit dem Dinge,
das nicht iſt, in die nähmliche Categorie zu ge—
hören ſcheint.“
Bey dieſem Anlaſſe hielt mein hoher Gebiether
ſeinen Büchern, Büſten, Inſtrumenten, Minera—
ſien, dem angoriſchen Kater, Amorino genannt,
vr 151 —
und meinem unbedeutenden Individuum, mit der ihm
angebornen impoſanten Königsattitüde, folgenden
denkwürdigen Monolog: „Kleinigkeit! ich achte das
keinen Mückenſtich! Wie ſelten leiſteten Univerſaleli—
xire, was der Gebrauchszettel, und Geiſteswerke, was
die Subſcriptionsanzeige verhieß, und wann hat man
erlebt, daß deßhalb auch nur eine Fliege ſeiner ge—
ſummt oder eine Hummel groͤber gehummt habe?
Der wahre Weiſe taucht ſeinen Glauben an mora—
liſche, intellectuelle, literariſche und politiſche Voll—
kommenheit in den Deſtillirkolben des alten Pyrrho,
von welchem berfo.nmen find die Zweifler und Schwer:
gläubigen, oder bethet mit dem glattzüngigen Pope,
den ich, beyläufig geſagt, wegen ſeiner ſchulmeiſter—
haften Correctheit niemahls in das hehre Pantheon
meiner Lieblingsdichter einführen mochte: Selig
ſind, die nichts erwarten, denn ihnen
wird nichts fehlſchlagen.“
Wohlgeſprochen, unſterblicher Alin! Ach! ich
erliege der Allgewalt dieſer Erinnerungen! Thränen
drängen ſich in meine Augenwinkel, rollen mir über
Wangen und Bart, fallen auf den Kiel meiner Fe⸗
der, und miſchen ſich ſympathetiſch mit dem ſeiner
Erlöſung harrenden Tintentropfen! Theure Mänen
des tapferſten der Helden und des Erhabenſten der
Weiſen, kann euch wohl ein würdigetes Opfer dar⸗
gebracht werden, als dieſe Zaͤhren, welche freywillig
die melancholiſche Farbe meiner Seele und meines
Trauermantels annehmen?
S ehe,
ehemahliger Secretär des Ritters Alin.
* .
es 1 52 nasse
Bewahrt, als Almanach für Damen,
Die Quinteſſenz ein Foliant.
So arg die Zumuthung, einen Folianten im
Strickbeutel umberzutragen, an und fur ſich ſelbſt
auch ſcheinen mag, ſo wird demungeachtet, Dank
ſey es der glücklichen Wahl des Titels! das Werk ſich
reiſſend genug verbreiten. Der Almanachstitel iſt ein
Einlaßbillet, das dem grimmigſten Cerberus ein We—
deln, und dem ungeſchlachteſten Thürſteher eine Ver—
beugung abnöthiget. Aus dieſen Gründen bin ich ge
ſonnen, Benjamin Schmolkens himmli⸗
ſches Bußopfer, als einen von meinem verewig⸗
ten Großvater mir durch Erbſchaft anheim gefallenen
Verlagsartikel, unter dem Titel eines Almanachs
der Cderubim und Seraphim, von Neuem in
Umlauf zu ſetzen. Ein angebetheter Lieblingsſchriftſtel⸗
ler wird poetiſche und proſaiſche Einſchiebſel und eine
berühmte Meiſterhand zwölf Monathskupfer dazu lie
fern. Die Süjets zu den Letzteren werden aus der
bewunderten Zauberflöte entlehnt werden. Der
Kalender bekommt die gewöhnliche Einrichtung, bis
auf den Umſtand, daß jeder großmüthige Beförderer
dieſes gemeinnützigen Unternehmens, dem es gelingt,
mehr als hundert Subſcribenten zu ſammeln, den
Nahmen eines Heiligen daraus verdrängen, und an
deren Stelle den ſeinigen leſen wird.
Dermestes Typographus,
Buchhändler zu Neuabdera.
esse ı53 RANDE
DI>I>>>>>III>III I III I I << ce ie ee ce ce
Zauberlied.
Endlich „alte Wundergerte, |
uͤber ein Jahrtauſend
Nur in Gräbern hauſend,
Hobſt du dich an's Licht hervor;
Furchtbar krachte das geſperrte
Geiſterthor.
Wahrlich, als wir Hexenjünger
Dich auf Alraunbeeten
Ahnungsvoll erſpähten,
Waltete mit unſrer Schaar
Salomo's erhabner Finger
Unſichtbar.
In des Erdballs Mittelpuncte,
In des Mondes Grüften,
In der Sterne Klüften,
Herrſcht allmächtig auf und ab
Der in Drachenblut getunkte
Zauberſtab.
wen“ 154 usa
Treu dem Satz der Meiftergilde
f Laßt aus Memphis Tiefen
Dunkle Hieroglyphen
Eng' uns um die Zirkel reihn,
Und zum Weihaltare bilde
Sich Gebein.
Wenn die Leichenſteine beben,
An des Kirchhofs Eiben
Sich die Blätter ſträuben,
Und aus morſcher Särge Nacht
Sieben Flämmchen bläulich ren
sts 8
Vierter Zeitraum.
1.799 bis 1811.
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WDIDIIIIIIIIIFIYIIIFTE<EL S e e
Das Gra d.
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Death, sad refuge Nein the alen of Fate!
Cray.
Kein Erdenlant ſchlaͤgt an der Todten Ohr,
Und ihren Schlummer, tief und eiſern, bricht
Der Morgenglocke Klang, der Vögel Chor,
Im dumpfen Schooß der düſtern Woh nung nicht.
Beglückt, wen dieſes Ports Umſchirmung birgt /
Wo der Orkane Wüthen ewig ſchweigt,
Kein Haß vergiftet, keine Zwietracht würgt,
Und nimmer der Verleumdung Natter ſchleicht!
Da täuſcht kein Wahn, berauſcht kein Sinnentraum
Mit Hoffnungsbildern aus dem Feenreich,
An Leer' und Unbeſtand dem Farbenſchaum
Der überſonnten Katarakte gleich.
Da trennt erkaufter Argliſt Hochverrath
Der Freundſchaft und der Liebe Bündniß nie;
Da hemmt kein Ocean, kein Alpenpfad
Die Wechſeltöne zarter Sympathie.
sur 158 von
Da wohnt die Ruh, die nur am Staube weilt,
Das Brot mit dem zufriednen Landmann bricht,
Die wunde Bruſt gekränkter Unſchuld heilt,
Und freundlich Kranze mit der Kindheit flicht.
Der Menſchheit Freuden ſchlüpfen ohne Spur
Mit Sylphentritten über Nebelgrund;
Ach! ihrer Schmerzen Drachenhorde nur
Schweift ene 1 um der Erde Rund.
Der Mitempfindung Troſt, u wovor 8 Weh
Der Sterblichen zurück zum Orkus flieht, =‘
Treibt ſeltne Blumen, gleich der Aloe, W
Die, von der Heimath fern, ein Kerker zieht.
Zu grauſam hehlt, im ſchwankenden Gewühl,
Indeß der Jugend Frühlingslaub verdorrt,
Der Zufall, bey des Lebens Maskenſpiel, |
Verwandten Seelen das Erkennungswort!“
—
ern 159 nen
. III II >> >> >> dt ee ee eeeiet
Hochzeitlied.
An Hein rich von Saldern.
1799.
f — — —
Jüngling welch ein Loss iſt dir gefallen!
Deine trunkne Seele glaubt es kaum.
Iſt's, gewoben in Aurorens Hallen,
Rur ein goldner Frühlingstraum?
Nein, es iſt kein Traum! Vom Zauberbande
Ihrer Arme fühlſt du dich umſtrickt,
Und in roſenfarbne Feenlande
Hat ihr Lächeln dich entzückt.
Glänzend von des Maytags Morgengolde,
Wallt ſie aus dem Brautgemach hervor,
Dein für Erd' und Himmel nun die Holde,
Die dein Genius erkor.
Hell verklärt ihr Blick der Zukunft Ferne
Bis ans Grab; von ihren Lippen wehn
Ahnungslispel, daß auf beſſerm Sterne
Liebende ſich wiederſehn.
wora 160 ra
Aber wiſſ', o Glücklicher! die Blume
Der erſehnten Herzensruh gedeiht
Unverwelklich nur im Heiligthume
Eng' umſchränkter Häuslichkeit.
eee 161 cee
CCC SE ES Ce ce ee
Zwey Jünglinge an ihre Mutter
— ——— —
|
Wie Blumengefilde
Vom Purpur Aurorens
Elyſiſch verklärt:
So lacht uns Beglückten
Im Frühſchein der Jugend
Das Leben durch dich!
Du leiteteſt ſicher
Die zitternden Flüge
Des erſten Gefühls;
Du bahnteſt die Pfade
Zum Schönen, zum Guten,
Zum Wahren ſo ſanft!
i D du, der mit Banden
Der ewigen Liebe
Die Welten umſchlang:
O ſtröm' auf ihr Daſeyn
Der Segnungen Fülle
Allgütig herab!
Matth. Werke. 2. B. 8
„
Was weih'n wir zur Gabe,
Was weih'n wir zum Opfer,
Geliebteſte, dir?
Es weckte der Odem
Des Lenzes die Blume
Zum Kranze noch nicht.
Die heiligſten Laute,
Die glühendſten Thränen
Der Lieb' und des Danks,
Wir weih'n ſie zur Gabe,
Wir weih'n ſie zum Opfer,
Geliebteſte, dir!
2 2 1 63 N un
FTC c EL EL EL LEE SL EIELEE
pit ap h.
nur
Was der verwandelten Erde vom redlichen Sel—
mar gehörte, |
Mütterlich birgt es im Hain heiliger Hoffnung
ihr Schooß.
Seine Seel' iſt bey Gott, im Jahrbuch der Biedern
ſein Nahme,
Und in der Freunde Gemüth nimmer verblei—
chend ſein Bild.
Leſer! fragſt du nach Lobſchrift und Hymne, ſo blick
auf der Gattin
Unverſiegbares Weh dieſſeits der trennenden
Gruft; wi:
Oder wenn einſt (o Triumph der Vollendung!) du
mit dem Geliebten
Ihr begegneſt im Licht, auf ihre Wonne durch
ihn!
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d
ensen i 64 2
rr r S SSK
Regentenſpiegel.
Unſterblichkeit verkläre dieſe Gruft,
Wo Benno, König von Makarien,
Der Achtundvierzigſte des Rahmens, ruht.
Der Frühlingsmond verjüngte dreyßig Mahl
Dieß Wonneland! wo (Dank dem Göttergleichen!)
In Strömen Milch und Wein und Honig fleußt,
Seit auf der Väter demantfeſtem Thron
Er mit dem Geiſt Lykurgs und Xenophons
Und mit dem Herzen Ariſtidssgewaltet.
Ihr Hütten, zeugt es, wo des Wohlſtands Baum
Zugleich mit Blüth' und Frucht ſo herrlich prangt!
Zeugt's, ihr Palläſte, wo mit Vundestreue
Dem Schönen ſich das Gute fromm vermählt!
Vertauſche deine Lorber, o Apoll!
Mit dem Cypreſſenkranz: Dir ſtarb ein Liebling.
Kniet, ihr Kamönen, mit ergoßnem Haar,
Um dieſen Sarkophag: Euch ſtarb ein Prieſter!
O Mavors! weine, wenn du weinen kannſt:
Zum zweyten Mahl ſtarb Alexander dir!
Doch du; Makariens verwaistes Volk,
Zerſchmilz in Thränen ganz: Dir ſtarb ein Vater!
9 1 65 122
Die Mitwelt nannt' ihn den Regentenſpiegel;
Den Halbgott müſſ' ihn Klio, die Gerechte,
Auf des Verdienſt's granitner Tafel nennen!
Am Schattenſtrande wird Homer noch zürnen,
Daß dieſes Königs großes Heldenleben
Nicht in ſein großes Dichterleben fiel!
vuven 1 66 usa
FFT — —— ce ee ee ee ee e<ecce
Angebinde auf Eduards Wiege.
Ruhe fanft, o Kind, am treu'ſten Buſen!
Daämmert ſchon in dir vielleicht ein Traumbild,
O ſo miſch' ein Genius die Farben:
Frühlingsgrün und Morgenroth!
Freu' des goldnen Alters dich, als Knabe!
Nenn' im Schlachtenſpiel dich Alexander!
Nenne dich Homer, ſchmückſt du mit Reimen
Eines Hänflings Todtenkreutz!
Krön', als Jüngling, den Pokal mit Roſen!
Trink von keuſchen Lippen Götterwonne!
Aber waffne dich mit Klopſtocks Weisheit:
Denn des Lenzes Blüthe ſtirbt!
Kränze dich, als Mann, mit Lorberzweigen!
urch Apolls und Mavors hehre Tempel
trebe kühn zu den beſonnten Zinnen
er Unſterblichkeit empor!
2
5.
—
N
—
D
—
6 167 sn
Schlummr', im Silberhaar, auf deinen Kränzen
Ohne Schmerz hinüber, und erwachen
Jenſeits, ein heroengleicher Jüngling,
Bey Anakreon und Kleift!-
, 168 wm
>>2>>>>>>>>>>>>> FIIDEL SELL ee ee ee
Feld blumen.
Carlsbad und Eger.
1800.
1.
Blümchen Wunderhold.
Oft auf dem Gipfel des Pindus gedieh ſchon das
g magiſche Blümchen
Wunderhold, ſeltner am Hang, niemahls am
Fuße des Bergs.
3:
Erfas.
Laßt ſie nur welken die Myrthen des flatternden
Knaben von Paphos;
Noch um verſilbertes Haar grünen die Lor—
ber Apolls.
9 nr
9.
Alcibiades an die Götter.
Feige nur fürchten den Tod! Doch graut mir vor
Krankheit und Alter!
Götter! verſetzt an den Styr mich in der Fülle
der Kraft.
4.
Die Mode.
Selbſt auf den Strömen von Blut, die Mars durch
Europa geleitet,
Fährt, in vergoldetem Schiff, ruhig die Mode
nach Wien.
25
Frauenlob.
Riemahls beynah wird von jenem verſtändigen Weibe
geſprochen;
Traun! der Mann iſt beglückt, dem zur Ge—
fährtinn ſie ward.
8
Evangeliſcher Sinn.
Offen 80 Jedem dein Herz, doch da die Geladnen
dir zögern,
Stoppelſt nach Lahmen du ſtets oder nach
Krüppeln am Zaun.
7297 170 re.
Te
Freundſchaft.
Arm iſt Lyda. Sie zählt in Stammbuchsregiſtern die
Freunde.
Einen beſitz' ich nur, aber in dieſem die
Welt.
8.
Die Leihbibliothek.
Staubig, doch ſonſt ohne Makel, ſind Wieland
und Gothe zu ſchauen,
Aber an Kramer und Spieß haftet unend—
licher Schmutz.
9.
Das Krankenhaus.
Biethet der kupfrige Doctor den Kranken am Ein⸗
gang willkommen,
Denk' ich der Höhle des Leun, welche den Aus—
gang verſagt.
10.
Gebeth.
Send' uns nicht Sonnenſchein, Zeus! wir Armen
erſticken im Staube;
Send' uns nicht Regen herab, ach! wir er—
trinken im Schlamm.
Journaliſtenpolitik.
Lauſchende Neutralität in der Meinung bleibt jetze
das Klügſte;
Scylla würgt rechtshin und links ſtrudelt Cha—
rybdis empor.
12.
Der Saal.
Gerne vermeid' ich, ſo prachtvoll er ſchimmert, den
Saal der Geſellſchaft,
Wo dem ſchüchternen Ruf ſchüchtern die Grazie
lauſcht.
15,
Die zwey Schlüſſel im Kloſter.
Der Bibliothekſchlüſſel.
Seit dem weſtphäliſchen Frieden verzehr' ich mich ro—
b ſtend im Winkel,
Ach! Hi es trauert mein Schloß ſchmählich
von Spinnen durchwebt.
Der Kellerſchlüſſel.
Glänzend erblickſt du mich zwar, doch dünn wie die
Schlüſſel der Hölle;
Zwanzig Mahl jeglichen Tag dreht mich der
Kellner im Schloß.
waren 172 .
14.
Die fünf Heilquellen.
Jeglicher Heilquell hat nun ſein eigenes Krankheits—
regiſter,
Das, nach der Arzte 2 Decret, jährlich ſich min⸗
dert und mehrt.
15.
Der Freundſchaftsſitz.
Was mit gigantiſchen Lettern die Mode dem Felſen
hier eingrub,
Gräbt nur die Freundſchaft in's Herz ihrer Ge:
weihten, und ſchweigt.
16.
Der Ball.
Nach dem Tacte verſchlich die Hypochondrie mit dem
Asthma;
Zwanzig Minuten, dann ſtarb an der Entkräf—
tung der Ball.
1
17.
Die neue Sappho.
Dichten und lieben will Clärchen, um Sappho zu
heiſſen; doch wünſchte
Sie des leukadiſchen Sprungs gern übeshoben
zu ſeyn.
3
rin 173 ren
18.
Wunſch einer Dichterinn.
Ein Mahl möcht' ich doch wohl des Aufgangs der
Sonne mich freuen,
Den ich, in Thomſons Manier, nicht ohne
Beyfall beſang.
iQ.
Der Mineralog.
Mit dem bergmänniſchen Hammer umher an den Fel—
ſen zu kleppern
Gibt ſo ein Anſehn, und gleich heißt man ein
Mineralog.
20.
Die Braut.
Meines Verlobten Epiſteln und Conterfey möcht' ich
zerreiſſen,
Tummelt der ſchlanke Cornet unter dem Fen—
ſter ſein Roß.
21
air
Junker Veit an fernen Decovateux.
Cäſar führt ja kein Wappen? Hinweg mit der Buͤſte
des Kahlkopfs
Von dem Reichsfreyherrnporträt meines Uräl—
terpapa's!
&
a ner 174 ww
22.
Neuer Glaubensartikel.
Weiland ſchien mir der Verein zu moraliſchen Zwe—
cken der ſchwerſte;
Tauſendfach ſchwerer ſcheint nun der zu politi—
ſchen mir.
2995
Herablaſſung.
Fielding und Richardſon ſchrieben ganz leidlich;
auch hab' ich ſchon zwey Mahl,
Auf des Verlegers Geboth, ihrer Manier mich
bedient.
24.
Niezenſion
Nichts als der Zwirn in dem Drama gehört ihm,
womit er die Lappen,
Welche dem Britten er ſtahl, ſchlottrig zu—
ſammengenäht.
25.
To aſt.
Was wir lieben! Klingt an! ſpricht Rolf, und in
gleicher Secunde
Klingt auch, mein Dämon bezeugt's, zwanzig
f Hetären das Ohr.
26.
Reiſeanſtalten.
Die Tante.
Nur in dem Schlage zur Linken das niederſäͤchſiſche
Kochbuch
Neben dem Kubach placirt, und dem Wach—
holderligueur!
Die Nichte.
Wohl! meine gnadigfte Tante, und bleibt noch ein
Räumchen uns übrig,
Steck' ich für mich noch die zwölf ſchlafen—
den Jungfra u'n hinein.
27.
Scandal.
Stieg da die e Gräfinn nicht gar in die
Chaiſe zum Pfaffen?
Gleich wo der Pfaffe kutſchirt, packt ſich die
Sünde mit auf.
7 1 7 6 7255
28.
Der Theatervorhang in Carlsbad,
auf welchem die Muſen mit Sprudelbechern ergeben
ſind.
Daß nicht vor Zorn bey erbärmlichem Spiel die neun
Schweſtern erkranken,
Wird hier als Präſervativ ihnen der Sprudel gereicht.
29.
Eiferſucht.
Welch ein entſetzlicher Jammer, im Bad' ein Ge—
fangner zu ſitzen!
Hollb! ſchon wieder treppauf klirrte der Sporn
des Majors.
30.
Gelehrte Coketten.
Todtlich zuwider ſind mir die gelehrten Coketten! ihr
Wiſſen
Tragen der Seele ſie auf, wie den Carmin
dem Geſicht.
a
Die Berühmre.
In der Jenaiſchen Zeitung der Literatur prangt ihr
Nahme,
Den der verwilderte Sohn fluchend im Schil⸗
derhaus nennt.
. 177 rn
4 32.
Der Hausfreund.
Hausfreund nennt ſich der Schalk! So nannte der
eiſerne Kriegsgott
Hausfreund ſich in Vulkans tückiſchem Netze.
wohl auch?
32
Roſaura an Kleon.
Glätten und ſäubern Sie das, doch ſchnell! der Ver—
leger hat Eile.
Fehlt noch ein Ströphchen etwa, Beſter, fo
ſchalten Sie's ein!
Tilgen Sie ſorglich die Schmach der orthographiſchen
g Suͤnden,
Und was noch eckicht erſcheint, ründe ſich lieb—
lich und ſanft:?
Denn weder Schönheit noch Jugend rührt jetzo die
kritiſche- Wehme;
Helena's Buſen ſogar träf' unerbittlich ihr
Dolch.
34.
Fromme Induſtrie.
Nur Ein Auge beym Bethen erhebſt du gen Himmel,
das andre,
Wie du dich, Heuchler, auch ſtellſt, ſchielt nach
der Buchdruckerey.
Matth. Werke. 2. B. M
35.
Der Stammbaum.
Leg', o Freyherr, das Beil getroſt an die Wurzel
dem Stammbaum,
* Früchte fo herb ſchon ſeit Jahrhunder—
ten ſind.
36.
Die Zofe.
Jahre lang flickt' ich dem Liebſten die Strümpfe von
Wolle mit Seide,
Siehe! ſo wurden zuletzt Strümpfe von Seide
daraus.
37.
Beſeitigter Irrthum—
Jener Fremdling, der uns an Plumpheit ein Roß—
kamm geſchienen,
Iſt, wie man eben vernimmt, Prinzeninſtruc—
tor. O weh!
38.
Der ländliche Dichter.
Würdig beſingſt du die bräutlichen Küſſe der ländli-
chen Unſchuld,
Du, den im großen Berlin gratis kein Mäd—
chen umarmt.
— 8 —
39.
An einen genialiſchen Lohnüberſetzer.
Konnteſt du, ſtattliches Roß, zum Gaule des Karrns
dich erniedern?
Lockt in die Schranken des Kampfs dich die
Drommete nicht mehr?
Pfui! dich zum Buchfabrikanten um kärglichen Lohn
„zu vermäkeln!
Rühmlicher nähmft du denn doch Karſt oder
Spaten zur Hand.
40.
Der Zerftreute,
Daß ich Ihr Drama zu hoch in der Zeitung erhob,
wie natürlich!
In der Zerſtreuung, mein Herr, wähnt' ich,
es wäre von mir.
41.
Der Pädagog.
et doch zwingt mich die Roth, mein Heil als
Erzieher zu ſuchen!
Schon war ich Zahnarzt, Sufar, Autor und
Komödiant.
M' 2
run 180 ersth
42.
An einen jungen Dichter,
der ein Handbuch der Aſthetik kaufte.
Laß die Laterne daheim! Dir leuchtet unſterbliche
Klarheit,
Selbſt in cimmeriſcher Nacht, weil dich der
Genius führt.
45.
Trompetenſtoß.
Deutschland, merk' auf! mein Gedicht in ächt arioſti—
ſchen Stanzen
Naht ſich der Scene bereits, wo man den Hel-
den ſcalpirt. .
44.
Bram arbas.
Theuer und abgeſchmackt find' ich die Antikritik mit
| der Feder;
Rechtlich und wohlfeil zugleich die mit dem
ſpaniſchen Rohr.
45.
Die Moorgegend.
Du fogae mahnſt an Hesperien mich, o mephitiſches
» Moorland,
Als des pontiniſchen Sumpf's treffendſte Mi—
niatur.
46.
Die Lehrſtunde.
Das Fräulein.
Wahrlich, Herr Doctor, das nenn' ich mit günſti—
gem Winde geſegelt!
Geſtern die Pflanzen, und heut kommen die
Steine ſchon d'ran.
Der Doctor.
Fräulein, hier iſt ein Fragment von einem helveti—
ſchen Urberg;
Deutlich erkennt man darin Feldſpath und
Glimmer und Quarz.
Das Fräulein.
Hurtig notiren wir das! ſchon hör' ich die Tante
beym Theetiſch!
Morgen, Herr Doctor, nicht wahr, Tactik
und Aſtronomie?
Der Doctor.
wehe noch, fo Gott will! Wir gehn wur enchklopä—
diſch zu Werke;
Raum für der Wiſſenſchaft Mark hat ja die
winzigſte Nuß.
* 182 „
47.
Buchhändlerbillets.
Erſtes.
Schneiden Sie, köſtlicher Freund, aus Werken von
Kant oder Fichte
Nir ein Kalenderchen zu, Kindern zum Weih—
nachtsgeſchenk.
Zweytes.
Plötzlich ſpedire der Herr, den Bogen zum Thaler,
im Guſto .
Wielands mir einen Roman oder ein Rit⸗
tergedicht.
Drittes.
Dürft' ich für acht Louisd'or mich wohl Ihres Nah:
mens bedienen?
Was mein Student mir verdeutſcht, würde
dann reiſſend gekauft.
Viertes.
Liefern Sie baldigſt ein Bändchen romantiſch-hiſto—
riſchen Inhalts,
Das zu den zwanzig anbey folgenden e
| ſich paßt.
Fünftes.
Nichts mehr von Verſen, mein Herr! jetzt brauch'
z ich ein tuͤchtiges Handbuch,
Welches die Hebammenkunſt faßlich für Kinder
auch macht.
me 185 nern
Sechstes.
Bitte für dieſen Ducaten des Taſchenbuchs Ehre zu
retten,
Und mit der fahrenden Poſt folgt noch ein
Röllchen Tabak.
Sie bentes. N
Klopſtocks Meſſias zu reimen? Vortrefflich! das
wird ihn verjüngen;
Selbſt ein Meſſias gefällt hier, wenn er altert,
nicht mehr.
CECE
Die neuen Argonauten.
Sic nos diva potens Cypri,
Sic fratres Helenae, lucida sidera,
Ventorumque regat pater.
Hor.
Spannt die Segel jauchzend auf,
Ruſtige Gefährten! 2
Trotz der Braven, die vom Lauf
Nie zur Heimath kehrten.
Zeus, den Schirmer in Gefahr,
Auf! ihn hoch zu preiſen:
Drey Mahl ſahn wir ſeinen Aar
Um den Wimpel kreiſen.
Wo ſich Muth und Jugendluſt
In der Seele regen,
Ehern ſtammt ſich da die Bruſt
Der Gefahr entgegen.
— 185 —
Muthig, Brüder, wenn fie dräut!
Nur im Kraftgefühle
Männlicher Beharrlichkeit
Kämpft man ſich zum Ziele.
Hört ihr, wie der Fahrwind ſauſ't?
Taumelnd fliehn die Küſten;
Der umſchäumte Kiel durchbrauſ't
Raſch die Waſſerwüſten.
Seht! von unſern Melodien
Mächtig angezogen,
Gaukelt fröhlich der Delphin
Im Kryſtall der Wogen.
Laßt, beym letzten Abendftrabl -
An der Heimath Gränzen,
Syrakuſer im Pocal
Noch zum Abſchied glänzen.
Heil, den Lieben, drey Mahl hoch!
Bis zum Wiederſehen,
Deren weiße Schleyer noch
Am Geſtade wehen.
Dem Gedächtniß eures Hains,
Wo wir opfernd ſchieden,
Sprengen wir des Götterweins
Fromm, ihr Tyndariden!“
e 186 1
Blickt voll Huld auf unſer Schiff,
Wenn Gewitter lohen
Und bey Nacht am Felſenriff
Wirbelſtröme drohen!
Auch den Schlummernden, die hier
Schnell wie Schaum verſchwanden,
Ch’ des Lorbers Heldenzier
Um die Stirn ſie wanden:
Werd' ein Kelch, umhaucht vom Duft
Junger Blüthenſproſſen,
Auf die ungeheure Gruft
Feſtlich ausgegoſſen.
Mit Sirenenſang entrief
Hoffnung fie dem Hufen,
Die, viel hundert Klafter tief,
Unter uns nun ſchlafen.
Im gebrochnen Dämmerſchein
Von Poſeidons Hallen
Schmiegen ſich um ihr Gebein
Zackige Korallen.
Froh gewagt, iſt halb gethan!
Mag der Abgrund ſtürmen,
Und bis an des Mondes Bahn,
Sich die Woge thürmen!
rosa 187 A
Mag (der Wechſelwinde Spiel
In der Brandung Rachen)
Morſch des Fahrzeugs Bau vom Kiel
Bis zum Wimpel krachen:
Kühnheit, dem Olymp entſandt
Von den großen Göttern,
Waltet noch mit ſtarker Hand
Auf zerſchellten Bretern!
Kühnheit ſcheucht, wenn Erd' und Meer
Leichen grau'nvoll decken,
Tief zum Tartarus das Heer
Blaſſer Todesſchrecken.
Auf! im höchſten Feyerton,
Unter Jubelchören,
Ihr bis an den Acheron
Huldigung zu ſchwören!
Die Trophäen ihrer Macht
Strahlen, gleich den Sternen
Der entwölkten Sommernacht,
Aus der Vorwelt Fernen.
Jaſons Kampfgenoſſen hieß,
Zwiſchen Ungeheuern,
Sie dem goldnen Wundervließ
Stät entgegenſteuern. 5
„ 188 —
Sie beflügelte den Speer
In Achilleus Händen,
Tauſendfach dem Troerheer
Tod und Schmach zu ſenden;
Stählte des Odyſſeus Kraft,
Dem verruchten Thoren
Lodernd den Olivenſchaft
In die Stirn zu bohren:
Stürzte ſich bey Marathon
Unter die Barbaren;
Führte durch den Rubikon
Cäſar's Heldenſchaaren!
Alles weicht, wo ſie gebeut!
Ihre Streitcohorten
Sprengten der Unmöglichkeit
Diamantne Pforten.
Auf! im höchſten Feyerton,
Unter Jubelchören,
Ihr bis an den Acheron
Huldigung zu ſchwören!
un 189 rum
PIIZIIIIIIII II Hy >>> <<< <a ce ec ter ee<e
Heldenſco ine
Ev nuprou zAadı To FD Hop.
R ANAT.
Triumphgeſang töne
Gen Himmel und kröne
Mit Jubel das Mahl!
Sprengt Nektar zum Preiſe
Der Todten: dann kreiſe
Der Bundespocal.
Nun feyern die Schwerter,
Durch Scharten uns werther
Als Demant und Gold.
Wie ſchön! ſie zu gürten,
Umſchlungen von Myrthen,
Der Tapferkeit Sold!
Wir warben um Ehre,
Dem Sauſen der Speere
Begegnend mit Luſt.
een 190 2
Daß rühmlich wir warben,
Verkünden die Narben
Der Stirn und der Bruſt.
Der Edle muß wagend
Und männlich entſagend
Die Götter nur ſcheu'n!
Dann ſprießen, dann blühen
Ihm Lorbern aus Mühen,
Und Roſen aus Pein.
Stät waltet ſein Streben!
Wenn ungleich im Leben
Die Fäden auch ſind,
Und wechſelnd die Parze
Bald goldne, bald ſchwarze
Den Sterblichen ſpinnt.
Die ſtygiſche Barke
Verachtet der Starke
Beym Droh'n der Gefahr.
Sein Wink iſt Vereidung,
Sein Schwertſchlag Entſcheidung,
Er ſelbſt eine Schaar.
Der Tod weiht die Braven,
Den Herrn wie den Sclaven,
Zum Göttergeſchlecht.
Jahrtauſende ſegnen
Die glorreich Erlegnen
Für Wahrheit und Recht.
erw 191 N
Sprengt Nektar zum Preiſe
Der Todten: dann kreiſe
Der Bundespocal.
Triumphgeſang töne
Gen Himmel und kröne
Mit Jubel das Mahl!
mus“ 1 92 .
RIIIDIIIIIIIIDIIDIII n
Opfergeſang.
— — un men
A m zehnten Aug u ſt
1800.
Ihr Parzen, Muſen, Horen und Dryaden,
Auf! einen Kreis um den Altar zu ſchließen!
Zu Franzens Opferfeſt ſeyd ihr geladen;
Sein treues Volk ſinkt flehend euch zu Füßen.
Hell, wie der Thau, worin ſich Blumen baden,
Laß, Zeus, du Höchſter! feine Tag’ entfließen,
Und nie verheerend mehr die Elb-Najaden
Durch ſein Elyſium die Fluth ergießen.
Mög' er, nach mehr als fünf Olympiaden,
Wie jetzt ſein Roß mit Vollkraft noch umſchließen!
Der Frohſinns Myrthe müſſe ſeinen Pfaden
Stets auf Hygea's Zauberwink entſprießen,
Bis, an der Leihe friedlichen Geſtaden,
Agnes und Erdmannsdorff ihn ſpät be
grüßen!
195 room
DIIIII> ² > Ir > > pe cc eeTeeei<te A
Lied am Zeitenſtrome.
Am Zeitenſtrome wallen wir
Auf Dornen dort, auf Roſen hier,
Heut bey Geſang der Nachtigall,
Und morgen bey des Donners Hall.
Der Geiſt am Strome wies die Bahn
Uns Wallern ernſt und freundlich an.
Streng zwiſchen Wieg' und Sarg gebeut
Die eiſerne Nothwendigkeit.
Doch nach dem rauh'ſten Tritt verheißt
Dem Starken der gerechte Geiſt
Erhöhten Muth, erhöhte Kraft,
Frey vom Orkan der Leidenſchaft!
and, Werke, 23. N
. 1 94 rose
DIIDZIIPIIIFFIIIIIII I IE CSS Eee tee Se e
Opfergeſang an Hygea.
r
1802.
| Wir ſingen dir Hymnen
Wir winden dir Kränze,
Wir ſprengen zum Opfer
Dir köſtlichen Wein:
Hygea! du höchſtes
Verlangen der Menſchen;
Hygea! du höchſtes
Entzücken der Welt.
Dir danken wir, Göttinn!
Früh, wenn ſich mit Golde
Der purpurne Schleyer
Aurorens beſäumt.
ra 199 ee
Dich preiſen wir, Göttinn!
Spät, wenn in des Abends
Verklärung, meerunter
Sich Hesperus neigt.
Du haſt unſern Herrſcher,
Du haſt unſern Vater
Den ehernen Pforten
Des Orkus entführt.
Schon ſchwebte ſein Leben
Am nächtlichen Strande;
Schon theilte der Nachen
Die ſtygiſche Fluth;
Schon winkten die Geiſter
Der theuern Geſchiednen
Vom Ufer der Lethe
Willkommen! ihm zu.
Du reichteſt ihm freundlich
Die Schale des Lebens;
Da trank er, der Dulder,
0 Göttinn! dein Heil.
Nun ſchwiegen die Stimmen
Des ahnenden Jammers,
Nun wandelte plötzlich
Die Thräne ſich um. N
N 2
seen 196 N
Auf Deſſau's Gefilde
Goß herrlich auf's Neue
Die Sonne der Hoffnung
Ihr goldenes Licht.
Wie eilen, wie ſtreben
Die Väter, die Mütter,
Die Kinder zum Hügel
Des Opfers empor!
Nie hallten des Dankes
Begeiſterte Chöre
In vollern Accorden
Um deinen Altar!
Wir ſingen dir Hymnen,
Wir winden dir Kränze,
Wir ſprengen zum Opfer
Dir köſtlichen Wein!
O neige, du Hohe!
Uns gnädig dein Antlitz,
Uns gnädig, du Milde!
Dein himmliſches Ohr.
Auch dir wird ein Tempel
Im Zaubergefilde
Von Wörlitz noch glänzen,
Am Spiegel der Fluth!
vers 197 r
Dann wähnſt du, mit Floren
Und mit den Kamönen,
Dich wieder im alten
Geliebten Athen!
. 198 LE 77
FFC . EL CELL
An Haug und feine Luiſe.
18 0 2.
Roſen der Freude,
Wie ſie nur ſelten
Sterblichen duften,
Spendete freundlich
b Euch das gerechte
Lohnende Schickſal!
Nur mit der Freundſchaft
Blum' auf dem Sarge
Werden ſie welken:
Denn in umſchränkter
Häuslichkeit Schatten
Zog ſie die hohe
Himmliſche Liebe.
Sterbet an Einem
Tag', ihr Beglückten!
Keiner begrabe
Weinend den Andern!
A
Wohnet auf Einem
Stern' als Verklärte
Einſt im entwölkten
Glanze der Gottheit!
*. 200 .
DIIIIIIIIFIIIIIIDI . ec ee ee ec
.
Ales kann ſich umgeſtalten!
Mag das dunkle Schickſal walten.
Muthig! auf der ſteilſten Bahn.
Trau' dem Glücke! trau' den Göttern!
Steig, trotz Wogendrang und Wettern,
Kühn, wie Cäſar, in den Kahn.
Laß den Schwächling angſtvoll zagen!
Wer um Hohes kämpft, muß wagen!
Leben gelt' es oder Tod!
Laß die Woge donnernd branden!
Nur bleib immer, magſt du landen
Oder ſcheitern, ſelbſt Pilot!
— un
„ 201 .
ECC TTT
Theater geſänge
zur Churwürdenfeyer in Stuttgart.
1803.
1.
Chor.
Auf Roſenpfaden ſchien der Sonne goldnen Wagen
Ein Chor von Freuden heut' empor zu tragen!
Mit Eichengrün die heitre Stirn umwunden,
Umtanzten triumphirend ihn die Stunden.
O ſey uns mit Hymnen der Wonne
Gegrüßt am Altare des Bundes, o Sonne!
Du führſt, an milder Strahlenhand,
Den Tag, der dir, o Vaterland!
Den ſchönſten deiner Kränze wand.
Eine Stimme.
Jüngſt lagen unſre Fluren
(Dein Paradies, o Deutſchland!) fern und nah
In gräßlicher Betäubung de,
— 202 num
Wohin der Sohn der Hoffnung ſah,
Verwaisten ihn des Kriegs tiefeingedrückte Spuren.
Dem Donner der Geſchoſſe,
Dem Kampfdrommetenklang,
Dem Sturz der zermalmenden Roſſe,
Verſtummte des Pflügers und Winzers Geſang.
Wir ſahn des Neckars blutige Wellen
Zürnend aus den Ufern ſchwellen;
Ach! bis tief in den ſchaudernden Rhein
Rollten ſie Todtengebein.
Wie war dir, Würtemberg, als dir zum erſten Mahle
Der Stern des Friedens wieder ſchien?
Der holde Stern, vor deſſen Zauberſtrahle
5 Abgrunds bleiche Larven fliehn?
Du füllteſt unter Freudenzähren,
Bekrönt mit Weinlaub und mit Ahren,
Des Dankes Opferſchale,
Und feyerteſt ſein hehres Glänzen,
Auf blumenvollem Grün,
Entzückt bey Reigentänzen
Und Jubelmelodien.
Chor.
O ſey uns mit Hymnen der Wonne
Gegrüßt am Altare des Bundes, o Sonne!
Du führſt, an milder Strahlenhand,
Den Tag, der dir, o Vaterland!
Den ſchönſten deiner Kränze wand,
DEP 203 rere
2.
Wechſelchor.
Die Altwürtemberger.
Willkommen uns mit Bundesgruß
Am Vaterlandsaltar, ihr Brüder!
Der Eintracht holder Genius
Blickt ſegnend auf uns nieder.
Die Neuwürtemberger.
Willkommen uns, o Tag der Bundesweihe,
Willkommen uns am Vaterlandsaltar!
Froh bringen wir ein Herz voll Biedertreue
Zum Erſtlingsopfer dar.
Alle.
Heller ſtrahlte dein Gefieder
Bey der Brüder
Bundesgruß
Von der Gottheit Abglanz wieder,
Holder Genius!
Und dein Segenswort
Tönte füß, wie Sphärenmelodie.
Himmliſcher! verlaß uns nie!
>;
Wechſelchor.
Die Neuwürtemberger.
Der fernſten Enkelzeit gewoben
O ſey dieß goldne Segensband!
cee 20 4 ——
Vernimm, was heilig wir geloben,
Du theures Vaterland!
Uns, wenn Gewitter furchtbar dräu'n,
Wie bey des Maytags mildem Schein,
Bis in den Tod nur dir zu weihn.
Die Altwürtemberger.
Der neuen Brüder Wohl als Brüder uns zu weihn,
Mit Blumen ihre Pfade zu beſtreu'n,
Geloben wir, vernimm's, o Vaterland!
Und ziehn es feſter noch zuſammen,
Mit Hochgefühlen, die vom Himmel ſtammen,
Das goldne Segensband.
Alle.
Der fernſten Enkelzeit geſchlungen
O ſey dieß goldne Segensband!
Das Herz hat ſich der Erd' entſchwungen!
Dank ſey, und Preis, o Weltgeiſt, dir geſungen!
Dir Dank und Preis, o Vaterland!
45
Tanzchor.
Willkommen, o Freude!
Auf ſilbernen Schwingen,
Im roſigen Kleide,
Dir huldigen wir
Mit feſtlichem Tanze!
Selbſt Greiſe verjüngen
Sich, Grazie, dir!
„ 205 num
Mit magiſchem Glanze
Erfüllſt du die Hallen,
Und jubelnd erſchallen,
Wie aus Einer Bruſt,
Harmonien der Luſt
In Himmelsaccorden zum Sternenrevier!
5.
Schlußchor.
Anbethung dir, der Millionen Sphären
Ins Unermeßliche geſä't!
Du zählſt, wie deine Welten, unſre Zähren,
Vernimmſt der Staubgebornen Dankgebet,
Und ihren Preisgeſang,
Wie deiner Welten Jubelklang!
Sanft, wie dein Frühlingsmorgenlicht,
Blick' auf des Landes Vater nieder!
Du weißt's, o Gott, nicht nur die Lippe ſpricht,
Mein! tief hallt aus des Herzens Fülle wieder,
Wie deine Donner ernſt und feyerlich:
Lang' lebe Churfürſt Friederich!
Mild, wie dein Frühlingsmorgenlicht,
Blick' auf des Landes Mutter nieder,
Zum Segen uns durch dich vom Strand
Der Königinn der Meere geſandt,
Du weißt's, o Gott, nicht nur die Lippe ſpricht.
Nein! tief hallt aus des Herzens Fülle wieder,
Wie Nachtigallgeſang im Lenzgefilde:
Lang' lebe Churfürſtinn Mathilde!
DARF 206 ren
Anbethung dir, der Millionen Sphären
Ins Unermeßliche gefü’t! ’
Du zaͤhlſt, wie deine Welten, unfre Zähren,
Vernimmſt der Staubgebornen Dankgebet,
Und ihren Preisgeſang,
Wie deiner Welten Jubelklang.
wre 20 7 run
DIIDIIIIPIIIIIIDIIIIPII<LLECcL Sec et
An den Frieden.
Schöner, ſeit die goldnen Sphären rollen,
Strahlte Phöbus Antlitz nie!
Hehr, wie dem Olympe ſelbſt entquollen,
Jubelt Wonnemelodie!
Da, wo jüngſt des Krieges Eumenide
Noch die Todesfackel ſchwang,
Grüßt dich, holder Götterſohn, o Friede,
Frommer Hirten Lobgeſang!
Dir, des Heils allſegnendem Erneuer,
Glänzt der Tag in höherm Licht,
Und die Hoffnung neigt uns, ohne Schleyer,
Ihr verklärtes Angeſicht!
2
err 2 08 r
PIIDIIIIIDIIIIIIIIFPII<S CELL ESEL ESEL ES
An die Mufen
im Pantheon zu Wörlitz.
Am zehnten Auguſt
1805.
Freundlich war der hohen Dioskuren
Antlitz eurem Schiffe zugewandt:
Heil'ge Schweſtern, ſeyd auf Deſſau's Fluren
Uns willkommen von der Tiber Strand!
Wann hat je, vereint in vollem Chore,
Wie einſt Hella's Tempel ihr geſchmückt,
Deutſchlands weites Erbe, ſeit Aurore
D'rin Palläſte röthet, euch erblickt?
Er, deß Genius, trotz den Armiden,
Wundervolle Zaubergürten ſchuf,
Rief euch aus dem Hain der Hesperiden,
Und ihr folgtet freudig ſeinem Ruf:
e 209 verwen
Den ihr liebtet, göttliche Kamönen,
Ihn von ſeines Daſeyns Frühling an;
Leitetet zum Heiſigthum des Schönen
Ihn mit Erdmannsdorff und Winkelmann.
Seht ihr jene Nektarſchale glänzen,
Die an ſeiner Jahresfeyer heut
(Eilt, o eilt, fie feſtlich zu bekraänzen!)
Ihm die Göttinn der Geſundheit beut?
Jugendröthe glüht auf feiner Wange!
Neue Lebensfülle ſtrahlt fein Blick!
Singt ihr Muſen: „Leb', o Vater, lange!
Spät erſt kehre zum Olymp zurück!“
„Sanft in goldnem Abendglanz verliere
Sich die letzte Blume deiner Bahn,
Und von deinem edlen Roß entführe
Dich ein Götterwagen himmelan!“
Streut, ihr Freundlichen, dem Liebling Rofen ;
Und nach zehn Olympiaden ſoll
Erſt ſein ſtilles Grabmahl ſich bemooſen,
Überthaut von frommer Thränen Zoll:
Dauernd bleibt ſein Nahm' in eurem Munde,
Bleibt ſein Bild euch in die Bruſt geprägt,
Heil'ge Schweſtern, bis die letzte Stunde
Euren Künſten und dem Erdball ſchlagt!
— . —
Matth. Werke. 2. Bd. O
on 2 10 nova
e
Danklied.
Dem Landesretter von den Einwohnern der Stadt
Wörlitz mit einem Eichenkranze geweiht.
1807.
Sey laut mit Jubelſchall gegrüßt,
Du, den der Gottheit Licht umfließt,
O Rettungstag, den wonnevoll
Des Enkels Dank noch ſegnen ſoll!
Geworfen war das finſtre Loos,
Und uns verſchlang der Tiefe Schooß,
Wo nicht im Sturm ein Schutzgott kam,
Und hülfreich uns in Obhut nahm.
Wer war der Schutzgott weiſ' und gut,
Deß hoher deutſcher Biedermuth
Hart an der ſchwarzen Tiefe Rand,
Ein Fels im Ungewitter, ſtand?
6 211 dam
Heil! Heil! geliebter Vater Franz,
Dir drey Mahl Heil! im Bürgerkranz,
Den wir, im feſtlichen Verein,
Froh Deinem theuern Haupte weihn.
Du warſt der Schutzgott, groß und gut,
Deß hoher deutſcher Biedermuth,
Hart an der ſchwarzen Tiefe Rand,
Ein Fels im Ungewitter, ſtand.
Schon ſtürmte rings, wie Meeresfluth,
Des Kriegs verhängnißvolle Wuth;
Ein Wink! und, was ein Eden hieß,
Ward ein verlornes Paradies.
O Anhalts echter Heldenſohn!
Da tratſt Du vor Napoleon,
Mit ungebeugtem Herrſcherſinn,
tur Deines Volks gedenkend, hin.
Und, wie durch Allmachtswink des Herrn,
Verklärte ſich der Hoffnung Stern;
Die ſchwarze Donnerwolke ſchwand;
Gerettet war das Vaterland!
Daß, wie der Baum, dem Heergewühl
Nicht auch der gute Bürger fiel,
Und uns in ſtiller Jugendpracht
Des Friedens goldne Sonne lacht:
www 212 r.
Wem dankt, mit freudetrunknem Blick,
Dein Volk dieß unbeſcholtne Glück?
Dir, dem wir Herz und Leben weihn,
Dir, unſerm Vater, Dir allein!
Dir gilt ein Herz, das treu Dir ſchlägt,
Worin Dein Bild ſich dauernd prägt,
Die Thräne, die der Dank Dir zollt,
Mehr als der ganzen Erde Gold!
D'rum ſey mit Jubelſchall gegrüßt,
Du, den der Gottheit Licht umfließt,
O Rettungstag, den wonnevoll
Des Enkels Dank noch ſegnen ſoll!
ren 2 1 3 —
FFT III ee ee sc ieccekeee<e
Gebet h
är den Tan de duc t er.
r
Neujahrstag.
1811.
Du, vor dem das Jahrtauſend ein flüchtiger Tag
iſt, Jehovah!
Neig', o neige dein Ohr väterlich unſerm Ge—
beth!
Grünend bewahre den Kranz der Geſundheit dem
Haupte des Fürſten,
Den du vor Allen erkohrſt, Menſchenbeglücker
zu ſeyn!
Ströme dein Wohlthun auf ihn von allen Geſtirnen
hernieder;
Höchſter! dich preiſen wir dann! Höchſter! dir
ö danken wir dann!
Gut ſeyn und edel, gilt Alles vor dir: das iſt un—
ſer Herrſcher!
Darum gewähr' ihm voll Huld ſtets, was das
Herz ihm erfreut.
— 214 wem
Fröne mit Segen ſein Wirken, o Gott! und mit
Kraft ſein Beginnen!
Sey du den Wäldern ein Schirm, ſey du den
Fluren ein Schutz!
Nie dem Schwerte mehr weiche die Sichel in Deſſau's
Gefilden,
Und nur des Jägers Geſchoß höre der wildreiche
Forſt.
Du, dem das tobende Meer in friedliche Gränzen
zurückflieht,
Zähm' auch den Strom, der des Walls Boll—
werk oft furchtbar bedroht.
Schutze den Tempel von Wörlitz, den Franz dei—
ner Ehre gelobte,
Vor deinen Blitzen, und bald ſchalle ſein Frie—
densgelaut!
Unter dem Donner des Kriegs hob kühn dieſer heilige
Tempel
Sich zur Vollendung empor. Ruhm dem Er—
bauer, und Preis!
Schaff' ihm der Freuden ſo viel, als Bäume dem
Enkel er pflanzte!
Schaff' ihm des Guten ſo viel, als er des Gu—
ten gethan!
Du, vor dem das Jahrtauſend ein flüchtiger Tag iſt,
Jehovah!
Neig', o neige dein Ohr väterlich unſerm Ge—
beth!
—ͤũ—)Vꝓ— ꝰ́ꝙꝓ—lf . —
mn 2 15 .
FFF
*
An den Weltgeiſt.
Weltgeiſt! wie dort auf den Waſſern der neugeſtal—
teten Erde,
Webt noch immer dein Hauch, dringt wo in's
Leben ein Keim;
Kommt nun der Menſch und ordnet, wie Luftſtrich
und Sonn' es gebiethen,
Und der ſtillwirkende Mond, alles mit weiſem
Bedacht:
O dann weiche ſein zitterndes Hoffen dem heiligen
Glauben,
Daß du mit Liebe vollführſt, was mit Vertrau'n
er begann!
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2 f
Anmaßungsloſe Jovialitäten. Reſultate von Auf:
gaben und Herausforderungen in Freundeskreiſen. Er—
innerungsmarken glücklicher Abende, verlebt mit edlen
Menſchen. Ephemeren, die ihren Tag mitflattern mö⸗
gen unter den ähnlichen Ephemeren dieſer Zeit.
C ..... .. ei: secte cette
eig ment
*
ne ata demi ſ chen Nede.
—
Da die Mißlaune, dieſes grüngelbe, und, den
Forſchungen des berühmten ſchwediſchen Ritters zu—
folge, polypenartige Ungeheuer, vor deſſen Peſthau—
che die Roſen des Frohſinnes dahinſterben, als hatte
der arabiſche Giftwind Smum ſie angeweht, und
von deſſen Geiſer, wogegen der Geifer der Klapper—
ſchlange ſich verhält wie Quellwaſſer zu Scheidewaſſer,
der hundertſte Theil eines Tropfens hinreicht, den
allerloſeſten Vogel in den hoͤchſt bejammernswerthen
Zuſtand einer lebenslänglichen Mauſe zu verſetzen;
da, ſage ich, dieſe von Göttern und Menſchen ge—
ächtete und vermaledeyte Ausgeburt der Hölle, bey
deren bloßer Nennung jeder rechtgläubige Humoriſt
ſich mit dem Zeichen des Kreutzes zu verſehen hier—
durch angewieſen wird, immer noch fortfaͤhrt, mit
einer Unſcham, die ſich zwar denken, fedoch nicht
ſchildern laßt, die Zahl ihrer Schlachtopfer täglich
unter uns zu mehren, und die Gränzpfähle ihres,
gegen alle himmliſche und irdiſche Rechte ufurpirten
Gebiethes immer weiter vorzurücken: ſo haben wir,
Präſident, Ceremonienmeiſter, Archivar, Geheim—
* 220 wm
ſchreiber, Bey ſitzer und Mitglieder der unter glückli—
chem Vogelfluge geſtifteten Akademie der Jo—
vialität, und zwar nach wiederhohlter Anrufung
unſeres Schutzheiligen -Kleeblatts Cervantes,
Rabelais und Sterne, auf das Allerfeyerlichſte
verfügt und beſchloſſen, mehrbemeldeter Geißel der,
ohnehin ſchon ſonder Ziel und Maß gehudelten Er—
denkinder, offene Fehde anzukündigen, und im Falle
ſie ihre weltkundige tollkühne Frechheit zu dem uner—
hörten Grade ſteigern ſollte, ſich auf unſerm eigenen
Grund und Boden oder auch nur in der Nahe des—
ſelben betreten zu laſſen, ihr durch Zwicken, Knei—
pen, Hauen, Stechen, Brennen, Sengen, Quet⸗
ſchen, Würgen, Naſpeln, Schaben, Schroten,
Stampfen und andere dieſer verwandte Proceduren
mit unermüdlicher Beharrlichkeit und echtem altritter—
lichen Glaubensmuthe ſo lange zuzuſetzen, bis der
ſchwarze Geiſt ihr ausfährt, und ihr ſcheußlicher Leich—
nam da liegt, wie Sanct Georgs aufgeſpießter Lind—
wurm, ein Gräuel ſelber den Wölfen des Gefildes
und den Raben unter dem Himmel.
Nur erſt nach dem Triumphe über die Erbfein—
dinn aller geſelligen Freuden dürßen wir hoffen, je⸗
den Zweck, den wir mit der Gründung dieſer hoch—
verehrlichen Akademie verknüpften, auf eine eben ſo
dauerbare als glorwürdige Weiſe zu erreichen, und
die Götterchen des Frohſinnes und der Schäkerlaune,
ſammt ihrer ganzen ziegenfüßigen Sippſchaft der
Schnurren, Schnaken und Schwänke, nicht mehr,
wie bisher, nur als flüchtige Beſucher, ſondern als
feſt angeſiedelte, treue und redliche Hausgenoſſen in
wen 221 W.
unſerer Mitte zu ſehen. Dieſes ſey demnach unſer
kraftvollſtes Streben, thätigſtes Wirken und raſtlo—
ſeſtes Treiben: ſo wird unſere, unter dem Patronate
des alten Spaßvogels Momus aufblühende Societät,
zum Heil der Lebenden und zum Segen der künfti—
gen Generationen, fortblühen und fortgrünen, wie
ein Baum an Waſſerbächen zur Zeit der Dürre, und
noch vom Urenkel des Urenkels, bald mit dem heili—
gen Froſtſchauer der Ehrf urcht, bald mit der glühen—
den Röthe der Nacheiferung, durch Logogryphen,
Charaden und Räthſel in den dreyhundert und fünf—
und ſechzig Taſchenbüchern des zwanzigſten Jahrhun—
derts als unerreichbares Vorbild geprieſen, gefeyert
und verherrlichet werden.
ne 232 urn
>>>>> . II Fe ic<e ee ee ee
Empfindſamkeiten
a ‚ r N Hein
Begeiſtert von der Muſenquelle,
Sprach ein Poet an dieſer Stelle:
Ihr Götter, welche Waſſerhölle!
Weg mit den Felſen! dacht' ein Krämer,
So hat's, vom Zürcher bis zum Bremer,
Der Handelsmann hinfort bequemer.
Betäubt vom Wogendonner, ſagte
Ein Britte, welchem nichts behagte,
Weil ihn der Hypochonder plagte:
Verdammter Lärm! Dieß wäre jene a
Zehntauſend Mahl geprieſ'ne Scene?
Mag eine Dichterſchaar mit Staunen
Ihr Lob in alle Welt poſaunen,
Und jedes Her, ihr ftarker pochen:
Ich ſeh' den Teufel Milchbrey kochen.
— 225 mem
Doch der Geſcheid'ſte von den Vieren
Rief beym unendlichen Muſſiren:
Du Herr der Himmel und der Erden!
Ach, ließeſt gnädig du
Durch mich ein Wunder zu,
So müßt' in dieſem Nu
Der Schaumberg hier Champagner werden!
reser 2 2 4 sen
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Goldene Lehren
eines phlegmatiſchen Kosmopoliten an ſeinen auf Reiſen
gehenden Sohn.
Si fractus illabatur orbis,
Impavidum ferient ruinae.
Hor.
Wenn grauſe Donnerſtürme raſen,
Daß ungeheure Strecken
Sich rings mit Felſenblocken
Geſtürzter Berge decken:
Dann laß, in wohlgereimten Phraſen,
Dich zwar verfhütten, doch nicht ſchrecken.
Wenn dumpf des Atna's Tiefen krachen,
Und aus entbrannten Schlünden
Durch ſchwarze Lavarinden
Sich Flammenſtrome winden:
Donn ſaume nicht, am Schwefelrachen
Dein Pfeifchen ruhig anzuzunden.
, 225 —
Wenn um des Kriegs Panier und Wimpel,
Beim Schmettern der Drommeten,
Beym Donner der Musketen,
| Sich Land und Woge röthen:
Dann lehre friedlich deinen Gimpel
Den Heldenmarſch von Deſſau flöten.
Wenn auf gediegner Straße ſchändlich
Die Poſtillone ſchleichen,
Wie mit gefallten Eichen,
Kanonen oder Leichen: |
Dann denke, daß auch Schnecken endlich
Das vorgeſetzte Ziel erreichen.
Wenn von der Pleiße, Lein' und Saale
Bis an die gelbe Tiber,
Die Wirthe ſchmäͤhlich über
Das Ohr dich hau'n, o Lieber!
Dann zahle! zahle! zahle! zahle!
Was hätteſt du vom Gallenfieber?
Hörſt. du, in Wein- und Haffehhäuſern,
Vom Köpfen, Radebrechen,
Tortur und Strang, den frechen
Parteygeiſt wüthend ſprechen:
Dann folge klüglich den Carthäuſern,
Und öffne nur das Maul zum Zechen.
Wenn, wie vom Vieh der Sündfluth Arche,
Von ungeſchlachten Limmeln, i
Die Phöbus Bild verſtümmeln,
Des Pindus Haine wimmeln:
Matth. Werke. 2. V. ge:
— — 226 1
h auf's Ohr und ſchnarche,
eberdig Sturm zu bimmeln.
Wenn Amors bunte Sommerſchloſſer
Vor dir ſich ſchwarz befloren,
Weil einem andern Thoren
Dein Liebchen Huld geſchworen:
Dann ſollſt du, in den Leib das Meſſer?
Nein! in den Pfropf den Zieher bohren.
Zuletzt, um deinen Ruhm zu ſichern,
Statt kahlen Verſiferen
Stets nachzuwrekekeren,
Magſt du, Trotz Makbeths Hexen,
Aus neun und neunzig Reiſebüchern
Das hundertſte zuſammenklekſen!
>III>IIIII II >>>I>> . ² . eee
Charaden.
1.
Bezaubernd zu der Götter Sternenſitzen,
Bezaubernd zu des Orkus Flammenblitzen,
Dringt meines Erſten Harmonieenhall;
Bald Niagara's Donnerfall,
Bald Flötenhauch der Nachtigall.
Sein Genius kann aller Sphären
Vereinten Wohlklang dir gewähren. |
Doch flögſt dem Gegentheile du
Als ſüßerm Ohrenſchmauſe zu;
(Was wir jedoch, beym Styx! in unſern Tagen
Im Traum' und Scherze kaum zu fürchten wagen)
Dann würde dir der heiſ're Ton
Der kecken Selbſtrezenſion
Von meinem Zweyten um fo baß behagen.
Wird aber dieß zu meinem Ganz en,
Dann muß mit ſeinen Diſſonanzen,
So rauh fie auch noch immer tönen,
Sich plotzlich jedes Ohr verſöhnen;
P 2
wre 22 8 2
Dann bebt, voll ahnungsvoller Luſt,
Ihm ſelbſt der zarten Jungfrau Bruſt,
Als Sinnbild der erhabnen Triebe
Von Muttertreu' und Mutterliebe.
9
P777
Der Mann von ſchöpf'riſchem?
Den, Leſer, dir mein Ganzes nenn
Und der, gleich einem ſchönen Stern
Vom allerreinſten Silberglanz,
Mit majeſtätiſch-jugendlichem Prangen
Am Künſtlerhimmel aufgegangen,
Verdient, als Guido's Zögling nicht allein
Den Lorber aus des Latoniden Hain,
Nein! auch als Menſch den deutſchen Eichenkranz⸗
Sein Herz, voll hoher Kindlichkeit,
Blieb ſtets von meinem Erſten fern,
Und nur den Grazien geweiht;
Mein Zweytes aber iſt er ganz.
alent 7
5
er 2
7
X
Den Choragete vieler Aner,
Vom Schulrath bis zum Secundaner,
Nennt, Sylbenfreund, mein Erſtes dir.
Mein Zweytes miſſen Franziskaner,
nicht minder Südſeeinſulaner,
Auch Bettler, ſonder Ungebühr.
Mein Ganzes iſt im Norden
Oft für den trägen Sclaven
Des hochgeſtrengen Grafen
Ermuntrungs-Inſtrument geworden.
ersA 23 9 use
4.
Habt ihr mein Zweytes überſtiegen,
Dann trinkt, in ſüßen Wonnezügen,
Ihr von der Etſch bis zum Veſuve
Mein Erites unverfälscht und rein
In allen Karavanſerey'n. |
Wie dieß ein Zögling der Vitruve,
Ein genialer Architekt,
Mit lorberwerthem Ruhm bedeckt,
Den euch mein Ganzes nennt,
Sammt vielen andern Söhnen
Der göttlichen Kamönen,
Im Freundeskreiſe
Zu Libers Preiſe,
Noch oft bekennt.
5.
Mein Erſtes nennt den trefflichen Copiſten
Des Trefflichſten, was auf den reichen Liſten
Italiſcher Originale ſteht;
Mein Zweytes einen großen Harmoniſten,
Der Hand in Hand mit Graun und Benda geht;
Mein Ganzes den unſterblichen Linguiſten,
Der, wie Europa freudig eingeſteht,
Im Allerheiligſten der Documente
Die Finſterniß vom Licht' auf ewig trennte.
6.
Das erſte Sylbenpaar
Stellt ein Object uns dar,
won 250 —
Das auf der Lebensbahn,
Gleich einem Talisman,
Jedoch nur inhaltſchwer,
Zu Lande, wie zu Meer,
Am Ganges, wie am Belt,
Die Noth im Zügel hält.
Das zweyte Sylbenpaar
Stellt einen Werkmann dar,
Der das Verbothsdecret
Totaler Nudität,
(Durch Eva's Naſchorgan
Gefügt in Satans Plan,)
Artiſtiſch nie geſchmäht,
Juriſtiſch nie verdreht.
Das Ganze lebt im Stadtgewühl
Von einer Art von Taſchenſpiel.
sun 281 —
EEC T
gd ger e h.
An den Oberforſtmeiſter von Wildungen.
Das Ganze nennt den Biedermann,
Der Teutonidens Herz gewann,
Weil ſeines Lied's Begeiſterung
Zur Sonne flog mit Hymnenſchwung;
Den Schillers, Göthe's, Herders Lob
So wahr, als ungeſchminkt erhob.
O ſend' ihm, Freund, zu Braga's Preis,
Aus deinem Forſt ein Eichenreis!
Wenn jetzt ein Federſtrich das Haupt
Dem Nahmen des Geprieſ'nen raubt,
Dann, wie durch Feenwort, umhüllt
Des Wahnes und der Täuſchung Bild
Dich mit dem zartgewobnen Schleyer,
So faltenreich und ungeheuer,
So wunderſam und wandelbar,
Wie keiner noch auf Erden war;
Er naht und weicht und wallt und ſinkt,
Hier wetterſchwarz, dort goldbeblinkt.
un tilge noch ein Zeichen weg,
So ia au'ſt, auf hohem Alpenſteg,
en 232 usa
Du freudig einen ehrenwerthen,
Mit Recht gefeyerten Gelehrten;
Ihn, welcher, wie Sauffur und Haller,
Ein ſtein- und pflanzenfroher Waller, |
Das Nützliche mit Anmuth eint,
Ihn, jetzt und auch in Zukunft aller
Berathnen Schweitzerpilger Freund.
Schlägſt du den Kopf auch dieſem ab,
So öffnet ſich der Vorwelt Grab,
Und aus dem Dunkel ſteigt empor
Der Pöbelgötzen Matador,
Den Frömmlern ſeiner Zeit erſt Gott,
Dann ſchmachvoll ihrer Kinder Spott.
Drum deck' auf ewig immerhin
Der Schleyer unſ'res Zweyten ihn,
Der aber, ſo gebeut's Apoll,
Des hochbelobten Hymnenſängers
Und vielgerühmten Alpengängers
Revier auf ewig meiden ſoll.
2
—— ... SSA SSS SSS
Die Naſenfeyer.
Ein a felean date.
Chor.
Gunzende Naſen ſind leider! nur glänzendes Elend!
Kaum funkeln
Bacchus Rubinen, ſo ſtellt grauſam ſich Atro—
pos ein.
Ein Weinhändler.
Platina, Silber und Gold ſind wahrlich ſpottwohl—
feil zu nennen
Gegen das Kupfer, womit Bacchus die Naſe
t plattirt.
Ein Schiffscapitän.
Fiele dir endlich das Loos, auf einem Pharos zu
hauſen!
O Salamander! du warft Wächter und Leuchte
zugleich.
7
Ein Polizeybeamter:-
Feuer verkünden die Trommeln, und Feuer die brül:
lenden Wächter,
Wenn deiner Naſe Reflex nächtlich die Fenſter
durchglüht.
Ein Mineralog.
Weinſteinkryſtalle bepurpurn dir Wangen und Naſe;
nun fragt ſich's:
Ob dieß vulkaniſcher Stoff, oder neptuniſcher
ſey?
Ein Legationsſecretär.
Stille war's lang' im Veſuv, da ſchien deine Na
9
in den Krater.
Ploͤtzlich nan ſchrie das Volk: Sanct Januar,
ſteh' uns bey!
3
Ein Dichter.
Sterbend ſinken die Fliegen zu Boden am Naſen—
vulkane;
So am entbrannten Veſuv ſank'ſt du, o Pli—
nius! einſt.
Chor.
Glänzende Naſen ſind leider! nur glänzendes Elend!
Kaum funkeln
Bacchus Rubinen, ſo ſtellt grauſam ſich Atro—
pos ein.
mn — —ů —— —-
ww. 255 ww.
EFFECT
Guckkaſtenlied.
Ich bin ein guter wälſcher Mann,
Komm' aus Verona ſo eben an;
Zu werther Chriſtenheit Nutz und Frommen
Hab' ich meinen Kaſten mitgenommen.
Die heil'gen drey Könige mit ihrem Stern
Hätt' ich in meinem Kaſten ſo gern!
Doch haben bemeldete Majeſtäten
Aus chriſtlicher Demuth ſich das verbethen.
Nun ſtellt' ich mir andre, ſtatt dieſer Drey,
Mit Kronen und Zeptern, in Glied und Reih';
Wie billig, erſcheint an ihrer Spitze
Der König der Könige, Preußens Fritze.
Horcht! Henoch und Methuſalem
Im Schloſſ' zu Neujeruſalem,
Wie ſie, an Feſt- und Jubeltagen,
Die Paradieſespauken ſchlagen!
Auf offnem Markt ſteht Bathſeba
Im Brunnentrog' wie Heva da;
Sie trillert ein Liedchen von Minn' und Freude,
Und ſchielt nach dem Dichter im Purpurkleide.
Da baumelt Kronprinz Abſalon;
Syrah der Monarch: Mein Sohn! mein Sohn!
Hätt'ſt du doch, nach der Mode Ritus,
Dein Haupt beſchoren a la Titus.
Hierneben ſtellt ein Sünderpaar
Sich dem geneigten Auge dar;
Sie wittern eine Badewanne,
Und, Frauenſpiegel, dich, Suſanne!
Von Holofern und Goliath
Muſikt und predigt Land und Stadt,
Daher mag ihrer Feldherrnthaten
Mein friedlicher Kaſten gern entrathen.
Was nun ſich zeigt, iſt Babels Bel,“
Und unter den Löwen Daniel.
Des Himmels Glanz umleuchtet Saulum
Und ſeht! er fallt mit feinem Gaul um.
Herr Lucifer brüllt ſonder Scheu
Zur Mitternacht umher als Leu;
Doch nach dem erſten Hahnenrufe
Weicht ſchon die Tatze dem Pferdehufe.
nor 257 —
Frau Loth, wie gleich der Anblick lehrt,
Steht jammervoll in Salz verkehrt:
Er zecht ſich, der Natur zum Hohne,
Zu ſeinem eigenen Schwiegerſohne.
Blickt auf! Der König Salomon
Stolzirt auf feinem Haremsthron! -
Recht fo! Die Weisheit Salomonis
Macht ihn Achthunderten zum Adonis!
Iſcharioth hängt ſein Genick
Zu böſer Stund' an einen Strick;
Seht! wie die Teufel nach ihm ſchnappen!
Welch Heulen und welch Zähneklappen!
Huhu! der böſe Beelzebub
Gibt Martin Luthern einen Schub;
Doch das Mahl bekommt der Spaß ihm übel,
Er ſalbt ihn mit dem Tintenkübel.
Hoch überfleugt Held Robertſon
Den Ikarus im Luftballon;
Der Erdball erſcheint ihm ein Körnlein Sandes,
Und Uranus fragt: Woher des Landes?
Nach dieſer ungeheuern Kluft
Umwittert euch Pariſer Luft.
Rechts präſentiren ſich die Garden,
Links Incroyables und Poiſſarden.
— 258 —
Hier ſchleppt ein Pfäͤfflein Kreutz und Quer
Den Ablaß-Trödelkarrn umher:
Laut ſchallt's von Hamburg bis nach Mailand:
Gelobt ſeyſt du, der Weiber Heiland!
Im Chor ſchreyt jener Pilgerſchwarm:
O Mutter Gottes, dich erbarm!
Daß auch an ſterbliche Sonnette
Unſterblichkeit ſich liebend kette!
Nun mach' ich meinen Kaſten zu,
Und wünſche den Herren eine ſanfte Ruh,
Doch mir, dem armen Hiſtorienmahler,
Statt kupf'riger Groſchen blanke Thaler!
— ;
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DI YDII>I>IIIIIIII II III << SSA AK K KCC SS
Morgenhymnus einer neuen Sappho.
Vor dem goldnen Sommermorgen
Schwinden luſtig meine Sorgen,
Losgeſtrickt von Harm und Schmerz,
Tanzt mein Herz.
Dazu pumpen auch die Triebe
Einer frühlingsheitern Liebe
Mir den Honigſeim der Luſt
In die Bruſt.
Jeder Stich, den der gewetzte
Pfeil Cupido's mir verſetzte,
Bleibe, Trotz dem Pindusquell,
Fontanell.
Marſch von hier, o Muſenrudel!
Dein Geklimper, dein Gedudel
Bleibt bis zum Vermählungsact
Eingepackt!
essen 240 wenn
Zwar es pflegt nur unſre Jugend,
Fern vom Heiligthum der Tugend,
Tollen Eulenſpiegelein
Sich zu weih'n
Doch ich ſchau' mit Adlerswonne;
Jauchzend auf zur Tugendſonne;
Bey ſo heißer Minnebrunſt
Welche Kunſt!
Ha! du wobſt aus Morgenklarheit
Einen Leibrock mir 5 0 Wahrheit!
Darf nun Flunkerey und Wahn
Mir ſich nahn?
Lodert mir dein Himmelsfeuer,
O dann trotzt auch meine Leyer,
Bis zur Schattenrepublik,
Der Kritik!
won 241 un
777 T . SEELE EEE
Reiſeplan.
An Herrn Scherer von Grandeleos.
N = 1 *
Lyon 1792.
Freund! unſer Barometer
Verkündet heitern Ather;
D'rum wär' ich wohl geſonnen,
Noch eh' der März begonnen,
Trotz dem Rumor der Zeiten,
Die Rhon' hinab zu gleiten,
Um fromm zu Laura's Aſche,
Mit leichter Weidmannstaſche,
Nach Sitte der Poeten,
Die Wallfahrt anzutreten.
Doch darf in Schreckenstagen
Man ſolchen Kreutzzug wagen?
Zumahl auf der mit Blute
Getränkten Reiſeroute
Durch Avignon, zur Grotte
Von Clüſa's Urnengotte?
Verſagſt du mir dein Votum,
| So ſchlägt mein Hoffnungsboot um!
Matth. Werke. 2. B. 3
e 242 eee
Der Kleine wird indeſſen
Sein Amo nicht vergeſſen,
Wird fleißig wiederleſen,
Wer Herkules geweſen,
Und was zu Xerxes Zeiten
Von Kriegsbegebenheiten,
Wie auch in Cäſars Tagen
Sich alles zugetragen.
Auch wird er beym Spatzieren
Nach neuen Pflanzen ſpüren,
Harmoniſch, wie die Katzen,
Der Geige Saiten kratzen,
Aus Pappe Käſtchen ſchuſtern,
Die Marionetten muſtern,
Geſchwind, als könnt' er hexen,
Auf Bilder Farben klekſen,
Und ſich mit Zuckerbrötchen,
Thee, Mandelmilch, Paſtetchen,
Und andern Leckergaben
Im Sonntagskränzchen laben.
O mög' indeß den Schaaren
Verlotterter Barbaren,
Die Gallien verheeren,
Ein zweyter Cäſar wehren!
O mög' indeß die Horden,
Die ſengen, plündern, morden,
Jourdan, den Kopfabſchneider,
Zigeuner, Häringsweiber,
Und andre Poiſſarden,
Sammt allen Afterbarden,
nn 2 49 win
Und feilen Libelliſten,
Und ſchmutzigen Clubbiſten,
Auch ſonſtiges Geſindel,
Vom Stickrahm bis zur Spindel,
Vom Toilettenſpiegel,
Bis zum Fiackerzügel,
Und ach! vor auen Dingen,
Wonach die Edlen ringen,
Die eingeſchwärzte Zweyheit
Egalität und Freyheit:
(Nur Wolkenbild den Rotten
Entmenſchter Sanscllotten!)
Die Nemeſis ergreifen
Und in dem Styr erſäufen!
sure 2 4 4 79
— — . I II I > y EL EL <<< ce ec <
Wortſpieldialog⸗
A.
Was erhob den großen Caſtellan der Himmelsburg
Bode, und Bode, den unnachahmlichen Copiſten
genialiſcher, Urbilder zum Sonnengipfel einer wohl
verdienten Celebrität? |
B.
*
Stern e.
—
ren 2 A 5 72
— — . tlg cchtieise
unauflöskare⸗ Räthſel.
Nach Greſſets.
On me porte sur la tete,
Et Lon me nomme chopeau;
Devine, grosse tete!
ee — —⅜ Ä
Prolog.
Angefeuert durch dein edles Beyſpiel, mein lieber
Agathon, hat auch dein Freund ſich an einen Über⸗
ſetzungsverſuch gewagt. Wie aber die edelſten Dog—
gen es nur mit Löwen aufnehmen, ſo ward, um
conſequent zu ſeyn, und um eine, meiner nicht un—
würdige Glorie mir zu ſichern, das ſchwerſte Original
aller Sprachen und Zeiträume von meinem Genius
gewählt. Zahlloſe Schwierigkeiten traten, gleich hun—
dertarmigen Koloſſen, mir entgegen. Mein Muth
konnte auf einen Moment zwar erſchüttert, aber Feiz
nesweges gebeugt werden. Wie der Sohn der langen
Wundernacht mit dem Zauber des Giganten Anteus,
rang ich mit Sylbenmaß, Sprache, Wortfügung und
Rhythmus. Ein boher Sieger ſtand ich endlich am
Ziele, gefeyert und geprieſen von den Edelſten im
erren 246 —
Volke, und kühn darf ich nun behaupten, ein der
Mitwelt und Afterwelt unübertreffbares Kunſtideal
im Heiligthume der Muſen aufgeſtellt zu haben. Ich
nehme daher nicht den mindeſten Anſtand, dasſelbe
für den Lieblingsſohn meines Geiſtes zu erklaren,
und ihm, wie der wackere Bürger dem ſeinigen,
das Meiſterſiegel der Vollendung mit eigener vater—
licher Hand auf die Stirn zu drücken. Pe
Das unauflösbare,
allen Ddipen trotzende Räthſel.
Ich hang’ am Kopf’,
Und heiße Zopf;
Nun rathe, Tropf!
wen 2 2 .
CCC —— c ES <SEITSTELLEI<ELEE
Stamm buchsblatt
für per e gun nau s.
—
Laß fünf auch heute g'rade
Wie geſtern ſeyn;
Hemm' in Fortunens Rade
Die Speichen ein;
Steh feſt bey der Blokade
Von Schurkerey'n,
Wie dort am Elbgeſtade
Der Königsſtein:
Sonſt kömmſt du ſonder Gnade
Um dein Latein.
Nie bitt' um Reim und Suade
Des Pindus Neun,
Und laß der Croiſade
Zu ihrem Hain
Und ſeines Quell's Raſade
Sich Andre freu'n;
Selbſt Räthſel und Charade
Sind Kinderey' n.
Bleibſt du ſtocktaub für fade
Klingreimerey'n,
1
— 248 —
Wird auf der Maskerade
Der guten Fey'n
Wie gern! Sheherezade
Dein Liebchen ſeyn!
Bleib treu der Gasconade;
Nur laß dir fein
Von Teniers und Oſtade
Die Farben leih'n.
Vor Amors Bundeslade
Tanz' froh den Reihn,
Bald würde ſonſt Leukade
Sich uns erneu'n;
Zerfließ nicht, wie Pomade,
Im Vollmondsſchein
Beym Schall der Serenade:
„Ich denke dein!“
Laß auf Jeremiade
Und Litaney'n,
Selbſt auf dem rauh'ſten Pfade,
Dich niemahls ein.
Der Lebens-Bambocciade
Dich baß zu freu'n,
Verſcheuch des Quells Najede
Von deinem Wein;
Doch flieh' auch der Mänade
Zechmelodey'n! 5
Im Ganzen bleib Nomade!
Dann wird Gedeih'n
Zur Erdenpromenade
Dir Gott verleih'n;
9 249 3
Dang bringſt du keinem Bade
Sechs Dreyer ein,
Von Lauchſtädts Esplanade
Bis an den Rhein;
Dann wird die Freybrigade
Der Lohnlakay'n,
Von Rom bis Apenrade,
Dir Vivat ſchrey'n,
Und auf beſonntem Pfade
Führt Schwager Hain,
Als Knöchling, ohne Wade,
Mit Sanduhr? Nein!
Ein himmliſcher Alcade
Mit Heil'genſchein
Dich ſpät in's Eldorade
Der Geiſter ein,
Um, reif zum Engelgrade,
Los aller Pein,
Weit, weit vom Flammenbade
Und Qualverein,
Der Siegs-Hallelujade
Choriſt zu ſeyn.
—
essen 290 1
NN Ddr e Nr SSS SS SSS SSC
voife
Schier bis zue Überſchnappung ſtolz
Auf des vermorſchten Stammbaum's Holz,
Und als Strohſiedeldilettant
Im Wochenblatt für Stadt und Land
Des Pindus Don Quixot genannt,
War Junker Veit von Haſenbein
Der Zielpunct aller Witzeley'n,
Vom Oberamtmann bis zum Schreiber,
Vom Pfarrer bis zum Eſeltreiber.
Bald ſah man, zur Geſpenſterzeit,
Durch Dorn und Korn den Junker Veit,
Gleich Hunden, die das Wild verfehlen,
Sich auf des Reimes Fährte quälen,
Bald vor dem großen Hofthorwappen
Im Wonnerauſch nach Athem ſchnappen.
Indeß Jan Hagel das beſcherzte,
Erklürte ein Synodus der Arzte:
Verloren an dieſem Edelmann
Sey Tropfbad, Nieswurz und Trepan.
Dann hoben, wie Wielands Zauberfiſche,
Doctores, an ihrem Berathungstiſche,
Die atzelumdämmerten Häupter empor,
BE 251 .
Und riefen einſtimmig in hellem Chor:
Das iſt, was Vater Hippokrat
Schon ſonnenklar bewieſen hat,
Der incurabelſte der Narren:
Er laborirt am Doppelſparren!
rn 252 u
>>>23 Nr ATI Eee Wurst Au
Lob der Bewegung.
Nach einer däniſchen Handſchrift.
Bewegt ſich nicht alles, was lebt?
Was hoch im Ather ſchwebt?
Was durch die Wälder ſtreicht, a f
Und was an Krücken keucht?
Was durch die Hecken ſchlüpft,
Und an den Teichen hüpft?
Was auf zwey Beinen tanzt?
s ſich auf viere pflanzt?
Was in der Stube ſpatziert,
Und auf dem Wall promenirt?
Vom Elephanten bis zum Biber,
Vom Läufer bis zum Karrenſchieber,
Von der Hofdame bis zur Schnecke,
Marſchirt, was Luft höhlt, feine Strecke.
D'rum ruf' ich, mit freudiger Regung,
Vivat! hoch die Bewegung!
Iſt Mancher, zu Waſſer wie zu Land,
Durch Bewegung auch aus der Welt gerannt;
So hat ſich auch Mancher, mit Kraft r ge:
rüſtet,
Durch Sitzen und Liegen von Grund aus ver—
wüſtet.
vorn 253 1
Dann klopft man, als gält' es zehn tauſend Curen,
An Thüren und Fenſter nach Wundertincturen.
Vergeblicher Norhſchuß! denn Asculap
Neigt ſelten zum Segnen den Schlangenſtab.
Mutter Eva lag weichlich auf Raſen geſtreckt,
Als fie der leibhafte Sey bey uns geneckt.
Wäre ſie nur fein luſtig über Gräben geſprungen,
Oder hätte dem Frühroth entgegengeſungen,
Einen Schleifer getanzt, Schmetterlinge gehaſcht,
Sie hätte fürwahr nicht vom Apfel genaſcht;
Und Klapperbein mit der gräßlichen Hippe,
Blieb ewig ein Fremdling der lüſternen Rippe;
Wir lebten ein Leben, ſammt und ſonders,
Unbetaſtbar den Krallen des Hypochonders;
Auch drückten uns nimmer die Schuldenhöker
Vom Schneidermeiſter und Apotheker. |
Vernehmt es, ihr Brüder! im Zorn ergeh's
über Großvaterſtühl' und Canapee's!
Canapee's zumahl ſind gefährliche Dinger,
Und hätte ſie auch ein magiſcher Finger
eit Blumen und Blärtern gar künſtlich verziert;
Weh' dem, den die Lockung zum Raſten verführt!
Setzen wir d'rum in des Erdwallens Lotto
Den Spruch: Nührt und regt euch! ein, als
Motto!
Und ſo wünſch' ich herzlich den Herren und Frauen,
Zu Roß wie zu Fuß, auf luſtigen Auen
9 254 wen
Das Heil der Bewegung und Begleiter un
Jovial, empfindſam, keck und fo weitern
Die, bey den Wettern, die ſtets uns dräuen ,
icht gleich aus dem Schlummer die Schildwacht
ſchreyen;
Wenn etwa ein Regenguß niederfährt, —
Und Cloacinens Element empört,
Dasıan Füß' und an Falblas geſellig ſich grünt z
Und e wie Franzen, am Unterkleid We 10
Wil einſt Ton Mors mir bie Kehle ver⸗
35 ſchnü ren,
So ruf ih zuletzt, bey; weit offenen Thüren,
Noch, mit doppelt freudiger Regung:
Vivat! in Ewigkeit hoch die Bewegung!
Zumahl, wenn es gilt, in den Weltenkreiſen
Mit Strahlen des Lichts um die Wette zu reiſen,
Durch der Unendlichkeit Regionen,
Und, Jo Triumph! ohne Poſtſtationen!
2
ere 255 7 72
„ 5 s „I CNN LLC CA CCS
. 9
Ideal eines Hauslehrers.
—
In einem Luſtſchloß auf dem Lande
Wird für drey junge Herrn vom Stande,
Des Nahmens großer Ahnen werth,
Ein Lehrer Knall und Fall begehrt.
Für das geſchickteſte Subject
Steht ſchon der Kammertiſch gedeckt.
Zu merken! Der Begehrte ſey
An Seel' und Körper fehlerfrey!
Sehr gut! iſt er ein Vielgereiſter,
Und auch der freyen Künſte Meiſter.
Sind ihm, wie wir im Sprichwort ſagen,
Die Augen größer, wie der Magen,
Das heißt, iſt er ein ſchwacher Eſſer,
Und laſſer Trinker, deſto beſſer!
Franzöſiſch, Griechiſch und Latein
Muß von der feinſten Sorte ſeyn.
Gewurzelt ſteh' er, gleich der Eiche,
In der Gelahrtheit weitem Reiche.
Im Nothfall muß, vor allen Dingen,
Ihm ein galanter Vers gelingen,
Und auf des Forſtfachs grüner Bahn
Hab' er ſich trefflich umgethan.
— 255 —
Daß er mit Flöt' und Violine
In Winterſtunden uns bediene,
Und manchem Schwank von Feen und Rittern,
Das Zwergfell kräftig zu erſchüttern,
dach muthig froh beſtandner Jagd,
Nun das verſteht ſich ungeſagt.
Er ſoll das Kleeblatt unſ'rer Lieben
Im Reiten, Tanzen, Fechten üben.
In jeder arbeitsfreyen Stunde
Ergetz' ihn die Dreſſur der Hunde;
Wer damit waltet nach den Regeln,
Der darf zum Lohn am Sonntag kegeln.
Auch ſey er im Verſchnitt von Haaren
Und im Raſiren wohl erfahren.
Der Jahrgehalt macht funfzig Gulden,
Nebſt Tilgung der Studentenſchulden.
—
n 257 wer
VIIIIIIIIII III > II - ae e e
VBerlodbungsangeige
—
Daß ich beym Italiener Pino,
Auf dem Kraͤhwinkelſchen Caſino, ‘
Nach eines raſchen Walzers Runde,
An Fräulein Adelheid Jucunde
Felicitas von Elſenmoor
Mein unberathnes Herz verlor,
Und, leider, auch ihr Eh'genoß
Zu werden auf ihr Ja beſchloß,
Wird hiermit Freunden, Anverwandten,
Correſpondenten und Bekannten,
Eh's Fama noch umherpoſaunt,
Durch mein Organ in's Ohr geraunt.
Die Braut, ſeit dreyßig Jahren ſchon
Berühmt auf Deutfhlands Helikon
Als Urbild eleganter Sitten,
Laßt ſich das Mitgefühl verbitten.
5
Matth. Werke. 2. B. 8 N
wu 258 W
F. ˙ A DISS <a ce c<e<< SSS CEN
Heir th san ze
— — —
Verdammniß allen Hageſtolzen
In Pluto's Pech- und Schwefelgluth!
Mit hundert ſcharfgeſpitzten Bolzen
Zerfleiſche ſie Cupido's Wuth!
Ha! welch ein götterwerthes Hymen
Vollzogen wir zu Halberſtadt!
Nun muß der Weg ſich ſtets beblümen,
Selbſt wenn des Lebens Winter naht,
Das Firmament hängt uns voll Geigen,
Die Freude ſchwingt den goldnen Stab,
Und Millionen Engel ſteigen
Die Jacobsleiter auf und ab.
Noch haben (perlt, o Wonnezahren!) 5
Groll, Zwieſpalt, Eiferſucht und Neid
Die reinſte Melodie der Sphären
Durch keine Diſſonanz entweiht!
Und doch, man wol’ es tief erwägen,
Sind vier und zwanzig Stunden ſchon,
Seit uns der prieſterliche Segen
In's Ehſtandsjoch geſpannt, entflohn!
Dieß thun den Städten und den Städtchen,
Vom Harzgebirge bis zum Sund,
In größter Eil' durch's Wochenblättchen
Wir aus dem dritten Himmel kund.
e 259 r
c rr
Entbin dungs anzeige.
Mein vielgeliebtes Weib gebar
Mir ein geſundes Zwillingspaar-
Entrufen einem Hochzeitſchmauſe,
Begann ſogleich der Arzt vom Haufe,
(Ein ſcharf betonter Wiederhall
Des hochberühmten Doctors Gall),
Den Hirn-, vielmehr Gedankenkaſten
Der Neugebornen zu betaſten.
Er ſprach: Schlecht ſteht's mit den Organen!
Dem Einen, täuſcht mich nicht mein Ahnen,
Wird einſt, bey federleichtem Schweben,
Das Haar der Galgenzephyr heben.
Des Raub's Organ iſt unverkennbar,
Und ſo das Reſultat auch nennbar.
Vom Andern, dieß erſcheint noch klarer,
Weil hochverpönte Pſeudothaler
Er widermünzlich prägen wird,
Erblick' ich auch den Hals verſchnürt.
Was kann ich armer Vater nun
Bey ſolcher Prophezeyung thun,
Als die verſchwaͤrzten Kinderſeelen
Dem Himmelreiche zu befehlen?
ern 260 wm
O daß der Tod noch heute käme,
Und freundlich in den Arm fie nahme!
Dann ſchwebten aus dem Ihranenthafe
Sie ſtracks empor zum Jubelſaale,
Wo man in eignem Gut nur webt,
Und folglich nicht nach fremdem ſtrebt;
Wo man kein Geld im Beutel trägt,
Und folglich auch kein falſches prägt;
Dort iind fie Cherubsfahnenſchwenker,
Und hier höhlt einſt fie doch der Henker!
mes 901 *.
F rr
Porträt eines Hundes.
Ein brauner Mops hat ſich verlaufen,
Der, ſchon ſeit Jahren krank und matt,
Nicht aufſtand von der Lagerſtatt;
Sein ängſtliches Geſchnarch und Schnaufen
Verkündigt euch auf hundert Schritte,
Daß er den Herrn verloren hat.
Ihn unverkennbar macht ein Schwind
Auf ſeines Rückens kahler Mitte;
Auch iſt ſein rechtes Auge blind.
Der einen Hinterpfote Knochen
Hat ihm ein Hausfeind morſch zerbrochen,
So daß durch's Leben, voll Verdruß,
Dreybeinig er ſich ſchleppen muß.
Der Schweif, einſt in ein Thor verkeilt,
Iſt in drey Glieder abgetheilt.
An Vorderzähnen ſind nur ſieben
Dem armen Thier noch übrig blieben.
Der Finder rufe: Monbrjoux!
Allons! nur dem Verlaufnen zu,
na 202 —
Und zwar mit etwas Ungeſtüm,
So folgt er frank und willig ihm.
Dem, welcher dieſen treuen Hund
Uns wiederbringt friſch und geſund,
Reicht man bey Aaron Moſes bar
Zwölf Gulden zur Belohnung dar,
n merk unge n.
ei h a Frets a EN anni!
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PIIIIIIIIIIPIIIIID> I pe CCC S SSS CA e
m iin ee th a .
Das Livinerthal, an der Südſeite des St. Bott: ”
hardsberges, welches bey dem Dorfe Polleggio endet, ge—
hört, wegen ſeiner romantiſchen Felſenanſichten, herr—
lichen Bäume, reichen Waſſerfälle und kräftigen Vege—
tation, zu den reitzendſten Bergthälern der Welt, und
wird daher mit Recht als eine der vorzüglichſten Schulen
für den Landſchaftsmahler betrachtet.
Lugano.
Bey dieſer, im italieniſchen Helvetien, am Ufer des
davon benannten Sees gelegenen Stadt, können die
über den St. Gotthardspaß nach Latium wallfahrtenden
Pilger ſich zuerſt mit dem Zurufe begrüßen: Italien!
Denn hier beginnt die Phyſiognomik der die Südländer
charakteriſirenden Gewächſe.
Die nordiſche Sappho. Friederike Brun,
geb. Münrer, welche der Verfaſſer, mit dem gemein-
ſchaftlichen Freunde von Bonſtetten, hier auf ſeiner
Durchreiſe mach Italien, unerwartet wieder antraf.
Villa Pliniana.
Hier bewohnte der jüngere Plinius, deſſen Vater
ſtadt Como war, ein anſpruchloſes, aber durch die um—
gebende Landſchaft reitzendes Landhaus. An einem Fel—
ſenabhange ſteht jetzt ein modernes Gebäude, welches
den Nahmen Villapliniana führt. Waſſerreiche Bä—
che ſtürzen ſich auf deyden Seiten in Katarakten herab.
Aber eine ſeltene Laune der Natur umfaßt das Gebäude
„ 266 —
ſelbſt. In feiner Witte iſt ein Waſſerbehaͤlter. Die Quelle,
welche ihn füllt, fließt periodiſch, und ſteigt und fällt
nach beſtimmten Geſetzen. Zu einer genauern Beobach—
tung dieſer Fluth und Ebbe iſt ein Maßſtab angebracht.
In der Mauer der Halle findet man die auf dieſe inter—
mittirende Quelle Bezug habenden Worte aus einem
Briefe des Plinius an feinen Freund Licinius mit gol-⸗
denen Lettern eingegraben: Fons oritur in monte, per
st xa decurrit, excipitur cvenatiuncula manu facta: ibi
paululum retentus in Larium laeum decidit. Hujus mira
natura: ter in die statis auctibus ac diminutionibus
erescit decrescitque. Cernitur id palam, et cum summa
voluptate deprebenditur. Juxta recumbis et vesceris;
atque etiam ex ipso fonte (nam est frigidissimus) potas;
interim ille certis dimensisque momentis vel subtrahitur,
vel assurgit. Si diutius ubserves, utrumque iterum ac
tertio videas.
Plin. Ep. L. IV. 30.
Petrarchs Virgil in Mailand.
Dieſer berühmte Codex, welcher Anmerkungen von
Petrarchs Handſchrift und die kurze Geſchichte der erſten
Erblickung der ſchönen Laura, als Inſcription vor dem
Titelblatte, enthält, iſt, als eine der erſten Seltenhei—
ten der ambroſianiſchen Bibliothek zu Mailand, nach
Paris übergegangen.
Der Herbſtabend.
Wenn er, ſelbſt in morſcher Barke. Das
Bild it von einem Gemählde Vernets entlehnt, auf
welchem der Steuermann eines ſchon ſinkenden Schiffes,
immer noch mit ungebeugtem Muthe, das ihm anver—
traute Steuerruder feſt hält.
Ti bur.
Dir venuſiſcher Schwan. Anfpielung auf Ho⸗
razens zwanzigſte Ode im zweyten Buche, wo der Dich—
wu 267 921.
ter, in einen Schwan verwandelt, über den Erdball
hinſchwebt und ſich feine künftige Unſterblichkeit weiſſagt,
Venuſium war ſein Geburtsort.
Angelika.
Angelika Kauffmann ward zu Schwarzen⸗
berg, einem Dörfchen im Walde von Bregenz, gebo—
ren. Dort ſteht noch ihr Familienhaus. Man nannte fie
Angelika, nach einer Kloſterfrau von Salis-See⸗
wis, ihrer Mutter Freundinn, und ihrer Taufpathe.
Ihr Vater war Mahler, und verfertigte fromme Vilder
für die Klöſter, und Altarblätter für die kleinen Kirchen
der Lombardey. Frühe käm ſie aus dem Alpenthale weg,
von dem aber für immer ſüße Bilder der Ruhe und Un—
ſchuld ihr in Geiſt und Herz blieben. Oft begleitete ſie
den Vater auf ſeinen Gewerbreiſen in Oberitalien. Zu—
erſt offenbarte ſich ihr Kunſtgenie, als ſie ſo große Mühe
hatte, die Buchſtaben und Zahlen aus der Kinderfibel
zu lernen, und man dagegen Naſen, Ohren und Ge—
ſichtsprofile, welche dieſes Elementarbuch Nürnbergs
zierten, auf dem häuslichen Schiefertiſche in hundert Co—
pien wiederfand. Die guten Altern verſtanden den Wink
der Natur, und Angelika zeichnete früh unter der vä—
terlichen Leitung. Einſt nahm ihr Vater ſie mit nach
Mailand. Noch in den Spätjahren des Lebens glänzten
ihre Augen wie vom Wiederſcheine des Morgenroths,
das damahls in ihrer jungen Seele aufging, als ſie nun
eine heilige Familie von Raphael, und das Abendmahl
von Leonardo da Vin ei erblickte. Jetzt hatten die
verworrenen Bilder ihrer Phantaſie Leben, und die Wün—
ſche ihrer Bruſt ein Ziel erhalten! Oftmahls kehrte fie.
auf ihren vielen Reiſen, über die Alpen für Wochen und
Monathe in das väterliche Thal zurück. Traurig war ſie,
erfahren zu haben, daß nun ein Wagenweg nach Schwar—
zenberg gehe, ſtatt des engen Fußpfades: „Wenn nur
— 268 —
nicht Unſchuld und Treue nun auch geſchwind zum Lande
hinausfahren!“ ſeufzte fie herzlich.
Im Jahre 1796 wurde mir zu Rom einige Mahle
das Vergnügen zu Theil, der verewigten Angelika
Kauffmann, während ſie vor der Staffeley arbeitete,
aus deutſchen Dichtern vorzuleſen Immer horchte ſie,
an der Themſe, wie an der Tiber, den Geſängen der
vaterländiſchen Muſe mit Wohlgefallen.
Eines Vormittags hörte ſie, mit hohem Intereſſe,
einige lyriſche Stücke von Schiller, mahlte aber da—
bey mit ruhiger Beſonnenheit fort Auf dieſe folgte eine
der reichſten, originellſten und genievollſten poetiſchen
Compoſitionen, die mir in unſerer Sprache bekannt ſind:
Der Wanderer von Göthe. Mein ahnender Sinn hatte
mich nicht getäuſcht. Der Eindruck, den dieſe echtgrie⸗
chiſche Antike in ihrem zartfühlenden Gemüthe hervor—
brachte, war ſo mächtig, daß fie plötzlich den Pinſel nie:
derlegte, und mit einem wunderbar concentrirten Aus—
drucke der Stimme um eine zweyte Lectüre bath. Das
ganze Weſen der ſtillen, veſtalenhaften, in ſich gewand—
ten Angelika ward, wie durch einen gewaltigen elek—
triſchen Schlag, erhöht und erſchüttert Thränen füllten
ihr ſeelenvolles Auge Ihr Schweigen war das Schwei—
gen einer begeiſterten Muſe. Endlich brach ſie mit ſchö—
nem Enthufiasmus in die Worte aus: „Welche Gluth
der Empfindung! Welch ein Zauber des Colorits! Welch
eine Tiefe des Kunſtſinns! O die Scene, wo der Wan⸗
derer das Kind auf den Armen wiegt, und die junge
Frau mit der Trinkſchale vom Brunnen zurückkommt,
will ich verſuchen darzuſtellen! Sie ſteht ſo lebendig vor
mir da, daß es von meiner Seite nichts weiter bedarf,
als einer treuen Copie“ Zwey Tage nach dieſem Beſuche
in Angelika's Arbeitszimmer verließ ich Rom. Kurz
nachher wälzte der Krieg ſich immer weiter über Italien
fort. Ein langer Winterſchlaf der Kunſt folgte dieſer ver⸗
— 269 —
hängnißvollen Epoche. Hat die von den Stürmen der
Zeitbegebenheiten hart bedrängte Künſtlerinn ihre, in Abs
ſicht auf das Gemählde nach Gothe, ſich ſelbſt fo feyer—
lich gethane Zuſage erfüllen können, oder nicht? Dieſe
Frage, fo oft ich fie ſchriftlich und mündlich ſeitdem auch
wiederhohlte blieb noch immer ohne befriedigende Ant—
wort. Mußte Angelika, wie leider die Wahrſcheinlich—
keit befürchten läßt, es alſo bloß bey der idealiſchen Em—
pfängniß bewenden laſſen, ſo hätten wir allerdings ein
in jeder Hinſicht vortreffliches Bild zu betrauern; denn
ſchwerlich wurde wohl jemahls ein Süjet mit fo glühen—
der Liebe von ihrem Genius ergriffen, wie dieſes.
Raphaels, Verklärung.
Raphael ſtarb kurz nach der Vollendung dieſes
ſeines gefeyerteſten Gemähldes, im Jahre 1520,
Der Lorber an Virgils Grabe.
An einer kleinen Kluft, auf der reitzenden Höhe von
Poſilippo, unweit Neapel, ſteht das antike Gemäuer,
Virgils Grab genannt. Anmuthig uinſchattet iſt das
Plätzchen, wo der Dichter vielleicht lebend oft verweilte,
wenn auch gleich dieſes Monument ſeine Aſche nicht birgt.
Den Lorber auf dem Gemäuer ſucht man eben fo vers
geblich, wie zu Päſtum die Roſen. Auch keine Spur neu:
aufkeimender Sprößlinge iſt unter dem Geranke der
Bromberen und des wilden Weinſtockes zu entdecken.
Hamiltons Vaſen.
Die Seele Hamiltons hing in den ſpäteren Le—
bensjahren mit eben der Leidenſchaft an dieſen ſchönen
und geheimnißvollen Phantaſiebildern der Vorwelt, als
in den früheren an den Ausbrüchen des Veſuvs. Seine
Sammlung altgriechiſcher Vaſen, jetzt größten Theils
nach London verſetzt, galt für eine der erſten in der Welt.
II EN 2 7 0 *
Wilhelm Tiſchbeins Umriſſe derſelben ſind keinem
Kunſtfreunde unbekannt, oder ſollten es zum wenigſten
nicht ſeyn. Dieſer gelehrte Kunſtler erklärt die Figuren
auf den meiſten dieſer Gefäße, in Abſicht auf Richtigkeit
und Leichtigkeit der Zeichnung, für unübertrefflich, und
jedem Copiſten (Trotz der geübteſten Meiſterhand) für
unerreichbar.
Plä ſſt u m.
Dieſe altgriechiſche Colonie führte auch den Nah—
men Poſeidonia, weil Neptun daſelbſt vorzüglich
verehrt wurde. Von ihren merkwürdigen Reſten zeichnete
ein junger Mahler zu Neapel, gebürtig aus dem beuach—
barten Flecken Capaccio, um das Jahr 1752 etwas ab,
und zeigte es ſeinem Meiſter. Einige Engländer ſahen
dieſe Entwürſe und wurden dadurch begierig, den Ort
ſelbſt zu beſuchen. Von der Zeit an wurden die Neapo—
litaner, von denen die wenigſten bisher die Überbleibſel
einer ganzen Stadt in ſolcher Nähe geahnet hatten, auf-
merkſam. Der Graf Gazoles that eine Reiſe dapin,
und ließ alles genau abzeichnen, um ein eignes Werk
darüber zu ſchreiben.
Man unterſcheidet noch deutlich die in's Gevierte
gezogenen Ringmauern, nebſt den Stadtthoren. Sie
ſind aus großen Quadern, die nach der auswendigen
Seite wie Diamanten zugefpigt find, ohne Mörtel zu:
ſammengeſetzt. Innerhalb erheben ſich zwey Tempel und
ein öffentliches Gebäude, welches die meiſten Antiquare
für eine Baſilika, und de wenigſten für ein Gymnaſium
halten. Außer dem Paatheon zu Rom trifft man keine
Gebäude aus dem Altertyume von ſo vollſtändiger Er—
haltung an. An einem Tempel ſind noch beyde Giebel
völlig erhalten. Alle drer Monumente haben einen Säu—
lengang rings umher. Man zählt an beyden Tempeln
gegen Weſten und Oſten ſechs Säulen, gegen Süden
und Norden an dem einen vierzehn, und an dem andern
dreyzehn, die beyden Eckſäulen mitgerechnet. Das us
nere der Tempel iſt, nach antiker Üblichkeit, von einer
Mauer umgeben. Alle Säulen ſind doriſcher Ordnung
und kannelirt, jedoch ohne Baſe.
An den drey Gebäuden iſt der obere Theil des Ge—
bälkes, nähmlich der Carnieß, weggelaſſen; und weil
fie die älteſten architectonifchen, Denkmähler doriſcher
Ordnung ſind, ſo bemerkt man, daß die Triglyphen und
Metopen nicht nach der Art, wie man in der Folge ſie
ausbildete, angebracht wurden.
Mitten in den Ringmauern der Stadt liegt das Am—
phitheater, wovon noch zehen Reihen Sitze und die dar—
unter beſindlichen Gewölbe ſich aufrecht erhalten haben.
Hier wo der Asphodell nun. (Asphodelus
ramosus. L.) Dieſe Blume, welche ſehr häufig in der
Gegend um Päſtum angetroffen wird, verbreitet einen
unbeſchreiblich widrigen Geruch.
as fir nere
Parthenope. Neapel. Die pofeidoni:
Then Tempel. Die Monumente von Päfium.
Am blanduſiſchen Quell. Ein Quell in der
Nähe von Horazens Villa im ſabiniſchen Haine
Hora t. Od, 13. lib. 3
Strophen, dem Geburtsfeſte eines deut—
ſchen Prinzen geweiht.
Georgium. Der fogen zunte Georgengarten bey
Deſſau. Meine kleine hier davon gelieferte Zeichnung
eignet ſich übrigens kaum zur Vignette für die muſter—
hafte Beſchreibung dieſer ſchönen Kunſtlandſchaft durch
meinen Freund Auguſt von Rode.
6 272 won
Sehnſucht nad Rom.
Philoktet. Des Poas Sohn, und ein Freund
des Hereules. Auf ſeinem Zuge gegen Troja ward er,
auf der Inſel Lemnos, durch den Biß einer Natter am
Fuße verwundet, und dieſe traurige Einöde blieb fein
Aufenthalt, bis er wieder hergeſtellt wer.
Eos. Der griechiſche Nahme der Kurora.
Borgheſes Paradies. Die Villa Borg⸗
heſe behauptet unter allen römiſchen Villen unſtreitig
den erſten Rang, theils wegen ihres reichen Kunſtſcha—
tzes, theils wegen des wahrhaft großen und edlen Ge—
ſchmacks in ihren Park- und Gartenvartien.
Der Lorberwald von Medicis. Ein Abend⸗
ſpatziergang in der an Lorberbäumen vorzüglich reichen
Villa Medieis, gehört zu den angenehmſten, die
man in Rom zu dieſer Tageszeit machen kann, weil
nicht nur die Stadt, fondern auch ein grofler Theil der
umliegenden Gegend, beym Untergang der Sonne, von
hier aus in der vortheilhafteſten und prachtvollſten Be—
leuchtung erſcheint
Pamphilis Anemonenflur. In der Villa
Pamphili, vor der Porta die S. Pancrazio, gewährt
die unglaubliche Menge weißer, violetter und ſcharlach—
rother Anemonen, welche auf einer anſehnlichen, von
majeſtätiſchen Pinjen eingeſchloſſenen Wieſenfläche, ſchon
in den erſten Tagen des Märzmonaths u} einen
ſehr reitzenden Anblick.
Anthuſa. Das alte Rom hatte einige geheime
Nahmen, um, bey etwaiger Entweibung feiner eigent—
lichen, unter dieſen dem Schutze der Götter empfohlen
werden zu konnen. Einer davon hieß AvYovoz, die Blüte
hende.
Siegesbogen Die Triumphbogen des Titus,
Septimius, Severus und Gonjtantinus.
nun 2 7 3 7 7
Obelisken. Antiken am Nil der Vor—
welt Pilgern ſchon Die Vorſtellung, daß dieſe my—
ſtiſchen Säulen fhon zu einer Zeit, die für uns graues
Alterthum iſt, als Neſte des grauen Alterthums vom
Fremdlinge aufgeſucht und betrachtet wurden, macht ih—
ren Anblick noch impoſanter und ehrwuürdiger Vor bey:
nahe zwey tauſend Jahren erklärte ein Prieſter zu The—
ben in Agypten dem reiſenden Germanicus die Hiero—
glyphenſchrift eines uralten Obelisken. „Germanicus be—
fab” , erzählt Tacitus im zweyten Buche feiner Annalen,
»die wichtigen Reſte des alten Thebens, und wirklich
war noch ägyptiſche Schrift an den Obelisken zu ſehen,
die von ehemahliger Größe zeugte. Einer der älteſten
Prieſter mußte die Landesſprache dolmetſchen.“
Coliſeum. Das unter dieſem Nahmen bekannte
Amphitheater Vespaſians würde noch unverſehrt da ſte—
hen, wenn nicht ein beträchtlicher Theil desſelben, zu—
erſt durch barbariſche Völker, und hierauf durch barba—
riſche Päpſte wäre zertrümmert worden. Unter den Letz—
teren hat Paul III. am unerbittlichſten gegen dieſes er—
habene Monument gewüthet, indem er den ungeheuern
Farneſiſchen Pallaſt einzig von Steinen des Coliſeums
erbauen ließ. Auch zum Pallaſte von St. Marco und
der Cancellaria mußte es die Materialien liefern.
Forum. Dieſer Mittelpunct der ehemahligen Welt:
beherrſchung, wo das römiſche Volk ſeine Verſammlun—
gen, und Cicero ſeine unſterblichen Neden hielt, heißt
jetzt Campo Vaceino, und bleibt, noch in feiner Vers
ſunkenheit, für den fühlenden Geſchichts- und Alter—
thumskenner die merkwürdigſte Stelle des Erdbodens.
In einem unbeträchtlichen Raume finden ſich hier eine
Menge von architectoniſchen Denkmählern vereinigt, die
der ergänzenden Einbildungskraft einen Genuß gewähren,
wovon nur diejenigen ſich einen Begriff machen können,
—
Matth. Werks, 2 V. : 2
res 2 7 4 *
welche jemahls, den Livius oder Tacitus in der Hand,
dieſen heiligen Boden betreten haben.
Arethuſa. Eine durch mehrere Dichter des Alter—
thums berühmte Quelle bey Syrakus, die jetzt aber größ—
ten Theils verſchüttet iſt. l
S. Ovid, Metam. V. 574 641.
Nemeſis Sie beugte den Nacken des Übermüthi—
gen und Stolzen, verfolgte mit unerbittlicher Strenge
den Verbrecher und Frevler, und erhob den edlen Unter—
drückten aus dem Staube. Sie wird meiſtens mit einem
Zaume oder einem Längen maße in den Händen abge—
bildet.
Der Mordwuth Rotte. Die Verſchwörung
des Catilina.
Hymettus. Ein Berg im attifhen Gebiethe,
welcher Thymian und andere Bienenkräuter in großer
Menge hervorbrachte, und deſſen Honig für den vorzüg—
lichſten in der Welt gehalten wurde.
Dich, deſſen Qual. Die Gruppe des Laokoon.
Dieß iſt das Werk, welches, wie Plinius ſagt, allen
Statuen und Gemählden des Alterthums vorzuziehen iſt;
und es gibt kein auf uns gekommenes antikes Denkmahl
der Bildhauerey, welches ſo große Kenntniſſe des Künſt—
lers vorausſetzte, als dieſes.
Ugolino. Der Hungertod Ugolino's und feiner
Söhne iſt durch Dante's Erzählung (Inferno. Canto
33.), Gerſtenbergs Trauerſpiel, und den dieſe gräß—
liche Scene darſtellenden Kupferſtich nach Reynolds, hin—
reichend bekannt. In Piſa hat ſich das Andenken dieſer
Begebenheit noch durch Überlieferung erhalten; aber die
Stelle des Hungerthurms weiß Niemand mehr mit Zu—
verläſſigkeit anzugeben.
Euch, quirinaliſche Koloſſe. Die koloſſali—
ſchen Statuen der beyden Roſſebändiger, die nach der
Meinung der meiſten Antiquare den Kaſtor und Pollux
vorſtellen. Sie ſtanden ehemahls am Eingange des Ha—
fens von Alexandrien, von wo Kaiſer Conſtantin fie
nach Rom bringen und in feinen Thermen aufſtellen ließ,
aus deren Schutte ſie hervorgezogen wurden.
Dich, Torſo. Der Rumpf des Hercules, den
Michael Angelo für das größte Meiſterwerk der alten
Kunſt hielt. Die Hauptvortrefflichkeit desſelben beſteht
in der weichen, beſtimmten und fließenden Muskulatur,
und ganz beſonders in der Feinheit und Leichtigkeit der
Übergänge der Muskeln.
Dich, Sonnengott im Belvedere. Der
vatikaniſche Apoll, das höchſte Ideal himmliſcher, über
die Natur erhabener Schönheit. Dieſe Statue ward aus
Griechenland, wahrſcheinlich durch den Nero, nach An—
tium, dem heutigen Nettuno, gebracht, wo man fie
vor etwa dreyhundert Jahren wieder ausgrub.
Die ernfte Pyramide Die Pyramide des Ca:
jus Ceſtius, bey welcher die in Rom ſterbenden Prote—
ſtanten begraben werden.
Scherbenberg. Dieſer Hügel, der im alten Rom
Mons testaceus (Scherbenberg) hieß, hat eine Höhe von
etwa hundert und funfzig Fuß, und iſt aus den nach und
nach auf einer Stelle zuſammengeworfenen Scherben der
Töpferöfen entſtanden, die ſchon zu Tarquins des Altes
ren Zeiten in dieſer Gegend waren. Die heutigen Ro:
mer nennen ihn Monte testaccio und haben Weinkeller
darin angelegt, welche ſich durch ihre außerordentliche
Kühle vor allen übrigen auszeichnen.
Veſta's Tempelrunde. Der Tempel der Veſta
zu Tivoli, dem ehemahligen Tibur. Er ſteht im Garten
des Wirthshauſes, auf einem Felſen, an deſſen Fuße
der Teverone vorbeyrauſcht. Die meiſten Reiſenden hal—
ten ihre Mahlzeiten darin.
a 2
Ü
Dem Katarakt. Der Teverone ftürzt fih nicht
weit vom Tempel der Veſta, aus einer Höhe von drey—
ßig Ellen, durch die berühmte Neptunsgrotte, in das
enge, darunter liegende Felſenthal. Diefer Fluß hieß
bey den Alten Anio. Brutus, Caſſius, Varus, Mä—
cenas, Properz und Quintilian hatten Landhäuſer in
dieſer Gegend, für welche aber Niemand eine entſchiedene
Vorliebe gehabt zu haben ſcheint, als Horaz, der hier
ſein Leben zu beſchließen wünſchte, und dem kein Win—
kel der Erde freundlicher lachte.
Quam domus Albuneae resonantis,
Et praeceps Anio et Tiburni lucus et uda
Mobilibus pomaria rivis,
Od. VII. Iib. 1.
Tibur Argeo positum colono,
Sit meae sedes uiinam senectae;
Sıt modus lasso maris et viarum
Militiaeque,
Od. VI. lib. 2.
Alban os Berg. Auf dem albaniſchen Berge,
(Mons albanus, jetzt Monte cavo) lag der, unter dem
zweyten Tarquin erbaute Tempel des Japiter latialis,
von deſſen Ringmauer ſich noch ein Theil erhalten hat.
Hier opferten die triumphirenden Feldherren einige Tage
nach dem capitoliniſchen Opfer, und hier feyerte man in
älteren Zeiten die Feſte des lateiniſchen Bundes. Von
dem gepflaſterten Wege, welcher zum Tempel führte,
ſieht man noch anſehnliche Reſte, die zu den ſchönſten
Fragmenten antiker Straßen gehören. Die Ausſicht vom
Gipfel des Berges vereinigt fo viele große und anzie—
hende Gegenſtände, daß kein Neiſender Italien verlaſ—
fen ſollte, phne den Monte cavo beftiegen zu haben.
Gregor und Alexander. Wenige Päpſte ba:
*
re A ee
ben unſtreitig den Mißbrauch der hierarchiſchen Gewalt
weiter getrieben, als Gregor VII und Alexander VI.
Palatin. Rom begann mit der Bebauung des pa—
latiniſchen Hügels, in deſſen Nähe nachher die ſchönſten
und größten Denkmähler der Baukunſt entſtanden.
Mark: Aurel Die Ritterſtatue dieſes Kaiſers,
auf dem Platze des Capitols, iſt unter den wenigen an—
tiken Kunſtwerken in Bronze, die der Zerſtörung ent—
gangen ſind, das vollkommenſte.
Gemählde der Zeit.
Erſcheint kein Cherub Dem Dichter ſchweb—
ten bey dieſer Strophe die Figuren von Raphaels
Engeln im vaticaniſchen Pallaſte vor, die den Heliodor
aus dem Tempel treiben, und zu dem Vollkommenſten
gehören, was die Mahlerey hervorgebracht hat.
Und Ariſtide gleich Verworfnen einzu:
kerkern. Ariſtides, mit dem Ehrennahmen der Ge—
rechte, war einer der unbeſcholtenſten und redlichſten
Patrioten im alten Athen.
Von Irlands Rieſendamm. Der Rieſen—
damm (Giant's Causeway) an der Küſte von Antrim in
Irland, beſteht, gleich der Fingalsgrotte, aus unge—
heuern, durch die Hand der Natur zuſammengefügten
Baſaltſäulen. e
Katakomben, unterirdiſche Gänge mit weitläuf—
tigen Seitenkammern und Irrwegen nach allen Rich—
tungen, ſinden ſich noch jetzt in Agypten ſowohl aus den
früheſten Zeiten der Pharaone, als aus den Zeiten der
Ptolomäer in der Nekropolis bey Alexandrien in Sici—
lien, ſowohl aus den Zeiten der griechiſchen Coloniſa—
tion bei Syrakus, als aus dem Zeitalter der Sarace—
nen, in Etrurien aus ſehr frühen Zeiten, als das Ver—
brennen der Todten dort noch nicht eingeführt war, und
ws 2 7 8 ua
wieder aus ſehr fpäten, und endlich, in Verſchlingun—
gen und Windungen, die vielleicht bis nach Oſtia gehen,
in Roms Umgegend. Dieß alles wird durch das neue,
ſeit vierzig Jahren vorbereitete, und nun in Paris er—
ſchienene Werk des ehrwürdigen Greiſes Seroux
d'Agincourt (Histoire de Part par les monumens de-
puis sa decadence au 4. siecle jusqu'à son renouvelle-
ment au 16 par Seroux d’Agincourt, Paris 1810) in licht-
vollen Überſichten uns dargeſtellt. Herr Artaud lie—
ferte zu gleicher Zeit über die Katakomben von Rom ein
durch Mannigfaltigkeit des Inhalts und Leichtigkeit
des Vortrags im nähmlichen Grade anziehendes Werk:
Voyage dans les Catacombes de Rome, par un membre
de Académie de Cortone. Paris 1810.
Parthenope. Der äliefte Nahme der Stadt
Neapel.
Tiburs Hügel. Einige der ſchönſten Oden des
Q. Horatius Flaccus athmen ſeine ſchwärmeriſche
Vorliebe für Tibur, welche ſelbſt noch durch das heutige
Tivoli gerechtfertiget wird, wiewohl die Zeit von den
Denkmählern der altrömiſchen Herrlichkeit nur Schutt
und Ruinen übrig ließ.
Im Schirm des Brotbaums und der Ko—
kuspalme. Viele Leſer denken ſich hier gewiß mit
dem Dichter die Inſel Otahiti, wo wir, wie Wie—
land ſagt, mit Recht ſo erſtaunt ſind, unſere Lieblings—
träume von arkadiſcher Unſchuld, Einfalt, Ruhe und
kummerfreyem Wohlleben eines Volkes, das in ewiger,
unbeſorgter, lieblicher Kindheit am Buſen der Natur
hängt, realiſirt zu ſehen.
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Man vergeſſe nicht, daß die Entſtehung dieſes Ge—
dichts in das für die Schweitz ſo verderbliche Jahr 1799
sera 2 79 C
fällt. Damahls konnte Niemand die Erfüllung der am
Ende vorkommenden Weiſſagung unwahrſcheinlich fin—
den, welches jetzt glücklicher Weiſe wieder der Fall ſeyn
kann.
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Dich auf Alraunbeeten. Die Rockenphiloſo—
phie ſchreibt der Wurzel des Alrauns (Atropa mandragora
L.) ganz beſondere magiſche Kräfte zu.
Opfer geſan g.
Zu Franzens Opferfeſt. Leopold Fried:
rich Franz, älteſter regierender Herzog und Fürſt
zu Anhalt-Deſſau.
Agnes und Erdmannsdorff. Agnes, die
Schweſter, und Erdmannsdorff, der Jugendfreund
des Herzogs, waren, einige Monathe zuvor, nicht lange
nach einander, geſtorben. Die Biographie Erdmanns—
dorffs, vom trefflichen Verdeutſcher des Vitruv, muß
jedem Freunde des Guten und Schönen willkommen
ſeyn.
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PT Matthisson, Friedrich von
2428 Sammtliche Werke
M6A1
1814
Bd.2