Skip to main content

Full text of "Sohms Kirchenrecht und der Streit über das Verhältnis von Recht und Kirche"

See other formats


This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project 
to make the world's books discoverable online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the 
publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying. 

We also ask that you: 

+ Make non-commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these flies for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine 
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner 
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe. 

About Google Book Search 

Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers 
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web 



at jhttp : //books . qooqle . com/ 




Über dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 

Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nutzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 

Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google -Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen. 



Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : //books . google . com durchsuchen. 




■iJlinJUIfiltllrlJTOÄ 

3 2044 103 219 91 



1 



B11SCHL» 
' 80HMS KIRCH2BBBCHT 
X895 



1 

Gee 

W 
Sortis 


HARVARD 

| IXY 



i 



y 






Der fyejolpgifxtjen Äunferenj ?u ©ie^en 

gehalten am 18. Sunt 1895 
(Vin.goI 8 e). 




l&ojSitts 1fat$ettir£$f 



unb 



ber Streit über bas Der^alims um Hcdjt unb ßirdje 



Don 



D. ffot* Wföfe 

^rofeffor ber SfjeofoQie an ber Uuiöerfität ©iefjeti. 




Riegen 

% Sticfer'fdje 95udjf)ant>lun,9 
1895. 



ftjcriag kr X Ifcufrer'fdjfli ßtt#anMttng m ((Miefen. 

Baur, G. A. L., Grandzüge der Erziehungslehre. 4. Aufl. 8°. 
(XIX u. 417 S.) 1887. broch. M. 6.— 

geb. i. Calico M. 7.20 

— Geschichte der alttestamentlichen Weissagung, I. Theil. 
Die Vorgeschichte der alttestamentlichen Weissagung, 
(X u. 420 S.) 80. 1861. M. 7.— 

— Sechs Tabellen über die Geschichte des israelit. Volkes, 
von. den ältesten Zeiten bis auf die Erbauung der Aelia 
Capitolina. Fol. 1848. M. 1.50 

Budde. K., Die biblische Urgeschichte (Gen. 1—12,5) unter- 
sucht. Anhang: die älteste Gestalt der biblischen Ur- 
geschichte, versuchsweise wiederhergestellt, hebräischer 
Text u. Uebersetzung. (IX u. 589 S.) 8°. 1888. M. 14.— 

— Die Bücher Richter und Samuel, ihre Quellen und ihr 
Aufbau. (Vn u. 276 S.) 8°. 1890, M. 7.50 

9ie9f, 3*., (gffi&ntng öott ^folrn 47. föne BibHfd)-t$eologif$e 
Unterfttd>nng. gt. 8°. (48 @.) 1894. SR. 1.— 

$ttfer, £., %tx tltint $tatt$Ümu* £utl)er$ mit beigefügten §ef» 
fifdjen gragefrücfen, nebft einem ©prndjbnd) nnb eintm &brif$ 
ber ßirdjengefd)id>te. [161—165 £auf«nb.] 8°. (88 @.) 
1895. geb. 2R. —.50 

— öffnbbud) $um flehten £ated)i$mu3 Sutljer* für Setter in 
@$ule nnb JHrdje. dritte gän$lidj umgearbeitete Auflage. 
8«. (Vni n. 338 @.) 1888. brod>. ER. 4.— 

geb. 3». 4.60 

$*#(<$!*&> ?., $ie ©lattben$ein$ett ber (EöangeKfd&en gegenüber 

SRom. Referat bei ber grof$. ljeff. SanbeSfcetfammlung be3 

©battgclif t&en önnbeg in gfrantfurt a. 9R. am 15. SRot>. 1887. 

(25 8.) 8 Ö . 1888. 3». —.40 

— Sutljer als Äated&et. SBottrag, gehalten in ber oberljeffifdjen 
«Paftoralfonferenj am 14. «uguft 1883. (42 6.) 8°. 1883. 

SR. —.60 

<Äa6idji, &., MlfSbudj $um 8erffönbm§ ber »ibel. (VEI 

u. 136 6.) 8°. 1878. SR. 1.80 

Haraack, A,, Martin Luther in seiner Bedeutung für die 

Geschichte der Wissenschaft und der Bildung. Festrede 

(30 S.) 8°. 1883. M. —.60 

— Das Mönchthum, seine Ideale und seine Geschichte. 
Eine kirchenhistorische Vorlesung. 4. verb. Auflage. 
(62 S.) 8*. 1895. M. 1.40 

— Augustin's Confessionen. 2. Aufl. (32 S.) 8°. 1895. M. —.60 



gehalten am 18. 3«ni 1895 
(VUL^olge). 



nnb 

tor .Streit filier ks DcrlpUtms tum Äed|t nnb Äirdje 

ttott 
$wfeffot bct Ideologie an fSStntoerflt&t tieften. 




Riegen 

3. Ricfer'fdje »udjljanblung 
1895. 



a 



jC 



7^ 






OTe föedjtc borbc^alten 



// /g?9 



^orßeroer&uug. 



®en nad()ftetjenben SSortrag tjabe idfj für ben ®rucf 
in manchen 3t6fd(jnitten erweitert unb mit einer Sfteitje 
bon Stnmerfungen berfetjett ©8 lag mir bie grage nalje, 
ob idfj nicljt baS Referat über ©oljm'S ©ebanfengang, 
baS idfj gemaft bem mir geworbenen Stuftrag tjatte auf* 
nehmen muffen, im 2)rucf toegtaffen foHe. 3d(j tja6e e3 
bodj beibehalten. Sefern, bie ba$ 33ud(j ©oljm'3 nid(jt 
f ernten, ift ber StuSjug jum SSerftänbnte ber folgenben 
2tu8einanberfefcungen nötig unb iljnen mflcljte er Suft 
jum Sefen Don ©oljm'3 SBerf machen. Sefern, bie biefeS 
ftubiert Ijaben, mag er ben (Smbrucf bon bem reiben 
Su^alt unb bramatifdfjen Stufbau beS Sud^eS neu beleben. 



l* 



«vJn bem SluSbrucf „JKrdfjenredfjt" ift ein Sunb ber 
beiben Segriffe Äedfjt unb Äirdfje ausgebrochen. 3ft biefer 
83unb nid^t längft böHig legitimiert? (Sine 8ted&tSorbnung 
ber ßird&e ift als Zl^atfadje ber ®efd|jid(jte gegeben; eine 
befonbere ttrijfenfd)aftlidf)e 3)iSctylin befdjäftigt fiel) mit iljr: 
Ideologen unb Triften arbeiten an ber Sörberung ber 
SBiffenfd&aft beS JKrc^enredfjtS. SBä^renb biefe Arbeit ben 
lebhafteren äfaffdfjtoung nimmt, ergebt ein juriftifd^cr Sirdfjen* 
redfjtSleljrer feinen Sßroteft gegen bie atedfjtmä&igfeit jener 
JBerbinbung bon 8ted&t unb Sirdfje. ätts öearbetter beS 
SKrd)enredj)tS in einem größeren ©arnmetoerf, in bem 
„@ljftematifd(jen ^anbbud^ ber beutfdjen 9ted(jtSnriffenfcljaft" 
(IjerauSgegeben bon fi. Sinbing), Ijat 8tub. @ol)m bie Stljefe 
burdfjjufüljren unternommen: „$)aS $irdjenred!)t fteljt mit 
bem SBefen ber Äirdfje im SBiberf^ru^. ,< 

SKdfjt in fojlematifdjer ©ntnridfelung ber Segriffe 8tedf>t 
unb Ätrdfje §at er ben Semeid für biefe 2$efe ausgeführt, 
fonbem ber bis jefct erfdfjienene erfte öanb, ber „bie ge* 
fdfjidfjtlid&en ©runblagen" beS föirdfjenredfjtS bejubelt (er* 
fdjjienen Seip^ig 1892) geigt in lebensvoller gefd&idfjtlidjer 
$)arfteHung, ttie baS SBiberfinnige äBirflid&Ieit geworben ift, 
tute baS Jftrdfjenredfjt öejtfc Von ber Äirdfje genommen l)at. 
(Sin inniges SerftänbniS beS religiöfen SebenS, eine plaftifcij 
geftaltenbe 5ß^antafie, bie SegriffSfdfjärfe beS Suriften im 
Ilaren ©rfaffen unb Untertreiben beS ©njelnen, baS geniale 
gefd(jic§tSpljilofopI)ifdfje Stauen ber großen 3ufammenf)änge, 
eine meijierljafte ©pradfje, eine ftaunenStoerte Seljerrfd&ung 



— 6 — 

bcr fljeotogifdfjen uttb iuriftifdfjen Sittctatur — all ba8 
madf)t ©oI)m ju einem mächtig feffetnben Sirdfjenred&tS* 
I)ifiori!er. 816er feine @^dji$t3forfd£)ung *l)ängt an ber 
©egemoart" (©.VII); ©o§m [treibt mit gßi^eubem ^erjen 
audj bon ber Vergangenheit ber Sirdje, tteil il)m bie Siebe 
jur eüangetifdjen Äirdfje ber ©egentoart, bie Sorge um 
tljre 3uftmft, ber ffiifer, iljr bie SebenSlrftfte ber $er* 
gangenljeit jujufüljren, ba3 #erj entjünbet. ©eine ©d&rift 
ift gettrifc ein SBerf ber @efc§ic|t3ttriffenfdf)aft; aber fie ift 
äugleidfj Senbenjfdfjrift: fie toiß ba3 fir^lid^e ©ctuiffcn jum 
SBenmfttfein beS inneren SßiberforucIjS ertoecfen, ben bie 
heutige 8ted)t8orbnung ber Äirdfje in ftd) birgt 

9htr eine burdfj Iritifd&e Reflexionen mögfidjjjl menig 
unterbrochene SBiebergabe bon ©oljmS ^iftorifdjer ®efamt* 
anfdfjauung !ann einen ©inbrucf feiner Slrbeit geben. 2)ie 
SRenge bon ©inj elf orf jungen, bie befonberS in ben An* 
m erhingen mit tyren radfßc&en DuettenauSjügen ftedft, mufj 
Ijier Beifeite bleiben.*) greie ÄuStna^I au3 ber güKe be$ 
©toffS ift geboten; audfj in ber gorm ber SBiebergabe 
mufj freie SReprobuftion unb treue Sbtfüljrung ber oft 
anwerft glüdKicJjen, ja gl&njenben Formulierungen ©o§m3 
abtoe^fete. 



„S)a3 ttrdfjriftentum, ber ®atljoliäiSmu8, bie 
Deformation," fo lauten bie Überfdjriften ber bxtiftatipU 
fapitel be3 SSudfjeS. %tnt beiben erften Slbfdijnitte jufammen 
unb anbererfeitS ber britte fteHen bem #iftorifer eine pa* 
raQete Aufgabe: „3)a3 grofse Stätfel in ber ®efd)id(jte beä 
UrdjriftentumS ift bie (Sntfte^ung be§ monardfjifdjen ffipi* 
ffopatö unb mit tym be3 SatljolijiSmuS, ba$ grofje Stötfel 
in ber ©efdfjid&te ber Deformation ift bie ©ntfteljung be$ 



*) Qftutn me^r auf ba$ ©inline efogeijenben Serid&t gibt 
ßarl Seil in ber Seitjd&rtft für £$eologte unb äird&e IV (1894), 
©. 847 ff.: 3?orfd)itngen ber ®egentoart über ©egrtff unb ®xit* 
ftefjung ber Äird&e. 



— 7 — 

fattbe&ljerrfidjen Äirdfjenregimenta, aus toeld&er bie Bertoelt* 
fid&ung ber ftird&e l)erborgutg ,, (®. 700). 

3n baS tounberbare Seben be8 UrdftiftenttttttS ber« 
fettft ftdlj @ol)m mit befonberer Siebe, (fö finb jum Seil 
überrafdjjenbe Sbtfd&auungeu, bie er ju Sage bringt. Sßenn 
toir ben Begriff ber ixxlriala im bleuen fceftament fefc 
ftetten, fo heftet ftdf> unfer 931id getoö$nli(l) auf bie ©injel* 
gemeinben, toeld^e bie Slpoftel Ijin unb tjer im römifdjen 
Weidf) gegrttnbet, für bie fie gelebt unb gearbeitet, an bie 
fie iljre Briefe gerietet $aben. Sie fteljeu un8 bo als 
bie urforünglidfjen focialen Serbänbe, in benen ftdfj baS 
Seben ber erften (ßjriftenljeit betoegt; erft au$ iljnen fefct 
fid) uad(j unferer Borftettung bie gefamte btxlrjala jufammen, 
als bie Summe aller biefer Heuteren Bereinigungen. — 
Soljm ftnbet in biefer Stuffaffung eine Berfdfjiebung be3 
toasten @ad&t>erljalt$. 3)a3 Srfte unb #errfd)enbe in ber 
©ebanfentoelt beS UrdjjrifientumS finb nidjt bie exxlrjolai, 
fonbern ed tffc bie eine exxlrjoUt, ba£ eine ©otteStool!, 
ber ßeib ®&rifti. geber ©laubige ttrirb aufgenommen in 
bie große eine S^riften^cit. Sietfeid&t §ötte ®ol)m biefen 
®ebanlen nod^ fd^&rfer beleuchten fönnen, toenn er aud^ 
in biefem gufammenljang bie eSd&atologifdfje Stimmung be$ 
Urd(jriftentum3 ftärfer betont Ijätte: afie bie xlrjTol dyiot 
futb jefct fd&on ber argen SBelt entnommen; fte bilben fdfjon 
jefct bie ©dfjar ber ÄuSertoäljltett, bie um GP&riftum bei 
feiner Sßarufie fid(j bereinigen toirb. — ©oljm leugnet 
natürlich nid^t r bafi ber Begriff ber ixxkrjola im bleuen £efta* 
ment aud) auf einjetne (B&rifteubereinigungen angetoenbet 
ttrirb. Aber er gilt ebenfo für bie Kljriftentoerfammlung 
in einem $aud tote in einer Stabt. SRan fie^t barauä, 
bafj ber Sterne ber Ixxkrjola nid)t einen irgeubnrie organi- 
fterten ober lofal begrenzten Berbanb bejeidfjnet; fonbern 
er foricljt ein „bogmatifdjeS SBerturteil" au3; er befagt, 
baß, too auclj nur jtoei ober brei Triften im tarnen 
(grifft berfammelt fbtb, ®otte$t>ol! ftdj bereinigt unb in 
feiner SRitte (SljriftuS felbft unb bie ganje $immlifdf>e 



— 8 — 

©emeinbe bereinigt ift. ©oljmS ©ebanfe toürbe bieffeidfjt 
noclj fieffer afö burdfj ba8 bon iljm beigejogene Eitat qu§ 
DrigeneS (6. 20) burdf) bie ©teile £ebr. 12, 22 ff. be* 
teudfjtet: „%fyx feib Ijerjugefornmen ju bem Serge gion unb 
ber ©tabt be3 tebenbigen ®otte$, bem l)immlifdf)en 3*tu* 
falem, unb SJtyriaben toon ©ngeln, einer geftoerfammtwtg 
unb ©emeinbe Don ©rftgebomen (rcavi\yvqu aal exxi.rjal(f 
7tQ(DTOT6K(ov), bie im #immel eingetrieben finb, unb 
©ott, bem SKdfjter aller, unb ben ©eiftem ber boHenbeten 
©eredfjten unb bem SKittler be§ neuen SSunbeS Sc[u . . ." 
®a§ ift bie große ©inljeit, in bie jebe SJjriftenberfammlung 
pdf) Ijineingeftettt toeiß, bie eine «xxtajcr/a, beren „Srfdfjeis 
nungäformen" alle einselnen ©§riftenberfammlungen finb. 

Sei biefem Segriff ber hxkrjoia ift bie grage ab* 
gefdfjnitten: tote nrirb fie fidf) rcd^tlid^ organifieren? nrirb 
fie naclj bem 3ftufter ^eibnifd^cr ®uttu§bereine, ober nadj 
bem äfhifter ber jübifdfjen Synagoge iljre Serfaffung ge* 
ftalten? ©onbern nur bie grage bleibt übrig: toie regiert 
EljrtftuS, ba3 £aupt, biefe feine ©fciftenljeit? toie ift fte 
in i^rer ©inljeit mit iljm „jufammengegttebert", um ljeran* 
juttHidfjfen „ ju einem ^eiligen Semmel be8 $erm" (bergt, 
©ptj. 2, 21. 4, 16)? — Unb bie Slntoort lautet: Seben- 
faHS gefdfjieljt baä nidfjt in ber gorot einer 8tedjt$orbnung, 
einer ftatutarifdfjen SJerfaffung; fonbem Eljriftu3 gflebert 
unb regiert bie ©Ijriftenljeit „burdfj iegtidfjeS SBanb ber 
Darreichung gemäß ber einem jeben ©lieb jugemeffenen 
SBirffamfeit" (©Jrfj. 4t, 16), ober baburdlj, baß er feine 
©IjariSmata in iljr aufteilt jum gemeinen SSeften, jur ®r* 
bauung ber ©IHefia. SBer ein (£ljari$ma Ijat, ift ja 
einem SiebeSbienft für bie ©emeinbe befähigt unb ber* 
pflichtet, unb bie ©emeinbe erfennt biefeS <&|ari$ma an; 
in Siebe orbnet fie fitf> ben bamit äfoSgerüfteten unter. 
SBefonberS bon ©inem (£l)ari§ma gilt e$, baß baburd^ 
©fjriftuä in ber ©emeinbe maltet, bon ber Se^rgabe. 
Stpoftel, Sßropljeten, ßeljrer fmb mit biefer ©abe auSgerüftet. 
8ie finb nidjjt bie Sn^aber bon redjjtlidj georbneten Ämtern 



— @ol)m fönnte fagen: fie finb e3 fo toenig, lote ber 
Stragenrebner — , fonbern fic jteb au3gejeid(juet burdlj eine 
perfönlidfje 33egnabung (bie Sfyoftel baburdf), baß fte bett 
Sfoferftonbenen gefeiten ^abeu) unb burdfj eine perfönlidfje 
SJegabung: fte bfirfen in ©otteS 3tat unb Sßitten flauen 
unb il)n toerfiinbigen. «Dtefe Seljrbegabten finb e3, weldje 
bie ©ijriftenljeit regieren, ober burd) toeldfje ®f)riftu3 fie 
regiert; aber btcS ift lein redfjttidfj geartete* ^Regiment, 
deiner biefer Seljrbegabten fann fagen: afö orbentfidj be* 
fteQter 5ßropl)et ober Se&rer gebe idj eudfj bie$ ©efefc; 
fonbern nur: in Äraft beS ©eifteS S^rifti berfünbtge id(j 
bieS atö ©otteS SBort. Unb bie ©jriftenljeit, ju ber er 
rebet, prüft, ob er ttnrflidj ein ©eifteSträger ift unb ob 
audfj in biefem bestimmten ffiort ©otteS ©etft lebt. SBenn 
fte ba$ erlennt, orbnet fte ftdfj bem unter, toa§ er fagt, 
aber nid&t feiner amtlichen Autorität, fonbern bem ©otteS* 
tooxt, ba$ fie in feiner Sftebe anerlennen muß. 

®a3 ift bie urfprüngtidfje , eigentliche ©eftalt ber 
ffiljriftenljeit; too ift ba ehoaS öon 9tedf)t$orbnung? — 
greilidj, fdfjon in ber apoftolifdfjen Qtxt finben toir balb 
aud(j SSorftufen einer folgen; meljr noclj nidfjt! S)ie geier 
ber ©udfjariftie toar e3 nadf) ©oljm, burd) toeldje bie @mk 
ttricfelung einer firdfjlidfjett SJerfaffung — ebenfo toie bie 
ber ßiturgie unb ber firdf)fidj)en Saufunft — beftimmt 
»urbe. gene Scier tooHte man toomögfidj in großer SSer* 
fanunfung galten; alle ©Triften am Ort fottten fid) Ijieju 
bereinigen, Ijier iljr ©abenopfer barbringen. @o ttmrbe 
biefe eüd&ariftifdfje SJerfammlung mistiger als bie anberen 
SJerfammlungen. Slud^ in i§r, audj bei ber Seier ber 
ffiudjjariftie, fofften nad^ ©oljm eigentlich bie ©eifteSjeugen, 
bie SCpoftel unb $ropl)eten, bie geiftige Seitung Ijaben. 
Aber toenn nun leine ©eifteSjeugen ba ttmren? 3lun, bann 
mußten anbere, ber dfjariSmatifcljen Setjrgabe entbeljrenbe 
SDfftnner für fie eintreten. S)ann mußten — nur afö ein 
ÜRotbeljeff erfdjeint bie* bei @oI)m — anbete ©Ijariä* 
mata jur Seitung ber SJerfammlung berechtigen, nämlid) 



— 10- 
bie bet praftifdfjen 83etoäl)rung be$ ©IjriflentumS. 
„®ie 2Hten, b. f). bic SßreSbljter, ftnb e3, fcetdfje ben ®eift 
be$ toasten £l)riftentum3 burdfj ein langet Beben t$at? 
fäd^ltd^ ertmefen Ijaben" (®. 109). 3fn jeber ©emeinbe, 
bie längere Seit befielt, finben fidfj fotdje. SBenn alfo ber 
leljrbegabte ©eifteSträger feljlt, fo tritt bei ber SSertoaltung 
ber ©ud&ariftie uttb ber beigebrachten Dpfergaben ein 
SßreSfojter an bie ©teile. @r toattet bann als €7tlono7cog 9 
b. $. ate gürforger unb #irte ber (Semetnbe; aber bodfj 
gehört bon Anfang an and) bie SBortoertoaltung toefentHdjj 
ju feiner gunftion: toenn er audj ber (SeifteSrebe triebt 
mächtig ift, fo fatin er bod) in Serma^nung nnb Unter* 
toeifung bie dljriftlidje Se^re toeiter überliefern; »erat er 
aud) nid&t „im ®eifte w ju beten bermag, fo !ann er bodfj 
bei ber ©udfjarifKe überlieferte ©ebetSformulare fpredfjen. — 
Sieben ber leitenben Xljätigfeit t>on €7tl<jxo7toi, Verlangte 
bie ©udjariftie nodfj ben I)elfenben 3)ienft Don didxovoi. 

SBeber Sötefte, nodlj ©ptftopen, nod) ©iafonen Ijaben 
ein »mt mit redfjtlidfjer SefugniS nnb ÜBerpflidfjtung. 2>ie 
ättteften finb bie Senioren, bie bewerten Äutorit&tSper* 
fönen; au3 iljrer Sttitte funltioniert jefct biefer, bann jener 
att ertloxortog. 2)ie3 Sßort bejeid&net, ttrie ba3 SBort 
diaaovot, „ein 2^ätigtoerben, lein beftimmteS Stett" (120). 
Sarum ift auclj eine äReljrljeit t)on ItcLg%otcoi borljanben: 
lein einzelner bon iljnen Ijat ein fixiertes Stedjjt unb aud& 
alle jufammen finb nodj) lein Kollegium mit feftfteljenben 
Siedeten. — greifte!), ein Seim ber SBeiterbilbung ift 
f)ier gegeben: bie SßreSbtjter tjeben fiel) balb burclj einen 
©ljrenfifc bon ben übrigen ®emeinbegliebem ab, fie ber* 
treten bie ®emeinbe 3. ÜB. in fragen ber 3udj)tübung; unb 
aus ben SßreSbtjtem ljeben jtdj toieber bie ©Jriflopen Ijer* 
bor, eben burdj iljre S^ätigleit atö „befteHte SOtefte" 
(102/103). Sebodj, ba§ alles ift nur eine bon ber ®e* 
meinbe frei anerlannte äfotorit&t „SBie aber, trenn bie 
SJerfammlung ben SBeifungen ber Älteften ben ®el)orfam 
bertoeigert? — S)iefer Stugenbtidt ttrirb fommen, unb in 



— 11 — 

bemfelben ÄugenMidt ttritb bie ©tnfuljrung rechtlicher 
Drbnung al$ gefdfjid)tlidf>e Sfcotttenbigleit ftdfj ertoeifen. S)aS 
fttrd&enredfjt ttrirb fommen unb burdj baS Ätrd(jenredf)t ttrirb 
baS ttrdjriftentum in !atl)ofifdfjeS (Sfjriftentum ficlj bertimn* 
belu" (@. 156). 

2)er $atl)0tf$t§mtt§, bcm fid& ©ol)m bamit jutoenbet, 
fiinbtgt ftdfj im (BfanenSbrief an. 3n Sortntlj Ijaben bie 
3ungen gegen bie ätlten fidfj erhoben. 2)a ttrirb bon 9tom 
in ienem ©rief bie ßofung ausgegeben: 3)aS ift gegen 
göttfidjjeS Stecht! Seim ©rlöfdfjen beS alten (Seifted, beim 
Sfoffommen beS 2Rif$trauenS unb SttriefpaltS „forbert ber 
ftleinglaube ©tfifcen, Hilfsmittel, Srücfen"; er berlangt 
„formale ©dfjranfen, (Sarantien für bie 3fafred(jterl)altung 
ber e^riftcn^ctt" (®. 162), für} eine fircpdfje SRed&tS* 
orbnung. Aber fo mädjtig ift nodfj ber alte ®eban!e bon 
ber kxxkrjola als bem Seib (Hjrifti auf ffirben, bon beut 
SBalten unb Regieren (S&rifti in iljr, bafi fi<J) biefe SRedfjtS* 
orbnung nottoenbig als eine göttliche SRed&tSorbnung, als 
(SMaubenSgegenftanb barftetten mufj. 

2)aS Verlangen göttlicher SRedf)tSorbnung ift eS, toeld&eS 
ben mottardfjifdfjen ©piffopat Ijerborbringt unb jtoar, 
ttrie ©oljm meint ertoeifen 51t lönnen, juerji in SRom. 2Bie 
eS im ringelnen jugegangen, bafc bon ber 3Reljrl)eit fun* 
gierenber ©piflopen fdfjliepdj nur einer übrig ift, bleibt 
freiließ gegenüber ben ©oft, bafc ber entfdfjeibenbe SBetoeg* 
grunb baS Serlangen nad) 8tec|tSorbnung tt>ar, audj bei 
@ol)in iizmliü) im S)unfeln. Sebodf) baS (Ergebnis ber @nt* 
ttricflung toeifc er fd&arf ju beleud&ten. grüner galt S^rtfti 
Sßort, baft, too jmei ober brei in feinem SRamen berfammelt 
finb, er felbft mitten unter i^nen unb barum auclj ©Ijrifien* 
Ijeit ba ift 3fefct gilt ber Orunbfafc: nur too Triften 
unter bem redjtmäfeigen Sifdfjof fielen, finb jte ©fflefia, 
Iatl)oKfdf)e Kljriftenljeit; nur too ber öifdjof in einer 
(B^riftenberfammlung ift, lann unb foff bie (SSudfjariftie ge* 
galten »erben. SSermöge feiner legitimen ©ucceffton Ijat 
er allein bie t)ierurgifd)e unb fjierardfjifdfje 2^ätig!ett in 



— 12 — 

ber ©jrifienberfammlung. ©r allein fawt — biefe An* 
fdfjauung bittet fidfj meljr unb mel)r IjerauS — ba3 Opfer 
be$ SeibeS nnb SBtuteS (£l)rtfti barbringen. ©r Ijat ba$ 
Charisma veritatis, unb jttmr amtshalber; atfo „ein ftltibeS 
©IjariSma" (@. 216). ©r Ijat SRegierungä*, befonberS 3tb* 
fotuttonSgetoatt in ber ©emeinbe. — Sfadj bie 5ßre3bt)ter 
rüden in eine beränberte (Stellung ein: fie gelten jtoar 
einerseits noclj afö bie Stimme ber ©emeinbe, aber fie finb 
jugteiclj Beamte be£ SifdjofS. ©benfo rüden bie ®iaf onen 
„in bie Steige ber bifc^öftidjen bei ber ©udjariftte bienenben 
»eamtenfcHr, in ben „SteruS" ein (©. 239). 

®ie ©injetgemeinbe ift bamit organijtert, aber un* 
aufljattfanu fdjreitet bie ©ntttridlung fort; fie brängt nun 
audfj auf eine 9tedjt8orbnung ber ©efamtfirdfje tjin. Stuf 
jtoei Sahnen muß fie biefem Siel juftreben. — 39i3 jefct 
fielen nodfj biete ©emeinbeberfammtungen nebenein* 
anber; jebe ergebt ben Slnfprudj, in ©otteS Slamen eine 
auä) für bie ©efamtlircfye bebeutfame ©ntfdfjeibung treffen 
ju fönnen. SluS ben ©emeinbeberfammtungen entttrideln 
fidj nun burd) ©injutritt bon Sifdjöfen anberer ©emeinben 
bie ©tjnoben — eine ganj neue £l)eorie bon ber ©nt* 
fteljung ber ©tjuobe! ®amit toar eine 3nftanj über ber 
einfachen ©emeinbeberfammtung ba. 8lbec ba urfprüngtid) 
jebe ©tjnobe ©otteS ©timme ju fein beanfprudfjte, ergab 
fidfj ba3 33ebürfni3 einer regetnben Drbnung. 3*** botten 
SBefriebigung fommt e§ im Slbenblanb erft bamit, baf$ bie 
©ntfdfjeibung über göttliche ®inge, über ©taubenSfäfee unb 
über 9?edf)t§fä{je göttlicher Sfrt nur nodj bem einen öfu* 
menifdfjen Sonjit ber gefamten römifdjen Sirene berbteibt; 
MefeS bleibt atö bie einjige infpirierte ©tjnobe, burdf) 
bie ®ott rebet, übrig. 

®ie anbere parallele ©nttoidtungSreilje füljrt bon 
ben bieten Sifdfjöfen, bie alle als Siacljfotger ber Stpoftet, 
inäbefonbere aud) be3 SßetruS, unb at3 öfumenifdf)e Sifdjöfe, 
b. fj. at§ Stfdjöfc ber ©Ijriftenljeit gelten, ju bem einen 
Raupte ber abenblänbifdjen ©Ijriftenljeit. 3)er römifdje 



— 13 — 

83ifdjof toar, ttrie h>ir gärten, nad^ ©oljm ber erfte Xräger 
be3 (Sinjelepiffop at§; tum SRorn au8 brang bicfc Drb* 
nung in anbete ®emeinben IjinauS. ®er rötnifc^c Sifcljof 
$at, feit ber aKitte be£ britten 3fal)rljunbert3, bie Stellung 
eines Dberbifcljofa über bie itafienifdfjen SBifdfjöfe unb 
©emeinben gewonnen; afö eine „Sftacljbitbung ber römifdfjen 
Dberbifd&ofSgetoatt" (©. 410) ift um bie SBenbe be*. britten 
unb inerten ga^r^unbert^ bie recfjtßdje Qbttoalt ber SBifd^öfc 
Don SHeganbrien, Stntiodfjien, ®pl)efug erjeugt. ffier römifdje 
SBifd&of ftrebt feit ber jtoeiten $älfte beS vierten galjrs 
ljunbertS nadfj einem mit &ec§t8gettwttau3gerüjteten$ßrimat' 
ber S^riften^eit Slber toieber Ijat ber ©rfotg 8tom§ fein 
©piegetbüb erjengt, baS ©treben be8 83ifdjof§ tum $on* 
ftanttnopet, bon 9ieu4ftom, nad^ ber SßrtmatSftellung. ®iefe§ 
©egenbilb Ijat ber römifdjen Sftadjtentfattung eine unfiber* 
fteigfidfje ©djranfe gefefct. — Silber ber auf ba3 SlbenManb 
befdjrftnfte Primat 3tom3 ift jn feiner fonfequenten 
2tu8bUbung gelangt. SBiö in unfer ftaljrfjwtbert herein 
tpor ber Sßapft in feinen Seljrentfdjeibungen nodf) an ba$ 
allgemeine Sonjit gebunben; btefed reprftfentierte nodj bie 
guftimmung ber SKrdje, toenn audf) nur eine redjttid) for* 
malifierte SttfKmmung. (Srft burdj ba3 SJatifanum mürbe 
baS Sonjit feiner legten Siedete entfefct. Sie offijielle Seljr* 
entfdjeibung be8 in richtigen gönnen gemähten SßapfteS 
beanjprudjt Iraft formalen SledjteS ®otte$ SBort ju fein. 
Sttod) lebt ber urdjrijtticfje ®laube, baß ©IjriftuS felbft 
feine (Efjrijlenljeit regiert. Slber er regiert fie nid)t meljr 
burdj fein freiet ©eifteSloatten in ben (SWfteSträgern, er 
regiert fte burdfj ein redjtlidfj georbneteS Organ, burdj ba3 
Äirdjjenrecljt. „S)a3 Steicij be3 SBorteS toarb ju einem Steidfj 
be$ Stentes; bie <H)riften$eit ift !atI)o(iftert" (©. 456). 



Die« bie Cntarfcfelung öom ttrd&riflentum jutn ßatljoti* 
jiSmuS; unb nun eine analoge ©ntomfelung auf bem Soben 
ber Deformation! Cutter §at bie ©rfenntnis toieber* 



— 14 — 

gebraut, tt>a$ bie ftird&e (B&riftt ift: Sie ift ba* »teidfj 
©otteS unb ©fjrifti in bcn $erjen, naclj bicfcr Seite Ijin 
unftd^tbar. Slber biefeS Regiment über bie #erjen tirirb 
geübt burdj) baS ©ort be£ (Evangeliums (mit (Einfd(jfaf$ bet 
©alramente). 9tad& biefer Seite l>in totrb e$ fidjtbar in 
jeber SJerfammlung bet ©laubigen um SBort unb @a!ra* 
ment, toenn aud& nur jtvei ficlj baju vereinigen. — Se* 
beutet nun aber biefeS ©idfjtbartoerben ber ftird&e (EIjrifK 
audj fd^on ü)r Eintreten in eine redjttidje Orbnung? S)urdj* 
au3 nid()t! v £enn tote roirb bie G$riftenljeit, bie fidfj umS 
SBort verfammett, regiert? 9hm eben burcljs SBort be$ 
(Evangeliums. 3)iefe3 aber toenbet ftd() an bie $erjen unb 
©ettnffen, (ES Ijat leine SRedjtSgetoaft unb n>iH leine Ijaben; 
e$ nritt nur ben ^eiligen ©eift, ber in bem (Evangelium 
lebt, auf bie #erjen tvirfen taffen. 

Slber @o$m fexmt ben (Etntoanb, ben er ermatten 
muß: ®ie ^Reformatoren Ijaben bo<§ eine georbnete 8$er* 
toaltung beS SSortS burdf) ein Seljramt, burdfj orbenttidfj 
berufene ®iener geforbert. gfl baS nidjt bodj eine redfjt* 
lid^e Drbnung ber fttrd&e? — Unb im 3Hfammenl)ang mit 
bem *Bmt ftefjt bo<§ nodj ein weiter auSgebilbete* firdf>Ud(je3 
{Regiment, nftmliclj „ein SJerfaffungS* unb SJertoattungS* 
redfjt, eine ©efefcgebung unb äbminiftratton, meldte bie 
SJefteßung unb Dotierung be$ 9lmt$ unb anbere äußere 
SBerfjättniffe ber Sirene beforgt." Sreitidj audf) biejenigen 
för4enred)t*le!jrer, toeldfje auf biefe 9tedjt8orbnung Ijüi? 
toeifen, betonen, bafc fie nid&t fraft göttlichen 8ted(jt3, fon* 
bem nur fraft tnenfcpdjet (Einricljtwig befiele; fte ver* 
fiesem jumeift aud}, bafc btefed redfjtficlje Sird&enregiment 
bo<$ lein blofieS ^errfd^en fein fotte, baS bfinben ©eljorfam 
verlangt, fonbern ein ®tenen. — ©oljrn finbet, bafc ftdjj 
gerabe in biefer julefct angeführten SBenbung bie ganje 
ttnltarljeit jener (Eintoänbe von feiten ber Ijerrfd&enben 
Seljre verrate. (Ein rechtliches Regiment unb bodjj lein 
f>errfdfjen! eine redjtlid&e Orbnung, bie bodj üjrer 8lrt nadj 
bem geiftli^en SBefen ber Sirdjje fidfj anbequemen fott! S)a8 



— 15 — 

ift ber „böHige ©elbftariberfprucl)", bic fQftcmattficrtc ttn* 
flarljeit. Älarljeit ift nur ju gewinnen burclj bie ein* 
fadfje Söfung: eine BtecljtSorbnung l>at überhaupt nichts 
in ber Sirene ju tljun; nidj)t nur eine göttliche, fonbero 
audj) eine menj^Itc^e WecljtSorbnung ift bem SBefen ber 
Sirene jutoiber. 

3)a3 ift, toie ©oljm ju eroetfen fudjjt, audfj bie edjt 
reformatorifdje Sfafcljauung, befonberS bie Änfdjauung 
SutljerS fettft SBoljt fott bie öffentliche Sertoaltung 
be$ ©öangeltumS einem berufenen Wiener be3 SBortS über« 
tragen »erben, aber biefe Übertragung gefdjieljt nur 
burdj SJerttrittigen ber anbem. @3 ift nid&t 9tec$t$? 
p flicht für bie Triften, bafc fie fidj tmlffürltc^er (Ein. 
griffe in baS Slmt be$ öffentlichen SJerfihtbigerS enthalten, 
fonbern e$ ift SiebeSpfltdjt. Unb ber SfaitSträger feiner* 
fei« $at lein »ecljt, „fein SBort ber ©emeinbe (Ojrifti als 
©otte* SBort aufjubrängen' 1 (@. 474). @r l)at überhaupt 
geiftlidfj öor ben ©emeinbegliebern nickte borauS; tljm 
fteljt leine anberSgeartete ©ntfdfjetbung aber ©otte« SBort 
ju als aßen ©laubigen, ©eine ©djtüffelgeioalt ift ber 
}ebe$ gläubigen Triften gleichartig. Sem ©tauben unb 
nur bem ©tauben ift ba$ Stecht gegeben, in ©otteS tarnen 
autoritatives ©otteStoort ben äRitcljriften $u berfihtbigen. 
Äudfj ber Sßrebiger lann, menn er ettoaS als ©otteS SBort 
öerlttnbtgt, bic§ nur au$ bem ©tauben unb in ©otteS 
Sttamen, als „ein ©otfdfjafter an (Hjrifti ©tatt" (2. Äor. 5, 20) 
tljun. ßr fann pdf) bei bem Änforuclj: „3)a3 ift ©otteS 
SBort" nidjt mit einem rechtlichen Auftrag ber ©emeinbe 
ober ber iljn beftettenben SJeljörbe beefen. — 3Ba$ er borauS 
Ijat, ift nur, ba§ iljm bie anbem tt>egen feiner Se^rgabe 
au« freier Siebe juerfemten, in ber öffentlichen ©emeinbe* 
berfammlung allein mit feiner SJerfitobigung be$ ©otteS* 
»ort« Ijerborjutreten. ffir übt bamit ein „ftirdfjenregt* 
inent"; aber ba8 bebeutet feinem QW&alt **$ wc^tS toeiter, 
afö ba§ er bie ©emeinbe burdl) ©otteS SBort toeibet. ©8 
ift alfo irrig, baß ba$ georbnete $rebigtamt felbft 



— 16 — 

fd&on 9tedfjt8orbnung fei. — Unb ebenfo irrig ifi, bajj 
e8 für bie ^Reformatoren neben bem geiftlidjen ^Regieren 
be$ Sßfarramtö nodfj ein anbereS äufiereS rechtliches 
Sircljenregiment gebe. 3fo ber feelforgerlid&en Sertoal* 
tnng be$ SSorteS ift aDe$ normale Sirdfjenregiment be* 
fdfjloffen. Unter jenen Segriff fällt ntd&t nur bie Sßrebigt, 
bte Siturgie, ber igugenbunterridijt, bie SKnjelfeelforge, fon* 
bem ebenfo ba§ Urteilen über bie Seljre: 3ebem 
Triften fteljt bieS ju; ein öffentliches Urteil ift nur burclj 
SernriOigen ber anbem ben SJerfiinbigera be$ SBorteS über* 
laffen. Slber e§ ifi lein SRed&töurteil, fonbern ®eifte3urteil 
au3 ®otte§ SBort. @benfo hrirb bie öffentliche Qnä)U 
Übung, bie bon ber ©emeinbe bem Pfarramt überlaffen 
ift, nadj reformatorifeljer Stnfdfjauung nid&t burdfj red^tlic^e 
®etoalt öottjogen, fonbern burdf)3 SBort; fie ift il)rer eöan* 
gelifdfjen Slrt nadj ©eelforge, fittlidfje @rjiel)ung. SludS) bie 
löeftellung jum geiftlidjen Stmt ift nidfjt ein 8ted()t§aft, 
fonbern ba§ 8eugni3 bon öffentlichen SSertoaltem be§ 
SBortö, ba% ber Drbinanb öon ®ott bie Begabung jum 
Seljrberuf empfangen l)at unb bafi bie ©emeinbe um ber 
Siebe ttriHen iljn barin anerfennen foH. (Snblicf) ift auclj 
bie ffiinfüljrung toon formen unb Orbnungen be£ 
®otte3bienfte$ nadfj reformatorifeljer Sluffaffung nidfjt ein 
redfjtlicijeS (Sebieten, fonbern ein darbieten, eine geiftlidfje 
£anblung im ®ienft be$ göttlichen SBorte, ein Stypell an 
bte freie Siebe, bie ttimft, „toaS jum ^rieben unb jur 
gegenfeittgen ©rbauung bient" (8töm. 14, 19). — greilidf), 
bie julefct angeführten formen ber $anbljabung be3 2Bort§ 
finb umfaffenber als bie einfache SSertoaltung be$ ©Dan* 
geliumS in ber ©utäelgemeinbe; barum ift e£ normal, toenn 
jene Slufgabe nidfjt allen, fonbern nur einjelnen Prägern be8 
SBortS öerttrilligt nrirb. Silber audfj biefe Ijaben bamit leine 
redjjtlicfje Überorbnung über bie anbern, fonbern nur einen 
in freier Siebe anjuerlennenben ffiienftauftrag. — 3n b« 
Sirdjje gibt es überhaupt — fo lönnten nnr fagen — nur 
jene Überorbnung, bie ba$ SBort erfüllt: „einer trage 



— 17 — 

be3 anbern Saft!" (®al. 6, 2) unb nur jene Unterorb* 
nung, bon ber e3 Ijeißt: ,,®urd) 2)emut adfjte einer ben 
anbern [bor allem ben meljr ^Begabten] §öi)er benn fidfj 
felbft" (Sßljil. 2, 3)! ©o unterföeibet jt$ Äircljenregiment 
aufs ftrengfte Don iebem rec^tlid^en {Regiment ber toelt* 
liefen Dbrigleit. 

Aber toon biefem Sßunft au§ ergebt fid) ein SBiberforucIj 
gegen bie ©eutung, bie ©oljm ben Äußerungen ber SRefor* 
matoren gibt. $aben benn nid)t bie Reformatoren felbft 
bie bürgerliche Dbrigleit angerufen unb iljr bantit ein 
Regiment aber bie ftirdjje, unb jttmr ein JRedfjtSregiment 
eingeräumt? — 3ft b« &M, antwortet ©oljm, bie JRefor* 
matoren Ijaben toon ber Aufgabe ber Dbrigleit in ber 
SJjriftenljeit Ijodfj gebaut. Sie lebten infofern in ber 
mittelalterlichen ©ebanfentoett, aU für fie ©taat unb föir<$e 
nicf)t als jtoei bon einanber gefd)iebene Drganifationen be* 
ftanben. ©ie fannten nur eine ©Ijriftenljeit, aber in biefer 
(Sljrifienljeit jtoei Munitionen, jtoet ©ehalten ober ©d&toerter, 
ba£ geiftüdfje unb ba§ meltli^e. Sie Dbrigfeit, bie Wienerin 
©otte$ in ber gü^rung be§ toeltlidfjen ©djtoertS, Ijat aber 
im Sanbfrieben unb äußere ©eredjjtigfeit ju toacljen. 8u 
biefem i^rem eigenen göttlichen SBeruf gehört naclj ber 
Slnfidfjt ber ^Reformatoren audfj, baß fie nidjt öffentliche 3rr* 
leljre fidfj breit mad&en läßt — benn ba$ ift Störung beS 
SanbfriebenS — unb baß jte nid&t öffentliche ©otteSläfte* 
rung burdfj Seugnung ber d&riftlidfjen ®runbtt>al)rl)eiten 
bulbet — benn ba3 ift Shtrd&bredfjung audj ber äußeren 
Sudfjt unb Drbnung. ©otoeit e8 bie externa diseiplina 
angeljt, Ijat bie Dbrigleit bie custodia rndfjt nur über 
bie jtoeite, fonbem auclj über bie erfte ©efefceStafet. — 
Slber in ber Dbrigleit djriftlidfjer SSößer feljen bie SRefor* 
matoren sugleidf> ein ©lieb ber gläubigen ©fjriftenljeit, 
ber ftirdfje. 8a« fromme cljriftticlje Dbrigleit*) ift fie, neben 



*) 3dj erinnere ba$u an Sutl)er$ ^(isdbruct in ber Sdjrift 
„«n ben grifft. 8bel *c", baß „bie toeltlidje Dbrigleit glei$ mit 

2 



— 18 — 

i!>ren eigenen Aufgaben, im Notfall audj) berufen, baS 
getftlidje {Regiment, alfo bie SBorttoertoaltung in ber (Efjriftett* 
jjeit, toenn biefe jerrüttet tft, juredfjtjubringen. ®er d&rift* 
lid)e Saienftanb unter SiHjrung ber d&riftttdjen Dbrigfett 
foH im Notfall baS toügetoorbene geiftfidfje 9lmt jur Sßfßdfjt 
jurüdffüljren, unb jtoar mit obrigfeitlidfjem {Red&tSgebot. 

Älfo bodj {RecIjtSgebot auf bem Soben ber ®ird)e?! 
SHfo boclj eine Sfofforberung SutljerS an ben SanbeSljerrn, 
ein redjttid()eS {Regiment in ber Strebe in bie #anb ju 
nehmen?! — Kein, antwortet ©o!jm, er l)at iljn nur auf* 
geforbert, baS SRottoerf ju tljun unb „jur SReubeftettung 
beS SeljramtS ju Reifen, bamit baS Seljramt bie Äirdfje 
bifööfiidj regiere burdj) baS SSort" (©. 601). SRur ba3 
eine tt>a|re Regiment ber ®ircf)e burdf)S (Stoangefium foHte 
toieber aufgerichtet »erben, lein {RedfjtSregiment. Butler 
ijat bielmeljr, nad&bem in ber ®irdf)entnjttation jenes SRot* 
wer! gefdfjeljen toar, unermfibtidj gegen bie Aufrichtung 
eines tanbe$!)errticf)en ÄirdfjenregimentS, lurj gegen ba3 
{Recljt in ber ftirdje, proteftiert. Sutljer toar nid^t fdfjulb, 
toenn eS bodf) fam, fonbern bie SKänner jtueiten, britten 
{RangS, unter iljnen befonberS SRelandjtljon. 

©ie erfaßten nidjjt SutljerS Hare Unterfdfjeibung: in 
ber ©Ijrifienljeit ein Mo& geiflficIjeS {Regiment burdfjS SBort 
unb baneben ein {RecljtSregiment ber Dbrigfeit! ©onbern fie 
fanben, ba% babei bie ©ericljtsbarfeit, bie früher bie Sifdfjöfe 
ausgeübt Ratten unb bie jefct ber tDettlidfjen Dbrigfeit §u- 
ftanb, nämlidf) bie äußere 3ud}tfibung unb bie ffiljegeridfjtS* 
barfeit, ju furj fomme. ffien toeltlidfjen ©ersten toar 
biefe Stufgabe löftig. ®a$er äRefoncljÜ)onS ftitte ©eljnfudfjt, 
eS möchten bie bifd&öfßdfjen ©eridjte, bie „Sonfiftorien", 
toieber jurüd?fei)ren. ßut^er §atte nichts bagegen, toenn 



uns getauft ift unb benfelben ©tauben unb (Stoangettutn $at", 
unb ba% niemonb fo gut Reifen lann „als baS tteltlidje Sdfjtoert, 
fonberlid) toetl fie nun audj SRttcIjriften ftnb, SRityriefier, miu 
geiftliclj, mitmftc^tig in allen SKngen" (%t. 2to3g. I. @. 209. 217). 



— 19 — 

fadjberftänbige geiftlid&e Sirdfjengeridjte für @l)efacf)en unb 
Snd&tübung o§ne toeltlidfjen gtoang eingeführt mürben. 
Aber bte Heineren ©etfter brängten toeiter. @ie toottten 
bie Sonfiftorien ju ftftnbigen, mit 9tedf)t$gettKitt auSgeftat* 
teten Slufftd^tö^ unb ®eridjt3beljörben über ba$ ganje ®e> 
biet beS fitcpdjen SebenS ergeben. SHfo ein rechtliches 
{Regiment in ber Sirene felbft, ausgeübt auf unmittelbaren 
85efel>t be$ SanbeSljerrn! — Solange Sutjjer lebte, lam 
e$ nidfjt baljiu. „Aber Sutljer ftarb . . . Sttemanb toar 
mel)r, ber bie greifet! ber Sirdfje öom ßirdjenredfjt unb 
bie greüjeit ber Sirdje Dom Sanbed^errn öerteibigte. S)er 
©eift äRetancljtljonS unb be§ ßanjterS SBrücf ftegte über 
ben ®eifi 2uti)er$" (@. 628). ®er JHeütglaube, ber ber 
SRadjt be£ SBorteS ©otteS unb be§ ©eiffcS (SljrifK ntd)t 
vertraute, !)at auclj ber ebangelifdjjen Strebe ba$ ftirdjen* 
redjt gebraut. 

Sei ber fortfd&reitenben Umtt>anb&mg ber ebangelifd^en 
Sirene in eine menfdjfidje 9tecl)t§organifation Ijat aber nodfj 
ein anberer ßinflufj mitgetoirft, ber reformierte. 
Stoingli l>at geglaubt, au$ ber ©djrift ben ©afc ent* 
nehmen ju muffen, bajj bie einzelnen ®emeinben, * bie 
„ftttdjljören" unb bereu Serfammlungen normaler SBeifc 
bie ßirdfjengetoalt unb jloar eine redetet) geartete ©etnalt 
jur Regierung unb Sertoaltung iljrer Angelegenheiten Ijaben; 
fo proltamterte er, toenigfienS tljeoretifcij, ein redfjtfidjeS 
Regiment ber ©etneinben neben bem Sßrebigtamt. — Unb 
Salbin Ijat toirflidfj ben ffirnjelgemeinben iljre Organe 
gegeben, befonberS für bie gucljtübttng: cr a^ fiberjeugt, 
ba| bie Äemeinbeämter, befonberS and) ba* Statt ber 
Ätteften als ©emetnbebertreter, bon ©ott für alle Qzittn 
georbnet feien. @o l)at fidj Ijier innerhalb ber ebangettfdfjen 
ftirdje auf$ neue eine SftedjtSorbnung, bie tote bie Orbnung 
ber fat$olifcf)en Sirene göttlicher «rt, alfo <SHauben$fa$e 
5u fein beanfprudjte, erhoben. — S)en SSaljn einer göttttd^ 
georbneten ©emeinbeberfaffung l)at nun jtoar bie lutf erifdje 
fftrdje fid) fem gehalten; aber bie Sfaffaffung ber ©emetnbe 

2* 



— 20 — 

als eines redfjtlid&en SöereinS ober SSerbanbS, ber feine 
SJereinSöertretung Ijat, ift eingebrungen. SKaturredfjt* 
lidfje gbeen, nrie fie im territorial* nnb Kottegialftjftem 
niedergelegt fhtb, Ralfen biefer Slnfcljauung junt ©ieg. 

S)aS lanbeSljerrlid&e ftird&enregiment unb bie 2luf- 
faffung ber ©emeinbe als eines rechtlichen Kollegiums, ber 
Sirdfje als eines SJerbanbS bon ©injetgemeinben — baS 
Pub bie beiben Sftäcljte, bie nodfj baS Seben nnferer SanbeS* 
Krd^en in ber ©egentoart beljerrfdjjen. Sieben ober über 
bem geifffidfjen Slmt, baS bie SBortöerHinbigung Ijanbljabt 
unb jtoar oljne SftedjtSgetoalt, fteljt ein rec^tlid| geartetes 
Kirdjjenregiment: eS ift auf bie äußere Regierung unb 8$er* 
toattung firdfjlitljer Angelegenheiten befd&ränlt, eine bloß 
ber Drbnung bienenbe redjtlidfje, alfo meltlidje StoangS* 
getoalt, feinerlei geiftlid&e ©etoalt. Stuf öerfd&iebene Smter 
unb SSeljörbett in bem firdjjtidjen SSerbanb ift biefeS Kirchen* 
regiment verteilt, aber eS gipfelt in feinem lanbeSl)err* 
lidjen Xräger. — Sebodfj biefeS lanbeSljerrlidje Kird&en* 
regiment mit feinen Organen ift nidEjt meljr eigentliche 
©etoatt ber Dbrigfeit über bie Sirene. Sielmeljr ift bie 
Kirche, in ber biefeS Sird&enregiment tljfftig ift, eine Kor* 
poration im Staat getoorben, jtoar „eine öffentliche, bom 
©taat privilegierte Korporation", aber eben bodfj ifjrer 
rechtlichen SJefcljaffenljeit nadf) ein Serein „gleidfj ben an* 
bem im Staat befteljenben Vereinen" (©. 692). ®ie ®e* 
toalt, bie ber SanbeSljerr felbft ober burclj bie Organe 
feines Äird^enregimentS in ber Sirdfje ausübt, ift im ®runb 
bloße SJereinSgetoalt. — Slud^ bie SßreSbtjterien unb 
©tjnoben, meldte an ber Regierung unb SSertoaltung beS 
firdfjtid&en SereinS mitbeteiligt finb, pnb nur Organe für 
bie $anbljabung ber äußeren SRedfjtSorbnung, nidjt ettoa 
geiftttd&er ©d&lüffelgetoatt. ®ie lanbeSljerrlidEje Kirnen* 
getoalt teilt ilpten aßen ifjre toeftlid^e Sßatur mit. — @o ift 
bie ftirdjje ein toelttidjer herein mit rechtlicher ®etoalt ge* 
toorben, toenn audj ein SJerein ju geifttidjen Stoeden unb 
t)on geiftlidjjem SSert. @ie fteOt in ifjrer organifierten 



— 21 — 

©cfotnt^ctt ntdjt tnc^r felbft bie toaljre JKrdje (B&rifÜ, ba§ 
geiftlid^e fRetc^ ©^rtfK unb ©otte£ in fid) bar; fonbern 
nur nodj in bcn gotteäbienftlidjen ^Bereinigungen iljrer 
©lieber um SBort unb ©alrament lebt jene ®irdje (fljrifti 
fort. ®enn „fte ift unjerfiörlid)" (@. 699). 

©teilen toir ba§ ©efamturteil ©oljrnS au$ feiner ge* 
fdjidjtlidjen S)arfteKung IjerauS, fo lautet e$ ettoa: ©urdj 
ba3 ©umringen eines göttlichen ßtrd)enredjt§ ift bie 
Äirdje be3 ttrdjriftentumä f atlj olif iert toorben; burdj ba§ 
einbringen eines menfdjlidjen $ir<§enredE)t$ ift bie 
®irdje ber ^Reformation bermeltlidjt ®ie Satijolifierung 
auf jener ©eite bebeutet eine „gätfdjung be§ c^rtftltd^en 
©laubenS" (@. 456); aber in ber »erfeljrung Ijat fidj 
bort ba$ Sehmfjtfetn lebenbig erhalten, bafj bie Sirdje 
®otte§ {Regiment auf ©rbeu barfteHt unb baß fie eine 
gottgegebene d&artömatifdje Organtfation Ijaben muß. ®ie 
ißertoeltlidjung auf ebangelifdjer Seite bebeutet ben 3$er* 
jtdjt auf eine ©arfieffung be§ geifttidjen SRetdjS Sljrifii 
auf förben; aber in ber ©nttoetljung ber föirdje jum xot\t> 
Kdjen SJerein l)at fi<§ bodj ba$ ffiöangelium felbft, ber 
djrifilidje ®laube, rein erhalten. — 3n ©umma: „3)a8 
Äirdjenredjt", mag e3 nun göttliche Autorität ober nur 
menfdjlid&e ©eltung beanfprudjen, „fteljt mit bem SBefen 
ber fiHrdje im SESibcrfprud^". 



®a§ Unternehmen ©ol)m8, eine mächtige ©djöpfung 
ber ®efdjid)te al§ eine ge^lbilbung ju ertoeifen, erinnert 
an JxmiHele ©rfdjeintmgett in ber SHffenfdjaft. 
S)ie ®efdjidjte ber Sßljilofopljie ift Sö^unberte Ijinburd? 
erfüllt öon bem SBefireben, eine Sftetapljtjfif, eine (SrlenutniS 
ber legten fiberfinnlidjen ®rünbe ber SBelt, iljreS 3)afein§ 
unb iljreS 93eftanbe3, ju geraumen. Stber für eine mächtige 
pljilofopljifdje Stiftung ber ©egentoart erfdjeint bie SEReta* 
p|t)fif nur als eine Vergangene ©pifobe in ber ©nttoid* 
lung ber 5ßl)ttofopl)ie. 3ljre ®efdji<$te rüdtt unter bie 



— 22 — 

ftberfdpft: „aRetap$t}fif, ii)re ©errfdfjaft unb i^r SSerfaH." 
3B. 5)iltl)et) Ijat in fetner Einleitung in bie ®eifte$toiffen* 
fünften, Sanb I, befonberS Kar biefeS Urteil ber ®e* 
fdjtdjte nad&fonftruiert. — Unb nodj triel näljer liegt eine 
anbete Sßarattete: 31. $arnad fuc^t in feiner 5)ogmen* 
gefdpdjte ba$ Slätfcl ju löfen, tuie au3 bem ©öangelium 
ein götttidjeS ®ogma ber ®irdj)e erttmdfjfen ift. ©ein 
Sterben, feine #errfdjaft, feine tmnjtyielle Überttrinbung 
in ber Deformation nnb feine !onfeqnente SluSbifirnng im 
römifdjen Äatljofiji3mu3 — all ba§ nrieberijott fidj ebenfo 
bei bem göttlichen Äirdjenredjt.*) 3a, audj) ber jtoeite 
Xeil, ba§ ©ntfteljen etne§ menfdjlid&ett ftird&enred&te auf 
bem ©oben ber Deformation, befonberS unter SRelandfjtljottS 
©inftofj, Ijat fein ®egenbilb baran, ttrie uadfj 81. Dttfdfjl 
bie Äirdfje be$ nriebergetoonnenen ©öangeliumS unter 
SMandfjtljonS (äünftafj ju einer föir<$e be3 lutljerifdfjen 
®onfeffionatt3mu3 toirb.**) — greilidf) ein Unterfd^ieb bleibt: 
jenen Sogmenljiftorifem gilt eine ti)eologifdje SarfteKung 
be$ ©öangetiumä afö nottoenbig unb normal; nad) üjnen 
ift nur bie Sorm, bie fie im firc|lidjett 3)ogma angenommen 
Ijat, bem SBefen be3 (StoangeliumS junriber unb nrirb nur 
bie ©eftalt, bie fte in ber öon äReland&tljon geleiteten 
lutljerifdjen S)ogmatif un3 jeigt, ber reformatorifdjen @r* 
fenntniS be§ (SöangeliumS noc| nid&t geredet, gttr ©oljm 
bagegen ift ba3 ganje förcijenredfjt unb ba3 Streben nadj 
üjm ein Sßrobuft be3 SleinglaubenS, alfo ber ©finbe. 



*) $fll. §axna&& Semerfung über ©ofjtn in feiner Dogmen» 
gefdjidite I 8 , @. 39 2tnm.: @ol)m „$at in feinem ljödjfi bebeuten- 
ben ,tfirdjenredjt' $anb I bie ©efidjtgjmnlte, bie td> in ber fol* 
genben Storfteflung auf bie Betrachtung be3 S)oama3 angetoenbet 
jjabe, auf bit ©efdjidjte ber (£ntftel)ung be3 ftirdjenredjts unb 
ber ßirdjenöerfaffttng übertragen." 

**) 8gL Sfütf^lS Sluffafc: „Sie Gntffeljung ber lufl&erifdjcn 
Äirtfie", in ber 8ettfd)rtft für SKrdjengefdjtdjte, 8b. I, abgebrudft 
in föitfdjlS gefammelten Stuffäfcen. greiburg 1893. @. 170 ff. 



— 23 — 

Sft nidjt an einen nodj älteren SBorgänger in ber 
£)id}te ber Geologie ju eriftnern, an SRidjarb Sftotlje? 
SRotlje Ijat bie (Sjiftenj ber Sirdje als einer befonberen 
Drganifation neben bem ©taat für ettoaS jum fßtx* 
fdfjttrinben ©eftimmteS angefeljen. 3fn ber 2^at f mir 
motten trieQeidjt bei ©o!)m geneigt fein, biefetbe ßonfe* 
<P*enj ju jiei)en: toenn bie SftedfjtSorbnung ber Sttrdfje Der* 
frorfen ttrirb, fo !ann bie Sirdfje audj uid&t mel)r als eine 
befonbere ©emeinfdfjaft anf @rben aufrecht erhalten toerben! 
Stber toir bärfen nid^t öerlennen: @o!)m felbft Ijält eS für 
möglich nnb für triftig , bafc bie Sirdjje audfj oljne StecijtS* 
orbnnng als eine befonbere geiftlid^e ©emeinfdfjaft fiel} bar* 
fteHt, fo toie im Urcljriftentum. Stotlje jiett barauf !jtn, 
ba& aller befonbere SultuS immer meljr jufammenfdfjrumpft 
unb bagegen baS ganje h>eltlidje Seben immer meljr ju 
einem religiös öerflärten toerbe; mit propljetifcijcr SBegeifte* 
rung fd&aut er baS glänjenbe Sbcalbilb einer djriftlidfjen 
SBelt, eines djriftlidjen ©taateS. ©oljm bagegen berfenft 
fidfj in baS intimere SJilb einer S^rifiengemeinfdjaft, in ber, 
frei tum allem SRedfjtSjloang, bie gottbegabten ©eifteSjeugen 
©otteS SBort barbieten nnb bie ©emeinbe fidfj im $ören 
nnb felbfiänbigen Sßrüfen iljreS SBortS unb im gemeinfamen 
Seten nnb geiern um baS ©bangelium fdfjart. @o ertoeifi 
ftdfj, toenn nrir auf bie legten Sidt feljen, bie SBertoanbt* 
fdfjaft nur als eine fdjcinbare. 

Slber ift in ©oljmS SBerf nid&t baS Soeben eines 
©eifteS ju berfpüren, ber audfj früher fdfjon in ber etoan* 
geKfdf>en SHrdfje aufgelebt ift? — Sßir bürfen unS baburdfj, 
bafc ©oljm bie dfjariSmatifcfje Drganifation ber urdfjriftticljen 
$irdfje ergebt, nid&t tttoa herleiten laffen, feine ©ebanlen 
mit ben Sßfjantafien beS SrbingianiSmuS jufammenju* 
fteHen. ©oljm lebt triel ju tief in ber reformatorifd^en Über* 
jeugung öon ber £eilS!raft beS „SBortS" ober beS ©bau* 
geliumS, als bafj er mit bem irbingianifdfjen Streben nadj 
elftatifd^en ©eifteSertoeifungen ober mit ber gefefclidjen 83e* 
tonung ber IjeilSnoftoenbigen apoftolifdfjen Sirdfjenorbnung 



— 24 — 

irgenb eine ©emetttfdjaft Ijätte. — ®l)er fitonte man tfdj 
burdf) @ol)m an einen ffirfttidjen ©dfjtoftrmer für „bie mita* 
fulofe Drbnnng" ber ur^tifttid^en Äirdfje erinnert fielen, 
an griebrici} SBilljelm IV. Senn au3 beffen pfjan« 
taftifdfjen Sbeen leudjtet bo<§ ba$ SBilb einer fird)lid(jen 
Drganifation Ijerbor, in ber, befonberS burdj bie 5)ienfU 
ämter be3 @pif!opat§, SßreSbtytertatS nnb 5)iafonat3, bie 
®aben unb Gräfte ber ©Ijriftenljeit belebt nnb fo bie 
SebenSMfte be$ StoangeliumS bem gläubigen Soll ju* 
geleitet toerben.*) Aber bie Sbeale be8 „BtomantiferS auf 



*) 3n gfriebridj 3Biq)etm3 IV. 3beeuioett ffflttt atterbingS 
bie großartige ßonftrultion ber SanbeSfirdje mit SRetropoliten 
unb einem $runa* auerft tn$ &uge. &ber ber ßönig Ijat felbft 
biefeS fein prtoate* StebKugSprojeft, feinen „@ommernadjt$traum", 
aufd fdjj&rffte öon bem Qbeal einer „ljetligen" ©eftoltung ber 
SHrdje unterf trieben, ba£ üjm ein foftbare* „$erm&($tni3 ber 
Softer' ju fein fd&ien (bgl. in bem SBricftocc^fcI griebrtd) mu 
ljelmS IV. mit Söunfen, IjerauSgeg. bon Seop. o. fflanle, Jöei^^ig 1873, 
©. 61. 357). <£r l)at bie ebangelifdfje ßintc barin innegehalten, 
ba& er audj biefe „aj)oftolifd&e Äirdfjenorbnung" nic^t al* ftu&ereS 
©efefr ljanbljaben, fonbern nadj ben JBerlj&ltttiffen ber ©egentoart 
umbilben toottte unb bafj er fie nid&t als fjeilSnottoenbig geltenb 
madjte 0>3d& glaube, tote idj mein (£rebo glaube, baß jebe, audj 
bie forruptefie ßirdjenberfajfttng bon fegenäreicljer SEBirlung fein 
mufj, toenn (StotteSfurdjt unb Srlenntni* allgemein finb", 1. c. 
@. 53). 3n ber &u8füijruttg feine« 3beat3 treten jtoar bie 
ämter ber Gpiffopen, $re3bQter unb Sttalonen befonberS §erbor; 
aber gfriebrid) SBilljelm badete fidfj ba8 Regiment „biefer geift« 
lieben ßbrigleit bem gläubigen ©oll gegenüber" ntdjt aU Ijierar* 
cljtfdjeS SSalten; fonbem „Uibt Seile ber ©emeinbe foUten &u 
emanber fielen, wie tin älterer greuub %u einem jüngeren 
greunbe fiel)t, jeber bem onbern untertänig f bienfftoifitg, ge* 
Jorfam, treu, Ijolb unb getoftrtig fein, ein $er$&ltnt3, ba* nur 
benfbar ift unb btm augenfdjeinltd&en SBiberfprudj ungeachtet fid& 
toirtlidf) barfiellt, too ©otteS ©eift bai ©anb ber 2itbt getoeil)t 
unb too ba8 göttliche §aupt menfd)Kd(je ©lieber anfefct" (1. c. 
©. 50/51). 83efbnber8 öon einem erneuerten SHalonat hoffte 
er, „bie göttliche 3bee beS SljriftentuinS, bie 5ImtenpPege (im 
auggebe^nten leiblichen unb g ei filieren ©inn) . .. toieber realt- 
ftert ju feijen" (©. 56). 3n biefem Sinn I&mpft er gegen bie 



— 25 — 

bcin Scroti" Ijaben fidf) bo<§ auS bcr Sertoorrenljeit nid&t 
ballig herausgearbeitet — klarere 3fofnfipfung§puufte für 
©ol)m§ (Sebanlen lönnen h>ir bei bent ftaffifcljen Stomantifer 
in ber ®efdfjid)te ber Geologie entbecfen, bei bem iugenb* 
liefen ©dfjleiermadfjer. gn feinen „Sieben über bie 
Sieligion" (1799) fud&t er ben „®ebilbeten nnter iljren 
33eräd()tertt" einjuprägen, baß ein grttnbüdjer Unterf^ieb 
befielt jttrifd&en ben organifierten firdfjlidfjen Slnftolten, gegen 
bie fie einen Sßibertoittcn §egen, unb jtoifdjen einer ttmljren 
religiöfen ®emeinfdfjaft. Star jnm SJerberben führte e$ ftetS, 
toenn bon feiten be3 ©taatS bie Sirenen ju privilegierten 
fiorporationen, ju re^tlid^ organifierten ®enoffenfd)aften 
erhoben ttmrben. S93e(tliti^e§ ^Regiment, ©orge um irbifd&e 
©üter, ©rljebung beS SßrieftertumS über bie Saien, Sned^t* 
fd&aft gegenüber bem ©taat jog bamit in bie ®irdfje ein.*) 



„gegenwärtigen, burefj bie SBeltl&ufe gegrünbeten ober entstellten 
ober getollten SHrdjenberfaffuugen". SBcnn er fidj in folgen 
©ebanlen mit ©ol)m berührt, fo fd^Iägt er allerbtngS feine ©on- 
bertoege barin etn, bafj er Ileinen fird&ltc&ett S)iö$efen bie auto* 
nome Sertoaltung unb Regierung iljrer lixfyityn Angelegen- 
heiten in bie §&nbe legen tutH. 

*) „So oft etu gürft eine Äirdje für eine Äorporation er* 
flftrte, für eine ®emeinfd)aft mit eigenen $orted)ten, für eine 
anfel)ttlia)e $erfon in ber bürgerlichen SBelt . . . toar ba$ $er* 
berben biefer Ätrd&e uniotberruflidf) bcfdbloffen unb eingeleitet. 
2Bte ba$ furchtbare 2J*ebufenl)attpt wirft eine folcfje ßonftttutionS* 
alte politifd&er (Soften» auf bie religio je ©efellfdjaft: alles Der* 
ffetnert ftd), fo tote fte erfdjeint" 3)te HJHtglieber ber toaljren 
Ätrcfje fe$en ftc!j bon ber Regierung einer fofdjen ©enoffenfd^aft 
auSgefd&lojfen. 3)enn in üjr „gibt e$ me^r gu regieren , al£ fie 
regieren lönnen unb wollen: weltltdje SHnge ftnb jefct gu 
orbnen unb au beforgen, unb toenn fte ftdfj gleich auefj barauf 
bergen in iljren IjäuSltdjen unb bürgerlichen Angelegenheiten, 
fo lönnen fte fte bod& ntdjt a!3 eine @ad>e tljre« priefterlid&en 
Statte* be^anbeln. 2>a3 iß ein SBtberfpruty, ber in iljren 
Sinn nidjt eingebt . . •; e8 geljt ntd&t jufammen mit intern ljoljen 
nnb reinen Begriff bon Religion uub religtöfer ©efefligleit* 
(1. Slufl. 6. 211 f.). 



— 26 — 

9tt$t$ öon att bem ftnbet fiel) in ber regten SSerfammlung 
ber grommen: „toenn einer hervortritt öor ben übrigen, ift 
eS nidjt ein Stmt ober eine SJerabrebung, bie i^n be* 
red&tigt, nidjt ©totj ober ®ünfel, ber iljm Änmafjung ein* 
flfö&t: eS ift freie Stegung beS ©eijieS . . . gemeinfd&afttidfje 
SSemid^tung jebeS ßuerft unb 3ufefc* unb alter irbifd&en 
Drbnung." ffier (SeifteSbegabte bietet ber ©emeinbe bar, 
toaS er empfangen Ijat. ,*,@S fei nun, bafc er ein berbor* 
gene« SBnnber enthülle ober in toeiSfagenber 3uöerfid(jt bie 
jjufunft an bie (Segetttoart fnüpfe, eS fei, bafc er burdj 
nene SJeiftriele alte SSaljraeljmungen befeftige ober bafc 
feine feurige Sßljantafie in erhabenen SJifionen iijn in anbere 
Seile ber SBelt unb eine anbere Drbnung ber Singe ent* 
jfidfe: ber geübte ©inn ber (Semeinbe begleitet überall ben 
[einigen" (1. SlufL ©. 182). Unb audj toenn toaljrijaft 
prieftertidfje ©eelen auS ber Vertrauten (Semetnfdfjaft mit 
®tei<fjgefinnten hinaustreten in meitere Äreife, um bort baS 
nod) fdf)Iummerabe retigiöfe Sitten ju toeefen, gefdEjelje eS 
oljne allen 3to<mg unb oljne alle junftmäfcige Seilung ber 
®efdf>äfte! „audfj jioifdjen Seljrer unb ©emeinbe fei lein 
fefteS SBanb!" (@. 224). ®em ©djleiermadEjer ber „Sfteben", 
ber fpäter freilidf) feine 3tetra!tation nid&t jurüdfgeljatten Ijat, 
fteljt ebenfo nrie ©oljtn eine djariSmatifclje Drganifatüm 
ber religiöfen ®emeinfdf)aft, ein Regieren burclj baS geifteS* 
mächtige SBort, ein freies ©idfcunterorbnen unter bie 3Wad)i 
beS ®eifieS oljne rechtlichen Btuang als gbeat öor Äugen. 
®odj finb bie ttnterfdjiebe nidjt ju toerfennen. gür 
©cljleiermacijer finb eS bie SSirtuofen ber ^Religion, bie 
burclj bie Originalität ifjreS religiöfen ©d&auenS unb güf)* 
lenS unb bie ergreifende ©ematt iljrer ®arftettung eine 
SlnjieljungSfraft auf anbere ausüben, ©oljm fennt nur ein 
{Regieren SJjrifti, ber burdj baS SBort beS Gtoangeltum3 
bie ©etütffen btnbet. ©cljteiermadfjcr fdjaut öicle Heinere 
ffiefjenbe Äreife, in benen fidf) ein „(Sfjor toon greunben", 
eine „Sffabcmie öon Sßrieftern" nacl} SBafjfoerhmnbtfd&aft 
jufammenfmbet, ober ein ©Ijor bon Semenben unb @m- 



— 27 — 

pfänglidjen fidj um einen Sföeifter fdjart, alle tiefe Greife 
jufammen ein Ijeiliger „83unb bon SBrübera"! ©oljm ge^t 
au« bon ber ©ettrifjljeit ber einen Sirdje ©tyrifti, ber 
feine ©aben unb Gräfte, befonberS bie ©aben ber @r* 
fenntniS unb ßeljre, unter feine ©laubigen aufteilt. 

©in SJorftriel Ijat ©djleiermadjerS Sampf gegen ein 
toeltlidjeä Sftrdjjentum in beni SBirfen be3 2)?anne8, ber 
feinen in nfidjterner StufBtörung ober in gefefclidfjen gormen 
befangenen 3citgenoffen ttrieber ju jeigen fudjte, toaS ©eift 
fei, ©eift ber ©efdjidjte, ©eift ber Söller , ©eift ber 
©pradje, ©eift ber Stfdjtfunft, ©eift be§ ©IjriftentumS. 
Berber Ijat fdfjon in feinen „Sßrobinjialblättern an Sßre* 
biger" (1774) feinen Sßroteft gegen ba3 $errfdfjen be3 
diefytö in ber ßirdje erhoben: „Äirdjenberfaffung — bietteidjt 
finb ttrir Ijier auf bem glecf, tooljer, toie forgföltig ttrir'3 
un$ unb anberen berbergen, ber nteifte neuere Unfug unferer 
Äirdje Ijerrüljrt." *) @r Rottet über bie SSerbefferung ber 
Deformation burdj bie 3furiften,**) unb in feiner ©djrift 
„bom ©eift be3 ©ijriftentumä" (1798) fdfjilbert er bie 
SSerfaffung be8 SJjriftentumS als eine „©emeinfdjaft be3 
@eifte3\ bon ©Ijrifti ©eift befeelt, mit allerlei ©aben unb 
Gräften auSgeftattet.***) 



*) »gl. ©ftmtl. SBerle (QTottaf^e BuSgabe. ©tuttg. 2üb. 
1852). 8ur föelig. u. £$eol. »atib 9. @. 144. 

**) „$a ift nadj Sutljer nod) faft eine größere Deformation 
entftonben, bie er bie ©erbefferung ber Surtften nennen würbe, 
unb bie und enblid) fo toett gebracht ljat, bafj öon bem alt« 
pottfdjen @ebäitbe, ba$ Äirdje ljeifct, bafteljen — toeldj luftige 
ftberbleibfel! Sparren unb Sparren! unb oben überall burd) ber 
fdjöne blaue pljtlofopljifdje #immel! — S)er benn unfer aller 
$)ede anä) oljne ba8 aerflidte, abgenufcte, öerfaHene §au% ift! — 
3dj fdjretbe ljier lein Ätrd&enredjt, unb mag mtdj alfo am 
wenigsten barauf einlaffen/ worauf benn ein großer Seil beS 
Ringes al* SBiffenfdjaft gebaut, wie fdjön §ufammenftimmenb 
unb unwtberforedjenb e8 mit ftd} unb feinen ©liebern fei!" :c. 
1. c. ©.145. 

***) ©anbll. ©.34 ff. 38 f. 



- 28 - 

2)odf) biet toeiter jurfidE läßt ftdfj bic ©eljnfucjjt nadfj 
einer reineren unb boHeren ©arftettung ber dfjriftlidfjen 
®eifte$gemeinfd()aft, als fie in ber organifterten Sirdje ge- 
geben ift, in ber ©efdjjidfjte ber ebangelifdfjen ßird^e ber* 
folgen. SSon biefer ©eljnfudfjt erfüllt §at ©pener toenig* 
ften3 innerhalb ber redfjtlid) berfafjten fi?irdf)e unb neben 
iljrem orbnunggmäfjigen $rebigtamt feine collegia pietatis 
errietet. ®urdfj fie, Ijoffte ©pener, toürbe baä Sßrieftertum 
ber ©laubigen boHfommener in§ Seben umgefefet, burdfj fte 
„ttrieberum bie alte apoftolifdfje 9trt ber Sfcdfjenberfamm* 
tungen in (Sang gebraut, ba neben unfern getoöljnlidfjen 
Sßrebigten auf bie Slrt, brie SßauluS 1. Sor. 14 f Gilbert, 
audfj anbere, toeldfje mit ©aben unb @r!enntni§ begnabet 
finb, jeboclj oljne Unorbnung unb ganfen mit baju reben 
unb i|re gottfelige ©ebanfen über bie borgelegte 2ftaterten 
bortragen, bie Übrigen aber barüber rieten mögen."*) — 
Slnbere Sßietiften Ijaben mit toeniger Sßietät gegen bie SSrdEje, 
als fie ©pener befaß, biefelben Quiz berfolgt. SBefonberS 
eine ©eftalt unter iljnen ttrirb unä burdfj ©oljm§ Urteil 
über bie ©efdfjidfjte ber Sirdfje unb be§ Äirdfjenredfjtä in 
bie Erinnerung jurücfgerufen, bie be3 SircljenljiftoriferS 
©ottfrieb Strnolb, ber einft (1697/98) einige SKonate 
lang an unferer ®ief$ener Uniberfität al§ Sßrofeffor ber 
©efd^id^te bocierte. ®r Ijat ba§ Urd^riftentum atö bie Qeit 
ber erften Siebe gefdfjilbert: Söiit ber Sßolitifterung ber 
Sirclje, bor allem mit ber SJerbinbung bon ©taat unb 
fiird^e, brang ba3 SSerberben ein. Unb ebenfo ttmrbe ber 
frifd&e Sluffdfjttmng ber ^Reformation burdf) bie Drbnungen, 
in benen fi4 bie lut^erifd^e Sirdfje ju einer ©onberfirdje 
berfeftigte, ttrieber gelähmt. Srcütc^ , tttöljrenb Slrnolb fid) 
bem gegenüber auf bie inbibibuette mljftifdfje grömmigleit 
jurttcfaieljt, Ijat ©oljm ben reformatorifdjen ©ebanlen ber 



*) Gittert bon «. töttfdjl, ©efd&id&te be3 «ßiettSmuS 2, 1 
tföotttt 1884), 6. 136. 



— 29 — 

©emeinfdjjaft in SBort unb ©aframent tief in fein £erj 
aufgenommen. ®iefe§ SJilb, unb nidfjt ba$ ber mtjftifdfjen 
Srömmigfeit, teuftet iljm audfj au$ bem Uxdjtiftentum entgegen. 



SKerfiofirbig ift gerabe bei einem Suriften bie be* 
geiperte SJertiefung in ba3 Urdjjripentum, in jene tounber* 
bare ®etpe8foelt, in toeldjer er, ttrie ©oljm felbp fagt, „mit 
3uriftenaugen nidjtS ju feljen unb mit 3nrifien!)änben 
nid(jt$ ju ergreifen imftanbe ift" (Sorr. @. X). 2Kertomrbig 
ift, ba| eine ftreng miffenfdfjaftlidfje firdjenredfjtlidje Unter* 
fudjung mit jener öon uns rfldfmftrtS verfolgten roman* 
ttfd^en unb pietiftifdfjen ©eifieSprömung in ber ebangelifdfjen 
Sirdfje pdf) berührt, freilidfj oljne ööQig in pe einjumünben. — 
SBeldje Aufnahme lonnte ein foldfjeS Skdfj bei ben Juri* 
pifdfjen gadjjgenoffen erwarten? SWandfje fd^einen ben 
©o^mfd^en Sbtfdfjauungen in ber Stimmung gegenüberju- 
fielen: „Don tjjnen fpredfjen ift SBerlegenljeit". aber ba§ 
2BerI ip bodfj ju mäd)tig f al§ ba& e8 nidjjt eine litterarifdfje 
S)iShiffion Ijerborgerufen Ijätte. guriptfdfje unb tljeologifdfje 
Äird(jenredf)t$leljrer Ijaben fid) an iljr beteiligt. Sari Stiel er, 
ber burd) Ideologie unb Pfarramt ben SBeg jur piriftifc^en 
Seljrtljätigfeit gefunben Ijat, Ijat in einem gefdjjidjtlidfjen 
2Berf „bie redjtüdje Stellung ber ebangelifd&en Sirene 
S)eutfd(jlanb3 in tljrer gefäicljtlidjen ©ntmidttung bte jur 
©egentoart" (Setpjtg 1893) eine Sßarallelbarftelluttg ju 
@o|mS brittem Sapitel geliefert. ®a unb bort fefet er 
Pd) birett mit ©oljm auSeinanber; nodfj Ijäupger ergebt er 
mit feinen JRefultaten Ijiporifdfjer Unterfudjung piHfd&mei* 
genben Sßiberfprud) gegen ©oljmS Urteil über bie gefdjid&t* 
ftd)e ffintttridflung. 2tuf$erbem Ijat Sätllj. Saljl in feinem 
„Seljrfopem be8 Sirdfjenred&tS unb ber Äirdfjenpolitif; erpe 
£älfte, greiburg 1894" @oljm$ Slnfdjauung einer um* 
faffenben Äritil unterjogen. S)a8 ganje 33ud) berbient in 
befonberem äRaft bie SSeadfjtung ber ebangelifdfjen Geologen, 
auf beren SBebürfniffe e3 foejiett SiüdEfid&t nimmt. ©3 ift 



— 30 — 

namentlich audf) baburdfj anjieljenb, bafe e§ nid&t nur ba§ 
Ätrdfjenredfjt umfaßt, fonbem aud) bie ftirdfjenpolitif, alfo 
nidjjt bloß ben Inbegriff ber geltenben StedjtSfäfce, fonbem 
cmdj bcr „©runbfäfce über ba$ richtige unb jtoecfmäfjtge 
^anbeut bei ®eftaltung be3 StedfjtSöerljältttiffeS jttrifcijen 
(Staat unb Sirdfje, fotoie bcr ©emeinfd&aftöorbnung innerhalb 
bcr Äirdje felbfi". liefern »erfahren entfprid^t e3, bafe 
er eine 8tu§einanberfefcung mit ®o!jm3 ©runbfftfcen bar* 
bietet, meinet (£rad(jten£ bie befte, bie bis jejjt öorljanben 
ift. Sfadfj „ba£ ße$rbud(j be$ beutfd)*et>angelifd)en Stoßen* 
redjte" bon bem unter un8 tooljlbelaratten Sari Säljler 
(SBerlüt 1895), ein S3udj, ba3 auf Inappem Staunt einen 
erftounlidj reiben ©toff au8 ber ®efdjidjtc unb au3 ben 
geltenben Drbnungen ber ßanbeSfirdfjen giebt, Ijat in flarer 
SBcifc ben prinzipiellen Xljefen @oljm$ eine Steige toon 
Stntit^efen entgegengefefet. äfofjer biefen firdjjenredjtlidjjen 
SBerlen befdjjäftigen fidj jaljlreidfje juriftifdjje unb tljeologifcije 
SRecenfionen mit <Sof)m3 ©tanbpunft.*) 



*) 3urtftifd)e töecenftonen bon 9te$m, Irit. ®tertelja$r3* 
fd)r. für @efe|gebung u. 9Rec^t§tütffenfd^. 33b. 36 (neue golge 17. 
1894), ©. 149 ff.; öon fjr. Stauer, fceutfdfje Stttjt. 1893, 
©. 1073 ff.; 9Itfr. $alb. Slumenftod, Stafjto f. lat$. ätrdfjenr. 
©b. 69 (neue golge 63. 1893), 6.253 ff.; fcübler, (EentraflbL 
f. föedjtgtmffenfd). 12, 4. 6. 124 ff. — fcbeologtfdje 8lecen= 
jtonen öon ft. Äöljler, £$eol. Sittatg. 1892, ©.688 ff.; frfiolfc- 
mann, ©ött. gel. Hnj. 1893, 2. ©. 57 ff.; 3t ©eeberg, Sfeolog. 
Sttteraturblatt 1893 9fr, 25. 26. 27; ©ägmüller, Slrdjit) für 
latljol Äird&enr. ©b. 68 (neue golge 62. 1892), ©. 444 ff. — 
©elegentltdje 2fa8einanberfefcungen mit ©oljm in #arna<f 8 S)og* 
mengefdf). I 8 (1894), cfr. ©. 39. 205. 422. 439; in & ÄöfHin, 
$er Glaube. S3erL 1895. ©. 281 ff.; in <Ertd& görfter, S)a3 
föedbt ber SanbeSfird&e, $eft ber d^riftl. SBclt Er. 17 (Sety*. 1895). 
8gl. nod& & 6ul§e, ^rtftL SBelt 1893 Sfc.l; 0. gödler, 
Btu. u. fircfcenljtftor. ©tubien 2. fcialonen u. ßbangeüften. 
SBündjen 1893, fotoie ben oben ©. 6 $tnm. angeführten ttuffafe 
ton Ä. ©eil. 



— 31 — 

@fc ift unmöglich, über biefe fritifdjen Sefpredfjungen 
im ©mjefaert ju berieten. 2Bir muffen trielmeljr unfere 
felbftänbtge ÖCttttetlttttg bott ©oljmä Sfofdfjauungen ju 
gewinnen öerfudjett. Sftitteilungen über bie litterarifc|e 
Debatte toerben ftclj barein bertoeben {äffen. 

3tt>et #aupttl>efen Ijat ©oljm gu ertoeifen gefugt: 
I. Sfordfjenredfjt ift unmöglich, ioeil 3lec^t§orbnung mit 
bem SBefen ber Sirdfje im SBiberfprudj fteljt; n. Sftrd&en* 
redjt ift unnötig. — Unfer Urteil über bie erfte £ljefe 
ttrirb, toie mir fdjjeint, lauten muffen: ©oljrn Ijat jtoar be* 
ttnefen, bafcSirdfje unb göttliche SftedjtSorbnung, nidfjt aber, bafc 
Äirdfje unb menfdfjlidfje JRedfjtSorbnung einanber ttriberfprecljen. 

3n ber Iljat, Sirene unb göttlidjeS ßircljenredfjt 
fteljen im SBiberftreit! äRit Stedjt ijat ©oljm biefen @afc 
bem fatljoKfdfjen ©tjftem, ba3 ®otte§ Stimme unb be3 
®eifte8 SBalten an eine 9?edjt§orbnung unb beren Drgane 
binbet, gegenübergefteHt. Unb er bat audfj bie tiefe 85e* 
grünbung biefe§ ©afceS in bem SBefen bon Sirdfje unb 
SRedjjt aufjujeig ) en berftanben. S)a§ Stecht ift formaler 
Siatur; ein fRed^töfa^ gilt unb bedangt feine ^Befolgung, 
toenn er in ber borgefdjriebenen gorm bon ben baju legitim 
berufenen Organen in Äraft gefegt ift. ®ie Sirene ba* 
gegen, ober bie bem SBort ©Ijrifti fidfj beugenbe ©fjriftenljeit 
längt an „ber fadfjlidfjen SSal^rijeit", baran, baf$ ber 
3nljalt biefeS SßorteS ftdj burd) feine ridfjtenbe unb felig* 
madfjenbe ®etoalt afe bon ®ott ftammenb an un8 ertoeift. 
SKur au« ©etoiffenSgrünben, nidfjt au« formalen JRedfjtS* 
grünben Wirb biefem SBort ©lauben^geljorfam entgegen* 
gebracht. @3 ift toirflid) für ben ebangelifdfjen Eljriften 
ganj auggefdjjloffen, baß „eine Seljre beSljalb aU (SotteS 
Seljre ju gelten Ijat, toeil ber Seljrenbe bietteidjt bor einiger 
Seit formridfjtig bon ber (Semeinbe ertoäljlt ober fonfttoie 
red^tm&feig befWttt ift" (@. 23).*) — ®iefe «Meinung 



•) $er latijolifdje Ärttiler SobmS, OTfrcb fcatban ©turnen* 
ftoct (f. oben 6. 80 8tom.) meint 1. c. ©. 259 f. , bie fatljoiifd&e 



— 32 — 

einer formal begrfinbeten Stntorität gilt in ®Iauben$fadjen 
im toeitefien Umfang, in weiterem, afö ©oljrn auSjufüijren 
Slnlaft l)at: audj burdj bie Übereinftimmung mit ben fanftio« 
nierten 83efenntni$fdjriften einer Sirdje, ja audj burdj ba$ 
blofte „e3 fielet gefdjrieben" !ann ein SBort fid> nodj triebt 
genugfam als ®otte3 SBort ertoeifen, fonbem nur burd) bie 
Autorität be$ berfünbigten Sn^attS, t)or allem be£ öerfün* 
bigten 3efa3 ®f)rifiu8 über £erj unb ®ett)iffen.*) 3toö* 
madjt föaljl in feiner StuSeinanberfejjung mit ©oljm (©. 77 f.) 
barauf aufmertfam, bafj e3 aud) anf religiöfem ©ebiet 
einen formalen ®e$orfam gebe, ebenfo tote in jebem 
SSerljältniS t)on Slutorit&tSgetoalt nnb Autoritätsglauben. 



Ätrdje werbe Don bem S&ortourf 6o§m8, bafi ein 8ted)t$fa| über 
bie göttliche Seljre entleibe, gar nidjt getroffen» $enn bie 

!)otestas magisterii fei ntdjt bloß burd) 8te#t8fa| begrünbet unb 
ei gar niebt ber juriftifdjen $t8!uffion auägefefct, fonbem fei 
©lauben8fa|; unb ©eljorfam »erbe biefer ttrctylid&en SRadjt 
„ntdjt traft formalen 8ted)t8gefefce8, fonbern Iraft be8 freien 
©lauben*" geletftet 8ber ©of m3 Ärttil btff&it bo$ 9iec$t $enn 
toenn fid) aud) ber ©laubige aus ©laubenSgrünben, um bie 
etotge ©eligfett $u gemimten, unb aud freien ©tflefen, um ein 
©lieb ber allein feltgmadjenben IHrdje $u bleiben, ber potestas 
magisterii unterwirft (bie übrigens na$ ber auSbrüdltdjen @r* 
tlSrung beS Vaticanum $ur potestas jurisdictionis be8 $o))fre3 
unb ber SBtfdjöfe gehört), fo bebeutet bieg eben: er erlennt an, 
bafj ©otteS ©eifteftoalten fid) an bie legitime potestas magisterii 
gebunben Ijabe unb bafj er üjren mit 3nrt8biftion8gewalt auf* 
tretenben @ntfdjeibungen, toenn fte in aller gorm föedjtenS $u 
ftanbe gefommen finb, ©eljorf am, alfo formalen ©eljorf am, 
fd)ulbig fei. 

*) ftud) bie SBenbung 6oljm$ ift beachtenswert, bafj eine 
SRedjtSorbnung „auf ©runb befrimmter Xljatfadjen ber $er» 
gangenbeit gelte, ob fie nun gegenwärtig als fadjttcb geregt« 
fertigt erfäetnt ober nic^t*, ba& bagegen bte Äirdje <£I)rtfrt biefen 
©runb ber ©eltung nidjt lenne. &udj bieg trifft für baS gange 
©ebiet beS c$riftlidjen ©laubeng $u: ber ©laube, auä) wo er an 
Xljatfadjen ber Vergangenheit fldj Ijftlt, mufj fragen, welche wert- 
boHe erfaßbare SBirtung biefe Xljatfadje, biefe $erfon für bie 
©egenwart, für mtiu #er& unb 2thtn |at 



— 33 — 

3fn bcr X!)at, bei ieber ©rjieljung treten göDe ein, in 
benen ber Sögling einfadfj beSljalb geljordfjen muft, toeil 
e$ ber SJater ober Seljrer geboten Ijat. ©benfo Ijaben im 
Urdjjriftentum, toie audj @oI)m gelegentlich jugiebt (@. 30 
Stnm. 5. @. 55 Stnm. 9), bie Seljrbegabten, befonberS audj 
bie Stpoftel, Iroft iljreS ©Ijartöma eine autoritatibe ©eltung 
für eine SReilje bon SJorfdjriften in Slnfprudfj genommen: 
fte finb ju befolgen, toeil ber Sfyoftel gebietet, ober toeil 
fein ®ebot fidj auf ein SBort ©§rifti berufen lann. Unb 
audfj Ijeutjutage toirb lein SBerben eine§ ©Jjriftenlebenä fiel) 
bottjieljen, oljne bafc in mannen (8nttoicflung3ftabien ein 
formaler „®lauben$geljorfam" gegenüber bem, tt>a$ SJater 
unb äRutter, ober ber Seljrer, ober ber ®eiftfid(je, ober bie 
®ird(je, ober ein Styoftel ©Ijrifti, ober S^riftuö, ober „bie 
©t^rift" fagt r einträte. «ber, toie 8a$l mit bollern SRedfjt 
bemerft, biefer formale ®el)orfam ift ein „Übergang ju ber 
burd) bie ®nabenbrirfung be§ 1). ©eifteS Vermittelten Völligen 
#etl$gettrif#eit". Aufgabe iebeS @rjiel)er3 ift eS baljer, 
atte§ baranjufefcen, ba% bie formale ^Beugung bor ber 
Slutorit&t immer meljr einer inljaltlidfj begrünbeten Über* 
jeugung unb ffiinfidjjt unb einer freien Eingabe an bie er* 
lanntc SBal)rljeit Sßlafc mad&e. Unb bor allem ber ®eifc 
Kd&e mufc, toenn er ttrirflidj) nur ©l)rifti S)iener fein toiU, 
ängftltc^ barauf bebaut fein, bafe feine ©emeinbe nidjjt 
feiner Slutorität, fonbern bem Snljalt feines 8Borte8, b. \. 
bem ®otte$geift, ber in Sefu ©Ijrifti Sßerfon unb SBort lebt, 
fidf) beuge. ®arum lönnen ttrir nur auf3 bringenbfte 
toünfdfjen, ba& ©oljmS SBiberfprudfj gegen btö göttliche 
Äirdjjenredfjt audfj in unferer ebangelifdjjen Sirdje nidfjt un* 
gehört berljallc. (Er ift ein fdjjneibenbe$ Urteil über alle 
Ijierardfjifdjjen Stntoanblungen unb Stimmungen ebangelifdjjer 
©eiftlidjer. Unfere Drbination giebt un§ nichts bon „geifc 
lidfjer ©onberftetfang" ober bon einer anberSgearteten 91b* 
folutionägetoalt, al3 fie jeber Eljrift Ijat; fie beruft un3 
nur jur öffentlichen Ausübung beffen, ttm3 allen ©Triften 
äu^t. 

8 



— 34 — 

Unb nod) in einer anbeten SRidjtung möchten toir bem 
^roteft ©oljmS gegen atte§ göttlidfje Sirdjenredjjt fröftige 
SBirlung toünfdfjen. SSenn in ben firdfjenpolitifdfjen kämpfen 
unferer läge irgenb eine 5ßarteibeftrebung in 3?erfaffung§* 
fragen toie ©otte£ ©adfje toerfodfjten toirb, ober toenn folc|e, 
bie barin anber§ benfen, atö jtoeifettjafte ©Triften angefe^en 
toerben, toaS ift bte§ anber§, als ein SReft be$ SBaljnS 
bon einem göttlichen ftirdfjenredjt? 



8tber ©oljm begnügt ftdfj ntdfjt mit bem ftampf gegen 
biefe§; audfj eine 9tedjt§orbnnng nur menfdjlidjer ärt 
tritt nad) il)m in SBiberforuclj mit bem SBefen ber ftird^e. 
£at er bieg erliefen? 

©dfjon fein gefd^td^tlid^er SRacljttxeia, baft bie 
^Reformatoren audfj menfdjliclje JRecljtSorbttung in ber 
®ird(je böllig bertoorfen Ratten, ift jtoeifefljaft. $at örirflidj 
Sutljer unb bie edfjt reformatorifdfje 2el)re fo, toie ©oljm 
behauptet (f. oben ©. 16), neben bem SBeiben ber ©emeinbe 
mit bem SBort be3 (SbangeliumS gar lein anbereS {Regieren 
in ber Sirene gelannt? ®§ gab bodfj audfj für bie; 9tefor= 
matoren neben ber feelforgerlid&en SJertoaltung be3 ©bon* 
geliuntö mit aQem f toaS baju gehört, nodj eine ©ruppc 
bon Sljätigfeiten, bie ba§ ©erüfte für bie SBortoertoaltung 
befdjaffen unb fidfjern muffen, ©ie liegen auf einem @e* 
biet, baS, toie SRiefer (1. c ©. 102) mit SRedjt bemerft, 
gtoar nidfjt bie ^Reformatoren felbft, tooljl aber toir jefct mit 
bem -Kamen „®irdfjenregiment" bejeidfjnen. 3n biefeS ©ebiet 
fallen alle bie gragen: „toem lommt e8 ju, für bie orbent* 
lidfje S3efe|ung ber Pfarrämter ©orge ju tragen, bie ©eift* 
lidfjen ju bifitieren, untaugliche Pfarrer ju entfernen, ba3 
Strdjengut ju bertoalten ober über feine SSertoaltung bie 
Sttuffidjt ju führen, Sird&eufteuern auSjufcljreiben, 35or= 
f Triften, bie für bie SRitglieber ber Äirdje binbenb finb, 
fei e$ im allgemeinen ober für einen einjelnen gatt ju 
treffen u. f. to.?" — Sie ^Reformatoren lernten foldje 



— 35 — 

gragen unb — fic Ijaben bic Obrigleit aufgeforbert, biefe 
©inge in Drbnung ju bringen. 

©oljm maljnt un8 freiließ: ba3 toar \a nur ein Rot* 
toerl ber Dbrigleit unb bic Dbrigleit fottte nidjt regieren, 
fonbern nur reformieren. @§ fei einmal jugegeben! ®en* 
nodj bleibt bie 23)atfadje befielen, bafc toenigftenS in ber 
Rot bie Reformatoren jene äußeren SScr^ältniffc ber ffirdfje, 
bie in Unorbnung geraten toaren, burdfj bie Dbrtgfeit 
toieber in Drbnung bringen Heften. ®a3 aber toar jeben* 
faHS eine firdjenorbnenbe Iljätigfeit be§ SanbeSljerra, unb 
jtoar mit Recljtggetüalt. ®ennodj Ijaben bie Reformatoren 
btefc menfd&lidfje redfjteorbnenbe 33)ätigfeit offenbar nidjt 
atö bem SBefen ber Sirdfje ttriberfpredjenb empfunben. ©onft 
Ijätte ßutljer audfj iljr borübergeljenbeä Eingreifen abgelehnt, 
aber audfj bie SBeljauptung (SoIjmS, baf$ ßutljer bem 2anbe&* 
Ijerm f einerlei ftänbigeS „Sirdfjenregiment" (in unferem 
Sinn öerftonben) Ijabe einräumen tootten, ift au3 gefdEjid^t* 
liefen (Srünben jtoeifefljaft. fintier Ijat ;toar ba gegen ge* 
eifert, bafe „Surften jufaljren toiberfinnifdfj unb motten 
geiftliclj über ©eelen regieren 1 * (33raunfdE)tt>. 9tu3g. öon Sutlj. 
SBerlen für ba§ dfjriftl. £au3 7, 253) unb ba& bie <8ti$t& 
gelehrten in jtttlid&en gragen nadfj anberer Rorm atö nad& 
©otteS Sßort entfd&eiben. S)amit ift jeboef» eine ftänbige 
orbnenbe I^ätigleit ber lanbe§l)errlidfjen Regierung in S3e* 
jietjung auf bie äußeren Angelegenheiten ber Strebe nodfj 
nidjt auSgefdjloffen. Umfotoeniger, als eS ftd), ttrie Rieler 
mit Redfjt ausführt, für baS 93etoußtfein ber Reformatoren 
ttrie aud) ber eöangelifdjen SanbeSfürften, nidjt eigentlich 
um ein firtfjlidfjeS Regiment, fonbern um einen ftänbigen 
®ienft für bie Äird^e unb in ber Äirdje Ijanbelte (&gl 1. c. 
@. 111).*) Riefer fdfjreitet, in biametralem ©egenfafc ju 



*) Reljm ergebt §toar in einer Recenfum (Ärit. S&tertel« 
jal)r$fd)r. für ©efefcgeb. u. föedjt$ttriffenfdj. 93b. 69, Sfeeue 3folge 
17. 1894. ©. 144 ff.) gegen biefe ^arfteüung 9HeIerS btn JBor- 
ttmrf, ba6 er, öon einer ehtfettig tljeologifdjen ©etradjtttngStoeife 

8* 



— 36 — 

(SoIjmS 2)arfteQung, fogar ju ber Seljauptung fort, baß 
ba§ toirHitfie SBerfjältniä öoti Ätrdje unb toeltlidfjer Dbrigfeit 
in ber 3«t bor bcm toeftfälifcljen graben nteljr ate in 
irgcnb einem onberen 3^öum ben Sbealen SutljerS ent* 
frrodfjen Ijabe (@. 207/208). SDiefe Sljefe ift föatf |» 
geftnfct, aber meines @rad)ten$ nidjt unrichtig, ©ettriß |at 
Sutljer fidfj aHe§ biet lebensvoller unb frifdfjer gebaut, afö 
e3 nadfjjjer getoorben ift; gettriß Ijätte er im einjetnen reiefc 
liefen Stnlaß ju bitterer Slage über Snriftenregiment in 
geiftlidjen ©ingen gefunben.*) Slber bagegen, baß ber 
SanbeSIjerr unb bie toeltlidje Dbrigleit bie äußeren Drb* 
nungen, toeldfje ber SJertoaltung be§ @t>angelium3 bienen, 
ftänbig in feine Pflege unb Seitung naljm, Ijätte er fdfjtoerfid(j 
@inft>ruclj erhoben.**) 



auSgeljenb, meljr bie fjrage nac!) ber reltgiöfen unb fittlidjen 
Sßfltdjt ber Sanbe8!)erren, als bie jurtftifd&e 3frage nad) bem SRedjtSs 
titel beg IanbeSijerrtidjen §anbeln§ beantworte. Sftun l)at e$ ja 
für ben 3uriften gettriß feinen SBert, biefe Iefctere fjrage an bie 
bamaligen Suftänbe heranzubringen; aber man barf fidf) barüber 
nidjt toerlje$len, baß in jener S^tt fetbft, btx ber entfdjeibenben 
Stftion ber SanbeSljerren, jene juriftifd^e grageftettung hinter bem 
©ebanfen ber religiöfen unb fittlidjen Wityt, ben bk 9*eforma* 
toren toeetten, aurücftrat. $)ie8 flanuftellen, ift &aä)t be3 £tfto* 
rifterS. Sei Vieler l)at, ebenfo ttne bei ©oljm, nidjt bie tfjeo* 
logifdje, fonbern nur bie Ijiftorifcije Betrachtung über bie juriftifcfje 
gefiegt. 

*) $gl. SutljerS Belannte SorneSäußerungen über bie 
3uriften in ber ©ac^e ber ijeimlidjen SBcrlöbntffc (©oljm 624 f.). 
**) ©djon au§ ber ßeljre toon ber custodia (ogl. oben 
©. 17) ift bieg au folgern, ©oljm argumentiert atuar, biefe 
Seljre gebe „bem SanbeSIjerm (mobern auSgebrücft) bie Äird^en* 
Ijoljeit, nidjt irgenb toeld^eS ßtrdjenregiment 1 ' (©. 579). STber 
biefe feirdjenljoljeit ift in SBaljrljett fo toeit ausgebest, ba% fie 
^toar nidjt bie Seitung ber ftirdje burcijS SBort, tooM aber 
mandjeS umfaßt , toaS toir in unferm ©prad&gebraudj „Stird&en* 
regiment" nennen, ©eljört bocij ba$u bie XljfttigTett ber Surften, 
in iljren Gebieten rechte ßeljre, ebenfo tualjren ©otteäbienfi p 
pflanzen unb gu erhalten, öffentliche 3rrleljre unb falfd^en ©otteS* 
bienft ab$utt)el>ren, alfo auclj ©eiftltclje toegen abtoeidjenber Seljre 



— 37 — 

Aber nidfjt nur bie Ijiftorifdfje/fonbem audfr bie ftjfte* 
matifd&e SSegrfinbung, auf bie ©oljm feinen SBiberftmidj 
gegen menfd&lidOe 8ted(jt$orbnung in ber fördje ftfifct, ift 
anzufechten, ©oljm geljt ljier weniger Don bem ©egenfafe 
jwifdjen formaler (Geltung be& 9tedj>t3 unb inljaltlidijer 
23al>rf)ett, al£ von bem ®egenfafe jwifdfjen ber Stoangd^ 
gewalt be$ 9te$t$ unb ber Strt be3 (Evangelium* 
au$. 9hm ift e$ ja gcwifc richtig: ba8 (Evangelium will 
nid§t burd) gwang bie ©ewtffen regieren; e$ verlangt bie 
freie Eingabe ber £er§en. Slber wirb benn biefer 
(B&arafter be$ (Evangeliums aufgehoben, wenn ber äußere 
Separat, ber einer georbneten SSerWaltung be£ (Evangelium^ 
bient, einer menfcljltdfjen 9ted)t$orbnung unterworfen nrirb? 
Hudfj wenn ba$ lanbe^errlid^e ftird&enregiment SSerorb* 
nungen barüber erläfet, unter wetöjen SBebingungen aHein 
einer öffentlich in ber Äirdfje lehren barf f tüte ba$ Sirdfjen* 
gut Verwaltet, wie ber ©otteSbienft georbnet werben fott, 
ober wenn eine Sreifirdje Med burdfj SJereinSftatut feftfefct, 
ift bamit ba$ (Evangelium nodfj nidjt feiner SBirlungSart 
entfrembet: audfj bann !ann e$ otjne ßwang jtdfj an bie 
£erjett unb ©ewiffen wenben, um (Eljrifti #errfd(jaft in 
ben $erjen aufrundeten; aud) bann !amt ®&rifiu$ in ber 
befennenben unb Ijörenben, bittenben unb lobenben ©e* 
meinbe mit feinem ©eift unb ©oben mftdjjtig fein. 

«ber wenn bie redjtlidje 8to><Nig$gewalt audfj auf jene 
äußeren menfdjlicljen Orbnungen ftdj befd&ränft, fo gilt, fagt 
und ©oljm, auf evangettfd^em Stoben bodj audj von biefen, 



von ifirem Amt p entfernen (vgl. ©oljm @. 555 f. ttnm. 20 n. 
@. 577 f. 2fom. 47. vgl aucfi in Ätztet, Äircbenorbnungen, JBb. I 
@. 78 f., bie htrffitfH. gnflrottion an bie feffttatoren). <£* iß 
nur ein ©djritt auf berfelben %a$XL, wenn 3o$. ©erbarb in 
feinen Loci (Loc. 24. § 178. 182 ff.) ausführt, bafc ber Obrigteit 
&mar ntdjt bie potestas ecclesiastica interna, tooljl aber bie 

Scfarate externa eccleeiae politia { jwar nicfjt eorum, quae ad 
ivinum cultum pertinent, administratio, tooljl aber externa 
eorundem dispoaitio auflege. 



— 38 — 

bafe fie nidjt um be£ StedfjtSsmangS , fonbent au3 Siebe 
in freier 9lner!ennung gehalten merben fotten. — 3&! 
aber ift ba3 leitete burdj eine befteljenbe 9tecljt3orbmrag 
unmöglich gemadjt? ©rinnem mir uns an etmaS StnologeS: 
ba$ SRecljtSgefefc gebietet, bem Sßädfjften leinen Schaben ju 
tljun! — ©otten mir fagen: ba ift ja bie Siebe berbrängt 
burdfj bie 9ted(jt3gemalt!? Siein r bie Siebe l)at nodf) tljren 
(Spielraum, nidfjt nur auf bem @ebiet r ba8 burdfj ba8 
redfjtlidje ©efefc freigelaffen ift, fonbern fogar gegenüber 
ber StedfjtSorbnung felbft. ®enn e§ lommt barauf an, aus 
meldfjen öemeggrfinben mir uns in bie 3tedfjtöorbnung fügen. 
2&ir fönnen e3 um be§ gmangeS mitten t^un, mir fönnen'ä 
aber audfj um ber Siebe mitten unb meil mir überzeugt 
finb, baft bie bürgerliche JRed&tSorbnung Ijeilfam ift. @o 
ift e8 auclj, menn firdjlidfje Stec^töorbnungen für atte bie, 
bie ©lieber be3 fird&lidjen ©erbanbeS fein ober gar ein 
Amt in iljm führen motten, aufgeftettt merben. ®amit ift 
unS nidfjt benommen, fie au8 ber fiberjeugung öon iljrer 
gmedfmä&igleit unb um ber Siebe mitten ju galten. Sie 
blofc menfdjticlje 3ted(jt8orbnung eines lirdfjlidjen SSereinS 
!ann unb mirb un$ audf) — menigftenS menn fie edfjter 
9trt ift — immer noclj frei laffen, fie ju prüfen unb fie 
entmeber, meil fie für un§ felbft gut ift, ober meil fie 
unferm -ftädfjften bient, mit ffreuben ju erfüllen ober und 
um be3 griebeng mitten in fie ju fügen ober, meil mir fie 
fd&ftbltdj unb Ijemmenb finben, um ber Siebe mitten auf 
iljre Säuberung Ijinjuarbeiten, ober enblid^, menn mir biefeu 
Sampf für auSfidjjtSloS unb unfern ©tauben ober bie ©adfje 
be$ ©bangeliumS für gefäljrbet galten, un$ bon bem fird)* 
lidfjen SJerbanb ju trennen. @o ift gegenüber einem 
menfdfjticijett Äirdfjenredfjt, auf bem bon iljm felbft geregelten 
©ebiet, eine SeÜjätigung ebangetifeljer gtreiljeit mögtidf}; 
unb bottenbS l)at auf bem ©ebiet, ba$ ein menfcljlidjeS 
ftirdfjenredjt nur fcljfifcen, aber nidfjt regeln mitt, nämltclj 
in ber SJermaltung be3 StoangeliumS felbft, bie freie Unter* 
orbnung ber #erjen unter ©otteS SBort unb ©eift unb bie 



— 39 — 

freie ®eifte$gemeinfdfjaft ber ©laubigen nntereinanber iljre 
@tätte. 

@ol)m felbft giebt ja ju f baft audfj bie jefcige redf)tlid& 
berfafete Äirdje nodj „ba$ ®efäfe ift, in toeldfjem ba$ Seben 
ber Ätrdfje ©IjrijK toirlfam toirb 14 (699). ®omit ift bodf) 
auSgef prodjen , baf$ ba$ toaljre, geiftige SBefen ber Sirene 
audfj unter ber menfdfjlicljen JRecfjtSorbnung befielt. 8lber 
barf nton bann nodj mit ®ol)m nnb im SBiberfprudfj mit 
unfern 33e!enntniffen, bie ben Seftonb ber Äftdfje in iljrem 
maljren SBefen ollein an SBort nnb ©aframent fnityfen, 
behaupten, „bie SfaSbilbung eines recötlidfjen ftirdfjen* 
regimentS Ijabe ba$ SBefen ber Äirdfje aufgehoben" (699)? 

SBenn ©oljm Bei biefer Xljefe bleibt, fo öerrät er 
bamit, baf} e3 üjm ni$t genug ift, tuenn in bem ©efäft 
ber red&tlid) organifierten föirdje ©Ijrifti £errfdfjaft über bie 
#erjen unb bie ©emeinfäaft be3 ©eifteS erhalten ttrirb. 
©x flagt barübet, baft bie organifierte ©efamtljeit ber 
„Äirdje" nidfjt meljr felbft ®arft eilung be§ inneren 
ßebenS ber (Sjriftenljeit, be$ geiftlidjen föeid&eS Kljrifti fei. — 
fragen ttrtr und einmal: toie !ann benn überhaupt ba3 
@lauben8leben ber S^riften^eit unter ©Ijrifti Regiment 
ftdj auf ßrben ftd&tbar barftetten? SBtr toerben antworten 
muffen: auf jtoeierlet SBeife! gür§ erftc im gemeinfamen 
©itten, ©anfen, ©ingen, geiern, gorfdjjen, iurj im belen* 
nenben ßeugniS ber um ba& ffiöangelium ftdj toerfammelnbeu 
(J^riftengemeinben unb in ber prtoaten SSerttmltnng be3 
ffibangelium* burdf) einen #auSbater, ber in feinem $au£ 
ben Sag mit ©otteS SBort unb ®tbtt beginnt nnb be* 
fdfjliefct, burdjj eine Sßutter, bie tljre ®inber beten leljrt, 
burclj einen greunb, ber und bermaljut ober tröftet. gür$ 
jtpeite in allen fittltdfj guten SBerlen bon Triften in 
allerlei ©tanb unb SBeruf, in gamilie, ©taat, bürgerlicher 
©efettfdfjaft (83 ift bejeidfjnenb, bafe ©oljm biefe lefctere 
Offenbarung be$ innern Seben« ber CHjriftenljeit im 8u* 
fammenljang unferer grage nidfjt in Stnfdjlag bringt. 3)er 
umfaffenbe Segriff be8 SReidfjeS ©otteS ober be3 SteidjeS 



— 40 — 

Sljtiftt, ber m unfern 93elenntni3fd()riften baljin ausgeführt 
toirb, bafe alle bona opera Don ®l)riften eine SSerfoirfc 
Hd^xtng ber politia Christi regnum gtmm ostendentis 
coram hoc mundo feien (fegt. Apol. Art III de dilect et 
impl. leg. § 68), tritt in @oIjm$ ganjer ®eban!enentioi(felung 
ftarl juriiA*) (Sinfeitig betont er bie guerfi genannte 
gorm be8 ©idfjtbartoerbenS Don (BfjrijH {Regiment, nämlid) 
bie SJertoaftung be§ SBortö im Sreife ber ß^riften. — 
über aud) biefe StorfieQung feljeint ü)m bamit nodj nid^t 
genügenb erreicht, baß innerhalb ber redfjtlidj organifterten 
ftirdfje l)in unb Ijer bie einzelnen (Semeinben unb @e* 
meinblein unb ©emembeglieber ba3 Sßort treiben, ©onbern 
bie ©efamtDerfaffung ber ba8 ©Dangelium Dertoaltenben 
Sirene fott eine StorfteQung be8 SReidjeS S^rifti nnter ben 
3Renfdj)en fein. Unb tooburdj? Cben baburdfj, bafc nidjt 
redjtfid) bevollmächtigte Sßerfonen, fonbem bie djartömatifd) 
^Begabten burclj ba$ SBort ber Seljre regieren unb bie 
anbem oljne 5Red(jt$ftatut in gfreiljeit unb Siebe ftd) 
nnterorbnen. S)amit taucht bei ©oljm boclj toteber eine 
Don ©ott felbft gewollte, allein normale Organifation ber 



*) $ier liegt ber^unlt, an bem ©oljmS SBeg Dou bem töotljeg 
arünblid) abtoeidjt; Ötotlje fte^t nur bte atoeite ftarfteflung be3 
gebend ber (Eljriftenfjett, namltcfi bie d&rifKid&e ®eftoltung alle* 
toeltli^en Berufs unb aller toeltltd&en ©emeiufdjaftafreife, al* bie 
boKtommette unb bletbeube an. wieltt tft barin Soljm* Sinti- 
pobe, bog er bie gbee SRotljeS aufnimmt: bie unftdjtbare äird&e, 
ba* fteid) tö&rifti iu ben $er$en, ttrirb fidjtbar im <$rijffid>eu 
Staat, in bem „Dom (Reifte (ÖjrifH erfüllten unb regierten ©e* 
meintDefen' (1. c. ©. 480). gfreilicj au$ Süefer bricht ben «n- 
(Gattungen StotljeS i$re fdjftrfjte Sjrifce ab. $enn Don einem 
aflmMjlid&eu gufammenfdjrumjifen be$ Äultu* unb ber felbftönbtg 
orgauifierten Pflege be* ©Dangelium* toiU Vieler offenbar nichts 
toifltn; fonbern biefe beiben gehören uaefj üjm toefentlic^ ju einem 
„dfjrifitidjen @emeintDefeu M . $er Äbftonb be* Begriff* Dom dprift* 
lid&eu Staat, mit bem ffliefer fid) begnügt , Don SRotye* $odj- 
fliegenbem 3beal, läßt ftd) am befien an 3cieler* ©ortraa über 
„bte Stellung be* mobernen Staate* jur Religion unb #trd>e" 
(Bresben 1895) ermeffen. 



— 41 — 

6$rijtorfjeit auf: ber ®ntljufta3mu8, ber bie 9te$t8orbnuitg 
bertotrft utib nur ben (Seift unb bie Siebe toitt toaltcn 
laffen, fd&lägt um in eine getoiffe ®efefelid(j!eit unb m ein 
Serlangen nadj aböquater äußerer ®arftettung beS ®eifte8* 
lebend. Snbem iene 9?ormaIorganifatton ber Sirene auf 
(Srben, nämltdj eben iljre (Sfciftenj oljne SRecljtSorbnung ge* 
forbert toirb, ift ettoaS bon jener großartigen Steilheit 
ber Reformatoren berloren, bie gettriß toaren, bo% in ben 
fcerfdjiebenften formen bie Sirdfje (SfjrifK in ber Sßenfd$eit 
befielen lönne, toenn nur ba$ Stoangelium in iljnen ba ift. 
Unb inbem eine reine Sarfteltung ber JKrdje ia iljrem 
toa^ren SJeftanb gefugt toirb, ift gugleid) etloaS t>on ber 
reformatorifdjen CrfenntniS preisgegeben , baß ber ttatjre 
©eftonb ber Strebe Ijienteben ®egenftanb be$ ®lauben$ 
bleiben muß: „3$ glaube eine ^eilige djrifttid&e Ätrdfje." — 
Unbeftreitbar ift ©oljmS Irltifd^c SBeljauptung, baß unfer 
menfcIjlidjeS Sirdjenredfjt ben göttlichen Seftonb berftirdje 
nidjt in feiner Steinzeit barfteKt. 310er toeld^e Folgerung 
ift barau* ju jieljen? S)ie römifdfje ßeljre folgert: alfo 
muß ba* SHrd)enredjt felbft göttliches fRed^t fein; bie 
fd)ttärmerifd)e: alfo ift e£ ganj abjutljun; bie ebangelifd&e: 
alfo gehört e$ nur ju bem äußeren ®etoanb, mit bem ftclj 
bie ©|riftenljeit auf ©rben beileiben muß. ®ie e&angelifdfje 
Sfattoort allein ttrirb bem geiftigen SBefen ber Äirdje bötttg 
geregt, nidfjt ©oljmS fdjtoärmerifdj geartete X^efe,*) baß 



*) «. $. »lumenftod (f. oben 6. 80 Änm.) tyht bie 
fctyo&rmerifö-ntyftiföe Art @o$m* befonbetö Ijerfcor; er fmbet 
ba« Sufammentreffen ©obrnS mit bem „®roßmeijter be* ritffiföen 
Sftrfttctftmu*', ßeo Xolfbi, in feiner ©dbrift „Grüfte @eban!en 
über Staat unb ftirdje* (Berlin 1891) befonber* frappant, »e» 
rü$rttng*pnn!te ftob ba (audj folc^e mit (£ljr. ©qrempf ließen 
fidj aufzeigen), Aber ber tatijolifdje Krittler berlennt einerfett*, 
tote fe(r ©ofjrn in feiner et>angettfdjen €>$&$ung be* (Ebangelium* 
(,be* »orte*') öon ber ntyftifdjen Stiftung Xolfloi* abtoetd&t, 
anbeterfeit*, toelcfc ftarter mgftif4*ent$ttftafKfcfjer (Sinfölag gerabe 
im latyoltföen ©gjtem enthalten ift 



— 42 — 

ntetifdjtidje 3tedf)t$orbnung unmöglich fei, toeil fte baS 
toaste SBefen ber Äirdjje nidjjt jur abäquaten ©arftettung 
lommen laffe. 



Stber ift firdjlidjje 8ted(jt8orbnung nidfjt toenigftenS un* 
nötig? 3ft fic nid&t, ttrie@ol)m jul^cfcll ausführt, einSßro* 
butt be£ SleinglaubenS ? — SBenn (Sojjm feine g e f <| i <$ t li rfj en 
Setoeife bafür öor aßem au3 bem Urdjjriftentum ent* 
nimmt, fo lönnen wir iljm nidfjt beftreiten, baß biefeS eine 
eigentliche Sted^töorbnung ttid&t lannte. ©3 gab nur „©aben 
unb 2)ienfte" (Sßeijfädfer), nidfjt redfjtlidjje #mter. (SoljmS 
itoeifeßofeä SSerbienft ift e3, bafj er bie dfjariSmatifdje 
Organifation ber apoftolifdijen S^rifien^eit mit lebensvoller 
änfd&aulidfjleit gefd&tlbert Ijat. — Slber gletctjtooljl ift ©ol)m3 
2)arfteflung in mannen ©tüdfen anfechtbar.*) 9hir jtt>ei 
fünfte, bie für fein Urteil über bie 8tedf)t$orbnung be* 
beutfam ftnb, feien berührt! — SBenn @ol)m bie ßeljrs 
begabten afö bie eigentlichen ßeiter ber ©emeinbe ljinfteflt, 
für tüdd^c bie Iräger ber praltifd&en Sl)ari3mata nur 
im SKotfatt eintreten (fcgl oben ©. 9/10), fo ift biefe jtoette 
©ruppe üon ©nabengaben bodj) in iljrer S3ebeutung Ijer* 
untergefefct. SJon Anfang an finb bie praftifd^ begabten 
unb bemä^rten SKänner neben ben ßeljrbegabten in ber 
©emeinbe ju i^rem SBeften tljätig; fie übernehmen praftifcfye 
®ienftleiftungen, aber finb audfj an ber ßeitung ber ®e* 
meinbe beteiligt, fofern fie bie ©abe ber KvßiQvrjoig**) 



*) SDtondje ©etoaltfamfeiten fdjeinen mir batatö $u fliegen, 
bajj ©o$m bie $aftoralBrtefe &u frülj anfefct. 

**) $te bon ©o$m gegebene Deutung be8 ©egrtffS xvßiQ- 
vriatQ (©. 108 f. 2fam. 69) ift mir nidjt gong Ilar geworben. <£r 
Bebeutet nadj) tljm nid&t „Regierung ber ©Wlefia", fonbetn „$ienft 
unb Regierung in meltlidjen fingen", „meltltdje Ämter unb 
DBrigteiten". Stoß foldje in ber ©emeinbe eingerichtet finb, 
!ann @o$m nid&t meinen; benn fonft Ratten toir ba& 3ugeftftnbnt3 
ber Beftrittenen SRedjtSorbnung. @o mufj man, wie e$ fd^eint» 
@otjm$ SEBorte baljui öerfte^en, bajj ber (Sljriftengemeinbe audj 



- 43 - 

ljaben. 9hm ijaben freiließ audjj biefe dtaxovovvTeg unb 
TtQolarafjLBvoL urfprüngfidfj feine JRedfjtSpfticijt unb Sftedjtö* 
befugniS, fonbern i§r ©fjariftna gibt Üjnen ben antrieb 
ju fretariKiger SJjätigleit unb t>erlei^t iljnen eine rein per* 
fönlidfje Slutoritftt in ber ©emeinbe. aber gerabe biefe 
^raftifd^en £Jjätigfeiten mußten, fdfjon toeil fie eine gettriffe 
Übung unb Sftegefcnäßigfeit Verlangten, am elften ju ftün* 
bigen Seiftungen unb bann ju feften Ämtern toerben. 
©erabe biefer Sfafa^mnlt für eine JRedfjtöorbnung in ber 
SKrdje ift bei ©o§m baburdj, baß bie praftifd&en Charte* 
mata al3 fefunbär gegenüber ber Seljrgabe erfdjeinen, Der* 
bunfelt. — $)amit fängt ber anbere anfechtbare 5ßunft 
jufammen, auf ben ttrir Ijintoeifen topKten. ®er SBoben, auf 
bem bie ©Übung tum firdjlidjen Ämtern fidjj naturgemäß 
fcoHjiefjt, finb bie lofal begrenzten DrtSgemeinben. ©ben 
biefe ftnb aber nadfj ©o|m8 Storfteßung für bie Organa 
fation ber ©Ijriftenljeit bebeutung$lo§ gegenüber ber 3bee 
ber einen föirdfje (£$rijii (f- o6en @- 7 / 8 )- ^ n ift gettriß 
etmaS 9ti<ijtige$ an ber Betonung ber einen IxxA^a/a. 
©djon e. SBeijfäcfer (ba3 apoftol 3eitalter ber d&riftl. 
Äirdfje 1 , ©. 606) ^at baä berechtigte an ©oljmS ©ebanlen 
in ben SBorten ausgebrochen: „®ie ®efdf)id)te fffl&rt, im 
©egenfafce ju einem fel)r natürlichen SBorurtette, bor aKem 
barauf, baß nidjt bie Äird&e aus ber einzelnen ©emeinbe 
IjerauSgetoacljfen ift, fonbern baß gerabe ba& ©anje, bie 
exxXrjoia rov &eov, ba$ erfte ift." Slber burdfj bie 
SKiffton, bie als ein ©ienft in ber ©efamtlirdfje bem einen 
©otteSöolf immer neue ©lieber Ijinjufügt, fmb bodj) Drt3* 
gemeinben gebübet unb, frenn biefe audj nur burdfj üjre 
©inglieberung in bie eine cxxÄija/a ben ©jjrenttamen Don 



foldje Beitreten, bit im bürgerlichen Seben 2lmt unb SBürbe 
Ijaben, unb baß biefe in Qrer bürgerlichen Stellung audj) ber 
©emeinbe btenen. VLbtx tüte unwaljrföetttltd} angejicftS 1. ßor. 
1, 26 unb in einem Sufammen^ang, ber nur öon ®abtn unb 
3)ienften in ber ©emeinbe ljanbelt! 



— 44 — 

hythtflUxL gewinnen, fo fteljen fie bo<$ jtt>cifcIlo§ fd&on in 
ben paußntfcljen ©riefen aU in ftdfj gefd^toffene Serbänbe 
ba;*) fte werben bafür berantoorttief} gemacht, bafc in iljrer 
SKitte atteS sva%ri(jLÖviog aal xata rd&v jugelje; an fte 
ergeben bte Stnorbnungen ber 8tyofieI, an fte ber Stppett, 
mit anbeut (Semeinben ju wetteifern. 85on Anfang an tft 
in üjnen audfj ber ©oben für eine Drgantfation gegeben. 

2Bie bie ©eleud&tung be3 UrdjjriftentumS, fo ift tootyl 
aud) ©oljmS gefd}i$tlid)e3 Urteil über bie SerfaffungS» 
entmidfelung ber Steformattonöjeit einfeitig. £at ttrirftidj 
nur ber ftteingtaube ber Heineren (Seifter ba3 ftird&enredfjt 
jurücfgerufen? SBenu im Seginn ber Deformation eine 
Stedjtäorbnung in ber ftird&e felbft entbeljrlid) erfd&ien, fo 
ift ber ©runb bod) §um guten Xeil barin ju fudjen, bafj 
bie toelttidje Dbrigfeit, ber ßanbeSljerr unb feine Amt* 
leute, bie ganje orbnenbe Iljätigieit in äußeren Singen 
übernahmen, bafc hinter bem rein geiftlidjen SBalten be3 
Pfarrer« unb ©uperintenbenten bie obriglettßd&e 8led(>t&* 
getoalt ftanb, bie im Sntereffe ber externa disciplina 
ebentuett iljre ©trafen toerljängte. 8tber biefer 3*ftonb 
toar für bie Sirdje in Dielen Steuerungen bebenllid^. @8 
broljte ein {Regiment ber Amtleute, ba8 leine genügenbe 
»ürgfdfjaft für bie SBaljrung ber fird&Itdjen gntereffen bot 
®ie (SrfenntntS biefer ®efa|r, ttic^t bfofj bie tteingläubige 
@el)nfud&t na<$ toeltli^en 3toang8mittefat l)at äRefand&tljon 
öeranlafjt, für ffirridfjtung befonberer firdjfidjer ©el>örben, 
ber Sonfiftorien, einjutreten (fcgl. feine Äußerungen bei 
©oljrn, @. 611 9tnm. 40). aRelandjtljon Ijatte nid&t Un* 
redijt, toenn er ju biefen meljr Vertrauen §atte, ate ju ben 
Smtleuten. 

©oljm ftnbet in ber ®efdjid(jte ber erftat Cfljriften^eit 
toie ber SteformationSjeit ein Seugni* bafür, baß 3tecijt&= 



*) 9tL tyti%u befottber* bie föecenfiott bort fö. ©eeberg 
(t^eoL ÖittbL 1898 Sfcr. 26), meine« <&rad&tett* bie befte ber Wecen- 
fionen toon t^eologtfd^er ©eite. 



— 45 — 

orbnung in ber fördje entbehrlich ift; man !ann au$ ber 
©ef c^idE|te umgelegt IjerauMefen, bafj, toenn and} ba£ 
göttfidje Äird&enredfjt eine SSerfeljruttg be3 StoangeßumS 
bebeutete, bodj ein menfdfjlidfjeS Sirdjenred&t lommen 
mußte, nidjjt bloß mit ber „eifernen Stottoenbigfeit", bie 
©oljm jugefteljt („Sßrattifclj erjengt ft<$ mit eifemer Slot* 
toenbigfeit ein fördjenredfjt," ®. 3), fonbem mit teleo* 
logifdfjer Siottoenbigleit: e$ mar nötig für bie (Spaltung 
be$ (Seifteä Sljrifti anf (Erben. ®ibt un$ benn ttid^t 
bie ©ejc^ic^te ber urdjrifttidjen ©emeinben unb bie ®e* 
fcötd^te ber Säuferei in ber SteformationSjeit mit berebter 
©prad&e ein SeugniS, ba3 ©oljm gang überhört, ba$ 
8etfgni3, baß ba£ ©toangeßum ba, too leine 8ted(jt8orbnung 
atö fdjüfcenbe SRadfjt in ber Sirdfje beftanb, in Serrättung 
unterjugeljen, baf} ba£, toaS im (Seift begonnen mürbe, im 
gletfd) }u enben broljte? ®iefelbe ©efa$r befielt audfj 
ljeute nodj. 

®a& fü^rt un$ auf bie prinjipiellen ®rfinbe, 
and benen dm Rrdfjfid&e SRed&tSorbnung unentbeljrfid) ift. 
3)ie Äird&e auf (Erben ift eine toerbenbe. „3u biefem 
SBerbeprojeß fitanen," ttrie fialjl (1. c. ©. 76) mit Stecht 
fagt, „Sirene unb Äirdijengßeber biejenige #ilfe unb ©tüfce 
nidjt entbehren, meldte ©Ott jur Aufrichtung unb (Erljal* 
hing menfdjjßd&er ©emeinfdfjaftSorbnung überhaupt gegeben 
$at, ba£ Mtfy." ®ie ®&rifienljeit ijat auf (Erben felbft* 
tl>ätig einen SSeruf ju erfüllen, bie Sertoattung be8 (Eto an* 
gefiumä: fie foH tootyl um ©otte$ ©nabengaben Ijierju 
bitten, aber fie muß au<$ felbft bie äRtttel antoenben, burd) 
meldte fte am fidjerften ba$ (Ebangeßum rein §u ermatten 
unb toeiter ju tragen hoffen !ann. 9hm ift barin, baß 
burdj) toerbinbfidjje (SemeinfdjaftSorbnungen ber ®otte3bienft, 
bie öeftettung ber öffentlichen Seriünbiger, bie Sugeijörigleit 
jur ©emeinbe unb ber (Eintritt in fie, bie Unterteilung 
ber ^erantoadjjfenben, bie gürforge für bie Sebfirftigen, bie 
(Erhaltung unb SSertoaltung ber äußeren SDKttcI geregelt 
ttrirb, frenigftenä eine getiriffe Sicherung bafür gegeben, 



— 46 — 

ba§ bie regelmäßige SJertoaltung beS ©jangeliumS ttid^t 
aus Untljätigfeit unterlaffen werbe ober in Unorbnung 
untergehe. — äTCan fönnte eintoenben: ®ann ift e$ bodj 
nur bie fjrurdfjt bor bem ©rlaljmen unb 8lu$arten be8 
OeifteS, alfo ba3 SBebürfniS eines @djufee$ gegen bie 
©ünbe unb SRangel an Vertrauen auf bie ättadfjt be8 
(SeifieS, toaS ftirdjenredjt fdfjafft; e3 ift bodfj ein SrjeugniS 
be§ ®leinglauben3. SBir antworten: nein! fonbern ein 
(Sefdjöpf ber toorfidjtigen SBeiSljeit, toeldfje ba£ SDWttturlen 
menfdjiidjer @ünbe audfj bei ber (Srfüttung ber ijödfjften 
Stufgaben lennt unb iljrer ftörenben ättadfjt jum öorauä 
entgegenjutoirfen fud&t. — Unb bie 9?edf)t§orbnung ift 
audj ni(|t bloß ©djufcmittel gegen ba$ Einreißen fän* 
biger Wafytt, fonbern fie Ijat aufjerbem einen pofitiöen 
SBert. $)urd} eine JRedjtSorbnung allein Knnen bie @r* 
rungenfdfjaften ber Vergangenheit betoaljrt bleiben. (£3 
wäre eine unnötige, fdfjäblidje SJergeubung ber Sräfte, toenn 
jebe Seit alles immer toieber neu au$ bem ©eift fdfjaffen 
tooKte. ®ie (Erfahrungen einer früheren Seit finb in ben 
9tedf)t$orbnungen niebergelegt, bie für ben ®otte$bienft, 
bie ßeljre, bie SlmtStljätigfeit be8 SßrebigerS aufgeteilt 
finb. äBoljl bebürfen e3 biefe Drbnungen, immer toieber 
burdfj ben (Seift belebt unb geprüft ju werben, aber fie 
erhalten bodfj ein toertooffeS Srbe.ber (Sefdfjid&te unb fie 
erfoaren e3 ben fpäteren (Sefdfjledijtern, bie 3*ttoege ber 
früheren immer neu ju geljen unb iljre kämpfe immer 
neu burdfjjufämpfen.*) 2)ie menfdfjlicije 9?edfjt$orbmmg ber 



*) Sgl. Vieler« Äußerung über baS 8er$ättui3 tumKe$t 
unb ©tttlidjlett: „$a3 Ifttfy erleichtert nnb öereinfadjt bie »e- 
bingungen be8 fittlidjen $anbeln$; bte in jebem äugenblicf $u 
öolfyieljeube Überlegung ber Ijödjjren ftttltdjen EJiajjftäbe unb iljrer 
Sfatoenbung auf ba$ tägliche Scben uvb bie getooljnten Bürger* 
liefen Drbnungen toürbe eine unnötige 2fajtrengung unb ein 
$inberni3 für tint fonjentrierte unb erfolgreiche ^erufdt^fttigTeit 
fein (1. c ©. 476). 



— 47 — 

ftirdfje ift nid&t unnötig, fonbern unentbehrlich, folange ttrir 
bamit rennen, bafj bie ftirdfje eine ®efcl)id}te auf (Srben 
§at unb Ijaben fott. 

<56f)m$ 2$efen finb, fotoett fie bad menfdjjliclje Sirdjen* 
red^t betreffen, Don und abgelehnt. Slber ftnb barum biefe 
3ß>fdjnitte Don ©oljmd Shtdj für und toerttod? ober ijaben 
fie nur SBert burdj bie barin enthaltenen gefdijicijtlidfjen 
Unterf udjungen? Stein, audfj bie begeifterte Sludfüljrung 
bed ©ebanfend, baß bad mejifdjKdje Äirdijenredfjt feiner 
Slrt nadj üon bem freien ©eiftedtoalten Detfdjieben, ja in 
toef entließen SRerlmalen iljm entgegengefefet ift, ljalte idj 
bei aller (Sinfeitigfeit ber Folgerungen für ein grofjed 
SSerbienft. ©oljm Ijat baburdj aufd neue bie SBaljrljeit 
eingefdfjärft, bafj alle formen unb Orbnungen bed tixfy 
liefen Sebend nur bienenbe Sßittel ftnb, um ben ©eift 
©Ijrifti in lebenbigen SßerfönlidOfeiten ju toedfen unb fteiter« 
juleiten, bafj fie alfo lemerlei SBert in fidj> felbft Ijaben. 
®arum muffen fie in nimmer raftenber Arbeit bem Qtotd 
angepaßt to erben, bad ©Dangelium in möglid&ft toeitem 
Umfang unb jugleidj in möglidfjfter ftraft unb 
möglidjfter Steinzeit ber 9ftenfd#eit, junädjft unferm 
Soßdieben jujufü^ren. — @ine Sfofgabe Don ber Ijödfjften 
©djttrierigleit! 3)enn in bem einen foeben bejeidjj» 
neten Stoedf, bem bie firdfjlidfje 8tedjtdorbnung bienen 
fott, finb Derfdfjiebene Sntereffen Dereinigt, bie 
im praltifdjjen ßeben immer toieber in Spannung mitein« 
anber ju iommen broljen: manche Drbnung, meiere bem 
(Ebangelium eine SBirffamleit in möglidfjjt weiten Greifen 
bed JBoBtd eröffnet, raubt üjm etoad Don ber ftraft unb 
Steinzeit; unb mandfjed äRtttel, toeldjjed bie Dolle Äraft 
bed (EDangeliumd für bie #erjen unb ©etoiffen ju ent* 
feffeln Derfpridfjt, broljt bie Reinheit feiner SBirftmg ju 
beeintr ästigen, nidfjt feiten aud bem ©ranb, toeil ed ber 
greitjeit ber ©ettriffen ju na$e tritt. — Unb nidjjt nur alle 
btefe gleidfj mistigen 3nterejfen Derlangen »erttcfjtdjtigung, 



— 48 — 

foubern ebenfo bie befonberen gefdjtd&tlid&en SBerlj&lt* 
niffe, unter betten fie verfolgt toerben: biefelbe 9ted)t& 
orbnung, bie am einen Drt unb in ber einen Seit $eilfam 
ttrirft, !ann an anberem Ott unb ;u anberer Seit ju einer 
&erberblidfjen ©djjranle Serben. 

SDenn mit 9tedf)t madjt un$ @ol)m8 ganje Sterftettung 
toeiter batauf aufmerffam: Sie menfd(jlid&en formen unb 
Dcbnungen, bie al$ bienenbe Kittel unentbehrlich frab, 
bringen iljrer irbifäen 31 rt nad) ftetS genriffe (Sefa^ren 
für ben etoigen Stoecl ber fttrdje mit fid^. — Überall 
tt)o Sted^tdorbnungen eingebürgert »erben, um trieben jn 
galten unb unnötige fiämpfe ju erfparen, ba ift bie ®e? 
fal)r, ba§ au3 griebenäliebe unb Sequemlidfjleit bie Stedjtö* 
orbnungen ntöglid^ft tneit au£gebefjnt »erben: fie broljen 
in ber Äirdfje in ba$ (Siebtet überjugreifen, ba3 notoenbig 
freibleiben mufj, nfimlid) in bie perfönlidje Stellung bed 
#erjen$ unb (SettriffenS jur 2Ba$r$eit be£ ©bangeUumS 
unb in bie Arbeit an einem tieferen Shrfaffen unb 33er* 
inerten feine* unerfd)öj>flid(jen gnljalte > ux & ffe broljen audjj 
auf iljrem legitimen ©ebtete, bem ber fingeren SRittel 
unb gönnen für bie JBertoaltung be$ ©>angelium$, alles 
in bie geffeln be$ <8efe|e8 ju fdfjlagen. <£* ift bie ®e* 
faljr, bafj man, um unangenehme Störungen be$ SriebenS 
ju meiben, auf jenem tote auf biefem (Gebiet ben Santpf 
ber ©elfter unb bamit ba§ Seben burdj 8tedj>t8orbnungen 
}u ertöten fudjt, Somit aber ttrirb immer }ngleidj bie 
Äirdje ber ©egentoart an bie Vergangenheit gebunben: 
bie ffledjtöorbnung ffi^rt ü>r nid&t btofs bie ©djäfce ber 
früheren <3efd)idjte ju, fonbem legt iljr aud) bie ganje 
Saß ber Vergangenheit auf. Sebe Sted^töorbnung bro|t 
mit üjrer fonferfcattoen ÜWad&t ben freien gortfdfjritt ju 
erftidfen. 

2Bo aber eine neue ©eifteSbetoegung ftarf genug ift, 
trofc ber j&fjen Wlafyt ber SRedjtSorbnung fidE} ausbreiten, 
broljt junfidjfi immer ein fd&Iimmer gttriefpalt jtnif^en 
bem innem f&tbm unb ben fingeren Drbnungen ber föircjje, 



— 49 — 

toeld&e nur burd) bie gtoangSgeftaft be$ SRed&tö nodj auf- 
regt ermatten »erben. 

©o liegen in ber Zfyat Antinomien jtoifdjen bem 
©eifteSleben ber ftirdfje unb ber Sted&tSorbnung öor; fte 
ftnb bie OucDc t>on praftifdjen @d&toierigfetten unb äRtfc 
ffönben im Seben ber ftirdjje. StorauS toirb eS un& Der« 
ftänblid^, baf; bie ©türmten be$9Rifimut& gegen alle 8ted&t$* 
orbnung nie in ber Äirdjje berftummten unb je unumfd&ränlter 
ba$ Stecht Jjerrfd&en toottte, befto lauter ft<| erhoben*). 

Aber jene Antinomien toerben praftifd^ nid^t baburd) 
gelöfi, bafi man bie SRedj>t$orbnung abtaut, fonbern nur 
baburdj, bafc man in unenblid&er Annäherung bie WedfjtS* 
orbnung ber ftirdije iljrem eitrigen Stoed gemä| ju geftalten 
fudfjt ©o^m fpottet über bie, freiere bie Qnabratur be$ 
ßtrfetö fttdjen, ein ^ird^enred^t, ba$ bodfj bem getftlid&en 
SBefen ber Äird&e entforedjtn foH. 8Ran !ann bie £tua* 
bratur beS 8irfel§ aUerbingS nidjt erreichen, aber in un* 
enbfidjjem Sortfd^ritt einen approjimattoen SBertlj bafür ge* 
tninnen. ©ine äfrtlid&e Aufgabe Ijat audj baS praftifdjje 
firdfjlidje Seben uor pdf). 

Sollen jene Antinomien gettft toerben, für beten 
fdjjarfe Beleuchtung toir ©o^m banttar, Don #erjen baut 
bar fem bürfen, fo mufi nidjjt ba£ Sfted^t in ber ftird^e 
aufgehoben, aber e$ mu§ in feinem Oebfete befd&ränlt, 
e8 mu& flfiffig erhalten, e8 mufj in ber Art, tote e$ 
feinen SRecljtSjfoang ausübt, ertoeidjt unb e§ mufi burdO 
^Belebung einer freiwilligen unb freien Z^&tigleit ber ©e* 
tneinbeglieber unterbaut toerben. 



*) fta(l (1. c. ©. 76): „Sie @e$nfud)t nadj ööHtger »ffret* 
fung ber ffleqtftorbnung tft für jeben begreiflich, toeldjer bie 3rr* 
wege in ber Oefdjtdjte ber etmugelifaen Ätr<$eubetfaffimg, bie 
SRtfföanbhmgeu ber fttafie bnrd) Serritorialiftmt* unb Bureau* 
trotte, ettblid) bie fortgefejt beföftmeuben 8erfu<$e, bie polkel* 
tt$e $ülfe be8 Staatt* anzurufen unb in tmmertoäfirenber $au* 
fung öon re<$tltd&eu Orbnungen ba$ $eü ber Älrtge gu fudjeu, 
ffc$ gegcntoörtig erljftlt/ 

4 



— 50 — 

83a$ jene ©efd&ränfung bebeutet, folgt unmittelbar 
au£ ben bot^in bejeidfjneten ©efaljren ber ftedjtäorbnung. 
©aS ftirdfjenredfjt muß fidij begnügen, für eine djrifttidje 
®emeinfd(jaft bie äußeren gönnen, in benen bie öffent* 
Hd&e SJerroaltung beS ©öangeliumS gefdfjieljt, unb bie 
äußeren Drbnungen, bie biefem Qtotd btenen, ju regeln. 
3n ben beiben Segriffen „öffentlidje JBertoaltung" unb 
„äußere gormen unb Drbnungen" liegt eine ©egrenjung 
beS gelbes, auf bent ba3 fiird)enre(l)t feine ©tätte l)at 
greibleiben muß einerfeitS bie priöate öertoaltung be$ 
StoangelironS. S)al)in gehört ntdjt «ur bie SBortoertoaltung 
eines $au£üater$, einer SKutter; nein, audfj ba$ „mutuum 
colloquium fratrum" (©dfjmolf. Strtifet, Seil HL Wct 4 
de evangelio), ba$ in üjrer SBeife bie f>tetiftifd^en Greife 
pflegten, unb bie ©eelforge beS SJruberS am ©ruber. Sludfj bie 
freie gürf orge für bie bem ©jangelium ffintfrembeten barf nidfjt 
toerljinbert unb nidjjt gelungen toerben, fidij in eine JRedjtS* 
orbnung ju fügen, Sein ©egenftanb rechtlicher Verfügung 
ift anbererfeit* baS, toa$ baS innere Seben ber Äirdje 
ausmalt, ber gnljalt beS GtoangeliumS unb bie Stellung 
ber #erjen unb (Setoiffen ju üjm.*) — Aber auclj auf bem 



*) Stuf ebangelifdjem ©oben faun burd) feinen 8ft firdj« 
lieber ©efefcgebung ober ©erorbnung redjtlid) ö er fügt »erben: 
S)feS ober baS ift eöangeltfdje SEBaljrljett unb ift als foldje anp* 
erlennen. &ud) bit Geltung öon SBefenntniSfd&rtften barf nor- 
maler SBeife utd&t biefen <£fjaratter haben. 3n t§r foridjt ftdj 
nur baS geugniS ber JHrdjengenoffen au$: S)a3 ift nnfer 
SJerftänbniS ber etoangeltfäen 393al>rljett, baS wir, unfern 
inneren Überzeugung gemäß, pflegen motten. 9t e d) t U $ e formen 
tonnen nur erlaffen »erben für bie $anblungen, in benen 
biefe Pflege fid) unmittelbar tolljie^t, nnb für bit äußeren Drb* 
nuugen, bie tljr mittelbar bieneu. ©3 ift naturgemäß, baß fldj 
foldje formen and) auf ba$ ©anbeln ber SlmtSträger in ber ftir$e 
rieten. 3n toeld&em 3Raß unb in toelcfien Stiftungen btefeS ge* 
bunben unb freigelaffen toerbeu fotf, läßt fid) tttd^t in ber Äür§e 
erörtern. S)a3 boppelte 3ntereffe muß baM öerfolgt toerben, 
baß bie eöangettfd&e ßirdje nidjt burd) äußere 2Jtäd&te ober burdj 
SKadjiäfftgfeit nnb SBiöfür tljrer ©lieber, befouber* tljrer Amt«* 



— 51 — 

iljm jufte^cnbcn ©ebiete bcr öffentlichen äufjeren gormen unb 
Orbnungen foß baS Äirdfjenredfjt nur fobiel regeln, bafc 
tnbiöibueffen SBerfdfjiebenljeiten ber (Semeinben SRaum bleibt, 
unb bamit audj ber Sitte, ba§ fic, bon einzelnen Sßerfön* 
Umleiten beeinflußt, neue Sonnen unb Orbnungen fdjjaffe. 
©oljmS ftampf gegen baS ®irdjenred)t fc^liegt einen mä^ 
ttgen Sßroteft gegen bie SRftnner be$ ©efefec§ in fidfj, 
bie alle 3 regeln tooHen unb bie nur „(Sinljeit! (Sin- 
Ijeitl" rufen. 

gunt glfiffigerljalten ber firdjlidfjen Stents* 
orbnung gehört, bafj fic, als ein SRenfdjemoerl, ftetS ber 
Prüfung, audj einer bie gormen beS firdj>lid)en StnftonbS 
einljaltenben ftriti! freigegeben tirirb, unb bafc eine firdfj* 
tidjje (Semeinfdfjaft fldj bereit l)8lt, jebe iljrer Drbnungen 
unb Zeremonien ju änbem, toenn djriftlidfje (SrlenntniS unb 
djriftlidje Sitte fortfd&reitet. 

Sine (Srftetdjung beS WedjtSgefefceS in ber Art, 
tote fein SRed&tSjttmng ausgeübt toirb, ift barum möglidj, 
»eil, ttrie »afjl (1. c. S. 53 f. 86) barlegt, ber »egriff 
be$ SRedfjtS öerfdfjiebene ©rabe ber jtoangStoeifen Quid)* 
ffiljrung eine* ©emeinfdjaftStoiffenS offen tä|t. 3)er 9tedfjt8* 
jtDang toirb fdjjon baburdj gemilbert, baß Don ©exten beS 
(Staates benen, bie ftdj in eine firdjtitije Orbnung um beS 
(SetoiffenS Tillen nidjt fügen Wunen, bie tolle greüjeit 
gelaffen toirb, fidj öon bem firdfjlidjen SJerbanb loSjufagen. 
Sflati) biefer Seite ljin ift e$ im SBiberfprud) mit @o$m 
als ein ©etoinn anjufeljen, toenn bie ftrdfjlidfjen WedfjtS* 
orbnungen nur «bie Äraft beS JBereinSftatutS" für alle 
ftirdjengenoffen Ijaben, baS jtoar öom Staat gefdfjüfct unb 
getoäfjrleiftet ift r aber nidfjt ettoa allen Staatsbürgern auf« 
gebrängt toerben famt. (Sine SRilberung beS StedjtSjtoangS 



träger, beut Qtoed entfrembet toerbe, ba& geföid&tlid) ertootbene 
eöanaeltfd&e ©laubenSbetftänbntS preiszugeben, unb baß bod) ein 
gortföritt in biefetn menfdjttdjett ©erftänbntS ber göttlichen SBa^r* 
feit offen bleibe. 

4* 



- 52 — 

ift toeiter baburdjj errrid&bar, bafj bie Sirene iljrerfeite auf 
bie Äntoenbung pl^fifdfjer StoangSgetoalt ate auf ettoaä 
intern SBefen SBiberftrebenbeg toerjidSJtet (ögl. fta$i @. 86 f.) 
unb _ftd|j mit einem pfodfjifdfjen S^öng benen gegenüber 
begnügt, bie ©ettrid&t barauf legen, iljre äRttglieber ju 
fein unb an ben (g^renred^ten öon SWitgliebern teil* 
juneljmen ober Stmter in i$r ju betteiben. @nbftd|j fann 
bie firdjfid&e WedfjtSgettmtt baburd) ertoeid&t derben, baft 
bie gefefcgebenben Itrdfjfidfjen Organe üjre Drbnungen mög* 
lidjft toenig aufbringen, fonbern fie }imäd)ft nur barbieten 
unb Seit lafjen, bis fie ftd(j burdf) eigenen inneren SBert 
empfehlen ober in ber ©itte einbürgere, unb ba§ fie fie bann erji 
jum allgemeinen (Sefefc in ber &trdje ergeben. SRit Stecht 
erinnert @oljm an SutljerS „golbne 93orte t>oH gefefc* 
geberifdjjer SBBctS^cit^ barüber, baft man mit btm £inau& 
geben toon ©efefceSorbnungen moglidfjft ttmrten fofte: „Sic 
enim fiet, ut cum tempore res ipsa melius ordinet 
omnia. Solet enim hujusmodi post factum melius scribi 
quam ante factum ordinari. Lex enim dicit et non 
fit: historia vero fit et dicitur seu scribitur" (@o$m, 
@. 531, 9Inm. au$ 2ut$er§ ©rief an 3Wf. $au$mann Dom 
28. ättära 1534). 

®ad füljrt und fdfjon hinüber ju ber vierten Sorbe* 
rung, baft bie firdjltdje 8tedfjt8orbnung burdj eine frei« 
toittige unb freie fcljätigieit ber (Semeiubegfieber 
unterbaut toerbe. ©dfjon in ber prtoaten SJertoaftung 
be£ (StoangettumS, bereu greüjeit öon Stecljtöorbttung tmr 
oben (@. 50) geforbert Ijaben, f ollen bie mancherlei 
®aben unb Gräfte, bie in ber ©emeinbe fdjjlummern, frei 
ftdj entfalten. Slber man muß barauf bebadfjt fein, biefc 
(Saben audfj jum S)ienft für bie ganje ©emeinbe jjerüor* 
juloefen, Ijeranjujieljen, ju freimütigem Sufammenttrirlen 
ju bereinigen. $)a8 fann in freiwilligen Sereinigungen 
t?on Sftännero unb grauen innerhalb ber ©emeinbe ge* 
fcljeljen; inbem fotöje balb als fofere, balb afö feftere frei* 
toitßge SJerbänbe fidfj organifieren, bitten fie bie SRittct* 



— 53 — 

glieber jnrifdjen ber rein privaten Xljätiglett ber ftirdjjen* 
gfieber unb jttrifcijen bcn redjtttdj gcorbticten $mtern ber 
Äird^e. SWftnner, tote @. ©utje, ljaben ben etmngefifd&en 
©emehtben biefeS 3beal üorgeljalten.*) ©efonberS fd^ön 
unb begeiftert §at @ol)m felbft auf einer Sßaftoralfonferenj 
in Seipjig (1892) ber ®ird)e ifjre Aufgabe hierin ein* 
gefdjärft:**) „333a3 gefdfjieljt bis jefct in biefem ©inn? 
Unfere ©emeinben finb paffib, ftumm, nur ber ©eiftlid&e 
ift aftib. 3P & a 3 wfy? 3ft Me ©emeinbe ein ftumpfer 
Körper, an toeldfjem ber ©eiftiidje atteiu ju arbeiten §at? 
#aben jte ntdfjt aKe Gfjriftum angejogen? 3ft ber ©eift 
©otteS nur in bem ©eiftlidfjen lebenbig? ©inb nidf)t außer 
ber ©abe be3 SßorteS nodfj anbere ©aben in ber ©e* 
tnetnbe, bie ©abe Äranfe ju feilen, Sarm&erjigfeit ju 
üben, tt>o%ut!)im? ®iefe ©aben gilt e3 ju ertoeefen, ju 
organifieren . . . • SBir gebrauten eine orgauifierte 
S)iaIonie in ber ©emeinbe***), ©Raffung neuer hinter in 
biefem ©inn, toäljrenb toir in ber inneren ÜKiffion bislang 
nur eine unorganifierte 3)iafonie Ijaben. $)a$ ift unfere 
Aufgabe, bamit toir bie in ber ©emeinbe fd&lummernben 
©aben entfeffeln, toirffam machen." — 3?ur auf bem Ijier 
Don ©oljm gefd)i!berten SBeg fönnen toir auty bie redeten 
dfjriftlidijen Sßerfönlidjjfeiten für bie ©emeinbeämter, bie 
in ben neueren föirdjjenberfaffungen gefdfjaffen toorben ftnb, 
gewinnen. 

®ie SBirlfamlett lebenbtger d&riftlid&er Sßer* 
fönlidfjfeiten, bog iffS bodf) bor allem, toaS unferer 
Sirdfje not tljut. $)ie ©cljnfudijt barnadjj, •immer meljr ba$ 



*) $gl. ©. $a tuet au, Über Berechtigung unb ©ebeutung 
be* lanbeSljerrlid&ett ßitdjenregiments. Atel 1887 (@. 6. 82): 
9U3 #inietgrunb ber fonobalen Dtgantfation ift notljtoenbig eine 
„in tljten Gräften unb ©aben otganiftette ©emeinbe." 

**) $ie fotgenben SBorte citiert nodj) C. <£♦ ad&eliS, ptatt. 
Xljeologie II, 365. 

***)J3efonbetS $ier ift bit Berührung mit gftiebtid) 3Bil- 
$etm8 IV. 3been (ögl. oben ©. 24 «nm.) beutlidj. 



— 54 — 

frifdfje Seben bon S($erfönlici)feiten unb nidljt bloß ©efe$e$* 
orbnung in aßen ^Äußerungen bcr Sirene, in ©otteSbienft, 
3ugcnbuntertoeifung, ©eetforge, 3Kiffion3tt>erf, organifato* 
rifdjer Iljätigfeit ju fpüren, muß unauSlöfdjlictj in bcr 
93ruft jcbcö ebangelifcljen ©giften gßtfjen. Siegt bodij in 
bem ebangetifdjen begriff bcr föirdjje als bcr (Sjjrtftenljeit 
ober ©emeinfcljaft bcr ^eiligen ganj toefentlidO bcr @e* 
banfe, baf$ ba8 Sbangefium, tote e8 in ber $erfon Sefu 
©fjrifti feine ©ottc^fraft befifct, fo aud) am fräftigften 
burdfj ^Scrf önli gleiten, nid)t burdfj Snftaß unb SSinridfjtungen 
un§ nalje gebraut ttrirb.*) ®ie ©ctjnfudijt barnadj, baß 
im Scben ber Ätrcfje ba3 ©alten be$ @eifte§ in Sßerfön* 
lidfjfeiten freier, reiner, brüberlidfjer ttrirffam tuerbe, ift ber 
tief berechtigte, ed^t ebangelifdfje 3wg in @oljm3 Verlangen 
nadj einer d)ari3matifcJ)en Drganifation ber ©Ijriftenljeit. — 
Sa, manchmal tritt e§ un§ fdfjeinen, ate ob audij in ben* 
jenigen Sljefen <Sol)m§, bie ttrir beftreiten mußten, nur ein 
jugefpifcter StuSbrudf biefer richtigen ©ebanfen borfiege. Slber 
bie äufpifcuug ift bon bcr 9trt, baß fie ben SBiberfprudfj 
berauSforbern muß; fie bringt bie ©efaljr, baß über bem 
SBiberfprudf) audf) @oljm§ berechtigte Sbeale jurücfgefejjt 
»erben, ©erabe um bieg ju bereuten, ift eä geboten, 
baß ttrir ©oljm gegenüber bie Sebcutung be§ StedfjtS tnür* 
bigen unb ©runbfäfce bafttr aufjuftetten fud^en, tüte bie 
9?edjt3orbnung felbft junt SRtttcI für bie 33ertt>ir!tid(jimg 
jenes 3beal3 ju geftaften ift 

Studfj too fold^e ©runbfäfce berfotgt toerben, ttrirb e§ 
im fircpdjen Seben burdj kämpfe Ijinburdfjgeljett. Ston* 
ffifte, audfj jene eigentlich tragifdjen Sonfßfte, in benen 
bie Präger eines neuen lebenskräftigen ®eifte$ bergeblidj 
gegen Ijerrfdfjenbe Sftädljte anfämpfen, tuerben nid&t au& 



*) 3?n $rebtgten Sutber« tritt befouberS biefer ©ebanfe in 
Ilarer SBeife Ijeröor; bgt. ffarl Füller, SBefen unb Söebeutuna 
ber Strebe für ben einzelnen ©laubigen nad) Sutljer* §cft ber 
<ZpW. SBelt Wv.W. Seidig 1895. 



— 55 — 

bleiben, ©ie fönneu audj burdfj ©oljmS 3Kadfjtft)ru<$ über 
bag Sirdfjenred&t nid^t gelöft toerben. SBenn ber ®eiftlid(je 
fein Sftedjt an Sfmt unb Sßfrünbe Ijötte unb anbererfeitS 
nid)t meljr redjtlid) an ein Seljrgefej} gebunben toäre 
(bgl ©ofjm, @. 687 f.), toürbe jtoar bieKeidfjt bie Iragif 
ber Seljrprojeffe in ber Jftrdje berfdfjttrinben, feine3tt>cg3 
aber bie be§ SKidjjtberftanbens unb SSertoorfentoerbenS, biet 
leidfjt gerabe bon feiten berer, mit benen bie ®eijie3gemeinfci)aft 
bor allem gefudjt toirb. $)er tragifdje ffonftift im Seben 
Sefu beginnt nidfjt erft ba, too btö ®irdfjenred)t be3 fjoljen 
SRateS unb ba8 toeltlidjje föecijt be§ SanbpftegerS fein Urteil 
fpridjt. SMefe größte ©rinnerung ma^nt un3 aber baran: 
fotöje kämpfe finb notoenbig nadfj ber ®otte3orbnung, baß 
nur burdfj perfönlidfje Opfer (Sottet ©ac^e geförbert »erben 
!ann; fie finb barum Ijeitfam. 

kämpfe muffen auf allen ben ©ebieten fommen, too 
e8 gilt, menfdfjlidjje SSer^äftniffe mit einem pljeren (Seiftet 
leben ju burdfjbringen unb anbererfeitS einen geiftigen 
©eljalt in menfd&lidfjen gormen ju f äffen unb ju betoaljren: 
fie treten ein sttrifdfjen ®efe|e3formeln unb SJolfögeift, 
jttnfdjen ftaatlid^em SRedjtSgefefc unb ftttlidjer gorberung, 
ätmfdfjen ©itte unb ©ittlidjfeit, jttnfdjen ffultuS unb geiftigem 
©otteSbienfi, jttnfdjen Geologie unb ©bangelium. 

Geologie unb ©bangelium — ba§ rttdft un3 Jene 
parallele jum ©djjluß nodj einmal nalje, bie ttrir früher 
berührt Ijaben: S)a3 göttlidje $ogma ift für un3 ge* 
fallen; an feine ©teile tritt ba§ SRingen barnadj), in ttjeo* 
logifdfjer Arbeit bie liefen be3 ©üangeliumS ©Ijrifti, bie 
unerfdjöpflidfj finb, ju erforfd&en unb in menfd&lidjem SatgniS 
bie ©djjftfce beS ©bangeliumS barjubieten. Sag göttliche 
Äirdf>enred)t ift für unS abgetan; an feine ©teile tritt 
bie Slrbeit ber ©§riftenf)eit, bie mit immer neuen Sftitteln, 
in immer neuen Dränungen bie ettrige Aufgabe ju erfüllen 
fud)t, ba§ ©öangelium unb ben in üjm lebenben ©eift 
©fjrifti ju erhalten unb toeiterjuleiten. 

©o maljr ©otteStoerf größer ift atö SRenfdfjentoerf, 



— 56 — 

bleiben aCe tljeotogifdjen goramfterungen unb aße redjtfidjen 
Drbnungen nur bie tönernen ©efä^e, in benen ber enrige 
©djafc geborgen toirb. S8ir foHen f gletd) bem fcöpfer an 
feiner ©djetbe, bie Slrbeit tljun, immer auf§ neue bie redjte 
©eftaltung für fie jn fudjen, baß fte ben einigen gnljaft 
tt>oi)l betoaljren. SBenn ttrir laft borin toerben, fo fprengt 
ber 3nl)alt bie gornten ober &ott jerfd^lägt fie burdj bie 
iljm bienftbaren SRädjte ber ®efdjid)te wie be3 Töpfers 
®efäf$e. Dann gilt e$ neu ju bilben, big ©ott felbft in 
ber enrigen fiberirbifdjen SSoßenbung feiner Äirdje bie i^rem 
geiftigen SBefen ööKig entfpredjenbe Sorot gibt 






/ / 



9fcad)trag &u 6. 30 ^Inm.: ©eforedjung öon £). Söautn- 
garten in ber geitfdjr. für pvaft. Z^tol XVI (1894) 6. 329 ff. 



$ntd öon S. ©. «öbet in Seidig. 



tö*rlag bzx % föx&ttfäm ßttdjtjcmblung m ~®ie|eiu 



Hatch, E. 5 Die Gesellschaftsverfassung der christlichen 
Kirchen im Alterthum. 8 Vorlesungen. Vom Verfasser 
autorisirte Üebersetzung der zweiten durchgesehenen 
Auflage, besorgt und mit Excursen versehen von Dr. A. 
Harnack. (IV u. 259 S.) 8*. 1883. M. 4.-^ 

-— Die Grundlegung der Kirchen Verfassung Westeuropas im 
frühen Mittelalter. Vom Verfasser autorisirte ueber- 
setznng, besorgt von Dr. A. Harnack. (VII u. 130 S.) 
8 Ö . 1888. M. 2.5Ö 

Kattenbugch, F., Luthers Stellung zu den oecumenischen 
Symbolen. (60 S.) 4°. 1883. M, 1.60 

— Ueber religiösen Glauben im Sinne des Christentums. 
Akademische Festrede gehalten am Stiftungsfeste der 
Universität Giefsenl. Juli 1887. (32 S.) 8°. 1887. M. —.60 

— Beiträge zur Geschichte des altkirchlichen Taufsymbols, 
gr. 40. (65 S.) 1892. M. 1.40 

Kloster Arnsburg in der Wetterau, Geschichte und Be- 
schreibung desselben. Von Dr. Br. Sauer und Dr. G. 
Ebel. (61 S.,3 Textabb. u. 1 Plan.) 8°. 1895. M. 1.— 

Preuschen, E. ? Die Bedeutung von nw sw im Alten Testa- 
mente. Eine alte Controverse. : gr. 8°. (74 S.) 1895. 

M. 2.50 

$<$*tibf, JU £*., Äitd}enre<$tltdje Ouetten be$ <&tof$enogt&um3 , 
Reffen, gr. 8°. (228 8.) 1890. m. 5.— 

«rgänäungSMt. 8*- 8 °- (VII, 72 6.) 1895. SR. 1.70 

Seh wally. Fr., Das Leben nach dem Tode. Nach den 
Vorstellungen d. alten Israel u. d. Judentums, einschliess- 
lich d. Volksglaubens im Zeitalter Christi. Eine biblisch- 
theolog. Untersuchung, gr. 8°. (VIII, 204 S.) 1892. 

M. 5.— 

— Idioticon des christlich-palaestinischen Aramaeisch. gr. 8°. 
(Xu, 134 S.) 1893. M. 6.40 

Jttftbe, JS«, lieber bie Sage ber eöongeltfcften IHrdje 3>eutfd|lanb$. 
2. «118g. 8°. .(61 6.) 1883. m. —.80 

— $ie föeorgatiifation ber tljcolDgtfd>en gafutt&t $u ©ie&en i. b. 

§af>ren 1878 bis 1882, $$atfad)en, m$t Segenbe. @ine 
tteitfdjrift roiber VfypoTb unb ©enoffen. gr. 8°. (IV, 100 6.) 

m. 1.60 

Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft. Heraus* 

gegeben von Prof. D. B. Stade. Jahrgang I— XV. 

Erscheint seit 1881 in zwei Heften (von je circa 11 Bog.) 

jährlich in Octav-Fonnat. Preis des Jahrgangs M. 10.— 



Öortröge ber tt)eotogtfd)en JUtferen; ja (gießen: 

I. gfolge. Siegel (Etreftor 5« JJriebberg) unb ©aubiffin 
(«ßrofeffor tu Harburg): $$eologffdj€ Söiffenfdjaft 
unb pfarramttidje $raji$. — -2>er heutige ©taub 
ber altteftamenttidjcn SSiffenfdjaft. ©iefcen, 12. 3uni 
1884. 10t. 1.— 

IL golge. ©eil (Dberconftftoriatratlj in Starmftabt) unb 
$einrici ($rofe}for in Harburg): $ie gefdjtdjtüdje 
dntwicfeluttg ber JHrcfte im 19. Saljr^unbert unb 
bie tyx baburdj gepellte Aufgabe. — 3)ie grprfdjuugen 
über bie jNMlimfdjen ©riefe, ®ief$en, 24. guni 
1886. Wl. L60 

III. golge. &errmann (?rof effor in Sßar&urg) unb SÄÜller 

($rofeffot in (Sftefjen): 3)er »egrijf ber Offenbar* 
ung. — SBeridjt über heu gegenwärtigen Staut 
ber fjorfdjung auf bem ©ebiet ber oorreforma* 
tortfdjen 3«it. ®itfcn, 9. Sunt 1887. 2R. 1.— 

IV. .golge* ©adjffe ($ireftor in $erborn): Ueber bie- Sftög- 

lidtfeit, ©ott ju erlernten, ©tefteti, 81. Wai 1888. 

W. L— 
V. 2foIge. (Sibaü) (Pfarrer in Sfcenberotlj) unb ©djürer 
(Sßrofeffor in OieSen): Ueber bie triff enfdjaftlidje 
öeljanMung unb prafrtfdje 93enufeung ber fettigen 
©djrift. — Ueber ben gegenwärtigen ©taub ber 
joljannetfdjen grage. ©iefjen, 20. guni 1889. 

9K. 1.— 

VI. fjolge. (£f)ter3 ((Sonfiftortalrati) in ftranffurt a. 2K.): 

S)a8 neue Seftament unb bie $aufe. Sielen, 

5. 3uni 1890. SR. 1.— 

VII. goige, ftattenbuf d) ($rof effor in ©iefcen): »on ©dreier- 

madjer $u SRftfd^l. gur Drientirung über bett 

gegenwärtigen Stanb ber Dogmatil, ©iefcen, 28.SRat 

1891. — 1. «nfl. 1891 u. 2. ^tufl. 1893. 3». 1.20. 

VIII. gfolge. föeifdjie ($rof effor in ©iefeen): ©oljmS Ätrdjen- 

redjt unb ber ©treit über ba$ Serljältnt* oon 

föedjt unb flirdje. ©ießen, 13. 3uni 1895. 3DL L— 

IX. golge. fjlöring ($rofeffor in ftriebberg): S)a3 «Ire 

Xeftament im euangetifdjen Religionsunterricht. 

©ie&en, 13. 3uni 1895. SR. L— 



5Dtud Don <L 9. Wöber in ßet^ig. 



4 



^